Mengenlehre [5. Aufl. Reprint 2019] 9783111360089, 9783111002774


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German Pages 194 [228] Year 1965

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Inhalt
I. Aus den Anfängen der Mengenlehre
II. Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen
III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre
IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen
V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen
VI. Der Wohlordnungssatz, verwandte Sätze und Folgerungen
Literaturverzeichnis
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Mengenlehre [5. Aufl. Reprint 2019]
 9783111360089, 9783111002774

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SAMMLUNG GÖSCHEN

BAND

999/999a

MENGENLEHRE von

D r . E. K A M K E f e h e m . o. P r o f e s s o r d e r M a t h e m a t i k a n d e r U n i v e r s i t ä t T ü b i n g e n

Mit 6 Figuren 5. Auflage

WALTER DE G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . G a t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung . Georg Reimer . Karl J . T r ü b n e r • Veit & C o m p .

BERLIN

1965

© Copyright 1966 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche V erlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30. — Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. — Archiv-Nr. 77 11647. - Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. — Printed in Germany.

Inhalt I. Aus den Anfängen der Mengenlehre § § § §

Seite

1. 2. 3. 4.

Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen . . . Drei bemerkenswerte Beispiele von abzahlbaren Mengen Beispiel einer nichtabzählbaren Menge Untermenge, Summe und Durchschnitt von Mengen, insbesondere von abzählbaren Mengen § 5. Über das Rechnen mit Mengen

6 9 12 13 18

II. Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen § 6. § 7. § 8. § 9. § 10. § 11. § 12. § 13. §14. § 15. § 16. §17.

Über Erweiterungen des Zahlbegriffs Über die Äquivalenz von Mengen Die Kardinalzahl Vorläufiges über die Skala der Kardinalzahlen Der Äquivalenzsatz von F. Bernstein Die Summe von zwei Kardinalzahlen Das Produkt von zwei Kardinalzahlen Die Summe beliebig vieler Kardinalzahlen Das P r o d u k t zweier Kardinalzahlen als Sonderfall einer Summe . . Das Produkt beliebig vieler Kardinalzahlen Die Potenz Beispiele zur Potenzrechnung

21 23 28 31 34 37 40 45 50 52 56 63

III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre §18. Über die Potenzmenge § 19. Das Auswahlprinzip § 20. Andere Begründungen der Mengenlehre. Zusammenfassung

. . .

69 71 76

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen §21. § 22. § 23. § 24. § 25. § 26. §27.

Definition der geordneten Menge Ähnlichkeit und Ordnungstypus Die Summe von Ordnungstypen Das P r o d u k t zweier Ordnungstypen Über die Mächtigkeit der Typenklassen Über dichte Mengen Über stetige Mengen

79 82 87 90 95 90 104

4

Inhalt

Seite

V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen § 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl § 29. Die Addition von beliebig vielen und die Multiplikation von zwei Ordnungszahlen § 30. Teilmengen und ähnliche Abbildungen von wohlgeordneten Mengen § 31. Die Vergleichung von Ordnungszahlen § 32. Folgen von Ordnungszahlen § 33. Über das Rechnen mit Ordnungszahlen § 34. Zerfiillung von Ordnungszahlen § 35. Zerlegung von Ordnungszahlen §36. Die Folge der Ordnungszahlen und die transfinite Induktion . . . §37. Das P r o d u k t beliebig vieler Ordnungszahlen § 38. Die Potenz von Ordnungszahlen § 39. Über Polynome von Ordnungszahlen

110 113 115 118 123 127 132 138 143 148 152 157

VI. Der Wohlordnungssatz, verwandte Sätze und Folgerungen § 40. | 41. § 42. § 43. §44. § 45.

Vorbereitungen 161 Der Wohlordnungssatz und Maximalmengensätze 164 Fixpunktsatz, Satz von Zorn 169 Basis der reellen Zahlen 170 Die Wohlordnung der Kardinalzahlen 174 Weitere Kechenregeln f ü r Kardinalzahlen, Der Ordnungstypus der Zahlklassen 176 §46. Ordnungszahlen und Punktmengen 182 Literaturverzeichnis

192

Register

193

I. Aus den Anfängen der Mengenlehre § 1. Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen Die Mengenlehre (theory of sets, théorie des ensembles) ist durch Georg C a n t o r (1845—1918) begründet und schon von ihm selbst zu einem bewundernswerten Lehrgebäude entwickelt worden. Sie hat durch ihre Begriffsbildungen, die ihr innewohnenden Ideen und die in ihr enthaltene Problematik fast alle Teile der Mathematik neu befruchtet oder gar zu neuen Disziplinen geführt. Als Beispiele seien genannt die Theorie der Punktmengen, die neuere Theorie der reellen Funktionen, die Topologie, die Funktionalanalysis, die moderne Algebra. Sie hat aber auch über die Mathematik hinaus der wissenschaftlichen Logik und Erkenntnistheorie neue Impulse gegeben. Hier sollen die Grundzüge der allgemeinen oder abstrakten Mengenlehre dargestellt werden; die Theorie der Punktmengen soll nur gestreift werden. Im gewöhnlichen Leben denkt man bei einer Menge von Dingen immer nur an endlich viele und zwar mindestens zwei Dinge. In der Mengenlehre wird der Begriff weiter gefaßt. Nach G. C a n t o r ist unter einer Menge M zu verstehen „eine Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen". Z. B. bilden die Primzahlen zwischen 1 und 100 eine Menge von 25 Elementen. Die sämtlichen geraden Zahlen eine Menge von unendlich vielen Elementen. Die Eckpunkte eines Quadrats eine Menge von 4 Elementen. Die Punkte eines Kreises eine Menge von unendlich vielen Elementen. Bei einer Menge soll es, falls nichts Gegenteiliges gesagt ist, auf die Reihenfolge der Elemente nicht ankommen. Es ist also z. B. die aus

6

I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

den Elementen 1, 2, 3 bestehende Menge 1 ) {1, 2, 3} dieselbe Menge wie { 3 , 1 , 2} oder {2, 3 , 1 } . Ferner soll dasselbe Element nicht mehrfach vorkommen dürfen. Der Zahlenkomplex 1, 2, 1, 2, 3 wird also erst nach Fortlassen der mehrfach angeführten Elemente zu einer Menge, nämlich {1, 2, 3}. Was die „wohlunterschiedenen Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens" betrifft, von denen in der obigen Erklärung die Rede ist, so werden sie keineswegs so phantastische Dinge wie die Gedanken Caesars oder die Träume eines Menschen sondern mathematische Objekte sein, wie sie schon bei den obigen Beispielen auftraten oder sich aus solchen aufbauen lassen.

Zwei Mengen M und N werden als g l e i c h bezeichnet, in Zeichen M = N, wenn sie dieselben Elemente enthalten, d. h. wenn jedes Element von M auch Element von N ist und umgekehrt jedes Element von N auch zu M gehört. Es ist also z. B. {1, 2, 3} = {3,1, 2}. M 4= N soll bedeuten, daß M nicht gleich N ist. Wenn m ein Element von M ist, schreibt man auch m e M (lies: m ist Element von M), während m M oder mtM bedeuten soll, daß m nicht Element von M ist. Die Grundbegriffe der Mengenlehre sind nach dem Vorangehenden „Menge" und „Element" sowie die Beziehungsaussage „ein Ding a ist Element einer Menge 6". Diese Begriffe sind so allgemein, daß es schwierig ist, sie nach Art anderer mathematischer Begriffe auf allgemeinere, hinreichend klar umrissene Begriffe zurückzuführen. Es ist weder hier noch später beabsichtigt, die Grundlegungen der Mengenlehre erschöpfend zu diskutieren, da das den Rahmen dieses Bändchens sprengen würde. Vielmehr wird bewußt an der sog. naiven Mengenlehre Cantors festgehalten, wobei allerdings die Wege zu Widersprüchen abgeschnitten werden, auf Schwierigkeiten bei passender Gelegenheit hingewiesen wird und Hinweise auf genauere Begründungen gegeben werden. Da die oben wiedergegebene Erklärung Cantors tatsächlich zu Miß*) Mengen werdnn vielfach dadurch bezeichnet, daß ihre Elemente in geschweifte Klammern_gesetzt werden.

§ 1. Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen

7

Verständnissen und zu der Bildung sinnloser Mengen geführt hat, sei sie hier wie folgt erläutert: a) Es sei @ eine wohldefinierte Eigenschaft 1 ), die mindestens einem „Ding" zukommt oder eine Aussage, die für mindestens ein Ding wahr ist; ferner sei die Gesamtheit der „Dinge" m mit der Eigenschaft © eine wohlbestimmte Gesamtheit 2 ). b) Durch den Akt der Definition wird die Gesamtheit der „Dinge" m mit der Eigenschaft @ als ein neues „Ding" eingeführt und „Menge" M oder M(m) genannt; die Dinge m heißen „Elemente" von M:m e M. Ist z. B. S die Eigenschaft „natürliche Zahl", so ist M die Menge der natürlichen Zahlen. Ist © die Eigenschaft „gerade Primzahl", so besteht die Menge nur aus einem Element, nämlich der Zahl 2. Eine Eigenschaft @ kann auch besagen, daß die Elemente der Menge M bestimmt angegebene Dinge, z. B. die Zahlen 1, 2, 3 sein sollen, also M = {1, 2, 3}. Sind einmal aus gegebenen Dingen gewisse Mengen definiert (Mengen erster Stufe; ihre Elemente: „Urelemente"), so kann man diese Mengen (neben Urelementen) wiederum als Elemente neuer Mengen (Mengen zweiter Stufe) nehmen. Hat man z. B. schon die Mengen {1}, {1, 2} gebildet, so kann man die Menge zweiter Stufe {{1}, {1, 2}, 3} und auch Mengen beliebig hoher endlicher Stufe wie z. B. {1}, {{1}}, {{{1}}},... bilden. Da durch die Bildung der Menge ein neues Ding, ein neuer Begriff geschaffen werden soll (wie z. B. die komplexe Zahl durch ein geordnetes Paar reeller Zahlen), ist die Menge als verschieden von jedem ihrer Elemente anzusehen, und zwar soll dieses auch dann gelten, wenn die Menge nur aus einem Element besteht. In Zeichen gilt also: aus m eM folgt m =(= M, und insbesondere ist stets m=j= {m}. Hiernach sind die folgenden „Mengen" sinnlos, da in sich widerspruchsvoll: (a) jede Menge, die sich selbst als Element enthält; (ß) die Menge aller Mengen, da sie sich selbst als Element enthalten müßte; ') Für die hierin liegende Schwierigkeit s. § 18. *) Ob das zutrifft, ist mit der auch sonst in der Mathematik üblichen Sorgfalt zu untersuchen.

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I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

(y) die Menge aller Mengen, die sich nicht als Element enthalten (Russell), da sie nach dem Vorangehenden nichts anderes als die in (ß) genannte Menge ist1). Daß eine grammatikalisch richtige Wortzusammenstellung in Wirklichkeit sinnlos sein kann, ist übrigens ja wohlbekannt (viereckiger Kreis). Eine erste grobe Einteilung der Mengen unterscheidet endliche und unendliche (transfinite) Mengen, je nachdem die Mengen endlich viele oder nicht endlich viele Elemente enthalten. Unter den unendlichen Mengen wird die Menge der natürlichen Zahlen, die man sich in der natürlichen Reihenfolge {1, 2, 3 , . . . } gegeben denken kann, besonders hervorgehoben und eine abzählbare Menge genannt. Allgemeiner heißt eine unendliche Menge M genau dann abzählbar, wenn sie sich als Folge {wij, jw2, m 3 , . . . } schreiben läßt; d. h. wenn jedem Element m der Menge eine natürliche Zahl so zugeordnet werden kann, daß jedem Element der Menge genau eine natürliche Zahl und jeder natürlichen Zahl genau ein Element der Menge entspricht. Die in sämtlichen Druckereien der Erde befindlichen Lettern bilden eine endliche Menge, wenn auch die Anzahl der Elemente „sehr groß" sein mag. Dasselbe gilt von der Anzahl der Bände in der „Uni versalbibliothek" von K. Lass witz (Traumkristalle), bei welcher der Bibliothekar, selbst wenn er mit Lichtgeschwindigkeit an der Bücherreihe entlang saust, erst in 10 1 999982 Jahren bis zum letzten Bande gekommen wäre. Die Primzahlen bilden eine abzählbare Menge. Ebenso die Menge aller geraden Zahlen, da man sie als Folge {0, - 2 ,

+2, - 4 ,

+4,...}

schreiben kann.

Ist eine Menge endlich oder abzählbar, so möge sie höchstens abzählbar heißen. Ist sie weder endlich noch abzählbar, so heiße sie nichtabzählbar. ') Man kann auch so argumentieren: Die Menge müßte (logische Disjunktion) entweder sich selber als Element enthalten oder nicht; nach ihrer „Definition'1 würde sie dann aber im ersten Fall sich nicht als Element enthalten dürfen und im zweiten Fall sich gerade als Element enthalten müssen.

