Marktpreismanipulation und Marktpreisstabilisierung während der Emission von Wertpapieren [1 ed.] 9783428538560, 9783428138562

Das Verbot der Marktmanipulation nach § 20a WpHG gehört zu den zentralen Normen des Kapitalmarktrechts, da die Funktion

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German Pages 250 Year 2012

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Marktpreismanipulation und Marktpreisstabilisierung während der Emission von Wertpapieren [1 ed.]
 9783428538560, 9783428138562

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Studien zur Kredit- und Finanzwirtschaft Studies in Credit and Finance Band 186

Marktpreismanipulation und Marktpreisstabilisierung während der Emission von Wertpapieren Von

Carsten Heimann

Duncker & Humblot · Berlin

CARSTEN HEIMANN

Marktpreismanipulation und Marktpreisstabilisierung während der Emission von Wertpapieren

Studien zur Kredit- und Finanzwirtschaft Studies in Credit and Finance (bis Band 178: Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung A: Wirtschaftswissenschaft Begründet von Fritz Voigt) Herausgegeben von Horst Gischer, Christoph J. Börner, Ulrich Burgard, Bernhard Herz, Peter Reichling und Thomas Spengler

Band 186

Marktpreismanipulation und Marktpreisstabilisierung während der Emission von Wertpapieren

Von Carsten Heimann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1861-0951 ISBN 978-3-428-13856-2 (Print) ISBN 978-3-428-53856-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-83856-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg im Februar 2011 als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung konnten Literatur und Rechtsprechung bis Dezember 2011 berücksichtigt werden. Herzlich danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Ulrich Burgard, für die in den vergangenen Jahren stets zuteil gewordene Unterstützung und Förderung bei der Findung und Bearbeitung des Themas der Dissertation sowie im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl. Weiter gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider für seine Bereitschaft, als Zweitgutachter zu fungieren und dieses Zweitgutachten so zügig erstellt zu haben. Ferner gilt mein Dank den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe sowie der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. für die Förderung der Veröffentlichung der Arbeit durch die Gewährung eines Zuschusses zu den Druckkosten. Magdeburg, im Februar 2012

Carsten Heimann

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Kurspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme . . . . . 29 I. Einführung von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Der IPO der Postbank im Jahr 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Die Zweitplatzierung von Scania-Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Der dritte Fall: Cytos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 D. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Bestehender Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 § 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . 39 A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Geschützte Handelsgegenstände – Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . 39 II. Räumlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . . . . . 44 I. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

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Inhaltsübersicht III. Veröffentlichung zusätzlicher Informationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 IV. Journalisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C. Handelsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . 93 I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Manipulationen im Handel per Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 D. Sonstige Täuschungshandlungen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . 115 E. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Der Anwendungsbereich des Verbots nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . 117 III. Handelsgestützte Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

§ 3 Marktpreisstabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Analoge Anwendung der VO 2273/2003/EG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Zulässige Marktpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Legitime Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . 159 II. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . 159

Inhaltsübersicht

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung . . . . . . . . . . . 162 A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. § 38 Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. § 130 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Beurteilung der Vorgänge im Ausgangsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Vertragliche Ansprüche, §§ 280, 311 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Deliktische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 III. Kapitalmarktrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 I. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Der Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) . . . 204 III. Für und Wider des Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 II. Zivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 III. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 IV. Neuregelung der Kapitalmarktinformationshaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 § 5 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Kurspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme . . . . . 29 I. Einführung von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Der IPO der Postbank im Jahr 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Die Zweitplatzierung von Scania-Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Der dritte Fall: Cytos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 D. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Bestehender Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 § 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . 39 A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Geschützte Handelsgegenstände – Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . 39 1. Finanzinstrumente, § 2 Abs. 2b WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Zulassung zum Handel an einer Börse oder Einbeziehung in den regulierten Markt oder den Freiverkehr, 20a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WpHG . . . 39 3. Stellung des Antrags auf Zulassung oder Einbeziehung oder dessen öffentliche Ankündigung, § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Räumlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

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Inhaltsverzeichnis B. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . . . . . 44 I. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Machen der Angabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Unrichtige Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Werturteile und Prognosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Prospektrechtliche Vorgaben für Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 d) Vorgaben für Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Irreführende Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5. Bewertungserheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Tatsachen und Werturteile, § 2 Abs. 1 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Bewertungserhebliche Umstände nach § 2 Abs. 2 – 4 MaKonV . . . . . . 60 c) Bewertungserheblichkeit von Angaben, die nicht im Katalog des § 2 MaKonV enthalten sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Unvollständige Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Konkretisierung der Bewertungserheblichkeit von Angaben unter Rückgriff auf das Wertpapierprospektgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Verständiger Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 6. Eignung zur Einwirkung auf den Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Eignung zur Einwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Rechtspflicht zur Offenbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Publizitätsvorschriften des WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Nachtragspflicht gem. § 16 Abs. 1 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) § 15 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2. Verschweigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Inhaltsverzeichnis

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III. Veröffentlichung zusätzlicher Informationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Regelungen der Going Public-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. § 15 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 IV. Journalisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Bedeutung der Presseberichterstattung für die Anlageentscheidung . . . . . 84 2. § 20a Abs. 6 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Journalist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) In Ausübung des Berufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 c) Kein Nutzen oder Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 d) Berufsständische Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 e) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 C. Handelsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . 93 I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Vornahme von Geschäften und Erteilung von Aufträgen . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Falsche oder irreführende Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 II. Manipulationen im Handel per Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Grundlagen des Handels per Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Leerverkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Konkretisierung nach § 3 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Anerkennungsfähige Marktpraxis, § 20a Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . 104 c) Rechtslage auf dem US-amerikanischen Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . 109 d) § 30 h WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Haltevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

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Inhaltsverzeichnis c) Anerkannte Marktpraxis nach § 20a Abs. 2 WpHG? . . . . . . . . . . . . . . . 114 D. Sonstige Täuschungshandlungen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . 115 E. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Der Anwendungsbereich des Verbots nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . 117 1. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Veröffentlichung zusätzlicher Informationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4. Journalisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Handelsgestützte Manipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

§ 3 Marktpreisstabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Handel per Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Schlusskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Transparenzanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Zweitplatzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 II. Analoge Anwendung der VO 2273/2003/EG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Zulässige Marktpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Notwendigkeit der Anerkennung durch die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Anerkennungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Inhaltsverzeichnis

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b) Weitere Kriterien nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Gründe des Gesetzgebers zur bisherigen Anerkennung der gesetzlich zugelassenen Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . 134 bb) Handel per Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Kursstabilisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Ergänzende Kursstabilisierungsmaßnahmen, Art. 2 Nr. 12 VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Mehrzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Greenshoe-Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Vertragliche Veräußerungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Haltevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 bb) Penalty Bids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Wirkungsweise der Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Direkter Zusammenhang von Angebot und Nachfrage . . . . . . . . . . . . . 140 b) Nur indirekter Zusammenhang von Angebot und Nachfrage . . . . . . . . . 141 c) Dauer der stabilisierenden Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 6. Ökonomische Gründe zur Rechtfertigung der Stabilisierung . . . . . . . . . . . 143 a) Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa) Allokationseffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Operationale Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 cc) Institutionelle Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Preisfestsetzung am Primärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Unterbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Ad-hoc-Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (1) Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (2) Stabilisierung als Mittel zur Verringerung der Unterbewertung? 149 cc) Andere Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Legitime Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

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Inhaltsverzeichnis D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG . . . . . . . . . . . . 159 II. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . 159 1. Anerkannte Marktpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Anerkennungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Legitime Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung . . . . . . . . . . . 162 A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. § 38 Abs. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Bußgeld gem. § 39 Abs. 4 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 III. § 130 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Beurteilung der Vorgänge im Ausgangsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Strafrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Ordnungswidrigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Vertragliche Ansprüche, §§ 280, 311 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Deliktische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Inhaltsverzeichnis

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c) § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 d) § 263 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 e) § 264a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 3. § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 c) Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Sittenwidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (1) Sittenwidrige Fehlinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (2) Sittenwidrige Geschäfte oder Aufträge und sonstige Täuschungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (3) Sittenwidrigkeit der Vorgänge im Ausgangsfall . . . . . . . . . . . . 186 bb) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 d) Haftungsbegründende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 bb) Anforderungen des BGH nach Comroad I – VIII . . . . . . . . . . . . . . 188 (1) Keine Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Kein Anscheinsbeweis einer Anlagestimmung . . . . . . . . . . . . . 189 (3) Einzelfallbezogene, konkrete Anlagestimmung . . . . . . . . . . . . . 190 (4) Keine Anwendbarkeit der „fraud on the market theory“ . . . . . . 192 (5) Keine „Dauerkausalität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 dd) Anforderungen an den Vortrag des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 e) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 III. Kapitalmarktrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Börsenrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. § 37b WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 3. § 37c WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 I. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Der Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) . . . 204

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Inhaltsverzeichnis III. Für und Wider des Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Einführung einer Organaußenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Argumente gegen die Einführung einer Organaußenhaftung . . . . . . . . . 207 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Organaußenhaftung als Systembruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Keine verbesserte Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 cc) Förderung risikoaversen Verhaltens der Organmitglieder . . . . . . . . 209 dd) Verhinderung des Aufbaus einer internen Kontrollorganisation . . . 210 ee) Missbräuchliche Klagen enttäuschter Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. „Pauschalierung“ des Schadens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Inhalt der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Bewertung des Vorschlags in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 II. Zivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Deliktische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 III. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Börsenrechtliche Prospekthaftung, §§ 44 f. BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Haftung wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, §§ 37b, 37c WpHG . . 219 IV. Neuregelung der Kapitalmarktinformationshaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. De lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. De lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

§ 5 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Inhaltsverzeichnis

19

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. a. F. AG AktG Anh. Anm. AnSVG Art. AuR BaFin BB BDI Begr. BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BKR BörsG BörsZulVO BR-Drs. BReg bspw. BT-Drs. BVerfG BVerfGE bzw. ca. CDU CESR CSU DAI DAV DB d. h. DiskE DJT DStR

andere Ansicht Amtsblatt Absatz alte Fassung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Anhang Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Artikel Arbeit und Recht Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebsberater Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Börsenzulassungsverordnung Bundesrats-Drucksache Bundesregierung beispielsweise Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise circa Christlich Demokratische Union Deutschlands Committee of European Securities Regulators Christlich Soziale Union in Bayern e. V. Deutsches Aktieninstitut e. V. Deutscher Anwaltverein e. V. Der Betrieb dass heißt Diskussionsentwurf Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht

Abkürzungsverzeichnis Dt. ebd. EBITDA ebs. EdF EG EU e. V. EWiR EWR f. FAZ ff. FFG Fn. FRUG FS FSA FTD GA gem. GG ggfs. GmbHG GRUR GWR Hdb. HGB h. L. Hrsg. i. d. F. IFRS insbes. IOSCO IPO i.V.m. jew. JuS JZ KapInHaG KapMuG KölnKomm krit. KuMaKV LAG LB LG

21

Deutsch/Deutsche ebenda Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization ebenso Électricité de France Europäische Gemeinschaft Europäische Union eingetragener Verein Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum folgend Frankfurter Allgemeine Zeitung folgende Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz Festschrift Financial Services Authority Financial Times Deutschland Generalanwalt gemäß Grundgesetz gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre Herausgeber in der Fassung International Financial Reporting Standards insbesondere International Organization of Securities Commissions Initial Public Offering in Verbindung mit jeweils Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Kölner Kommentar kritisch Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Markpreismanipulation Landesarbeitsgericht Landesbank Landgericht

22 lit. m. MaKonV m. E. mglw. MiFID Mrd. MünchKomm m.w.N. Nachw. NJW NJW-RR No. Nr. NStZ NZG o.g. OLG OLGR o. S. o. V. OWiG ProspektVO RegE RG RGZ RiLi. Rspr. RWE Rz. S. s. SdK SEA SEC SK s. o. sog. SPD SPO st. StGB SZ u. a. UMAG Urt. US

Abkürzungsverzeichnis litera mit Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation meines Erachtens möglicherweise Markets in Financial Instruments Directive Milliarde Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Nachweis Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport number Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht oben genannt Oberlandesgericht OLG-Report ohne Seite ohne Verfasser Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Prospektverordnung Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen Richtlinie Rechtsprechung Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG Randziffer Seite siehe Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. Securities Exchange Act Securities and Exchange Commission Systematischer Kommentar siehe oben sogenannt Sozialdemokratische Partei Deutschlands Secondary Public Offering stetig Strafgesetzbuch Süddeutsche Zeitung unter anderem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Urteil United States

Abkürzungsverzeichnis USA UWG v. ver.di VerkaufsprospektG VersR vgl. VO Vol. VuR VwVfG WarnR WiSt wistra WM w.N. WpAIV WpDVerOV WpHG WpPG WpÜG WRP z. z. B. ZBB zfbf ZGR ZHR Ziff. ZIP ZRP ZSchR zust.

23

United States of America Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungsrecht und Schadensrecht vergleiche Verordnung Volume Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht Verwaltungsverfahrensgesetz Warneyer Wirtschaftswissenschaftliches Studium Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapiermitteilungen weitere Nachweise Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wettbewerb in Recht und Praxis zum zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für schweizerisches Recht zustimmend

§ 1 Einleitung Seit Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts rückten die Kapitalmärkte auch in Deutschland in verstärktem Maße in den Blickpunkt der breiteren Öffentlichkeit. Die Gründe dafür waren vielfältig: sei es die Nutzung langfristiger Investitionen zur Schließung der Versorgungslücke in der Altersversorgung, sei es mittelfristig zur Erzielung einer über dem Sparzins liegenden Rendite, sei es kurzfristig zu Spekulationszwecken. Die Entwicklung kam in Fahrt mit der (Teil-)Privatisierung und dem Börsengang der Deutschen Telekom1 und beschleunigte durch die Hausse der Kapitalmärkte zum Ende der 90er Jahre, insbesondere der Entwicklung am Neuen Markt. In der damals herrschenden allgemeinen Euphorie wurde jedoch verbreitet vergessen, dass auf dem Kapitalmarkt die Chance auf eine hohe Rendite mit einem entsprechenden Risiko verbunden ist, das sich mit dem Platzen der Spekulationsblase auch realisierte. Die Deutsche Börse AG schätzt den Kapitalverlust am Neuen Markt auf ca. 200 Mrd. E, am gesamten deutschen Kapitalmarkt auf über 600 Mrd. E.2 Die daran anschließende Aufarbeitung der Geschehnisse zeigte unter anderem, dass die Marktteilnehmer nicht nur dieses Risiko, sondern auch die am Markt einzuhaltenden Gesetze und Verhaltensregeln „vergessen“ hatten. Daneben ergab die juristische Aufarbeitung, dass das zu dieser Zeit geltende Kapitalmarktrecht nicht geeignet war, die Vorkommnisse angemessen aufzuarbeiten und ein erheblicher Reformbedarf bestand. Tatsächlich wurde das Kapitalmarktrecht in den zurückliegenden Jahren stark fortentwickelt und ist auch momentan eines der sich am rasantesten verändernden Rechtsgebiete. Wir erleben eine „Kapitalmarktrechtsreform in Permanenz“3, die sowohl von dem europäischen als auch dem heimischen 1 Platzierung der 1. Tranche im Umfang von 23,5 % der Anteile des Unternehmens, Erstnotiz am 18. 11. 1996. Auch wenn der Kurs der Aktie mit 13,48 E zehn Jahre danach wieder unter dem Ausgabepreis von 14,57 E lag und der Börsengang im Nachhinein bis heute für juristische Auseinandersetzungen sorgt, gilt er dennoch als derjenige, welcher gerade Kleinanleger an den Aktienmarkt herangeführt hat, vgl. nur FTD vom 15. 11. 2006: „Katalysator der Aktienkultur“. 2 Frentz, Manager Magazin Online vom 4. 6. 2003. 3 Spindler, NJW 2004, 3449. Siehe nur Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28. 1. 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation, ABl. EU Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, S. 16 ff., dazu die Durchführungsrichtlinien 2003/14/EG betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, ABl. EU Nr. L 339 vom 24. 12. 2003, S. 70 ff.; Richtlinie 2003/125/EG in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten, ABl. EU Nr. L 339 vom 24. 12. 2003, S. 73 ff.; Richtlinie 2004/72/EG – Zulässige Marktpraktiken, Definition von Interessenkonflikten in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen, ABl. EU Nr. L 162 vom 30. 4. 2004, S. 70, sowie die

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§ 1 Einleitung

Gesetzgeber betrieben wird, nicht zuletzt, um die Erfahrungen aus dem Kapitalmarktgeschehen zu verarbeiten.

A. Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation Ein wichtiger Baustein des neuen Kapitalmarktrechts war die Neufassung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz (4. FFG)4, welches zum 01. 07. 2002 in Kraft trat. Ziel des Gesetzgebers war dabei insgesamt die Steigerung der Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland und die Verbesserung des Anlegerschutzes.5 Neu eingeführt wurde u. a. mit § 20a WpHG das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation. Damit wurde die Vorgängerregelung des § 88 Börsengesetz, das Verbot des Kursbetruges, abgelöst, welche weitgehend bedeutungslos geblieben war.6 Ziele der Neufassung waren die Verbesserung des Anlegerschutzes sowie der Schutz der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung auf und die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte.7 Nach § 20a WpHG i. d. F. des 4. FFG verboten war, unrichtige Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Vermögenswertes erheblich sind, sowie sonstige Täuschungshandlungen vorzunehmen, um auf den Börsen- oder Marktpreis eines Vermögenswertes einzuwirken. Ergänzt wurde diese Regelung durch die Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV).8 Diese sollte auch im Interesse der Marktteilnehmer die Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG konkretisieren und zugleich unbedenkliche Verhaltensweisen festlegen, die vom Verbot der Norm ausgenommen waren („Safe Harbours“). § 20a WpHG wurde nur ca. zwei Jahre nach Inkrafttreten im Zuge der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie in nationales Recht durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)9 reformiert. Der Verbotstatbestand des § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG wurde erweitert und entsubjektiviert, die Notwendigkeit der Vornahme der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierung, ABl. EU Nr. 336 vom 23. 12. 2003, S. 33. 4 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. 6. 2002, BGBl. 2002 I, S. 2010. 5 Begr. RegE eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drs. 14/8017, S. 62. 6 Ziouvas, wistra 2003, 13, 15 mit Fn. 31: Nur eine bekannte Verurteilung wegen Vergehens nach § 88 BörsG a.F.; sowie Weber, NZG 2004, 23: Jahrzehnte lang totes Recht. 7 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 89. 8 BGBl. 2003 I, S. 2300. 9 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes [Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)] vom 28. 10. 2004, BGBl. I 2004, S. 2630.

A. Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation

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Handlung mit Täuschungswillen und die erforderliche Absicht zur Kursbeeinflussung wurden aufgegeben.10 Der Gesetzgeber wollte dadurch Schwierigkeiten, die sich in der Praxis bei der Anwendung der Norm insbesondere beim Nachweis des subjektiven Tatbestandes ergeben hatten11, in Zukunft ausschließen.12 Insgesamt erfolgte durch die Reform jedoch keine Verbesserung der Anwendbarkeit der Norm. Die bereits in der ersten Fassung bestehenden Probleme blieben: Ein durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie „Eignung, auf den Preis einzuwirken“, „bewertungserhebliche Umstände“, „falsche oder irreführende Signale“ oder „zulässige Marktpraxis“ unscharfer Tatbestand sowie die schwierige Nachweisbarkeit des subjektiven Tatbestandes und der Kausalität. Für den Adressaten der Norm ist dabei auch unter Hinzunahme der Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung [MaKonV])13 oft nicht eindeutig erkennbar, mit welchem Verhalten er sich in Widerspruch zu ihr setzt, eine Ordnungswidrigkeit begeht oder sich gar strafbar macht. Die einzelnen Regelungen erschließen sich zum Teil erst in Verbindung mit weiteren Vorschriften wie den §§ 13, 15 und 34b WpHG.14 Hinzu kommt die misslungene Formulierung des § 20a Abs. 2 WpHG. Danach gilt das Verbot des Absatzes 1 nicht, wenn die Handlung einer zulässigen Marktpraxis entspricht und der Handelnde für die Vornahme der Handlung legitime Gründe hatte. Problematisch hieran ist insbesondere, dass die Marktpraxis der Anerkennung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedarf, welche zwar auch nachträglich erteilt werden, aber auch versagt werden kann. Der Handelnde trägt somit das Risiko der Nichtanerkennung.15 Insbesondere die Möglichkeit einer erst nachträglichen Anerkennung der zulässigen Marktpraxis hat zu zahlreicher Kritik im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsverbot und die Umkehrung der Unschuldsvermutung geführt.16 10

Begr. RegE BT-Drs. 15/3174, S. 37. Siehe nur LG München I, NJW 2003, S. 2328: „Nachweis der tatsächlichen Kursbeeinflussung nicht möglich und wohl auch künftig kaum jemals möglich.“ und dazu Anmerkung Fleischer, NJW 2003, 2584: „… damit ist ein erster Praxistest der Norm misslungen.“ Ebenso Spindler, NJW 2004, 3449, 3452; Kutzner, WM 2005, 1401, 1405. 12 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 13 Verordnung vom 1. 3. 2005, BGBl. I 2005, 515. 14 Vgl. nur Kutzner, WM 2005, 1401; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041. 15 Spindler, NJW 2004, 3449, 3453. 16 Vgl. nur Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Meyer, AG 2004, 289, 295; Spindler, NJW 2004, 3449, 3453; Kutzner, WM 2005, 1401, 1408; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht, §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG, Rn. 20, jew. m.w.N.; s.a. Bisson/Kurz, BKR 2005, 186, welche die Norm bereits kurz nach ihrem Inkrafttreten als reformbedürftig bezeichnen. Zusätzlich stellt sich im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG (nulla poena sine lege) die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm, da der Handelnde im Fall einer tatsächlichen Beeinflussung des Marktpreises nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1 oder 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG eine Straftat begeht. Vgl. hierzu insbes. Streinz/ Ohler, WM 2004, 1309 ff. – Norm verfassungsrechtswidrig. Ebenso im Hinblick auf den Verstoß gegen den Grundsatz in dubio pro reo im Fall einer gegenbeweislichen Ausgestaltung 11

28

§ 1 Einleitung

Dies alles mag mit Grund dafür sein, dass in der Bundesrepublik Deutschland bislang kaum Verurteilungen wegen Kursmanipulation erfolgten.17 Auch die Rechtsprechung, welche sich mit dem Fehlverhalten an den Kapitalmärkten aus dieser Zeit und später auseinanderzusetzen hatte, stand vor den o.g. Anwendungsproblemen, wie die ersten zu § 20a WpHG ergangenen Urteile, insbesondere in den öffentlich stark wahrgenommenen Verfahren gegen Sascha Opel18 und die Brüder Haffa (EM.TV)19, zeigten. Neben den strafrechtlichen Verfahren stellte sich die Frage, ob und ggfs. auf welcher Grundlage der manipulativ Handelnde zivilrechtlich haftet.20

B. Kurspflege Im Zusammenhang mit der Frage nach der Reichweite des Verbots der Manipulation nach § 20a WpHG stellt sich insbesondere für die Praxis die Frage nach den Möglichkeiten einer zulässigen Einflussnahme auf die Entwicklung des Preises eines Finanzinstruments, sog. Kurspflege.21 Das Problem besteht darin, dass sowohl die Ausführung von Geschäften zum Zwecke der Kursstabilisierung bzw. -pflege als auch die Beeinflussung von Kursen aus anderen Gründen durch Handel mit den betreffenden Finanzinstrumenten betrieben wird, was gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG als sog. handelsgestützte Manipulation verboten ist. Unklarheit besteht hier vor allem hinsichtlich der Abgrenzung der (noch) erlaubten Kurspflege zur verbotenen Kursmanipulation. Diese Frage wurde bereits zu § 88 BörsG diskutiert, ohne hierzu praktisch verwertbare Lösungen anbieten zu können.22 Gesetzliche Regelungen existierten des Absatzes 2 bereits Vogel, WM 2003, 2437, 2444. A.A. (verfassungsgemäß) zu § 20a WpHG in der Fassung des AnSVG Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 20a, Rn. 26 ff., dabei jedoch betonend, dass bei der Auslegung der Norm nicht an die Grenze des möglichen Wortsinnes gegangen werden darf, sondern die Anwendung der Norm auf ihr eindeutig unterfallende Verhaltensweisen beschränkt werden muss. Ebenso Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 138. 17 Vgl. hierzu die Jahresberichte der BaFin: 2005 gab es in der Bundesrepublik Deutschland drei Verurteilungen wegen Marktmanipulationen, 2006 vier (davon 3 im Strafbefehlsverfahren) sowie eine Entscheidung im Bußgeldverfahren, 2007 ebenfalls vier (davon 2 im Strafbefehlsverfahren), 2008 fünf (davon 2 im Strafbefehlsverfahren). 18 1. Instanz LG Stuttgart, ZIP 2003, 259; bestätigt durch BGH ZIP 2003, 2354. 19 1. Instanz LG München I, ZIP 2003, 1450; bestätigt durch BGH ZIP 2005, 78; BVerfG ZIP 2006, 1096. 20 Vgl. hierzu nur die unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzen in Sachen Infomatec: LG Augsburg ZIP 2001, 1881; nachgehend OLG München ZIP 2002, 1989 sowie BGHZ 160, 149. Ausführlich hierzu unten § 4. 21 Zu den nicht immer einheitlichen Begrifflichkeiten vgl. nur Vogel, WM 2003, 2437 sowie Ekkenga, WM 2003, 317. 22 Siehe hierzu ausführlich unten § 3.

C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme

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nicht.23 § 20a WpHG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes enthielt in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1, 5 – 11 KuMaKV24 – im Vorgriff auf die Marktmissbrauchsrichtlinie25 – dann erstmals eine gesetzliche Regelung dazu, welche Maßnahmen in keinem Fall einen Verstoß gegen das kapitalmarktrechtliche Manipulationsverbot darstellen.26 Danach waren unter bestimmten Voraussetzungen zulässig der Handel in eigenen Aktien sowie Kursstützungsmaßnahmen im Anschluss an Wertpapieremissionen. Beide Fallgruppen sind vom europäischen Gesetzgeber in die zwischenzeitlich erlassene Verordnung 2273/2003/EG27 aufgenommen worden, so dass einer gleichlautenden nationalen Regelung die Grundlage entzogen ist. Deshalb stellt § 20a Abs. 3 WpHG nunmehr lediglich klar, dass der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufprogrammen sowie Maßnahmen zur Stabilisierung des Preises von Finanzinstrumenten bei Vorliegen der Voraussetzungen der VO 2273/2003/EG keinesfalls einen Verstoß gegen das Verbot nach § 20a Abs. 1 WpHG darstellen.

C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme I. Einführung von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG Neben den o.g. zahlreichen Änderungen enthielt das Anlegerschutzverbesserungsgesetz weiter eine kleine Änderung des § 20a WpHG, die insgesamt wenig Aufmerksamkeit erfahren hat.28

23 Einigkeit herrschte nur insoweit, dass der Gesetzgeber des BörsG von der allgemeinen Zulässigkeit der Kurspflege ausging. Vgl. statt anderer Pfüller/Anders, WM 2003, 2445 ff. Zu den verschiedenen Begründungen der Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen s. Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046 m.w.N. Zur Schwierigkeit einer praxisgerechten Abgrenzung schon Caspari, ZGR 1994, 530, 544; ihm folgend etwa Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 1998, Rz. 10/340; Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 177, 184; Schwark, in: FS Kümpel, S. 485, 486, 493 f.; Bruchner/Pospischil, in: Lutter/Scheffler/Schneider (Hrsg.) Handbuch der Konzernfinanzierung, Rz. 11.61. 24 Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV) vom 18. 11. 2003, BGBl. I 2003, 2300. 25 Richtlinie 2003/6/EG, ABl. EU 2003 Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 26 Siehe hierzu Pfüller/Anders, WM 2003, 2445 ff. 27 ABl. EU 2003 Nr. L 336, 33. 28 Erwähnung fand sie während des Gesetzgebungsverfahrens lediglich im Hinweisschreiben der BaFin zum Inkrafttreten des AnSVG vom 29. 10. 2004, Az. WA 22-W 2310 – 15/ 2004, sowie bei Knauth/Käsler, WM 2006, 1041 ff.; s. jetzt die Erläuterungen von Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG § 20a Rn. 39 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 9; Mock/ Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 127 f.

30

§ 1 Einleitung

In der Fassung des 4. FFG war Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Norm des § 20a WpHG der Handel der Wertpapiere oder wenigstens deren Zulassung an einem organisierten Markt.29 Nunmehr genügt für die Anwendbarkeit der Norm gem. § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG, dass der Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung der Wertpapiere in den Handel gestellt oder öffentlich angekündigt ist. Damit erfolgt eine zeitliche Vorverlagerung des Anwendungsbereiches des § 20a WpHG. Auf den ersten Blick scheint damit nicht viel gewonnen, was wohl auch die bislang geringe Beachtung in der Literatur erklären könnte. Tatsächlich gilt gem. § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG durch die Vorverlagerung das Verbot der Marktmanipulation nunmehr nicht erst ab Aufnahme des Handels bzw. der Notierung, sondern auch bereits in der Phase der Vorbereitung von Börsengängen, insbesondere schon in der Phase der Preisbildung. Derartige Manipulationen konnten nach der zuvor geltenden Rechtslage strafrechtlich allenfalls als Betrug, § 263 StGB, oder Kapitalanlagebetrug, § 264a StGB, und zivilrechtlich nach den Regeln über die Prospekthaftung erfasst werden.30 Jetzt unterfallen § 20a WpHG auch Manipulationen, die den Ausgabekurs bevorstehender Neuemissionen betreffen. Die praktischen Auswirkungen der Änderung sind nicht zu unterschätzen. Dies sollen die folgenden Beispiele zeigen.

II. Der IPO der Postbank im Jahr 2004 Nach den dramatischen Kurseinbrüchen am Neuen Markt und der damit einhergehenden Vernichtung von über 600 Mrd. Euro Kapital auf dem gesamten deutschen Kapitalmarkt31 war das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt erschüttert. Seit März 2002 hatte es in der Bundesrepublik Deutschland keinen größeren, 2003 gar keinen Börsengang eines Unternehmens mehr gegeben.32 Zu Beginn des Jahres 2004 wuchs das Interesse von Unternehmen und Anlegern an Börsengängen wieder. Es war allgemeine Ansicht, dass die Bereitschaft der Anleger zu erneuten Investitionen wieder gestiegen und genügend Liquidität vorhanden war, es fehlte nur der entscheidende Funke, der die IPO – Aktivität wieder entzünden konnte. Auf besonderes Interesse stieß dabei der Börsengang der Deutsche Postbank AG. Die Tochter der Deutschen Post AG, deren Mehrheitseigner der Bund war, sollte zu 49,9 % privatisiert werden. Das anvisierte Emissionsvolumen belief sich auf mehr als 2,5 Mrd. Euro.33 Trotz des gestiegenen Interesses an Börsengängen gab es bei den ersten Kandidaten hierfür im Jahr 2004 Schwierigkeiten. Die Börsengänge der X-Fab 29 30 31 32 33

Ziouvas, ZGR 2003, 113, 119 f. Ziouvas, wistra 2003, 13, 17 f. Siehe oben Fn. 2. FAZ vom 13. 2. 2004, S. 21. FAZ vom 13. 2. 2004, S. 23.

C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme

31

AG und der Siltronic AG wurden abgesagt. Begründet wurde dies vor allem mit einem nach wie vor schwierigen Marktumfeld, zudem erschien den Investoren die Aktie als zu teuer.34 All dies war Ausdruck dessen, dass die Nervosität vor den ersten Börsengängen seit fast zwei Jahren aufgrund der negativen Erfahrungen der letzten Jahre doch erheblich war und sich der Markt von den Erschütterungen noch nicht wieder vollständig erholt hatte. Zusätzlich zu dem so schon ohnehin schwierigem Umfeld entspann sich (auf politischen Druck hin35) eine Debatte über mögliche künftige Konzentrationen im Bankensektor in Deutschland. Als geeigneter Übernahmekandidat wurde vor allem die Postbank ins Gespräch gebracht.36 Neben der Möglichkeit des Börsengangs galt plötzlich eine direkte Übernahme der 49,9 % der Anteile des Unternehmens außerhalb des börslichen Handels als weitere Option. Als potentielle Interessenten wurden vor allem die Deutsche Bank und die Commerzbank angesehen.37 Diese Vorgehensweise stieß jedoch insbesondere bei den führenden Managern von Deutscher Postbank und Deutscher Post auf Abneigung. Sie hielten an einem Börsengang des Unternehmens fest.38 Zudem kamen Stimmen auf, die aufgrund der Stellung der Deutschen Bank als Konsortialführer des Emissionskonsortiums wegen der möglichen Übernahmepläne einen Interessenkonflikt entstehen sahen.39 Die Deutsche Bank dementierte ein Interesse an einer Übernahme der Deutschen Postbank, gleichwohl verstummten anderslautende Gerüchte nicht.40 Zudem verstärkte sich das allgemeine Unbehagen wegen der Stellung der Deutschen Bank im Emissionskonsortium. Gab es innerhalb der Deutschen Bank eine nicht gestattete Informationsweitergabe? Führte gar dieser Informationsvorsprung der Deutschen Bank zu den Übernahmeplänen? Auch wenn die Deutsche Bank versicherte, dass es innerhalb des Unternehmens eine strikte Bereichstrennung gäbe, insgesamt war der Vorgang reichlich verworren und nicht geeignet, das Anlegervertrauen in einen immer noch sehr nervösen Markt zu fördern. Die Deutsche Bank stand deshalb sowohl innerhalb des Emissionskonsortiums als auch bei Marktteilnehmern in der Kritik.41 Zusätzlich entstand – angeführt von den potentiellen Investoren – eine Diskussion über den Wert der Postbank und damit den anvisierten Ausgabepreis der Wertpa-

34

FAZ vom 25. 3. 2004, S. 13. FAZ vom 7. 5. 2004, S. 11. Angestoßen hatte diese Debatte einer möglichen Konzentration im deutschen Bankensektor der damalige Bundeskanzler Schröder mit der Bemerkung, „Deutschland müsse hier endlich in die Strümpfe kommen“, ebd. Ob diese Bemerkung bedacht oder unbedacht fiel, für die Emission der Postbank hatte sie aufgrund der daraus entstehenden Debatte um eine mögliche Übernahme ohne Börsengang erhebliche negative Folgen. 36 FAZ vom 7. 5. 2004, S. 11. 37 FAZ vom 7. 5. 2004, S. 11. 38 FAZ vom 7. 5. 2004, S. 11. 39 FAZ vom 8. 5. 2004, S. 16. 40 Vgl. nur FAZ vom 11. 5. 2004, S. 11; vom 12. 5. 2004, S. 13, 16; vom 14. 5. 2004, S. 27. 41 FAZ vom 14. 5. 2004, S. 18. 35

32

§ 1 Einleitung

piere.42 Die Postbank sei insgesamt überbewertet, was auch dazu führe, dass der angestrebte Ausgabepreis wohl nicht erzielt werden könne. Die Konsortialbanken hatten dem Emittenten wohl einen Erlös von ca. drei Mrd. Euro für die zu emittierenden 49,9 % der Anteile zugesagt.43 Diese Prognose wurde zwar durch die eingehenden Berichte der Research-Abteilungen der Konsortialbanken gestärkt. 18 von insgesamt 19 Banken bestätigten die Anfangsprognose hinsichtlich des Gesamtwertes der Postbank.44 Lediglich eine der soeben erwähnten 19 Studien, jene der West LB, kam zu einem abweichenden Ergebnis bei der Einschätzung des Börsenwertes der Postbank. Ziel des Börsenganges blieb daher, insgesamt 2,5 bis 3 Mrd. Euro einzusammeln.45 Nach Eingang der Berichte beim Emittenten begann die Black-Out-Period, in welcher keine Angaben zum Unternehmen in der Öffentlichkeit mehr gemacht werden durften. Dennoch war der soeben dargelegte Inhalt der Research-Berichte der Presse zu entnehmen, obwohl im selben Artikel sogleich darauf hingewiesen wurde, dass die Research-Berichte nicht (mehr) veröffentlicht werden dürften.46 Die West LB kam in ihrem Bericht zu der Einschätzung, dass als Obergrenze für den Ausgabepreis 31,70 E angemessen seien. Unter Ansetzung eines handelsüblichen Abschlages sei so der bis dahin angestrebte Emissionserlös nicht zu realisieren. Die Postbank müsse vielmehr auf die Investoren zugehen und deren Vorstellungen bei der Preisfestsetzung berücksichtigen.47 Dies war Wasser auf die Mühlen insbesondere der institutionellen Investoren, die schon seit geraumer Zeit den von der Postbank angestrebten Emissionserlös als zu hoch angesetzt kritisiert hatten. Die Börse sei derzeit ein Käufermarkt, in welchem eben die Nachfrage den Preis bestimme, und wenn die Vorstellungen auseinander gingen, müsse sich der Emittent nach dem Käufer richten. Die Postbank werde jedenfalls nicht um einen Abschlag auf den von ihr ermittelten Ausgabepreis herumkommen.48 Gestützt wurde diese Einstellung von einer weiteren Unregelmäßigkeit im Hause des Konsortialführers Deutsche Bank. Nachdem gerade die Spekulationen um eine außerbörsliche Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank abgeebbt waren, gelangte auf bis heute ungeklärten Wegen ein internes Papier der Deutschen Bank an die Öffentlichkeit. In diesem Dokument wurde die Postbank von der Deutschen Bank insgesamt mit 4,4 bis 5,3 Mrd. Euro bewertet und nicht mit bis zu sechs Mrd. Euro, wie es als Grundlage für die Festlegung des Ausgabepreises der Wertpapiere angenommen wurde.49 Dies heizte die öffentliche Diskussion um den Emissionspreis für die Aktien der Postbank weiter an. 42 43 44 45 46 47 48 49

FAZ vom 13. 5. 2004, S. 11. FAZ vom 13. 5. 2004, S. 11. FAZ vom 15. 5. 2004, S. 21. FAZ vom 18. 5. 2004, S. 21. FAZ vom 27. 5. 2004, S. 25. FAZ vom 28. 5. 2004, S. 25. FAZ vom 28. 5. 2004, S. 24. FAZ vom 29. 5. 2004, S. 11.

C. Geltung des Verbots der Marktpreismanipulation vor Notierungsaufnahme

33

Die Vorbereitung der seit Jahren größten Emission an einer deutschen Börse in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld verlief somit alles andere als optimal und war nicht geeignet, Anlegervertrauen in dieses Investment zu generieren. Und es gab kaum einen Beteiligten, der zu diesem Eindruck nicht beigetragen hatte.50 Davon unbeirrt hielten Management von Post und Postbank an ihren preislichen Vorstellungen fest. Am 07. 06. 2004 wurde die Preisspanne für das BookbuildingVerfahren bekannt gegeben. Die Frist für die Zeichnung der für 31,50 E – 36,50 E angebotenen Papiere lief bis zum 18. 06. 2004. Im Anschluss sollte am 19./20. 06. 2004 die Festlegung des Ausgabepreises erfolgen, als erster Handelstag war der 21. 06. 2004 geplant. Von Seiten der Investoren erfuhr diese Preisvorgabe nur Kritik. Im vorbörslichen Handel per Erscheinen wurden Umsätze nur am unteren Ende der Preisspanne getätigt.51 Insgesamt blieben diese zunächst jedoch sehr gering.52 Die Roadshows des Emittenten wurde von weiteren Diskussionen über den Preis begleitet. Die Umsätze im Handel per Erscheinen stiegen vor allem durch Leerverkäufe institutioneller Investoren.53 Insgesamt gab es wohl keine zufriedenstellende Resonanz während der Zeichnungsfrist auf die vorgegebene Angebotsspanne, vor allem die institutionellen Investoren zeigten zu den vorgegebenen Preisen kaum Interesse. Deshalb wurde am 21.06. die Verlängerung der Zeichnungsfrist um zwei Tage und die Senkung des Preises für die Aktien auf 28,– E bis 32,– E bekannt gegeben. Zugleich erfolgte eine Reduzierung des Emissionsvolumens.54 Die institutionellen Investoren sahen sich am Ziel.55 Die Emission wurde zum gesenkten Preis mehrfach überzeichnet. Die Ausgabe erfolgte zu je 28,50 E, die Erstnotiz zu 29,– E. Zum Handelsschluss stand die Aktie am ersten Handelstag bei 28,84 E und damit über dem Ausgabepreis.56 Die Käufer der Aktien hatten ihre Preisvorstellungen durchsetzen können. Dies war neben der allgemeinen Situation auf dem Markt wohl auch eine Folge der soeben geschilderten Vorkommnisse während der Preisfindung.57

50

FAZ vom 29. 5. 2004, S. 11. FAZ vom 08. 6. 2004, S. 17. 52 FAZ vom 08. 6. 2004, S. 17. 53 FAZ vom 17. 6. 2006, S. 11. 54 FAZ vom 21. 6. 2004, S. 11 sowie vom 22. 6. 2004, S. 21. 55 FAZ vom 22. 6. 2004, S. 21: „Angebot und Nachfrage müssen sich treffen.“ 56 FAZ vom 24. 6. 2004, S. 19. 57 FAZ vom 9. 7. 2004, S. 21: „Auch wenn es immer eine Debatte um den Preis gibt und die Festsetzung mehr eine Kunst als eine Wissenschaft ist, … so möchte man kein Unternehmen an die Börse bringen. Das die interne Bewertung der Postbank durch die Deutsche Bank an die Öffentlichkeit gelangte, war sicher nicht hilfreich.“ 51

34

§ 1 Einleitung

III. Die Zweitplatzierung von Scania-Aktien Bereits im Jahr 2004 erschien eine erste Meldung, die britische Finanzmarktaufsicht (FSA) prüfe eine umfangreiche Transaktion der Deutschen Bank mit Aktien des schwedischen Fahrzeug-Herstellers Scania im März 2004.58 Die Aufsichtsbehörde habe sich über das Informationsverhalten der Deutschen Bank beim Verkauf des Aktienpaketes informiert und die Bank aufgefordert, beim Verkauf von Aktien nicht vor der Preisfestsetzung über Zeichnungsergebnisse zu informieren und die Korrektheit der veröffentlichten Informationen sicher zustellen.59 Es solle verhindert werden, dass sich Investoren aufgrund dieser Angaben über den Erfolg der Transaktion irrten und dadurch zur Änderung ihrer Aufträge verleitet würden.60 Der dieser Meldung zugrunde liegende Sachverhalt wurde erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens im Jahr 2006 der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht. Die Deutsche Bank hatte von Volvo ein Aktienpaket von 64 Mio. Scania-B-Aktien erworben, um dieses an institutionelle Anleger weiterzuverkaufen. Zur möglichst marktnahen Preisfestsetzung wurde ein Bookbuilding-Verfahren durchgeführt. Während dieses lief, erwarben außerhalb der Deutschen Bank stehende Makler auf Rechnung des Eigenhandels der Deutschen Bank auf Veranlassung des damaligen Chefs des Europäischen Aktienhandels, David Maslen, Scania-B-Aktien.61 Diese Aktienkäufe hätten ein verstärktes Interesse des Marktes signalisiert und somit kursstützend gewirkt. Die FSA verhängte daraufhin gegen David Maslen persönlich eine Strafe von 350.000,– Britischen Pfund. Auch wenn er keine bewusste Kursmanipulation begangen habe, grenze die Transaktion an Manipulation, was die Höhe der Strafe erkläre.62

IV. Der dritte Fall: Cytos Die Deutsche Bank wurde zugleich für einen weiteren Sachverhalt bestraft. Sie hatte im März 2004 bei einer Kapitalerhöhung der schweizerischen Gesellschaft Cytos gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen. Ein Züricher Händler habe für die Deutsche Bank im Auftrag des damaligen Chefs für das Aktien-Kapitalmarktgeschäft, Jo Manko, verbotenerweise Aktien außerhalb des mit der FSA vereinbarten Rahmens für die Kurspflege gekauft.63 Die von der FSA für beide Fälle gemeinsam gegen die Deutsche Bank verhängte Geldstrafe belief sich auf 6,4 Mio. Britische Pfund, die dritthöchste Strafe, welche die FSA bis dahin jemals verhängt hatte.64 58 59 60 61 62 63 64

FAZ vom 26. 6. 2004, S. 17. FAZ vom 26. 6. 2004, S. 17. FAZ vom 26. 6. 2004, S. 17. FAZ vom 12. 4. 2006, S. 25. FAZ vom 26. 6. 2006, S. 25. FAZ vom 26. 6. 2006, S. 25. FAZ vom 26. 6. 2006, S. 25.

D. Das Problem

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Die Vorgänge zeigen, dass es nicht nur, wie im Fall Postbank, möglich ist, Marktpreise bzw. -kurse mittels der Preisgabe oder Veröffentlichung von Informationen zu beeinflussen. Daneben ist es ebenso gut möglich, durch tatsächliche Transaktionen manipulierend auf diese einzuwirken, wenn durch die Transaktionen Signale an den Markt ausgehen, die ein so nicht bestehendes Interesse an den gehandelten Wertpapieren signalisieren. Hohe Umsätze oder eine hohe Zahl von Orders lassen das Interesse der Investoren an einem Titel höher erscheinen. Möglicherweise besteht dann, da das Angebot begrenzt ist, die Möglichkeit, kurzfristig Gewinne durch Weiterverkäufe realisieren zu können. Investoren könnten, dafür sprach auch schon die Mitteilung aus dem Jahr 2004, versucht sein, mehr Titel und diese auch zu einem höheren Preis zu zeichnen, als sie ursprünglich geplant hatten. Insgesamt sollte es dem Emittenten bzw. der Emissionsbank möglich sein, die Aktien zu einem höheren Preis und somit mit mehr Gewinn zu veräußern als bei unbeeinflusster Durchführung des Bookbuilding-Verfahrens. Zwar hat die Deutsche Bank die Vorfälle selbst gemeldet, was letztlich zu der Verhängung der Geldstrafe führte. Die von der verstärkten Handelsaktivität ausgehenden Signale waren zu diesem Zeitpunkt aber bereits vom Markt aufgenommen worden. Die Preisfindung hätte aber wohl zu einem anderen Ergebnis geführt, wäre den Investoren die „Mitwirkung“ der Deutschen Bank über Dritte bekannt gewesen. Der Vorgang zeigt, dass Transparenz eine elementare Voraussetzung zur Bildung marktgerechter Preise ist. Eben dieses Ziel verfolgt das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation gem. § 20a WpHG.

D. Das Problem I. Bestehender Interessenkonflikt Sämtliche in den Beispielsfällen genannten Geschehnisse fanden während laufender Bookbuilding-Verfahren, also in der Phase der Preisbildung statt. Für diese Phase galt § 20a WpHG in der Fassung vor dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz nur dann, wenn die Wertpapiere bereits zum Handel zugelassen waren bzw. der Zulassungsantrag hierfür gestellt worden war, so dass die Norm für die regelmäßig zuvor durchgeführte Preisfestsetzung keine Anwendung fand. Dies hat sich seit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes geändert, so dass § 20a WpHG nunmehr auch in der Phase der Preisfindung vor einer Emission Schutz gewähren kann, welche aufgrund der sich hier gegenüberstehenden, gegenläufigen Interessen der Beteiligten besonders sensibel ist. Der Emittent muss im Interesse der Alteigentümer, die ihre Aktien abgeben, darauf achten, dass die Anteile nicht zu einem zu geringen Preis veräußert werden. Zugleich profitiert das Unternehmen selbst von einem möglichst hohen Emissionspreis, da sich dieser erhöhend auf den Emissionserlös auswirkt. Überzogene Preisvorstellungen sollte das Unternehmen dabei aber hintanstellen, da es zur Beurteilung der Emission als erfolgreich und damit seiner Reputation insgesamt auch an

36

§ 1 Einleitung

einer möglichst stabilen Kursentwicklung nach Notierungsaufnahme interessiert sein muss. Die Emissionsbanken sind verpflichtet, diese Interessen bestmöglich durchzusetzen. Nach Erteilung des Zuschlags zur Ausübung des Mandats haben sie zum einen ihre Gebühren im Auge, die für die Durchführung des Börsengangs gezahlt werden. Zum anderen ist jede der beteiligten Emissionsbanken aber auch an einer erfolgreichen, d. h. vor allem möglichst vollständigen und für den Emittenten preislich bestmöglichen Platzierung der Wertpapiere interessiert, da dies erstens Auswirkungen auf die Reputation und damit die künftige positive Geschäftslage hat. Ein Emittent ist bei der Vergabe der Aufgabe zur Emissionsbegleitung stets bestrebt, Konsorten und insbesondere Konsortialführer auszuwählen, die am ehesten in der Lage sind, die Emission zu seinen Preisvorstellungen zu realisieren. Positive Referenzen können eine Auswahl hier zu Gunsten eines Kreditinstitutes beeinflussen. Im Umfeld des Börsengangs der Postbank wurde nach all den Indiskretionen die Vermutung geäußert, einige Banken hätten wohl im Bemühen um das Mandat für die Emission zu hohe Wertvorstellungen geäußert, welche sie dann am Markt nicht realisieren konnten. In dieser Situation kämen diesen die „Pannen“, welche den Preis unter die Vorstellungen des Emittenten drückten, gerade recht.65 Eine vollständige Platzierung liegt zweitens auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Emissionsbegleiter, da sie infolge der Übernahme der Wertpapiere vom Emittenten zum Zwecke der Durchführung der Emission das wirtschaftliche Risiko der Platzierung tragen. Hierfür kann aber ein – für den Emittenten positiver – zu hoher Emissionspreis abträglich sein, wenn er dazu führt, dass das Konsortium die Aktien nicht vollständig platzieren kann. Ziel der Anleger ist dagegen der Erwerb der Wertpapiere zu einem möglichst geringen Preis. Neben der Einsparung finanzieller Mittel durch einen geringen Kaufpreis besteht dadurch eine bessere Aussicht auf Zeichnungsgewinne im Fall der Weiterveräußerung kurz nach Handelsaufnahme. Es ist erkennbar, dass hier kein Interessengleichlauf besteht, jede Gruppe der Marktteilnehmer hat zwar dasselbe Ziel (Gewinnmaximierung), kann dies aber nur auf unterschiedlichen Wegen erreichen.

II. Fragestellungen Die dargestellten Beispiele werfen eine Reihe verallgemeinerungsfähiger Fragen auf. Wo liegen die Grenzen für das Verhalten der Marktteilnehmer, welcher Mittel dürfen sie sich bedienen, um den Erfolg der Emission zu fördern, ohne dass zugleich ein Verstoß gegen § 20a WpHG vorliegt? Wie ist die emissionsbegleitende Kom65

FAZ vom 5. 6. 2004, S. 14.

D. Das Problem

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munikation zu gestalten? Und welche Rolle spielt das Verbot gem. § 20a WpHG für die Berichterstattung der Presse? Der Einsatz von Maßnahmen zur Kurspflege vor der Notierungsaufnahme ist neben der Tatsache, dass bereits der Prozess der Preisfindung an sich schwierig ist und der Einflussnahme aller Marktteilnehmer – mit den oben dargelegten unterschiedlichen Zielsetzungen – unterliegt, auch deshalb problematisch, weil gerade noch kein Handel mit dem Wertpapier auf dem organisierten Markt erfolgt und Anleger sich deshalb zur Beurteilung des Unternehmens nicht am Marktpreis orientieren können. Häufig werden aber statt dessen – vor allem im Vorfeld von größeren Börseneinführungen – parallel zur Bookbuilding-Phase die betreffenden Aktien bereits im Handel per Erscheinen gehandelt.66 Durch die gezielte Beeinflussung des Kurses im sog. Grauen Markt können gerade bei Privatanlegern Preiserwartungen geweckt werden, die von einem den Unternehmensdaten entsprechenden, angemessenen Preis weit entfernt sind. Die Kurse im Handel per Erscheinen gelten zudem als wenig aussagekräftig, da aufgrund der hier fehlenden Transparenz bereits Orders mit sehr geringen Stückzahlen erhebliche Auswirkungen entfalten können.67 Überdies können die Graumarkt-Kurse über ihre Auswirkungen auf die Erwartungshaltung des Emittenten und der Anleger Einfluss auf die Preisfestsetzung im Bookbuilding-Verfahren entfalten.68 Sind Kurspflegemaßnahmen vor diesem Hintergrund überhaupt zuzulassen und wenn ja, innerhalb welcher Grenzen?69 Soweit sich überhaupt Ausführungen in der Literatur zur Phase der Preisfindung finden, besteht im Grundsatz Einigkeit darüber, dass die Kurspflege in dieser Phase wenigstens problematisch ist.70 Begründungen hierfür sind aber eher rar und weitgehend von Unsicherheit geprägt. Die Vorgaben des Gesetzgebers sind hierzu unergiebig. Hinsichtlich der möglichen Ausnahmen vom Verbot der Manipulation stellt die MaKonVebenso wie die VO 2273/2003/EG ausschließlich auf bereits gehandelte Finanzinstrumente ab. Es finden sich keine Ausführungen zu der Phase zwischen öffentlicher Ankündigung des

66

Schanz, Börseneinführung, S. 359 m.w.N. in Fn. 261. Schanz, Börseneinführung, S. 359. 68 Schanz, Börseneinführung, S. 359 f. 69 Vgl. hierzu Schanz, Börseneinführung, S. 359 f., der nur ausnahmsweise eine Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen – etwa zur Abwehr gezielter Störaktionen – für gegeben hält. 70 Siehe hierzu Fleischer, ZIP 2003, 2045 ff. und Vogel, WM 2003, 2437 jeweils m.w.N. Der BGH hat vor Inkrafttreten von § 20a WpHG in einer in WM 1993, 1787 veröffentlichten Entscheidung eine monatelange Kurspflege vor Notierungsaufnahme als mindestens ungewöhnlich, wenn nicht sogar bedenklich bezeichnet. Differenzierend Schwark, in: FS Kümpel, S. 485, 494, der zwischen der Beeinflussung der Preisbildung während des BookbuildingVerfahrens (schlechthin unzulässig) und während der Phase des Handels per Erscheinen (zulässig, aber mit Ausnahme des Verweises auf die Üblichkeit solchen Handelns ohne Angabe von Gründen) unterscheidet. Siehe auch Hess/Krämer, in: FS Döser, S. 171, 184 f.; Schanz, Börseneinführung, S. 360 m.w.N. 67

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§ 1 Einleitung

Antrags auf Zulassung und Notierungsaufnahme. Wie verhält es sich dann mit Kurspflegemaßnahmen vor Notierungsaufnahme? Welche Vorgaben sind neben dem Fall der Kurspflege mittels Handels der Wertpapiere (§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG) hinsichtlich des Verbots informationsgestützter Manipulationen gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG in der Phase der Preisfindung einzuhalten? Und letztlich: Welche Folgen ergeben sich für einen Marktteilnehmer aus einem Verstoß gegen das Verbot der Marktpreismanipulation, haftet er ggfs. anderen Marktteilnehmern gegenüber und auf welcher Grundlage?

E. Gang der Untersuchung Ziel der Arbeit ist es, die aufgeworfenen Fragen einer Lösung zuzuführen. Zunächst wird das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG speziell während der Emission von Wertpapieren nebst der dabei auftretenden emissionstypischen Probleme dargestellt (§ 2). Im Anschluss daran soll der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Rahmen vor der Notierungsaufnahme eine Stabilisierung von Marktpreisen zulässig ist (§ 3). Letztlich wird auf die straf-, ordnungswidrigkeitsund haftungsrechtlichen Folgen von Manipulationen eingegangen, wobei auch die hierbei auftretenden praktischen Probleme wie haftungsbegründendes Verhalten, Kausalität und Ermittlung des Schadensumfangs beleuchtet werden (§ 4).

§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG A. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der Norm des § 20a WpHG ergibt sich aus dem Zusammenspiel der geschützten Handelsgegenstände, dem räumlichen Anwendungsbereich und dem Kreis der Normadressaten.

I. Geschützte Handelsgegenstände – Sachlicher Anwendungsbereich 1. Finanzinstrumente, § 2 Abs. 2b WpHG Das Verbot der Marktmanipulation dient gem. § 20a Abs. 1 S. 2 WpHG dem Schutz von Finanzinstrumenten. Gem. § 2 Abs. 2b WpHG sind Finanzinstrumente im Sinne des WpHG Wertpapiere im Sinne von § 2 Abs. 1 WpHG, Geldmarktinstrumente im Sinne von § 2 Abs. 1a WpHG, Derivate im Sinne des § 2 Abs. 2 WpHG und Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren. § 20 Abs. 4 WpHG erstreckt den Anwendungsbereich auf Waren im Sinne des § 2c WpHG, Emissionsberechtigungen im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 1 des TreibhausEmissionsgesetzes sowie ausländische Zahlungsmittel im Sinne des § 51 BörsG, die an einer inländischen Börse oder einem vergleichbaren Markt in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR gehandelt werden. Diese Handelsgegenstände sollen im Rahmen dieser Arbeit aber nicht weiter verfolgt werden. 2. Zulassung zum Handel an einer Börse oder Einbeziehung in den regulierten Markt oder den Freiverkehr, 20a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WpHG Die Finanzinstrumente müssen nach § 20a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WpHG an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sein, § 32 Abs. 1 BörsG, oder in den regulierten Markt gem. § 33 BörsG oder in den Freiverkehr gem. § 48 BörsG einbezogen sein oder nach § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WpHG in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sein.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Ein organisierter Markt ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt, § 2 Abs. 5 WpHG. Die inländischen Zulassungsvoraussetzungen enthalten die §§ 32, 34 BörsG i.V.m. §§ 1 ff., 48 ff. BörsZulVO. 3. Stellung des Antrags auf Zulassung oder Einbeziehung oder dessen öffentliche Ankündigung, § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG In der Fassung des 4. FFG verlangte § 20a Abs. 1 S. 2 WpHG als Anwendungsvoraussetzung, dass die Finanzinstrumente zum Handel an einem Markt bereits zugelassen waren.1 Nicht zugelassene Finanzinstrumente unterfielen damit nicht dem Anwendungsbereich des Verbots der Marktmanipulation. Damit waren auch Neuemissionen von Finanzinstrumenten vor Notierungsaufnahme vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.2 Dies stand im Widerspruch zu Art. 1 Nr. 3 letzter Spiegelstrich der Marktmissbrauchsrichtlinie und dem weitergehenden Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbotes gem. § 12 Abs. 1 S. 2 WpHG in der Fassung des 4. FFG, jetzt § 12 S. 2 WpHG. Um den europäischen Vorgaben gerecht zu werden und einen Gleichlauf mit der Regelung des § 12 WpHG herzustellen, wurde durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) § 20 Abs. 1 S. 3 WpHG eingefügt.3 Nunmehr genügt, dass für das jeweilige Finanzinstrument ein Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung gestellt oder öffentlich angekündigt ist. Zulassung ist die Erlaubnis, für Geschäfte in diesen Wertpapieren die Einrichtungen der Börse zu nutzen.4 Gestellt ist der Antrag, wenn er der zuständigen Börse zugegangen ist.5 Öffentlich angekündigt ist er, wenn der Emittent oder ein anderweitiger Anbieter der Finanzinstrumente in einer an einen unbestimmten Personenkreis gerichteten und entsprechend publizierten Erklärung darauf hinweist, dass die Notierung der fraglichen Papiere in dem Marktsegment beabsichtigt ist.6 Das Abstellen auf eine derart formlose Ankündigung bedeutet, dass das Verbot in der jetzigen Fassung der 1

Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 39. Ziouvas, ZGR 2003, 113, 123. 3 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 39. 4 Schanz, Börseneinführung, S. 390. 5 Begr. RegE 2. FFG, BT-Drs. 12/6679, S. 45; BaFin Emittentenleitfaden, S. 17. 6 Begr. RegE 2. FFG, BT-Drs. 12/6679, S. 45; BaFin Emittentenleitfaden, S. 17; Pawlik, in: KölnKommWpHG § 12 Rn. 25; Assmann, in: Assmann/Schneider WpHG § 12 Rn. 8. 2

A. Anwendungsbereich

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Norm dadurch, dass für deren Anwendbarkeit die öffentliche Ankündigung der Antragstellung genügt, unter Umständen bereits mehrere Monate vor der Notierungsaufnahme greift, was den Anwendungsbereich der Norm sehr weit in das Vorfeld einer Emission hinein erweitert.7 Aus der Formulierung der Gesetzesnorm möglicherweise entstehende Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunktes, ab welchem der Tatbestand dann greift, sind überschaubar und damit hinnehmbar. Der Zeitpunkt ist an Hand der Marktgepflogenheiten bei der Durchführung eines IPO mit hinreichender Sicherheit für den konkreten Fall feststellbar. Entscheidend ist zum einen das Öffentlichwerden der Absicht, einen IPO durchzuführen, was durch die öffentliche Ankündigung gewährleistet ist. Zum anderen notwendig ist eine ausreichende Konkretisierung der Pläne, die sich aus dem Verweis auf das beabsichtigte Marktsegment für die Notierung ergibt. Diese Konkretisierung ist geeignet, die öffentliche Ankündigung, einen Antrag auf Zulassung der Wertpapiere zu stellen, von bloßen Gedankenspielen hinsichtlich der Durchführung eines IPO in ferner Zukunft abzugrenzen.8 Damit sind nun auch Marktmanipulationen, die sich auf den Ausgabebörsen- oder Ausgabemarktpreis von bevorstehenden Neuemissionen, bspw. solche im Handel per Erscheinen, beziehen – wie im Ausgangsfall 1 in § 1 der Arbeit –, in den Anwendungsbereich des § 20a WpHG einbezogen.9 Zudem können nun auch unrichtige

7 Damit können auch Vorkommnisse während der Vorbereitung und Durchführung einer Neuemission wie im Beispielsfall 1 in § 1 beim IPO der Postbank auf manipulative Eingriffe untersucht werden. Die Absicht, das Unternehmen „an die Börse zu bringen“, wurde bereits zu Beginn des Jahres 2004 öffentlich diskutiert, die Notierungsaufnahme erfolgte erst fast ein halbes Jahr später. 8 Vgl. beispielhaft den geplanten Börsengang der Deutsche Bahn AG in den Jahren 2007/ 2008. Nachdem dieser bereits seit mehreren Jahren diskutiert worden war und insbesondere immer wieder vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bahn AG, Hartmut Mehdorn, gefordert und gefördert wurde, beschlossen am 29. 4. 2008 die Koalitionsparteien CDU/ CSU und SPD konkret die Durchführung des Börsengangs noch im Jahr 2008, wobei sie sich zugleich auf die Anzahl der zu emittierenden Wertpapiere, die Notierung an der Frankfurter Wertpapierbörse und die künftige Unternehmensstruktur einigten. Nachdem die Bundestagsfraktionen der Parteien am 6. 5. 2008 diesem Beschluss zustimmten, beschloss der Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG am 12. 5. 2008 die Durchführung des Börsengangs mit den politisch bereits vereinbarten Rahmenbedingungen. Am 27. 5. 2008 bestimmte die Deutsche Bahn die Konsortialführer, der Bundestag votierte am 30. 5. 2008 für die Teilprivatisierung und damit für den Börsengang. Damit waren die Pläne soweit konkretisiert, dass ab dem 30. 5. 2008 von einer öffentlichen Ankündigung der Stellung des Antrages auf Zulassung zum Handel an einer Börse gesprochen werden konnte. An der Anwendbarkeit der Norm änderte (zunächst) auch die vorübergehende Suspendierung der Pläne infolge der Finanzkrise nichts, da der Börsengang ausdrücklich nicht abgesagt, sondern nur verschoben wurde, vgl. Mitteilung der DB Mobility Logistics AG vom 9. 10. 2008, abrufbar unter https://www.deutschebahn.com/site/ml/de/ipo/ presseinfos/boersengang. 9 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 38 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 9; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 127 f.; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 123.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Angaben in Börsen- oder Verkaufsprospekten zusätzlich zur Prospekthaftung dem Verbot der Marktmanipulation unterfallen.10 Bei einer Zweitplatzierung von Wertpapieren (SPO) und einer Platzierung aus einer Kapitalerhöhung gilt das Verbot nach § 20a WpHG ohnehin schon aufgrund der bereits bestehenden Notierung der Wertpapiere des Unternehmens, daher bestehen hinsichtlich des Anwendungsbereiches hier keine Besonderheiten. Für die Anwendbarkeit der Norm ist es nicht erforderlich, dass die Manipulation als solche börslich getätigt wurde. Vielmehr kann neben den informationsgestützten Manipulationen, welche ohnehin außerhalb der Börse bspw. durch Börseninformationsdienste initiiert werden können,11 auch außerbörslicher Handel erfasst sein, wenn das Finanzinstrument nur die übrigen Voraussetzungen erfüllt.12 Nicht in den Anwendungsbereich der Norm fallen dagegen nach wie vor die Finanzinstrumente, die ausschließlich nichtbörslich, namentlich auf dem sog. grauen Kapitalmarkt, gehandelt werden.13

II. Räumlicher Anwendungsbereich Das Verbot des § 20a WpHG gilt zunächst für die Einwirkung auf den Börsenoder Marktpreis von Finanzinstrumenten, die im Inland an einer Börse zum Handel zugelassen oder in den regulierten Markt oder in den Freiverkehr einbezogen sind.14 Dabei ist unerheblich, ob die Manipulationshandlung im Inland, im Gebiet der EU oder des EWR oder in einem anderen Drittstaat vorgenommen wurde.15 Erfasst sind auch Manipulationen, die sich auf den Preis von Finanzinstrumenten beziehen, welche in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen sind, sofern die Manipulation zumindest teilweise im Inland vorgenommen wurde.16

10

Knauth/Käsler, WM 2006, 1041. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 41. 12 Begr. RegE 4. FFG, S. 89; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 7; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 6; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 131; Möller, WM 2002, 309, 312; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 124. 13 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 38; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 8; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 130; Möller, WM 2002, 309, 312. 14 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 125; Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a WpHG Rn. 26. 15 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 11; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 223. 16 Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a WpHG Rn. 27; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 12. 11

A. Anwendungsbereich

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Hier soll die Möglichkeit der Manipulationen im Ausland nicht weiter vertieft werden17, da der Schwerpunkt der Arbeit auf inländischen Emissionen liegt, und diese nur hinsichtlich der Rechtslage im Inland untersucht werden sollen.

III. Persönlicher Anwendungsbereich Bei der Frage des persönlichen Anwendungsbereiches ist zwischen dem Kreis der tauglichen Täter im strafrechtlichen Sinne und den kapitalmarktrechtlichen Normadressaten zu differenzieren. Der Kreis der tauglichen Täter im strafrechtlichen Sinne besteht mit Ausnahme der Regelung von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG aus allen natürlichen Personen, es handelt sich um ein Allgemeindelikt.18 Täter nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG kann dagegen nur sein, wer Adressat einer Rechtsvorschrift ist, die ihn zur Offenbarung der entsprechenden Tatsache verpflichtet. Es handelt sich insofern um ein Sonderdelikt.19 Das kapitalmarktrechtliche Verbot dagegen wendet sich neben natürlichen Personen auch an juristische Personen und andere Personenvereinigungen und Unternehmen, insbesondere Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Häufig wird es gerade (nur) diesen möglich sein, Börsen- oder Marktpreise zu manipulieren, bspw. kann nur ein Unternehmen mit eigenen Aktien handeln (§ 20a Abs. 3 S. 1 WpHG).20 Die Einhaltung dieses Verbots kann von der Aufsichtsbehörde gem. § 4 Abs. 2 WpHG – anders als bei der strafrechtlichen Ahndung von Verstößen – auch gegenüber diesen Unternehmen durchgesetzt werden. Sie müssen für die Befolgung durch Unternehmensangehörige durch eine entsprechende Unternehmensorganisation Sorge tragen. Der Kreis der Normadressaten des kapitalmarktrechtlichen Verbots ist damit größer als der strafrechtliche Kreis der tauglichen Täter. Im Hinblick auf die Phase der Emission von Wertpapieren, d. h. vor deren Einführung am Kapitalmarkt, kommen als Normadressaten insbesondere in Betracht: Emittenten und die weiteren an der Emission Beteiligten, die sog. institutionellen Anleger, die Mitglieder ihrer Organe und ihre übrigen Mitarbeiter, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Mitglieder ihrer Organe und ihre übrigen Mitarbeiter, Skontroführer, sonstige Börsenhandelsteilnehmer insbesondere in ihrer Funktion als Market Makers und Designated Sponsors, Freimakler als Anbieter des Handels per Erscheinen, private Anleger, Rating-Agenturen und Börseninformationsdienste, die Mitglieder ihrer Organe und ihre übrigen Mitarbeiter, externe Analysten, insbesondere bei der Abgabe von Empfehlungen, Journalisten, wobei bei 17

Vgl. hierzu ausführlich bspw. Altenhain, in: KölnKommWpHG § 38 Rn. 110 ff. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 55; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 28. 19 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 55; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 28. 20 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 54. 18

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

diesen § 20a Abs. 6 WpHG zu beachten ist21, sowie sonstige „Börsenexperten“, auf deren Empfehlungen die Allgemeinheit vertraut.22 Letztlich sind dies alle an der Emission Beteiligten sowie solche Personen, die am Kapitalmarkt in irgendeiner Weise tätig sind und auf die Kurs- und Marktpreisbildung Einfluss nehmen können.

B. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG Gerade im Fall einer erstmaligen Emission von Wertpapieren eines Unternehmens besteht für interessierte Investoren eine undurchsichtige Informationslage, da das Unternehmen bislang noch nicht den Publizitätspflichten eines börsennotierten Unternehmens unterliegt.23 Anleger sind somit zur Beurteilung des Wertes des Unternehmens und der von diesem emittierten Wertpapiere in einem stärkeren Maße auf die Angaben des Unternehmens selbst angewiesen als nach der Notierungsaufnahme, ohne dass die Informationen auf kapitalmarktrechtlichen Berichtspflichten24 beruhen. Dies ändert sich zwar mit der Vorbereitung des Börsengangs, so gilt ab der öffentlichen Ankündigung der Stellung des Antrags auf Zulassung bereits die Pflicht zur ad-hoc Publizierung von Tatsachen gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, zudem unterliegt das Unternehmen der Emissionspublizität. Investoren müssen aber aus den Informationen ihre eigenen Schlüsse ziehen und können noch nicht auf ein eingespieltes Marktgleichgewicht beim Preis zurückgreifen, um diese Schlüsse zu kontrollieren. Wie unterschiedlich interpretierbar Unternehmenszahlen sein können, zeigt gerade Beispielsfall 1 aus § 1, in welchem je nach Standpunkt aus identischen Unternehmenskennzahlen ein abweichender Emissionspreis ermittelt wurde.25 Dieses Problem trifft insbesondere (Privat-)Anleger, die nicht in den Prozess der Preisfindung während des Bookbuilding-Verfahrens einbezogen werden und auch nicht an Präsentationen der Emittenten im Vorfeld der Emission, an Road Shows oder Einzelgesprächen teilnehmen. Zudem stellen Emittenten nichtinstitutionellen Anlegern häufig nicht im selben Umfang Daten zur Verfügung wie institutionellen Anlegern, sondern erfüllen nur ihre gesetzliche Mindestverpflichtung.26 Die Gestaltung der Kommunikation mit den Marktteilnehmern bei einem Börsengang ist originäre Aufgabe des Emittenten.27 Dabei hat er die ihm obliegenden Pflichtangaben (Erstellung Prospekt, ggfs. Veröffentlichung von Ad-hoc-Mittei21

Siehe unten B.III.2. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 56. 23 Meißner, Stabilisierung, S. 50. 24 Wie z. B. Jahres- und Halbjahresberichte sowie Zwischenmitteilungen, vgl. §§ 37v ff. WpHG. 25 Siehe oben § 1 C.II. 26 Schanz, Börseneinführung, S. 315 f., dies betrifft vor allem Research Reports. 27 Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 203. 22

B. Informationsgestützte Manipulationen

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lungen) zu machen, daneben umfasst die Kommunikation eine ganze Reihe von freiwilligen Maßnahmen. Ziel vor allem letzterer ist die wichtige Generierung von Aufmerksamkeit für das Vorhaben und die Erzeugung ausreichender Nachfrage für die zur Emission anstehenden Wertpapiere zum anvisierten Emissionspreis.28 Hierbei werden in aller Regel vor allem die Zielgruppen angesprochen, die für den Erfolg der Emission von besonderer Bedeutung sind. Vor der Emission sind dies in erster Linie die Analysten, sowohl die für institutionelle Investoren als auch die für die Emissionsbegleiter tätigen, da sie eine zentrale Rolle bei der Bewertung des Unternehmens spielen, und die Wirtschafts- und Finanzjournalisten, denen als Kommunikationsmultiplikator die wesentliche Rolle bei der Imagebildung zukommt.29 Gerade der Pressearbeit des Emittenten kommt hierbei große Bedeutung zu, da die Presse (einschließlich Fernsehen) über alle Gruppen der privaten Anleger hinweg der meistgenutzte und am besten bewertete Informationskanal ist.30 Dies gilt sowohl hinsichtlich der generellen Bedeutung als auch für die Bereiche Aktualität, Verständlichkeit und Vertrauenswürdigkeit.31 Der Emittent hat somit seine Informationen entsprechend aufzubereiten. Bei einem IPO, der sich in der Regel an alle Investorengruppen richtet, ist der Inhalt auch für den börsenunerfahrenen Privatanleger bestimmt.32 Emittent und Presse sind daher in der Pflicht, den Inhalt der Meldungen auch für diese Investorengruppe nachvollziehbar darzustellen.33 Eine weitere praktisch wichtige Komponente bei der Generierung von Aufmerksamkeit und Erzeugung von Nachfrage ist die die Emission begleitende Werbekampagne.34 Auch deren Gestaltung hat sich an den gesetzlichen Vorgaben zu Pflicht- und freiwilligen Angaben auszurichten. Daraus ergibt sich folgender Gang der Untersuchung: Unter Beachtung des Vorstehenden sollen zunächst die Tatbestandsmerkmale von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG erläutert, im Anschluss daran die soeben genannten wichtigen Kommunikationsmittel (Prospekt, Presse, Werbung) im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Voraussetzungen von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG untersucht werden.

