Depotgesetz: Kommentar zum Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4.2.1937 [Reprint 2012 ed.] 9783110902679, 9783110049008


325 79 26MB

German Pages 859 [860] Year 1975

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Abkürzungsverzeichnis
a) Schrifttum
b) Sonstige Abkürzungen
Gesetzestext
Erläuterungen zum Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren
Allgemeine Vorschriften
§ 1
1. Abschnitt. Verwahrung
§ 2 Sonderverwahrung
§ 3 Drittverwahrung
§ 4 Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltungsrechten
§ 5 Sammelverwahrung
§ 6 Miteigentum am Sammelbestand. Verwaltungsbefugnis des Verwahrers bei der Sammelverwahrung
§ 7 Auslieferungsansprüche des Hinterlegers bei der Sammelverwahrung
§ 8 Ansprüche der Miteigentümer und sonstiger dinglich Berechtigter bei der Sammelverwahrung
§ 9 Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltungsrechten bei der Sammelverwahrung
§ 9 a Sammelurkunde
§ 10 Tauschverwahrung
§ 11 Umfang der Ermächtigung zur Tauschverwahrung
§ 12 Ermächtigung zur Verpfandung
§ 13 Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum
§ 14 Verwahrungsbuch
§ 15 Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen
§ 16 Befreiung von Formvorschriften
§ 17 Pfandverwahrung
2. Abschnitt. Einkaufskommission
§ 18 Stückeverzeichnis
§ 19 Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses
§ 20 Übersendung des Stückeverzeichnisses auf Verlangen
§ 21 Befugnis zur Aussetzung und Befugnis zur Übersendung auf Verlangen
§ 22 Stückeverzeichnis beim Auslandsgeschäft
§ 23 Befreiung von der Übersendung des Stückeverzeichnisses
§ 24 Erfüllung durch Übertragung von Miteigentum am Sammelbestand
§ 25 Rechte des Kommittenten bei Nichtübersendung des Stückeverzeichnisses
§ 26 Stückeverzeichnis beim Auftrag zum Umtausch und zur Geltendmachung eines Bezugsrechts
§ 27 Verlust des Provisionsanspruchs
§ 28 Unabdingbarkeit der Verpflichtungen des Kommissionärs
§ 29 Verwahrung durch den Kommissionär
§ 30 Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltungsrechten bei dem Kommissionsgeschäft
§ 31 Eigenhändler. Selbsteintritt
3. Abschnitt. Konkursvorrecht
§ 32 Bevorrechtigte Gläubiger
§ 33 Befriedigung der Verpfänder im Konkurs des Verwahrers
4. Abschnitt. Strafbestimmungen
§ 34 Depotunterschlagung
§ 35 Unwahre Angaben über das Eigentum
§ 36 Strafantrag
§ 37 Strafbarkeit im Falle der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung
§ 38 Schwere Depotunterschlagung
§ 39 Strafbarkeit von Verwaltungsträgern juristischer Personen
§ 40 Zuwiderhandlungen gegen besondere Bestimmungen bei der Sammelverwahrung und bei der Tauschverwahrung
5. Abschnitt. Schlußbestimmungen
§ 41 Anwendung des Gesetzes auf öffentlich-rechtliche Banken sowie Sparkassen
§ 42 Anwendung auf Treuhänder. Erlaß weiterer Bestimmungen
§ 43 Übergangsregelung
Anhang
I Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz-Novelle 1972)
II Anleihe-Gesetz von 1950 vom 29. März 1951 (BGBl. I 218)
III Verordnung über die Verwaltung und Anschaffung von Reichsschuldbuchforderungen vom 5. Januar 1940 (RGBl. I 30; Sammelverwaltungsverordnung)
IV Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reichs im Bank- und Börsenverkehr vom 31. Dezember 1940 (RGBl. I 1941, 21; Erste Sammeldepotverordnung)
V Zweite Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reichs im Bank- und Börsenverkehr vom 18. April 1942 (RGBl. I 183; Zweite Sammeldepotverordnung)
VI Bekanntmachung über Art, Umfang und Zeitpunkt der Depotprüfung (Richtlinien für die Depotprüfung) vom 16. Dezember 1970 (Depotprüfungsrichtlinien) und Hinweise über die materiellen Prüfungserfordernisse (RichtlHinw)
VII Geschäftsbedingungen der Deutschen Kassenvereine (Wertpapiersammelbanken)
VIII Geschäftsbedingungen der Deutscher Auslandskassenverein Aktiengesellschaft
IX Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken
X Allgemeine Geschäftsbedingungen der Sparkassen
XI Allgemeine Geschäftsbedingungen der genossenschaftlichen Kreditinstitute
XII Sonderbedingungen für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren
Sachregister
Recommend Papers

Depotgesetz: Kommentar zum Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4.2.1937 [Reprint 2012 ed.]
 9783110902679, 9783110049008

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

H einsius/H orn/Than Depotgesetz

W G DE

Sammlung Guttentag

Depotgesetz Kommentar zum Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4. Februar 1937

Von

Dr. Theodor Heinsius Rechtsanwalt

Dr. Arno Horn Rechtsanwalt

Dr. Jürgen Than Rechtsanwalt

w DE

G 1975

Walter de Gruyter • Berlin • New York

ISBN 3 1 1 0 0 4 7 0 2 0 © C o p y r i g h t 1 9 7 5 b y W a l t e r d e G r u y t e r & C o . , v o r m a l s G . J. G ö s c h e n ' s e h e V e r l a g s h a n d l u n g , J. G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , G e o r g Reimer. Karl J. T r ü b n e r , V e i t ick_ W M 1 9 6 0 , Sonderbeilage Nr. 10, S. 18).

33

Die Aktien italienischer Gesellschaften und die italienischem Recht unter-

16

Allgemeine Vorschriften

§ 1 34-36

liegenden Inhaber- und Namensschuldverschreibungen sind Wertpapiere im Sinne von § 1. Zwar bestimmt Art. 2355 des Codice Civile, daß die Aktien italienischer Gesellschaften Namens- oder Inhaberaktien sein können, wenn nicht der Gründungsvertrag bestimmt, daß sie auf den Namen lauten müssen; nunmehr sieht aber Art. 74 des Dekrets des Präsidenten der Republik vom 2 9 . 9 . 1973 Nr. 6 0 0 unter anderem vor: „Aktien aller Gesellschaften, die einen Sitz im Territorium des Staates haben, müssen Namensaktien sein. Inhaberaktien, ausgegeben vor Inkrafttreten des gegenwärtigen Dekrets am 1. 1. 1974, müssen bis zum 31. 12. 1974 umgeschrieben werden". Streitig ist, ob diese Regelung auch in den italienischen Regionen mit Sonderverfassung (z. B. Sizilien, Sardinien) und in den Regionen, die infolge der italienischen Verfassung von 1947 entstanden sind, Verbindlichkeit erlangt hat. Die Übertragung der Namensaktien erfolgt durch Vermerk des Namens des Erwerbers auf der Urkunde und im Register des Ausstellers oder durch die Erteilung eines neuen auf den Namen des neuen Berechtigten lautenden Papiers. Die Erteilung ist im Register zu vermerken (Art. 2022 Codice Civile). Die Namensaktie ist jedoch auch im Wege eines durch einen Notar oder Börsenmakler beglaubigten Indossaments übertragbar. Die Übertragung durch Indossament ist gegenüber dem Aussteller wirkungslos, solange sie nicht im Register vermerkt worden ist (Art. 2023 Codice Civile). Für Schuldverschreibungen auf den Namen gilt die gleiche Regelung. Inhaberschuldverschreibungen werden durch Übergabe des Papiers übertragen (Art. 2003 Codice Civile). Die Inhaber- und Namensaktien schwedischer Gesellschaften sowie die 3 4 Inhaber- und Namensschuldverschreibungen schwedischer Emittenten sind Wertpapiere gemäß § 1 (siehe § 36 Art. 1 des Gesetzes über Aktiengesellschaften vom 14. September 1944 und das Gesetz vom 27. März 1936 über Schuldverschreibungen; das am 1. Januar 1971 in Kraft getretene „Gesetz über die vereinfachte Handhabung von Aktien" vom 20. November 1970 hat insoweit keine Änderungen gebracht). In Schweden sind Namensaktien die Regel; Inhaberaktien, deren Ausgabe an eine besondere königliche Genehmigung geknüpft ist, bilden die Ausnahme. Aktienbriefe dänischer Aktiengesellschaften sind Wertpapiere im Sinne von 3 5 § 1, und zwar einerlei, ob es sich um Inhaber- oder Namensaktien handelt. Das gleiche gilt für dänischem Recht unterliegende Inhaber- und Namensschuldverschreibungen (siehe dazu Marcus S. 13; § 26 des Gesetzes über Aktiengesellschaften und § 14 des Gesetzes über Schuldverschreibungen). In RGZ 42, 39 ff werden dänische Aktienbriefe im Sinne des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894 als „Aktien" und damit als Wertpapiere anerkannt. Wertpapiereigenschaft dürften auch die Inhaber- und Namensaktien spani- 3 6 scher Gesellschaften haben (Art. 34 des spanischen Gesetzes über Aktiengesellschaften). Dagegen fehlt den an Stelle von Namensaktienurkunden erteilten Extractos de Inscripción die Wertpapiereigenschaft, sie sind reine Beweisurkunden. Da der Anspruch des Aktionärs auf Ausstellung einer Aktienurkunde 17

§ 1 37-39

Allgemeine Vorschriften

durch die Erteilung von Extractos de Inscripción nicht ausgeschlossen wird, der Aktionär vielmehr jederzeit die Ausstellung einer Aktienurkunde verlangen kann (Garrigues-Uria, Bd. 1, Art. 34 Anm. 9), ist auch keine Veranlassung gegeben, die Beweisurkunden depotrechtlich wie Wertpapiere zu behandeln. 37 Für ausländische Investmentzertifikate lassen sich generelle Regeln nicht aufstellen. Anhand der oben (Rdn. 22—24) dargelegten Kriterien ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob das betreffende Investmentzertifikat Wertpapiereigenschaft im Sinne von § 1 hat oder nicht. Sogenannte Plan- oder ProgrammZertifikate können im allgemeinen nicht als Wertpapiere angesehen werden, sie stellen vielmehr lediglich Beweis- oder Legitimationsurkunden dar (siehe hierzu Heinsius Bank-Betrieb 1970, 218 ff).

38

V. Banknoten und Papiergeld Ausdrücklich ausgeklammert aus dem Wertpapierbegriff des § 1 sind Banknoten und Papiergeld, auf deren Anschaffung und Verwahrung die Bestimmungen des Gesetzes damit nicht anwendbar sind. Die Aufzählung von Banknoten und Papiergeld ist historisch zu erklären, in der Bundesrepublik Deutschland besteht kein Unterschied zwischen beiden. Das Gesetz über die Deutsche Bundesbank spricht nur noch von Banknoten; nach § 14 des Gesetzes hat die Deutsche Bundesbank das ausschließliche Recht zur Ausgabe von „Banknoten". Strenggenommen sind die Banknoten keine Wertpapiere, wenn sie auch vielfach ähnlichen Regeln unterliegen (J. v. Gierke S. 3; Hueck S. 115; Rehfeldt-Zöllner S. 11; siehe auch Fügen S. 16 ff). Die Erwähnung der Banknoten in § 1 Abs. 1 geht vermutlich auf § 1 Abs. 1 des Depotgesetzes 1896 zurück. Ihnen wurde damals gemäß § 5 des „Gesetzes betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen" vom 30. April 1874 die Eigenschaft von ..Wertpapieren (Inhaberschuldverschreibungen) zuerkannt, da diese Papiere von der Reichshauptkasse für Rechnung des Reiches jederzeit in deutsche Goldmünzen im Nennbetrag der Note umgetauscht werden konnten. Diese Einlösepflicht wurde durch das „Gesetz betreffend die Reichskassenscheine und Banknoten" vom 4. August 1914 aufgehoben (Haag S. 29). Damit haben die Banknoten ihre rechtliche Natur als Wertpapiere verloren. Ihre Bedeutung erschöpft sich in der Funktion von Geldzeichen (RGZ 103, 231; a. A. Wolf in EhrenbHandb Bd. IV, Abt. I, S. 609; Opitz § 1 Bern. 3 A).

VI. Depotrechtlich nicht geschützte Papiere 39 Eine ganze Reihe im täglichen Leben vorkommende Wertpapiere genießen keinen depotrechtlichen Schutz (siehe aber § 38 Abs. 2), weil sie nicht vertretbar sind, wie es nach der Definition des § 1 für die dort nicht ausdrücklich genannten Urkunden Voraussetzung ist. Andere im Bankgeschäft bedeutsame Urkunden fallen deswegen nicht unter die Bestimmungen des Gesetzes, weil ihnen die Wertpapiereigenschaft fehlt. 18

Allgemeine Vorschriften

§ 1 40,41

Zur erstgenannten Gruppe gehören die kaufmännischen Anweisungen 4 0 (§ 363 Abs. 1 Satz 1 H GB), die Konnossemente der Verfrachter, die Ladescheine der Frachtführer, die Lagerscheine der staatlich zur Ausstellung solcher Urkunden ermächtigten Anstalten, die Bödmereibriefe und die Transportversicherungspolicen, einerlei, ob sie an Order lauten oder nicht. Auch die Wechsel und Schecks rechnen hierzu (siehe aber die Verordnung über die Sammelverwahrung von Wechseln vom 9. Juni 1944 (RGBl. I 132), die für auf die Deutsche Reichsbank ausgestellte eigene Wechsel eine kriegsbedingte Sonderregelung traf). Hierher gehören auch Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe ( § § 1116, 1192, 1199 BGB); sie sind meist Rektapapiere, aber nicht vertretbar. Während der Hypothekenbrief stets Rektapapier ist, können Grundschuld- und Rentenschuldbriefe auch auf den Inhaber ausgestellt werden ( § § 1195, 1199 BGB). Auch als Inhaberpapiere sind diese Urkunden aber nur dann vertretbar, wenn sie für ein und dasselbe Grundstück in so großer Anzahl ausgegeben werden, daß sie im Verkehr „nach Zahl, M a ß oder Gewicht" bestimmt zu werden pflegen. Praktisch kommt das so gut wie nie vor. Wegen des Erfordernisses der staatlichen Genehmigung der Ausgabe siehe Staudinger-Scherübl § 1195 Anm. 2. Zu dieser Gruppe zählen ferner die Sparbücher sowie die in der Praxis nur noch selten vorkommenden Depositenscheine (Geld) und Depotscheine (Wertpapiere); sie sind Rektapapiere und sog. qualifizierte Legitimationspapiere gemäß § 808 BGB, aber nicht vertretbar (Hueck S. 123; RG BankArch. 1927/28, 30; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 24, 27). Zur zweiten Gruppe, d. h. zu denjenigen Urkunden, die in der Bankpraxis 4 1 häufiger vorkommen, die aber keine Wertpapiere sind, gehören in der Regel die Versicherungsscheine (Versicherungspolicen). Der Versicherungsschein ist ein Schuldschein, der als Beweismittel dient und für den bei Verlust § 371 BGB in Betracht kommt, so daß der Versicherer gegen ein beglaubigtes Anerkenntnis, daß der Schuldschein erloschen ist, leisten muß. Bei der Abtretung des Versicherungsanspruchs geht nach § 952 BGB das Eigentum am Versicherungsschein auf den Erwerber über. Wenn der Versicherungsschein die Inhaberklausel trägt, muß er nach gesetzlicher Vorschrift (§ 4 W G ) als qualifiziertes Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB behandelt werden; er wird dann vielfach als Rektapapier angesehen ( J . V . G i e r k e S. 101; Hueck S. 123), ist aber auch dann mangels Vertretbarkeit nicht Wertpapier im Sinne von § 1 (siehe auch Opitz § 1 Bern. 3 Β d). Über die Transportversicherungspolice siehe Rdn. 4 0 (siehe zum Ganzen Bruck-Möller § 3 Anm. 30—32, § 4 Anm. 1, 10—18). Anteilscheine über Geschäftsanteile einer GmbH sind reine Beweisurkunden, kerne Wertpapiere (Baumbach-Hueck, GmbHG, § 14 Anm. 2 B; siehe auch § 1 Abs. 2 des Referentenentwurfes eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung), Schuldscheine sind ebenfalls keine Wertpapiere, selbst wenn sie in der Praxis vielfach depotmäßig verbucht werden. Sie dienen lediglich Zwecken der Beweissicherung. Der Schuldschein 19

§ 1 42-44

Allgemeine Vorschriften

ist eine die Schuldverpflichtung begründende oder bestätigende, zum Zwecke der Beweissicherung für das Bestehen der Schuld ausgestellte Urkunde, die den Inhalt der Schuldverpflichtung mindestens im wesentlichen wiedergeben und geeignet sein muß, für sich allein den Beweis des wesentlichen Inhalts der Schuldverpflichtung zu erbringen (Soergel-Schmidt § 371 Bern. 1 und SoergelLippisch Vorbem. 7 1 f vor § 607). In der Bankpraxis haben Schuldscheine fast ausschließlich im Zusammenhang mit den „Schuldscheindarlehen" Bedeutung, deren Namen sie geprägt haben (siehe hierzu Soergel-Lippisch Vorbem. 14 vor § 793 mit eingehendem Literaturnachweis). Bei inländischen Optionsgeschäften in Wertpapieren fehlt es an einer urkundenmäßigen Verbriefung des Optionsrechts überhaupt; die bankmäßigen Abrechnungen über das Öptionsgeschäft stellen bloße Beweisurkunden dar und können die erforderliche Verbriefung nicht ersetzen (Kumpel DB 1 9 7 3 , 7 5 7 ) . 42 Die Kassenquittung und der Jungschein sind zwar für das Effektengeschäft eigens geschaffene Urkunden, gleichwohl fallen sie nicht unter den depotrechtlichen Wertpapierbegriff. Die Kassenquittung ist qualifiziertes Legitimationspapier gemäß § 808 BGB (Hueck. S. 123) und als solches Rektapapier, es fehlt ihr aber an der Vertretbarkeit; der Jungschein ist ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne von § 7 8 0 BGB, aber kein Wertpapier. 43 Die Kassenquittung ist ihrem Wortlaut nach in erster Linie eine Quittung über die Bezahlung des Kauf- beziehungsweise Bezugspreises für neu emittierte, aber noch nicht ausgedruckte Effekten. Sie dient gleichzeitig dem Berechtigten als Legitimationsurkunde für die spätere Entgegennahme der effektiven Stücke. Durch den auf der Kassenquittung aufgedruckten Zusatz, daß diese bei Erscheinen der Wertpapiere an das ausstellende Kreditinstitut zurückgegeben werden muß und dieses berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die Legitimation des Vorzeigers der Kassenquittung zu prüfen, also mit befreiender Wirkung an den Vorzeiger leisten kann, hat die Kassenquittung juristisch eine Ausgestaltung als sogenanntes qualifiziertes Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB erhalten (Koch BankArch. 1924/25, 116; zur Rechtsnatur der Kassenquittung siehe auch KG BB 1950, 153f; LG Stuttgart W M 1961, 283). Die Schaffung dieser Kassenquittung hatte ursprünglich ihren Grund in dem Wunsch und der Notwendigkeit, über junge Aktien schon vor deren tatsächlicher Ausgabe verfügen zu können oder wenigstens eine Art „Ersatzurkunde" darüber zu besitzen. Schon mit der Einführung des Jungscheingiroverkehrs (siehe § 42 Rdn. 38 ff) zwischen den beiden Weltkriegen verloren die Kassenquittungen in der Praxis erheblich an Bedeutung; nachdem sich heute bei Neuemissionen das sog. Globalurkundenverfahren (siehe § 9 a) durchgesetzt hat, kommen Kassenquittungen kaum noch vor, sie erfüllen heute keinerlei wirtschaftlich sinnvolle Funktion m ehr (vgl. auch Schütz, BFB, S. 282 f). 44 Der Jungschein ist die schriftliche Erklärung eines Emittenten von Aktien oder festverzinslichen Werten, in der er sich unwiderruflich verpflichtet, die jungen Wertpapiere oder einen Teil davon nach Erscheinen für Rechnung der 20

Allgemeine Vorschriften

5 1

45,46

federführenden Emissionsbank unmittelbar an die Wertpapiersammelbank zu liefern (§ 34 GB KV; Schütz, BFB, S. 103). Der Jungschein wird häufig auch von der führenden Emissionsbank namens und im Auftrag des Emittenten ausgestellt. Rechtlich ist er abstraktes Schuldversprechen (§ 7 8 0 BGB), kein Wertpapier (Büchner S. 2 0 9 ; Gerstner S. 74; Kessler Z K W 1964, 8 3 2 ; Philipp vVM 1 9 6 5 , 2 1 4 ; Schütz, BFB, S. 2 8 2 ; Opitz § 4 Bern. 14, § 4 2 Bern. 6). Dieser Jungschein bildet dann die Grundlage für den Jungscheingiroverkehr, der in der Praxis jedoch gegenüber dem Globalurkundenverfahren in den Hintergrund getreten ist (vgl. § 42 Rdn. 38 ff). VII. Schuldbuchforderungen In § 1 des Anleihe-Gesetzes von 1 9 5 0 vom 29. März 1 9 5 1 (BGBl. I 4 5 2 1 8 ) ist bestimmt, daß die in Reichsgesetzen und reichsrechtlichen Verordnungen enthaltenen Vorschriften, die sich auf Schuldurkunden des Reichs sowie auf Reichsschuldbuchforderungen beziehen, sinngemäß auch für die Schuldurkunden der Bundesrepublik Deutschland sowie für die in das Schuldbuch eingetragenen Forderungen gelten. Zu den reichsrechtlichen Verordnungen im Sinne von § 1 des Anleihe-Gesetzes von 1 9 5 0 gehören die Verordnung über die Verwaltung und Anschaffung von Reichsschuldbuchforderungen vom 5. Januar 1 9 4 0 (RGBl. I 30), die Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reichs im Bank- und Börsenverkehr vom 31. Dezember 1 9 4 0 (RGBl. I 1 9 4 1 , 2 1 ) sowie die zweite Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reiches im Bank- und Börsenverkehr vom 18. April 1942 (RGBl. I 183). Schuldurkunden der Bundesrepublik Deutschland und Bundesschuldbuchforderungen im Sinne von § 1 des Anleihegesetzes sind auch die Schuldurkunden der Deutschen Bundespost ( § 2 2 Postverwaltungsgesetz vom 24. Juli 195 3, BGBl. I 6 7 6 ) und der Deutschen Bundesbahn ( § 3 1 Bundesbahngesetz vom 31. Dezember 1 9 5 1 , BGBl. I 9 5 5 ) und die entsprechenden Schuldbuchforderungen. Die erwähnten reichsrechtlichen Verordnungen gelten daher vor allem unterschiedslos für die Anleihen des Bundes, der Bundespost und der Bundesbahn. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 24. M a i 1972 (BGBl. I 8 0 1 ) werden sie darüber hinaus sinngemäß für anwendbar erklärt auf Schuldverschreibungen aufgrund von Anleihen der Länder und für Anleiheforderungen, die in Schuldbüchern der Länder eingetragen sind. 46 Nach § 1 der Sammelverwaltungsverordnung, die durch die beiden folgenden reichsrechtlichen Verordnungen weitgehend überholt ist, dürfen Wertpapiersammelbanken Schuldbuchforderungen ein und derselben Art, die ihnen als Treuhänder für andere Kreditinstitute (als Zwischenverwalter oder für eigene Rechnung) zur Sammelverwahrung anvertraut sind, gemeinsam mit ihren Schuldbuchforderungen derselben Art und solchen Dritter verwalten. Gemäß § 2 erwirbt der bisherige Gläubiger mit der Eintragung der Wertpa21

§ 1 47,48

Allgemeine Vorschriften

piersammelbank als Gläubigerin im Schuldbuch einen Anteil an der Schuldbuchforderung der Sammelbank (Anteilsgläubiger). Der Anteil bestimmt sich nach dem Nennbetrag der für den Anteilsgläubiger in Sammelverwahrung genommenen Schuldbuchforderung. § § 4, 6, 7 und 8 der Sammelverwaltungsverordnung schreiben die sinngemäße Anwendung der § § 3, 4, 12, 14, 15, 17 sowie § § 1 9 - 2 1 , 25, 28, 29, 30, 31, 32 und 33 des Depotgesetzes vor. § 1 der Ersten Sammeldepotverordnung ermächtigt die Wertpapiersammelbanken, die ihnen zur Sammelverwahrung anvertrauten Anleihen des Deutschen Reichs — jetzt also des Bundes und der Länder — in Schuldbuchforderungen auf ihren Namen umwandeln zu lassen. § 2 schließt den Ring und setzt zugleich den entscheidenden Akzent, indem er bestimmt, daß die so begründete Schuldbuchforderung als Teil des Sammelbestandes des Verwahrers im Sinne des Depotgesetzes gilt und den zum Sammelbestand gehörenden Schuldverschreibungen gleichsteht: Schuldbuchforderung gleich Wertpapier. Die Schuldbuchforderung genießt damit den gleichen depotrechtlichen Schutz wie die entsprechende Schuldverschreibung. Gemäß § 2 der zweiten Sammeldepotverordnung gilt diese Gleichstellung auch für Schuldbuchforderungen, fur die die Auslieferung von Schuldverschreibungen ausgeschlossen ist. 47

48

Näheres hierzu und zum sogenannten Schuldbuchgiroverkehr enthalten die Erläuterungen zu § 42. Wegen anderer Arten des Treuhandgiroverkehrs und der an § 2 der Ersten Sammeldepotverordnung anknüpfenden, vornehmlich von Opitz (vgl. § 42 Bern. 12) entwickelten „Wertrechtslehre" wird ebenfalls auf die Erläuterungen zu § 42 verwiesen. C. Verwahrer § 1 Abs. 2 erhält die für das ganze Gesetz maßgebliche Definition des Begriffs „Verwahrer". Die Begründung der Eigenschaft als Verwahrer im Sinne des Gesetzes wird danach an fünf Voraussetzungen geknüpft: Der Verwahrer muß Kaufmann sein (I), es muß sich um Wertpapiere handeln (II), diese müssen dem Kaufmann zur Verwahrung anvertraut werden (III), und zwar unverschlossen (IV) und im Betriebe seines Handelsgewerbes (V). Das Gesetz gebraucht die Bezeichnung Verwahrer in doppelter Bedeutung: einmal als eine Art Berufsbezeichnung, wenn es bestimmt, wem die Wertpapiere anvertraut werden dürfen ( § § 3, 12 Abs. 1), zum anderen als Gegenpartei des Hinterlegers (§ 2) im einzelnen Verwahrverhältnis ( Q u a s s o w k f Schröder § 1 Anm. B). Wenn das Gesetz vom Verwahrer spricht, so meint es in erster Linie den unmittelbaren Verwahrer, d. h. denjenigen, der die Verwahrtätigkeit selbst vornimmt. Den Verwahrer, der die ihm anvertrauten Wertpapiere von einem Dritten verwahren läßt, bezeichnet das Gesetz als Zwischenverwahrer (§ 3). Soweit seine Verpflichtungen nicht besonders im Gesetz geregelt sind, gelten für ihn die allgemeinen Vorschriften über 22

Allgemeine Vorschriften

§ 1

49-54

den Verwahrer, es sei denn, daß es sich um Vorschriften handelt, die mit der mittelbaren Verwahrung nicht in Einklang zu bringen sind (Opitz § 1 Bern. 9). I. Kaufmannseigenschaft Der Verwahrer muß die Kaufmannseigenschaft haben. Wer Kaufmann ist, bestimmt das Handelsgesetzbuch. Nach § 1 H G B ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nachstehend bezeichneten Arten zum Gegenstand hat (§ 1 Abs. 2 H G B ) : a) die Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen (Waren) oder Wertpapieren, ohne Unterschied, ob die Waren unverändert oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter veräußert werden; b) die Übernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von Waren für andere, sofern das Gewerbe nicht handwerksmäßig betrieben wird; c) die Übernahme von Versicherungen gegen Prämie; d) die Bankier- und Geldwechslergeschäfte; e) die Übernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See, die Geschäfte der Frachtführer oder der zur Beförderimg von Personen zu Lande oder auf Binnengewässern bestimmten Anstalten sowie die Geschäfte der Schleppschiffahrtsunternehmer; f) die Geschäfte der Kommissionäre, der Spediteure oder der Lagerhalter; g) die Geschäfte der Handelsvertreter oder der Handelsmakler; h) die Verlagsgeschäfte sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- oder Kunsthandels; i) die Geschäfte der Druckereien, sofern das Gewerbe nicht handwerksmäßig betrieben wird. Als Handelsgewerbe gilt auch jedes andere gewerbliche Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sofern die Firma des Unternehmers in das Handelsregister eingetragen ist (§ 2 H G B ) . Als Handelsgewerbe gelten ferner land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe, deren Unternehmer von dem ihm zustehenden Recht, die Eintragung der Firma in das Handelsregister herbeizuführen, Gebrauch gemacht hat (§ 3 Abs. 2 H G B ) . Die Kaufmannseigenschaft kommt auch dem Minderkaufmann (§ 4 H G B ) zu, d.h. einer Person, die zwar eines der in Rdn. 50 genannten Gewerbe betreibt, deren Gewerbebetrieb jedoch nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (Quassou/skj-Schröder § 1 Anm. Β I). Gemäß § 6 H G B finden die Vorschriften über Kaufleute auf die Handelsgesellschaften Anwendung. Auch eine Handelsgesellschaft kann daher Kaufmann im Sinne § 1 Abs. 2 sein. Handelsgesellschaften sind: die offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff H G B ) , di'e Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff 23

49 50

51

52

53

54

S 1 55-58

Allgemeine Vorschriften

H GB), die Aktiengesellschaft (§ 3 AktG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ( § 1 3 GmbHG). Bei der offenen Handelsgesellschaft haben neben der Gesellschaft auch sämtliche Gesellschafter Kaufmannseigenschaft; bei der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien nur der Komplementär ( W e i p e r t in RGR Komm. ζ. H GB § 105 Anm. 17, § 161 Anm. 15; BGHZ 17, 160 ff; Brüggemann in Großkomm. H G B § 1 Anm. 18; Godin-Wilhelmi § 278 Anm. 4; Barz in Großkomm. AktG § 219 Anm. 7). Als Kaufleute gelten ferner die eingetragene Genossenschaft ( § 1 7 Abs. 2 GenG) und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, soweit er nicht zu den kleinen Vereinen ( § 5 3 V A G ) gehört (Quassouski-Schrôder § 1 Anm. Β I; Ratz in R G R Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 5 3; a. A. Opitz § 1 Bern. 4). 55 Eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Kaufmannseigenschaft enthält § 41; dort ist bestimmt, daß die Vorschriften des Depotgesetzes für „öffentlich-rechtliche Banken sowie für öffentliche oder dem öffentlichen Verkehr dienende Sparkassen" auch dann gelten, wenn sie keine Kaufmannseigenschaft haben. Näheres siehe Kommentierung zu § 41. Abgesehen von dieser Ausnahme muß die Voraussetzung der Kaufmannseigenschaft immer gegeben sein. Deshalb finden die Vorschriften des Gesetzes keine Anwendung auf die Hinterlegung von Wertpapieren etwa bei einem Notar oder bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle (Quassomki-Schröder § 1 Anm. Β I). Allerdings gilt auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 die in § 5 HGB aufgestellte unwiderlegliche Vermutung der Vollkaufmannseigenschaft im Handelsregister eingetragener Gewerbetreibender. 56 Gemäß § 452 Satz 2 H G B gilt die Deutsche Bundespost nicht als Kaufmann (Ratz in RGR Komm. z. HGB § 452 Anm. 2 und 3). Auch die Deutsche Bundesbahn ist kein Kaufmann (Ratz in RGR Komm. z. H G B Vorbem. vor § 4 5 3 Anm. 13). Dagegen ist die Deutsche Bundesbank Kaufmann, da sie, wie sich aus § 19 Bundesbankgesetz (BGBl. I 1957, 7 4 5 ) ergibt, Bankgeschäfte betreibt (Brüggemann in Großkomm. H G B § 1 Anm. 8, 45; Beck § 2 Anm. 33; v. Spindler-Becker-Starke § 2 Anm. 4, § 19 Anm. 7). 57

58

II. Gegenstand der Verwahrung Gegenstand der Verwahrung müssen Wertpapiere im Sinne von § 1 sein. Auf die Verwahrung aller dort nicht erwähnten Gegenstände, mögen sie auch nach allgemeinen Grundsätzen Wertpapiereigenschaft haben, findet das Depotgesetz keine Anwendung; wer derartige Gegenstände verwahrt, ist nicht Verwahrer im Sinne des Gesetzes. III. Zur Verwahrung anvertraut Die Wertpapiere müssen dem Kaufmann zur Verwahrung ( § § 6 8 8 ff BGB) anvertraut sein. W e r dem Verwahrer die Wertpapiere anvertraut — ob Kaufmann oder Nichtkaufmann, ob Eigentümer oder Nichteigentümer, 24

Allgemeine Vorschriften

§ 1

59-61

ob der Hinterleger selbst oder sein Vertreter — ist gleichgültig. Anvertraut sind alle Wertpapiere, an denen der Kaufmann als Verwahrer für seinen Depotkunden Besitz erlangt hat (§ 868 BGB), der Zweck der Besitzübertragung muß die Verwahrung sein. Die bloße Tatsache dieser Anvertrauung löst die Rechte und Pflichten des Verwahrers aus, auf die Gültigkeit des Verwahrungsvertrages kommt es nicht an. Auch wenn der Verwahrungsvertrag nichtig ist, weil etwa der Hinterleger wegen Geisteskrankheit entmündigt ist ( § § 104, 105 BGB), hat der Verwahrer die Pflichten und Rechte aus dem Gesetz (Quassowski-Schröder § 1 Anm. Β II). Der Anvertrauung zur Verwahrung ist die Anvertrauung als Pfand gleichgestellt (§ 17). Nach § 29 hat auch der Kommissionär bezüglich der in seinem Besitz befindlichen, in das Eigentum oder das Miteigentum des Kommittenten übergegangenen Wertpapiere Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers. Entsprechendes gilt nach § 31 für den Eigenhändler. Ist der Zweck der Anvertrauung nicht die Verwahrung und sind auch die 5 9 Voraussetzungen der § § 17, 29 und 31 nicht gegeben, so ist der Empfänger nicht Verwahrer im Sinne des Gesetzes und er hat daher nicht die Pflichten und Befugnisse eines solchen. Verwahrer ist danach nicht der, dem die Wertpapiere lediglich zum Verkauf, Inkasso oder zum Umtausch übergeben werden. Ist aber mit einem alsbaldigen Verkauf nicht zu rechnen, sind zum Inkasso eingereichte Effekten erst später fällig und kommt der Umtausch erst nach einiger Zeit in Betracht, wird man im Zweifel davon auszugehen haben, daß die Wertpapiere dem Kaufmann zunächst zur Verwahrung anvertraut sind (Quassowski-Schröder § 1 Anm. Β II). Keine depotrechtlichen Verwahrerpflichten treffen den Kaufmann auch bei der unregelmäßigen Verwahrung und dem Wertpapierdarlehen (§ 15), nur die Formvorschriften über die Entstehung eines solchen Schuldverhältnisses unterliegen der depotrechtlichen Regelung (§ 15 Abs. 2). IV. Unverschlossen Die Wertpapiere müssen dem Kaufmann „unverschlossen" zur Verwahrung 6 0 anvertraut sein. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt bei der Vermietung eines Tresorfaches an den Kunden, in dem dieser dann Wertpapiere verwahrt, und bei der Ubergabe von Wertpapieren in verschlossenen Paketen als Verwahrstück. Bei dem Ausdruck „unverschlossen" handelt es sich — wie Opitz (§ 1 Bern. 8) sagt — um einen „alten Zopf'. Man sprach früher im Bankgewerbe vom „offenen Depot" im Gegensatz zur „verschlossenen Einlage". Letztere bezeichnet man heute als Verwahrstück, so daß das Wort „unverschlossen" eigentlich überflüssig ist. V. Im Betriebe des Handelsgewerbes Die Wertpapiere müssen dem Kaufmann im Betriebe seines Handelsge- 6 1 werbes zur Verwahrung anvertraut sein. Die Annahme von Wertpapieren

25

§ 1 62

Allgemeine Vorschriften

außerhalb seines Handelsgeschäftes, etwa als Vormund oder als Testamentsvollstrecker, macht den Kaufmann nicht zum Verwahrer im Sinne des Gesetzes. Auf Grund der Vermutung des § 344 HGB gelten jedoch alle von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig. Den Kaufmann trifft also im Einzelfall die Beweislast dafür, daß ihm die Wertpapiere nicht im Betrieb seines Handelsgewerbes anvertraut wurden. Ob die Verwahrung entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen wurde, ist unerheblich. Auch der unentgeltliche Verwahrer ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Verwahrer im Sinne des Gesetzes. Es ist auch nicht erforderlich, daß der Kaufmann die Verwahrung von Wertpapieren gewerbs- oder geschäftsmäßig durchführt; er ist auch dann Verwahrer, wenn in einem Einzelfall Wertpapiere zur Verwahrung anvertraut werden. Es ist danach keineswegs so, daß Verwahrer im Sinne des Gesetzes nur ein Kreditinstitut gemäß § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (BGBl. I 881) sein kann (Quassowki-Schröder § 1 Anm. Β V). Eine Aktiengesellschaft, die ihren Arbeitnehmern gehörende eigene Aktien (Belegschaftsaktien) für diese verwahrt, ist danach Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2, und zwar einerlei, ob sie die Verwahrertätigkeit selbst vornimmt oder nur als Zwischenverwahrerin fungiert (Rdn. 48). Ob die Aktiengesellschaft dazu einer Erlaubnis gemäß § § 32, 1 Abs. 1 Ziff. 5 KWG bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von dem Umfang der Verwahrertätigkeit ab (siehe auch Rdn. 62). 62

VI. Kreditwesengesetz Wenn auch derjenige Kaufmann Verwahrer im Sinne des Gesetzes sein kann, der nicht gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt und dessen Unternehmen kein Kreditinstitut ist, so stellt dies in der Praxis den Ausnahmefall dar. Regelmäßig betreibt der Verwahrer Bankgeschäfte und sein Unternehmen ist — vorausgesetzt, daß der Umfang der Bankgeschäfte einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert — Kreditinstitut gemäß § 1 KWG. Es werden in § 1 Abs. 1 Ziff. 5 KWG die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere (Depotgeschäft) und in § 1 Abs. 1 Ziff. 4 die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere (Effektengeschäft) ausdrücklich als Arten des Bankgeschäfts aufgeführt. Diese Tätigkeiten dürfen nur mit Erlaubnis des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen ausgeübt werden (§ 32 KWG). Eine einmal erteilte Erlaubnis kann unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden ( § 3 5 KWG). Werden Bankgeschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben, so kann das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gegen die Fortfuhrung der Geschäfte unmittelbar einschreiten ( § 3 7 KWG). Nach § 54 KWG ist das Betreiben von Bankgeschäften ohne die erforderliche Erlaubnis strafbar. Ein Kaufmann, der ohne die erforderliche Erlaubnis geschäftsmäßig Wertpapiere im Betriebe seines Handelsgewerbes unverschlossen zur Verwahrung 26

Allgemeine Vorschriften

δ 1

63-66

annimmt, handelt danach gegen ein gesetzliches Verbot. Gleichwohl ist das geschlossene Verwahrungsgeschäft nicht nach § 134 BGB nichtig. Rechtsgeschäfte, bei denen nur ein Teil gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, sind nach § 134 BGB nur dann nichtig, wenn das Verbotsgesetz nicht nur das rechtsgeschäftliche Handeln mit Strafe bedroht, sondern gleichzeitig das durch dieses Handeln bezweckte Rechtsgeschäft für nichtig erklären will. Das ist aber nicht die Absicht des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG), das lediglich für das Bank- und Sparkassengeschäft den Erlaubniszwang einführen will (Quassouskj-Schröder § 1 Anm. C). Es wäre auch widersinnig, wenn das K W G dem Hinterleger von Wertpapieren den depotrechtlichen Schutz gerade dann versagen wollte, wenn er dieses Schutzes in besonderem Maße bedarf. Es sei in diesem Zusammenhang im übrigen auf die Ausführungen unter Rdn. 58 verwiesen. D. Wertpapiersammelbanken In § 1 Abs. 3 ist die Definition des dritten, für das ganze Gesetz wesent- 6 3 liehen Begriffs der Wertpapiersammelbank enthalten. Die Festlegung dieses Begriffs wurde mit der erstmaligen Regelung der Sammelverwahrung (§§ 5—9, 24, 40) erforderlich. Sie knüpft indessen nicht unmittelbar an die Tätigkeit als Sammelverwahrer von Wertpapieren an, sondern stellt auf mehr formelle Gesichtspunkte ab: „Wertpapiersammelbanken sind Banken, die vom Reich sminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichsuirtschaftsminister durch Bekanntmachung im Reichsgesetzblatt als solche bezeichnet sind." I. Begriff Nur Banken können als Wertpapiersammelbanken bezeichnet werden. 6 4 Unter „Bank" ist heute ein Kreditinstitut im Sinne des § 1 K W G zu verstehen. Nach § 39 K W G dürfen die Bezeichnung „Bank" grundsätzlich nur Kreditinstitute, die eine Erlaubnis nach § 32 K W G besitzen, sowie andere Unternehmen führen, die bei Inkrafttreten des K W G eine solche Bezeichnung nach den bisherigen Vorschriften befugt geführt haben. Die Bezeichnung als Wertpapiersammelbank nimmt nach dem Gesetzes- 6 5 text der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister vor. Sie geschieht durch Bekanntmachung im Reichsgesetzblatt, diese wirkt rechtsbegründend. An die Stelle des Reichsministers der Justiz und des Reichswirtschaftsministers sind heute die Justiz- und Wirtschaftsminister/senatoren der Länder getreten (Art. 129 Abs. 1, 83 GG), an die Stelle des Reichsgesetzblattes die Gesetz- und Verordnungsblätter der Länder. Für die Frankfurter Kassenverein Aktiengesellschaft siehe z. B. Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen 1949, 155. Gemäß § § 1 Abs. 1 Ziff. 5; 32 K W G bedürfen die Wertpapiersammei- 6 6 banken außerdem der Erlaubnis des Bundesaufsichtsamtes für das Kredit27

5 1 67,68

Allgemeine Vorschriften

wesen. Die Doppelgleisigkeit hat ihre Erklärung offenbar darin, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Tätigkeit als Wertpapiersammelbank keine ausschließliche zu sein braucht, sondern eine Wertpapiersammelbank auch allgemein Bankgeschäfte betreiben kann, wie das früher bei der als Wertpapiersammelbank bezeichneten Frankfurter Bank der Fall war. II. Die als Wertpapiersammelbank fungierenden Kreditinstitute Durch die „Bekanntmachung von Bezeichnungen als Wertpapiersammelbank" vom 1. Mai 1937 (RGBl. I 558) bezeichnete der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister erstmals regionale Institute in der Rechtsform von Aktiengesellschaften als Wertpapiersammelbanken. Später wurde aufgrund des Gesetzes über die Deutsche Reichsbank vom 15. Juni 1939 (RGBl. I 1015), § 1 3 Abs. 1 Nr. 7, auch die Reichsbank zur Wertpapiersammelbank bestellt. 1942 wurde die Reichsbank zur allgemeinen Wertpapiersammelbank erklärt und damit die Funktion der bestehenden „privaten" Wertpapiersammelbanken auf die Reichsbank übertragen. Dadurch wurde praktisch der gesamte Wertpapiersammelbestand bei der Reichsbank in Berlin vereinigt, er wurde 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht eingezogen. Heute fungieren gemäß § 1 Abs. 3 folgende Kreditinstitute als Wertpapiersammelbanken: Bayerischer Kassen-Verein Aktiengesellschaft, München Berliner Kassenverein Aktiengesellschaft, Berlin Frankfurter Kassenverein Aktiengesellschaft, Frankfurt/M. Niedersächsischer Kassenverein Aktiengesellschaft, Hannover Norddeutscher Kassenverein Aktiengesellschaft, Hamburg Stuttgarter Kassenverein Wertpapiersammelbank Aktiengesellschaft, Stuttgart Wertpapiersammelbank Nordrhein-Westfalen Aktiengesellschaft, Düsseldorf, mit einer Zweigniederlassung in Köln. Die in der Firma nahezu aller Wertpapiersammelbanken auftauchende Bezeichnung „Kassenverein" ist historisch zu erklären. Zur historischen Entwicklung der Sammelverwahrung und des Effekten-Giroverkehrs siehe Delorme W S B , S. Iff; Geliert S. I f f und Ktesow, Wertpapierverkehr, S. Iff. Noch heute spricht man in der Praxis nicht von Wertpapiersammelbanken, sondern von Kassenvereinen. 68 Um eine reibungslose Abwicklung der Sammelverwahrung und des darauf basierenden Effektengiroverkehrs zu gewährleisten, haben die einzelnen Wertpapiersammelbanken eine „Arbeitsgemeinschaft deutscher Kassenvereine" gebildet. Sie ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und selbst nicht Wertpapiersammelbank. Ihre Aufgabe besteht darin, den Effekten-Giroverkehr, insbesondere den Ferngiroverkehr, sowohl in der technischen Abwicklung als auch in der vertraglichen Ausgestaltung fur alle Beteiligten einheitlich zu regeln. Von ihr wurden die „Geschäftsbedingungen der deutschen Kassen67

28

Allgemeine Vorschriften

§ 1 69—71

vereine (Wertpapiersammelbanken)" geschaffen (abgedr. im Anh. VII), die für den Geschäftsverkehr zwischen den Wertpapiersammelbanken und ihren Kontoinhabern gelten (vgl. Delorme, W S B , S. 1 3). Nicht zu den Wertpapiersammelbanken gehört die Deutscher Auslands- 6 9 kassenverein Aktiengesellschaft, Frankfurt/M. Hierbei handelt es sich vielmehr um ein Spezialinstitut, das als gemeinsame Gründung der deutschen Wertpapiersammelbanken dem internationalen grenzüberschreitenden Effektenverkehr dient (näheres siehe die Erläuterungen zu § 22).

III. Auflagen Den Wertpapiersammelbanken können gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 in zwei- 7 0 facher Weise Auflagen gemacht werden. Einmal kann die Bezeichnung als Wertpapiersammelbank selbst von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden, zum andern können auch die bereits als Wertpapiersammelbanken fungierenden Institute Auflagen unterworfen werden. Zuständig sind die gleichen Stellen, denen die Bezeichnung einer Bank als Wertpapiersammelbank obliegt; über den Inhalt der Auflagen sagt das Gesetz nichts. Dem Zweck der Regelung entsprechend kommen insbesondere Auflagen auf Führung bestimmter Nachweise und auf Regelung des Geschäftsbetriebs in persönlicher und sachlicher Beziehung in Betracht (Quassou/ski-Schröder § 1 Anm. D II). Bisher haben die zuständigen Stellen von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht.

IV. Entzug der Bezeichnung als Wertpapiersammelbank Mit der Entziehung der Bezeichnung als Wertpapiersammelbank wird 7 1 diese zum gewöhnlichen Kreditinstitut. Voraussetzung dafür ist, daß die Wertpapiersammelbank ihr gemachte Auflagen nicht erfüllt hat. Die Entziehung der Bezeichnung ist das letzte Mittel, vorher muß die Abstellung von Mängeln durch Auflagen vergeblich versucht worden sein (Quassouski-Schröder § 1 Anm. D II). Uber die Form der Entziehung sagt das Gesetz nichts. Da an die Bezeichnung gesetzliche Wirkungen geknüpft sind ( § § 5, 24), dürfte es indessen selbstverständlich sein, daß die Entziehung in gleicher Weise bekanntgemacht wird, wie es für die Bezeichnung selbst vorgeschrieben ist {Ratz in RGR Komm. ζ. H GB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 57; a. A. QuassouskiSchröder § 1 Anm. D II). Nimmt das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gemäß § 35 K W G die Erlaubnis zum Betrieb eines Bankgeschäfts schlechthin zurück, so entfällt damit auch die Voraussetzung für die Tätigkeit als Wertpapiersammelbank, und es müßte die Entziehung der Bezeichnung als Wertpapiersammelbank gleichzeitig ausgesprochen und bekanntgemacht werden (Ratz in RGR Komm. ζ. H GB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 57). 29

S 1

72,73

Allgemeine Vorschriften

E. Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz 72

73

I. Allgemeines Sämtliche Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2, die Bankgeschäfte betreiben, unterliegen, sofern der Umfang der Bankgeschäfte einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, als Kreditinstitute den Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen vom 20. Juli 1 9 6 1 (BGBl. I 881). Sie bedürfen insbesondere zur Aufnahme ihrer Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gemäß § 32 K W G einer Erlaubnis des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen und sind dessen laufender Beaufsichtigung nach Maßgabe der § § 6, 32 ff K W G unterworfen. Dies gilt in vollem Umfang auch für die Wertpapiersammelbanken im Sinne von § 1 Abs. 3. Die Aufgaben des Bundesaufsichtsamtes sind in § 6 K W G allgemein wie folgt umrissen: Das Bundesaufsichtsamt übt die Aufsicht über die Kreditinstitute nach den Vorschriften dieses Gesetzes aus. Das Bundesaufsichtsamt hat Mißständen im Kreditwesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Kreditinstituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. II. Depotprüfung Nach § 30 K W G sind Kreditinstitute, die das Effektengeschäft oder das Depotgeschäft betreiben, in Bezug auf diese Geschäfte einmal jährlich der Depotprüfung unterworfen. Die Prüfung hat sich auch auf die Einhaltung des § 128 AktG über die Mitteilungen durch Kreditinstitute und des § 135 AktG über die Ausübung des Stimmrechts durch Kreditinstitute zu erstrecken. Das Bundesaufsichtsamt hat nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Zeit der Depotprüfung zu erlassen. Die Depotprüfer werden vom Bundesaufsichtsamt bestellt. Dieses kann das Recht zur Bestellung des Depotprüfers in Einzelfallen auf die Deutsche Bundesbank übertragen. Aufgrund von § 6 und § 30 K W G hat das Bundesaufsichtsamt die „Bekanntmachung über Art, Umfang und Zeitpunkt der Depotprüfung (Richtlinien für die Depotprüfung) vom 16. Dezember 1970" (BAnz. Nr. 239 vom 23. Dezember 1970) erlassen. Die Richtlinien für die Depotprüfung sind im Anh. VI abgedruckt. Siehe dazu Schneider AG 1 9 7 1 , 183 ff; Ziganke Bank-Betrieb 1 9 7 1 , 42 ff; Paul W M 1 9 7 1 , 1 1 6 6 ff; Spieth-Krumb W P g 1971, 293 ff, 344ff; Doerk Bankbetriebliche Information 1 9 7 1 , 12 ff, 6 0 ff. Wegen der Rechtsnatur der Richtlinien für die Depotprüfung wird auf die Ausführungen zu § 14 Rdn. 38 verwiesen.

30

§2 ι

Sonderverwahrung 1. Abschnitt. Verwahrung §2 Sonderverwahrung

Der Verwahrer ist verpflichtet, die Wertpapiere unter äußerlich erkennbarer Bezeichnung jedes Hinterlegers gesondert von seinen eigenen Beständen und von denen Dritter aufzubewahren. Etwaige Rechte und Pflichten des Verwahrers, für den Hinterleger Verfügungen oder Verwaltungshandlungen vorzunehmen, werden dadurch nicht berührt.

Übers ich t Rdn.