§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzahlbaren Mengen

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§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzählbaren Mengen Schon in einer seiner ersten Arbeiten über Mengenlehre hatte G. Cantor die Abzählbarkeit von zwei Mengen bewiesen, denen man diese Eigenschaft kaum auf den ersten Blick ansieht. Satz 1: Die Menge aller rationalen Zahlen ist abzählbar. B e w e i s : Beschäftigen wir uns zunächst nur mit den positiven rationalen Zahlen, so können wir uns der Größe nach erst alle ganzen Zahlen, d. h. alle Zahlen mit dem Nenner 1, dann alle Brüche mit dem Nenner 2, dann alle Brüche mit dem Nenner 3, usf. aufgeschrieben denken. Es entstehen so die Zahlenfolgen :

Schreibt man die Zahlen in der durch den eingezeichneten Linienzug angegebenen Reihenfolge auf (wobei schon vorgekommene Zahlen ausgelassen werden), so kommt jede positive rationale Zahl sicher vor und auch nur einmal; die Gesamtheit dieser rationalen Zahlen erscheint also als Folge 1 9, 1 1 Q 4 . 3 2 X j 2' 3' °> 2> 3' 4> • • • geschrieben. Bezeichnet man diese Folge mit r 2 , r 3 , . . .}, so ist offenbar {0, — rv rv — r2, r 2 , . . . } die Menge a l l e r rationalen Zahlen, womit die Abzählbarkeit dieser Menge bewiesen ist. Für den zweiten Satz von Cantor, der die Abzählbarkeit einer noch „umfangreicheren" Zahlenklasse behauptet, wird

10

I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

an die Definition der algebraischen Zahl erinnert. Unter einer solchen versteht man eine Zahl, die Nullstelle eines Polynoms f(x) = anx" + an^1xn'1 H h + «„ ist, bei dem an 4= 0 ist und alle ak ganze rationale Zahlen sind. Zu den algebraischen Zahlen gehören u. a. alle rationalen Zahlen und alle Wurzeln aus solchen. Satz 2 : Die Menge aller algebraischen Zahlen ist abzählbar. B e w e i s 1 ) : Es sei f(x) ein Polynom der eben beschriebenen Art, und überdies, was keine Einschränkung der Allgemeinheit ist, a n > 0. Unter der „Höhe des Polynoms" werde die positive Zahl h = n + an + |

|H

1- | «i | + | «o I

verstanden. Die Höhe ist offenbar eine ganze Zahl Sg 1. Dieselbe Höhe besitzen nur endlich viele Polynome, da n rgj h und jedes | ak \ s j h ist. Daher gibt es auch zu jeder Höhe nur endlich viele algebraische Zahlen. Dadurch ist es möglich, alle algebraischen Zahlen als Folge zu schreiben. Zuerst werden alle bei der Höhe 2 sich ergebenden algebraischen Zahlen aufgeschrieben. Da es an Polynomen mit der Höhe 2 nur x und 2 gibt, bekommt man als einzige Zahl 0. Die Polynome mit der Höhe 3 sind x2, 2x, x + 1, x — 1 , 3 . Diese liefern als neue Nullstellen — 1 und + 1. Die Polynome mit der Höhe 4 liefern als neue Nullstellen, der Größe nach geordnet: — 2, — + J, + 2. Die Höhe 5 liefert - 3, - | - \ ]/b, - |/2, — i |/2~ i - i ^ - i 1, - i + i J / M fe V ^ i + i j/öi 3; usf. Man erhält so, indem man die Höhe die Reihe der natürlichen Zahlen durchlaufen läßt und zu jedem Höhenwert die neu hinzukommenden endlich vielen algebraischen Zahlen aufschreibt, eine Folge von verschiedenen algebraischen 1 ) Wir beschränken uns hier auf die r e e l l e n algebraischen Zahlen. Satz und Beweis gelten aber auch für komplexe algebraische Zahlen.

§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzählbaren Mengen

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Zahlen; und da jedes Polynom eine Höhe hat, werden auch alle algebraischen Zahlen in der Folge aufgeführt. Damit ist aber der Satz bewiesen. Daß der Begriff der abzählbaren Menge auch bei Funktionen wertvolle Aussagen liefert, zeigt der Satz 8 : Jede in einem Intervall a x f ^ , b monotone F u n k tion j{x) ist an höchstens abzählbar vielen Stellen dieses Intervalls unstetig. B e w e i s : E s genügt, den Beweis f ü r monoton zunehmende Funktionen zu führen. Ist f(x) eine solche Funktion, so ist sie in einem P u n k t e | genau dann unstetig, wenn 1 ) 0

ist, wobei /(a - 0) = /(a), f(b + 0) = /(&) sein soll. Ist a < h < h < - - < £ p < und sind xlt...,

xp-i

1 )

Zahlen in den Intervallen | , dann die neu hinzukommenden mit >-?.-, usf. Da zu jeder Unstetigkeitsstelle £ eine gewisse positive Zahl a(i) gehört, kommt in dieser Folge jede Unstetigkeitsstelle vor, und zwar genau einmal; womit die Behauptung bewiesen ist. § 3. Beispiel einer nichtabzählbaren Menge Die Unterscheidung der Mengen in abzählbare und nichtabzählbare bekommt erst dann einen Sinn, wenn die Existenz von nichtabzählbaren Mengen bewiesen ist. Wir beweisen daher den folgenden Satz: Die Menge aller reellen Zahlen des Intervalls 0 < xiSL 1 ist nichtabzählbar. Oder anders formuliert: Zu jeder Folge alt a2, ... von verschiedenen reellen Zahlen 0 < an ^ 1 gibt es eine reelle Zahl d (0 < d 1), die von jedem dieser av verschieden ist. Beweis: Die erste Formulierung folgt aus der zweiten durch den indirekten Schluß: Wenn die Menge aller reellen Zahlen des Intervalls 0 < x rgj 1 abzählbar wäre, d. h. sich als Folge «!, a 2 , . . . schreiben ließe, gäbe es nach der zweiten Formulierung doch noch eine weitere reelle Zahl 0 < d ^ 1. Man braucht also nur die zweite Formulierung zu beweisen. Dieser Beweis wird durch ein sog. Diagonalverfahren geführt; es möge Cantors oder zweites 1 ) Diagonalverfahren heißen. Jede Zahl 0 < x ^ 1 läßt sich als unendlicher Dezimalbruch 0, x1 x2 x3... schreiben (z. B. J = 0 , 4 9 9 . . . ; 1 = 0,999...), und zwar auf genau eine Art. Die Zahlen a l t a 2 , . . . ergeben somit eine Folge derartiger Dezimalbrüche: ') Das erste Diagonalverfahren (von Cauchy) kommt in § 4 vor.

§ 4. Untermenge, Summe und Durchschnitt von Mengen

13

(1)

Wir bilden nun aus der durch den Strich bezeichneten Hauptdiagonale den unendlichen Dezimalbruch 0, a n a 2 2 a33 ... und hieraus einen neuen Dezimalbruch, indem jede Ziffer ann durch eine beliebige Ziffer bn ersetzt wird, die =j= ann und =|= 0 ist. Für den so entstehenden Dezimalbruch d= 0,b1b2bs . . . gilt dann auch 0 < d rgj 1. Ferner bricht er wegen des Fehlens von Wullen nicht ab, und es ist d verschieden von jedem an, da der Dezimalbruch eines jeden an von dem Dezimalbruch für d sicher in der w-ten Ziffer abweicht.

§ 4. Untermenge, Summe und Durchschnitt von Mengen, insbesondere von abzählbaren Mengen Die Überlegungen, die im §2 zu derAbzählbarkeit der Menge aller rationalen Zahlen geführt haben, liefern darüber hinaus einen allgemeinen Satz, der für die Feststellung der Abzählbarkeit einer Menge oft mit Vorteil verwendet werden kann. Bevor dieser Satz formuliert wird, mögen einige neue Begriffe eingeführt werden, die uns im folgenden immer wieder begegnen werden. Es sei eine Menge M gegeben. Dann heißt die Menge N Untermenge oder Teilmenge von M, in Zeichen N g M , und M eine Obermenge zu N, in Zeichen M ¡2 N, wenn jedes Element von N zugleich Element von M ist, d. h. wenn aus n e N stets n e M folgt. Hiernach ist z. B. jede Menge eine Untermenge von sich selbst, und zwar nennt man sie eine uncchte Untermenge. Dagegen heißt N eine echte Untermenge von M, in Zeichen N c: M, wenn N Untermenge von M

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I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

und N^M ist. Die Menge derjenigen Elemente von M, die nicht zugleich der Menge N angehören, nennt man die zu N gehörige B e s t m e n g e R oder die zu N komplementäre Menge von M oder Differenz R = M — N1). Damit diese Definition auch für den Fall gültig ist, daß N eine unechte Untermenge von M ist, führen wir, wie man die unendlich fernen Punkte in der Geometrie als uneigentliche Punkte einführt und wie man einmal die Null als uneigentliche Zahl 2 ) in das Zahlensystem eingeführt hat, auch hier eine uneigentliche Menge ein, die sogenannte Nullmenge oder leere Menge, die wir mit 0 bezeichnen. Die Nullmenge soll zu den endlichen Mengen gerechnet werden und soll Untermenge von jeder Menge, insbesondere auch von sich selbst sein. M ;=> 0 bedeutet dasselbe wie M 4= 0, d. h. daß M mindestens ein Element enthält. 0 , { 0 } , { 0 } sind natürlich zu unterscheiden. Beispiele: Die Randpunkte x2 + y2 = 1 bilden eine echte Untermenge der Punkte des Kreises x2 + y2 ¿¡, 1; ihre komplementäre Menge in bezug auf diesen Kreis wird von den inneren Punkten x2 + y2 < 1 des Kreises gebildet; die Menge der Punkte mit x2 + y2 = —1 ist leer. Die Menge der rationalen Zahlen ist eine Untermenge der Menge aller reellen Zahlen; die komplementäre Menge wird von den irrationalen Zahlen gebildet. E s sei eine abzählbare Menge M — {mv m2, m3,...} gegeben und 0 tt dasselbe wie n < m bedeuten soll. Das ist für das Rechnen manchmal angenehm. § 9. Vorläufiges über die Skala der Kardinalzahlen Wenden wir die Definition 2 des § 8 auf endliche Kardinalzahlen an, so ergibt sich, wie schon auf S. 28 bemerkt, nichts Neues. Gehen wir zu den Kardinalzahlen unendlicher Mengen oder, wie man kurz sagt, zu transfiniten Kardinalzahlen über, so können wir über die uns bekannten Kardinalzahlen folgendes feststellen: a) Ist m irgendeine transfinite und n eine endliche Kardinalzahl, so ist m > n Denn sind M und N Repräsentanten von m und n, so gibt es in M eine zu N äquivalente Untermenge, nämlich jede Untermenge von n Elementen. Anderseits ist M als unend-

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II. Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen

liehe Menge keiner Untermenge der endlichen Menge N äquivalent. b) Für jede transfinite Kardinalzahl m ist m ^ o. Die Zahl a ist demnach die k l e i n s t e t r a n s f i n i t e K a r d i n a l z a h l . Das folgt daraus, daß jede unendliche Menge nach § 4, Satz 2 eine abzählbare Teilmenge enthält. c) D a a ^ c u n d a =f= cist,gilt a < c. Ob es zwischenaundc noch Kardinalzahlen gibt, bildet den Inhalt des sog. Kontinuumproblems 1 ). d) Es ist a < c < f. Wegen c) braucht nur noch c < f bewiesen zu werden. Bezeichnet C das Kontinuum und F die Menge der reellen Funktionen im Intervall [0,1], so ist C einer Teilmenge von F äquivalent; denn die Funktionen, die konstant sind, und zwar gleich einer Zahl c des Intervalls [0,1], sind eine Untermenge von F und zu C äquivalent. Daher ist nur noch zu zeigen, daß F keiner Untermenge von C äquivalent ist. Das ist aber in dem Beweis zu § 7, j gezeigt, kann jedoch auch am Schluß von § 10 aus dem Äquivalenzsatz von Bernstein geschlossen werden. Bisher kennen wir nur drei transfinite Kardinalzahlen. Es ist daher die Frage aufzuwerfen, ob es noch mehr gibt. Die Antwort lautet: es gibt unendlich viele t r a n s f i n i t e K a r dinalzahlen. Dieses folgt unmittelbar aus der Tatsache, daß es zu jeder transfiniten Kardinalzahl noch eine größere gibt, und diese Tatsache kann sogar in der schärferen Form bewiesen werden: Satz: Für jede Menge M hat ihre sog. Potenzmenge 2 ), d. i. die Menge U(M) aller ihrer Untermengen eine größere Kardinalzahl als M. •) Vgl. hierzu Sierpiriski 2). Eine von D.Hilbert (Math. Ann. 95 [1926], S. 161 ff.) angegebene Beweisidee h a t sich bisher nicht als durchführbar erwiesen. s ) Diese Bezeichnung erklärt sich aus § 16, a).

§ 9. Vorläufiges über die Skala der Kardinalzahlen

33

Für endliche Mengen ist diese Behauptung trivial. Z. B. ist für die leere Menge die Menge aller ihrer Untermengen die Menge {0}, d. i. eine Menge mit einem Element, also mit der Kardinalzahl 1, während die leere Menge die Kardinalzahl 0 hat. Für die Menge {«}, ist £/({«}) = {0, {«}}, so daß die Behauptung hier 1 < 2 aussagt. Allgemein besagt die Behauptung für eine aus endlich vielen, etwa aus n Elementen bestehende Menge, wie leicht zu sehen ist, daß n < 2 n ist. Der allgemeine Beweis wird den Fall endlicher Mengen mit umfassen. Es bezeichne M = M (m) eine Menge mit den Elementen m und dementsprechend ili({m}) die Menge, die aus M (m) dadurch hervorgeht, daß jedes Element m durch die Menge {m} ersetzt wird. Da stets { m } g M ist, ist M({m})£ U(M) und zugleich ili({m}) ~ M (m). Da hiernach M einer Untermenge von U(M) äquivalent ist, braucht nur noch gezeigt zu werden, daß anderseits U(M) keiner Untermenge von M äquivalent ist. Dazu wird in Nachbildung des zweiten Diagonalverfahrens bewiesen werden: wenn i / 0 ~ 7 l i 0 für irgend zwei Mengen U0 g Ü(M) und M0 < M ist, so ist U0 c U(M); daraus folgt dann in der Tat, daß TJ{M) keiner Untermenge von M äquivalent ist. Es sei also U0%U{M),

M0~U0.

Dann gibt es eine Abbildung von M0 auf Ua. Diese Abbildung wird nun festgehalten, und es bezeichne u= (p(m) das Element u von U0, das durch diese Abbildung dem Element m von M0 zugeordnet ist. Da jedes Element u von U0 eine Untermenge von M ist, hat es einen Sinn, zu fragen, ob ein gegebenes Element m von M0 auch Element eines gegebenen u ist. Es sei nun ü die Menge aller Elemente m von M 0 , die nicht in dem ihnen zugeordneten u= (p(m) als Element enthalten sind. Diese Menge ü, die eine (evtl. leere) Untermenge von M ist, kommt nun in U0 nicht als Element vor. 3

K a m k e , Mengenlehre

34

II. Uber beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen

In der Tat, wenn w e Z70 wäre, so wäre ihm durch die anfangs festgelegte Abbildung ein Element m von M0 zugeordnet. Dann müßte genau einer der beiden Fälle m e ü oder m für f x , f 2 =j= 0. Wir werden diese Regel sogar in der folgenden allgemeineren Form brauchen: c x ) Ist jedem Element l einer Menge L(l) eine Kardinalzahl ti 4= 0 zugeordnet, so ist für jede Kardinalzahl m 27 f, (1)

n m h = mleL ieL

Das folgt unmittelbar aus dem Satz 2 von S. 54, wenn man für die dortigen Mengen Kt(k) Mengen mit der Kardinalzahl wählt und alle m k = m setzt. Dann ist nämlich die linke Seite der Gleichung (2) von S. 54 nach der Definition der Potenz gerade die linke Seite von (1) und die rechte Seite von (2) die rechte Seite von (1). d)

m< • m\ = (Wj • m 2 ) ( für ! 4= 0.