28 29 30

28 f. 31

28 f. 32

Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 207. Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 210. DAI, Verhalten und Präferenzen deutscher Aktionäre, 2009, DAI Studien, Heft 42, S. 11, DAI, Verhalten und Präferenzen deutscher Aktionäre, 2009, DAI Studien, Heft 42, S. 11,

Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 217. Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 218; DAI, Verhalten und Präferenzen deutscher Aktionäre, 2009, DAI Studien, Heft 42, S. 11, 27 ff. 34 Wirtz/Salzer, IPO-Management, S. 201, 216. 33

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

I. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG Das Verbot gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG erfasst das Machen unrichtiger oder irreführender Angaben über bewertungserhebliche Umstände, sofern die Angaben geeignet sind, auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes einzuwirken. 1. Angaben Angaben sind Erklärungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Umständen, die sich auf das jeweilige Finanzinstrument beziehen. Es ist dabei unerheblich, in welchem Kontext diese Angabe gemacht wird, also bspw. in der Bilanz, dem Lagebericht oder sonstigen Geschäftsberichten, in Ad-hoc-Mitteilungen, Pressemitteilungen oder dem Emissionsprospekt, der sich auf die noch nicht zugelassenen Wertpapiere bezieht.35 Zu den Angaben zählen sowohl Tatsachenmitteilungen als auch Werturteile einschließlich Meinungsäußerungen und Einschätzungen.36 Nach teilweise vertretener Ansicht sollen Werturteile allerdings nur dann zu den Angaben im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zählen, wenn sie einen Tatsachenkern enthalten und somit nachprüfbar sind, anderenfalls würden sie zwar ggfs. von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG erfasst, nicht aber von Nr. 1.37 Begründet wird dies vor allem damit, dass ein Werturteil, dem ein nachprüfbarer Tatsachenkern fehle, nicht dazu geeignet sei, dass sich der Anleger ein unverfälschtes Bild vom „wahren“ Wert des Unternehmens machen könne, da ein rational handelnder Anleger niemals aufgrund eines reinen Werturteils handele.38 Und nur diese Entscheidung sei von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG geschützt.39 Gleiches gelte für Gerüchte.40 Auch diese sollen danach nur dann Angaben i.S.v. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sein, wenn sich der Verbreiter auf eine vertrauens35

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 59. Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 16; Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a WpHG Rn. 29; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 59, 68; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 33; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 238 f. 37 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 14 m.w.N.; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13; Schönhhöft, S. 56 f. 38 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13. 39 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13. 40 Exemplarisch zur oftmals erheblichen Auswirkung von Übernahmegerüchten oder Übernahmephantasien auf die Kurse vgl. nur die Spekulationen um die angeblich geplante Übernahme von RWE durch EdF, ausgelöst durch einen Bericht des SWR, welcher zu einem Kursanstieg von 7 % führte. Dort wird auch auf die Schwierigkeiten einer Ahndung hingewiesen, s. SZ vom 15. 5. 2007, S. 21; ebenfalls exemplarisch für die Auswirkungen von Gerüchten vgl. nur den Bericht über Verluste im Eigenhandel bei der Deutschen Bank, FTD vom 6. 6. 2007, o. S. 36

B. Informationsgestützte Manipulationen

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würdige Quelle stützt.41 Anderenfalls handele es sich bei Gerüchten ebenso wie bei reinen Werturteilen oder Prognosen um unverbürgte Nachrichten, denen ein Tatsachenkern fehle und sie somit nicht dem Beweise zugänglich seien.42 Es liege daher allenfalls ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG vor.43 Diese Differenzierung vermag jedoch nicht zu überzeugen. In der nach dem AnSVG geltenden Fassung beschränkt § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG den Täuschungsgegenstand bewusst nicht mehr allein auf Tatsachen, vielmehr umfasst der Begriff „Angaben“ auch Gerüchte, Werturteile und Prognosen. Der Gesetzgeber hat mit dem AnSVG vor allem die Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG in nationales Recht umgesetzt.44 Nach Art. 1 Nr. 2 c) RiLi 2003/6/EG ist ein Fall der Marktmanipulation das Verbreiten von falschen oder irreführenden Informationen, wozu ausdrücklich auch das Verbreiten von Gerüchten zählt. Eine Einschränkung dieses Begriffes auf Gerüchte, denen ein Tatsachenkern zu Grunde liegt, oder auf Gerüchte, die aus vermeintlich sicherer Quelle stammen, enthält die Regelung nicht. Und auch die Behauptung, Nr. 1 solle sicherstellen, dass sich der Anleger ein unverfälschtes Bild vom „wahren“ Wert des Wertpapiers machen könne, und die Einschätzung eines rationalen Anlegers werde von solchen Angaben ohne jeglichen Tatsachenkern nicht beeinträchtigt45, war noch nie richtig, denn: „The Wall Street Journal is filled with rumors on which investors act“.46 Zudem ist sie zwischenzeitlich sogar empirisch widerlegt.47 Scharen von Anlegern handeln aufgrund von Gerüchten aus vermeintlich vertrauenswürdiger Quelle.48 Auch Fall 1 in § 1 der Arbeit zeigt, welchen erheblichen Einfluss Gerüchte haben können. Allein die Information, die Deutsche Bank als Konsortialführer plane möglicherweise die direkte Übernahme des IPO-Kandidaten Postbank, sorgte für beträchtliche Diskussion und Verunsicherung, ohne dass feststand, ob diesen Plänen ein Tatsachenkern innewohnte oder nicht. Zudem erwähnt § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV neben Tatsachen ausdrücklich auch Werturteile als bewertungserhebliche Umstände. Dieser Begriff wäre überflüssig, müssten diese einen Tatsachenkern enthalten, denn in diesem Fall wären 41

Vollständig noch verneinend Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 90; jetzt noch Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15. 42 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 90; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 14; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 93. 43 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 90; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 14; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 93. 44 Vgl. zur Neufassung von § 20a WpHG durch das AnSVG Begr. RegE AnSVG, S. 37. 45 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13 m.w.N. 46 Flamm v. Eberstadt, 814 F.2d 1169, 1175; zitiert nach Burgard, ZHR 162, 51, 61 f. 47 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 17; Fleischer/Schmolke, AG 2007, 841, 852 f. 48 Burgard, ZHR 162, 51, 61 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 17; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 70; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 157; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 240 f.; Fleischer/Schmolke, AG 2007, 841, 852.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

sie schon vom Tatsachenbegriff in § 2 Abs. 1 S. 2 MaKonV erfasst.49 Eine Einschränkung des Begriffes der Angaben auf Tatsachen und Werturteile sowie Prognosen, die einen Tatsachenkern enthalten, ist in der Fassung von § 20a WpHG AnSVG daher nicht mehr gerechtfertigt.50 2. Machen der Angabe Machen der Angabe bedeutet deren Äußerung.51 Zu diesem Zweck kann jedes vorhandene Medium und jede denkbare Kommunikationsform genutzt werden. Die Angaben können mündlich, schriftlich oder elektronisch, in Rundfunk, Fernsehen oder Internet, ebenso in Pressekonferenzen oder mittels Pressemitteilungen gemacht werden.52 Für die Kundgabe genügt, dass die Erklärung nach außen dringt und mindestens eine weitere vom Äußernden verschiedene Person von ihr Kenntnis nehmen kann.53 Eine Äußerung gegenüber einem einzelnen Investor genügt somit. Die Angabe braucht dagegen nicht öffentlich oder gegenüber einem größeren Kreis von Personen gemacht zu werden.54 Es genügt auch, wenn die Angaben ungezielt gestreut werden, indem sie bspw. in öffentlichen Telefonzellen „vergessen“ werden oder einzelne Adressaten scheinbar fehlgeleitete Faxsendungen erhalten.55 Die Angabe „macht“, wem sie normativ zugerechnet werden kann, wer Konzeptionsherrschaft über sie hat

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Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 72. Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 157; Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze, § 20a WpHG Rn. 29; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 241 ff.; Worms, in: Assmann/Schütze Handbuch Kapitalanlagerecht, § 9 Rn. 106; Spindler, NZG 2004, 1138, 1142; Fleischer/Schmolke, AG 2007, 841, 852. 51 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil WpHG Rn. 14; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 28; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 16. 52 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 14; Schwark, in: Schwark/Zimmer KapitalmarktrechtsKommentar § 20a WpHG Rn. 28; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 16. 53 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 88; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 18; Claussen/ Florian, AG 2005, 745, 761; noch geringere Anforderungen stellt Eichelberger, Marktmanipulation, S. 254, wonach nicht einmal der Zugang der Erklärung notwendig sein soll. Nach seiner Ansicht genügt die Abgabe der Erklärung, also deren willentliche Entäußerung. 54 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 65; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; a.A., wenn auch widersprüchlich, Schwark, in: Schwark/Zimmer KapitalmarktrechtsKommentar § 20a WpHG Rn. 28, der verlangt, dass sich die Kundgabe grundsätzlich an den Kapitalmarkt und dessen Bereichsöffentlichkeit richtet. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich für diese Ansicht weder im Gesetz noch in den Materialien Anhaltspunkte finden lassen; wie hier Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 18. In Ausnahmefällen will aber auch Schwark, ebd., die Mitteilung an eine Einzelperson ausreichen lassen, wenn dadurch ein Publizitätserfolg herbeigeführt werden kann. 55 Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8. 50

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oder wer sie sich derart zu eigen macht, dass er Gewähr für ihre Richtigkeit übernimmt.56 Danach ist die im Ausgangsfall in § 1 der Arbeit auf ungeklärten Wegen an die Presse gelangte interne Bewertung des Emittenten eine gemachte Angabe, denn die Information muss durch wenigstens eine Person an eine andere, außerhalb der Deutschen Bank stehende Person gelangt sein, egal auf welche Art und Weise. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Beteiligten direkten Kontakt hatten, vielmehr hätte nach dem eben gesagten auch ein Liegenlassen an einem bestimmten Ort genügt, an welchem die außenstehende Person Zugang zur Information hat.57 Auch wenn es in einer solchen Konstellation schwierig sein dürfte nachzuweisen, wer der Täter ist, steht dies der Einstufung der Handlung als Machen einer Angabe nicht entgegen.58 3. Unrichtige Angaben Bei der Frage der Unrichtigkeit der Angaben im Sinne von § 20a WpHG ist zwischen Tatsachen auf der einen und Prognosen sowie Werturteilen auf der anderen Seite zu differenzieren. a) Tatsachen Tatsachen sind unrichtig, wenn sie nicht den objektiven Gegebenheiten entsprechen, also nicht vorhandene Umstände als vorhanden und vorhandene Umstände als nicht vorhanden bezeichnen.59, 60 b) Werturteile und Prognosen Die Unrichtigkeit von Werturteilen und Prognosen ist dagegen nicht derart eindeutig zu bestimmen, da beide die subjektive Einschätzung eines Sachverhaltes durch den Äußernden beinhalten, welche nicht in diesem Sinne unrichtig sein kann. 56

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG, § 20a Rn. 66; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 19. 57 Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8. 58 Siehe hierzu auch die Äußerung von Caspari in der BaFin-Jahrespressekonferenz 2006: „Es ist schwer, die Urheber von Gerüchten ausfindig zu machen, da diese und deren Quellen sehr flüchtig sind. Erfolgreich kann die BaFin nur in den Fällen die Manipulateure ergreifen, in denen es schriftliche Dokumente gibt.“; vgl. SZ vom 15. 05. 2007, S. 21. 59 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 60; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 20; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8. 60 Vgl. bspw. die Falschangaben im Fall EM.tv, Veröffentlichung unrichtiger Halbjahreszahlen durch ein Vorstandsmitglied einer börsennotierten AG, hierzu zivilrechtlich BGH ZIP 2005, 1270; strafrechtlich BGHSt 49, 381. Weitere zahlreiche praktische Beispielsfälle bei Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 25.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Vereinzelt wird daher vertreten, dass Werturteile grundsätzlich weder richtig oder noch falsch sein können.61 Nach herrschender Ansicht sind Werturteile oder Prognosen jedenfalls dann unrichtig, wenn sie eindeutig bzw. schlechterdings unvertretbar sind,62 so dass eine gegenteilige Auffassung auch bei Einräumen eines Bewertungsspielraums nicht mehr vertretbar ist.63 Auch dies ist nicht völlig überzeugend, da sich eine Prognose auch bei völlig unzutreffender Tatsachengrundlage als zutreffend erweisen kann. Unrichtigkeit sollte daher nur in den Fällen angenommen werden, in denen die Werturteile bzw. Prognosen „ins Blaue hinein“, d. h. ohne jede Tatsachenprüfung abgegeben werden, eine solche Prüfung aber erwartet werden darf.64 Auch nach herrschender Ansicht verbleibt somit ein erheblicher Spielraum bei der Äußerung von Werturteilen und Prognosen, ohne sogleich Gefahr zu laufen, eine unrichtige Angabe zu machen. Die gemachten Angaben sind stets nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen, wobei Auffassung und Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise mit zu berücksichtigen sind.65 Anpreisungen und schönfärberische Darstellungen sind danach durchaus erlaubt.66 Eine grobe Übertreibung darf jedoch nicht als ein Ergebnis dargestellt werden, welches auf einem sicheren Einblick in die Verhältnisse beruht.67 Nach einem Teil der Literatur sollen aus diesem Grund übertreibende Anpreisungen, die von niemandem ernstgenommen werden und für jedermann als solche durchschaubar sind, bereits den objektiven Tatbestand des Machens unrichtiger Angaben

61 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 14. 62 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 60; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 162; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 34; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 245 f.; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; a.A. Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15. 63 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 20; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; Rössner/Worms, in: Assmann/Schütze § 8 Rn. 71; Klöhn, WM 2010, 289, 289 f. 64 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 60; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 15; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; diff. Eichelberger, Marktmanipulation, S. 246 f., der darauf abstellt, ob die abgegebene Bewertung ins Blaue hinein der Sache nach zutreffend ist – dann kann in der fehlenden Prüfung allein keine unwahre Angabe liegen – oder nicht. Vielmehr sei darauf abzustellen, dass die Bewertung eine konkludente Angabe darüber enthalte, dass eine entsprechende Tatsachenprüfung stattgefunden habe. Fehle die Prüfung, sei die Angabe eine unwahre über die nicht erfolgte Prüfung. 65 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 60. 66 Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; Worms, in: Assmann/Schütze § 8 Rn. 71; Fleischer, Gutachten 64. DJT, Teilgutachten F, 114 f. 67 Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8; Worms, in: Assmann/Schütze § 8 Rn. 71.

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nicht erfüllen.68 Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Es ist nicht einzusehen, weshalb eine besonders stark von der wirklichen Sachlage abweichende Angabe, die mit dem Anspruch verbreitet wird, ernst genommen zu werden, keine unrichtige Angabe sein soll. Der Anwendungsbereich der Norm würde nach diesem Verständnis unnötig verkürzt, was dem Anlegerschutz nicht dienlich ist.69 Eine andere Frage ist, ob eine reißerische Übertreibung eine für die Bewertung eines Finanzinstruments erhebliche Angabe sein kann (dazu unten B.I.5.). Nicht ausdrücklich erwähnt sind unvollständige Angaben. Sie sind aber dennoch tatbestandsmäßig im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG, wenn positive Angaben gemacht werden, in denen wenigstens ein wichtiger Teilaspekt ausgelassen wurde, so dass ein falsches Gesamtbild entsteht70 und das Anlegerpublikum sie deshalb falsch versteht.71 Auf eine Pflicht zur Offenbarung kommt es hier im Gegensatz zu § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG (dazu unten B.II.1.) nicht an.72 c) Prospektrechtliche Vorgaben für Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen Wie soeben gezeigt, ist insbesondere unter Berücksichtigung der herrschenden Meinung die Bestimmung der Reichweite des Tatbestandsmerkmals „unrichtige Angaben“ bei der Veröffentlichung von Werturteilen und Prognosen schwierig, da festgestellt werden muss, ob eine veröffentlichte Prognose noch vertretbar erscheint oder nicht und damit eine unrichtige Angabe vorliegt, deren Veröffentlichung einen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG darstellt. Die Unrichtigkeit einer Prognose oder eines Werturteils kann sich auch aus anderen Rechtsnormen ergeben. In der hier untersuchten Phase der Preisfindung ist 68

Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 20; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 60; Schmitz, wistra 2002, 208, 209; a.A. Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 157. 69 Vgl. nur die während der Hochzeit des Neuen Marktes veröffentlichten Mitteilungen, in denen reihenweise nicht nur reißerische Übertreibungen, sondern vollkommen erfundene Angaben mitgeteilt worden sind, um ein positiveres Bild von der Zukunft des Unternehmens zeichnen zu können; s. bspw. den Fall ComRoad, bei diesem Unternehmen hatte der Vorstand durch eine Vielzahl von Ad-hoc-Meldungen stetig steigende Umsatzzahlen vermeldet, von denen weit über 90 % frei erfunden waren. Siehe hierzu auch unten § 4. 70 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 61; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 21; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 251 f.; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 163; Ledermann, in: Schäfer § 88 BörsG Rn. 8. 71 Dies kann etwa der Fall sein bei positiven Angaben über die steuerliche Vorzugsbehandlung eines Finanzinstruments, wenn die Anerkennung durch die Finanzämter fragwürdig ist und dies verschwiegen wird, oder bei positiven Angaben über Aktivitäten oder Umsätze einer Aktiengesellschaft, wenn zugleich verschwiegen wird, dass die Aktivitäten noch nicht begonnen haben oder die Umsätze noch nicht realisiert worden sind, Bsp. nach Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 61. 72 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 16; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 61.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

diesbezüglich vor allem das Prospektrecht zu beachten, welches Vorgaben für die Angaben im Emissionsprospekt als zentrale Informationsquelle für den Anleger beim Börsengang macht. Regelungen zu dieser Frage enthalten sowohl das Wertpapierprospektgesetz (WpPG)73 als auch die ProspektVO74. Aufgrund der Regelung in § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG erfasst das Verbot der Marktmanipulation auch die Angaben im Emissionsprospekt. Die Vorgaben des Prospektrechts können hier auch deswegen herangezogen werden, weil sowohl das Prospektrecht als auch § 20a WpHG zum einen dem Anlegerschutz75 und zum anderen dem Schutz der Wahrheit und Zuverlässigkeit der Preisbildung76 bzw. der Markteffizienz77 und damit dem Funktionsschutz des Kapitalmarktes78 und somit letztlich dem Schutz der selben Rechtsgüter dienen. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG hat der Prospekt den Anleger auch über die Zukunftsaussichten des Emittenten zu unterrichten. Die dafür erforderlichen Mindestangaben ergeben sich aus der ProspektVO, vgl. § 7 WpPG. Diese unterscheidet für Aktienemissionen in Anhang I hinsichtlich der Angaben zu den Zukunftsaussichten zwischen Trendinformationen (Punkt 12) und Gewinnprognosen oder Gewinnschätzungen (Punkt 13). Zu den Trendinformationen gehören sowohl die Angaben der wichtigsten Trends in jüngster Zeit in Bezug auf Produktion, Umsatz und Vorräte sowie Kosten und Ausgabepreise seit dem Ende des letzten Geschäftsjahrs bis zum Datum des Registrierungsformulars (Punkt 12.1.), als auch Informationen über bekannte Trends, Unsicherheiten, Nachfrage, Verpflichtungen oder Vorfälle, die wahrscheinlich die Aussichten des Emittenten zumindest im laufenden Geschäftsjahr wesentlich beeinflussen dürften (Punkt 12.2.). Beide Punkte zählen zu den Pflichtangaben (vgl. Anhang I: Mindestangaben für das Modul Aktien).

73 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist, BGBl. I 2005, 1698. 74 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EU 2004 Nr. L 149 vom 30. 4. 2004, 1, berichtigt in ABl. EU 2004 Nr. L 215 vom 16. 6. 2004, 3 und ABl. EU 2005 Nr. L 186 vom 18. 7. 2005, 3. 75 Vgl. Erwägungsgrund 10 RiLi 2003/71/EG; Begr. RegE WpPG BT-Drs. 15/4999, S. 25; Erwägungsgrund 12 RiLi 2003/6/EG; Begr. RegE 4. FFG BT-Drs 14/8017, S. 89 f. 76 Begr. RegE 4. FFG BT-Drs. 14/8017, S. 89 f.; Erwägungsgrund 12 RiLi 2003/6/EG. 77 Vgl. Erwägungsgrund 10 RiLi 2003/71/EG; Begr. RegE WpPG BT-Drs. 15/4999, S. 25. 78 Begr. RegE 4. FFG BT-Drs. 14/8017, S. 89; Begr. RegE WpPG BT-Drs. 15/4999, S. 25; zum Funktionsschutz ausführlich Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.197 ff.; Lenenbach, Börsen- und Kapitalmarktrecht Rn. 1.38; überblicksartig Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 220.

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Gewinnprognosen sind nach Art. 2 Nr. 10 ProspektVO Texte, in denen ausdrücklich oder implizit eine Zahl oder eine Mindest- bzw. Höchstzahl für Gewinne oder Verluste im laufenden Geschäftsjahr und/oder in den folgenden Geschäftsjahren genannt wird. Gewinnschätzungen sind nach Art. 2 Nr. 11 ProspektVO Gewinnprognosen für ein abgelaufenes Geschäftsjahr, für welches die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht wurden. Die Veröffentlichung von Gewinnprognosen oder Gewinnschätzungen ist im Gegensatz zu den Trendinformationen freiwillig, vgl. Erwägungsgrund 8 ProspektVO. Entscheidet sich der Emittent dafür, eine Gewinnprognose oder Gewinnschätzung in den Prospekt aufzunehmen, dann hat er die in Punkt 13.1. und 13.2. genannten Mindestangaben zwingend mit aufzunehmen: Erstens eine Erklärung, welche die wichtigsten Annahmen erläutert, auf die der Emittent seine Prognose oder Schätzung gestützt hat79, zweitens einen von unabhängigen Buch- oder Abschlussprüfern erstellten Bericht, der feststellt, dass die Prognose oder Schätzung ordnungsgemäß erstellt wurde.80 Drittens muss der Emittent klar differenzieren zwischen den Faktoren, welche die Mitglieder der Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsorgane beeinflussen können, und solchen, die außerhalb deren Einflussbereiches liegen.81 Viertens muss die Prognose bzw. Schätzung auf einer Grundlage erstellt werden, die mit den historischen Finanzinformationen vergleichbar ist.82 Alle Angaben müssen leicht verständlich sein. Die Vorlage insbesondere des Prüfberichts dürfte schwierig und zeitaufwändig sein83, der Emittent sollte daher neben der Möglichkeit, die ihm die Veröffentlichung von Prognosen in Bezug auf die die Emission begleitende Kommunikation eröffnet, auch die dadurch entstehenden Haftungsrisiken im Fall der Aufnahme einer solchen Prognose in den Prospekt berücksichtigen. Problematisch ist für den Emittenten in diesem Zusammenhang ebenfalls die Äußerung einer Prognose außerhalb des Prospekts, bspw. in einer Analystenkonferenz oder in einer Pressemitteilung. Zumindest bei Aktienemissionen besteht dann eine Vermutung dafür, dass diese Prognose eine wesentliche Information ist und deshalb in den Prospekt aufzunehmen bzw. zu erläutern ist.84 Erfüllt der Emittent seine Pflicht zur Veröffentlichung der vorstehend genannten Mindestangaben nicht, bzw. sind die Prognosen inhaltlich unzutreffend, fehlt es bspw. der Konsistenz mit den historischen Finanzinformationen, macht der Emittent auch unrichtige Angaben im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG.

79 80 81 82 83 84

Anhang I Punkt 13.1. ProspektVO. Anhang I Punkt 13.2. ProspektVO. Anhang I Punkt 13.1. ProspektVO. Anhang I Punkt 13.3. ProspektVO. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

d) Vorgaben für Werbung Werbung begleitet nahezu jede Neuemission. Sie soll das Interesse der Anleger für das Wertpapier wecken und hat einen ähnlichen Charakter wie Gewinnprognosen oder Gewinnschätzungen,85 da zumeist Aussagen über die zukünftige Entwicklung getroffen werden, die nicht unbedingt eintreffen müssen.86 Darüber hinaus zeichnet die Werbung meist ein noch farbigeres und heller leuchtendes Bild von der Zukunft des Emittenten und der Entwicklung des Wertpapiers als eine Prognose oder Schätzung.87 Aus diesem Grund besteht hier noch stärker als bei den Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen die Gefahr des Machens unrichtiger oder irreführender Angaben. Grundsätzlich ist Werbung die Domäne des Wettbewerbsrechts, national also des UWG.88 Dieses beruht in seiner aktuellen Fassung89 auf der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken.90 Die Richtlinie bezweckt im Verhältnis von Unternehmen zu Verbrauchern eine abschließende Regelung der unlauteren Geschäftspraktiken, so dass der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie keinen Gestaltungsspielraum hat, sondern an diese gebunden ist.91 Die Richtlinie schränkt allerdings in Art. 3 Abs. 4 ihren Anwendungsbereich selbst ein.92 Sie ist im Fall der Kollision ihrer Bestimmungen mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, diesen gegenüber nachrangig93 und zumindest soweit es um das Verhältnis des werbenden Unternehmens, hier des Emittenten, zum Verbraucher geht, nur insoweit anzuwenden, als keine spezifischen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorliegen, die spezielle Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, wie etwa Informationsanforderungen oder Regeln darüber, wie dem Verbraucher Informationen zu vermitteln sind.94 Dieses Subsidiaritätsprinzip setzt sich im deutschen Recht fort.95 Das UWG ist somit zur Beurteilung der Werbung ergänzend anwendbar, soweit es keine spezi-

85

Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 136. Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 136. 87 Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 136. 88 Zeidler, WM 2008, 238, 238. 89 UWG in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb vom 22. 12. 2008, BGBl. I 2008, 2949 ff. 90 Richtlinie 2005/29/EG vom 11. 05. 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, ABl. EU 2005 Nr. L 149, 23 ff. 91 Köhler, WM 2009, 385, 385. 92 Köhler, WM 2009, 385, 385. 93 Köhler, WM 2009, 385, 385. 94 Erwägungsgrund 10 RiLi 2005/59/EG. 95 Köhler, WM 2009, 385, 385. 86

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elleren Regelungen für die Frage der Gestaltung der Werbung im Fall einer Neuemission von Wertpapieren gibt. Hierbei ist zunächst danach zu differenzieren, wer wirbt. Sofern die Werbung für den Börsengang ausnahmsweise von einem Mitglied des Emissionskonsortiums, also einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, getätigt wird, sind hierfür die Vorgaben von Art. 19 Abs. 2 MiFID96, umgesetzt in § 31 Abs. 2 WpHG, sowie Art. 27 der Durchführungsrichtlinie zur MiFID97, umgesetzt in § 4 WpDVerOV, zu beachten.98 Im Fall der Durchführung einer Emission von Wertpapieren ist in aller Regel jedoch der Emittent selbst Werbender, so dass diese Normen hier nicht einschlägig sind. Sie sollen deshalb im Folgenden nicht weiter betrachtet werden.99 Hat wie für gewöhnlich der Emittent die Werbung selbst in der Hand, greifen nunmehr im Fall, dass es sich bei der Neuemission um ein prospektpflichtiges100 öffentliches Angebot handelt, die Vorschriften der ProspektVO und des WpPG. Die ProspektVO erwähnt zwar in Art. 34 die Möglichkeit, für die Emission von Aktien und anderen Wertpapieren Werbung zu schalten, und macht dabei Vorgaben zu den dabei verwendbaren Kommunikationskanälen. Zum Inhalt der Werbeaussage, deren Anforderungen an die inhaltliche Richtigkeit auch bezüglich geäußerter Bewertungen oder gar deren Vereinbarkeit mit dem Prospekt, enthält sie dagegen keine Regelungen. Somit ist für die Ausgestaltung der Werbung § 15 WpPG maßgebend. Jegliche Werbung, welche sich auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder eine Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt bezieht, muss nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 erfolgen, § 15 Abs. 1 S. 1 WpPG. In allen Werbeanzeigen ist gem. § 15 Abs. 2 WpPG darauf hinzuweisen, dass ein Prospekt veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo Anleger den Prospekt erhalten können. Die Angabe muss dabei konkret die genaue InternetAdresse des Emittenten bzw. für die Anforderung der gedruckten Version die Mitteilung von Name, Anschrift und Fax-Nummer aller Stellen, bei denen die Druckfassung abgefordert werden kann, enthalten.101 Werbeanzeigen müssen weiter als solche klar erkennbar sein, § 15 Abs. 3 S. 1 WpPG. Sämtliche Angaben in Werbeanzeigen dürfen nicht irreführend oder unrichtig sein und müssen mit den Angaben im Prospekt übereinstimmen, § 15 Abs. 3 S. 2 WpPG. Die Angaben dürfen darüber hinaus nicht im Widerspruch zu Angaben 96 Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente vom 21. 04. 2004, ABl. EU 2004 Nr. L 145, 1 ff. 97 Richtlinie 2006/73/EG zur Durchführung der RiLi 2004/39/EG vom 10. 08. 2006, ABl. EU 2006 Nr. L 241, 26 ff. 98 Köhler, WM 2009, 385, 385; Zeidler, WM 2008, 238, 238. 99 Siehe zur Werbung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zeidler, WM 2008, 238 sowie Köhler, WM 2009, 385. 100 Vgl. zu den Ausnahmen von der Prospektpflicht §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 und 2 WpPG. 101 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89; Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 138.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

stehen, die der Prospekt enthält oder die im Prospekt enthalten sein müssen, sofern der Prospekt erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird, § 15 Abs. 3 S. 3 WpPG. Daraus folgt, dass die Werbung der Prognose entsprechen muss, wenn der Prospekt eine solche enthält und nicht im Widerspruch zu ihr stehen darf, anderenfalls verstößt die Werbung gegen § 15 Abs. 3 S. 2 und 3 WpPG. Enthält der Prospekt dagegen keine Prognose, könnte die Werbung mit einer solchen zunächst irreführend oder unrichtig im Sinne von § 15 Abs. 3 S. 2 und 3 WpPG sein. Ein derartiger Fall läge bspw. vor, wenn sich aus den Angaben des Prospekts zahlreiche Risiken hinsichtlich des Investments ergeben (worauf dieser gem. § 5 Abs. 2 S. 2, § 7 WpPG i.V.m. VO 809/2004/EG in der Zusammenfassung und im Kapitel Risikofaktoren auch hinweisen muss), die Werbung aber insgesamt ein davon abweichendes Gesamtbild vermittelt.102 Zudem ist § 15 Abs. 4 WpPG zu beachten. Danach ist es dem Emittenten verboten, in seinen Aussagen oder Veröffentlichungen, gleichgültig ob sie zu Werbeoder anderen Zwecken erfolgen, über die im Prospekt gemachten Angaben hinauszugehen, diesen zu widersprechen sowie an anderer Stelle detailliertere Angaben zu machen.103 Enthält der Prospekt keine Prognose, wird aber gleichwohl mit einer solchen geworben, handelt es sich dabei um Angaben, die über den Prospekt hinausgehen. Zugleich macht der Emittent hierdurch an anderer Stelle detailliertere Angaben als im Prospekt.104 Beides verstößt gegen § 15 Abs. 4 WpPG. Mit Prognosen darf somit nicht geworben werden, wenn sie nicht in den Prospekt aufgenommen worden sind. 4. Irreführende Angaben Irreführend sind Angaben, die zwar inhaltlich richtig sind, aber aufgrund ihrer Darstellung beim Empfänger eine falsche Vorstellung über ihren Aussagegehalt nahe legen.105 Dies kann vor allem dann anzunehmen sein, wenn eine unwahre Tatsache konkludent mit erklärt wird.106 Bei der Beurteilung der Angabe kommt es auf den 102

Gebhardt, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 15 WpPG Rn. 11. Gottwald, S. 139; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257; Groß, Kapitalmarktrecht § 15 WpPG Rn. 2. 104 Gottwald, S. 139; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257; Groß, Kapitalmarktrecht § 15 WpPG Rn. 2. 105 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 62; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 22; Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 187; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 163; Weber, NJW 2004, 3674, 3675; a.A. Eichelberger, Marktmanipulation, S. 251 ff., der die Tatbestandsvariante „irreführende Angaben“ als Fallgruppe der Tatbestandsvariante „unrichtige Angaben“ einordnet. Ein eigener Anwendungsbereich komme der Tatbestandsvariante mithin nicht zu. 106 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 15. 103

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Gesamtzusammenhang, in welchem die Angabe gemacht wird, und das dadurch entstehende Gesamtbild der Äußerung für das Anlegerpublikum an.107 Ob tatsächlich eine Irreführung des Anlegerpublikums eintritt, ist dagegen unerheblich,108 es genügt die konkrete Gefahr einer Irreführung.109 Problematisch hieran ist, dass es das Anlegerpublikum auf dem Kapitalmarkt nicht gibt und somit die Frage aufkommt, welcher Maßstab bei der Bewertung einer Angabe als irreführend zugrunde gelegt werden soll, auf wessen Verständnishorizont abzustellen ist. Der Referentenentwurf zum AnSVG enthielt hierzu die Aussage, dass der Begriff „irreführend“ kapitalmarktspezifisch und nicht wettbewerbsrechtlich zu verstehen sei.110 Was darunter zu verstehen sein sollte, war dem Entwurf nicht zu entnehmen. Der Regierungsentwurf zum AnSVG enthielt diese Formulierung dann nicht mehr, ohne jedoch klarzustellen, ob an dem vorherigen Verständnis des Begriffes dennoch festgehalten oder ob dieses Verständnis aufgegeben werden soll. Die Frage, welcher Beurteilungsmaßstab bei der Bestimmung des Empfängerhorizontes anzulegen ist, wird somit vom Gesetzgeber nicht abschließend beantwortet. Das Aufgeben der zuvor genannten Position spricht aber für ein Abrücken des Gesetzgebers vom ursprünglich geäußerten Standpunkt. Sofern mit dem Verweis auf ein kapitalmarktspezifisches Verständnis des Anlegerbegriffs der „verständige Anleger“ im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV gemeint sein sollte [s.u. B.I.5.d)], stellt sich auch da das Problem des Bewertungsmaßstabes. Maßstab kann zum einen nicht der am Kapitalmarkt völlig unerfahrene Anleger sein, auf der anderen Seite aber auch nicht der alle Gepflogenheiten und Hintergründe kennende Spezialist.111 Auch ist kein subjektiver Maßstab zu Grunde zu legen, da § 20a WpHG nicht dem Schutz des Einzelnen dient.112 Für die Auslegung und Anwendung des Begriffs ist vielmehr ein objektiver, auf die jeweilige Situation bezogener Maßstab anzulegen.113 Maßgeblich ist damit der Kenntnisstand und das Verständnis der Zielgruppe, an welche sich die zu beurteilende Angabe richtet. Bei einer im Fernsehen in Form eines Werbespots verbreiteten Information ist damit bspw. der Verständnishorizont eines verständigen, durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Anlegers als Maßstab anzulegen,114 bei einer Äußerung im Rahmen einer Analystenpräsentation 107

Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 62; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 22. 109 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 22; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn 62. 110 Referentenentwurf AnSVG, ZBB 2004, 168, 183. 111 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 251. 112 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 243. 113 Ebs. Eichelberger, Marktmanipulation, S. 244: Anzulegen ist ein flexibler Maßstab, der sich am Adressaten orientiert. 114 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 62. 108

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der eines professionellen Marktteilnehmers.115 Bei einer „normalen“, d. h. an die breite Öffentlichkeit gerichteten Neuemission von Wertpapieren ist somit der Verständnishorizont eines Privatanlegers, also eines verständigen, durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Anlegers für die Beurteilung einer Angabe zu Grunde zu legen. Mit dieser Auslegung des Begriffes besteht sachlich kein wesentlicher Unterschied zum UWG116, welches auf den durchschnittlich informierten und verständigen, situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher abstellt.117 Sofern die Angabe in einem anlässlich der Neuemission von Wertpapieren veröffentlichten Prospekt gemacht wurde, kann zur Bestimmung der Eignung der Angaben zur Irreführung zudem auf die umfangreiche Rechtsprechung zur Prospekthaftung zurückgegriffen werden.118 5. Bewertungserheblichkeit a) Tatsachen und Werturteile, § 2 Abs. 1 MaKonV Der Umstand, über welchen Angaben gemacht werden, muss für die Bewertung des Finanzinstrumentes erheblich sein, § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG. Das unbestimmte Tatbestandsmerkmal dient als Korrektiv für Bagatellfälle.119 Der Begriff der Bewertungserheblichkeit wird durch § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV konkretisiert. Bewertungserhebliche Umstände im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sind gem. § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV solche Tatsachen und Werturteile, die ein verständiger Anleger (s. dazu unten 6.) bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.120 Zu Werturteilen im Sinne der Norm gehören auch Prognosen, Meinungsäußerungen und Einschätzungen. Ob Voraussetzung ist, dass sie sich aus einem Tatsa-

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Eichelberger, Marktmanipulation, S. 244. Ebs. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 62; Diemer, in: Erbs/Kohlhaas § 16 UWG Rn. 28 ff. mit zahlreichen Nachweisen; enger Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 22 a.E., wonach es trotz der Aussage im Referentenentwurf nicht ausgeschlossen sein soll, in geeigneten Einzelfällen bewährte Begründungsmuster aus dem Wettbewerbsrecht zu übernehmen. 117 Vgl. nur BGHZ 156, 250; BGH GRUR 2000, 619; BGH GRUR 2003, 249; BGH GRUR 2003, 361; BGH GRUR 2003, 626; BGH WM 2003, 2454; BGH WM 2007, 1918; OLG Düsseldorf WRP 2000, 1324; OLG München Magazindienst 2000, 757, alle m.w.N. 118 Siehe nur BGH VuR 2008, 178; BGH NJW-RR 2007, 1329; BGH WM 2007, 1503; BGH Urt. v. 22. 11. 2007, III ZR 210/06; BGH NJW 2006, 2042; BGH NJW-RR 1992, 879; BGH WM 1982, 862; OLG Frankfurt ZIP 2004, 1411; OLG Düsseldorf WM 1984, 586 alle m.w.N. 119 Begr. RegE KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 9; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 68; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 24; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 1; Kutzner, WM 2005, 1401, 1402; Weber, NZG 2004, 23, 24; Sorgenfrei, wistra 2002, 321. 120 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 68. 116

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chenkern plausibel ableiten lassen121, ist umstritten, letztlich aber zu verneinen, da dies bereits im Widerspruch zum Wortlaut von § 2 MaKonV steht.122 Zudem legt die dies fordernde Ansicht ihrer Begründung, unverbürgte Nachrichten seien wie Gerüchte unabhängig von ihrem konkreten Inhalt nicht geeignet, einen rational denkenden Anleger in seiner Investitionsentscheidung zu beeinflussen,123 ein Anlegerleitbild zu Grunde, welches nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten am Kapitalmarkt in Einklang zu bringen ist.124 Die Bewertungserheblichkeit eines Umstandes ist objektiv zu ermitteln. Aus dem Wortlaut von § 20a WpHG „für die Bewertung eines Finanzinstruments“ soll sich nach einer Ansicht ergeben, dass es sich hierbei nur um auf den wirtschaftlichen Wert des jeweiligen Finanzinstruments bezogene Umstände handelt.125 Andere nichtwirtschaftliche, bspw. ethische, politische oder ideologische Umstände, sollen dagegen nicht von § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV erfasst werden.126 Nach anderer Ansicht ist eine Beschränkung des Tatbestandsmerkmals auf rein wirtschaftliche Umstände nicht mit dem Wortlaut zu rechtfertigen, da § 2 MaKonV nicht allein auf die wirtschaftliche Bewertung des Finanzinstruments abstellt.127 Zudem bewerteten Anleger ein Finanzinstrument auch mittels anderer, „weicher“ Umstände, wie bspw. dem Umweltengagement des Unternehmens, also anhand von subjektiven, irrationalen oder psychologischen Umständen.128 Da die Norm auch dem Schutz der Investitionsentscheidung dieser Anleger dient, können bewertungserheblich somit Umstände aller Art sein.129 Nach § 2 Abs. 1 S. 2 MaKonV sind auch Umstände bewertungserheblich, die noch nicht eingetreten sind, von deren Eintritt in der Zukunft aber mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann. Was unter hinreichender Wahrscheinlichkeit zu verstehen ist, lässt die Verordnung offen. Ob hinreichende Wahrscheinlichkeit schon dann besteht, wenn der Eintritt anhand von konkreten Anhaltspunkten überwiegend wahrscheinlich ist, d. h. wenn eine Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 % besteht, oder ob dafür eine hohe Wahr121 In diesem Sinne BaFin, Emittentenleitfaden, S. 89 sowie Begr. RegE 4. FFG, BTDrs. 14/8017, S. 90; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a Rn. 14; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 33. 122 Siehe hierzu bereits oben B.I.1. 123 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 13. 124 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 156 f.; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 70; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 240 f.; Fleischer/ Schmolke, AG 2007, 841, 852. 125 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 78 f. 126 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 78 f. 127 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 258 f. 128 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 258 f. 129 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 258 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 25; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 5.

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scheinlichkeit notwendig ist, wird unterschiedlich beurteilt.130 Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seiner DaimlerChrysler-Entscheidung131 offengelassen und betont, dass es sich hierbei um eine im hohen Maße vom Einzelfall geprägte Frage handelt, die aus Sicht des verständigen Anlegers zu beantworten ist. Hinreichend wahrscheinlich ist ein Umstand dann, wenn ihn ein verständiger, nicht spekulativ handelnder Anleger auf verlässlicher Informationsgrundlage im Rahmen seiner Investitionsentscheidung berücksichtigt hätte.132 Bleiben nach allem Zweifel, ob ein verständiger Anleger den Umstand bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte, fehlt es an der Bewertungserheblichkeit. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers durch dieses Tatbestandsmerkmal, welches aus § 88 BörsG a.F. wortgleich übernommen wurde, Bagatellfälle aus dem objektiven Tatbestand ausgeschieden werden sollen.133 Zum anderen folgt dies daraus, dass es sich bei § 20a WpHG i.V.m. § 38 WpHG um einen Straftatbestand handelt und deshalb zu Gunsten des Täters der Grundsatz in dubio pro reo zu berücksichtigen ist. Sofern das Gericht im Verfahren nicht über die hinreichende Sachkunde verfügt, um die Bewertungserheblichkeit festzustellen, kann es hierzu ein Sachverständigengutachten einholen.134 b) Bewertungserhebliche Umstände nach § 2 Abs. 2 – 4 MaKonV Nach § 2 Abs. 2 MaKonV sind Insiderinformationen, die nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, sowie Entscheidungen und Kontrollerwerbe, die nach § 10 oder § 35 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) zu veröffentlichen sind, regelmäßig bewertungserhebliche Umstände im Sinne von § 2 Abs. 1 MaKonV. Aus der Formulierung „regelmäßig“ folgt, dass es sich hierbei um Regelbeispiele handelt, 130 50 %: Bachmann, ZHR 172 (2008), 606; a.A. (deutlich über 50 %): Pawlik, in: KölnKommWpHG § 13 Rn. 93; Assmann, in: Assmann/Schneider WpHG § 13 Rn. 25; Assmann, AG 1997, 51; Assmann, ZHR (2008), 647; Parmentier, NZG 2007, 411; Fleischer, NZG 2007, 401, 405 f., jew. m.w.N. 131 BGH ZIP 2008, 639; s. hierzu Widder, BB 2008, 857; Leuering, DStR 2008, 1287; Wilsing/von der Linden, EWiR 2008, 317; kritisch Assmann, in: Assmann/Schneider WpHG § 13 Rn. 25, welcher darauf hinweist, dass die Aussage des BGH in Leitsatz 2 der Entscheidung ”Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 %” nicht mit der Urteilsbegründung übereinstimmt und folgert, dass sich die Praxis wohl auf diese Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses einstellen muss. Dem BGH nachfolgend OLG Stuttgart ZIP 2009, 962; vgl. zu dieser Frage auch OLG Frankfurt ZIP 2009, 563 sowie die dem BGH ZIP 2008, 639 vorgehende 1. Entscheidung des OLG Stuttgart ZIP 2007, 481; hierzu ausführlich Fleischer, NZG 2007, 401, 405 f. 132 OLG Stuttgart ZIP 2009, 962, 970 unter Bezug auf BGH ZIP 2008, 639; Mennicke/ Jakovou, in: Fuchs WpHG § 13 Rn. 66; Harbarth, ZIP 2005, 1898, 1902. 133 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 89; Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 46; Begr. RegE KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10. 134 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 76 a.E.

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also Ausnahmen möglich bleiben.135 Wann allerdings eine Insiderinformation einmal nicht bewertungserheblich sein soll, ist praktisch schwer vorstellbar, da dem Begriff der Insiderinformation die Erheblichkeit, den Börsen- oder Marktpreis zu beeinflussen, bereits immanent ist.136 Beide Fälle des § 2 Abs. 2 MaKonV sind insbesondere Beispiele für die Tatbestandserfüllung nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG durch das Verschweigen entgegen einer bestehenden Rechtspflicht zur Offenbarung einer getroffenen Entscheidung. Daneben ist die Variante des Machens von unrichtigen oder irreführenden Angaben vor allem erfüllt, wenn Erwerbs- oder Übernahmeangebote lediglich zum Schein abgegeben werden137 oder unrichtige Angaben über getroffene bzw. nicht getroffene Erwerbs- oder Übernahmeentscheidungen gemacht werden.138 § 2 Abs. 3 MaKonV enthält einen Katalog von Fallgestaltungen, die immer bewertungserhebliche Umstände sind.139 Den in § 2 Abs. 4 MaKonV aufgezählten Sachverhalten wie den Änderungen in den Jahresabschlüssen, Zwischenberichten und den hieraus abgeleiteten Unternehmenskennzahlen nach Nr. 1 kommt dagegen keine Wirkung wie den in § 2 Abs. 2 MaKonV genannten Fallgestaltungen zu.140 Bei ihnen ist zur Beantwortung der Frage, ob es sich um bewertungserhebliche Umstände handelt, stets eine Bewertung im Einzelfall erforderlich.141 Es handelt sich somit um (nur) potentiell bewertungserhebliche Umstände.142 c) Bewertungserheblichkeit von Angaben, die nicht im Katalog des § 2 MaKonV enthalten sind aa) Unvollständige Regelung Der Gesetzgeber hat in den Katalog von § 2 Abs. 3 und 4 MaKonV die Umstände übernommen, die im Emittentenleitfaden der BaFin als ad-hoc-publizitätspflichtige

135 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 88; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 27, beide m.w.N. 136 Ebs. Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 17: Ausnahmesituation, die faktisch keine Rolle spielt. Kritisch auch Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 88. 137 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10. 138 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 91. 139 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 13; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 93; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 28, jew. m.w.N. 140 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 96; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 13. 141 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 28; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 96; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 29; Knauth/ Käsler, WM 2006, 1041, 1043. 142 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 96.

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Insiderinformationen im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG genannt werden.143 Diese insiderrechtliche Herkunft der Beispiele führt dazu, dass nur unternehmensbezogene Umstände erfasst werden. Zudem liegt der Schwerpunkt auf Veränderungen von Gegebenheiten.144 Für die Bewertung eines Finanzinstruments können aber nicht nur unternehmensbezogene Umstände, sondern auch andere, unternehmensunabhängige Marktdaten erheblich sein, wie bspw. die Orderlage oder das Transaktionsverhalten großer Marktteilnehmer wie etwa Fonds.145 Deshalb sind auch diese in hohem Maße bewertungserheblich und für Manipulationen interessant, da „lohnend“.146 Gleiches gilt für gewöhnliche Unternehmensdaten, denen keine Veränderung innewohnt, wie bspw. Gewinn- und Verlustrechnung, EBITDA-Ergebnis oder die Umsatzrendite.147 Dies tritt gerade bei einer Emission zu Tage. In den in § 1 der Arbeit nur beispielhaft zitierten Fällen war in der öffentlichen Berichterstattung und Diskussion ein wesentlicher Punkt, welche Position die institutionellen Investoren in der Frage der Zeichnung der Titel einnehmen, ob und in welchem Umfang sie sich in den zu emittierenden Titeln engagieren werden. Weiter wurde im Hinblick auf einen möglichen Erfolg oder Misserfolg der Emission vor allem Wert auf Informationen darüber gelegt, ob die Emission überzeichnet war, wie sich die Orderlage insgesamt gestaltete, ob und zu welchem Preis die Zeichnungen innerhalb der Bookbuildingspanne erfolgten oder wie die Preise im Handel per Erscheinen lagen. Das alles sind für die Bewertung aus Sicht eines Anlegers erhebliche Angaben, die nicht unter den Katalog von § 2 Abs. 3 und 4 MaKonV fallen. Auch können Unternehmensdaten unabhängig davon, ob sie eine Änderung vermelden, für die Bewertung nicht nur interessant, sondern geradezu essentiell sein. Dies zeigte deutlich die Emission der Postbank, bei welcher ein internes Papier des Konsortialführers an die Öffentlichkeit gelangte, worin dieser den Emittenten abweichend von der offiziellen Einschätzung bewertete. Das Papier selbst ist keine Begebenheit, die unter § 2 Abs. 3 Nr. 1 – 6 MaKonV fällt. Auch die in § 2 Abs. 4 MaKonV genannten Beispiele greifen nicht, da der Inhalt des Papiers keine Änderungen vermeldete. Dennoch war er für die Bewertung des Finanzinstruments – Aktie der Postbank – von erheblicher Bedeutung.148 Viele der in der § 2 MaKonV und im Emittentenleitfaden genannten Beispiele passen aufgrund ihrer insiderrechtlichen Herkunft schon nicht richtig zur Schutz-

143 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 43 f.; s. auch Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 28: in enger Anlehnung an die Auslegungspraxis zu §§ 13, 15 WpHG. 144 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 94. 145 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10. 146 Siehe auch Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10. 147 Vgl. Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 94. 148 Vgl. hierzu bereits § 1 C.II.

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richtung von § 20a WpHG,149 erst recht sind sie wenig geeignet für die Bewertungserheblichkeit von Umständen hinsichtlich eines Finanzinstrumentes, welches gerade emittiert werden soll und sich in der Phase der Preisbildung befindet. Nach allem sind die Regelungen in § 2 Abs. 2 bis 4 MaKonV daher im hier betrachteten Zeitraum wenig geeignet, die für die Emission und die Preisfindung bedeutenden Informationen als für die Bewertung erheblich oder unerheblich einzuordnen. Die Verordnung selbst ist allerdings nicht abschließend, wie sich aus § 20 Abs. 5 WpHG ergibt, welcher von „nähere(n) Bestimmungen“ spricht. Damit kann zur Feststellung der Bewertungserheblichkeit auch auf andere Rechtsquellen zurückgegriffen werden, welche die Situation bei der Emission von Wertpapieren berücksichtigen. In Betracht kommen hierzu vor allem die Vorschriften des WpPG, auf welche im Folgenden kurz eingegangen werden soll. bb) Konkretisierung der Bewertungserheblichkeit von Angaben unter Rückgriff auf das Wertpapierprospektgesetz Bewertungserheblichkeit kann sich im Zuge der Neuemission von Wertpapieren in erster Linie aus den prospektrechtlichen Publizitätspflichten ergeben. § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG bestimmt, dass Änderungen von im Prospekt genannten wichtigen Umständen und auch die Berichtigung von darin enthaltenen unrichtigen Umständen, welche die Beurteilung des Wertpapiers beeinflussen könnten und die nach der Billigung des Prospekts und vor dem endgültigen Schluss des Angebots bzw. der Einführung oder Einbeziehung in den Handel auftreten oder festgestellt werden, in Form eines Nachtrags zum Prospekt veröffentlicht werden müssen. Sofern parallel zur Einreichung des Prospekts zur Billigung auch der Nachtrag auf Börsenzulassung gestellt worden ist, tritt neben die Pflicht zur Veröffentlichung eines Nachtrags die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Ob ein wichtiger Umstand oder eine wesentliche Unrichtigkeit vorliegt, welche die Veröffentlichung eines Nachtrages erfordern, richtet sich grundsätzlich nach dem Maßstab des § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG.150 Danach soll der Prospekt den Anleger in die Lage versetzen, ein zutreffendes Urteil über die Wertpapiere und den Emittenten zu fällen, indem er Informationen darüber zur Verfügung stellt.151 Nach § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG soll dem Publikum ein zutreffendes Urteil ermöglicht werden über die Vermögenswerte des Emittenten und seine Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte. Änderungen zu diesen Punkten sind somit mittels Nachtrag zu publizieren, wenn 149 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 19; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 94. 150 Begründung RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. 151 Begründung RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 31.

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durch die Änderung das bislang gezeichnete Bild nicht mehr zutreffend ist und sie nicht mehr in den Prospekt aufgenommen werden kann. Dieser Nachtrag ist nach seiner Billigung zu veröffentlichen, § 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 WpPG. Aufgrund der Tatsache, dass in dieser Phase wegen der Regelung in § 12 S. 2 WpHG in aller Regel bereits auch die Pflicht zur ad-hoc-Publizität greift, und die zu publizierenden Angaben stets bewertungserheblich sind, ist die Information auch ad-hoc zu publizieren. Anders liegt der Fall nur, wenn ausnahmsweise einmal trotz bestehender Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Nachtrages das Tatbestandsmerkmal der Insiderinformation nicht erfüllt ist, bspw. weil während des öffentlichen Angebots eine wesentliche Unrichtigkeit einer Angabe festgestellt wird.152 Bewertungserheblich im Sinne von § 20a WpHG sind deshalb auch die Angaben im Prospekt, deren Richtigstellung oder erstmalige Veröffentlichung die Form eines Nachtrages erfordern. Besonderes Augenmerk liegt bei den prospektrechtlichen Angaben zudem auf der Zusammenfassung. Das nach § 5 Abs. 2 WpPG nunmehr gesetzlich153 obligatorische Erstellen einer Zusammenfassung am Anfang des Prospekts und die Verpflichtung, auch Angaben über die Risiken der Anlage darin aufzuführen, werten die Bedeutung der Zusammenfassung auf.154 Sie soll dem Anleger einen ersten, kurzen, aber vollständigen Überblick über das Investment ermöglichen. Der Anleger soll so für seine Anlageentscheidung eine vollständige Informationsbasis erhalten, um diese in Kenntnis aller wesentlichen Umstände treffen zu können.155 Zudem sollen die Informationen verständlich und übersichtlich präsentiert werden.156 Um diese Verständlichkeit nicht zu beeinträchtigen, muss die Zusammenfassung in allgemein verständlicher Sprache abgefasst werden.157 Zur besseren Übersichtlichkeit hat die Zusammenfassung auch keine Verweise auf andere Teile des Prospekts zu enthalten.158 Die herausgehobene Bedeutung der Zusammenfassung wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass bei grenzüberschreitenden Emissionen nur die Übersetzung der Zusammenfassung verlangt werden kann.159 Die Zusammenfassung ist daher ein Prospekt „in nuce“, welcher besonders für Privatanleger Basisinformationen bereit hält.160 Die Angaben in der Zusammenfassung müssen somit alle wesentlichen Angaben hinsichtlich der Beurteilung des Wertpapiers enthalten. Auch wenn eine Falschangabe einer Information in der Zusammenfassung allein nicht immer aus152

Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 86. Bislang war die Aufnahme in den Prospekt zwar aufgrund international Standards üblich, aber nicht gesetzlich zwingend vorgeschrieben, vgl. Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 252. 154 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 252. 155 Erwägungsgründe 18 und 19 Richtlinie 2003/71/EG. 156 Erwägungsgründe 20 und 21 Richtlinie 2003/71/EG. 157 Erwägungsgrund 21 Richtlinie 2003/71/EG. 158 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 85. 159 Begründung RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 31. 160 Wieneke, NZG 2005, 109, 111; s. auch Erwägungsgrund 21 Richtlinie 2003/71/EG. 153

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reicht, um einen Anspruch auf Schadensersatz nach den Grundsätzen der prospektrechtlichen Haftung zu begründen, § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG, so kann diese dennoch aufgrund der plakativen Wirkung der Zusammenfassung eine falsche oder irreführende bewertungserhebliche Angabe sein. Da letztlich sowohl WpHG als auch WpPG dem Anlegerschutz dienen, indem durch die Aufnahme aller wesentlichen Informationen die informationelle Gleichbehandlung der Anleger sichergestellt und Informationsasymmetrien abgebaut werden,161 und dem Anleger nur die zutreffenden Informationen für seine Investitionsentscheidung zur Verfügung stehen sollen,162 sind auch die Angaben in der Zusammenfassung des Prospekts bewertungserheblich im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG. d) Verständiger Anleger Die Umstände sind nur dann bewertungserheblich, wenn sie ein verständiger Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde, § 2 Abs. 1 S. 1 MaKonV. Die Figur des verständigen Anlegers ist – auch bereits in der Fassung von § 2 Abs. 1 KuMaKV – stark kritisiert worden. Vorgebracht wird von den Kritikern vor allem, dass es den verständigen Anleger nicht gäbe. Die Interessen von Anlegern könnten bereits bei einem Finanzinstrument diametral zuwiderlaufen (Ankauf/ Verkauf), auch werde die Vielzahl der verschiedene Investorengruppen nicht hinreichend berücksichtigt (privat, institutionell, risikofreudig, risikoavers), bei denen sich Kenntnis- und Verständnisniveau stark unterscheiden und die deshalb eine Anlageentscheidung von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren abhängig machen. Das Abstellen auf einen durchschnittlichen Anleger führe zudem zu dem Ergebnis, dass über Umstände, deren Bewertungserheblichkeit zu erkennen besondere Sachkunde erfordere, dann aufgrund des niedrigeren Kenntnishorizontes des Durchschnittsanlegers nicht getäuscht werden könne. Gerade weil Normadressaten typischerweise börsenerfahren seien, müsse hier ein strengerer Maßstab angelegt werden.163 Die vorgetragenen Bedenken sind zwar grundsätzlich beachtlich. Die Maßfigur des verständigen Anlegers ist in erheblichem Maße konkretisierungsbedürftig.164 Diese Konkretisierung ist aber nicht unmöglich. Denkbar ist zum einen die Bildung von Fallgruppen.165 Zum anderen ist bei aller berechtigter Kritik zu beachten, dass auch in anderen Bereichen des Zivil- und Handelsrechts ähnliche Referenzmaßstäbe 161

Wieneke, NZG 2005, 109, 110. Erwägungsgrund 18 Richtlinie 2003/71/EG. 163 Vgl. zur vorstehenden Kritik: Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht, §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 42 ff.; Kutzner, WM 2005, 1401 f.; Weber, NZG 2004, 23, 24; Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 324; Altenhain, BB 2002, 1874, 1878, jew. m.w.N. 164 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 26. 165 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 85. 162

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verwendet werden166, die ähnlich ausfüllungsbedürftig waren und mittlerweile praktisch handhabbar sind. Bei der Ausfüllung des Begriffs des verständigen Anlegers ist zwar ein objektiver Maßstab anzulegen, jedoch ist hier ebenso wie bei der Frage der Irreführungseignung (o. B.I.4.) entscheidend, auf wessen Verständnishorizont abzustellen ist. Der maßgebliche Adressatenhorizont wird vor allem im Zusammenhang mit der Prospekthaftung diskutiert.167 Die dabei vertretenen Ansichten reichen vom unkundigen Kleinaktionär oder unbewanderten Laien als Leser des Prospekts bis hin zum kundigen Leser oder Fachmann, der sich ggfs. von Sachkundigen beraten lässt.168 Der BGH stellt auf den durchschnittlichen Leser ab, der zwar eine Bilanz lesen kann, aber nicht mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht.169 Auch im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des verständigen Anlegers innerhalb von § 20a WpHG ist das Meinungsbild vielfältig. Der angelegte Maßstab des verständigen Anlegers reicht danach vom ausschließlich rational handelnden, angemessen informierten, aufmerksamen und kritischen Anleger, welcher im Umgang mit dem jeweiligen Finanzinstrument fachkundig und mit den Marktgegebenheiten vertraut ist,170 bis hin zur Bestimmung des verständigen Anlegers unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls171. Das alleinige Abstellen auf rationale Verhaltensmuster und Gründe erscheint vor dem Hintergrund des Standes der verhaltensökonomischen Forschung zur Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung zumindest fraglich. Durch die Forschung konnten danach eine Reihe von Verhaltensweisen (sog. bias) von Menschen nachgewiesen werden, die in bestimmter Weise vom Rationalverhalten abweichen172 und welche den Rationalverhaltensansatz vor große Herausforderungen stellen.173 Es gehört zwischenzeitlich zu den gesicherten Erkenntnissen, dass Men166 Vgl. nur den „ordentlichen Kaufmann“, § 347 Abs. 1 HGB, den „ordentlichen Geschäftsmann“, § 43 Abs. 1 GmbHG, den „ordentlichen Geschäftsleiter“, § 93 Abs. 1 AktG, oder auch den sorgfältigen Verkehrsteilnehmer, § 276 BGB. 167 Wieneke, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber, S. 37, 42. 168 Vgl. hierzu die Übersichten bei Fleischer, Gutachten für den 64. DJT, F 42 ff.; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 21, jew. m.w.N. 169 BGH NJW 1982, 2832, 2824; WM 2004, 1831, 1835; hierzu kritisch Schwark, ZGR 1983, 162, 168; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 21 ff. („inkompatible Anforderungen“); ebs. Assmann, in: Assmann/Schütze § 7 Rn. 64; Wieneke, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber, S. 37, 43; ähnlich Brondics/ Mark, AG 1989, 339, 341. 170 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 86; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 2 MaKonV Rn. 10; Veil, ZBB 2006, 162, 167. 171 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 261 ff.; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 19. 172 Schäfer/Ott, S. 66 ff. 173 Fleischer, in: FS Immenga, S. 575, 578.

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schen, und damit auch Kapitalanleger, tendenziell zu optimistisch sind und zum Wunschdenken neigen. Sie überschätzen das eigene Können, handeln zu häufig oder verlassen den Markt zu spät und unterschätzen die mit Finanzanlagen verbundenen Gefahren.174 Weiter gehen sie exzessive Risiken ein und lernen nicht oder kaum hinzu.175 Auch bei der Informationsverarbeitung sind derartige systematische, marktweit auftretende Fehler nachgewiesen worden. Anleger bewerten Informationen, die ihre Entscheidung bestätigen, tendenziell höher als solche, die Zweifel an der eigenen Entscheidung aufkommen lassen (confirmation bias).176 Mehrdeutige Informationen werden zu stark nach einer vorgefertigten Meinung interpretiert177 und Daten, die dagegen sprechen könnten, ignoriert.178 Auch besteht die Neigung, neue Informationen in der Tendenz übermäßig stark zu gewichten, da sie schneller und leichter verfügbar sind (availability bias)179 oder auch die Schwierigkeiten, mit Wahrscheinlichkeiten, insbesondere mit kleinen Wahrscheinlichkeiten, umzugehen (Wahrscheinlichkeitsanomalie).180 Kleine Wahrscheinlichkeiten werden manchmal auf null gesetzt, was erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit hat, richtige Entscheidungen, etwa zur Schadensvermeidung, zu treffen.181 Typisch ist bspw. die systematische Überschätzung von Risiken mit geringer Wahrscheinlichkeit und die systematische Unterschätzung von Risiken mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit.182 Insgesamt zeigt sich, dass die Fähigkeit, Informationen korrekt aufzunehmen, eingeschränkt ist. Die Realität wird nur selektiv wahrgenommen und Informationen, welche den eigenen Interessen, Wünschen oder Glaubenssätzen widersprechen, werden ignoriert.183 Der Grenznutzen zusätzlicher Informationen sinkt mit deren

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Kahnemann/Tversky, 47 Econometrica (1979), 263; Shefrin/Statman, 40 Journal of Finance (1985), 777; Weber/Camerer, 33 Journal of Economic Behaviour and Organization (1989), 167. 175 Odean, 53 Journal of Finance (1998), 1887, 1896 f.; Odean, 89 American Economic Review (1999), 1279, 1280; Gervais/Odean, 14 Review of Financial Studies (2001), 1, 19; Barber/Odean,15 Review of Financial Studies (2002), 455. 176 Chapman/Johnson, in: Gilovich/Griffin/Kahnemann, 120, 133. 177 Lord/Ross/Lepper, 37 Journal of Personality and Social Psychology (1979), 2098, 2101; Snyder/Cantor, 15 Journal of Experimental Social Psychology (1979), 330; Lord/Lepper/ Preston, 47 Journal of Personality and Social Psychology (1984), 1231. 178 Snyder/Swann, 36 Journal of Personality and Social Psychology (1978), 1202; Beattie/ Baron, 40 Quarterly Journal of Experimental Psychology (1988), 269. 179 Vgl. Tversky/Kahnemann, Judgment and Uncertainty: Heuristics and Biases, 1982, 163 ff.; Kuran/Sunstein, 51 Stanford Law Review (1999), 683. 180 Schäfer/Ott, S. 69. 181 Schäfer/Ott, S. 69. 182 Viscusi, American Law and Economic Review 1999, 26. 183 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218 m.w.N.

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steigender Menge, ab einer gewissen Menge wird der Grenznutzen sogar negativ (information overload).184 Die Bedeutung der nachgewiesenen Anomalien für die ökonomische Theorie und die ökonomische Analyse des Rechts ist stark umstritten. Ungeklärt ist mit Blick auf das vorliegende Thema auch, ob eine Verhaltensweise dem Tatbestand der Marktmanipulation unterfallen soll, wenn sich der Handelnde irrationales Verhalten der Anleger zunutze macht. Im Fall einer positiven Antwort müsste der Begriff des verständigen Anlegers an die Erkenntnisse der Behavioural Finance angepasst werden.185 Dafür spräche der Funktionenschutz, den § 20a WpHG vermitteln soll, denn auch irrationales Verhalten gefährdet die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung.186 Problematisch erscheint dies dagegen vor allem deshalb, dass dies letztlich zu einem völlig subjektiven Verständnis der bewertungserheblichen Information und damit zu einer Gleichwertigkeit aller Informationen (auch aller Bagatellangaben und Formalien) führen würde, was der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Bewertungserheblichkeit gerade ausschließen wollte.187 Zudem entstände durch einen subjektiven Maßstab der bewertungserheblichen Angaben für den Emittenten die kaum zu beherrschende Gefahr, wegen falscher Information des Kapitalmarktes mit Haftungsklagen überzogen zu werden,188 so dass viel dafür spricht, einen objektiven Maßstab beizubehalten. Wie die vorstehend aufgezeigten Erkenntnisse der Behavioural Finance mit der Figur des „verständigen Anlegers“ in Einklang gebracht werden können, entzieht sich an dieser Stelle einer abschließenden Beurteilung. Festzuhalten bleibt aber, dass nach gegenwärtigem Stand die tatsächlich am Markt existierende Vielfalt der Anleger, ihr unterschiedlicher Kenntnisstand und ihre Erfahrungen zu berücksichtigen sind, so dass sich der verständige Anleger nach den im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreisen bestimmt. Die Existenz verschiedener Anlegerklassen setzt nunmehr auch der Gesetzgeber im WpHG selbst voraus, vgl. nur § 31a Abs. 1 und 2 WpHG i. d. F. des FRUG189. Darin unterscheidet der Gesetzgeber zwischen professionellen Kunden und Privatkunden. Maßgebliches Kriterien zur Differenzierung sind deren Kenntnisse, Erfahrungen und der vorhandene Sachverstand, § 31a Abs. 2 S. 1 WpHG. Eine ähnliche Unterscheidung findet sich auch in §§ 2 Nr. 6 und 7, 27 WpPG, in welchen der Gesetzgeber zwischen qualifizierten Anlegern und solchen unterscheidet, die keine qualifizierten Anleger sind. Bei dieser Unterscheidung wird ebenso wie in § 31a 184

Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218 m.w.N. Veil, ZBB 2006, 162, 167; Fleischer, ZBB 2008, 137, 142 m.w.N. 186 Fleischer, ZBB 2008, 137, 142. 187 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 89; Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 46; Begr. RegE KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 10. 188 Fleischer, ZBB 2008, 137, 143. 189 Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 07. 2007, BGBl. I 2007, 1330 ff. 185

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WpHG auf die vorhandenen Erfahrungen und Kenntnisse des jeweiligen Anlegers im Umgang mit Wertpapieren abgestellt. Auch wenn das Anlegerpublikum selbst vielschichtiger ist, da der Kapitalmarkt allen offen steht, ist die Unterscheidung dem Ansatz nach zutreffend. Bei der Bestimmung des maßgeblichen Adressatenhorizontes ist deshalb auch der Kenntnisstand des jeweiligen Adressaten der Angabe mit zu berücksichtigen. Richtet sich eine Angabe zielgerichtet oder wenigstens auch an Privatanleger, wie bspw. bei einer breit angelegten öffentlichen Neuemission, so ist deren Verständnis zugrunde zu legen, so dass der verständige Anleger in diesem Fall ein durchschnittlicher Privatanleger ist.190 6. Eignung zur Einwirkung auf den Preis Der Tatbestand von § 20a WpHG lässt genügen, dass das Verhalten geeignet ist, auf den Börsen- oder Marktpreis einzuwirken. Eine tatsächliche Preisbeeinflussung ist dagegen nicht erforderlich.191 Ihr Vorliegen hat allerdings Bedeutung für die Beurteilung der Strafbarkeit des Verhaltens nach § 38 Abs. 2 WpHG.192 a) Preis Einwirken bedeutet jede Art von Einflussnahme.193 Eingewirkt wird auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments oder den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt des EU- oder EWR-Raums.194 Börsenpreise sind gem. § 24 Abs. 1 S. 1 BörsG Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im inländischen regulierten Markt ermittelt werden, sowie die Preise, die während der Börsenzeit im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt werden, § 24 Abs. 1 S. 2 BörsG. Marktpreise sind die nicht an einer Börse, sondern auf einem außerbörslichen Markt wie multilateralen Handelssystemen (§ 31 f WpHG) oder Systematischen Internalisierern (§§ 32 ff. WpHG) sich ergebenden Gleichgewichtspreise.195 190 Eichelberger, Marktmanipulation, S. 262 f.; ebs. auf den angesprochenen Adressatenkreis abstellend Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 19. 191 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 31; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 112; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a Rn. 27. 192 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 31; Fleischer, NJW 2003, 2584, 2585; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 112; zu den möglichen Folgen einer Marktmanipulation vgl. noch unten § 4. 193 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 32; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 115. 194 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 114; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 27. 195 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 27; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 32; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 114;

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Aufgrund der neu eingefügten Vorschrift des § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG genügt bereits die Einwirkung auf den Emissionspreis des Finanzinstruments, sobald dieses zum Handel zugelassen bzw. dessen Zulassung hierfür beantragt ist. Der Preis, auf welchen eingewirkt wird, ist in diesem Fall der Ausgabebörsen- oder Ausgabemarktpreis.196 Erfasst ist damit auch manipulatives Einwirken während der Bookbuildingphase oder der Vorbereitung der Auktion.197 Dies kann zum einen durch Einwirken auf den reinen Ausgabepreis des neu emittierten Finanzinstrumentes, zum anderen durch Einwirken auf die Festlegung der Bookbuildingspanne (wie im Ausgangsfall 1) oder der Untergrenze des Abgabepreises bei der Auktion geschehen. Die Gegenansicht198, welche Manipulationen im Vorfeld der Festlegung des Emissionskurses in der Bookbuildingphase nicht vom Verbot erfasst sieht, ist schon deshalb nicht zutreffend, weil die Erweiterung des Anwendungsbereiches nach § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG dann weitgehend leer liefe. b) Eignung zur Einwirkung Es ist nicht erforderlich, dass die Handlung geeignet ist, erheblich auf den Preis einzuwirken, es genügt die generelle Eignung.199 Auch ist unerheblich, in welche Richtung sich der Preis bewegen würde, ob „nach oben“, „nach unten“ oder „zur Seite“.200 Die Anforderungen an das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals sind somit nicht besonders hoch.201 Die Eignung ist im Wege einer objektiv-nachträglichen Prognose festzustellen.202 Dabei ist – aufgrund fehlender genereller Kausalgesetze im Sinne von deterministischen Naturgesetzen – auf allgemeine Erfahrungssätze der an Kapitalmärkten Tätigen zurückzugreifen, die so gut bestätigt sind, dass sich der

Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 65, 67. 196 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 40. 197 Widersprüchlich Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 32. 198 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 32. 199 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 112; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a WpHG Rn. 33; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 17. 200 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 93; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 34; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 70. 201 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 93: „Die Schwelle „Eignung zur Preiseinwirkung“ ist leicht genommen.“ Das Tatbestandsmerkmal wird deshalb auch von Teilen der Literatur neben der Bewertungserheblichkeit als bedeutungslos angesehen, vgl. Schwark, in: Schwark/ Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 27; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 18; Altenhain, BB 2002, 1874, 1877. 202 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 182; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 119; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 34; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 70.

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Rechtsanwender von ihnen überzeugen kann.203, 204 Ergibt diese Prognose, dass hinsichtlich des zu beurteilenden Verhaltens eine ernst zu nehmende Möglichkeit der Einwirkung bestand, ist die Eignung zur Preiseinwirkung gegeben.205 Die praktische Bedeutung des Tatbestandsmerkmals dürfte letztlich gering sein, denn es ist wohl kaum ein Fall denkbar, in welchem eine bewertungserhebliche Information nicht auch zugleich geeignet sein sollte, auf den Preis des betreffenden Finanzinstruments einzuwirken.206

II. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG erfasst (nur) das Verschweigen von Angaben über bewertungserhebliche Umstände entgegen bestehender Rechtsvorschriften. Werden Angaben ohne Verstoß gegen eine bestehende Rechtspflicht verschwiegen, liegt hierin ggfs. ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG [s. o. B.I.3.b) ]. Fall 2 ist somit ein echtes Unterlassungsdelikt.207 1. Rechtspflicht zur Offenbarung § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG statuiert selbst keine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Angaben.208 Die Norm setzt vielmehr eine zum Zeitpunkt des Verschweigens geltende Vorschrift voraus, die eine solche Rechtspflicht begrün203 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 121; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 70; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 93. 204 Beispiele hierfür lassen sich – ohne Anspruch auf empirische Bestätigung – bereits der alltäglichen Berichterstattung der Finanzpresse entnehmen, wie etwa die Tatsache, dass sich das Bekanntwerden von Übernahmeplänen oder auch nur deren gerüchteweise Andeutung stets auf die Kurse von Übernahme- und Zielgesellschaft auswirken. Zu kursrelevanten Ereignissen im Zuge von Unternehmensübernahmen vgl. die Untersuchung von Böhmer/Löffler, zfbf 51 (1999), S. 299 ff. Sofern das Gericht in Straf- oder Bußgeldverfahren nicht über die für eine Beurteilung notwendige Sachkunde verfügt, hat es sich sachverständig beraten zu lassen. Ebenso kann der von der BaFin zu §§ 13 und 15 WpHG erarbeitete Katalog von Tatsachen mit Kursbeeinflussungspotenzial herangezogen werden, vgl. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 43 f., auch wenn dieser wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der Normen im Vergleich zu § 20a WpHG vor allem auf Veränderungen abstellt, vgl. auch Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 121. 205 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 183; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 122; weiter Eichelberger, Marktmanipulation, S. 280: Nicht fernliegende Möglichkeit der Einwirkung. 206 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 27; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 180; Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a Rn. 37; Altenhain, BB 2002, 1874, 1877. 207 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 29; Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 327. 208 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 105; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a Rn. 29; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 37.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

det.209 Dazu zählen nationale Gesetze und Rechtsverordnungen sowie das unmittelbar geltende europäische Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Verordnungen des Rates und der Kommission.210 Anders verhält es sich dagegen bei noch nicht umgesetzten Richtlinien, da sich diese nur an die Mitgliedstaaten richten und gegenüber dem einzelnen Marktteilnehmer keine unmittelbare Wirkung entfalten; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.211, 212 Ebenfalls nicht ausreichend sind Offenbarungspflichten, welche sich aus nicht rechtsverbindlichen Verhaltenscodizes und freiwilligen Vereinbarungen oder sonstigen zivilrechtlichen Vertragsverhältnissen ergeben,213 da diesen die Rechtssatzqualität fehlt. Letztlich soll nach h. M. auch bloßes Richterrecht ausscheiden.214 Begründet wird dies mit der Gesetzgebungsgeschichte. Der Gesetzgeber hatte ursprünglich den Verstoß gegen eine gesetzlich geregelte Verpflichtung gefordert, um die Strafbarkeit nicht zu weit auszudehnen.215 Ob diese zu § 88 BörsG a.F. vertretene Ansicht auch heute noch trägt, erscheint zumindest fraglich. Zum einen hat der Gesetzgeber selbst bei der Neufassung des Verbots und der Einführung von § 20a WpHG es als ausreichend angesehen, dass eine Rechtspflicht zur Offenbarung besteht.216 Und eine solche Rechtspflicht kann sich auch aus Richterrecht ergeben. Zum anderen erscheint es im Hinblick auf das Schutzgut von § 20a WpHG auch angezeigt, eine möglichst umfassende Offenbarungspflicht anzunehmen. Es spricht daher vieles dafür, den Tatbestand auch bei nicht gesetzlichen Offenbarungspflichten als anwendbar anzusehen. Systematisch lassen sich die Offenlegungspflichten in drei größere Gruppen unterteilen, erstens kapitalmarktrechtliche, zweitens bilanzrechtliche und drittens registerrechtliche Publizitätspflichten.217 209 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 105; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 29; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 37. 210 Vgl. für einen umfassenden Überblick Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 173 ff. 211 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 166; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 105; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 37. 212 Zur unmittelbaren (positiven oder negativen) Wirkung von Richtlinien vgl. zuletzt EuGH ZIP 2010, 196 „Kücükdeveci“ m. Anm. Thüsing, ZIP 2010, 1999 (auf Vorlage des LAG Düsseldorf ZIP 2008, 1786), zuvor GA Schlussanträge ZIP 2009, 1483 m. Anm. Mörsdorf und Anm. Schubert, EWiR 2009, 519, jew. m.w.N.; sowie LAG Düsseldorf ZIP 2010, 596. 213 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 166; Schwark, in: Schwark/ Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 29; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 37; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 270. 214 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 107; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 37; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 270; a.A. Hopt, in: Baumbach/Hopt HGB (30. Auflage) § 88 BörsG Rn. 1. 215 Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 46. 216 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 89. 217 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 38; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 110; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 29.