Rdn. A. Allgemeines

1

B. Sonderverwahrung I. Pflichten des Verwahrers 1. Gesonderte Aufbewahrung . . 4 2. Bezeichnung des Hinterlegers 5 3. Raum und Ort der Aufbewahrung 6 4. Sonstiges 7 II. Rechtsstellung der Beteiligten 1. Eigentum und Besitz 8 2. Verwahrungsvertrag 12

a) Zwingende dcpotrechtliche Vorschriften b) Besondere einzelvertragliche Vereinbarungen . . . . c) Allgemeine Geschäftsbedingungen d ) § § 6 8 8 ff B G B e) Bankgeheimnis 3. Sonstige Vorschriften III. Verwaltungshandlungen und

14 15 19 20 25 26

Verfugungen des Verwahrers . . 2 8 C. Strafrechtliche Vorschriften

33

A. Allgemeines Nach der Konzeption des Gesetzes ist die Sonderverwahrung (§ 2) die 1 Grundform der Verwahrung von Wertpapieren, „die im Zweifel stets durchzuführen ist und von der nur bei Vorliegen besonderer Vereinbarungen abgewichen werden darf' (amtl. Begr.). In der Praxis überwiegt dagegen die Sammelverwahrung, die das Gesetz als von der Grundform abweichende Verwahrungsart mit ausdrücklicher, schriftlicher Ermächtigung des Hinterlegers (§§ 9 a) zuläßt, sofern sie sich nicht an ein Anschaffungsgeschäft anschließt (§ 24). Ansonsten sind beide Verwahrungsarten, die Sonderverwahrung und die Sammelverwahrung, einander gleichgeordnet. Bei beiden Verwahrungsarten ist insbesondere die Erhaltung des Eigentums (§ 985 BGB) und damit das Aussonderungsrecht des Hinterlegers im Konkurse des Verwahrers (§ 43 KO) gesichert. Der Bereich der Sonderverwahrung ist jedoch, wenigstens begrifflich, weiter als der der Sammelverwahrung, denn die Sonderverwahrung ist hinsichtlich aller Wertpapiere im Sinne von § 1 Abs. 1 zulässig, die Sammelverwahrung dagegen nach § 5 nur für diejenigen von ihnen, die vertretbar sind. 31

§ 2 2

2, 3

1. Abschnitt. Verwahrung

Die Drittverwahrung (§ 3) ist keine besondere Verwahrungsart neben der Sonderverwahrung und der Sammelverwahrung. Sie regelt nur die technische Durchführung der Verwahrung in der Weise, daß sie dem Verwahrer in Ausführung seiner Verwahrungspflicht ein Wahlrecht dahin einräumt, ob er die ihm anvertrauten Wertpapiere bei sich (Eigenνerwahrung) oder bei einem Dritten (Drittverwahrung) aufbewahren will. Die Drittverwahrung kann er sowohl in Form der Sonderverwahrung als auch der Sammelverwahrung durchführen (Quassouiski-Schröder § 3 Anm. A). 3 Die Tauschverwahrung (§ 10) stellt gleichfalls keine besondere Verwahrungsart dar, bei ihr finden für die eingelieferten wie für die umgetauschten Stücke jeweils die Vorschriften über die Sonderverwahrung Anwendung. Die Ermächtigung zur Verpfandung (§ 12) und zur Verfügung über das Eigentum (§ 13) geben die Befugnis zu bestimmten Verfügungen über die Wertpapiere, beziehen sich aber nicht auf eine besondere Verwahrungsart. Auch die Pfandverwahrung nach § 17 ist keine besondere Verwahrungsart. Die unregelmäßige Verwahrung und das Wertpapierdarlehen unterliegen nach § 15 als besondere Geschäftsaiten nicht den Bestimmungen des Gesetzes. Eine Sonderstellung nimmt die Auslandsverwahrung von Wertpapieren ein. Obwohl von erheblicher praktischer Bedeutung, wird sie vom Gesetz nur stiefmütterlich behandelt. In § 22 wird lediglich die Verpflichtung des Kommissionärs zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses für „vereinbarungsgemäß im Ausland angeschaffte und aufbewahrte Wertpapiere" im Hinblick auf das hineinspielende ausländische Recht modifiziert. In § 42 Abs. 2 ist bestimmt, daß der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren sowie den Erwerb und die Ausübung von Beteiligungen und Gläubigerrechten im Ausland ergänzend regeln kann. Von dieser Befugnis ist aber nie Gebrauch gemacht worden, sie ist nach Art. 129 Abs. 3 GG erloschen (§ 42 Rdn. 1). Die Auslandsverwahrung vollzieht sich daher heute in der Praxis meist auf vertraglicher Basis nach Maßgabe der „Sonderbedingungen für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren" und der Geschäftsbedingungen der Deutscher Auslandskassenverein AG (siehe § 22 Rdn. 24ff). Hinsichtlich ihrer praktischen Bedeutung tritt die Auslandsverwahrung (Kürzel „ W R " ) gleichgeordnet neben Sonderverwahrung (Kürzel „StR") und Sammelverwahrung (Kürzel ,,GS"), wenn natürlich auch begrifflich erhebliche Unterschiede bestehen (siehe Erläuterungen zu § 22; vgl. aber auch § 4 Rdn. 46—49 für diejenigen Fälle, in denen ausnahmsweise die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland in Abweichung vom üblichen Verfahren unter Aufrechterhaltung des Kundeneigentums durchgeführt wird).

32

Sonderverwahrung

§ 2

4,5

Β. Sonderverwahrung I. Pflichten des Verwahrers 1. Gesonderte Aufbewahrung Der Verwahrer ist verpflichtet, die Wertpapiere des Hinterlegers gesondert 4 von seinen eigenen Beständen und von denen Dritter aufzubewahren. Die Verwahrung ist so durchzuführen, daß eine Vermengung der Wertpapiere eines Kunden mit denen anderer Kunden und denen des Verwahrers nicht eintritt. Diese Pflicht zur Trennung bedeutet nicht, daß die Wertpapiere verschiedener Hinterleger in verschiedenen Tresoren, Tresorfächern oder gar Räumen zu verwahren sind. Vielmehr ist die Verwahrung in einem Raum oder einem Tresor durchaus zulässig, sie muß aber so durchgeführt werden, daß jederzeit die jedem einzelnen Hinterleger gehörenden Wertpapiere ohne Schwierigkeiten festzustellen sind. In der Praxis geschieht dies dadurch, daß die Wertpapiere jedes einzelnen Kunden in Streifbänder gelegt werden, auf denen der Inhalt und die Zugehörigkeit des Inhalts vermerkt sind. M a n spricht daher auch von Streifbandverwahrung und verwendet zur Kennzeichnung der Sonderverwahrung das Kürzel „ S t R " . Die Sonderung kann aber auch in anderer Weise vorgenommen werden, etwa in Mappen, Umschlägen oder anderen geeigneten Hüllen. D a ß alle Wertpapiere eines Kunden zusammen in einem Streifband, einem Umschlag, einer M a p p e aufbewahrt werden müssen, schreibt das Gesetz nicht vor. Die Verwahrung kann vielmehr auch nach Wertpapiergattungen getrennt unter Sonderung der Bestände der einzelnen Kunden innerhalb der Wertpapiergattung durchgeführt werden. E s können dann für ein und denselben Hinterleger mehrere Streifbänder bestehen. Diese Art der Sonderverwahrung dürfte zumindest bei den größeren Kreditinstituten sogar die Regel sein. Eine gesetzliche Verpflichtung zur getrennten Aufbewahrung von Mänteln (Haupturkunde: Aktie, Schuldverschreibung) und von den dazugehörigen Bögen (Nebenurkunden: Dividenden-, Zins- und Erneuerungsscheine) besteht nicht. Im Rahmen seiner allgemeinen Sorgfaltspflicht wird der Verwahrer, besonders wenn er das Depotgeschäft in größerem U m f a n g betreibt, indessen aus Sicherheitsgründen Mäntel und Bögen getrennt — und dann jeweils für die einzelnen Hinterleger gesondert (Streifband, M a p p e , Hülle) — verwahren müssen (Ziff. 1 Abs. 4 RichtlHinw).

2. Bezeichnung des Hinterlegers Der Verwahrer muß die Wertpapiere nach äußerlich erkennbarer Bezeichnung des Hinterlegers aufbewahren. Werden die Wertpapiere eines Kunden etwa nach Gattungen getrennt voneinander verwahrt, so muß der Verwahrer die Bezeichnung des Hinterlegers jedesmal gesondert anbringen. Werden die Wertpapiere eines Hinterlegers zusammen in einem Bund verwahrt, genügt die einmalige Bezeichnung an dem gesamten Bund. Darüber, wie die Bezeichnung technisch vorzunehmen ist, schweigt das Gesetz. Sie kann durch einen

33

5

§2

6

1. Abschnitt. Verwahrung

Vermerk auf dem Streifband der Mappe oder der Hülle, in der die Wertpapiere verwahrt sind, aber auch auf einem besonderen Anhang vorgenommen werden, dagegen nicht auf der Urkunde selbst. Die Kennzeichnung muß so sein, daß sie nicht leicht in Unordnung geraten und daß der Hinterleger ohne weiteres festgestellt werden kann (Opitz § 2 Bern. 3 a). Dazu ist erforderlich, daß der Name des Hinterlegers angegeben wird, eine Bezugnahme auf andere Urkunden, etwa das Verwahrungsbuch (§ 14), reicht grundsätzlich nicht aus. Die Verwendung von Geheimzeichen zur Bezeichnung des Hinterlegers ist nicht zulässig (Quassoh/ski-Schröder § 2 Β 2). Allerdings braucht der Name des Hinterlegers nicht offen angegeben zu werden; es genügt, wenn offen nur die Depotnummer des Hinterlegers oder ein betriebsinternes Kennzeichen angegeben und der Name des Hinterlegers etwa aus Geheimhaltungsgründen dem Streifband in einem versiegelten Umschlag beigeheftet wird. Denn auch in diesem Fall ist dem Sinn der Vorschrift Rechnung getragen, daß die Feststellung der Zugehörigkeit der Wertpapiere jederzeit gewährleistet sein soll. Nach Ziff. 1 Abs. 1 RichtlHinw ist die Angabe der Depotnummer des Hinterlegers an Stelle seines Namens ausreichend. Dem wird man dann zustimmen können, wenn aufgrund der innerbetrieblichen Organisation des Verwahrers gewährleistet ist, daß aufgrund der Depotnummer jederzeit und ohne Schwierigkeiten auch von einem Dritten der Name des Hinterlegers ermittelt werden kann. In diesem Zusammenhang sei daraufhingewiesen, daß nach § 163 AO niemand für sich oder andere auf einen falschen oder erdichteten Namen Wertpapiere hinterlegen darf. W i r d die Annahme von Wertpapieren zur Verwahrung beantragt, so hat sich der Verwahrer über die Person des Verfügungsberechtigten zu vergewissern. Vor- und Zuname sowie die Wohnung des Verfügungsberechtigten sind aufzunehmen, bei Frauen auch der Mädchenname (vgl. Hübschmann-Hepp-Spittaler-Paulik. § 163 Anm. 3 ff). Die Zuwiderhandlung gegen diese Vorschriften stellt gemäß § 405 Abs. 2 AO eine Ordnungswidrigkeit dar.

6

3. Raum und Ort der Aufbewahrung Uber Raum und Ort der Aufbewahrung schweigt das Gesetz. Es enthält insbesondere keine Vorschriften darüber, wie die Tresore des Verwahrers ausgestattet sein müssen, welche Sicherungsvorschriften zu beachten sind und über einen etwaigen Versicherungsschutz. Auch die Richtlinien für die Depotprüfung schweigen dazu. Dem Verwahrer wird hier im Rahmen seiner allgemeinen Sorgfaltspflichten freie Hand gelassen. Dies gilt insbesondere für den Ort, an dem die Wertpapiere verwahrt werden. Es ist dem Verwahrer unbenommen, außerhalb seiner eigenen Geschäftsräume fremde Tresore zum Zwecke der Verwahrung anzumieten, und zwar einerlei, ob sich diese am Ort seiner Niederlassung oder an anderen Orten im Inland befinden (wegen der Drittverwahrung siehe § 3). 34

Sonderverwahrung

§2

7-9

4. Sonstiges Die Vorschrift des § 2 gilt für alle Wertpapiere im Sinne von § 1 Abs. 1, 7 also auch fur Dividenden-, Zins- und Erneuerungsscheine (Opitz § 2 Bern. 3 a), die man als Nebenurkunden zu bezeichnen pflegt. Nach § 2 Abs. 2 des österr. Depotgesetz 1 9 7 0 — § 2 Abs. 1 des österr. DepotG stimmt mit § 2 unseres Gesetzes nahezu völlig überein — kann bei Nebenurkunden auf die gesonderte Aufbewahrung und die äußerlich erkennbare Bezeichnung jedes Hinterlegers verzichtet werden, wenn der Hinterleger nicht ausdrücklich und schriftlich die gesonderte Aufbewahrung und äußerlich erkennbare Hinterlegerbezeichnung verlangt hat. Diese Vorschrift erleichtert die Sonderverwahrung und die Verwaltung von Nebenurkunden ganz erheblich und bringt eine große Kostenersparnis mit sich. Es wäre zweckmäßig, die in § 2 Abs 2 des österr. DepotG enthaltene Regelung auch für das deutsche Depotrecht Platz greifen zu lassen. Das erscheint jedoch in Anbetracht des Wortlauts von § 2 unseres Gesetzes problematisch. II. Rechtsstellung der Beteiligten 1. Eigentum und Besitz Der Hinterleger bleibt Eigentümer der dem Verwahrer zur Sonderver- 8 wahrung anvertrauten Wertpapiere. Als Eigentümer stehen dem Hinterleger die aus dem Eigentum fließenden Ansprüche zu, insbesondere der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB. Im Konkurse des Verwahrers hat der Hinterleger ein Aussonderungsrecht für seine Wertpapiere (§ 43 KO). Werden die Wertpapiere im Wege der Zwangsvollstreckung von Gläubigern des Verwahrers gepfändet, so kann der Hinterleger als Eigentümer mit der Drittwiderspruchsklage die Aufhebung der Pfändung verlangen ( § 7 7 1 ZPO). Wegen des Konkursvorrechts des Hinterlegers, der durch rechtswidrige Verfügung des Verwahrers sein Eigentum verloren hat, .siehe § 32 und die Erläuterungen dazu. Die Übertragung des Eigentums richtet sich nach den allgemeinen, für das betreffende Wertpapier in Betracht kommenden Vorschriften. Für Inhaberpapiere sind dies die § § 9 2 9 ff BGB, für Orderpapiere die § § 364, 365 HGB, Art. 16 W G , § 68 AktG. Die Depotgutschrift eines Kreditinstituts wirkt nicht konstitutiv, sondern dokumentiert lediglich einen nach den vorstehenden Bestimmungen erfolgten Eigentumsübergang (vgl. auch § 6 Rdn.71). Entsprechendes gilt für die Verpfandung; wegen Bestellungeines Pfandrechts an Inhaber- und Orderpapieren siehe die Erläuterungen zu § 17 Rdn. 6-12. Wegen der Übertragung und Verpfändung von Sammelbestandanteilen wird verwiesen auf die Ausführungen zu § 6 Rdn. 3 5 ff und § 17 Rdn. 12-14. Zu den für die Einkaufskommission und den Eigenhandel nach den § § 18, 24, 31 DepotG geltenden Besonderheiten siehe die Erläuterungen zu diesen Vorschriften. Der Hinterleger braucht nicht mit dem Eigentümer der Wertpapiere iden- 9 tisch zu sein, wenn er das auch meistens ist. Es kommt aber in der Praxis

35

§2

10-12

1. Abschnitt. Verwahrung

durchaus vor, daß der Hinterleger etwa als Treuhänder oder Beauftragter des Eigentümers fremde Wertpapiere in Sonderverwahrung gibt. Auch bei der Verwahrung von Wertpapieren, die gestohlen wurden oder dem Eigentümer sonstwie abhanden gekommen sind und die der Hinterleger nicht gutgläubig erworben hat, sind Hinterleger und Eigentümer nicht identisch. In diesen Fällen hat der Verwahrer § 9 8 6 BGB zu beachten, er kann sich durch Urheberbenennung nach § 76 ZPO schützen (Opitz § 2 Bern. 3 b). 10 Besitz an den Wertpapieren hat sowohl der Verwahrer als auch der Hinterleger; der Verwahrer ist unmittelbarer Besitzer, der Hinterleger mittelbarer Besitzer (§ 868 BGB). Ist der Hinterleger zugleich Eigenbesitzer (§ 872 BGB), so gilt für ihn die Eigentümervermutung der § § 1006 BGB, 365 H G B , 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G (vgl. Staudinger-Berg § 1006 Anm. 1). 11 Hinterleger eines Wertpapiers können auch mehrere Personen sein. Das ist bei den sogenannten Gemeinschaftsdepots der Fall, die in der Praxis meist von Ehegatten unterhalten werden. Man unterscheidet zwischen Gemeinschaftsdepots mit gemeinschaftlichem Verfügungsrecht (Und-Depots) und Gemeinschaftsdepots mit Einzelverfügungsrecht (Oder-Depots). Die Bezeichnung als Gemeinschaftsdepot sagt nichts über die materielle Rechtslage in Bezug auf die hinterlegten Wertpapiere aus, insbesondere nichts über die Eigentumsverhältnisse (Schätz, BFB, S. 173; RFH BankArch. 1936/37, 393). Eigentümer der Wertpapiere kann einer der Depotinhaber allein oder auch ein Dritter sein. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 1081 BGB finden Gemeinschaftsdepots (Und-Depots) vor allem auch bei der Bestellung eines Nießbrauchs an Inhaberpapieren oder an mit Blankoindossament versehenen Orderpapieren Verwendung; Inhaber des Gemeinschaftsdepots sind in diesen Fällen der Eigentümer und der Nießbraucher. In der Praxis sind die Gemeinschaftsdepots meist mit einem entsprechenden Gemeinschaftskonto gekoppelt (näheres siehe Schütz, BFB, S. 172 f, 179 f und Opitz § 2 Bern. 3 b).

12

2. Verwahrungsvertrag Der Verwahrungsvertrag zwischen Hinterleger und Verwahrer ist nach herrschender Lehre Realvertrag. Die den Gegenstand des Verwahrvertrages bildenden Wertpapiere müssen dem Verwahrer „anvertraut" sein, wie es in § 1 Abs. 2 ausdrücklich heißt; erst mit der Anvertrauung kommt der Verwahrungsvertrag zustande (Staudinger-Nipperdey Vorbem. 6 v. § § 688 ff; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 17). Nach neuerer Auffassung wird der Verwahrungsv ertrag als Konsensualvertrag angesehen (Palandt-Thomas Einf. 1 vor § 6 8 8 ff; Larenz II § 54). Das Gesetz wählt in § 1 Abs. 2 bewußt den Ausdruck „anvertrauen" im Gegensatz zu der in § 6 8 8 BGB gebrauchten Formulierung „übergeben". Es will damit betonen, daß zwischen dem Verwahrer und Hinterleger ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht. Der Verwahrungsvertrag ist dementsprechend auszulegen (QuassowskiSchröder § 2 C I 2). 36

Sonderverwahrung

§2

13-16

Im einzelnen bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Partner des Ver- 1 3 Wahrungsvertrages nach den zwingenden depotrechtlichen Vorschriften, den getroffenen einzelvertraglichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwahrers und den Vorschriften der §§ 688—700 B G B über die Verwahrung. a) Zwingende depotrechtliche Vorschriften Die im Gesetz geregelten Pflichten des Verwahrers sind grundsätzlich 1 4 unabdingbar, wie sich unter anderem aus § 16 ergibt (Quassowki-Schröder § 2 C I 2). Insbesondere ist die Vorschrift des § 2 zwingendes Recht; die Pflicht zur gesonderten Aufbewahrung entfallt nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (Opitz § 2 Bern. 6). b) Besondere einzelvertragliche Vereinbarungen Soweit nicht die zwingenden depotrechtlichen Vorschriften entgegen- 1 5 stehen, ist es Hinterleger und Verwahrer unbenommen, besondere vertragliche Vereinbarungen für die Verwahrung und Verwaltung der Wertpapiere zu treffen. Zu nennen sind hier die Vermögensverwaltungsverträge, durch die ein Verwahrer von Wertpapieren besondere Pflichten für die Verwaltung ihm anvertrauter Wertpapiere übernimmt (siehe dazu Schütz, B F B , S. 101 m. w. N.). Von besonderer Bedeutung sind die sogenannten Depotverträge zu Gunsten 1 6 Dritter auf den Todesfall, in denen der Hinterleger den Verwahrer verpflichtet, nach dem Tode des Hinterlegers die diesem gehörenden Wertpapiere einem Dritten auszuliefern. Die rechtliche Einordnung derartiger Verträge ist in der Lehre mit Rücksicht auf die für die Schenkung von Todes wegen geltenden Formvorschriften des § 2301 B G B sehr umstritten. Die überwiegende Meinung sieht in solchen Geschäften vollzogene Schenkungen unter Lebenden. Sie trennt bei dem Geschäft die Beziehung zwischen dem Hinterleger und dem Verwahrer, sowie diejenige zwischen dem Verwahrer und dem Drittbegünstigten einerseits und die Beziehung zwischen dem Hinterleger und dem Drittbegünstigten andererseits (Valutaverhältnis). Das Valutaverhältnis wird als durch Schenkungsversprechen geregelt angesehen. Im Depotvertrag zu Gunsten Dritter erblickt man die Vollziehung der Schenkung und führt zur Begründung an, daß nach den §§ 328, 331 B G B bei einem Vertrag zu Gunsten Dritter der Begünstigte sein Recht unmittelbar aus dem Vertrag erwirbt. Dies hat dann die Folge, daß die Vorschriften des § 2 3 0 1 B G B über die Schenkung von Todes wegen keine Anwendung finden (Endemann III 1, § 30; Wieacker S. 2 7 I f f ; Palandt-Keidel § 2301 Anm. 4). Eine Mindermeinung sieht dagegen in der Vorschrift des § 2301 B G B ein ausdehnungsfähiges Prinzip und hält die Grundsätze des § 2301 B G B auch dann für anwendbar, wenn eine Schenkung mit Hilfe eines Vertrages zu Gunsten Dritter ausgeführt wird. Soweit Verträge zu Gunsten Dritter nur das Ziel haben, bestimmte Gegen37

§ 2

17

1. Abschnitt. Verwahrung

stände aus dem Nachlaß zu Gunsten des Diitten für den Fall seines Überlebens auszusondern, also nur eine Schenkung von Todes wegen ersetzen, bei der der Schenkende kein Opfer bringt, sollen sie grundsätzlich als nichtiges Umgehungsgeschäft zu behandeln sein. Für Geschäfte dieser Art seien die § § 328, 33 1 B G B nicht geschaffen, diese unterlägen vielmehr den strengen Bestimmungen des § 2 3 0 1 BGB. Nach dieser Auffassung sind nichtig insbesondere solche Verträge zu Gunsten Dritter auf den Todesfall, in denen der Hinterleger die Begünstigung zu Lebzeiten jederzeit widerrufen kann (Kipp-Coing S. 3 5 4 f f ; Staudinger-Böhmer Einl. § 27 Anm. 13 ff in Bd. V Erbrecht; Bartholomeyczik. § 59 IV). Die Rechtsprechung folgt der erstgenannten Meinung. Nach dem grundlegenden Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29. Januar 1 9 6 4 ( B G H Z 4 1 , 95 = N J W 1964, 1 1 2 4 = W M 1964, 3 4 8 ) kann der Hinterleger auf den Zeitpunkt seines Todes durch Vertrag mit dem Verwahrer zu Gunsten eines Dritten für diesen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung der hinterlegten Wertpapiere begründen. Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, daß dies auch dann gilt, wenn es sich im Verhältnis zwischen dem Hinterleger und dem Dritten „um eine unentgeltliche (schenkweise) Zuwendung handelt und der Anspruchserwerb des Dritten erst mit dem Tode des Versprechensempfängers eintreten soll ( § § 328, 3 3 1 B G B ) " . Eine Einhaltung der für die Schenkung von Todes wegen geltenden besonderen Formvorschriften bedarf es nicht ( B G H Z 4 1 , 9 6 m. w. N. für Rechtsprechung und Literatur; BGH JZ 1967; 2 6 f ; KG M D R 1971, 757). Zur Erfüllung ist die Eigentumsübertragung erforderlich, zu welcher der Verwahrer gegenüber dem Dritten aus seinem Rechtsverhältnis zum Hinterleger verpflichtet ist. Ein unmittelbarer dinglicher Rechtserwerb des Dritten ist nach der Rechtsprechung nicht möglich, denn dingliche Verträge zu Gunsten Dritter werden von ihr nicht anerkannt (BGHZ 4 1 , 9 6 m. w. N.; a. A. H a f f mann Ac Ρ 158, 2 2 2 ) . 17 In der Literatur ist das Urteil des Bundesgerichtshofes wegen unzureichender Berücksichtigung des dinglichen Moments auf Kritik gestoßen. Der Bundesgerichtshof habe zwar erkannt, daß der zugewendete Anspruch auf Ubereignung der Wertpapiere gerichtet sein müsse, er habe aber offen gelassen, wie der Verwahrer diesen Anspruch erfüllen solle, da dieser nach der vorausgesetzten Rechtslage weder Eigentümer der Wertpapiere war noch ihm eine Verfügungsbefugnis oder eine Veräußerungsvollmacht zustand ( B ü s s e l b e r g N J W 1 9 6 4 . 1 9 5 2 (zu weitgehend); Hinz JuS 1 9 6 5 , 305; Esser § 4 II 3; Sei 'erner BB 1 9 6 9 , 816). Angesichts dieser im wesentlichen zutreffenden Kritik kann es sich für die Formularpraxis empfehlen, in die Depotverträge zu Gunsten eines Dritten auf den Todesfall entsprechende Vorschriften aufzunehmen. Zu denken ist in erster Linie an eine Β evoll mäch tigun^g (§ 1 6 4 ff B G B ) oder eine Ermächtigung ( § 1 8 5 B G B ) des Verwahrers zur Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren nach dem Tode des Hinterlegers auf den Begünstigten. In Betracht kommt aber auch eine treuhänderische Ubereig38

Sonderverwahrung

§ 2

18-20

nung der Wertpapiere an den Verwahrer entweder mit sofortiger Wirkung oder mit Wirkung auf den Todesfall unter gleichzeitiger Verpflichtung des Verwahrers zur Weiterübereignung der Wertpapiere an den Begünstigten nach dem Tode des Hinterlegers. Den in der Literatur geäußerten Bedenken dürfte vor allem durch die zuletzt genannte Möglichkeit Rechnung getragen sein (siehe dazu Hinz JuS 1965, 305; Schemer BB 1969, 816). Eine Aneignungsermächtigung nach § 13 ist dazu nicht erforderlich, weil es sich hier nicht, wie § 1 3 es voraussetzt, um die Ermächtigung zu einer Verfügung zu eigenem Nutzen des Verwahrers, sondern um eine Ubereignung unter Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses handelt, kraft dessen der Hinterleger, beziehungsweise der Begünstigte, nicht nur auf einen obligatorischen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren der gleichen Art beschränkt ist, sondern im Konkurs des Verwahrers durch ein Aussonderungsrecht nach § 43 KO und bei Einzelzwangsvollstreckung durch die Drittwiderspruchsklage nach § 7 7 1 ZPO geschützt ist (Palandt-Degenhardt Einf. v. § 9 2 9 Anm. 7 B b aa; siehe auch § 13 Rdn. 5, Rdn. 1). Besondere Verpflichtungen ergeben sich für den Verwahrer auch, wenn er 1 8 nach § 12 K A G G oder nach §2 AuslInvestmentG mit den Aufgaben einer „Depotbank" beauftragt wird. Besondere Vereinbarungen zwischen Hinterleger und Verwahrer werden ferner für die Deckungsstockdepots von Lebens-, Kranken- und Unfallversicherern getroffen ( § § 65 ff VAG; Schütz, BFB, S. 100, 131) c) Allgemeine Geschäftsbedingungen Zu beachten sind schließlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des 1 9 Verwahrers, soweit sie die Verwahrung von Wertpapieren betreffen. Es sei hier verwiesen auf den Abschnitt III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der dem Bundesverband deutscher Banken e.V. angeschlossenen Kreditinstitute (AGB der Banken, abgedr. im Anh. IX; näheres siehe die Erläuterungen bei Schütz, BFB, S. Iff, insbes. S. 3 9 f f ) und den Abschnitt Β IV der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Girozentralen und Sparkassen (AGB der Sparkassen, abgedr. im Anh. X; näheres siehe die Erläuterungen bei HoffmannSprengel S. 235 ff) sowie auf Abschnitt III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der genossenschaftlichen Kreditinstitute (abgedr. im Anh. XI). d) §§ 6 8 8 ff BGB Im übrigen gelten fiir den Verwahrungsvertrag die § § 688—700 BGB. 2 0 Nach § 6 8 9 BGB gilt eine Vergütung für die Verwahrung als stillschweigend vereinbart, wenn die Verwahrung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies ist in der Praxis regelmäßig der Fall. Einschlägig ist in diesem Zusammenhang ferner § 354 HGB, wonach derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt und Dienste leistet, dafür auch ohne Vereinbarung Provision und im Falle einer 39

§ 2 21-23

1. Abschnitt. Verwahrung

Verwahrung Lagergeld nach den ortsüblichen Sätzen zu fordern berechtigt ist. Nach Ziff. 14 Abs. 2 A G B der Banken werden die Depotgebühren, wenn es an einer Vereinbarung darüber, insbesondere über die Höhe, fehlt, von der kontoführenden Stelle der Bank im Rahmen des § 315 B G B bestimmt (Staudinger-Nipperdey § 6 8 9 Anm. 6); wegen der Fälligkeit der Depotgebühren siehe § 6 9 9 B G B und Ziff. 18 Abs. 1 A G B der Banken. Gemäß § 6 9 3 B G B hat der Verwahrer gegen den Hinterleger einen Anspruch auf Ersatz der Auf-· Wendungen, die er zum Zwecke der Verwahrung gemacht hat und den Umständen nach für erforderlich halten durfte. 21 Bei entgeltlicher Verwahrung haftet der Verwahrer für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit (§ 2 7 6 BGB). Nach § 347 H G B hat er für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen. Im Falle unentgeltlicher Verwahrung hat der Verwahrer nach § 6 9 0 B G B nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt; die aus dem Depotgesetz sich ergebenden Pflichten hat der Verwahrer jedoch immer zu erfüllen (Quassou/ski-Schröder § 2 Anm. C I 2 b). Auch bei unentgeltlicher Verwahrung haftet der Verwahrer stets für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 2 7 7 BGB). Ob die Verwahrung gegen Vergütung oder unentgeltlich übernommen wurde, ist Tatfrage; im Bankgewerbe ist eine Vergütung üblich. Soweit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank die Haftung „für sichere und getreue Aufbewahrung der ihr anvertrauten Wertpapiere nach den gesetzlichen Bestimmungen" (Ziff. 36 Abs. 1 A G B der Banken, Ziff. 39 A G B der Sparkassen, Ziff. 36 Abs. 1 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute) ausdrücklich übernommen ist, erscheint die Berufung auf die Unentgeltlichkeit unzulässig (Opitz § 13 Bern. 12). Nach § 2 7 8 B G B hat der Verwahrer das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen in gleichem Umfang zu vertreten wie sein eigenes Verschulden; wegen der Haftung bei der Drittverwahrung siehe §3Rdn. 22-25. Die in § 6 9 2 B G B enthaltene Bestimmung über die Änderung der Verwahrungsart ist nur beschränkt anwendbar, nämlich nur insoweit, als nicht die Sonderregeln dieses Gesetzes entgegenstehen. Danach darf der Verwahrer ohne die besondere Ermächtigung des Hinterlegers gemäß § 5 nicht von der Sonderverwahrung zur Sammelverwahrung übergehen, wohl aber umgekehrt von der Sammelverwahrung zur Sonderverwahrung, wenn er, wie § 6 9 2 B G B es voraussetzt, den Umständen nach annehmen darf, daß der Hinterleger nach Kenntnis der Sachlage die Änderung billigen würde (Quassomki-Schröder § 2 Anm. C I 2 d ) . Wenn die Depotgebühren für die Sonderverwahrung höher sind als für die Sammelverwahrung, wird eine derartige Annahme ohne Vorliegen besonderer Umstände regelmäßig nicht möglich sein. 23 Nach § 6 9 5 B G B kann der Hinterleger die Wertpapiere jederzeit zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist. Nach § 6 9 6 B G B kann andererseits der Verwahrer, wenn, wie in der Praxis üblich, eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist, vom Hinterleger jederzeit die

22

40

Sonderverwahrung

§ 2

24,25

Rücknahme der Wertpapiere verlangen; ist ausnahmsweise eine Zeit bestimmt, so kann er die Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (siehe auch Ziff. 17 A G B der Banken). Gemäß § 6 9 7 B G B hat die Rückgabe der hinterlegten Wertpapiere an dem Ort zu erfolgen, an dem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet, dem Hinterleger die Sache zu bringen. Der Hinterleger hat also Kosten und Gefahr der Rückgabe zu tragen (Staudinger-Nipperdey § 6 9 7 Anm. 3; RGZ 23, 95). Bei der Drittverwahrung gemäß § 3 ist davon auszugehen, daß als Ort, an dem die Wertpapiere aufzubewahren waren, die Geschäftsräume des (Zwischen-)Verwahrers und nicht diejenigen des Drittverwahrers anzusehen und die Wertpapiere auch dort zurückzugeben sind. Die Zulässigkeit der Drittverwahrung würde andernfalls zu einer unzumutbaren Schlechterstellung des Hinterlegers führen (Quassowki-Schröder § 2 Anm. C I 2 i). Die Vorschrift des § 6 9 1 B G B über die Drittverwahrung ist nicht anwend- 2 4 bar. Das Gesetz regelt in § 3 die Drittverwahrung von Wertpapieren besonders und abschließend. Auch die Bestimmung des § 7 0 0 B G B über die unregelmäßige Verwahrung kommt angesichts der Sonderregelung des Gesetzes in den § § 1 3 und 1 5 für die diesem Gesetz unterliegenden Geschäfte nicht zur Anwendung. e) Bankgeheimnis Als wichtige, nicht ausdrücklich geregelte Pflicht trifft den Verwahrer 2 5 die Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Der Verwahrer ist grundsätzlich nicht berechtigt, Dritten Auskunft zu geben über die Person des Hinterlegers, über Wert und Zahl der Wertpapiere, über die Einräumung von Kredit an den Hinterleger sowie über alle sonstigen Tatsachen, an deren Geheimhaltung der Hinterleger ein Interesse hat (Quassomki-Schröder § 2 Anm. C I 2n). Nach allgemeiner Meinung ergibt sich für den das Bankgeschäft betreibenden Verwahrer diese Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses aus den vertraglichen oder vorvertraglichen Beziehungen zwischen Bank (Verwahrer) und Kunden (Hinterleger) als ergänzende Leistungspflicht der Bank nach Treu und Glauben (Schütz, B F B , S. 2 0 2 und Sichtermann S. 92ff); sie ist als selbstverständlicher Bestandteil des Bankvertrages insbesondere von der Rechtsprechung seit langem anerkannt ( R G Z 139, 103). Nach Sichtermann (S. 35 ff) ist das Bankgeheimnis sogar Bestandteil des aus Art. 1 und 2 G G hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und erfüllt darüberhinaus „in seiner jetzigen Handhabung und Bedeutung die Wesensmerkmale einer zum Gewohnheitsrecht gewordenen Verkehrssitte". Diese Grundsätze beziehen sich zwar nur auf einen Verwahrer, der das Bankgeschäft betreibt, also Kreditinstitut im Sinne von § 1 ist, sie müssen aber auch entsprechend gelten, wenn der Verwahrer ausnahmsweise kein Kreditinstitut ist (§ 1 Rdn. 61). Das Bankgeheimnis ist jedoch in einer Reihe von Fällen kraft gesetzlicher Vorschrift durchbrochen und der Verwahrer daher zur Auskunft verpflichtet. Dies gilt insbesondere

41

§ 2

26-28

1. Abschnitt. Verwahrung

für das Steuerermittlungsverfahren ( § § 204ff, 175 AO), das Steueraufsichtsverfahren ( § § 190 ff AO) und das Steuerstrafverfahren ( § § 4 2 0 ff AO). Darüberhinaus sind in einzelnen Gesetzen noch weitere Pflichten, insbesondere Meldepflichten, für die Banken enthalten, die das Bankgeheimnis durchbrechen. Zu denken ist hier in erster Linie an die in § § 33 ErbStG, 5 ErbStDV statuierte Verpflichtung der Banken, diejenigen in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensstücke eines Erblassers und die beim Tode des Erblassers gegen sie gerichteten Forderungen, die zum Vermögen des Erblassers gehören oder über die dem Erblasser die Verfügungsmacht zusteht (Kontoguthaben, Depots, Schrankfächer, Verwahrstücke), dem Finanzamt anzuzeigen, ferner an die Auskunftspflichten in Börsenumsatzsteuersach en nach den § § 40ff KVStDV sowie an die Meldepflichten bei Auszahlung von Kapitalerträgen nach § § 43—45 EStG und § 9 a KapStDV. Das Bankgeheimnis existiert darüberhinaus vor allem nicht im Strafprozeß (Pauls S. 205 bis 212; LötdeRosenberg § 161 Anm. 2). Das Bankgeheimnis durchbrechende Vorschriften enthalten ferner das Außenwirtschaftsgesetz (§ 44 A W G ) , die Zivilprozeßordnung (§§ 840, 385 ZPO), die Konkurs- und Vergleichsordnung ( § § 100, 125 KO, 4 0 , 6 9 VerglO), das Gesetz über das Kreditwesen ( § § 13, 16, 30, 44 K W G ) sowie das Militärregierungsgesetz Nr. 5 3 beziehungsweise Art. 1 des Gesetzes Nr. 33 der Alliierten Hohen Kommission. Wegen der Einzelheiten sei verwiesen auf Sichtermann S. 25 ff. 3. Sonstige Vorschriften 26

Dem Hinterleger können bei pflichtwidriger Verwahrung der hinterlegten Wertpapiere neben den vertraglichen Ansprüchen gegen den Verwahrer auch Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung wegen Verletzung des Eigentums an den Wertpapieren (§ 8 2 3 Abs. 1 BGB) oder wegen Verstoßes gegen dem Kundenschutz gewidmete Bestimmungen des Gesetzes (§ 8 2 3 Abs. 2 BGB) zustehen. 27 Die Pflichten aus § § 2 ff obliegen dem Verwahrer auch dann, wenn der Verwahrungsvertrag aus irgendwelchen Gründen nichtig sein sollte, denn diese Pflichten werden bereits durch die bloße Anvertrauung der Wertpapiere zur Verwahrung ausgelöst (vgl. § 1 Rdn. 58). Der Verwahrer seinerseits hat dann nur außervertragliche Ansprüche gegen den Hinterleger, von denen vor allem die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ( § § 812 ff BGB) zu nennen sind. Der Verwahrer kann danach auch die ortsüblichen Depotgebühren verlangen.

28

III. Verwaltungshandlungen und Verfügungen des Verwahrers § 2 regelt nur die Art der Verwahrung. W i e in § 2 Satz 2 ausdrücklich klargestellt ist, werden durch die einzelnen Vorschriften über Sonderverwahrung etwaige laut Gesetz oder Rechtsgeschäft bestehende Rechte und Pflich42

Sonderverwahrung

52

29

ten des Verwahrers, für den Hinterleger Verwaltungshandlungen oder Verfügungen vorzunehmen, nicht berührt. Als Verwaltungshandlungen (siehe dazu auch Ziff. 5 RichtlHinw und 2 9 Rdn. 19) kommen insbesondere in Betracht die Einziehung oder Verwertung von Zins- und Gewinnanteilscheinen, die Erhebung neuer Zins- und Gewinnanteilscheinbogen, die Überwachung von Verlosungen und Kündigungen, die Einlösung von Pfandbriefen und Schuldverschreibungen sowie die Einlösung oder Verwertung von Wertpapieren anderer Art, die Prüfung der eingelieferten Stücke im Hinblick auf Aufgebote und Zahlungssperren, Maßnahmen bei Anfall von Bezugsrechten, bei Konvertierungen, Aufforderungen zu Einzahlungen, bei Fusionen, Sanierungen, Zusammenlegungen, Umstellungen und Umtauschangeboten. Zur Vornahme aller dieser Verwaltungshandlungen sind die Kreditinstitute ihren Kunden kraft vertraglicher Vereinbarung aufgrund der besonderen Bestimmungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt und verpflichtet (Ziff. 3 7 - 3 9 A G B der Banken, Ziff. 41, 42, 44, 45 A G B der Sparkassen, Ziff. 37—39 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute), nicht etwa schon aufgrund des reinen Verwahrungsvertrages (Quassouski-Schröder § 2 Anm. D 1). Es liegt ein gemischter Vertrag vor, der neben der Verwahrung nach §§ 688 ff B G B eine Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB i.V. mit §§ 61 I f f BGB zum Gegenstand hat (Schönle S. 265). In Ziff. 5 RichtlHinw ist ein Katalog von Maßnahmen genannt, die bei einer Verwaltung von Kundenwertpapieren durchzuführen sind, wenn keine besonderen einzelvertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden. Dieser Katalog stimmt im wesentlichen mit dem in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute überein (wegen der geringen Abweichungen siehe Doerk Bankbetriebliche Information 1971, 15; Spieth-Krumb W P g 1971, 3 50i). Im Hinblick hierauf wird im letzten Satz von Ziff. 5 RichtlHinw gesagt, daß ein Verwahrer, der sich nicht verpflichten will, die genannten Maßnahmen durchzuführen, den Hinterleger bei Abschluß des Depotvertrages auf diesen Umstand besonders hinzuweisen hat (vgl. Paul W M 1971, 1176). Zur Vornahme weiterer Verwaltungshandlungen sind die Kreditinstitute weder aufgrund des Verwahrungsvertrages noch aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichtet; dies gilt insbesondere für die Unterrichtung des Kunden über drohende Kursverluste, über den Wert oder die Wertlosigkeit anvertrauter Gegenstände oder über Umstände, die den Wert dieser Gegenstände beeinträchtigen oder gefährden könnten (Ziff. 11 A G B der Banken, Ziff. 8 A G B der Sparkassen, Ziff. 11 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Im Hinblick auf ihm zur Verwahrung anvertraute deutsche Aktien hat der Verwahrer für die Weitergabe von Mitteilungen an die Aktionäre § 128 AktG und für die Ausübung des Stimmrechts § 135 AktG zu beachten (siehe dazu Ziff. 14, 15 RichtlHinw). Eine Verpflichtung zur Ausübung des Stimmrechts trifft den Verwahrer auch dann nicht, wenn ihm der Hinterleger eine Stimmrechtsvollmacht erteilt hat; eine Ausnahme bildet lediglich der 43

§2

30, 31

1. Abschnitt. Verwahrung

Sonderfall des § 135 Abs. 10 AktG (Hellner Bank-Betrieb 1969, 7 ff; von Falkenhausen AG 1966, 69 ff). Rechte und Pflichten des Verwahrers zur Vornahme weiterer Verwaltungshandlungen können durch besondere vertragliche Vereinbarung zwischen Verwahrer und Hinterleger begründet werden. Zu denken ist hier für die Praxis in erster Linie an die sog. Vermögensverwaltungsverträge, durch die ein Kunde seiner Bank die Verwaltung seines Wertpapierdepots überträgt mit der Befugnis, alle erforderlichen Dispositionen nach eigenem Ermessen zu treffen (vgl. Schütz, B F B , S. 101 m. w. N.). Wegen der Verwaltungshandlungen des Verwahrers bei der Sammelverwahrung siehe § 6 Rdn 51 ff. 30 Eine Berechtigung des Verwahrers gegenüber dem Hinterleger zur Vornahme einzelner Verwaltungshandlungen kann sich aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 6 7 7 f f B G B ergeben. Man denke etwa an Fälle, in denen es dem Verwahrer aus politischen Gesichtspunkten, in Folge kriegerischer Ereignisse oder aus sonstigen Gründen höherer Gewalt nicht möglich ist, rechtzeitig eine an sich erforderliche Weisung des Kunden zu erhalten. Es wird sich hier jedoch immer um Ausnahmesituationen handeln müssen und der Verwahrer sich schon in Anbetracht des großen Risikos erhebliche Zurückhaltung bei Eigenmächtigkeiten aufzuerlegen haben. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag kann dem Verwahrer nur im Innenverhältnis zum Hinterleger die Befugnis zur Vornahme einer Verwaltungshandlung geben, die fehlende Vertretungsmacht gegenüber Dritten kann sie dagegen nicht ersetzen. Denn nach herrschender Meinung ( B G H L M Nr. 2 zu § 683 B G B ; Staudinger-Nipper dey Vorbem. 24 zu §§ 677 ff; Soergel-Siebert Vorbem. 11 vor § 6 7 7 ; a.A. Baur JZ 52, 328) ist der auftragslose Geschäftsführer, selbst wenn dessen Handeln dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherm entspricht, weder als dessen Vertreter noch als von diesem zu Verfügungen ermächtigt anzusehen. Das bedeutet, daß die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften, die der Verwahrer als Geschäftsführer im Namen des Hinterlegers abgeschlossen hat, von dessen Genehmigung als Geschäftsherr abhängt. Gleiches gilt für vom Verwahrer im eigenen Namen vorgenommene Verfügungen über die ihm anvertrauten Wertpapiere des Hinterlegers. Eine Rechtspflicht des Hinterlegers zur Erteilung der Genehmigung besteht nicht {BGH JZ 1951, 268; BGH L M Nr. 2 zu § 6 8 3 BGB). Ob die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb eingreifen (§§ 9 3 2 f f B G B , 366 H G B ) , bedarf im Einzelfall sorgfältiger Prüfung. 31 Zu Verfügungen über die ihm anvertrauten Wertpapiere kann der Verwahrer kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts berechtigt oder verpflichtet sein. Zur ersteren Gruppe gehört im Falle einer rechtsgeschäftlichen Verpfändung der Wertpapiere das Recht zum Pfandverkauf (§§ 1293, 1295, 1220, 1221 ff B G B ; Ziff. 19ff A G B der Banken. Ziff. 19 ff A G B der Sparkassen, Ziff. 19 ff AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute) und im Falle einer der Verwahrung vorangegangenen Effekteneinkaufskommission die Verwertung der

44

Sonderverwahrung

§ 2

32,33

Wertpapiere aufgrund des gesetzlichen Pfandrechts des Kommissionärs (§§ 397 f H GB) sowie die Befriedigung aus nach den Vorschriften über das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht zurückbehaltenen Wertpapieren (§§ 369 ff HGB). Zu denken ist ferner an die Befugnisse des Testamentsvollstreckers (§§ 2197ff BGB), wenn der Hinterleger, wie es in der Praxis immer häufiger vorkommt, den Verwahrer — seine Bank — mit der Testamentsvollstreckung betraut hat. Zu Verfügungen, zu denen der Verwahrer aufgrund eines Rechtsgeschäfts berechtigt oder verpflichtet ist, rechnen die zur Ausführung ihm übertragener Verwaltungsbefugnisse notwendigen Verfugungen, vor allem die Ausführung von Verkaufsaufträgen hinsichtlich der anvertrauten Wertpapiere. Im Zuge der Ausführung von Verwaltungshandlungen oder Verfügungen 3 2 kann der Verwahrer gezwungen sein, die Sonderverwahrung zu unterbrechen. Nach Erledigung dieser Maßnahmen sind die Wertpapiere oder etwaige Ersatzstücke unverzüglich wieder in Sonderverwahrung zu nehmen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse geben dem Verwahrer nur so lange die Befugnis, die Sonderverwahrung zu unterbrechen, als dieses zur ordnungsmäßigen Erledigung erforderlich ist. Sie berechtigt aber nicht zur abweichenden Verwahrungsform, etwa zur unregelmäßigen Verwahrung (QuassouskiSchröder § 2 Anm. D 2). C. Strafrechtliche Vorschriften Wegen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Verwahrers siehe 3 3 § § 3 4 ff und die Erläuterungen dazu.

45

§ 3

ι

1. Abschnitt. Verwahrung §3 Drittverwahrung

( 1 ) Der Verwahrer ist berechtigt, die Wertpapiere unter seinem Namen einem anderen Verwahrer zur Verwahrung anzuvertrauen. Zweigstellen eines Verwahrers gelten sowohl untereinander als auch in ihrem Verhältnis zur Hauptstelle als verschiedene Verwahrer im Sinne dieser Vorschrift. (2) Der Verwahrer, der Wertpapiere von einem anderen Verwahrer verwahren läßt (Zwischenverwahrer), haftet fur ein Verschulden des Drittverwahrers wie fur eigenes Verschulden. Für die Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Drittverwahrers bleibt er auch dann verantwortlich, wenn ihm die Haftung für ein Verschulden des Drittverwahrers durch Vertrag erlassen worden ist, es sei denn, daß die Papiere auf ausdrückliche Weisung des Hinterlegers bei einem bestimmten Drittverwahrer verwahrt werden. Übersicht A. Allgemeines

Rdn. 1

B. Wesen der Drittverwahrung (Abs. 1) I. Zulässigkeit 4 II. Person des Drittverwahrers . . . . 5 III. Vollzug der Drittverwahrung . . 9 IV. Beteiligte Personen 14

Rdn. V. Zweigstellen (Hausdrittverwahrung) C. Haftung für Verschulden des Drittverwahrers (Abs. 2) I. Gesetzliche Regelung II. Abweichende Regelung durch Vertrag

19 22 23 24

A. Allgemeines 1

Die Vorschrift des § 3 ersetzt für das Verwahrungsgeschäft über Wertpapiere, das den Vorschriften dieses Gesetzes untersteht, den § 6 9 1 B G B . Nach § 6 9 1 B G B ist der Verwahrer im Zweifel nicht berechtigt, die hinterlegte Sache bei einem Dritten zu hinterlegen. Diese Auslegungsregel wird durch § 3 für die Verwahrung von Wertpapieren aufgehoben und ins Gegenteil verkehrt: Der Verwahrer ist berechtigt, die bei ihm hinterlegten Wertpapiere einem anderen Verwahrer anzuvertrauen, ohne daß es hierzu einer Ermächtigung des Hinterlegers bedarf. Das Gesetz räumt dem Verwahrer damit in Ausführung seiner Verwahrungspflicht ein Wahlrecht dahin ein, ob er die ihm anvertrauten Wertpapiere bei sich selbst (Eigenverwahrung) oder bei einem Dritten (Drittverwahrung) aufbewahren will (Quassomk?-Schröder § 3 Anm. A). Dieses Wahlrecht hat der Verwahrer nicht nur im Falle der Sonderverwahrung, die Drittverwahrung ist vielmehr auch bei der Sammelverwahrung zulässig (§ 5 Abs. 3). Der Begriff der Drittverwahrung umfaßt die beiden Erscheinungsformen Drittsonderverwahrung und Drittsammelverwahrung, denen die Eigensonderverwahrung und die Eigensammelverwahrung (Haus-

46

Drittverwahrung

§ 3

2,3

Sammelverwahrung) gegenüberstehen (Quassomki-Schröder § 3 Anm. A). Die Drittverwahrung ist auch für die Auslandsverwahrung von Bedeutung (siehe § 2 Rdn. 3; § 4 Rdn. 4 6 und die Erläuterungen zu § 22). Die Vorschrift des § 3 gibt dem Verwahrer die Ermächtigung zur Dritt- 2 Verwahrung; sie bestimmt, wer Drittverwahrer sein kann und daß die Verwahrung bei dem Dritten unter dem Namen des Verwahrers vorgenommen werden darf (Abs. 1); schließlich ordnet sie an, daß „der Verwahrer, der Wertpapiere von einem anderen Verwahrer verwahren läßt (Zwischenverwahrer)" für ein Verschulden des Drittverwahrers haftet und legt gleichzeitig den Umfang der Haftung fest (Abs. 2). Damit erschöpft sich die Bedeutung der Regelung; § 3 ermächtigt den Verwahrer zu keinerlei Verfügungen oder Verwaltungshandlungen hinsichtlich der Wertpapiere ( Q u a s s o m k j - S c b r ö d e r § 3 Anm. A). Die in § 3 enthaltene Regelung wird durch die Vorschrift des § 4 ergänzt, die den Hinterleger davor schützt, daß seine unter dem Namen des Zwischenverwahrers beim Drittverwahrer aufbewahrten Wertpapiere ungerechtfertigt zum Gegenstand eines Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts wegen solcher Forderungen gemacht werden, die dem Drittverwahrer gegen den Zwischenverwahrer zustehen. Hinzu tritt die Regelung des § 14: „Aus dem Verwahrungsbuch und der kaufmännischen Buchführung sowie dem Schriftwechsel beim Zwischenverwahrer muß jederzeit festgestellt werden können, wohin die Wertpapiere des Kunden in Drittverwahrung gegeben worden sind" (amtl. Begr.). „Die Zulassung der Drittverwahrung entspricht einem dringenden Be- 3 dürfnis der Praxis. Ein solches berechtigtes Bedürfnis für die Zulassung der Drittverwahrung liegt insbesondere dann vor, wenn die Wertpapiere von dem Hinterleger einem Provinzbankier übergeben worden sind und die Wertpapiere von diesem Provinzbankier einem Zentralbankier zur Drittverwahrung übergeben werden. Dies wird insbesondere regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Wertpapiere an dem Börsenplatz, an dem der Drittverwahrer seine Niederlassung hat, gehandelt werden. Die Zulassung der Drittverwahrung ist weiterhin erforderlich, um die unnötige Versendung von Wertpapieren von einem Ort an den anderen Ort, die mit erheblichen Gefahren und Kosten verbunden ist, zu vermeiden. Ein besonderes Bedürfnis für die Zulassung der Drittverwahrung besteht auch deshalb, weil zahlreiche Provinzbankiers nicht im Besitz geeigneter und den neuesten Anforderungen entsprechender Tresoranlagen sind". Wenn auch die Ausdrücke „Provinzbankier" und „Zentralbankier" heute etwas antiquiert anmuten, so haben diese der amtl. Begr. entnommenen Sätze auch heute noch nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Sie gelten heute sogar in verstärktem M a ß e . Ohne die in § 3 getroffene Regelung wäre eine ordnungsmäßige Abwicklung des Depotgeschäfts im Zeitalter der Popularisierung des Wertpapiers und der Heranführung des Kleinsparers an Aktien, Schuldverschreibungen und Investmentzertifikate nicht mehr möglich. Auf die Zulässigkeit der Drittsammelverwahrung und der damit gegebenen

47

§3

4-6

1. Abschnitt. Verwahrung

Möglichkeit der Durchführung eines Effektengiroverkehrs insbesondere ist es zurückzuführen, daß es im Gegensatz zu anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland keine nennenswerten technischen Probleme bei der Abwicklung des Liefergeschäfts im Effektenhandel gibt. B. Wesen der Drittverwahrung (Abs. 1) 4

I. Zulässigkeit Die Zulässigkeit bei Drittverwahrung folgt unmittelbar aus dem Gesetz, indem § 3 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, daß der Verwahrer berechtigt ist, die Wertpapiere unter seinem Namen einem anderen Verwahrer zur Verwahrung anzuvertrauen. Einer irgendwie gearteten Mitwirkung des Hinterlegers bedarf es nicht. Der Verwahrer ist zur Vornahme der Drittverwahrung ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung oder eine Ermächtigung des Hinterlegers befugt; auch eine Anzeige an den Hinterleger ist nicht erforderlich (Sprengel Z K W 1951, 195 ff). Die Zulässigkeit der Drittverwahrung kann allerdings durch eine ausdrückliche Bestimmung im Verwahrungsvertrag gänzlich ausgeschlossen oder an die Zustimmung oder eine sonstige Mitwirkung des Hinterlegers geknüpft werden (Quassowski-Schröder § 3 Anm. Β 1). Fehlt es an einer derartigen Vereinbarung, kann der Hinterleger weder der Drittverwahrung als solcher noch der Auswahl des Drittverwahrers durch den Verwahrer widersprechen. Das Recht auf jederzeitige Rückforderung der hinterlegten Wertpapiere aus § 695 BGB bleibt ihm freilich immer erhalten; die Wertpapiere sind dem Hinterleger gemäß § 697 BGB beim Verwahrer und nicht beim Drittverwahrer zurückzugeben (Opitz § 3 Bern. 7 b).