Auch diese Regel folgt aus dem Satz 2 von S. 54. Denn erstens wähle man L = {1, 2}, und als K^h) und K2(k) nehme man zwei elementenfremde Mengen mit der Mächtigkeit f und ordne jedem k von K 1 die Kardinalzahl tttj und jedem k von K 2 die Kardinalzahl m 2 zu. Dann besagt die Gleichung (2) von S. 54 (2)

m\-m\ = J J m , hZK

60

II. Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen

wobei K= K1 + K2 ist. Zweitens wähle man auf Grund der Beziehung K1 ~ K2 eine Abbildung der Mengen K1 und K2 aufeinander. Aus jedem einander zugeordneten Elementenpaar der beiden Mengen bilde man eine Menge {k, k*}, wobei k zu Kx und k* zu K2 gehören soll. Dann ist JE {k, k*} = K. Die Menge K1 spielt jetzt die Rolle von L des Satzes 2 und jedes {k, k*} die Rolle eines Kt. Da jedem k e Kx die Kardinalzahl inj und jedem k* e K2 die Kardinalzahl m2 zugeordnet ist, besagt jetzt die Gleichung (2) von S. 54 (3)

(TtVitg^üm*. keK Aus (2) und (3) folgt aber die Behauptung. e)

(mf)t=mM

für f, 14=0.

Das folgt unmittelbar aus Cj), wenn für L eine Menge der Mächtigkeit I gewählt wird und alle f; = l gesetzt werden. f) Aus m 1 g; m2 folgt m* ^ m\ für f 0. Das ergibt sich unmittelbar aus Satz 3 von S. 55, da links wie rechts ein Produkt von f Faktoren steht. g) Aus 0 < +*«)

2~

-f . • .

und strebt gegen eine reelle Zahl des Intervalls 0 < x 1. Durch passende Wahlen kann man jede Zahl dieses Intervalls als Grenzwert erhalten. Das hier vorliegende Bildungsgesetz der Menge ist der intuitionistische Repräsentant des Zahlenkontinuums 0 < x gj 1.

Neben den Mengen treten bei Brouwer noch die S p e z i e s auf, die etwa den mengenbildenden Eigenschaften ® des § 1 entsprechen. Bei der Einführung der Begriffe der Äquivalenz und der Kardinalzahl, die denen der Mengenlehre Cantors nachgebildet sind, müssen natürlich die allgemeinen intuitionistischen Grundsätze 1 ) beachtet werden. Es zeigt sich dann, daß hohe Mächtigkeiten im Sinne Cantors nicht vorkommen, dafür eine starke Aufspaltung der Begriffe zu beobachten ist. Jede der im Vorangehenden skizzierten Grundlegungen der Mengenlehre scheint eine tragfähige Theorie zu liefern, und zwar bei der nötigen Vorsicht auch, wie ausdrücklich betont sei, die sog. naive oder Cantorsche Mengenlehre. Die verschiedenen Grundlegungen können allerdings Theorien verschiedenen Inhalts liefern. Die Anwendungen der Mengenlehre stützen sich z. Z. fast ausschließlich auf Cantors Mengenlehre, die daher, wie bisher schon, allein weiter verfolgt werden soll.

1 ) Zu diesen Grundsätzen gehört auch ein vorsichtigerer Gebrauch des logischen Satzes vom ausgeschlossenen D r i t t e n . Brouwer l ä ß t dessen Anw e n d u n g n u r auf endliche Bereiche zu.

§ 21. Definition der geordneten Menge

79

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen § 21. Definition der geordneten Menge Im vorigen Kapitel ist der Begriff der „Anzahl" weiter ausgebildet worden, und zwar so, daß zu den endlichen Zahlen noch transfinite Zahlen hinzugekommen sind. Diese Zahlen wurden mit einem gemeinsamen Namen als Kardinalzahlen bezeichnet. Nun spielt aber schon bei dem gewöhnlichen Zählprozeß endlicher Mengen jede Zahl eine doppelte Rolle. Die Grammatik unterscheidet demgemäß auch Kardinalzahlen (Grundzahlen) und Ordinalzahlen (Ordnungszahlen). Die Zahlen können nämlich auch dazu dienen, bei endlichen Mengen eine gewisse Reihenfolge der Elemente festzulegen. Z. B . kann man festsetzen, daß in der Menge {a, b, c} das erste Element c, das zweite a und das dritte b sein soll. Man wird dann zweckmäßig die Menge in der Gestalt {c, a, 6} schreiben. Es ist hierdurch insbesondere festgelegt, welches von zwei verschiedenen Elementen vor dem andern kommt. Derartige Festlegungen sollen nun auf beliebige Mengen übertragen werden. Mengen, für deren Elemente eine gewisse Reihenfolge festgelegt ist, spielen auch gerade in den Anwendungen eine große Rolle. Ist z. B . eine Menge von reellen Zahlen gegeben, so ist j a von je zwei verschiedenen dieser Zahlen die eine die kleinere. Die Mengen reeller Zahlen können also in ganz natürlicher Weise nach der Größe ihrer Elemente geordnet werden. Ebenso natürlich bietet sich eine Anordnung der Punkte auf einer Strecke dar. Da die Elemente von Mengen nun keineswegs Zahlen oder Punkte einer Strecke zu sein brauchen und da ferner, selbst wenn die Elemente Zahlen sind, diese ja keineswegs nach ihrer Größe geordnet zu sein brauchen (z. B. kann j a etwa gerade die Reihenfolge { 3 , 1 , 2} vorgeschrieben sein), ist es notwendig,

80

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

den Begriff der geordneten Menge abstrakt zu fassen. Man gelangt so zu der D e f i n i t i o n 1: Eine Menge M heißt eine geordnete oder voll geordnete Menge' oder Kette, wenn für je zwei verschiedene ihrer Elemente (und n u r für verschiedene Elemente) a und b eine, etwa durch das Zeichen < bezeichnete Aussage besteht, welche die beiden folgenden Bedingungen erfüllt: 1. für a 4= b ist entweder a < b oder b < a\ 2. aus a < b, b < c folgt stets a < c, d. h. die Aussage ist transitiv. Die leere Menge sowie eine aus einem Element bestehende Menge soll auch als geordnet gelten; eine aus zwei Elementen bestehende Menge ebenfalls, wenn für ihre beiden Elemente a, b eine Ordnungsaussage gegeben ist, nach der genau eine der beiden Relationen a < b oder b < a gilt. Die Aussage a > b soll dasselbe bedeuten wie b < a. Endlich wird das Zeichen a < b gelesen als „a vor 6" und das Zeichen a > b als „a hinter 6". Durch die zuletzt eingeführte Redeweise soll aber keineswegs das Zeichen < einen anschaulichen Sinn bekommen, die Redeweise dient nur zur Erleichterung der Auffassung. Das Zeichen < kann einen von Menge zu Menge wechselnden Sinn haben; es kann z. B. bei Zahlenmengen etwa das eine Mal mit dem Zeichen < und das andere Mal mit dem Zeichen > zusammenfallen. Einige Beispiele mögen den Begriff der geordneten Menge erläutern: a) Die Menge der natürlichen Zahlen {1, 2, 3 , . . .}, nach zunehmender Größe geordnet. Hier fällt < mit < zusammen. b) Die Menge der natürlichen Zahlen, nach abnehmender Größe geordnet. Diese Anordnung möge durch die Schreibweise { . . . , 3, 2,1} angedeutet werden. Hier fällt < mit > zusammen.

§ 21. Definition der geordneten Menge

81

c) Die Menge aller ganzen Zahlen, nach zunehmender Größe geordnet. Diese Anordnung werde durch { . . . , - 3 , - 2 , - 1 , 0 , 1 , 2,...} angedeutet. Hier fällt < mit < zusammen. d) Die Menge der ganzen Zahlen, aber jetzt in der durch {0,1, — 1, 2, — 2 , . . .} angedeuteten Anordnung, d. h. die nichtnegativen Zahlen sind nach zunehmender Größe geordnet, und jede negative Zahl folgt unmittelbar auf die positive des gleichen absoluten Betrages. Das Zeichen < fällt hier z. T. mit < , z.T. mit > zusammen. e) {0, 2, 4 , . . . , 1, 3, 5 , . . . } , d. h. erst kommen die geraden nichtnegativen Zahlen nach wachsender Größe geordnet, dann die ungeraden Zahlen. f) {0, 2, 4 , . . . , 5, 3,1}, d. h. erst kommen die geraden nichtnegativen Zahlen nach zunehmender Größe, dann die ungeraden Zahlen nach abnehmender Größe geordnet. g) {1, 2, 3 , . . . , | , f , . . . , i , f , | , . . . , . . . } , d. h. die positiven rationalen Zahlen, nach wachsenden Nennern und bei gleichem Nenner nach wachsendem Zähler geordnet. h) Die Menge aller reellen Zahlen des Intervalls (0,1) nach abnehmender Größe geordnet. Die Frage, ob jede gegebene Menge geordnet werden kann, wird erst später entschieden werden (S. 164). Daß jede endliche Menge geordnet werden kann, ist klar. Der Begriff der vollgeordneten Menge läßt sich zu dem der teilweise geordneten erweitern; vgl. S. 166.

Offenbar gilt der Satz 1: Ist M eine geordnete Menge, so ist durch das für M gegebene Ordnungsprinzip auch jede Teilmenge von M geordnet. Daher können die Teilmengen von geordneten Mengen stets als geordnet angenommen werden. 6

K a m k e , Mengenlehre

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

D e f i n i t i o n 2: Zwei geordnete Mengen M und N heißen einander gleich, in Zeichen M = N, wenn sie dieselben Elemente enthalten und wenn aus der für M geltenden Ordnungs*

relation a < b auch stets die für N geltende a < b folgt. Um*

gekehrt folgt dann offenbar aus a < b auch stets a < 6. Die Mengen a) und b) sind also im Sinne geordneter Mengen als verschieden anzusehen; ohne Rücksicht auf eine Ordnung sind sie dagegen gleich. Endlich mögen noch folgende Redeweisen eingeführt werden : Ist für drei Elemente a, b, c einer Menge a < b -< c, so soll gesagt werden, b liege zwischen a und c. Gibt es in einer geordneten Menge M ein Element a, so daß für jedes b e M und b =4= a die Beziehung a < b gilt, so heiße a ein erstes Element der Menge M. Gibt es in M ein Element c, so daß für jedes 6 e M und & =j= e die Beziehung c > 6 gilt, so heiße c ein letztes Element von M. Satz 2 : Eine geordnete Menge enthält höchstens ein erstes Element und höchstens ein letztes Element. B e w e i s : Enthielte eine Menge z. B. zwei erste Elemente a und ä, so wäre sowohl a < ä als auch ä < a, was unmöglich ist. Eine geordnete Menge braucht aber weder ein erstes noch ein letztes Element zu enthalten. Beispiele dafür sind die Mengen c) und h). § 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus Für geordnete Mengen werden naturgemäß solche Abbildungen einer Menge auf eine andere von Wichtigkeit sein, bei denen, kurz gesagt, die Reihenfolge der Elemente erhalten bleibt. Man kommt so zu folgender Verschärfung des Äquivalenzbegriffs : • D e f i n i t i o n 1: Eine geordnete Menge M mit der Ordnungsaussage < heißt einer geordneten Menge N mit der Ordnungs-

§ 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus

83

*

aussage < ähnlich, in Zeichen M szN, wenn die Menge M auf die Menge N so abgebildet werden kann, daß für je zwei E l e m e n t e m 2 aus M und*die diesen zugeordneten Elemente nv *n2 aus m^ < m 2 stets % -< n2 folgt. Offenbar folgt dann aus n1 -< n 2 auch stets für die diesen zugeordneten Elemente m l < m 2 . Eine solche Abbildung heißt ähnliehe Abbildung. Aus der Definition ergeben sich sofort die vier grundlegenden Eigenschaften: a) M oiM, d. h. jede geordnete Menge ist sich selbst ähnlich. ß) Aus M ^ N folgt N ^ M. y) Aus M ^ N, N ^ P folgt M ^ P. ö) Aus Mg^N folgt \M\ = |. Der Ähnlichkeitsbegriff möge nun erst durch einige Beispiele erläutert werden. a) Bei der Abbildung einer geordneten Menge auf sich selber braucht keineswegs immer jedes Element sich selber zugeordnet zu sein. Ist z. B. M die Menge der Zahlen des Intervalls (0,1), wobei die Zahlen nach zunehmender Größe geordnet seien, so bildet die Funktion y = x2 dieses Intervall auf sich selbst ab. Dabei wird durch diese ähnliche Abbildung kein Punkt sich selbst zugeordnet. b) Eine geordnete Menge kann einer echten Teilmenge ähnlich sein. Z. B. ist {1, 2, 3 , . . . } ^ {2, 3, 4 , . . . } und die Menge {1, 2, 3 , . . . } ähnlich der Menge der Primzahlen, wenn diese nach wachsender Größe geordnet werden, da es ja unendlich viele Primzahlen gibt. c) Die Menge der rationalen Zahlen kann so geordnet werden, daß sie der geordneten Menge {1, 2, 3 , . . . } ähnlich ist. Die auf S. 9 festgelegte Anordnung der rationalen Zahlen leistet dieses. Allgemein gilt der 6*