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In Bezug auf die hier betrachtete Phase vor der Notierungsaufnahme insbesondere interessant sind die Publizitätspflichten des WpPG und die ebenfalls bereits mit öffentlicher Ankündigung der Stellung des Zulassungsantrages geltende Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG. a) Publizitätsvorschriften des WpPG In Betracht kommt zunächst das Unterlassen der Aufnahme einer gemäß §§ 5, 7 WpPG i.V.m. VO 809/2004/EG (ProspektVO)218 in den Prospekt aufzunehmenden Pflichtangabe wie bspw. das Fehlen von Angaben zu Risiken des Wertpapiers. Ein derart gravierender Verstoß dürfte aber wohl eher theoretischer Natur sein, da ein Prospekt mit derartigen inhaltlichen Mängeln von der BaFin nicht gemäß § 13 WpPG gebilligt würde und damit gemäß § 14 WpPG auch nicht veröffentlicht werden dürfte. Praktisch kommen in der Fallgruppe des Verschweigens von Angaben entgegen bestehenden Rechtsvorschriften aus prospektrechtlicher Sicht vor allem das Unterlassen der Veröffentlichung eines Nachtrages gemäß § 16 WpPG und ein Verstoß gegen das Konsistenzgebot nach § 15 Abs. 2 S. 2 WpPG in Betracht. aa) Nachtragspflicht gem. § 16 Abs. 1 WpPG Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG ist jede Änderung von im Prospekt genannten wichtigen Umständen und auch jede Berichtigung von darin enthaltenen unrichtigen Umständen, welche die Beurteilung der Wertpapiere beeinflussen könnten und die nach der Billigung des Prospekts und vor dem endgültigen Schluss des Angebots bzw. der Einführung oder Einbeziehung der Wertpapiere in den Handel auftreten oder festgestellt werden, in Form eines Nachtrags zum Prospekt zu veröffentlichen. Das Gesetz erweitert damit die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Nachtrags im Vergleich zur früheren Rechtslage erheblich, da zuvor nur dann ein Nachtrag zu veröffentlichen war, wenn die Neuerung die Beurteilung beeinflussen musste und nicht nur konnte.219 Für den Emittenten stellt sich hier wiederum die schwierig zu beantwortende Frage, wann eine Information „wichtig“ und „wesentlich“ ist, denn eine unwichtige oder unwesentliche Information braucht nicht mittels Nachtrag veröffentlicht zu werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers richtet sich dies nach dem Maßstab des § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG.220 Damit muss der Prospekt alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil zu er218 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. 04. 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EU 2004, Nr. L 149, 1 berichtigt durch ABl. EU 2004, Nr. L 215, 3. 219 Groß, Kapitalmarktrecht § 16 WpPG Rn. 2. 220 Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, 36.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

möglichen die Vermögenswerte des Emittenten und seine Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte. Darüber hinaus gehende Konkretisierungen seitens des Gesetzgebers sind bislang nicht erfolgt, auch die BaFin hat hierzu bislang keinerlei Hinweise veröffentlicht.221 Nur bei CESR findet sich der Hinweis, dass es keinen systematischen Überblick zur Ergänzung eines Prospektes gäbe, da dies von den Umständen des Einzelfalles abhänge.222 Im Zweifel wird aber die Veröffentlichung eines Nachtrags empfohlen.223 Von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Nachtrags macht das Gesetz nur eine Ausnahme. Diese betrifft die Veröffentlichung des endgültigen Emissionspreises und des Emissionsvolumens. Beide müssen unverzüglich nach ihrer Festlegung veröffentlicht werden, § 8 Abs. 1 S. 6 und 8 WpPG. Die Veröffentlichung auf der Website des Emittenten ist ausreichend, § 8 Abs. 1 S. 6 i.V.m. § 14 Abs. 2 WpPG. Die Veröffentlichung der Festlegung in einem Nachtrag zum Prospekt wird dagegen vom WpPG gesetzlich nicht gefordert.224 Dadurch soll vermieden werden, dass den Anlegern das Widerrufsrecht gem. § 16 Abs. 3 WpPG entsteht, was für den Emittenten zu erheblichen Unsicherheiten und Schwierigkeiten beim Abschluss der Emission führen würde.225 § 8 Abs. 1 S. 6 WpPG nennt ausdrücklich nur Preis und Volumen als ausgenommene Angaben.226 Für alle anderen als die soeben genannten Angaben, auch wenn sie direkt vom endgültigen Emissionspreis und Emissionsvolumen abhängen, wie bspw. Angaben zur Höhe des Emissionserlöses, zur Kapitalisierung und Verschuldung, besteht dagegen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Nachtrages.227 Das Unterlassen der Veröffentlichung ist dann zugleich ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG.

221 Der Emittentenleitfaden der BaFin schweigt zur Prospektpublizität, auf ihrer Website hält die BaFin lediglich ein Formular für Nachträge zu Prospekten bereit. 222 CESR Recommondations CESR/06 – 296d, 8. 223 CESR Recommondations CESR/06 – 296d, 8. 224 Unabhängig davon besteht in der Regel gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG die Verpflichtung, den endgültigen Emissionspreis und das endgültige Emissionsvolumen mittels Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. 225 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 87. 226 Sofern das maximale Emissionsvolumen während der Angebotsfrist erhöht oder herabgesetzt wird, ist dies mittels Nachtrag zu veröffentlichen. Erfolgt dies jedoch, wie bei IPOs üblich, erst nach Ende der Angebotsfrist, ist ein Nachtrag aufgrund des Wortlauts von § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG nicht mehr notwendig. Ebs. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 87 mit Fn. 63. 227 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 87.

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bb) § 15 WpPG § 15 WpPG enthält Pflichten, die es vor Inkrafttreten des WpPG im nationalen Recht nicht gab.228 Danach dürfen alle in Werbeanzeigen und in sonstigen über das Angebot oder die Börsenzulassung verbreiteten Informationen nicht unrichtig oder irreführend sein und müssen mit dem Prospekt übereinstimmen, § 15 Abs. 3 WpPG. Weiter ist es dem Emittenten verboten, in seinen Aussagen oder Veröffentlichungen, gleichgültig, ob sie für Werbezwecke gedacht sind oder nicht, über die im Prospekt getätigten Angaben hinauszugehen, diesen zu widersprechen sowie an anderer Stelle detailliertere Angaben zu machen, § 15 Abs. 4 WpPG.229 Dieses Konsistenzgebot verlangt vom Emittenten eine kritische Prüfung und Kontrolle sämtlicher im Zusammenhang mit dem Börsengang öffentlich getätigter Aussagen und bringt damit Änderungen insbesondere für die Gestaltung von Roadshows, Analystenpräsentationen und Vermarktungsmaterial wie Zeitungsanzeigen und Flyers mit sich.230 Es ist davon auszugehen, dass die BaFin während des Prüfungsverfahrens und des öffentlichen Angebots Marktkommunikation jeder Art auf Einklang mit § 15 WpPG prüft.231 Nach § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG hat der Emittent wesentliche, außerhalb des Prospekts verbreitete Informationen, die sich an qualifizierte Anleger und besondere Anlegergruppen richten, im Interesse der informationellen Gleichbehandlung der Investoren allen Anlegergruppen, an die sich das Angebot richtet, mitzuteilen und demzufolge in den Prospekt oder einen Nachtrag aufzunehmen.232 Dazu zählen auch solche Informationen, die im Laufe von Roadshows oder Einzelgesprächen zugänglich gemacht werden.233 Besonders im Fokus der Aufmerksamkeit stehen hierbei zukunftsgerichtete Aussagen des Emittenten wie Prognosen über die in den nächsten Jahren erwartete Geschäftsentwicklung und Planzahlen für diesen Zeitraum.234 Ob es sich bei den Prognosen und Planzahlen um wesentliche, d. h. zwingend in den Prospekt aufzunehmende Angaben handelt, oder lediglich um solche Angaben, welche die bereits gemachten lediglich ergänzen bzw. erläutern, ist zwar für den jeweiligen Einzelfall gesondert zu entscheiden.235 Bei Aktienemissionen besteht allerdings nach den Erwägungen von CESR in Bezug auf bereits vor der Veröffentlichung des Prospekts geäußerte Prognosen, die sich auf einen nach der 228

Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 137; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89. 229 Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 139; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89; Schlitt/ Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257. 230 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257. 231 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89 in Fn. 98 unter Hinweis auf entsprechende Aussagen der Aufsichtsbehörde. 232 Schanz, Börseneinführung, S. 324. 233 Schanz, Börseneinführung, S. 324. 234 Schanz, Börseneinführung, S. 324 f.; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258. 235 CESR/05 – 054b, Rn. 43, 44; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258.

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Prospektveröffentlichung liegenden oder andauernden Zeitraum beziehen, eine Vermutung dafür, dass sie wesentlich und deshalb in den Prospekt aufzunehmen sind.236 Diese Ansicht ist bereits bei Veröffentlichung der CESR-Empfehlungen als zu weitgehend kritisiert worden. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Prospekt-VO eine derartige Regelung nicht vorsieht und die Ansicht von CESR somit gegen höherrangiges Recht verstoße.237 Anhang I Ziffer 13.4 Prospekt-VO verlange von einem Emittenten lediglich dann die Aufnahme der Prognose in den Prospekt, wenn die Prognose zuvor in dem Prospekt genannt wurde, und CESR überschreite das erteilte Mandat zur Konkretisierung der europäischen Vorgaben im Rahmen des Lamfalussy-Prozesses, wenn mittels einer erweiterten Auslegung der in Art. 5 Richtlinie 2003/71/EG238 genannten Rechtsbegriffe strengere Anforderungen aufgestellt würden als in Prospekt-VO und Prospekt-Richtlinie selbst.239 Es kann letztlich dahinstehen, ob die vorgebrachte Kritik greift, denn eine Pflicht zur Aufnahme einer außerhalb eines Prospekts veröffentlichten Gewinnprognose kann sich auch aus dem Prinzip der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nach § 5 Abs. 1 WpPG ergeben.240 Sollten Prognosen zusätzliche wesentliche Informationen enthalten, und genau darauf bezieht sich die Vermutung von CESR, und werden diese vorab bspw. Analysten zur Verfügung gestellt, haben alle Anlegergruppen Anspruch auf Zugänglichmachung dieser Prognosen.241 Um der Rolle des Prospekts als zentrale Informationsquelle des Anlegers auch tatsächlich gerecht zu werden und dessen Vollständigkeit und Richtigkeit zu gewährleisten, sind sie somit in den Prospekt aufzunehmen. Gleiches gilt für die gewöhnlich ebenfalls nur den institutionellen Anlegern zur Verfügung gestellten Research Reports.242 In der Phase der Preisbildung werden insbesondere im Bookbuilding-Verfahren Research Reports der am Emissionskonsortium beteiligten Kreditinstitute einzelnen großen, vor allem institutionellen In236

CESR/05 – 054b, Rn. 43, 44, bekräftigt in CESR/10 – 1337: Frequently asked questions regarding Prospectus: Common positions agreed by CESR Members, 12th update November 2010, Rn. 25; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258; Wieneke, NZG 2005, 109, 112. 237 Gemeinsame Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. vom 18. 10. 2004 zu den CESR-Empfehlungen unter Hinweis auf Anhang I Ziff. 13.4. der ProspektVO 809/2004, S. 4 f. 238 Richtlinie 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist – Prospektrichtlinie, ABl. EU 2003 Nr. L 345, 64. 239 Gemeinsame Stellungnahme des DAI und BDI vom 18. 10. 2004, S. 4 f. 240 Schlitt/Schäfer, AG 2008, 525, 533. 241 Schanz, Börseneinführung, S. 325; Wieneke, NZG 2005, 109, 111 f.; Apfelbacher/ Metzner, BKR 2006, 81, 89. 242 Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 140; Ekkenga, BB 2005, 561, 562; Schlitt/Singhof/ Schäfer, BKR 2005, 251, 257.

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vestoren im Rahmen der Unternehmenspräsentation zur Verfügung gestellt.243 Diese selektive Weitergabe von Informationen an einzelne Anleger war bereits vor Inkrafttreten des WpPG unter dem Blickpunkt der Anlegergleichbehandlung nicht ganz unproblematisch. Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG stellt bspw. in Erwägungsgrund 15 fest, dass Transparenz die wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen der Anleger in die Märkte ist, und dass die selektive Weitergabe von Informationen dafür sorgt, dass das Vertrauen der Anleger in die Märkte schwindet, vgl. auch Erwägungsgrund 24 der Richtlinie. Dazu steht die „Sonderversorgung“ einzelner Marktteilnehmer, wie sie mit der selektiven Weitergabe von Research Reports praktiziert wurde244, im Widerspruch. Aufgrund des Gebots der Anlegergleichbehandlung nach § 15 WpPG sind nunmehr an einzelne Anleger abgegebene Research Reports in der Weise allen Anlegern zur Verfügung zu stellen, dass sie in den Prospekt aufgenommen werden.245 Die Tatsache, dass ein Research Report selbst bereits eine Zusammenfassung und Bewertung des Investments enthält, führt zudem dazu, dass der Research Report selbst eine wesentliche Information im Sinne von § 15 Abs. 5 WpPG ist, so dass er vollständig in den Prospekt aufzunehmen ist.246 Angaben, die nach dem Vorstehenden gegenüber jedermann zu machen sind, aber nur bestimmten Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden, sind dem ausgeschlossenen Teil der Marktteilnehmer gegenüber verschwiegen trotz bestehender Rechtspflicht zur Veröffentlichung, so dass dadurch (aufgrund der Regelung von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG) auch ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. Fall 2 WpHG vorliegen kann. b) Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 WpHG Sofern parallel zur Einreichung des Prospekts zur Billigung auch der Antrag auf Börsenzulassung gestellt worden ist, tritt neben die Pflicht zur Veröffentlichung eines Nachtrags die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Fraglich ist hierbei das Verhältnis der beiden Normen zueinander. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist eine Insiderinformation unverzüglich zu veröffentlichen, sofern nicht die Voraussetzungen einer vorübergehenden Befreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG vorliegen. Da der Nachtrag gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 WpPG vor seiner Veröffentlichung erst der BaFin zur Prüfung vorzulegen ist und diese hierfür gem. § 16 Abs. 1 S. 3 WpPG sieben Werktage Zeit hat, tritt die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität regelmäßig vorher ein, d. h. der Emittent darf mit der Veröffentlichung der Ad-hocMitteilung nicht bis zum Ablauf der Billigungsfrist warten.247 Der Prospekt ist um

243

Schanz, Börseneinführung, S. 311. Vgl. nur die Ausführungen bei Schanz, Börseneinführung, S. 315 f. 245 Wieneke, NZG 2005, 109, 112; Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 140 f.; Ekkenga, BB 2005, 561, 562; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257. 246 A.A. Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 141; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 504. 247 Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. 244

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einen Hinweis auf die Ad-hoc-Mitteilung zu ergänzen.248 Der ergänzende Hinweis ist ebenso wie der Prospekt zu veröffentlichen.249 Im Fall eines erstmaligen öffentlichen Angebots von Wertpapieren, die zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen werden sollen, besteht für einen Umstand, der eine Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auslöst, aber trotz der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung eine Nachtragspflicht gem. § 16 WpPG.250 Der Nachtrag ist frühestens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen.251 2. Verschweigen Verschwiegen werden können alle Umstände im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG, also auch Werturteile und Prognosen, soweit sie nach den jeweiligen Vorschriften offen zu legen sind.252 Die Angaben sind zum einen verschwiegen, wenn sie überhaupt nicht, d. h. gegenüber niemandem, gemacht werden.253 Ein Verschweigen liegt zum anderen auch dann vor, wenn die Angabe zwar gegenüber einzelnen oder mehreren Personen gemacht wird, jedoch gegenüber einer anderen Person, welcher gegenüber eine Pflicht zur Offenbarung besteht, verschwiegen wird.254 Ein Umstand wird auch dann verschwiegen, wenn er zu einem bestimmten Zeitpunkt zu veröffentlichen ist, jedoch erst später offengelegt wird.255 Die Bestimmung dieses Zeitpunktes ist nicht immer unproblematisch. Praktisch bereitet die Festlegung des Veröffentlichungszeitpunkts insbesondere bei sog. gestreckten Sachverhalten Schwierigkeiten.256 Das Problem wird vor allem im Hinblick auf Informationen diskutiert, die der Ad-hoc Publizitätspflicht gem. § 15 WpHG unterfallen. Hier stellt sich die Frage, wann bspw. bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen eine konkrete Information vorliegt, die zu publizieren ist.257 Auch 248

Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. 250 Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. 251 Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36. 252 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 103. 253 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 101; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 36; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 267; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 91. 254 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 101; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 36; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 267; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 91. 255 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 169; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 102; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 36; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 267; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 16. 256 Ausführlich hierzu Burgard, ZHR 162, 51, 57, 71 ff.; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 102; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 30. 257 Vgl. hierzu statt aller Assmann, in: Assmann/Schneider WpHG § 13 Rn. 22, 28 ff.; sowie Burgard, ZHR 162, 51, 74 ff. 249

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hier kommt es wie bei der Frage des Eintretens eines künftigen Ereignisses als bewertungserhebliche Tatsache letztlich darauf an, wann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der angestrebte Erfolg in Zukunft eintreten werde.258 Die Offenbarungspflichten richten sich in der Regel direkt an die juristische Person als solche.259 In Bezug auf die kapitalmarktrechtliche Haftung ist dies unproblematisch260, in straf- und bußgeldrechtlicher Hinsicht greifen § 14 StGB, § 9 OWiG ein, welche eine Pflichtenüberwälzung auf die natürlichen Personen ermöglichen, die unternehmensintern für die Erfüllung einer dem Emittenten obliegenden solchen Pflicht zuständig sind.261 Bei Kollegialorganen besteht im Grundsatz Kollektivverantwortlichkeit.262 Wird die Verantwortlichkeit auf eine Person übertragen, verbleibt bei den Übertragenden eine Überwachungspflicht.263

III. Veröffentlichung zusätzlicher Informationen? Neben der Frage, welche Angaben aufgrund bestehender Rechtspflichten veröffentlicht werden müssen, um nicht gegen das Verbot der Marktpreismanipulation gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG zu verstoßen, stellt sich (ausgehend von den Vorkommnissen in Fall 1 der Einleitung) emissionsbegleitend auch die Frage, ob bestimmte Informationen veröffentlicht werden dürfen, ohne dabei gegen das Verbot des Machens von unrichtigen oder widersprüchlichen Angaben nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG zu verstoßen. Im Fall 1 der Einleitung bezog sich die Presse in ihrer Berichterstattung über den anstehenden Börsengang auf wesentliche Inhalte der Research Reports der Mitglieder des Emissionskonsortiums, insbesondere auf die jeweils vorgeschlagene Bookbuildingspanne für die Wertpapiere. Die Tatsache, dass diese Berichte zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen in der Bewertung des Emittenten gelangten, sorgte für erhebliche Diskussionen um die angemessene Bookbuildingspanne und führte zur Verwirrung von Teilen des Anle258 BGH ZIP 2008, 639; s. hierzu Widder, BB 2008, 857; Leuering, DStR 2008, 1287; Wilsing/von der Linden, EWiR 2008, 317; dazu nachgehend OLG Stuttgart ZIP 2009, 962; vgl. OLG Frankfurt ZIP 2009, 563 sowie die dem BGH vorgehende 1. Entscheidung des OLG Stuttgart ZIP 2007, 481; hierzu ausführlich Fleischer, NZG 2007, 401, 405 f.; Assmann, in: Assmann/Schneider WpHG § 13 Rn. 28 f.; zuvor bereits Burgard, ZHR 162, 51, 74 ff. 259 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 109; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 39. 260 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 109; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 39. 261 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 92; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 109. 262 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 168; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 109; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 39, jew. m.w.N. 263 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 168; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 109; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 39, jew. m.w.N.

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gerpublikums.264 Der Vorfall blieb letztlich ohne Folgen, da ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG i. d. F. des 4. FFG bereits mangels Anwendbarkeit der Norm nicht in Betracht kam und die öffentliche Wiedergabe von Inhalten der Research Reports kurz vor der Emission zwar einen Verstoß gegen die Ziffern 5 und 6 der Going Public Grundsätze der Deutschen Börse AG265 darstellte, diese aber als nichtgesetzliche, freiwillige Verhaltens- und Handlungsempfehlungen keine Bindungswirkung für die Beteiligten entfalteten. Für die Praxis hatte der Vorgang dennoch Folgen. Die bereits vor Beginn der Bookbuildingperiode einsetzende Diskussion um die angemessene Bookbuildingspanne hat – auch – zur Etablierung einer Abwandlung des bis dahin üblichen klassischen Bookbuildingverfahrens geführt, dem sog. Decoupled Bookbuilding, bei welchem der Prospekt zunächst ohne Angabe der Preisspanne gebilligt und veröffentlicht wird. Die Bookbuildingspanne wird dann erst am Ende der Roadshow festgesetzt und bekannt gegeben.266 Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob es im Hinblick auf eine widerspruchsfreie Kommunikation vor der Emission nicht sinnvoll erscheint, ergänzende Kommunikation wie die zusätzliche Veröffentlichung von Research Reports zu unterbinden und Regelungen, wie sie in den Going Public Grundsätzen niedergelegt waren, (wieder) einzuführen. 1. Regelungen der Going Public-Grundsätze a) Inhalt Die Going Public-Grundsätze der Deutschen Börse AG als nichtgesetzliche, freiwillige Verhaltens- und Handlungsempfehlungen für Emittenten und die an der Aktienemission beteiligten Emissionsbegleiter267 enthielten in Ziffern 5 und 6 Vorgaben zur emissionsbegleitenden Kommunikation. Nach Ziffer 5 war es Emittenten nicht erlaubt, weder direkt noch indirekt wesentliche Informationen über ihr Geschäft, die Finanz- und Ertragslage, die nicht im Prospekt enthalten sind, innerhalb von vier Wochen vor dem öffentlichen Angebot

264

Siehe oben § 1 C.II. Veröffentlicht u. a. in AG 2002, 507 ff. 266 Schanz, Börseneinführung, S. 338 f.; Weiser, Finanzbetrieb 2006, 385 ff. Angewandt wurde diese Form des verkürzten Verfahrens bspw. beim IPO von Air Berlin, ausdrücklich auch deshalb, um ähnliche Preisdiskussionen wie im Fall Postbank zu vermeiden, vgl. FTD v. 24. 4. 2006. 267 Ziff. 1. der Going Public-Grundsätze; vgl. hierzu Schanz, Börseneinführung, S. 312 f. sowie zu den Going-Public-Grundsätzen der Deutschen Börse AG Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478 ff. 265

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bis spätestens 30 Kalendertage nach Notierungsaufnahme weiterzugeben, sog. Quiet Period.268 Speziell für Research Reports galt nach Ziffer 6 der Going Public-Grundsätze parallel zur Quiet Period die sog. Black Out Period. Nach dieser war es den an der Emission beteiligten Kreditinstituten untersagt, innerhalb des Zeitraums von zwei Wochen, wenigstens jedoch zehn Kalendertage vor dem öffentlichen Angebot bis zum Ablauf der Stabilisierungsfrist, längstens jedoch 30 Kalendertage nach der Notierungsaufnahme, emissionsbezogene Unternehmensstudien zu veröffentlichen.269 Für diese Studien durfte der Emittent zudem nur solche Informationen zur Verfügung stellen, die im Prospekt enthalten waren.270 Weitere, ergänzende Kommunikation war dagegen weder nach Ziffer 5 noch nach Ziffer 6 untersagt. Der Emittent durfte auch weiterhin Kataloge, Imagebroschüren und andere Präsentationsunterlagen verteilen, für die Emission werben oder Informationen auf seiner Website verbreiten.271 Die zusätzliche Kommunikation durfte nur nicht unrichtig oder irreführend sein, im Widerspruch zum Prospekt stehen oder über diesen hinausgehende zusätzliche wesentliche Angaben enthalten. b) Grund Grund für die in Anlehnung an die US-amerikanischen Regelungen des US Securities Act gestalteten Regelungen der Grundsätze war u. a., die bis zu jenem Zeitpunkt gesetzlich nicht untersagte selektive Mitteilung von Informationen an bestimmte Investorengruppen zu unterbinden sowie für institutionelle und private Anleger eine qualitativ bessere und einheitliche Informationsbasis zu schaffen,272 ohne zugleich die weitere Nutzung anderer Medien oder die Pressearbeit des Unternehmens zu untersagen.273 Der Prospekt als das wesentliche Informationsinstrument für alle Anleger sollte so gestärkt und der Eindruck vermieden werden, bei Research Reports handele es sich um eine Art Quasi- oder Ersatzprospekt, was dieser aufgrund seiner anders gearteten Zielsetzung eben gerade nicht ist.274 Zur Durchsetzung dieser Ziele (Anlegergleichbehandlung bei der Informationsweitergabe, Stärkung des Prospekts) waren die Regelungen der Ziffern 5 und 6 der Grundsätze grundsätzlich geeignet. Das Manko bestand in ihrer fehlenden Ver268 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258; Bemerkungen der Deutsche Börse AG zu den Going Public-Grundsätzen, S. 19. 269 Ziff. 6.1. der Going Public-Grundsätze, s. auch hierzu Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 488; Meyer, WM 2002, 1864, 1872 f. 270 Ziff. 6.2. der Going Public-Grundsätze. 271 Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 487; Bemerkungen der Deutsche Börse AG zu den Going Public-Grundsätzen, S. 19. 272 Vgl. Bemerkungen der Deutsche Börse AG zu den Going Public-Grundsätzen, S. 20; Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 487. 273 Bemerkungen der Deutsche Börse AG zu den Going Public-Grundsätzen, S. 19. 274 Meyer, WM 2002, 1864, 1873; Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 488.

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bindlichkeit, so dass ein Verstoß gegen die Grundsätze – wie oben gezeigt – keine Folgen hatte. Auch unter dem Gesichtspunkt einer informationsgestützten Marktmanipulation vermochte das Geschehen nicht beurteilt zu werden, da vor dem Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes § 20a WpHG noch nicht eingriff. 2. § 15 WpPG Die Going Public-Grundsätze sind mit Inkrafttreten des WpPG aufgehoben worden.275 In § 15 WpPG sind Regelungen enthalten, welche die Gedanken der Ziffern 5 und 6 der Grundsätze aufgreifen, allerdings ohne die konkrete zeitliche Beschränkung. Vielmehr stellt das WpPG für das Eingreifen seiner Regelungen darauf ab, ob ein öffentliches Angebot vorliegt. Ein öffentliches Angebot in diesem Sinne liegt vor, wenn der Interessent die Möglichkeit zum Erwerb der beworbenen Wertpapiere hat, § 2 Nr. 4 WpPG. Inhaltlich enthält § 15 WpPG zwei Regelungen, welche das Verhältnis zwischen außerhalb des Prospekts verbreiteten Informationen über eine Emission und den Inhalt des Prospekts regeln. Zum einen ist dies § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG, wonach alle wesentlichen Informationen in den Prospekt aufzunehmen sind, zum anderen § 15 Abs. 4 WpPG, wonach alle im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot verbreiteten Informationen mit den im Prospekt enthaltenen Angaben übereinstimmen müssen. Auch nach § 15 WpPG ist zusätzliche Kommunikation erlaubt, insoweit besteht kein Unterschied zu den Vorgaben von Ziffer 5 und 6 der Going Public-Grundsätze. Weitgehend Übereinstimmung besteht auch hinsichtlich der Sanktionen bei Verstößen gegen die inhaltlichen Vorgaben. Das Gesetz sieht lediglich in § 15 Abs. 6 WpPG sowie in § 21 Abs. 1 WpPG Reaktionsmöglichkeiten vor. Nach § 15 Abs. 6 WpPG kann die BaFin gegen zu aggressive oder nicht mit dem Prospekt übereinstimmende Werbung oder andere Marktkommunikation vorgehen. Sofern die Kommunikation Angaben enthält, die nicht im Prospekt enthalten sind, kann sie zudem deren Aufnahme in den Prospekt fordern, § 21 Abs. 1 WpPG. Weitreichendere Folgen als die vorstehend beschriebenen können sich aber nach Inkrafttreten von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG aus § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG ergeben. Das Verbot der Marktmanipulation gilt danach bereits während der Emission (s. o. A.I.3.). Konkretisiert wird es, wie bereits oben gezeigt, auch durch die Regelungen des WpPG [s. o. B.I.5.c) bb)]. Nach dem oben Gesagten [B.I.5.c)bb)] sind alle wesentlichen Informationen, die außerhalb des Prospekts veröffentlicht werden, und damit auch Research Reports, in

275

Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 259.

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den Prospekt aufzunehmen, außerdem müssen sie mit den Angaben im Prospekt übereinstimmen. Stimmen die Angaben nicht überein, oder werden Angaben entgegen bestehender Verpflichtung nicht in den Prospekt aufgenommen, kann somit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Norm auch ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 oder 2 WpHG vorliegen. 3. Fazit § 15 WpPG dient wie zuvor die Regelungen der Ziffern 5 und 6 der Going PublicGrundsätze dem Ziel, die Informationsbasis für alle Anleger zu vereinheitlichen und zu verbessern, um ihm ein ausgewogenes Urteil über das Wertpapier zu ermöglichen.276 Zudem soll die selektive Weitergabe von Informationen unterbunden und so die Gefahr des Aufkommens von Unsicherheiten hinsichtlich der Informationslage gebannt sowie der Prospekt als Informationsgrundlage gestärkt werden.277 Beides dient der Anlegergleichbehandlung und dem Anlegerschutz.278 Der Unterschied besteht (nur) darin, dass § 15 WpPG das Veröffentlichen von Informationen nicht zu bestimmten Zeitpunkten untersagt.279 Zusätzlich kann bei einem Verstoß gegen das Konsistenzgebot nach § 15 Abs. 4 WpPG oder der Pflicht zur Aufnahme von wesentlichen, außerhalb des Prospekts weitergegebenen Informationen in den Prospekt bzw. in einen Nachtrag nach § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG ein Verstoß gegen das Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG vorliegen, welches aufgrund der Regelung in § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG bereits während der Emission greift. Aufgrund des Eingreifens von § 20a WpHG sind die Verstöße gegen die Regelungen in § 15 WpPG nunmehr stärker sanktioniert als mögliche Verstöße gegen die Going PublicGrundsätze. Und diese Verstöße sind nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bußgeld- und strafbewehrt (s. u. § 4). Ein ausdrückliches Verbot des Machens von zusätzlichen Angaben innerhalb bestimmter Zeiträume erscheint vor diesem Hintergrund nicht notwendig. Die ausdrückliche Einführung einer Quiet oder Black Out Period ist aus Gründen des Anlegerschutzes somit nicht mehr erforderlich. Sofern im Ausgangsfall in § 1 der Arbeit das Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG bereits eingriffen hätte, und die Veröffentlichung der internen Research Reports der Konsortialbanken die weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllte, wäre daraus die Pflicht entstanden, die unterschiedlichen Reports in geeigneter Weise 276 Erwägungsgründe 10, 16, 18 RiLi 2003/71/EG; Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 140; Wieneke, NZG 2005, 109, 110, 112; Meyer, WM 2002, 1864, 1872. 277 Erwägungsgründe 10, 16, 18 RiLi 2003/71/EG; Gottwald, Prospektrichtlinie, S. 140; Wieneke, NZG 2005, 109, 110 ff.; Meyer, WM 2002, 1864, 1872. 278 Begr. RegE WpPG BT-Drs. 15/4999, S. 25; Erwägungsgründe 10, 16, 18 RiLi 2003/71/ EG; Bemerkungen zu den Going Public-Grundsätzen, S. 20; Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 487; Wieneke, NZG 2005, 109, 112 f.; Meyer, WM 2002, 1864, 1872. 279 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

allen Anlegern zugänglich zu machen, d. h. sie in den Prospekt aufzunehmen, anderenfalls läge eine unvollständige Angabe und damit ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG vor. Sollte der Emittent die Aufnahme der Angabe in den Prospekt unterlassen, verstößt er zudem gegen das Verbot des Verschweigens von Angaben entgegen bestehender Rechtspflichten nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG, ohne dass es einer zusätzlichen Regelung hierzu bedarf.

IV. Journalisten Das durch den Börsenboom zum Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor Platzen der Spekulationsblase ausgelöste Interesse des breiten Anlegerpublikums an Investitionen auf dem Kapitalmarkt führte auch in den Medien zu einer breiteren Berichterstattung über die Kapitalmärkte.280 Neue Magazine, Zeitschriften und Sendeformate sollten das Informationsbedürfnis der Anleger mit Analysen und Empfehlungen befriedigen.281 Die so entstanden neuen Möglichkeiten haben gerade in der Zeit der Hausse Analysten und Journalisten genutzt, um aus der positiven wie negativen Berichterstattung eigene Vorteile zu ziehen.282 Gerade in der Phase der Emission sind für kleinere Anleger, die nicht wie die institutionellen Investoren zu den vermeintlich bevorzugten Anlegern zählen, die von Emittenten in eigenen Veranstaltungen Informationen präsentiert bekommen, jegliche Informationen, vor allem zusätzliche oder vermeintlich neue, von besonderem Interesse. Ein praktisches Problem ist dabei insbesondere die (Weiter-)Verbreitung von Gerüchten, da deren Urheber oft nicht ermittelt werden und das Gerücht selbst nicht auf seinen Wahrheitsgehalt hin überprüft werden kann. Die Lektüre der Tagespresse lässt dann auch den Schluss zu, dass diese zu einem erheblichen Teil davon lebt, Meldungen, auch unbestätigte, zu verbreiten.283 1. Bedeutung der Presseberichterstattung für die Anlageentscheidung Die Wechselwirkungen von Medienberichterstattung und Informationsverhalten privater Anlegerverhalten sind bislang kaum untersucht worden.284 Es existieren – 280

Spindler, NZG 2004, 1138. Spindler, NZG 2004, 1138. 282 Spindler, NZG 2004, 1138. 283 Pfüller, in: Rosen (Hrsg.), DAI-Studie, Heft 27, 2004, S. 43. In diese Richtung auch Wolfram, Investor Relations, S. 84 f. 284 Zu den Informationsbedürfnissen deutscher Privatanleger existiert nur eine Studie von Hank, die aber aufgrund der geringen Anzahl von nur 300 Befragten in ihrer Aussagekraft nur eingeschränkt repräsentativ sein kann. Dies räumt der Autor auch selbst ein, s. Hank, Infor281

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soweit ersichtlich – lediglich zwei Studien des Deutschen Aktieninstitutes (DAI) aus den Jahren 2005285 und 2009286. In diesen wurden in einer breit angelegten Befragung die Präferenzen privater Aktionäre bezüglich der Nutzung verschiedener Kommunikationskanäle und Kommunikationsinstrumente, der Dividendenpräferenzen und ihre Einstellung zum Stimmrecht untersucht.287 Zum gleichen Thema wurden institutionelle Anleger befragt. Beide Studien kamen im Wesentlichen zu übereinstimmenden Ergebnissen hinsichtlich des Informationsverhaltens der Anleger.288 Nach der vom DAI durchgeführten Befragung im Jahr 2003/2004 ist die Berichterstattung in der Presse einschließlich des Fernsehen mit 74 % die mit Abstand am meisten genutzte Informationsquelle, wenn es um Investitionsentscheidungen geht.289 Die sich aus den gesetzlichen Berichtspflichten ergebenden Informationen wie der Quartals- und der Geschäftsbericht einschließlich des Jahresabschlusses folgen zwar auf den Plätzen 2 und 3, werden demgegenüber mit 41 % bzw. 45 % deutlich weniger genutzt.290 Diese Ergebnisse konnten bei der zweiten Befragung im Jahr 2007/2008 trotz der enormen Veränderungen sowohl im regulatorischen Umfeld291 als auch der Lage an den Kapitalmärkten infolge des Börsenabschwungs bestätigt werden.292 Die Presse bzw. das Fernsehen ist mit einem Anteil von 75 % nach wie vor der über alle Anlegergruppen der Privatanleger hinweg am besten bewertete und am meisten genutzte Informationskanal.293 Dies gilt sowohl für die generelle Bedeutung als auch für die Bereiche Aktualität, Verständlichkeit und Vertrauenswürdigkeit.294 Der Abstand zum zweithäufigsten genutzten Medium, dem Geschäftsbericht (44 %), ist ebenfalls in etwa gleich geblieben.295

mationsbedürfnisse, 147, sowie zu den wenigen internationalen verhaltenswissenschaftlichen Studien DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 16 f. 285 DAI, Studien 2005, Heft 29. 286 DAI, Studien 2009, Heft 42. 287 DAI, Studien 2005, Heft 29, S. 8 f., DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 7. 288 DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 7. 289 DAI, Studien 2005, Heft 29, S. 21. 290 DAI, Studien 2005, Heft 29, S. 21. 291 Vgl. nur die verbindliche Einführung der International Financial Reporting Standards (IFRS) bei der Rechnungslegung der börsennotierten Unternehmen 2005, die Konkretisierung der Lageberichterstattung nach § 315 HGB und die Einführung des Vergütungsberichts. 292 DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 7, 9. 293 DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 26 f. 294 DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 27. 295 DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 27.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

2. § 20a Abs. 6 WpHG Nach allem kommt der Kapitalmarktberichterstattung durch die Presse eine überragende Bedeutung für die Informationsbeschaffung des privaten Anlegerpublikums zu. Für Journalisten besteht hierbei ein Interessenkonflikt zwischen der Wahrheitspflicht der Medien auf der einen und ihrer Funktion als schneller Kommunikationskanal auf der anderen Seite. Dabei laufen Journalisten stets Gefahr, im Rahmen ihrer Berichterstattung falsche oder irreführende Angaben zu machen und so gegen das Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG zu verstoßen, was schlimmstenfalls den Tatbestand nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG erfüllen und ein Bußgeld oder gar eine strafrechtliche Verurteilung nach sich ziehen kann. Diese allgegenwärtige Gefahr würde eine folgenlose aktuelle Berichterstattung aufgrund dadurch notwendig werdender umfassender Untersuchungs- und Prüfungspflichten nahezu unmöglich werden lassen.296 Deshalb ist bei der Beurteilung der Berichterstattung auf das Vorliegen einer informationsgestützten Manipulation im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG stets die Bedeutung der Presse und der ihr durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zukommende besondere Schutz zu berücksichtigen. Dies wird durch § 20a Abs. 6 WpHG nochmals gesondert betont. Die Norm dient der Umsetzung von Art. 1 Nr. 2 lit. c) S. 2 RiLi 2003/6/EG und hat erst auf Empfehlung des Finanzausschusses in letzter Minute Aufnahme in das Gesetz gefunden.297 Ursprünglich war der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass dem Grundrecht der Pressefreiheit bei einer einzelfallbezogenen Abwägung zwischen diesem und der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung und Überprüfung von Quellen Rechnung getragen werde298, was sowohl dem Finanzausschuss als auch dem Deutschen Presserat nicht ausreichend erschien.299 Mit diesem sog. „Journalistenprivileg“300 wird gesetzlich vorgegeben, dass die Berichterstattung von Journalisten, die in Ausübung ihres Berufes handeln, unter Berücksichtigung ihrer berufsständischen Regeln zu beurteilen ist. Für die

296 Allg. Ansicht zum Umfang der journalistischen Sorgfaltspflichten, vgl. nur BVerfGE 60, 234, 242; 85, 1, 21; 99, 185, 197; BGH NJW 1966, 2010, 2011; 1977, 1288; 1987, 2225, 2226; 1996, 1131, 1133; 2000, 1036, 1037; Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/ Hopfauf GG Art. 5 Rn. 15 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 284; Hager, in: Staudinger BGB § 823 Rn. C 119, 121; Wagner, in: MünchKommBGB § 824 Rn. 53, jeweils m.w.N. 297 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 15/3493, S. 52, sowie Stellungnahme des Deutschen Presserates vom 16. 6. 2004 zum AnSVG, S. 2, 4 f., abrufbar unter www.presserat.de/Dokumentation/Stellungnahmen/fileadmin/download/Stellung nahme_AnSVG.pdf. 298 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 299 BT-Drs. 15/3493, S. 52, sowie Stellungnahme des Deutschen Presserates vom 16. 6. 2004 zum AnSVG, S. 2, 4 f. 300 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 19.

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Journalisten gilt somit ein besonderer Beurteilungsmaßstab, welcher der besonderen Aufgabe der Presse Rechnung trägt.301 Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses besonderen Beurteilungsmaßstabes ist zum einen, dass jemand als Journalist aus journalistischen Motiven und damit in Ausübung seines Berufes tätig wird.302 Zum anderen darf der Journalist aus den unrichtigen oder irreführenden Angaben weder direkt noch indirekt Nutzen ziehen oder Gewinne abschöpfen, § 20a Abs. 6 Hs. 2 WpHG. a) Journalist Der Begriff des Journalisten ist aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit weit zu verstehen.303 Er umfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen, gleichgültig, ob die Person Angestellter oder freiberuflich tätiger Journalist ist, in berufliche bzw. presserechtliche Selbstregulierungsmechanismen einbezogen und ob die mediale Tätigkeit seine Haupttätigkeit ist oder es sich um einen Gelegenheitsjournalisten handelt.304 Entscheidend ist allein, dass die Tätigkeit materiell Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unterfällt, also eine der mit der Eigenart der Pressearbeit zusammenhängenden Tätigkeiten, von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung, ist.305 Auch die Art des gewählten Mediums ist ohne Belang, bspw. kann sich der Journalist auch neuer Medien wie des Internets bedienen.306 b) In Ausübung des Berufs Der Journalist muss in Ausübung seines Berufes handeln. Davon ausgenommen ist nach dem vorstehend beschriebenen weiten Begriff der journalistischen Tätigkeit

301

Deutscher Presserat, Journalistische Verhaltensgrundsätze und Empfehlungen des deutschen Presserates zur Wirtschafts- und Finanzmarktberichterstattung vom 2. 3. 2006, S. 4; abrufbar unter www.presserat.info/fileadmin/download/Finanzberichterstattung.pdf. 302 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 143; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 135; Spindler, NZG 2004, 1138, 1139; Deutscher Presserat, Verhaltensgrundsätze, S. 4. 303 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 143; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 77; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 405; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 134. 304 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 77; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 134; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 143; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 405. 305 BVerfGE 10, 118, 121; 20, 162, 176; 50, 234, 240; 91, 125, 134; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck GG I, Art. 5 Rn. 62; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 95. 306 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 134; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 143; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 405.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

lediglich nicht berufliches, d. h. Handeln ohne jeglichen publizistischen Bezug und privates Handeln des Journalisten.307 c) Kein Nutzen oder Gewinn Die berufsständischen Regelungen werden bei der Beurteilung eines Sachverhaltes als informationsgestützte Manipulation dann nicht berücksichtigt, wenn der Journalist aus der unrichtigen Darstellung selbst einen direkten oder indirekten Nutzen zieht oder Gewinn schöpft, denn der verfassungsrechtliche Schutz der Presse erfasst nicht vorsätzlich falsche Berichtserstattung, die zudem noch aus selbstsüchtigen Motiven ausgeübt wird.308 Aus der Formulierung der Norm „es sei denn“ folgt allerdings eine Umkehr der Beweislast, d. h. die öffentlich-rechtliche Aufsicht hat zu beweisen, dass der Journalist aus den unrichtigen oder irreführenden Angaben Nutzen oder Gewinn gezogen hat.309 d) Berufsständische Regelungen Die berufsständischen Regelungen sind in den vom Deutschen Presserat verabschiedeten „Publizistischen Grundsätzen (Pressekodex)“310 und den „Journalistischen Verhaltensgrundsätzen und Empfehlungen des Deutschen Presserats zur Wirtschafts- und Finanzmarktberichterstattung“311, zwei sich einander ergänzenden Regelwerken, niedergelegt. Sie konkretisieren die Pflichten der Journalisten zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung und zur Überprüfung von Quellen. Bei diesen Regelungen handelt es sich zwar nicht um gesetzliche Regelungen, sondern um Verhaltensvorschriften der für die Journalisten zuständigen Berufsvereinigungen. Sie werden aber von den Mitgliedern der im Presserat vereinten Verbände312 allgemein anerkannt, der Pressekodex ist für dessen Mitglieder verbindlich.313, 314 307 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 134; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 143; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 405; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 78. 308 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck GG, Art. 5 Rn. 43; Herzog, in: Maunz/Dürig GG, Art. 5 Rn. 147; BVerfGE 7, 198, 212, 215; 25, 296, 307; 62, 230, 244; 99, 185, 197; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 133; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 145; Spindler NZG 2004, 1138, 1143; Loritz WM 2004, 957, 965; Wagner WM 2003, 1158, 1161. 309 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 138; Spindler, NZG 2004, 1138, 1143. 310 Deutscher Presserat, Publizistische Grundsätze (Pressekodex) in der Fassung vom 3. 12. 2008, abrufbar unter www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf. 311 Deutscher Presserat, Journalistische Verhaltensgrundsätze und Empfehlungen des Deutschen Presserates zur Wirtschafts- und Finanzmarktberichterstattung vom 2. 3. 2006; abrufbar unter www.presserat.info/fileadmin/download/Finanzberichterstattung.pdf. 312 Der Deutsche Presserat ist ein Gremium des Trägervereins des Deutschen Presserates e.V. Dieser ist ein Zusammenschluss der vier Verbände Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V., Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V., Deutscher Journalistenverband e.V. und Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di, vgl. §§ 1, 2 der Satzung

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Nach Ziffer 2 des Pressekodex ist Recherche ein unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche zu kennzeichnen, Ziff. 2.4. Ziffer 7 verlangt, dass redaktionelle Inhalte nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen des Journalisten beeinflusst werden. Die Ziffern des Pressekodexes werden durch sog. Richtlinien erläutert. Für die Berichterstattung im Bereich Wirtschaft und Kapitalmarkt fordert Richtlinie 7.4. Absatz 3 zusätzlich, dass Interessenkonflikte in geeigneter Weise offen zu legen sind. Ein solcher offenlegungspflichtiger Interessenkonflikt liegt nach den Verhaltensgrundsätzen auch vor, wenn der Journalist eigene Positionen in einem Wertpapier315 eingegangen ist und anschließend (mglw. sogar sachlich zutreffend) über dieses Wertpapier berichtet.316 Dieses Investment soll dann offengelegt werden.317 Ob dies auch eine externe Offenlegung umfasst, hängt vom Einzelfall ab. Eine vollständige externe Offenlegung aller an der Veröffentlichung Beteiligten ist wegen der Vielzahl der Personen nicht durchführbar, auf freiwilliger Basis von dem Verfasser eines Artikels aber denkbar.318 Für den Leser des Artikels wäre dies auf jeden Fall eine interessante Information.319 Nach diesen Vorgaben bestehen im Bereich der Kapitalmarktberichterstattung und damit auch bei der Prüfung im Rahmen von § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG abgestufte Prüfungs- und Kontrollpflichten, konkret die soeben erwähnten Sorgfalts-, Recherche- und Wahrheitspflicht, die Neutralitätspflicht und die Pflicht zur

des Trägervereins des Deutschen Presserates e.V., abrufbar unter www.presserat.info/ 221.0.html. 313 § 10 Abs. 2 S. 1 der Satzung des Trägervereins des Deutschen Presserates. 314 Die im Trägerverein zusammengeschlossenen Verbände sollen ihrerseits darauf hinwirken, dass die Mitglieder der jeweiligen Verbände die Grundsätze des Pressekodex anerkennen, § 10 Abs. 2 S. 2 der Satzung des Trägervereins. 315 Der Sprachgebrauch des Pressekodex und der Verhaltensgrundsätze weicht hier von dem des WpHG ab, welches auf den Begriff des Finanzinstruments abstellt. Der Deutsche Presserat hat sich dennoch für eine Beibehaltung des Begriffes Wertpapier entschieden, da die Definition nach § 2 Abs. 2b WpHG sehr umfangreich ist und umgangssprachlich kaum eine konkrete Vorstellung damit verbunden wird, Verhaltensgrundsätze, S. 6. Der Presserat legt den Begriff des Wertpapiers aber weit aus, so dass alle Transaktionen eingeschlossen werden, bei der eine Veröffentlichung Auswirkungen auf die Kursentwicklung hat, s. Verhaltensgrundsätze, S. 7. 316 Deutscher Presserat, Verhaltensgrundsätze, S. 5. 317 Deutscher Presserat, Verhaltensgrundsätze, S. 8, wobei letztlich der jeweilige Verlag entscheiden muss, wie er diese Grundsätze umsetzt. 318 Deutscher Presserat, Verhaltensgrundsätze, S. 9. 319 Deutscher Presserat, Verhaltensgrundsätze, S. 9.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Vermeidung und Offenlegung von Interessenkonflikten.320 Abgestuft sind diese Pflichten unter anderem nach der Zuverlässigkeit der Informationsquelle321, der Art der Mitteilung322, aber auch danach, ob sich die Angaben vorrangig auf Tatsachen oder auf Werturteile bzw. Meinungen beziehen.323 Die Richtigkeit von Tatsachen ist in aller Regel mit zumutbarer Recherche nachzuprüfen. Im Einzelfall kann sich hier eine Reduzierung der Pflicht zur sorgfaltsgemäßen Recherche auch aus dem – im Kapitalmarktbereich besonders bedeutenden – Aktualitätsinteresse der Öffentlichkeit324 ergeben.325 Bei erwiesen oder bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen ist aber bereits der Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit nicht eröffnet, so dass auch keine Abwägung notwendig ist.326 Zugleich entspricht die Veröffentlichung nicht journalistischer Sorgfalt, so dass eine privilegierte Beurteilung ohnehin nicht möglich wäre. Aber auch bei Tatsachenbehauptungen kann nicht immer mit letzter Sicherheit geklärt werden, ob die Angabe zutrifft. Steht nach sorgfältiger und mit gebotenem Umfang erfolgter Recherche letztlich nicht mit Sicherheit fest, ob die berichteten Vorgänge und Umstände der Wahrheit entsprechen, da kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen war, so entspricht deren Veröffentlichung dennoch den Grundsätzen journalistischer Berichterstattung und ist rechtmäßig.327 Wirtschaftsmedien muss es daher möglich sein, kursrelevante Gerüchte und Spekulationen als solche, d. h. nicht als gesichert gekennzeichnete Tatsachen, zu verbreiten, selbst wenn ihr Wahrheitsgehalt Zweifeln unterliegt.328

320 Spindler, NZG 2004, 1138, 1143; zum Umfang der Sorgfaltspflicht vgl. BGH NJW 1987, 2225, 2226; BGHZ 132, 13, 24; BGH NJW 1997, 1148, 1150; Hager, in: Staudinger BGB § 823 Rn. C 119 ff. m.w.N.; Wagner, in: MünchKommBGB BGB § 824 Rn. 30, 49 ff. 321 BGHZ 139, 95, 106; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB § 824 Rn. 15; Schiemann, in: Erman BGB § 824 Rn. 7. 322 Geringere Pflichten bestehen bspw. bei der Prüfung von Werbung und Anzeigen, Schiemann, in: Erman BGB § 824 Rn. 7; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB § 824 Rn. 10, 15; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB § 824 Rn. 32 ff. 323 Spindler, NZG 2004, 1138, 1143. 324 Hierzu Degenhardt, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 5 Rn. 461 mwN; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 133. 325 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 133; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 285. 326 Zum Verhältnis der Meinungs- und Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG und dem Persönlichkeitsschutz vgl. aus der umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG BVerfGE 61, 1, 8; 85, 1, 17; 90, 241, 248 f., 253 f.; 94, 1, 8; 99, 185, 197; BVerfG NJW 2000, 3485, 3486; NJW 2003, 1109, 1109 f. 327 BVerfGE 97, 125, 149; 99, 185, 198; BVerfG NJW 2003, 1856, 1857; Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 280; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 133. 328 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 133; Spindler, NZG 2004, 1138, 1143.

B. Informationsgestützte Manipulationen

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Meinungen bzw. Werturteile sind Äußerungen, die durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens, durch Wertungen geprägt sind.329 Auf sie stützt sich die verfassungsrechtlich geschützte meinungsbildende Funktion der Presse in besonderer Weise, durch sie trägt die Presse zur öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung bei.330 Werturteile als Äußerung einer Meinung sind nicht durch objektive Richtigkeitsanforderungen begrenzt, da sie die subjektive Wahrnehmung der Wirklichkeit durch den Äußernden wiedergeben.331 Sie können daher auch unrichtige Ansichten und unrichtige Behauptungen umfassen, sofern die Unwahrheit Letzterer nicht bereits im Zeitpunkt ihrer Äußerung dem Äußernden bekannt ist oder unzweifelhaft feststeht.332 Vor diesem Hintergrund sind entsprechende journalistische Sorgfalts- und Recherchepflichten nur sehr begrenzt denkbar, da subjektive Einstellungen nicht nachprüfbar sind. Anders kann dies bei der Offenlegung von Interessenkonflikten sein. Empfiehlt ein Journalist einen Anlagewert (auch) sachgerecht, so ist ihm unter Beachtung der o.g. Grundsätze durchaus zumutbar, ein eigenes Engagement in diesem Wert offen zu legen.333 e) Rechtsfolgen Welche Folgen die sich aus dem Vorstehenden ergebende Privilegierung hat, ist – soweit ersichtlich – bislang kaum diskutiert.334 Grundsätzlich unterläge die Presseberichterstattung auch ohne die Regelung des § 20a Abs. 6 WpHG der Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben und zur Überprüfung von Quellen. Dies ergibt sich bereits aus Art. 5 Abs. 2 GG, welcher die nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantierte Pressefreiheit den Schranken der allgemeinen Gesetze unterwirft. Diese Verpflichtung zur Wahrheit besteht unter Berücksichtigung des besonderen Stellenwertes der Presse aber nicht uneingeschränkt und in jedem Fall, denn dies hätte zur Folge, dass unwahre Tatsachen nicht publiziert werden dürfen, anderenfalls würde ggfs. ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG vorliegen und die Presse wäre somit verpflichtet, nur wahrheitsgemäße Tatsachen zu publizieren. Eine derartige Verpflichtung würde der grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit nicht in ausreichendem Maße Rechnung tragen, denn die Presse lebt von ihrer Aktualität. 329 Rixecker, in: MünchKommBGB BGB Anh. zu § 12 BGB Rn. 139; BVerfGE 61, 1, 8; 85, 1, 15; BGH NJW 2005, 279; BGH DVBl. 2005, 106, 106; BGH NJW 2003, 961, 961. 330 Siehe zu Inhalt, Funktion und Grenzen der Pressefreiheit insbes. BVerfGE 10, 118; 20, 162; 85, 1. 331 Schulze-Fielitz, in: Dreier GG Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 65 f. m.w.N. 332 BVerfGE 61, 1, 8; 90, 185, 197; BVerfG NJW 2003, 1855, 1856. 333 Ebs. Fleischer, DB 2004, 51, 54; a.A. Spindler, NZG 2005, 1138, 1143. 334 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 144; ebenso Kümpel/Veil, WpHG Teil 6 Rn. 19 f.: „Wie es (das Privileg, Anm. d. V.) zu handhaben ist, konnte bisher noch nicht geklärt werden. Journalisten bewegen sich deshalb derzeit auf höchst ungewissem Terrain.“

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Diese würde in erheblichem Maße verloren gehen, müsste ein Journalist vor der Veröffentlichung jeder Information mittels Recherche mit höchster Wahrscheinlichkeit sicherstellen, dass die Information zutreffend ist. Auch könnte über Gerüchte und Spekulationen nicht mehr berichtet werden, da ihnen ein Element des Ungewissen innewohnt. Um der Pressefreiheit Rechnung zu tragen, geht die Pflicht zur Wahrheit deshalb nicht so weit, dass nur absolut gesicherte Tatsachen publiziert werden dürfen. Vielmehr bestehen Einschränkungen hinsichtlich der Recherche- und Prüfungspflicht, sofern der jeweils Veröffentlichende darauf hinweist, dass hinsichtlich der Information keine Gewissheit besteht. Das Bedürfnis nach aktueller Information wird somit bereits grundsätzlich höher eingestuft als das Bedürfnis nach vollständig verbürgter Gewissheit über das Vorliegen einer Tatsache, sofern dies kenntlich gemacht wird. Liegen diese Voraussetzungen vor, darf der Journalist seine Informationen veröffentlichen. Die Abwägung im Sinne von § 20a Abs. 6 WpHG kann nichts anderes ergeben, will man mit einer privilegierenden Beurteilung tatsächlich die Pressefreiheit schützen. Hinzu kommt, dass zwar der Kapitalmarkt vorrangig ein Interesse an bestätigten, zutreffenden Informationen hat, es aber auch hier ein Bedürfnis nach aktuellen Informationen gibt. Diesem könnte nicht mehr gedient werden, zöge sich der Journalist aufgrund der Gefahr, gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG zu verstoßen, aus der Berichterstattung zurück. Dem trägt der Pressekodex nebst den weiteren Verhaltensrichtlinien Rechnung, indem er hinsichtlich der Berichterstattung mittels der oben dargestellten Grundsätze Vorgaben für die Tätigkeit der Journalisten macht. Der Journalist hat dann mit berechtigtem Interesse an der Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit gehandelt, auch wenn ein Verstoß gegen das Gebot des Machen wahrheitsgemäßer Angaben vorliegt, sofern er nur mit pressegemäßer Sorgfalt gehandelt hat. Die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltsstandards, wie sie bspw. der Deutsche Pressekodex und die Verhaltensanforderungen und Empfehlungen des Deutschen Presserates vorgeben, wiegen eine mögliche Falschmeldung somit auf. Dieses Ergebnis wird auch dadurch gestützt, dass anderenfalls die Presse wieder mit den nahezu uferlosen Recherchepflichten belastet würde, welche die Verwirklichung der Pressefreiheit unmöglich werden ließen. Damit hat die privilegierende Beurteilung des Verhaltens von Journalisten zur Folge, dass der Journalist, wenn die Berichterstattung die Vorgaben der berufsständischen Regelungen erfüllt, trotz einer möglichen Verbreitung unrichtiger oder irreführender Informationen, keine informationsgestützte Manipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG begangen hat.335

335 I. E. ebs. Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 33; Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a WpHG Rn. 43.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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C. Handelsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG Gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG ist es verboten, Geschäfte vorzunehmen, oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Die Tatbestandsvariante der sog. handelsgestützten Manipulationen336 ist in Umsetzung von Art. 1 Nr. 2 lit. a) Richtlinie 2003/6/EG durch das AnSVG neu in § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG eingefügt worden.337 Handel im Sinne von Kauf oder Verkauf von Wertpapieren an der Börse findet im hier beobachteten Zeitraum naturgemäß noch nicht statt, da die Notierungsaufnahme erst noch bevor steht, vgl. § 38 Abs. 2 BörsG. Gerade vor IPOs hat sich jedoch ein außer- bzw. vorbörslicher Handel, der sog. Handel per Erscheinen, etabliert, in welchem die Wertpapiere bereits vor Aufnahme der Notierung gehandelt werden. Durch die Einfügung von § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG ist das Manipulationsverbot auch auf den Handel per Erscheinen während der Bookbuildingphase anwendbar.338 Für die Anwendbarkeit von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG ist es zudem unschädlich, dass der Handel per Erscheinen kein Handel an einem regulierten Markt ist, denn die Manipulationshandlung muss nicht auf dem regulierten Markt erfolgen.339 Damit fällt jede manipulative Nutzung außerbörslicher Handelssysteme wie bspw. des Handels per Erscheinen, über alternative Handelssysteme, den telefonischen Interbankenhandel oder die selbstgewählte außerbörsliche Auftragsausführung (§ 22 Abs. 1 S. 1 BörsG) unter das Manipulationsverbot, vorausgesetzt, der betroffene Vermögenswert unterfällt dem Anwendungsbereich von § 20a WpHG.340 336 Zur Typisierung der Möglichkeiten der Kursmanipulation vgl. Varnholt, Finanzmarkt und Portfolio-Management 1993, 459, 466; Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 119 ff.; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 16, 24 ff.; Meißner, Stabilisierung, S. 42 ff.; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 6 ff.; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 20a Rn. 32; 35 ff.; Fleischer, in: Fuchs WpHG Vor § 20a Rn. 3 ff., alle m.w.N. 337 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 140; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 42; europarechtlich konkretisiert wird die Regelung der Richtlinie 2003/6/EG durch Art. 4 und 5 Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG. Im deutschen Recht erfolgt die Konkretisierung durch § 3 MaKonV, vgl. Begr. MaKonV, BRDrs. 18/05, S. 10. Kritisch zur Neuregelung vor allem Holzborn/Israel, WM 2004, 1954; 1948; Kutzner, WM 2005, 1401, 1403; Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 187 f. 338 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 127 f.; Worms, in: Assmann/ Schütze Handbuch des Kapitalanlagerechts § 9 Rn. 102; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 40; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 9. 339 Möller, WM 2002, 309, 312; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 124; Art. 9 Abs. 1 RiLi 2003/6/ EG. 340 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht, §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 17; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 220; Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 14, zum Anwendungsbereich s. oben A.I.2.,3.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

I. Voraussetzungen 1. Vornahme von Geschäften und Erteilung von Aufträgen Nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG verboten sind jegliche Geschäfte bzw. Kaufoder Verkaufsaufträge, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen.341 Erfasst hiervon sind sowohl die Erteilung von Kauf- oder Verkaufsaufträgen als auch tatsächlich zustande gekommene, effektive Geschäfte, wenn von diesen falsche oder irreführende Signale ausgehen.342 Geschäfte sind alle Transaktionen mit Finanzinstrumenten, nicht nur Erwerb oder Veräußerung, sondern auch Sicherungsübereignungen, Sicherungszessionen, Treuhandschaften und Verpfändungen.343 Vorgenommen ist das Geschäft jedenfalls mit seiner Ausführung, d. h. mit einem Wechsel der wirtschaftlichen Berechtigung.344 Letzteres ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für ein Geschäft nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG, wie sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaKonV ergibt.345 Auch zivilrechtlich unwirksame Geschäfte wie nicht ernstlich gewollte, § 116 BGB, oder Scheingeschäfte, § 117 BGB, gelten deshalb als vorgenommen, wenn äußerlich der Schein des Vollzuges gegeben ist.346 Die Begriffe Kauf- und Verkaufsaufträge sind nicht zivilrechtlich, sondern kapitalmarktrechtlich als „Order“ zu verstehen.347 Erfasst sind damit alle Formen von Effektenorder, aber auch Aufträge an den Skontroführer im Parketthandel und 341

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 142; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 89; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 191; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 21; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1044. 342 Mock/Stoll/Eufinger,, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 191; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 142, 149 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 43; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 86; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 21; Bisson/Kurz, BKR 2005, 186, 187; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 288. 343 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 187; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 145; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 44; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 86. 344 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 44; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 146. 345 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 87; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 146. 346 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 189; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 146; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 44; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 86. 347 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 187; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 88; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 147; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 45.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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bindende Kauf- oder Verkaufsangebote im elektronischen Handel.348 Gegenstand des Auftrags ist der Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Auch dies ist kapitalmarktrechtlich zu verstehen, so dass hierunter nicht nur reine Sach- oder Rechtskäufe, sondern alle Erwerbs- und Veräußerungsgeschäfte fallen, insbesondere auch die sog. Wertpapierleihe.349 Erteilt ist der Auftrag, wenn er dem Adressaten zugeht, unabhängig davon, ob die Order bereits in das Orderbuch eingetragen ist, es sich um eine bedingt oder befristet oder nur zum Schein abgegebene handelt.350 2. Falsche oder irreführende Signale Die Geschäfte oder Aufträge müssen geeignet sein, falsche oder irreführende Signale für Angebot, Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Die Eignung genügt, auf einen tatsächlichen Erfolg kommt es nicht an.351 Der Gesetzgeber hat weder die Tatbestandsmerkmale „falsche oder irreführende Signale“ oder „Eignung eines Geschäfts, falsche oder irreführende Signale zu geben“, noch die Kriterien für ein künstliches Preisniveau in § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG definiert. Auch § 3 MaKonV enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Im Rahmen von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG kann aber insoweit nichts anderes gelten als nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG. Zur näheren Bestimmung dieser Tatbestandsmerkmale kann auf die obigen Ausführungen zur Eignung der Angabe zur Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis bzw. zum Machen von falschen oder irreführenden Angaben gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG verwiesen werden.352 Falsch ist unter Berücksichtigung dessen ein Signal, wenn es nicht mit der tatsächlichen Marktsituation hinsichtlich des betreffenden Finanzinstruments übereinstimmt353, irreführend ist es, wenn es bei einem verständigen Anleger hierüber eine Fehlvorstellung hervorruft354. 348 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 187; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 88; Vogel, in: Assmann/ Schneider WpHG § 20a Rn. 147; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 45. 349 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 147. 350 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 88; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 148; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 188. 351 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 149; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 48; Eichelberger, Marktmanipulation, S. 290, 293; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 194. 352 Siehe oben § 2 B.I. 353 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 150; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 47; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 191. 354 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 150; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 47; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 92; insoweit a.A. Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 191, die

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

§ 3 MaKonV erläutert und konkretisiert die Tatbestandsmerkmale anhand von Beispielen.355 Dabei trennt die Norm zwischen bloßen Anzeichen für falsche oder irreführende Signale, § 3 Abs. 1 MaKonV, die eine weitere Prüfung des Einzelfalls erfordern, und verbindlichen Beispielen, § 3 Abs. 2 MaKonV, die stets als irreführende Signale anzusehen sind.356 Liegt eines dieser Beispiele vor, ist stets der Tatbestand der Marktmanipulation gegeben, ohne dass es noch einer weiteren Prüfung bedarf.357 Geeignet, irreführende Signale zu geben, können Geschäfte bzw. Kauf- oder Verkaufsaufträge sein, die an einem Markt einen bedeutenden Anteil am Tagesgeschäftsvolumen ausmachen, insbesondere wenn sie eine erhebliche Preisänderung bewirken, § 3 Abs. 1 Nr. 1 a) MaKonV; durch die Personen erhebliche Preisänderungen bei Finanzinstrumenten bewirken, bei denen sie bedeutende Kauf- oder Verkaufspositionen innehaben, § 3 Abs. 1 Nr. 1 b) MaKonV; mit denen innerhalb kurzer Zeit Positionen umgekehrt werden und die an einem Markt einen bedeutenden Anteil am Tagesgeschäftsvolumen ausmachen und die mit einer erheblichen Preisänderung im Zusammenhang stehen könnten, § 3 Abs. 1 Nr. 1 c) MaKonV; die durch ihre Häufung innerhalb eines kurzen Abschnitts eines Börsentags eine erhebliche Preisänderung bewirken, auf die eine gegenläufige Preisänderung folgt, § 3 Abs. 1 Nr. 1 d); oder die nahe zu dem Zeitpunkt der Feststellung eines Referenzpreises für ein Finanzinstrument erfolgen und mittels Einwirkung auf diesen Referenzpreis den Preis oder die Bewertung des Finanzinstruments beeinflussen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 e) MaKonV. In den Fallgruppen des § 3 Nr. 1 a) bis d) MaKonV stellen die Anzeichen zum Bestimmen der Eignung zum Geben falscher oder irreführender Signale damit immer auf das Bewirken einer erheblichen Preisänderung ab.358 Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 e) MaKonV kommt die Signalwirkung dem beeinflussten Referenzpreis zu.359 § 3 Abs. 1 Nr. 2 MaKonV ordnet fiktive Geschäfte, die auf die Orderlage einwirken, als Anzeichen für falsche oder irreführende Signale oder die Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus ein. Fiktive Geschäfte können dadurch auf die Ordavon ausgehen, dass die Begriffe „falsch“ und „irreführend“ sachlich gleichbedeutend sind. In diese Richtung auch Eichelberger, Marktmanipulation, S. 247, 249 ff. 355 Kritisch zu dieser Regelung Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 90 ff.; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 153; Kutzner, WM 2005, 1401, 1403 f.; Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 188; Eichelberger, WM 2007, 2046, 2049. 356 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 50; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 155; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 5; Knauth/ Käsler, WM 2006, 1041, 1045. 357 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 54; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 164; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 24; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 27. 358 Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 23; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045. 359 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 14.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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derlage einwirken, indem Aufträge zwar in das Orderbuch eingestellt, aber vor der Ausführung zurückgenommen werden.360 Haben sie zuvor das Bild der Orderlage geprägt, bspw. im offenen Orderbuch des elektronischen Handels, können den Marktteilnehmern falsche oder irreführende Signale über ein bestehendes Kauf- oder Verkaufsinteresses gegeben werden und diese dazu verleiten, auf den fahrenden Zug noch aufzuspringen und ebenfalls Orders im betreffenden Wert zu nicht marktgerechten Preisen abzugeben.361 Hat der Marktteilnehmer sein Ziel, einen geänderten Kurs, erreicht, löscht er seinen Auftrag wieder.362 Kommt es nicht zur Rücknahme der Order, liegt kein Fall von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG vor.363 Versehentliche Ordereingaben, sog. mistrades, die zu Orderrücknahmen aus wirtschaftlich legitimen Gründen führen, sind ebenfalls nicht tatbestandsmäßig.364 § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaKonV nennt als weiteres Anzeichen für falsche oder irreführende Signale Geschäfte, die entgegen dem äußeren Anschein eines regen Umsatzes keinen Wechsel des wirtschaftlichen Eigentümers herbeiführen, bspw. sog. Wash Sales oder Crossing.365 Obwohl es sich aufgrund der Vorgaben aus Art. 4 Richtlinie 2003/124/EG (nur) um ein Anzeichen, und nicht wie in der Fassung der Vorgängerregelung zur MaKonV, der KuMaKV, um ein zwingendes Beispiel handelt, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 KuMaKV, soll in diesen Fällen auch zukünftig eine Marktmanipulation nur dann zu verneinen sein, wenn die besonderen Umstände der Transaktion den Marktteilnehmern im Vornherein hinreichend transparent gemacht worden sind.366 Die in § 3 Abs. 1 MaKonV genannten Anzeichen sind nur Indizien, die bei der Feststellung falscher oder irreführender Signale oder eines künstlichen Preisniveaus 360 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 101; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 158; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 52; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1047. 361 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 101; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 52; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1047; zur Manipulation durch sog. defensive bids bei der Auktion von Staatsanleihen ausführlich Schmidtbleicher/Cordalis, ZBB 2007, 124 ff. 362 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 101; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 52; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1047. 363 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 161. 364 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 52; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 161; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 53; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 19. 365 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1047; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 162; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 53; Mock/ Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 23. 366 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 103; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 26; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1047.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

heranzuziehen sind.367 Den Marktteilnehmern soll damit Rechtssicherheit hinsichtlich der Abgrenzung legalen Verhaltens vom Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG gegeben werden.368 Das Vorliegen eines der genannten Anzeichen allein führt nicht zwingend zur Annahme einer Marktmanipulation, vielmehr erfasst die Norm auch grundsätzlich börsenübliche Geschäfte.369 Die erforderliche Einzelfallbetrachtung kann nach Ansicht des Gesetzgebers überwiegende Gründe für gesetzeskonformes Verhalten ergeben.370 Zu dieser Einzelfallabwägung sind nach den Vorstellungen des Gesetzgebers weitere Umstände heranzuziehen.371 Welche Umstände dies sein sollen, lässt der Gesetzgeber in der Begründung der MaKonV aber offen.372 Eine handelsgestützte Manipulation wird grundsätzlich nur bei Umsätzen vorliegen, die offenkundig gegenüber dem jeweiligen üblichen Handelsgeschehen in dem einzelnen Wert herausragen.373 Dafür spielen die Liquidität in dem Finanzinstrument und die Transparenz des Handels, die Umsätze und die Art der Ausführung der Transaktion sowie deren Hintergründe eine Rolle.374 Zu letzteren ist auch die Motivation des Handelnden zu zählen.375 Kleine, illiquide Werte sind daher bevorzugt Gegenstand von handelsgestützten Manipulationen, da in diesen schon Orders mit geringen Volumina zu Kursveränderungen führen können.376 Verstärkt wird der Anreiz zur Manipulation noch durch ein nicht oder nur unzureichend reguliertes

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Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 19; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 154; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 50; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 4. 368 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 19; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045; kritisch hierzu Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 89; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 153; Kutzner, WM 2005, 1401, 1404. 369 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045. 370 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 14; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 51; Mock/ Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 5. 371 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 19. 372 Vgl. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 19 ff.; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045 m. Fn. 53; auch die Richtlinie 2003/124/EG, deren Art. 4 in § 3 MaKonV umgesetzt wurde und welche in Art. 4 Abs. 1 S. 1 eine solche Einzelfallprüfung anhand der einzelnen Signale fordert, enthält dazu keinen Hinweis. 373 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045; ähnlich Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 24, die eine erhebliche Preisänderung fordern, um die „nahezu uferlose Weite“ des Tatbestands eingrenzen zu können. 374 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045. 375 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045; vgl. ferner Fleischer, in: Fuchs WpHG Vor § 20a Rn. 28 f.; Varnholt, Finanzmarkt und Portfolio-Management 1993, 459, 466 ff. 376 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1044; vgl. ferner Fleischer, in: Fuchs WpHG Vor § 20a Rn. 28 f.; Varnholt, Finanzmarkt und Portfolio-Management 1993, 459, 466 ff.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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Marktumfeld, in welchem insbesondere die Transparenz des Handels nicht gegeben oder nicht sehr hoch ist.377 Im Gegensatz zu den Anzeichen in § 3 Abs. 1 MaKonV sind die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 – 3 MaKonV geregelten Beispiele zwingend. Danach sind als irreführende Signale insbesondere anzusehen die Manipulation des Referenzpreises, § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaKonV, abgesprochene Geschäfte, die zu annähernd gleichen Stückzahlen und Preisen von verschiedenen Parteien vorgenommen werden, § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV und das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks wirtschaftlich begründeter Umsätze, § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV. Liegt eines der genannten Merkmale vor, ist der objektive Tatbestand nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG erfüllt, ohne dass es auf eine weitere Prüfung des Falles ankommt.378

II. Manipulationen im Handel per Erscheinen 1. Grundlagen des Handels per Erscheinen Handel per Erscheinen ist kein feststehender technischer Begriff, der eine bestimmte Geschäftsform umschreibt. Er dient vielmehr als Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragsgestaltungen mit bestimmten gemeinsamen Merkmalen.379 Er steht für den Abschluss von Kaufgeschäften über Wertpapiere vor deren Einführung an einer Börse (§ 38 Abs. 1 BörsG), unabhängig davon, ob die Wertpapiere bereits verbrieft sind oder nicht.380 Er wird auch als Neuemissionshandel, Pre-IPO-Handel oder vorbörslicher Handel bezeichnet.381 Handelsgegenstände können sein Aktien, Optionsscheine, Anleihen und andere Wertpapiere.382 Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand soll hier nur der Handel mit Aktien vor deren Einführung betrachtet werden, welcher auch den größten Teil des Umsatzes ausmacht.383 Vertragsgegenstand ist der Kaufvertrag über Wertpapiere, der in aller Regel unter der aufschiebenden Bedingung der Durchführung der Emission steht.384 377 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1045; vgl. ferner Fleischer, in: Fuchs WpHG Vor § 20a Rn. 29; Varnholt, Finanzmarkt und Portfolio-Management 1993, 459, 466 ff. 378 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 164; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 54; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 3 MaKonV Rn. 24; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 27. 379 Pfüller/Koehler, WM 2002, 781. 380 Heidelbach, in: Schwark § 37 BörsG Rn. 7; Hamann, in: Schäfer WpHG, BörsG, VerkaufsprospektG § 42 BörsG Rn. 11. 381 Pfüller/Koehler, WM 2002, 781. 382 Pfüller/Koehler, WM 2002, 781. 383 Daneben noch gehandelt werden verbriefte, aber nicht börsenzugelassene Aktien, Zwischenscheine, unverbriefte Aktienrechte sowie Lieferansprüche der Ersterwerber aus der Zuteilung, näher dazu Pfüller/Koehler, WM 2002, 781, 782 f. m.w.N. 384 Pfüller/ Koehler, WM 2002, 781, 783.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Angeboten wird der Handel per Erscheinen von Kreditinstituten und anderen Finanzdienstleistern, insbesondere von Freimaklern wie Schnigge & Partner GmbH/ Schnigge AG (Schnigge), Lang & Schwarz Wertpapierhandel AG, Berliner Freiverkehr Handel AG, Concord Effekten AG – Wertpapierhandelshaus und anderen. Der Handel per Erscheinen wird im sog. Graumarkt385 abgehalten, für welchen keine spezialgesetzlichen Regelungen existieren. Diese Nicht-Regulierung im Vergleich zu den regulierten Märkten kennzeichnet zugleich den Begriff des Graumarkts, da auch für diesen keine abschließende gesetzliche Definition existiert.386 Die konkrete Ausgestaltung unterliegt damit in erster Linie der vertraglichen Absprache der Vertragsparteien in den allgemeinen Grenzen des Zivil- und Kapitalmarktrechts. Das Fehlen regulatorischer Rahmenbedingungen wird zwar kritisiert.387 Der Gesetzgeber hat es bislang aber dennoch unterlassen, nähere Regelungen zu treffen. Als Gründe hat er vor allem die grundsätzliche Investitionsfreiheit der Anleger, die Gewährleistung eines dynamischen Wettbewerbs um knappe Finanzmittel und auch die nicht zu unterschätzenden praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Aufsichtsmaßnahmen im nicht-regulierten Kapitalmarkt angeführt.388 Der Handel per Erscheinen beginnt, wenn alle für die Emission wesentlichen Eckdaten wie Emissionsvolumen, Zeichnungsfrist, Zeitpunkt der Notierungsaufnahme und Festpreis oder Bookbuildingspanne veröffentlicht worden sind. Auf Grundlage dieser Daten und Gesprächen mit anderen Marktteilnehmern stellt der Freimakler die erste Kurstaxe. Die zustande kommenden Preise werden vom Anbieter laufend veröffentlicht. Gleichzeitig tritt der Anbieter als Market Maker auf. Der Handel per Erscheinen endet am Tag vor der Notierungsaufnahme.389 Für die Teilnahme am Handel per Erscheinen mit zur Emission anstehenden Aktien gibt es mehrere Gründe. Zum einen können Altaktionäre, welche mit Einführung der Aktien sog. Lock-up-Verpflichtungen unterliegen und aufgrund dieser Verpflichtung ihre Aktien nach Notierungsaufnahme nicht veräußern dürfen, den Handel per Erscheinen nutzen, um die Haltefrist mittels vorherigen Verkaufs zu umgehen. Auch können Teilnehmer, welche bereits eine verbindliche Zusage für eine Zuteilung von Wertpapieren aus der Emission besitzen, diese bereits jetzt veräußern. Besitzt ein Marktteilnehmer eine derartige Zusage nicht, kann er dennoch am Handel teilnehmen und mittels Leerverkaufs Aktien veräußern. Und letztlich können In-

385 Siehe zum Graumarkt auch den „Bericht der Bundesregierung zum ,Grauen Kapitalmarkt‘“, BT-Drs. 14/1633. 386 Bericht der BReg, BT-Drs. 14/1633, S. 2. 387 Landgraf/Maisch, Handelsblatt vom 6. 8. 2001, o.S. 388 Bericht der BReg, BT-Drs. 14/1633, S. 5. 389 Siehe www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/pre-ipo-handel.html.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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vestoren, welche die Aktien erwerben, sich aber nicht auf die ungewisse Zuteilung verlassen möchten, bereits im Vorfeld der Emission Wertpapiere erwerben.390 Das der Handel per Erscheinen gerade im Vorfeld einer Emission zum Einwirken auf den Ausgabepreis des Wertpapiers genutzt werden kann, zeigt bereits Beispielsfall 1 in § 1 der Arbeit. Auch wenn letztlich nicht feststeht, ob nun die Herabsetzung der Bookbuildingspanne auf die Vorkommnisse im Handel per Erscheinen zurückzuführen war, sollen hier gerade im Hinblick auf das jetzt früher eingreifende Verbot handelsgestützter Manipulation des Börsen- oder Marktpreises gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG die tatsächlich relevanten und manipulationsträchtigen Handlungsweisen – Vornahme von Leerverkäufen und die Veräußerung von Wertpapieren durch Altaktionäre trotz bestehender Lock up-Verpflichtungen – im Handel per Erscheinen näher betrachtet werden. 2. Leerverkäufe Bei Leerverkäufen (sog. short sales) werden Vermögenswerte, hier Aktien aus der bevorstehenden Emission, veräußert, die der Verkäufer (noch) nicht besitzt oder in Kommission hat, sondern sich erst durch Deckungskauf am Markt oder Wertpapierleihe beschaffen muss.391 Dabei wird unterschieden zwischen sog. gedeckten Leerverkäufen (covered short sales), bei welchen der Leerverkäufer spätestens im Zeitpunkt des Verkaufs sich mittels Wertpapierleihe die Möglichkeit verschafft hat, die Lieferpflicht aus dem Kaufvertrag zu erfüllen, und den sog. ungedeckten Leerverkäufen (naked short sales), bei welchen der Leerverkäufer noch nicht über eine solche Zusage verfügt und sich die Wertpapiere erst noch verschaffen muss.392 Leerverkäufe sind Geschäfte im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG. Um den Tatbestand zu erfüllen, müssten sie geeignet sein, entweder falsche oder irreführende Signale für das Angebot oder die Nachfrage oder den Preis für ein Finanzinstrument zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Hierzu ist auf die Konkretisierung nach § 3 MaKonV zurückzugreifen.