II. Person des Drittverwahrers Der Drittverwahrer, das ist derjenige, dem die Wertpapiere von dem Verwahrer anvertraut werden, muß ebenfalls Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2 sein. Es muß sich also um einen Kaufmann handeln, dem im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut werden. Daß der Dritte, möge er auch Kaufmann sein, im Einzelfall, d. h. durch die Anvertrauung der jeweils in Rede stehenden Wertpapiere, zum Verwahrer wird (siehe dazu § 1 Rdn. 48, 61), reicht hier allerdings nicht aus. Das Gesetz gebraucht den Begriff Verwahrer an dieser Stelle im Sinne einer Berufs- oder Gewerbebezeichnung, die Verwahrereigenschaft muß dem Dritten bereits vor der Anvertrauung im einzelnen Fall zukommen (QuassowskiSchröder § 3 Anm. Β 1). Bei einem Kaufmann, der das Depotgeschäft neu aufnimmt, kommt es darauf an, daß sein Gewerbe auf gleichartige Geschäfte gerichtet ist; auch er kann daher als Drittverwahrer im Sinne von § 3 fungieren (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 61). Für die Drittverwahrung bei anderen Personen gilt § 691 BGB, sie ist also nur mit Zustimmung des Hinterlegers zulässig. 6 Umstritten ist die Frage, ob ein ausländischer Kaufmann, dem im Betriebe

5

48

Drittverwahrung

§3

6

seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut zu werden pflegen, ebenso als Verwahrer im Sinne der vorstehenden Ausführungen anzusehen ist wie ein inländischer Kaufmann, mit der Folge, daß auch er gemäß § 3 ohne Ermächtigung des Hinterlegers vom Verwahrer als Drittverwahrer gewählt werden kann. Schröder (BankArch. 1 9 3 7 / 3 8 , 7 1 9 ff) hat sich grundsätzlich dagegen ausgesprochen. Er ist der Meinung, daß ein im Ausland ansässiger Verwahrer deswegen nicht unter den Verwahrerbegriff der § § 1 Abs. 2; 3 fallen könne, weil er bei der Verwahrung der ihm aus dem Inland anvertrauten Wertpapiere nicht den Bestimmungen des deutschen DepotG, insbesondere denjenigen über die Rechte und Pflichten des Verwahrers unterliege. Der depotrechtliche Verwahrungsbegriff habe im deutschen Depotgesetz eine so typische Ausgestaltung erfahren, daß er auch nur im Rahmen des deutschen Depotrechts und damit nicht für einen im Ausland ansässigen Kaufmann zur Anwendung gelangen könne. Demgegenüber hält es von Caemmerer (BankArch. 1 9 3 7 / 3 8 , 7 2 3 f f ) für unzulässig, aus der territorialen Beschränkung der Geltung des deutschen Depotrechts nach den allgemeinen Normen des internationalen Privatrechts eine Beschränkung des materiell-rechtlichen Verwahrerbegriffs abzuleiten. Er vertritt vielmehr die Ansicht, ein ausländischer Kaufmann, dem im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut würden, sei sehr wohl als Verwahrer im Sinne von § § 1 Abs. 2; 3 anzusehen, sofern nicht im Einzelfall besondere Gründe eine abweichende Entscheidung notwendig machten. Soche Gründe ließen sich jedoch aus dem Normzweck des § 3 nicht herleiten. Eine große praktische Bedeutung hat dieser Meinungsstreit nicht. Denn auch nach Schröder kann in den praktisch wichtigsten Fällen die Berechtigung zur Drittverwahrung im Ausland aus den Umständen gefolgert werden und von Caemmerer räumt ein, daß die Befugnis des Verwahrers zur Vornahme der Drittverwahrung im Ausland nach Treu und Glauben entfalle, wenn eine verständige Auslegung des Verwahrungsvertrages im Hinblick auf die Umstände des einzelnen Falles ergebe, daß die beabsichtigte Drittverwahrung im Ausland dem Interesse des Kunden offensichtlich abträglich sei. Hinzukommt, daß die deutschen Kreditinstitute Wertpapiere ihrer Kunden im Ausland in der Regel in Wertpapierrechnung zu „verwahren" pflegen und dazu eine Aneignungsermächtigung des Kunden nach § 13 erforderlich ist (Ziff. 1 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren; § 13 Rdn. 29). Dennoch ist von Caemmerer entgegenzuhalten, daß das Risiko einer Drittverwahrung im Ausland im allgemeinen zu groß ist — man denke nur an eine jederzeit mögliche Einschränkung der Verfügungsbefugnis über die im Ausland liegenden Wertpapiere durch ausländische Devisenvorschriften — als daß man sie ohne Zustimmung des Kunden für zulässig halten könnte. Dies ist die allgemeine Auffassung und herrschende Praxis der dem Bundesverband deutscher Banken e.V. angeschlossenen privaten Kreditinstitute.

49

§3

7-9

1. Abschnitt. Verwahrung

7

Das österr. Depotgesetz 1970 regelt den Komplex ausdrücklich, indem es in § 3 Abs. 4 bestimmt, daß die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland der ausdrücklichen und schriftlichen Ermächtigung des Hinterlegers bedarf, soweit es sich nicht um im Ausland ausgestellte Wertpapiere handelt (siehe hierzu Gebauer S. 46 ff). 8 In der Auswahl des Drittverwahrers ist der Verwahrer im übrigen völlig frei. Es spielt insbesondere keine Rolle, wo der Drittverwahrer im Inland seine Niederlassung hat. Der Verwahrer kann mit der Verwahrung der Werte ein und desselben Kunden mehrere Drittverwahrer an mehreren Orten betrauen oder nur einen Teil der Wertpapiere eines Kunden in Drittverwahrung geben und den Rest in Eigenverwahrung behalten. Dies gilt auch für Hauptund Nebenurkunden, so daß der Verwahrer etwa für eine bestimmte Wertpapiergattung die Mäntel in Eigenverwahrung halten, die Bögen aber in Drittverwahrung geben kann (Quassowskj-Schröder § 3 Anm. Β 1). Der Verwahrer ist weiter befugt, den Drittverwahrer zu wechseln und kann von der Drittverwahrung jederzeit wieder zur Eigenverwahrung übergehen. 9

III. Vollzug der Drittverwahrung § 3 Abs. 1 gibt dem Verwahrer die Befugnis, die Wertpapiere unter seinem Namen dem Drittverwahrer anzuvertrauen. Damit ist nicht die Form des Abschlusses des Verwahrungsvertrages mit dem Drittverwahrer angesprochen, sondern die Art und Weise der Verwahrung selbst. Der Gesetzgeber hat hier ganz bewußt die Vorschrift des § 2 eingeschränkt, wonach der Verwahrer die Wertpapiere unter äußerlicher Bezeichnung jedes Hinterlegers gesondert von seinen eigenen Beständen und von denen Dritter aufzubewahren hat. Bei der Drittverwahrung kann der Verwahrer die Bestände mehrerer Kunden sowie seine eigenen Effekten zusammenfassen und diese einheitlich unter seinem Namen in Drittverwahrung geben. In der amtl. Begr. heißt es hierzu: „Der Entwurf sieht also bewußt davon ab, die Drittverwahrung unter dem Namen des Hinterlegers oder nur bei dessen Einverständnis unter dem des Zwischenverwahrers vornehmen zu lassen. Eine derartige Regelung würde den Geschäftsverkehrs beim Drittverwahrer wesentlich erschweren, da dieser dann die Wertpapiere eines jeden einzelnen Kunden des Zwischenverwahrers für diesen Kunden selbst unter dem Namen dieses Kunden in Sonderverwahrung nehmen müßte. Vielmehr ist es nach den Erfordernissen der Praxis unumgänglich notwendig, daß der Drittverwahrer ermächtigt ist, alle ihm von demselben Zwischenverwahrer eingelieferten Wertpapiere einheitlich unter dem Namen des Zwischenverwahrers zu verwahren". Diese Gesichtspunkte gelten selbstverständlich nicht nur für die Sonderverwahrung, sondern — in verstärktem Maße — auch für die Sammelverwahrung. Ihre unerläßliche Ergänzung findet diese Regelung in § 14. „Aus dem Verwahrungsbuch und der kaufmännischen Buchführung sowie dem Schriftwechsel beim Zwischenverwahrer muß jederzeit festgestellt werden können, wohin die Wertpapiere des 50

Drittverwahrung

§ 3

10—12

Kunden in Drittverwahrung gegeben worden sind" (amtl. Begr.). Durch die Eintragung im Verwahrungsbuch nebst den sonstigen Unterlagen des Zwischenverwahrers in Verbindung mit den Eintragungen im Verwahrungsbuch des Drittverwahrers und dessen sonstigen Unterlagen wird der Nachweis gçfuhrt, wem die Stücke der Sammelbestandanteile gehören, beziehungsweise wer der ursprüngliche Hinterleger ist. Näheres siehe die Erläuterungen zu § 14. W e g e n der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten an 1 0 den Wertpapieren durch den Drittverwahrer wegen seiner Forderungen gegen den Zwischenverwahrer sei verwiesen auf § 4 und die Erläuterungen dazu. Der Zwischenverwahrer ist gegenüber dem Drittverwahrer Hinterleger. 1 1 Der Drittverwahrer hat gegenüber seinem Hinterleger die Stellung des Verwahrers, und es trifft ihn die Pflicht zur Sonderverwahrung insoweit, als er die ihm von verschiedenen Zwischenverwahrern anvertrauten Wertpapiere gesondert aufzubewahren hat. Der Drittverwahrer hat aber wiederum das Recht aus § 3; er kann die ihm vom Zwischenverwahrer anvertrauten Wertpapiere seinerseits in Drittverwahrung geben, wodurch er selbst zum Zwischenverwahrer wird. Da auch der weitere Drittverwahrer seinerseits zur Drittverwahrung berechtigt ist, kann eine Kette von Zwischenverwahrern und ein mehrstufiger mittelbarer Besitz entstehen bis hin zum letzten Drittverwahrer, der den unmittelbaren Besitz hat: Hinterleger — Kunde mittelbarer Besitzer 3. Stufe Zwischen-Verwahrer — Lokales Kreditinstitut mittelbarer Besitzer Hinterleger 2. Stufe Dritt-Zwischen-Verwahrer — Zentrales Kreditinstitut mittelbarer Besitzer Hinterleger 1. Stufe Dritt-Verwahrer — Wertpapiersammelbank unmittelbarer Besitzer W e g e n der Rechtsbeziehungen der einzelnen Glieder dieser Kette untereinander siehe Rdn. 14—18. Der Drittverwahrer verwahrt alle Wertpapiere, die ihm ein Zwischenver- 1 2 wahrer gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 anvertraut hat, einheitlich unter dem Namen des Zwischenverwahrers (siehe aber Rdn. 13). Die in den § § 4, 12 enthaltene Regelung über Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte an den in Drittverwahrung gegebenen Wertpapieren macht jedoch die Führung von verschiedenen Depots für ein- und denselben Zwischenverwahrer beim Drittverwahrer erforderlich. Im Verkehr zwischen Kreditinstituten sind daher vier verschiedene Depotbezeichnungen üblich: Depot A (Eigendepot) für eigene Wertpapiere des Zwischenverwahrers, d. h. für solche, für die er eine Eigenanzeige gemäß § 4 Abs. 2 erstattet hat, und für fremde Wertpapiere, die dem Drittverwahrer unbeschränkt verpfändet sind ( § § 12 Abs. 4; 13); Depot Β (Fremddepot) für Wertpapiere, an denen der Drittverwahrer ein Pfand- und Zurückbehaltungsrecht nur wegen Forderungen aus der An-

51

§3

13

1. Abschnitt. Verwahrung

Schaffung, Verwahrung und Verwaltung der einzelnen Wertpapiere hat;

Depot C (Pfanddepot) für fremde Wertpapiere, die der Zwischenverwahrer dem Drittverwahrer gemäß § 12 Abs. 2 verpfändet hat; Depot D (Sonderpfanddepot) für fremde Wertpapiere, die der Zwischenverwahrer dem Drittverwahrer gemäß § 12 Abs. 3 (beschränkt) verpfändet hat. Wegen näherer Einzelheiten wird verwiesen auf die Erläuterungen zu den § § 4 ( R d n . 3 8 - 4 3 ) und 12. 13 Wenn § 3 Abs. 1 dem Verwahrer die Befugnis gibt, die Drittverwahrung unter seinem Namen vornehmen zu lassen, so ist daraus nicht zu schließen, daß eine Drittverwahrung der Kundeneffekten unter dem Namen des Kunden unzulässig sei. Man muß aus § 3 Abs. 1 vielmehr indirekt folgern, daß, wenn der Verwahrer die ihm anvertrauten Wertpapiere sogar unter seinem eigenen Namen einem Dritten zur Verwahrung anvertrauen darf, er erst recht befugt sein muß, die Wertpapiere unter dem Namen des Kunden verwahren zu lassen. Denn im letzteren Falle tritt die entscheidend wichtige Tatsache, dais die in Drittverwahrung gegebenen Werte Eigentum eines Kunden des Verwahrers sind, schon durch die Modalitäten, unter denen die Drittverwahrung erfolgt, deutlich zu Tage, und es bedarf insoweit nicht erst der Fremdvermutung des § 4, um die Eigentumsrechte des Kunden hinreichend zu schützen (gl. A. offenbar Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 60). Wegen der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten in diesem Falle siehe § 4 Rdn. 5 und 9; wegen des Verwahrungsvertrages mit dem Drittverwahrer siehe Rdn. 9 und 15. Der Verwahrer verstößt damit nicht gegen seine Verschwiegenheitspflicht (siehe § 2 Rdn. 25). Ein Kreditinstitut ist zur Geheimhaltung der ihm anvertrauten Tatsachen — hier des Kundennamens — dann nicht verpflichtet, wenn es diese anderen Personen, mit deren Hilfe es seine Geschäfte ausführt, im Rahmen eines ordnungsmäßigen Geschäftsbetriebes zur Kenntnis bringen muß (Sichtermann S. 1 38). Dies gilt um so mehr, wenn die „Hilfsperson" ein anderes Kreditinstitut ist, das als solches selbst dem Bankgeheimnis unterworfen ist. Richtig ist, daß das Gesetz die Drittverwahrung unter dem Namen des Verwahrers gerade zugelassen hat, um den Geschäftsverkehr des Zwischenverwahrers mit dem Drittverwahrer zu erleichtern. Im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung geht die Entwicklung teilweise aber wieder dahin, die Drittverwahrung unter dem Namen des Kunden vornehmen zu lassen. Dies geschieht vor allem im Bereich der Sparkassenorganisationen und der Volksbanken sowie im Verhältnis zwischen Tochtergesellschaften (Zwischenv erwahrer) und Muttergesellschaften (Drittverwahrer). Der Drittverwahrer hat auch in dem hier erörterten Fall, soweit erforderlich, für den Zwischenverwahrer die vier verschiedenen Depots, nämlich Depot A, Depot B, Depot C und Depot D zu führen; er muß hier aber für jeden Hinterleger des Zwischenverwahrers jeweils ein Unterdepot zu den einzelnen Depots einrichten.

52

Drittverwahrung

§ 3

14-16

IV. Beteiligte Personen Die an der Drittverwahrung beteiligten Personen sind der Hinterleger, 1 4 der Verwahrer, den das Gesetz auch Zwischenverwahrer nennt, und der Drittverwahrer. Der Hinterleger wird meist mit dem Eigentümer der Wertpapiere identisch sein, begriffsnotwendig ist das indessen nicht. Die Eigentumsverhältnisse werden durch die Drittverwahrung (Drittsonderverwahrung) nicht tangiert. Der Drittverwahrer ist unmittelbarer Besitzer der Wertpapiere, der Zwischenverwahrer mittelbarer Besitzer erster Stufe, der Hinterleger mittelbarer Besitzer zweiter Stufe. Der mittelbare Besitz kann noch weiter gestuft sein, wenn mehrere Zwischenverwahrer vorhanden sind. Dies wurde bereits oben unter Rdn. 11 im einzelnen dargelegt. Bei der Drittverwahrung werden zwei Verwahrungsverträge geschlossen: 1 5 Einmal der Verwahrungsvertrag zwischen dem Hinterleger und dem Zwischenverwahrer und zum anderen der Verwahrungsvertrag zwischen dem Zwischenverwahrer, der dann seinerseits Hinterleger ist, und dem Drittverwahrer. Beide Verwahrungsverträge bestehen selbständig nebeneinander, für jeden von ihnen gelten im Zweifel die in den Erläuterungen zu § 2 (Rdn. 12—15) dargelegten Grundsätze. Den Verwahrungsvertrag mit dem Drittverwahrer schließt der Zwischenverwahrer nicht als Vertreter des Hinterlegers in dessen Namen, sondern in seinem eigenen Namen ab. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wertpapiere entsprechend der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 unter dem Namen des Zwischenverwahrers oder ob sie unter dem Namen des Hinterlegers (Kunden) beim Drittverwahrer verwahrt werden. Der Verwahrungsvertrag zwischen dem Zwischenverwahrer und dem Dritt- 1 6 Verwahrer wird im Allgemeinen nicht als Vertrag zu Gunsten des Hinterlegers ( § § 3 2 8 f f B G B ) auszulegen sein; unmittelbare Rechte daraus hat allein der Zwischenverwahrer, nicht dagegen der Hinterleger. Handelt also der Drittverwahrer dem Verwahrungsvertrag mit dem Zwischenverwahrer zuwider, so hat regelmäßig nur der Zwischenverwahrer Ansprüche gegen ihn, der Hinterleger ist, wenn er selbst durch die Zuwiderhandlung geschädigt wurde, auf Ansprüche gegen den Zwischenverwahrer angewiesen (QuassowskjSchröder § 3 Anm. Β 5 b). Dieses Ergebnis mag hingehen, wenn der Zwischenverwahrer dem Hinterleger gemäß der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 für ein Verschulden des Drittverwahrers wie für eigenes Verschulden haftet. W i e aber, wenn ihm diese Haftung durch Vertrag erlassen wurde (§ 3 Abs. 2 Satz 2, Ziff. 36 Abs. 1 A G B der Banken, Ziff. 39 A G B der Sparkassen, Ziff. 36 Abs. 1 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute), der geschädigte Hinterleger gegen den Zwischenverwahrer also keinen vertraglichen Schadenersatzanspruch hat, andererseits ein Schadenersatzanspruch des Zwischenverwahrers aber daran scheitern müßte, daß der Zwischenverwahrer keinen Schaden erlitten hat. Hier muß eine sogenannte Schadenliquidation im Drittinteresse möglich, d. h. der Zwischenverwahrer muß be53

§ 3 17-19

1. Abschnitt. Verwahrung

rechtigt sein, den Schaden des Hinterlegers gegenüber dem Drittverwahrer als eigenen Schaden geltend zu machen. Der Hinterleger könnte dann in analoger Anwendung von § 2 8 1 BGB seinerseits vom Zwischenverwahrer die Abtretung seines Anspruchs gegen den Drittverwahrer verlangen. Eine Schadenliquidation im Drittinteresse ist von Rechtsprechung und Schrifttum u. a. gerade in den Fällen der Obhut für eine fremde Sache anerkannt: Eine vom Vertragsgegner nach dem Vertrage geschuldete Fürsorge und Obhutspflicht erstreckt sich auf eine von der Vertragspartei zur Verfügung gestellte, aber nicht dieser, sondern einem Dritten gehörende Sache. Durch eine vom Vertragsgegner begangene Verletzung dieser Pflicht wird der Eigentümer geschädigt (BGHZ 40, 9 I f f ; Esser § 43 II 4 m. w. N.). Genau um einen solchen Fall handelt es sich hier: Der Drittverwahrer verletzt die ihm gegenüber dem Zwischenverwahrer obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung der Wertpapiere, geschädigt ist der Hinterleger, dem die Wertpapiere gehören. 17 Ist der Hinterleger, wie meist, Eigentümer der hinterlegten Wertpapiere, so hat er gegen den Drittverwahrer die Rechte aus den § § 98 5 ff B G B beziehungsweise aus § 8. Verletzt der Drittverwahrer rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum oder verstößt er gegen eine der Kundenschutzbestimmungen des Gesetzes, so ist er dem Hinterleger zum Schadenersatz verpflichtet ( § § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). 18 Wenn der Verwahrungsvertrag zwischen dem Hinterleger und dem Zwischenverwahrer einerseits und der Verwahrungsvertrag zwischen dem Verwahrer und dem Drittverwahrer andererseits auch zwei verschiedene, getrennt voneinander bestehende Rechtsverhältnisse sind, so ist dennoch der Inhalt des einen nicht ohne Bedeutung für die Ausgestaltung des anderen. Der Zwischenverwahrer muß im Vertrag mit dem Drittverwahrer'die Beschränkungen einhalten, denen er durch seinen Vertrag mit dem Hinterleger unterworfen ist. Er darf danach keine Ermächtigung nach § § 5, 10, 12, 13 erteilen und keine Vereinbarung nach § 15 mit dem Drittverwahrer treffen, wenn er nicht selbst vom Hinterleger diese Ermächtigung erhalten oder mit dem Hinterleger eine Vereinbarung nach § 1 5 getroffen hat (vgl. Ziff. 3 Abs. 2 RichtlHinw).

19

V. Zweigstellen (Hausdrittverwahrung) § 3 Abs. 1 Satz 1 gibt dem Verwahrer die Befugnis zur Drittverwahrung unter seinem Namen. § 3 Abs. 1 Satz 2 ergänzt diese Bestimmung durch die Fiktion, daß die Zweigstellen eines Verwahrers sowohl untereinander als auch im Verhältnis zur Hauptstelle als verschiedene Verwahrer „im Sinne dieser Vorschrift" gelten. Dadurch wird einem Verwahrer mit mehreren Niederlassungen die Möglichkeit gegeben, das Verwahrungsgeschäft unter den Niederlassungen so zu gestalten, als ob es sich rechtlich um verschiedene Verwahrer handelt; jede Niederlassung kann aufgrund der Fiktion die ihr anvertrauten Wertpapiere verschiedener Hinterleger einheitlich unter ihrem Namen bei einer 54

Drittverwahrung

§ 3 20,21

anderen Niederlassung des gleichen Verwahrers drittverwahren lassen (Hausdrittverwahrung). Ohne § 3 Abs. 1 Satz 2 wäre das nicht möglich, es würde dann immer die Vorschrift des § 2 gelten. Der Verwahrer wäre zwar frei zu entscheiden, bei welcher Niederlassung er im Rahmen seines gesamten Unternehmens die hinterlegten Wertpapiere aufbewahren will; immer aber müßte dies gemäß § 2 unter „äußerlich erkennbarer Bezeichnung der Wertpapiere eines jeden Hinterlegers gesondert von seinen eigenen Beständen und denen Dritter" geschehen. Unerheblich ist, ob die Zweigstellen oder die Hauptstelle sich an einem oder mehreren Orten befinden. Rückgabeort im Sinne des § 697 BGB ist im Zweifel immer der Ort derjenigen Zweigstelle, in der der Hinterleger dem Verwahrer die Wertpapiere anvertraut hat. Bei der Zweigstelle braucht es sich nicht um eine Zweigniederlassung gemäß § § 13 HGB, 42 AktG zu handeln (Quassouski-Schröder § 3 Anm. Β 2; Ratz in RGR Komm, z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 62; Opitz § 3 Bern. 4); andererseits ist jede Zweigniederlassung selbstverständlich Zweigstelle (zum Zweigstellenbegriff siehe auch Anordnung vom 20. Mai 1939 des Reichskommissars für das Kreditwesen (abgedr. bei Consbruch-Möller 4.08)). Die Fiktion des § 3 Abs. 1 Satz 2 hat nur Bedeutung für § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 3. Ansonsten bleibt es bei dem Grundsatz, daß alle Niederlassungen desselben Unternehmens eine einheitliche Rechtsperson darstellen (Opitz § 3 Bern. 4; Ratz in RGR Komm, z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 62). Im übrigen gilt die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 nur dann, wenn die 2 0 „Hausdrittverwahrung" unter dem Namen der Zweigstelle oder der Hauptstelle vorgenommen wird, nicht dagegen, wenn dies unter dem Namen des Kunden geschieht. § 3 Abs. 1 Satz 2 sagt nämlich nicht, daß Zweigstellen untereinander und im Verhältnis zur Hauptstelle schlechthin als verschiedene Verwahrer angesehen werden, sondern nur, daß sie als verschiedene Verwahrer im Sinne dieser Vorschrift gelten. Die Worte „im Sinne dieser Vorschrift" können sich aber nur auf § 3 Abs. 1 Satz 1 beziehen, d.h. auf den Fall einer Verwahrung der Kundeneffekten unter dem Namen einer Niederlassung bei einer anderen Stelle des gleichen Verwahrers. Werden die Wertpapiere unter dem Namen des Kunden bei der anderen Niederlassung verwahrt, gilt wieder der Grundsatz von der Einheitlichkeit der Rechtsperson des Verwahrers. Während früher die Hausdrittverwahrung wegen der damals damit ver- 2 1 bundenen technischen Vorteile meist unter dem Namen der Zweigstelle bei der Hauptstelle oder einer anderen Zweigstelle vorgenommen zu werden pflegte, hat es sich mit dem Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen zunehmend als noch rationeller erwiesen, die einer Zweigstelle anvertrauten Wertpapiere unter dem Namen des Kunden bei der Haupt- oder anderen Zweigstelle verwahren zu lassen. Rechtlich ist dies nicht zu beanstanden, denn § 3 ist in dieser Hinsicht nicht zwingend. Genau wie ein rechtlich selbständiger Verwahrer die Wertpapiere einem anderen rechtlich selbständigen Verwahrer unter dem Namen des Kunden zur Drittverwahrung anvertrauen darf, ist dies 55

§ 3

22-24

1. Abschnitt. Verwahrung

auch im Verhältnis verschiedener Niederlassungen eines und desselben Verwahrers zulässig.

22

23

24

C. Haftung für Verschulden des Drittverwahrers § 3 Abs. 2 regelt die Haftung des Zwischenverwahrers fiür ein Verschulden des Drittverwahrers. Die Vorschrift findet auf den Fall keine Anwendung, daß Drittverwahrer eine Zweigstelle oder Hauptstelle des Verwahrers ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2). § 3 Abs. 2 befaßt sich mit der Haftung für fremdes Verschulden, während die Haftung für die Zweigstelle und die Hauptstelle sich nach den Grundsätzen für eigenes Verschulden richtet (§ 2 7 6 BGB). Hauptund Zweigstellen ein und desselben Verwahrers besitzen trotz der Fiktion des § 3 Abs. 1 Satz 2 keine verschiedene Rechtspersönlichkeit (Quassowskj-Schröder § 3 Anm. C). I. Gesetzliche Regelung Nach § 3 Abs. 1 ist der Verwahrer — in Abweichung von § 6 9 1 B G B — ohne Ermächtigung des Hinterlegers zur Vornahme der Drittverwahrung befugt. Nach § 3 Abs. 2 haftet er daher — in Abweichung von § 6 9 1 BGB, der bei einer Drittverwahrung mit Ermächtigung des Hinterlegers den Verwahrer nur für culpa in eligendo (Auswahlverschulden) haften läßt — für ein Verschulden des Drittverwahrers wie für eigenes Verschulden. Der Zwischenverwahrer hat danach bei entgeltlicher Verwahrung gemäß § 2 7 6 BGB für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit des Drittverwahrers einzustehen. Bei unentgeltlicher Verwahrung haftet der Zwischenverwahrer für Vorsatz des Drittverwahrers und für die Anwendung derjenigen Sorgfalt durch den Drittverwahrer, die er — der Zwischenverwahrer — in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, mindestens aber für grobe Fahrlässigkeit des Drittverwahrers ( § § 690, 277 BGB; Quassouski-Schröder § 3 Anm. C I). II. Abweichende Regelung durch Vertrag Die gesetzliche Regelung in § 3 Abs. 2 ist nicht zwingendes Recht, sie kann durch Vertrag abbedungen werden. Der Zwischenverwahrer kann sich von seiner Haftung für ein Verschulden des Drittverwahrers in vollem Umfang, und zwar nicht nur für Fahrlässigkeit, sondern auch für Vorsatz durch vertragliche Vereinbarung freizeichnen. Das Gesetz kennt nur eine Grenze: Für die Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Drittverwahrers bleibt der Zwischenverwahrer auch dann verantwortlich, wenn ihm die Haftung für ein Verschulden des Drittverwahrers durch .Vertrag erlassen worden ist. Auch von diesem Grundsatz macht das Gesetz indessen wieder eine Ausnahme. Wenn die Papiere auf ausdrückliche Weisung des Hinterlegers bei einem bestimmten Drittverwahrer verwahrt werden, ist der Zwischenverwahrer auch von einer Haftung für Auswahlverschulden frei. Dies wird 56

Drittverwahrung

§3

25

freilich nur dann gelten können, wenn der Hinterleger den Drittverwahrer aus eigener Willensentscheidung benennt, nicht aber, wenn ihm der Drittverwahrer vom Zwischenverwahrer vorgeschlagen worden ist. In keinem Fall ist der von einer Haftung für ein Verschulden des Drittverwahrers freigezeichnete Zwischenverwahrer jedoch für eine Überwachung des Drittverwahrers verantwortlich (Qua sso uski- Schröder § 3 Anm. C II). Die Kreditinstitute haben die gesetzliche Haftungsregelung zumeist in 25 ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen abbedungen und ihre Haftung auf die sorgfältige Auswahl des Drittverwahrers beschränkt. Auch für das Auswahlverschulden ist die Haftung ausgeschlossen, wenn das Kreditinstitut bei der Auswahl einer Weisung des Kunden folgt. Dagegen pflegt die Haftung für das Verschulden von Wertpapiersammelbanken bei der Sammelverwahrung oder Sammelverwaltung nicht ausgeschlossen zu werden (vgl. Ziff. 36 AGB der Banken (siehe dazu Schütz, BFB, S. 39); Ziff. 36 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute; dagegen ist in Ziff. 40 AGB der Sparkassen die gesetzliche Regelung nur insofern abbedungen, als eine Haftung des Kreditinstitutes ausgeschlossen ist, wenn es bei der Auswahl des Drittverwahrers einer Weisung des Kunden gefolgt ist). Nach § 16 Abs. 2 GB KV haftet jeder Kassenverein für ein Verschulden anderer Kassenvereine, denen er Wertpapiere zur Sammelverwahrung anvertraut hat, wie für eigenes Verschulden.

57

§4

1

1. Abschnitt. Verwahrung

§4 Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten (1) Vertraut der Verwahrer die Wertpapiere einem Dritten an, so gilt als dem Dritten bekannt, daß die Wertpapiere dem Verwahrer nicht gehören. Der Dritte kann an den Wertpapieren ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht nur wegen solcher Forderungen geltend machen, die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind oder für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwahrer dem Dritten für das einzelne Geschäft ausdrücklich und schriftlich mitteilt, daß er Eigentümer der Wertpapiere sei. (3) Vertraut ein Verwahrer, der nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, Wertpapiere einem Dritten an, so gilt Absatz 1 nicht. Ist er nicht Eigentümer der Wertpapiere, so hat er dies dem Dritten mitzuteilen; in diesem Falle gilt Absatz 1 Satz 2. Übe

:ht Rdn.

Rdn. A. Allgemeines

.

1

B. Regelung des § 4 im einzelnen I. Fremdvermutung (Abs. 1 Satz 1) 1. Voraussetzungen 4 2. Wirkung der Fremdvermutung 7 3. Rechte des Verwahrers 8 II. Pfand· und Zurückbehaltüngsrechte (Abs. 1 Satz 2) 1. Allgemeines 9 2. Wegen Forderungen mit Bezug auf die Wertpapiere . . 11 3. Aufgrund besonderer Vereinbarung 15 4. Gutgläubiger Erwerb 19

III. Eigenanzeige (Abs. 2) 1. Allgemeines 2. Wirkung der Eigenanzeige . . 3. Form der Eigenanzeige IV. Anvertrauung durch Verwahrer, der nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt (Abs. 3) 1. Allge 2. Bank- oder Sparkassengeschäfte 3. Fremdanzeige (Abs. 3 Satz 2)

23 24 27

30 31 34

C. Depotbuchhaltung beim Drittverwahrer/Pfandgläubiger

38

D. Auslandsverwahrung

46

E. Strafrechtliche Vorschriften

50

A. Allgemeines Während § 3 dem Verwahrer das Recht gibt, die ihm zur Verwahrung anvertrauten Wertpapiere unter seinem eigenen Namen in Drittverwahrung zu geben, schützt § 4 den Hinterleger davor, daß seine Wertpapiere ungerechtfertigt zum Gegenstand von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten wegen Forderungen des Drittverwahrers gegen den Verwahrer gemacht werden. Obwohl ein enger Zusammenhang zwischen beiden Vorschriften besteht, 58

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

2,3

ist der Anwendungsbereich des § 4 nicht auf die Drittverwahrung nach § 3 beschränkt. Der Tatbestand der Drittverwahrung ist der, daß der Verwahrer die Wertpapiere einem anderen Verwahrer zur Verwahrung anvertraut, während § 4 sehr viel weitergehend alle Fälle umfaßt, in denen Wertpapiere einem Dritten, gleich aus welchem Grunde, anvertraut werden. Das Gesetz erreicht den angestrebten Schutz des Hinterlegers, indem es vorsieht, daß die von einem Verwahrer, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, einem Dritten anvertrauten Wertpapiere stets als fremde zu gelten haben. Diese sogenannte Fremdvermutung ist in § 4 Abs. 1 Satz 1 enthalten, während § 4 Abs. 1 Satz 2 sich mit den Wirkungen dieser Fremdvermutung für die Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten durch den Dritten befaßt. § 4 Abs. 2 schließt die Fremdvermutung und deren Wirkungen für den Fall aus, daß der Verwahrer dem Dritten mitteilt, er sei Eigentümer der Wertpapiere (Eigenanzeige). Eine weitere Einschränkung enthält § 4 Abs. 3, der bestimmt, daß die in § 4 Abs. 1 enthaltene Regelung nicht gilt, wenn der Verwahrer nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt. Einem solchen Verwahrer obliegt bei der Anvertrauung fremder Wertpapiere an einen Dritten nach § 4 Abs. 3 Satz 2 eine Fremdanzeigepflicht, d.h. er muß dem Dritten mitteilen, daß er nicht Eigentümer der Wertpapiere ist. Diese Fremdanzeige löst dann die in § 4 Abs. 1 Satz 2 enthaltenen Beschränkungen hinsichtlich der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten aus. Die Vorschriften des § 4 sind zwingendes Recht. Sie gelten sinngemäß 2 für Sammelbestandanteile ( § § 9 , 9 a), für die Einkaufskommission (§ 30) und den Eigenhandel (§ 31). Sie sind ferner sinngemäß anwendbar auf Bundesschuldbuchforderungen und Schuldbuchforderungen gegen die Länder (§ 2 der Ersten Sammeldepotverordnung; § 1 des Anleihegesetzes von 1 9 5 0 vom 29. März 1 9 5 1 (BGBl. I 218); Art. 2 der Depotgesetz-Novelle 1972). Näheres enthalten die Erläuterungen zu § 4 2 , siehe aber auch § 1 Rdn. 45, 4 6 . Im Dezember 1937 hat die Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe 3 — Zentralverband des deutschen Bank- und Bankiersgewerbes — „Geschäftsbedingungen fur den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" herausgegeben (Schütz, BFB, S. 5Off), in denen Einzelfragen der Wertpapierverwahrung und des Wertpapierhandels im Geschäftsverkehr inländischer Kreditinstitute untereinander, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die gesetzlichen Vorschriften des § 4, geregelt werden. Mit ihnen wurde unter anderem der den Kreditinstituten durch Abschnitt II Nr. 7 Abs. 2 der Richtlinien für die Depotprüfung — Ausgabe Januar 1938 — auferlegten Pflicht Rechnung getragen, eine ausdrückliche und ein für allemal geltende Vereinbarung über die einheitliche kurze Bezeichnung und Bedeutung der verschiedenen nach dem Depotgesetz im Geschäftsverkehr unter Kreditinstituten zu führenden Depots zu treffen. Die ab 1. 1. 1 9 7 1 geltenden neuen Richtlinien für die Depotprüfung (abgedr. im Anh. V I ) haben diese Verpflichtung zum Abschluß einer generellen Vereinbarung zwar nicht übernommen, schreiben aber im wesentlichen 59

§4

4

1. Abschnitt. Verwahrung

unverändert dieselben Bezeichnungen und Regeln für die verschiedenen Depots im Verkehr zwischen Kreditinstituten untereinander vor (Ziff. 1 2 Abs. 7 RichtlHinw): Eigendepot: Depot A, Fremddepot: Depot B, Pfanddepot: Depot C, Sonderpfanddepot: Depot D. Für das Depot Β war früher der Ausdruck „Anderdepot" gebräuchlich, eine sachliche Änderung ist durch den Wechsel des Ausdrucks jedoch nicht eingetreten. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, daß die „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" ebenso wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr der Kreditinstitute untereinander ohne ausdrückliche Anerkennung Anwendung finden (Schütz, B F B , S. 4, I 4h). Diese sieht ist jedoch nicht mehr zutreffend. Die „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" werden heute von den Kreditinstituten überwiegend nicht mehr verwendet; manchen Kreditinstituten ist ihr Inhalt sogar unbekannt. Dies geht unter anderem daraus hervor, daß sich die Banken allgemein von ihrer inländischen Bankierkundschaft eine ausdrückliche Ermächtigung zur Girosammeiverwahrung erteilen lassen, obwohl dies nach Ziff. 3 der Geschäftsbedingungen nicht erforderlich wäre. Die genannten Geschäftsbedingungen gelten daher auch unter inländischen Kreditinstituten nur, wenn ihre Anwendung ausdrücklich vereinbart ist, was in der Praxis selten sein dürfte. Wegen der vier Depotarten und der dafür geltenden Regeln als Handelsbrauch siehe Rdn. 38. Auf ausländische Bankierkundschaft hat man schon seiner Zeit den Anwendungsbereich der erwähnten Geschäftsbedingungen bewußt nicht ausgedehnt, „weil sich die aus dem neuen Depotgesetz ergebende technische Gestaltung für den Auslandsverkehr nicht in allen Fällen eignet" (siehe dazu Opitz BankArch. 1937/38, 6 7 f f = Sammelband S. 2 7 3 f f ; Schütz, B F B , S. 50). Will ein inländisches Kreditinstitut dennoch gegenüber seiner ausländischen Bankierkundschaft nach diesen Geschäftsbedingungen verfahren, so ist eine entsprechende Vereinbarung mit dem ausländischen Kreditinstitut unerläßlich (vgl. Rundschreiben des Bundesverbandes deutscher Banken e. V . Nr. 16/IV v. 2 5 . 2. 1 9 7 2 in W M 1 9 7 2 , 519). B. Regelung des § 4 im einzelnen I. Fremdvermutung (Abs. 1 Satz 1). 4

1. Voraussetzungen Die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 gilt immer, wenn ein Verwahrer die Wertpapiere einem Dritten anvertraut. Der Anvertrauende muß Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2 sein, er muß gleichzeitig aber auch Bankoder Sparkassengeschäfte betreiben, wenn die Fremdvermutung zum Zuge kommen soll. In § 4 Abs. 3 ist nämlich ausdrücklich bestimmt, daß Abs. 1 dann nicht gilt, wenn der Verwahrer keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt. Der Begriff „Verwahrer" wird hier nicht im Sinne einer Berufs- oder

60

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

5,6

Gewerbebezeichnung dessen verwendet, der die Wertpapiere einem Dritten anvertraut (vgl. § 1 Rdn. 48; § 3 Rdn. 5). Als Verwahrer kann hier vielmehr nur derjenige angesehen werden, der Verwahrer und nicht Eigentümer der dem Dritten anvertrauten Wertpapiere ist. Die ganze Regelung beruht darauf, daß es sich um für den Verwahrer fremde Wertpapiere handelt. Die Fremdvermutung mit all ihren Wirkungen gilt nicht, wenn ein Kaufmann, dem im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut zu werden pflegen (§ 1 Abs. 2), der also „Verwahrer" im Sinne einer Berufs- und Gewerbebezeichnung ist, eigene Wertpapiere einem Dritten anvertraut, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er dem Dritten die nach § 4 Abs. 2 erforderliche Eigenanzeige gemacht hat oder nicht. Nur fremde Wertpapiere werden vor dem Zugriff des Dritten nach Maßgabe des Abs. 1 geschützt, eine andere Regelung wäre widersinnig (Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β I 1; Schlegelberger-He/ermehl Anh. zu § 383 Anm. 72; Ratz in RGR Komm. ζ. Η GB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 70; a. A. Opitz § 4 Bern. 3; siehe auch Rdn. 2 5). § 4 Abs. 1 Satz 1 sagt nicht, daß die Wertpapiere dem Dritten „zur Ver- 5 wahrung" anvertraut sein müssen, noch daß es sich bei dem Dritten um einen Verwahrer handeln muß. Der Tatbestand der Vorschrift ist daher erheblich weiter als derjenige des § 3. Der Zweck, zu dem die Wertpapiere dem Dritten anvertraut werden, ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 unerheblich. Die Wertpapiere können dem Dritten anvertraut sein zur Drittverwahrung (unter dem Namen des Verwahrers oder des Kunden) im Sinne von § 3, als Pfand, zur Veräußerung oder Verpfandung, zum Umtausch in oder zum Bezüge von anderen Wertpapieren, wie etwa Zins- oder Gewinnanteilscheinen, zur Abstempelung, zur Umschreibung oder zur Hinterlegung zum Zwecke der Stimmrechtsausübung sowie zu allen anderen denkbaren Zwecken (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 66). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verwahrer die Wertpapiere selbst beim Dritten einliefert, oder ob sie dort für seine Rechnung von anderer Seite eingehen (Quassowski-Schröder § 4 Anm. Β I 1; Opitz § 4 Bern. 2). Die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 gilt jedem Dritten gegenüber, 6 einerlei ob dieser Verwahrer ist oder nicht, auch die Kaufmannseigenschaft braucht er nicht zu besitzen. Vertraut ein deutscher Verwahrer die Wertpapiere einem im Ausland ansässigen Dritten an, so gilt die Fremdvermutung dem Ausländer gegenüber grundsätzlich nicht, denn nach den allgemeinen Normen des internationalen Privatrechts kommt in diesem Falle — mangels einer, praktisch nicht vorkommenden, abweichenden Parteiabrede — das deutsche Depotgesetz einschließlich der Regelung über die Fremdvermutimg nicht zur Anwendung ( Q u a s s o w k i - S c h r ö d e r § 4 Anm. Β I 2; Ratz in RGR Komm. z. H B G Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 66; Opitz BankArch. 1937/38, 6 7 f f = Sammelband S. 273ff; von Caemmerer BankArch. 1937/38, 723; siehe Rdn. 4 3 46). Ob die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 zum Zuge kommt, wenn 61

§4 7

1. Abschnitt. Verwahrung

umgekehrt ein ausländisches Kreditinstitut ihm zur Verwahrung iibergebene Wertpapiere einem im Inland ansässigen Dritten anvertraut, ist in der Literatur umstritten. Schröder (BankArch. 1937/38, 721). von Caemmerer (BankArch. 1937/38, 7 2 6 ) und Fischer (ZAkDR 1937, 6 3 4 ) haben sich mit unterschiedlichen Begründungen dagegen ausgesprochen, während Opitz (BankArch. 1937/38, 7 Iff = Sammelband S. 277 ff) die Frage bejaht (ebenso Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 65; wohl ebenfalls gl. A. Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 HGB Anm. 7 3; Riesser S. 213). Demgegenüber geht die Praxis der deutschen Kreditinstitute einheitlich davon aus, daß die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 auch hinsichtlich der ausländischen Bankierkundschaft anzunehmen ist, und daß die von ausländischer Bankierkundschaft in Verwahrung gegebenen Werte grundsätzlich dem Depot Β (Fremddepot) beizufügen sind. Der Meinungsstreit hat heute also nur noch theoretische Bedeutung, so daß sich eine Auseinandersetzung damit an dieser Stelle erübrigt. Die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 gilt nicht im Verkehr verschiedener Zweigstellen eines Verwahrers untereinander und auch nicht in ihrem Verhältnis zur Hauptstelle. Eine dem § 3 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Bestimmung gibt es hier nicht (Opitz § 4 Bern. 2). 7

2. Wirkung der Fremdvermutung Die Wirkung der Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 liegt darin, daß dem Dritten als bekannt gilt, daß die ihm anvertrauten Wertpapiere dem Verwahrer nicht gehören, dieser also nicht der Eigentümer ist. Diese Vermutung ist unwiderleglich, ein Gegenbeweis nicht zulässig (Quassowskj-Schröder § 4 Anm. Β I 3; Opitz § 4 Bern. 2). Der Dritte kann sich also nicht darauf berufen, er habe den Verwahrer für den Eigentümer gehalten und habe ihn auch ohne Fahrlässigkeit dafür halten können (§ 932 BGB). Die Fremdvermutung gilt nicht für eigene Wertpapiere des Verwahrers (Rdn. 4, 25). Ihre Wirkung ist gegenüber demjenigen Verwahrer, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, lediglich nach § 4 Abs. 2 im Falle einer Eigenanzeige und gegenüber einem Verwahrer, der nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, generell durch die Regelung des § 4 Abs. 3 eingeschränkt. Abgesehen von diesen Einschränkungen ist danach durch § 4 Abs. 1 Satz 1 die Möglichkeit eines Erwerbs des Eigentums nach den § § 932 ff BGB oder des Pfandrechts an den Wertpapieren nach § 1207 BGB kraft guten Glaubens an das Eigentum des Verwahrers als Veräußerer oder Verpfänder ausgeschlossen. Der Dritte kann gegenüber der Fremdvermutung auch nicht geltend machen, er habe denjenigen, von dem ihm die Wertpapiere anvertraut worden seien, nicht für einen Verwahrer gehalten oder wenigstens geglaubt, daß dieser keine Bankoder Sparkassengeschäfte betreibe; entscheidend ist allein, ob beides objektiv der Fall war (Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 68). Unberührt von der Fremdvermutung bleibt dagegen der Schutz des guten 62

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 8,9

Glaubens an die Verfiigungsmacht des Verwahrers nach § § 366 HGB, 9 3 2 f f BGB (Inhaberpapiere) sowie nach § § 365 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G (Orderpapiere). Veräußert oder verpfändet ein Verwahrer im Betriebe seines Handelsgewerbes die ihm anvertrauten Wertpapiere unbefugt an einen Dritten, so kann der Dritte, wenn er im Hinblick auf die Verfiigungsmacht gutgläubig ist, also den Mangel der Verfiigungsmacht, ohne grob fahrlässig gewesen zu sein, nicht kennt, an den Wertpapieren des Eigentümers ein Pfandrecht erwerben (näheres unter Rdn. 19—21). Der Erwerber eines Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts ist indessen auch in diesem Fall nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 Satz 2 beschränkt (Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β I 3). Für den Eigentumsnachweis in der Wertpapierbereinigung (§ 21 W B G ) hatten die Vorschriften in § 4 Abs. 1 und 2 keine Geltung (OLG Düsseldorf W M 1956, 1392). 3. Rechte des Verwahrers Die Rechte des Verwahrers aufgrund seiner mit dem Dritten getroffenen 8 Vereinbarungen werden durch die Fremdvermutung grundsätzlich nicht eingeschränkt. Der Verwahrer ist insbesondere durch die Fremdvermutung in keiner Weise gehindert, einen obligatorischen Rückgabeanspruch — etwa den aus § 695 BGB — gegen den Dritten geltend zu machen. Der Dritte darf auch trotz der Fremdvermutung in der Regel einen Verkaufsauftrag des Verwahrers ausführen, er braucht sich nicht etwa vom Verwahrer einen entsprechenden schriftlichen Auftrag des Hinterlegers der Wertpapiere vorlegen zu lassen. Ein derartiges Verlangen wäre sinnlos und zum Schutz des Dritten nicht geeignet, weil dieser nicht weiß, wer Eigentümer der einzelnen Wertpapiere ist, und infolgedessen auch gar nicht kontrollieren kann, ob der Verkaufsauftrag von dem verfügungsberechtigten Eigentümer kommt. Der Dritte muß sich auf die Redlichkeit des Verwahrers verlassen können. Entsprechendes gilt bei einer Verfügung über den Verkaufserlös (QuassouskjSchröder § 4 Anm. Β I 4, siehe dazu im einzelnen unter Rdn. 45). II. Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte (Abs. I Satz 2) 1. Allgemeines Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ist der Dritte in der Geltendmachung von Pfand- 9 und Zurückbehaltüngsrechten wegen Forderungen gegen den Verwahrer beschränkt. Dies ist die logische Folge aus der in § 4 Abs. 1 Satz 1 statuierten Fremdvermutung. Die Beschränkung bezieht sich sowohl auf gesetzliche als auch vertragliche Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte (RGZ 71, 338). Als gesetzliches Pfandrecht kommt vor allem das Pfandrecht des Kommissionärs nach § 397 HGB und gegebenfalls auch sein pfandähnliches Befriedigungsrecht am eigenen Kommissionsgut nach § 398 H G B in Betracht; beide Rechte bestehen nicht nur für den gesetzlichen Regelfall der einfachen Effektenkommission, sondern auch für den bankgeschäftlichen Normalfall 63