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Satz 1: Wenn eine Menge N einer geordneten Menge M äquivalent ist, kann N so geordnet werden, daß auch N ^ M ist. Beweis: Sind»^, m2 zwei Elemente von M und ist m 1 < m 2 , so werde für die ihnen zugeordneten Elemente nv n2 von N ebenfalls n1 < w2 festgesetzt. Damit ist auch für die Elemente von N eine Ordnungsaussage definiert, und zwar ist sie innerhalb der Menge N ebenfalls transitiv, da sie diese Eigenschaft nach unserer Voraussetzung in der Menge M hat. Damit ist aber die Menge N nach der Definition 1 von S. 80 geordnet. Für die Untersuchung der Ähnlichkeit gegebener Mengen kann man sich manchmal des folgenden Satzes bedienen. Satz 2: Zwei einander ähnliche Mengen besitzen entweder b e i d e ein erstes (letztes) Element oder keine der beiden Mengen besitzt ein solches. Beweis: Wenn eine der Mengen ein erstes Element m0 besitzt, so ist für jedes andere Element m dieser Menge m0 -< m. Bezeichnet n 0 das Element, das bei der ähnlichen Abbildung der einen Menge auf die andere dem w 0 zugeordnet wird, und ist n das jeweils dem m zugeordnete Element, so ist nach S. 82, Definition 1 auch n0 < n für jedes w=|= w0, d. h. auch die Menge N hat ein erstes Element. d) Die Mengen a) und b) von S. 80 sind einander nicht ähnlich, da a) ein erstes Element besitzt und b) nicht. Weiter folgt mit Satz 2 z. B. die Unähnlichkeit der Mengen a) und c), b) und c), a) und f), b) und f). e) Betrachten wir die Zahlen der beiden Intervalle [0,1] und (0,1), jedesmal nach zunehmender Größe geordnet, so sind beide Mengen einander unähnlich. Bei einer Abbildung der beiden äquivalenten Mengen aufeinander, muß also notwendig die Reihenfolge der Elemente in einer der beiden Mengen gestört werden, etwa so, wie auf S. 25. f) Ist M die Menge der reellen Zahlen des Intervalls (0,1) and N die Menge aller reellen Zahlen, beide Mengen nach

§ 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus

85

wachsender Größe ihrer Elemente geordnet, so ist M ^ N . Das ergibt sich aus der auf S. 25 unter c) angegebenen Abbildung, die ersichtlich eine ähnliche Abbildung ist. g) M sei die Menge aller Punkte P(x, y) der Ebene mit den rechtwinkligen Koordinaten x, y. Diese Menge sei in der Weise geordnet, daß P X

( V Vi) < P(X2< Vi)

fÜr

X

1 < X2

Wie

{Ür

X

1 = X2i Vi < Vi

sein soll. Diese Festsetzung ist offenbar transitiv, definiert also wirklich eine Ordnung der Menge M. Ferner sei N die durch die gleichen Festsetzungen geordnete Menge der Punkte P(x, y) des Quadrats 0 < a: < 1, 0 < «/ < 1. Dann ist M g^N. Das sieht man sofort ein, wenn man gemäß f) die Seiten des Quadrats ähnlich auf die ganzen Koordinatenachsen abbildet. Übrigens wird sich später (S. 105) ergeben, daß die Menge M nicht dem Intervall (0,1) ähnlich ist. Nach dem Muster von II, § 8 können nun mit Hilfe des Ähnlichkeitsbegriffs wieder neuartige Zahlen eingeführt werden: D e f i n i t i o n 2: Unter einem Ordnungstypus ¡i wird ein beliebiger Repräsentant M aus einer Klasse von einander ähnlichen geordneten Mengen verstanden. Der Ordnungstypus einer geordneten Menge M werde auch gelegentlich mit i M1 oder M bezeichnet. Die Bezeichnung i M1 besagt demnach nichts anderes, als daß die geordnete Menge M auch durch jede zu ihr ähnliche ersetzt werden kann. Da alle einander ähnlichen Mengen auch einander äquivalent sind, kommt allen Mengen, welche denselben Ordnungstypus besitzen, dieselbe Kardinalzahl zu, d. h. aus i M 1 = , N 1 folgt stets | A i | = |iV|. Zu jedem Ordnungstypus ¡x gehört daher auch genau eine Kardinalzahl, die mit ¡¿tl bezeichnet werden möge. Aus fi = v folgt somit | ¡n, \ = | v ¡.

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Da zwei beliebige äquivalente endliche Mengen bei einer beliebigen Anordnung ihrer Elemente offenbar einander stets ähnlich sind, entspricht jeder endlichen Kardinalzahl genau ein Ordnungstypus, der auch kurz mit der zugehörigen Kardinalzahl bezeichnet wird. Bei endlichen Mengen fallen also Kardinalzahl und Ordnungstypus zusammen. Den Ordnungstypus der Menge der natürlichen Zahlen, diese nach zunehmender Größe geordnet, bezeichnet man mit co, also o ) = , { l > 2, 3 , . . . } ' . Werden dagegen die Zahlen nach abnehmender Größe geordnet, so bezeichnet man ihren Ordnungstypus mit &>*, also a ) * = , { . . . , 3, 2 , 1 } ' . Allgemein wird mit ¡x* der Ordnungstypus bezeichnet, der aus ¡j, hervorgeht, wenn die Reihenfolge der Elemente umgekehrt wird, d. h. wenn aus der für die ursprüngliche Menge geltenden *Ordnungsaussage < eine neue dadurch hergestellt wird, daß < gleich > gesetzt wird. Es ist hier nicht von Ordnungszahlen, sondern von Ordnungst y p e n gesprochen, und zwar aus folgendem Grunde. Will man zwei verschiedene Ordnungstypen miteinander vergleichen, so muß man, entsprechend der auf S. 29 eingeführten Vergleichung von Kardinalzahlen, den Ordnungstypus ¡x kleiner als den Ordnungstypus v nennen, wenn ein Repräsentant M von fi einer Teilmenge eines Repräsentanten N von v ähnlich ist. Betrachten wir nun die Ordnungstypen co und cu*. Jede Teilmenge der den Ordnungstypus cu* repräsentierenden Menge {..., 3, 2,1} hat ein letztes Element, kann also nicht der Menge {1, 2, 3 , . . . } ähnlich sein, die den Ordnungstypus co repräsentiert. Ebenso sieht man, daß auch die erste Menge keiner Teilmenge der zweiten Menge ähnlich sein kann. Daher sind diese Ordnungstypen unvergleichbar. Den Ordnungstypen fehlt also eine wichtige Eigenschaft, die den Zahlen zukommt. Daher wird die Bezeichnung Ordnungszahl an dieser Stelle nicht gebraucht.

§ 23. Die Summe von Ordnungstypen

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§ 23. Die Summe von Ordnungstypen Für die Addition von Ordnungstypen möge erst eine geordnete Addition von geordneten Mengen definiert werden. D e f i n i t i o n 1: Es seien M und N zwei geordnete elementenfremde Mengen. Für die Elemente s ihrer Vereinigungsmenge S wird eine Ordnungsaussage in folgender Weise festgelegt: Sind s x und s 2 zwei Elemente der Vereinigungsmenge, so gehören sie entweder beide zu M; dann soll s x < s 2 oder s 2 < s1 in der Vereinigungsmenge gelten, je nachdem die eine oder andere dieser Relationen für diese Elemente in M gilt. Oder beide Elemente gehören zu Nj dann soll die in N für sie geltende Beziehung wieder auch in. der Vereinigungsmenge gelten. Oder eins der Elemente gehört zu M, das andere zu N, etwa s - ^ i M , s 2 e N\ dann soll s x < s 2 in der Vereinigungsmenge sein. Die so für die Elemente der Vereinigungsmenge festgelegte Ordnungsaussage ist offenbar transitiv. Durch sie wird also die Vereinigungsmenge S geordnet. Unter der geordneten Summe M + N der geordneten Mengen M und N wird nun die auf die angegebene Weise geordnete Vereinigungsmenge S verstanden. Wir sprechen in diesem Falle auch von einer geordneten Addition der Mengen M und N. Offenbar ist bei einer geordneten Addition die Summe M + N von N + M zu unterscheiden. Z. B. ist die geordnete Summe

D e f i n i t i o n 2: Um die Summe der beiden Ordnungstypen ¡i und v zu erhalten, repräsentiere man sie durch zwei elementenfremde Mengen M ünd N und bilde die geordnete Summe S = M + N. Dann soll p + v = i Sl sein. Man sieht wieder leicht ein, daß die Summe ¡i + v von den speziellen Repräsentanten der beiden Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner folgt aus der Definition der Summe:

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen a)

l^ + H H H

+

M-

Daß bei der Addition von endlichen Ordnungstypen die Vertauschungsregel gilt, ist klar. Aber b e i t r a n s f i n i t e n O r d n u n g s t y p e n b r a u c h t die A d d i t i o n n i c h t k o m m u t a t i v zu sein. Denn ist M = {1, 2, 3 , . . . } und

=

so ist N + M={0,1,

2, 3 , . . . } , M + N=

{1, 2, 3 , . . 0 } ,

also 1 + o) = a>, aber co + 1 =F= CD, da der Ordnungstypus co + 1, d. h. jede ihn repräsentierende Menge ein letztes Element besitzt, dagegen co nicht. Einige Beispiele mögen noch die Addition der Ordnungstypen erläutern: a)

n+co

= co.

Denn es ist n = ,{1, 2 , . . . , w}1, co= ,{n + 1 , n + 2 , n + 3 , . . . } ' , also

n + co = , {1, 2 , . . . n, n + 1 , . . . } 1 = to.

b)

co* + n = co*.

Denn co* + n =,{...,

n + 2, n + l} 1 + ,{w,. . ., 2,1}'

= ,{.. .,n + l,n,...,

I}1

c) co, co + 1, co + 2, . . . sind lauter verschiedene Ordnungstypen. Denn wäre co + m = co + n, wobei etwa 0 ^ m < n sei, so müßte co + m ein Element haben, hinter dem genau n — 1 Elemente stehen, was nicht zutrifft. d) Entsprechend zeigt man, daß co*, 1 + co*, 2 + co*, . . . lauter verschiedene Ordnungstypen sind. e) Der Ordnungstypus co* + co kommt z. B. der geordneten Menge { . . . , — 3, — 2, — 1, 0 , 1 , 2, 3 , . . . } zu, der Ordnungstypus co + co* der Menge {1, 2, 3 , . . — 3, — 2, — 1}.

§ 23. Die Summe von Ordmuigstypen

89

Gilt f ü r Ordnungstypen zwar nicht durchweg die Vertauschungsregel, so gilt doch wenigstens die A n r e i h u n g s r e g e l ß)

(ji + v) +n = (i + (v

+7t).

Das folgt unmittelbar aus der Definition der Addition. Denn werden die Ordnungstypen durch die elementenfremden Mengen M, N, P repräsentiert, so gilt offenbar für die geordnete Addition dieser Mengen (M + N) + P = M + (N + P). Unter Benutzung der vorher gewonnenen Ergebnisse ergibt sich hieraus: f)

n co

+ co + co = + F I

+

A > =

co +co + n = g)

(n + co) + co = co + co; co + (n + co) =

CD

+ co;

co + co + n.

co* + n + co = (co* + n) + co = co* + co;

n + co* + co und co* + co + n sind verschiedene Ordnungstypen. Die Addition kann auch auf beliebig viele Ordnungstypen ausgedehnt werden. Wir beginnen mit der D e f i n i t i o n 3: E s sei eine geordnete Menge K(k) gegeben und jedem Element k eine geordnete Menge Mk zugeordnet, derart, daß alle M k zueinander elementenfremd sind. D a n n wird die Vereinigungsmenge 8 = 21Mk in folgender Weise keK geordnet: Gehören zwei Elemente Sj und s2 von S zu demselben Mh, so soll in S die Relation s x < s2 oder s 2 < gelten, je nachdem die erste oder zweite Relation f ü r diese Elemente in Mk gilt. Gehören dagegen s x und s 2 zu verschiedenen Mk, etwa Sj € Mkl, s2 € Mkl, so soll Sj < s 2 oder s 2 < s1 in S gelten, je nachdem < k 2 oder Jc2 < k 1 ist. Nun soll die g e o r d n e t e Summe Mk gleich der so geordneten Vereinigungsmenge S k£K sein.

90

IV. Uber geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

D e f i n i t i o n 4: Es sei eine geordnete Menge K(k) gegeben und jedem Element h dieser Menge ein Ordnungstypus ¡i k zugeordnet; d. h. es sei ein aus der geordneten Menge K(k) entspringender geordneter Komplex von Ordnungstypen gegeben. Man repräsentiere die Ordnungstypen fi k durch elementenfremde geordnete Mengen M k . Dann soll die Summe dieses Komplexes von Ordnungstypen J S f i ^ t U M ^ k£K keE sein, wobei die Addition der Mengen auf der rechten Seite als geordnete Addition auszuführen ist. Man überzeugt sich wieder leicht, daß diese Summe von den Repräsentanten der Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner gilt offenbar: Y)

\2nk\ = 2\iik\k£K k£K Auch hier kann natürlich von der Allgemeingültigkeit der Vertauschungsregel keine Rede sein1). Zwar gilt hier eine über ß) hinausgehende Anreihungsregel, doch soll sie nicht aufgestellt werden, da sie im folgenden nicht gebraucht wird. § 24. Das Produkt zweier Ordnungstypen Wird in § 23, Definition 4 speziell jedem k derselbe Ordnungstypus fi zugeordnet, so gelangt man zu der D e f i n i t i o n 1: Es seien zwei Ordnungstypen «=(=0 und fj, gegeben. Der Ordnungstypus x werde durch die Menge K(k) dargestellt und jedem k der Ordnungstypus ¡jl zugeordnet. Dann soll das Produkt ¡j, • x gleich der Summe des so festgelegten Komplexes von Ordnungstypen sein, d. h. fl • K = £ [l. k£K Für x = 0 soll ¡x • x = 0 sein. ') Vgl. jedoch N. Aronszajn, Characterization of Typea of Order satisfying *o + »1= «i + «»• F u n d a m e n t a Mathematicae 39 (1962) 64 — 96.