390 Siehe hierzu insgesamt die eigene Darstellung unter www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/ pre-ipo-handel.html; Pfüller/Köhler, WM 2002, 781, 781. 391 Gabler Banklexikon: Bank, Börse, Finanzierung, S. 1166, Stichwort „Short Sales“; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 333; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 20a Rn. 36; Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 485. 392 Gabler Banklexikon: Bank, Börse, Finanzierung, S. 1166, Stichwort „Short Sales“; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 333; CESR, Consultation Paper, Ref. CESR/09 – 851, S. 5; Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 486.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

a) Konkretisierung nach § 3 MaKonV aa) § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MaKonV Leerverkäufe unterfallen nicht den in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MaKonV geregelten Fällen. § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaKonV setzt gezielte Beeinflussung des Schluss- bzw. Referenzpreises für ein Finanzinstrument voraus393, welcher im Handel per Erscheinen noch nicht vorliegt. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV betrifft von Käufer und Verkäufer abgesprochene Geschäfte oder Orders, die im wesentlichen zu gleichen Stückzahlen und Preisen ausgeführt werden, so dass im wirtschaftlichen Ergebnis kein Eigentümerwechsel stattfindet.394 Diese Situation ist beim Leerverkauf ebenfalls nicht gegeben, da der Leerverkäufer tatsächlich die Wertpapiere absetzen will und in aller Regel kein gegenläufiges Geschäft vorab vereinbart wird. bb) § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV In Betracht kommt jedoch ein Eingreifen von § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV. Diese Fallgestaltung ist vom Gesetzgeber ohne Änderung aus der Vorgängerregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 3 KuMaKV übernommen worden.395 Sie betrifft Geschäfte bzw. Aufträge, die den unzutreffenden Eindruck wirtschaftlich begründeter Umsätze erwecken.396 Es handelt sich bei dieser Regelung um einen weiten Auffangtatbestand, der sowohl effektive als auch fiktive Geschäfte erfasst.397 Nach Ansicht des Gesetzgebers soll es für die Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten darauf ankommen, ob der unzutreffende Eindruck erweckt wird, die Kursbewegung sei aufgrund von legitimen, wirtschaftlich motivierten Umsätzen zustande gekommen.398 Dies soll dann der Fall sein, wenn eine Investmentidee umgesetzt werde.399 Fehlt es an dieser, soll vielmehr das Marktverhalten andere Marktteilnehmer beeinflussen, liege eine Täuschung vor.400 Wann eine solche wirtschaftlich begründete Transaktion vorliegt, ist aber der Regelung nicht zu entnehmen.401 Nach der Begründung des Gesetzgebers zur Ku393 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 55; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1048; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 27; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV Rn. 107. 394 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 56; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1048; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 27; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV Rn. 108. 395 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21. 396 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 397 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 398 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 399 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 400 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 401 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 109; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 167.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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MaKV soll die Täuschung gerade darin liegen, dass es für die Marktteilnehmer nicht erkennbar ist, dass die Transaktion mit der Absicht vorgenommen wurde, den Preis zu beeinflussen.402 Da die Ausführung der Leerverkäufe formal den Handelsregeln entspricht, ist allein die Preisbeeinflussungsabsicht Gegenstand der Täuschung. Dies hat letztlich aber zum Ergebnis, dass die Schwierigkeiten des Nachweises des subjektiven Tatbestands, welche durch die Änderung des Gesetzes gerade behoben werden sollten403, weiter bestehen.404 Leerverkäufe sind danach nicht legitim, sondern aufgrund von nicht wirtschaftlich motivierten Umsätzen zustande gekommen, wenn der Leerverkäufer beabsichtigt, durch sie den gegenwärtigen Kurs nach unten zu drücken, um sich anschließend zu einem günstigeren Kurs eindecken zu können. Die Preisbeeinflussungsabsicht ist, wenngleich nicht mehr Tatbestandsmerkmal von § 20a WpHG, dabei das wichtigste Indiz, um die Frage beantworten zu können, ob ein Umsatz wirtschaftlich begründet ist.405 Zur Feststellung der Preisbeeinflussungsabsicht wird vorgeschlagen, bestimmte Verhaltensmuster und Ziele von Manipulationen zu nutzen. Eine herbeigeführte Preisbewegung, die im Zusammenhang mit einer den Manipulationszwecken entsprechenden Interessenlage festgestellt wird, lässt so auf eine Preisbeeinflussungsabsicht schließen. Als ausreichende Indizien haben die Gerichte bspw. ausreichen lassen die Unterstützung oder die Abwehr einer geplanten Übernahme oder die Hilfe bei der erfolgreichen Platzierung eines Aktienpaketes.406 Derartige Verhaltensweisen finden sich ebenso in der MaKonV, genannt werden vom Verordnungsgeber bspw. Wash sales oder Improper matched orders.407 Ihre objektive Verwirklichung ist ein Indiz für eine manipulative Zielsetzung des Handelnden, also auch für das Vorliegen der subjektiven Preisbeeinflussungsabsicht. In Verbindung mit weiteren Anhaltspunkten, wie etwa der Erzielung eines Gewinns aus der Tat, kann auf die innere Einstellung geschlossen werden.408 Diesen prima facie – Schluss auf die vorliegende Absicht409 kann der Leerverkäufer durch den Vortrag nachvollziehbarer Gründe entkräften.410

402

Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 404 Zum Nachweis des subjektiven Tatbestandes vgl. Eichelberger, WM 2007, 2046, 2052 f. 405 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 167. 406 Beispiele nach Eichelberger, WM 2007, 2046, 2052 m.w.N. 407 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 12. 408 Eichelberger, WM 2007, 2046, 2052. 409 Zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise selbst im Strafrecht s. Eichelberger, WM 2007, 2046, 2052 m.w.N. 410 Eichelberger, WM 2007, 2046, 2052. 403

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

b) Anerkennungsfähige Marktpraxis, § 20a Abs. 2 WpHG Neben dem Rückgriff auf Indizien, welche der Ermittlung der Preisbeeinflussungsabsicht dienen können, besteht die Möglichkeit, auf die Kriterien zurückzugreifen, welche gemäß § 8 MaKonV von der BaFin bei der Anerkennung einer Marktgepflogenheit als zulässige Marktpraxis zu berücksichtigen sind. Auch wenn die Vorschrift sich unmittelbar nur an die BaFin richtet, gibt sie doch mittelbar auch den Marktteilnehmern Kriterien vor, anhand derer sie die Verbotswidrigkeit eines Marktverhaltens im Rahmen von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG beurteilen können.411 Ein Verhalten ist danach manipulativ und verboten, wenn es die Markttransparenz, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MaKonV, die Marktliquidität, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MaKonV, die Marktfunktion, ein freies Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zu gewährleisten, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaKonV, die Fairness gegenüber allen Marktteilnehmern, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 MaKonV, die Marktstruktur, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 MaKonV, oder die Marktintegrität, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 MaKonV, beeinträchtigt, d. h. verletzt oder gefährdet. Diese Kriterien müssen nicht kumulativ vorliegen, sondern es ist eine Abwägung im Einzelfall erforderlich, wobei der Markttransparenz besonderes Gewicht zukommt.412 Leerverkäufe werden in vielen Fällen als wirtschaftlich wünschenswert und positiv angesehen. Begründet wird dies zum einen damit, dass Leerverkäufe die Informationseffizienz des Kapitalmarktes verbessern. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass der Leerverkäufer im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern erkenne, welches Unternehmen überbewertet ist und er durch den Verkauf dazu beiträgt, diese Information weiterzugeben. Zweiter positiver Aspekt der Leerverkäufe soll der Beitrag der Leerverkäufe zur Erhöhung der Liquidität im Kapitalmarkt sein.413 Trotz der so betonten wirtschaftlich positiven Wirkung weisen Leerverkäufe aber auch negative Eigenschaften auf. Leerverkäufe drücken die Preise für Wertpapiere.414 In großem Umfang vorgenommene Leerverkäufe führen als Reaktion des 411

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 195. Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 8 MaKonV Rn. 2; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 195; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 86. 413 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 346; Eichelberger, WM 2007, 2046, 2046; Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 486; Diamond/Verrecchia, Journal of Financial Economics 18 (1987), 277 ff.; Macey/Mitchell/Netter, Cornell Law Review 74 (1989), 799 ff.; aus d. neueren wirtschafts-wissenschaftlichen Literatur vgl. Boehmer/Wu, University of Oregon Working Paper Series 2009; Fotak/Raman/Yadav, University of Oklahoma Working Paper Series 2009; Boulton/Braga-Alves, Miami University Working Paper Series 2009; dies., Miami University Working Paper Series 2008; Gruenewald/Wagner/Weber, Universität Zürich Swiss Finance Institute, Research Paper Series 2009. 414 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 4, 6 ff. mit zahlreichen w.N. 412

C. Handelsgestützte Manipulationen

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Marktes auf die dem Verkauf vorausgehende Angebotserhöhung bei gleicher Nachfrage typischerweise zu fallenden Kursen oder Marktpreisen.415 Die Preise, die der Inhaber der Wertpapiere im Verkauf verlangen kann, sind dann niedriger als die, die er ohne die Leerverkäufe erzielen könnte.416 Der Preis entspricht zudem nicht demjenigen, welchen der aktuelle Inhaber der Wertpapiere als angemessen ansieht.417 Zum dritten generieren Leerverkäufe eine höhere Volatilität des Wertpapiers, welche in keiner Beziehung zu den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmen steht.418 Als Folge daraus können bei einem Teil der Kapitalmarktteilnehmer Verluste entstehen, die nicht durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens begründet sind.419 Sinkende Preise für die Wertpapiere sind nicht nur für deren Inhaber negativ, sondern auch für die ausgebenden Unternehmen. Der Zugang zum Kapital, die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung auf dem Kapitalmarkt, welche für Unternehmen unverzichtbar ist, hängt für gewöhnlich auch vom Niveau des Aktienkurses ab.420 Jeder Druck auf diesen kann daher die Möglichkeiten und Bedingungen der Refinanzierung für Unternehmen verschlechtern, auch für solche, die solvent sind.421 Zusätzlich kann der fallende Kurs den Ausschluss des Unternehmens aus Markt-Indizes zur Folge haben, was langfristig auf Kosten aller Anteilsinhaber zu einem Verlust an Liquidität und einem weiteren Rückgang des Aktienkurses führen kann.422 Und letztlich ist zu berücksichtigen, dass Leerverkäufe auch dadurch den Aktienkurs beeinflussen können, indem sie andere Marktteilnehmer zu irrationalem Handeln verleiten.423 Dritte können durch den Abwärtstrend des Aktienkurses verleitet werden, auf den fahrenden Zug noch aufzuspringen und ihre Wertpapiere zu veräußern, bevor der Kurs noch weiter sinkt. Als Konsequenz hat dies in der Regel weiter fallende Kurse zur Folge.424 Diese Eigenschaft – Bewirken fallender Kurse – kann der Leerverkäufer letztlich dazu nutzen, das Deckungsgeschäft im Markt zu einem dem wahren Wert nicht 415

Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 333; Eichelberger, WM 2007, 2046, 2046; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 20a Rn. 36; Schwark, in: FS Kümpel, 485, 492; CESR, Consultation Paper, Ref. CESR/09 – 851, S. 5; aus dem ökonomischen Schrifttum statt aller Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 4, 6 ff. mit zahlreichen w.N. 416 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 6 ff. mit zahlreichen w.N. 417 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 8 mit zahlreichen w.N. 418 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 8 f. mit zahlreichen w.N. 419 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 9 mit zahlreichen w.N. 420 Deutsches Aktieninstitut, CESR’s proposal for an Pan-European Short Selling Disclosure regime – DAI’s response, S. 2. 421 Deutsches Aktieninstitut, CESR’s proposal for an Pan-European Short Selling Disclosure regime – DAI’s response, S. 2. 422 Deutsches Aktieninstitut, CESR’s proposal for an Pan-European Short Selling Disclosure regime – DAI’s response, S. 2. 423 Deutsches Aktieninstitut, CESR’s proposal for an Pan-European Short Selling Disclosure regime – DAI’s response, S. 2. 424 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 334; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 20a Rn. 36; Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 487.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

(mehr) entsprechenden Preis zu tätigen.425 Gelingt es ihm dagegen nicht, sich zu einem niedrigeren als dem Preis einzudecken, zu dem er selbst die Wertpapiere verkauft hat, erleidet er Verluste.426 Der Leerverkäufer wettet somit mit Vornahme der Leerverkäufe auf fallende Kurse. Werden sie in der Absicht vorgenommen, den Preis negativ zu beeinflussen, will der Leerverkäufer durch die Leerverkäufe selbst die Voraussetzungen dafür schaffen und so das Eintreten eigener Verluste vermeiden. Weiter ist zu bedenken, dass der Handel per Erscheinen im Graumarkt abgehalten wird. Mangels bestehender Publizitätspflichten auf dem Graumarkt ist er vollkommen intransparent.427 Daran vermag auch die ggfs. vorgenommene laufende Publikation der Kurse durch den Anbieter des Handels428 nichts zu ändern. Es ist weder ersichtlich, wer handelt, noch welche Umsätze den Kursen zu Grunde liegen. In einzelnen Wertpapieren sollen zwar nach Angaben des Anbieters 10 – 20 % der gesamten Neuemission bereits im Handel per Erscheinen umgesetzt werden.429 Dies dürfte aber eher die Ausnahme darstellen, denn grundsätzlich ist die Liquidität im Handel per Erscheinen ebenso wie die Umsatzzahlen insgesamt gering.430 Die Kurse gelten daher trotz der positiven Eigendarstellung durch die Anbieter431 als wenig belastbar.432 Hauptkritikpunkt ist dabei, dass aufgrund der geringen Umsatzzahlen, die zudem nicht veröffentlicht werden, ein möglicher Manipulator bereits mit dem Einsatz geringer Mittel erhebliche Preiswirkungen erreichen kann.433 Hinzu kommt, dass durch die laufende Veröffentlichung von Kursen eine gewisse Stimmung zum Erfolg bzw. Nichterfolg der Emission erzeugt und so Einfluss auf die Preisfestsetzung genommen werden kann. Leerverkäufe, die im Handel per Erscheinen getätigt werden, entsprechen somit nicht der in § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MaKonV geforderten Transparenz. Die zuvor geschilderten Eigenschaften sprechen zudem eher für eine Gefährdung des freien Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MaKonV, sowie der Marktintegrität, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 MaKonV. Dieses Ergebnis vermag auch nicht durch die oben genannten positiven Wirkungen der Leerverkäufe aufgewogen zu werden. Die positive Wirkung der Leerverkäufe wird in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur damit begründet, dass diese geeignet seien, überbewertete Wertpapiere zu identifizieren und diese mittels

425 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G. Rn. 333; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 20a Rn. 36; Zimmer/Beisken, WM 2010, 485, 487. 426 Vgl. Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 8 mit zahlreichen w.N. 427 Bericht BReg, BT-Drs. 14/1633, S. 2, 5; Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 18. 428 Siehe www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/pre-ipo-handel.html. 429 Siehe www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/pre-ipo-handel.html. 430 Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 187. 431 Siehe www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/pre-ipo-handel.html. 432 Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 187; Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 18. 433 Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 187; Crüwell/Fürhoff, S. 334, 442.

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Leerverkäufen an ihren wahren Wert heranzuführen. Dies stärke die Informationseffizienz des Kapitalmarktes. Zudem erhöhten Leerverkäufe die Liquidität.434 Den zitierten Untersuchungen435 ist gemein, dass sie das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt, welches für das Funktionieren unerlässlich ist, vollkommen unberücksichtigt lassen. Dies ist m. E. ein wesentliches Fehl, da die Kenntnis von der manipulativen Eignung von Leerverkäufen geeignet ist, dieses Anlegervertrauen zu erschüttern, zumal Leerverkäufe bislang nicht als solche identifiziert werden müssen und deshalb intransparent sind. Zudem wird unterstellt, dass das Schließen der Leerposition ebenfalls nur auf rationalen Gründen beruht, nämlich auf der Erkenntnis, dass diese Verkäufer die leer verkauften Wertpapiere aufgrund der von den Leerverkäufen ausgehenden Signale tatsächlich als überbewertet erkannt haben. Dabei wird der Einfluss, welches das aus dem steigenden Angebot der Wertpapiere sich ergebende Signal auf die Entscheidung der Anleger haben kann, unterschätzt bzw. vernachlässigt.436 Hinzu kommt, dass die wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen bislang nur den Handel am Sekundärmarkt untersucht haben. Die Studien befassen sich dagegen nicht mit der besonderen Situation während der Preisbildung, welche in besonderem Maße von Unsicherheit hinsichtlich der Preisbildung geprägt ist. Auch zum Einfluss von Leerverkäufen auf die Preisentwicklung unmittelbar nach Notierungsaufnahme im Sekundärmarkt gibt es – soweit ersichtlich – nur eine Arbeit.437 Lediglich eine Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen dem Umfang von Leerverkaufsaktivitäten im Vorfeld von sog. Seasoned Equity Offerings und der Preisfestsetzung für diese Wertpapiere.438 Auch wenn die Situation nicht vollständig mit derjenigen der Preisfindung bei einer Erstemission vergleichbar ist, da hier bereits gleiche Wertpapiere notiert sind, lohnt dennoch ein Blick auf die Erkenntnisse. Die Studie konnte zeigen, dass der Umfang der Leerverkaufsaktivität in dem Wertpapier, welches zum Erwerb angeboten wurde, in dem Zeitraum von der Ankündigung des Angebots bis zur Preisfestsetzung, welche sich am Schlusskurs eines zuvor bekannt gegebenen Tages orientiert, steigt.439 Diese Beobachtung entspricht der Beobachtung der Fairfax Financial Holdings Limited, welche diese anekdotisch im Rahmen der von der SEC durchgeführten Anhörungen zur Neufassung von Rule

434 Siehe überblicksartig Culp/Heaton, Naked Shorting, 2007, S. 1, 4 f. sowie die Nachw. oben in Fn. 413. 435 Siehe oben Fn. 413. 436 Siehe hierzu auch SEC, Short Selling in Connection with a Public Offering, Release No. 34 – 56206, Federal Register, Vol. 72, No. 154/ 2007, S. 45094, 45103. 437 Vgl. Edwards/Weiss Hanley, SEC Office of Economic Analysis, Short Selling in Initial Public Offerings, July 2009, Journal of Financial Economics, forthcoming. 438 Safieddine/Wilhelm, 51 Journal of Finance (1996), 729 ff. 439 Safieddine/Wilhelm, 51 Journal of Finance (1996), 729 ff.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

105 Regulation M mitgeteilt hatte.440 Ein hoher Umfang an Leerverkäufen hat einen – aus Sicht des Unternehmens negativen – Einfluss auf die Preisfestsetzung, da die Kurse infolge des zuvor durch die Leerverkäufe hervorgerufenen Überangebots absanken und dadurch Preisabschläge hinzunehmen waren.441 Weiter konnte gezeigt werden, dass die Einführung von Rule 10b-21 zum Securities Exchange Act442, mit welcher untersagt wurde, Leerverkäufe, welche zwischen der Ankündigung des Angebots und der Preisfestsetzung abgeschlossen worden sind, mittels Ankauf von Wertpapieren aus diesem Angebot zu erfüllen, zur Folge hatte, dass die zuvor festgestellten Preisabschläge für die neuen Aktien nun deutlich geringer ausfielen.443 Auch wenn die Autoren nicht abschließend klären konnten, ob dieses Resultat als Bestätigung dafür angesehen werden konnte, dass es sich bei den beobachteten Leerverkaufsaktivitäten um eine Form der Marktmanipulation handelte, räumten sie ein, dass es einige dafür sprechende Fakten gab.444 Nach allem weisen Leerverkäufe sowohl positive als auch negative Eigenschaften auf. Ob die wirtschaftlichen Vorteile die negativen Auswirkungen überwiegen, oder umgekehrt, ist eine empirische Frage, die im Rahmen dieser Arbeit nicht geklärt werden kann. Auch wenn damit letztlich keine abschließende Entscheidung über den Zusammenhang von Leerverkäufen während der Preisfindung und der Preisfestsetzung getroffen werden kann, steht zumindest die Eignung von Leerverkäufen als Manipulationstechnik außer Frage. Die Möglichkeit, mittels Leerverkäufen im Handel per Erscheinen auf den Ausgabepreis einzuwirken, Leerverkäufe somit als Mittel der Marktmanipulation einzusetzen, schadet gerade in der Phase der Preisfindung, da es hier auch ohne zusätzliche Einflüsse wie dem des Handels per Erscheinen schwierig ist, einen angemessenen Preis für das Wertpapier festzusetzen.445 Unter Beachtung aller vorstehenden Aspekte fällt es schwer, in dieser Vorgehensweise dann (nur) die Umsetzung einer Investmentidee zu erblicken und Gründe für einen wirtschaftlich begründeten Umsatz zu finden, welche dieses Vorgehen legitim erscheinen lassen. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um Leerverkäufe handelt, die nicht durch eine konkrete Erwerbsaussicht wie eine feste Zusage der Berücksichtigung bei der Zuteilung der neuen Aktien oder eine Abgabe bzw. Leihe seitens eines Altaktionärs

440

Fairfax Financial Holdings Limited, Re to SEC Release No. 34 – 54888; File No. S7 – 20 – 06, Short Selling in Connection with a Public Offering. 441 Safieddine/Wilhelm, 51 Journal of Finance (1996), 729 f. 442 In Kraft getreten am 25. August 1988, vgl. SEC Release No. 33 – 6798; 34 – 26028; zur Neufassung der Vorschrift mit Wirkung vom 17. Oktober 2008 s. SEC Release No. 34 – 57511 (Proposal) und 34 – 58774 (Final Rule). 443 Safieddine/Wilhelm, 51 Journal of Finance (1996), 729 f. 444 Safieddine/Wilhelm, 51 Journal of Finance (1996), 729, 747. 445 Zu den negativen Eigenschaften des Short Selling aus Sicht der Regulierungsbehörden vgl. auch IOSCO, Regulation of Short Selling, Consultation Report vom 23. 3. 2009, Appendix II, S. 22 f.; abrufbar unter www.iosco.org.

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gedeckt ist, wenn es sich mithin um einen ungedeckten Leerverkauf, sog. naked short, handelt. Hat der Leerverkäufer dagegen bei Vornahme des Leerverkaufs bereits eine verbindliche Zusage auf Zuteilung von Wertpapieren aus der Emission, oder hat er aufgrund einer zugesagten Wertpapierleihe die Möglichkeit, zum Fälligkeitszeitpunkt die leerverkauften Wertpapiere zu liefern und den Vertrag zu erfüllen, sprechen die Umstände mehr für das Vorliegen wirtschaftlich begründeter Geschäfte. c) Rechtslage auf dem US-amerikanischen Kapitalmarkt Dieses Ergebnis, generelle Eignung der ungedeckten Leerverkäufe zur Marktpreismanipulation, und die Annahme, dass die dadurch möglicherweise entstehenden Nachteile die (angeblichen) positiven Eigenschaften während der Phase der Preisbildung übersteigen, wird durch einen rechtsvergleichenden Blick auf die entsprechenden US-amerikanischen Regelungen bestärkt. Die US-amerikanische Kapitalmarktaufsicht SEC hat die Zulässigkeit und die Modalitäten von short sales umfassend in Rule 105 der Regulation M446 geregelt. Ziel der Rule 105 ist vor allem, eine ungestörte Preisbildung (ausschließlich) auf Grundlage von Angebot und Nachfrage zu gewährleisten und damit nicht im Zusammenhang stehende, künstliche Beeinflussungen auszuschließen. Danach ist es nach Rule 105 lit. a) der Regulation M im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren verboten, dieses Wertpapier leer zu verkaufen und das Wertpapier von an der Emission beteiligten Personen zum Zwecke der Erfüllung eines Leerverkaufs anzukaufen, wenn der Leerverkauf während der sog. Restricted Period vor der Emission abgeschlossen worden ist. Die Restricted Period ist die jeweils kürzere Periode der beiden folgenden, entweder die Periode beginnend fünf Geschäftstage vor der Preisfestsetzung bis zu dieser, Rule 105 lit. a) Nr. 1) Regulation M, oder beginnend mit dem Registrierungsantrag bis zur Preisfestsetzung, Rule 105 lit. a) Nr. 2 Regulation M. Typischerweise ist dies der Zeitraum, in welchem mittels Bookbuilding- oder Auktionsverfahren die Preisfindung läuft und damit auch der Zeitraum, in welchem – zumindest in Deutschland – im Handel per Erscheinen die Wertpapiere gehandelt werden. Damit ist es auf dem US-amerikanischen Kapitalmarkt verboten, Leerverkäufe mit Aktien aus der Emission zu erfüllen oder solche Aktien als Erfüllung anzunehmen.447 Zudem kommt durch einen ungedeckten Leerverkauf – unabhängig von der Durchführung einer Emission – nach der am 14. 10. 2008 erlassenen „Naked Short

446

SEC, 17 CFR 242.105, SEC-Release 34 – 56206. Vgl. ausführlich SEC, Short Selling in Connection with a Public Offering, SEC Release No. 34 – 56206, Federal Register, Vol. 72, No. 154/ 2007, S. 45094, 45103. 447

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Selling Antifraud Rule“448 ein Verstoß gegen die neben der Regulation M anwendbare Sec. 10b des Securities Exchange Act in Betracht. Sec. 10b SEA verbietet jede Art von Handlung, die sich in einem Betrug oder einer Täuschung auswirkt. Eine Täuschung kann auch in einem effektiven Rechtsgeschäft liegen.449 Besteht der Zweck des Wertpapiergeschäfts allein darin, den Marktpreis zu beeinflussen, liegt ein Verstoß gegen Sec. 10b SEA vor.450 Aufgrund des erheblichen Missbrauchspotenzials, welches gerade ungedeckte Leerverkäufe beinhalten, bestimmt nunmehr Rule 10b-21, dass im Fall eines ungedeckten Leerverkaufs eine Täuschung des Leerverkäufers über seine Fähigkeit, die verkauften Wertpapiere auch liefern zu können, vorliegt und dieser damit eine verbotene Manipulation begeht.451 Danach ist es verboten, Leerverkäufe vorzunehmen, sofern der Verkäufer nicht zuvor sicherstellt, dass er am Tag der Lieferung die verkauften Wertpapiere auch tatsächlich liefern kann. d) § 30 h WpHG Auch der nationale Gesetzgeber ist aufgrund der Ereignisse während der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 letztlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gefahren, welche ungedeckte Leerverkäufe für die Stabilität des Finanzsystems bergen, höher zu bewerten sind als die ihnen zugeschriebenen positiven Wirkungen für den Finanzmarkt452 und hat sich zu einem Verbot ungedeckter Leerverkäufe durch die Einführung eines § 30 h WpHG entschlossen.453 Nach § 30 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sind nunmehr ungedeckte Leerverkäufe in Aktien, die an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, verboten. Das Verbot greift allerdings erst mit Zulassung der Aktien, so dass es für die hier betrachtete Phase noch keine Wirkung entfaltet. Die Einführung von § 30 h WpHG bestätigt jedoch ebenso wie die Rechtslage in den USA die Einschätzung, dass es sich bei ungedeckten Leerverkäufen um eine nicht anerkennungsfähige Marktpraxis handelt. e) Fazit Ungedeckte Leerverkäufe während des Handels per Erscheinen sind in aller Regel keine wirtschaftlich begründeten Umsätze im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV. Sie erwecken damit den unzutreffenden Eindruck wirtschaftlich begründeter Umsätze und sind deshalb geeignet, falsche oder irreführende Signale im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbei448

SEC, 17 CFR 240.10b-21, SEC-Release 34 – 57511. Vgl. SEC v. Lorin, 877 F (S.D.N.Y. 1995); United States v. Mulheren, 938 F.2d 364 (2d Cir. 1991); SEC v. Resch-Cassin & Co., 362 F. Supp. 964 (S.D.N.Y. 1973). 450 United States v. Mulheren, 938 F.2d 364 (2d Cir. 1991). 451 17 CFR 240.10b-21, SEC-Release 34 – 57511. 452 Begr. RegE eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte, BT-Drs. 17/1952, S. 7, 9. 453 Gesetz v. 21. 7. 2010, BGBl. I 2010, 945, in Kraft seit 27. 7. 2010. 449

C. Handelsgestützte Manipulationen

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zuführen. Auch eine Anerkennung als zulässige Marktpraxis nach § 20a Abs. 2 WpHG kommt nicht in Betracht. 3. Haltevereinbarungen Den Handel per Erscheinen können Altaktionäre, deren Aktien nicht Gegenstand der Emission sind, nutzen, um diese dennoch zu veräußern. Häufig geschieht dies zur Umgehung sog. Lock-up Vereinbarungen, die auch als Halte- oder Stillhaltevereinbarungen bezeichnet werden. Die Terminologie zur Bezeichnung dieser Vereinbarungen ist sehr uneinheitlich,454 im folgenden sollen sie als Haltevereinbarungen bezeichnet werden sollen. a) Grundlagen Haltevereinbarungen sind ein übliches Instrument bei der rechtlichen Begleitung von Börsengängen.455 Durch sie verpflichten sich Altaktionäre mit wesentlichen Beteiligungen am Emittenten entweder gegenüber diesem oder üblicherweise gegenüber der Konsortialführerin, für die Zeit nach dem Börsengang befristet, ihre Aktien, die nicht mit in die Emission eingehen, für einen bestimmten Zeitraum nach Notierungsaufnahme nicht zu veräußern oder sonstige wirtschaftlich einer Veräußerung entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.456 Mit dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung sollen die Zuversicht und das Vertrauen der Altaktionäre in die künftige Entwicklung des Unternehmens dokumentiert und ein Signal für eine positive Unternehmensentwicklung gegeben werden.457 Zusätzlich soll dadurch vermieden werden, dass der Kurs des Wertpapiers kurz nach Notierungsaufnahme durch zusätzliche Verkäufe abgabewilliger Altaktionäre zu stark unter Druck gerät.458 Der Emittent und das Emissionskonsortium haben darüber hinaus auch aus Gründen der Aufrechterhaltung ihres Emissionsstandings, der kursstabilisierenden Wirkung der Vereinbarungen auf den Sekundärmarkt, sowie zur Vermeidung der Beeinträchtigung von Kursstabilisierungsmaßnahmen ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass die Altaktionäre nicht durch den Verkauf ihrer Anteile unmittelbar den Kurs der Wertpapiere belasten.459 Dies könnte sonst die Entwicklung

454 Grüger, BKR 2008, 101, 102; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 561; Fleischer, WM 2002, 2305, 2305. 455 Grüger, BKR 2008, 101, 101; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 561. 456 Grüger, BKR 2008, 101, 101; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 562. 457 Nowak/Gropp, zfbf 2002, 19, 21; Fleischer, WM 2002, 2305, 2306 f.; Grüger, BKR 2008, 101, 102. 458 Fleischer, WM 2002, 2305, 2307; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 562; Grüger, BKR 2008, 101, 102. 459 Grüger, BKR 2008, 561, 562.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

des Kurses weiter beeinträchtigen, was enttäuschte Anleger zu Verkäufen veranlassen und somit zu weiteren Kursverlusten führen kann.460 In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur konnte nachgewiesen werden, dass der Verkauf der Anteile durch den Altaktionär ein kursrelevantes Ereignis für die Marktteilnehmer ist. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Verkauf unter Verstoß gegen die Haltevereinbarung oder nach Ablauf der Haltefrist erfolgte, in beiden Fällen führte dies nach Bekanntwerden zu einer negativen Kursentwicklung.461 b) Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG? Der Abschluss der Haltevereinbarung selbst könnte zwar möglicherweise bereits eine Marktmanipulation sein, da durch die Vereinbarung das Angebot am betreffenden Wertpapier künstlich verknappt wird.462 Dem steht aber zum einen entgegen, dass die beteiligten Parteien, der Inhalt und die Ausnahmen der Vereinbarung sowie die Dauer der Vereinbarung gemäß Anhang III Ziff. 7.3. VO 809/2004/EG im Prospekt anzugeben sind und die Vereinbarung daher transparent ist. Zum anderen greifen die Haltevereinbarungen erst mit Notierungsaufnahme, so dass sie im hier betrachteten Zeitraum noch keine Wirkung entfalten. Dagegen könnte der Verkauf der Wertpapiere durch die Altaktionäre entgegen einer Haltevereinbarung den Tatbestand der Marktpreismanipulation gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG erfüllen. Anknüpfungspunkt ist der – abredewidrige – Veräußerungsvorgang selbst.463 § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG gilt aufgrund der Regelung des § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG auch bereits während des Handels per Erscheinen.464 Der Marktpreis, welcher beeinflusst wird, ist der Emissionspreis des Wertpapiers. Die Veräußerung im Handel per Erscheinen entgegen bestehenden Haltevereinbarungen müsste geeignet sein, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsenoder Marktpreis zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Die zur Konkretisierung von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG in § 3 MaKonV genannten Anzeichen liegen zwar sämtlich nicht vor, gleichwohl können darüber hinaus unbenannte Verstöße gegen das Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG vorliegen, da weder die Aufzählung der Anzeichen noch § 3 MaKonV selbst abschließend sind. Veräußerungen von Wertpapieren im Handel per Erscheinen sind stets ein Signal, unabhängig davon, ob dies nun unter Verstoß gegen eine Haltevereinbarung erfolgt 460 Fleischer, WM 2002, 2305, 2306; Harrer/Mölling, BB 1999, 2521, 2522; Grüger, BKR 2008, 561, 562. 461 Nowak/Gropp, zfbf 2002, 19, 20 m.w.N. auch zu US-amerikanischen Studien; Fleischer, WM 2002, 2305, 2307; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 324, 361. 462 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 215. 463 Ebs. Stoll, Der Konzern 2007, 561, 567; Grüger, BKR 2008, 101, 105. 464 Zum Anwendungsbereich s. oben A.I.3.

C. Handelsgestützte Manipulationen

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oder nicht. Dies folgt schon aus der Beachtung, welche der Handel per Erscheinen im Vorfeld einer Emission vor allem auch in der Berichterstattung findet und deren Bedeutung als Informationsquelle für die Anleger bei ihrer Anlageentscheidung. Dieses Signal ist nach dem oben ausgeführten falsch, wenn es nicht mit der tatsächlichen Marktsituation für das betreffende Wertpapier übereinstimmt. Haltevereinbarungen sind im Prospekt detailliert aufgeführt, sie sind bei Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt prospektpflichtig (Anhang III Ziffer 7.3 VO 809/ 2004/EG). Die Anleger können diese Information ihrer Anlageentscheidung zu Grunde legen, sie dient der Beurteilung des Angebots für das jeweilige Wertpapier. Auch wenn aus der Prospektpflicht für die Haltevereinbarungen keine Garantie folgt, dass die Haltevereinbarung auch eingehalten wird465, suggeriert der Altaktionär mittels dieser Erklärung, dass es sich bei den vorab veräußerten Aktien um nicht gebundene Anteile handelt, sondern bspw. um Leerverkäufe anderer Marktteilnehmer.466 Die Marktteilnehmer treffen unter Berücksichtigung der Umsätze aufgrund des Verstoßes gegen die Haltevereinbarung eine falsche Einschätzung des Marktes zu der Zahl der handelbaren Wertpapiere und damit zur Breite und Tiefe des Marktes. Dies ist ein grundlegender Umstand für die Preisbildung des Wertpapiers.467 Die Marktteilnehmer werden somit über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse betreffend das Wertpapier in die Irre geführt.468 Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Altaktionär den Entschluss zur Veräußerung bereits beim Abschluss der Haltevereinbarung oder erst während des Laufens der Stillhaltefrist gefasst hatte.469 Dies ergibt sich schon daraus, dass die Signalwirkung und damit die Irreführungseignung in beiden Fällen identisch ist, da sich diese ausschließlich aus dem Verkauf und nicht aus dem dahinter stehenden Entschluss ergibt.470 Ebenso kommt es nicht darauf an, dass die Haltevereinbarung in aller Regel erst mit der Notierungsaufnahme471 in Kraft tritt. Dies folgt sowohl aus der auch hier gegebenen Irreführungseignung als auch aus der Eigenart des Handels per Erscheinen. Der Handel per Erscheinen findet in der Berichterstattung der Presse große Beachtung. Die Berichterstattung wiederum wird von den Marktteilnehmern als mit Abstand wichtigste Informationsquelle über das Unternehmen genutzt und bildet damit die bedeutendste Entscheidungsgrundlage für die Investition.472 Dabei ist der Handel per Erscheinen völlig intransparent, der Umsatz in aller Regel gering und die Zahl der Teilnehmer klein. Mit der Veräußerung eines Teils der Aktien, die ver465 466 467 468 469 470 471 472

Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568; Fleischer, WM 2002, 2310. Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568; Grüger, BKR 2008, 101, 105. Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568. Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568; Grüger, BKR 2008, 101, 105. In diesem Sinne aber Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 364 ff. Ebs. Grüger, BKR 2008, 101, 105. Siehe Fleischer, WM 2002, 2305, 2305. DAI, Studien 2009, Heft 42, S. 7, 28 f.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

einbarungsgemäß der Haltevereinbarung unterliegen, kann damit ohne weiteres ein starker Umsatz und eine hohe Liquidität im Handel per Erscheinen erzeugt werden, was als ein wichtiges – und unzutreffendes – Signal für das Interesse am Wertpapier und die Einschätzung des angemessenen Preises für dieses durch die am Handel per Erscheinen teilnehmenden Anleger gewertet werden kann. Auch die Einschätzung des Wertpapiers durch die Teilnehmer am Handel per Erscheinen ist eine wichtige Information für die Anleger, da dies in aller Regel nur die institutionellen Investoren sind. Damit liegt beim Verkauf von Wertpapieren des emittierenden Unternehmens im Handel per Erscheinen unter Verstoß gegen eine Haltevereinbarung ein Geschäft vor, welches geeignet ist, ein falsches Signal für das Angebot oder den Börsen- oder Marktpreis zu geben. Letztlich steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass der vereinbarungswidrige Verkauf außerbörslich abgeschlossen und vollzogen wird. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht auf börsliche Handlungen begrenzt.473 Es genügt, wenn die außerbörsliche Handlung, hier die Veräußerung, ein falsches Signal für die Bildung des Börsen- oder Marktpreises gibt. Dieser Preis kann auch der Ausgabepreis des Wertpapiers sein.474 c) Anerkannte Marktpraxis nach § 20a Abs. 2 WpHG? Ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG könnte nur dadurch ausscheiden, dass es sich bei dem Verkauf von Wertpapieren entgegen einer Haltevereinbarung um eine anerkannte oder wenigstens anerkennungsfähige Marktpraxis im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG handelt. Anerkannt im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG i.V.m. §§ 7 ff. MaKonV ist diese Marktpraxis nicht. Sie wäre auch nicht anerkennungsfähig, da die Vorgehensweise nicht die für eine Anerkennung maßgeblichen Kriterien nach § 8 MaKonV erfüllt.475 Insbesondere fehlt es an der erforderlichen Transparenz, § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV, dies hat zur Folge, dass den anderen Marktteilnehmern keine angemessene und rechtzeitige Reaktion auf den Verkauf möglich ist, § 8 Abs. 1 Nr. 4 MaKonV, zudem wird die Marktintegrität nach allem Vorstehenden gefährdet.

473 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 41; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 131; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568; zum Anwendungsbereich s. bereits oben A.I.3. 474 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 40; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568; zum Anwendungsbereich s. bereits oben A.I.3. 475 Vgl. zu § 8 MaKonV Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 195 ff.; Mock/ Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh I § 8 MaKonV Rn. 1 ff.; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 120 ff.; Knauth/ Käsler, WM 2006, 1041, 1048 f.

D. Sonstige Täuschungshandlungen

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Der Altaktionär kann einen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG nur dadurch vermeiden, dass er den Verkauf vorab in angemessener Wiese veröffentlicht.476

D. Sonstige Täuschungshandlungen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG enthält das Verbot, sonstige Täuschungshandlungen vorzunehmen, die geeignet sind, auf den Preis eines Finanzinstrumentes einzuwirken. Die Vorschrift ist als Auffangtatbestand zu § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG477 bewusst weit gefasst, um der Vielzahl von Manipulationstechniken Rechnung zu tragen, die sich einer umfassenden gesetzlichen Regelung entziehen.478 Im Verhältnis zu den in § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG geregelten Manipulationstechniken ist die Regelung lex generalis, d. h. diese finden hinsichtlich der informations- und handelsgestützten Manipulationen vorrangig Anwendung. Sachlich greift Nr. 3 damit vor allem ein bei den sog. handlungsgestützten Manipulationen, welche auf eine Veränderung des inneren Wertes einer Aktie abzielen.479 Konkretisiert wird § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG durch § 4 MaKonV, welcher in Absatz 1 die sonstige Täuschungshandlung näher definiert und in den Absätzen 2 und 3 die Vorgaben aus Art. 1 Nr. 2 lit. c) 1. und 3. Spiegelstrich Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG sowie Art. 5 lit. a) und b) der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG zur Marktmissbrauchsrichtlinie in nationales Recht umsetzt.480 Insgesamt ist die Fallgruppe stark vom Einzelfall geprägt, wie bereits der Blick auf die sehr unterschiedlichen Anzeichen und Beispiele zeigt, die § 4 Abs. 2 und 3 MaKonV enthalten. Gleichwohl dürfte der Anwendungsbereich der Norm eher gering sein, da die zur Konkretisierung aufgezählten Anzeichen und Beispiele vielfach bereits § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpHG unterfallen dürften.481 Typischerweise (nur) während der Emission auftretende Anwendungsfälle sind bislang je476

Grüger, BKR 2008, 101, 106; Stoll, Der Konzern 2007, 561, 568 f. Mock/Stoll/Eufinger, WpHG § 20a Rn. 201; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 206; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 58; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1049; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 138; Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 188. 478 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S: 64, 89; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 58; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a Rn. 66; Kutzner, WM 2005, 1401, 1404. 479 Fleischer, Gutachten 64. DJT; Teilgutachten F, 119 f.; Lenzen, WM 2000, 1131, 1137; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 209; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 138. 480 Begr. MaKonV BR-Drs. 18/05, S. 22 f. 481 Ebs. Eichelberger, Marktmanipulation, S. 318; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 63; Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1050; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 218. 477

116

§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

denfalls soweit ersichtlich nicht aufgetreten, so dass auf weitere, schwer zu systematisierende Ausführungen zu § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG hier verzichtet werden soll.

E. Subjektiver Tatbestand Die Marktmanipulation, durch welche eine der in § 20a Abs. 1 WpHG genannten Tathandlungen einen Einwirkungserfolg nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG verursacht, erfordert zur Begründung der Strafbarkeit subjektiv Vorsatz.482 Für alle Tatbestandsvarianten erforderlich, aber auch genügend ist Vorsatz in Form des dolus eventualis.483 Neben den Tatbestandsmerkmalen nach § 20a Abs. 1 WpHG muss der Täter auch den Einwirkungserfolg nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG für möglich halten und billigend in Kauf genommen haben. Tatsächlich wird aber in den meisten Fällen Absicht vorliegen.484 Ist eine Beeinflussung des Marktpreises durch die Manipulation nicht erfolgt oder nicht nachweisbar, ist die Tat Ordnungswidrigkeit.485 Subjektiv genügt im Fall des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG auch Leichtfertigkeit, § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG, für die Tatbestände nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 WpHG ist auch hier Vorsatz in Form des dolus eventualis erforderlich, § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG.486 Eine fahrlässige Begehung des Tatbestandes ist somit nicht tatbestandsmäßig und bleibt sanktionslos.487

F. Zusammenfassung I. Der Anwendungsbereich des Verbots nach § 20a WpHG § 20a WpHG schützt die Wahrheit und Zuverlässigkeit der Preisbildung von Finanzinstrumenten, wenn die Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen oder in den regulierten Markt oder in den Freiverkehr 482 Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 590; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 2; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 225. 483 Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 590; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 2; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 225. 484 Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht Rn. 592 f. 485 Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 594. 486 Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 594, 597, 600, 602. 487 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 227; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 3; Schwark, in: Schwark/ Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 98.

F. Zusammenfassung

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einbezogen sind. Die Norm ist bereits dann anwendbar, wenn für das jeweilige Finanzinstrument ein Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung gestellt oder öffentlich angekündigt ist, § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG. Bei größeren, aufwendigen Börsengängen kann dies zu einer Anwendbarkeit mehrere Monate vor der Notierungsaufnahme führen. Damit sind jetzt auch Vorkommnisse während der Vorbereitung und Durchführung der Emission, insbesondere Manipulationen während der Preisfindung, die sich auf den Markt- oder Börsenausgabepreis beziehen, vom Verbot erfasst.

II. Informationsgestützte Manipulationen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG 1. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG Das Verbot gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG erfasst das Machen unrichtiger oder irreführender Angaben über bewertungserhebliche Umstände, sofern die Angaben geeignet sind, auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes einzuwirken. Die Situation vor einem Börsengang ist für Anleger von einer besonders undurchsichtigen Informationslage gekennzeichnet. Informationen des Emittenten erlangen deshalb in dieser Situation eine noch höhere Bedeutung, als ihnen ohnehin schon zukommt. a) Aufgrund des erweiterten Anwendungsbereiches des Verbots nach § 20a WpHG sind sämtliche im Zusammenhang mit der Emission getätigte Angaben des Emittenten darauf zu prüfen, ob sie möglicherweise unrichtig oder irreführend sind. Dazu zählen nun auch unrichtige Angaben in Börsen- oder Verkaufsprospekten, die jetzt zusätzlich zur Prospekthaftung dem Verbot der Marktmanipulation unterfallen. b) Angaben im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sind sämtliche Erklärungen über das Vorliegen von Umständen bezüglich eines Finanzinstruments, Tatsachen, Werturteile, Meinungen und Prognosen sowie Gerüchte. c) Für das Machen der Angabe genügt es, wenn die Erklärung so abgegeben wird, dass eine weitere Person von ihr Kenntnis nehmen kann. Dabei muss keine bestimmte Person im Blick des Täters sein. Ungezieltes Ausstreuen genügt. d) Tatsachenangaben sind falsch, wenn sie nicht der Wirklichkeit entsprechend. Angaben, die Werturteile oder Prognosen beinhalten, sind nach herrschender Ansicht falsch, wenn entweder die Prognosebasis unrichtig ist oder die aus der zutreffenden Basis gezogenen Schlüsse schlechthin unvertretbar sind. Unvertretbarkeit liegt in jedem Fall vor, wenn das Werturteil oder die Prognose „ins Blaue hinein“ abgegeben wird, d. h. ohne Prüfung der zugrunde liegenden Tatsachen, wenn eine solche Prüfung erwartet werden kann.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

Zu beachten sind hierfür weiterhin die Vorgaben des WpPG und der ProspektVO, die weitergehende Pflichten zur Veröffentlichung enthalten. Werden diese nicht beachtet oder sind die Prognosen nach dem Vorstehenden inhaltlich unzutreffend, macht der Emittent nunmehr auch unrichtige Angaben im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG. e) Das Verbot umfasst auch das Machen von an sich zutreffenden, aber irreführenden Angaben. Problematisch hierbei ist der für die Beurteilung maßgebliche Empfängerhorizont, da es auf dem Kapitalmarkt insoweit kein homogenes Anlegerpublikum gibt. Hierbei sollte auf den jeweiligen Einzelfall abgestellt werden, wobei sich die Irreführungseignung danach bestimmt, an welche Anlegergruppe sich die Angabe richtet. Bei einer an die breite Öffentlichkeit gerichteten Angabe im Rahmen einer Neuemission von Wertpapieren ist der Verständnishorizont eines Privatanlegers, also eines verständigen, durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Anlegers für die Beurteilung einer Angabe zu Grunde zu legen. f) Der Begriff der Bewertungserheblichkeit wird durch § 2 MaKonV konkretisiert. Der Katalog der Umstände ist jedoch unvollständig und nicht auf die Situation der Emission zugeschnitten. Es sind daher weitere Rechtsquellen zur Konkretisierung heranzuziehen. Auch hier ist auf die Vorgaben des WpPG zurückzugreifen. Bewertungserheblich sind danach die in § 5 WpPG genannten Angaben, insbesondere die in der Zusammenfassung enthaltenen, sowie solche, deren Eintritt bzw. Änderung die Veröffentlichung eines Nachtrages zum Prospekt gem. § 16 WpPG erforderlich machen, wie bspw. die Korrektur einer im Prospekt veröffentlichten Gewinnprognose. g) Die Figur des verständigen Anlegers ist stark konkretisierungsbedürftig. Diese Konkretisierung ist aber trotz aller berechtigter Kritik nicht unmöglich. Problematisch hierbei ist wie bei der Frage der Bewertungserheblichkeit vor allem der maßgebliche Empfängerhorizont. Richtigerweise ist er ebenso wie dort anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der Kenntnisstand des jeweiligen Adressaten der Angabe mit zu berücksichtigen ist. Richtet sich eine Angabe zielgerichtet oder wenigstens auch an Privatanleger, wie bspw. bei einer breit angelegten öffentlichen Neuemission, so ist auch deren Verständnis zugrunde zu legen. Der verständige Anleger ist in diesem Fall ein durchschnittlicher Privatanleger. h) Die Angabe muss geeignet sein, auf den Preis einzuwirken. Dabei genügt eine generelle Eignung, eine erhebliche Einwirkung ist ebenso wenig erforderlich wie eine tatsächliche Einwirkung der Angabe auf den Preis. Diese hat aber Bedeutung für die Frage der Strafbarkeit des Verhaltens. Zu ermitteln ist die Einwirkungseignung anhand einer nachträglich-objektiven Prognose, wobei auf gesicherte allgemeine Erfahrungssätze der am Kapitalmarkt Tätigen zurückzugreifen ist. Geeignet zur Preiseinwirkung ist danach bspw. das Bekanntwerden der Absicht der Übernahme des Emittenten durch ein anderes Unternehmen.

F. Zusammenfassung

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2. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG a) § 20a WpHG statuiert selbst keine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Angaben, sondern setzt eine zum Zeitpunkt des Verschweigens geltende Vorschrift voraus, die eine solche Rechtspflicht begründet. Systematisch lassen sich die Offenlegungspflichten in drei größere Gruppen unterteilen, erstens kapitalmarktrechtliche, zweitens bilanzrechtliche und drittens Handelsregister-Publizitätspflichten. b) Praktisch bedeutsam sind aus prospektrechtlicher Sicht vor allem das Unterlassen der Veröffentlichung eines Nachtrages gemäß § 16 WpPG und ein Verstoß gegen das Konsistenzgebot nach § 15 Abs. 2 S. 2 WpPG, aus kapitalmarktrechtlicher Sicht die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gem. § 15 WpHG. Das Unterlassen der gebotenen Veröffentlichung ist zugleich ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG. c) Verschwiegen sind die Umstände, wenn sie gar nicht oder nicht zu dem Zeitpunkt veröffentlicht werden, zu dem sie zu publizieren sind. 3. Veröffentlichung zusätzlicher Informationen? Die für das Anlegervertrauen schädliche selektive Weitergabe von Informationen erfordert keine (Wieder-)Einführung einer Quiet Period bzw. Black Out Period, da § 15 WpPG ausreichend inhaltliche Vorgaben zur Gewährleistung der Anlegergleichbehandlung und der damit verbundenen Stärkung des Anlegervertrauens enthält und ein Verstoß dagegen nunmehr durch § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sanktioniert wird. 4. Journalisten Der Berichterstattung der Presse einschließlich des Fernsehens kommt für die Anlegerinformation eine überragende Bedeutung zu. Sie ist mit Abstand der von Anlegern am meisten genutzte und am besten bewertete Informationskanal. a) Für Journalisten besteht hierbei ein Interessenkonflikt zwischen der Wahrheitspflicht der Medien auf der einen und ihrer Funktion als schneller Kommunikationskanal auf der anderen Seite. Dabei laufen Journalisten stets Gefahr, im Rahmen ihrer Berichterstattung falsche oder irreführende Angaben zu machen, und so gegen das Verbot nach § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG zu verstoßen. Diese allgegenwärtige Gefahr würde eine folgenlose aktuelle Berichterstattung aufgrund dadurch notwendig werdender umfassender Untersuchungs- und Prüfungspflichten nahezu unmöglich werden lassen. Dem hat der Gesetzgeber mit der Einführung von § 20a Abs. 6 WpHG Rechnung getragen, welcher besagt, dass die Berichterstattung von Journalisten, die in Ausübung ihres Berufes handeln, unter Berücksichtigung ihrer berufsständischen Regeln zu beurteilen ist.

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§ 2 Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG

b) Die berufsständischen Regelungen sind im Pressekodex des Deutschen Presserates sowie ergänzenden Verhaltensrichtlinien niedergelegt. Sie konkretisieren die Pflichten zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung und zur Überprüfung von Quellen. Der Journalist hat dann mit berechtigtem Interesse an der Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit gehandelt, auch wenn ein Verstoß gegen das Gebot des Machen wahrheitsgemäßer Angaben vorliegt, sofern er nur mit pressegemäßer Sorgfalt gehandelt hat. Die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltsstandards, wie sie bspw. der Deutsche Pressekodex und die Verhaltensanforderungen und Empfehlungen des Deutschen Presserates vorgeben, wiegen eine mögliche Falschmeldung somit auf. Dieses Ergebnis wird auch dadurch gestützt, dass anderenfalls die Presse wieder mit nahezu uferlosen Recherchepflichten belastet würde, welche der Verwirklichung der Pressefreiheit entgegenstünden. Damit hat die privilegierende Beurteilung des Verhaltens von Journalisten zur Folge, dass der Journalist, wenn die Berichterstattung die Vorgaben der berufsständischen Regelungen erfüllt, trotz einer möglichen Verbreitung unrichtiger oder irreführender Informationen, keine informationsgestützte Manipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Fall 1 WpHG begangen hat.

III. Handelsgestützte Manipulationen Nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG verboten sind Geschäfte bzw. Kauf- oder Verkaufsaufträge, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. 1. Börslicher Handel findet vor Notierungsaufnahme noch nicht statt. Dennoch können Marktteilnehmer den Börsen- oder Marktausgabepreis eines Finanzinstrumentes durch handelsgestützte Manipulationen zu beeinflussen suchen. Hierzu können sie den Handel per Erscheinen nutzen. Praktisch in Betracht kommen vor allem die Manipulation mittels der Vornahme von Leerverkäufen oder durch eine Veräußerung von Wertpapieren durch Altaktionäre entgegen bestehender Haltevereinbarungen. 2. a) Sowohl Leerverkäufe als auch Veräußerungen entgegen Haltevereinbarungen sind Geschäfte im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG. Ihre Eignung, falsche oder irreführende Signale im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen, ist unter Rückgriff auf § 3 MaKonV zu beurteilen. b) Leerverkäufe erfüllen die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MaKonV, da sie zumindest in der Form der sog. naked shorts den unzutreffenden Eindruck wirtschaftlich begründeter Umsätze hervorrufen. Sie sind daher geeignet, falsche

F. Zusammenfassung

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oder irreführende Signale im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG scheidet auch nicht nach § 20a Abs. 2 WpHG aus. Marktpraktiken stellen keinen Verstoß gegen das Verbot der handelsgestützten Marktpreismanipulation dar, wenn es sich bei ihnen um anerkannte bzw. anerkennungsfähige Marktpraktiken im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG handelt. Dies ist anhand der Kriterien von § 8 MaKonV zu beurteilen. Im Handel per Erscheinen vorgenommene Leerverkäufe erfüllen die Kriterien des § 8 MaKonV aufgrund ihrer Wirkungsweise und der Tatsache, dass der Handel per Erscheinen intransparent ist, nicht. c) Der Verkauf von Wertpapieren im Handel per Erscheinen entgegen bestehenden Haltevereinbarungen ist ebenfalls ein Geschäft, welches geeignet ist, falsche oder irreführende Signale im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Haltevereinbarungen sind publizitätspflichtig. Sie geben damit ein Signal zum Verhalten eines Altaktionärs, nämlich seine der Vereinbarung unterliegenden Wertpapiere nicht zu veräußern, und damit auch zur Menge an verfügbaren Wertpapieren. Die dennoch erfolgte Veräußerung macht dieses Signal unrichtig, sie führt die Marktteilnehmer hinsichtlich des Angebots an Wertpapieren in die Irre. Auch eine Anerkennung als zulässige Marktpraxis nach § 20a Abs. 2 WpHG kommt nicht in Betracht, da die Kriterien aus § 8 MaKonV, insbesondere die nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV notwendige Transparenz, nicht gegeben sind. Gegen eine Anerkennung spricht zudem die Entscheidung des Gesetzgebers, mit Einführung der Vorschrift des § 30 h WpHG ungedeckte Leerverkäufe nach Notierungsaufnahme zu verbieten.

§ 3 Marktpreisstabilisierung Die Zulässigkeit der sog. Kurspflege wurde im älteren Schrifttum ausnahmslos bejaht, sofern sie überhaupt diskutiert wurde.1 Begründet wurde dies damit, dass Kurspflege um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert gängiger Marktpraxis entsprach.2 Auch der Gesetzgeber des Börsengesetzes ging davon aus, dass Kurspflege zulässig ist.3 Und eine Straftat nach § 88 BörsG a.F. sollte in diesen Fällen ebenfalls nicht gegeben gewesen sein, da hierzu der Einsatz „auf Täuschung berechneter Mittel“ notwendig war, was bei der Vornahme von Kurspflegemaßnahmen, da diese allgemein anerkannt waren, nicht gegeben war.4 Letztlich habe auch der aktuelle Gesetzgeber an verschiedenen Stellen Kurspflegemaßnahmen implizit gebilligt.5 Der Gesetzgeber hielt auch bei der Neufassung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation durch die Neueinführung von § 20a WpHG in der Fassung des 4. FFG Kurspflege, wenn auch in gewissen Grenzen, für zulässig.6 Ob dies auch für Maßnahmen während der Phase der Preisfindung, insbesondere während des Bookbuilding-Verfahrens gelten sollte, wurde zwar überwiegend skeptisch beurteilt, blieb aber letztlich ungeklärt.7

A. Begriffsbestimmung In der Diskussion um die Zulässigkeit und Grenzen von Stabilisierungsmaßnahmen findet sich für diese eine Vielzahl von Begriffen. Häufig werden sie als Kursbzw. Marktpflege oder Kursstabilisierung bezeichnet, teilweise finden sich aber auch die Begriffe Kursstützung oder Kursschonung.8 Insgesamt ist der Sprachgebrauch uneinheitlich, teilweise wird nach der Intention des Handelnden unterschieden.9 1

Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046 m.w.N. Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046 m.w.N. 3 Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046 m.w.N. 4 Ausführlich Lenzen, Unerlaubte Eingriffe in die Börsenkursbildung, S. 192 ff. 5 Schäfer, WM 1999, 1345, 1347; Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft Rz. 10/342; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.36. Siehe ferner Begr. RegE z. 2. FFG, BTDrs. 12/6679, S. 47; Caspari, ZGR 1994, 530, 544; Weber, NZG 2000, 112 ff. 6 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8017, S. 90. 7 Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046; Vogel, WM 2003, 2437, 2445; Krämer/Hess, in: FS Döser, 171, 175; Schwark, in: FS Kümpel, 489, 489 ff. jew. m.w.N. 8 Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 175. 9 Siehe hierzu Vogel, WM 2003, 2437, 2437. 2

B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG

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Dabei werden die vorstehenden Begriffe in aller Regel bei rechtlicher Zulässigkeit der Maßnahmen verwandt. Sollen dagegen die Maßnahmen als bedenklich, wenn nicht gar unzulässig eingestuft werden, finden sich vor allem Begriffe wie Kursdoping bzw. Kurs- oder Marktstützung.10 Verwendet wird der Begriff für Maßnahmen, mittels welcher versucht wird, durch Veräußerung oder Erwerb von Wertpapieren auf den Börsen- oder Marktpreis einzuwirken. Dies gilt insbesondere im Rahmen von Erstnotierungen. Hier kommt es erfahrungsgemäß zu großen Angebots- und Nachfrageüberhängen mit starken Kursausschlägen, die nicht auf die aktuelle Geschäftslage des Emittenten zurückzuführen sind. Diese Kursausschläge sollen verringert werden und so insgesamt zur Marktberuhigung beitragen, bis sich ein Marktgleichgewicht eingestellt hat.11 Der Gesetzgeber verwendet seit dem Erlass der Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG12 hinsichtlich der erlaubten Maßnahmen den Begriff Stabilisierung. Dieser Begriff soll hier im Folgenden ebenfalls verwandt werden.

B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG13 I. § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. VO 2273/2003/EG § 20a Abs. 3 WpHG stellt klar, dass Maßnahmen zur Stabilisierung in keinem Fall einen Verstoß gegen das Verbot gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG darstellen, soweit diese nach Maßgabe der VO 2273/2003/EG erfolgen. Einen darüber hinaus gehenden eigenständigen Anwendungsbereich hat die Norm nicht. VO 2273/2003/EG benennt als Durchführungsverordnung zur Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Durchführung bestimmter Maßnahmen trotz Einwirkung auf den Kurs der Wertpapiere keine Marktmanipulation ist. Sie schafft somit für diese Maßnahmen einen Bereich, der bereits tatbestandlich14 vom Verbot der Marktmanipulation ausgenommen ist (sog. Safe Harbour). Zum einen enthält VO 2273/2003/EG Voraussetzungen, die bei der Durchführung von Rückkaufprogrammen eingehalten werden müssen, damit diese keinen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG dar10

Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 175 m.w.N. Schwark, in: FS Kümpel, S. 489, 493. 12 ABl. EU 2003 Nr. L 96 vom 12. 4. 2003, 16. 13 ABl. EU 2003 Nr. L 336 vom 23. 12. 2003, 33. 14 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 242 f.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 92; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 271; Singhof/Weber, AG 2005, 549, 555; Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 189; Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1954; a.A. (Rechtfertigungsgrund) Grüger, Kurspflege, S. 98, 250; Dier/Führhoff, AG 2002, 604, 605. 11

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

stellen. Der Rückkauf eigener Aktien durch den Emittenten oder beauftragte Dritte kommt damit grundsätzlich als Maßnahme zur Stabilisierung in Betracht. Da ein Rückkauf von Aktien in der Phase der Preisfindung, d. h. vor der Zuteilung der Aktien, praktisch aber nicht in Betracht kommt, wird auf weitere Ausführungen hierzu verzichtet. Zum anderen enthält VO 2273/2003/EG die Voraussetzungen, nach denen weitere Stabilisierungsmaßnahmen kein Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen. 1. Voraussetzungen Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003/EG ist Kursstabilisierung jeder Kauf bzw. jedes Angebot zum Kauf relevanter Wertpapiere und jede Transaktion mit vergleichbaren verbundenen Instrumenten im Rahmen öffentlich angekündigter Erst- oder Zweitplatzierungen, die Wertpapierhäuser oder Kreditinstitute mit dem alleinigen Ziel tätigen, den Marktkurs des relevanten Wertpapiers für einen im Voraus bestimmten Zeitraum zu stützen, wenn auf diese Wertpapiere Verkaufsdruck besteht. Erfasst werden auch die Platzierung neuer Aktien aus Kapitalerhöhungen gegen Einlagen (§§ 182 ff. AktG) sowie Privatplatzierungen, wenn diese öffentlich angekündigt werden und sich sowohl hinsichtlich des Wertes der angebotenen Wertpapiere als auch hinsichtlich der Verkaufsmethoden vom üblichen Handel unterscheiden, Art. 2 Nr. 9 VO 2273/2003/EG, nicht jedoch nicht-öffentliche „block trades“, die „face to face“ abgewickelt werden.15 Als ergänzende Kursstabilisierungsmaßnahmen kommen auch eine Mehrzuteilung, Art. 2 Nr. 13 VO 2273/ 2003/EG, oder die Ausübung einer Greenshoe-Option, Art. 2 Nr. 14 VO 2273/2003/ EG, durch ein Wertpapierhaus oder Kreditinstitut in Betracht, die im Rahmen einer öffentlich angekündigten Erst- oder Zweitplatzierung relevanter Wertpapiere ausschließlich der Vereinfachung der eigentlichen Kursstabilisierungsmaßnahme dienen, Art. 2 Nr. 12 VO 2273/2003/EG. Stabilisierungsmaßnahmen sind nur zeitlich befristet zulässig, Art. 8 Abs. 1 VO 2273/2003/EG. Der Zeitraum, in welchem die zulässigen Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, beginnt bei einer Erstplatzierung von Wertpapieren mit dem Tag der Handelsaufnahme, Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO 2273/2003/EG, bei einer Zweitplatzierung aus einer Kapitalerhöhung oder aus den Beständen von Altaktionären mit dem Tag der Veröffentlichung des Emissionskurses, Art. 8 Abs. 3 VO 2273/2003/EG. Daneben sind Stabilisierungsmaßnahmen bei einer Erstemission auch vor Aufnahme des Handels am regulierten Markt möglich, wenn im jeweiligen Mitgliedstaat bei einer Erstplatzierung das Wertpapier bereits vor Aufnahme des Handels auf einem geregelten Markt gehandelt werden darf, Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO 2273/2003/ EG. Voraussetzung ist in diesem Fall weiter, dass der Schluss-, d. h. der Emissionskurs angemessen bekannt gegeben wird, Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003/EG, und ein 15

Erwägungsgrund 14 VO 2273/2003/EG.