§ 4

10, 11

1. Abschnitt. Verwahrung

der Effektenkommission durch Selbsteintritt (§ 4 0 4 H GB, Ziff. 29 Abs. 1 AGB der Banken), sie sind darüber hinaus gleichfalls auf den Eigenhändler im Effektengeschäft (§ 4 0 6 Abs. 1 Satz 2 H G B ) anwendbar (Opitz § 19 Bern. 3; Stauder-Comes W M 1969, 615 Anm. 35). Gesetzliche Zurückbehaltüngsrechte geben die § § 273 B G B und 369, 370 H G B . Als vertragliches Pfandrecht ist neben der vertraglichen Einzelverpfändung vor allem an das allgemeine Pfandrecht der Kreditinstitute aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Ziff. 19 Abs. 2 AGB der Banken, Ziff. 19 Abs. 1 AGB der Sparkassen, Ziff. 19 Abs. 2 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute) zu denken. Ein gegenüber § 27 3 BGB erweitertes Zurückbehaltungsrecht ist ebenfalls teilweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute enthalten (Ziff. 19 Abs. 5 AGB der Banken); auch hierfür gilt die Beschränkung des § 4 Abs. 1 Satz 2. Der Ausdruck „geltend machen" kann nicht dahin verstanden werden, daß nur die Geltendmachung der Rechte, nicht aber ihre Entstehung beschränkt werde; richtig ist vielmehr, daß die Rechte nur in dem gesetzlich beschränkten Umfang entstehen ( G a d o u JR 1934, 247; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 69; a. A. Rospatt BankArch. 1931/32, 226). Bei der Drittverwahrung spielt es für die Anwendbarkeit von § 4 Abs. 1 Satz 2 keine Rolle, ob die Wertpapiere beim Drittverwahrer unter dem Namen des Zwischenverwahrers oder dem Namen seines Kunden verwahrt werden (§ 3 Rdn. 1 3). In beiden Fällen ist die Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten nur in dem von § 4 Abs. 1 Satz 2 zugelassenen Rahmen möglich, die Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten an den Wertpapieren durch den Drittverwahrer wegen etwaiger Ansprüche, die ihm gegen den Kunden zustehen mögen, ist daher im einen wie im anderen Fall ausgeschlossen. 10 Die in § 4 Abs. 1 Satz 2 angeordnete Beschränkung besteht darin, daß der Dritte an den ihm anvertrauten Wertpapieren ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht nur wegen zweierlei Gruppen von Forderungen gegen den Verwahrer geltend machen kann, nämlich einmal wegen solcher Forderungen, die „mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind" (§ 4 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative) und zum anderen wegen solcher Forderungen, „fiir die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen" (§ 4 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative). 11

2. Wegen Forderungen mit Bezug auf die Wertpapiere Zur Gruppe der Forderungen, die „mit Bezug auf diese Wertpapiere" entstanden sind, gehören nur die Forderungen des Dritten gegen den Verwahrer aus dem unmittelbar über die Wertpapiere geschlossenen und diese Wertpapiere betreffenden Geschäft. Es muß sich also um Forderungen aus dem Anvertrauungsgeschäft selbst handeln, etwa um Forderungen aus der Verwahrung und Verwaltung. Ist das Anvertrauungsgeschäft eine Drittverwah-

64

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

12

rung, so kommen in erster Linie Forderungen wegen Depotgebühren und Verwaltungskosten, aber auch wegen Aufwendungen für Bezugsrechtsausübung, Volleinzahlung, Leistung von Zuschüssen und ähnlichem in Betracht. Obwohl der Zwischenverwahrer nach § 3 alle Wertpapiere seiner verschiedenen Hinterleger zusammen mit eigenen Beständen ungetrennt unter seinem Namen in Drittverwahrung geben kann, haften die Wertpapiere jedes einzelnen Hinterlegers dennoch nur für diejenigen Forderungen des Drittverwahrers, die sich gerade auf sie beziehen, nicht dagegen für diejenigen Forderungen, die Wertpapiere anderer Hinterleger des Zwischenverwahrers betreffen. Hieraus können sich natürlich für den Drittverwahrer in der Praxis erhebliche Aufteilungsschwierigkeiten ergeben, indessen erscheint es überspitzt, wenn Quassouski-Schröder (§ 4 Anm. Β II l a ) daraus die Folgerung ziehen, der Drittverwahrer könne sich in Anbetracht dieser Schwierigkeiten wegen seiner Ansprüche aus der Drittverwahrung praktisch nicht an das Depot des Zwischenverwahrers halten. Diese Aufteilungsschwierigkeiten entfallen weitgehend, wenn die Drittverwahrung nicht unter dem Namen des Zwischenverwahrers, sondern unter dem Namen seines Kunden durchgeführt wird (§ 3 Rdn. 1 3). Zur Gruppe der Forderungen, „die mit Bezug auf diese Wertpapiere" entstanden sind, gehören auch die Forderungen aus der Anschaffung der anvertrauten Wertpapiere, und zwar einerlei, ob die Wertpapiere vom Dritten im Wege einer einfachen Effektenkommission ( § § 383 ff HGB), einer Effektenkommission durch Selbsteintritt ( § § 4 0 4 H G B ) oder im W e g e des Eigenhandels erworben wurden. Dies ergibt sich aus den § § 30 Abs. 2, 31, nach denen § 4 auf das einfache Kommissionsgeschäft, das Kommissionsgeschäft durch Selbsteintritt und den Eigenhandel sinngemäß Anwendung findet (Opitz § 4 Bern. 9 und § 30 Bern. 8; Zahn DJ 1937, 654; siehe auch die Erläuterungen zu § § 30, 31). Durch Verbuchung dieser Forderungen in laufender Rechnung gehen Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte grundsätzlich nicht unter (§ 356 HGB; Opitz $ 4 Bern. 9; RGZ 76, 334). Sind die Wertpapiere dem Dritten nicht zur Drittverwahrung, sondern nur 1 2 zur Veräußerung, als Pfand, zum Umtausch, zur Einlösung, zum Bezug von Zins- oder Gewinnanteilscheinen, zur Hinterlegung zum Zwecke der Stimmrechtsausübung oder dergleichen anvertraut worden, so sind nur die Forderungen aus der Ausführung des jeweiligen einzelnen Geschäfts als „mit Bezug auf die Wertpapiere entstanden" anzusehen (Quassowshi-Schröder § 4 Anm. Β II 1 a). Bei einer Anvertrauung als Pfand gehört eine etwaige Gebührenforderung für die Pfandverwahrung zu den „Forderungen, die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind", nicht dagegen die Forderungen, zu deren Sicherung die Wertpapiere verpfändet worden sind (QuassomkiSchröder § 4 Anm. Β II 1 c; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 69; Simonson JR 1932, 1 16; Godow JR 1934, 226; a. A. Rospatt BankArch. 1931/32, 228 und RGZ 1 33, 188; richtig dagegen wie hier RGZ 117, 95). 65

§4

13, 14

1. Abschnitt. Verwahrung

13

Auch soweit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 wegen „Forderungen, die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind", ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht von dem Dritten an den ihm anvertrauten Wertpapieren geltend gemacht werden kann, begründet § 4 Abs. 1 Satz 2 ein solches Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht für den Dritten nicht, sondern schließt lediglich eine anderweitige Begründung durch Gesetz oder Vertrag nicht aus. Es bedarf daher in jedem Einzelfall zusätzlich einer Prüfung, ob wegen der betreffenden Forderung anderweitig ein gesetzliches oder vertragliches Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht wirksam entstanden ist. In Bezug auf die einschlägigen gesetzlichen Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte (siehe Rdn. 9) ist diese Feststellung ohne größere Schwierigkeiten zu treffen. Problematisch dagegen ist die Rechtslage hinsichtlich eines vertraglichen Pfandrechts, das, abgesehen vom Zurückbehaltungsrecht des § 273 B G B , möglicherweise allein als Sicherheit für die betreffende Forderung in Betracht kommt, wie es etwa bei der Depotgebührenforderung der Fall ist, für die es ein gesetzliches Pfandrecht nicht gibt. Zur Begründung eines vertraglichen Pfandrechts an den Wertpapieren bedarf es — abgesehen von der hier immer vorliegenden Ubergabe der Pfandsache an den Pfandgläubiger — eines Pfandvertrages zwischen dem Verwahrer als Verpfänder und dem Dritten als Pfandgläubiger, d. h. einer Einigung dahin, daß dem Dritten ein Pfandrecht an den Wertpapieren zustehen soll (vgl. §§ 1292, 1293, 1205 B G B für Order- und Inhaberpapiere und für Rektapapiere gegebenenfalls §§ 1274, 1205 B G B ) . Diese Einigung über das Entstehen des Pfandrechts kann selbstverständlich in einem für den Einzelfall abgeschlossenen Pfandvertrag getroffen werden, was freilich in der Praxis wegen der hier behandelten Forderungsgruppe kaum vorkommen wird. Sie liegt aber auch in der für das hier in Betracht kommende Depot Β (Fremddepot) in den „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" enthaltenen Pfandklausel: „In Depot Β gehören diejenigen eigenen oder fremden Werte, die der Bank ausschließlich für Forderungen aus der Anschaffung, Verwahrung und Verwaltung der einzelnen Werte haften sollen" (Schütz, B F B , S. 5 1 Anm. 5) und ist darüber hinaus in der üblichen allgemeinen Pfandklausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (Ziff. 19 Abs. 2 A G B der Banken, Ziff. 19 Abs. I A G B der Sparkassen, Ziff. 19 Abs. 2 der genossenschaftlichen Kreditinstitute) enthalten. Letzterer kommt dann besondere Bedeutung zu, wenn zwar die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Geschäftsverkehr zwischen dem Verwahrer und dem Dritten zugrunde liegen, nicht aber die „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" (siehe hierzu Rdn. 3).

14

Der Verwahrer ist nicht Eigentümer der zu verpfändenden Wertpapiere. Zur Begründung des Pfandrechts für den Dritten reichen infolgedessen die Ubergabe der Wertpapiere und die Einigung über das Entstehen des Pfandrechts zwischen dem Verwahrer und dem Dritten grundsätzlich nicht

66

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 15, 16

aus, der Verwahrer muß vielmehr auch noch gegenüber dem Eigentümer befugt sein, eine derartige Verfügung vorzunehmen. Diese Befugnis kann ihm entweder kraft Gesetzes oder aber aufgrund einer Einwilligung des Eigentümers nach § 185 Abs. 1 B G B gegeben sein. W a s den im Vordergrund stehenden Fall der Drittverwahrung angeht, so wird man aus der in § 3 enthaltenen Befugnis des Verwahrers, die ihm anvertrauten Wertpapiere ohne Einwilligung des Hinterlegers in Drittverwahrung zu geben, auch die weitergehende Befugnis ableiten können, die Wertpapiere wegen der Kosten der Drittverwahrung nicht nur gesetzlichen, sondern auch den unter Kreditinstituten üblichen Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten zu unterwerfen (gl. A. QuassomkjSchröder § 3 Anm. A, die freilich nur von gesetzlichen Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten für die Kosten der Drittverwahrung sprechen, dabei aber nicht berücksichtigen, daß es ein gesetzliches Pfandrecht für die „Kosten der Drittverwahrung" nicht gibt). In allen anderen Fällen, in denen der Verwahrer im Sinne von § 4 Abs. 1 Wertpapiere einem Dritten anvertraut, wird jeweils zu prüfen sein, ob aus dem Rechtsgeschäft zwischen dem Verwahrer und dem Hinterleger (Eigentümer), aufgrund dessen die Wertpapiere dem Dritten anvertraut werden, eine Einwilligung des Eigentümers nach § 185 Abs. 1 B G B zur Verpfändung im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 gefolgert werden kann. Für ein im geschäftlichen Verkehr übliches Pfandrecht wegen der Kosten des „Anvertrauungsgeschäfts" wird man dies im Zweifel mit der gleichen Berechtigung annehmen können, wie man für den Fall der Drittverwahrung eine entsprechende Befugnis aus der Regelung des § 3 ableitet (vgl. Zahn D J 1 9 3 7 , 6 5 4 ) . Die Vorschrift des § 12 Abs. 1, wonach der Verwahrer die Wertpapiere nur aufgrund einer ausdrücklichen schriftlichen, nicht in seinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Ermächtigung und nur im Zusammenhang mit einer Krediteinräumung für den Hinterleger und nur an einen Verwahrer verpfänden darf, greift hier nicht ein. Die besondere Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 geht, wenn es sich um eine Verpfändung wegen solcher Forderungen handelt, „die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind", der allgemeinen Vorschrift des § 12 vor. 3. Aufgrund besonderer Vereinbarung Die zweite Gruppe von Forderungen, wegen derer nach § 4 Abs. 1 Satz 2 1 5 ein Pfand- und Zurückbehaltungsrecht an den Wertpapieren von dem Dritten geltend gemacht werden kann, umfaßt alle Forderungen, „für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen". Es handelt sich danach um Forderungen, für die der Verwahrer dem Dritten die Wertpapiere durch besonderes Rechtsgeschäft verpfändet hat. Die diese zweite Gruppe von Forderungen betreffenden Bestimmungen des 1 6 § 4 Abs. 1 Satz 2 stehen in engem Zusammenhang mit den Vorschriften des § 1 2 . Die Frage nämlich, für welche Forderungen und an wen der Verwah67

§ 4

17

1. Abschnitt. Verwahrung

rer die Wertpapiere verpfänden darf, beantwortet sich ausschließlich nach § 12. Im Falle der regelmäßigen oder üblichen Verpfändung ( § 1 2 Abs. 2) sind dies die Forderungen aus dem Rückkredit für Krediteinräumungen an alle Hinterleger, die zur regelmäßigen Verpfändung ermächtigt haben und denen ein Kredit eingeräumt worden ist; bei der beschränkten Verpfändung ( § 1 2 Abs. 3) sind es die Forderungen aus dem einzelnen Rückkredit für die Krediteinräumung an diesen einzelnen Hinterleger; im Falle der unbeschränkten Verpfändung ( § 1 2 Abs. 4) handelt es sich schließlich um alle Forderungen des Pfandnehmers gegen den Verwahrer. Hinsichtlich der Person des Pfandnehmers enthält § 12 die bedeutsame Einschränkung, daß die Verpfändung nur an einen Verwahrer (im Sinne einer Berufs- und Gewerbebezeichnung), und nicht an jeden Dritten vorgenommen werden darf. Ferner muß die Verpfändung nach § 12 im Zusammenhang mit einer Krediteinräumung an den Hinterleger stehen (siehe dazu im einzelnen die Erläuterungen zu § 12). Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 erfährt also durch die Regelung des § 12 eine erhebliche Einschränkung. 17 § 4 Abs. 1 Satz 2 schreibt vor, daß die Wertpapiere dem Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht des Dritten in dem einzelnen zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft unterworfen werden müssen, sollen diese Rechte wirksam zur Entstehung gelangen. Es bedarf von Fall zu Fall einer besonderen Vereinbarung über das Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht, und in dieser Vereinbarung muß festgelegt sein, für welche Forderungen die Wertpapiere haften sollen. Ein Erwerb von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten allein aufgrund einer generellen Vereinbarung, wie etwa der Pfandklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute, ist danach ausgeschlossen {Quassouski-Schröder § 4 Anm. Β II 2 c; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 69). Die Unterwerfung der Wertpapiere unter ein vertragliches Pfand- und Zurückbehaltungsrecht des Dritten und die Bestimmung des Kreises der Forderungen, für die die Wertpapiere haften sollen, müssen jedoch nicht in jedem einzelnen Fall ausdrücklich vorgenommen werden. Auch ist es nicht nötig, die Forderungen jeweils nach Rechtsgrund und Betrag zu spezifizieren. Ausreichend sind vielmehr solche für den Einzelfall abgegebenen Erklärungen, die für den Verwahrer wie den Dritten — und damit auch für den Depotprüfer — klar erkennen lassen, daß und für welche Forderungen die Wertpapiere verhaftet sein sollen (Quassowski-Schröder § 4 Anm. Β II 2 c). Im Verkehr unter inländischen Kreditinstituten genügt es, wenn der Verwahrer von Fall zu Fall durch Erklärungen gegenüber dem Kreditinstitut, dem er die Wertpapiere anvertraut, das Depot bestimmt, in welches die Wertpapiere eingelegt werden sollen, ob sie also für das Depot A (Eigendepot), das Depot Β (Fremddepot), das Depot C (Pfanddepot) oder das Depot D (Sonderpfanddepot) bestimmt sind. Hier ergibt sich der Kreis der Forderungen aus den für die einzelnen Depots unter inländischen Kreditinstituten geltenden Bezeichnungen und Regeln (siehe Rdn.

68

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

18

38), während die Vereinbarung über das Entstehen des Pfand- und Zurückbehaltungsrechts in den genannten Geschäftsbedingungen beziehungsweise den Pfandklauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute liegt (vgl. Schütz, BFB, S. 51). Werwie Opitz (BankArch. 1937/38; 71 ff = Sammelband S. 277ff (283); 18 siehe auch Rdn. 6 m. w. N.) der Meinung ist, daß die Fremdvermutung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 auch gilt, wenn ein ausländisches Kreditinstitut ihm zur Verwahrung übergebene Wertpapiere seiner Kundschaft einem im Inland ansässigen Dritten anvertraut, muß sich zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzen, wie sich die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) auf diesen Fall auswirkt, da die eng mit dieser Vorschrift zusammenhängenden Bestimmungen des § 12 für den ausländischen Verwahrer unstreitig nicht gelten können (dagegen haben sich insbesondere Schröder BankArch. 1937/38, 722 und von Caemmerer BankArch. 1937/38, 726 ausgesprochen, die beide die Anwendbarkeit des § 4 für diesen Fall überhaupt ablehnen). Opitz kommt dabei zu dem Ergebnis, daß das in § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) aufgestellte Erfordernis der Einzelerklärung, d. h. der besonderen Verpfändung für den jeweiligen Einzelfall, hier nicht gelte. § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) sei lediglich im Hinblick auf § 12 geschaffen und könne dann keine Bedeutung haben, wenn § 12 nicht in Betracht komme, weil diese Vorschrift nur den inländischen, nicht aber den ausländischen Verwahrer trifft. Der inländische Drittverwahrer könne danach ein unbeschränktes Pfandrecht für alle seine Forderungen gegen den ausländischen Verwahrer bereits aufgrund einer allgemeinen Pfandklausel in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen erwerben und infolgedessen die Wertpapiere dem Depot A beifügen, das nicht nur für eigene Werte des ausländischen Verwahrers, sondern auch für fremde unbeschränkt verpfändete Wertpapiere bestimmt sei. Fehle es dem ausländischen Verwahrer nach der dafür maßgeblichen ausländischen Rechtsordnung an der für die Verpfandung notwendigen Verfügungsbefugnis, so sei ein Erwerb kraft guten Glaubens an die Verfügungsmacht des Verwahrers (§§ 366, 365 HGB, 932ff BGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G ) möglich. Soviel Bestechendes diese Auffassung für sich haben mag, die Praxis folgt ihr nicht. Sie führt die Geltung der Fremdvermutung auch für diesen Fall konsequent durch und hält im allgemeinen am Prinzip der Einzelverpfändung fest, ohne die eine Verwahrung der Wertpapiere in Depot Β vorgenommen wird (siehe Rundschreiben des Bundesverbandes deutscher Banken c·. V. Nr. 16/IV vom 25. 2. 1972 in W M 1972, 519). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des inländischen Verwahrers gelten grundsätzlich auch gegenüber einem ausländischen Kreditinstitut, das dem inländischen Verwahrer Wertpapiere zur Verwahrung anvertraut (BGH W M 1971, 986 ff).

69

§ 4 19, 20

1. Abschnitt. Verwahrung

4. Gutgläubiger Erwerb Der Schutz des guten Glaubens an das Eigentum des Verwahrers ist durch die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 ausgeschlossen. Der gutgläubige Erwerb eines Pfandrechts an den Wertpapieren durch den Dritten nach § § 1293, 1207, 9 3 2 f f BGB und § 1292 BGB, 365 H GB, 68 Abs. 1 AktG Art. 16 W G ist nicht möglich. Die Vorschriften über den guten Glauben an die Verfiigungsmacht des Verwahrers werden dagegen durch die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 nicht eingeschränkt. Es handelt sich bei Inhaberpapieren um die Vorschriften der § § 366, 367 HGB, 1293, 1207, 932 ff BGB und bei Orderpapieren um die Vorschriften der § § 1292, 1205 BGB, 365, 367 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G (siehe Stauder-Comes W M 1969, 613). Der Dritte kann also durch ein im Rahmen der § 4 Abs. 1 Satz 2, § 12 vorgenommenes Rechtsgeschäft ein Pfandrecht an den ihm anvertrauten Wertpapieren auch dann erwerben, wenn der Verwahrer entweder überhaupt keine Ermächtigung zur Verpfändung nach § 12 hat oder eine erteilte Ermächtigung überschreitet, der Dritte aber hinsichtlich der Verfügungsmacht in gutem Glauben gehandelt hat. Nach § § 366 HGB, 932 Abs. 2 BGB (Inhaberpapiere) und § § 365 HGB, 68 AktG, Art. 16 Abs. 2 W G (Orderpapiere), ist der Dritte nicht im guten Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß der Verwahrer keine Verfügungsmacht über die Wertpapiere hat, ihm also eine Ermächtigung zur Verpfandung nach § 12 fehlt oder er eine ihm erteilte Ermächtigung überschreitet, indem er die Wertpapiere etwa statt regelmäßig nach § 12 Abs. 2 unbeschränkt nach § 12 Abs. 4 verpfändet. 20 Die Beweislast für das Fehlen des guten Glaubens trifft grundsätzlich den, der das Entstehen des Pfandrechts für den Dritten bestreitet ( Q u a s s o w s k f Schröder § 4 Β II 2b; Palandt-Degenhart § 932 Anm. 5; Baumbach-Duden § 366 Anm. 2 C). In Abweichung von dieser sich aus der Fassung der § § 366 H G B , 932 BGB ergebenden Regelung der Beweislast hat das Reichsgericht für den Fall der Verpfändung von Wertpapieren wegen Forderungen, für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen, in mehreren Entscheidungen ( R G Z 71, 341; 87, 332; 117, 9 6 ) gegen starken Widerspruch in der Literatur (Bonn BankArch. 1909/10, 2 36 ff; Weissbart BankArch. 1913/ 14, 128 ff; Breit LZ 1910, 11 ff; Riesser S. 124; Rospatt BankArch. 1931/32, 227; wie das Reichsgericht Lusensky S. 83—85 und Gadow JR 1 9 3 4 , . 2 4 6 ) eine Umkehr der Beweislast in puncto Gutgläubigkeit angenommen und sie dem Dritten auferlegt, während es bei der Pfandhaftung für Forderungen, „die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden" waren, die aus dem Gesetz zu entnehmende Beweislastregelung gelten ließ (RGZ 1 33, 188). Die Entscheidungen des Reichsgerichts sind jedoch alle noch zu § 8 des Depotgesetzes 1896 ergangen, der in mehrfacher Hinsicht von der Regelung in § 4 des geltenden Depotgesetzes abwich (siehe hierzu Opitz § 4 Bern. 12 (altes Recht) 19

70

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§4

21

und § 4 Bern. 13 (neues Recht), ferner Zahn D J 1935, 1236 (altes Recht) und D J 1937, 652 ff (neues Recht)). Es ist denn auch heute allgemein anerkannt, daß sich die vom Reichsgericht angenommene Verschiedenheit in der Beweislastverteilung für das geltende Recht nicht mehr aufrechterhalten läßt, sondern daß es für alle Fälle des § 4 Abs. 1 Satz 2 bei der sich aus dem Gesetz ergebenden Regelung bleiben muß, wonach die Beweislast bei demjenigen liegt, der das Entstehen des Pfandrechts für den Dritten bestreitet (Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 69; Opitz § 4 Bern. 13 und BankArch. 1940, 305 = Sammelband S. 3 36; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 H G B Anm. 78; Quassouski-Schröder § 4 Anm. Β II 2b; Kregel in BGB-RGRK § 1207 Anm. 4; siehe zum geltenden Depotgesetz auch RGZ 164, 29 3 ff und dazu Schröder DJ 1940, 8 37 ff). Unabhängig von der Verteilung der Beweislast, und sogar vorrangig vor 2 1 dieser, stellt sich aber in jedem einzelnen Fall die Frage, welche Sorgfaltspflichten der Dritte bei Prüfung der Verfügungsberechtigung des Verwahrers erfüllen muß, will er sich nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit machen lassen. Allgemein gültige Regeln lassen sich dafür verständlich erweise nicht aufstellen. Man wird indessen soviel sagen können, daß ein Pfandnehmer, der nach seinen bisherigen Erfahrungen in der Abwicklung seiner Geschäfte mit dem Verpfänder keinen Anlaß hatte, dessen Angaben über seine Verfügungsbefugnis zu mißtrauen, sich auch weiterhin auf ihre Richtigkeit verlassen darf, ohne besondere Nachforschungen vornehmen zu müssen ( R G Z 68, 130; 117, 96). Im Verkehr zwischen Kreditinstituten kann der Dritte danach auf die Erklärung des Verwahrers vertrauen, die betreffenden Wertpapiere seien seinem Depot A, B, C oder D beizufügen, weil hierin die Versicherung liegt, der Verwahrer habe die zu einer Verpfändung nach Maßgabe der für das jeweilige Depot geltenden Regeln erforderliche Verfügungsmacht (Opitz § 4 Bern. 1 3). Freilich darf sich der Dritte auch nicht blindlings auf die Erklärungen des Verwahrers verlassen. Ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles Grund zum Mißtrauen gegeben, so muß der Dritte Nachforschungen vornehmen, soll ihm wegen grober Fahrlässigkeit nicht der gute Glaube abgesprochen werden ( R G BankArch. 1933, 392). Dabei werden die Nachforschungen um so intensiver sein müssen, je ungewöhnlicher das betreffende Geschäft in der Praxis ist, je schwerer also die „besonderen Umstände des Einzelfalles" wiegen. Hat der Dritte trotz vorhandener Verdachtsmomente nichts zu ihrer Aufklärung unternommen, so wird er sich im allgemeinen nicht mit dem Hinweis entschuldigen können, daß etwaige Nachforschungen sicher ohne Erfolg geblieben wären ( R G Z 164, 303). Für die turbulente Kriegs- und Nachkriegszeit sind die Tatbestände, unter denen Eigentum an fremden Wertpapieren kraft guten Glaubens erworben werden konnte, strenger beurteilt worden; ihnen kommt auch für den Pfandrechtserwerb in Richtung auf gesteigerte Nachforschungspflichten besondere Bedeutung zu (vgl. Opitz § 4 Bern. I 3 und Mormann W M 1966, 7 f m. w. N.). 71

δ4

22, 23

1. Abschnitt. Verwahrung

Siehe zum Ganzen Opitz § 4 Bern. 12 und Bern. 13, sowie insbesondere BankArch. 1940, 298ff = Sammelband S. 329ff; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 69; Zahn DJ 1935, 1264; Quassowskf-Scbröder § 4 Anm. Β II 2 b und Schröder DJ 1940, 837 ff, die mit den Regeln über den Beweis des „ersten Anscheins" arbeiten, welche freilich — worauf Ratz (in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 69) mit Recht aufmerksam macht — hier nicht in Betracht kommen, weil sie auf „typische Geschehensabläufe" beschränkt sind. 22 Im Gegensatz zu früheren Zeiten kommen heute Verpfändungen von Kundenwertpapieren durch Verwahrer gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 und § 12 in der Praxis nur noch selten vor. Die im älteren Schrifttum in aller Breite erörterten, mit den genannten Vorschriften zusammenhängenden Probleme und Streitfragen haben daher heute kaum.noch praktische Bedeutung. Auf ihre Erörterung kann indessen nicht verzichtet werden, weil das Verständnis der genannten Vorschriften für die Einsicht in die gesamte Konzeption des Gesetzes wichtig ist. Aus der Tatsache, daß Verpfändungen gemäß §§ 4, 12 nur noch in Ausnahmefallen vorkommen, ist freilich auch eine rechtliche Konsequenz zu ziehen, nämlich diejenige gesteigerter Sorgfaltspflichten für die Annahme eines gutgläubigen Pfandrechtserwerbs. III. Eigenanzeige (Abs. 2) 23

1. Allgemeines Die Fremdvermutung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und die Beschränkung in der Geltendmachung von Pfand- oder Zurückbehaltüngsrechten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 gelten gemäß § 4 Abs. 2 nicht, wenn der Verwahrer dem Dritten eine Eigenanzeige erstattet, d. h. ihm „für das einzelne Geschäft ausdrücklich und schriftlich mitteilt, daß er Eigentümer der Wertpapiere sei". Die Eigenanzeige ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und wird als solche mit Zugang beim Dritten wirksam (§ 130 BGB). Sie kann rechtswirksam nur vom Verwahrer oder seinem Bevollmächtigten abgegeben werden. Die Eigenanzeige unterliegt allen für Willenserklärungen geltenden Vorschriften der § § 116ff BGB und kann insbesondere wegen Irrtums nach § 119 BGB angefochten werden, wobei der Irrtum über das Eigentum als Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft der Wertpapiere im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB anzusehen ist. Im Interesse des Kundenschutzes wird man den Verwahrer sogar für verpflichtet halten müssen, eine irrige Eigenanzeige nach Entdeckung des Irrtums anzufechten (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 75). Wird eine richtig erteilte Eigenanzeige nachträglich unrichtig, etwa weil der Verwahrer das Eigentum an den Wertpapieren als Kommissionär oder Eigenhändler auf einen Kunden überträgt, dann kann und muß die Eigenanzeige widerrufen werden mit der Folge, daß die Geltung des § 4 Abs. 1 wiederhergestellt wird (Opitz § 4 Bern. 5). Die Bezeichnung Verwahrer ist 72

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

24,25

hier im Sinne einer Berufs-^und Gewerbebezeichnung zu verstehen. Mit „Verwahrer ist ein Kaufmann gemeint, „dessen Handelsgewerbe auf die Annahme fremder Wertpapiere zur Verwahrung" gerichtet ist. Wenn nämlich der „Verwahrer" zu Recht eine Eigenanzeige abgibt, dann ist er nicht Verwahrer, sondern Eigentümer der Wertpapiere (Quassowskj-Schröder § 4 Β III 2). Eine Verpflichtung des Verwahrers zur Erstattung der Eigenanzeige besteht nicht. 2. Wirkung der Eigenanzeige Die Wirkung der Eigenanzeige besteht darin, daß mit ihr die Fremdver- 2 4 mutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 widerlegt und die daraus folgende Beschränkung in der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 aufgehoben wird. Dem Dritten gilt also nicht als bekannt, daß die ihm anvertrauten Wertpapiere dem Verwahrer nicht gehören; er kann Pfand- oder Zurückbehaltüngsrechte an den Wertpapieren auch wegen solcher Forderungen geltend machen, die weder mit Bezug auf die Wertpapiere entstanden sind, noch für die diese nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen. Ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht kann der Dritte an den Wertpapieren allerdings immer nur geltend machen, wenn ihm diese nach den § § 1292, 1293, 1205 B G B wirksam verpfändet worden sind. Jedoch reicht hier im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) als Vereinbarung über die Entstehung des Pfandrechts die allgemeine Pfandklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute aus (Ziff. 19 Abs. 2 A G B der Banken, Ziff. 19 Abs. 1 A G B der Sparkassen, Ziff. 19 Abs. 2 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Irgendwelcher zusätzlicher Erklärungen wie im Falle des § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) bedarf es nicht. Das Gesetz zwingt den Verwahrer nicht zur Abgabe einer Eigenanzeige 2 5 gemäß § 4 Abs. 2. Es ist dem Verwahrer vielmehr unbenommen, eigene Wertpapiere einem Dritten anzuvertrauen, ohne diesem anzuzeigen, daß es sich um eigene Bestände handelt (Quassowski-Schröder § 4 Anm. Β III 3). Die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 und die in § 4 Abs. 1 Satz 2 als Folge der Fremdvermutung angeordnete Beschränkung der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten greifen dann jedoch nicht Platz. Diese Auffassung kann man mit dem Argument begründen, daß § 4 Abs. 1 eindeutig den Zweck verfolgt, Kundenwerte vor einer Inanspruchnahme durch Dritte zu schützen und kein ersichtlicher Grund dafür besteht, diesen Schutz auf eigene Wertpapiere des Verwahrers auszudehnen (Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 72). Zum gleichen Ergebnis gelangt man aber auch durch eine Auslegung des Begriffs „Verwahrer" in § 4 Abs. 1 dahin, daß diese Bezeichnung anders als in § 4 Abs. 2 nicht als Berufs- oder Gewerbebezeichnung gemeint ist, sondern als Nichteigentümer und Gegenpartei des Verwahrungsvertrages zu dem Hinterleger und Eigentümer der Wertpapiere 73

§ 4

26, 27

1. Abschnitt. Verwahrung

[Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β I; Ratz in RGR Komm. ζ. Η GB Anh. II zu § 424 Anm. 70; siehe auch Rdn. 4). Der abweichenden Ansicht von Opitz (§ 4 Bern. 3), daß die Fremdvermutung auch für die Wertpapierbestände gilt, die im Eigentum des bankgewerblichen Zwischenverwahrers stehen, kann danach nicht beigepflichtet werden. Die Folge der hier vertretenen Auffassung ist, daß der Dritte Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte an den Wertpapieren des Verwahrers ungeachtet der Beschränkungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 erwerben kann. Ihn trifft allerdings auch die Beweislast fiir die unbeschränkte Entstehung dieser Rechte und damit für das Eigentum des Verwahrers an den Wertpapieren (Quassowki-Schröder § 4 Anm. Β III 3); diesen Beweis zu führen, wird dem Dritten meist nur schwer möglich sein. Daß § 4 Abs. 1 für eigene Wertpapiere des Verwahrers nicht gilt, schließt es selbstverständlich nicht aus, daß zwischen Verwahrer und Drittverwahrer für eigene Wertpapiere des Verwahrers die gleichen Beschränkungen vereinbart werden wie sie nach § 4 Abs. 1 fiir fremde Wertpapiere gelten. Eine derartige Vereinbarung enthält Ziff. 1 der Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden (vgl. Rdn. 3) für die in Depot Β verbuchten eigenen Werte des Verwahrers (siehe Rdn. 40, 41). 26 Von entscheidender Wichtigkeit für den Dritten ist, daß die Eigenanzeige die Wirkungen des § 4 Abs. 2 auch dann auslöst, wenn sie wahrheitswidrig abgegeben wird, der Verwahrer also in Wirklichkeit nicht Eigentümer, sondern auch hinsichtlich dieser einzelnen Papiere nur Verwahrer ist. Die unrichtige Eigenanzeige hat im Prinzip genau die gleichen Wirkungen wie die richtige Eigenanzeige. Die Eigenanzeige löst aber zugunsten des Dritten keine unwiderlegliche Eigenvermutung aus. Bei unrichtiger Eigenanzeige greifen vielmehr lediglich die allgemeinen Vorschriften über den Erwerb vom Nichtberechtigten ein, also vor allem die § § 932 ff und § § 1293, 1207 BGB. Der Dritte kann folglich auch nach erstatteter unrichtiger Eigenanzeige ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht nur erwerben, wenn er im guten Glauben an die Richtigkeit der Eigenanzeige und damit an das Eigentum des Verwahrers handelt. Die Beweislast für das Fehlen des guten Glaubens liegt bei demjenigen, der den Rechtserwerb des Dritten bestreitet. Wegen einer Nachforschungspflicht des Dritten siehe Rdn. 21. 27

3. Form der Eigenanzeige Die Eigenanzeige muß fiir jeden einzelnen Fall der Anvertrauung ausdrücklich und schriftlich erstattet werden. Es muß sich aus der Erklärung mit klaren Worten ergeben, daß die Wertpapiere im Eigentum di-s Verwahrers stehen. Formulierungen wie „Ich bin Besitzer der Wertpapiere" oder „Ich bin über die Wertpapiere zu verfügen berechtigt" reichen nicht aus (Opitz § 4 Bern. 3). Ein schlüssiges Verhalten genügt nicht. Die Erklärung bedarf der Schriftform, sie muß daher gemäß § 126 BGB vom Verwahrer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens un74

Beschränkte Geltendmachung von Pfand· und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

28,29

terzeichnet werden. Faksimile und Firmenstempel reichen nicht aus, desgleichen genügen Telegramm oder Fernschreiben nicht den nach § 126 B G B an die Schriftform gestellten Anforderungen. Dagegen ist das Erfordernis der Schriftlichkeit durch Unterzeichnung eines Vordruckes gewahrt. Die Eigenanzeige kann auf andere Urkunden verweisen und mit anderen Erklärungen verbunden werden. D a sie für das einzelne Geschäft erstattet werden muß, reichen Vorschriften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder andere Erklärungen genereller Art nicht aus. Die Eigenanzeige muß immer wiederholt werden, wenn zu den bereits anvertrauten Wertpapieren neue hinzukommen. Eine Eigenanzeige, die nicht der durch § 4 Abs. 2 vorgeschriebenen Form 2 8 entspricht, ist nach § 125 B G B nichtig. Sie kann also die Wirkungen des § 4 Abs. 1 für die Wertpapiere, auf die sie sich bezieht, nicht außer Kraft setzen. Die Folgen der Nichtigkeit der Eigenanzeige sind jedoch unterschiedlich, je nachdem, ob sie inhaltlich richtig oder unrichtig ist. Entspricht sie der Rechtslage, ist also der Verwahrer Eigentümer der Wertpapiere, so wirkt sich die Nichtigkeit der Eigenanzeige rechtlich nicht aus, da § 4 Abs. 1 nach richtiger Ansicht für eigene Wertpapiere nicht gilt (siehe Rdn. 7, 25). Die Situation ist hier nicht anders, als wenn überhaupt keine Eigenanzeige erstattet worden wäre. Rein tatsächlich kann dem Dritten, der ein unbeschränktes Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht an den Papieren geltend macht, freilich durch die nichtige Anzeige der Beweis erleichtert werden, daß die Wertpapiere dem Verwahrer gehören. Ist die Eigenanzeige dagegen auch noch inhaltlich unrichtig, sind die Wertpapiere also nicht Eigentum des Verwahrers, dann gilt § 4 Abs. 1 in vollem Umfang so, als ob die Eigenanzeige nicht abgegeben worden wäre. Es ist also insbesondere der Schutz des guten Glaubens ah das Eigentum des Verwahrers ausgeschlossen (siehe Rdn. 7, 19—21). In der Praxis kommt es häufig vor, daß Kreditinstitute eigene Wertpapiere eines Bankierkunden lediglich mit dem Vermerk „Stücke für Depot A (Eigendepot)" oder einer ähnlich formulierten Weisung hereinnehmen. Bei Erklärungen dieser Art handelt es sich nicht um formgültige Eigenanzeigen nach § 4 Abs. 2. Denn daraus geht nicht mit der gebotenen Klarheit hervor, daß es sich bei den Wertpapieren um eigene Bestände des Bankierkunden handelt. Nach den für das Depot A (Eigendepot) unter Kreditinstituten geltenden Regeln dient das Depot nämlich nicht nur der Aufnahme der eigenen Wertpapiere des hinterlegenden Bankiers, sondern auch der Aufbewahrung derjenigen Wertpapiere seiner Kunden, die für alle Forderungen gegen ihn unbeschränkt als Pfand haften sollen ( § 1 2 Abs. 4 und § 13). Die Folgen sind die gleichen wie in anderen Fällen der Nichtigkeit einer Eigenanzeige wegen Formmangels (Rdn. 28). Wenn es sich bei den eingelieferten Stücken um für den Bankierkunden fremde Wertpapiere handelt, ergibt sich jedoch insofern eine Besonderheit, als die Erklärung „Stücke für Depot A " auch die Bedeutung haben kann, daß dem Verwahrer von einem Kunden eine Ermächtigung zur

75

29

§ 4 30

1. Abschnitt. Verwahrung

unbeschränkten Verpfandung nach § 12 Abs. 4 oder § 13 erteilt sei und der Verwahrer in diesem Rahmen die Verfügungsmacht über die Wertpapiere habe. Der Dritte kann dann zwar wegen der mangels einer wirksamen Eigenanzeige uneingeschränkt geltenden Vorschriften des § 4 Abs. 1 aufgrund guten Glaubens an das Eigentum ein Pfandrecht nach § § 1293, 1207, 932 ff BGB; § § 365 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G nicht erwerben, wohl aber ist ein Pfandrechtserwerb im Rahmen der § § 4 Abs. 1 Satz 2 und 12 aufgrund guten Glaubens an die Verfügungsmacht nach § § 366, 365 HGB, 932ff BGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G möglich. Da sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (LM Nr. 9 zu § 366 HGB) die Vorschriften der § § 1207, 932 einerseits und des § 366 HGB (Art. 16 W G ) andererseits nicht gegenseitig ausschließen, sondern diese vielmehr nebeneinander anwendbar sind, kann der Dritte mit Erfolg geltend machen, er habe angesichts der Weisung, „Stücke für Depot A", geglaubt, sein Bankierkunde sei Eigentümer der Wertpapiere, mindestens aber zu ihrer unbeschränkten Verpfandung befugt gewesen. IV. Anvertrauung durch Verwahrer, der nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt (Abs. 3) 1. Allgemeines 30 Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 gelten die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1 und die daraus folgende Beschränkung in der Geltendmachung von Pfandoder Zurückbehaltüngsrechten nicht, wenn ein Verwahrer, der nicht Bankoder Sparkassengeschäfte betreibt, Wertpapiere einem Dritten anvertraut. Ist der Verwahrer nicht Eigentümer der Wertpapiere, so hat er dem Dritten nach § 4 Abs. 3 Satz 2 eine „Fremdanzeige" zu erstatten mit der Folge, daß dann für den Dritten die in § 4 Abs. 1 Satz 2 enthaltene Beschränkung in der Geltendmachung von Pfand- oder Zurückbehaltüngsrechten gilt. Der Begriff des Verwahrers ist in § 4 Abs. 3 der gleiche wie in § 4 Abs. 1 ; er ist hier wie dort nicht im Sinne einer Berufs- oder Gewerbebezeichnung zu verstehen, sondern als Kennzeichnung dafür, daß der Anvertrauende nicht Eigentümer der Wertpapiere ist (Quassomkj-Schroder § 4 Anm. Β IV 1). Die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften des § 4 Abs. 1 im Falle des § 4 Abs. 3 Satz 1 hat zur Folge, daß für ihn die allgemeinen Grundsätze über den Schutz des guten Glaubens an das Eigentum des Anvertrauenden aufrechterhalten bleiben. Dem Dritten gilt also nicht als bekannt, daß die ihm anvertrauten Wertpapiere dem Verwahrer nicht gehören. Er kann daher kraft guten Glaubens an das Eigentum des Verwahrers ein Pfandrecht an den Wertpapieren erwerben (§§ 1293, 1207, 932ff BGB; § § 1292 BGB, 365 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 WG). Er kann ferner Pfand- oder Zurückbehaltüngsrechte an den Wertpapieren auch wegen solcher Forderungen geltend machen, die weder mit Bezug auf die Wertpapiere entstanden sind noch für die diese nach dem einzelnen 76

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 31

über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen. Zum Erwerb eines vertraglichen Pfandrechts bedarf es natürlich in jedem Falle einer entsprechenden Vereinbarung nach § § 1292, 1293 BGB, die allgemeine Pfandklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute reicht hier im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Satz 2 (zweite Alternative) jedoch aus. Der Grund fur die unterschiedliche Regelung in § 4 Abs. 1 einerseits und § 4 Abs. 3 andererseits, je nachdem, ob der Verwahrer Bank- oder Sparkassengeschäfte, insbesondere also das Depotgeschäft, betreibt oder nicht, ist darin zu sehen, daß im ersten Fall der Kundenschutz den Vorrang vor dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit haben muß, während im zweiten Fall der Kundenschutz gegenüber dem Interesse an der Verkehrssicherheit zurücktreten kann. Hierbei spielt auch die Überlegung mit, daß es Kreditinstituten, denen Wertpapiere von einem Verwahrer anvertraut werden, ohne weiteres zugemutet werden kann festzustellen, ob der Anvertrauende Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt oder nicht (amd. Begr.). In der Praxis hat die Vorschrift des § 4 Abs. 3 heute so gut wie keine Bedeutung mehr, weil der dort geregelte Fall nur noch äußerst selten vorkommt. Nach Quassomki-Schröder (§ 4 Anm. Β IV 2) war früher ein typischer Fall des § 4 Abs. 3 die Verwahrung und Anvertrauung solcher Wertpapiere an einen Dritten, die der Verwahrer, der ein Industrieunternehmen betreibt, als Kaution von seinen Angestellten erhalten hat. Gerade dieser als typisch bezeichnete Fall ist heute in der Praxis selten. Werden Wertpapiere als Kaution gegeben, so befinden sie sich regelmäßig im Depot des Kautionsgebers bei einem Kreditinstitut und werden dem Kautionsnehmer zur Sicherung seiner Ansprüche verpfändet, der Kautionsnehmer fungiert aber nicht mehr als Verwahrer. Das neue österreichische „Bundesgesetz vom 22. Oktober 1969 über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz)" enthält denn auch eine dem § 4 Abs. 3 entsprechende Vorschrift nicht mehr. 2. Bank- oder Sparkassengeschäfte Der Begriff „Bank- oder Sparkassengeschäfte" ist dem Reichsgesetz über 3 1 das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I 1203) entlehnt, wo er in § 1 näher definiert wurde. Das geltende Gesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (BGBl. I 8 8 1 ) verwendet den Begriff „Bank- oder Sparkassengeschäfte" nicht mehr, sondern spricht statt dessen von „Bankgeschäften", die es in § 1 noch umfassender umschreibt, als § 1 des Reichsgesetzes über das Kreditwesen das für „Bank- oder Sparkassengeschäfte" tat. Bank- oder Sparkassengeschäfte gemäß § 4 Abs. 3 sind heute die „Bankgeschäfte" im Sinne von § 1 KWG. Darunter fallen nach der in § 1 K W G enthaltenen näheren Definition: das Einlagengeschäft, das Kreditgeschäft, das Diskontgeschäft, das Effektengeschäft, das Depotgeschäft, das Investmentgeschäft, die Eingehung der Verpflichtung, Darlehensforderungen vor Fälligkeit zu erwerben, das Garantiegeschäft und das Girogeschäft. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 K W G 77

§ 4

32-34

1. Abschnitt. Verwahrung

kann der Bundesminister für Wirtschaft nach Anhörung der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung weitere Geschäfte als Bankgeschäfte bezeichnen, wenn dies nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung des mit dem K W G verfolgten Aufsichtszweckes gerechtfertigt ist. 32 Wenn in § 4 Abs. 3 von einem Verwahrer die Rede ist, der nicht Bankoder Sparkassengeschäfte betreibt, so wird damit nicht auf das einzelne Geschäft abgestellt, vielmehr ist entscheidend, daß der anvertrauende Verwahrer Bank- oder Sparkassengeschäfte nicht gewerbs- oder geschäftsmäßig im Betriebe seines Handelsgewerbes vornimmt (QuassomkiSchröder § 4 Anm. Β IV 1). Betreibt der Verwahrer überhaupt Bank- oder Sparkassengeschäfte irgendeiner Art gewerbs- oder geschäftsmäßig, so ist es ohne Bedeutung, ob er dies auch auf dem Gebiete des Depot- oder Effektengeschäfts tut. Ferner kommt es nicht darauf an, ob das Betreiben einer der in § 1 K W G erwähnten Arten des Bankgeschäfts der alleinige Gegenstand seines Handelsgewerbes ist oder ob der Hauptzweck des Handelsgewerbes auf anderen Gebieten liegt und der Verwahrer das Bankgeschäft nur nebenher gewerbsmäßig oder geschäftsmäßig betreibt. Auch ein Industrieunternehmen mit einer Bankabteilung ist Verwahrer, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt (QuassowkiSchröder § 4 Anm. Β IV 1 ). Der gute Glaube daran, daß der Anvertrauende keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, wird nicht geschützt. Der Dritte muß, wenn er sichergehen will, ob die Vorschriften des § 4 Abs. 1 gelten oder nicht, entsprechende Erkundigungen einziehen. 33 Für einen ausländischen Verwahrer, der keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, kann die Fremdanzeigepflicht des § 4 Abs. 3 nicht gelten {von CutfliTtiertr BankArch. 1937/38, 726).