§ 24. Das Produkt zweier Ordnungstypen

91

Daß das Produkt unabhängig von dem speziellen Repräsentanten von /j, ist, ist schon auf S. 90 gesagt. Ebenso sieht man leicht ein, daß es auch unabhängig von dem speziellen Repräsentanten von K ist, was sich übrigens gleich nochmals ergeben wird. Die Definition des Produkts kann nämlich auch folgendermaßen gefaßt werden: D e f i n i t i o n 2: Es seien zwei Ordnungstypen x=f=0 und fi=\= 0 gegeben. Es werde x durch K(k) und f j , durch M(m) dargestellt. Man bilde die Menge aller geordneten Elementenpaare (k, m) und setze für diese eine Ordnung durch die Vorschrift fest, daß (kv mt) < (k 2 , m2) für k1 < k2 wie für kx = k2, m1 < m 2 sein soll. Die so geordnete Menge der Elementenpaare (k, m) sei & und werde auch als geordnetes Produkt zweiter Art K x M bezeichnet (man achte auf die Reihenfolge). Dann soll das Produkt ¡x • x = i Sl sein. Ist x = 0 oder (i = 0, so soll fi- x = 0 sein. — Die eben beschriebene Anordnung der Elementenpaare (k, m) nennt man in naheliegender Weise eine lexikographische Anordnung oder eine Anordnung nach ersten Differenzen. In der Tat ergibt sich die zweite Definition unmittelbar aus der ersten. Die Menge K ist bei beiden dieselbe. Bei der ersten Definition ist dann jedem k t K eine Menge Mk des Ordnungstypus /J, zuzuordnen, und zwar müssen alle M k elementenfremd sein. Das kann man in der Weise machen, daß man eine Menge M vom Ordnungstypus ¡i nimmt und für jedes k die Elemente m von M durch (k, m) ersetzt. Ordnet man nun jedem k die Menge M(ßc, m)) zu, so ist die Forderung der Definition 1 erfüllt. Die Vereinigungsmenge der M((k, m)) ist gerade die in der Definition 2 mit S bezeichnete Menge und die in der Definition 2 für ihre Elemente vorgeschriebene Anordnung die auch durch die Definition 1 vorgeschriebene Anordnung.

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Bei der Definition 2 ist nun sofort klar, daß das Produkt der Ordnungstypen von den speziellen Repräsentanten der Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner folgt aus jeder der beiden Definitionen unmittelbar: et)

\fx-x\

=

\/x\-\x\.

Auch bei der M u l t i p l i k a t i o n g i b t es k e i n e V e r t a u s c h u n g s r e g e l . Denn wählen wir erstens x = a>, ¡x — 2, so wird 2 • co z. B. dargestellt durch die geordnete Menge {a1: bv a2, h2, a3, i3, ...} und ist daher gleich co. Wählen wir zweitens x = 2, ¡x = co, so wirdeu • 2 z. B. dargestellt durch {1, 3, 5 , . . . ; 2, 4, 6 , . . . } , und diese Menge ist der vorigen sicher nicht ähnlich, da es in dieser Elemente gibt (z. B. das Element 2), denen unendlich viele Elemente vorangehen, während es bei der vorhergehenden Menge solche Elemente nicht gibt. Es ist demnach co • 2 4= 2 • co. Man muß also auch bei dem Produkt genau auf die Reihenfolge der Faktoren achten. Unter diesen Umständen würde es zweifellos angenehmer sein, wenn das oben definierte Produkt mit x • ¡x statt ¡x • x bezeichnet wäre. Jedoch hat sich die oben eingeführte Bezeichnung durchgesetzt, und eine Änderung der Bezeichnung würde heute in der Literatur zu großer Verwirrung führen. Man muß also stets darauf achten, daß bei dem Produkt ¡x- x die Zahlenpaare (k, m) und nicht die Zahlenpaare (m, k) nach ersten Differenzen zu ordnen sind. Ebenso wie bei der Addition gilt aber auch für die Multiplikation doch noch die für das Rechnen wichtige Anreihungsregel ß)

(fi • v ) =

¡x •

(y-n).

Denn es seien die Ordnungstypen durch die Mengen mit den Elementen m, n, p dargestellt. Dann ist nach der Definition 2 der Ordnungstypus (/x • v) • n dargestellt durch die Menge der Elemente (ja, (n, m)), und dabei ist

§ 24. Das Produkt zweier Ordnungstypen

93

(Pl (%, m-S) < (p2, (n2, m2)), wenn p1 < p2 oder pj. = p2, r^ < n 2 , oder p1 = p2, wx = n 2 , « j < m2 ist. Entsprechend ist ¡x • (v • n) repräsentiert durch die Menge der Elemente (jp, n), wi), wobei ((plt %), ttij) < {{p2, n2), m2) wieder unter den eben angeführten Bedingungen ist. Ordnet man nun für dieselben Elemente m, n, p jedes Element (p, (w, m)) dem Element ((p, n), nij zu, so ist damit eine ähnliche Zuordnung für die beiden (/iv)n bzw. (i{vri) darstellenden Mengen definiert und damit die Behauptung bewiesen. Die Mischungsregel gilt nicht allgemein. Sie gilt nämlich nicht, wenn der erste Faktor eine Summe ist. Denn z. B. ist (a> + 1) • 2 = a) + l + ct) + l = c o + c o + l = ß ) - 2 + l . Und das ist verschieden von tu • 2 + 1 - 2 = 0) • 2 + 2, da der letzte Ordnungstypus ein vorletztes Element hat, der erste dagegen nicht. Dagegen gilt die Mischungsregel, wenn der zweite Faktor eine Summe ist, d. h. es ist y) fi(v + 7l) = fiv + [171. Denn die Ordnungstypen seien durch die Mengen M(m), N(n), P(p) repräsentiert, wobei N • P = 0 sei. Dann wird fi(v + 7i) dargestellt durch die Menge aller Elemente (q, m), wobei q ein beliebiges der Elemente n, p ist und gilt, wenn oder oder oder

(?i>»%) < m2) },6ii, ? 2 t P , qv q2e N und q1 < q2 in N qv q2 e P und q1 < q2 in P qi = q2, m1 < m2

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

ist. Dieselbe geordnete Menge ergibt sich aber offenbar als Repräsentant von fiv ¡in. Der Ordnungstypus der nach wachsender Größe geordneten Menge aller reellen Zahlen pflegt m i t A und der Ordnungstypus der in gleicher Weise geordneten Menge aller rationalen Zahlen mit rj bezeichnet zu werden. Offenbar ist A* = A und rj* = rj. Ferner haben, wie sich aus der Abbildung y = ^ ^ ^

der

reellen Zahlen x auf das Intervall | y | < 1 ergibt, die der Größe nach geordneten reellen bzw. rationalen Zahlen eines offenen Intervalls ebenfalls den Ordnungstypus A bzw. rj. Die reellen Zahlen der Intervalle [0,1), ( 0 , 1 ] , [ 0 , 1 ] haben demnach die Ordnungstypen 1 + A, A + 1, 1 + A + 1, und die in diesen Intervallen gelegenen rationalen Zahlen die Ordnungstypen 1 + rj, »7 + 1, l + »7 + l . Stellt m a n A + 1 durch das Intervall ( 0 , 1 ] u n d einen zweiten Summanden X durch das Intervall (1, 2) dar, so ergibt sich A+ 1 +

A=A.

In ähnlicher Weise folgt durch Aneinanderreihen der I n t e r valle, welche die Summanden repräsentieren: 1 + A = (1 + A)n = (1 +

X)co,

X + l = (A + l ) n = {X + 1) • co*, X — (X + l)co = (1 + A) • co*; und entsprechend ergibt sich 7] + 1 + rj

= rj,

1 + V = (1 + V)n

= (1 + ??)CÜ'

rj + l = (rj + l)n

= (rj + 1) • co*,

rj = (rj + 1) co = (1 + rj) • co*.

§ 25. Über die Mächtigkeit der Typenklassen

95

Bei dem Ordnungstypus rj kann noch hinzugefügt werden: rj = rjn= iqco = r] • . • • •f./ der positiven rationalen Zahlen dargestellt werden. Für die Ausdehnung des Produkts auf eine unendliche Menge von Ordnungstypen s. Hausdorff 1), S. 147 ff. oder 2), S. 73 ff. Für diese Ausdehnung ist allerdings die Theorie der wohlgeordneten Mengen erforderlich. § 25. Über die Mächtigkeit der Typenklassen Aus den bisher abgeleiteten Ergebnissen folgt noch nicht, daß es zu jeder Kardinalzahl m wenigstens einen Ordnungstypus fi mit | ¡X | = m gibt, d. h. daß sich jede Menge ordnen läßt. Wenn wir daher die Menge der verschiedenen Ordnungstypen, die zu einer gegebenen Kardinalzahl" m gehören, mit Tm bezeichnen und die zu m gehörige Typenklasse nennen, so

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IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

müssen wir vorläufig mit der Möglichkeit rechnen, daß evtl. Tm = 0 ist. Nach oben kann dagegen schon jetzt die Mächtigkeit der Typenklasse abgeschätzt werden. Es besteht nämlich der Satz 1: Für die zur Kardinalzahl m gehörige Typenklasse Tm gilt | Tm | 2 m " m l ). Beweis: Es sei M irgendeine, aber weiterhin feste Menge mit der Kardinalzahl m. Ist ¡i irgendein Ordnungstypus von Tm, so kann M stets so geordnet werden, daß M den Ordnungstypus [i erhält (Satz 1 auf S. 84). Die Menge aller verschiedenen Ordnungstypen der Klasse Tm ist daher eine Untermenge der Menge aller verschiedenen Anordnungen unserer Menge M. Haben wir nun irgendeine Anordnung von M, so können wir die Menge aller Elementenpaare (m, m) von M bilden, für welche bei der betrachteten Anordnung von M die Relation m < m gilt. Die Menge dieser Elementenpaare ändert sich mit der Anordnung von M und ist eine Untermenge der Menge aller Elementenpaare (m,m), die aus den Elementen der Menge M gebildet werden können. Die Menge aller verschiedenen Anordnungen der Menge M und erst recht die Typenklasse T„, hat daher höchstens die Mächtigkeit, die der Menge aller Untermengen zukommt, die sich aus der Menge aller Elementenpaare von M bilden läßt. Die Menge aller Elementenpaare von M hat aber (Definition auf S. 58) die Kardinalzahl m2, die Menge aller Untermengen dieser Menge daher die Kardinalzahl 2 m ' m , womit die Behauptung bewiesen ist. Speziell folgt aus dem Satz für m = a, daß | Ta | 2n"a = 2 a = c ist. Für diesen Fall kann aber schon jetzt gezeigt werden, daß das Gleichheitszeichen allein gilt. ') F ü r transfinites m gilt sogar | Tm \ = 2 t n ; ( § 4 5 Satz 2).

§ 25. Über die Mächtigkeit der Typenklassen

97

Satz 2: Für die Klasse Ta der Ordnungstypen der abzählbaren Mengen gilt | Ta \ = c. Beweis: Es braucht nur noch | Ta \ c bewiesen zu werden. Dazu wird der Ordnungstypus v = co* + co herangezogen, der weder ein erstes noch ein letztes Element enthält. Mit irgendeiner Folge natürlicher Zahlen (1)

(«!, a a ,

a3,...)

wird durch Addition der Ordnungstypus (2)

+ • • • = v -f b3 + »» + •••, usw. Die beiden Folgen (1) und (3) stimmen also in der i a t überein. Da die Gesamtheit der verschiedenen Folgen (1) somit zu lauter verschiedenen Ordnungstypen (2) Anlaß gibt und da aus (2) | a |^ a • a= a

§ 26. Über dichte Mengen

99

folgt, hat Ta mindestens die Mächtigkeit der Menge aller aus den natürlichen Zahlen gebildeten Folgen (1). Die Mächtigkeit dieser Zahlenfolgen ist aber a° = c, womit der Satz bewiesen ist. § 26. Über dichte Mengen In diesem und dem nächsten Paragraphen wollen wir einige Einteilungen der Ordnungstypen nach ihrer Struktur vornehmen. Erstens ist es nämlich interessant, daß sich manche, zunächst nur für Punktmengen gebildete Begriffe allgemein auf geordnete Mengen übertragen lassen; zweitens werden wir dadurch Mittel in die H a n d bekommen, um in manchen Fällen die Unähnlichkeit von geordneten Mengen zu beweisen; und drittens wird es möglich sein, die Struktur der Menge aller rationalen Zahlen auf einer Geraden und vor allem des Kontinuums allein mit Hilfe des Mengenbegriffs zu beschreiben. Unter den Randelementen einer geordneten Menge soll ihr erstes bzw. letztes Element verstanden werden, wenn sie solche Elemente besitzt. Eine geordnete Menge heiße unberandet, wenn sie nicht leer ist und keine Eandelemente hat. Beispiele von unberandeten Mengen sind: Das Intervall (0,1); die ganze Zahlengerade; die rationalen Zahlen des Intervalls (0,1); der Typus co*+ tu. Eine unberandete Menge ist jedenfalls unendlich, da es ja in jeder endlichen geordneten Menge sowohl ein erstes als auch ein letztes Element gibt. Satz 1 : Eine unberandete Menge kann nur einer unberandeten Menge ähnlich sein; oder kürzer formuliert (vgl. Definition 2 auf S. 85): mit M ist auch , M1 unberandet. Das ist nur eine andere Formulierung des Satzes 2 von S. 84. Haben zwei Elemente m 1 und m 2 einer geordneten Menge M die Eigenschaft, daß zwischen ihnen kein Element von M 7•

100

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

liegt, so heißen sie benachbarte (konsekutive) Elemente. Ist dabei m 1 < m2, so heißt m 1 der unmittelbare Vorgänger von m 2 und m2 der unmittelbare Nachfolger von m v Eine geordnete Menge heißt dicht, wenn sie mindestens zwei Elemente enthält und keine benachbarten Elemente hat. B e i s p i e l e : Dichte Mengen sind die Zahlen des Intervalls (0,1), wenn sie nach ihrer Größe geordnet sind; ebenso die rationalen Zahlen des Intervalls [0,1] bei ihrer natürlichen Anordnung; die Menge (0,1) + {2}. Nicht dichte Mengen dagegen sind: {1, 2, 3 , . . . } ; die rationalen Zahlen, wenn sie als Folge angerrdnet werden, da es nun zu jedem Element ein unmittelbar folgendes gibt; die Menge (0,1] + {2}, da die Elemente 1 und 2 benachbart sind.

Eine dichte Menge ist jedenfalls unendlich, da es in jeder endlichen Menge, die mindestens zwei Elemente enthält, auch benachbarte Elemente gibt. Satz 2: Eine dichte Menge kann nur einer dichten Menge ähnlich sein; d. h. mit M ist auch i M1 dicht. Beweis: Es sei M ^ N und N enthalte zwei benachbarte Elemente n 2 . Dann kann es zwischen den ihnen bei einer ähnlichen Abbildung von N auf M zugeordneten Elementen m1 und m 2 auch kein Element von M geben, da das sonst auch bei n 1 und w2 sein müßte. Beschränkt man sich auf a b z ä h l b a r e dichte Mengen, so gilt folgender wichtiger Satz 3: Alle unberandeten dichten abzählbaren Mengen sind untereinander ähnlich (G. Cantor). Beweis: Es seien M(m) und N(n) zwei Mengen von der im Satz genannten Art. Da sie abzählbar sind, können sie auch als Folgen geschrieben werden, wobei allerdings ihre gegebene Ordnung gestört wird. Als Folge geschrieben, seien sie M=

{m', in", m'",...}

und N = {< n", n ' " , . . . } .