B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG

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solcher zugelassener Handel allen etwaigen Vorschriften des geregelten Markts entspricht, auf dem die relevanten Wertpapiere zugelassen werden sollen, einschließlich Bekanntgabe- und Meldevorschriften, Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO 2273/2003/ EG. 2. Handel per Erscheinen Der während der Preisfindung und somit vor der Notierungsaufnahme laufende Handel per Erscheinen müsste diese Anforderungen erfüllen, sollen hierin vorgenommene Stabilisierungen den Anforderungen gem. Art. 8 VO 2273/2003/EG genügen. a) Schlusskurs Erste Voraussetzung für den Beginn des Zeitraums, in welchem nach Art. 8 Abs. 1 VO 2273/2003/EG Stabilisierungsmaßnahmen zulässig sind, egal ob bei einer Erstoder Zweitplatzierung, ist die Veröffentlichung des Schlusskurses, zu dem die Wertpapiere abgegeben werden. Dieser liegt während der Phase der Preisfindung, wenn diese mittels Bookbuilding- oder Auktionsverfahren durchgeführt wird, und damit bei Beginn des Handels per Erscheinen, noch nicht vor. In diesen Fällen schafft VO 2273/2003/EG somit bereits aus diesem Grund keinen Safe Harbour für Stabilisierungsmaßnahmen im Handel per Erscheinen. Anders ist dies bei einer Emission unter Anwendung des Festpreisverfahrens. Hier wird der Emissionspreis, d. h. der von Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003/EG geforderte Schlusskurs, bereits vor Beginn des Handels per Erscheinen vom Emissionskonsortium gemeinsam mit dem Emittenten oder den Altaktionären festgesetzt.16 b) Transparenzanforderungen Zweite Voraussetzung für die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen vor Aufnahme des Handels auf einem regulierten Markt ist, dass ein solcher Handel allen etwaigen Vorschriften des geregelten Marktes, auf dem die relevanten Wertpapiere zugelassen werden sollen, entspricht, einschließlich etwaiger Bekanntgabe- und Meldevorschriften, Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO 2273/2003/EG. Der insbesondere bei größeren Neuemissionen festzustellende Handel per Erscheinen wird im sog. Grauen Markt abgehalten. Hier existieren aber für den Handel per Erscheinen, wie im gesamten Grauen Markt, keine den §§ 30, 31 BörsG entsprechenden Regelungen zur Vor- und Nachhandelstransparenz.17 Es ist somit den Marktteilnehmern nicht möglich nachzuvollziehen, aufgrund welcher Umsätze welcher Marktteilnehmer der vom Anbieter des Handels veröffentlichte Kurs zustande gekommen ist. So ist es einzelnen Teilnehmern am Handel per Erscheinen 16 17

Schanz, Börseneinführung, S. 334 f. Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 15.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

möglich, durch gezielte Beeinflussung von Graumarktkursen schon durch geringe Orders von wenigen 100 Stück gerade bei Privatanlegern eine Preiserwartung zu wecken, die mit den tatsächlichen Daten der Emission nicht übereinstimmt.18 Die dadurch vorgetäuschte, tatsächlich nicht vorhandene Nachfrage nach Aktien könnte potenzielle Anleger zur Erteilung von Zeichnungsaufträgen oder überhöhten Zeichnungsangeboten veranlassen.19 Ein dem regulierten Markt vergleichbares Transparenzniveau ist im Graumarkt damit nicht gegeben. Damit ist die zweite Voraussetzung von Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO 2273/2003/EG bei der Preisfindung mittels Bookbuilding- und Auktionsverfahren nicht gegeben. Auch bei einer Emission von Wertpapieren, deren Preis vor Beginn des Handels per Erscheinen unter Anwendung des Festpreisverfahrens festgelegt wurde, scheitert die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelungen der VO 2273/2003/EG zur Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen an der fehlenden Transparenz des Handels per Erscheinen. Stabilisierungsmaßnahmen vor Notierungsaufnahme sind damit im Fall einer Erstnotierung – gleich welches Verfahren zur Preisfindung angewandt wird – nicht nach VO 2273/2003/EG zulässig. c) Zweitplatzierungen Bei einer Zweitplatzierung beginnt gem. Art. 8 Abs. 3 VO 2273/2003/EG der maßgebliche Zeitraum für die Vornahme zulässiger Stabilisierungsmaßnahmen am Tag der Veröffentlichung des Schlusskurses der Wertpapiere. Wird der Ausgabepreis mittels Bookbuilding- oder Auktionsverfahren ermittelt, wird dieser üblicherweise auch im Fall einer Zweitplatzierung erst unmittelbar vor Zuteilung der Aktien und Aufnahme der Notierung bekannt gegeben,20 so dass auch erst ab diesem Zeitpunkt, und damit auch erst nach Abschluss des Preisfindungsverfahrens, Stabilisierungsmaßnahmen zulässig sein können. Anders ist dies zwar im Fall der Preisermittlung unter Anwendung des Festpreisverfahrens, da hier der Preis der Wertpapiere und damit der maßgebliche Kurs bereits zuvor festgelegt und bekannt gegeben wird. Da das Festpreisverfahren heute jedoch fast nur noch bei kleineren Emissionen21 oder bei der Durchführung einer

18

Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 187. Begr. KuMaKV BR-Drs. 639/03, S. 15; ebs. Krämer/Hess, in: FS Döser, S. 171, 187. 20 Schanz, Börseneinführung, S. 339 f. 21 Siehe bspw. Prospekt der MiFa Mitteldeutsche Fahrradwerke AG vom 4. Mai 2004, bei welcher im Zuge der Emission sowohl Aktien aus einer Kapitalerhöhung als auch aus Altaktionärsbesitz abgegeben wurden, S. 11 f., 13; abrufbar unter www.ipo-norm.de/archiv.php > 05/2004. Zur heute nur noch geringen praktischen Bedeutung des Festpreisverfahrens vgl. Schanz, Börseneinführung, S. 334 f.; Groß, ZHR 162 (1998), 318 ff. 19

B. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG

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Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht22 angewandt wird, ist die praktische Bedeutung dieser Ausnahme eher gering, so dass sie im Folgenden nicht weiter Gegenstand der Untersuchung sein soll. Die VO 2273/2003/EG schafft damit für Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung bei einer Emission von Wertpapieren, auch während des Handels per Erscheinen, keinen Safe Harbour. Sie regelt die Frage der zulässigen bzw. unzulässigen Maßnahmen jedoch nicht abschließend,23 so dass andere als die in ihr erwähnten Maßnahmen gleichwohl zulässig sein können.24 Dies kann der Fall sein, wenn entweder ein Safe Harbour mittels analoger Anwendung der VO 2273/ 2003/EG geschaffen werden kann (dazu sogleich unter II.), oder wenn die Voraussetzungen von § 20a Abs. 2 WpHG vorliegen (dazu s. unten C.).

II. Analoge Anwendung der VO 2273/2003/EG? In Betracht kommt die Schaffung eines Safe Harbour durch eine analoge Anwendung der Bestimmungen der VO 2273/2003/EG auf die Phase der Preisfindung. Voraussetzung für die Annahme einer Analogie ist, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.25 Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss planwidrig sein.26 VO 2273/2003/EG stellt für die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen bei Erstplatzierungen grundsätzlich auf die Handelsaufnahme ab, Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO. Abweichend von Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO darf nach Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO bereits vor Notierungsaufnahme mit Stabilisierungsmaßnahmen begonnen werden, wenn das Papier nach dem nationalen Recht bereits vorher gehandelt werden darf und der Schlusskurs der relevanten Wertpapiere angemessen bekannt gegeben wird, sofern ein solcher Handel allen etwaigen Vorschriften des geregelten Markts entspricht, auf dem die relevanten Wertpapiere zum Handel zugelassen werden sollen, einschließlich etwaiger Bekanntgabe- und Meldepflichten. Liegen diese Vorausset22

Siehe bspw. Prospekt der MiFa Mitteldeutsche Fahrradwerke AG, bei welcher im Zuge der Emission sowohl Aktien aus einer Kapitalerhöhung als auch aus Altaktionärsbesitz abgegeben wurden, S. 11 f., 13. 23 Erwägungsgründe 2 und 3 VO 2273/2003/EG. 24 Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 92; Feuring/Berrar, in: Habersack/Mülbert/Schlitt § 34 Rn. 13; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 93; Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 306; Pfüller/Anders, WM 2003, 2445, 2448; Schlitt/ Schäfer, AG 2004, 346, 356; Singhof/Weber, AG 2005, 549, 555. 25 BGH NJW 2007, 992, 993; BGH NJW 2006, 2997 jew. m.w.N. 26 BGH NJW 2007, 992, 993; BGH NJW 2006, 2997 jew. m.w.N.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

zungen nicht vor, fehlt es bspw. an einem vor Notierungsaufnahme festgesetzten und angemessen veröffentlichten Emissionskurs oder sind die notwendigen Transparenzpflichten nicht eingehalten, darf nach VO 2273/2003/EG keine Stabilisierung durchgeführt werden. Der Gesetzgeber hat somit die hier interessierende Phase gesehen, in seine Überlegungen einbezogen und konkrete Voraussetzungen aufgestellt, bei deren Vorliegen bereits vor Notierungsaufnahme Stabilisierungsmaßnahmen zulässig sind. Demnach besteht keine planwidrige Regelungslücke. Die VO 2273/2003/EG kann damit nicht analog zur Schaffung eines Safe Harbour für die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen vor oder während der Preisfindung herangezogen werden.

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG Der europäische Gesetzgeber hat außerhalb der VO 2273/2003/EG liegende Stabilisierungsmaßnahmen nicht grundsätzlich als unzulässig ausgeschlossen. Nach Erwägungsgrund 2 VO 2273/2003/EG sollen auch Maßnahmen zur Stabilisierung des Kurses von Finanzinstrumenten, die nicht im Einklang mit den für Art. 8 Richtlinie 2003/6/EG erlassenen Durchführungsbestimmungen freigestellt sind, nicht per se als Marktmissbrauch gewertet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Verhaltensweisen einen unmittelbaren Bezug zum Zweck der Stabilisierungsmaßnahmen aufweisen, anderenfalls werden sie wie jede andere unter Richtlinie 2003/6/EG fallende Maßnahme als mögliche Marktmanipulation behandelt, Erwägungsgrund 3 VO 2273/2003/EG. Die Maßnahme darf somit nur zum Zweck der Stabilisierung des Kurses eines Finanzinstruments durchgeführt werden. Sie kann nach Erwägungsgrund 12 VO 2273/2003/EG innerhalb oder außerhalb des geregelten Marktes erfolgen, somit auch im Handel per Erscheinen. Zum Zweck der Stabilisierung dürfen auch Finanzinstrumente verwendet werden, die nicht zum Handel auf dem geregelten Markt zugelassen sind oder für die der Antrag auf Zulassung noch nicht gestellt wurde, Erwägungsgrund 12 VO 2273/2003/EG. Und letztlich muss die Maßnahme mit der zulässigen Marktpraxis vereinbar sein und der Handelnde muss für ihre Durchführung legitime Gründe haben, vgl. Art. 1 Nr. 2 lit. a) letzter Halbsatz Richtlinie 2003/6/EG. Diese Voraussetzungen finden sich nun in § 20a Abs. 2 WpHG. Das Verbot gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG gilt somit neben den Fallgestaltungen, in denen die Regelungen der VO 2273/2003/EG eingreifen, auch dann nicht, wenn die Handlung mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden organisierten Markt vereinbar ist und der Handelnde hierfür legitime Gründe hat, § 20a Abs. 2 S. 1 WpHG. Als zulässige Marktpraxis gelten nur solche Gepflogenheiten, die auf dem jeweiligen Markt nach vernünftigem Ermessen erwartet werden können und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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zulässige Marktpraxis im Sinne der Vorschrift anerkannt werden, § 20a Abs. 2 S. 2 WpHG. Eine Anerkennung einer Maßnahme als zulässige Marktpraxis ist auch nachträglich möglich, § 20a Abs. 2 S. 3 WpHG. Anhand dieser Voraussetzungen soll die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung im Folgenden untersucht werden.

I. Zulässige Marktpraxis Die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen müsste als zulässige Marktpraxis im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG anerkannt oder aber wenigstens anerkennungsfähig sein. Die Vorschrift des § 20a Abs. 2 S. 2 WpHG bezieht sich auf Art. 1 Nr. 5 Richtlinie 2003/6/EG und setzt die von ihr geforderte Anerkennung von zulässigen Marktpraktiken in nationales Recht um.27 Als zulässige Marktpraxis anerkannt werden können danach nur solche Gepflogenheiten, die auf dem jeweiligen Markt nach vernünftigem Ermessen von jedem Marktteilnehmer erwartet werden können und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als zulässige Marktpraxis im Sinne dieser Vorschrift anerkannt werden.28 Gemäß § 20a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 WpHG kann das Bundesministerium der Finanzen durch Verordnung nähere Bestimmungen erlassen über Handlungen, die als zulässige Marktpraxis gelten, sowie über das Verfahren der Anerkennung von Maßnahmen. Entsprechend dieser Ermächtigungsgrundlage und in Umsetzung der Durchführungs-Richtlinie 2004/72/EG zur Marktmissbrauchsrichtlinie ist die Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation (MaKonV) erlassen worden. 1. Notwendigkeit der Anerkennung durch die BaFin Die zu beurteilende Handlung muss von der BaFin als zulässige Maßnahme anerkannt werden, § 20a Abs. 2 S. 2 WpHG. Ihr kommt insoweit das Anerkennungsmonopol zu, andere staatliche Stellen können nicht an ihrer Stelle entscheiden. Die Anerkennung ist Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG29 und bindend gegenüber allen Dritten, auch gegenüber der Staatsanwaltschaft.30 27

Begr. RegE AnSVG BT-Drs. 15/3174, S. 37. Begr. RegE AnSVG BT-Drs. 15/3174, S. 37. 29 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh. I § 7 MaKonV Rn. 7 ff.; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 81; Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht Rn. 530; a.A. (Rechtsverordnung) Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 182 f. 30 Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Anh. I § 7 MaKonV Rn. 15; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 81; Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 538. 28

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

2. Anerkennungsverfahren Das Anerkennungsverfahren ist in den §§ 7, 9 und 10 MaKonV geregelt. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Gepflogenheit hat sich die BaFin auf die Kriterien nach § 8 MaKonV (dazu sogleich unter c) zu stützen. Vor der Entscheidung über die Anerkennung hat die BaFin gem. § 9 Abs. 1 S. 1 MaKonV Spitzenverbände der betroffenen Wirtschaftskreise, insbesondere der Emittenten und der Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Betreiber von Märkten, auf denen Finanzinstrumente gehandelt werden, Verbraucherverbände oder Behörden, deren Aufgabenbereiche von der Anerkennung der Marktpraxis berührt werden, anzuhören. Zuständige Stellen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die den Handel mit Finanzinstrumenten überwachen, sollen ebenfalls gehört werden, § 9 Abs. 1 S. 2 MaKonV. Es handelt sich dabei nicht nur um Erkenntnisse aus anderen Verfahren zur Anerkennung derselben oder anderer Marktpraktiken, sondern auch um einzelfallbezogene Untersuchungen und Verfahren wegen des Verdachts auf Marktmanipulation, wie z. B. Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, die ausgewertet werden sollen.31 Die Anerkennung einer Maßnahme als zulässig beinhaltet aber keine „Ewigkeitsgarantie“. Vielmehr hat die BaFin anerkannte Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen, § 7 Abs. 1 S. 2 MaKonV. Im Zuge dieser Überprüfung kann die Anerkennung mit Wirkung für die Zukunft geändert oder widerrufen werden, § 7 Abs. 1 S. 3 MaKonV. Im Zuge des Überprüfungsverfahrens gelten §§ 8 und 9 MaKonV entsprechend, § 7 Abs. 1 S. 4 MaKonV. Die Entscheidung über die Anerkennung einer Marktpraxis als zulässig ist gem. § 10 Abs. 1 S. 1 MaKonV auf der Homepage der BaFin und im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Dabei sind das anerkannte Verhalten zu beschreiben und die wesentlichen Gründe der Anerkennung mitzuteilen, § 10 Abs. 1 S. 2 MaKonV. Bislang hat die BaFin noch keine Marktpraxis als zulässig anerkannt. Sie hat lediglich zwei Praktiken CESR zur Anhörung auf europäischer Ebene vorgelegt,32 ein Ergebnis der Anhörung steht noch aus. Im nächsten Schritt soll nun untersucht werden, ob Maßnahmen während der Emission ggfs. anerkannt werden können. Dazu müssen sie die nachstehenden Kriterien erfüllen. 3. Anerkennungskriterien In § 8 MaKonV, welcher Art. 2 Abs. 1 Richtlinie 2004/72/EG33 umsetzt, enthält die Verordnung die relevanten Kriterien, welche bei der Frage der Anerkennung einer 31

Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 22. Vgl. hierzu auch CESR, CESR/04 – 505 b (Mai 2005) Market Abuse Directive. Level 3 first set of CESR guidance and information on the common operation of the Directive, Chapter 2, Rz. 2.9. 33 ABl. EU 2004 Nr. L 162 vom 30. 4. 2004, 70. 32

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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Gepflogenheit als zulässige Marktpraxis durch die BaFin insbesondere34 berücksichtigt werden. Dabei müssen nicht alle in § 8 MaKonV genannten Kriterien stets kumulativ erfüllt sein, vielmehr ist eine Abwägung der Kriterien anhand der Umstände des Einzelfalls erforderlich.35 Diese Kriterien sind der Grad an Transparenz einer Maßnahme für den gesamten Markt, die Auswirkungen der Maßnahme auf Liquidität und Leistungsfähigkeit des Marktes sowie des freien Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage. Die Kriterien beschreiben somit die Hauptfunktionen der Märkte, jederzeit schnell, kostengünstig und sicher Geschäfte zu vermitteln und eine effektive Preisbildung zu gewährleisten.36 Eine Gepflogenheit, die diese Hauptfunktionen des Marktes verhindert, kann nicht anerkannt werden.37 Anhand der Kriterien des § 8 MaKonV soll hier im Folgenden untersucht werden, ob Eingriffe des Emissionskonsortiums in den Handel per Erscheinen als Stabilisierungsmaßnahme anerkannt werden können. a) § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV Ein, wenn nicht gar das wesentliche Kriterium für die Beurteilung und Anerkennung einer Marktpraxis ist die von den Marktplätzen geübte Transparenz.38 Je weniger transparent eine Marktpraxis nicht nur für die an einem Geschäft Beteiligten, sondern auch für den gesamten Markt ist, desto geringer sind die Aussichten für ihre Anerkennung.39 Die notwendige Transparenz kann bspw. dadurch hergestellt werden, dass bestimmte Geschäftsarten im Einklang mit dem Regelwerk des Marktes nachvollziehbar offen gelegt werden. Marktpraktiken auf nichtorganisierten Märkten können strukturbedingt weniger transparent sein als vergleichbare Marktpraktiken auf organisierten Märkten. Dieser Umstand allein führt aber nicht von vornherein zu einer Ablehnung der Anerkennung.40 Der Handel per Erscheinen ist kein dem organisierten Handel vergleichbarer Handel. Zum einen wird er nicht im regulierten Markt, sondern im Graumarkt und damit nicht im selben Marktsegment durchgeführt. Zum anderen finden die Veröf34 Die Begründung des Gesetzgebers besagt (nur), dass die in § 8 MaKonV enthaltenen Kriterien diejenigen sind, welche die BaFin unter anderem bei der Anerkennung zu berücksichtigen hat, vgl. BR-Drs. 18/05, S. 21. Welche weiteren Kriterien bei der Anerkennung in Betracht kommen oder berücksichtigt werden sollen, ist der Begründung jedoch nicht zu entnehmen. 35 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 195; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 86. 36 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1048 f. 37 Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1049. 38 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Art. 2 Abs. 1 S. 1 lit. a) RiLi 2004/72/EG; Erwägungsgrund 2 Richtlinie 2004/72/EG; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 195. 39 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Art. 2 Abs. 1 S. 1 lit. a) RiLi 2004/72/EG; Erwägungsgrund 2 Richtlinie 2004/72/EG. 40 Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Erwägungsgrund 2 Richtlinie 2004/72/EG.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

fentlichungspflichten nach Art. 17 ff., 27 ff. VO 1287/2006/EG41, §§ 30, 31 BörsG keine Anwendung, welche die rechtlichen Grundlagen für die im regulierten Markt vorhandene Vor- und Nachhandelstransparenz schaffen. Vom Anbieter des Handels per Erscheinen werden keine Umsätze veröffentlicht, Mengen und Preise der gehandelten Wertpapiere sind der Öffentlichkeit, auch der Bereichsöffentlichkeit, ebenso unbekannt. Das Zustandekommen der veröffentlichten Preise ist nicht nachvollziehbar. Der Handel per Erscheinen ist damit für Marktteilnehmer nicht transparent. Er weckt so möglicherweise gerade bei Privatanlegern Preiserwartungen, die nicht mit den eigentlichen Daten der Emission übereinstimmen. Diese könnten so verleitet werden, zu überhöhten Preisen zu zeichnen. Auch ist denkbar, dass hier eine tatsächlich nicht bestehende Nachfrage vorgetäuscht wird.42 Alle vorstehend genannten Gründe führen zur allgemeinen Einschätzung, dass die Kurse im Handel per Erscheinen nicht belastbar und somit nicht aussagekräftig sind.43 Die in ihm erzielten Preise sind nicht geeignet, zuverlässige Informationen zur Einschätzung des Marktes zur anstehenden Emission zu geben. Daran vermag auch die positive (Selbst-)Einschätzung der Anbieter des Handels per Erscheinen nichts zu ändern.44 Im selben Maße wie nicht nachvollziehbar ist, wie sich die Kurse während des Handels entwickeln, ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Schlusskurs des Handels per Erscheinens in bestimmten Fällen mit dem Emissionskurs am Tag der Erstnotierung übereinstimmt oder diesem nahe kommt.45 Die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen vor und während eines Bookbuilding-Verfahrens hatte der Gesetzgeber aus diesen Gründen daher auch zumindest als rechtlich bedenklich und nicht vom Safe Harbour nach §§ 4 – 11 KuMaKV umfasst angesehen.46 Die mangelnde Transparenz des Handels per Erscheinen spricht darüber hinaus sogar generell gegen die Zulässigkeit eines Eingriffs zu Stabilisierungszwecken.

41

Verordnung EG Nr. 1287/2006 vom 10. 8. 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufzeichnungspflichten für Wertpapierfirmen, die Meldung von Geschäften, die Markttransparenz, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel und bestimmte Begriffe im Sinne dieser Richtlinie, ABl. EU 2006 vom 2. 9. 2006, Nr. L 241, 1. 42 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 15. 43 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 15; Schanz, Börseneinführung, S. 359; Crüwell/ Fürhoff, in: Wirtz/Salzer, S. 335, 342 f.; Hess/Krämer, in: FS Döser, S. 171, 187; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 278, jew. m.w.N. 44 Siehe hierzu die Eigendarstellung von Schnigge: Erstnotiz der gehandelten Neuemissionen lag zu 80 % innerhalb der letzten Handelsspanne im Handel per Erscheinen, das zeigt, dass vorbörslicher Handel interessante und vor allem aussagekräftige Handelsplattform darstellt, abrufbar unter www.schnigge.de/taetigkeitsfelder/pre-ipo-handel.html. 45 Es existieren eben noch keine empirischen Ergebnisse dazu, ob und in welchem Ausmaß der Handel per Erscheinen Einfluss auf den Emissionspreis hat. 46 Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 15.

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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Mangelnde Transparenz allein muss aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht ausreichen, um der Maßnahme die Anerkennung als zulässige Marktpraxis zu versagen47, so dass im Folgenden auch die weiteren Kriterien des § 8 MaKonV zu untersuchen sind. b) Weitere Kriterien nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV § 8 Abs. 1 Nr. 2 MaKonV setzt Art. 2 Abs. 1 S. 1 lit. c) RiLi 2004/72/EG um. Danach dürfen die Liquidität und Leistungsfähigkeit der Märkte durch die Marktpraxis nicht gefährdet werden. Anderenfalls würde die Hauptfunktion der Börsen und der sonstigen Märkte für Finanzinstrumente, jederzeit schnelle, kostengünstige und sichere Geschäfte sowie die effektive Preisbildung zu gewährleisten, ernstlich in Frage gestellt.48 § 8 Abs. 1 Nr. 3 MaKonV entspricht Art. 2 Abs. 1 S. 1 lit. b), S. 2 RiLi 2004/72/ EG. Die Marktpraktiken dürfen das freie Spiel von Angebot und Nachfrage nicht beeinträchtigen. Wichtigste Parameter, bei denen die Auswirkungen der Gepflogenheit zu analysieren sind, sind die vor der Einführung der Marktpraxis herrschenden besonderen Marktbedingungen, der gewichtete Durchschnittskurs eines Handelstages und die tägliche Schlussnotierung. Werden die Märkte in diesen Punkten negativ beeinflusst, stellt dies ein gewichtiges Argument gegen die Anerkennung der Marktpraxis dar.49 § 8 Abs. 1 Nr. 4 MaKonV stellt auf die Vereinbarkeit mit dem Handelsmechanismus auf dem Markt ab und fragt danach, ob den anderen Marktteilnehmern eine angemessene und rechtzeitige Reaktion auf die Maßnahme möglich ist. Marktpraktiken, die das freie Spiel von Angebot und Nachfrage dadurch beeinträchtigen, dass sie die Möglichkeiten anderer Marktteilnehmer, auf bestimmte Geschäfte angemessen und rechtzeitig zu reagieren, einschränken, können die Marktintegrität ernsthaft gefährden.50 Sie sind deshalb in der Regel nicht anerkennungsfähig.51 Nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 und 6 MaKonV dürfen einzelne Praktiken die Integrität anderer, direkt oder indirekt mit diesem Markt verbundener organisierter oder nichtorganisierter Märkte nicht gefährden. Dabei ist zu untersuchen, inwieweit die Praxis mit den individuellen Strukturmerkmalen des betreffenden Marktes wie Art und Grad der Regulierung, ob organisierter oder nicht organisierter Markt, vereinbar ist. Daneben ist zu berücksichtigen, welche Marktteilnehmer vertreten sind und wie hoch der Anteil der Privatanleger ist.52 47 48 49 50 51 52

Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Erwägungsgrund 2 Richtlinie 2004/72/EG. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21; Erwägungsgrund 1 Richtlinie 2004/72/EG. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 21 f.; Erwägungsgrund 1 Richtlinie 2004/72/EG. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 22. Begr. MaKonV, BR-Drs. 18/05, S. 22.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

Die in § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV genannten Kriterien stellen damit sämtlich auf das Funktionieren des Marktes und die Auswirkungen der Stabilisierungsmaßnahme auf die Marktkräfte ab. Die Kriterien sollen daher im Folgenden gemeinsam darauf untersucht werden, ob nach ihrem Inhalt Stabilisierung in der Phase der Preisfindung als zulässige Maßnahme anerkannt werden kann. aa) Gründe des Gesetzgebers zur bisherigen Anerkennung der gesetzlich zugelassenen Stabilisierungsmaßnahmen Die bislang gesetzlich geregelten Stabilisierungsmaßnahmen hatte der europäische Gesetzgeber vor allem aus wirtschaftlichen Erwägungen für zulässig erklärt. Ausweislich der Begründung der Richtlinie 2003/6/EG können Kursstabilisierungsmaßnahmen für Finanzinstrumente unter bestimmten Umständen aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt und daher nicht bereits als solche als Marktmissbrauch zu betrachten sein.53 Kursstabilisierungsmaßnahmen bewirken hauptsächlich die vorübergehende Stützung des Emissionskurses unter Verkaufsdruck geratener, relevanter Wertpapiere, mindern so den durch kurzfristige Anleger verursachten Verkaufsdruck und halten für die relevanten Wertpapiere geordnete Marktverhältnisse aufrecht.54 Dies liegt sowohl im Interesse der Anleger (kein kurzfristiger Wertverfall), welche die relevanten Wertpapiere im Rahmen eines signifikanten Zeichnungsangebots gezeichnet oder gekauft haben, als auch im Interesse der Emittenten (Sicherung ausreichender Liquidität). Auf diese Weise können Kursstabilisierungsmaßnahmen das Vertrauen der Anleger und der Emittenten in die Finanzmärkte stärken.55 Der nationale Gesetzgeber hatte im Vorgriff auf die ausstehenden europäischen Regelungen der Marktmissbrauchsrichtlinie nebst ihrer Durchführungsrichtlinien und Durchführungsverordnungen mit dem 4. FFG bereits vor deren Verabschiedung das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation in § 20a WpHG neu geschaffen und zu dessen Konkretisierung die KuMaKV erlassen. Diese enthielt auch Äußerungen zur Stabilisierung und deren Zulässigkeit im Handel per Erscheinen. Auch wenn die Regelungen der KuMaKV zwischenzeitlich von denen der VO 2273/2003/ EG abgelöst worden sind, so ist die Begründung des Gesetzgebers nach wie vor für die rechtliche Beurteilung relevant, da sich zum einen die Gründe für eine Regulierung der Stabilisierung nicht geändert haben und zum anderen VO 2273/2003/EG nicht abschließend ist. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber sich bei Erlass der MaKonV in deren Begründung im Vergleich zur KuMaKV unter Hinweis auf die umzusetzende Richtlinie 2003/124/EG hierzu nicht geäußert hat, so dass die Ausführungen nach wie vor Geltung beanspruchen können.

53 54 55

Erwägungsgrund 33 Richtlinie 2003/6/EG. Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2047 m.w.N. Erwägungsgrund 11 VO 2273/2003/EG.

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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Nach § 4 Abs. 2 KuMaKV waren Stabilisierungsmaßnahmen Maßnahmen zur Stützung des Börsen- oder Marktpreises im Rahmen einer Wertpapieremission, um kurzfristig sinkende Kursbewegungen auszugleichen, welche typischerweise im Zusammenhang mit einer solchen Wertpapieremission auftreten. Erlaubt waren die Maßnahmen nur zu einem Zweck, nämlich um sinkende Kursbewegungen auszugleichen, die durch zeitlich stark konzentrierte Verkaufsangebote entstehen, wie sie gerade in der Emissionsphase auftreten.56 Darüber hinaus kann die Möglichkeit der Stabilisierung zu einer gesteigerten Emissionsbereitschaft insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen führen und die Kosten der Kapitalgewinnung senken.57 Sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber hielten somit Stabilisierungsmaßnahmen aus identischen Gründen für zulässig. Die o.g. Gründe sind jedoch insgesamt zur Phase der Preisfindung vor Notierungsaufnahme nicht einschlägig, denn die Dämpfung von Preisschwankungen und die Verbesserung der Emissionsbereitschaft sowie die Kostensenkung sind in der Phase der Preisfindung und damit vor Notierungsaufnahme noch nicht bzw. nicht mehr interessant. bb) Handel per Erscheinen Der Handel per Erscheinen ist dem Handel auf dem regulierten Markt lediglich darin vergleichbar, dass auch hier mittels Handel Preise für die gehandelten Wertpapiere gebildet werden. Hier können mittels Leerverkäufen die Preise der Wertpapiere unter Druck geraten, wenn der Eindruck entsteht, Anleger bewerteten das Investment negativ.58 Daneben können im Handel per Erscheinen auch effektive Geschäfte vorgenommen werden, nämlich indem sich Altaktionäre zur Umgehung von im Zuge des Börsengangs getroffener Lock-up-Vereinbarungen noch vor deren Eingreifen von ihren (Alt-) Beständen an Wertpapieren ganz oder teilweise trennen. Diese können ebenfalls zu einem Absinken der Kurse des Wertpapiers im Handel per Erscheinen führen. c) Zwischenergebnis Nach den vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit von Kursstabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG und den Erwägungen des Gesetzgebers zur Schaffung von Safe Harbours nach der KuMaKV spricht bereits an dieser Stelle viel für eine Unzulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisbildung. Allerdings enthält § 8 Abs. 1 MaKonV neben der Transparenz weitere Kriterien, von deren Vorliegen der Gesetzgeber die Beantwortung der Frage nach der Zuläs56

Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 13. Begr. KuMaKV, BR-Drs. 639/03, S. 13. 58 Schanz, Börseneinführung, S. 359 f.; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 263 f.; Krämer/Hess, in: FS Döser, 171, 178; Schwark, in: FS Kümpel, S. 485, 494; Vogel, WM 2003, 2437. 57

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sigkeit einzelner Maßnahmen abhängig macht. Wegen der bislang unsicheren Beurteilung der Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung sind im Folgenden die Kriterien nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 MaKonV auch zu untersuchen, um letztlich die praktisch relevante Frage, ob Stabilisierungsmaßnahmen im Handel per Erscheinen zulässig sind, rechtssicher beantworten zu können. Daraus ergibt sich folgender weiterer Gang der Untersuchung: Um feststellen zu können, ob ein Eingriff in den Handel per Erscheinen zur Stützung der Preisfindung eine nach § 8 MaKonV anerkennungsfähige Marktpraxis sein kann, muss geklärt werden, welche Maßnahmen grundsätzlich zur Durchführung einer Stabilisierung in Betracht kommen, welche davon aufgrund ihrer Eigenart in der Phase der Preisfindung von Bedeutung sind, wie sie ökonomisch wirken und ob sie so letztlich die Anforderungen von § 20a Abs. 2 WpHG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonVerfüllen. 4. Stabilisierungsmaßnahmen Das Emissionskonsortium kann bei einer Neuemission dem Preisdruck auf die neuen Aktien dadurch begegnen, dass es mittels Ankauf der abgegebenen Aktien zusätzliche Nachfrage schafft. Nach Art. 2 Nr. 7 und 12 VO 2273/2003/EG werden dabei Kursstabilisierungen und ergänzende Kursstabilisierungsmaßnahmen unterschieden. a) Kursstabilisierungen Bei der Kursstabilisierung nach Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003/EG soll der fallende Kurs des Wertpapiers dadurch gestützt werden, dass das Wertpapier vom Stabilisierungsmanager im Markt angekauft wird. Die Schaffung erhöhter Nachfrage soll kursstabilisierend wirken. Der Rückkauf erfolgt im eigenen Namen oder im Namen des Emissionskonsortiums und kann für den Stabilisierungsmanager mit dem Aufbau eigener Bestände am entsprechenden Wertpapier einhergehen.59 Die Anteile werden solange gehalten, bis der Markt stabil genug erscheint, die betreffenden Wertpapiere wieder aufnehmen zu können.60 Der Stabilisierungsmanager hat aber in aller Regel mit Ausnahme der Stabilisierung des Kurses kein Interesse daran, selbst Anteile am jeweiligen Unternehmen zu halten. Er würde nämlich in diesem Fall selbst das Risiko eines weiterhin sinkenden Kurses der Wertpapiere tragen, was aus seiner Sicht unerwünscht ist.61 Die Kursstabilisierung in dieser Form wird deshalb in der Praxis nur sehr selten angewandt.62 59

Thießen, WiSt 2002, 523, 524; Bingel, Grenzen, S. 36. Thießen, WiSt 2002, 523, 524; Bingel, Grenzen, S. 36. 61 Aggarval, 55 Journal of Finance 2000, 1075, 1078; Bingel, Grenzen, S. 36. 62 Schanz, Börseneinführung, S. 364 f.; Boehmer/Fishe, 10 Journal of Corporate Finance (2000), 575 ff.; Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075, 1078 f. stellte für den US60

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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b) Ergänzende Kursstabilisierungsmaßnahmen, Art. 2 Nr. 12 VO 2273/2003/EG aa) Mehrzuteilung An Stelle der Kursstabilisierung nach Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003/EG wird die Stabilisierung üblicherweise dadurch ausgeführt, dass der Stabilisierungsmanager zunächst eine sog. Short-Position aufbaut.63 Dies geschieht dadurch, dass vom Emissionskonsortium mehr Aktien an Investoren zugeteilt werden, als insgesamt emittiert werden (Mehrzuteilung oder Überzeichnung, Art. 2 Nr. 13 VO 2273/2003/ EG).64 Zur Schließung dieser offenen Position werden Aktien von abgebenden Investoren am Markt nach Platzierung erworben, so dass keine eigene Position in ihnen aufgebaut werden muss.65 Durch den Erwerb der Aktien am Markt soll der Verkaufsdruck vom Wertpapier genommen und so der Kurs stabilisiert werden.66 Sofern der Preis des Wertpapiers nach Notierungsaufnahme über den Emissionspreis steigt, ist der Rückkauf der Aktien am Markt für das Emissionskonsortium unwirtschaftlich, da es die zum dann erhöhten Preis erworbenen Aktien zum Emissionspreis an die Investoren abgeben muss, die ihre zugeteilten Aktien noch nicht erhalten haben.67 Deshalb wird in diesem Fall üblicherweise die Short-Position nicht durch den Erwerb von Wertpapieren am Markt, sondern durch die Zuteilung weiterer Aktien geschlossen, die nicht zum ursprünglichen Angebot gehören. Diese werden dem Emissionskonsortium entweder von Altaktionären mittels Wertpapierleihe zur Verfügung gestellt, dem Eigenbestand einer Konsortialbank entnommen oder durch die Vereinbarung einer sog. Greenshoe-Option (s. sogleich) abgedeckt.68 bb) Greenshoe-Option Die ungedeckte, d. h. nicht durch entsprechende Vereinbarung mit Dritten abgesicherte Mehrzuteilung von Wertpapieren beinhaltet für den Stabilisierungsmaamerikanischen Kapitalmarkt fest, dass im untersuchten Zeitraum von Mai bis Juli 1997 bei 137 untersuchten IPOs in keinem einzigen Fall mittels dieser Form, der in der US-amerikanischen Literatur sog. Pure Stabilization, stabilisiert wurde. Auch über den untersuchten Zeitraum hinaus wurde nach Angaben der im Rahmen dieser Untersuchung befragten Marktteilnehmer nicht mittels Pure Stabilization stabilisiert. Ein weiterer Grund neben dem wirtschaftlichen Risiko für die seltene Wahl dieser Stabilisierungsform kann zudem auch die Tatsache sein, dass reine Stabilisierungskäufe im Gegensatz zur Mehrzuteilung zusätzlichen Meldepflichten nach Rule 104 Regulation M unterliegen, Aggarval, ebd. 63 Thießen, WiSt 2002, 523, 524; Bingel, Grenzen, S. 36. 64 Thießen, WiSt 2002, 523, 524; Bingel, Grenzen, S. 37. 65 Thießen, WiSt 2002, 523, 524. 66 Thießen, WiSt 2002, 523, 524. 67 Thießen, WiSt 2002, 523, 524; Bingel, Grenzen, S. 38. 68 Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075, 1079; Bingel, Grenzen, S. 38; Thießen, WiSt 2002, 523, 524.

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nager das Risiko, dass er auch bei steigenden Kursen die Wertpapiere aus dem Markt erwerben muss, was mit Verlusten für ihn verbunden wäre.69 Dieses Risiko wird in der Praxis durch eine sog. Greenshoe-Option (vgl. Art. 2 Nr. 14 VO 2273/2003/EG) abgesichert.70 Hierbei wird dem Emissionskonsortium das Recht eingeräumt, vom Emittenten oder von Altaktionären über das ursprünglich vereinbarte Emissionsvolumen hinaus weitere Aktien zum Emissionspreis zu beziehen. Mit diesen zusätzlichen Aktien kann es die Lieferverpflichtungen aus der Mehrzuteilung erfüllen, ohne sie am Markt erwerben zu müssen.71 Ist die Option von einem Altaktionär eingeräumt worden, ist dieser im Fall ihrer Ausübung verpflichtet, die bislang von ihm gehaltenen Aktien zur Verfügung zu stellen.72 Hat der Emittent die Option eingeräumt, so ist zur Erfüllung der Verpflichtung die Vornahme einer Kapitalerhöhung notwendig, bei welcher das Bezugsrecht ausgeschlossen ist.73 Die Greenshoe-Option darf 15 % des Volumens des ursprünglichen Angebots nicht überschreiten, Art. 11 lit. d) VO 2273/2003/EG. Aufgrund der Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes für das Emissionskonsortium im Fall eines Naked Short wird inzwischen ein Großteil der Emissionen unter zusätzlicher Vereinbarung einer Greenshoe-Option durchgeführt.74 c) Vertragliche Veräußerungsbeschränkungen Neben den soeben aufgezeigten und in VO 2273/2003/EG genannten Maßnahmen kommen auch vertragliche Vereinbarungen, welche die Möglichkeiten zur Veräußerung der emittierten Aktien beschränken, als Maßnahmen zur Stabilisierung in Betracht. Durch diese Vereinbarungen soll das Angebot am jeweiligen Wertpapier beschränkt und so die Stabilisierung bewirkt werden. In VO 2273/2003/EG werden diese Vereinbarungen allerdings nicht erwähnt. aa) Haltevereinbarungen In Betracht kommen zunächst Haltevereinbarungen. Unter Haltevereinbarungen, sog. Lock-up-Vereinbarungen, versteht man die vertragliche Verpflichtung der Altaktionäre, im Anschluss an eine Emission die von ihnen noch gehaltenen Aktien innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht zu veräußern, nicht zur Veräußerung anzubieten und auch im übrigen keine Maßnahmen zu ergreifen, die einer Veräu-

69

Willamowski, Bookbuilding, Rn. 252; Bingel, Grenzen, S. 38. Schanz, BKR 2002, 439, 442; Groß, ZIP 2002, 160 ff.; Meyer, WM 2002, 1106 ff.; Bingel, Grenzen, S. 38 jew. m.w.N. 71 Willamowski, Bookbuilding, Rn. 249 ff.; Bingel, Grenzen, S. 38. 72 Bingel, Grenzen, S. 39 m.w.N. 73 Schanz, Börseneinführung, S. 364 ff. 74 Schanz, Börseneinführung, S. 364 f.; Groß, ZIP 2002, 160, 160. 70

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ßerung wirtschaftlich gleichkommen.75 Durch die Verpflichtung der Altaktionäre soll verhindert werden, dass diese sich in engem zeitlichen Zusammenhang zur Emission von noch in ihrem Bestand vorhandenen Aktien trennen und durch dieses zusätzliche Angebot der Preis der Aktie fällt.76 Die Wirkung derartiger Vereinbarungen wird vor allem mit der Signaling-Theorie begründet. Danach sind verlässliche Signale, die von weniger erfolgreichen Unternehmen nicht kostenlos dupliziert werden können, ein Qualitätsmerkmal, und dazu geeignet, Informationsasymmetrien abzubauen.77 Halteverpflichtungen sind ein solches Qualitätsmerkmal.78 Altaktionäre, die bereit sind, eine Lock up-Vereinbarung einzugehen, bringen damit zum Ausdruck, dass sie an den langfristigen Erfolg des Unternehmens glauben und nicht den Börsengang zum „Kasse machen“ nutzen wollen.79 Haltevereinbarungen sind somit für die Bewertung des Unternehmens und damit den Erfolg der Emission insbesondere kleinerer oder jüngerer Unternehmen, die nicht oder nicht in dem Maße über andere Gütesiegel verfügen, insgesamt positiv.80 Für die hier zu untersuchende Fragestellung ist aber festzuhalten, dass durch den Abschluss von Haltevereinbarungen letztlich nicht aktiv in den Handel per Erscheinen eingegriffen wird, dies ist nur mittels Veräußerung von Aktien durch Altaktionäre unter Verstoß gegen die Vereinbarung möglich.81 Haltevereinbarungen sollen daher im Folgenden nicht weiter betrachtet werden. bb) Penalty Bids Penalty Bids sind ebenfalls vertragliche Vereinbarungen zur Beschränkung des Angebots. Durch sie soll verhindert werden, dass Neuaktionäre, die gerade erst Aktien aus der Emission zugeteilt erhalten haben, sich direkt im Anschluss an die Notierungsaufnahme wieder von diesen trennen, um Zeichnungsgewinne zu realisieren, sog. Flipping. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung variiert.82 Gemeinsam 75 Meißner, Stabilisierung, S. 41; Fleischer, WM 2002, 2305, 2305; Ekkenga, WM 2002, 317, 321; Pfüller/Anders, WM 2004, 2445, 2449. 76 Fleischer, WM 2002, 2305, 2305 f. 77 Fleischer, WM 2002, 2305, 2307; grundlegend Spence, 87 Quarterly Journal of Economics 355, 1973. 78 Brav/Gompers, Review of Financial Studies, 13 (2000), S. 257 ff.; Nowak/Gropp, zfbf 2002, 19, 43 f. 79 Field/Hanka, Journal of Finance 56 (2001), 471; Jakob, Initial Public Offerings, S. 32. 80 Fleischer, WM 2002, 2305, 2307; ausführlich Kalss, Anlegerinteressen, S. 161 ff.; Nowak/Gropp, zfbf 2002, 19, 43 f. 81 Siehe dazu oben § 2 C.II.3. 82 Vgl. hierzu Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075, 1080; Benveniste/Erdal/ Wilhelm, Journal of Banking & Finance (1998), 741, 742; Benveniste/Busaba/Wilhelm, 42 Journal of Financial Economics (2003), 223, 224; SEC, SEC-Release Nos. 33 – 8511, 34 – 50831 (2000), 57; Thießen, WiSt 2002, 523, 524.

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ist allen Fallgestaltungen, dass mittels der Vereinbarungen, welche zwischen dem Stabilisierungsmanager und jeweils einem Konsortialmitglied geschlossen werden, erreicht werden soll, dass gezielt an langfristig interessierte Anleger zugeteilt wird.83 Da Penalty Bids den Verkauf der Wertpapiere durch Privatanleger nach Notierungsaufnahme verhindern sollen, kommt ihnen bereits aus diesem Grund in der Phase der Preisfindung, d. h. vor Zuteilung der Wertpapiere, noch keine Bedeutung als Stabilisierungsmaßnahme zu. Auch sie sollen daher im Folgenden nicht weiter betrachtet werden. 5. Wirkungsweise der Stabilisierungsmaßnahmen Um die Erfüllung der Kriterien nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV beurteilen zu können, muss zunächst auf die Wirkungsweise der vorstehend aufgezeigten Stabilisierungsmaßnahmen eingegangen werden. a) Direkter Zusammenhang von Angebot und Nachfrage Der europäische Gesetzgeber geht dabei ebenso wie der nationale Gesetzgeber von einem einfachen Zusammenhang von Angebot und Nachfrage aus, wie sich aus Art. 2 Nr. 7, 13 und 14 VO 2273/2003/EG ergibt.84 Auch in der juristischen Literatur wird die stabilisierende Wirkung der Schaffung zusätzlicher Nachfrage durch den Rückerwerb neuer Aktien nach Notierungsaufnahme durch den Stabilisierungsmanager an vielen Stellen als selbstverständlich vorausgesetzt.85 Zum Teil finden sich auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur Erklärungen, die – bei Unterschieden im Detail86 – im Ergebnis von einem unmittelbaren Zusammenhang von Angebot und Nachfrage ausgehen. Danach kann der Druck auf den Preis des Wertpapiers, der durch ein steigendes Angebot entsteht, durch den Stabilisierungsmanager ausgeglichen werden, indem er durch den Ankauf der Wertpapiere zusätzliche Nachfrage schafft.87

83

Bingel, Grenzen, S. 42. Erwägungsgrund 11 VO 2273/2003/EG spricht von unter Verkaufsdruck geratenen Wertpapieren; ebs. CESR, Stabilisation and Allotment – A European Supervisory Approach, CESR/02 – 020b, unter IV.1.; Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 90. 85 Siehe nur Schwark, in: FS Kümpel, S. 485, 493; Krämer/Hess, in: FS Döser, 171, 185; Ekkenga, WM 2002, 317; Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 309. 86 Siehe hierzu bspw. die Ausführungen von Scholes, 45 The Journal of Business (1972), 179 und Fischel/Ross, 105 Harvard Law Review (1991), 503, 516. 87 Ausführlich Bingel, Grenzen, S. 55 f., 60 f.; Lenzen, Eingriffe, S. 37, jew. m.w.N. 84

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b) Nur indirekter Zusammenhang von Angebot und Nachfrage Von einem anderen Ansatz als dem bloßen Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage geht die sog. Substitution Hypothesis aus. Auf der Grundlage der sog. Portfoliotheorie geht diese davon aus, dass ein Finanztitel nicht einzigartig, sondern austauschbar ist.88 Danach gäbe es eine Vielzahl von Möglichkeiten, aus den Anlagemöglichkeiten des Kapitalmarktes ein den Erwartungen und Risikoneigungen des Marktteilnehmers entsprechendes Portfolio zu bilden.89 Aufgrund der Austauschbarkeit einzelner Werte kann der Preis einer Aktie nicht allein durch die Änderung von Angebot oder Nachfrage beeinflusst werden.90 Vielmehr sei ein anderer Punkt entscheidend. Der Preis eines Wertpapiers gibt die Erwartungen der Investoren an die Höhe der zukünftig erwarteten Auszahlungen wieder. Diese Erwartungen berücksichtigen alle den Marktteilnehmern zur Verfügung stehenden Informationen. Liegen neue Informationen vor, werden diese von den Marktteilnehmern aufgenommen und im Preis abgebildet. Der Kauf eines großen Aktienpaketes durch einen anderen Marktteilnehmer kann daher eine für viele Anleger werthaltige Information darstellen.91 Wird dem Marktteilnehmer ein Informationsvorsprung zugemessen, gleichgültig ob zu Recht oder zu Unrecht, so wird jeder andere Marktteilnehmer bereit sein, seine Einschätzung der Aktie nach oben zu korrigieren.92 Ab diesem Zeitpunkt werden die Abschlüsse in dieser Aktie zu einem höheren Preis durchgeführt, der Kurs steigt.93 Nach dieser Ansicht wird der Preis des Wertpapiers also nicht durch die erhöhte Nachfrage selbst, sondern erst durch die hierdurch erzeugte Information beeinflusst. Der Informationseffekt ist in der Literatur wiederholt empirisch bestätigt worden.94 Der Information eines großen Kaufangebotes kommt im Fall der Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen aber nur dann der zuvor beschriebene positive Signaleffekt zu, wenn die Marktteilnehmer nicht wissen, dass es sich um einen Stabilisierungskauf handelt.95 Ein solcher Stabilisierungskauf signalisiert eher die Besorgnis seitens des Emissionskonsortiums, dass sich der Kurs nicht entsprechend der ursprünglichen Vorstellungen entwickelt.96 Die Besorgnis um die Entwicklung des 88

Scholes, 45 The Journal of Business (1972), 179; Bingel, Grenzen, S. 56. Fischel/Ross, 105 Harvard Law Review (1991), 503, 514; Bingel, Grenzen, S. 56. 90 Ausführlich Bingel, Grenzen, S. 57; Lenzen, Eingriffe, S. 34, jew. m.w.N. 91 Fischel/Ross, 105 Harvard Law Review (1991), 503, 515; Bingel, Grenzen, S. 58. 92 Bingel, Grenzen, S. 58. 93 Bingel, Grenzen, S. 58. 94 Fischel/Ross, 105 Harvard Law Review (1991), 503, 515; Scholes, 45 The Journal of Business (1972), 179; Bingel, Grenzen, S. 58 m.w.N. 95 Bingel, Grenzen, S. 59 m.w.N. 96 Bingel, Grenzen, S. 59 m.w.N. 89

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Kurses ist aber keine positive Nachricht, so dass die Marktteilnehmer ihre Einschätzung der Aktie an diese neue Informationslage dergestalt anpassen würden, das die Wertschätzung abnimmt, was zu einem Absinken des Kurses führen könnte.97 Stabilisierungsmaßnahmen würden somit nicht greifen. Wissen die Marktteilnehmer dagegen nicht, dass es sich um Stabilisierungskäufe handelt, kann die erhöhte Nachfrage nach der Aktie als ein positives Zeichen bewertet werden, so dass die Stabilisierung hier den Aktienkurs positiv beeinflussen würde.98 Die so funktionierende Stabilisierung basiert damit letztlich auf einer Täuschung der Marktteilnehmer.99 Die fehlende Transparenz der Stabilisierungsmaßnahmen kann – und Untersuchungen bestätigen für die Praxis, dass dies der Fall ist – Investoren zur Order von Wertpapieren zu einem Preis zu verleiten, zu welchem sie ohne die von der Stabilisierung ausgehenden Signale nicht geordert hätten.100 Zudem ist nach Beendigung der Stabilisierungsmaßnahmen ein signifikanter Preisabfall zu verzeichnen.101 Wissen die Investoren infolge fehlender Transparenz nicht, dass sie gerade zum Zeitpunkt der Stabilisierung und damit zu einem stabilisierten Preis kaufen, tragen sie das Risiko eines anschließenden Preisabfalls nach Ablauf der Stabilisierungsmaßnahmen.102, 103 In der ökonomischen Literatur wird die Wirkung von Stabilisierungskäufen auf den Kurs einer Aktie somit zwar unterschiedlich begründet, es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass Stabilisierungskäufe überhaupt geeignet sind, den Kurs zu beeinflussen. Vorherrschende Ansicht ist wohl diejenige, die annimmt, dass der Kurs durch die Stabilisierungsmaßnahmen nur indirekt, nämlich über den sog. Informationseffekt beeinflusst wird. Dafür spricht zum einen, dass die Beeinflussung des Preises allein 97

Bingel, Grenzen, S. 59 m.w.N. Bingel, Grenzen, S. 59 f. m.w.N. 99 SEC, Release 33 – 8511; 34 – 50831 unter Hinweis auf Untersuchungen von Hanley/ Kumar/Seguin, 34 Journal of Financial Economics (1993), 177; Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075 sowie Fishe/Boehme, 10 Journal of Corporate Finance (2004), 575; Bingel, Grenzen, S 67. 100 Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075 ff.; Fishe/Boehme, 10 Journal of Corporate Finance (2004), 575 ff. 101 Hanley/Kumar/Seguin, 34 Journal of Financial Economics (1993), 177; Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075; Fishe/Boehme, 10 Journal of Corporate Finance (2004), 575. 102 Hanley/Kumar/Seguin, 34 Journal of Financial Economics (1993), 177; Aggarval, 55 Journal of Finance (2000), 1075; Fishe/Boehme, 10 Journal of Corporate Finance (2004), 575. 103 Für den US-amerikanischen Markt sieht deshalb Regulation M Rule 104 die Verpflichtung vor, bei der Vornahme von Stabilisierungsmaßnahmen (Pure Stabilization) dem Markt und der Vertragsgegenseite vorab zu offenbaren, dass eine Stabilisierungsmaßnahme durchgeführt wird. Für Short Covering-Maßnahmen hat die SEC nunmehr die Einführung einer entsprechenden Offenlegungspflicht erwogen, da neuere Untersuchungen gezeigt hatten, dass die Stabilisierung mittels Short Covering die reine Stabilisierung praktisch abgelöst hat und ein Grund hierfür die fehlende Pflicht zur Offenlegung dieser Maßnahmen sein dürfte, vgl. SECRelease 33 – 8511; 34 – 50831. 98

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über Angebot und Nachfrage den Besonderheiten von Finanztiteln gegenüber anderen Gütern wohl nicht hinreichend gerecht wird, zum anderen, dass der Zusammenhang zwischen Information und Kursveränderung im Sekundärmarkt mehrfach empirisch bestätigt worden ist. c) Dauer der stabilisierenden Wirkung Zur zeitlichen Wirkung von Stabilisierungsmaßnahmen gibt es dagegen differierende Ergebnisse. Einerseits kommen Studien zum Ergebnis, dass nach dem Ende der Stabilisierungsperiode die Preise zwar zunächst fallen, sich dann aber wieder erholen und so der Stabilisierungseffekt dauerhaft ist.104 Im Gegensatz hierzu kamen andere Studien zu dem Ergebnis, dass der Stabilisierungseffekt nur vorübergehender Natur ist und sich letztlich nach Ablauf der Stabilisierungsperiode eine negative Tendenz in der Preisentwicklung feststellen lässt (sog. long run underperformace).105 6. Ökonomische Gründe zur Rechtfertigung der Stabilisierung Stabilisierungsmaßnahmen sind letztlich aufgrund ihrer Wirkungsweise ohne weitere Angaben nicht von Manipulationsmaßnahmen zu unterscheiden. Sie können daher nur dann anerkennungsfähig sein, wenn ihre positive Wirkung für den Kapitalmarkt den manipulativen Eingriff in die Preisbildung überwiegt. Die für diese Beurteilung maßgeblichen Kriterien finden sich, wie bereits gezeigt, in § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV, welche die Hauptfunktionen des Kapitalmarkts wiedergeben. Ihnen muss die Wirkungsweise der Stabilisierungsmaßnahmen entsprechen. a) Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes Eine der wesentlichen Aufgaben des Kapitalmarktrechts ist die Herstellung und Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen und effizienten Kapitalmarktes.106 Die nunmehr in § 8 Abs. 1 MaKonV gesetzlich verankerten Kriterien zur Anerkennung einer Maßnahme als zulässig beschreiben letztlich nur Teilaspekte dieser Aufgabe. Neben der Sicherung der Funktionsfähigkeit ist die Sicherung der Kapitalmarkteffizienz ein wesentlicher Aspekt für die Beurteilung, ob eine Maßnahme letztlich aus ökonomischen Erwägungen heraus anerkennungsfähig ist. Der Begriff der Kapi-

104

Aggarval, Journal of Finance 2000, 1075, 1099; Schultz/Zaman, 35 Journal of Financial Economics 1994, 199 ff. 105 Hanley/Kumar/Seguin, 34 Journal of Financial Economics 1994, 177 ff.; Ritter/Welch, 57 Journal of Finance (2002), 1795, 1817 ff. m.w.N. 106 Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 23 m.w.N.

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talmarkteffizienz wird durch drei Teilaspekte konkretisiert: Die Allokationseffizienz, die operationale Effizienz und die institutionelle Effizienz.107 aa) Allokationseffizienz Die wichtigste Aufgabe des Kapitalmarktes ist die Allokation finanzieller Ressourcen durch Konsumverzicht und Risikoübernahme zwischen unterschiedlichen Akteuren und Zeitabschnitten.108 Es sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der vorhandene Überschuss an Geldkapital zu den Marktteilnehmern geleitet wird, die einen Überschuss an attraktiven Investitionsmöglichkeiten bieten, jedoch nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um diese wahrzunehmen.109 Die Attraktivität bestimmt sich nach dem Verhältnis von Rendite und Risiko.110 Kapital fließt also immer in das Investment, welches bei gleichem Risiko die höchste Rendite verspricht.111 Wertpapiere werden somit von den Anlegern wegen ihrer Ertragsaussichten nachgefragt. Zu deren Beurteilung können sie sich an den Preisen der Wertpapiere orientieren. Das Niveau des Preises und die Schwankungen, denen er unterworfen ist, sind damit wichtige Faktoren bei der Bestimmung der Ertragsaussichten. Preise sind somit gute Indikatoren für den inneren Wert des jeweiligen Wertpapiers und damit auch für die Investitionsentscheidung der Anleger.112 Diese Informationsfunktion können sie aber nur dann vollständig erfüllen, wenn den Anlegern bekannt ist, auf welcher Grundlage sich der Preis eingestellt hat. In Bezug auf die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen müssten diese zur Sicherung der Allokationseffizienz somit offen gelegt werden, da anderenfalls Fehlanreize bestehen. Nur im Fall der Offenlegung wäre der Markt in der Lage, die aus einem (großen) Angebot zum Erwerb von Wertpapieren folgende Information zutreffend einzuordnen. bb) Operationale Effizienz Die operationale Effizienz hat zum Ziel, die für die Marktteilnehmer durch die Inanspruchnahme der Anlagemöglichkeiten des Kapitalmarktes entstehenden Kosten zu minimieren und so dessen Funktionsfähigkeit zu fördern.113 Zu diesen Kosten gehören die dem Emittenten aus der Emission und die dem Investoren aus der In-

107 Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 23 ff.; Bingel, Grenzen, S. 73 ff.; Waschkeit, S. 80 ff., jew. m.w.N. 108 Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 23; Meißner, Stabilisierung, S. 38. 109 Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 23; Bingel, Grenzen, S. 73; Waschkeit, S. 81. 110 Meißner, Stabilisierung, S. 38; Hellgardt, S. 111 f., jew. m.w.N. 111 Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 24; Hellgardt, S. 111. 112 Waschkeit, S. 82; Hellgardt, S. 112 f. 113 Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 25; Bingel, Grenzen, S. 74; Waschkeit, S. 81, jew. m.w.N.

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vestition entstehenden Kosten gleichermaßen.114 Auf Seiten des Emittenten zählt dazu auch der Aufwand, der sich aus der Platzierung der Emission ergibt und sich im Emissionspreis widerspiegelt.115 Stabilisierung wirkt sich somit nur positiv auf die operationale Effizienz aus, wenn sie zur Minimierung der Kosten der Emission beitragen kann. cc) Institutionelle Effizienz Letztlich kennzeichnet ein dritter Aspekt einen funktionsfähigen, effizienten Kapitalmarkt, die institutionelle Effizienz. Darunter ist die Erhaltung und Festigung des Vertrauens der Investoren in die Stabilität und Integrität des Marktes, vor allem in die Berechenbarkeit der Risikofaktoren, welche den Anlagen gemein sind, zu verstehen.116 Dieses Ziel wird in erster Linie durch die Schaffung der Voraussetzungen allokativer und operationaler Kapitalmarkteffizienz mit verwirklicht.117 Darüber hinaus gilt es, die allgemeinen Funktionsvoraussetzungen eines Marktes zu sichern, wie etwa den freien Zugang von Anbietern und Investoren zum Markt, um so dessen Breite (Vielfalt des Marktangebotes) und Tiefe (Zahl der Investoren und Volumen des angelegten und anlagesuchenden Kapitals) zu sichern.118 b) Preisfestsetzung am Primärmarkt Für die Phase der Preisfindung bedeutet dies, dass eine Maßnahme nur dann als zulässige Stabilisierungsmaßnahme anerkannt werden kann, wenn durch sie die vorstehenden Teilaspekte der Kapitalmarkteffizienz gefördert werden, indem bspw. Emittent und Emissionskonsortium durch die Maßnahme einen höheren Emissionserlös erzielen, sie mittels Stabilisierungsmaßnahmen im Handel per Erscheinen also einen „besseren“ Preis für die Wertpapiere im Primärmarkt erzielen können als ohne diese. Kennzeichnend für den Primärmarkt ist eine besonders undurchsichtige Informationslage.119 So existiert vor allem noch kein Preis für das Wertpapier, an welchem sich die Marktteilnehmer zur Einschätzung des Wertes orientieren können. Zudem unterfällt der Emittent noch nicht den Publikationspflichten, wie sie für bereits börsennotierte Unternehmen gelten.120 Fehlt aber ein verlässlicher Indikator für die Bewertung des Wertpapiers, vermögen die Marktteilnehmer ein gutes Angebot nicht mehr von einem schlechten Angebot zu unterscheiden. Die Marktteilnehmer sind nur noch bereit, einen Durchschnittspreis zu zahlen, da ihnen anderenfalls Verluste 114 115 116 117 118 119 120

Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 25; Bingel, Grenzen, S. 74 m.w.N. Bingel, Grenzen, S. 74; Waschkeit, S. 81. Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 26; Bingel, Grenzen, S. 77. Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 26. Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 26; Bingel, Grenzen, S. 77; Waschkeit, S. 80 f. Meißner, Stabilisierung, S. 50. Meißner, Stabilisierung, S. 50.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

entstehen. Die guten Anbieter werden nicht mehr entsprechend vom Markt honoriert, sie ziehen sich zurück. Die Folge sind Fehlallokationen.121 Weitere Folge des Rückzugs von Marktteilnehmern ist die Verringerung der Liquidität, da die Markttiefe abnimmt. Dies hat Auswirkungen auf die Preisfestsetzung auf dem Primärmarkt. Erwerber von Aktien können im Fall des Verkaufs nicht deren tatsächlichen, sondern nur einen geringeren Wert realisieren. Zum Ausgleich fordern sie bei einer Neuemission eine höhere Rendite, welche der Emittent nur durch geringere Emissionspreise gewähren kann. Ist das Unternehmen dazu nicht bereit, ziehen sich die Anleger zurück. Erlöst der Emittent nicht den seinen Vorstellungen entsprechenden Preis, bleibt er dem Kapitalmarkt fern. Dieser wird insgesamt unattraktiver für die Kapitalbeschaffung, die Allokationsfunktion ist gestört.122 Der Mangel an Transparenz führt somit zur Entstehung von zusätzlichen Kosten für das Kapital.123 Auch diese zusätzlichen Kosten beeinträchtigen die Allokationsfunktion des Kapitalmarktes. Der Emittent vermag im Zuge der Emission in aller Regel nur weniger Kapital zu erlösen als ihm gemessen am inneren Wert des Unternehmens zustehen würde. Es kommt zur Unterbewertung der Wertpapiere. Voraussetzung für die einer Anerkennung von Stabilisierungsmaßnahmen vor Notierungsaufnahme im Handel per Erscheinen muss daher sein, dass mittels dieser die zusätzlichen Kosten soweit wie möglich gesenkt werden, der Emittent also für die Aktien einen Preis erzielen kann, welcher nicht um den soeben beschriebenen Abschlag reduziert ist. Stabilisierungsmaßnahmen vor Notierungsaufnahme sind damit für die Phase der Preisfindung nur anerkennungsfähig, wenn sie geeignet sind, die Unterbewertung zu reduzieren. c) Unterbewertung Die Unterbewertung, sog. Underpricing, beschreibt die positive Differenz zwischen Erstnotiz des Wertpapiers und Ausgabepreis.124 Für die Erklärung dieses an allen untersuchten Börsen beobachteten Phänomens gibt es in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur eine Vielzahl von Ansätzen.125

121

Hellgardt, S. 113. Vgl. insgesamt zum Vorstehenden Meißner, Stabilisierung, S. 54 ff.; Waschkeit, S. 82; Hellgardt, S. 113, jew. m.w.N. 123 Benveniste/Erdal/Wilhelm, Journal of Banking & Finance 22 (1998), 741, 742. 124 Schweinitz, S. 9 f.; Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 46 f.; Thießen, WiSt 2002, 523. 125 Neus, zfbf 46 (1994), 145 f.; Gerke/Fleischer, zfbf 2001, 827, 828; Rock, Journal of Financial Economics, 1986, 187 ff.; Beatty/Ritter, Journal of Financial Economics, 1986, 213 ff.; Baron, Journal of Finance 1982, 955 ff.; Grinblatt/Hwang, Journal of Finance 1989, 393 ff.; Allen/Faulhaber, Journal of Financial Economics 1989, 303 ff. 122

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aa) Ad-hoc-Hypothesen Zur Erklärung des Phänomens der Unterbewertung wurden zunächst verschiedene sog. Ad-hoc-Erklärungsansätze entwickelt, welche von Marktunvollkommenheiten als Ursache der Unterbewertung ausgehen.126 Danach wird als ein Grund für die Unterbewertung eine mögliche Risikoaversion der Emissionsbanken im Hinblick auf die vollständige Platzierung der Emission und eine mögliche Haftung auf Zahlung von Schadensersatz aus Prospekthaftung wegen zu positiver Angaben im Vorfeld der Neuemission angesehen.127 Als weitere Erklärungsansätze werden Unterbewertung als Folge spekulativer Nachfrage von Anlegern, Neuemissionen während einer Hot Market-Phase oder auch als bewusste Vornahme eines Preisabschlages zur Schaffung einer Übernachfrage angeführt.128 Ein anderer Erklärungsansatz sieht den Grund für die Unterbewertung darin, dass diese ein höheres Handelsvolumen zur Folge hat und so letztlich die Liquidität im Markt erhöht.129 Alle Ansätze sehen sich jedoch dem Einwand ausgesetzt, dass sie die beobachtete Unterbewertung letztlich nicht zu erklären vermögen. So spricht gegen die risikoaverse Begründung die Tatsache, dass ein solches Handeln zum einen nicht im Interesse des Emittenten ist und zum anderen nur dort auftreten kann, wo sich die Bank gegen die Interessen des Emittenten durchzusetzen vermag, was mit steigendem Wettbewerbsdruck unter den Emissionsbanken fraglich wird. Andere Ansätze sind mit dem Einsatz des Bookbuilding-Verfahrens nicht (mehr) in Einklang zu bringen, welches sich gerade an der bestehenden Nachfrage orientieren soll.130 bb) Informationsasymmetrien (1) Erklärungsansätze Gegenüber den Ad-hoc-Ansätzen hat sich eine andere Gruppe von Erklärungsansätzen durchgesetzt, die allesamt darauf beruhen, dass die Unterbewertung eine Folge bestehender Informationsasymmetrien zwischen den verschiedenen Gruppen von Marktteilnehmern (Anlegern, Emissionsbanken, Emittenten) ist. Innerhalb dieser Gruppe wiederum gibt es eine Reihe von verschiedenen Erklärungsansätzen. Gemeinsam gehen alle Erklärungsansätze hierbei davon aus, dass eine Gruppe von Marktteilnehmern eine präzisere Vorstellung über den „wahren“ Wert des Unternehmens und damit des Wertpapiers hat als der Rest der Marktteilnehmer.131 Die 126

Überblicksartig Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, S. 277, 284 ff. Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, S. 277, 284; Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 49; Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1807 m.w.N. 128 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, S. 277, 286. 129 Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1808 m.w.N. 130 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, S. 277, 287 f. 131 Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 47. 127

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Unterschiede in den Modellen bestehen vor allem darin, welcher der Gruppen ein Informationsvorsprung zugeschrieben wird.132 Der erste Erklärungsansatz geht davon aus, dass diesen Informationsvorsprung eine relativ kleine Gruppe von Anlegern, die sog. informierten Anleger, besitzt. Alle anderen Anleger, die Emittenten und Emissionsbegleiter, sind uninformiert. Die informierten Anleger zeichnen nur die unterbewerteten Emissionen, die uninformierten dagegen alle. Dies hat zur Folge, dass der Anteil an den überbewerteten Emissionen, den letztere Gruppe hält, überproportional hoch ist. Da sich kein rationaler Anleger auf Dauer mit einer negativen Gewinnerwartung zufrieden gibt, kommt es zum Rückzug dieser Anlegergruppe. Weil der Emissionsmarkt aber ohne die uninformierten Anleger zusammenbrechen würde, müssen sie mittels Unterbewertung für die Verluste, die sie durch die Zeichnung überbewerteter Emissionen erleiden, entschädigt werden, wovon alle Anleger aufgrund der niedrigeren Preise gleichermaßen profitieren.133 Nach einem anderen Erklärungsansatz sind die Emittenten die gut informierten Marktteilnehmer. Handelt es sich bei dem Emittenten um ein „gutes“ Unternehmen, ist er bestrebt, diese Information den Marktteilnehmern zu kommunizieren. „Gute“ Unternehmen sind in der Lage, später mit größerer Wahrscheinlichkeit eine hohe Dividende zu zahlen als schlechte, so dass die anfängliche Unterbewertung als Signal für die künftige Entwicklung des Unternehmens eingesetzt wird. Über die tatsächliche Zahlung der höheren Dividende kann der Anleger auf die Qualität des Unternehmens rückschließen. Für schlechtere Unternehmen lohnt sich dieses Signal nicht, da die Wahrscheinlichkeit, aufgrund ausbleibender Dividendenzahlung als schlechtes Unternehmen entlarvt zu werden, relativ hoch ist.134 Eine dritte Gruppe von Modellen geht von Informationsvorteilen auf Seiten der Emissionsbegleiter aus. Das positive Signal besteht hiernach nicht mehr in der Höhe der Unterbewertung, sondern in der Wahl der Emissionsbank bzw. der Emissionsbanken. Aufgrund des dem Emissionsbegleiter zugestandenen Informationsvorsprungs ist dessen Teilnahme an der Emission die Bestätigung für die Qualität des Unternehmens.135

132

Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 47. Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 47 unter Bezugnahme auf Rock Journal of Financial Economics 1986, 187 ff. m.w.N. 134 Allen/Faulhaber, Journal of Financial Economics, 1989, 303 ff.; Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 47 m.w.N. 135 Both/Smith, Journal of Financial Economics, 1986, 261 ff.; Beatty/Ritter, Journal of Financial Economics, 1986, 213 ff.; Carter/Manaster, Journal of Finance, 1990, 1045 ff., mit Unterschieden im Detail; zusammenfassend Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45, 48 f. 133

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(2) Stabilisierung als Mittel zur Verringerung der Unterbewertung? Die Unterbewertung ist für den Emittenten ein kostenintensives Instrument, um für die Kosten der adversen Selektion zu entschädigen.136 Die dadurch entstehende Rendite fließt nicht nur den gut informierten, sondern auch den schlecht informierten Marktteilnehmern zu, denen aber solche Kosten nicht entstehen.137 Der Emittent kann nach den oben unter (1) entwickelten Theorien die Kosten aber auch minimieren, indem er den Marktteilnehmern an Stelle der vorab erfolgten Unterbewertung verbindlich die Vornahme von Stabilisierungsmaßnahmen für den Fall sinkender Kurse in Aussicht stellt.138 Stabilisierung und Unterbewertung verfolgen ein identisches Ziel, den Anlegern eine Mindestrendite zu verschaffen. Der Emittent kann den Kosten der Unterbewertung zumindest teilweise dadurch begegnen, indem er die Entschädigung für die Preisgabe der wahren Informationen nicht allen Anlegern mittels Unterbewertung vorab, sondern erst nachträglich, also für den Fall der Überbewertung gewährt und dies vorab mittels Ankündigung zugesichert wird.139 Dies geschieht durch die Ankündigung und Durchführung der Stabilisierung für den Fall fallender Preise nach der Emission durch den Stabilisierungsmanager. Da gut informierte Anleger nicht in überbewertete Emissionen investieren, kommt die Stabilisierung nur den schlecht informierten Anlegern zu Gute. Die hierdurch entstehenden Kosten, durch welche diese Anleger dauerhaft auf dem Primärmarkt gehalten werden sollen, sind insgesamt geringer als die allein durch die Unterbewertung entstehenden Kosten.140 Das Emissionsversprechen des Stabilisierungsmanagers verschafft dem Erwerber des Wertpapiers neben diesem selbst zudem eine Put-Option, für deren Einlösen der Stabilisierungsmanager aufgrund seines Stabilisierungsversprechens bereit steht.141 Die schlecht informierten Anleger erhalten so eine Versicherung gegen eine überbewertete Emission, die gut informierten Anleger erhalten mittels der angekündigten Stabilisierung neben der Unterbewertung eine zusätzliche Gegenleistung für die Preisgabe ihres wahren Interesses an der Emission.142 Stabilisierungsmaßnahmen dienen somit ebenfalls zur Beschaffung der zur Preisfestsetzung notwendigen Informationen. Ihnen kommt somit im Verhältnis zur Unterbewertung ersetzende Funktion zu.143 136

Meißner, Stabilisierung, S. 55. Benveniste/Erdal/Wilhelm, Journal of Banking & Finance 22 (1998), S. 741, 745. 138 Meißner, Stabilisierung, S. 55. 139 Hanley/Kumar/Seguin, Journal of Financial Economics 34 (1993), 177, 181. 140 Chowdry/Nanda, Journal of Financial and Quantitative Analysis 31 (1996), 25, 26. 141 Benveniste/Erdal/Wilhelm, Journal of Banking & Finance (1998), 741, 743; Fishe, 37 Journal of Financial and Quantitative Analysis (2002), 319, 320. 142 Benveniste/Busaba/Wilhelm, Journal of Financial Economics 42 (1996), 223, 225 f., 249 f.; Benveniste/Erdal/Wilhelm, Journal of Banking & Finance 22 (1998), 741, 746. 143 Meißner, Stabilisierung, S. 54. 137

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Letztlich dient das Versprechen der Durchführung von Stabilisierungskäufen nach der Emission nach dieser Ansicht der Verringerung der Unterbewertung und verbessert dadurch die operationale Effizienz des Kapitalmarkts. Dabei kommt es nicht darauf an, welchem Begründungsansatz der auf Informationsasymmetrien beruhenden Ansätze hier gefolgt wird, ob also das Stabilisierungsversprechen als nachträgliche Entschädigung der schlecht informierten Anleger oder als Teil der Gegenleistung an gut informierte Anleger für die Preisgabe ihres Informationsvorteils angesehen wird. Denn entscheidend ist, dass die Platzierung in der Weise besser gelingt, dass die Kosten der Emission reduziert werden können. cc) Andere Erklärungsansätze In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden – trotz ihrer momentan vorherrschenden Stellung – auch die auf der asymmetrischen Informationsverteilung beruhenden Erklärungsansätze vermehrt in Zweifel gezogen. Ausgangspunkt dieser Ansätze ist, dass allein das Einsammeln von Informationen bei den gut informierten Anlegern und das dafür notwendige Bieten einer Gegenleistung nicht zu erklären vermag, warum die Emissionsbegleiter durch die Unterbewertung so viel Geld verschenken, wie es in den zurückliegenden Jahren, insbesondere während der Internetblase, der Fall war. In einer Untersuchung der Neuemissionen in den USA, bei welcher insgesamt 6.249 IPOs der Jahre 1980 – 2001 als Datengrundlage herangezogen wurden, wurde für den gesamten Zeitraum eine durchschnittliche Unterbewertung von 18,8 % festgestellt. In den Jahren 1999/2000, also während der Internetblase, betrug die Unterbewertung bei den 803 in diesen beiden Jahren durchgeführten IPOs sogar durchschnittlich 65 %, insgesamt 65,6 Mrd. US-Dollar!144 Dies sei allein mit der notwendigen Erbringung einer Gegenleistung für die Preisgabe der wahren Preiseinschätzung nicht zu erklären. Es sei bspw. kein Grund ersichtlich, warum die Unterbewertung ein effizientes Signal an die Investoren ist, keine „Zitrone“ zu sein, und warum nicht stattdessen bspw. mittels Spenden von Geld an soziale Projekte ein ebenso effizientes Signal erzeugt werden kann wie durch die Unterbewertung, wird doch in beiden Fällen Geld verschenkt.145 Ebenso konnte der Einsatz eines Emissionsbegleiters mit gutem Ruf nicht immer als verlässliches Signal in dem Sinne bestätigt werden, dass in einem solchen Fall die Unterbewertung niedriger läge als bei Einsatz eines nicht so renommierten Emissionshauses.146 Auch sei auf Grundlage der Modelle, die eine asymmetrische Informationsverteilung als Grund für die Unterbewertung annehmen, nicht nachvollziehbar, weshalb diese dann auch in der Phase der Internetblase gerade die höchste Unterbewertung zu konsta144

Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), S. 1795, 1797. Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), S. 1795, 1803. 146 Den Zusammenhang bejahen Beatty/Ritter, Journal of Financial Economics 15 (1986), 213 ff.; ihn verneinend Kaserer/Kempf, ZBB 1995, 45 ff. 145

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tieren hatten.147 Denn es sei zu keiner Zeit einfacher gewesen, Wertpapiere von Firmen, die neu emittierten, zu verkaufen als zu dieser Zeit.148 Weshalb muss den gut informierten Anlegern dann überhaupt noch eine Gegenleistung für die Preisgabe des „wahren“ Wertes des Wertpapiers gezahlt werden, wenn die Wertpapiere auch ohne diese Information, die bei einem derart großen verschenkten Geldbetrag ohnehin nicht zutreffend gewesen sein kann, ohne Schwierigkeiten zu fast jedem Preis verkauft werden konnten? Weiter wird angeführt, dass die Informationsasymmetrien mit der Anwendung des Bookbuilding-Verfahrens infolge der Einbeziehung der institutionellen Investoren in den Prozess der Preisfestsetzung wenigstens teilweise abgebaut worden sein müssten.149 Mit der weiteren Verfeinerung dieses Preisfindungsverfahrens und einer Kombination mit bzw. einer Ersetzung durch das Auktionsverfahren müsste es somit möglich sein, den Emissionspreis treffender festzusetzen, so dass die Unterbewertung entfiele.150 Aber auch dies ist nicht der Fall. Das Auftreten der Unterbewertung hat sich entgegen dieser Annahme auch nach Etablierung des Bookbuilding-Verfahrens und der damit einhergehenden Ablösung des Festpreisverfahrens nicht gewandelt.151 Es sind unvermindert positive Zeichnungsrenditen zu verzeichnen, was den Schluss zulässt, dass sich das Phänomen der Unterbewertung auch mit den Theorien der asymmetrischen Informationsverteilung nicht vollständig erschließen lässt.152 Es müssen somit andere Gründe (mit-)ausschlaggebend sein für die systematische Unterbewertung. Als hierfür in Betracht kommend werden insbesondere agencyProbleme, nicht-rationales Verhalten von Anlegern sowie Praktiken des Emissionskonsortiums bei der Zuteilung der Wertpapiere angeführt.153 Hierzu wird bspw. vertreten, dass bezogen auf die Emission von Wertpapieren etwa die Beeinflussung der Marktteilnehmer durch Modewellen (sog. fads), bestimmte Marktphasen wie Hot issue-Märkte oder das Zeichnungsverhalten von überoptimistischen Anlegern, teilweise auch im Zusammenwirken mit rationalen Anlegern, für die festgestellten hohen Ersttagsrenditen verantwortlich sind.154

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Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), S. 1795, 1807. Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), S. 1795, 1807. 149 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, S. 277, 288. 150 Grüger, Kurspflege, S. 45; Fleischer, ZHR 2001, 513, 532, 535. 151 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, 277, 288. 152 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, 277, 288. 153 Rehkugler/Schenek, in: Wirtz/Salzer, 277, 287 f.; Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), S. 1795, 1796, 1823 m.w.N. 154 Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1822; Aggarval/Rivoli, Financial Management 19 (1990), 45, 47; Shiller, Journal of Economic Perspectives 4 (1990), 55 ff.; Ritter, Journal of Finance 46 (1991), 3 ff.; Loughran/Ritter, Journal of Finance 50 (1995), 23 ff.; Ljungqvist/Nanda/Singh, Journal of Business 79 (2006), 1667 ff. 148

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Auch die Zuteilungspraktiken der Emissionsbegleiter seien ein Grund für die Unterbewertung, denn für die Emissionsbegleiter sind die institutionellen Investoren die bevorzugten Kunden gegenüber den privaten Investoren. Und deshalb sollen die institutionellen Investoren bei der Zuteilung von Neuemissionen bevorzugt werden. Möglich sei dies aber nur dann, wenn dem Emissionskonsortium die Wahl bleibt, wem Wertpapiere in welchem Umfang zugeteilt werden sollen. Und dies setzt wiederum voraus, dass mehr Zeichnungswünsche vorliegen als Wertpapiere emittiert werden, die Emission also überzeichnet ist. Und die so notwendige Überzeichnung werde mittels Unterbewertung überhaupt erst kreiert bzw. verstärkt.155 Eine abschließende Entscheidung darüber, welcher der oben ausgeführten Erklärungsansätze der zutreffende ist, und damit, was Ursache der Unterbewertung ist, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht getroffen werden. Dazu sind die verschiedenen Ansätze selbst teilweise noch zu sehr „im Fluss“, der gegenwärtige Stand der Forschung noch nicht ausreichend, um die Vorkommnisse am IPO-Markt hinreichend erklären zu können. So kann nur festgehalten werden, dass es in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Erklärung für das beobachtete Phänomen der Unterbewertung gibt. Insbesondere die heute herrschenden Modelle, die auf Informationsasymmetrien aufbauen, bieten offenbar keine zureichende Erklärung. Auch wenn die Vertreter dieser Modelle den Vertretern der Behavioral Finance entgegen halten, sie wären selbst nicht in der Lage, ihre Einwände überzeugend zu modellieren156, so sind die Zweifel an der Richtigkeit der Theorien, die auf Informationsasymmetrien aufbauen, doch so erheblich, dass diese Bedenken nicht unberücksichtigt bleiben können, auch wenn die Behavioral Finance-Ansätze selbst noch nicht vollständig modelliert sind. Daher bleibt nur festzustellen, dass bisher kein Ansatz zur vollständigen Erklärung der vorgefundenen Marktverhältnisse in der Lage ist. Bei einer rechtlichen Bewertung der Situation sind deshalb alle Erklärungsansätze mit zu berücksichtigen. Da mithin nicht sicher festgestellt werden kann, was Ursache der Unterbewertung ist, und Stabilisierungsmaßnahmen die Unterbewertung dämpfen bzw. ausgleichen sollen, so kann deren Einsatz zwar nach Notierungsaufnahme sinnvoll sein. Ob dies auch für Stabilisierungsmaßnahmen im Handel per Erscheinen gilt, ist jedoch zumindest zweifelhaft. Nach dem gegenwärtigen Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung ist somit nicht positiv feststellbar, dass eine Stabilisierung im Handel per Erscheinen 155 Dieser Zusammenhang wurde u. a. nachgewiesen durch Booth/Chua, Journal of Financial Economics 41 (1996), 291; Brennan/Franks, Journal of Financial Economics 45 (1997), 391; Mello/Pearsons, Journal of Financial Economics 49 (1998), 79; sowie Stoughton/Zechner, Journal of Financial Economics 49 (1998), 45; vgl. auch Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1812 f. 156 Fischel, Cornell Law Review 74 (1989), 907, 915; Fama, Journal of Financial Economics 49 (1998), 283, 291.