34

3. Fremdanzeige Die für den Hinterleger mit der Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 verbundenen Gefahren will das Gesetz dadurch vermeiden, daß es in § 4 Abs. 3 Satz 2 den Verwahrer, der nicht Eigentümer der dem Dritten anvertrauten Wertpapiere ist, verpflichtet, dies dem Dritten mitzuteilen. Mit der Erstattung dieser Fremdanzeige gilt dann auch für diesen Fall die in § 4 Abs. 1 Satz 2 angeordnete Beschränkung in der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten. Die Fremdanzeige ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, für sie gelten die Vorschriften der § § 116ff BGB. Die Fremdanzeige kann rechtswirksam nur vom Verwahrer oder seinem Bevollmächtigten abgegeben werden. Eine Form ist für die Fremdanzeige nicht vorgeschrieben, sie muß nur die deutliche mündliche oder schriftliche Mitteilung enthalten, daß der Verwahrer nicht Eigentümer der Wertpapiere ist (RGZ 142, 316). Der Verwahrer muß die Fremdanzeige unverzüglich erstatten, d. h. im allgemeinen bei der Anvertrauung der Wertpapiere an den Dritten; gehen die Wertpapiere dem Dritten nicht unmittelbar vom Verwahrer zu, sondern für dessen Rechnung von einem anderen, so hat der Verwahrer die Fremdanzeige 78

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 35, 36

unverzüglich zu machen, nachdem er von der Einlieferung Kenntnis erlangt hat (Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 73; QuassomkfSchröder § 4 Anm. Β IV 4c; Opitz § 4 Bern. 4). Der Verwahrer hat eine Fremdanzeige auch dann zu erstatten, wenn der Dritte ihm gegenüber auf jegliche Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte in Bezug auf ihm anvertraute Wertpapiere im Einzelfall oder generell verzichtet hat, denn auch in diesem Fall liegt es im Interesse des Kundenschutzes, daß die Wertpapiere dem Dritten gegenüber als fremde Wertpapiere bezeichnet werden (Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β IV 4 e). Eine Fremdanzeige ist auch dann erforderlich, wenn der Verwahrer gemäß § 12 ermächtigt ist, die Wertpapiere zu verpfänden. Hat der Verwahrer vom Hinterleger eine Aneignungsermächtigung nach § 1 3 erhalten, trifft ihn ebenfalls die Pflicht zur Fremdanzeige, solange er von der Aneignungsermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat. Mit Ausübung der Aneignungsermächtigung dagegen entfällt die Fremdanzeigepflicht, weil der Verwahrer dann Eigentümer der Wertpapiere geworden ist. Werden in unregelmäßiger Verwahrung nach § 1 5 befindliche Stücke einem Dritten anvertraut, ist keine Fremdanzeige zu erstatten, da die Stücke Eigentum des Verwahrers sind. Die Fremdanzeige kann jederzeit widerrufen werden, so etwa, wenn sie unrichtig geworden ist, weil der Verwahrer nachträglich vom Hinterleger das Eigentum an den Stücken erworben hat. Im Prinzip wird durch den Widerruf die Situation hergestellt, die ohne die Fremdanzeige bestanden hätte; es gelten also zugunsten des Dritten die Vorschriften über den Schutz des guten Glaubens in vollem Umfang, indessen werden hierbei strenge Anforderungen zu stellen sein, insbesondere hinsichtlich der Nachforschungspflichten des Dritten. Die Erstattung der Fremdanzeige wirkt sich dahin aus, daß den durch die 3 5 Fremdanzeige von dem Nichteigentum unterrichteten Dritten die Beschränkungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 treffen. Der Dritte kann also an den Wertpapieren ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nur wegen solcher Forderungen geltend machen, die mit Bezug auf die Wertpapiere entstanden sind oder für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen. Die dazu gemachten Ausführungen (Rdn. 9—22) gelten auch für diesen Fall, so daß in vollem Umfang auf sie verwiesen werden kann. Die Fremdanzeige wird mit Zugang beim Dritten wirksam (§ 130 BGB) 3 6 und kann daher auch die Beschränkungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 erst von diesem Zeitpunkt an auslösen. Bereits vor Zugang der Fremdanzeige entstandene Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte des Dritten an den Wertpapieren bleiben daher von ihrer Wirkung unberührt. Dieser Grundsatz muß auch dann gelten, wenn der Verwahrer die Fremdanzeige aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht gleichzeitig mit der Einlieferung der Wertpapiere beim Dritten erstatten konnte. Man denke etwa daran, daß die Wertpapiere nicht vom Verwahrer selbst, sondern von anderer Seite ohne sein Wissen beim Dritten ein-

79

§4

37, 38

1. Abschnitt. Verwahrung

geliefert werden. Der Ansicht von Quassouski-Schröder (§ 4 Anm. Β IV 4i), daß in diesem Fall bereits entstandene Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte des Dritten nachträglich wieder in Wegfall kommen, wenn der Verwahrer die Fremdanzeige unverzüglich erstattet, nachdem er vom Eingang der Stücke beim Dritten Kenntnis erhalten, kann nicht gefolgt werden. Sie ist dogmatisch nicht haltbar und gefährdet zudem die Rechtssicherheit. Liegt der Fall allerdings so, daß der Dritte von vornherein damit rechnen muß, eine Fremdanzeige zu erhalten, wird es meist zum Erwerb eines Pfandrechts wegen guten Glaubens an das Eigentum überhaupt nicht kommen, weil dem Dritten die Gutgläubigkeit wegen grob fahrlässiger Unkenntnis abzusprechen sein dürfte (Opitz § 4 Bern. 4). Die Möglichkeit eines Pfandrechtserwerbes wegen guten Glaubens an die Verfügungsmacht ( § § 1293 BGB, 366 HGB, 9 3 2 f f BGB; § § 1292 BGB, 365 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art, 16 W G ) wird durch § 4 Abs. 1 Satz 2 und damit durch die Fremdanzeige ohnehin nicht berührt (siehe Rdn. 19). 37 Ist die Fremdanzeige unrichtig, handelt es sich in Wirklichkeit also um eigene Wertpapiere des Verwahrers, so hat die Fremdanzeige keine Wirkung. Die Situation ist hier nicht anders, als wenn ein Verwahrer, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, eigene Werte einem Dritten anvertraut ohne Erstattung einer Eigenanzeige nach § 4 Abs. 2. Es kann daher auf die zu Rdn. 25 gemachten Ausführungen verwiesen werden. 38

C. Depotbuchhaltung beim Drittverwahrer/Pfandgläubiger Die Notwendigkeit für den Drittverwahrer, die ihm anvertrauten Wertpapiere zu scheiden, je nachdem, ob er an ihnen beschränkt oder unbeschränkt Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte erwerben konnte, hat schon unter dem Depotgesetz 1896 die Kreditinstitute veranlaßt, zwei verschiedene Depots einzurichten, nämlich einmal das Depot A für die nicht als fremd bezeichneten und daher unbeschränktem Pfand- und Zurückbehaltungsrecht unterworfenen Papiere, zum anderen das Depot Β für die als fremd bezeichneten Werte (Opitz § 4 Bern. 4). Diese Zweiteilung reicht nach dem geltenden Depotgesetz mit Rücksicht auf die Bestimmungen der § § 4, 9, 12, 14 Abs. 5, 30, 31 und 3 3 nicht mehr aus. Im Verkehr unter Kreditinstituten sind heute vier verschiedene Depots üblich: Depot A (Eigendepot), Depot Β (Fremddepot), Depot C (Pfanddepot), Depot D (Sonderpfanddepot). Die Notwendigkeit der Führung dieser vier Depotarten ergibt sich aus den vorgenannten Bestimmungen des Gesetzes; die dafür geltenden Regeln sind im einzelnen in den „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" (abgedr. bei Schütz, BFB, S. 5 0 f f ) enthalten; sie sind aber auch unabhängig davon, ob die Anwendung dieser Geschäftsbedingungen jeweils vereinbart ist (siehe dazu Rdn. 3), als Handelsbrauch (§ 346 H G B ) im Kreditgewerbe anzusehen (wegen Depot Β siehe aber Rdn. 41), zumal in Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw unter Anführung der für die einzelnen Depots üblichen Regeln aus-

80

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 39-41

drücklich gesagt wird, daß im Interesse einer einheitlichen Depothandhabung im Verkehr zwischen Kreditinstituten untereinander die genannten Bezeichnungen für die verschiedenen Depots zu verwenden sind, die nach dem Depotgesetz geführt werden müssen. Die Depots C und D haben, was ihre praktische Häufigkeit angeht, immer mehr an Bedeutung verloren. Wegen der Führung des Verwahrungsbuches bei der Drittverwahrung wird verwiesen auf § 14 und die Erläuterungen dazu, insbesondere Rdn. 18—2 3. Das Depot A (Eigendepot) ist bestimmt für die eigenen Werte des bank- 3 9 gewerblichen Verwahrers, d. h. solche, für die er eine Eigenanzeige erstattet hat, und für diejenigen Werte seiner Kunden, die dem Drittverwahrer unbeschränkt verpfändet sein sollen. Alle diese Werte haften dem Dritten nach Maßgabe seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Pfand für alle Forderungen gegen den Verwahrer, einerlei auf welchem Rechtsgrund sie beruhen mögen. Zu den eigenen Werten des bankgewerblichen Verwahrers (Bankierkunde) gehören auch solche, bei denen das Eigentum auf ihn aufgrund einer Vereinbarung nach § 15 übergegangen ist oder an denen er das Eigentum aufgrund einer Ermächtigung nach § 1 3 erworben hat sowie Wertpapiere, die nach § § 19—21 in seinem Eigentum stehen. Die unbeschränkte Verpfändung fremder Wertpapiere ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 oder des § 1 3 vorliegen. Auch für einen Verwahrer, der keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, ist ein Depot A für seine eigenen, dem Drittverwahrer ohne Fremdanzeige (§ 4 Abs. 3) anvertrauten Werte zu führen. In dieses Depot sind auch solche Werte aufzunehmen, in Bezug auf die der Verwahrer eine Fremdanzeige erstattet, gleichzeitig aber erklärt hat, daß er zur unbeschränkten Verpfandung ermächtigt sei ( § 1 2 Abs. 4, § 1 3). Das Depot Β (Fremddepot) dient der Aufnahme aller von dem Bankier- 4 0 künden eingelieferten oder für ihn angeschafften Wertpapiere, an denen dem Drittverwahrer ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht ausschließlich für seine Forderungen gegen den Verwahrer aus der Anschaffung, Verwahrung und Verwaltung der einzelnen Wertpapiere zustehen soll, also für Forderungen, die „mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden" sind (§ 4 Abs. 1 Satz 2 (erste Alternative)). Nach der Konzeption des Depots Β handelt es sich hierbei ausschließlich um fremde Wertpapiere. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß auch eigene Wertpapiere des Bankierkunden in das Depot Β gelangen, nämlich dann, wenn der Bankierkunde für ihm gehörende Werte keine Eigenanzeige gemacht hat. Der Drittverwahrer muß alle Werte, für die er keine Weisung vom Bankierkunden erhält, ohne weiteres dem Depot Β beifügen. In das Depot Β eines Verwahrers, der keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, gehören alle Wertpapiere, für die er gemäß § 4 Abs. 3 eine Fremdanzeige erstattet hat. Auffallig ist, daß die „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr 4 1 mit inländischen Bankierkunden" (siehe Schütz, BFB, S. 50 ff) und Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw hinsichtlich der Beschreibung der für das Depot Β gelten81

§ 4 42

1. Abschnitt. Verwahrung

den Regeln voneinander abweichen. Nach Ziff. 1 der Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden gehören in Depot Β „diejenigen eigenen oder fremden Werte, die der Bank ausschließlich für die Forderungen aus der Anschaffung, Verwahrung und Verwaltung der einzelnen Werte haften sollen". In Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw wird die Funktion des Depots Β wie folgt umrissen: „In dieses Depot gelangen sämtliche Wertpapiere, die von einem Bankierkunden eingeliefert werden oder für ihn angeschafft und unbelastet für den Kunden des Lokalbankiers beim Zentralbankier aufbewahrt werden". Die Formulierung „unbelastet fiir den Kunden" erscheint wenig glücklich, denn man könnte daraus auf den ersten Blick schließen, daß auch Pfand- und Zurückbehaltüngsrechte für Forderungen aus der Anschaffung, Verwahrung und Verwaltung ausgeschlossen sein sollten. Das ist jedoch nicht der Fall, da nicht angenommen werden kann, daß durch Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw dem Zentralbankier (Drittverwahrer) Rechte genommen werden sollen, die ihm nach der strengen Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich zugebilligt werden. Man wird danach Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw zusammen mit § 4 Abs. 1 Satz 2 zu lesen und damit nicht anders zu verstehen haben als Ziff. 1 der Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden. Ein materieller Unterschied zwischen beiden Bestimmungen besteht aber insofern, als nach Ziff. 1 der Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden für im Depot Β befindliche eigene Wertpapiere des Verwahrers hinsichtlich der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten die gleichen Beschränkungen gelten wie für fremde Wertpapiere, obwohl nach richtiger Ansicht § 4 Abs. 1 für eigene Wertpapiere nicht gilt (Rdn. 4, 25), während sich Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw mit eigenen Wertpapieren des Verwahrers und einer Beschränkung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten daran nicht befaßt und damit einer unbeschränkten Geltendmachung solcher Rechte nicht entgegensteht. Wenn es um die Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten an eigenen Wertpapieren des Verwahrers durch den Drittverwahrer über den Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 hinaus geht, wird also immer zu prüfen sein, ob die Geschäftsbedingungen für den Geschäftsverkehr mit inländischen Bankierkunden im Einzelfall gelten oder ob wenigstens die nach ihrer Ziff. 1 für das Depot Β geltende Regelung als stillschweigend vereinbart angesehen werden kann, welch letzteres angenommen werden muß, wenn der Drittverwahrer Wertpapiere ins Depot Β nimmt, von denen er weiß oder nach den Umständen annehmen muß, daß es sich um eigene Papiere des Verwahrers handelt (vgl. auch Rdn. 25). 42 Dem Depot C (Pfanddepot) sind alle Wertpapiere beizufügen, die der Verwahrer entsprechend einer Ermächtigung zur regelmäßigen (üblichen) Verpfandung nach § 12 Abs. 2 dem Drittverwahrer verpfändet hat. Diese Wertpapiere haften dem Drittverwahrer als Pfand ausschließlich für seinen Rückkredit an den Zwischenverwahrer, den dieser wegen derjenigen Hinterleger 82

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4 43,44

aufgenommen hat, denen er seinerseits aufgrund der ihm erteilten regelmäßigen Verpfandungsermächtigung nach § 12 Abs. 2 Kredit eingeräumt hat. Für andere Forderungen des Drittverwahrers als den Riickkredit besteht keine Pfandhaftung. Neben dem Depot C ist ein entsprechendes Geldkonto C zu führen, aus dem sich die Höhe des vom Zwischenverwahrer in Anspruch genommenen Rückkredits ergeben muß (Ziff. 12 Abs. 10 RichtlHinw). Der Zwischenverwahrer muß dafür sorgen, daß der Schuldsaldo auf dem Pfandkonto C die Summe der Kredite, die er seinen „Pfandkunden" eingeräumt hat, nicht übersteigt (Kreditgleichheit), daß in den Rückkredit kein ungedeckter Kundenkredit hin eingerechnet wird (Rückkreditgrenze) und daß im Depot C nicht mehr Wertpapiere eines bestimmten Pfandkunden verbleiben, als zur Deckung für seinen Anteil am Rückkredit angemessen erscheint (Verpfändungsgrenze). Siehe hierzu im einzelnen die Erläuterungen zu § § 12 und 14, sowie Opitz § 4 Bern. 10 und J W 1937. 5 1 3 ff = Sammelband S. 25 3 ff. Im Depot D (Sonderpfanddepot) hat der Drittverwahrer diejenigen Wert- 43 papiere zu verwahren, die ihm der Zwischenverwahrer aufgrund einer Ermächtigung zur beschränkten Verpfändung nach § 12 Abs. 3 verpfändet hat. Diese Wertpapiere haften dem Drittverwahrer nur jeweils für den Rückkredit, den der Zwischenverwahrer wegen eines bestimmten Hinterlegers, dem er seinerseits Kredit eingeräumt hat, beim Drittverwahrer aufgenommen hat. Es muß wegen jedes Hinterlegers ein besonderes Depot D und daneben ein besonderes Geldkonto D geführt werden, auf dem der das Sonderpfanddepot betreffende Sonderrückkredit belastet wird (Ziff. 12 Abs. 10 RichtlHinw). Der Drittverwahrer pflegt die einzelnen Sonderpfanddepots und Sonderrückkredite mit besonderen „Kundennummern" zu kennzeichnen. Jedes Sonderpfanddepot haftet nur für den Schuldsaldo auf dem entsprechenden Sonderpfandkonto. Der Zwischenverwahrer hat auch hier für Kreditgleichheit sowie für die Innehaltung der Rückkredit- und Verpfandungsgrenze zu sorgen. Siehe hierzu auch die Erläuterungen zu § § 12 und 14 sowie Opitz § 4 Bern. 10 und J W 1937, 5 13 ff = Sammelband S. 25 3 ff. Umstritten ist die Frage, ob der Zwischenverwahrer ohne weiteres als be- 44 rechtigt angesehen werden kann, vom Drittverwahrer die Umlegung der Wertpapiere von einem auf ein anderes Depot der vier genannten Arten zu verlangen. Vor Erörterung dieser Streitfrage bedarf es zunächst der Feststellung, daß alle vier Depots auf den Namen des Zwischenverwahrers lauten, der als Hinterleger allein der Vertragspartner des mit dem Drittverwahrer bestehenden Verwahrungsvertrages ist; ihm allein stehen infolgedessen auch alle aus dem Verwahrungsvertrag resultierende Rechte zu, insbesondere der Rückgabeanspruch aus § 695 BGB. Bei der Umlegung der Wertpapiere von einem Depot in ein anderes Depot des Zwischenverwahrers geht es aber nicht allein um die Ausübung von Rechten aus dem Verwahrungsvertrag, sondern um die Begründung oder Aufgabe von Pfandrechten des Drittverwahrers an den Wertpapieren nach Malsgabe der verschiedenen, für die einzelnen Depots geltenden 83

§ 4 44

1. Abschnitt. Verwahrung

Regelungen. Klar ist, daß der Drittverwahrer einem Verlangen des Zwischenverwahrers, Papiere aus dem Depot A in eines der anderen Depots oder in das Depot Β aus einem der anderen Depots oder aus dem Depot C in das Depot D zu nehmen, ohne weiteres nachkommen kann. Denn damit wird die Pfandhaftung der Wertpapiere jeweils eingeschränkt; es ist allein der Drittverwahrer, der etwaige Rechte aufgibt, die Eigentümer der Wertpapiere werden dagegen nicht geschädigt (Ratz in RGR Komm. ζ. Η GB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 71). Problematisch ist dagegen die Umlegung von Wertpapieren aus dem Depot Β in das Depot A, C oder D sowie jede andere Umlegung, die zu einer Erweiterung der Pfandhaftung führt. Hier geht es, wenn der Zwischen ν erwahrer nicht nachträglich das Eigentum an den Wertpapieren erworben oder eine der geforderten Umlegung entsprechende Verpfandungsermächtigung des Eigentümers erhalten hat, um die Frage eines gutgläubigen Pfandrechtserwerbs durch den Drittverwahrer. Ratz (RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 71) vertritt unter Hinweis auf die Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 41, 3 2 ff die Meinung, ein Pfandrechtserwerb des Drittverwahrers kraft guten Glaubens sei ausgeschlossen, wenn er auf bloßes Verlangen seiner Bankierkunden Wertpapiere aus dem Depot Β in das Depot A oder auch in das Depot C oder D umlege. Der Drittverwahrer habe vielmehr, wolle er sich auf guten Glauben berufen können, weitere Aufklärung zu verlangen. Der Drittverwahrer müsse sich die Verfügungsbefugnis seines Bankierkunden durch eine entsprechende Mitteilung begründen lassen und zugleich auf einer Erläuterung bestehen, warum diese Mitteilung nicht bereits bei Einreichung der Papiere gemacht worden sei. Demgegenüber meint Opitz (§ 4 Bern. 9 c), daß im Verkehr von Bank zu Bank an die Gutgläubigkeit des Drittverwahrers gegenüber seinem verpfändenden Bankierkunden zwar besonders scharfe Anforderungen gestellt werden müßten, man könne aber vom Lokalbankier schlechterdings nicht verlangen, daß er sich bei jeder Umlegung von Wertpapieren in ein „pfandverstrickteres Depot" dem Zentralbankier in allen Einzelheiten zu offenbaren habe. Die Tatsache der Umlegung allein rechtfertige es nicht, dem Drittverwahrer seinen guten Glauben abzusprechen. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Drittverwahrer aufgrund der besonderen Umstände der einzelnen Umlegung oder wegen der verdächtigen Häufung von Umlegungen hätten Zweifel kommen müssen, so daß ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, wenn er ohne weitere Nachforschungen die Umlegung vorgenommen habe (gl. A. Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 HGB Anm. 78). Dieser Auffassung ist zu folgen: Sofern keine besonderen Verdachtsmomente vorliegen, muß sich der Drittverwahrer auf die Redlichkeit seines Bankierkunden und die Richtigkeit der Mitteilung über seine Verfügungsmacht, die angesichts der für die einzelnen Depots geltenden festumrissenen Regelungen und Zweckbestimmungen in jedem Umbuchungsauftrag des Zwischenverwahrers liegt, verlassen können (siehe Rdn. 19—21). Die Grundsätze, die das Reichsgericht in seiner eine Umlegung von Depot Β in Depot A betreffenden Entscheidung

84

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§4

45

in RGZ 41, 3 2 ff aufgestellt hat, sind teils überholt, teils lassen sie sich nicht verallgemeinern. Die Ausführungen des Reichsgerichts betrafen noch § 8 Abs. 2 Depotgesetz 1896. Die Entscheidung erging zu einer Zeit, als es noch keine amtliche Depotprüfung und keine ausgefeilten Richtlinien für die Führung der einzelnen Depots gab. Sie stehen zudem in engem Zusammenhang mit der sich anschließenden, heute gleichfalls überholten Rechtsprechung des Reichsgerichts über eine Umkehrung der Beweislast hinsichtlich der Gutgläubigkeit (siehe Rdn. 19—21). Schließlich war der Fall, den das Reichsgericht zu entscheiden hatte insofern besonders gelagert, als der Drittverwahrer Zug um Zug gegen die Umlegung von Depot Β in Depot A andere bereits in Depot A befindliche Werte herausgeben sollte, an denen er bereits ein Pfandrecht hatte und deshalb die Herausgabe verweigerte, bevor er nicht absolute Gewißheit hatte, auch an den umzulegenden Wertpapieren ein Pfandrecht in gleichem Umfang zu erwerben. Die Entscheidung zeigt im übrigen insofern eine Inkonsequenz, als sie es fur zulässig hält, daß der Zwischenverwahrer sich die Werte aus Depot Β ausliefern läßt und sie demnächst in Depot A wieder einliefert. Der Zwischenverwahrer kann die Wertpapiere seiner Kunden, einerlei 4 5 ob sie beim Drittverwahrer im Depot A, B, C oder D verwahrt werden, veräußern, wenn er dazu von dem Kunden beauftragt worden ist. Der Drittverwahrer braucht die Berechtigung nicht zu prüfen (Rdn. 8). Uber den Verkaufserlös darf der Zwischenverwahrer frei verfugen. Er kann ihn vor allem auch seinem laufenden Konto beim Drittverwahrer gutschreiben lassen mit der Folge, daß seine allgemeinen Verbindlichkeiten beim Verwahrer ganz oder teilweise getilgt werden. Dies ist, insbesondere was den Verkaufserlös für im Depot Β verwahrte Werte angeht, seit Jahrzehnten die praktische Übung im Verkehr unter Kreditinstituten. So heißt es in Ziff. 4 der Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden ausdrücklich, daß die Verkaufserlöse für Werte in Depot A und Β mangels anderer Weisung in laufender Rechnung gutgeschrieben werden. Wie Opitz (BankArch. 1937/38, 609ff = Sammelband S. 284ff) überzeugend nachg ewiesen hat, ist diese Handhabung rechtlich nicht zu beanstanden und dürfte auch für Verkaufserlöse von Werten aus Depot C und D rechtens sein. Der depotrechtliche Kundenschutz erschöpft sich in der Sicherung des Eigentums im Verwahrungsgeschäft und der schnellen Verschaffung des Wertpapiereigentums im Anschaffungsgeschäft. Der Verkaufserlös ist depotrechtlich nicht geschützt. Für die Einrichtung eines Geldanderkontos Β neben dem Fremddepot Β besteht keine Veranlassung. Die Einrichtung von Geldkonten für das Depot C und das Depot D hat nur den Zweck, hinsichtlich der Kreditgleichheit sowie der Innehaltung der Rückkredit- und Verpfändungsgrenze eine Kontrolle zu ermöglichen (siehe Opitz § 4 Bern. 9e). In Ziff. 12 Abs. 10 RichtlHinw ist denn auch nur die Einrichtung von Geldkonten C und D, nicht aber die Einrichtung eines Geldkontos Β vorgeschrieben, welch letzteres aber hätte geschehen müssen, wenn das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der Auf85

§ 4 46, 47

1. Abschnitt. Verwahrung

fassung wäre, daß Verkaufserlöse von Werten aus Depot Β nicht dem laufenden Konto des Zwischenverwahrers gutgeschrieben werden dürften (gl. Α.: Quassomki-Schröder % 4 Anm. Β I 4; KG W M 195 3, 5 12; a. Α.: RGZ 41, 36 (veraltet, siehe Rdn. 41); Gadow JR 1934, 249; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 72; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Η GB Anm. 83). D. Auslandsverwahrung Die Auslandsverwahrung vollzieht sich angesichts der nur unvollkommenen gesetzlichen Regelung in § 22 in der Praxis heute meist praeter legem auf vertraglicher Basis nach Maßgabe der „Sonderbedingungen für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren" der dem Bundesverband deutscher Banken e. V. angeschlossenen Kreditinstitute sowie der genossenschaftlichen Kreditinstitute oder der gleichlautenden Vorschriften in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Girozentralen und Sparkassen: Die für den Kunden im Ausland angeschafften und dort aufbewahrten Wertpapiere werden ihm in Wertpapierrechnung gutgeschrieben, Eigentümer der Wertpapiere ist grundsätzlich das die Gutschrift erteilende Kreditinstitut; Entsprechendes gilt für solche Wertpapiere, die dem Kreditinstitut vom Kunden unter Erteilung einer Aneignungsermächtigung nach § 1 3 zur Verwahrung im Ausland anvertraut sind. Von dieser heute häufigsten Form der Auslandsverwahrung wird hier nicht die Rede sein, sie ist in den Erläuterungen zu § 22 ausführlich behandelt. An dieser Stelle geht es um die in Abweichung von dem üblichen Verfahren vorgenommene Verwahrung von Wertpapieren im Ausland unter Aufrechterhaltung des Kundeneigentums. 47 Nach den allgemeinen Normen des internationalen Privatrechts kommt § 4 des deutschen Depotgesetzes grundsätzlich nicht zur Anwendung, wenn ein deutscher Verwahrer die Wertpapiere einem im Ausland ansässigen Dritten anvertraut (Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β I 2; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 66; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 H G B Anm. 73; Opitz BankArch. 1937/38, 6 7 f f = Sammelband S. 273ff; von Caemmerer BankArch. 1937/38, 723). Dies gilt nicht nur für die Fremdvermutung des § 4 Abs. 1 Satz 1, sondern vor allem auch für die Beschränkung in der Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten nach § 4 Abs. 1 Satz 2. Der Erwerb dinglicher Rechte an den im Ausland befindlichen Wertpapieren richtet sich allein nach der betreffenden ausländischen Rechtsordnung als lex rei sitae (Recht der belegenen Sache). Will man dennoch dem für das gesamte Depotgesetz maßgebenden Grundgedanken des erhöhten Kundenschutzes Rechnung tragen, so reicht es nicht aus, im Wege der Gesetzesergänzung, auch für denjenigen deutschen Verwahrer, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, in diesem Falle eine Fremdanzeigepflicht zu begründen (so Opitz BankArch. 1937/38, 6 7 f f = Sammelband S. 27 3ff und Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 66). Da nicht

46

86

Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten

§ 4

48,49

sicher ist, welche Rechtsfolgen das maßgebliche ausländische Recht an die Fremdanzeige knüpft, muß man vielmehr weitergehend den deutschen Verwahrer dem Grundgedanken des deutschen Depotgesetzes entsprechend aus dem Verwahrungsvertrag heraus für verpflichtet halten, durch eine Fremdanzeige oder in sonstiger Weise sicherzustellen, „daß der Dritte ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht an den Wertpapieren nur wegen solcher Forderungen geltend machen kann, die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind oder für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie mit Ermächtigung des Hinterlegers zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen" (Ziff. 3 Abs. 4 RichtlHinw; Quassomki-Schröder § 4 Anm. Β I 2). Diese Rechtspflicht muß für jeden Verwahrer gelten, also nicht nur für den, der Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, sondern auch für den, der keine Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt und daher nach § 4 Abs. 3 ohnehin in jedem Falle zur Erstattung einer Fremdanzeige verpflichtet ist. Sie ist im übrigen nicht nur auf den Fall der Drittverwahrung beschränkt, sondern man wird sie, wenn auch in einer den jeweiligen Umständen angepaßten Form, auf andere Fälle auszudehnen haben, in denen der Verwahrer die Wertpapiere von Kunden einem Dritten im Ausland anvertraut. Wird das Recht des Hinterlegers im Ausland durch Pfändungen oder andere Eingriffe beeinträchtigt, so soll der Verwahrer nach Ziff. 3 Abs. 4 RichtlHinw verpflichtet sein, den Hinterleger hierüber „unbeschadet etwaiger weiterer Verpflichtungen" unverzüglich zu unterrichten. Diese Vorschrift erscheint durchaus sinnvoll, freilich wird eine Benachrichtigung des Kunden unterbleiben können, wenn es dem Verwahrer alsbald gelingt, die Beeinträchtigung durch eigene Maßnahmen — etwa anderweitige Sicherheitsleistung im Falle einer Pfändung — wieder zu beseitigen. Abgesehen von seiner Verpflichtung, für den Kunden einen den Vorschrif- 4 8 ten 4 « § 4 entsprechenden Schutz der Wertpapiere im Ausland sicherzustellen, hat jeder inländische Verwahrer, der Wertpapiere einem Dritten im Ausland anvertraut, für den Fall einer Verpfandung die Vorschriften des § 12 zu beachten (Opitz BankArch. 1937/38, 67 = Sammelband S. 2 7 6 ; Schröder BankArch. 1 9 3 7 / 3 8 , 7 2 3 ) . Zu beachten ist, daß es zu einer Drittverwahrung im Ausland wegen des 4 9 damit verbundenen Risikos immer — und zwar über die nach § 12 notwendigen Ermächtigungen hinaus — der besonderen Zustimmung des Hinterlegers bedarf (siehe hierzu Rdn. 6). Dieser Grundsatz muß auch gelten, wenn die Wertpapiere dem ausländischen Dritten zu einem anderen Zweck als dem der Drittverwahrung anvertraut werden, allerdings wird man dann häufig die Zustimmung des Kunden aus den Umständen entnehmen können. Man denke etwa an den Fall, daß Wertpapiere zum Inkasso in das Ausland verschickt werden müssen.

87

§§ 4 50 5 50

1. Abschnitt. Verwahrung

E. Strafrechtliche Vorschriften Die unrichtige Erstattung einer Eigenanzeige nach § 4 Abs. 2 und das Unterlassen einer Fremdanzeige nach § 4 Abs. 3 können bereits den Tatbestand einer Unterschlagung nach § 246 StGB oder den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB erfüllen, darin kann aber auch eine Depotunterschlagung nach § 34 dieses Gesetzes liegen. Die wahrheitswidrige Abgabe der Eigenanzeige und die Unterlassung der Fremdanzeige sind im übrigen aber in § 35 dieses Gesetzes selbständig unter Strafe gestellt.

(1) Vertretbare Wertpapiere einer und derselben Art darf der Verwahrer ungetrennt von seinen eigenen Beständen derselben Art oder von solchen Dritter aufbewahren oder einem Dritten zur Sammelverwahrung anvertrauen, wenn der Hinterleger ihn dazu ermächtigt hat. Die Ermächtigung muß ausdrücklich und schriftlich erteilt werden; sie darf weder in Geschäftsbedingungen des Verwahrers enthalten sein noch auf andere Urkunden verweisen. Die Ermächtigung muß fur jedes Verwahrungsgeschäft besonders erteilt werden, es sei denn, daß die Wertpapiere zur Sammelverwahrung Wertpapiersammelbanken übergeben werden sollen. (2) Wer zur Sammelverwahrung ermächtigt ist, kann, anstatt das eingelieferte Stück in Sammelverwahrung zu nehmen, dem Hinterleger einen entsprechenden Sammelbestandanteil übertragen. (3) Auf die Sammelverwahrung bei einem Dritten ist § 3 anzuwenden. (4) Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister vorschreiben, daß gewisse Arten von Wertpapieren nicht zur Sammelverwahrung genommen werden dürfen. Er kann die Zulassung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Übersieht Rdn. Die Entwicklung der Girosammeiverwahrung 1. Im Inland 2. Im Ausland

1 10

Die Regelung des § 5 A. Allgemeines

11

15 B. Begriff der Sammelverwahrung I. Abgrenzung zur Sonderverwahrung 16 II. Arten der Sammelverwahrung . . 18

88

Rdn. III. Vertretbare Wertpapiere als Gegenstand der Sammelverwahrung • 1. Vertretbarkeit 2. Artgleichheit 3. Sammeldepot-Eignung C. Ermächtigung des Hinterlegers I. Allgemeines II. Die Voraussetzungen im einzelnen

22 25 27 29 34 34 38

§ 5 1

Sammelverwahrung Rdn. 1. Ermächtigung durch den „Hinterleger" 2. Zeitpunkt der Erteilung . . . . 3. Form der Erteilung 4. Muster einer SammeldepotErmächtigung III. Rechtsfolgen mangelhafter oder fehlender Ermächtigung (Widerruf) IV. Sonderregelungen

38 39 40 44

45 48

, , T> J DL N· L „ D besondere Buchungsprhchten im Veror kehr zwischen Kreditinstituten . . . . 30 Ε·

Verbuchung von Lieferungsansprüchen in Wertpapieren 31 I. Wertpapierrechnung 32 II· Jungschein-Giroverkehr 34

R

Depotabstimmung

8 10 11 13

35

17

G. Prüfung des Depotgeschäfts

36

18

H. Strafrechtliche Vorschriften

38

A. Allgemeines Die in § 14 statuierte Verpflichtung zur Führung eines Verwahrungsbuches 1 für die diesem Gesetz unterliegenden Verwahrungsgeschäfte dient vor allem dem Kundenschutz. Dem Hinterleger soll die Möglichkeit gegeben werden, im Streitfall sein Recht unter Bezugnahme auf das Verwahrungsbuch nachzuweisen. Darüber hinaus schafft die Einrichtung und Führung des Verwahrungsbuches dem Verwahrer die Grundlage für eine ordnungsgemäße Überwachung und Verwaltung der ihm anvertrauten Wertpapierbestände. Schließlich soll aber auch die Einsicht in das Verwahrungsbuch der Depotprüfung ( § 3 0 KWG) die Möglichkeit zur Überwachung der Geschäftsführung des Verwahrers geben (amtl. Begr.). Die kurz gehaltenen Vorschriften des § 14 bestimmen den Rahmen für eine ordnungsmäßige Führuñg des Verwahrungsbuches. Diese werden in der Praxis ergänzt durch die vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gemäß §§ 6, 30 KWG erlassenen Richtlinien für die Depotprüfung (siehe dazu Rdn. 37). Unabhängig hiervon enthält § 14 Abs. 6 die Ermächtigung zum Erlaß weiterer Bestimmungen über das Verwahrungsbuch im Verordnungswege, von der bisher freilich kein Gebrauch gemacht worden ist. Die Vorschriften des § 14 sind in erster Linie auf die Sonderverwahrung zugeschnitten. Nach Abs. 3 gelten sie jedoch sinngemäß auch für die Sammelverwahrung und 311

§ 14 2 - 4

1. Abschnitt. Verwahrung

damit auch fur sammelverwaltete Schuldbuchforderungen aus Anleihen des Bundes und der Länder (vgl. § 42 Rdn. 22 ff); sie kommen ferner zur Anwendung, wenn ein Einkaufskommissionär oder Eigenhändler ( § 3 1 ) eine Girosammelgutschrift nach § 24 erteilt (§ 24 Rdn. 19 ff). B. Verwahrungsbuch I. Handelsbuch Das Verwahrungsbuch ist nach § 14 Abs. 1 ein Handelsbuch. Daraus folgt, daß die Vorschriften des Handelsgesetzbuches über Handelsbücher (§§ 38 ff HGB) auf das Verwahrungsbuch Anwendung finden (QuassowskjSchröder § 14 Anm. B). Danach ist das Verwahrungsbuch nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu führen ( § 3 8 HGB), und zwar in einer lebenden Sprache und in den Schriftzeichen einer solchen ( § 4 3 Abs. 1 HGB). Das Verwahrungsbuch soll gebunden und Blatt für Blatt mit fortlaufenden Zahlen versehen sein ( § 4 3 Abs. 2 HGB); statt gebundener Bücher sind jedoch auch lose Blätter und Karteien verwendbar (vgl. auch § 162 Abs. 4 AO; Baumbach-Duden § 43 Anm. 1). An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, dürfen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung darf nicht unleserlich gemacht werden, im Verwahrungsbuch darf nicht radiert werden, Eintragungen dürfen nur so geändert werden, daß feststeht, ob die Veränderung bei der ursprünglichen Eintragung oder später gemacht worden ist ( § 4 3 Abs. 3 HGB). Das Verwahrungsbuch ist 10 Jahre aufzubewahren, die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Verwahrungsbuch gemacht wurde (§ 4 4 b HGB). Im Verlaufe eines Rechtsstreits kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag die Vorlegung des Verwahrungsbuches anordnen (§ 45 HGB). 3 Zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört es, daß das Verwahrungsbuch ständig auf dem laufenden gehalten wird. Der Stand der Depotvertragsverhältnisse muß aus dem Verwahrungsbuch stets einwandfrei ersichtlich sein. Dafür ist nicht allein das Buchungsdatum, sondern auch das Geschäftsdatum maßgebend, so daß letzteres im Verwahrungsbuch eingetragen werden muß (Ziff. 12 Abs. 3 RichtlHinw). Im Hinblick auf die Vorschriften der § § 18, 24, wonach der Einkaufskommissionär dem Kommittenten spätestens binnen einer Woche durch Übersendung eines Stückeverzeichnisses das Eigentum an den gekauften Stücken oder durch Gutschrift im Verwahrungsbuch Miteigentum am Sammelbestand von Wertpapieren der betreffenden Gattung in entsprechender Höhe verschaffen muß, ist sicherzustellen, daß die Verbuchungen im Verwahrungsbuch mindestens einmal wöchentlich vorgenommen werden (Paul W M 1971, 1179). 4 § 14 verpflichtet den Verwahrer lediglich, als Handelsbuch ein nach Hinterlegern geordnetes Verwahrungsbuch (persönliches Depotbuch) zu führen

2

312

Verwahrungsbuch

§ 14

5,6

(siehe auch Rdn. 9). Neben diesem persönlichen Depotbuch wird von den Verwahrern meist ein nach Wertpapierarten aufgegliedertes Verwahrungsbuch (sachliches Depotbuch) unterhalten. Ein solches sachliches Depotbuch ist zusätzlich zum persönlichen Depotbuch erforderlich bei umfangreichem Depotgeschäft und bei einer Buchführung in Kartei- oder Loseblattform. Sind ein persönliches und ein sachliches Depotbuch vorhanden, dann genügt es, wenn eines der beiden als Handelsbuch geführt wird (Ziff. 12 Abs. 1 RichtlHinw). Aus Sicherheitsgründen ist eine strikte Gewaltentrennung zwischen der 5 Verfügung über die dem Kreditinstitut anvertrauten Wertpapiere und der Depotbuchführung erforderlich. Das als Handelsbuch ausgestaltete Depotbuch (persönliches oder sachliches Depotbuch) darf nicht von dem für die Verwahrung der Wertpapiere verantwortlichen oder im Falle der Drittverwahrung nicht von dem über die Wertpapiere verfügungsberechtigten Sachbearbeiter geführt werden (Ziff. 12 Abs. 2 RichtlHinw). II. Depotbuchführung in Kartei- oder Loseblattform Eine Depotbuchfuhrung in Kartei- oder Loseblattform statt in Form eines 6 gebundenen Buches ist zulässig (Rdn. 2). Es müssen jedoch die notwendigen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, um eine mißbräuchliche Verwendung oder unbefugte Entfernung der den Depotbüchern beigefügten oder der unbenutzten beziehungsweise erledigten Vordrucke auszuschließen. Nach Ziff. 12 Abs. 4 RichtlHinw sind dabei folgende Grundsätze zu beachten : a) D i e einzelnen Karten bzw. Blätter sind fortlaufend, nach Möglichkeit nicht handschriftlich, zu numerieren und in einen gebundenen Verwendungsnachweis einzutragen. Dies gilt auch für die noch nicht benutzten Vordrucke. b) Jede Karte oder jedes Blatt ist anläßlich der ersten Verwendung anhand des Buchungsbeleges oder bei Uberträgen anhand des vorangehenden, abgeschlossenen Vordrucks auf die richtige Ausfertigung hin von einem nicht mit der Führung eines der beiden Depotbücher beauftragten Mitarbeiters zu überprüfen und mit seinem Handzeichen zu versehen. c) D i e erste Verwendung und die Schließung der Karte oder des Blattes ist im Verwendungsnachweis einzutragen. Aus dem Verwendungsnachweis muß sich ergeben, für welches Kundendepot bzw. für welche Wertpapiere der Vordruck benutzt worden ist. d) Die noch nicht benutzten und erledigten Vordrucke müssen so aufbewahrt werden, daß ihre unberechtigte Verwendung ausgeschlossen ist. Mit ihrer Aufbewahrung ist der für die Kontrolle der Neuausfertigung bzw. Schließung von Karten oder Blättern verantwortliche Mitarbeiter oder eine neutrale Person zu beauftragen. e) Den Depotbuchhaltem darf ein Bestand an Blanko-Vordrucken nach Buchungsschluß nicht überlassen werden. f) D i e erledigten Karten oder Blätter sind von Zeit zu Zeit fest einzubinden.

Von diesen Grundsätzen kann abgewichen werden, „wenn die Depotbuchhaltung in anderer Weise wirksame Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen aufweist, durch die eine unbefugte Entfernung und mißbräuchliche Verwen313

§ 14 7

1. Abschnitt. Verwahrung

dung sowohl der in Gebrauch befindlichen Karten wie der unbenutzten Vordrucke ausgeschlossen wird". In jedem Falle muß die Depotbuchführung in Kartei- oder Loseblattform eine ausreichende Gewähr gegen jeden Mißbrauch bieten und den Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung entsprechen. Sind ein persönliches und ein sachliches Depotbuch vorhanden und wird nur eines dieser Bücher in Kartei- oder Loseblattform geführt, so soll es sich um das sachliche Depotbuch handeln (Ziff. 12 Abs. 1 RichtlHinw). Werden beide Depotbücher in Kartei- oder Loseblattform geführt, so müssen für die Führung eines jeden verschiedene Sachbearbeiter zuständig sein, die sich gegenseitig nicht vertreten dürfen. III. Depotbuch fuhrung im Wege eines elektronischen Datenverarbeitungsverfahrens. 7 Die technische Entwicklung des Buchungsverfahrens hat bei der Karteiund Loseblattform nicht halt gemacht. Die Depotbuchführung wird heute regelmäßig im W e g e der elektronischen Datenverarbeitung abgewickelt, wogegen rechtliche Bedenken grundsätzlich nicht zu erheben sind. Selbstverständlich müssen auch bei einer maschinellen Depotbuchführung im Wege eines elektronischen Datenverarbeitungsverfahrens die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung beachtet werden. Problematisch ist jedoch, welche Anforderungen im einzelnen an die elektronischen Datenverarbeitungssysteme zu stellen sind, zumal gerade auf diesem Gebiet die technische Entwicklung ständig im Fortschritt begriffen ist. In Ziff. 12 Abs. 5 RichtlHinw sind folgende Grundsätze aufgestellt: a) Der Buchungsablauf und die Führung des Verwahrungsbuches (einschließlich der Behandlung erledigter Kontoblätter) sind durch Arbeitsanweisungen zu regeln, aus denen die vom Kreditinstitut getroffenen Sicherheits- und Kontrollvorkehrungen ersichtlich sein müssen. b) Durch die Arbeitsanweisung muß eine personelle Funktionstrennung gewährleistet sein, so daß kein Sachbearbeiter einen Geschäftsvorgang von der Ausfertigung des Buchungsbeleges bis zur Datenausgabe und der Einordnung des von der Maschinenanlage ausgedruckten Depotbuchblattes in das Verwahrungsbuch allein bearbeitet. Insbesondere darf der für das persönliche Depotbuch verantwortliche Sachbearbeiter weder bei der Ausfertigung des Buchungsbeleges noch bei seiner maschinellen Verbuchung mitwirken. c) Die zu einem Programm gehörenden Folgen von Abrechnungsvorgängen und Aufzeichnungen einschließlich der vorgesehenen automatischen Kontrollen der selbständig arbeitenden Geräte sind in der Arbeitsanweisung schriftlich darzustellen und in einem Ablaufdiagramm zusammenzufassen. Die den Maschinen einzugebenden Programme sind in der Weise aufzubewahren, daß sie nicht von Unbefugten willkürlich verändert werden können. Ein Doppel des Programms ist von einer neutralen Stelle getrennt aufzubewahren. d) Für das persönliche Depotbuch sind Blätter auszudrucken, es sei denn, der Stand der Depotvertragsverhältnisse und ihre Entwicklung können sofort lesbar abgerufen werden. Die Depotbuchblätter sind unverzüglich in das Verwahrungsbuch einzuordnen und das durch ein neu ausgedrucktes Blatt erledigte Vorblatt vom Depotbuchhalter als nicht mehr gültig zu kennzeichnen. Irrtümlich als ungültig bezeichnete Depotbuchblätter sind ausschließlich von

314

Verwahrungsbuch

§ 14

8

hierfür zuständigen, nicht an der Depotbuchführung beteiligten Personen wieder in Kraft zu setzen. Sie haben sich anhand des betreffenden Buchungsbeleges und des Grundbuchungsbogens von der Gültigkeit des Depotbuchblattes zu überzeugen und dies handschriftlich zu bestätigen. e) Auf den Ausdruck von Blättern für das sachliche Depotbuch kann verzichtet werden, wenn die Daten der Depotvertragsverhältnisse gespeichert oder durch Bestandslochkarten nachgewiesen werden und ihr listenmäßiger Ausdruck jederzeit von dem das persönliche Depotbuch führenden Kreditinstitut herbeigeführt werden kann. f) U m jederzeit den Stand der Depotvertragsverhältnisse soweit wie möglich kenntlich zu machen, sollte bei Depotveränderungen in das persönliche Depotbuch eine Durchschrift oder Kopie des Buchungsbeleges bis zum Ausdruck des neuen Depotblattes eingeordnet werden. Anhand dieses Beleges ist der fristgerechte Buchungsablauf zu überwachen. Der Depotbuchhalter sollte sich mit Hilfe des sogenannten Erwartungsbeleges von der Richtigkeit der Buchungen überzeugen. Ergeben sich bei dieser Kontrolle Differenzen, so müssen diese maschinell berichtigt werden.