Es muß gezeigt werden, daß sich die Mengen M und N bei Beachtung ihrer ursprünglichen Reihenfolge aufeinander ab-

§ 26. Über dichte Mengen

101

bilden lassen. Dazu wird m 1 = m' irgendeinem Element Wj von N (etwa n1 = n') zugeordnet. Darauf wird in N — {rij} das Element mit kleinstem oberen Index aufgesucht und n 2 genannt. In N ist nun entweder Mj < n2 oder n1 > n 2 . Je nachdem das erste oder zweite zutrifft, wird in M ein Element m2 mit m1 < m2 oder m1 > m2 ausgewählt; das ist möglich, da M unberandet ist. Dieses m2 wird dem n2 zugeordnet. Nun geht man wieder zur Menge M über und wählt in M — {ml5 m2} das Element mit kleinstem oberen Index und nennt es m3. Dieses Element kann bei der gegebenen Ordnung von M vor, hinter oder zwischen' den Elementen m1 und m2 stehen. In jedem Fall gibt es, da N unberandet und dicht ist, ein Element n 3 , das zu den Elementen % und n2 die gleiche Stellung hat wie m 3 zu den Elementen m 1 und m2. Nun geht man wieder zu N über, wählt in N — [nv n2, ns} das Element mit kleinstem oberen Index aus, nennt es w4, und nimmt aus M ein Element m4, das zu den drei Elementen m l5 m2, m 3 die gleiche Stellung hat wie w4 zu den drei Elementen Wj, n2t ns. Auf diese Weise wird jedes Element von M, d. h. von M, und jedes Element von N, d. h. von N erfaßt. Es ist also die Menge M auf die Menge N abgebildet, und zwar ohne Störung der Reihenfolge der Elemente. Denn es seien etwa m 1 < m2 zwei beliebige Elemente von M und n1: n2 die ihnen zugeordneten Elemente von N. Dann ist bei unserm Verfahren zwischen einem der Elementenpaare mv nx oder m2, n2 die Zuordnung später hergestellt als bei dem andern; nehmen wir etwa an: bei dem zweiten Paar später als bei dem ersten. Dann ist aber bei dieser Zuordnung von m2 und n 2 darauf geachtet, daß die Elemente m l5 m2 in M die gleiche Stellung zueinander haben wie die Elemente n1: w2 in N. Es ist also wirklich M^N.

102

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Durch den Satz 3 ist der Ordnungstypus rj der in n a t ü r licher Weise geordneten Menge aller rationalen Zahlen beschrieben, u n d zwar ohne Bezugnahme auf diese Zahlen selber. Der Ordnungstypus rj k o m m t nämlich nach Satz 3 genau dann einer geordneten Menge M zu, wenn diese die Eigenschaften h a t : «) M ist abzählbar; ß) M enthält weder ein erstes noch ein letztes E l e m e n t ; y) M ist dicht, d. h. zwischen je zwei ihrer Elemente gibt es mindestens noch ein Element von M. Der Satz 3 k a n n noch verallgemeinert werden zu dem Satz 4 : Die sämtlichen verschiedenen Ordnungstypen der dichten abzählbaren Mengen sind die vier T y p e n : rj, 1 + rj, rj + 1,1 + rj + 1; d. h. jede dichte abzählbare Menge ist ähnlich der natürlich geordneten Menge der rationalen Zahlen entweder im Intervall ( 0 , 1 ) oder in [0,1) oder in ( 0 , 1 ] oder in [0,1], B e w e i s : Jede abzählbare dichte Menge läßt sich durch Abtrennen der Randelemente zu einer der im Satz 3 behandelten Mengen machen, d. h. zu einer Menge vom Typus rj. F ü g t m a n die Randelemente n u n wieder hinzu, so ergibt sich die Behauptung. Das Beweis verfahren zu Satz 3 liefert auch noch den Satz 5 : In jeder dichten Menge gibt es zu jeder geordneten abzählbaren Menge eine ähnliche Teilmenge. B e w e i s : E s sei die gegebene dichte Menge durch Fortlassen der etwaigen Randelemente zu einer unberandeten dichten Menge M gemacht, u n d es sei A die gegebene geordnete abzählbare Menge. E s soll gezeigt werden, daß es in M eine Untermenge gibt, die bei der durch M f ü r sie gegebenen Ordnung zu A ähnlich ist. Die Menge A möge wiederum, evtl. u n t e r Zerstörung der gegebenen Ordnung, auch als Folge

§ 26. Über dichte Mengen A = {aj, a 2 ,

103

a3,...}

geschrieben werden. Dem a1 wird ein beliebiges Element m1 von M zugeordnet. Dem a2 wird aus M ein Element m2 zugeordnet, das zu m1 dieselbe Stellung hat wie a2 zu a1 bei der durch A für diese Elemente gegebenen Anordnung. Dann wird dem a3 ein Element m3 zugeordnet, das zu m^ m2 dieselbe Stellung hat wie a3 zu alt a2, usw. Daß das alles möglich ist und zum Ziele führt, sieht man nach dem Beweis zu Satz 3 sofort ein, da hier die Verhältnisse sogar einfacher liegen als dort. Aus den vorstehenden Sätzen folgt: a) Die Menge aller abbrechenden Dezimalbrüche > 0 (oder abbrechenden Dual- odern-al-Brüche), nach wachsender Größe geordnet, hat den Ordnungstypus rj. Denn, da diese Menge abzählbar, unberandet und dicht ist, folgt das aus Satz 3. b) Für jeden endlichen oder abzählbaren Ordnungstypus x =j= 0 ist rj • x = 7}. Denn es sei x durch K(k) und rj durch R(r) dargestellt. Dann wird r\ x durch die lexikographisch geordnete Menge der Elementenpaare (k, r) dargestellt. Ist (k, r0) eins dieser Elementenpaare, so gibt es, da R unberandet ist, ein - r 0 ; dann ist auch (k, r x ) < (k, r0) < (k, r2). Ist weiter (kv r x ) < (fc2, r 2 ), so ist entweder^ < fc2; dann wähle man ein r3 < r 2 und bilde (k2, r3). Oder es ist k1 = k2 und r1 < r 2 ; dann gibt es, da R dicht ist, ein r1 < r 3 < r 2 , und man bilde wieder (k2, r3). In jedem Fall liegt das neu gebildete Elementenpaar zwischen den gegebenen. Die Menge der Elementenpaare (k, m) ist also unberandet und dicht und schließlich auch abzählbar wegen | rjx | = | rj || x \ ^ a 2 = 0. Daher hat sie den Ordnungstypus rj. Damit ist ein Teil der Ergebnisse vonS.94f. verallgemeinert: insbesondere ergibt sich rj - r] = rj, also auch rj3 — rj \ usf.

104

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

c) In ähnlicher Weise ergibt sich: Für jeden endlichen oder abzählbaren Ordnungstypus k 4= 0 ist (1 + r j ) x = 1 + rj oder r), je nachdem x ein erstes Element hat oder nicht. Insbesondere ist also (1 + r])r\ = rj, (1 + rjf = 1 + rj. § 27. Über stetige Mengen Es sei eine geordnete Menge M gegeben. Eine Teilmenge A von M heiße ein Anfang von M, wenn mit jedem Element a von A auch jedes Element zu A gehört, das dem Element a in der Menge M vorangeht. Der Anfang A soll stets in der durch M vorgeschriebenen Ordnung geordnet sein. Eine Teilmenge Z von M heiße ein Rest von M, wenn mit jedem Element z von Z auch jedes Element zu Z gehört, das dem Element 2 in M nachfolgt. Der Rest soll ebenfalls immer in der durch M vorgeschriebenen Ordnung geordnet sein. Die leere Menge soll sowohl Anfang als auch Rest jeder geordneten Menge sein. Ist z. B. R (r) die Menge aller rationalen Zahlen in der natürlichen Anordnung, so bildet die Menge der rationalen Zahlen r, für die r < 2 gilt, einen Anfang, aber auch die Menge der rationalen Zahlen, für die r ^ 2 ist. Entsprechend bildet die Menge der r > 2 ebenso wie die Menge der r 2 einen Rest von R.

Unter einer Zerlegung einer geordneten Menge M wird ihre Darstellung in der Form M = A + Z verstanden, wo A ein Anfang, Z ein Rest von M, A • Z = 0 und die Summe natürlich eine geordnete Summe ist. Eine Zerlegung M = A + Z einer geordneten Menge M in zwei nicht leere Mengen A und Z heißt Sprung, wenn A ein letztes und Z ein erstes Element hat; Lücke, wenn A kein letztes und Z kein erstes Element hat; Schnitt, wenn keiner dieser beiden Fälle vorliegt, d. h. A ein letztes und Z kein erstes Element oder A kein letztes und Z ein erstes Element hat.

§ 27. Über stetige Mengen

105

Z. B. ist bei natürlicher Anordnung der in den folgenden Intervallen enthaltenen reellen Zahlen [0,1] + [2, 3] ein Sprung, (0,1) + (1, 2) eine Lücke, [0,1) + [1, 2) ein Schnitt. Im Bereiche der natürlich geordneten rationalen Zahlen r ist in ohne weiteres verständlicher Schreibweise {r ^ 0} + {r > 0} ein Schnitt, dagegen

{r < |/2} + {r>

]/2) eine Lücke.

Das Vorhandensein von Sprüngen in einer geordneten Menge ist gleichbedeutend mit dem Vorhandensein von benachbarten Elementen. Eine dichte Menge ist somit eine Menge ohne Sprünge; sie hat nur Schnitte und Lücken. Satz 1: Hat die eine von zwei einander ähnlichen Mengen Sprünge bzw. Schnitte bzw. Lücken, so gilt das auch für die andere Menge. Jede dieser drei Eigenschaften kommt also allen Mengen desselben Ordnungstypus entweder zu oder nicht zu. Beweis: Das folgt daraus, daß bei einer ähnlichen Abbildung, da bei dieser die Reihenfolge der Elemente erhalten bleibt, jede Zerlegung wieder in eine Zerlegung übergeht und ein erstes bzw. letztes Element eines Restes oder Anfangs wieder in ein solches Element. Hieraus folgt nun z. B., daß die in g) auf S. 85 geordnete Menge aller Punkte P (x, y) der Ebene der natürlich geordneten Menge (0,1) nicht ähnlich ist Die erste Menge hat nämlich Lücken. Eine solche erhält man z. B., wenn man mit A die Menge der Punkte P (x,y) bezeichnet, für die x < 0 ist, und mit Z den zu A gehörigen Rest der Menge bezeichnet. Da die Menge (0,1) keine Lücken hat, ist diese Menge der ersten nicht ähnlich.

Eine geordnete Menge, bei der jede Zerlegung ein Schnitt ist, heiße stetig; d. h. eine Menge ist stetig, wenn sie mindestens zwei Elemente enthält und weder Sprünge noch Lücken hat.

106

IV. Uber geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

(a) Eine dichte Menge ist demnach stetig, wenn sie keine Lücken hat. (b) Jede stetige Menge ist dicht. Denn sind a < b zwei Elemente der Menge M, so bilden die Elemente m einen Anfang mit a als letztem Element. Der zugehörige Rest enthält b, aber kein erstes Element, also gibt es zwischen a und b noch Elemente von M. (c) Die Menge der rationalen Zahlen ist nicht stetig, wie sie auch geordnet sein mag; denn jede stetige Menge ist dicht, und an dichten abzählbaren Mengen gibt es nach S. 102, Satz 4 nur die vier Typen rj, 1 + rj, rj + 1, 1 + t] + 1, von denen jeder Lücken hat, wie auf S. 105 an einem Beispiel gezeigt ist. Dagegen ist die Menge der reellen Zahlen in ihrer natürlichen Anordnung stetig. Die hier eingeführten Begriffe gehen im wesentlichen auf Dedekind zurück. Mit ihrer Hilfe können die irrationalen Zahlen, was hier kurz skizziert werden möge, folgendermaßen eingeführt werden: Bisher mögen nur die rationalen Zahlen bekannt sein. Jeder rationalen Zahl kann durch eine der bekannten elementargeometrischen Konstruktionen ein wohlbestimmter Punkt einer gegebenen Geraden zugeordnet werden. Aber nicht umgekehrt auch jedem Punkt dieser Geraden eine rationale Zahl. Konstruiert man nämlich (Fig. 6) ein gleichschenklig rechtwinkliges Dreieck mit den Kathetenlängen 1 und trägt man die Länge der Hypothenuse auf der gegebenen Geraden vom Punkte Null aus ab, so erhält man einen Punkt, für dessen Abstand x vom Punkt Null die Gleichung x2 = 2 bestehen müßte, und eine solche Zahl x gibt es im Bereiche der rationalen Zahlen nicht. Will man aber analytische Geometrie treiben, so ist es notwendig, daß nicht nur jeder Zahl ein Punkt, sondern daß auch jedem Punkt der Geraden eine Zahl entspricht. Es ist daher notwendig, die „Lücken" im Bereich der rationalen Zahlen auszufüllen (Sprünge kommen ja bei der Menge der rationalen Zahlen

§ 27. Über stetige Mengen

107

\

o

X

Fig. 6 nicht vor). Und das geschieht nach Dedekind in der Weise, daß die „Lücken" als neuartige Zahlen eingeführt werden, für welche dann die Rechengesetze in geeigneter Weise definiert werden. Sobald das geschehen ist, ist die Menge der natürlich geordneten Zahlen eine stetige Menge, ebenso wie die Menge der Punkte auf einer Geraden, und nun ist eine Abbildung der Zahlenmenge auf die Punktmenge unter Erhaltung der Anordnung ihrer Elemente möglich, wie man es in der analytischen Geometrie braucht. Überträgt man die Überlegungen Dedekinds auf die allgemeinen geordneten Mengen, so gelangt man zu den beiden folgenden Sätzen: Satz 2: Jede stetige Menge M enthält eine Teilmenge vom Typus X, d. h. eine Teilmenge, die der Menge der reellen Zahlen in ihrer natürlichen Anordnung ähnlich ist. Beweis: Nach S. 106 (b) ist M dicht. Nach S. 102, Satz 5 gibt es daher in M eine Üntermenge R vom Typus rj. Die Menge R hat Lücken. Es sei R=A + Z (1) eine Zerlegung von R, die eine Lücke in R bestimmt. Ferner sei A die Gesamtheit der Elemente von M, die zu A gehören oder vor einem Element von A stehen, und Z die Gesamtheit der Elemente von M, die zu Z gehören oder hinter einem Element von Z stehen. Wäre A + Z eine Zerlegung von M, so hätte M eine Lücke, entgegen der Voraussetzung, daß M stetig