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während der Phase der Preisfindung geeignet ist, eine Unterbewertung zu verringern und dadurch dem Emittenten zu ermöglichen, einen höheren Preis zu erzielen. Mithin wird auch die Effizienz des Kapitalmarktes insgesamt nicht verbessert. Überdies spricht die Wirkungsweise einer Stabilisierung mittels Transaktionen gegen die Anerkennung als zulässige Maßnahme während des Handels per Erscheinen. Oben wurde bereits dargestellt, dass Stabilisierung letztlich nichts anderes ist als eine Manipulation des Preises. Ihre Eignung, den Preis zu beeinflussen, erlangt sie nur, weil den anderen Marktteilnehmern nicht bekannt ist, dass es sich bei den Maßnahmen um Stabilisierungsmaßnahmen handelt. Ein derart zustande gekommener Preis ist aber nicht informationseffizient. Die Informationseffizienz ist ein Unterfall der Allokationseffizienz,157 so dass die Allokationsfähigkeit des Kapitalmarktes durch Stabilisierungsmaßnahmen eher vermindert denn gestärkt wird. Wenn Stabilisierungsmaßnahmen mittels Transaktionen bereits im Sekundärmarkt, also einem Markt, auf welchem sich mit Ausnahme der Stabilisierung der Preis durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage einstellen kann, nicht zu einer Steigerung der Allokationseffizienz beitragen, so ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Stabilisierung diese Wirkung während der Phase der Preisbildung zukommen sollte. Der Handel per Erscheinen läuft parallel zur Festsetzung des Emissionspreises, je nach Art des gewählten Preisfindungsverfahrens in Kenntnis einer vorgegebenen Preisspanne (beim „klassischen“ und beim verkürzten, sog. Accelerated Bookbuilding-Verfahren) oder in deren Unkenntnis (beim sog. Decoupled BookbuildingVerfahren), in Kenntnis eines zu beachtenden Mindestgebotes oder ohne ein solches (beim Auktionsverfahren). In jedem Fall können die von den Transaktionen im Handel per Erscheinen ausgehenden Signale von den Marktteilnehmern erst recht nicht zutreffend eingeordnet werden. 7. Fazit Die zur Beurteilung einer Stabilisierungsmaßnahme als anerkennungsfähig heranzuziehenden Kriterien nach § 8 MaKonV stellen allesamt auf den Schutz der Hauptfunktion der Märkte, jederzeit schnell, kostengünstig und sicher Geschäfte zu vermitteln und eine effektive Preisbildung zu gewährleisten, ab. Diese Funktion wird mittels Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen während des Handels per Erscheinen nicht unterstützt. Neben der nicht den Anforderungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV genügenden Transparenz sowohl des Handels per Erscheinen als auch der Stabilisierungsmaßnahmen selbst wird auch die Effizienz des Kapitalmarktes insgesamt eher beeinträchtigt als verbessert. Zwar vermag die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen im Anschluss an eine Emission sich positiv auf die Zeichnungsbereitschaft von Investoren und die Emissionsbereitschaft von Emittenten auszuwirken und damit auch zu einer Stei157

Assmann, in: Assmann/Schütze § 1 Rn. 24.

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gerung der Liquidität im Markt insgesamt beizutragen und so die Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 Nr. 2 MaKonV zu erfüllen. Ob dies aber auch für Maßnahmen im Handel per Erscheinen gilt, ist bislang nicht untersucht und dementsprechend auch noch nicht nachgewiesen.158 Neben der Steigerung der Liquidität im Sekundärmarkt durch eine Erhöhung der Anzahl der Zeichnungswünsche wird die Liquidität auch dadurch erhöht, dass der Umsatz im Sekundärmarkt durch die Ausübung der Mehrzuteilungsoption und des Greenshoe durch den Stabilisierungsmanager gesteigert wird. Dabei besteht zum einen für diesen zumindest der Anreiz, die Stabilisierungsinstrumente auch dann einzusetzen, wenn die Voraussetzungen für ihre Ausübung nach den gesetzlichen Vorschriften nicht (mehr) vorliegen, wenn bspw. die Kurse leicht fallen und der Stabilisierungsmanager seine Leerpositionen in diesem Fall durch Käufe auf dem Markt schließen soll, er statt dessen aber dennoch die Option der Mehrzuteilung nutzt, um so den Umsatz und damit auch seine Provision zu steigern. Zum anderen steigt die Liquidität dadurch, dass vor allem institutionelle Investoren Emissionen zeichnen, die durch ein Stabilisierungsversprechen des Emissionskonsortiums abgesichert sind. Vor allem aber die institutionellen Investoren sind diejenigen, welche die Notierungsaufnahme zum Flipping nutzen. Die Steigerung des Umsatzes und damit die Erhöhung der Liquidität beruhen somit nicht nur auf den Wirkungen des Einsatzes von Stabilisierungsmaßnahmen, vielmehr werden diese (auch) genutzt, um zweckfremde Ziele zu erreichen. Wenn der Einsatz von Stabilisierungsmaßnahmen schon im Sekundärmarkt zumindest nicht zweifelsfrei die gesetzlichen Voraussetzungen für zulässige Maßnahmen erfüllt, so vermag er den Einsatz im Handel per Erscheinen erst recht nicht zu rechtfertigen. Denn für die Preisfindung ist es zunächst völlig unerheblich, ob der Umsatz im Handel per Erscheinen hoch oder niedrig ist, ob die Liquidität schwach oder stark ist und auch, zu welchen Preisen der Handel per Erscheinen stattfindet. Wenn ihm gleichwohl aufgrund der von ihm ausgehenden Signale Bedeutung zugemessen wird, so haben Einzelfälle aus der Praxis (s. o. § 1) gezeigt, dass sich diese nicht positiv auf den Prozess der Preisfindung auswirken müssen. Diese unter Umständen schädlichen Signale würden aber auch durch eine erhöhte Liquidität im Handel per Erscheinen nicht beseitigt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 MaKonV ist entscheidend, ob die Maßnahme das Funktionieren der Marktkräfte und das freie Spiel von Angebot und Nachfrage beeinträchtigt. Dies ist aufgrund der dargestellten Wirkungsweise der Stabilisierung der Fall. Dabei fällt vor allem ins Gewicht, dass den Stabilisierungsmaßnahmen nur deshalb stabilisierende Wirkung zukommt, weil den Marktteilnehmern ihre Durchführung nicht vorab offenbart wird, sie also letztlich über die Bedeutung der Information des vorliegenden Erwerbsangebots irren und somit die Stabilisierung sich nicht von einem manipulativen Eingriff in den Preisbildungsprozess unterscheidet. Und eine diese manipulative Eignung kompensierende positive ökono158

Meißner, Stabilisierung, S. 63.

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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mische Bewertung vermag nach dem gegenwärtigen Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Kapitalmarktforschung nicht festgestellt zu werden. Aber auch, wenn man die Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung der Unterbewertung und damit auch an der positiven Wirkung der Stabilisierung außer Acht lässt, ergibt sich letztlich kein anderes Ergebnis. Stabilisierungsmaßnahmen mögen zwar nach den Ansätzen, die den Grund für das Auftreten der Unterbewertung in bestehenden Informationsasymmetrien sehen, die Anreize zum Zeichnen der Wertpapiere aufgrund der in Aussicht gestellten oder gewährten Entschädigung erhöhen, die Emissionskosten senken und somit auch zur Verbesserung der Liquidität beitragen (Steigerung der operationalen Effizienz). Auch ist denkbar, dass die der Stabilisierung innewohnende Garantie einer – wenn auch zeitlich begrenzten – kontinuierlichen Preisentwicklung positive Auswirkungen auf die Investitionsentscheidung von Anlegern hat. All dies trifft aber während der hier interessierenden Phase der Preisfindung noch nicht zu. Die Preisfindung ist ein sensibler, komplexer und schwieriger Prozess. Von einer „guten“ Preisfindung hängt der Erfolg der Emission maßgeblich ab. Dabei sollte es den am Prozess beteiligten Akteuren vorbehalten bleiben, den Preis zu bestimmen. Im gegenwärtig weit überwiegend praktizierten Bookbuilding-Verfahren werden ja auch Investoren bereits früh in die Preisfindung einbezogen. Entschließt sich nun jemand, im parallel laufenden Handel per Erscheinen Abschlüsse unterhalb der bestehenden Bookbuilding-Spanne zu tätigen, so ist dies zunächst seine eigene, freie Entscheidung, bei der es nicht darauf ankommen kann, aus welchen Gründen dieser Abschluss zustande kommt, ob aus manipulativen oder nicht manipulativen. Nur weil dieser Preis möglicherweise nicht mit dem korrespondiert, den das Emissionskonsortium oder der Emittent für seine Wertpapiere erzielen möchte, ist dies kein Grund, hier einzugreifen. Zum einen ist der Zusammenhang zwischen den Preisen im Handel per Erscheinen und dem Emissionspreis bislang nicht untersucht worden, und zum anderen ist es eben Aufgabe des Emissionskonsortiums und des Emittenten, die Anleger von der treffenden Festsetzung des Emissionspreises zu überzeugen. Vermögen sie dies nicht, dann haben sie die Vorstellungen des Marktes nicht erfüllt und müssen entsprechende Konsequenzen ziehen. Statt dessen selbst mittels Stabilisierung manipulierend in den von der Preisfindung unabhängigen Handel per Erscheinen einzugreifen, kann keine zulässige Alternative sein. Zudem bräuchten Stabilisierungsmaßnahmen nicht durchgeführt zu werden, wenn auf andere Weise die Effizienz des Kapitalmarktes verbessert werden könnte. In Betracht kommt hierbei insbesondere die Anwendung des bislang vernachlässigten Auktionsverfahrens. Das mittels Auktionsverfahren das Problem der Unterbewertung weiter reduziert werden kann als bei der Ermittlung des Emissionspreises mittels Festpreis- oder Bookbuilding-Verfahren, ist in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen worden.159 Hier wird zu Recht die Frage aufgeworfen, weshalb in 159 Vgl. nur Kandel/Sarig/Wohl, Review of Financial Studies 12 (1999), 227 ff.; Biais/ Bossaerts/Rochet, Review of Economic Studies 69 (2002), 117 ff.; Biais/Fangeron-Crouzet,

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

nahezu allen Wirtschaftsbereichen bei der Ermittlung eines unbekannten Preises eines Gutes Auktionen zur Preisfindung durchgeführt werden, wo hingegen bei der Preisfindung von Aktien das Auktionsverfahren so wenig Beachtung findet.160 Die in der juristischen Literatur gegen dieses Verfahren erhobenen Einwände (Gefahr von Herdenverhalten, Überbewertung) vermögen dies jedenfalls nicht zu begründen.161 Der Grund hierfür könnte vielmehr im drohenden Verlust der Zuteilungsmacht des Emissionskonsortiums liegen.162 Auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur finden sich Stimmen, nach denen das Auktionsverfahren für die Preisermittlung bei einem IPO ungeeignet sein soll.163 Im Rahmen dieser Arbeit kann diese Frage nicht beantwortet werden. Zur Beurteilung der Frage der Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen ist dies aber auch nicht notwendig. Letztlich mag Kurspflege im Sekundärmarkt notwendig und damit zulässig sein, sei es auch nur, um eine psychologisch positive Stimmung hinsichtlich der durchzuführenden Neuemissionen zu schaffen. Für derartige Aktivitäten im Primärmarkt kann dies jedoch nicht gelten, die zuvor angeführten wirtschaftlichen Gründe sind nicht geeignet, einen Eingriff in diesen Prozess zu rechtfertigen, zumal die langfristige positive Wirkung der Stabilisierung auf die Sekundärmarktkurse aufgrund gegenläufiger empirischer Studien nicht unumstritten ist. Nach allem entsprechen Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung nicht den Kriterien gem. § 8 MaKonV, sie können daher auch nicht als zulässige Marktpraxis anerkannt werden.

II. Legitime Gründe Weitere Voraussetzung nach § 20a Abs. 2 S. 1 WpHG neben der Zulässigkeit der Maßnahme ist, dass der Handelnde hierfür legitime Gründe hat. Der unbestimmte Begriff der legitimen Gründe ist gesetzlich nicht definiert. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollen legitime Gründe aber immer nur dann zu verneinen sein, wenn der Handelnde in betrügerischer oder manipulativer Absicht gehandelt hat.164 Es soll sich bei diesem Tatbestandsmerkmal lediglich um ein subjektives Korrektiv des Merkmals der zulässigen Marktpraxis handeln.165 Dies würde bedeuten, dass anderenfalls, d. h. wenn eine derartige Absicht nicht feststellbar ist, stets Journal of Financial Intermediation 11 (2002), 9 ff.; Derrien/Womack, Review of Financial Studies 16 (2003), 31 ff. 160 Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1810. 161 Kurzer Überblick bei Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 78 m.w.N. 162 Ritter/Welch, Journal of Finance 57 (2002), 1795, 1810. 163 Sherman/Jagannathan, 2006, Working Paper Series, abrufbar unter http://ssrn.com/ ssrn-id937970.pdf. 164 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 165 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37.

C. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG

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davon ausgegangen werden muss, dass der Handelnde legitime Gründe hatte. Diese Ansicht des Gesetzgebers findet keine Stütze im Wortlaut der Vorschrift, sie findet sich nur in der Begründung des Gesetzentwurfs.166 Im Gesetzgebungsverfahren ist das Merkmal der legitimen Gründe vor allem von der Praxis vor dem Hintergrund der Straf- und Bußgeldbewehrung von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG durch §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG kritisiert und eine Änderung des Wortlautes gefordert worden. Die Ausgestaltung als negatives Tatbestandsmerkmal führe dazu, dass sich der Handelnde rechtfertigen müsse, was mit der allgemeinen Unschuldsvermutung nicht zu vereinbaren sei.167 Wenn der Gesetzgeber die in der Gesetzesbegründung geäußerte Einschränkung ernst meine, gehöre sie in den Gesetzestext selbst, ein Hinweis in der Begründung des Gesetzesentwurfs reiche nicht aus.168 Im Übrigen wurde mehrfach angeregt, entweder den Begriff der legitimen Gründe wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes und im Interesse der Rechtsanwender gesetzlich zu definieren oder aber das Tatbestandsmerkmal ganz streichen.169 Auch der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung darum gebeten eindeutig zu regeln, was legitime Gründe im Sinne der Norm sind und vor dem Hintergrund des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes die Einschränkung der legitimen Gründe auf subjektive Gründe wie betrügerische oder manipulative Absicht in den Gesetzestext aufzunehmen.170 Der Gesetzgeber ist den vorgetragenen Bedenken nicht gefolgt. Eine Änderung des Wortlauts der Norm sei seiner Ansicht nach nicht notwendig gewesen. Der Begriff der legitimen Gründe entspräche dem Wortlaut von Artikel 1 Nr. 2 lit. a) Richtlinie 2003/6/EG und beschränke sich bereits dem Wortlaut nach auf subjektive Motive des Handelnden, welche nicht darauf gerichtet sein dürfen, den Markt oder andere Handelsteilnehmer in unzulässiger Weise zu beeinflussen. Die Formulierung sei insoweit eindeutig.171 166

Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. Stellungnahme des Zentralen Kreditausschusses und des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. zum Entwurf der BReg für ein Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, S. 13 f.; Stellungnahme des DAV, S. 6 f. = NZG 2004, 703 ff. 168 Vgl. zum Vorstehenden Spindler, Stellungnahme zum RegE eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes, Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, S. 5; Stellungnahme des Zentralen Kreditausschusses und des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. zum Entwurf der BReg für ein Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, S. 13 f.; Stellungnahme des DAV, S. 6 f. = NZG 2004, 703 ff. 169 Spindler Stellungnahme zum RegE eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes, Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, S. 5; Stellungnahme des Zentralen Kreditausschusses und des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. zum Entwurf der BReg für ein Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, S. 13 f.; Stellungnahme des DAV zum AnSVG, S. 6 f. = NZG 2004, 703 ff. 170 Stellungnahme des Bundesrates zum RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3355, S. 2. 171 Gegenäußerung der BReg, BT-Drs. 15/3355, S. 6. 167

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

Die Ansicht des Gesetzgebers vermag nicht zu überzeugen. Die kritisierte Regelung setzt zwar zutreffend Art. 1 Nr. 2 lit. a) Richtlinie 2003/6/EG um. In Erwägungsgrund 20 Richtlinie 2003/6/EG wird auch ausgeführt, dass eine Person, die Geschäfte abschließt oder Kauf- oder Verkaufsaufträge ausführt, die den Tatbestand einer Marktmanipulation erfüllen, geltend machen könnte (!), dass sie legitime Gründe hatte, diese Geschäfte abzuschließen oder Aufträge auszuführen. Der europäische Gesetzgeber erläutert aber darüber hinaus weder in der Richtlinie 2003/6/ EG selbst noch in den dazu erlassenen Durchführungsrichtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG, was er unter legitimen Gründen versteht. Für die Ansicht des Gesetzgebers vermag die europäische Vorgabe damit keine Stütze zu liefern. Der Bundesrat hatte deshalb zu Recht bereits in seiner Stellungnahme zum AnSVG darauf verwiesen, dass legitime Gründe sowohl subjektiven als auch objektiven Charakter haben können.172 Zudem wäre es inkonsequent, den Tatbestand von § 20a WpHG in Absatz 1 wegen in der Praxis bestehender Schwierigkeiten des Nachweises des subjektiven Tatbestandes durch Streichung des Absichtselementes zu objektivieren173, auf der anderen Seite aber ein nicht durch den Wortlaut der Norm gedecktes subjektives Element in Abs. 2 wieder einzuführen, mag es sich hierbei auch um einen Ausnahmetatbestand zum allgemeinen Verbot handeln. Vielmehr sollte das Verhalten des Marktteilnehmers nach objektiven Kriterien rechtmäßig sein, wenn es im Zeitpunkt der Vornahme einer Marktpraxis entspricht, die nach vernünftigem Ermessen als zulässig angesehen werden kann.174 Das Tatbestandsmerkmal trägt somit eher zur Rechtsunsicherheit denn zur Rechtssicherheit bei, es sollte deshalb künftig darauf verzichtet werden. Seitens der Literatur wurde der Vorschlag unterbreitet, die Gründe dann als legitim einzustufen, wenn sie kapitalmarktrechtlich anzuerkennen sind, also insbesondere nicht den anerkannten Prinzipien, Strukturen, Mechanismen, Funktionsbedingungen und der Integrität der Märkte zuwiderlaufen.175 Auch wenn dieser Vorschlag letztlich auch nur auf jene Kriterien verweist, welche für die Beurteilung einer Maßnahme als anerkannte Marktpraxis gem. §§ 7 ff. MaKonV zu berücksichtigen sind (s. o. B.III.1.), vermag er dennoch mangels anderer Anhaltspunkte dem Anwender immerhin als erste Orientierung Kriterien für die Beurteilung seiner Verhaltensweise zu liefern, auch wenn dieser dadurch keine abschließende Rechtssicherheit erlangt. Für die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisbildung, d. h. im Handel per Erscheinen, ist das Merkmal der legitimen Gründe somit unergiebig.

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Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 15/3355, S. 2. Vgl. hierzu Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 174 Stellungnahme des DAV, S. 7 = NZG 2004, 703, 707. 175 Vogel, in: Assmann/Uwe H. Schneider WpHG § 20a Rn. 179; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 79; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 237. 173

D. Zusammenfassung

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Völlig frei vom Zweifel, ob die Handlung keinen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG darstellt, ist eine Handlung momentan wohl nur dann, wenn es sich hierbei um eine bereits anerkannte Marktpraxis handelt, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht entsprechend publiziert worden ist. Dies ist bislang jedoch noch für keine Marktpraxis geschehen.

D. Zusammenfassung I. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach VO 2273/2003/EG 1. VO 2273/2003/EG erklärt Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktpreises von Wertpapieren im Rahmen öffentlicher Erstplatzierungen grundsätzlich für zulässig, auch vor Notierungsaufnahme. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass der Handel vor Notierungsaufnahme sämtlichen Vorschriften des geregelten Marktes einschließlich aller Transparenzvorschriften entspricht. Diese Voraussetzungen der VO 2273/2003/ EG liegen während der Phase der Preisfindung bei einer Emission von Wertpapieren, und damit auch während des Handels per Erscheinen, nicht vor. Sie schaffen damit keinen Safe Harbour, durch den die Maßnahmen vom Verbot der Marktmanipulation ausgenommen wären. 2. Eine analoge Anwendung der VO 2273/2003/EG auf Stabilisierungsmaßnahmen während des Handels per Erscheinen kommt mangels Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.

II. Zulässige Stabilisierungsmaßnahmen nach § 20a Abs. 2 WpHG 1. Anerkannte Marktpraxis Stabilisierungsmaßnahmen stellen keinen Verstoß gegen das Verbot gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG dar, wenn sie als zulässige Marktpraxis anerkannt worden oder anerkennungsfähig sind und der Handelnde für ihre Vornahme legitime Gründe hatte, § 20a Abs. 2 WpHG. a) Anerkennungsverfahren Das Verfahren der Anerkennung einer Marktpraxis als zulässig ist in §§ 7, 9 und 10 der gem. § 20a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 WpHG erlassenen Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktpreismanipulation (MaKonV) geregelt. Zuständig für die Anerkennung ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Bisher ist von der BaFin noch keine Maßnahme als zulässig anerkannt worden.

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§ 3 Marktpreisstabilisierung

b) Anerkennungskriterien Die Kriterien für die Anerkennung enthalten § 8 Abs. 1 Nr. 1 – 6 MaKonV. Dabei kommt der Transparenz nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV besondere Bedeutung zu. aa) Stabilisierungsmaßnahmen während der Preisfindung, die im Handel per Erscheinen vorgenommen werden, mangelt es an der § 8 Abs. 1 Nr. 1 MaKonV notwendigen Transparenz. bb) Die in § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 MaKonV genannten Kriterien stellen auf das Funktionieren des Marktes und die Auswirkungen einer Maßnahme auf die Marktkräfte ab. Die Zulässigkeit bzw. Anerkennungsfähigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen richtet sich daher danach, ob sie sich positiv auf den Kapitalmarkt auswirken, ob sie das Funktionieren des Marktes unterstützen und die Marktkräfte, insbesondere das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, nicht einschränken oder gar behindern. (1) Dies lässt sich nur aufgrund ihrer Wirkungsweise beurteilen. In der ökonomischen Literatur finden sich zur Wirkungsweise von Stabilisierungsmaßnahmen unterschiedliche Erklärungsansätze. Einigkeit besteht darin, dass Stabilisierungsmaßnahmen überhaupt geeignet sind, auf die Preisbildung einzuwirken. Diese Einwirkungseignung ergibt sich jedoch insbesondere daraus, dass den Marktteilnehmern nicht bekannt ist, dass es sich bei der durchgeführten Maßnahme um eine Stabilisierungsmaßnahme handelt. Der stabilisierende Effekt tritt somit letztlich (nur) durch eine Täuschung der Marktteilnehmer ein. Sie unterscheiden sich insofern nicht von verbotenen Marktmanipulationen. (2) Eine Anerkennung kommt nur in Betracht, wenn die positiven Wirkungen für den Kapitalmarkt die negativen einer Marktmanipulation überwiegen, die Stabilisierungsmaßnahmen also zu einer Verbesserung der Kapitalmarkteffizienz führen. Im Hinblick auf die Phase der Preisfindung bedeutet dies, dass der Einsatz von Stabilisierungsmaßnahmen letztlich dazu beitragen müsste, einen effizienten Marktpreis für das zu emittierende Wertpapier zu finden und so die bislang zu verzeichnenden Abschläge vom „wahren“ Wert des Unternehmens bei der Preisfestsetzung, die sog. Unterbewertung, zu verringern. (3) Die Unterbewertung ist ein an allen untersuchten Kapitalmärkten beobachtetes Phänomen. Für seine Erklärung gibt es in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur ein Fülle von Ansätzen. Vorherrschend ist dabei die Annahme, dass die Unterbewertung auf Informationsasymmetrien zwischen verschiedenen Anlegergruppen beruht, wobei je nach Deutung der einen oder anderen Gruppe ein Informationsvorsprung zugestanden wird. Stabilisierungsmaßnahmen können beim Abbau dieser Informationsasymmetrien helfen, so dass Anleger mit ihrer Preisbewertung näher an den „wahren“ Wert des Unternehmens gelangen und die Preisabschläge reduziert werden.

D. Zusammenfassung

161

Eine andere, im Vordringen befindliche Ansicht, sieht die Ursache für die Unterbewertung nicht in bestehenden Informationsasymmetrien, da diese insbesondere nicht in der Lage seien, die Preisentwicklungen, wie sie während der Zeit der Internetblase an den Börsen zu beobachten waren, zu erklären. Vielmehr müssten die Ursachen Agency-Probleme, nicht-rationales Verhalten von Anlegern sowie Praktiken des Emissionskonsortiums bei der Zuteilung der Wertpapiere sein. Eine Entscheidung zwischen den Erklärungsansätzen ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, aber auch nicht notwendig. Insgesamt zeigt sich bei der Auswertung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung kein einheitliches Bild, so dass eine die Manipulationseignung überwiegende positive Wirkung der Stabilisierungsmaßnahmen nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. c) Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung entsprechen nicht den Kriterien gem. § 8 MaKonV, sie können daher nicht als zulässige Marktpraxis anerkannt werden. 2. Legitime Gründe Der unbestimmte Begriff der legitimen Gründe ist gesetzlich nicht definiert. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollen legitime Gründe aber immer nur dann zu verneinen sein, wenn der Handelnde in betrügerischer oder manipulativer Absicht gehandelt hat, da es sich bei diesem Tatbestandsmerkmal lediglich um ein Korrektiv der Voraussetzung der anerkannten Marktpraxis handele. Diese Ansicht des Gesetzgebers sieht sich erheblicher Kritik ausgesetzt. Sie vermag auch nicht zu überzeugen, denn legitime Gründe können sowohl subjektiven als auch objektiven Charakter haben. Welche Gründe legitim im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG sein können, ist daher aus Sicht des Marktteilnehmers zumindest problematisch. Vorschläge der Literatur zur Konkretisierung weisen in Richtung der Kriterien der §§ 7 ff. MaKonV, welche den Marktteilnehmern zumindest eine erste Orientierung geben können. Für die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen ist dieser Streit letztlich unerheblich, da es bereits an einer zulässigen Marktpraxis fehlt.

§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung Das Vertrauen der Anleger in die Märkte wird nicht nur durch das Statuieren von Ge- und Verboten hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen bestimmt. Darüber hinaus bedarf es ebenso rechtlichen Instrumentariums, um die Vorgaben auch durchzusetzen. Mit anderen Worten darf sich das Gesetz in seiner praktischen Anwendung nicht als „zahnloser Tiger“ erweisen.1 Zur Durchsetzung von Ge- und Verboten kommt zum einen das Androhen straf- und/oder ordnungswidrigkeitsrechtlicher Sanktionen2, zum anderen das Anordnen persönlicher Haftung durch das zivile Haftungsrecht in Betracht.3 Inwieweit in den Fällen von Marktmanipulationen eine Straftat bzw. eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, soll im folgenden zunächst kurz dargestellt werden. Daran anschließend wird untersucht, welche Haftungsfolgen sich auf zivilrechtlicher Grundlage ergeben können.

A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen I. § 38 Abs. 2 WpHG 1. Tatbestand § 20a Abs. 1 WpHG verlangt für die Tatbestandsmäßigkeit (nur) ein Verhalten, welches geeignet ist, auf den Preis eines Finanzinstrumentes einzuwirken. Voraussetzung für die Strafbarkeit dieses Verhaltens ist – zusätzlich zur Erfüllung des Tatbestandes nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 oder 3 WpHG – ein tatsächliches 1 Dies galt im Bereich des Kapitalmarktrechts vor allem für § 88 BörsG a.F., die Vorgängernorm des jetzigen § 20a WpHG blieb trotz jahrzehntlanger Geltung wirkungslos, bildlich bezeichnet als „wärmender Mantel wertpapiermäßiger Subkultur“, vgl. Dreyling, in: Rosen (Hrsg.), Aktienmarkt und Marktmanipulation, DAI Studie, Heft 27, 2004, S. 56. 2 Vgl. hierzu ausführlich Arlt, Der strafrechtliche Anlegerschutz vor Kursmanipulation; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 218 ff.; Altenhain, in: KölnKommWpHG § 38 – 40b; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG Vor § 38 – § 40b, §§ 38 – 40b; Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG), S. 323 ff.; Waßmer, in: Fuchs WpHG Vor §§ 38 – 40b ff., jew. m. zahlr. w.N. 3 Zur positiven Präventivwirkung einer Haftung vgl. bereits Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 102 f.; aus Sicht der ökonomischen Analyse des Rechts Schäfer/Ott, S. 125 ff.; Wagner, in: MünchKommBGB Vor § 823 BGB Rn. 39 ff., jew. m.w.N.

A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen

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Einwirken auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments, § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG, oder den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des EWR, § 38 Abs. 2 Nr. 2 WpHG.4 Eine Preiseinwirkung kann in fallenden, steigenden oder gleichbleibenden Marktpreisen bestehen, eine erhebliche Preisänderung in dem Sinne, dass eine bestimmte Schwelle überschritten werden muss, ist nicht erforderlich.5 Die Einwirkung auf den Preis ist Teil des objektiven Tatbestandes, sie muss durch das in § 20a WpHG umschriebene Verhalten verursacht worden sein, wobei Mitursächlichkeit genügt.6 Subjektiv ist für alle Tatbestände in § 20a Abs. 1 S. 1 stets Vorsatz erforderlich.7 Dieser muss hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale einschließlich der Preiseinwirkungseignung gegeben sein, wobei dolus eventualis genügt.8 Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter sämtliche Umstände, die zum objektiven Tatbestand zählen, möglicherweise für gegeben hält und sie billigend in Kauf nimmt.9 Bezogen auf § 20a WpHG muss der Täter damit die Preisbeeinflussung durch sein Handeln für möglich halten und diese billigend in Kauf nehmen, bildlich gesprochen muss er sich sagen „na wenn schon“.

4 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 219; Waßmer, in: Fuchs WpHG § 38 Rn. 40; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 38 Rn. 49; Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 97. Von der Strafbarkeit erfasst sind seit der Neufassung von § 38 Abs. 2 WpHG durch das Gesetz zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze (EAEG) vom 25. 6. 2009, BGBl. I 2009, 1529 vom 30. 6. 2009 auch Einwirkungen auf den Preis einer Ware, einer Emissionsberechtigung oder eines ausländischen Zahlungsmittels an einer inländischen Börse, einem organisierten Markt innerhalb der EU oder des EWR oder an einem mit einer inländischen Börse vergleichbaren Markt innerhalb der EU oder des EWR, vgl. Art. 5 Nr. 4 EAEG sowie dazu Stellungnahme des BR zum RegE des EAEG, BR-Drs. 170/09. Dies soll hier aufgrund der Themenstellung der Arbeit aber nicht weiter vertieft werden. 5 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 221; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 38 Rn. 51; beide m.w.N. 6 Ausführlich zur – in der Praxis schwierigen – Feststellung der Kausalität Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 98 ff.; kritisch mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des BGH Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 221 f., beide m.w.N. 7 Allg. M., statt aller Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 225 m.w.N. 8 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 114; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 225; Waßmer, in: Fuchs WpHG § 38 Rn. 48. 9 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 126; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 225.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

2. Rechtsfolgen Als Strafe für die Begehung der Tat kann auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe erkannt werden, § 38 Abs. 1, Abs. 2 WpHG. Zusätzlich kann das Gericht gem. § 73 Abs. 1 S. 1 StGB den Verfall des aus der Tat erlangten etwas anordnen. Erlangtes etwas in diesem Sinne ist der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter unmittelbar aus der Tat gezogen hat.10 Hierbei sind gewinnmindernde Abzüge nicht zu berücksichtigen.11 Für den Fall der informationsgestützten Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 WpHG fehlt es in aller Regel an der notwendigen Verknüpfung von Tat und Vorteil. Der Täter erlangt aus der Tat selbst nämlich nichts, das spätere Ausnutzen des manipulierten Börsen- oder Marktpreises ist nicht Teil der Tatbestandsverwirklichung, so dass § 20a WpHG in diesen Varianten nur in Sonderkonstellationen geeignete Anknüpfungstat ist.12 Denkbar ist dies bspw. dann, wenn jemand eine Entlohnung für die Publikation einer unrichtigen Information erhält.13 Die Anordnung des Verfalls kommt daher eher bei handelsgestützten Manipulationen nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG in Form effektiver Geschäfte in Betracht.14 Aufgrund der Abschöpfung nur des Sondervorteils richtet sich die Verfallsanordnung aber nur auf die erzielte Differenz als Ergebnis der manipulativ herbeigeführten Sonderchance, nicht auf den gesamten Veräußerungserlös.15 Das Gericht muss zur Ermittlung dieses Sondervorteils den Kurs bestimmen, der sich ohne die Manipulation des Täters gebildet hätte.16 In aller Regel wird dies aufgrund der vielfältigen Faktoren, welche in die Preisbildung einfließen, nicht konkret möglich sein, so dass er zu schätzen ist.17 Gerade wegen der Vielzahl der preisbildenden Faktoren dürfen die Anforderungen an die Ermittlung der Grundlagen der Schätzung nach Ansicht des BGH nicht überspannt werden.18 Es genügt daher nach Ansicht des BGH, den bisherigen Kursverlauf und Umsatz der betroffenen Aktien und der Aktien der unmittelbaren Wettbewerber mit Kursverlauf und Umsatz nach der fraglichen Mani10

BGHSt 47, 260, 268; BGH NZG 2010, 349, 351; BGH wistra 1994, 140, 141. BGHSt 47, 260, 269; BGHSt 50, 299, 310; BGH NZG 2010, 349, 352. 12 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 247; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 38 Rn. 9; Pananis, in: MünchKommStGB § 38 WpHG Rn. 236; Eichelberger, S. 347 f.; a.A. Altenhain, in: KölnKommWpHG § 38 Rn. 142. 13 Pananis, in: MünchKommStGB § 38 WpHG Rn. 236. 14 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 247; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 38 Rn. 91. 15 BGH NZG 2010, 349, 351 f.; Kudlich/Noltensmeier, wistra 2007, 121, 123; Hohn, wistra 2003, 321, 323. 16 BGHSt 48, 373, 384; BGH NZG 2010, 349, 351. 17 BGHSt 48, 373, 384; BGH NZG 2010, 349, 351. 18 BGHSt 48, 373, 384; zust. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 38 Rn. 54 ff.; krit. Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 221, jew. m.w.N. 11

A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen

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pulation zu vergleichen, die tatzeitnahen Börsen- und Markttrends und die übliche Schwankungsbreite der betroffenen Aktie sowie die Ordergrößen zu berücksichtigen.19 Hierzu kann auf die Daten der Handelsüberwachungsstellen zurückgegriffen werden, anhand derer zumindest mit sachverständiger Hilfe die Grundlagen der Schätzung ermittelt werden können.20 Schwierigkeiten dürfte die Ermittlung dennoch vor allem dann bereiten, wenn es sich um marktbreite oder volatile Vermögenswerte handelt.21 Ausgeschlossen ist die Anordnung des Verfalls aber in den Fällen, in denen dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch gegen den Täter erwachsen kann, dessen Erfüllung dem Täter den Wert der Tat entziehen würde, § 73 Abs. 1 S. 2 StGB. Zu den Verletzten einer Börsen- und Marktpreismanipulation zählen auch geschädigte Anleger, denen zumindest Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB zustehen können.22 3. Ausnahmen Vom Anwendungsbereich des § 38 Abs. 2 WpHG ausgenommen sind nach § 20 Abs. 3 WpHG i.V.m. VO 2273/2003/EG die darin konkretisierten „Safe Harbours“ für Maßnahmen zur Stabilisierung des Preises von Finanzinstrumenten (Kursstabilisierungsmaßnahmen) und für Rückkaufprogramme sowie nach § 20 Abs. 2, Abs. 5 S. 1 Nr. 5 WpHG i.V.m. §§ 7 ff. MaKonV die Marktpraktiken, welche von der BaFin als zulässige Marktpraxis anerkannt worden bzw. nach den dortigen Voraussetzungen zumindest anerkennungsfähig sind. Wie oben gezeigt, greift diese Ausnahme für sämtliche Eingriffe in die Preisbildung nicht ein.

II. § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG Die Verwirklichung der einzelnen Tatbestände des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 WpHG ist gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG bußgeldbewehrt, wenn es durch die Tat nicht zu einer tatsächlichen Einwirkung auf den Marktpreis gekommen oder diese nicht nachweisbar ist.

19

BGHSt 48, 373, 384; BGH NZG 2010, 349, 351. Pananis, in: MünchKommStGB § 38 Rn. 222. 21 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 221. 22 LG Berlin WM 2008, 1470 m. zust. Anm. Mock, EWiR 2008, 617 f.; BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989; BVerfG ZIP 2009, 1270. 20

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

1. § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG Die Begehung einer Marktmanipulation durch Geschäfte und Aufträge nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und durch sonstige Täuschungshandlungen nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG ist gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG eine Ordnungswidrigkeit, wenn eine der Begehungsformen vorsätzlich verwirklicht wird, § 10 OWiG, wobei wiederum dolus eventualis genügt.23 2. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG Eine Marktmanipulation durch das Machen unrichtiger oder irreführender Angaben bzw. das Unterlassen entgegen einer bestehenden Veröffentlichungspflicht nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG ist gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG eine Ordnungswidrigkeit. Neben der vorsätzlichen Verwirklichung des Tatbestandes genügt es für die Erfüllung des Tatbestandes auch, anders als bei den Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Abs. 1 WpHG, wenn dieser leichtfertig begangen wurde, § 39 Abs. 2 WpHG. Leichtfertigkeit ist ein gesteigerter Grad der Fahrlässigkeit, welcher der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht weitgehend entspricht.24 Im Gegensatz zur groben Fahrlässigkeit wird die Leichtfertigkeit aber auch an den persönlichen Fähigkeiten des Täters gemessen, bspw. wird etwaiges Sonderwissen des Täters berücksichtigt.25 Objektiv erforderlich ist ein besonders schwerer Sorgfaltsverstoß, subjektiv besonderer Leichtsinn oder besondere Gleichgültigkeit.26 Anschaulich umschreiben wird Leichtfertigkeit damit, dass „die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich großen Maße verletzt“, „einfachste, ganz naheliegende Überlegungen“ nicht angestellt wurden oder nicht beachtet wurde, „was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste“.27 Die Leichtfertigkeit kann sich auf jedes Merkmal in § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG beziehen, also etwa auf die Unrichtigkeit der Angaben, die Bewertungserheblichkeit oder auch die Preiseinwirkungseignung.28 Praktisch dürfte die Ahndung der Leichtfertigkeit vor allem dann relevant werden, wenn die Einlassung des Täters, 23 Allg. Ansicht, s. nur Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 231; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 63, jew. m.w.N. 24 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 91; Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 231. 25 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 91; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 65. 26 BGHSt 43, 158, 168; 33, 66, 67; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 22; Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 91, jew. m.w.N. 27 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 231; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 65, jew. m.w.N. 28 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 22; Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 91.

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er habe bspw. die Unrichtigkeit der Angabe nicht erkannt, unwiderlegbar ist, obwohl sich ihm die Unrichtigkeit nach den Gegebenheiten des Falles aufdrängen musste.29 Das bloß fahrlässige Machen unrichtiger oder irreführender Angaben oder das fahrlässige Unterlassen der Veröffentlichung entgegen bestehender Rechtsvorschriften ist dagegen mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung nicht tatbestandsmäßig, beide Formen bleiben sanktionslos. 3. Bußgeld gem. § 39 Abs. 4 WpHG Die vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG können mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden, § 39 Abs. 4 WpHG. Ist die Tat nach § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG nicht vorsätzlich, sondern „nur“ leichtfertig begangen worden, beträgt die Geldbuße höchstens 500.000 Euro, § 17 Abs. 2 OWiG. Verhängt werden kann die Geldbuße zum einen gegen natürliche Personen. Daneben kann das Bußgeld gemäß § 30 OWiG – anders als im Strafrecht – als Unternehmensgeldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen, also auch gegen Emittenten, Emissionsbegleiter und andere Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst, verhängt werden. Voraussetzung dafür ist, dass eine der in § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 OWiG genannten Personen, die eine gewisse Leitungsfunktion im Unternehmen ausüben, eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, durch welche eine Pflicht, die die juristische Person oder Personenvereinigung selbst trifft, verletzt oder die juristische Person oder Personenvereinigung bereichert worden ist oder bereichert werden sollte, sog. Anknüpfungstat.30 Die Begehung einer Straftat nach § 38 Abs. 2 WpHG oder die Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG stellt eine derartige Anknüpfungstat dar, da durch sie stets Pflichten, die die juristische Person oder Personenvereinigung selbst treffen, verletzt werden.31 Die Unternehmensgeldbuße kann zugleich mit der Verhängung eines Bußgeldes gegenüber einer natürlichen Person oder ohne diese festgesetzt werden.32 Die für Ordnungswidrigkeiten ungewöhnlich hohe Bußgeldandrohung erklärt sich neben der Tatsache, dass sich aus einer Verletzung der Norm des § 20a WpHG nicht ohne weiteres Schadensersatzansprüche ergeben, vor allem aus präventiven Erwägungen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Norm, welche sich auch gegen vermögende börsennotierte Unternehmen richtet, von diesen nur dann be29

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 66; Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 38 WpHG Rn. 91. 30 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze Vor § 39 WpHG Rn. 53. 31 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 76. 32 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze Vor § 39 WpHG Rn. 50 f.; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 74.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

achtet wird, wenn eine entsprechend hohe Geldbuße verhangen werden kann.33 Aus dieser Erwägung folgt zugleich, dass gegenüber natürlichen Personen eine Ausschöpfung des Bußgeldrahmens nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommt.34 Die konkrete Zumessung des Bußgeldes richtet sich nach § 17 Abs. 3 OWiG, maßgeblich sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, d. h. die Schwere der Rechtsverletzung und die verschuldeten Auswirkungen sowie der Vorwurf, der den Täter trifft, d. h. sein persönliches Verschulden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters finden dagegen bei der Zumessung des Bußgeldes nach § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG nur nachrangig Berücksichtigung.35 Nach § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG soll das Bußgeld den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Tat gezogen hat, übersteigen. Zum Zweck der Vorteilsabschöpfung darf der nach § 39 Abs. 4 WpHG vorgegebene Bußgeldrahmen überschritten werden, wenn dieser zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nicht ausreicht, § 17 Abs. 4 S. 2 OWiG. Die Norm ist entsprechend anwendbar in den Fällen, in denen die Geldbuße nach § 30 OWiG gegenüber dem Unternehmen verhängt wird, § 30 Abs. 3 OWiG. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Vorteil nicht dem Täter, sondern dem Unternehmen zufällt. Der wirtschaftliche Vorteil ist Teil der für die Begehung der Tat insgesamt zu verhängenden Geldbuße, die neben diesem noch aus dem ahndenden Teil besteht (sog. Doppelcharakter der Geldbuße).36 Der Täter soll bei der Saldierung erkennen, dass er neben der Ahndung auch finanziell erhebliche Einbußen erlitten, die Tat sich für ihn also nicht gelohnt hat.37 Wirtschaftlicher Vorteil der Tat ist der aus der Begehung der Tat resultierende Gewinn, der dem Täter (bzw. im Fall des § 30 OWiG dem Unternehmen) selbst verbleibt.38 Ermittelt wird er durch einen Vergleich der wirtschaftlichen Position vor und nach der Tat.39 Zu den wirtschaftlichen Gewinnen zählen etwa die Verbesserung

33

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses z. 2. FFG, BT-Drs.12/7918, S. 96; ebs. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 41. Vor diesem Hintergrund ist es allerdings wenig nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber mit nahezu identischer Begründung – Betonung des präventiven Zweckes des hohen Bußgeldrahmens – im Rahmen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes den Bußgeldrahmen von 1,5 Millionen Euro auf eine Million Euro herabgesetzt hat. Gründe für dieses Vorgehen werden nicht genannt, vgl. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 41. 34 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 71. 35 Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 72 m.w.N. 36 Krumm, NJW 2011, 196, 196; Bohnert OWiG § 17 Rn. 31; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 111. 37 Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 112; Wehowsky, in: Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze § 39 WpHG Rn. 82. 38 BayObLG NJW 1998, 2461, 2462; Krumm, NJW 2011, 196, 196; Bohnert, OWiG § 17 Rn. 26; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 117 m.w.N. 39 OLG Düsseldorf MDR 1994, 1237; Bohnert OWiG § 17 Rn. 26; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 118 m.w.N.

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der eigenen Marktposition oder eine sichere Aussicht auf Gewinnerzielung.40 Auch ersparte Aufwendungen sind wirtschaftliche Vorteile.41 Der Vorteil ist durch das Gericht konkret zu berechnen, ggfs. mit sachverständiger Hilfe.42 Ist die Berechnung auch mit dessen Hilfe nicht möglich, darf der Vorteil geschätzt werden.43 Die zur Erlangung des Vorteils tatsächlich getätigten Aufwendungen des Täters sind – anders als im Strafrecht – bei der Saldierung vom Gewinn abzuziehen.44 Ebenfalls gewinnmindernd zu berücksichtigen ist der nachträgliche Wegfall des wirtschaftlichen Vorteils.45 Hierzu zählen grds. auch auf die Tat bezogene zivilrechtliche Ersatzansprüche Dritter.46 Diese sind in jedem Fall gewinnmindernd anzurechnen, wenn sie bereits gezahlt oder unanfechtbar gegen den Täter festgesetzt worden sind.47 Zur Sicherung der Zahlungsansprüche der geschädigten Dritten kommt zudem die analoge Anwendung von § 99 Abs. 2 OWiG in Betracht, wonach von der Einziehung der Geldzahlung im Hinblick auf die Abschöpfung ganz oder teilweise abgesehen werden kann.48 Für die Fälle der Marktpreismanipulation bedeutet dies zum einen, dass sich bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils dieselben Schwierigkeiten ergeben wie bei der Anordnung des Verfalls nach § 73 StGB. Zum anderen müsste dem Täter durch die Ordnungswidrigkeit überhaupt ein wirtschaftlicher Vorteil zugeflossen sein. Dies erscheint zumindest in der überwiegenden Zahl der Fälle fraglich, da dieser Vorteil eingetreten sein müsste, obwohl es durch die Manipulation nicht zur Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis gekommen ist. Denkbar ist das Entstehen eines wirtschaftlichen Vorteils deshalb wohl nur in Sonderfällen wie dem bereits oben im Rahmen von § 73 StGB erwähnten, dass der Täter nämlich den wirtschaftlichen Vorteil unabhängig vom Erfolg der Manipulation, also bspw. in Form einer Entlohnung, erlangt.49

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Krumm, NJW 2011, 196, 196; Bohnert, OWiG § 17 Rn. 26. Krumm, NJW 2011, 196, 196; Bohnert, OWiG § 17 Rn. 26. 42 Krumm, NJW 2011, 196, 197; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 116; 122. 43 Krumm, NJW 2011, 196, 197; Bohnert, OWiG § 17 Rn. 27. 44 Krumm, NJW 2011, 196, 196; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 118; Brenner, NStZ 1998, 557, 558. 45 Allg. Ansicht, vgl. nur BGH wistra 1991, 268; BayObLG wistra 1998, 32, 33; OLG Düsseldorf MDR 1994, 1237; Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 121 m.w.N. 46 Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 116. 47 Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 128. 48 Mitsch, in: KarlsruherKomm OWiG § 17 Rn. 128, § 99 Rn. 7 f. 49 Siehe oben A.I.2. 41

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

III. § 130 OWiG Kommt es innerhalb eines Unternehmens oder Betriebes zu einer Straftat nach § 38 Abs. 2 WpHG oder einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG, die bei gehöriger Aufsicht hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können, so kommt die Verhängung eines Bußgeldes gegen die Verantwortlichen wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betracht, § 130 Abs. 1 S. 1 OWiG. Im Unterschied zu § 30 OWiG hat der Verantwortliche hier die Tat nicht selbst begangen, sondern ihm wird vorgeworfen, die Maßnahmen unterlassen zu haben, die erforderlich sind, um im Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu vermeiden, die den Betrieb oder das Unternehmen selbst treffen.50 Zu diesen Pflichten zählen auch die in § 39 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG bußgeldbewehrten Pflichten. Nach dem Wortlaut von § 130 OWiG verantwortlich ist nur der Inhaber des Unternehmens oder Betriebes. Verantwortlicher ist darüber hinaus aufgrund der Regelung in § 9 OWiG aber auch jedes vertretungsberechtigte Organ oder Organmitglied einer juristischen Person, § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, jeder vertretungsberechtigte Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, § 9 Abs. 1 Nr. 2 OWiG oder jeder andere gesetzliche Vertreter, § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen zählen nach § 130 Abs. 1 S. 2 OWiG auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen. Weiter erforderlich sind gerade im Kapitalmarktrecht organisatorische Maßnahmen, die vorhersehbare Verstöße gegen Verhaltenspflichten des WpHG zu unterbinden.51 Nach § 130 Abs. 3 S. 1 OWiG kann die Ordnungswidrigkeit, wenn die Pflichtverletzung, die nicht erschwert oder unterbunden wurde, mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden.

IV. Beurteilung der Vorgänge im Ausgangsfall 1. Strafrechtliche Beurteilung Aus dem Gesagten ergibt sich für den Ausgangsfall in § 1 der Arbeit strafrechtlich folgende Beurteilung: Gesetzt, durch die Veröffentlichung der Interna der Deutschen Bank durch den Täter ist es tatsächlich zu einer Einwirkung auf den Emissionspreis der Aktien der Postbank gekommen, und beim Machen der Angaben hat der Täter zumindest be50

Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze Vor § 39 WpHG Rn. 65; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 62. 51 Schröder, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze Vor § 39 WpHG Rn. 72; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 39 Rn. 62.

A. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen

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dingt vorsätzlich gehandelt, eine Preiseinwirkung also wenigstens billigend in Kauf genommen, liegt darin eine Straftat nach §§ 38 Abs. 2 Nr. 1, 39 Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 und 3 WpHG. Die Tat wird gemäß § 38 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 WpHG mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Berichterstattung der Presse über den gesamten Vorgang ist aufgrund der Regelung in § 20 Abs. 6 WpHG unter Berücksichtigung ihrer berufsständischen Regelungen zu beurteilen. Die Berichterstattung ist danach trotz ggfs. gemachter unrichtiger oder irreführender Angaben nicht tatbestandsmäßig, wenn die journalistische Sorgfalt beachtet wurde und der Berichterstatter aus den Angaben nicht direkt oder indirekt Nutzen gezogen hat.52 Hat dagegen der Berichterstatter direkt oder indirekt aus seiner Berichterstattung Nutzen gezogen, greift § 20a Abs. 6 WpHG nicht ein und es kommt wiederum eine Strafbarkeit nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 und 3 WpHG in Betracht. Eingriffe in den Handel per Erscheinen sind ebenso wie die Vornahme ungedeckter Leerverkäufe in diesem tatbestandsmäßig nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG. Sind sie erfolgt, um auf den Emissionspreis der Aktie der Postbank einzuwirken, und kam es tatsächlich zu einer Einwirkung, macht sich der Täter gemäß §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 und 3 WpHG strafbar. Dies gilt auch dann, wenn der Eingriff erfolgte, um den Emissionspreis zu stützen, da es sich hierbei nicht um eine wenigstens anerkennungsfähige Marktpraxis nach § 20a Abs. 2, Abs. 5 S. 1 Nr. 5 WpHG i.V.m. §§ 7 ff. MaKonV handelt. 2. Ordnungswidrigkeiten Ist es durch die Vorgänge im Ausgangsfall nicht zu einer tatsächlichen Einwirkung auf den Emissionspreis gekommen, oder ist eine solche nicht nachweisbar, ist die Veröffentlichung der Interna eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 und 3 WpHG, sofern diese vorsätzlich oder leichtfertig erfolgte. Neben der Verhängung eines Bußgeldes gegen den Täter kommt gemäß § 30 OWiG auch die Verhängung eines Bußgeldes gegen den Emissionsbegleiter selbst in Betracht, sofern die Informationsweitergabe durch eine in § 30 Abs. 1 genannte Person erfolgte. Sofern auch dies nicht der Fall war, kann gegen den Emissionsbegleiter gem. § 130 OWiG ein Bußgeld verhängt werden, wenn das Unternehmen es unterlassen hat, durch organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Veröffentlichung

52 Sorgenfrei, in: Park Kapitalmarktstrafrecht §§ 20a, 38 II, 39 I Nr. 1 – 2, II Nr. 11, IV WpHG Rn. 226; i. E. ebs. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 138; ähnlich Schäfer, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze § 20a WpHG Rn. 43: Kein schuldhafter Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG bei Beachtung der journalistischen Grundsätze.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

von Interna gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG durch das Machen irreführender Angaben verstoßen wird. Gleiches gilt für Eingriffe in den Handel per Erscheinen. Haben diese nicht auf den Emissionspreis eingewirkt, oder ist eine Einwirkung nicht nachweisbar, stellt dieser Eingriff eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 und 3 WpHG dar, wenn er mindestens mit dolus eventualis erfolgte, der Täter die Einwirkung auf den Emissionspreis also für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Auch hier kommt bei Vorliegen der o.g. Voraussetzungen die Verhängung einer Geldbuße gegen das Unternehmen nach § 30 OWiG bzw. § 130 OWiG in Betracht.

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen I. Vertragliche Ansprüche, §§ 280, 311 BGB 1. Vertragliche Ansprüche zwischen einem geschädigten Anleger und einem Schädiger, welcher eine Marktpreismanipulation begangen hat, bestehen in aller Regel nicht. Lediglich in dem (wohl eher theoretischen) Ausnahmefall, dass ein emissionsbegleitendes Kreditinstitut manipulierend in die Preisfestsetzung eingreift, bestehen aufgrund des Erwerbsvertrages vertragliche Beziehungen, aus denen sich für den Anleger ein vertraglicher Anspruch ergeben kann.53 Praktisch dürften derartige Ansprüche aber auch deshalb kaum Bedeutung erlangen, da es sich beim Erwerb der Wertpapiere um einen Rechtskauf54 handelt und sich die Pflicht des Verkäufers darauf beschränkt, das Wertpapier frei von Rechten Dritter zu verschaffen.55 2. Daneben können sich durch manipulierende Eingriffe der Emissionsbegleiter in die Preisbildung für den Emittenten vertragliche Ansprüche aus §§ 280, 241 BGB auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung ergeben. Voraussetzung dafür ist das Begehen einer Pflichtverletzung. Eine Marktpreismanipulation ist dann keine Pflichtverletzung gegenüber dem Emittenten, wenn sie vertraglich vereinbart wurde, wie dies bei Emissionen hinsichtlich der Durchführung von Kurspflegemaßnahmen üblich56 ist. Ist dies nicht der Fall, liegt bspw. ein Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG in Form des Machens von falschen oder irreführenden Angaben vor, oder wird durch unberechtigte Eingriffe in den Handel per Erscheinen während der Bookbuilding-Phase gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG verstoßen, kann dies eine Pflichtverletzung darstellen, denn grundsätzlich 53

Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 76. Westermann, in: MünchKommBGB § 453 BGB Rn. 5, § 433 BGB Rn. 14; Grunewald, in: Erman § 453 BGB Rn. 2. 55 Westermann, in: MünchKommBGB § 435 BGB Rn. 4; Grunewald, in: Erman § 453 BGB Rn. 9. 56 Schanz, Börseneinführung, S. 375 f. m.w.N. 54

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

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besteht aus der vertraglichen Vereinbarung für das Kreditinstitut die Pflicht, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen.57 Dazu zählt die Pflicht, das Machen von Angaben zu unterlassen, die geeignet sind, die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners und damit den Erfolg der Emission zu gefährden. Diese Verschwiegenheitspflicht ist vertragliche Nebenpflicht und ergibt sich aus den vertraglichen Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten.58 Veröffentlicht bspw. ein Emissionsbegleiter Informationen, die auf Interna beruhen und hinsichtlich derer er zum Stillschweigen verpflichtet ist, und liegen die weiteren Voraussetzungen von § 20a WpHG vor, begeht er eine Marktpreismanipulation, in welcher zugleich eine Pflichtverletzung gegenüber dem Emittenten liegt. Führt diese zu einem niedrigeren Emissionserlös, ist ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben, sofern die weiteren Voraussetzungen der Norm vorliegen. Schwierigkeiten dürften sich für den Emittenten hierbei vor allem bei der Darlegung des entstandenen Schadens sowie des Nachweises der Kausalität der Pflichtverletzung für den Eintritt des Schadens ergeben. Hierbei stellen sich die selben Probleme wie bei der Geltendmachung der Ansprüche aus § 826 BGB und §§ 37b, 37c WpHG. Aufgrund der größeren praktischen Relevanz soll hier auf die Ausführungen unten zu § 826 BGB verwiesen werden.

II. Deliktische Ansprüche 1. § 823 Abs. 1 BGB Fehlinformationen des Kapitalmarktes oder andere Marktpreisbeeinflussungen stellen keine Verletzung eines in § 823 Abs. 1 BGB geschützten absoluten Rechts dar, es handelt sich vielmehr um reine Vermögensschäden, welche hiernach nicht ersatzfähig sind.59 2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz a) § 15 WpHG Die Norm ist nach dem eindeutig geäußerten Willen des Gesetzgebers kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.60 Schutzgut des § 15 WpHG ist allein die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.61 Zur Klarstellung ist die Regelung des § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG eingefügt worden, wonach sich ein Anspruch 57

BGHZ 166, 84, 93. Rohe/Lischek, WM 2006, 1933, 1939. 59 Allg. Ansicht, vgl. statt aller Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 46; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 102 m.w.N. 60 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 87. 61 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 87. 58

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der sich aus § 15 WpHG ergebenden Pflichten nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b, c WpHG ergeben kann.62 Schadensersatzansprüche auf anderer Grundlage bleiben dagegen unberührt, § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG. b) § 20a WpHG Ob es sich bei § 20a WpHG um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handelt, ist aufgrund jeglicher fehlenden Äußerung des Gesetzgebers sowohl bei dessen Einführung durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz als auch bei seiner späteren Änderung durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz umstritten. Zur Vorgängernorm, § 88 BörsG a.F., hatte sich in Literatur und Rechtsprechung die Ansicht durchgesetzt, dass diese nicht als Schutzgesetz zu qualifizieren sei.63 Begründet wurde dies mit den Gesetzesmaterialien und dem darin zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. Nach diesen sei ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.64 Voraussetzung für die Qualifizierung eines Gesetzes als Schutzgesetz sei, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt haben muss.65 In den Gesetzesmaterialien komme aber zum Ausdruck, dass bei § 88 BörsG (a.F.) allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund steht.66 Bezweckt ist damit nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie der Schutz der Allgemeinheit.67 Zwar wirkt sich dieser Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus68, das Gesetz erstrebt deshalb aber noch keinen besonderen Schadensersatzanspruch zum Schutz (auch) der Individualinteressen des einzelnen Anlegers.69 Der dem Einzelnen zukommende mittelbare Schutz sei vielmehr nur ein Rechtsreflex des Gesetzes, welcher die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann.70

62

Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 87. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988; BGH NJW 2004, 2664 (Infomatec); BGH NJW 2004, 2268 (Infomatec II); OLG München BKR 2003, 504; OLG München NZG 2003, 1107. 64 BGHZ 160, 134, 139 unter Hinweis auf die Begr. RegE zum Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG), BT-Drs. 10/318, S. 45 f. sowie BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988; krit. hierzu Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575. 65 St. Rspr., vgl. BGHZ 40, 306; 46, 17, 23; 66, 388, 390; 84, 312, 314; 100, 13, 14 f.; 103, 197, 199; 106, 204, 206; 116, 7, 13; BGHZ 160, 134, 139. 66 BGHZ 160, 134, 139 f. 67 BGHZ 160, 134, 140. 68 Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 46. 69 BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374; 160, 134, 140. 70 BGHZ 89, 383, 401; 160, 134, 140. 63

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

175

In der Gesetzesbegründung zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz hat der Gesetzgeber sodann ausgeführt, dass § 20a WpHG die bisherige Regelung des § 88 BörsG ablöst.71 Der Schutzbereich der neuen Norm des § 20a WpHG soll (weiterhin) die Börsenund Marktpreisbildung von an einer inländischen Börse zugelassenen oder in den Freiverkehr einbezogenen Wertpapieren umfassen und die Funktionsfähigkeit der überwachten Wertpapiermärkte schützen.72 Vor diesem Hintergrund spricht bereits vieles dafür, dass der Gesetzgeber sich einer Äußerung zur Schutzgesetzeigenschaft deshalb enthalten hat, weil er hinsichtlich des Schutzzwecks und der (fehlenden) Schutzgesetzeigenschaft der Norm die Kontinuität zu § 88 BörsG a.F. wahren wollte.73 Dem wird entgegen gehalten, dass der Gesetzgeber mit Einführung von § 20a WpHG nicht nur den Institutionen-, sondern auch den Anlegerschutz stärken wollte und die Norm deshalb entgegen der hergebrachten Meinung auch Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sei.74 Daran ist richtig, dass es auch ein Ziel des Gesetzgeber war, den Anlegerschutz zu stärken. Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs und des Berichtes des Finanzausschusses sollte dies jedoch geschehen durch eine Erhöhung der Transparenz auf den Wertpapiermärkten und durch Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen zur wirksamen Durchsetzung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation und des Missbrauchs von Ad-hoc-Mitteilungen.75 Auch wenn zu einer verbesserten Durchsetzung eines Verbotes wie das des § 20a WpHG unter Präventionsgesichtspunkten und mit Blick auf die Handlungssteuerungsfunktion einer Norm die Schaffung von Schadensersatzansprüchen gehören kann, spricht allein die Erwähnung des Anlegerschutzes als (weiteres) Ziel des Gesetzgebers nicht dafür, dass der Gesetzgeber auch den Schutz des Vermögens der Anleger bezweckte. Dies folgt zum einen daraus, dass der Gesetzgeber, obwohl er die bessere Durchsetzung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation gemeinsam mit einer verbesserten Bekämpfung des Missbrauchs von Ad-hoc-Mitteilungen erwähnt,76 nur bei letzterem mit Einführung der §§ 37b, 37c WpHG eine Anspruchsgrundlage zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geschaffen hat.77 Zum zweiten hat der Gesetzgeber zum Charakter des § 20a WpHG nur erwähnt, dass die Norm als 71

Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 83, 89. Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 89. 73 Ebs. Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 154, zust. jetzt BGH ZIP 2012, 318, 321. 74 Dühn, Schadensersatzhaftung börsennotierter Aktiengesellschaften für fehlerhafte Kapitalmarktinformation, S. 186 ff.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 432; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 143. 75 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62 f.; Bericht des Finanzausschusses zum RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8601, S. 1. 76 Bericht des Finanzausschusses zum RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8601, S. 1. 77 Bericht des Finanzausschusses zum RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8601, S. 2. 72

176

§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Verwaltungsverbot ausgestaltet ist und somit im Gegensatz zur Vorgängernorm die Zuständigkeit für die Verfolgung von Verstößen nicht mehr bei der Staatsanwaltschaft, sondern der BaFin liegt und damit die Möglichkeit besteht, im Vorfeld strafrechtlicher Verfolgung durch die Verhängung von Bußgeldern dem Verbot Geltung zu verschaffen.78 Auch wenn damit die Materialien keine ausdrückliche Aussage treffen, spricht doch die Betonung des öffentlich-rechtlichen Charakters der Norm dafür, dass der Gesetzgeber in ihr kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB gesehen hat. Auch im Zuge der Neufassung von § 20a WpHG durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetzes hat sich der Gesetzgeber nicht zur Schutzgesetzeigenschaft geäußert.79 Dies wird von Teilen der Literatur dahin interpretiert, dass der Gesetzgeber durch die generelle Ausweitung des Anlegerschutzes durch das 4. FFG sowie das AnSVG und in Kenntnis der rechtswissenschaftlichen Diskussion zu diesem Thema und dem häufiger vertretenen Standpunkt, § 20a WpHG sei Schutzgesetz80, wohl ausdrücklich ausgesprochen hätte, wenn er weiterhin § 20a WpHG nicht als Schutzgesetz verstanden wissen wollte, wie er dies bei § 15 WpHG mit der Formulierung in dessen Absatz 6 ausdrücklich getan hat.81 Diese Argumentation misst der fehlenden Äußerung des Gesetzgebers im Rahmen der Begründung des Regierungsentwurfs zum AnSVG eine ihr nicht zukommende Bedeutung bei. Der Gesetzgeber wollte mit Erlass des AnSVG vor allem der Aufgabe nachkommen, die zwischenzeitlich erlassene Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG in nationales Recht umzusetzen.82 Die Begründung des Regierungsentwurfs des AnSVG beschränkt sich somit fast durchweg darauf zu benennen, welche Vorgabe der Richtlinie mit Erlass bzw. Änderung welcher Norm umgesetzt werden soll.83 Im übrigen hält sie sich mit substantiellen Begründungen arg zurück.84 Dies spricht gegen ein bewusstes oder „beredtes“ Schweigen in dem Sinne, dass der Gesetzgeber damit die Schutzgesetzeigenschaft bejahen wollte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich der Gesetzgeber durch die Beschränkung auf den Schutz bestimmter absoluter Rechtsgüter in § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich

78

Bericht des Finanzausschusses zum RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8601, S. 20. Die Materialien zum AnSVG sind hierzu unergiebig, s. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/ 3174, S. 37. 80 Die Schutzgesetzeigenschaft bejahen Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 64; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 432; Altenhain, in: KölnKommWpHG § 38 Rn. 3 ff.; Leisch ZIP 2004, 1573, 1578; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 143; Möllers, ZBB 2003, 390, 400; Lenzen, ZBB 2002, 279, 284; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Möllers/Leisch, ZIP 2002, 1995, 1996 f.; Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 82 f.; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2439. 81 Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 64; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1064 ff. 82 Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 1 und öfter. 83 Für die Änderungen des § 20a WpHG s. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 84 Vgl. Begr. RegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 37. 79

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

177

gegen einen allgemeinen deliktischen Schutz des Vermögens entschieden hat.85 Die Einführung neuer vermögensschützender Schadensersatzverpflichtungen bedürfte aufgrund der herkömmlichen Ansicht zur Vorgängernorm ausdrücklicher Erwähnung durch den Gesetzgeber, da die Änderungen von § 20a WpHG im Vergleich zu § 88 BörsG a.F. wie bereits dargelegt nicht so gravierend sind, dass von einem grundlegenden Wandel der gesetzgeberischen Intention ohne ausdrücklichen Hinweis ausgegangen werden kann.86 Letztlich spricht gegen eine Annahme der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG die Tatsache, dass der Gesetzgeber nach Erlass der Regelung des § 20a WPHG und in Kenntnis der dazu geführten Diskussion den – letztlich nicht umgesetzten – Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes vorgelegt hat, mit welchem eine allgemeine Anspruchsgrundlage für vermögensrechtliche Schäden von Anlegern aufgrund von Fehlinformationen des Kapitalmarktes geschaffen werden sollte. Diese Regelung war in ihrer Wirkung vergleichbar mit den Folgen, welche eine Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG hätte, denn Anleger wären dann bei einem Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG in der Lage gewesen, im Fall einer Marktpreisveränderung infolge von Fehlinformationen des Kapitalmarktes Schadensersatzansprüche wegen erlittener Vermögensschäden geltend zu machen. Die Schaffung eines solchen Tatbestandes wäre aber nicht notwendig, hätte der Gesetzgeber § 20a WpHG bereits als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB angesehen. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung der Regelung des § 20a WpHG führt zu keinem anderen Ergebnis.87 Die Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG nennt als Ziele der Richtlinie lediglich überindividuelle Ziele, nämlich die Sicherung der Integrität der Finanzmärkte der Gemeinschaft, vgl. Erwägungsgründe 2 und 12, und die Stärkung des Vertrauens der Anleger in die Märkte, vgl. Erwägungsgrund 12. Zudem verlangt die Richtlinie zwar, dass von den Mitgliedstaaten mit Wirkung gegenüber jedermann Marktmanipulation untersagt wird, vgl. Art. 5, es muss aber in diesem Zusammenhang vom Gesetzgeber nur sichergestellt werden, dass gegen die für Verstöße verantwortlichen Personen „geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen“ oder im „Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden können“, vgl. Art. 14 Abs. 1 S. 1. Die Schaffung einer Anspruchsgrundlage für geschädigte Anleger wird dagegen nicht verlangt.