In der Erkenntnis, daß diese Grundsätze ¿jar nicht alle Systeme elektronischer Datenverarbeitung lückenlos erfassen können und um die schnell voranschreitende technische Entwicklung auf diesem Gebiet nicht zu hemmen, enthält der letzte Satz von Ziff. 12 Abs. 5 RichtlHinw die generelle Ordnungsmäßigkeitsklausel: „Abweichungen von diesen Grundsätzen sind nur zulässig, wenn auf andere Weise die Vollständigkeit, die Richtigkeit und die Aussagefähigkeit der Depotbuchführung gewährleistet sind" (siehe auch Paul W M 1 9 7 1 , 1 1 8 0 f ; Spieth-Krumb W P g 1 9 7 1 , 352). C . Die Regelung des § 14 im einzelnen I. Pflicht zur Führung des Verwahrungsbuches Jeder Verwahrer ist verpflichtet, ein Verwahrungsbuch zu führen. Der 8 Begriff des Verwahrers ergibt sich aus § 1. Danach kommt es nur darauf an, daß einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut werden. Unerheblich ist, ob der Kaufmann gewerbs- oder geschäftsmäßig das Bankgeschäft und insbesondere das Depotgeschäft betreibt (vgl. § 1 Rdn. 61). Auch' der Kaufmann, dem nur gelegentlich einmal im Betriebe seines sonst nicht auf das Depotgeschäft gerichteten Handelsgewerbes ein Wertpapier zur Verwahrung anvertraut wird, muß eigens im Hinblick auf diese nur einmalige Anvertrauung ein Verwahrungsbuch anlegen und fuhren (Quassowski-Schröder § 14 Anm. C 1). Dagegen sind Eintragungen in das Verwahrungsbuch eines gewerbs- oder geschäftsmäßigen Verwahrers dann nicht erforderlich, wenn ihm Wertpapiere zum alsbaldigen Verkauf, zum alsbaldigen Umtausch, zur alsbaldigen Einlösung oder zu ähnlichen Zwecken anvertraut werden (Quassomki-Schröder § 14 Anm. C 1). Der Verwahrer braucht das Verwahrungsbuch nicht selbst zu führen oder durch seine eigenen Leute fuhren zu lassen, er kann bei der Führung des Verwahrungsbuches vielmehr auch fremde Hilfspersonen einsetzen, was bei der Depotbuchführung im W e g e eines elektronischen Datenverarbeitungsver315

§ 14 9, 10

1. Abschnitt. Verwahrung

fahrens in der Praxis vielfach geschieht. Entscheidend ist, daß das Verwahrungsbuch in der vorgeschriebenen Form vorhanden ist und dem Verwahrer zur Verfügung steht. Zur Führung des Verwahrungsbuches ist auch der Minderkaufmann (§ 4 H GB) verpflichtet, die Regelung des § 14 ist lex specialis gegenüber § 4 HGB (Opitz § 14 Bern. 4). Die Pflicht zur Führung des Verwahrungsbuches trifft den Zwischenverwahrer ebenso wie jeden Drittverwahrer, den Sammelverwahrer ebenso wie den Sonderverwahrer. Bei mehrstufiger Drittverwahrung müssen infolgedessen die Verwahrungsbücher aller Glieder der Verwahrungskette vom „Lokalbankier" bis zum unmittelbar besitzenden Kreditinstitut ergeben, wer dem Lokalbankier die Wertpapiere anvertraut hat und wo sie geblieben sind (QuassowskiSchröder § 14 Anm. C I). Zur Führung des Verwahrungsbuches verpflichtet sind auch der Pfandverwahrer (§ 17) und der Kommissionär; letzterer freilich erst, nachdem er das Wertpapiereigentum an den in seinem Besitz befindlichen Wertpapieren übertragen hat (§ 29). 9 Im Falle einer „Hausdrittverwahrung" nach § 3 Abs. 1 Satz 2 gelten Zweigstellen ein und desselben Unternehmens sowohl untereinander als auch im Verhältnis zur Hauptstelle als verschiedene Verwahrer (vgl. § 3 Rdn. 19). Diese Fiktion muß auch auf die Depotbuchführungspflicht nach § 14 durchgreifen mit der Folge, daß die einzelnen Stellen selbständig und unabhängig von einander zur Führung eines Verwahrungsbuches verpflichtet sind (Opitz § 14 Bern. 4). Wichtig ist indessen, daß die Fiktion nur dann gilt, wenn die „Hausdrittverwahrung" unter dem Namen der Zweigstelle oder Hauptstelle vorgenommen wird, nicht dagegen, wenn dies unter dem Namen des Kunden geschieht (vgl. § 3 Rdn. 19). Im letzteren Fall ist der allgemeine Grundsatz von der Einheitlichkeit der Rechtsperson des Verwahrers maßgebend und der Verwahrer braucht für alle Stellen seines Unternehmens nur ein einheitliches Verwahrungsbuch zu führen. Ob das Verwahrungsbuch in der Hauptstelle, in der Zweigstelle oder an mehreren Orten geführt wird, ist der Entscheidung des Verwahrers überlassen, der etwa das Verwahrungsbuch selbst in der Hauptstelle, Verzeichnisse gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 aber in den Zweigstellen führen lassen kann, wenn das aus organisatorischen Gründen zweckmäßig erscheint (vgl. auch Opitz § 14 Bern. 8). 10

II. Eintragungspflichtige Geschäfte Jede Anvertrauung von Wertpapieren, aufgrund deren dem Verwahrer die Erfüllung der Verwahrerpflichten nach diesem Gesetz obliegt, ist im Verwahrungsbuch einzutragen und zwar einerlei, ob es sich um Sonderverwahrung oder Sammelverwahrung handelt, und ohne Rücksicht darauf, ob dem Verwahrer eine der Ermächtigungen nach § § 5, 10, 12 oder 13 erteilt worden ist oder nicht. Dagegen finden auf die unregelmäßige Verwahrung und das Wertpapierdarlehen nach § 15 die Vorschriften des § 14 keine Anwendung. Nach § 14 Abs. 2 kann die Eintragung eines Wertpapiers — und damit die Eintra316

Verwahrungsbuch

§14

11, 12

gung des Geschäftes überhaupt — unterbleiben, wenn die Verwahrung des Wertpapiers beendet ist, bevor die Eintragung bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang erfolgen konnte. Beendet ist die Verwahrung dann, wenn das anvertraute Wertpapier dem Hinterleger oder auf dessen Weisung einem Dritten ausgeliefert worden ist. Gibt der Verwahrer das ihm anvertraute Wertpapier in Drittverwahrung gemäß § 3, so bleibt er Zwischenverwahrer und eine Beendigung der Verwahrung liegt nicht vor (vgl. Quassouiskj-Schröder § 14 Anm. C H ) . III. Eintragung des Hinterlegers Nach § 14 Abs. 1 sind in das Verwahrungsbuch die Namen der Hinter- 1 1 leger einzutragen. Das Verwahrungsbuch des § 14 ist also ein sogenanntes persönliches Depotbuch, in dem die Eintragungen nach Hinterlegern in der Weise vorgenommen werden, daß unter dem Namen des Hinterlegers alle Wertpapiere aufgeführt sind, die er in Verwahrung gegeben hat und kein sogenanntes sachliches Depotbuch, in dem die Eintragungen nach Wertpapierarten eines jeden Hinterlegers dergestalt vorgenommen werden, daß alle Werte ein- und derselben Gattung zusammengefaßt eingetragen sind, der Name des Hinterlegers jeweils beigefügt ist und so oft wiederkehrt, wie sich Wertpapiere verschiedener Gattung für ihn in Verwahrung befinden (Quassowskß-Schröder § 14 Anm. C III 1; Opitz § 14 Bern. 6). Uber die Führung eines sachlichen Depotbuches neben dem persönlichen Depotbuch siehe Rdn. 4. Die Eintragung des Hinterlegers muß die Angabe seines Namens (Vor- und Zuname; Firma), bei Frauen auch des Mädchennamens enthalten. Die Anschrift ist ebenfalls einzutragen (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw; § 163 Abs. 2 AO; a. Α. Quassowski-Schröder § 14 Anm. C III 1). Es muß sich um den bürgerlichen Namen handeln, ein Künstlername darf nur eingetragen werden, wenn der bürgerliche Name hinzugefügt wird. Die Eintragung falscher oder fingierter Namen ist unzulässig. Der Verwahrer muß sich über die Person des Hinterlegers und seiner Verfügungsberechtigten vergewissern. Werden an Stelle des Namens des Hinterlegers Kennzeichen oder Kundennummern im Verwahrungsbuch eingetragen, so müssen der Name des Hinterlegers und die für ihn gewählten Kennzeichen oder Nummern aus einem neben dem Verwahrungsbuch geführten Verzeichnis (Depotnebenbuch) eindeutig hervorgehen. In dem Verwahrungsbuch ist auf das Verzeichnis Bezug zu nehmen (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Bei der Sonderverwahrung muß der im Verwahrungsbuch eingetragene Name des Hinterlegers der an den Wertpapieren gemäß § 2 anzubringenden äußerlich erkennbaren Bezeichnung des Hinterlegers entsprechen (Quassomki-Schröder § 14 Anm. C III 1). Hinterleger ist derjenige, der dem Verwahrer die Wertpapiere anvertraut 1 2 hat (zum Begriff des Hinterlegers siehe auch § 2 Rdn. 8 und 9). Bei der Drittverwahrung ist Hinterleger des Drittverwahrers der Zwischenverwahrer, nui dessen Name erscheint infolgedessen im Verwahrungsbuch des Dritt317

§ 14 13, 14

1. Abschnitt. Verwahrung

Verwahrers, nicht dagegen der Name des Hinterlegers des Zwischenverwahrers, der regelmäßig auch der Eigentümer der Wertpapiere sein wird. Bei mehrstufiger Drittverwahrung ist daher in den Verwahrungsbüchern der mehreren Glieder der Verwahrerkette in dem Verwahrungsbuch der höheren Stufe immer nur der Name der nächtstniedrigen Stufe verzeichnet (Quassomki-Schröder § 14 Anm. C III 1; Opitz § 14 Bern. 6). IV. Eintragung der Wertpapiere Die Wertpapiere sind unter genauer Bezeichnung der Wertpapierart im Verwahrungsbuch einzutragen. Die Bezeichnung muß so genau sein, daß die eingetragene Wertpapierart eine Unterteilung nach der Verkehrsauffassung nicht mehr zuläßt (Beispiel: 7% % Bundesrepublik Deutschland Ani. ν. 71/ 81). Im allgemeinen werden die Angaben in den Kursblättern ausreichen (Opitz § 14 Bern. 7). Bei jeder Wertpapierart ist die Menge nach dem Nennbetrag anzugeben, oder, wenn die betreffenden Wertpapiere nach Stückzahl bezeichnet werden, nach Stückzahl. Beträgt der Nennbetrag einer in Stück notierten Aktie mehr als DM 50,—, so ist der Nennbetrag anzugeben, auf den sich die Stückzahl bezieht (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Nicht notwendig ist bei Namensaktien die Angabe, auf wessen Namen die Aktien im Aktienbuch eingetragen sind; sie kann sich aber aus technischen Gründen empfehlen. 14 Der im Kreditgewerbe üblichen Handhabung entspricht es, daß auch die sogenannten Wertpapier-Kenn-Nummern angegeben werden (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Wertpapier-Kenn-Nummem sind sechsstellige Ordnungsnummern, die der zweifelsfreien Bezeichnung und Unterscheidung der einzelnen Wertpapierarten dienen. Sie erleichtern die technische Abwicklung des Wertpapierverkehrs und sind bei der Depotbuchführung im Wege eines elektronischen Datenverarbeitungsverfahrens von entscheidender Bedeutung (Schlüssel für Sortierung und Speicheradresse). Wertpapier-Kenn-Nummern sind aufgrund von Richtlinien eines Sachverständigenausschusses der Spitzenverbände des Kreditgewerbes für alle im Effekten- und Depotgeschäft bedeutsamen Wertpapierarten festgesetzt. Dabei bestehen jeweils gegliedert nach inländischen und ausländischen Werten besondere Nummernkreise für festverzinsliche Papiere, Aktien und Investmentzertifikate. Die den einzelnen Wertpapierarten zugeordneten Wertpapier-Kenn-Nummern sind in dem von den „Wertpapier-Mitteilungen" herausgegebenen „Kenn-Nummern-Buch für Wertpapiere" veröffentlicht, neue Wertpapier-Kenn-Nummern werden laufend in den „Wertpapier-Mitteilungen" bekanntgegeben. Es würde auch ausreichen, wenn im Verwahrungsbuch selbst an Stelle der Wertpapierart nur die Wertpapier-Kenn-Nummer angegeben wird, weil sich die Wertpapierart aus dem Kenn-Nummern-Buch einwandfrei ergibt. Das Kenn-Nummem-Buch müßte dann allerdings als Depotnebenbuch geführt und im Verwahrungsbuch darauf Bezug genommen werden (Opitz § 14 Bern. 7). 13

318

Verwahrungsbuch

§ 14

15, 16

Nach Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw sind verloste oder gekündigte Wert- 1 5 papiere im Verwahrungsbuch als solche zu kennzeichnen oder getrennt von den nicht fälligen Wertpapieren auszuweisen. Einschränkungen in der Verfügungsgewalt über die Wertpapiere (ζ. B. nach dem Sparprämiengesetz oder nach anderen Vorschriften) müssen durch einen entsprechenden Vermerk kenntlich gemacht werden. Im Verwahrungsbuch festzuhalten sind ferner die Nummern oder 1 6 sonstigen Bezeichnungsmerkmale der für jeden Hinterleger verwahrten Wertpapiere. Während die Wertpapier-Kenn-Nummern der Bezeichnung der Wertpapierarten dienen, hat die Angabe der Nummern oder der sonstigen Bezeichnungen der Stücke die Individualisierung des einzelnen Wertpapiers zum Ziel. Die Angabe der Nummern und sonstigen Bezeichnungen der Stücke kommt demzufolge nur für die Sonderverwahrung in Betracht. Sie muß im Verwahrungsbuch selbst nur dann gemacht werden, wenn sich die Nummern oder Bezeichnungsmerkmale nicht aus Verzeichnissen ergeben, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden. Geben derartige Verzeichnisse über die Nummern oder Bezeichnungsmerkmale Aufschluß, so ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 statt der Eintragung im Verwahrungsbuch die in das Verwahrungsbuch aufzunehmende Bezugnahme auf diese Verzeichnisse ausreichend. Die Bezugnahme braucht sich nicht gerade bei der Eintragung des Hinterlegers zu befinden, es genügt vielmehr eine allgemeine Angabe beispielsweise auf der ersten Seite des Verwahrungsbuches. Immer muß aber klar angegeben werden, welche Verzeichnisse das Verwahrungsbuch ergänzen sollen. Als Verzeichnisse im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 kommen nur geordnete besondere Zusammenstellungen in Betracht, die ihrem Wesen nach etwas Dauerhaftes sind, also nicht bloße Notizzettel und sonstige nur zum vorübergehenden Gebrauch bestimmte Aufzeichnungen oder Zusammenstellungen von Schriftstücken. Auch nicht die „sonstige kaufmännische Buchführung" und der „Schriftwechsel" (Quassowski-Schröder § 14 Anm. C III 4a; Opitz § 14 Bern. 7). Die Verzeichnisse müssen in einer lebenden Sprache und in deren Schriftzeichen geführt werden (§ 43 Abs. 1 HGB). Sie brauchen nicht gebunden und mit Seitenzahlen versehen zu sein, da § 43 Abs. 2 HGB nur für Handelsbücher gilt. Die Verzeichnisse können danach insbesondere auch in Loseblattform geführt werden, müssen aber den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen und ständig auf dem laufenden gehalten werden (Ziff. 12 Abs. 3 und 8 RichtlHinw). Diesen Anforderungen ist entsprochen, wenn Abdrucke oder Durchschläge von Ein- und Auslieferungsverzeichnissen, von den Hinterlegern übersandten Nummernverzeichnissen und von Ubertragungsbelegen systematisch entweder nach den Namen oder den Depotnummern der Hinterleger oder in sachlicher Ordnung nach der Wertpapierart so zusammengefaßt und abgelegt werden, daß die Feststellung der Stückenummern des Bestandes eines bestimmten Hinterlegers in kurzer Zeit ohne Zuhilfenahme anderer Unterlagen gewährleistet ist (Ziff. 12 319

§ 14 17

1. Abschnitt. Verwahrung

Abs. 8 RichtlHinw). Es reicht auch aus, wenn sich im Tresor unter dem Streifband eine Aufstellung befindet, die stets durch Abstreichung der ausgebuchten Nummern mit dem Tresorbestand in Ubereinstimmung gehalten wird ( O p i t z § 14 Bern. 7). Die Verzeichnisse gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 müssen wie die Handelsbücher 10 Jahre aufbewahrt werden (§ 4 4 b H G B ) , da die Eintragung in die Verzeichnisse die Eintragung in das Handelsbuch ersetzt. Aus dem gleichen Grund kann auch die Vorlegung der Verzeichnisse im Prozess nach § 45 H G B angeordnet werden. Sind die Stückenummern der Wertpapiere nicht im Verwahrungsbuch, sondern in einem gesondert geführten Verzeichnis ausgewiesen, so soll nach Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw bei den einzelnen Wertpapieren als Verwahrungsart die Sonderverwahrung (StR) im Verwahrungsbuch besonders vermerkt werden. 17

V. Besonderheiten bei der Sammelverwahrung Entsprechend der Konzeption des Gesetzes, das von der Sonderverwahrung als Grundform ausgeht, sind die Vorschriften des § 14 auf die Sonderverwahrung zugeschnitten. In § 14 Abs. 3 wird jedoch auch für die Sammelverwahrung die sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die Führung des Verwahrungsbuches vorgeschrieben. § 14 gilt damit sinngemäß auch für sammelverwaltete Schuldbuchforderungen aus Anleihen des Bundes und der Länder (vgl. § 42 Rdn. 26 ff). Wie bei der Sonderverwahrung sind auch bei der Sammelverwahrung Hinterleger, Art, Nennbetrag oder Stückzahl der für jeden Hinterleger in Verwahrung genommenen Wertpapiere festzuhalten. Die Feststellung von Nennbetrag oder Stückzahl ist bei der Sammelverwahrung deshalb von besonderer Bedeutung, weil Nennbetrag oder Stückzahl die Grundlage für die Bestimmung des Anteils nach § 6 Abs. 1 Satz 2 abgegeben. Einzutragen ist auch die Verwahrungsart, und zwar unter besonderer Kennzeichnung danach, ob es sich um die Sammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank (GS) oder um eine Haussammeiverwahrung (HS) handelt (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Die Stückenummem oder die sonstigen Bezeichnungsmerkmale der Wertpapiere sind nicht festzuhalten. Eine Nummerneintragung ist bei der Sammelverwahrung unmöglich, da mit der Einlieferung zum Sammelbestand das Sondereigentum des Hinterlegers an den von ihm eingelieferten Stücken beendet wird, individuelle Stücke also für ihn nicht mehr verwahrt werden. An Stelle der Individualisierung des einzelnen Wertpapiers und dessen Zugehörigkeit bei der Sonderverwahrung tritt bei der Sammelverwahrung die Bestimmung des Anteils an den Wertpapieren des Sammelbestandes und die Kenntlichmachung der Zugehörigkeit der Sammelbestandanteile. Der zur Sammelverwahrung ermächtigte Verwahrer muß die Stückenummem anvertrauter Wertpapiere so lange festhalten, wie er von der Ermächtigung nicht Gebrauch gemacht hat (Quassowki-Scbröder § 14 C IV), es sei denn, daß er die Stücke sofort ins Vorgirodepot nimmt (siehe dazu Rdn. 2 1). 320

Verwahnmgsbuch

§ 14 18, 19

VI. Buchungspflicht bei Anvertrauung an Dritte Im Verwahrungsbuch ist kenntlich zu machen, wenn der Verwahrer die 1 8 Wertpapiere einem Dritten anvertraut ( § 1 4 Abs. 4). Der Depotprüfer wird dadurch in die Lage versetzt, mit einem Blick zu übersehen, ob die Wertpapiere im Tresor des Verwahrers liegen oder auswärts zu suchen sind (Opitz § 1 4 Bern. 8). Es spielt keine Rolle, aus welchem Grunde und zu welchem Zweck die Wertpapiere dem Dritten anvertraut wurden. Die Eintragung ist danach in erster Linie vorzunehmen bei der Drittverwahrung, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Drittverwahrung unter dem Namen des Zwischenverwahrers (§ 3 Abs. 1) oder unter dem Namen des Kunden (siehe § 3 Rdn. 13) vorgenommen wird. Abgesehen von dem praktisch wichtigsten Fall der Drittverwahrung ist die Eintragung ferner vorzunehmen bei Anvertrauung von Wertpapieren als Pfand, zum Umtausch, zum Bezüge neuer Wertpapiere oder zu irgendeinem anderen Zweck (Quassouski-Schröder § 14 Anm. C V). Die Vorschrift gilt nicht nur für die Sonderverwahrung, sondern auch für die Sammelverwahrung. Vertraut eine Zweigstelle eines Verwahrers die Wertpapiere unter ihrem Namen der Hauptstelle oder einer anderen Zweigstelle des gleichen Verwahrers an, so gelten gemäß der Fiktion des § 3 Abs. 1 Satz 2 auch diese Stellen als Dritte im Sinne von § 14 Abs. 4 (vgl. Rdn. 9; § 3 Rdn. 19; Opitz % 14 Bern. 8). Im Verwahrungsbuch muß immer der Ort (ζ. B. „Hamburg") angegeben 1 9 werden, an welchem der Dritte, dem die Wertpapiere anvertraut wurden, seine Niederlassung hat (Drittortsangabe, Drittortbuchung). Diese Angabe ist auch dann erforderlich, wenn der Verwahrer und der Dritte am gleichen Ort ansässig sind. Der Ort der Niederlassung des Dritten braucht nicht der Ort zu sein, an dem die Wertpapiere sich befinden. Er ist es beispielsweise nicht, wenn ein Drittverwahrer seinerseits zum Zwischenverwahrer geworden ist, weil er die Wertpapiere einem anderen Verwahrer anvertraut hat. Der Ort der Niederlassung des anderen Verwahrers ergibt sich dann aus dem Verwahrungsbuch des zwischenverwahrenden Drittverwahrers, so daß schließlich eine Kette von Ortseintragungen zu dem Ort hinführt, an dem die Wertpapiere aufbewahrt werden. Dies gilt auch für die Sammelverwahrung. Es dürften keine Bedenken dagegen bestehen, daß an Stelle des Ortsnamens Abkürzungen angegeben werden, wenn diese Abkürzungen an einer Stelle im Verwahrungsbuch erläutert sind. Im Falle der unmittelbaren Sammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank kann auf eine besondere Drittortsangabe verzichtet werden. Da ein Verwahrer oder eine Haupt- oder Zweigstelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 nur der örtlich zuständigen Wertpapiersammelbank angeschlossen sein kann, ergibt sich die Ortsbezeichnung aus der ohnehin vorgeschriebenen Kennzeichnung der Verwahrungsart (GS) von selbst {Opitz § 14 Bern. 8; ähnlich Richter BankArch. 1936/37, 483, der einen allgemeinen Hinweis im Verwahrungsbuch darauf, daß alle verbuchten Sammelbestandanteile solche bei der betreffenden Wertpapiersammelbank sind, 321

§ 14

20,21

1. Abschnitt. Verwahrung

genügen lassen will). Wegen der Streitfrage „einzelne Drittortbuchung" oder „verbundene Drittortbuchung" bei Vorhandensein mehrerer Zwischensammelverwahrer siehe Rdn. 22. Bei Verwahrung im Ausland ist auch der Lagerort (siehe dazu § 22 Rdn. 35) im Verwahrungsbuch einzutragen (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). 20 Der Name des Dritten braucht im Verwahrungsbuch nur angegeben zu werden, wenn er sich nicht „aus der sonstigen Buchführung, aus Verzeichnissen, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden, oder aus dem Schriftwechsel" ergibt. Unter sonstiger Buchführung ist die allgemeine kaufmännische Buchführung gemäß § § 38 ff H G B zu verstehen. Über die Verzeichnisse, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden, siehe Rdn. 16. Mit dem Schriftwechsel, aus dem sich der Name des Dritten ergibt, ist der Schriftwechsel zwischen dem Verwahrer und diesem Dritten, nicht der zwischen dem Verwahrer und dem Hinterleger gemeint (Quassowski-Schröder § 14 Anm. C V 2). Wegen der Aufbewahrung des Schriftwechsels siehe § § 38 Abs. 2, 4 4 a , 4 4 b HGB). Eine ausdrückliche Verweisung auf die sonstige Buchführung, die Verzeichnisse oder den Schriftwechsel ist in § 14 Abs. 4 im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 nicht vorgeschrieben. Der Verwahrer hat aber sicherzustellen, daß die Feststellung und Herausziehung der einschlägigen Unterlagen zur Ermittlung des Namens des Dritten jeder Zeit ohne Schwierigkeiten möglich ist. 21 Über die Buchungspflicht des Zwischensammelverwahrers beim Vorgirodepot besteht Streit. Es geht darum, ob der Zwischensammelverwahrer für die im Vorgirodepot befindlichen Stücke neben dem Namen des Hinterlegers auch die Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmale im Verwahrungsbuch oder in einem Verzeichnis gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 unter Eintragung der erteilten Ermächtigung zur Sammelverwahrung bei Wertpapiersammelbanken festhalten muß, oder ob der Hinterleger sofort auf Sammelbestandskonto erkannt werden darf. In der Praxis wird zur Vereinfachung und Vermeidung von Doppelbuchungen überwiegend so verfahren, daß in das Vorgirodepot eingelieferte Wertpapiere sofort auf Sammelbestandskonto verbucht werden. Demgegenüber wird im Schrifttum geltend gemacht, daß an den dem Verwahrer zur Sammelverwahrung anvertrauten Stücken das Sondereigentum des Hinterlegers gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 bis zum Eingang der Stücke bei der Wertpapiersammelbank fortbesteht und daß dieses infolgedessen auch hinsichtlich der Verbuchung entsprechend — insbesondere durch Festhaltung der Stückenummern — zu behandeln sei (Schröder D J 1939, 1018ff und BankArch. 1937/38, 196ff; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 4 2 4 Anm. 87). Nachdem sich das Vorgirodepot seit Jahrzehnten in der Praxis durchgesetzt und' als unentbehrlich erwiesen hat, wird man es trotz der bestehenden rechtlichen Bedenken für zulässig halten können, daß die im Vorgirodepot befindlichen Stücke hinsichtlich der Verbuchung als das behandelt werden, was sie wirtschaftlich berèits sind, nämlich als ein Teil des Sam322

Verwahrungsbuch

§ 14

22

melbestandes der Wertpapiersammelbank (Opitz § 5 Bern. 14; siehe im übrigen auch die Erläuterungen zu § 5 Rdn. 5 2 ff). Dies geschieht auch in Ziff. 2 Abs. 5 RichtlHinw, wenn dort gesagt wird, daß eine über die fünftägige Frist, während derer Stücke im Vorgirodepot gehalten werden dürfen, hinausgehende vorläufige Verwahrung nach den Vorschriften über die Sonderverwahrung durchzuführen ist. Umstritten ist die Buchungspflicht des Zwischensammelverwahrers auch 2 2 in bezug auf die Drittortbuchung. Der Streit bezieht sich auf die Fragt, ob die Angabe des Ortes der Niederlassung des Drittsammelverwahrers im Verwahrungsbuch des Zwischensammelverwahrers bei der einzelnen Hinterlegereintragung (einzelne Drittortbuchung) vorzunehmen ist (so Schröder DJ 1939, 1 0 2 I f f und Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 4 2 4 Anm. 87), oder ob die Drittortangabe für alle Hinterleger gemeinsam (verbundene Drittortbuchung) an der Stelle festgehalten werden kann, „die über das Sammeldepotguthaben des Zwischensammelverwahrers beim dritten Sammelverwah•rer Aufschluß gibt" (so Opitz BankArch. 1939, 203 ff = Sammelband S. 2 9 9 ff; BankArch. 1941, 203 ff = Sammelband S. 3 5 3 ff). Rechtliche Erwägungen sprechen primär für die erstere, technische für letztere Ansicht. Für die Praxis, in der sich die verbundene Drittortbuchung durchgesetzt hat, ist der Meinungsstreit nicht gravierend. Wenn man die Haussammelverwahrung ausklammert, ist davon auszugehen, daß ein Verwahrer oder eine Niederlassung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 für die Sammelverwahrung jeweils nur der örtlich zuständigen Wertpapiersammelbank angeschlossen ist, so daß auf eine besondere Drittortangabe verzichtet werden kann (siehe Rdn. 19). Die Streitfrage wird nur dann akut, wenn der Zwischensammelverwahrer die Wertpapiere der Wertpapiersammelbank nicht selbst zur Sammelverwahrung anvertraut hat, sondern wenn mehrere weitere an verschiedenen Orten ansässige Zwischenverwahrer eingeschaltet sind und erst diese die Stücke bei den für sie zuständigen Wertpapiersammelbanken einliefern. Aber selbst in diesem Fall ist zu berücksichtigen, daß die Wertpapiersammelbanken untereinander Sammeldepotkonten unterhalten, der Hinterleger somit an den Sammelbeständen aller Wertpapiersammelbanken in der betreffenden Wertpapierart als Miteigentümer nach Bruchteilen beteiligt ist und insoweit das Risiko zu tragen hat ( § § 1 5 , 1 7 GB KV). Es ist danach für die entscheidende Frage des Risikos eines Verlustes der Wertpapiere bei der Wertpapiersammelbank meist ohne Bedeutung, daß aufgrund der einzelnen Drittortangabe im Gegensatz zur verbundenen Drittortangabe festgestellt werden kann, über welchen weiteren Zwischensammelverwahrer und an welche Wertpapiersammelbank die Wertpapiere gerade dieses Hinterlegers in die Sammelverwahrung gelangt sind. Bedeutung hat die unterschiedliche Drittortbuchung nur dann, wenn die Wertpapiere nicht bei der Wertpapiersammelbank, sondern auf dem Wege dahin bei einem zusätzlich eingeschalteten Zwischenverwahrer in Verlust geraten. Bei der einzelnen Drittortangabe trägt der einzelne Hinterleger 323

§ 14

23-27

1. Abschnitt. Verwahrung

das Risiko allein, bei der verbundenen Drittortangabe wird es auf die Schultern aller Hinterleger von Wertpapieren derselben Art verteilt (Opitz § 14 Bern. 8). 23

24

25

26

27

VII. Eintragung erteilter Ermächtigungen nach §§ Î, 10, 12 und 13 Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 ist jede Ermächtigung zur Sammelverwahrung (§ 5). zum Tausch ( § § 10, 11), zur Verpfändung (§ 12) oder zur Aneignung (§ 13) im Verwahrungsbuch ersichtlich zu machen. Die Bezugnahme auf Verzeichnisse ist nicht zulässig. Die Eintragung der Ermächtigung zur Sammelverwahrung ( § 5 ) ist nur dann erforderlich, wenn von der Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden ist. Nachher ergibt sich aus der Eintragung des Sammelbestandanteils, daß eine Ermächtigung vorliegt. Ist der Verwahrer selbst unmittelbar Sammelverwahrer, so wird für den Hinterleger von Anfang an ein Sammelbestandanteil eingetragen und der Vermerk der Ermächtigung kommt von vornherein nicht in Betracht. Auch wenn gemäß § 24 ein Sammelbestandanteil im Verwahrungsbuch eingetragen wird, kommt die Eintragung einer Ermächtigung nach § 5 nicht in Betracht, weil es einer solchen in diesem Fall nicht bedarf (siehe § 24 Rdn. 23). Eine Ermächtigung zum Tausch ( § § 10, 11) ist ohne Rücksicht darauf einzutragen, ob von der Ermächtigung bereits Gebrauch gemacht worden ist oder nicht, denn die Ermächtigung erschöpft sich grundsätzlich nicht mit dem einmaligen Umtausch (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Ob es sich um eine Tauschermächtigung nach § 10 Abs. 1 oder § 10 Abs. 2 handelt, spielt keine Rolle, weil in beiden Fällen der Verwahrer das Recht hat, das Papier während der Aufbewahrung durch ein anderes zu ersetzen. Wenn in der Ermächtigung nach § 10 Abs. 1 jedoch das Recht, die Stücke schon vor der Rückgewähr umzutauschen, ausgeschlossen ist ( § 1 1 Satz 1), so muß diese Einschränkung bei der Eintragung vermerkt werden (Opitz § 14 Bern. 9; Quassou/ski-Scbröder § 14 Anm. C VIb). Die Eintragung über die Erteilung einer Verpfandungsermächtigung (§ 12) muß ergeben, welchen Umfang die Ermächtigung hat (Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Eine Eintragung ohne weiteren Zusatz bedeutet die Erteilung einer Ermächtigung zur regelmäßigen Verpfändung ( § 1 2 Abs. 2). Liegt eine Ermächtigung zur beschränkten Verpfandung ( § 1 2 Abs. 3) oder zur unbeschränkten Verpfandung ( § 1 2 Abs. 4) vor, so ist dies durch entsprechende Zusätze ersichtlich zu machen. Wegen der Unterscheidung nach Eigendepot, Fremddepot, Pfanddepot und Sonderpfanddepot siehe Rdn. 30. Eine Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum (§ 13) braucht nur dann im Verwahrungsbuch ersichtlich gemacht zu werden, wenn davon noch kein Gebrauch gemacht worden ist (anders Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw). Wurde die Ermächtigung ausgeübt, so entfällt die Verpflichtung aus § 14 überhaupt, weil dann nach § 13 Abs. 2 die Vorschriften des Gesetzes ein324

Verwahrungsbuch

§ 14

28-30

schließlich § 14 vom Zeitpunkt der Ausübung der Ermächtigung an nicht mehr anzuwenden sind (siehe aber Rdn. 32). Die Tatsache der Beendigung der Verwahrung durch die Ausübung der Ermächtigung ist jedoch im Verwahrungsbuch zu vermerken (siehe Rdn. 29). Nimmt der Verwahrer aufgrund einer Aneignungsermächtigung lediglich eine Verpfändung vor, wozu er nach richtiger Ansicht berechtigt ist (vgl. § 13 Rdn. 7), so erscheint eine entsprechende Eintragung im Verwahrungsbuch in Analogie zu § 14 Abs. 4 Satz 3 zweckmäßig^(Opitz § 14 Bern. 9). VIII. Eintragung einer erstatteten Fremdanzeige nach § 4 Abs. 3 Gemäß § 14 Abs. 5 ist das Vorliegen einer Fremdanzeige nach § 4 Abs. 3 2 8 bei der Eintragung der Wertpapiere im Verwahrungsbuch kenntlich zu machen. Es handelt sich dabei lediglich um eine Ordnungsvorschrift. Die Unterlassung der Eintragung verändert die Rechtsstellung des Drittverwahrers für die Geltendmachung von Pfand- oder Zurückbehaltüngsrechten nicht (Quassou/skiSchröder § 14Anm. C VII). IX. Eintragungen bei Beendigung der Verwahrung Eine Eintragung im Verwahrungsbuch über die Beendigung der Verwah- 2 9 rung ist gesetzlich nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Die Verpflichtung zu einer solchen Eintragung ergibt sich aber von selbst, weil sich aus dem Verwahrungsbuch ergeben muß, wo die dem Verwahrer anvertrauten Stücke oder Sammelbestandanteile geblieben sind. Fehlt eine Eintragung über die Beendigung im Verwahrungsbuch, so muß davon ausgegangen werden, daß die Stücke, oder Sammelbestandanteile sich noch beim Verwahrer in Verwahrung befinden. Bei der Eintragung über die Beendigung des Verwahrungsverhältnisses ist auch die Art der Beendigung zu vermerken (Auslieferung, Verkauf, Pfandverwertung usw.). Eine Bezugnahme auf die sonstige Buchführung oder auf Verzeichnisse, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden, wird für zulässig gehalten werden können, sofern die Bezugnahme eine ausdrückliche ist (Quassomkj-Schröder § 14 Anm. C VIII). Wegen der Ausbuchung von sog. Nonvaleurs und nicht greifbaren Wertpapieren unerreichbarer Kunden siehe Kundschreiben des Bundesverbandes des privaten Bankgewerbes e.V. vom 1.9.1961 Nr. IV/81 in W M 1961, 970. D. Besondere Buchungspflichten im Verkehr zwischen Kreditinstituten Im Interesse einer einheitlichen Depothandhabung im Verkehr zwischen 30 Kreditinstituten untereinander sind in Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw in sachlicher Übereinstimmung mit den „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" (abgedr. bei Schütz, BFB, S. 5 0 f f ) und der kreditgewerblichen Übung einheitliche Bezeichnungen für die verschiedenen nach dem Depotgesetz zu führenden Depots festgelegt. 325

§ 14 31

1. Abschnitt. Verwahrung

Fremddepot: Depot B: In dieses Depot gelangen sämtliche Wertpapiere, die von einem Bankierkunden eingeliefert werden oder die für ihn angeschafft und unbelastet für den Kunden des Lokalbankiers beim Zentralbankier aufbewahrt werden. Eigendepot: Depot A: Das Depot A dient der Aufnahme der eigenen Wertpapiere des hinterlegenden Bankiers sowie derjenigen Wertpapiere seiner Kunden, die für alle Forderungen des Drittverwahrers gegen ihn unbeschränkt als Pfand haften (§ 12 Abs. 4 und § 13 DepG) und der Wertpapiere, die nach § § 19 bis 2 1 DepG im Eigentum des Zwischenverwahrers stehen. Pfanddepot: Depot C : Diesem Depot sind diejenigen Wertpapiere beizufügen, die der Zwischenverwahrer entsprechend einer Ermächtigung zur Verpfändung nach § 12 Abs. 2 DepG dem Drittverwahrer verpfändet hat. Sonderpfanddepot: Depot D: Der Drittverwahrer hat in diesem Depot die Wertpapiere zu verwahren, die ihm von einem Zwischenverwahrer nach § 12 Abs. 3 DepG unter Angabe der betreffenden Kundennummer verpfändet worden sind. Für jeden einzelnen dieser Kunden ist ein besonderes Depot D zu führen. Wegen der näheren Einzelheiten sei verwiesen auf die ausführlichen Erläuterungen zu § 4 Rdn. 39—43, wo auch auf die Abweichungen in den Formulierungen der für das Depot Β geltenden Regelungen in Ziff. 12 Abs. 7 RichtlHinw einerseits und den Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden andererseits eingegangen wird (§ 4 Rdn. 41). Bei den genannten Depots handelt es sich um buchhalterische M a ß nahmen, nicht um Depots im eigentlichen Sinne ( § § 2, 5 ff). Sie könnten daher außerhalb des Verwahrungsbuches in der sonstigen kaufmännischen Buchhaltung untergebracht werden. Indessen ist das weder zweckmäßig noch üblich, die Unterscheidungen werden in der Praxis im Verwahrungsbuch vorgenommen (Opitz § 14 Bern. 9). E. Verbuchung von Lieferungsansprüchen in Wertpapieren 31

Die den Depotprüfungsrichtlinien als Anlage beigefügten Hinweise über die materiellen Prüfungserfordernisse beschränken sich hinsichtlich der Buchführung nicht auf eine Interpretation des § 14; sie beschäftigen sich in Ziff. 12 Abs. 9 auch mit der Verbuchung von Geschäften, mit denen sich § 14 eindeutig nicht befaßt, die aber nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (§ 38 H G B ) in den Büchern des Verwahrers ihren Niederschlag finden müssen.

326

Verwahrungsbuch

§ 14

32-34

I. Wertpapierrechnung In Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw ist gesagt, daß ein Kommissionär, der die 3 2 Ubersendung des Stückeverzeichnisses ausgesetzt hat, die Lieferungsansprüche für die einzelnen Kommittenten auf Konto „Wertpapierrechnung" verbuchen muß, und zwar möglichst mit dem Zusatz „aus Kommissionsgeschäft". In den Fällen des § 15 (unregelmäßige Verwahrung, Wertpapierdarlehen) soll die Verpflichtung zur Lieferung von Wertpapieren derselben Art auf einem Konto „Wertpapierrechnung nach § 1 5 DepG" verbucht werden. Wenn sich nicht aus den Geschäftsunterlagen ergibt, gegenüber welchem Kunden und in welchem Umfang Lieferungsverpflichtungen aus unregelmäßiger Verwahrung oder aus Wertpapierdarlehen bestehen, sind diese Angaben auf dem genannten Konto zu machen. Ein Verwahrer, der von einer Aneignungsermächtigung nach § 1 3 Gebrauch gemacht hat, soll die sich damit ergebende Lieferungsverpflichtung auf einem Konto „Wertpapierrechnung nach § 1 3 DepG" verbuchen. Lieferungsansprüche aus Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren oder aus Zeichnungsaufträgen bei Neuemissionen, die noch nicht ausgedruckt sind, sind für den einzelnen Berechtigten mit dem Zusatz „per Erscheinen" oder mit einem anderen kennzeichnenden Zusatz zu verbuchen. Unklar ist der in Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw enthaltene Hinweis, daß 3 3 „Lieferungsansprüche gegen ausländische Verwahrer" in Wertpapierrechnung unter Angabe des Ortes der ausländischen Lagerstelle zu verbuchen sind. Dieser Hinweis verkennt die Bedeutung des § 22 und der „Sonderbedingungen für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren". Danach hat der Kunde des inländischen Kreditinstituts einen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an den im Ausland für ihn angeschafften und aufbewahrten vVertpapieren gegen das inländische Kreditinstitut, das sich seinerseits das Eigentum oder Miteigentum an den Wertpapieren oder eine gleichwertige Rechtsstellung verschafft haben muß, und nicht gegen den ausländischen Verwahrer. Dieser Anspruch des Kunden gegen das inländische Kreditinstitut wird in Wertpapierrechnung ( W R ) verbucht, und zwar unter Angabe des ausländischen Staates, in dem sich die Wertpapiere befinden (Lagerort). Klarer heißt es demzufolge in Ziff. 1 3 Abs. 2 RichtlHinw: „Im Ausland angeschaffte und dort verwahrte Wertpapiere sind in den Depotauszügen wie in den Verwahrungsbüchern als Posten der Wertpapierrechnung unter Angabe des Ortes der ausländischen Lagerstelle auszuweisen." Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu § 22 verwiesen. Auch für Auslandsgeschäfte in Wertpapieren ist die Unterscheidung zwischen Depot A (Eigendepot) und Depot Β (Fremddepot) gebräuchlich. II. Jungschein-Giroverkehr Für den Jungschein-Giroverkehr wird in Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw hervorgehoben, daß die Lieferungsansprüche auf die noch nicht erschienenen Wertpapiere auf Jungscheinkonto zu verbuchen sind. „Werden auf Jungscheinkonto 327

34

§ 14 35, 36

1. Abschnitt. Verwahrung

verbuchte Lieferungsansprüche durch Scheck übertragen, so sind auf den Konten der Kreditinstitute und der Wertpapiersammelbanken sowie auf den Schecks entsprechende Vermerke anzubringen, um jeden Zweifel auszuschließen, daß es sich um Lieferungsansprüche und nicht um Miteigentumsanteile am Sammelbestand einer Wertpapiersammelbank handelt". Zum Jungschein-Giroverkehr im einzelnen siehe die Erläuterungen zu § 42 Rdn. 38ff und § 6 Rdn. 75. 35

36

F. Depotabstimmung Ordnungsmäßiger kaufmännischer Geschäftsführung entspricht es, daß der Verwahrer die Depots mindestens einmal jährlich mit den Depotkunden durch Übersendung von Depotauszügen abstimmt. In Ziff. 1 3 Abs. 1 RichtlHinw wird dieser Grundsatz herausgestellt, gleichzeitig aber eine Ausnahme für Depots im Kurswert bis zu D M 1000,— getroffen, für die ein längstens dreijähriger Turnus zulässig ist. Aus dem Depotauszug muß der Bestand des Depots zum Abstimmungstag einwandfrei zu entnehmen sein. Die Mindestangaben, die der Depotauszug enthalten muß, um dieses Erfordernis zu erfüllen, sind in Ziff. 13 Abs. 2 RichtlHinw im einzelnen angeführt. Von den Hinterlegern sind gemäß Ziff. 1 3 Abs. 3 RichtlHinw grundsätzlich Depotanerkenntnisse, das sind schriftliche Bestätigungen der Richtigkeit der Depotauszüge, anzufordern. Nach Ziff. 12 Abs. 4 RichtlHinw kann unter folgenden Voraussetzungen auf schriftliche Depotanerkenntnisse verzichtet werden: Personelle Trennung der Bereiche Verwahrung, Verwaltung, Depotbuchhaltung und Abwicklung der Kundenaufträge; Vornahme zusätzlicher interner Kontrollen, deren Art und Umfang durch entsprechende Abzeichnungen zu belegen ist; Uberprüfung und Abzeichnung der Depotauszüge vor Versand durch die Innenrevision oder andere neutrale Mitarbeiter; bei Erstellung der Depotauszüge mittels elektronischer Datenverarbeitungsanlagen muß die Vollständigkeit und Richtigkeit durch Kontrollen im System gewährleistet sein (siehe auch Spieth-Krumb W P g 1 9 7 1 , 3 5 2 ) . G. Prüfung des Depotgeschäfts Nach § 30 Abs. 1 K W G sind Kreditinstitute, die das Effekten- oder das Depotgeschäft betreiben in Bezug auf diese Geschäfte einmal jährlich der Depotprüfung unterworfen. Die Prüfung hat sich auch auf die Einhaltung der Vorschriften des § 128 AktG über die Weiterleitung von Mitteilungen durch Kreditinstitute und des § 13 5 AktG über die Ausübung des Aktionärsstimmrechts auf Hauptversammlungen durch Kreditinstitute zu erstrecken. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ist nach § § 6, 30 Abs. 2 K W G ermächtigt, nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Zeit der Depotprüfung zu erlassen. Die Depotprüfer werden vom Bundesaufsichtsamt bestellt, dieses kann jedoch das Recht zur Bestellung des Depotprüfers in Einzelfällen auf die Deutsche Bundesbank übertragen. 328

Verwahrungsbuch

§ 14 37, 38

Aufgrund der § § 6, 30 Abs. 2 KWG hat das Bundesaufsichtsamt die 3 7 „Bekanntmachung über Art, Umfang und Zeitpunkt der Depotprüfung (Richtlinien für die Depotprüfung) vom 16. Dezember 1970 (BAnz. Nr. 239 vom 23. Dezember 1970) erlassen. Die Richtlinien für die Depotprüfung sind im Anh. VI abgedruckt. Siehe dazu Schneider AG 1971, 183 ff; Ziganke Bank-Betrieb 1971, 42 ff; Faul W M 1971, 1166; Spieth-Krumb W P g 1971, 293 ff, 349 ff; Doerk Bankbetriebliche Information 1971, 12 ff, 60ff; wegen der älteren Literatur zur Depotprüfung siehe die Nachweise bei Opitz § 14 Bern. 11. Die Richtlinien für die Depotprüfung sind Anweisungen des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen an die Depotprüfer als dessen „verlängerter Arm" (Pröhl KWG § 30 Anm. 8 j), sie enthalten keine für die Kreditinstitute verbindliche Regelung des Effekten- und Depotgeschäfts (Reiscbauer-Kleinhans § 30 KWG Anm. 3). Das gilt vor allem auch für die als Anlage zu den Richtlinien für die Depotprüfung gegebenen „Hinweise über die materiellen Prüfungserfordernisse" (RichtlHinw). Diese Hinweise enthalten nur die Auffassung des Bundesaufsichtsamtes über die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und der Grundsätze über die Ordnungsmäßigkeit des Effekten- und Depotgeschäfts (Retschauer-Kleinhans § 30 KWG Anm. 3; Doerk Bankbetriebliche Information 1971, 12; a. A. Spieth-Krumb W P g 1971, 294: Anweisungen des Bundesaufsichtsamtes an die Kreditinstitute zur Handhabung des Effekten- und Depotgeschäfts). H. Strafrechtliche Vorschriften Ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 14 über die Führung des Ver- 3 8 wahrungsbuches ist nicht unmittelbar unter Strafe gestellt. Jedoch kann die unrichtige oder unvollständige Führung des Verwahrungsbuches in Zusammenhang stehen mit einer Unterschlagung oder Veruntreuung der anvertrauten Wertpapiere oder Sammeldepotanteile. Eine besondere Strafandrohung enthält § 37 dieses Gesetzes für den Fall, daß der Verwahrer seine Zahlungen einstellt oder über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Näheres dazu in den Erläuterungen zu § 37.

329

δ 15 ι

1. Abschnitt. Verwahrung § lì Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen

(1) Wird die Verwahrung von Wertpapieren in der Art vereinbart, daß das Eigentum sofort auf den Verwahrer oder einen Dritten übergeht und der Verwahrer nur verpflichtet ist, Wertpapiere derselben Art zurückzugewähren, so sind die Vorschriften dieses Abschnitts auf ein solches Verwahrungsgeschäft nicht anzuwenden. (2) Eine Vereinbarung der in Absatz 1 bezeichneten Art ist nur gültig, wenn die Erklärung des Hinterlegers fur das einzelne Geschäft ausdrücklich und schriftlich abgegeben wird. In der Erklärung muß zum Ausdruck kommen, daß das Eigentum sofort auf den Verwahrer oder einen Dritten übergehen soll und daß mithin fur den Hinterleger nur ein schuldrechdicher Anspruch auf Lieferung nach Art und Zahl bestimmter Wertpapiere entsteht. Die Erklärung darf weder auf andere Urkunden verweisen noch mit anderen Erklärungen des Hinterlegers verbunden sein. (3) Diese Vorschriften gelten sinngemäß, wenn Wertpapiere einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes als Darlehen gewährt werden. Übe

icht

Rdn. A. Allgemeines B. Unregelmäßige Verwahrung (Abs. 1 und 2) I. Vereinbarung II. Form der Vereinbarung III. Rechtsstellung der Beteiligten 1. Dingliche Rechtslage 2. Vertragliche Beziehungen . . . C. Wertpapierdarlehen (Abs. 3)

1

5 7 10 11

Rdn. I.Begriff II. Sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die unregelmäßige Verwahrung (Abs. 1 und 2)

12

15

D. Bezeichnung des Wertpapierlieferungsanspruchs

16

E. Strafrechdiche Vorschriften

17

F. Steuerrechtliche Vorschriften

18

A. Allgemeines 1

Im Gegensatz zu den in diesem Gesetz im einzelnen geregelten Verwahrungsarten der Sonderverwahrung und der Sammelverwahrung, bei denen das Eigentum des Hinterlegers in der Form des Sondereigentums am hinterlegten Wertpapier oder des Miteigentums am Sammelbestand erhalten bleibt, wird bei der unregelmäßigen Verwahrung und beim Wertpapierdarlehen das Eigentum des Hinterlegers beendet und dieser auf einen nur schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der gleichen Menge von Wertpapieren derselben Art beschränkt. Unregelmäßige Verwahrung und Wertpapierdarlehen passen nicht in den Rahmen eines Gesetzes hinein, das die Erhaltung des Kundeneigentums zur gedanklichen Grundlage hat. Wenn in § 1 5 die unregelmäßige Ver-

330

Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen.

§ 15 2 - 4

Währung von Wertpapieren und das Wertpapierdarlehen dennoch angesprochen werden, so beruht das auf zwei Gründen. Erstens erschien dem Gesetzgeber eine Klarstellung notwendig, daß für die unregelmäßige Verwahrung und das dieser verwandte Wertpapierdarlehen der für die in den § § 2—17 geregelten Verwahrungsgeschäfte geltende Schutz des Depotgesetzes nicht Platz greift und zweitens kam es dem Gesetzgeber darauf an, die Einleitung dieser den Verlust des Eigentums bedeutenden und daher besonders risikoreichen Rechtsgeschäfte strengen Formvorschriften zu unterstellen. Die Vorschriften des § 1 5 sind mit denen des § 1 3 verwandt. Beide Re- 2 gelungen unterscheiden sich jedoch insofern, als bei den in § 1 5 angesprochenen Fällen der unregelmäßigen Verwahrung und des Wertpapierdarlehens der Hinterleger sein Eigentum sofort verliert, während er bei einem Verwahrungsgeschäft mit einer Ermächtigung nach § 1 3 so lange Eigentümer der Wertpapiere bleibt, bis der Verwahrer von der Ermächtigung Gebrauch macht. Zur Tausch ν erwahrung nach § § 1 0 , 11 besteht der Unterschied, daß dort dem Hinterleger gleichzeitig mit Beendigung seines Eigentums an den anvertrauten Wertpapieren das Eigentum an anderen Wertpapieren derselben Art übertragen werden muß, während er bei der unregelmäßigen Verwahrung und dem Wertpapierdarlehen nach § 15 mit dem Verlust seines Eigentums nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren derselben Art erhält. Die Vorschrift des § 7 0 0 Abs. 1 Satz 1 BGB über die unregelmäßige Verwahrung (siehe hierzu auch § 1 3 Rdn. 2) wird durch § 1 5 dahin modifiziert, daß eine unregelmäßige Verwahrung nicht nur dann vorliegt, wenn zwischen Hinterleger und Verwahrer der sofortige Ubergang des Eigentums vom Hinterleger auf den Verwahrer vereinbart ist, sondern auch dann, wenn die Vereinbarung dahin geht, daß das Eigentum vom Hinterleger sofort auf einen Dritten übergehen soll. Dies beruht auf der Erwägung, daß es vom Standpunkt des Hinterlegers aus gleichgültig ist, an wen er sein Eigentum verliert. Auch in § 15 spricht das Gesetz ebenso wie in § 1 3 nur von Wertpapieren. 3 Hier wie dort kann es sich aber gleichfalls um Sammelbestandanteile handeln (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 123; Opitz § 15 Bern. 5; siehe auch § 13 Rdn. 3). Genau wie § 13 gilt § 15 ferner für Bundesschuldbuchforderungen und Schuldbuchforderungen gegen die Länder (siehe die in den Erläuterungen zu § 1 3 Rdn. 3 zitierten Gesetzesstellen und die Ausführungen zu § 42). In der Praxis kommt eine unregelmäßige Verwahrung nach § 15 Abs. 1 4 und 2 heute im Gegensatz zu früher nur noch selten vor. Häufiger ist dagegen das Wertpapierdarlehen nach § I 5 Abs. 3, wobei vielfach übersehen wird, daß diese Vorschrift nicht nur dann gilt, wenn einem Verwahrer im Sinne des § 1 Abs. 2 Wertpapiere als Darlehen gewährt werden, sondern immer, wenn der Darlehensnehmer Kaufmann ist und ihm das Wertpapierdarlehen im Betriebe seines Handelsgewerbes gegeben wird.

331

§ 15 5,6

1. Abschnitt. Verwahrung

Β. Unregelmäßige Verwahrung (Abs. 1 und 2) I. Vereinbarung Nach herrschender Lehre kommt die unregelmäßige Verwahrung ebenso wie die regelmäßige durch einen Realvertrag zustande; sie vollendet sich mit der Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren auf den Verwahrer oder den Dritten (Staudinger-Nipperdey Vorbem. 6 vor § § 6 8 8 ff; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 125). Nach neuerer Auffassung wird die unregelmäßige Verwahrung als Konsensualvertrag angesehen (Palandt-Thomas Einf. 1 vor § § 6 8 8 ff und § 7 0 0 Anm. 1; Larenz II § 54). § 15 gibt für die Lösung dieser Streitfrage nichts her; er besagt lediglich, daß die unregelmäßige Verwahrung von Wertpapieren nur auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Hinterleger und dem Verwahrer eingeleitet und durchgeführt werden darf. Die einseitige Ermächtigung, die der Hinterleger dem Verwahrer gibt, reicht nicht aus, um für den Verwahrer die Befugnis zu begründen, sich die Wertpapiere sofort anzueignen und so unregelmäßige Verwahrung durchzuführen. Der Verwahrer muß vielmehr eine derartige Erklärung des Hinterlegers annehmen, denn die Vereinbarung der unregelmäßigen Verwahrung setzt Einigung zwischen den Parteien voraus (Quassowski-Schröder § 15 Anm. Β I). Der Inhalt der Erklärung des Hinterlegers wird durch § 15 Abs. 2 Satz 2 genau vorgeschrieben. Es müssen in ihr zwei wesentliche Dinge zum Ausdruck kommen, nämlich einmal, daß das Eigentum an den Wertpapieren sofort auf den Verwahrer oder einen Dritten übergehen soll, und zum anderen, daß mithin für den Hinterleger nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Lieferung nach Art und Zahl bestimmter Wertpapiere entsteht. Der Inhalt einer Ermächtigung des Hinterlegers nach § 1 5 entspricht damit weitgehend dem für die Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum nach § 1 3 vorgeschriebenenen Wortlaut. Zwischen beiden besteht jedoch ein gravierender Unterschied: hier soll das Eigentum „sofort" übergehen, dort erst „mit der Ausübung der Ermächtigung". Wertpapiergeschäfte, bei denen der Kunde nach Verlust seines Eigentums keinen obligatorischen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren derselben Art, sondern auf eine andere Leistung erwirbt, fallen unter § 15 genausowenig wie unter § 13 (siehe im einzelnen § 13 Rdn. 5). Die Vereinbarung der unregelmäßigen Verwahrung kann bei Einlieferung der Wertpapiere getroffen werden, ist aber auch für bereits in regelmäßiger Verwahrung befindliche Wertpapiere jederzeit zulässig, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Verwahrer an den Wertpapieren unmittelbaren oder nur mittelbaren Besitz hat {Quassouski-Schröder § 1 5 Anm. Β I). 6 Gegenstand der unregelmäßigen Verwahrung nach § 15 sind Wertpapiere im Sinne von § 1, diese müssen allerdings vertretbar sein ( § 9 1 BGB; § 1 5

332

§ 1 5 7,8

Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen.

Rdn. 3, 17). Auch Sammelbestandanteile können Gegenstand der unregelmäßigen Verwahrung sein (siehe auch Rdn. 3 und § 1 3 Rdn. 6).