108

IV. Uber geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

ist. Daher fehlt in A + Z mindestens ein Element m von M, und dieses steht nach der Konstruktion von A + Z hinter A und vor Z, also auch hinter A und vor Z. Jede Lücke (1) bestimmt also mindestens ein Element m von M. Eines dieser Elemente m wird für jede Lücke (1) ausgewählt und festgehalten. Die durch diese Lückenelemente m ergänzte Menge R werde mit N bezeichnet. Diese Menge ist als Teilmenge der geordneten Menge M ebenfalls geordnet und ähnlich der Menge aller rationalen Zahlen, vermehrt um deren Lückenelemente im Bereich der reellen Zahlen, d. h. nach Dedekinds Einführung der reellen Zahlen gerade ähnlich der Menge aller reellen Zahlen, womit der Satz bewiesen ist. Ähnlich wie auf S. 102 der Ordnungstypus der Menge der rationalen Zahlen beschrieben werden konnte, ohne auf die rationalen Zahlen selber Bezug zu nehmen, ist das Entsprechende nun auch für die Menge aller reellen Zahlen möglich, wie aus dem folgenden Satz hervorgeht: Satz 3: Eine geordnete Menge M hat genau dann den Ordnungstypus X, d. h. ist der natürlich geordneten Menge aller reellen Zahlen ähnlich, wenn sie folgende Eigenschaften h a t : ol) M ist unberandet; ß) M ist stetig; y) M enthält eine abzählbare Menge R, so daß zwischen je zwei Elementen von M mindestens ein Element von R liegt, d. h. in M ist eine abzählbare Menge R dicht. B e w e i s : Da jede Menge vom Ordnungstypus X die drei Bedingungen erfüllt, ist nur noch zu zeigen, daß aus ihnen auch i M1 = X folgt. Die Menge R ist unberandet; denn vor und hinter jedem Element von R gibt es noch Elemente von M, also wegen y) auch Elemente von R. Ebenso folgt aus y), daß R auch dicht ist. Daher hat R den Ordnungstypus rj, ist also der Menge aller rationalen Zahlen ähnlich. Jede Lücke in der Menge R bestimmt nach dem Beweis zu Satz 2 minde-

§ 27. Über stetige Mengen

109

stens ein Element m von M, aber wegen y ) auch nur ein Element von M. Daraus folgt aber die Behauptung. Denn die Menge der rationalen Zahlen kann auf R abgebildet werden; jeder Lücke im Bereich der rationalen Zahlen ist damit genau eine Lücke der Menge R und daher auch genau ein Element von M zugeordnet. Damit ist eine ähnliche Abbildung der Menge aller reellen Zahlen auf die Menge M erreicht. A n m e r k u n g 1: Die etwas unhandliche Bedingung y) ist nicht eine Folge der beiden andern, darf also nicht fortgelassen werden. Denn es sei M die Menge der Punkte P (x, y) mit 0 < x < 1, 0 Si«/ gi 1. Die Ordnungsbeziehung soll die auf S. 85 angegebene sein. Man sieht sofort, daß M unberandet ist. Weiter ist M stetig, d. h. jede Zerlegung M = A + Z ist ein Schnitt. Denn bei einer beliebigen Zerlegung hat A ein letztes Element P (x0, y0) oder nicht. Im ersten Fall besteht Z aus den Punkten P (x, y), für die x > x0, 0 ^ y ^ loder x = x0, y > y0 gilt (ist y0— 1, so fällt die letzte Bedingung fort); Z hat also kein erstes Element. Im zweiten Fall gibt es entweder unter den Abszissen x der Punkte P (x, y) e A eine größte x0 und unter den Ordinaten y der Punkte P (x0, y) € A keine größte, aber sie haben eine obere Grenze ya, und es ist P (x0, y0) e Z. Oder die genannten Abszissen haben kein Maximum, aber auf jeden Fall eine obere Grenzex 0 ( < 1, da sonst Z leer wäre); dann ist P (x0, 0) erstes Element von Z. Jede Zerlegung von M ist somit ein Schnitt, und daher ist M stetig. — Aber y) ist nicht erfüllt. Denn sonst müßte es eine a b z ä h l b a r e Teilmenge R geben, so daß für jedes 0 < x < 1 zwischen P(x, 0) und P(x, 1) ein Element von R läge. Das ist aber nicht möglich. Aus dem Satz 3 folgt nun auch, daß die Menge M nicht ähnlich auf die Menge 0 < x < 1 abgebildet werden kann. A n m e r k u n g 2: An die Sätze der beiden letzten Paragraphen hat Ph. Franklin (Transactions of the American Mathematical Society 27 [1925] S.91ff.) interessante Betrachtungen angeknüpft. Haben wir nämlich in den Intervallen 0 < x < 1 und 0 < y < 1 je eine abzählbare Menge, die in diesem Intervall dicht ist, d. h. von welcher in jedem noch so kleinen Teilintervall des Intervalls (0,1) mindestens ein Punkt der Menge liegt, so folgt aus Satz 3 von S.100, daß sich beide Mengen ähnlich aufeinander abbilden lassen. Die Überlegungen zu den beiden letzten Sätzen lassen dann weiter erkennen, daß es eine stetige monotone Funktion y = / (x) gibt, welche das Intervall 0 < x < 1 stetig auf das Intervall 0 < y < 1 und zugleich die eine

110 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen der gegebenen Mengen genau auf die andere abbildet. Franklin hat nun gezeigt, daß die Funktion / (x) dabei sogar als analytische Funktion gewählt werden kann und beweist außerdem u. a. folgende interessante Tatsache. Ist im Intervall (0,1) eine eigentlich monotone und stetige Funktion gegeben, welche das Intervall (0,1) wieder auf das Intervall (0,1) abbildet, so kann diese Funktion mit beliebiger Genauigkeit durch eine in dem Intervall analytische Funktion approximiert werden, welche rationale Werte genau für rationale x annimmt. Anmerkung 3: Für die Ausdehnung der Betrachtungen auf nur teilweise geordnete Mengen siehe z. B. A. Aumann, Reelle Funktionen, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1954, Abschnitt 2. 2.

Y. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen § 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl Den geordneten Mengen fehlt im allgemeinen noch eine Eigenschaft, die jeder Menge von natürlichen Zahlen zukommt. In jeder Menge von natürlichen Zahlen gibt es nämlich eine kleinste, d. h. in jeder nach wachsender Größe ihrer Elemente geordneten Teilmenge aus der Menge der natürlichen Zahlen gibt es ein erstes Element. Diese Eigenschaft der natürlichen Zahlen wird bei vielen Beweisen benutzt (vgl. hierzu insbesondere § 36), ohne daß einem dieses vielleicht immer klar zum Bewußtsein kommt. Es ist daher zu erwarten, daß die entsprechende Eigenschaft auch bei beliebigen geordneten Mengen von Bedeutung ist. Demgemäß wird festgesetzt: D e f i n i t i o n 1: Eine geordnete Menge M heißt wohlgeordnet, wenn sowohl M selber als auch jede nichtleere Teilmenge von M bei der durch M gegebenen Ordnung ihrer Ele mente ein erstes Element besitzt. Die leere Menge wird ebenfalls als wohlgeordnet angesehen. B e i s p i e l e : Jede endliche Menge ist wohlgeordnet, ebenso die Menge {1, 2, 3 , . ..}. Die Menge {. . . , 3, 2,1} ist nicht wohlgeordnet da sie kein erstes Element hat. Die Menge der reellen Zahlen im

§ 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl

111

Intervall [0,1] in ihrer natürlichen Anordnung ist nicht wohlgeordnet; zwar hat die Menge selber ein erstes Element, aber die Teilmenge (0,1] hat kein erstes Element. Ebenso ergibt sich, daß keine Menge vom Ordnungstypus j? oder 1 + rj oder j] + 1 oder 1 + rj + 1 wohlgeordnet ist. Dagegen ist z. B. die Menge der positiven rationalen Zahlen in der Anordnung (1)

{l,2,3,...;i,|,!,...;if,|,...;...}

wohlgeordnet; denn ist irgend eine Teilmenge hiervon gegeben, so gibt es in dieser Brüche mit kleinstem Nenner und unter diesen einen solchen mit kleinstem Zähler, und dieser ist dann erstes Element der Teilmenge. In der Definition 1 kann man auf die Transitivität der Ordnungsrelation verzichten, die in § 21, Definition 1 gefordert war. D. h. es gilt: Wenn es für eine Menge M eine Ordnungsbeziehung gibt, nach der für je zwei verschiedene Elemente a, b von M genau eine der beiden Relationen a -< b, h m 3 . . . , d.h. eine Teilmenge vom Ordnungstypus co*.

112 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Satz 2: In jeder wohlgeordneten Menge gibt es zu jedem Element, das nicht letztes Element ist, ein auf dieses unmittelbar folgendes. B e w e i s : Es sei m 1 ein Element der wohlgeordneten Menge M. Die Menge der in M hinter m1 stehenden Elemente ist eine Untermenge von M, hat also nach der Definition der wohlgeordneten Menge ein erstes Element m 2 . Dann ist m 1 < m 2 , und zwischen diesen beiden Elementen gibt es nach der Definition von m2 kein Element von M. Die wohlgeordneten Mengen gehören also sicher nicht zu den in den beiden vorhergehenden Paragraphen betrachteten dichten oder stetigen Mengen. Weiter folgen unmittelbar aus der Definition die beiden folgenden Tatsachen: Satz 3: Jede Teilmenge N einer wohlgeordneten Menge M ist bei der durch M für sie gegebenen Ordnung ebenfalls wohlgeordnet. Satz 4 : Jede geordnete Menge, die einer wohlgeordneten Menge ähnlich ist, ist selber wohlgeordnet. Nach Satz 4 sind entweder a l l e Mengen eines bestimmten Ordnungstypus wohlgeordnet, oder k e i n e . Diese Tatsache ermöglicht die D e f i n i t i o n 2: Unter einer Ordnungszahl versteht man einen Ordnungstypus, der durch w o h l g e o r d n e t e Mengen repräsentiert wird. Die Ordnungszahlen sollen ebenso wie die Ordnungstypen mit kleinen griechischen Buchstaben bezeichnet werden. Bei endlichen Mengen fallen demnach Kardinalzahl, Ordnungstypus und Ordnungszahl zusammen. Bei unendlichen Mengen kann es zu einer Kardinalzahl mannigfache Ordnungstypen geben. Ob es unter diesen auch immer Ordnungszahlen gibt, d. h. ob jede Menge wohlgeordnet werden kann, wird erst später entschieden (§ 41).

§ 29. Die Addition von beliebig vielen Ordnungszahlen

113

Daß es zu den abzählbaren Mengen Ordnungszahlen gibt, folgt schon aus unsern bisherigen Überlegungen. Denn nach den Beispielen von S. 110 f. ist die Menge { 1 , 2 , 3 , . . . } wie auch die Menge (1) wohlgeordnet. Der ersten Menge kommt der Ordnungstypus co und der zweiten nach S. 95 der Ordnungstypus tu2 zu. Diese beiden Ordnungstypen sind also auch Ordnungszahlen. Wie man schon aus a> allein unendlich viele Ordnungszahlen bilden kann, werden wir im nächsten Paragraphen sehen. § 29. Die Addition von beliebig vielen und die Multiplikation von zwei Ordnungszahlen Auf S. 89 haben wir uns mit der geordneten Addition von geordneten Mengen befaßt. Ersetzt man die dort auftretenden geordneten Mengen durch wohlgeordnete Mengen, so gelangt man zu dem Satz 1 : Es sei K(Mk) eine wohlgeordnete Menge von elementenfremden wohlgeordneten Mengen; d. h. es sei K(k) eine wohlgeordnete Menge und jedem Element k dieser Menge eine wohlgeordnete Menge Mk zugeordnet, wobei alle diese M k zueinander fremd sein sollen. Dann wird behauptet: Die nach Definition 3 auf S. 89 gebildete geordnete Summe 8 = Mk dieser Mengen ist selber eine wohlgeordnete Menge. i e K B e w e i s : Es sei T eine beliebige nichtleere Teilmenge von S. Es ist zu zeigen, daß T ein erstes Element hat. Dazu betrachten wir die Elemente k t K, für welche Elemente aus Mk in T wirklich vorkommen. Diese k bilden eine Teilmenge der wohlgeordneten Menge K, haben also ein erstes Element k0. Weiter bilden die Elemente aus Mkt>, die in T vorkommen, eine Teilmenge der wohlgeordneten Menge M k t , haben also ebenfalls ein erstes Element m 0 . Dieses Element hat aber nach der in Definition 3 auf S. 89 festgelegten Anordnung von S die Eigenschaft, daß es in T allen andern Elementen vorangeht. 8

E a m k e , Mengenlehre

114 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Für die Addition von Ordnungszahlen ist keine neue Definition nötig, da ja die Ordnungszahlen spezielle Ordnungstypen sind, also für sie die in § 23 gegebene Definition der Summe ebenfalls gilt. Indem man jene Definition etwas spezialisiert, erhält man den Satz 2 : Es sei K ( j i k ) ein aus einer wohlgeordneten Menge K(k) entspringender Komplex von Ordnungszahlen, kurz ein wohlgeordneter Komplex von Ordnungszahlen; dann ist seine geordnete Summe er = Hh wieder eine Ordnungszahl. k£K B e w e i s : Nach der Definition 4 von S. 90 ist a =

Mk\ k£K wobei die Mk elementenfremde Mengen sind, welche die ¡xk darstellen. Da die ¡j,k jetzt Ordnungszahlen sind, sind die M t wohlgeordnet. Da auch K wohlgeordnet ist, ist die Mengensumme nach Satz 1 wohlgeordnet, stellt also in der Tat eine Ordnungszahl dar. Das Wichtige ist, daß man bei der wohlgeordneten Addition von Ordnungszahlen immer wieder zu Ordnungszahlen kommt. Insbesondere führt also die Addition von zwei Ordnungszahlen stets wieder zu einer Ordnungszahl. Sind die Summanden des wohlgeordneten Ordnungszahlenkomplexes sämtlich einander gleich, so folgt aus Satz 2 der Satz 3 : Das Produkt von zwei, also auch von endlich vielen Ordnungszahlen ist wieder eine Ordnungszahl. Insbesondere ist jede Potenz einer Ordnungszahl wieder eine Ordnungszahl, sofern der Exponent eine endliche Zahl ist. Hieraus folgt nun, daß auch a> • n und con Ordnungszahlen sind. Ferner ergibt Satz 2, daß dann auch jedes „Polynom" co" 1 ' « Bl + "' • a n , H

b cuBr • a„ r

mit endlichen Zahlenkoeffizienten an. wieder eine Ordnungszahl ist.