85 Hager, in: Staudinger BGB § 823 BGB Rn. B 192, G 4; Wagner, in: MünchKommBGB Vor § 823 BGB Rn. 13, § 823 BGB Rn. 184 f., 329 f.; BGHZ 66, 388, 391 ff.; BGH ZIP 2012, 318, 321. 86 Schwark, in: FS Kümpel, S. 485, 498 f. 87 Ebs. Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 31; zu § 88 BörsG a.F. vgl. BGHZ 160, 134, 140.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

§ 20a WpHG vermittelt als Nachfolgenorm zu § 88 BörsG a.F. somit neben dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Märkte keinen individuellen Vermögensschutz, er ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.88 c) § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Die Norm ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.89 Sie dient dem Schutz des Vertrauens potenzieller Anleger in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse der Gesellschaft.90 Nach ihr hat ein Anleger einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber den Organmitgliedern persönlich sowie gegenüber dem Emittenten, welcher für die vorsätzlichen Verstöße des Vorstandes gegen ein Schutzgesetz als verfassungsmäßig berufener Vertreter gemäß § 31 BGB analog einstehen muss.91 Emittent und Organmitglieder haften gesamtschuldnerisch.92 Voraussetzung für eine Haftung ist, dass eine Person die Verhältnisse der Gesellschaft in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft bzw. in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Die Angabe muss so gestaltet sein, dass sie ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hervorruft und den Eindruck einer solchen Vollständigkeit erweckt, dass sie dem Anleger als Entscheidungsgrundlage dienen kann.93 In aller Regel wird es sich bei einer einzelnen Fehlinformation nicht um eine Darstellung der Vermögensverhältnisse oder einer Übersicht hierüber handeln, so dass der Tatbestand nicht einschlägig ist. Trotz des Vorliegens einer Falschangabe haften daher nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG weder Organmitglieder noch Emittent für diese falsche Angabe. Etwas 88

Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG § 20a Rn. 31; Fleischer, in: Fuchs WpHG § 20a Rn. 154; Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar § 20a WpHG Rn. 7; Barnert, WM 2002, 1473, 1483; Schmitz, wistra 2002, 208, 212; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Fleischer, DB 2004, 2031, 2032; Groß, WM 2002, 477, 484; Holzborn/ Foelsch, NJW 2003, 932, 938; Rützel, AG 2003, 69, 79; Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 823; Kümpel/Veil, WpHG 6. Teil Rn. 53; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 227; Eichelberger, S. 363 ff.; Göres, in: Habersack/Mülbert/Schlitt Hdb. Kapitalmarktinformation, § 31 Rn. 78 f.; Waschkeit, S. 305 ff.; OLG Frankfurt AG 2007, 749, 753; OLG Düsseldorf Urt. v. 27. 1. 2010, Az. I-15 U 230/09, juris Rn. 53 ff., abrufbar unter juris.de; bestätigt durch BGH ZIP 2012, 318, 320 f. 89 BGH AG 2002, 43, 44; BGH NJW 2005, 2450, 2451; BGH ZIP 2012, 318, 319; Fleischer, NJW 2003, 2584, 2585; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1579; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 682; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 113; Möllers/Leisch, in: KölnKommWpHG §§ 37b, c Rn. 444. 90 BGH NJW 2004, 2971; BGH NJW 2005, 445; BGH NJW 2005, 2450, 2451; BGH ZIP 2012, 318, 319. 91 BGH NJW 2005, 2450, 2451. 92 BGH NJW 2005, 2450, 2451. 93 BGH NJW 2004, 2668; BGH NJW 2005, 445; BGH NJW 2005, 2450, 2451; BGH ZIP 2012, 318, 319; Sethe, in: Assmann/Schneider §§ 37b, 37c WpHG Rn. 113; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 110 a.E.

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

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anderes gilt nur in Ausnahmefällen, in denen eine einzelne Mitteilung so umfangreich gestaltet ist, dass sie einen Rückschluss auf die Vermögensverhältnisse zulässt.94 d) § 263 StGB Die Norm ist nach einhelliger Ansicht Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.95 Sie wirft allgemein eine Vielzahl von Fragen auf, welche die strafrechtliche Praxis vor erhebliche Probleme stellt.96 Zu den betrugsrelevanten Verhaltensweisen können auch solche am Kapitalmarkt gehören, ohne dass sich dies in den einschlägigen Kommentierungen in erwähnenswertem Umfang niederschlägt.97 Im Hinblick auf den hier untersuchten Zeitraum kommt eine Strafbarkeit nach § 263 StGB vor allem bei der Verbreitung von Falschmeldungen, also dem Machen von unrichtigen oder irreführenden Angaben gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG oder dem Unterlassen des Machens von Angaben im Fall des Bestehens einer Veröffentlichungspflicht gemäß § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG in Betracht. Der Nachweis der einzelnen Voraussetzungen ist jedoch schwierig. Im Machen falscher oder dem Unterlassen gebotener Angaben liegt in aller Regel eine Täuschung, wobei es unerheblich ist, ob die Falschangabe Tatsachen oder Gerüchte zum Gegenstand hat.98 Problematisch ist sodann aber bereits der Nachweis der Kausalität zwischen der Veröffentlichung der Fehlinformation bzw. dem Unterlassen einer Veröffentlichung (Täuschung) und dem Erwerb bzw. der Veräußerung der Wertpapiere (irrtumsbedingte Verfügung).99 Die Anforderungen an den Nachweis der Kausalität unterscheiden sich nicht von denen zum Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität im Rahmen von § 826 BGB, deshalb wird auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen von § 826 BGB verwiesen. Ebenfalls schwierig ist die Feststellung des Vermögensschadens beim Anleger. Dieser muss auf der Vermögensverfügung beruhen. Ermittelt wird er durch einen

94 Ein solcher Ausnahmefall war in der Entscheidung BGH NJW 2005, 2450 (EM.TV) gegeben. Vgl. hierzu auch BGHSt 49, 381 (EM.TV); LG München I BKR 2003, 681, 685 f.; Fleischer, NJW 2003, 2584, 2585; Kiethe, NStZ 2004, 73, 75. 95 BGHZ 160, 134, 142; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 106; Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 66; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1579; Buck-Heeb/ Dieckmann, AG 2008, 681, 682. 96 Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 1. 97 Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 1. 98 Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 107, 118. 99 Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c WpHG Rn. 106; Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 107; zu den Schwierigkeiten dieser Feststellung im zivilgerichtlichen Verfahren vgl. ausführlich OLG München, Urt. v. 9. 10. 2008, Az. 19 U 5176/ 07, abrufbar unter juris = BeckRS 2008, 21715; OLG München ZIP 2002, 1727, 1728; OLG München WM 2005, 1311, 1312.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Vergleich des Gesamtvermögens vor und nach der Vermögensverfügung.100 Da spätere Änderungen des Vermögens, wie sie in Form eines Kurseinbruches nach Bekanntwerden der Fehlinformation eintreten können, unberücksichtigt bleiben101, und deshalb der Anleger erst im Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Information eine tatsächliche Vermögenseinbuße erleidet, wird in aller Regel kein Vermögensschaden vorliegen.102 Insoweit kommt dann ggfs. noch versuchter Betrug in Betracht.103 Für die Bejahung eines Vermögensschadens reicht jedoch auch eine konkrete schadensgleiche Vermögensgefährdung aus.104 Sofern im Zeitpunkt der Vermögensverfügung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Fehlinformation als solche oder die unterlassene Information bekannt wird, liegt eine Vermögensgefährdung vor.105 Aber selbst wenn es gelingen sollte, die vorstehenden Schwierigkeiten zu bewältigen, greift § 263 StGB regelmäßig deshalb nicht ein, weil es an der im Rahmen der Bereicherungsabsicht notwendigen Stoffgleichheit zwischen dem Schaden des getäuschten Anlegers und dem vom Täter mit der Fehlinformation erstrebten Vermögensvorteil fehlt.106 Der Täter muss einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, dass dieser Vorteil die Kehrseite des Schadens ist.107 Eine bloß mittelbare Begünstigung des Emittenten oder des Vorstands selbst durch einen infolge der falschen Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus.108 Denkbar ist das Vorliegen der Stoffgleichheit (nur) in dem Fall, dass das Geld an den Emittenten fließt, wie bei einer Neuemission oder auch bei einer Emission junger Aktien eines bereits zum Handel zugelassenen Unternehmens. Wird hier bspw. durch den Vorstand des Emittenten eine Falschmeldung lanciert, um den Ausgabemarktpreis zu beeinflussen, und veräußert der Täuschende die Aktien selbst, besteht Stoffgleichheit zwischen der Vermögensgefährdung des Anlegers, welcher aufgrund 100

Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 107; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112, beide m.w.N. 101 Tiedemann, in: Leipziger Kommentar StGB § 263 Rn. 162; Fischer, in: Tröndle/Fischer StGB § 263 Rn. 93. 102 LG München I WM 2001, 1948, 1951; Rieckers, BB 2002, 1213, 1216; Hildner, WM 2004, 1068, 1070 f.; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 107. 103 Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 107. 104 BGHSt 3, 370 ff.; BGHSt 15, 83 ff.; BGHSt 21, 112 ff.; Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 64 ff.; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 107. 105 Zimmer, in: Schwark Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 113; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 107. 106 BGHZ 160, 134, 142; Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 66. 107 St. Rspr. seit BGHSt 6, 115, 116; BGHZ 160, 134, 142; BGHSt 6, 115, 116; Tiedemann, in: Leipziger Kommentar StGB § 263 Rn. 256. 108 BGHZ 160, 134, 142; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440.

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

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der Mitteilung direkt vom Emittenten erwirbt, und dem erstrebten Vermögensvorteil des in Drittbereicherungsabsicht handelnden Vorstands zugunsten des Unternehmens.109 Eine derartige unmittelbare Beteiligung des Emittenten am Platzierungsprozess dürfte schon wegen der regelmäßig erfolgenden Übernahmen der Aktien durch das Emissionskonsortium eher selten sein.110 Problematisch ist zudem der Nachweis des subjektiv erforderlichen Vorsatzes.111 Nach allem wird der Kreis der hiernach Anspruchsberechtigten trotz der breiten Wirkung einer Fehlinformation auf dem Kapitalmarkt eher klein ausfallen.112 e) § 264a StGB § 264a StGB ist ebenfalls Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.113 Um den Tatbestand zu erfüllen, müssen unrichtige vorteilhafte Angaben in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft gemacht oder nachteilige Tatsachen verschwiegen werden, § 264a Abs. 1 StGB. Der Begriff der Angaben stimmt dabei mit § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG überein.114 Prospekt im Sinne der Vorschrift ist nicht nur der vor der Einführung an der Börse zu erstellende Emissionsprospekt, sondern weitergehend jede Werbe- oder Informationsschrift, die den Eindruck erweckt, die für die Beurteilung einer Anlageentscheidung wesentlichen Grundlagen zu enthalten, und die zugleich Grundlage für diese Entscheidung sein soll.115 Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft sind wie in § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu verstehen.116 Beiden Formen der Mitteilung ist gemein, dass die Informationen den Eindruck der

109 Zieschang, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 263 StGB Rn. 109; Sethe, in: Assmann/ Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 109; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112. 110 Zu den unterschiedlichen Formen der Übernahme s. Schanz, Börseneinführung, S. 278 ff.; Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt Unternehmensfinanzierung, § 23, jew. m.w.N. 111 Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112. 112 Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 112. 113 BGHZ 160, 134, 141 f.; BGH NJW 1992, 241 f.; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 111; Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 67; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 111; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1579; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 682. 114 Lackner/Kühl, StGB § 264a Rn. 12; Park, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 264a StGB Rn. 10. 115 BGHZ 160, 134, 140 f.; Lackner/Kühl, StGB § 264a Rn. 10; Fischer, in: Tröndle/Fischer StGB § 264a Rn. 12; Park, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 264a StGB Rn. 31. 116 Fischer, in: Tröndle/Fischer StGB § 264a Rn. 12; Lackner/Kühl, StGB § 264a Rn. 10; Park, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 264a StGB Rn. 32; BGHZ 160, 134, 142.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Vollständigkeit erwecken müssen.117 Für den Anleger erkennbar lückenhafte Informationen oder einzelne unrichtige Erklärungen genügen deshalb nicht zur Erfüllung des Tatbestandes.118 Sofern es sich bei den Angaben – wie wohl fast immer bei Fehlinformationen des Kapitalmarktes – also nicht ausnahmsweise um derart geschlossene Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft, sondern um (zusätzlich zum Prospekt gemachte) einzelne Angaben handelt, scheidet der Tatbestand des § 264a StGB und damit auch eine Haftung für diese Fehlinformationen aus. 3. § 826 BGB § 826 BGB gewährt dem Geschädigten einen Schadensersatzanspruch auch bei einer reinen Vermögensschädigung, sofern diese durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen die guten Sitten eintritt.119 Die Norm ist als deliktischer Auffangtatbestand ausgestaltet und trägt Generalklauselcharakter.120 In dieser Eigenschaft wird § 826 BGB oft herangezogen, um bestehende Schutzlücken zu schließen, weil entweder keine spezialgesetzliche Regelung für einen konkreten Sachverhalt existiert, oder weil vorhandene Rechtsvorschriften unzulänglich sind und daher leer laufen.121 a) Anwendbarkeit Der Anspruch aus § 826 BGB wird durch die Regelungen der §§ 15 Abs. 6 S. 2, 37b Abs. 5, 37c Abs. 5 WpHG nicht ausgeschlossen. b) Anspruchsgegner Der Anspruch nach § 826 BGB kann sich sowohl gegen das handelnde Vorstandsmitglied122 als auch gegen die übrigen Vorstandsmitglieder sowie die Mitglieder des Aufsichtsrates als Mittäter (§ 830 Abs. 1 BGB) oder als Teilnehmer 117 Park, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 264a StGB Rn. 31; Lackner/Kühl, StGB § 264a Rn. 10; Cramer, in: Schönke/Schröder/Cramer StGB § 264a Rn. 19; Samson, in: SK StGB § 264a Rn. 25 f. 118 Park, in: Park Kapitalmarktstrafrecht § 264a StGB Rn. 31 f.; Lackner/Kühl, StGB § 264a Rn. 10; Cramer, in: Schönke/Schröder/Cramer StGB § 264a Rn. 19; Samson, in: SK StGB § 264a Rn. 25 f.; OLG München ZIP 2002, 1989, 1995. 119 Kiethe, NZG 2005, 333, 333; Schiemann, in: Erman § 826 BGB Rn. 1; Oechsler, in: Staudinger § 826 BGB Rn. 20; Teichmann, in: Jauernig § 826 BGB Rn. 1; Wagner, in: MünchKommBGB § 826 Rn. 7. 120 Schiemann, in: Erman § 826 BGB Rn. 1; Oechsler, in: Staudinger § 826 BGB Rn. 20; Wagner, in: MünchKommBGB § 826 Rn. 3. 121 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 682; Kiethe, NZG 2005, 333, 333; Schiemann, in: Erman BGB § 826 BGB Rn. 1. 122 BGHZ 160, 134 – Infomatec I; BGHZ 160, 149 – Infomatec II; BGH NJW 2004, 2668 – Infomatec III.

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(§ 830 Abs. 2 BGB) richten.123 Schließlich kann der Anspruch auch gegen den Emittenten selbst gerichtet sein, welcher für das Handeln seiner Organmitglieder gemäß § 31 BGB analog einzustehen hat.124 c) Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung aa) Sittenwidriges Verhalten (1) Sittenwidrige Fehlinformation Die Fehlinformation des Kapitalmarktes muss sittenwidrig sein. Sittenwidrig ist ein Verhalten, welches gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.125 Besteht die Fehlinformation bspw. darin, dass die verantwortlichen Personen jeweils vorsätzlich grob falsche Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlichen und damit in objektiv unlauterer Weise eigene Zwecke verfolgen, etwa weil sie als Gründungsgesellschafter selbst Aktien des Unternehmens besaßen und von Kurssteigerungen infolge der Falschmeldungen jedenfalls mittelbar profitierten, liegt ein sittenwidriges Handeln vor.126 Der BGH hat dabei klargestellt, dass allein die Tatsache, dass der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebenso wenig für die Annahme der Sittenwidrigkeit genügt wie der Umstand, dass sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft.127 Die besondere Verwerflichkeit muss sich vielmehr aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben, wie es bei den bislang vom BGH entschiedenen Sachverhalten der Publikation grob falscher oder gänzlich frei erfundener Unternehmenszahlen zum eigenen Nutzen der handelnden Personen der Fall war.128 Dabei kann das Verhalten des Täters allein aber bereits die Verwerflichkeit indizieren.129 Im Anschluss hieran stellt sich mit Blick auf § 20a WpHG die Frage, ob eine sittenwidrige Fehlinformation auch dann vorliegen kann, wenn die Veröffentlichung der Information zwar vorsätzlich falsch gewesen ist, aber nicht eigennützig abge-

123 OLG Düsseldorf AG 2008, 666; OLG Karlsruhe AG 2008, 900, Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH zurückgewiesen durch Beschluss vom 29. 6. 2010, Az. VI ZR 237/08; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 683; Fleischer, AG 2008, 265, 268 ff.; Fleischer, in: Assmann/Schütze 2007, § 7 Rn. 39. 124 BGH NJW 2005, 2450 – EM.tv; vgl. hierzu aus der umfangreichen Literatur nur Braun, BKR 2005, 415; Fleischer, ZIP 2005, 1805; Gottschalk, DStR 2005, 1648; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428; Möllers, BB 2005, 1637; Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839. 125 St. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124, vgl. BGHZ 160, 149, 157. 126 BGHZ 160, 134, 142; 160, 149, 157 f. 127 BGHZ 160, 149, 157; diesem zusätzlichen Erfordernis zust. Casper, Der Konzern 2006, 32, 33; Spindler, WM 2004, 2089, 2091. 128 BGHZ 160, 149, 157 f. 129 BGHZ 160, 149, 157.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

geben wurde, sondern bspw. mit altruistischen Motiven130. Teile der Literatur haben dies bereits nach den Infomatec-Entscheidungen des BGH bejaht.131 Begründet wurde diese Annahme u. a. damit, dass der BGH selbst ausgeführt habe, dass die „eigenen Zwecke“ des Handelnden, d. h. seine wenigstens mittelbare Partizipation an den in Folge der Falschmeldungen gestiegenen Kursen des Wertpapiers, nicht vorrangiges oder gar Endziel der ungesetzlichen Handlungsweise sein müssen.132 Auch sei die Annahme der Sittenwidrigkeit gerechtfertigt aufgrund der Bedeutung des Vertrauens der Anleger in die ordnungsgemäße Information des Kapitalmarktes und der besonderen Verantwortung der Verstandsmitglieder gerade für die Generierung und Bereitstellung von Informationen aus dem unternehmensinternen Bereich, der den Anlegern verschlossen sei.133 Dieser Bedeutung der Informationen für das Anlegerpublikum sei sich jedes Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens auch bewusst, so dass die bewusst zweckentfremdete Verwendung von Informationen, um Anleger irrezuführen oder über die tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft im Unklaren zu lassen, als sittenwidrig anzusehen sei.134 Zutreffend daran ist, dass es für die irregeleiteten Anleger keine Rolle spielt, aus welchen Motiven heraus sie mit Fehlinformationen getäuscht worden sind. Festzuhalten ist aber, dass auch in diesen Fällen die Sittenwidrigkeit des Handelns nicht ohne das Vorliegen einer besonderen Verwerflichkeit begründet werden kann. Anderenfalls wäre jede bewusste Fehlinformation des Kapitalmarktes als sittenwidrig anzusehen. Damit wäre letztlich jeder vorsätzliche Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 1 WpHG eine sittenwidrige Handlung im Sinne von § 826 BGB mit der Folge, dass geschädigte Anleger Anspruch auf Schadensersatz geltend machen könnten, obwohl § 20a WpHG gerade kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist135. Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund des Auffangcharakters von § 826 BGB fraglich. Vor allem darf der Anwendungsbereich von § 826 BGB nicht auf Kosten anderer Normen und Wertungen ausgedehnt werden.136 Zudem würde die Tatbestandsvor-

130 Als Beispiele hierfür werden genannt die Abgabe einer Fehlinformation zur Sicherung von Arbeitsplätzen oder die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten eines Unternehmens, vgl. hierzu Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 34. 131 Hierfür Fleischer, in: Assmann/Schütze 2007, § 7 Rn. 21; Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; Krause, ZGR 2002, 799, 823; Möllers, JZ 2005, 75, 76; Schwark, in: FS Hadding, 1117, 1131 f.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53; ablehnend Spindler, WM 2004, 2089, 2092; Rützel, AG 2003, 69, 73; Casper, Der Konzern 2006, 32, 33. 132 Vgl. BGHZ 160, 149, 158. 133 Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 34; Krause, ZGR 2002, 799, 823; Möllers/ Leisch, WM 2001, 1648, 1654. 134 Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 34, 36; Krause, ZGR 2002, 799, 823; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1654; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 118 f. 135 Siehe oben B.II.2.b). 136 Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB § 826 BGB Rn. 23; Oechsler, in: Staudinger BGB § 826 BGB Rn. 155.

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aussetzung der Sittenwidrigkeit dann doch auf einen, wenn auch vorsätzlichen, Verstoß gegen eine gesetzliche Norm reduziert.137 Darüber hinaus kann auch in den Fällen Sittenwidrigkeit gegeben sein, in denen trotz bestehender Veröffentlichungspflicht keine Information publiziert wurde.138 Voraussetzung ist hierbei wie im Falle der aktiven Fehlinformation, dass besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Unterlassen wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung verwerflich machen, da allein ein Verstoß gegen eine bestehende Rechtspflicht nicht ausreicht.139 (2) Sittenwidrige Geschäfte oder Aufträge und sonstige Täuschungshandlungen Neben den Fällen der sittenwidrigen Fehlinformation des Kapitalmarktes kann ein sittenwidriges Verhalten auch dann vorliegen, wenn der Täter eine Marktpreismanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 WpHG begeht. Voraussetzung ist dafür ebenso wie in den Fällen nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG, dass die Geschäfte oder Aufträge bzw. die sonstigen Täuschungshandlungen besonders verwerflich sind. Die besondere Verwerflichkeit ergibt sich – ebenso wie in den Fällen der sittenwidrigen Fehlinformation – aus dem verfolgten Ziel der Handlung, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung des Täters oder den eingetretenen Folgen der Handlung. Die Verwerflichkeit wird durch die direkt vorsätzliche Beeinflussung des Kapitalmarktpublikums indiziert, da ein solches Verhalten derart gegen die Mindestanforderungen am Kapitalmarkt verstößt, dass ein Ausgleich der einzelnen bei den Anlegern entstandenen Schäden geboten erscheint.140 137

Spindler, WM 2004, 2089, 2091; kritisch zur Rspr. des BGH zu § 826 BGB bereits Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 214; Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 306 f.; Schiemann, in: Erman BGB § 826 BGB Rn. 12; Oechsler, in: Staudinger BGB § 826 BGB Rn. 62 ff. m. zahlr. w.N.; Wagner, in: MünchKommBGB § 826 BGB Rn. 26 ff., 30 m.w.N. 138 Dafür etwa Möllers, JZ 2005, 75, 76, sofern die Veröffentlichungspflicht offensichtlich sei; ebs. bereits Möllers, WM 2003, 2393, 2394 f.; sehr weit auch Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 118a, der Sittenwidrigkeit einer unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung auch im Fall des uneigennützigen Unterlassens annimmt, sofern nicht ausnahmsweise der Vorstand aufgrund leichter Fahrlässigkeit davon ausging, die Information nicht veröffentlichen zu müssen. Enger dagegen die h. L., welche zusätzlich einen besonderen Umstand wie Eigennutz verlangt, vgl. Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 37; Casper, in: KölnKommKapMuG §§ 37b, 37c WpHG Rn. 72; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806; Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; Spindler, WM 2004, 2089, 2092; Krause, ZGR 2002, 799, 824; generell gegen eine Anwendbarkeit von § 826 BGB auf derartige Fälle Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939; Rützel, AG 2003, 69, 73. 139 BGH NJW 2001, 3702, 3703; OLG Frankfurt AG 2006, 162, 164; Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 37; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; Spindler, WM 2004, 2089, 2092; Krause, ZGR 2002, 799, 824. 140 Siehe hierzu oben B.II.3.c)aa)(1).

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(3) Sittenwidrigkeit der Vorgänge im Ausgangsfall Beeinflusst nach diesen Maßstäben ein Marktteilnehmer bspw. durch die Vornahme von ungedeckten Leerverkäufen die Preise im Handel per Erscheinen, und verwirklicht so nach dem oben Gesagten141 den Tatbestand des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG, um damit auch den Ausgabepreis zu beeinflussen und so zumindest indirekt von seinem Verhalten zu profitieren, verursacht er zugleich Fehlallokationen. Zudem fügt er dem Emittenten und dessen Altaktionären Schaden zu und handelt darüber hinaus aus Eigennutz. Der manipulative Eingriff in die Preisbildung und die daraus folgenden Fehlallokationen untergraben zugleich das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte als Möglichkeit zur Unternehmensfinanzierung und Kapitalanlage und verstößt so gegen Mindestanforderungen des Kapitalmarktes142. Der Täter gibt bei einer derartigen Vorgehensweise zu erkennen, dass er zum Schaden aller anderen Marktteilnehmer nur an der Förderung der eigenen Vermögensinteressen interessiert ist und ihm dazu neben der Schädigung privater Vermögen auch die Beeinträchtigung des Vertrauens in die Kapitalmärkte gleichgültig sind, was insgesamt die Verwerflichkeit und damit die Haftung nach § 826 BGB begründet. Auch die Verwirklichung des Tatbestands einer sonstigen Täuschungshandlung nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG kann nach diesen Maßstäben einen Anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung begründen. Voraussetzung ist wiederum die besondere Verwerflichkeit, die bspw. beim Regelbeispiel des Scalping nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in aller Regel durch die bewusste, zielgerichtete Schädigung der Anleger zum eigenen Nutzen gegeben sein wird.143 bb) Vorsatz Das sittenwidrige Verhalten muss mit dem Vorsatz der Schädigung verbunden sein. Die Haftung greift ein, wenn der Handelnde das Bewusstsein hat, dass infolge seines Tuns oder Unterlassens allein oder in Verbindung mit anderen Umständen der Geschädigte einen Schaden erleiden kann und er den Schaden dennoch billigend in Kauf nimmt, bedingter Vorsatz ist somit ausreichend.144 Vorsatz liegt auch vor, wenn der Schädiger sich der Kenntnis der schädigenden Wirkung bewusst verschlossen hat.145 Ein besonders leichtfertiges Verhalten lässt den Schluss auf bedingten Vorsatz zu.146 141

Siehe oben § 2 C.II.2. Ebs. Wagner, in: MünchKommBGB § 826 BGB Rn. 14 m.w.N. 143 Vgl. auch die – soweit ersichtlich – bislang einzige hierzu ergangene Entscheidung LG Berlin WM 2008, 1470 mit zust. Anm. Mock, EWiR 2008, 618 f.; Mock/Stoll/Eufinger, in: KölnKommWpHG § 20a Rn. 438. 144 BGH WM 1978, 253; BGH WM 1985, 1531; BGH WM 1987, 257; BGHZ 160, 149, 156; Schiemann, in: Erman BGB § 826 BGB Rn. 14 m.w.N. 145 Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 826 BGB Rn. 10 f.; Oechsler, in: Staudinger BGB § 826 BGB Rn. 75, 82, 96; Wagner, in: MünchKommBGB § 826 BGB Rn. 23. 142

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Für die Fälle der Fehlinformation des Kapitalmarktes bedeutet dies, dass der Handelnde Kenntnis von der Unrichtigkeit der Information haben und zumindest billigend in Kauf nehmen muss, dass die Fehlinformation auf die Anlageentscheidung potentieller Anleger Einfluss nimmt und daher die Aktienkäufe oder Aktienverkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Bedingungen getroffen hätten.147 Ist der Schädiger Organmitglied eines Emittenten, d. h. sind die Wertpapiere des Unternehmens zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen, dann weiß er aufgrund der Lebenserfahrung auch, dass Anleger ihre Anlageentscheidung (auch) auf Grundlage der fehlerhaften Informationen treffen, dass also Wertpapiertransaktionen auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden und Anleger so geschädigt werden.148 d) Haftungsbegründende Kausalität aa) Grundsatz Im Rahmen des Anspruchs aus § 826 BGB obliegt es dem Geschädigten, den haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen der Fehlinformation des Kapitalmarktes und seiner Anlageentscheidung darzulegen und zu beweisen.149 Der Erwerbsentschluss muss auf der unwahren Information oder der Unterlassung der Veröffentlichung der Information beruhen.150 Der Anleger muss danach darlegen und beweisen, dass er den Inhalt der veröffentlichten unwahren Mitteilung zur Kenntnis genommen hat und das die Information seine Anlageentscheidung zumindest mitbestimmt hat.151 In nahezu allen bislang entschiedenen Verfahren ist den Anlegern dieser Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität der Informationspflichtverletzung misslungen.152

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BGH WM 1991, 2034; BGH ZIP 1999, 2158. BGHZ 160, 149, 156; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 683; Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 39; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 117. 148 BGHZ 149, 155; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067; Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 39; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806. 149 St. Rspr., vgl. BGHZ 160, 134, 143 f., 147 – Infomatec I; BGH ZIP 2007, 679, 680 – Comroad II; BGH ZIP 2007, 681, 681 f. – Comroad I; BGH ZIP 2007, 1560, 1561 – Comroad IV. 150 Möllers, NZG 2008, 413, 413. 151 St. Rspr. seit BGHZ 160, 134; vgl. zuletzt BGH WM 2008, 790, 791. 152 Siehe die Nachw. hierzu bei Möllers/Leisch, in: KölnKommWpHG §§ 37b, c Rn. 55; positiv entschieden hat der BGH bislang lediglich die Verfahren BGHZ 160, 149 – Infomatec II und BGH ZIP 2007, 326 – Comroad III. 147

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bb) Anforderungen des BGH nach Comroad I – VIII Der BGH hat in seinen bislang acht Entscheidungen in Sachen Comroad153 seit seiner ersten Entscheidung zur Informationsdeliktshaftung, BGHZ 160, 134 (Infomatec I), die Anforderungen an die Darlegungen zur haftungsbegründenden Kausalität konkretisiert und dabei auch Ausführungen zu möglichen in Betracht kommenden Beweiserleichterungen und Beweislastumkehrungen zu Gunsten des Anlegers gemacht. Dabei hat er stets betont, dass grundsätzlich der geschädigte Anleger im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gem. § 826 BGB den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen einer fehlerhaften Information und der individuellen Anlageentscheidung zu führen hat.154 Die Nachweispflicht des Anlegers besteht auch bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation.155 Dies gilt nicht nur für fehlerhafte Adhoc-Mitteilungen gegenüber dem Sekundärmarkt, sondern auch für anderweitige Mitteilungen, auch gegenüber dem Primärmarkt.156 Dabei ist der Anspruch nach § 826 BGB nicht durch Ansprüche aus der börsenrechtlichen Prospekthaftung nach § 47 Abs. 2 BörsG ausgeschlossen.157 Der Kläger muss den konkreten Nachweis der Kausalität auch erbringen, wenn er anstelle der Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts von dem Beklagten Ersatz des Kursdifferenzschadens begehrt.158 (1) Keine Beweislastumkehr Nicht anwendbar zugunsten des Anlegers ist zunächst die in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG (= § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG i. d. F. des 3. FFG) enthaltene Beweislastumkehr im Rahmen der börsenrechtlichen Prospekthaftung. Diese für die börsenrechtliche 153 BGH ZIP 2007, 679 – Comroad; BGH ZIP 2007, 681 – Comroad II; BGH ZIP 2007, 326 – Comroad III; BGH ZIP 2007, 1560 – Comroad IV; BGH ZIP 2007, 1564 – Comroad V; BGH WM 2008, 395 – Comroad VI; WM 2008, 398 – Comroad VII; BGH WM 2008, 790 – Comroad VIII. 154 St. Rspr. seit BGHZ 160, 134, 145; zuletzt BGH WM 2008, 790, 791. 155 St. Rspr., vgl. BGH ZIP 2007, 679, 680; BGH ZIP 2007, 326. 156 BGH WM 2008, 790, 791. 157 BGH WM 2008, 790, 792. 158 BGH ZIP 2007, 679, 680. A.A. Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 47; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 121 f.; Möllers, NZG 2008, 413, 415; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1054 ff.; Wagner, ZGR 2008, 495, 528 ff., die im Fall der Geltendmachung des Kursdifferenzschadens nur den Nachweis der Kausalität der fehlerhaften Kapitalmarktinformation für die beeinträchtigte Bildung des Marktpreises fordern, auf die konkrete Anlageentscheidung komme es in diesem Fall nicht an. Diese Ansicht übernimmt für § 826 BGB die Ausführungen zur Kausalität im Rahmen von §§ 37b, 37c WpHG, ohne den unterschiedlichen Schutzzweck der beiden Normen zu berücksichtigen. Dabei geht sie darüber hinweg, dass das Vertrauen der Anleger in die unbeeinflusste Bildung der Kapitalmarktpreise im Rahmen von § 826 BGB – unabhängig von der Art des gewählten Schadensersatzes – gerade nicht geschützt wird. Dies überzeugt nicht.

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Emissionsprospekthaftung geltende Regelung ist nicht auf die Haftung für Fehlinformationen nach § 826 BGB übertragbar.159 (2) Kein Anscheinsbeweis einer Anlagestimmung Dem Kläger kommen bei der Geltendmachung seines Anspruchs auch nicht die Grundsätze eines Anscheinsbeweises zu Gute. Der Anscheinsbeweis gilt nur für typische Geschehensabläufe, bei denen ein bestimmter Sachverhalt nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge schließen lässt.160 Der Kauf- oder Verkaufsentschluss des Anlegers ist dagegen Folge eines individuell geprägten Willensentschlusses, welcher durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils durch spekulative Elemente beeinflusst wird, so dass sich dieser einer typisierenden Betrachtung entzieht.161 Aufgrund der sich daraus ergebenden Schwierigkeiten für den Anleger, den Nachweis der Kausalität unrichtiger Informationen für die Anlageentscheidung auf dem primären wie dem sekundären Markt zu führen, ging die Rechtsprechung für den Bereich der börsenrechtlichen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung zugunsten des Anlegers davon aus, dass der Emissionsprospekt die Einschätzung des Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit bei den Anlegern eine sog. Anlagestimmung erzeugt. Diese Anlagestimmung konnte der Anleger ohne Rücksicht auf individuelle Kenntnis des Prospekts nach der Art einer tatsächlichen Vermutung für den Kausalzusammenhang zwischen Prospektfehlern und seinem Kaufentschluss in Anspruch nehmen.162 Auch wenn die Dauer einer derartigen Anlagestimmung letztlich nicht abschließend geklärt war, sollte sie jedoch spätestens nach einem Jahr nicht mehr bestehen.163 Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der sog. Anlagestimmung können dem Anleger im Rahmen des Anspruchs nach § 826 BGB in aller Regel nicht zugutekommen.164 Im Gegensatz zur Anlagestimmung nach der börsenrechtlichen Prospekthaftung handelt es sich bei der Informationsdeliktshaftung um eine Fehlinformation des Kapitalmarktes durch einzelne Angaben. Der Informationsgehalt einer solchen einzelnen Angabe ist in aller Regel beschränkt auf einen kleinen Ausschnitt aus dem Unternehmensbereich, die zwar für eine individuelle Anlage159

BGHZ 160, 134, 145; BGH ZIP 2007, 1560, 1561; zust. etwa Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1053; Unzicker, WM 2007, 1596, 1598; Leisch, ZIP 2005, 1575, 1577; Spindler, WM 2004, 2089, 2092. 160 BGHZ 160, 134, 144. 161 BGH ZIP 2004, 1599, 1603; BGH ZIP 2007, 679, 680; BGH ZIP 2007, 681, 682; BGH ZIP 2007, 1560, 1561. 162 BGHZ 160, 134, 144 f.; BGHZ 139, 225, 233 m.w.N. 163 BGHZ 139, 225, 233; Schwark, in: Schwark Kapitalmarktrechtskommentar § 45 BörsG Rn. 35 m.w.N. 164 BGHZ 160, 134, 145; zust. Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1052; Spindler, WM 2004, 2089, 2092; krit. Findeisen, NZG 2007, 692, 694.

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entscheidung relevant sein kann, in aller Regel aber nicht geeignet ist, einen Überblick über alle anlagerelevanten Umstände des Unternehmens zu geben und so eine Anlagestimmung hervorzurufen.165 Es ist zwar denkbar, dass dies in Einzelfällen anders zu beurteilen ist, so dass sich aus Einzelinformationen eine regelrechte Anlagestimmung ergeben kann, jedoch verbietet sich selbst dann bei der Beurteilung ihrer Art und Dauer jede schematische, an einen bestimmten festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise.166 (3) Einzelfallbezogene, konkrete Anlagestimmung In Einzelfällen kann somit ausnahmsweise eine besondere Anlagestimmung bejaht werden.167 Diese ist nach den allgemeinen Grundsätzen durch den Tatrichter anhand des Vortrages der Parteien konkret festzustellen. Hierzu muss der Kläger konkrete Anknüpfungstatsachen vortragen; es bedarf einer markttechnischen Analyse und Einordnung der generellen Entwicklung der konkreten Aktie nach der Veröffentlichung der Information, unter Umständen hat das Gericht sich sachverständig beraten zu lassen.168 Die Anforderungen des BGH an die notwendigen Feststellungen zur Bejahung einer derartigen konkreten Anlagestimmung sind hoch.169 Nicht ausreichend sind Darlegungen, es habe eine „Kaufstimmung hinsichtlich der Aktien bestanden“,170 es sei dem Vorstand „gelungen, durch seine Falschmitteilungen über die Beklagte (die Emittentin) die gesamte interessierte Öffentlichkeit zu täuschen und zu einer viel zu hohen Wertschätzung der Aktie der Beklagten zu führen, die unabhängig von allen Kursschwankungen in der Zeit von 1999 bis Anfang 2002 andauerte.“171 und der Anleger sei „dieser Linie gefolgt“172. Notwendig sind vielmehr konkrete Anknüpfungstatsachen, jedenfalls könne eine Anlagestimmung nicht ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens festgestellt werden.173

165

BGHZ 160, 134, 145. BGH ZIP 2007, 1564, 1565; BGHZ 160, 134, 146 f. 167 Siehe bspw. ausführlich zur Feststellung einer aus seiner Sicht gegebenen Anlagestimmung LG Frankfurt/Main ZIP 2003, 1092, 1093 f. 168 BGH ZIP 2007, 1564, 1565; obwohl der BGH die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung einer konkreten Anlagestimmung nur für den Fall fehlender eigener Sachkunde des Gerichts forderte, machte er später die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur unabdingbaren Voraussetzung, vgl. BGH WM 2008, 395, 398; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 793. 169 Ebs. Möllers, NZG 2008, 413, 414. 170 BGH ZIP 679, 680. 171 BGH ZIP 2007, 1560, 1561. 172 BGH ZIP 2007, 1560, 1562. 173 BGH WM 2008, 395, 398; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 793. 166

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Einige Instanzgerichte haben in Entscheidungen zur ComRoad AG das Vorliegen einer konkreten Anlagestimmung bejaht.174 Sie haben sich dabei darauf gestützt, dass gerade im Fall ComRoad durch die Organe des Unternehmens seit der Börsennotierung permanent Falschmeldungen publiziert worden sind, welche das Unternehmen in einem gänzlich falschen Licht darstellten. Die Behauptung, es seien außergewöhnliche Umsatz- und Gewinnsteigerungen erzielt und Planzahlen seien erheblich übertroffen worden, habe zu einer vollkommenen Fehleinschätzung des Unternehmens durch die Marktöffentlichkeit geführt. All dies habe dazu geführt, dass sich aus der nach dem Börsengang herrschenden Anlagestimmung eine permanente Kaufstimmung entwickelt habe, die auch nicht durch das Auf und Ab des Börsenkurses geschwunden sei.175 Dieser Annahme sind sowohl verschiedene Instanzgerichte176 als auch der BGH selbst entgegengetreten. Insbesondere seit der Entscheidung ComRoad IV hat der BGH in stetiger Rechtsprechung177 dazu ausgeführt, dass auch die festgestellte Vielzahl von extrem unseriösen Falschinformationen den Nachweis der konkreten Kausalität der Fehlinformation für die Anlageentscheidung nicht ersetzen könne.178 Nach allem erscheint es zumindest fraglich, ob einem Anleger der Nachweis einer konkreten Anlagestimmung überhaupt einmal gelingen kann.179 Gelingt dem Kläger trotz allem der Nachweis einer konkreten Anlagestimmung, führt auch dies noch nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern es spricht dann zugunsten des Anlegers die Lebenserfahrung dafür, dass die fehlerhafte Mitteilung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Die daraus folgende Vermutung der Ursächlichkeit muss der Beklagte erschüttern, will er der Haftung entgehen.180

174

LG Frankfurt/M. ZIP 2003, 1092; OLG München ZIP 2005, 901; ZIP 2005, 1141; zust. Möllers, BB 2005, 1637, 1639. 175 LG Frankfurt/M. ZIP 2003, 1092; OLG München ZIP 2005, 901; OLG München ZIP 2005, 1141. 176 OLG Frankfurt ZIP 2005, 710, 712; OLG Frankfurt, Urt. v. 2. 8. 2005, Az. 5 U 192/03, abrufbar unter juris.de = BeckRS 2011, 07807; OLG Stuttgart WM 2006, 1311; OLG München WM 2005, 1311. 177 BGH ZIP 2007, 1560, 1564; bestätigt durch BGH WM 2008, 395, 398; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 793. 178 BGH ZIP 2007, 1560, 1564; BGH WM 2008, 395, 398; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 793. 179 Aus diesem Grund sehen Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684 es als ausgeschlossen an, die Figur der Anlagestimmung für den Nachweis der Kausalität im Rahmen von § 826 BGB anzuwenden. Sie kritisieren daher an der Rspr. des BGH, dies nicht klar auszusprechen. Skeptisch ebenfalls Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 120. Für eine Übertragung der Grundsätze der Anlagestimmung auf die Fälle der fehlerhaften Ad-hocMitteilungen dagegen bspw. Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 107; Findeisen, NZG 2007, 692, 694. 180 BGHZ 160, 134, 145; BGHZ 139, 225, 233; LG Frankfurt ZIP 2003, 1092, 1093; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1577.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Wie lange eine solche konkrete Anlagestimmung bestehen kann, lässt sich für die deliktsrechtliche Haftung noch weniger verallgemeinerungsfähig bestimmen als im Bereich der börsenrechtlichen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz.181 Sie endet jedenfalls auch hier dann, wenn im Laufe der Zeit andere Faktoren bestimmend werden, bspw. wenn neue Unternehmensdaten veröffentlicht werden, sich eine wesentliche Änderung des Börsenindexes ergibt oder die Konjunktureinschätzung sich ändert.182 Auch in den bislang ergangenen Entscheidungen spielte die Frage des zeitlichen Abstandes des Erwerbs der Aktien von dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Information eine wichtige Rolle beim konkreten Nachweis der Kausalität. Auch wenn sich nach den Ausführungen des BGH jede schematische, an einen bestimmten, festen Zeitraum angelehnte Betrachtungsweise verbietet,183 so können diese Entscheidungen doch eine (erste) praktische Orientierungshilfe sein, mittels derer der geschädigte Anleger einschätzen kann, ob ihm der Nachweis der Kausalität gelingen könnte. Als zeitnahen Erwerb angesehen hat der BGH den Erwerb am Tag der Bekanntgabe der Mitteilung oder nur wenige Tage danach184, auch einen Erwerb zwei Monate nach der Veröffentlichung185 war noch nicht zu weit von der Veröffentlichung entfernt. Nicht ausreichend war dagegen der Erwerb sechs bzw. neun Monate nach der Veröffentlichung der Information.186 Für die Praxis bedeutet dies, dass seit Veröffentlichung der Information nicht wesentlich mehr als zwei Monate verstrichen sein dürften, soll die Ursächlichkeit der Information für die Anlageentscheidung nicht bereits deshalb entfallen. Der nicht Gesetz gewordene Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes sah in § 37a Abs. 3 WpHG-E KapInHaG eine zeitliche Grenze von drei Monaten vor. Unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen des BGH dürfte dies die äußerste zeitliche Grenze sein, innerhalb welcher eine Kausalität im Einzelfall noch denkbar ist.187 (4) Keine Anwendbarkeit der „fraud on the market theory“ Um die Schwierigkeiten beim Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität zu umgehen, hatten Anleger versucht, anstelle des Nachweises der Ursächlichkeit der Information für die eigene Willensentscheidung darauf abzustellen, dass sie beim Erwerb der Aktien darauf vertraut hätten, dass in den Börsenpreis nur zutreffende

181 182 183 184 185 186 187

BGHZ 160, 134, 146. BGHZ 160, 134, 146. BGHZ 160, 134, 146 f.; BGH ZIP 2007, 1560, 1561. BGH NJW 2005, 2450, 2453; BGH ZIP 2007, 326, 327; BGH ZIP 2007, 1564, 1566. BGHZ 160, 149, 153. BGHZ 160, 134, 147. Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 687; Casper, Der Konzern 2006 32, 35.

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Informationen eingeflossen seien und sie die Aktie deshalb zu einem angemessenen und nicht zu einem überteuerten Preis erworben hätten. Dem ist der BGH nicht gefolgt. Der Anleger muss auch im Falle vielfältiger und extrem unseriöser Kapitalmarktinformation die konkrete Kausalität der Information für seinen Willensentschluss nachweisen. Ein Anknüpfen allein an das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Preisbildung in Anlehnung an die sog. „fraud-on-the-market-theory“ des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts unter Verzicht auf den konkreten Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität komme nicht in Betracht, da dies zu einem Verzicht auf den Nachweis des konkreten Kausalzusammenhangs zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers und stattdessen zu einem Anknüpfen an die Integrität der Marktpreisbildung führen würde.188 Die Folge dieses Denkansatzes sei eine uferlose Ausweitung der Haftung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung auf diesem Gebiet, weshalb er abzulehnen sei.189 (5) Keine „Dauerkausalität“ Erforderlich ist der Nachweis der Kausalität auch bei im Vorfeld des Börsengangs, bspw. im Rahmen des Börsenzulassungsverfahrens oder im Emissionsprospekt gemachten Falschangaben. Geschädigte Anleger hatten versucht, die haftungsbegründende Kausalität darauf zu stützen, dass die Wertpapiere ohne die fehlerhaften Angaben im Zulassungsverfahren dieses gar nicht passiert, mit anderen Worten gar nicht zugelassen worden wären und sie die Wertpapiere deshalb auch nicht hätten erwerben können.190 Die Falschangabe könnte nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in Gestalt des späteren Aktienerwerbs entfiele. Der BGH lehnt dies ab. Auch Täuschungshandlungen im Vorfeld des Börsengangs wie die im Börsenzulassungsverfahren gemachten Falschangaben führen nur dann zu einer Haftung nach § 826 BGB, wenn der Anleger den Nachweis für die haftungsbegründende Kausalität für seine Willensentscheidung erbringt.191 Dabei ist im Rahmen der Informationsdeliktshaftung sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt die reine Bedingungstheorie ein untaugliches Instrument, weil im Zivilrecht auf die adäquate Kausalität und ergänzend auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist.192 Geschützt wird im Rahmen der Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB die Integrität der Willensentschließung des potentiellen Anlegers vor einer unlauteren 188

BGH ZIP 2007, 326, 326; BGH ZIP 2007, 679, 680; BGH ZIP 2007, 1560, 1562; BGH ZIP 2007, 1564, 1565. 189 BGH ZIP 2007, 326, 326; BGH ZIP 2007, 679, 680; BGH ZIP 2007, 1560, 1562; BGH ZIP 2007, 1564, 1565; zust. Spindler, WM 2004, 2089, 2093. 190 BGH ZIP 2007, 1560, 1563; BGH WM 2008, 395, 396; BGH WM 2008, 398, 399; BGH WM 2008, 790, 791. 191 BGH ZIP 2007, 1560, 1565; BGH WM 2008, 395, 397; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 792. 192 BGH ZIP 2007, 1560, 1565; BGH WM 2008, 395, 397; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 792.

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irreführenden Beeinträchtigung, nicht aber das allgemeine Vertrauen in die Zuverlässigkeit des dem Börsengang vorgelagerten Börsenzulassungsverfahrens.193 Eine Art „Dauerkausalität“ einmal gemachter Falschangaben für eine spätere Anlageentscheidung würde auf unabsehbare Zeit jedem beliebigen späteren Anleger zu Gute kommen, was mit dem Schutzgut des § 826 BGB, hier die Integrität der Willensentschließung, nicht zu vereinbaren sei.194 Somit kann bei Ansprüchen aus § 826 BGB auf den Nachweis der Ursächlichkeit der Falschinformation für die Anlageentscheidung auch bei Falschangaben auf dem Primärmarkt nicht verzichtet werden.195 cc) Stellungnahme Der Rechtsprechung des BGH ist zuzustimmen. Eine Beweislastumkehr wie bei der börsenrechtlichen Prospekthaftung kommt nicht in Betracht, da die Übertragung der spezialgesetzlichen Regelung des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG in den offenen deliktischen Tatbestand des § 826 BGB die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten würde. Dies muss dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.196 Auch die Figur der Anlagestimmung ist hier nicht anwendbar. Die Anlagestimmung ist letztlich eine Fiktion.197 Zu rechtfertigen ist sie nur aufgrund der besonderen Situation, die sich mit der Durchführung der Emission ergibt. Während dieser ist der Emissionsprospekt das zentrale Informationsmedium, sein Inhalt ist – wenn auch nur mittelbar – Gegenstand der Berichterstattung in der Presse, von Analystenempfehlungen und Beratungsgesprächen. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die Anlageentscheidung letztlich (mit) auf dem Inhalt des Prospekts beruht und damit die fehlerhafte Information kausal für die Anlageentscheidung war. Besteht die Fehlinformation dagegen nur in der Veröffentlichung einer einzelnen (Ad-hoc-)Information, spielen für die Anlageentscheidung für gewöhnlich zahlreiche weitere Umstände eine Rolle, so dass hier eine derart weit reichende Vermutung, wie sie die Figur der Anlagestimmung aufstellt, nicht in Betracht kommen kann.198 Dies muss auch hinsichtlich der konkreten Anlagestimmung gelten, da eine einzelne Information niemals eine für eine Vielzahl von Einzelfällen gleichgerichtete Auswirkung 193 BGH ZIP 2007, 1560, 1565; BGH WM 2008, 395, 397; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 792. 194 BGH ZIP 2007, 1560, 1565; BGH WM 2008, 395, 397; BGH WM 2008, 398, 400; BGH WM 2008, 790, 792. 195 BGH ZIP 2007, 1560, 1563; BGH WM 2008, 395, 397; BGH WM 2008, 398, 399; BGH WM 2008, 790, 791; zust. Unzicker, WM 2007, 1596, 1599. 196 Zust. Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 46; Unzicker, WM 2007, 1596, 1598; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1053; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 104; Spindler, WM 2004, 2089, 2092. 197 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684. 198 Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 46; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684 f.; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1052 f.; Kort, NZG 2005, 496, 498; a.A. Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 107; Spindler, WM 2004, 2089, 2092.

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auf das Anlegerverhalten hat, sie somit niemals einen typischen, durch vielfache Beobachtung und ständige Erfahrung des täglichen Lebens bestätigten Geschehensablauf auslösen kann.199 Die „fraud-on-the-market-theory“ ist schon deshalb abzulehnen, weil ihre Anerkennung darauf hinaus liefe, die Integrität der Marktpreisbildung als Schutzgut des § 826 BGB anzuerkennen und damit indirekt auch § 20a WpHG individualschützenden Charakter zuzubilligen. Dies stünde aber im Widerspruch zu den Anforderungen an ein Schutzgesetz im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB, die § 20a WpHG gerade nicht erfüllt.200 Zuzustimmen ist dem BGH letztlich darin, dass es bei Falschinformationen keine „Dauerkausalität“ geben kann. Anderenfalls blieben die individuellen Umstände der Anlageentscheidung völlig unberücksichtigt, was mit § 826 BGB nicht vereinbar ist.201 dd) Anforderungen an den Vortrag des Klägers Die bislang ergangene Rechtsprechung lässt trotz der aufgestellten hohen Anforderungen den Anleger nicht ratlos zurück. Die erfolgreich geführten und die an die Vorinstanz zurück verwiesenen Verfahren enthalten eine Reihe von Anhaltspunkten, nach denen der Anleger seinen Vortrag ausrichten kann, um die Ursächlichkeit der Fehlinformation für seinen Willensentschluss beweisen zu können. Sofern sich der Anleger nicht dazu entschließt, den Anspruch abzutreten, oder er hierfür keinen Zessionar findet, um dann im Verfahren als Zeuge aussagen zu können202, muss er Anknüpfungstatsachen vortragen, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache ergeben, so dass die Voraussetzungen für eine Parteivernahme nach § 448 ZPO vorliegen.203 In Betracht kommt hierfür insbesondere Vortrag zu kaufentscheidenden Analystenempfehlungen und Presseberichten, welche sich auf die entscheidende Fehlinformation beziehen, ggfs. sogar diese vorzulegen, die Benennung des Anlageberaters oder anderer Dritte, mit welchen der Anleger sich ggfs. beraten hat, als Zeugen und weiterer Vortrag zu den äußeren Umständen der Anlageentscheidung wie bspw. das eigene Informationsverhalten, eigene Recherche, Beratung und Empfehlung durch 199

Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 685; grundsätzlich zustimmend Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1052 f., der nur in „Extremfällen“ wie dem Fall Comroad eine Beweiserleichterung annehmen will. 200 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 685; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1053; a.A. Findeisen, NZG 2007, 691, 694; zurückhaltender Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 107: Übernahme ließe sich mit der herkömmlichen Dogmatik des deutschen Schadensersatzrechtes nur schwerlich vereinbaren“. 201 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 685 f.; Unzicker, WM 2007, 1596, 1599. 202 Zurückhaltend gegenüber dieser Möglichkeit Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 688 f. 203 Zu den Voraussetzungen für die Parteivernahme s. BGHZ 160, 134, 147; BGH ZIP 2007, 1560, 1563; BGH ZIP 2007, 1564, 1566; BGH ZIP 2008, 410, 412.

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dritte Personen usw., um hinreichende Anknüpfungstatsachen darzulegen.204 All dies ist im Nachhinein im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens sicher nicht leicht, aber auch nicht von vornherein aussichtslos. e) Schaden Der Anleger hat im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB die Wahl, ob er entweder den Kursdifferenzschaden, also den Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, geltend macht, oder ob er Erstattung des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien auf die Schädiger oder – sofern er diese inzwischen veräußert hat – gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises verlangt.205 Teile der Literatur wollen dem Anleger im Rahmen des Anspruchs nach § 826 BGB diese Wahl nicht einräumen und ihm nur einen Anspruch auf Ersatz des Kursdifferenzschadens zubilligen. Begründet wird dies damit, dass der Schaden des Anlegers nur darin liege, dass er die Aktien zu teuer gekauft oder zu billig verkauft hat. Zudem würde anderenfalls das haftende Vorstandsmitglied zum „Versicherer des Anlegers“ gegen ungünstige Marktentwicklungen.206 Eine Rückabwicklung der Transaktion wäre daher unbillig.207 Dies ist nicht überzeugend. § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab.208 Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung.209 Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach §§ 249 ff. BGB.210 Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Mitteilung enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären.211 Da es bei den geschädigten Anlegern der Fall sein kann, dass sie in diesem Fall die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Erwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Über204

Möllers, NZG 2008, 413, 414. BGHZ 160, 149, 153; BGH ZIP 2005, 1270, 1271 f. 206 Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 54a; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069. 207 Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Duve/Busak, BB 2005, 2645, 2648. 208 Spindler, in: Bamberger/Roth BGB § 826 BGB Rn. 15; Buck-Heeb, AG 2008, 681, 689; BGH ZIP 2005, 1270, 1272. 209 BGH ZIP 2005, 1270, 1272. 210 BGHZ 160, 149, 153; BGH ZIP 2005, 1270, 1272. 211 BGHZ 160, 149, 153; BGH ZIP 2005, 1270, 1272. 205

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tragung der erworbenen Aktien auf den Emittenten oder die Organmitglieder verlangen.212 Der Einwand, der Schädiger würde durch die Möglichkeit der Rückübertragung der Aktien unbilliger Weise zum Versicherer des Anlegers gegen das allgemeine Kursrisiko, übersieht, dass der Anspruch aus § 826 BGB mit dem Erfordernis einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Anlegers durch den Schädiger hohe Hürden aufstellt und der Schädiger, der durch sein Verhalten diese Voraussetzungen erfüllt, im Vergleich zum Anleger weniger schützenswert ist.213 Zudem steht dem Schädiger bei der haftungsausfüllenden Kausalität im Rahmen des hypothetischen Schadensverlaufs der Nachweis offen, dass der Anleger auch bei Kenntnis der wahren Sachlage keinen Abstand von dem Erwerb überhaupt genommen hätte.214 Letztlich ist es auch unerheblich, dass der Schädiger nicht am Erwerbsvorgang beteiligt war, da es im Rahmen des Schadensersatzes nur um die Wiederherstellung des Vermögenszustandes beim Geschädigten geht.215 Entscheidet sich der Anleger, was ihm nach dem Vorstehenden ohne weiteres möglich ist, für die Geltendmachung des Kursdifferenzschadens, ergeben sich daraus erhebliche Schwierigkeiten bei der Darlegung des erlittenen Schadens. Der Kursdifferenzschaden ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem Preis, den der Anleger tatsächlich gezahlt bzw. erhalten hat und dem hypothetischen Preis, welcher sich bei zutreffender, wahrheitsgemäßer Kapitalmarktinformation durch den Emittenten gebildet hätte.216 Dieser hypothetische Preis ist vom Anleger seiner Darlegung zu Grunde zu legen, was deshalb schwierig ist, weil er sich als hypothetischer Wert der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht und die Berechnung im Einzelfall aufwendig ist.217 Im Schadensersatzprozess wird dazu regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein.218 In der Literatur wird zwar zu Recht darauf verwiesen, dass dies für den Anleger einen erheblichen Mehraufwand darstellt.219 Meines Erachtens lässt sich das aber – auch unter Berücksichtigung des den 212

BGHZ 160, 149, 153; BGH ZIP 2005, 1270, 1272. In diese Richtung auch Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1809; Fleischer, DB 2004, 2031, 2035; Spindler, WM 2004, 2089, 2093; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575. 214 Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 127; Spindler, WM 2004, 2089, 2093. 215 Möllers, JZ 2005, 75, 77; Spindler, WM 2004, 2089, 2093; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; a.A. Fuchs, in: Fuchs WpHG Vor §§ 37b, 37c Rn. 52. 216 BGH ZIP 2005, 1270, 1275; Leisch, ZIP 2005, 1573, 1578; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1809; Sauer, ZBB 2005, 24, 34; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Möllers, NZG 2008, 413, 414, ausführlich Wagner, ZGR 2008, 495, 521 ff. 217 Grundlegend BGH ZIP 2005, 1270, 1275; ausführlich zu den Möglichkeiten der Berechnung Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197; Wagner, ZGR 2008, 495, 520 ff. 218 Möllers, NZG 2008, 413, 414; Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 198. 219 Auf eine abschreckende Wirkung des für den Einzelanleger u. U. zu hohen Kostenrisikos weisen Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 198 sowie Rützel, AG 2003, 69, 77 hin. Dieses Problem ist freilich kein spezifisch kapitalmarktrechtliches, mag auch das Verhältnis von 213

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Kläger treffenden Kostenrisikos – rechtfertigen. Nur mittels sachverständiger Hilfe ist es dem Kläger überhaupt möglich, den Kurseffekt einer einzelnen Information auf den Marktpreis zu isolieren und damit den vom Publizitätsfehlverhalten unbeeinflussten Preis des Wertpapiers mit einer Genauigkeit zu bestimmen, die für eine grundsätzlich zulässige Schätzung des Schadens durch den Tatrichter gemäß § 287 ZPO ausreichend ist.220 Zur Berechnung des hypothetischen Kurses kann auf die Methoden der Finanzmarkttheorie wie das Capital Asset Pricing Model zurückgegriffen werden, welches einen Zusammenhang zwischen der Risikoprämie einer bestimmten Kapitalanlage und dem mittleren Risiko des Gesamtmarktes herstellt.221 In der Praxis wird dieses Modell häufig dadurch modifiziert, dass anstelle des Gesamtmarktes die Bewegung eines repräsentativen Aktienindexes verwendet wird.222 Auch wenn es für die Berechnung im Detail unterschiedliche methodische Ansätze geben mag, ändert dies nichts an der damit gegebenen grundsätzlichen, wenn auch schwierigen Berechenbarkeit des Schadens.223

III. Kapitalmarktrechtliche Haftung 1. Börsenrechtliche Prospekthaftung Die börsenrechtliche Prospekthaftung nach §§ 44 ff. BörsG ist auch nach der Umsetzung der Prospekt-Richtlinie inhaltlich weitgehend unverändert geblieben. Sowohl eine europaweit einheitliche Regelung als auch eine Übernahme der bestehenden Haftungsnormen des Börsengesetzes in das Wertpapierprospektgesetz – dies war im Gesetzgebungsverfahren seitens des Bundesrates angeregt worden – sind unterblieben.224 Voraussetzung für die Haftung nach §§ 44 f. BörsG ist die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts. Grundsätzlich hat der Emissionsprospekt alle Angaben zu enthalten, die für die Anlageentscheidung des Anlegers von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können.225 Die Angaben müssen sachlich richtig und vollständig sein.226 Über Umstände, die den Vertragszweck gefährden können, sowie Klageforderung und Gutachterkosten hier ggfs. ein ungünstiges sein, sondern trifft jede beweisbelastete Partei im Prozess, sofern sie nicht rechtschutzversichert ist. 220 Sauer, ZBB 2005, 24, 34; Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 198. 221 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873; ausführlich Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1850 ff.; Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 203 ff.; mit zahlreichen Nachw. zur US-amerikanischen Literatur Sauer, ZBB 2005, 24, 34. 222 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873. 223 BGH ZIP 2005, 1270, 1275. 224 Vgl. Begr. RegE WpPG, BT-Drs. 15/5219, S. 1, 7. 225 BGH NJW 2000, 3346; BGH NJW 2006, 2042; BGH VuR 2008, 178. 226 BGH NJW 2000, 3346; BGH NJW 2006, 2042; BGH VuR 2008, 178.

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

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über andere Nachteile und Risiken ist der Anleger vollständig aufzuklären.227 Unrichtig ist der Prospekt, wenn nicht vorhandene Umstände als vorhanden oder vorhandene Umstände als nicht vorhanden bezeichnet werden, oder wenn vorhandene Prognosen oder Werturteile nicht durch die ihnen zugrunde liegenden Sachverhalte zu rechtfertigen sind. Die Unrichtigkeit kann sich auch aus unzureichender Aktualität des Prospekts ergeben, vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG. Maßstab für Beurteilung der Umstände als wichtig ist § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG. Die Unvollständigkeit ist ein wichtiger Unterfall der Unrichtigkeit. Sie ist gegeben, wenn der Prospekt nicht alle wesentlichen Angaben enthält. In aller Regel ist er unvollständig, wenn er den Anforderungen des § 7 WpPG in Verbindung mit den Bestimmungen und Anhängen der ProspektVO nicht entspricht.228 Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nach allem nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, welches er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt.229 An sich zutreffende Einzelangaben können ein falsches Gesamtbild ergeben, bspw. weil ein zu optimistisches Gesamtbild von der wirtschaftlichen Lage und den Zukunftsaussichten eines Unternehmens gezeichnet wird oder weil Angaben den Gesamteindruck vermitteln, dass der Anleger mit seiner Beteiligung nur ein begrenztes Risiko eingeht.230 Maßgeblich für die Anforderungen an die Darstellungen in einem Prospekt sind die Erwartungen des Kapitalmarkts.231 Dabei dürfen die Verantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen.232 Weitgehend ausgeschlossen wurde durch das WpPG lediglich die Haftung für die Angaben in der bei Aktienemissionen nunmehr nach § 5 Abs. 2 S. 1 WpPG notwendigen Zusammenfassung. Für Angaben in der Zusammenfassung wird gem. § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG nur gehaftet, wenn deren Inhalt in Zusammenschau mit den anderen Ausführungen des Prospekts unrichtig, irreführend oder widersprüchlich ist. Für sämtliche im Zusammenhang mit der Emission von Wertpapieren stehende Prospekte und die Haftung daraus verdrängt die börsengesetzliche Prospekthaftung

227 BGH NJW 1992, 228; NJW 2000, 3346; BGH NJW 2006, 2042; BGH ZIP 2008, 412; BGH VuR 2008, 178; OLG Karlsruhe AG 2008, 900, 902. 228 Schanz, Börseneinführung, S. 513; Schwark, in: Schwark/Zimmer KapitalmarktrechtsKommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 35; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 19. Zu den Ausnahmen hiervon s. § 8 Abs. 2 WpPG sowie Groß, Kapitalmarktrecht §§ 44, 45 BörsG Rn. 39 ff. 229 BGH NJW 1982, 2823; BGH VuR 2008, 178. 230 Siehe nur BGH VuR 2008, 178; BGH NJW-RR 2007, 1329; BGH WM 2007, 1503; BGH Urt. v. 22. 11. 2007, III ZR 210/06, abrufbar unter juris.de = BeckRS 2008, 00230; BGH NJW 2006, 2042; BGH NJW-RR 1992, 879; BGH WM 1982, 862; OLG Frankfurt ZIP 2004, 1411; OLG Düsseldorf WM 1984, 586 jew. m.w.N. 231 BGH NJW 2005, 242; OLG Karlsruhe AG 2008, 900, 902. 232 BGH NJW-RR 1992, 879; BGH VuR 2008, 178.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung.233 Weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgrund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, bleiben dagegen nach § 47 Abs. 2 BörsG unberührt. Diese Grundsätze der Haftung wegen fehlerhafter Prospekte sind einhellig anerkannt, auch wenn Einzelheiten umstritten sind.234 Insoweit ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der Marktpreismanipulation keine Besonderheiten, eine unrichtige oder irreführende Angabe im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch eine unrichtige Angabe im Sinne von § 44 BörsG sein. 2. § 37b WpHG § 37b WpHG begründet die Verpflichtung eines Emittenten von an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG notierten Wertpapieren235 zur Zahlung von Schadensersatz an Dritte, wenn der Emittent entgegen seiner Verpflichtung aus § 15 WpHG eine ihn unmittelbar betreffende Insiderinformation nicht unverzüglich veröffentlicht und dem Dritten durch die Unterlassung ein Schaden entsteht, sofern der Dritte die Wertpapiere ohne Kenntnis der Information nach der Unterlassung erwirbt und diese bei bekannt werden noch besitzt oder die Wertpapiere vor dem Entstehen der Information erwirbt und nach der Unterlassung veräußert. Organmitglieder des Emittenten sind nicht Adressat der Norm, ihre persönliche Haftung hieraus ist ausgeschlossen.236 Eine analoge Anwendung scheitert aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke.237

233 Begr. RegE zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 13/8933, S. 54, 81; ebenso Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 79. 234 Schwark, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 44, 45 BörsG Rn. 15 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht §§ 44, 45 BörsG Rn. 39 ff.; Habersack, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 10 ff.; Mülbert/Steup, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt Unternehmensfinanzierung § 30 Rn. 9 ff.; Schanz, Börseneinführung, S. 513 ff.; Hamann, in: Schäfer/Hamann Kapitalmarktgesetze §§ 44 f. BörsG Rn. 138 ff. 235 Neben den Emittenten von Wertpapieren werden von der Norm auch erfasst Emittenten von anderen Finanzinstrumenten wie Geldmarktinstrumenten, § 2 Abs. 1 a i.V.m. § 2 Abs. 2b WpHG, Derivaten, § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2b WpHG sowie allen sonstigen Instrumenten mit Zulassung zu einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG. 236 Möllers/Leisch, in: KölnKommWpHG §§ 37b, c Rn. 80; Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 3; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 21; Fleischer, AG 2008, 265, 271; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 690 f. 237 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 690; Fleischer, AG 2008, 265, 271; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer Handbuch börsennotierte AG, § 14 Rn. 54; Sethe, in: Assmann/ Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 131.

B. Zivilrechtliche Haftungsfolgen

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Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität beginnt mit dem Stellen des Antrags auf Zulassung der Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt, § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG. Damit ist ein Anspruch auf Schadensersatz aufgrund des Bestehens der Pflicht zur Publizität bereits ab Stellung des Zulassungsantrages auch bei einer Neuemission und damit auf dem Primärmarkt denkbar,238 mag die Frist zwischen Stellung des Antrags und Aufnahme der Notierung in aller Regel praktisch auch nur kurz sein. Hauptanwendungsfall dürfte im Fall einer Neuemission die Verpflichtung des Emittenten sein, nach § 16 WpPG notwendige Nachträge zum Prospekt ad-hoc zu publizieren.239 Der Anspruch auf Ersatz des Schadens nach den §§ 37 b, 37c WpHG besteht nur, wenn es sich bei der pflichtwidrig unterlassenen Veröffentlichung oder der veröffentlichten unwahren Mitteilung um eine Ad-hoc-Mitteilung gem. § 15 WpHG handelt.240 Andere Formen der Mitteilung, wie bspw. Pressemitteilungen, sind von §§ 37b, 37c WpHG nicht erfasst.241 Beide Normen sind mangels einer planwidrigen Regelungslücke auf andere Veröffentlichungen nicht analog anwendbar, denn der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich auf die Veröffentlichung falscher Ad-hocMitteilungen begrenzt.242 Die Veröffentlichung von Informationen, die ein börsennotiertes Unternehmen oder ein von diesem begebenes Finanzinstrument betreffen, in einer anderen Form als einer Ad-hoc-Mitteilung, ob durch die Presse oder auf andere Art und Weise, stellt zwar möglicherweise einen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG dar, eine Haftung nach § 37b WpHG wegen der Fehlinformation des Kapitalmarktes resultiert daraus aber nicht.243 Geschehnisse wie die in der Berichterstattung im Ausgangsfall erwähnten begründen somit momentan keinen Anspruch gegen den Emittenten aus § 37b

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Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 39; Möllers/Leisch, in: KölnKommWpHG §§ 37b, c Rn. 91; Casper, in: KölnKommKapMuG §§ 37b, c Rn. 21; Schäfer, in: Marsch/Barner Handbuch börsennotierte AG § 16 Rn. 7. 239 Neben Börsengängen mit einer „üblichen“ kurzen Frist, in welcher das öffentliche Angebot besteht, kann es vereinzelt auch Börsengänge geben, bei denen sich dieser Zeitraum über mehrere Monate oder Jahre erstreckt, was entsprechend auch vermehrt die Veröffentlichung von Nachträgen bedeutet, vgl. Elsen/Jäger, BKR 2010, 97, 100. 240 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 93; vgl. hierzu auch LG Düsseldorf Urt. v. 4. 8. 2009, Az. 7 O 274/08, GWR 2009, 351, Rn. 54 ff. 241 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 93; ebs. LG Düsseldorf Urt. v. 4. 8. 2009, Az. 7 O 274/08, GWR 2009, 351 Rn. 54; OLG Düsseldorf Urt. v. 27. 1. 2010, Az. I-15 U 230/09, juris Rn. 35, abrufbar unter juris.de; bestätigt durch BGH ZIP 2012, 318, 319. 242 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 93; ebs. LG Düsseldorf Urt. v. 4. 8. 2009, Az. 7 O 274/08, GWR 2009, 351 Rn. 56; OLG Düsseldorf Urt. v. 27. 1. 2010, Az. I-15 U 230/09, juris Rn. 36 f., abrufbar unter juris.de; bestätigt durch BGH ZIP 2012, 318, 319. 243 Wagner, WM 2003, 1158, 1166.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

WpHG.244 Aufgrund des engen Anwendungsbereiches kommt eine Haftung aus § 37b WpHG in der hier betrachteten Phase praktisch kaum in Betracht, weshalb auf die weiteren – zum Teil stark umstrittenen – Tatbestandsmerkmale (insbes. Schadensumfang245 und Kausalität246) nicht näher eingegangen werden soll. 3. § 37c WpHG § 37c WpHG setzt voraus, dass eine veröffentlichte Ad-hoc-Mitteilung eines Emittenten eine unwahre Information enthält. Wie § 37b WpHG umfasst auch § 37c WpHG positive und negative Veröffentlichungen.247 Die beiden Normen unterscheiden sich nur in der Tathandlung, der Veröffentlichung einer unwahren Information. Im übrigen sind die Voraussetzungen identisch, was auch für diese Norm zur Folge hat, dass sie aufgrund des engen Anwendungsbereiches im Rahmen dieser Arbeit kaum praktische Relevanz zu entfalten vermag. Ihr soll deshalb an dieser Stelle ebenfalls nicht weiter nachgegangen werden. 244 Wagner, WM 2003, 1158, 1166; ebenso Möllers/Leisch, NZG 2003, 112, 115: Es besteht eine Haftungslücke, die ggfs. durch teleologische Extension der Vorschrift zu schließen ist. Dafür ist jedoch aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers kein Raum. In diesem Sinne auch Großmann/Nikoleyczik, DB 2002, 2031, 2036: Es bestehen nur Ansprüche nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen wie bspw. § 826 BGB. Zu den zivilrechtlichen Ansprüchen s. o. B.II. 245 Umstritten ist hier, ob der Anleger im Rahmen des Schadensersatzes Ersatz der Kursdifferenz (h.M.) oder statt dessen auch Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts verlangen kann. Vgl. hierzu für die h.M. Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 34; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; Casper, in: KölnKommKapMuG §§ 37b, c WpHG Rn. 54 ff.; Fleischer, in: Assmann/Schütze Handbuch Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 52; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 504 f.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff.; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt § 33 Rn. 195 ff.; Sauer, ZBB 2005, 24, 30 ff.; Zimmer, WM 2004, 9, 17; Rützel, AG 2003, 69, 79; Mülbert, JZ 2002, 826, 835; Fleischer, BB 2002, 1869, 1871 f.; Fleischer, NJW 2002, 2977, 2981; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860); für die a. A. Abram, NZG 2003, 307, 311 f.; Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1848 f.; Holzborn/ Foelsch, NJW 2003, 932, 939 f.; Möllers/Leisch, BKR 2002, 1071, 1073 ff.; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578 f.; Möllers/Leisch, in: KölnKommWpHG §§ 37b, c Rn. 240 ff., 295, 302 ff. Der BGH hat sich nunmehr letzterer Ansicht angeschlossen und dem Anleger auch einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts zugesprochen, BGH ZIP 2012, 318, 323 ff. 246 Umstritten ist für den Fall, dass der Anleger den Ersatz des Kursdifferenzschadens geltend macht, ob er nur die Ursächlichkeit der fehlerhaften Kapitalmarktinformation für eine fehlerhafte Preisbildung (so die h.M.) oder darüber hinaus auch den Einfluss der fehlerhaften Mitteilung auf seinen Kaufentschluss nachweisen muss; zur h.M. s. Sethe, in: Assmann/ Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 83; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 91 ff.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; Engelhardt, BKR 2006, 443, 448; Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839, 1840; Sauer, ZBB 2005, 24, 29 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 991; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578; Möllers/Leisch, BKR 2002, 1071, 1079; für die a. A. Fuchs, in: Fuchs WpHG §§ 37b, 37c Rn. 29 f.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1636 f.; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 370; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 691; wohl auch Longino, DStR 2008, 2068, 2071. 247 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drs. 14/8017, S. 93 f.