II. Form der Vereinbarung Unregelmäßige Verwahrung und Wertpapierdarlehen führen beide für den 7 Hinterleger zum Verlust seines Eigentums und beschränken seine Rechte auf einen obligatorischen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren derselben Art. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist die unregelmäßige Verwahrung nur durch die Formvorschrift des § 7 0 0 Abs. 2 BGB geschützt, die Ausdrücklichkeit der Vereinbarung verlangt; für das Wertpierdarlehen (§ 607 BGB) besteht sogar volle Formfreiheit. § 15 will durch besonders einschneidende Formvorschriften dem Hinterleger die Tragweite beider Rechtsgeschäfte klar vor Augen führen. Hier und in § 1 3 hat die Formstrenge des Depotrechts ihren höchsten Grad erreicht (Opitz § 1 5 Bern. 3). Die Formvorschriften des § 1 5 Abs. 2 beziehen sich nur auf die Erklärung des Hinterlegers, deren Annahme durch den Verwahrer kann also formlos geschehen. QuassowskiSchröder (§ 1 5 Anm. Β II 2) verlangen unter Hinweis auf § 7 0 0 Abs. 2 BGB, wo gesagt wird, daß eine „Vereinbarung" der unregelmäßigen Verwahrung nur gültig ist, wenn sie ausdrücklich getroffen wird, auch für die Erklärung des Verwahrers „Ausdrücklichkeit". Demgegenüber hat Ratz (in RGR Komm, ζ. Η GB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 124) nachgewiesen, daß nach § 7 0 0 Abs. 2 BGB für die „Vereinbarung" eine unmißverständliche Erklärung des Hinterlegers über die unregelmäßige Verwahrung und eine formlose, selbst stillschweigende Annahmeerklärung des Verwahrers ausreichen. Für den Fall des § 1 5 Abs. 2, wo nur die Erklärung des Hinterlegers noch ganz besonderen Formvorschriften unterworfen wird, muß dies ebenfalls gelten (so auch Opitz § 15 Bern. 6 und Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 4 2 4 Anm. 61). Im übrigen sind die Formvorschriften des § 15 denen des § 1 3 angepaßt, es kann daher insoweit auf die Erläuterungen zu § 1 3 (Rdn. 8—1 3) verwiesen werden. Die Erklärung des Depotkunden nach § 1 5 Abs. 2 müßte etwa wie folgt 8 lauten (siehe Ziff. 4 RichtlHinw): „Datum Ich bin — wir sind — damit einverstanden, daß das Eigentum an den nachstehenden — in der Anlage aufgeführten — Wertpapieren — Sammelbestandanteilen — auf Sie oder einen Dritten übergeht und daß für mich — uns — nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren — Sammelbestandanteilen — derselben Art und desselben Nennbetrages — derselben Stückzahl — entsteht. Diese Wertpapiere — Sammelbestandanteile — sollen sie als Darlehen schulden.* 333

§ 1 5 9,10 Nennbetrag oder Stückzahl

1. Abschnitt. Verwahrung Wertpapier

Stückenummem oder Sammelbestandanteile

Unterschrift * Dieser Satz kann, falls nicht zutreffend, gestrichen werden." 9

Gemäß § 16 gelten die Formvorschriften des § 15 Abs. 2 nicht, wenn der Hinterleger gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt; das Gebot der Ausdrücklichkeit für die Erklärung des Hinterlegers gilt aber auch in diesem Fall (siehe im übrigen § 16 Rdn. 5 ff). III. Rechtsstellung der Beteiligten

10

1. Dingliche Rechtslage Hinsichtlich der dinglichen Rechtslage ist zwischen den beiden in § 15 Abs. 1 behandelten Formen der unregelmäßigen Verwahrung zu unterscheiden. Bei der ersten Form geht das Eigentum des Hinterlegers auf den Verwahrer selbst über. Dieser Eigentumsübergang vollzieht sich jedoch nicht schon durch den Abschluß der Vereinbarung über die unregelmäßige Verwahrung in den Formen des § 15 Abs. 2. Es bedarf dazu vielmehr einer Ubereignung der Wertpapiere durch Einigung und Übergabe nach § § 9 2 9 ff BGB. Solange es daran fehlt, bleibt der Hinterleger Eigentümer der Wertpapiere und eine unregelmäßige Verwahrung liegt nicht vor (Quassowski-Schröder § 15 Anm. C I; Staudinger-Ν ipperdey § 7 0 0 Anm. 12). Bei der zweiten Form der unregelmäßigen Verwahrung geht das Eigentum an den Wertpapieren unmittelbar, d. h. ohne Zwischenerwerb durch den Verwahrer, auf einen Dritten über. Auch bei dieser zweiten Form ist zusätzlich zur Vereinbarung der unregelmäßigen Verwahrung eine Übereignung nach § § 9 2 9 ff BGB erforderlich. Der Dritte braucht dabei aber nicht unmittelbar mitzuwirken, er kann sich durch den Verwahrer vertreten lassen (§ 164 BGB). Da es dem Hinterleger gleichgültig sein kann, wem er das Eigentum überträgt, braucht der Name des Dritten nicht einmal genannt zu werden. Der Eigentumsübergang vollzieht sich durch „Ubereignung an den, den es angeht", d. h. das Eigentum geht an denjenigen über, der es nach dem Willen des Verwahrers erwerben soll, und 334

Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen.

§ 15

11

dem der Verwahrer an den ihm übergebenen Wertpapieren durch ein im Wege des In-sich-Geschäftes abgeschlossenes oder bereits vorher vereinbartes Besitzmittlungsverhältnis den mittelbaren Besitz verschafft ( § § 929, 930, 868, 164, 181 BGB; vgl. Palandt-Degenhart § 9 2 9 Anm. 4bb). Ist der Hinterleger nicht Eigentümer der Wertpapiere und ist er vom Eigentümer auch nicht zur Verfügung über das Eigentum ermächtigt worden, so gelten zugunsten des Erwerbers in jedem Fall die Vorschriften der § § 932 ff BGB, 365 HGB, 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G über den Schutz des guten Glaubens an das Eigentum und der § § 366 HGB, Art. 16 W G über den Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsmacht. 2. Vertragliche Beziehungen Für die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten untereinander muß unter- 1 1 schieden werden zwischen der Zeit vor und nach der Übertragung des Eigentums auf den Verwahrer oder den Dritten. Solange die Ubereignung nicht stattgefunden hat, liegt eine unregelmäßige Verwahrung nicht vor, und zwar einerlei, ob die Parteien bereits eine den Formvorschriften des § 1 5 Abs. 2 entsprechende Vereinbarung getroffen haben oder nicht. Hat der Hinterleger dem Verwahrer die Papiere bereits übergeben, so ist eine regelmäßige Verwahrung gegeben; es gelten alle Vorschriften dieses Gesetzes. Vom Zeitpunkt des Eigentumsübergangs an sind nach § 15 Abs. 1 auf das Rechtsverhältnis zwischen Hinterleger und Verwahrer die Vorschriften der § § 2—17 (dieses Abschnitts) des Gesetzes nicht mehr anwendbar. § 1 5 erwähnt nur die Vorschriften des ersten Abschnitts des Gesetzes ( § § 2—17), weil nur sie überhaupt in Betracht kommen können (Opitz § 15 Bern. 2). Der Hinterleger hat sein Eigentum an den Wertpapieren verloren und dagegen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren derselben Art in gleicher Menge „eingetauscht". Zwischen den Parteien besteht jetzt ein unregelmäßiger Verwahrungsvertrag, auf den nach § 7 0 0 BGB die Vorschriften über das Darlehen Anwendung finden. Hinsichtlich des Ortes und der Zeit der Rückgabe gelten jedoch im Zweifel die Vorschriften über den Verwahrungsvertrag (§ 7 0 0 Abs. 1 Satz 3). Das unregelmäßige Verwahrungsverhältnis besteht immer nur zwischen dem Hinterleger und dem Verwahrer. Dies gilt auch dann, wenn das Eigentum an den Wertpapieren auf einen Dritten übertragen worden ist; auch in diesem Falle ist allein der Verwahrer Schuldner des obligatorischen Anspruchs auf Rückgewähr von Wertpapieren derselben Art. Die Rechtslage ist die gleiche wie in dem in § 1 3 behandelten Fall der Aneignungsermächtigung nach der Verfügung über das Eigentum, so daß auf die Erläuterungen zu § 1 3 (Rdn. 25—27) verwiesen werden kann. Dies gilt insbesondere auch für die dort gemachten Ausführungen über die Erfüllung der Rückgewährungspflicht durch Sammelbestandanteile (Rdn. 26) und die Situation im Konkurs (Rdn. 27); wegen der Verbuchung siehe jedoch hier unter Rdn. 16.

335

§ 15

12-14

1. Abschnitt. Verwahrung

C. Wertpapierdarlehen I. Begriff 12

Der Begriff des Darlehens ergibt sich aus § 607 B G B : „Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten". Die Begründung eines Darlehensverhältnisses erfordert immer, daß das Eigentum am Geld oder den anderen vertretbaren Sachen auf den Darlehensnehmer übergeht. Gegenstand eines Darlehens können auch vertretbare Wertpapiere sein. Ein Wertpapierdarlehen liegt dann vor, wenn vertretbare Wertpapiere unter Eigentumsübertragung einem anderen mit der Vereinbarung übergeben werden, daß der andere als Darlehensschuldner Wertpapiere in gleicher Art und Menge zurückgewähren soll (Quassomki-Schröder § 1 5 Anm. E I). Das Wertpapierdarlehen ist mit der unregelmäßigen Verwahrung eng verwandt. Beiden ist vor allem gemeinsam, daß derjenige, der die Wertpapiere hingibt, sein Eigentum verliert und dafür einen schuldrechtlichen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren derselben Art erwirbt. Abgesehen von der prinzipiellen Verschiedenheit des wirtschaftlichen Zwecks — das Darlehen dient dem Interesse des Schuldners, die Verwahrung dem des Gläubigers — besteht ein Unterschied zwischen Wertpapierdarlehen und unregelmäßiger Verwahrung praktisch nur in der Zeitbestimmung für die Rückgewähr (§ 6 0 9 BGB einerseits, § § 695, 6 9 6 BGB andererseits). Eine unregelmäßige Verwahrung kann durch Vereinbarung gemäß § 305 BGB in .ein Darlehensverhältnis umgewandelt werden und umgekehrt, ohne daß es für diese „Schuldumschaffung" der Einhaltung der Formvorschriften des § 1 5 Abs. 2 bedarf. Das in § 7 0 0 Abs. 2 BGB vorgeschriebene Erfordernis der Ausdrücklichkeit muß freilich auch hier gewahrt sein (Opitz § 15 Bern. 6). Die Umschaffung des Lieferungsanspruchs aus der Einkaufskommission auf Wertpapierdarlehen ist dagegen depotrechtlich nicht zulässig, weil sie eine Umgehung der Vorschriften der § § 18 Abs. 1, 28 bedeuten würde (Opitz § 15 Bern. 8). Wenn § 15 Abs. 3 auch nur von Wertpapieren spricht, so muß es sich doch begriffsnotwendig um vertretbare Wertpapiere handeln und zwar um solche im Sinne des § 1 (siehe § 1 Rdn. 1 7 - 2 1 ) .

13

Vom Darlehen begrifflich streng zu trennen ist die Leihe. Beim Darlehen überträgt der Darlehensgeber sein Eigentum auf den Darlehensnehmer, während bei der Leihe der Verleiher dem Entleiher nur den Gebrauch überläßt (§ 598 BGB). Dennoch wird das Wertpapierdarlehen in der Praxis vielfach als Wertpapierleihe bezeichnet. Eine Wertpapierleihe im rechtlichen Sinne dürfte in der Praxis kaum jemals vorkommen. 14 Das Wertpapierpensionsgeschäft ist kein Darlehen nach § 607 BGB. Es handelt sich nach herrschender Auffassung um einen Kauf von Wertpapieren mit gleichzeitig vereinbartem (Termin) Rückkauf — echtes Pensionsgeschäft — oder um einen Kauf mit bindendem Rückkaufsangebot des Pensionsgebers 336

Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen.

§ 15 15

— unechtes Pensionsgeschäft — ( S o e r g e l - L i p p i s c h Vorbem. 33 vor § 607; Palandt-Putzo Einführung 4 a ) dd vor § 607; Schönle S. 2 4 4 mit ausführlicher Literaturangabe; Bennat W M 1969, 1434 ff m. w. N.). In den „Richtlinien für die Aufstellung der Jahresbilanz sowie der Gewinnund Verlustrechnung der Kreditinstitute in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung" (Bekanntmachung Nr. 1/68 des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Juli 1968 (Beilage zum BAnz. Nr. 161)) — abgedr. bei Consbruch-Möller 16.01 — ist unter Nr. 3 folgende Definition enthalten: „Pensionsgeschäfte sind Geschäfte, durch die ein Kreditinstitut (Pensionsgeber) Vermögensgegenstände — ζ. B. Wechsel, Forderungen, Wertpapiere — gegen Zahlung eines Betrages auf einen anderen (Pensionsnehmer) mit der Maßgabe überträgt, daß a) entweder der Pensionsnehmer sie zu einem im voraus bestimmten oder von ihm noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten anderen Betrages auf den Pensionsgeber zurückzuübertragen hat (echte Pensionsgeschäfte) oder b) der Pensionsnehmer berechtigt ist, die Rücknahme der Vermögensgegenstände zu einem im voraus bestimmten oder von ihm noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Rückzahlung des gezahlten oder gegen Zahlung eines im voraus vereinbarten· anderen Betrages zu verlangen (unechte Pensionsgeschäfte)." II. Sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die unregelmäßige Verwahrung (Abs. 1 und 2). § 1 5 Abs. 3 schreibt für das Wertpapierdarlehen die sinngemäße Anwen- 1 5 dung der in den Abs. 1 und 2 für die unregelmäßige Verwahrung enthaltenen Bestimmungen vor. Dies gilt jedoch nicht für Wertpapierdarlehen schlechthin, sondern nur für solche, die einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes gewährt werden. Uber den Kaufmannsbegriff siehe § 1 Rdn. 49—56; über die Bedeutung des Passus „im Betriebe seines Handelsgewerbes" siehe § 1 Rdn. 6 1. Der Darlehensempfänger braucht nicht Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2 zu sein. Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 hat damit über den Bereich der Kreditinstitute hinaus eine erhebliche Bedeutung: Für jedes Wertpapierdarlehen, das ein Kaufmann im Betriebe seines Handelsgeschäftes empfängt. gelten die strengen depotrechtlichen Formvorschriften des § 1Î Abs. 2. Der Grund für die in § 15 Abs. 3 getroffene Regelung ist einmal in der nahen Verwandtschaft von unregelmäßiger Verwahrung und Wertpapierdarlehen zu sehen, die sich vor allem in dem beiden Rechtsinstituten eigentümlichen Eigentumsverlust des Kunden manifestiert, zum anderen sollen Umgehungen der Formvorschriften des § 15 vermieden werden (amtl. Begr.). Im übrigen gelten gegenüber den zu § 1 5 Abs. 1 und 2 für die unregelmäßige 337

§ 15 16, 17

1. Abschnitt. Verwahrung

Verwahrung gemachten Ausführungen für das Wertpapierdarlehen keine Besonderheiten. Es kann daher auf die Erläuterungen unter Rdn. 5 — 11 verwiesen werden. 16

D. Bezeichnung des Wertpapierlieferungsanspruchs Den Begriff „Stückekonto", der als Ausdruck für „Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren der Art und Zahl nach" früher in der Praxis üblich war, verwendet das Gesetz nicht. Er war auch mißverständlich und ist heute aus der Praxis des Depotgeschäfts völlig verschwunden (siehe dazu Opitz, Festschrift für Pinn er, S. 318 ff = Sammelband S. 201 ff, derselbe J W 1932, 238 ff und § 15 Bern. 7). Da ein anderer kurzer, einprägsamer und zugleich rechtlich zutreffender Ausdruck sich im vorhandenen banktechnischen Vokabular nicht finden ließ, hat der ideenreiche Opitz ( § 1 5 Bern. 7) es mit einer eigenen Wortschöpfung versucht. In der Erkenntnis, daß man wegen der begrifflichen Verschiedenheit der Rechtsgeschäfte, aus denen sie resultieren, zwischen dem Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren aus Anschaffungsgeschäften einerseits und dem aus der unregelmäßigen Verwahrung sowie dem Wertpapierdarlehen andererseits unterscheiden muß, will er dem ersteren den Ausdruck „Wertpapierguthaben" (Kontobezeichnung: „Wertpapierrechnung") vorbehalten, während er für den letzteren das Wort „Aberdepot" (Kontobezeichnung: „Aberdepotkonto") prägt. Das Wort „Aber" soll in Verbindung mit dem Wort „Depot" zum Ausdruck bringen, daß gerade das nicht gemeint ist, was das Wort „Depot" ohne die Verbindung mit dem Wort „Aber" besagen würde, ähnlich wie es etwa bei den Wortverbindungen Aberglaube oder Aberwitz der Fall ist. So geistreich die von Opitz vorgenommene Wortschöpfung auch sein mag, sie hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. In Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw wird für Lieferungsansprüche aus unregelmäßiger Verwahrung und Wertpapierdarlehen eine Verbuchung unter der Bezeichnung „Wertpapierrechnung nach § 1 5 DepG" verlangt, womit die in der Tat erforderliche Abgrenzung von den Lieferungsansprüchen aus Anschaffungsgeschäften gewährleistet ist. Dementsprechend verfährt die Praxis. Daß sich die Depotprüfungsrichtlinien mit der Sache befassen, mag insofern verwunderlich erscheinen, als für die unregelmäßige Verwahrung und das Wertpapierdarlehen nach § I 5 Abs. 1 die Vorschriften des § 14 über das Verwahrungsbuch gerade nicht gelten und auch die sonstigen Vorschriften des Depotgesetzes darauf nicht zur Anwendung kommen. Beide Geschäftsvorfälle gehören aber im weiteren Sinn zum Depotgeschäft, auf das sich neben dem Effektengeschäft und der Einhaltung der § § 128, 135 AktG die Depotprüfung nach § 30 K W G zu erstreckte hat. E. Strafrechtliche Vorschriften

17

Eine vom Verwahrer getroffene Verfügung über ihm anvertraute Wertpapiere ohne eine wirksame Vereinbarung nach § 15 kann den Tatbestand der 338

Unregelmäßige Verwahrung. Wertpapierdarlehen.

§ §

1 5

18,

1 6

1

Untreue nach § 266 StGB, der Unterschlagung nach § 246 StGB, aber auch den der Depotunterschlagung nach § 34 dieses Gesetzes erfüllen.

F. Steuerrechtliche Vorschriften Die Vereinbarung einer unregelmäßigen Verwahrung oder eines Wert- 1 8 papierdarlehens enthält zwei börsenumsatzsteuerpflichtige Anschaffungsgeschäfte im Sinne der § § 17, 18 KVStG, sofern für den Hinterleger eine besondere Vergütung in Form einer Gebühr, einer Verzinsung oder einer Provision vereinbart ist. Steuerpflichtig ist dann sowohl die Vereinbarung über die Hingabe der Wertpapiere als auch diejenige über die Rückgewähr. Da es an der Vereinbarung eines Preises (Barpreis) fehlt, ist die Steuer für die hingegebenen wie für die zurückgegebenen Wertpapiere jeweils nach dem Börsenoder Marktpreis beziehungsweise nach dem Wert der Wertpapiere ( § 2 3 Nr. 2 und 3 KVStG) zu berechnen (FinMin. Niedersachsen, Erl. v. 5 . 2 . 1974 — S. 5 141 - 5 - 32 2 in DB 1974, 315; siehe auch Kinnebrock$ 23 V , S . 251; Brönner-Kamprad § 18 Anm. 8; Strodtboff § 18 Anm. 6, 7).

§ 16 Befreiung von Formvorschriften Die Formvorschriften der §§ J, 10, 12, 13, I i Abs. 2, 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Hinterleger gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt. Ubersicht Rdn. A. Allgemeines

I

B. Bank- oder Sparkassengeschäfte

2

Rdn. C. Einzelheiten der Befreiung

5

A. Allgemeines Die besonderen Formvorschriften des Gesetzes für die Erteilung von Er- 1 mächtigungen an den Verwahrer durch den Hinterleger und für das Zustandekommen von Vereinbarungen zwischen diesen, welche die Rechtsstellung des Hinterlegers beeinträchtigen, zielen auf den Schutz des mit der Geschäftspraxis der Kreditinstitute nicht vertrauten Publikums. In Betracht stehen die Ermächtigung zur Sammelverwahrung (§ 5), die Tauschermächtigung ( § § 10, 11), die Ermächtigung zur Verpfandung (§ 12), die Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum (§ 1 3) sowie die Vereinbarung über die Durch339

§ 16 2

1. Abschnitt. Verwahrung

fiihrung der unregelmäßigen Verwahrung (§ 15). Alle diese Erklärungen des Hinterlegers sind nur gültig, wenn sie unter Beachtung sonstiger Erfordernisse jeweils „ausdrücklich und schriftlich" abgegeben werden. Dadurch, daß mit § 29 dem Kommissionär bezüglich der in seinem Besitz befindlichen Wertpapiere des Kommittenten die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers auferlegt werden, ist gewährleistet, daß die Schutzbestimmungen auch dann Geltung haben, wenn das Verwahrungsverhältnis nicht durch Hinterlegung, sondern durch ein Anschaffungsgeschäft begründet worden ist (§§ 18, 31). Betreibt der Hinterleger selbst gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte, so kann hingegen davon ausgegangen werden, daß ihm die Bedeutung einer Ermächtigung oder Vereinbarung bekannt ist (vgl. amtl. Begr.). Das Gesetz führt damit den bereits im Depotgesetz 1896 (§ 2) geregelten Grundsatz fort, daß im Interesse auch der Erleichterung des Verkehrs zwischen Kreditinstituten hier eine weniger förmliche Verfahrensweise geboten ist (Endemann DJZ 96, 391; Opitz § 16 Bern. 1). § 16 befreit nur von der Einhaltung der Formvorschriften, und zwar nur der darin besonders genannten, so daß allgemeine Formvorschriften in Geltung bleiben (vgl. z. B. § 700 Abs. 2 BGB). Mit § 16 sind schließlich die Voraussetzungen der Erteilung einer Ermächtigung oder des Zustandekommens einer Vereinbarung nicht beseitigt, sie müssen vorliegen und gegebenenfalls auch nachgewiesen sein. Zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit des Bankgeschäfts empfiehlt sich regelmäßig im Depotgeschäft auch im Verkehr zwischen Kreditinstituten die Schriftform. B. Bank- oder Sparkassengeschäfte 2 Die Befreiung von den Formvorschriften tritt nur ein, wenn der Hinterleger gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt. Hinterleger ist, wer tatsächlich Wertpapiere (für sich oder Dritte) durch einen Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2 verwahren läßt, wobei es unwesentlich ist, ob die Hinterlegereigenschaft durch tatsächliche Hinterlegung von Wertpapieren (§§ 2, 6) oder durch die Gutschrift aus Kommissions- oder Eigengeschäft (vgl. § § 18, 24, 29, 31) begründet ist. Als Hinterleger gilt insbesondere auch der Zwischenverwahrer im Verhältnis zum Drittverwahrer (QuassomkjSchröder § 16 Anra. Β I). Die Befreiungsvorschrift des § 16 wird in erster Linie .für den Zwischenverwahrer wirksam werden für sein Verhältnis zum Drittverwahrer, der als Lokalbankier Kundenpapiere beim Zentralbankier in Drittverwahrung hält. Der Begriff „Bank- oder Sparkassengeschäfte" ist dem Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I 1203) entlehnt, wo er in § 1 definiert war. Das geltende Gesetz über das Kreditwesen (KWG) vom 10. Juli 1961 (BGBl. I 881) verwendet den Begriff „Bank- oder Sparkassengeschäfte" nicht mehr, sofern definiert „Bankgeschäfte" schlechthin. In § 1 KWG sind die Merkmale der Bankgeschäfte umfassend genannt (siehe er340

Befreiung von Formvorschriften

§ 16

3,4

gänzend § 4 Rdn. 3 1 ff). E s entspricht dem Zweck des Gesetzes, bei der Anwendung von § 16 auf den jeweils geltenden Begriff des Bankgeschäfts im Sinne des Bankenaufsichtsrechts abzustellen. Wesentlich ist es nach der Festlegung in § 1 K W G für die Geltung von § 16 nicht, daß der Hinterleger auf dem Gebiete des Depot- oder Effektengeschäfts gewerbsmäßig tätig ist. E s genügt vielmehr, wenn er dies ζ. B . im Einlagen- oder Kreditgeschäft tut und damit Merkmale des § 1 K W G erfüllt. Vorausgesetzt ist auch nicht, daß das Bankgeschäft Hauptzweck des Handelsgewerbes ist, sofern dieses nur ebenfalls gewerbsmäßig betrieben wird. Ein Hinterleger betreibt dann gewerbsmäßig Bankgeschäfte, wenn nach der Anlage des Gewerbeunternehmens nicht nur gelegentlich einzelne Bankgeschäfte durchgeführt werden sollen, sondern derartige Geschäfte fortgesetzt betrieben werden und als dauernde gewinnbringende Tätigkeit vorgesehen sind. Nicht wesentlich ist, daß das einzelne Geschäft auch tatsächlich einen Gewinn erbracht hat (Quassowski-Schröder § 16 Anm. Β I 2). Ist der Hinterleger ein ausländisches Kreditinstitut, so ist § 16 dann und insoweit anwendbar, als dieses Bankgeschäfte im Sinne von § 1 K W G im Inland durch eine Niederlassung betreibt. Insoweit muß es sich wie ein inländisches Kreditinstitut behandeln lassen. Mangels Kenntnis der Bedeutung der in § 16 genannten Rechtsgeschäfte genießt ein ausländisches Kreditinstitut im übrigen den gleichen Schutz wie ein inländischer Hinterleger, der nicht gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt (siehe allgemein v. Caemmerer BankArch. 1 9 3 7 / 3 8 , 7 2 3 ) . Die Anwendbarkeit von § 16 setzt voraus, daß der Hinterleger zur Zeit der Erteilung der Ermächtigung oder Eingehung der Vereinbarung gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt. Entfallt später die Eigenschaft eines gewerbsmäßigen Bankgeschäfts, so ist wesentlich, ob das auf der Ermächtigung oder der Vereinbarung beruhende Geschäft bereits eingeleitet ist oder nicht. Bereits in Gang gebrachte Geschäfte behalten ihre Wirksamkeit; auch die Nachholung einer formgerechten Ermächtigung ist nicht erforderlich. Kann eine Ermächtigung wiederholt ausgenutzt werden, wie dies ζ. B . bei der Tauschermächtigung ( § § 10, 1 1 ) der Fall ist, so darf dies dann nicht mehr geschehen, wenn der Hinterleger nicht mehr gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt (Quassou/sk?' Schröder § 16 Anm. Β I I I ) . Die Ermächtigung muß sodann formgerecht erteilt werden.

3

Der gute Glaube daran, daß der Hinterleger gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt, wird nicht geschützt. Der Schutzzweck der Formvorschriften läßt dies nicht zu (Quassomki-Schröder § 12 Anm. Β I I ; Opitz § 16 Bern. 4; Ratz in R G R Komm. z. H G B Anh. I I zu § 4 2 4 Anm. 1 2 8 ) . § 3 6 6 H G B greift hier nicht ein, da er nur den guten Glauben an die Verfügungsmacht, nicht aber an die Bankiereigenschaft eines Hinterlegers schützt. W i r d der Verwahrer bewußt von einem Hinterleger über seine Bankiereigenschaft im Sinne von § 16 getäuscht, so kann der Verwahrer, falls er durch die Ungültigkeit einer aufgrund der Täuschung formlos erteilten Ermächtigung geschädigt ist, den

4

341

5 16 5,6

1. Abschnitt. Verwahrung

Hinterleger auf Schadensersatz nach § 826 BGB in Anspruch nehmen (vgl. Opitz § 16 Bern. 4). Inwieweit bei Fahrlässigkeit dem Hinterleger ein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegengehalten werden kann, ist Tatfrage. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Verwahrer um die Klärung des Sachverhalts bemüht sein muß (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 128). C. Einzelheiten der Befreiung Die Befreiung von der Einhaltung der in § § 5, 10, 12, 13, 15 Abs. 2, 3 geregelten Formvorschriften bewirkt grundsätzlich, daß — sofern nicht aus anderen Rechtsgründen eine bestimmte Form zu wahren ist — die Erteilung von Ermächtigungen oder die Eingehung von Vereinbarungen formlos geschehen kann. Weder ist es notwendig, daß eine Erklärung für jedes einzelne Geschäft abgegeben wird, noch bedarf es aus Rechtsgründen der Schriftform. Da schließlich auch das Gebot der Ausdrücklichkeit hier nicht gilt, ist es aus Rechtsgründen nicht notwendig, daß der Inhalt der dem Verwahrer erteilten Ermächtigung in aller Klarheit, wie sie zum Schutze des Publikums gefordert ist, deutlich wird. Eine Ermächtigung des Verwahrers kann damit auch in dessen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein (Quassouskj-Schrüder § 16 Anm. C I; Opitz § 16 Bern. 6; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 129). 6 Auch im Verkehr zwischen Kreditinstituten ist hingegen eine besondere Ermächtigung oder Vereinbarung, wie sie das Gesetz in den genannten Fällen fordert, unentbehrlich. Von diesem Erfordernis befreit § 16 nicht (Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 424 Anm. 36; Doerk Bankbetriebliche Information 1971, 12). Eine generelle Abrede, wie sie durch die Anerkennung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Frage steht, ist grundsätzlich nur hinsichtlich der eigenen Bestände (Nostro) des hinterlegenden Kreditinstituts zulässig. Da Depotkunden des Kreditinstituts, sofern auf diese § 16 nicht anzuwenden ist, rechtswirksam eine formlose, generelle Ermächtigung nicht erteilen können, kann auch der Verwahrer selbst sich hinsichtlich solcher Kundenbestände (Loro) nur von Fall zu Fall gegenüber dem Zentralbankier erklären (siehe auch § 5 Rdn. 40 ff). Dies schließt jedoch nicht allgemein die Anwendung genereller Absprachen zwischen Kreditinstituten aus, wie dies zum Beispiel durch die Anerkennung der verschiedenen Depotarten geschehen ist (vgl. § 4 Rdn. 38). In Ziff. 3 Abs. 2 RichtlHinw (abgedr. im Anh. VI) wird das Erfordernis der Kundenermächtigung im Rahmen der Drittverwahrung betont, indem darauf hingewiesen wird, daß der Zwischenverwahrer dem Drittverwahrer Ermächtigungen gemäß § § 5, 12 und 13 nur dann erteilen darf, wenn er selbst vom Hinterleger die entsprechenden Ermächtigungen erhalten hat. Nach Opitz (§ 16 Bern. 6) ist der Zwischenverwahrer zwar nicht nach Gesetz, „aber zwangsläufig durch die Technik der Drittverwahrung" formgebundener als 5

342

Befreiung von Formvorschriften

§ 16 7

sein Depotkunde, der nicht gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt. Während er sich nämlich von diesem Depotkunden eine generelle Ermächtigung erteilen lassen könne (§ 5 Abs. 1), müsse er selbst in jedem Einzelfall den Drittverwahrer davon unterrichten, ob Sonderverwahrung oder Sammelverwahrung Platz greifen solle, da andernfalls dem Interesse des Kundenschutzes nicht Genüge getan werden könne. Eine solche Notwendigkeit ist nach der Geschäftspraxis der Kreditinstitute nicht gegeben. Das Schutzinteresse der Hinterleger erfordert es nicht, daß der Zwischenverwahrer bei jedem Hinterlegungsakt den Drittverwahrer in besonderer Form über die Art der Verwahrung unterrichtet. Kreditinstitute pflegen sich nämlich aus Gründen der technischen Vereinfachung von allen Depotinhabern bereits im Zeitpunkt der Kontoeröffnung eine allgemein gültige Girosammeldepotermächtigung erteilen zu lassen (vgl. § 5 Rdn. 39). Nach § 14 GB K V verwahrt der Kassenverein eingelieferte Wertpapiere grundsätzlich ungetrennt von den Beständen anderer Kontoinhaber und von etwaigen eigenen Beständen derselben Art (Sammelbestand). Da nur Kreditinstitute Kontoinhaber sind (vgl. § 1 GB KV), ist die Regelung in den Geschäftsbedingungen gemäß § 16 gegenüber Hinterlegern rechtlich wirksam. Es ist nicht zu erkennen, warum unter den genannten Gegebenheiten dem Kundenschutz nicht in der Weise Rechnung getragen werden kann, daß die Einleitung der Sonderverwahrung dem Kassenverein jeweils ausdrücklich angezeigt wird, wenn ein Depotkunde des Zwischenverwahrers ausnahmsweise die Girosammeldepotermächtigung verweigert. Eine andere Verfahrensweise widerspricht der gesetzlichen Aufgabenstellung der Kassenvereine als Girosammelbanken (vgl. Delorme, W S B , S. 29 ff; Geliert S. 6 0 f u. 67). Sonderdepots richtet der Kassenverein für seine Depotkunden nur auf besonderen Antrag ein (vgl. § 42 GB KV, abgedr. im Anh. VII; Geliert S. 60/61). Die gleichen Grundsätze gelten nicht für die Einleitung der Haussammel- 7 Verwahrung (vgl. § 5 Rdn. 18); die AGB der Kreditinstitute kennen keine § 1 4 GB KV vergleichbare Regelung. Nach Ziff. 3 der „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" (abgedr. bei Schütz, BFB, S. 50ff) ist die Bank vielmehr nur berechtigt, die ihr (von Bankierkunden) anvertrauten Wertpapiere, soweit sie zur Girosammeiverwahrung zugelassen sind, bei einer Wertpapiersammelbank sammelverwahren zu lassen. Es erscheint zweifelhaft, ob diese besonderen Geschäftsbedingungen zwischen Kreditinstituten Wirksamkeit haben (vgl. § 4 Rdn. 3). Die „Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden" werden heute von den Kreditinstituten überwiegend nicht mehr verwendet. Es ist vielmehr üblich, daß sich Kreditinstitute von ihrer inländischen Bankierkundschaft eine ausdrückliche Ermächtigung zur Girosammelverwahrung erteilen lassen. Die Geltung der genannten Geschäftsbedingungen kann nur angenommen werden, wenn sie ausdrücklich vereinbart ist. Dies dürfte jedoch in der Praxis kaum vorkommen. Für ausländische Kreditinstitute haben 343

§ 16 8 , 9

1. Abschnitt. Verwahrung

die Geschäftsbedingungen, wie bereits aus ihrer Bezeichnung folgt, niemals Geltung gehabt (vgl. Opitz BankArch. 1937/38, 6 7 f f = Sammelband S. 27 3 ff). Will ein Kreditinstitut entsprechend ihren Regelungen verfahren, so ist eine dahingehende ausdrückliche Vereinbarung mit dem ausländischen Kreditinstitut unerläßlich (vgl. Rundschreiben des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. Nr. 16/IV vom 25. 2. 1972 in W M 1972, 519). Mangels allgemeiner Geltung der genannten Geschäftsbedingungen für den Verkehr zwischen Kreditinstituten ist auch die Regelung in Ziff. 3 Satz 2 ohne Verbindlichkeit, wonach die Einleitung der Sonderverwahrung einer ausdrücklichen Erklärung des hinterlegenden „Bankiers" bedarf. Es bleibt vielmehr auch im Verkehr zwischen Kreditinstituten — ausgenommen Wertpapiersammelbanken — bei dem Grundsatz der Sonderverwahrung (§ 2), sofern eine Girosammeiermächtigung nicht vorliegt. Liegt hingegen eine allgemeine Girosammeiermächtigung des hinterlegenden Bankierkunden vor, so hat dieser im Einzelfall vom Zentralbankier ausdrücklich Sonderverwahrung zu verlangen, wenn ihn sein Kunde nicht zur Sammelverwahrung ermächtigt hat oder wenn ihm der Kunde, falls eine solche Ermächtigung nicht erforderlich ist, eine der Sammelverwahrung entgegenstehende Weisung erteilt hat. Letzteres gilt für den Fall der Erfüllung eines Kommissionsgeschäfts durch Übertragung von Miteigentum am Sammelbestand gemäß § 24 (siehe § 24 Rdn. 42). 8 § 16 befreit nur von den besonderen Formerfordernissen des Depotgesetzes. Damit sind für die Ermächtigung zur Sammelverwahrung, und zwar sowohl der Haus- als der Girosammeiverwahrung (§ 5), der Tauschermächtigung (§§ 10, 11) wie der Verpfandungsermächtigung (§ 12) aus Rechtsgründen keine Formvorschriften zu beachten. Es kann also eine allgemein, d. h. für alle zukünftigen Verwahrungsgeschäfte gültige Ermächtigung in mündlicher oder schriftlicher Form ausdrücklich oder konkludent, etwa durch stillschweigende Anerkennung von Geschäftsbedingungen erteilt werden. Auch ein Verweis auf andere Urkunden ist im Rahmen von § 16 unschädlich (Quassomkj-Scbröder § 16 Anm. C II). Doer\ (Bankbetriebliche Information 1971, 12) irrt, wenn er aus Ziff. 6 Abs. 3 RichtlHinw folgert, daß das BÄK „im Interesse der Sicherheit der Geschäftsabwicklung" in Abweichung von § 16 auch zwischen Kreditinstituten für eine Ermächtigung nach § 12 die Beachtung der Schriftform verlange. Die „Hinweise" fordern vielmehr nur, daß das Kreditinstitut, welchem von einem anderen Kreditinstitut Kundenpapiere im Rahmen von § 12 verpfändet werden, „eine schriftliche Erklärung über den Umfang der Ermächtigung zur Verpfandung" einholt. Es geht also hier nicht um eine vom Lokalbankier an den Zentralbankier erteilte Ermächtigung zur Verpfandung, sondern um die Verpfandung an den Zentralbankier selbst, über dessen Zulässigkeit im Hinblick auf den Haftungsumfang der Pfandgegenstände Erklärungen einzuholen sind.. 9 Besonderheiten ergeben sich aus § 7 0 0 BGB für die Ermächtigung zur Verfugung über das Eigentum (§ 1 3) und die Vereinbarung über die unregel-

344

Befreiung von Formvorschriften

§§ 16,17

1

mäßige Verwahrung (§ 15). Gemäß § 7 0 0 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 7 0 0 Abs. 2 BGB muß auch im Geltungsbereich von § 16 die Ermächtigung nach § 1 3 ausdrücklich erteilt werden. Gleiches gilt nach § 7 0 0 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 7 0 0 Abs. 2 BGB für die Ermächtigung nach § 15 (siehe aber" § 1 5 Rdn. 7). Für das Wertpapierdarlehen (vgl. § 15 Abs. 3) ist dagegen in § 607 BGB eine Form nicht vorgeschrieben. Der Ansicht von QuassomkiScbröder (§ 16 Anm. C IV), § 7 0 0 Abs. 2 gelte auch hier, kann im Hinblick auf § 16 nicht gefolgt werden (vgl. Opitz § 16 Bern. 3; Ratz in RGR Komm, z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 129; Scblegelberger-Hefermehl Anh. zu § 4 2 4 Anm. 61). Dem Gebot der Ausdrücklichkeit im Sinne von § 7 0 0 BGB ist dann genügt, wenn das Gewollte in der Willenserklärung den vollen, unzweideutigen Ausdruck gefunden hat ( R G Z 65, 180). Dies schließt eine Erklärung durch schlüssiges Verhalten nicht aus, wenn hierzu ein eindeutiger Erklärungsinhalt erkenntlich wird (Opitz § 16 Bern. 3).

S 17 Pfandverwahrung Werden einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen als Pfand anvertraut, so hat der Pfandgläubiger die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers. Ubersicht Rdn. A.Allgemeine s B. Voraussetzungen der PfandverWährung I. W e r t p a p i e r e ( § 1 Abs. 1) II. Kaufmannseigenschaft des Pfandgläubigers III. Anvertrauung der W e r t p a p i e r e ais P f a n d 1. Allgemeines 2. Inhaberpapiere 3. Orderpapiere

1

2 4

5 6 11

Rdn. 4. Sammelbestandanteile I V . Unverschlossen V· ' Betriebe eines Handels· gewerbes C . Pflichten und Befugnisse des Pfandgläubigers als V e r w a h r e r I. Rechtsstellung des PfandVerwahrers Π . Anwendbarkeit der § § 5, 10, 12, 13 und 15 III. R ü c k g a b e der W e r t p a p i e r e . . . .

12 15 16

17 22 23

A. Allgemeines Jeden Pfandgläubiger trifft nach § 1 2 1 5 BGB die Pflicht zur Verwahrung 1 des Pfandes. Für einen Pfandgläubiger, dem als Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen als Pfand anvertraut werden, 345

§ 17 2 , 3

1. Abschnitt. Verwahrung

wird diese Vorschrift durch § 17 ergänzt: Er hat die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers. Eine weitergehende Bedeutung hat § 17 nicht, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Handelsgesetzbuches über die Bestellung des Pfandrechtes, den Gegenstand des Pfandrechtes und die Verwertung des Pfandes werden durch § 17 nicht berührt (Quassou/skiSchröder § 17 Anm. A). Die in § 17 enthaltene Regelung ist konsequent, denn es ist kein Grund ersichtlich, den Pfandnehmer depotrechtlich anders zu behandeln als den Verwahrer. Eine Gleichbehandlung beider Tatbestände gebietet sich, abgesehen von dem in beiden Fällen gegebenen Schutzbedürfnis des Eigentümers, auch deswegen, weil sie sich vielfach überschneiden und ineinander übergehen. Meist sind die Wertpapiere, die verpfändet werden, dem Pfandgläubiger schon vorher zur Verwahrung anvertraut worden, andererseits werden als Pfand anvertraute Wertpapiere auch nach Erlöschen des Pfandrechts in der Verwahrung des Pfandgläubigers verbleiben. Das Depotgesetz 1896 regelte die gewöhnliche Verwahrung und die Pfandverwahrung zusammen in § 1. Das geltende Depotgesetz hat aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Trennung vorgenommen. Nach wie vor gilt jedoch für die Pfandverwahrung die gleiche Regelung wie für die gewöhnliche Verwahrung. B. Voraussetzungen der Pfandverwahrung I. Wertpapiere (§ 1 Abs. 1) Gegenstand der Pfandverwahrung können alle Wertpapiere sein, die in § 1 Abs. 1 genannt sind. Dies gilt auch für den Kuxschein; er ist zwar nur Rektapapier, aber seine Ubergabe ist zur Verpfändung des Kuxes erforderlich (vgl. § 1 Rdn. 6), so daß auch er im Sinne des § 17 dem Pfandgläubiger „als Pfand" anvertraut werden kann. Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheine können selbständig oder gemeinsam mit der Haupturkunde, zu der sie gehören, verpfändet werden. Auch im letzteren Fall erstreckt sich jedoch das Pfandrecht an der Haupturkunde nur dann auf sie, wenn die Papiere dem Pfandgläubiger übergeben sind (§ 1296 BGB). Im einen wie im anderen Fall sind diese Papiere im Sinne des § 17 dem Pfandgläubiger „als Pfand" anvertraut. Der Erneuerungsschein ist lediglich Legitimationsurkunde und kommt daher für eine selbständige Verpfandung nicht in Betracht (vgl. § 1 Rdn. 12). 3 Obwohl sie in § 17 nicht erwähnt sind, können Gegenstand der Pfandverwahrung auch Sammelbestandanteile sein, denn es ist kein Grund ersichtlich, warum verpfändete Sammelbestandanteile anders behandelt werden sollten als verpfändete Wertpapiere (Opitz § 17 Bern. 3). Die Rechtslage ist hier nicht anders als in den Fällen der § § 1 3 und 15 (siehe § 1 3 Rdn. 3; § 1 5 Rdn. 3). § 17 gilt ferner für Bundesschuldbuchforderungen und Schuldbuchforderungen gegen die Länder (siehe die in den Erläuterungen zu § 13 Rdn. 3 zitierten Gesetzesstellen).

2

346

Pfan dv erwahrung

§17 4-6

II. Kaufmannseigenschaft des Pfandgläubigers § 17 kommt nur zur Anwendung, wenn der Pfandgläubiger Kaufmann ist. 4 Der Kaufmannsbegriff ist in den § § 1 ff H GB definiert; Kaufmann ist danach auch der Minderkaufmann. Im übrigen kann auf die Erläuterungen zu § 1 Rdn. 49—56 verwiesen werden. Der Verpfänder der Wertpapiere braucht dagegen nicht Kaufmann zu sein (siehe hierzu auch § 1 Rdn. 58). III. Anvertrauung der Wertpapiere als Pfand 1. Allgemeines Die Wertpapiere müssen, wenn der Tatbestand des § 17 erfüllt sein soll, 5 dem Kaufmann als Pfand anvertraut werden. Der Zweck der Anvertrauung muß die Bestellung eines Pfandrechts für den Kaufmann sein, der die Wertpapiere empfängt. Entgegen § 1215 BGB, der die Wirksamkeit der Pfandrechtsbestellung voraussetzt, hat der Empfänger der Wertpapiere im Falle des § 17 die Pflichten und Rechte eines Verwahrers auch dann, wenn das Pfandrecht nicht wirksam entstanden, er also nicht Pfandgläubiger geworden ist. Es kommt allein auf den Zweck der Anvertrauung an (Opitz § 17 Bern. 4; Quassou/ski-Schröder § 17 Anm. Β 3; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 131; Schlegelberger-Hefermebl Anh. zu § 4 2 4 Anm. 58). Es ist hier nicht anders als bei der gewöhnlichen Verwahrung, auch dort löst allein die Tatsache der Anvertrauung die Rechte und Pflichten eines Verwahrers aus. Auf die Gültigkeit des Verwahrungsvertrages kommt es nicht an (siehe § 1 Rdn. 58, 59). Eine Anvertrauung „als Pfand" liegt nicht vor, wenn einem Kaufmann Wertpapiere übergeben werden, damit dieser sie verpfände. Hier wird aber meist der Fall einer gewöhnlichen Verwahrung — wenn auch nur als Zwischenstadium — gegeben sein, so daß der Kaufmann schon als Verwahrer im Sinne von § 1 Abs. 2 den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt (Quassomki-Schröder § 17 Anm. Β 3). Anvertraut im Sinne von § 17 sind alle Wertpapiere, an denen der Kaufmann als Pfandgläubiger den unmittelbaren Alleinbesitz erlangt hat, denn nur in diesem Falle kann man ihn füglich mit den Pflichten eines Verwahrers belasten und mit den Befugnissen eines solchen ausstatten. Die Erlangung des mittelbaren Besitzes genügt, abgesehen von den im Folgenden (Rdn. 7, 9) erwähnten Ausnahmen, nicht (Opitz § 17 Bern. 4; Kregel in BGB-RGRK § 1215 Anm. 1; Staudinger-Spreng 1215 Anm. 3i). 2. Inhaberpapiere Für die Bestellung des Pfandrechts an einem Inhaberpapier gelten nach 6 § 1293 BGB ohne Einschränkung die Vorschriften über die Bestellung des Pfandrechts an beweglichen Sachen. Auf die gemäß § 1296 BGB geltenden Besonderheiten für Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine wurde bereits hingewiesen (Rdn. 2). 347

§ 17 7 - 9 7

1. Abschnitt. Verwahrung

Nach § 1205 Abs. 1 BGB entsteht das Pfandrecht an einer beweglichen Sache durch Einigung zwischen Eigentümer (Verpfander) und Pfandgläubiger und Übergabe der Pfandsache. Die Einigung muß dahin gehen, daß dem Gläubiger an der Sache ein Pfandrecht zustehen soll. Ist der Pfandgläubiger bereits im — unmittelbaren oder mittelbaren, nicht vom Verpfander vermittelten — Besitze der Sache, so reicht die bloße Einigung aus. 8 Nach § 1205 Abs. 2 BGB kann die Ubergabe einer im mittelbaren Besitz des Eigentümers befindlichen Sache dadurch ersetzt werden, daß der Eigentümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt, indem er seinen Anspruch auf Herausgabe der Sache an diesen abtritt (§ 8 7 0 BGB) und die Verpfändung dem Besitzer (Besitzmittler) anzeigt. W i r d diese letztere Form der Pfandrechtsbestellung gewählt, liegt eine Anvertrauung als Pfand im Sinne von § 17 nicht vor, weil der Pfandgläubiger nur den mittelbaren Besitz erlangt. Der Tatbestand des § 17 wird erst erfüllt, wenn der Pfandgläubiger auf Grund des an ihn abgetretenen Herausgabeanspruchs später den unmittelbaren Besitz an den Wertpapieren erwirbt ( K r e g e l in BGB-RGRK § 1215 Anm. 1). 9 Etwas anderes ist es, wenn der Verpfänder, anstatt dem Pfandgläubiger gemäß § 8 7 0 BGB den Herausgabeansprüch abzutreten, seinen Besitzmittler anweist, die Wertpapiere fortan für den Pfandgläubiger zu besitzen und der Besitzmittler mit diesem ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart (vgl. PalandtDegenhart § 1205 Anm. 5). In diesem Falle wird der Pfandgläubiger zum Herrn über die Sache. Die Ausgestaltung des Besitzmittlungsverhältnisses liegt in seiner Hand, er kann daher auch, die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers haben. Der sich daraus ergebenden Verantwortung muß er dadurch Rechnung tragen, daß er das Besitzmittlungsverhältnis entsprechend, am besten als Verwahrungsvertrag, ausgestaltet. Es liegt dann ein der Drittverwahrung des § 3 vergleichbarer Fall vor. Streitig ist, ob dieser Vorgang als eine Verpfändung nach § 1205 Abs. 2 BGB oder nach § 1205 Abs. 1 BGB aufzufassen ist. Nach Staudinger-Spreng (§ 1205 Anm. 5), Planck-Fiad (§ 1205 Anm. 2 a), Wolff-Raiser J § 163 Anm. 8) handelt es sich um eine Variante der Verpfändung durch Übertragung des mittelbaren Besitzes nach § 1205 Abs. 2 BGB, während nach Kregel (BGB-RGRK § 1205 Anm. 19) und Westermann (§ 128 II, 3) ein Fall der Pfandrechtsbestellung nach § 1205 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben ist und laut Opitz ( § § 6,7, 8 Bern. 29 und 34) sogar eine Verpfändung nach § 1205 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Große Bedeutung kommt diesem Meinungsstreit nicht zu, weil die Vertreter der zuerst genannten Auffassung die nach § 1205 Abs. 2 BGB erforderliche Anzeige der Verpfändung in der Anweisung an den Besitzmittler sehen, die Pfandsache fortan für den Pfandgläubiger zu besitzen. Nachdem sich für den entsprechenden Vorgang bei der Übertragung des Eigentums die Auffassung durchgesetzt hat, daß es sich um eine Übereignung nach § 9 2 9 BGB und nicht nach § 9 3 1 BGB handelt (RGZ 103, 151; RG Warn Rspr. 1922 348

Pfandverwahrung

δ 17

10-12

Nr. 77, 1 9 2 6 Nr. 139; BGH N J W 1959, 1 9 3 9 ; BGH BB 1960, 8 8 1 ; Baur § 51 III S. 42 3; Palandt-Degenhart § 9 2 9 Anm. 3; Johannsen in BGBR G R K § 9 3 1 Anm. 4), wird auch fiir den Fall der Pfandrechtsbestellung eine Verpfändung nach § 1205 Abs. 1 B G B anzunehmen sein (siehe im übrigen die Erläuterungen zu § 6 Rdn. 35 ff). Nach § 1206 B G B genügt bei der Bestellung des Pfandrechts an Stelle 1 0 der Ubergabe der Sache auch die Einräumung des Mitbesitzes, wenn die Sache unter den Mitverschluß des Pfandgläubigers gestellt wird oder wenn die Sache im Besitze eines Dritten sich befindet und vereinbart ist, daß dieser die Sache als sogenannter Pfandhalter nur an den Verpfänder und den Pfandgläubiger gemeinsam herausgeben darf. Dies ist indessen kein Fall des § 17 (siehe dazu Opitz § 17 Bern. 4). 3. Orderpapiere Das Pfandrecht an einem Orderpapier wird nach § 1292 B G B durch Ei- 1 1 nigung zwischen Gläubiger (Verpfänder) und Pfandgläubiger über das Entstehen des Pfandrechts und Übergabe des indossierten Papiers bestellt. Das Indossament kann sowohl ein (offenes) Pfandindossament gemäß Art. 19 W G , als auch ein Vollindossament (verdecktes Pfandindossament) sein. Die Übergabe des Papiers muß sich wie bei Inhaberpapieren in den pfandrechtlichen Formen der § § 1 2 0 5 , 1 2 0 6 B G B vollziehen ( S t a u d i n g e r - S p r e n g § 1 2 9 2 Anm. 1). Daneben ist die Verpfändung auch nach den allgemeinen Vorschriften über die Verpfändung von Forderungen gemäß § § 1 2 7 4 , 398 B G B , d. h. ohne Indossament, durch Verpfändungsvertrag und Übergabe des Papiers möglich. Eine Anzeige ist nicht erforderlich. Soweit hiernach der Pfandgläubiger den unmittelbaren Besitz erhält, liegt eine Pfandverwahrung nach § 17 vor; erlangt er nur den mittelbaren Besitz, gilt das für Inhaberpapiere Gesagte auch hier (Rdn. 5 , 7 , 9 ) . 4. Sammelbestandanteile Für Sammelbestandanteile an Inhaberpapieren gilt hinsichtlich ihrer Anver- 1 2 trauung als Pfand das gleiche wie für Wertpapiere. Entsprechend dem besonderen Charakter der Sammelverwahrung kann es allerdings hier nicht auf die Erlangung des unmittelbaren Besitzes ankommen, um die Rechtsfolgen des § 17 auszulösen. Andererseits wird die Anvertrauung von Sammelbestandanteilen als Pfand nur relativ selten vorkommen, denn es wird zumeist entweder vor der Verpfändung bereits eine gewöhnliche Verwahrung vorliegen oder es werden dem Kaufmann zunächst Wertpapiere als Pfand anvertraut und die Sammelverwahrung wird erst danach eingeleitet. Die Zulässigkeit der Verpfändung von Sammelbestandanteilen ergibt sich aus § § 7 4 7 Satz 1, 1 0 0 8 , 12 58 B G B , 9 DepotG; es handelt sich bei der Haussammeiverwahrung wie bei der Drittsammelverwahrung um die Bestellung eines Pfandrechts an einem 349