§ 30. Teilmengen von wohlgeordneten Mengen

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§ 30. Teilmengen und ähnliche Abbildungen von wohlgeordneten Mengen Dem Satz, daß in jeder beliebigen transfiniten Menge eine abzählbare Teilmenge enthalten ist, entspricht bei wohlgeordneten Mengen der Satz 1: Jede transfinite wohlgeordnete Menge M enthält eine Teilmenge von der Ordnungszahl co. Beweis: M enthält ein erstes Element m0, ferner nach § 28, Satz 2 ein unmittelbar darauf folgendes m^ dann ein m2, das hierauf unmittelbar folgt; usw. Das Verfahren bricht, da M transfinit ist, nicht ab und führt daher zu einer abzählbaren Elementenfolge (1)

A = {m0, m lt m 2 , . . . } ,

der die Ordnungszahl co zukommt, und zwar erscheinen die Elemente in dieser Folge in derselben Reihenfolge, die sie auch in M haben. Bei jeder transfiniten wohlgeordneten Menge M gibt es eine ähnliche Abbildung von M auf eine ihrer Untermengen N, so daß, wenn m und n die einander zugeordneten Elemente von M und N sind und wir uns ihre Stellung in M ansehen, unendlich oft wi < w ist. — Denn man bilde wie bei dem vorigen Beweise die Menge (1). Diese Menge ist ein Anfang von M, der zugehörige (evtl. leere) Rest sei Z, so daß M = A + Z ist. Nun werde A --

m2,...},

N= A + Z

gesetzt. Die Mengen A und A werden ähnlich aufeinander abgebildet, indem jedes mn der ersten Menge dem m n + 1 der zweiten Menge zugeordnet wird. Ferner wird jedes Element von Z sich selber zugeordnet. Damit ist eine ähnliche Abbildung von M auf N hergestellt, bei der jedes Element m„ aus M dem Element von N zugeordnet ist, das innerhalb M gerade 8•

116 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen hinter ihm steht. Aber — und das ist eine für die Theorie der wohlgeordneten Mengen wichtige Tatsache — das Umgekehrte kann nicht vorkommen. Denn es besteht der Satz 2: Es möge zwischen der wohlgeordneten Menge M und ihrer (echten oder unechten) Untermenge N eine ähnliche Abbildung bestehen, bei der die einander zugeordneten Elemente von M und N mit m und n bezeichnet seien. Sehen wir uns die Stellung dieser Elemente in der Menge M an, so ist stets m = n oder m < n, aber niemals n 0 ist, die Menge aller Ordnungszahlen verstanden, die < ¡JL sind; für ¡i = 0 soll W0 = 0 sein1). ') Der Leser beachte, daß weder bei dieser Definition noch beim Beweise der beiden folgenden Sätze ein Vergleichbarkeitssatz benutzt wird. Dieser soll vielmehr gerade durch die folgenden Überlegungen bewiesen werden.

120 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Ist ¡1 > 0, so ist nicht leer, da dann stets die Ordnungszahl 0 dieser Menge angehört. Z. B. ist (vgl. auch S. 144) W

n

= {0,1, 2 , . . . , n - 1}; W

a

= {0,1, 2 , . . . } .

Satz 1: Die Elemente der Menge W ß sind miteinander vergleichbar. Ordnet man die in W ß vorkommenden Ordnungszahlen, was hiernach möglich ist, nach zunehmender Größe, so hat die Menge W ß die Ordnungszahl ¡x. Beweis: M sei eine wohlgeordnete Menge mit der Ordnungszahl ¡x. Ist a irgendein Element von W ß , d. h. ist x < ¡u, so ist a nach der Definition des „kleiner" Ordnungszahl eines Abschnitts von M . Sämtliche in W M vorkommenden Ordnungszahlen sind also Ordnungszahlen von Abschnitten derselben Menge, also nach dem auf der vorigen Seite Gesagten sicher miteinander vergleichbar. Daß auch die Ordnungszahl eines beliebigen Abschnitts von M in der Menge W ß enthalten ist, ist klar. Es sei nun a ein Element von W ß und M m der Abschnitt von M , dem diese Ordnungszahl zukommt. Wir ordnen dann die Ordnungszahl a dem Element m zu. Damit ist nach dem Vorhergehenden eine Abbildung der Menge W u auf die Menge M definiert. Aber diese Abbildung ist auch eine ähnliche. Denn ist a.1 < «2> s o ist ^ m , ein Abschnitt von M mt , also m 1 < m2. Es ist also W ß ^ M und damit der Satz bewiesen. Wir haben mit diesem Satz eine gewisse Normaldarstellung von Ordnungszahlen gewonnen und können nun bei allen Operationen, bei denen eine wohlgeordnete Menge auch durch jede zu ihr ähnliche ersetzt werden darf, die gegebene Menge stets durch die Menge W ß ersetzen, wenn fi die Ordnungszahl der gegebenen Menge ist. Das wird bei Beweisen vielfach benutzt werden. Zunächst beweisen wir so den Vergleichbarkeitssatz für Ordnungszahlen: Satz 2: Für je zwei Ordnungszahlen /¿,v besteht mindestens eine, also nach ß) stets genau eine der drei Relationen

§ 31. Die Vergleichang von Ordnungszahlen

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¡1 < v, fi = v, n > v, d. h. zwei Ordnungszahlen sind stets miteinander vergleichbar. Beweis: Es werden die Mengen Wß und Wv herangezogen. D sei ihr Durchschnitt, d. h. die Menge der Ordnungszahlen, die sowohl < ¡x als auch < v sind. D ist als Teilmenge der wohlgeordneten Menge W ß wohlgeordnet, hat also eine Ordnungszahl d. Es soll nun gezeigt werden, daß 0 und ¡x gibt es genau ein Paar von Ordnungszahlen | und t], so daß ^ = ocrj +

f < x

ist.

Beweis: Es werde ß = fi + 1 gesetzt. Dann ist a 2 < «1. Ä 1 = «2^2 + Ä3- «3 < a 2. «2 = X3Va + «4. «4 < a 3. Das Verfahren bricht nach endlich vielen Schritten ab. Das folgt aus § 32, Satz 2, da die x„ eine absteigende Folge bilden. Es gibt somit eine natürliche Zahl n, so daß a„ = 0 ist. Wählt man in d) speziell x = a>, so ergibt sich für jede Ordnungszahl eine Darstellung (1) /.i = (or] + g, | < a ) , d. h. mit einer endlichen Zahl als Rest. Hieraus folgt: e) Ist [i Limeszahl, so hat ¡x eine Darstellung (i = mrj. Für x = 2 ergibt sich, daß jede Ordnungszahl entweder von der Gestalt 2rj oder 2rj + 1 ist, d. h. entweder „gerade" oder „ungerade" ist. Z. B. ist co eine gerade Zahl, da (vgl. S. 92) co = 2co ist. Allgemein ist jede Limeszahl v durch jede der Zahlen 1 , 2 , . . . , co teilbar, d. h. für jedes 0 < a 5S a> in der Gestalt v = ocrj darstellbar. Denn nach d) gibt es eine Darstellung r = aj? + f , ! < a . Wäre hierin £ > 0, so wäre aber v keine Limeszahl. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß auch die „Menge aller geraden Ordnungszahlen" ein sinnloser Begriff ist. Denn wenn diese Menge einen Sinn hätte, gäbe es eine Ordnungszahl v, die größer als jede gerade Ordnungszahl wäre, dann wäre aber v oder v + 1 gerade und zugleich größer als jede gerade Ordnungszahl. Speziell über Limeszahlen sei noch die folgende Regel angeführt: f) Es sei v eine Limeszahl und x eine Ordnungszahl beliebiger Art. Dann ist auch a + v eine Limeszahl und ebenso, falls a =)= 0 ist, auch xv, und zwar ist

§ 33. Uber das Rechnen mit Ordnungszahlen (2)

x + lim^ti = lim(a + fi), P 0, so daß x + y = ß ist. Dann ist nach der Definition von ß x+y=ß>

jedes (x + fi),

also x + y > x + jedes f.i, also y > jedes ¡i und daher y ^ v , also x + v ^ x + y = ß. Hieraus folgt aber in Verbindung mit (3) die erste der Relationen (2). Für den Beweis der zweiten der Relationen (2) werde ß = lim(a/i) gesetzt. Da nach der Definition von v sicher xv> gilt, ist auch xv > jedes (x/i),

also

xv^.ß.

Andererseits ist ß in der Gestalt ß=

xy + d,

d< x

darstellbar. Da ß > jedes x/x ist, folgt hieraus jedes x/i < xy + 0 und n eine natürliche Zahl, so ist xv = (« + n)v. B e w e i s : Für v — co, x 0 , so heißt f ein Rest der Zahl ¡x. Nach § 33 a) ist f ^ ¡i und nach § 31, Satz 5 a < ¡i. Satz 1: Zu jeder Ordnungszahl ¡i~> 0 gibt es nur endlich viele verschiedene Eeste und daher einen kleinsten Rest £ 0 ; dieser hat seinerseits keinen Rest C < CoBeweis: Sind f j , f 2 zwei Reste von fi, d. h. ist /j, = a x + Ci = a 2 + £ 2 u n d außerdem etwaO < Ci so ist nach §33, c/J) oc1 > a 2 . Werden die Reste C von fi als aufsteigende Folge geordnet, so bilden daher die zugehörigen Zahlen a (die nicht eindeutig bestimmt zu sein brauchen) eine absteigende Folge. Diese enthält nach § 32, Satz 2 nur endlich viele Zahlen, und daher gibt es auch nur endlich viele Reste. Es sei Co der kleinste Rest von ¡i. Wäre £0 =

a +

C, a ^ O ,

0 < £ < C o ,

so wäre

¡i = a 0 + Co = («o + a ) + C, also Co nicht der kleinste Rest. *) G. H e s s e n b e r g , Grundbegriffe der Mengenlehre, Göttingell 1906. Vgl. auch S i e r p i n s k i 1), S. 178ff., 192tt.

134 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Satz 2: Sind < £ 2 zwei Reste derselben Zahl ¡LI, so ist ein Rest von £ 2 ; der kleinste Rest von ¡x ist also Rest jedes anderen Restes von ¡i. B e w e i s : Es sei fi

=

cc1

+

Ci = « 2 +

Nach § 33, cß) ist x1 > a 2 , also gibt es ein 0, so daß a x = a 2 + S ist. Hiermit erhält man a 2 + also nach § 32, c/S) d + f i = f 2 , d. h.

ist Rest von f 2 .

Eine Ordnungszahl Q heißt zerfällbar oder unzerfällbar, wenn sie mindestens einen oder keinen Rest < Q besitzt, d. h. mindestens eine oder keine Darstellung e

= a +

f , 0 < f
0 ist der kleinste Rest der einzige unzerfällbare Rest. Satz 4 : Eine Ordnungszahl Q > 0 ist genau dann unzerfällbar, wenn (1)

£ + Q = Q für jedes f < q gilt.

B e w e i s : Es sei Q unzerfällbar. Ist f < p, so gibt es ein ö > 0 , so daß £ -f a 2 > • • • ergibt, bricht das Verfahren ab, d. h. es entsteht einmal eine Gleichung ÖCffi-i ~ Cm+i in der beide Summanden unzerfällbar sind. Aus diesen Gleichungen folgt ß

=

Cm+i + Cm + ' ' ' + f1-

136 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Hierin sind alle £ n unzerfällbar. Es sei > 1 der kleinste Index, für den f k l f i ist. Nach Satz 4 lassen sich dann die mit 1 < A < fcj, falls es solche gibt, mit Ci vereinigen, und man hat fl = Cm+1 + Cm H + fiH + CiNun sei fc2 > fcj der kleinste Index, für den £ k2 Sg f i s t . Dann ergibt sich wie vorher j« = Cm+i + ' ' * + f t a + Cn + Ci, und nach endlich vielen Schritten eine Darstellung (3). Ist (3) eine beliebige Darstellung mit unzerfällbaren Zahlen, ¡1. Denn sonst gäbe es so ist q1 die größte unzerfällbare Zahl eine unzerfällbare Zahl q mit g j < Q ^ fi. Nach Satz 4 wäre dann Q

= ßi +

e

= gi + — (I

+

Qu + e = Qi Q> fl.

+

Qi

+ •'' +

Qn

+

Q

Hiermit ergibt sich die Eindeutigkeit der Darstellung (3). Denn sind P Pl^

=ßi H • •

1-Qn = Qn, Ql^

h

Qi + • •

Qn',

e'n'

zwei solche Darstellungen, so sind gj, gi nach dem vorigen Absatz eindeutig bestimmt, also Q\ = q[, und daher nach §33, c/J) Qi H 1- Qn = Q2 H + e'n'. Auf dieselbe Weise folgt hieraus Q2 — Q2, usw. Satz 6: Ist ¡x > 0 und ist q > 1 eine unzerfällbare Zahl, so ist [iQ ebenfalls unzerfällbar; die kleinste unzerfällbare Zahl > fi ist juco. Beweis: Nach Satz 4 braucht für den ersten Teil nur bewiesen zu werden, daß

§ 34. Zerfällung von Ordnungszahlen (4)

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| + [IQ = HQ für jedes f < [IQ

ist. Für jedes f < fiq gibt es eine Darstellung (5)

! =

+