C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung?

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C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung? I. Ausgangssituation Die Vorkommnisse am Neuen Markt,248 aber auch die Fälle in der Einleitung sowie Entscheidungen in jüngerer Vergangenheit249 haben gezeigt, dass es von der Ankündigung der Emission bis zum Rückzug eines Emittenten vom Kapitalmarkt in jeder Phase zu erheblichem Fehlverhalten bei der Information des Kapitalmarktes kommen kann, mit dessen Aufarbeitung die Justiz noch Jahre später in erheblichem Umfang beschäftigt ist. Die Aufarbeitung machte auch deutlich, dass die vorhandenen rechtlichen Instrumente nur in beschränktem Maße in der Lage sind, den Anlegern als Ausgleich einen Anspruch auf Schadensersatz zu verschaffen. Ansprüche können sich zum einen aus der Prospekthaftung nach den §§ 44 f. BörsG, zum anderen aus der soeben dargestellten Haftung wegen des Unterlassens der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung oder wegen der Publizierung einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung nach §§ 37b, 37c WpHG ergeben. Daneben kann es in der Praxis aber zu zahlreichen anderen Falschangaben gegenüber dem Kapitalmarkt in Pflicht- und freiwilligen Angaben kommen, zudem zu Marktverzerrungen durch handels- oder handlungsgestützte Manipulationen, wodurch die Frage nach weiteren geeigneten zivil- oder strafrechtlichen Sanktionen aufkommt.250 Momentan besteht ein erhebliches Durchsetzungsdefizit, da mit Ausnahme der genannten weitere kapitalmarktrechtliche Anspruchsgrundlagen nicht in Betracht kommen. Anleger sind auf den schwierigen Umweg über die bürgerlich-rechtlichen Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz wie §§ 263, 264a StGB, § 400 AktG oder gemäß § 826 BGB verwiesen, die den Anleger wegen des ihm obliegenden erforderlichen Nachweises des Vorsatzes des Handelnden, der Sittenwidrigkeit und der haftungsbegründenden Kausalität häufig vor unüberwindbare Hürden stellen.251 Somit besteht eine Schutzlücke im Haftungssystem für Fehlinformationen des Kapitalmarktes.252 Eben diese „Lücke“ hatte den Gesetzgeber – neben anderen 248 Vgl. nur Baums, Bericht Corporate Governance Kommission Rn. 181 ff.; Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 95, 96 f. 249 Vgl. aus neuerer Zeit bspw. OLG Frankfurt OLGR Frankfurt 2008, 738; LG Düsseldorf Urt. v. 4. 8. 2009, 7 O 274/08, GWR 2009, 351; LG München I v. 12. 6. 2009, 22 O 16205/08, GWR 2009, 227; nachgehend OLG München 19 U 3663/09, n.n. entschieden; OLG Stuttgart WM 2009, 1233; OLG Düsseldorf WM 2009, 1655. 250 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 95. 251 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 96, 101; Casper, Der Konzern 2006, 32, 33; Veil, BKR 2005, 91, 93; s. aus der Rechtsprechung BGHZ 160, 134 – Infomatec I; BGHZ 160, 149 – Infomatec II; BGH NJW 2004, 2668 – Infomatec III; BGH ZIP 2005, 1270 – EM.TV; dazu u. a. Fleischer, DB 2004, 2031; Gerber, DStR 2004, 1793; Lenenbach, EWiR 2004, 961; Kort, AG 2005, 21; Leisch, ZIP 2004, 1573; Möllers, JZ 2005, 75. 252 Siehe Wagner, WM 2003, 1158, 1166; Möllers/Leisch, NZG 2003, 112, 115; Großmann/ Nikoleyczik, DB 2002, 2031, 2036; Veil, BKR 2005, 91, 97.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Gründen253 – bewogen, Vorschläge der Literatur254, des 64. Deutschen Juristentages255 und der Regierungskommission Corporate Governance256 aufzugreifen und die bestehende Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen zu erweitern257. Dazu hatte er einen Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes vorgelegt, welcher letztlich aufgrund starken Drucks seitens der Wirtschaft258 nicht umgesetzt worden ist.

II. Der Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) Der Entwurf sah eine Erweiterung der Haftung des Emittenten und seiner Organmitglieder zugunsten geschädigter Anleger mittels Schaffung einer weitgehenden zivilrechtlichen Haftung für Falschinformationen des Kapitalmarktes vor.259 Im Gegensatz zu den §§ 37b, 37c WpHG erfasste der Haftungstatbestand alle Formen öffentlicher Mitteilungen, sofern sie dem Emittenten zugerechnet werden konnten.260 Davon ausgenommen waren lediglich Erklärungen auf internen Veranstaltungen oder Veranstaltungen Dritter, die mangels Zurechnung keine Schadensersatzpflicht auslösen sollten.261 Der Entwurf differenzierte dabei nicht zwischen Mitteilungen auf Grund einer Rechtspflicht oder auf freiwilliger Basis, wie bspw. Pressemitteilungen oder Aktionärsbriefen.262 Zu den öffentlichen Mitteilungen gehörten auch mündliche Informationen wie bspw. in Roadshows und Analystenkonferenzen gemachte

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Weitere Gründe des Gesetzgebers für den Erlass eines KapInHaG waren vor allem die Wiederherstellung des erschütterten Anlegervertrauens in den Kapitalmarkt, bedingt durch Unternehmenskrisen und Unternehmenszusammenbrüche, sowie die Verbesserung der Durchsetzbarkeit der Ansprüche der geschädigten Anleger, um künftig einen effektiven Anlegerschutz zu gewährleisten, Begr. Diskussionsentwurf KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1046. 254 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 64 f., 112; Baums/Fischer, Arbeitspapier Nr. 115, S. 1 f. m.w.N. 255 Beschlüsse des 64. DJT (2002), Abteilung Wirtschaftsrecht E 1.5 – 1.13. 256 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 182 ff. 257 Vgl. hierzu den 10-Punkte-Plan der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes, Pressemitteilung des BMJ und BMF vom 25. 2. 2003, abgedruckt u. a. in BB 2003, 693 ff. 258 Siehe hierzu Süddeutsche Zeitung vom 10. 11. 2004, S. 21 – Eichel stoppt Gesetz zur Managerhaftung: Neben dem BDI kritisierte den Entwurf insbesondere der scheidende Siemens-Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer, der diesen als „völlig überzogen“ bezeichnete, zudem würde der Entwurf unterstellen, „die Manager belügen die Öffentlichkeit“. 259 Begr. Diskussionsentwurf KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1046; Veil, BKR 2005, 91, 93. 260 Zur Zurechnung schon Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 182; Veil, BKR 2005, 91, 94. 261 Begr. DiskE KapInHaG NZG 2004, 1042, 1046; Veil, BKR 2005, 91, 94. 262 Veil, BKR 2005, 91, 93; DiskE KapInHaG NZG 2004, 1042, 1046.

C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung?

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Aussagen, da diese ebenso Vertrauensträger sein können wie schriftliche Mitteilungen263 und in gleicher Weise geeignet sind, die Preisbildung zu beeinflussen.264 Die bei der Umschreibung der Art der Fehlinformation erfolgte Orientierung an § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG erfuhr – soweit sie überhaupt diskutiert wurde – Zustimmung in der Literatur.265 Die weite Fassung sei notwendig, um nicht wieder Schutzlücken entstehen zu lassen. Zudem sei durch die Orientierung am Tatbestand des § 20a WpHG eine sachgerechte Präzisierung des Haftungstatbestandes möglich.266 Drei weitere Punkte des Gesetzentwurfs sind vor allem diskutiert worden: Zum ersten, ob die Haftung für Fehlinformationen über die bestehenden Regelungen hinaus überhaupt erweitert werden sollte und in welchem Umfang, zum zweiten, ob eine – wie auch immer gestaltete – erweiterte Haftung neben dem Emittenten auch Organmitglieder verpflichten sollte und ob die persönliche Haftung, sofern man sie bejahte, als Außen- oder lediglich als Innenhaftung konzipiert sein sollte, und zum dritten, ob dem Anleger bei der Berechnung und dem Nachweis des Schadens Erleichterungen in Form einer „Pauschalierung“ eingeräumt werden sollen.267 Den angesprochenen Punkten soll hier kurz nachgegangen werden.

III. Für und Wider des Entwurfs 1. Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes Das Vorhaben, einen allgemeinen Haftungstatbestand einzuführen, sah sich im Wesentlichen folgenden Kritikpunkten ausgesetzt: Erstens führe die Befriedigung der Schadensersatzforderungen der Anleger aus dem Gesellschaftsvermögen zu einer Bevorzugung dieser Anleger gegenüber anderen Aktionären der Gesellschaft sowie gegenüber allen anderen Gläubigern, was dem Gläubigerschutz zuwider laufe,268 zweitens liege möglicherweise ein Verstoß gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung gemäß § 57 AktG vor.269

263

Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 112. Veil, BKR 2005, 91, 93. 265 Veil, BKR 2005, 91, 92, 97; Zimmer, WM 2004, 9, 10; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 284; Spindler, WM 2004, 2089, 2096; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1802 f. 266 Baums, Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 182 ff.; Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 109 ff.; Baums/Fischer, Arbeitspapier Nr. 115, 1 ff. 267 Vgl. hierzu auch die Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 186 ff; Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 95 ff.; Zimmer, WM 2004, 9; Spindler, WM 2004, 2089; Fleischer, ZGR 2004, 437; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274; Veil, BKR 2005, 91; Fleischer, ZIP 2005, 1805; Casper, Der Konzern 2006, 32. 268 Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Zimmer, WM 2004, 9, 11 ff.; Fleischer, ZGR 2004, 437, 440 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 831 f. 264

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Der Gläubigerschutz wird durch die Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes nicht unzulässig beeinträchtigt. Jeder Gläubiger eines Schuldners und damit auch einer Aktiengesellschaft läuft immer, und nicht nur aufgrund einer Haftung für Fehlinformationen des Kapitalmarktes, Gefahr, dass das Vermögen der AG durch deliktische Ansprüche Dritter gemindert oder aufgezehrt wird.270 Ein Verstoß gegen den in § 57 AktG geregelten Grundsatz der Kapitalerhaltung, oder genauer den der aktienrechtlichen Vermögensbindung271, liegt ebenfalls nicht vor. Voraussetzung dafür wäre nach § 57 AktG, dass der Anleger Einlagen zurückerhält, also eine Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Stellung außerhalb der Verteilung des Bilanzgewinns und der gesetzlich zugelassenen Ausnahmen empfängt.272 Macht er jedoch Schadensersatzansprüche wegen Falschinformation des Kapitalmarktes geltend, wie bspw. die bereits gegebenen aus §§ 37b, 37c WpHG oder § 826 BGB, tritt er der Gesellschaft wie jeder andere geschädigte Gläubiger gegenüber und erhält die Leistung nicht als Auszahlung aufgrund seines Mitgliedschaftsverhältnisses.273 § 57 AktG greift somit hier nicht ein.274 Im Ergebnis besteht damit ein Anwendungsvorrang der Kapitalmarktinformationshaftung gegenüber dem Grundsatz der aktienrechtlichen Vermögensbindung.275 Dieser Vorrang ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt, wie sich aus der Fassung von § 15 WpHG und der Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG ergibt.276 § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG besagt, dass im Fall der Verletzung der Pflicht zur Ad-hocPublizität gemäß § 15 Abs. 1 WpHG Anlegern Ansprüche nur nach §§ 37b, 37c WpHG zustehen. Diese Ansprüche liefen weitgehend leer, wollte man einen Vorrang des Grundsatzes der aktienrechtlichen Vermögensbindung annehmen und die Befriedigung dieser Ansprüche allein aus dem freien Vermögen gewähren.277 § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG lässt zudem Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dies beruht auf der Überlegung, dass ein Haf269 Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1863; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1476 f. 270 BGH ZIP 2005, 1270, 1273; Casper, Der Konzern 2006, 32, 37; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810. 271 Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 57 Rn. 1; Hüffer, AktG § 57 Rn. 1. 272 Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 57 Rn. 9; Bayer, in: MünchKommAktG § 57 Rn. 7; Hüffer, AktG § 57 Rn. 2; Lutter, in: KölnKommAktG § 57 Rn. 5. Gesetzlich zugelassene Ausnahmen sind §§ 71 ff., 222 Abs. 3, 225 Abs. 2; 71d S. 2; 59 Abs. 1; 55 Abs. 1 S. 2; 291 Abs. 3; 323 Abs. 2 AktG, vgl. hierzu statt anderer Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 57 Rn. 45 ff. 273 BGH ZIP 2005, 1270, 1272 f.; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Fleischer, ZIP 2005, 1810; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431. 274 Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Bayer, in: MünchKommAktG § 57 Rn. 38. 275 Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 57 Rn. 39 m.w.N. in Fn. 174. 276 Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810; Zimmer/ Grotheer, in: Schwark/Zimmer Kapitalmarktrechts-Kommentar §§ 37b, 37c WpHG Rn. 11. 277 BGH ZIP 2005, 1270, 1273; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744, 746; Langenbucher, ZIP 2005, 239, 241.

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tungsausschluss bei betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachliche Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters haften müssen.278 Das Gesellschaftsvermögen wird bei einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Dritter in Anspruch genommen. Es besteht daher kein Anlass, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Grundsatzes der Vermögensbindung in diesen Fällen von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder die Haftung auf das freie Vermögen zu beschränken.279 2. Einführung einer Organaußenhaftung a) Argumente gegen die Einführung einer Organaußenhaftung Gegenüber der Einführung einer persönlichen Organaußenhaftung wurden neben grundsätzlichen Bedenken vor allem Präventionsgesichtspunkte angeführt, die ihr entgegenstünden. Die Einführung einer Außenhaftung führe zu einem Bruch mit dem im Aktienrecht verankerten Prinzip der Binnenhaftung.280 Gemessen an ihrem Ziel der Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte durch Prävention seien von einer Außenhaftung auch nur geringe zusätzliche Wirkungen zu erwarten.281 Und es sei zweifelhaft, ob nicht eine reine Emittenten- oder aber wenigstens eine Binnenhaftung gegenüber der persönlichen Außenhaftung rechtsökonomisch vorzugswürdig ist, da eine Eigenhaftung sowohl das Aktivitätsniveau der Organmitglieder durch verstärkt risikoaverses Verhalten als auch die Anreize für die Einrichtung eines wirksamen Kontroll- und Überwachungssystems senkt.282 b) Stellungnahme aa) Organaußenhaftung als Systembruch Dem ist zunächst zu entgegnen, dass allein durch die Einführung einer bereichsspezifischen Außenhaftung und somit einer auf einen kleinen Teilbereich beschränkten Korrektur des vorgefundenen Bildes noch kein Bruch mit dem Ge-

278 BGH ZIP 2005, 1270, 1273; Bericht des Finanzausschusses des Dt. Bundestages z. RegE des 2. FFG, BT-Drs. 12/7918, S. 102 279 BGH ZIP 2005, 1270, 1273; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1811. 280 Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1070; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986; Mülbert, JZ 2002, 826, 831 f.; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081, 1085; Zimmer, WM 2004, 9, 10 ff.; Spindler, WM 2004, 2089, 2094. 281 Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1069, 1070 f.; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 397; Zimmer, WM 2004, 9, 14. 282 Spindler, WM 2089, 2094; Zimmer, WM 2004, 9, 11 ff.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

samtsystem vorliegt.283 Die bereichsspezifische Ausnahme ist hier wegen der besonderen Bedeutung des Anlegervertrauens für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts auch gerechtfertigt.284 Weiter sieht auch das geltende Recht – wenn auch nur vereinzelt – bereits Regelungen vor, welche die persönliche direkte Inanspruchnahme von Organmitgliedern ermöglichen, vgl. die Regelungen zur börsenrechtlichen Prospekthaftung nach §§ 44 f. BörsG, die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG, § 826 BGB, aber auch bspw. die persönliche Haftung der Organe für Steuerverbindlichkeiten der AG gemäß §§ 34, 69 AO.285 bb) Keine verbesserte Prävention Auch der Einwand, eine Außenhaftung erzeuge nur geringe zusätzliche Präventionseffekte, vermag nicht zu überzeugen. Begründet wird der Einwand vor allem mit dem zusätzlichen Aufwand, insbesondere dem Regelungs- und Abstimmungsbedarf bei Einführung der Regelungen zur Haftung.286 Auch sei der Nutzen für Anleger begrenzt, da das Gesetz aufgrund der gegenwärtigen Gesetzeslage bereits über ausreichendes Abschreckungspotential verfüge.287 Zudem fehle es an gesicherten Erkenntnissen der ökonomischen Analyse des Rechts dazu, ob eine Organaußenhaftung in höherem Maße in der Lage sei, Organmitglieder von Fehlinformationen des Kapitalmarkts abzuhalten, als dies allein mit Hilfe des üblicher Weise Präventionszwecken dienenden Aufsichts- und strafrechtlichen Sanktionsrechts.288 Gegen diesen Ansatz spricht vor allem die Erkenntnis, dass es von erheblicher Bedeutung ist, wer einen Anspruch geltend macht.289 Dies haben in der Vergangenheit direkt gegen Organmitglieder geführte Verfahren gezeigt. Die von Kleinanlegern geführten Verfahren EM.TV, Comroad oder Infomatec waren allesamt von großem öffentlichen Interesse begleitet, welches wesentlich mehr Abschreckungswirkung entfaltet als die vergleichsweise ruhige Geltendmachung von Gesellschaftsansprüchen gegenüber Organmitgliedern.290 Und bereits das Wissen um die Möglichkeit, dass das eigene Fehlverhalten aufgedeckt und in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen wird, ist geeignet, eine erhebliche Vorfeldwirkung zu entfalten und die Prävention zu stärken.291 Möglicherweise bedarf es der Einführung 283

Fleischer, ZGR 2004, 437, 464. Fleischer, ZGR 2004, 437, 465. 285 Fleischer, ZGR 2004, 437, 464; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 283. 286 Zimmer, WM 2004, 9, 14. 287 Casper, Der Konzern 2006, 32, 39. 288 Casper, Der Konzern 2006, 32, 39. 289 Fleischer, ZGR 2004, 437, 466, 475 f. m.w.N. zum sog. „corporate shaming“. 290 Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 284; Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 102; Fleischer, ZGR 2004, 437, 466. 291 Fleischer, ZGR 2004, 437, 463. 284

C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung?

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einer persönlichen Haftung aber auch, um überhaupt erst das Problembewusstsein der Organmitglieder mit Blick auf das Informationsverhalten zu schärfen. Die Reaktionen aus der Wirtschaft, insbesondere die bereits zitierte Heinrich von Pierers, der Gesetzentwurf „unterstelle, dass Manager die Öffentlichkeit belügen“292, zeigte, dass die eigene Wahrnehmung des erheblichen Fehlverhaltens einiger Marktteilnehmer bei der Kapitalmarktinformation nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Die Verfahren wie Infomatec, EM.TV oder Comroad haben gezeigt, dass die Öffentlichkeit von einigen Organmitgliedern sehr wohl vorsätzlich falsch informiert worden ist, indem aus Eigennutz erfundene Erfolgsmeldungen publiziert wurden. Von diesem Verhalten sind sie auch durch ihnen drohende Sanktionen aus dem Strafoder Ordnungswidrigkeitsrecht nicht abgehalten worden, gab es doch trotz des Fehlens der Regelungen der §§ 37b, 37c WpHG bereits die Möglichkeit, gegen Organmitglieder im Fall der Verletzung der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gemäß §§ 39 WpHG, 9, 30 OWiG ein Bußgeld zu verhängen. Die soeben genannten Verfahren haben zugleich gezeigt, dass das bestehende Arsenal an Möglichkeiten, welches dem Anleger zur Verfügung steht, bei genauerer Betrachtung doch sehr begrenzt ist und somit gegenwärtig ein erhebliches Durchsetzungsdefizit besteht. Die Ausgestaltung der Haftung für Fehlinformationen des Kapitalmarktes als Organaußenhaftung würde weiter helfen, das sog. „final period“- oder auch „last period“Problem zu lösen. Besondere Anreize für Falschdarstellungen am Kapitalmarkt sind dann gegeben, wenn sich das Unternehmen bereits in Schieflage befindet und der Vorstand ohnehin mit einem Amtsverlust rechnen muss.293 Fehlinformationen sind in dieser Lage ein probates und bewusst eingesetztes Mittel, um durch Zeitgewinn in letzter Minute eine Rettung des Unternehmens – welche freilich meist scheitert – zu versuchen.294 Die gleiche Situation kann bestehen, wenn der Vorstand gleichzeitig Anteile am Unternehmen hält.295 Die Einführung einer persönlichen Haftung könnte Vorstandsmitglieder zu einer sorgfältigeren Informationspolitik anhalten und so auch präventiv wirken.296 cc) Förderung risikoaversen Verhaltens der Organmitglieder Gewichtiger ist der Einwand, dass durch die Einführung einer Außenhaftung wegen Überabschreckung Organmitglieder zu risikoaversem Verhalten neigen könnten und zugleich für Unternehmen die Anreize zur Etablierung eines internen Kontroll- und Überwachungssystems sinken würden.

292

Siehe oben Fn. 225. Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 284; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 174; Fleischer, ZGR 2004, 437, 463 f. 294 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 103. 295 Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 284. 296 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 102 f.; Fleischer, ZGR 2004, 437, 463; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 284. 293

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

Die Einführung einer persönlichen Haftung der Organmitglieder für Fehlinformationen des Kapitalmarktes beeinträchtigt die unternehmerische Initiative aber nicht in dem Maße, wie dies von deren Gegnern befürchtet wird. Die Gründe, die bspw. für die Einführung der Regelung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, der sog. Business Judgement Rule, sprachen, sind hier nicht gegeben.297 Bei Angaben im Rahmen der Unternehmenspublizität, sei es zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten, sei es mittels freiwilliger Angaben gegenüber dem Kapitalmarkt, ist keine unternehmerische Entscheidung unter Unsicherheit zu treffen, und andere Pflichtverletzungen von Organmitgliedern wie Gesetzesverstöße werden von der Business Judgement Rule nicht erfasst.298 Außerdem zeigt die historisch erhärtete Erfahrung, dass gerade manche Organmitglieder zu einer übertrieben positiven und damit zumindest irreführenden Interpretation der nackten Unternehmenszahlen in Pressekonferenzen, Aktionärsbriefen und Jahreshauptversammlungen neigen, wogegen letztlich wohl nur eine zivilrechtliche Handhabe hilft und deren Einführung deshalb unverzichtbar erscheint.299 dd) Verhinderung des Aufbaus einer internen Kontrollorganisation Zum Argument des fehlenden Anreizes für das Unternehmen, interne Kontrollmechanismen zu etablieren, ist folgendes zu entgegen: Im Unternehmen sind gerade die Organmitglieder für eben diese Einrichtung und anschließende Durchsetzung der internen Überwachung verantwortlich. Und für eben diese Organmitglieder bestehen Anreize zur Falschinformation, so dass die interne Kontrolle mglw. nicht vordringlich errichtet und verfolgt wird. Ein praktisches Problem der Innenhaftung ist zudem, trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Sachen ARAG/Garmenbeck300, ihre tatsächliche Durchsetzung, da nicht damit gerechnet werden kann, dass der Aufsichtsrat die Ansprüche auch stets geltend macht301, sei es aus Solidarität oder aus Furcht vor der Aufdeckung eigener Versäumnisse302. Inzwischen hat der Gesetzgeber zwar in § 147 AktG gesetzlich geregelt, dass auch Aktionäre an Stelle des Aufsichtsrates Ansprüche gegen den Vorstand geltend machen können, am Kern des Problems hat sich aber nichts geändert.303 297 Baums, ZHR 167 (2003), 139, 175; Fleischer, BKR 2003, 608, 612; Mülbert, JZ 2002, 826, 832. 298 Begr. RegE des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), BT-Drs. 15/5092, S. 11. 299 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 112. 300 BGHZ 135, 244, 254 ff. 301 Zimmer, WM 2004, 9, 19. 302 Begr. RegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 20; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 147 Rn. 1; Hüffer, AktG § 147 Rn. 1; Spindler, NZG 2005, 865, 866. 303 So bereits die Prognose bei Fleischer, ZGR 2004, 437, 463; Bestätigung u. a. durch Spindler, in: MünchKommAktG § 93 Rn. 2; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter AktG § 148 Rn. 2; Hüffer, AktG § 147 Rn. 1; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; vgl. zu § 147 AktG u. a. Götz/ Holzborn, WM 2006, 157; Duve/Basak, BB 2006, 1345; Koch, ZGR 2006, 769; Weiss/Buchner,

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ee) Missbräuchliche Klagen enttäuschter Aktionäre Letztlich wurde gegen die Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes eingewandt, dass eine derartige Haftung ein Ansteigen der Anzahl der Klagen geschädigter Anleger wegen Falschinformation befürchten lasse.304 Anleger könnten versucht sein, ihre infolge allgemeiner Marktentwicklung und nicht aufgrund der Fehlinformation erlittenen Verluste durch Klagen auf Zahlung von Schadensersatz auf den Emittenten abzuwälzen, dabei müsse das allgemein am Kapitalmarkt bestehende Risiko des Verlustes bei den Anlegern verbleiben.305 Der Hinweis auf die Gefahr missbräuchlichen Handelns ist selbstverständlich nicht von der Hand zu weisen, sie besteht in allen Fällen, in denen der Gesetzgeber entsprechende Ansprüche schafft. Aber obwohl das Gesetz bereits jetzt Anlegern die Möglichkeit eröffnet, Organmitglieder über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG oder § 826 BGB persönlich in Anspruch zu nehmen, sind bislang keine Anhaltspunkte für missbräuchliches Verhalten gegeben.306 Zudem dürfte diesen Klagen nicht das gleiche Erpressungspotential zukommen wie den aktienrechtlichen Anfechtungsklagen.307 Der Gefahr des Missbrauchs kann zusätzlich durch entsprechende Maßnahmen des Gesetzgebers begegnet werden. In Betracht kommt etwa eine entsprechend präzise Eingrenzung des Tatbestandes der Informationspflichtverletzung, ebenso eine Berücksichtigung beim Verschuldensgrad, welcher im Interesse der Eindämmung missbräuchlicher Klagen eine Haftung erst bei einem grob fahrlässigen Fehlverhalten vorsehen sollte.308 Dies würde auch der Regelung in § 45 Abs. 1 BörsG entsprechen und hier einen Gleichlauf schaffen. Letztlich ist im Interesse einer wirksamen Beschränkung am bereits in §§ 37b, 37c WpHG erforderlichen Transaktionserfordernis festzuhalten, da anderenfalls Anleger mit der Behauptung Ansprüche erheben könnten, sie seien durch die Fehlinformation von einem geplanten Erwerb abgehalten worden.309 c) Fazit Die Argumente gegen eine allgemeine Organaußenhaftung wegen Fehlinformation des Kapitalmarktes vermögen nach allem letztlich nicht zu überzeugen.

WM 2005, 162; Fleischer, NJW 2005, 3525; K. Schmidt, NZG 2005, 796; Schröer, ZIP 2005, 2081; rechtsvergleichend Kalss, ZSchR 2005, 643. 304 Mülbert, JZ 2002, 826, 832; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 396; Zimmer, WM 2004, 9, 14. 305 Mülbert, JZ 2002, 826, 832; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 396; Zimmer, WM 2004, 9, 14. 306 Gottschalk, Der Konzern 2006, 274, 284. 307 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 111. 308 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 104; Fleischer, ZGR 2004, 437, 465; Veil, BKR 2005, 91, 93. 309 Fleischer, Gutachten z. 64. DJT, F 106 f.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

3. „Pauschalierung“ des Schadens? Weiter sah der nicht umgesetzte Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) vor, dem Anleger de lege ferenda eine Schadenspauschale anstelle des Ersatzes des konkreten Kursdifferenzschadens zu gewähren.310 a) Inhalt der Regelung Nach der Regelung des § 37a Abs. 4 S. 1 WpHG-E311 sollte als Schaden ersetzbar sein der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kauf- oder Verkaufspreis und dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenpreis des Finanzinstruments während der ersten 30 Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Unrichtigkeit der Angabe oder der verschwiegenen Umstände. Gleichzeitig sollte dem Ersatzpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden nachzuweisen, dass durch die Handlung oder Unterlassung ein Schaden in dieser Höhe nicht eingetreten ist, § 37a Abs. 4 S. 2 WpHG-E, dem Anleger hingegen sollte es möglich sein, den Schaden weiterhin konkret zu berechnen und so einen höheren Anspruch geltend zu machen als er sich bei Anwendung des Satzes 1 ergibt, § 37a Abs. 4 S. 3 WpHG-E. b) Bewertung des Vorschlags in der Literatur Dieser Vorschlag hat in der Literatur neben einigen grundsätzlich einer Pauschale nicht abgeneigten Stimmen312 vielfach Widerspruch hervorgerufen.313 Zum ersten wird einer Pauschalierung entgegen gehalten, dass dem Anleger auf diese Weise grundsätzlich das gesamte Kursrisiko abgenommen werde.314 Zweitens bestehe bei einem Verzicht auf die konkrete Darlegung des Schadens die Gefahr einer Übermaßhaftung des Emittenten.315 Zum dritten wird eine Pauschalierung abgelehnt, da dieser die Annahme zu Grunde liege, dass kursrelevante Informationen im Fall ihrer Veröffentlichung in aller Regel auch tatsächlich eine entsprechende Kursreaktion

310 Vgl. hierzu den Diskussionsentwurf des BMF vom 16. 8. 2004 sowie vom 7. 10. 2004, abgedruckt u. a. in NZG 2004, 1042 ff. Vgl. zu diesem Entwurf u. a. Spindler, WM 2004, 2089, 2093 ff.; Möllers, JZ 2005, 75, 79 ff.; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 279 ff. 311 Diskussionsentwurf des KapInHaG in der 2. Fassung vom 7. Oktober 2004, NZG 2004, 1042, 1049. 312 Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 285; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 190; Engelhardt, BKR 2006, 443, 448; ebenfalls grundsätzlich für eine Pauschalierung, den konkreten Entwurf jedoch ablehnend Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; den Vorschlag wieder aufgreifend Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197. 313 Kritisch Veil, BKR 2005, 91, 96; Zimmer, WM 2004, 9, 18; Sauer, ZBB 2005, 24, 32 f.; DAV-Handelsausschuss, ZIP 2004, 2348, 2350. 314 Sauer, ZBB 2005, 24, 32; Veil, BKR 2005, 91, 96; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Zimmer, WM 2004, 9, 18. 315 Sauer, ZBB 2005, 24, 32.

C. De lege ferenda: Ausdehnung der Haftung?

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hervorrufen.316 Diese Annahme stehe zwar im Einklang mit der Theorie informationseffizienter Kapitalmärkte, diese sei aber mittlerweile durchaus in Zweifel zu ziehen, da wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen gezeigt hätten, dass es in der Praxis Fallgestaltungen gibt, in denen vermeintlich kursrelevante Informationen im Fall ihrer Veröffentlichung zu gar keiner oder sogar zu einer gegenläufigen Kursbewegung geführt haben. Insgesamt ließen bei diesen Untersuchungen gerade einmal 10 % der Ad-hoc-Meldungen im Nachhinein tatsächlich eine Kursreaktion erkennen.317 An eine Informationspflichtverletzung dann in jedem Fall eine Schadenspauschalierung zu knüpfen, hieße Schäden zu ersetzen, die gar nicht entstanden sind.318 Letztlich sei fraglich, ob die Pauschale tatsächlich wie gewünscht zur Vereinfachung der Schadensberechnung führen könne, da in vielen Fällen einer Informationspflichtverletzung die Informationen häufig nur schleppend in den Markt gelangten, was zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Berichtigungszeitpunktes führe, so dass man hierfür auch bei einer Pauschalierung sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Dann bestünden aber auch bei einer Pauschale keine praktischen Vorteile im Vergleich zu einer konkreten Berechnung.319 c) Stellungnahme Diese Einwände vermögen letztlich nicht davon zu überzeugen, die Konzeption der Pauschalierung des Schadens zu verwerfen, will man dem Anleger mit den bestehenden Anspruchsgrundlagen nicht lediglich ein stumpfes Schwert in die Hand geben. Den Kritikern ist zwar insbesondere zuzugeben, dass die Bestimmung des Anfangstermins für ein öffentliches Bekanntwerden der Information im Einzelfall schwierig sein kann.320 Dieses Problem besteht aber bei einer konkreten Berechnung des Schadens in gleichem Maße. Es sollte jedoch nicht überschätzt werden, vor allem nicht im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die der einzelne Anleger mit der Berechnung des konkreten Schadens haben kann. Das Problem der Bestimmung des Zeitpunkts der erstmaligen vollständigen Information des Kapitalmarkts tritt einerseits nur in Fällen auf, in denen die Information nicht vom Emittenten veröffentlicht wird, sondern „von selbst“ in den Markt hinein sickert. Es besteht nicht, sofern die Information vom Emittenten selbst berichtigt oder veröffentlicht wurde und damit ein konkreter Zeitpunkt ausdrücklich vorliegt.321 Und auch im Fall des Hinein-Sickerns ist der Zeitpunkt mit Hilfe der inzwischen öffentlich verfügbaren Informationen bestimmbar. Der Anleger kann in der Presse recherchieren, um den 316 317 318 319 320 321

Sauer, ZBB 2005, 24, 33; Spindler, WM 2004, 2089, 2097. Sauer, ZBB 2005, 24, 33; Spindler, WM 2004, 2089, 2097 m.w.N. Sauer, ZBB 2005, 24, 33. Sauer, ZBB 2005, 24, 33. Gottschalk, Der Konzern 2006, 274, 285. Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 200.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

potentiellen Stichtag, an welchem die Information erstmals auftrat, zu bestimmen.322 Hierzu kann er auf allgemein zugängliche Datenbanken zurückgreifen und so alle Nachrichten über ein Unternehmen erhalten.323 Zusätzlich kann der Anleger das Kapitalmarktgeschehen beobachten, und dabei auf ungewöhnliche Umsätze oder Preise relativ zu Umsätzen und Preisen des Gesamtmarktes, die ungewöhnlich erscheinen, achten.324 Diese Daten können mit dem Kursverlauf abgeglichen werden, so dass hinreichend bestimmbar ist, wann die Information im Markt angekommen ist.325 Sofern der Anleger sich hierzu sachverständiger Hilfe bedienen will oder muss, ist ein derartiges Gutachten weit weniger aufwändig als ein Sachverständigengutachten zur konkreten Schadensberechnung.326 Auch das Argument der Abwälzung des allgemeinen Marktrisikos durch die Pauschalierung auf den Emittenten betrachtet den Sachverhalt nur einseitig, denn bei steigenden Kursen trägt dieses Risiko der Anleger.327 Zudem kann das Problem dadurch entschärft werden, indem bei der Schadensermittlung die allgemeine Marktentwicklung berücksichtigt wird. Letztlich vermögen auch die Zweifel an der Theorie der informationseffizienten Märkte – mögen sie auch durchaus berechtigt sein – nicht als Grund dafür herzuhalten, dem Anleger künftig die vereinfachte Berechnung nicht zu gestatten. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass auch die Methoden zur konkreten Berechnung des Schadens notwendigerweise an eine Kursreaktion nach der Veröffentlichung der Information anknüpfen müssen, da ohne eine solche kein Unterschiedsbetrag feststellbar ist, welcher mittels rückwärtiger Induktion zum hypothetischen wahren Preis „hochzurechnen“ und sodann um den allgemeinen Markttrend zu bereinigen ist. Es ist somit kein Problem der Pauschalierung des Schadens, sondern allgemein der Entstehung des Schadens, ob sich eine Kursreaktion auf eine neu veröffentlichte oder berichtigte Information feststellen lässt. Und auch wenn sich aus den zur Stützung der Kritik an der Markteffizienz angeführten Untersuchungen ergibt, dass auf einen großen Teil der Veröffentlichungen328 keine Kursreaktion zu verzeichnen ist, so bedeutet dies eben auch, dass es in anderen Fällen eine Kursreaktion gab. Und nur in den Fällen, in denen eine derartige Reaktion zu verzeichnen ist, wird auch im Fall der Pauschalierung des Schadens überhaupt ein Schaden vorliegen, der zu ersetzen ist. Letztlich ist es damit unerheblich, ob man die Zweifel an der Theorie der Informationseffizienz der Märkte als begründet ansieht und von ihr als Erklärungsansatz 322

Weber, ZGR 2004, 280, 286. Hüffer/Schmidt-Aßmann/Weber, Anteilseigentum, Unternehmenswert und Börsenkurs, S. 159; Weber, ZGR 2004, 280, 286. 324 Weber, ZGR 2004, 280, 286. 325 Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 200. 326 Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 200. 327 Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 199. 328 10 – 35 % der Meldungen haben nach den Ergebnissen verschiedener Untersuchungen zu einer nachweisbaren Marktpreisreaktion geführt, vgl. Sauer, ZBB 2005, 24, 32 m.w.N. 323

D. Zusammenfassung

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Abstand nimmt, oder ob man für letzteres verlangt, dass die Zweifel an dieser Theorie in ein „überlegenes“ Modell einfließen und solange, wie dies noch nicht geschehen ist, an ihr als Grundlage einer Marktregulierung festhält.329 4. Fazit Vorstehende Ausführungen haben gezeigt, dass für die Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes für Fehlinformationen des Kapitalmarktes ein praktisches und auch rechtspolitisches Bedürfnis besteht. Die Haftung sollte neben dem Emittenten auch die Organmitglieder mit einbeziehen. Die in der Diskussion eines im Entwurf vorgelegten Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes dagegen erhobenen Bedenken und Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Der Gesetzgeber sollte daher sein früheres Vorhaben wieder aufgreifen und unter Berücksichtigung der für und wider ausgetauschten Argumente de lege ferenda einen allgemeinen Haftungstatbestand für Fehlinformationen des Kapitalmarktes erarbeiten und zur Diskussion stellen. Zur präzisen Ausformung des Tatbestand kann auf die Norm des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zurückgegriffen werden, welcher die dem Funktionieren des Kapitalmarktes abträglichen Verhaltensmuster bereits vollständig umschreibt. Weiter sollte der Tatbestand im Interesse der geschädigten Anleger eine Regelung zur haftungsbegründenden Kausalität wie hier zu §§ 37b, 37c WpHG vertreten, enthalten, d. h. vom Anleger ist nur der Nachweis zu erbringen, dass die fragliche Fehlinformation den Preis des Wertpapiers beeinflusst hat. Zur Begrenzung der Haftung und zur Einschränkung der Gefahr des Missbrauchs durch erpresserische Anleger sollte die Haftung auf der Ebene des Verschuldens auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden. Der Gesetzgeber sollte weiter den zu leistenden Schadensersatz ausdrücklich auf den Ersatz des Kursdifferenzschadens begrenzen. Zur vereinfachten Durchsetzung sollte am Konzept der pauschalierten Berechnung des Schadens festgehalten werden, wobei es Emittent und Anleger auch weiterhin möglich sein muss, den Eintritt eines geringeren bzw. höheren konkreten Schadens nachzuweisen.

D. Zusammenfassung I. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen 1. Begeht der Täter eine der in § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG genannten Handlungen oder unterlässt er eine danach gebotene Handlung, liegt darin eine Straftat nach § 38 Abs. 2 WpHG, wenn es durch die Tat tatsächlich zu einer Einwirkung auf den Preis eines Finanzinstruments gekommen ist und er die Tat vorsätzlich begangen hat, wofür dolus eventualis genügt. Eine bestimmte Richtung der Einwirkung (nach oben, 329

In diesem Sinne Sauer, ZBB 2005, 24, 26 f.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

nach unten oder zur Seite) oder das Erreichen oder Überschreiten einer bestimmten Schwelle ist für die Verwirklichung des Straftatbestandes nicht erforderlich. Mangels Tatbestandsmäßigkeit liegt keine Straftat liegt, wenn es sich um eine zulässige Stabilisierung nach § 20a Abs. 3 WpHG iVm. VO 2273/2003/EG oder um eine anerkannte Marktpraxis nach § 20a Abs. 2, 5 S. 1 Nr. 5 WpHG iVm. §§ 7 ff. MaKonV handelt und der Handelnde für sein Verhalten legitime Gründe hatte. 2. Sofern die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG nicht zu einer Einwirkung auf den Preis eines Finanzinstruments geführt hat, kommt die Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 oder 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG in Betracht. § 39 Abs. 1 WpHG setzt hierfür die vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes voraus, nach § 39 Abs. 2 WpHG genügt hierfür auch leichtfertiges Verhalten. Nach § 39 Abs. 4 WpHG kann die Verwirklichung des Tatbestandes mit einem Bußgeld von bis zu einer Million Euro geahndet werden. Nach § 17 Abs. 2 OWiG beträgt der Rahmen bei leichtfertiger Begehung höchstens 500.000 Euro. Genügt dieser Rahmen nicht, um die aus der Tat erlangten Vorteile abzuschöpfen, kann die Geldbuße zum Zweck der Abschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG auch darüber hinaus gehen. Neben natürlichen Personen kann die Geldbuße nach § 30 OWiG auch gegen juristische Personen und Personenvereinigungen festgesetzt werden. 3. Darüber hinaus kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG vorliegen, wenn es das Unternehmen unterlassen hat Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen, die die Begehung des Tatbestandes nach § 20a Abs. 1 S. 1 WpHG zumindest erschwert hätten. Adressat dieser Regelung sind neben dem Inhaber des Unternehmens in erster Linie die Organvertreter des Unternehmens, § 9 OWiG. Der Bußgeldrahmen beträgt auch für diese Ordnungswidrigkeit bis zu einer Million Euro, § 130 Abs. 3 S. 1 OWiG.

II. Zivilrechtliche Ansprüche 1. Vertragliche Ansprüche Vertragliche Ansprüche zwischen Anleger und Emittent dürften in aller Regel nicht in Betracht kommen, da im „Normalfall“ einer Wertpapieremission die Wertpapiere durch den Emissionsbegleiter oder das Emissionskonsortium vom Emittenten übernommen und von diesem an die Anleger zugeteilt werden. Vertragliche Ansprüche können sich zwischen Emittent und Emissionsbegleiter ergeben, wenn letzterer zu Ungunsten des Emittenten, etwa durch Falschangaben oder durch Eingriffe in den Handel per Erscheinen, manipulierend in die Preisfindung eingreift.

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2. Deliktische Ansprüche a) Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB kommen nicht in Betracht, da reine Vermögensschäden hiernach nicht ersatzfähig sind. b) Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz Ein Anspruch kann sich dagegen aus § 823 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes ergeben. aa) Die Regelungen des § 15 WpHG sowie des § 20a WpHG sind keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Während dies für § 15 WpHG aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bereits aus dem Wortlaut der Norm selbst folgt, ist die Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG umstritten. Die Befürworter der Einordnung als Schutzgesetz stützen sich vor allem darauf, dass § 20a WpHG neben der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung auf Kapitalmärkten auch dem Anlegerschutz dienen soll und dies auch den Schutz des Anlegervermögens umfasst. Dagegen sprechen aber mehrere Gesichtspunkte. So ist § 20a WpHG nach einhelliger Ansicht Nachfolgenorm zu § 88 BörsG a.F., die ihrerseits kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB war. Die Gesetzesmaterialien enthalten keinen Anhaltspunkt dahingehend, dass der Gesetzgeber von dieser Einschätzung abweichen wollte. Ebenso wenig wird der Schutz des Anlegervermögens als Schutzgut der Norm erwähnt. Vielmehr betont der Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Charakter der Norm, was gegen einen individuell schützenden Charakter spricht. Und letztlich hat er mit der Schaffung von §§ 37b, 37c WpHG einen speziellen Teil der Kapitalmarktkommunikation haftungsbewehrt, den geplanten Schutz der weiteren Kapitalmarktkommunikation mittels des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes aber nicht umgesetzt. Für ein derartiges (weiteres) Gesetz bestünde aber kein Bedürfnis, würde man § 20a WpHG bereits als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ansehen. bb) Die als Schutzgesetze anerkannten § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, §§ 263, 264a StGB vermitteln aufgrund ihrer enggefassten Tatbestände nur eingeschränkten Schutz vor Vermögensschäden, die Anleger durch Marktpreismanipulationen während der Phase der Preisfindung erleiden können. c) Anspruch aus § 826 BGB § 826 BGB gewährt dem Geschädigten einen Schadensersatzanspruch auch bei einer reinen Vermögensschädigung, sofern diese durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen die guten Sitten eintritt. aa) Der Anspruch kann sich sowohl gegen das handelnde Vorstandsmitglied als auch gegen die übrigen Vorstandsmitglieder und die Mitglieder des Aufsichtsrates als Mittäter (§ 830 Abs. 1 BGB) oder als Teilnehmer (§ 830 Abs. 2 BGB) richten. bb) Für die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung genügt es im Fall der Falschinformation des Kapitalmarktes, also der Verwirklichung von § 20a Abs. 1

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S. 1 Nr. 1 WpHG, nicht, dass gegen dieses Verbot verstoßen wurde. Auch wenn dies von Teilen der Literatur befürwortet wird, würde dies letztlich auf eine Anerkennung der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG im Rahmen von § 826 BGB hinauslaufen, was der Wertung bei § 823 Abs. 2 BGB widerspräche. Die besondere Verwerflichkeit, welche die Handlung als Verstoß gegen die guten Sitten qualifiziert, muss sich vielmehr aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben, wie es bei den bislang vom BGH entschiedenen Sachverhalten der Publikation grob falscher oder gänzlich frei erfundener Unternehmenszahlen zum eigenen Nutzen der handelnden Personen der Fall war. cc) Das sittenwidrige Verhalten muss vorsätzlich verwirklicht werden, bedingter Vorsatz ist ausreichend. Dieser ist gegeben, wenn der Handelnde das Bewusstsein hat, dass infolge seines Tuns oder Unterlassens allein oder in Verbindung mit anderen Umständen der Geschädigte einen Schaden erleiden kann und er den Schaden dennoch billigend in Kauf nimmt. dd) Im Rahmen der Geltendmachung des Anspruchs obliegt dem Geschädigten der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität. Konkret bedeutet dies, dass er darlegen und beweisen muss, dass er den Inhalt der veröffentlichten unwahren Mitteilung zur Kenntnis genommen hat und das die Information seine Anlageentscheidung zumindest mitbestimmt hat. Die Anforderungen des BGH hieran sind hoch. Praktisch hat sich die haftungsbegründende Kausalität als die Voraussetzung erwiesen, deren mangelnder Nachweis zur Abweisung des Anspruchs führt. Dabei hat der BGH es ausdrücklich abgelehnt, verschiedene von Seiten der Literatur und der Instanzgerichte zu Gunsten des Anlegers erwogene Hilfen wie eine Beweislastumkehr entsprechend der börsengesetzlichen Regelung in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG, Beweiserleichterungen durch einen Anscheinsbeweis, die Anwendung der „fraud on the market theory“ oder die Annahme einer „Dauerkausalität“ der Fehlinformation, anzuerkennen. Nur in dem Fall, dass es dem Anleger gelänge, eine konkrete Anlagestimmung nachzuweisen, könnte eine Vermutung der Ursächlichkeit der Fehlinformation für die Anlageentscheidung entstehen, welche der Schädiger widerlegen müsse. Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Anlegers folge daraus aber nicht. Die Anforderungen an die Darlegung einer konkreten Anlagestimmung sind damit im Ergebnis nicht geringer als an den konkreten Nachweis der Kausalität. Der Rechtsprechung des BGH ist zuzustimmen. Die Vorschläge, die allesamt darauf abzielen, dem Anleger den Nachweis der konkreten Kausalität der Fehlinformation für seine Anlageentscheidung zu erleichtern, sind mit den Anforderungen von § 826 BGB nicht vereinbar, da dieser hier den freien Willensentschluss des Anlegers schützt, welcher sich aufgrund seiner Individualität einer schematisierenden Betrachtung entzieht. ee) Der Anleger hat im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB die Wahl, ob er entweder den Differenzschaden geltend macht, oder ob er Erstattung

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des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien auf die Schädiger oder – sofern er diese inzwischen veräußert hat – gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises verlangt.

III. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche 1. Börsenrechtliche Prospekthaftung, §§ 44 f. BörsG Falsche oder irreführende Angaben im Sinne von § 20a WpHG können zugleich unrichtige oder unvollständige Angaben nach §§ 44 f. BörsG sein, für welche der Emittent bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen haftet. 2. Haftung wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, §§ 37b, 37c WpHG Der Anspruch besteht nur gegenüber dem Emittenten selbst, dagegen nicht gegenüber den handelnden Organmitgliedern, und nur hinsichtlich der Veröffentlichung von unrichtigen bzw. der Nichtveröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen. Beide Normen sind auch nicht analog auf andere Veröffentlichungen anwendbar, da die Voraussetzungen für eine Analogie mangels Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke nicht vorliegen. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich auf die Veröffentlichung falscher Ad-hoc-Mitteilungen begrenzt. Der beschränkte Anwendungsbereich stellt praktisch ein erhebliches Problem dar, da der Norm in ihrer derzeitigen Fassung so zum einen nur eine sehr begrenzte Verhaltenssteuerungsfunktion gegenüber den Organmitgliedern zukommt und zum anderen die (manipulative) Kommunikation auf andere Kommunikationsformen verlagert werden kann, für die ggfs. keine Haftung besteht.

IV. Neuregelung der Kapitalmarktinformationshaftung? 1. De lege lata Momentan besteht für geschädigte Anleger bei der Geltendmachung ihrer Schäden ein erhebliches Durchsetzungsdefizit, da mit Ausnahme der §§ 37b, 37c WpHG, 44 f. BörsG keine kapitalmarktrechtlichen Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen und insbesondere erstere aufgrund ihres begrenzten Anwendungsbereiches kaum Schutz vermitteln. Anleger sind daher auf den schwierigen Umweg über die bürgerlich-rechtlichen Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz oder gemäß § 826 BGB verwiesen, welche wegen des dem Anleger obliegenden erforderlichen Nachweises des Vorsatzes des Handelnden und des Nachweises der haftungsbegründenden Kausalität praktisch häufig leerlaufen.

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§ 4 Die Folgen einer unzulässigen Einflussnahme auf die Preisbildung

2. De lege ferenda Der Gesetzgeber wollte dieses Defizit mit dem Erlass des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes beheben, scheute letztlich aber vor dem Druck der Wirtschaft zurück und ließ das Vorhaben, welches sich noch im Entwurfsstadium befand, wieder fallen. a) Der Entwurf sah eine Erweiterung der Haftung des Emittenten und seiner Organmitglieder zugunsten geschädigter Anleger mittels Schaffung einer weitgehenden zivilrechtlichen Haftung für Falschinformationen des Kapitalmarktes vor. Außerdem sollte den Anlegern die Darlegung und der Nachweis des Schadens durch die Einführung einer Schadenspauschale erleichtert werden. Der Tatbestand orientierte sich bei der Umschreibung der haftungsauslösenden Handlung an § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG. Gegen den Entwurf wurden zahlreiche Bedenken vorgetragen. Neben allgemeinen Bedenken gegen eine Ausweitung der Haftung zu Lasten des Emittenten und der Einführung einer Haftung der Organe sowie deren konkrete Ausgestaltung wurde kritisiert, dass die Befriedigung der Schadensersatzforderungen der Anleger aus dem Gesellschaftsvermögen zu einer Bevorzugung dieser Anleger gegenüber anderen Aktionären der Gesellschaft sowie gegenüber allen anderen Gläubigern führe, was dem Gläubigerschutz zuwider laufe,möglicherweise läge auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung gemäß § 57 AktG vor. b) Die Einwände greifen allesamt nicht durch. Der Gläubigerschutz wird durch die Einführung eines allgemeinen Haftungstatbestandes nicht unzulässig beeinträchtigt, ein Verstoß gegen § 57 AktG liegt ebenfalls nicht vor, da das Gesellschaftsvermögen bei einer Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber geschädigten Anlegern nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen Dritter in Anspruch genommen wird. Und auch hinsichtlich der Einführung einer Außenhaftung für Organmitglieder sprechen die besseren Argumente für die Neuregelung. Letztlich sollte der Gesetzgeber im Fall des Aufgreifens des Entwurfs des Kapitalmarkthaftungsgesetzes auch die erwogene Einführung einer Schadenspauschalierung umsetzen. Die hiergegen erhobenen Bedenken der Literatur greifen im Ergebnis nicht durch. c) Der Gesetzgeber sollte daher die Überlegungen, welche zum Entwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes geführt haben, wieder aufgreifen und unter Berücksichtigung des Standes der wissenschaftlichen Diskussion den Entwurf zu neuem Leben erwecken. Inhaltlich sollte sich der Gesetzgeber an § 20a WpHG orientieren, welcher das verbotene Verhalten bereits konkretisiert. Auch spricht letztlich nichts gegen die Einführung einer Organaußenhaftung, welche vor allem unter Präventionsaspekten nützlich sein dürfte. Auch wenn sich die kapitalmarktrechtlichen Diskussionen gegenwärtig um andere Probleme ranken, besteht das aufgezeigte Defizit bei der Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Anleger ebenso fort wie das Bedürfnis, es zu beheben. Für

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das Vertrauen der Anleger in die Integrität der Märkte wäre die verbesserte Durchsetzbarkeit ein wichtiger Baustein.

§ 5 Schlussbetrachtung A. Das Verbot der Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG gilt nach der Einführung der Regelung in § 20a Abs. 1 S. 3 WpHG nunmehr bereits während der Emission von Wertpapieren, d. h. vor der Aufnahme der Notierung und des Handels der Wertpapiere. Auch wenn dies in den weit überwiegenden Fällen lediglich eine Vorverlagerung des Verbotes um einige Tage bedeutet, ist die zeitliche Erstreckung von erheblicher praktischer Bedeutung, da das Verbot nunmehr schon in der Phase der Preisfindung, speziell während der Durchführung des Bookbuilding-Verfahrens greift. B. Der Schwerpunkt der Marktpreismanipulation liegt während dieser Phase auf informationsgestützten Manipulationen nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG. C. In diesem Zusammenhang ist von erheblicher Bedeutung, dass durch die Erweiterung des zeitlichen Anwendungsbereiches auch die Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) vom Verbot der Marktpreismanipulation erfasst werden. Der Emittent hat hierauf insbesondere bei der Gestaltung seines Informationsverhaltens während der Emission zu achten, will er nicht wegen eines Verstoßes gegen die zahlreichen inhaltlichen Vorgaben des WpPG zugleich gegen das Verbot der Marktpreismanipulation verstoßen, denn Falschangaben in Prospekten, Werbung, die im Widerspruch zu den Aussagen im Prospekt steht und ergänzende Kommunikation, die wesentliche, nicht im Prospekt enthaltene Informationen enthält, können nunmehr auch falsche oder irreführende Angaben im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG sein. D. Die falsche oder irreführende Angabe muss für die Bewertung des Wertpapiers erheblich sein. Zur Konkretisierung des Begriffs der Bewertungserheblichkeit kann ebenfalls auf Regelungen des WpPG zurückgegriffen werden. Bewertungserheblich sind die Angaben weiterhin nur dann, wenn sie ein verständiger Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Der Begriff des verständigen Anlegers ist sehr umstritten und in erheblichem Maße konkretisierungsbedürftig. Letztlich geht es dabei um die Frage, welcher Verständnishorizont bei der Beurteilung der Angaben durch einen Anleger zu Grunde zu legen ist, denn den durchschnittlichen Anleger gibt es am Kapitalmarkt nicht. Im Ergebnis ist darauf abzustellen, welche Anlegerkreise durch die Emission angesprochen werden sollen. Wendet sich die Emission an alle Anleger, ist maßgeblich der Verständnishorizont des Anlegers mit der geringsten Erfahrung. Dies ist der Privatanleger, so dass der verständige Anleger hier ein verständiger Privatanleger ist. Ob in einem nächsten Schritt die Erkenntnisse

§ 5 Schlussbetrachtung

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der verhaltensökonomischen Forschung zu einer Modifizierung des Begriffes führen werden, vermag gegenwärtig noch nicht beantwortet zu werden. E. Neben dem Machen von falschen oder irreführenden Angaben kann auch das Verschweigen von Angaben, zu deren Veröffentlichung eine Rechtspflicht besteht, den Tatbestand erfüllen, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 WpHG. Nach herrschender Ansicht soll der Tatbestand nur bei Verletzung einer auf Gesetz beruhender Rechtspflicht erfüllt sein. Dies erscheint für das Verbot in seiner jetzigen Fassung aber fraglich, da nur eine umfassende Offenbarungspflicht dem Schutzgut von § 20a WpHG – Schutz der Wahrheit und Zuverlässigkeit der Preisbildung – gerecht wird. Deshalb ist der Tatbestand auch erfüllt beim Verstoß gegen nicht gesetzliche Offenbarungspflichten wie solche, die auf Richterrecht beruhen. Praktische Bedeutung haben hierbei insbesondere wiederum die Vorschriften des WpPG, daneben die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG. F. Ausgehend von den in § 1 geschilderten Fällen stellt sich weiter die Frage, ob es im Hinblick auf das Schutzgut von § 20a WpHG erforderlich ist, neben dem Prospekt die zusätzliche Kommunikation weiter zu beschränken oder gar zu untersagen. Die Gestaltung der zusätzlichen, d. h. emissionsbegleitenden Kommunikation, ist im wesentlichen im WpPG geregelt, wobei insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung der Kommunikation mit dem Prospekt und das Verbot des Machens wesentlicher Angaben, die nicht auch im Prospekt enthalten sind, von Bedeutung sind. Dieses Verbot wird durch § 20a WpHG aufgrund der zeitlich vorverlagerten Anwendbarkeit sanktioniert, so dass es im Hinblick auf den Schutz des Preisbildungsprozesses nicht notwendig erscheint, zusätzliche Kommunikation gänzlich zu untersagen. G. Die Berichterstattung der Presse (einschließlich Radio und Fernsehen) ist für die Information der Anleger von überragender Bedeutung. Keinem anderen Informationskanal wird vergleichbar Aufmerksamkeit geschenkt und vergleichbar hohes Vertrauen entgegen gebracht. Der Bedeutung der Presse auch in der Hierarchie des Grundgesetzes hat der Gesetzgeber durch die Regelung des § 20a Abs. 6 WpHG als Sonderregel zu § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG Rechnung getragen, wonach das Vorliegen der Voraussetzungen unter Berücksichtigung der berufsständischen Regeln zu beurteilen ist. Die Beurteilung unter Berücksichtigung der berufsständischen Sorgfaltsregeln hat zur Folge, dass ein Journalist bei Beachtung der „pressemäßigen Sorgfalt“ auch dann keine Marktpreismanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG begeht, wenn er eine falsche oder irreführende Angabe publiziert. H. Ein Verstoß gegen das Verbot der handelsgestützten Marktpreismanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG kommt in der Phase der Preisfindung nur durch Manipulationen im Handel per Erscheinen in Betracht. Emissionstypisch sind ein Verkauf von Wertpapieren unter Umgehung einer getroffenen Haltevereinbarung und die Vornahme von Leerverkäufen während der Preisfindung. In beiden Fällen liegt verbotenes Handeln vor, hinsichtlich der Vornahme von Leerverkäufen jedenfalls dann, wenn es sich um sog. ungedeckte Leerverkäufe handelt. Beide Vor-

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§ 5 Schlussbetrachtung

gehensweisen können auch nicht gem. § 20a Abs. 2 WpHG als zulässige Marktpraxis anerkannt werden. Der Anerkennung steht insbesondere die mangelnde Transparenz des Handels per Erscheinen entgegen, gegen eine Anerkennung der ungedeckten Leerverkäufe sprechen zudem die Einführung eines gleichlautenden Verbots für den Handel am organisierten Markt nach § 30 h WpHG durch den nationalen Gesetzgeber und die vergleichbare Bewertung ungedeckter Leerverkäufe in den USA. I. Stabilisierungsmaßnahmen stellen grundsätzlich einen Eingriff in den Prozess der Preisbildung dar und verstoßen gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG. Der europäische Gesetzgeber hat als Ausnahme hiervon in gewissem Umfang den Einsatz derartiger Maßnahmen zur Stabilisierung für zulässig erklärt. Die gesetzlich freigestellten Fälle sind in der hier betrachteten Phase der Preisfindung jedoch nicht einschlägig. J. Die Beurteilung der Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen muss daher gem. § 20a Abs. 2 WpHG i.V.m. den Vorschriften der Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktpreismanipulation (MaKonV) erfolgen. Danach kann eine manipulative Handlung rechtmäßig sein, wenn sie von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zulässige Marktpraxis anerkannt wurde oder wenigstens als solche anerkennungsfähig ist und der Handelnde hierfür legitime Gründe hat. § 8 MaKonV benennt die zur Beurteilung einer Marktpraxis als anerkennungsfähig heranzuziehenden Kriterien, wobei der Transparenz eine herausragende Bedeutung zukommt. Die weiteren Kriterien stellen insgesamt auf die ökonomischen Auswirkungen der Stabilisierung auf den Kapitalmarkt ab. Stabilisierungsmaßnahmen sind somit nur dann zulässig, wenn sie neben der Gewährleistung der notwendigen Transparenz die Hauptfunktion des Kapitalmarkts, die Allokation finanzieller Ressourcen, fördert. K. Bezogen auf die Situation während der Preisfindung ist somit erforderlich, dass Stabilisierungsmaßnahmen während dieser Phase dazu führen, dass der Emittent durch die Stabilisierung einen besseren Preis für seine Wertpapiere erzielt als ohne. Und dies ist der Fall, wenn es gelingt, die bei jeder Emission zu beobachtende Unterbewertung der Wertpapiere zu verringern oder zu beseitigen. Dies kann unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Standes der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung jedoch nicht eindeutig angenommen zu werden. Die vorhandenen Erklärungen differieren in der Beurteilung der Sachverhalte derart, dass sie nicht zur Anerkennung von Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung herangezogen werden können. Stabilisierungsmaßnahmen während der Phase der Preisfindung sind somit unzulässig. L. Der Verstoß gegen den Tatbestand des § 20a Abs. 1 WpHG kann zum einen eine Straftat, zum anderen eine Ordnungswidrigkeit sein. Eine Straftat nach § 38 Abs. 2 WpHG liegt vor, wenn es durch den Verstoß tatsächlich zu einer Beeinflussung des Preises des Wertpapiers gekommen ist, wobei unerheblich ist, in welche Richtung sich der Preis verändert hat. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 38 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 WpHG.

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Kann ein Einwirken auf den Preis nicht festgestellt werden, liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG vor, welche bußgeldbewehrt ist. Die Geldbuße kann im Fall vorsätzlichen Handelns bis zu einer Million Euro betragen, § 39 Abs. 4 WpHG. Wird die Tat leichtfertig begangen, beträgt sie bis zu 500.000,– Euro. M. Praktisch ist neben der Frage der Strafbarkeit oder der Begehung einer Ordnungswidrigkeit stets auch die Frage nach einer persönlichen Haftung des Täters von Interesse. Hier besteht ein erhebliches Defizit. Dem geschädigten Anleger stehen nur wenige zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, die in den meisten Fällen nur einen begrenzten Anwendungsbereich haben (vgl. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, § 264a StGB, §§ 37b, c WpHG) oder aufgrund kaum nachzuweisender Tatbestandsmerkmale (z. B. Vermögensschaden, Stoffgleichheit im Rahmen von § 263 StGB) praktisch leerlaufen. Zudem ist § 20a WpHG kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Dem geschädigten Anleger verbleibt nur der Rückgriff auf § 826 BGB. Die Rechtsprechung hat in einer Reihe von Verfahren die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage im Hinblick auf Marktpreismanipulationen und die Anforderungen an den Vortrag des Anlegers konkretisiert. Knackpunkt eines jeden Verfahrens ist der dem Anleger als Kläger obliegende Beweis der haftungsbegründenden Kausalität, d. h. der Ursächlichkeit der Manipulation für seine Anlageentscheidung. Der Bundesgerichtshof hat es bislang stets abgelehnt, dem Kläger in der Literatur und auch der Instanzenrechtsprechung in Erwägung gezogene Beweiserleichterungen zuzubilligen. Dennoch haben die Verfahren auch gezeigt, dass der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität trotz der hohen Anforderungen nicht unmöglich ist. N. Gegenwärtig besteht hinsichtlich § 20a WpHG nach allem ein erhebliches Durchsetzungsdefizit. Der Gesetzgeber sollte zu dessen Beseitigung sein bereits vor einigen Jahren diskutiertes, aber nicht umgesetztes Vorhaben eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes wieder aufgreifen und einen allgemeinen Haftungstatbestand für Fehlinformationen des Kapitalmarktes schaffen, welcher auch eine persönliche Haftung der Organmitglieder vorsieht. Die in der wissenschaftlichen Diskussion gegen dieses Vorhaben erhobenen Bedenken greifen letztlich nicht durch, bei der Ausgestaltung könnte sich der Gesetzgeber zudem an der jetzigen Fassung von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG orientieren. Gerade vor dem Hintergrund des bestehenden Durchsetzungsdefizites und der deshalb fehlenden Verhaltenssteuerungsfunktion von § 20a WpHG erscheint dies im Interesse des Anlegerschutzes nach wie vor geboten.

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Sachwortverzeichnis Ad hoc-Hypothesen 147 Ad hoc-Publizität 77, 200 ff. Altaktionär 111, 138 Angaben – Gerüchte als ~ 46 f. – Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen als ~ 51 ff. – in Werbung 54 ff. – irreführende 56 f. – Machen von ~ 48 f. – Tatsachen als ~ 46, 49 – unrichtige 49 f. – Verschweigen von ~ 71 ff. – Werturteile und Prognosen 46 f., 49 ff. Anlagestimmung 189 ff. Anleger, verständiger 43 ff. Anwendungsbereich des Verbots der Marktpreismanipulation – persönlicher 43 f. – räumlicher 42 f. – sachlicher 39 ff. Asymmetrische Informationsverteilung siehe Informationsasymmetrie Aufsichtspflicht, Verletzung der ~ 170 Auktionsverfahren 69, 155 f. Ausgabepreis 40

Betrug 179 f. Beweiserleichterungen für geschädigte Anleger – beim Nachweis des Kausalzusammenhangs 188 ff. – Grundsatz 187 Bewertungserheblichkeit – aus Sicht des verständigen Anlegers 65 ff. – nach § 2 MaKonV 58 ff. – nach dem WpPG 63 f. – von Tatsachen und Werturteilen 58 f. Bookbuilding-Verfahren 70, 122 Bußgeld 167 ff.

Dauerkausalität 193 Effizienz des Kapitalmarktes 143 – Allokationseffizienz 144 – institutionelle Effizienz 145 – operationale Effizienz 144 Fraud on the Market-Theory 192 Geschäfte – im Handel per Erscheinen 99 f. – im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG 94 f. Going Public-Grundsätze 80 Grauer Kapitalmarkt 94, 99, 125 Greenshoe 137 Haltevereinbarungen – als anerkennungsfähige Marktpraxis 112, 114, 121 – als Geschäfte im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG 112 ff., 121 – Grundlagen 111 f. Handel per Erscheinen – Grundlagen 94 – Leerverkäufe im ~ 101 ff. – Marktpreismanipulation im ~ 94 ff. – Marktpreisstabilisierung im ~ 125 f. Information, Veröffentlichen zusätzlicher ~ 79 ff. Informationsasymmetrie 147 ff. Informationseffekt 141 f. Informationslage 44 f. Interessenkonflikt während der Preisfindung 35 f. Journalisten – Bedeutung der Presseberichterstattung 84 f. – Begriff des ~ 87

248

Sachwortverzeichnis

– berufsständische Regelungen 88 ff. – Journalistenprivileg 86, 91 f. Kapitalanlagebetrug 181 f. Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz 203 ff. Kausalität 187 ff. Künstliches Preisniveau 101, 110, 120 f. Kurspflege 28, 122 siehe auch Marktpreisstabilisierung Kursstabilisierung siehe Marktpreisstabilisierung Leerverkäufe – als anerkennungsfähige Marktpraxis 104 – als Geschäfte im Sinne von § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG 101, 106, 110 – gedeckte 101, 108 f. – im Handel per Erscheinen 101 ff., 106 ff. – ungedeckte 101, 106 ff. Legitime Gründe 156 ff., 161 f. Marktmissbrauchsrichtlinie 28, 93, 128, 134, 157 f. Marktpraxis 27, 104, 114, 129, 159 ff. – Anerkennungskriterien 130 ff., 160 f. – Anerkennungsverfahren 130, 159 – Marktpreisstabilisierung als anerkannte ~ 128 ff. Marktpreismanipulation 26, 44, 93, 115 – als Ordnungswidrigkeit siehe Ordnungswidrigkeit – als Straftat siehe Straftat – handelsgestützte 93 ff. – handlungsgestützte 115 – im Handel per Erscheinen 99 ff. – informationsgestützte 44 ff. – Rechtsfolgen einer ~ siehe Ordnungswidrigkeit, Schadensersatz, Straftat Marktpreisstabilisierung – Begriffsbestimmung 122 f. – Gesetzgeberische Gründe für die Zulässigkeit 134 f. – im Handel per Erscheinen 125 – Maßnahmen zur ~ siehe Stabilisierungsmaßnahmen – nach VO 2273/2003/EG 123 ff., 127, 136 f., 140, 159

– nach § 20a Abs. 2 WpHG i.V.m. § 8 MaKonV 130 ff. – ökonomische Rechtfertigung 143 ff. Mehrzuteilung 137 Nachtragspflicht 73 f. Offenlegungspflicht – nach WpPG 73 ff. – Rechtspflicht 71 – Verschweigen 78 Ordnungswidrigkeit 165 ff., 171 f. Organaußenhaftung 207 ff. – als Systembruch 205, 207 f. – Argumente gegen die Einführung 207 – präventive Wirkung 208 f. – und Missbrauch 211 – und risikoaverses Verhalten von Organmitgliedern 209 f. Penalty Bids 139 Preiseinwirkung – Absicht der ~ 69 – Begriff des Preises 69 – Eignung zur ~ 70 Preisfindung – Einwirkung während der ~ 69 f. – im Primärmarkt 145 Presse siehe Journalisten Pressekodex siehe Journalisten – berufsständische Regelungen Prognosen siehe Angaben – Prognosen und Werturteile Prospekthaftung 198 ff. Pure Stabilization 136 Regulierter Markt 39 f. Risikoaverses Verhalten 207, 209 Safe Harbour 104, 123 f., 165 Schadensersatz siehe auch Schutzgesetz – aus §§ 37b, 37c WpHG 200 ff. – aus Prospekthaftung 198 ff. – deliktische Ansprüche auf ~ 173 ff. – und Organaußenhaftung 207 f. – vertragliche Ansprüche auf ~ 172 f. – wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung 183 ff.

Sachwortverzeichnis Schadenspauschalierung 212 ff. Schutzgesetz – § 15 WpHG als Schutzgesetz 173 – § 20a WpHG als Schutzgesetz 174 ff. – § 263 StGB als Schutzgesetz 179 ff. – § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG als Schutzgesetz 178 f. – Ansprüche wegen Verletzung eines ~ 173 ff. Short Sales siehe Leerverkäufe Signale – falsche oder irreführende 95 ff. – Haltevereinbarungen als ~ 111 sittenwidriges Verhalten 183 ff. sonstige Täuschungshandlung siehe handlungsgestützte Manipulation Stabilisierungsmaßnahmen siehe auch Marktpreisstabilisierung – geeignete 136 ff. – Wirkungsweise von ~ 140 ff. Straftat 162 ff., 170 Subjektiver Tatbestand 116, 162 Unterbewertung 146 ff, 159 – Ad-hoc-Hypothesen 147 – Behavioural Finance-Ansätze 150

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– Erklärungsansätze 146 ff. – Stabilisierung als Mittel zur Verringerung der ~ 149 Verbot der Marktpreismanipulation – idF. des AnSVG 25, 29, 44 – idF. des 4. FFG 26 – nach § 88 BörsG 26 – Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das ~ siehe Schadensersatz, Ordnungswidrigkeit, Straftat Verkaufsdruck 134 f., 137, 140 Vorsatz 116, 162, 186 f. Werbung 54 ff. Wertpapierleihe 101, 137 Wertpapierprospektgesetz – Offenlegungspflichten nach ~ 73 ff. – und Bewertungserheblichkeit der Angaben 63 f. – Vorgaben des ~ für Gewinnschätzungen und Gewinnprognosen 51 ff. – Vorgaben des ~ für Werbung 54 ff. Zulassungsantrag 39 Zweitplatzierung 34, 40, 126