§ 17 13

1. Abschnitt. Verwahrung

Miteigentumsanteil nach Bruchteilen. Ein derartiges Pfandrecht gilt als Pfandrecht an einer Sache, seine rechtsgeschäftliche Bestellung richtet sich daher nach den § § 1205 ff BGB (siehe hierzu Opitz § § 6, 7, 8 Bern. 3 1 - 3 4 , BankArch. 1927/28 195 ff = Sammelband S. 116ff, J W 1928, 2 6 0 3 ; Staudinger-Spreng § 1205 Anm. 5 a; femer die Erläuterungen zu § 6 Rdn.41 ff). Will der Eigentümer der Sammelbestandanteile diese dem verwahrenden Kreditinstitut selbst verpfänden, so geschieht dies nach § 1205 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil das Kreditinstitut bereits im unmittelbaren Besitz (Haussammelverwahrung) oder im mittelbaren Besitz (Drittsammelverwahrung) der Sammelbestandanteile ist. In diesem Fall kommt § 17 nicht zum Zuge, weil bereits ein gewöhnliches Verwahrungsverhältnis vorliegt. An einen Dritten kann der Eigentümer seinen Sammelbestandanteil nach § 1205 Abs. 2 BGB verpfänden durch Einigung und Übertragung seines mittelbaren Mitbesitzes, in der Form der Abtretung des ihm gegen das verwahrende Kreditinstitut zustehenden Herausgabeanspruchs ( § § 870, 871 BGB, 7, 8 DepotG) unter Anzeige an das Kreditinstitut. Eine Anzeige an die Wertpapiersammelbank ist nicht erforderlich. Aus den gleichen Gründen wie für den Fall einer Verpfändung von Wertpapieren nach § 1205 Abs. 2 BGB kann hierin eine „Anvertrauung als Pfand" an den Pfandgläubiger im Sinne von § 17 nicht gesehen werden (siehe Rdn. 8). Die Verpfändung kann aber auch in der Weise vorgenommen werden, daß die Depotbank auf Anweisung des Verpfänders mit dem Pfandgläubiger ein neues Besitzmittlungsverhältnis an Stelle des bisherigen Besitzmittlungsverhältnisses durch Umbuchung begründet. Es handelt sich um den gleichen Fall, der für Wertpapiere unter Rdn. 9 erörtert wurde. Aus denselben Erwägungen wie dort, wird man auch hier eine „Anvertrauung der Sammelbestandanteile" als Pfand im Sinne von § 17 anzunehmen haben. Eine Verpfändung von Sammelbestandanteilen nach § 1206 BGB ist gleichfalls möglich, jedoch fällt dieser Vorgang nicht unter § 17. 13 Soll im Falle einer Drittsammelverwahrung die Wertpapiersammelbank eingeschaltet werden und bei dieser ein Wechsel in der Besitzmittlung stattfinden, so besteht für die Verpfändung Formularzwang. Die zur Verpfändung notwendige Besitzübertragung vollzieht sich auch in diesem Fall in der Weise, daß die Wertpapiersammelbank auf Anweisung des verpfändenden Kontoinhabers mit dem Pfandgläubiger oder dem für den Pfandgläubiger handelnden Kontoinhaber an Stelle des bisherigen Besitzmittlungsverhältnisses durch Umbuchung auf ein „Pfandkonto" ein neues Besitzmittlungsverhältnis begründet (Verpfändung nach § 1205 Abs. 1 BGB, siehe dazu Rdn. 9). Dieser Vorgang wird durch die Verwendung des sog. grünen Wertpapierschecks gemäß § 30 GB KV (abgedr. im Anh. VII) formularmäßig geregelt und kenntlich gemacht. Dies ist eine Anvertrauung der Sammelbestandanteile als Pfand im Sinne von § 17, und zwar einerlei, ob der Kontoinhaber, zu dessen Gunsten die Wertpapiersammelbank die Umbuchung auf Pfandkonto vornimmt, selbst der Pfandgläubiger ist oder diesem nur seinerseits den Besitz vermittelt. An Stelle 350

Pfandverwahrung

§ 17

14-17

des grünen Wertpapierschecks kann für die Verpfändung auch ein roter Wertpapierscheck gemäß § 28 G B K V verwendet werden ( O p i t z § § 6, 7, 8 Bern. 33). Für eine Verpfändung von Sammelbestandanteilen an Orderpapieren gelten 1 4 die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Eine Verpfändung kann sowohl nach § § 1 2 9 2 , 1 2 0 5 Abs. 2 B G B durch Übertragung des mittelbaren Besitzes wie nach § 1 2 9 2 , 1 2 0 5 Abs. 1 B G B im W e g e des anweisungsgemäßen Wechsels des Besitzmittlungsverhältnisses vorgenommen werden ( S t a u d i n g e r Spreng § 1205 Anm. 5 a, § 1 2 9 2 Anm. 7; Opitz § § 6, 7, 8 Bern. 32; Kregel in B G B - R G R K § 1 2 9 2 Anm. 8; siehe auch Erläuterungen zu § 6 Rdn. 47). IV. Unverschlossen Die Wertpapiere müssen dem Kaufmann „unverschlossen" als Pfand an- 1 5 vertraut sein. Das Tatbestandsmerkmal „unverschlossen" ist hier das gleiche wie in § 1, so daß auf die Erläuterungen zu dieser Vorschrift verwiesen werden kann ( § 1 Rdn. 6 0 ) . Die Verpfändung von Wertpapieren in einem Tresorfach durch Einigung und Einräumung des Mitbesitzes in der Weise, d a ß Verpfänder und Pfandgläubiger den Schlüssel zu je einem der beiden verschiedenen Schlösser des Schrankfachs haben, keiner also ohne Mitwirkung des anderen das Fach öffnen kann ( § 1 2 0 6 B G B ) , erfüllt nicht den Tatbestand des § 17 (.Quassou/ski-Schröder § 17 Anm. Β 4). Das gleiche gilt, wenn sonst nach § 1 2 0 6 B G B , beispielsweise durch gemeinsame Obhut an anderer Stelle oder bei einem Pfandhalter, Wertpapiere an einen Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes verpfändet werden {Opitz § 17 Bern. 4). V . Im Betriebe eines Handelsgewerbes Im Betriebe seines Handelsgewerbes müssen dem Kaufmann die Wert- 1 6 papiere als Pfand anvertraut worden sein. Die Annahme von Wertpapieren als Pfand außerhalb seines Handelsgeschäftes macht den Kaufmann nicht zum Verwahrer im Sinne von § 17. Auch dieses Tatbestandsmerkmal entspricht dem des § 1, auf die Erläuterungen zu § 1 (Rdn. 6 1 ) wird daher verwiesen. C. Pflichten und Befugnisse des Pfandgläubigers als Verwahrer I. Rechtsstellung des Pfandverwahrers Die Pflichten und Befugnisse des Pfandgläubigers ergeben sich im Fall des 1 7 § 1 7 genau wie in dem des § 1 2 1 5 B G B aus dem Gesetz. Besonderer vertraglicher Vereinbarungen bedarf es nicht, obwohl § 17 derartige Vereinbarungen keineswegs ausschließt. Die Tatsache der Anvertrauung der Wertpapiere als Pfand läßt für die Pfandgläubiger Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers entstehen. Es gelangen nicht nur die Vorschriften dieses Gesetzes, sondern darüber hinaus die einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen

351

§ 1 7

1. Abschnitt. Verwahrung

18-20

Gesetzbuchs ( § § 6 8 8 ff) und des Handelsgesetzbuches zur A n w e n d u n g (siehe hierzu die Erläuterungen zu § 2 Rdn. 2 0 f f ) . Diese Vorschriften können indessen nur insoweit ihre W i r k u n g entfalten, als sie nicht mit W e s e n und Zweck der P f a n d v e r w a h r u n g in W i d e r s p r u c h stehen. 18 Nach § 6 8 9 B G B gilt eine Vergütung für die Aufbewahrung als stillschweigend vereinbart, wenn die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen eine V e r g ü t u n g zu erwarten ist. D a die P f a n d v e r w a h r u n g — im Gegensatz zur gewöhnlichen V e r w a h r u n g — den Interessen des Verpfänders und denen des Pfandgläubigers in gleicher W e i s e dient, w i r d man nicht annehmen können, d a ß „die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen eine V e r g ü t u n g zu erwarten ist". Aus den gleichen Erwägungen kann man auch § 3 5 4 H G B nicht zur B e g r ü n d u n g einer Gebührenforderung heranziehen; es bedarf dazu vielmehr einer besonderen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Verpfänder und dem Pfandverwahrer ( Q u a s s o m k i - S c h r ö d e r § 17 Anm. C 1). Dabei sei aber betont, d a ß dies nur für den besonderen Fall der Pfandverw a h r u n g gilt, nicht dagegen wenn, wie es regelmäßig der Fall ist, der Verpfändung eine gewöhnliche V e r w a h r u n g vorausgeht. 19 Für die Haftung des Pfandverwahrers gelten die zu § 2 ( R d n . 2 0 — 2 4 ) dargelegten Grundsätze mit der A b w a n d l u n g , d a ß die Vorschrift des § 6 9 0 B G B , wonach der unentgeltliche V e r w a h r e r nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, für den Pfandverwahrer nicht gilt. Die Regelung des § 6 9 0 B G B beruht darauf, d a ß der unentgeltliche V e r w a h r e r ausschließlich im Interesse des Hinterlegers tätig w i r d , w ä h r e n d der Pfandverwahrer auch eigene Interessen wahrnimmt (Quas-

iowski-Schröder 20

§ 17 Anm. C 2).

Uber die Form, in der die Pfandverwahrung durchzuführen ist, enthält das Gesetz keine besonderen Vorschriften. Es ist davon auszugehen, d a ß der Pfandverwahrer die W e r t p a p i e r e in der Verwahrungsart (Sonderverwahrung, S a m m e l v e r w a h r u n g ) zu halten hat, die der der Pfandbestellung entspricht, es sei denn, d a ß der Verpfänder mit einer anderen Verwahrungsart einverstanden ist und sein Einverständnis dazu in der depotrechtlich vorgeschriebenen Form erteilt hat. In effektiven Stücken dem Pfandverwahrer anvertraute W e r t p a p i e r e sind danach grundsätzlich in Sonderverwahrung g e m ä ß § 2 zu halten. Sind dem Pfandverwahrer Sammelbestandanteile verpfändet, so hat er es bei der Sammelverwahrung zu belassen ( O p i t z § 17 Bern. 5). Der Pfandgläubiger ist immer berechtigt, die P f a n d v e r w a h r u n g auf Grund seines Pfandrechts, insbesondere seines Rechtes zur Pfandverwertung zu unterbrechen oder zu beendigen. Hingewiesen sei hier insbesondere auf die Vorschriften der § § 1 2 9 4 , 1 2 9 5 , 1 2 2 8 ff B G B , 3 6 8 H G B und die einschlägigen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (Ziff. 2 0 , 2 1 A G B der Banken, Ziff. 2 0 A G B der Sparkassen, Ziff. 2 0 , 2 1 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Erstreckt sich das Pfandrecht g e m ä ß § 1 2 9 6 B G B auf zu den verpfändeten Wertpapieren gehörende Zins-, Renten352

Pfandverwahrung

§ 17 21,22

oder Gewinnanteilscheine, so ist der Pfandgläubiger den Schuldnern gegenüber nach § 1294 BGB zur Einziehung befugt, dem Verpfänder gegenüber ist er jedoch mangels abweichender Vereinbarung verpflichtet, die vor Pfandreife (§ 1228 Abs. 2 BGB) fallig werdenden Scheine herauszugeben. In der Bankpraxis ist dieser Herausgabeanspruch jedoch nicht von großer Bedeutung, weil in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute bestimmt wird, daß der Verpfänder nicht berechtigt ist, die Herausgabe von Zinsund Gewinnanteilscheinen der als Pfand haftenden Wertpapiere zu verlangen, und daß das Kreditinstitut diese Scheine auch vor Fälligkeit seiner Forderung verwerten und den Erlös als Sicherheit behandeln darf (Ziff. 2 1 Abs. 1 AGB der Banken, Ziff. 20 Abs. 3 AGB der Sparkassen, Ziff. 21 Abs. 1 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Das Stimmrecht aus verpfändeten Aktien steht mangels besonderer Vereinbarung nicht dem Pfandgläubiger, sondern dem Eigentümer zu, ebenso das Bezugsrecht (§ 186 AktG) im Falle von Kapitalerhöhungen bei Aktiengesellschaften (Staudinger-Spreng § 1293 Anm. 3 und 3 a). Dagegen erstreckt sich bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff AktG) das Pfandrecht an den alten Aktien auch auf die neuen Anteilsrechte (Staudinger-Spreng § 129 3 Anm. 3 b). Die Drittverwahrung ist bei der Pfandverwahrung zulässig, ohne daß es 2 1 einer Ermächtigung des Verpfänders bedarf (§ 3). Die Regelung des § 4 gilt ohne jede Einschränkung. Auch die Buchfüihrungspflicht richtet sich in vollem Umfang nach § 14; daß die Wertpapiere verpfändet sind, braucht im Verwahrungsbuch nicht eingetragen zu werden (Opitz § 17 Bern. 5); aus Sicherheitsgründen kann jedoch im Einzelfall die Anbringung eines Sperrvermerks ratsam sein. Von Bedeutung für die Pfandverwahrung sind ferner die die Verwahrung von Wertpapieren betreffenden Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (siehe § 2 Rdn. 19). II. Anwendbarkeit der §§ 5, 10, 12, 13 und 15 Der Pfandverwahrer ist zur Einleitung der Sammelverwahrung über die 2 2 ihm als Pfand anvertrauten Wertpapiere befugt, wenn ihm eine den Vorschriften des § 5 entsprechende Ermächtigung vorliegt. Das Pfandrecht an den Wertpapieren besteht dann an dem an ihre Stelle getretenen Sammelbestandanteil fort (§ 949 BGB). Auch eine Tauschverwahrung (§§ 10, 11 ) ist bei der Pfandverwahrung begrifflich möglich und zulässig, sofern dem Pfandverwahrer eine Ermächtigung nach § 10 erteilt worden ist. Mit der Ausübung der Tauschermächtigung durch den Pfandverwahrer erlischt das Pfandrecht an den zur Pfandverwahrung eingelieferten Wertpapieren, der Pfandgläubiger erwirbt dafür an den Ersatzstücken ein Pfandrecht (Quassowski-Schröder § 17 Anm. C 7). Zur Weiterverpfandung der ihm als Pfand anvertrauten Wertpapiere ist der Pfandgläubiger nur unter den Voraussetzungen und im Rahmen des § 12 befugt. Verfügungen über das Eigentum darf der Pfandverwahrer nur vornehmen, wenn er dazu in der Form des § 1 3 ermächtigt worden ist. 353

§ 17 23

1. Abschnitt. Verwahrung

Die Vereinbarung einer unregelmäßigen Verwahrung nach § 1 5 wird man bei der Pfandverwahrung ebenfalls für zulässig halten dürfen (Opitz § 17 Bern. 5 m. w. N.; Staudinger-Spreng § 1204 Anm. 23b; Kregel in BGB-RGRK§ 1205 Anm. 17; Ratz in RGR Komm. ζ. Η GB Anh. II zu § 424 Anm. 131; a. A. Quassowski-Schröder § 17 C 11 unter Hinweis auf § 1256 BGB; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 424 Anm. 58. Es handelt sich hier um einen theoretischen Meinungsstreit, in der Praxis sind mit Vereinbarungen nach § 1 5 gekoppelte Pfandverwahrungen nicht bekannt.). 23

III. Rückgabe der Wertpapiere Die Verpflichtung des Pfandverwahrers zur Rückgabe der Wertpapiere bestimmt sich nicht nach den Grundsätzen des Verwahrungsvertrages ( § 6 9 5 BGB), sondern nach denen des Pfandrechts. Nach § 1223 Abs. 1 BGB ist der Pfandgläubiger verpflichtet, das Pfand nach dem Erlöschen des Pfandrechts zurückzugeben. Das Pfandrecht erlischt in erster Linie mit der Forderung, für die es bestellt ist (§ 1252 BGB). Weitere Erlöschungsgründe sind: Übertragung der Forderung ohne das Pfand (§ 1250 BGB), Rückgabe des Pfandes an den Verpfänder oder den Eigentümer (§§ 125 3, 1254 BGB), Verzicht auf das Pfandrecht durch Erklärung des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder oder dem Eigentümer (§ 125 5 BGB) und die in diesem Zusammenhang nicht interessierende Vereinigung mit dem Eigentum (§ 1256 BGB). Nach § 1223 Abs. 2 BGB kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen, sobald der Schuldner der Forderung, zu deren Sicherung das Pfandrecht dient, zur Leistung berechtigt ist. Verpfänder und Eigentümer können ferner die Rückgabe der verpfändeten Wertpapiere verlangen, wenn dem Pfandrecht eine Einrede entgegensteht, durch welche die Geltendmachung des Pfandrechts dauernd ausgeschlossen wird (§ 1254 BGB). Hinsichtlich der Rückgabe von Wertpapieren, die einem Kreditinstitut verpfändet sind (Pfandfreigabe), ist zu beachten, daß nach der Pfandklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute alle von einem Kunden eingelieferten Wertpapiere für sämtliche Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Kunden als Pfand haften (Ziff. 19 Abs. 2 AGB der Banken, Ziff. 19 Abs. 1 AGB der Sparkassen, Ziff. 19 Abs. 2 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute; wegen der Pfandfreigabe siehe im übrigen auch die Erläuterungen zu § 12 Rdn. 22). Mit Recht weist Opitz ( § 1 7 Bern. 6) in diesem Zusammenhang daraufhin, daß dem Kunden regelmäßig das Recht zugebilligt werden muß, ein bestimmtes Wertpapier gegen Bezahlung des vollen Gegenwertes nach dem Tageskurs aus der Pfandhaftung auszulösen.

354

§ 18

Stückeverzeichnis

§ 18 Stückeverzeichnis (1) Führt ein Kommissionär (§§ 383, 406 des Handelsgesetzbuchs) einen Auftrag zum Einkauf von Wertpapieren aus, so hat er dem Kommittenten unverzüglich, spätestens binnen einer Woche ein Verzeichnis der gekauften Stücke zu übersenden. In dem Stückeverzeichnis sind die Wertpapiere nach Gattung, Nennbetrag, Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmalen zu bezeichnen. (2) Die Frist zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses beginnt, falls der Kommissionär bei der Anzeige über die Ausführung des Auftrags einen Dritten als Verkäufer namhaft gemacht hat, mit dem Erwerb der Stücke, andernfalls beginnt sie mit dem Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär nach der Erstattung der Ausfuhrungsanzeige die Stücke bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang ohne schuldhafte Verzögerung beziehen oder das Stückeverzeichnis von einer zur Verwahrung der Stücke bestimmten dritten Stelle erhalten konnte. (3) Mit der Absendung des Stückeverzeichnisses geht das Eigentum an den darin bezeichneten Wertpapieren, soweit der Kommissionär über sie zu verfügen berechtigt ist, auf den Kommittenten über, wenn es nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf ihn übergegangen ist. Ubersicht Rdn. A. Allgemeines

1

B . Pflicht zur Übersendung des Stückeverzeichnisses I. Kommissionär 5 II. Ausführung eines Auftrags zum Einkauf von Wertpapieren 1. Wertpapiere 7 2. Auftrag 8 3. Ausführung des Auftrags . . . . 14 4. Ausführungsanzeige 19 I I I . Übersendung des Stückeverzeichnisses 1. Form und Inhalt des Stückeverzeichnisses 21 2. Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses 25 a) Frist b) Beginn der Frist aa) Kommissionär hat Dritten namhaft gemacht

25 27

29

Rdn. bb) Kommissionär hat Dritten nicht namhaft gemacht

31

C . Übergang des Eigentums I. Eigentumsübergang auf Grund der Absendung des Stückeverzeichnisses 1. Erfüllung eines Kommissionsoder Eigenhandelsgeschäfts . 2. Verfügungsbefugnis des Kommissionärs 3. Im Stückeverzeichnis bezeichnete Wertpapiere 4. Absendung des Stückeverzeichnisses II. Eigentumsübergang auf Grund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts 1. Formen des Eigentumsübergangs vom Kommissionär auf den Kommittenten

34

35 36 37 38 39

42

43

355

§ 18 1

2. Abschnitt. Einkaufskommission Rdn.

Rdn.

III. Gutgläubiger Eigentumserwerb . 54 44 b) Einigung und Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses ( § § 9 2 9 , 930 BGB) 45 c) Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs ( § § 9 2 9 , 9 3 1 B G B ) . . . . 4466 2. Eigentumsübergang ohne Zwischenerwerb des Kommissionars 47

1

D. Verbuchung

56

E. Rechte des Kommittenten bei Nichtübersendung des Stückeverzeichnisses . 57 F. Schuldbuchforderungen

58

G. Unabdingbarkeit

60

H . Selbsteintritt und Eigenhandel

62

I. Steuerrechtliche Vorschriften

63

A. Allgemeines Der zweite Abschnitt ( § § 18—31) enthält die Vorschriften über die Einkaufskommission, die die Regelung des Kommissionsgeschäfts im H GB ( § § 383—406) ergänzen und teilweise modifizieren. Darüber hinaus sehen sie in § 18 und § 24 zwei dem bürgerlichen Recht fremde Möglichkeiten der Übertragung des Eigentums oder Miteigentums an Wertpapieren vor: durch Absendung eines Stückeverzeichnisses oder durch Girosammelgutschrift. Entsprechend der Grundtendenz dieses Gesetzes, das die Sonderverwahrung als typische Verwahrungsart und die Sammelverwahrung als Ausnahmefall ansieht (vgl. § 2 Rdn. 1), befassen sich die meisten Vorschriften des zweiten Abschnitts mit der Ubersendung sowie den Voraussetzungen und Folgen der NichtÜbersendung des Stückeverzeichnisses. Die Verschaffung von Miteigentum an einem Sammelbestand durch Girosammelgutschrift ist nach dem Aufbau dieses Gesetzes nur eine Möglichkeit, sich von der Verpflichtung zur Ubersendung eines Stückeverzeichnisses zu befreien. Abgesehen von diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis steht die Praxis des Effektengeschäfts noch in einem anderen Punkt mit dem Aufbau des Gesetzes nicht in Einklang: § 18 bezieht sich auf den handelsrechtlichen Grundfall der Kommission, die Geschäftsbesorgungskommission. Nach Ziff. 29 AGB der Banken, Ziff. 37 a AGB der Girozentralen, Ziff. 29 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute werden aber Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, die an der Börse des Ausführungsplatzes zum amtlichen Handel zugelassen sind, grundsätzlich als Kommission durch Selbsteintritt ausgeführt. Als Alternative steht hierzu nach den AGB praktisch nur der Eigenhandel, während die echte Geschäftsbesorgungskommission, von der § 18 ausgeht, weitgehend bedeutungslos ist (vgl. auch Scbönle S. 208). Die Diskrepanz zwischen dem Aufbau des Gesetzes und der Praxis des Effektengeschäfts kann jedoch hingenommen werden, da § 31 die Vorschriften der § § 18—30 auf die Kommission mit Selbsteintritt und den Eigenhandel für entsprechend anwendbar erklärt. Im Einzelfall ist indes zu prüfen, ob und inwieweit die entsprechende Anwen356

Stückeverceichnis

§ 18

2—4

dung zu einer Modifizierung der für die Geschäftsbesorgungskommission geltenden Regelung führt (siehe dazu die Erläuterungen zu § 31). Das Gesetz trifft Sondervorschriften nur für die Anschaffung von Wertpa- 2 pieren (Einkaufskommission, Eigenhandel), nicht aber für die Veräußerung von Wertpapieren (Verkaufskommission). Dies steht mit dem Zweck des Depotgesetzes in Einklang, das den Kunden bei der Verschaffung des Eigentums beim Kauf und bei der Erhaltung des Eigentums im Falle der Verwahrung von Wertpapieren besonders schützen soll. Unter dem Gesichtspunkt des Kundenschutzes würde bei einem Wertpapierverkauf nur die Gutschrift des Erlöses interessieren. Soweit ein Kreditinstitut für einen Kunden bei Ausführung eines Auftrages über die Anschaffung von Wertpapieren als offener Stellvertreter tätig wird, gelten die § § 18 — 31 nicht. Das Kreditinstitut muß den Kaufauftrag im eigenen Namen ausführen. Offene Stellvertretung dürfte aber ein Ausnahmefall sein. Zur Weitergabe von Aufträgen an dritte Kreditinstitute siehe § 30 Rdn. 1, 7 ff. Nach § 9 Abs. î K A G G ist das DepotG auf das Rechtsverhältnis zwischen einer Kapitalanlagegesellschaft und den Anteilinhabern nicht anzuwenden. Erwirbt eine Kapitalanlagegesellschaft Wertpapiere für einen Fonds, sind im Verhältnis Kapitalanlagegesellschaft zum Kommissionär, der den Kaufauftrag ausführt, die § § 18 ff jedoch anwendbar (vgl. Steder in Investment-Handbuch 4 2 5 § 9 Rz. 15). Rechtliche Grundlagen für die Einkaufskommission in Wertpapieren sind 3 die § § 3 8 3 - 4 0 6 H GB i. V . m. § § 6 7 5 , 6 1 1 ff B G B , § § 1 8 - 3 1 DepotG sowie die A G B der Kreditinstitute (Ziff. 2 9 ff A G B der Banken, Ziff. 3 4 f f A G B der Sparkassen und Girozentralen, Ziff. 2 9 ff A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute), gegebenenfalls in Verbindung mit den Geschäftsbedingungen und Usancen der Wertpapierbörsen oder den Usancen der Ständigen Kommission für Angelegenheiten des Handels in amtlich nicht notierten W e r ten. § 18 ist nicht Ausgangsvorschrift des Effektenkommissionsvertrages, sondern modifiziert nur die insoweit maßgebenden Vorschriften des H G B und B G B . Zum Schutz des Kunden soll § 18 eine möglichst schnelle Verschaffung des Eigentums an den gekauften Wertpapieren gewährleisten (amtl. Begr.). Hat der Eigentumsübergang auf den Kunden (Kommittenten, Käufer) nicht bereits nach bürgerlichem Recht ( § § 9 2 9 — 9 3 1 B G B ) stattgefunden, tritt er spätestens mit Absendung des Stückeverzeichnisses (§ 18 Abs. 3) oder durch Girosammelgutschrift ( § 2 4 Abs. 2) ein. Die Frist für die Verschaffung des Eigentums ist in § 18 Abs. 1 und 2 festgelegt. Ungeregelt blieb angesichts der Vielgestaltigkeit der tatsächlichen Verhältnisse die umstrittene Frage, ob der Kommissionär bei Durchführung des Kommissionsauftrages Zwischeneigentum (Durchgangseigentum) an den angeschafften Wertpapieren erlangt oder ob der Kunde direkt vom Veräußerer der Wertpapiere Eigentum erwirbt (dazu Rdn. 4 7 ff). Die § § 18 ff begründen für den Kommissionär keine generelle Vorleistungs- 4 pflicht, sondern belassen es grundsätzlich bei den allgemeinen Regeln der 357

§ 18 5

2. Abschnitt. Einkaufskommission

§ § 320ff BGB. Will der Kommissionär allerdings auf ein Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht zurückgreifen, muß er dies durch Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses tun; vgl. § 19 Rdn. 17. Entsprechendes gilt im Rahmen des § 25 für Rechte des Kommittenten wegen Verzug oder Unmöglichkeit; vgl. § 2 5 Rdn. 18 ff. Auch steht es den Parteien frei, den Zeitpunkt der Ausführung der Kommission zu bestimmen. § 28 steht dem nicht entgegen, da die unabdingbaren Pflichten des Kommissionärs aus § 18 erst mit der Ausführung einsetzen. Zwar schreibt Ziff. 8 Abs. 2 RichtlHinw vor, daß die Kreditinstitute zum unverzüglichen Abschluß von Dekkungsgeschäften verpflichtet sind, wenn sie die Wertpapiere nicht aus eigenen Beständen zur Verfügung stellen. Dies kann jedoch nur für den Regelfall gelten, in dem die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung über den Zeitpunkt der Ausführung getroffen haben; siehe auch Rdn. 28. Zur Rechtsnatur des Kommissionsvertrages im einzelnen siehe Schlegelberger-Hefermehl § 383 Anm. 32 ff; Ratz in RGR Komm. z. HGB § 383 Anm. 18 ff; Schmidt-Rimpler S. 4 9 6 ff; Schönle S. 215 ff. B. Pflicht zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses 5

I. Kommissionär Zur Übersendung eines Stückeverzeichnisses ist ein Kommissionär verpflichtet, der einen Auftrag zum Einkauf von Wertpapieren ausführt ( § 1 8 Abs. 1). Für den Begriff des Kommissionärs verweist § 18 Abs. 1 auf die § § 383, 4 0 6 HGB. Nach § 383 H G B ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Ihm steht nach § 4 0 6 Abs. 1 H G B ein Kommissionär gleich, der im Betriebe seines Handelsgewerbes ein Geschäft anderer als der in § 383 HGB bezeichneten Art für Rechnung eines anderen im eigenen Namen zu schließen übernimmt; ferner ein Kaufmann, der nicht Kommissionär ist, es aber übernimmt, im Betriebe seines Handelsgewerbes ein Geschäft in der in § 383 HGB bezeichneten Weise zu schließen (Gelegenheitskommission). § 18 stellt somit darauf ab, daß sich ein Kaufmann (auch Minderkaufmann) im Betriebe seines Handelsgewerbes zur Anschaffung von Wertpapieren im eigenen Namen für Rechnung eines anderen verpflichtet. Die Verwendung des Wortes Einkauf ist nicht im rechtstechnischen Sinne von Kauf zu verstehen, sondern allgemein als Anschaffung von Wertpapieren für einen anderen ( R G Z 104, 119; Opitz § 18 Bern. 3). Unter Anschaffung fällt jeder abgeleitete entgeltliche Erwerb zu Eigentum mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden ( R G Z 31, 18) unter Einschluß des auf solchen Erwerb gerichteten schuldrechtlichen Vertrages. Es kann daher ζ. B. offen gelassen werden, welcher Rechtsnatur die Zeichnung von Schuldverschreibungen oder Aktien ist. Erhält ein Kreditinstitut einen Auftrag zur Zeichnung neu emittierter Wertpapiere und führt es ihn aus, so ist es zur Ubersendung eines Stückeverzeich358

Stückeverzeichnis

§ 18

6-8

nisses verpflichtet ( R G Z 104, 119). Es ist dabei unerheblich, ob die Wertpapiere unter Einschaltung eines Emissionskonsortiums piaziert werden und ob das mit der Zeichnung beauftragte Kreditinstitut diesem Konsortium angehört. Zur rechtlichen Beurteilung der Zeichnung von Wertpapieren siehe ζ. B. Ratz in RGR Komm. z. H G B § 4 0 6 Anm. 1; Lutter in Kölner Komm. z. AktG § 185 Anm. 5 ff m.w.N. Auch der Investmentanteil-Erstverkauf wird von § § 1 8 , 3 1 erfaßt. Zur steuerlichen Behandlung vgl. Rdn. 63 ff. Optionsgeschäfte werden nur insoweit von den § § 18—31 betroffen, 6 als bei Ausübung einer Kauf-Option durch einen Kunden diesem von dem Kreditinstitut als Stillhalter Wertpapiere zu liefern sind. Bei Erfüllung dieser Lieferungsverpflichtung sind die § § 18—30 entsprechend anzuwenden, da nach Ziff. 2 der Sonderbedingungen für Optionsgeschäfte im Börsenterminhandel der Kreditinstitute die Banken bei Optionsgeschäften stets als Eigenhändler auftreten. Diese Bestimmung bezieht sich zwar zunächst nur auf den Kauf oder Verkauf der Option selbst, doch kann für die Erfüllung des Geschäfts bei Ausübung der Option nichts anderes gelten (vgl. auch Leitfaden für das börsenmäßige Optionsgeschäft W M 1970 Sonderbeilage Nr. 1 sowie Rodrian in Handbuch Wertpapier und Börse 493 Vorbem. der Erl.). Die Erfüllung hat bei Ausübung der Option nach den bei Kassageschäften geltenden Bedingungen zu erfolgen (§ 9 der Besonderen Bedingungen für Optionsgeschäfte der deutschen Wertpapierbörsen). Kauf oder Verkauf der Option selbst unterliegen nicht diesem Gesetz, da eine Option kein Wertpapier im Sinne von § 1 Abs. 1 ist, sondern lediglich einen buchungsmäßig festgehaltenen schuldrechtlichen Anspruch auf Lieferung oder Abnahme von Wertpapieren darstellt (vgl. § 1 Rdn. 41; Kümpel DB 197 3, 7 5 5). Zu Optionsanleihen und Optionsscheinen siehe § 1 Rdn. 14. II. Ausführung eines Auftrags zum Einkauf von Wertpapieren 1. Wertpapiere Gegenstand der Einkaufskommission muß die Anschaffung von Wert- 7 papieren sein. Hierzu gehören alle in § 1 Abs. 1 genannten Wertpapiere: Aktien, Kuxe, Zwischenscheine, Reichsbankanteilscheine, Zins-, Gewinnanteilund Erneuerungsscheine, auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Schuldverschreibungen sowie andere vertretbare Wertpapiere (vgl. § 1 Rdn. 3 ff). Für Schuldbuchforderungen enthält § 6 der Verordnung für die Verwaltung und Anschaffung von Reichsschuldbuchforderungen vom 5. Januar 1940 (RGBl. I 30; „Sammelverwaltungsverordnung") eine Sonderregelung, die derjenigen in § 24 nachgebildet ist (siehe dazu Rdn. 58 f). 2. Auftrag Gegenstand des Auftrags ist die Verschaffung des Eigentums an den Wert- 8 papieren. Aufträge, die lediglich auf Verschaffung von Lieferungsansprüchen 359

§ 18 9

2. Abschnitt. Einkaufskommission

gehen („Stückekontoansprüche"), kommen in der Praxis heute nicht mehr vor. Zum Auslandsgeschäft siehe § 22 Rdn. 3 ff. Auch soweit es sich um „Stücke per Erscheinen" handelt, ist dem Kommittenten nach Eingang der Stücke beim Kommissionär das Eigentum durch Ubersendung eines Stückeverzeichnisses zu verschaffen (vgl. Ziff. 9 Abs. 2 RichtlHinw). Lediglich bis zu diesem Zeitpunkt steht dem Kommittenten nur ein schuldrechtlicher Lieferungsanspruch zu (zur Verbuchung siehe Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw ,,Stücke per Erscheinen"). Gleiches gilt bei Lieferungsansprüchen aus Jungscheinkonten. Zu beachten ist, daß ein Kommittent nur dann wirksam auf die Verschaffung des Eigentums und damit auf die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses verzichten kann, wenn er gewerbsmäßig Bank- und Sparkassengeschäfte betreibt. In anderen Fällen sind entgegenstehende Vereinbarungen unwirksam (§ 28). Der Kommissionär müßte gleichwohl Eigentum verschaffen und ein Stückeverzeichnis übersenden (Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β II 1). Aber auch Kreditinstitute machen von ihrer Verzichtsmöglichkeit heute keinen Gebrauch mehr. Dies zeigen auch die Geschäftsbedingungen für den Wertpapierverkehr mit inländischen Bankierkunden (vgl. Schütz, BFB, S. 50 ff), die in Ziff. 7 für das Inlandsgeschäft die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses zum Regelfall machen (zur Geltung dieser Geschäftsbedingungen siehe § 4 Rdn. 3). § 18 findet auch Anwendung, soweit nur ein dem eigentlichen Kommissionsgeschäft ähnliches Geschäft für Rechnung des Kunden ausgeführt wird (§ 4 0 6 Abs. 1 Fall 1 H G B ) , ζ. B. die Zeichnung von Anleihen oder Aktien (vgl. Rdn. 5). 9

Die Verschaffung von Miteigentum an Sammelbestandanteilen sieht § 2 4 zwar nur als Möglichkeit vor, sich von der Pflicht zur Übersendung eines Stückeverzeichnisses zu befreien. Der Auftrag eines Kommittenten kann jedoch auch von vornherein auf Übereignung von Sammelbestandanteilen gerichtet sein. So kann ζ. B. der Kommissionär beim Kauf einer Anleihe, die nur in einer Sammelurkunde verbrieft ist (§ 9a Abs. 3), überhaupt nur eine Girosammelgutschrift erteilen. Ein solcher Auftrag kann auch vorliegen, wenn der Kunde bei Auftragserteilung als gewünschte Verwahrart Girosammeiverwahrung angibt. Die Kaufauftragsformulare der Kreditinstitute enthalten üblicherweise Angaben darüber, ob die Wertpapiere in Streifband- oder Girosammeiverwahrung zu nehmen sind, ob eine Gutschrift in Wertpapierrechnung zu erteilen ist oder ob sie auszuliefern sind. Diese Angaben sind allerdings depotrechtlich nicht vorgeschrieben. Ihnen wird daher mit Ausnahme der Auslieferung in der Praxis auch wenig Bedeutung beigemessen (vgl. auch § 2 4 Rdn. 7). Selbstverständlich werden an der Börse nicht Girosammelanteile gehandelt, sondern Wertpapiere in Stückzahl oder Nominalbeträgen. Maßgebend hier ist jedoch, ob dem Kunden Allein eigen tum an bestimmten Stücken oder Miteigentum an einem Sammelbestand verschafft werden soll. Wünscht der Kunde daher Girosammelgutschrift, so liegt ein Auftrag zur Verschaffung des Miteigentums an einem Girosammelbestand von Wertpapieren vor. Eine entsprechende Verpflichtung des Kommissionärs läßt sich trotz § 28 gegenüber jedem Kom360

Stückeverzeichnis

S 1 8 10, 11

mitteilten begründen. Zu beachten ist nur, daß die Pflicht zur Absendüng eines Stückeverzeichnisses und damit zur Verschaffung von Alleineigentum an bestimmten Stücken nach § 18 auch durch einen solchen Auftrag nicht entfällt, soweit der Kommittent keine Bankgeschäfte betreibt. Die Pflichten des Kommissionärs aus § 18 sind grundsätzlich unabdingbar. Das Zusammenwirken der § § 18, 24 und 28 führt hier aber zu einem Nebeneinander von Rechten des Kommittenten und Pflichten des Kommissionärs: Depotrechtlich würde der Kommissionär seine Pflichten mit der Absendung eines Stückeverzeichnisses erfüllen; kommissionsrechtlich ist er jedoch zur Verschaffung von Miteigentum an einem Sammelbestand verpflichtet. Die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses ist dabei in diesem Fall noch keine vollständige Erfüllung des Kommissionsvertrages. Erteilt der Kommissionär innerhalb der Fristen des § 18 eine Girosammelgutschrift, hat er beide Pflichten erfüllt, wobei er sich depotrechtlich auf Grund der Gesetzessystematik von der Verpflichtung zur Absendung eines Stückeverzeichnisses befreit hat (vgl. Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 13 3; unklar Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β II 1 a.E.). Siehe hierzu auch § 24 Rdn. 7. Form und Gültigkeit des Auftrags bestimmen sich nach allgemeinen Grund- 1 0 sätzen des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts, die teilweise durch die AGB und die Börsenusancen modifiziert werden. Eine bestimmte Form ist für den Auftrag nicht vorgeschrieben. Er kann mündlich über den Schalter, brieflich, telegrafisch, telefonisch oder fernschriftlich erteilt werden. Nach Ziff. 8 Abs. 1 RichtlHinw sollen die Kreditinstitute Aufträge, die mündlich, telefonisch, telegrafisch oder im Fernschreibverkehr erteilt werden, schriftlich bestätigen lassen oder spätestens am folgenden Tag selbst bestätigen, wenn sie nicht spätestens am folgenden Tage ausgeführt und abgerechnet werden. Hiervon dürfte jedoch bei Aufträgen, die Kreditinstitute erteilen, eine Ausnahme zu machen sein. Mündlich und telefonisch eingehende Aufträge sollen auKerdem von dem annehmenden Sachbearbeiter des Kreditinstituts zum einwandfreien Nachweis schriftlich unter Angabe der Uhrzeit festgehalten werden. Zumindest bei größeren Kreditinstituten dürfte dies bei Verwendung von Formularsätzen schon aus organisatorischen Gründen geboten sein. Auch die Angabe der Uhrzeit ist sinnvoll. Zwar übernehmen die Kreditinstitute keine Gewähr für die Ausführung von Börsenaufträgen noch am Tage des Eingangs (Ziff. 3 1 Abs. 1 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 3 AGB der Sparkassen, Ziff. 3 1 Abs. 1 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Durch Festhalten der Uhrzeit lassen sich aber spätere Auseinandersetzungen mit dem Kunden wegen Nichtausführung eines Auftrags in manchen Fällen von vornherein abwenden. In der Bankpraxis enthält der Auftrag Namen, (Depot-)Konto-Nummer des 1 1 Auftraggebers, die Wertpapiergattung (gegebenenfalls mit Angabe, ob alte oder junge Aktien, oder Jahrgang, Serie, Zinstermin bei festverzinslichen Werten) sowie Stückzahl oder Nominalbetrag. Üblicherweise wird ferner angegeben, ob der Auftrag ,,billigst" beziehungsweise „bestens", zu einem be361

§ 18

12, 13

2. Abschnitt. Einkaufskommission

stimmten Kurs (Eröffnungs-, Einheits-, Schlußkurs, sofern die für den variablen Handel erforderliche Stückzahl erreicht ist) oder bis zu einem bestimmten Limit ausgeführt werden soll und wie lange ein solcher Auftrag gültig ist. Aufträge ohne jede Kursangabe gelten nach den Börsenusancen als billigst beziehungsweise bestens erteilt (vgl. § 2 Abs. 2 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse). Eine solche Börsenusance schlägt auf das Verhältnis zum Kunden durch (Ziff. 30 Abs. 2 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 1 AGB der Sparkassen, Ziff. 30 Abs. 2 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Es ist zweckmäßig, auf dem Auftrag auch die Form der späteren Verwahrung (Stücke-Disposition) zu vermerken. Dies kann durch vorgedruckte Abkürzungen wie „StR/GS/WR/Auslieferung" geschehen. Soweit ζ. B. die Angabe „GS" vom Kunden herrührt, ist das Kreditinstitut auch verpflichtet, dem Kunden eine Girosammelgutschrift zu erteilen (siehe dazu Rdn. 9). Muster von Kaufaufträgen siehe bei Schätz, BFB, S. 247 ff. 12 Die zeitliche Gültigkeit des Auftrags ist in Ziff. 3 1 Abs. 1 AGB der Banken, Ziff. 35 AGB der Sparkassen und Ziff. 3Ί Abs. 1 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute geregelt. Danach werden briefliche (bei Sparkassen auch fernschriftliche) Aufträge ohne zeitliche Beschränkung als bis auf Widerruf, längstens bis zum Monatsschluß (dem letzten Börsentag des betreffenden Monats), telegrafische, telefonische und (bei Banken und genossenschaftlichen Kreditinstituten) fernschriftliche als nur für den Empfangstag gültig vorgemerkt. Aufträge, die am Tage des Eingangs nicht mehr erledigt werden konnten, werden jedoch stets noch für den nächsten Börsen tag vorgemerkt. Im Einzelfall bleibt es dem Kunden allerdings unbenommen, eine andere Regelung zu treffen. Aufträge für auswärtige Plätze gibt das Kreditinstitut mangels besonderer Weisung nach seinem Ermessen brieflich, telefonisch, fernschriftlich oder telegrafisch weiter. Zur Weiterleitung von Börsenaufträgen siehe Ziff. 8 Abs. 5 RichtlHinw sowie § 30 Rdn. 7 ff. Erinnerungen wegen Nichtausführung von Börsenaufträgen sind sofort nach dem Zeitpunkt zu erheben, an dem die Ausführungsanzeige dem Kunden im gewöhnlichen Postlauf hätte zugehen müssen. Anderenfalls gilt die Nichtausführung als genehmigt (Ziff. 32 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 6 AGB der Sparkassen, Ziff. 32 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). 13 Soweit im einzelnen weder eine besondere Vereinbarung bei Auftragserteilung getroffen wurde noch eine Regelung in den AGB enthalten ist, greifen ergänzend die jeweils gültigen Börsenusancen (Geschäftsbedingungen der Wertpapierbörsen — im folgenden die Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse, zitiert als „Frankfurter Geschäftsbedingungen", vgl. Sieg-Degner S. 368 ff; Usancen der Ständigen Kommission für Angelegenheiten des Handels in amtlich nicht notierten Werten — im folgenden zitiert als „Freiverkehrsusancen", vgl. W M 1973, 1034 ff, 1088) ein; Ziff. 30 Abs. 2 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 1 AGB der Sparkassen, Ziff. 30 Abs. 2 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute. So wird ζ. B. die Laufzeit limitierter 362

Stückeverzeichnis

§ 18

14

Aufträge über inländische Aktien durch eine Dividendenausschüttung nicht beeinträchtigt. Sie gelten vom Tage des Dividendenabschlages an um den Bruttobetrag der ausgeschütteten Dividende ermäßigt weiter. Aufträge in ausländischen Aktien erlöschen dagegen mit Ablauf des letzten Notierungstages vor dem Dividendenabschlag (vgl. z. B. § 6 Abs. 1 Frankfurter Geschäftsbedingungen; § 2 Abs. 4 Freiverkehrsusancen). Bei Einräumung eines Bezugsrechts oder einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erlöschen sämtliche Aufträge mit Ablauf des letzten Börsentages vor Beginn der Bezugsfrist oder der Frist zur Abholung der neuen Stücke oder zur Einreichung der Berechtigungsausweise (§ 6 Abs. 3 Frankfurter Geschäftsbedingungen, §§ 3, 4 Freiverkehrsusancen). Aufträge in auslosbaren Papieren erlöschen mit Ablauf des letzten Notierungstages vor der Auslosung (§ 6 Abs. 4 Frankfurter Geschäfts-, bedingungen). Der Widerruf eines Auftrags ist nach allgemeinen Grundsätzen bis zur Ausführung des Auftrages zulässig (Baumbach-Duden Anh. II zu § 4 0 6 Anm. zu Ziff. 29 A G B ) . 3. Ausführung des Auftrages Die Art der Ausführung eines Kaufauftrages, d.h. ob als Geschäftsbesor- 1 4 gungskommission, Kommission mit Selbsteintritt oder im Eigenhandel, ist im Bankgeschäft in den A G B festgelegt (vgl. Ziff. 29 ff A G B der Banken. Ziff. 29 ff A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Die A G B der Sparkassen enthalten zwar selbst keine entsprechende Regelung; in Ziff. 34 Abs. I werden für die Ausführung von Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren durch die Sparkasse nur die Usancen des Ausführungsplatzes für maßgebend erklärt. In der Praxis führen jedoch viele Sparkassen die Aufträge nicht selbst aus, sondern leiten sie als Boten an ihre zuständige Girozentrale zur Ausführung weiter (vgl. dazu § 30 Rdn. 8). Die A G B der Girozentralen enthalten in Ziff. 37a folgende Regelung: , , 3 7 a Selbsteintritt und Eigenhandel ( 1 ) Die Bankanstalt fuhrt alle Aufträge zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren, die an der Börse des Ausführungsplatzes zum amtlichen Handel zugelassen sind, als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ohne daß es einer ausdrücklichen Erklärung gemäß § 4 0 5 des Handelsgesetzbuches bedarf. Abweichungen von dieser Ausführungsart müssen ausdrücklich vereinbart werden. Die Fassung der Ausführungsanzeige ist in allen Fällen ohne Bedeutung. ( 2 ) Bei Geschäften in Kuxen und in nicht zum amtlichen Handel zugelassenen Wertpapieren behält sich die Bankanstalt vor, Aufträge entweder als Eigenhändler oder als Kommissionär durch Selbsteintritt auszuführen. D a s gleiche gilt für zugelassene Wertpapiere, deren Notiz durch Bekanntmachung der Börsenorgane ausgesetzt ist. Nettoabrechnung bedeutet Ausführung im Eigenhandel, Bruttoabrechnung, Ausführung im Kommissionswege unter gleichzeitiger Erklärung des S elbstein tritts gemäß § 4 0 5 des Handelsgesetzbuchs. Soweit die Geschäfte im Eigenhandel ausgeführt werden, gelten die Bestimmungen der Nummern 34 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 bis 6 , 35 und 36 entsprechend. ( 3 ) D i e Bankanstalt kann Aufträge auch teilweise annehmen."

363

§ 18 15, 16

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Mit Ausnahme von Ziff. 37 a stimmen die AGB der Girozentralen bezüglich des Wertpapierhandels mit denen der Sparkassen überein. Damit wird für Sparkassen im Ergebnis die gleiche Regelung wie für genossenschaftliche Kreditinstitute erreicht. Danach gelten folgende Grundsätze: Alle Aufträge zum Kauf von Wertpapieren, die an der Börse des Ausführungsplatzes zum amtlichen Handel zugelassen sind, führt das Kreditinstitut als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ohne daß es einer ausdrücklichen Anzeige nach § 405 H G B bedarf. Kundenaufträge in zum amtlichen Handel zugelassenen Aktien werden über die Börse geleitet, sofern nicht eine andere Weisung vom Kunden erteilt wird. Bei Geschäften in Kuxen und nicht zum amtlichen Handel zugelassenen Werten tritt das Kreditinstitut als Eigenhändler auf. Girozentralen und genossenschaftliche Kreditinstitute behalten sich auch in diesen Fällen die kommissionsweise Ausführung mit Selbsteintritt vor. Das gleiche gilt für zugelassene Wertpapiere, deren Notiz durch Bekanntmachung der Börsenorgane ausgesetzt ist. Uber Geschäfte im Eigenhandel rechnet das Kreditinstitut netto ab, während in den übrigen Fällen die Provision nach § § 396, 4 0 3 HGB gesondert in Rechnung gestellt wird. 15 Abweichungen von der Ausführungsart müssen ausdrücklich vereinbart werden. Sie sind nach Ziff. 8 Abs. 1 RichtlHinw schriftlich zu bestätigen. Gleiches gilt, wenn Kundenaufträge in zum amtlichen Handel zugelassenen Aktien nicht über die Börse geleitet werden sollen. In allen Fällen ist die Fassung der Ausführungsanzeige ohne Bedeutung (zur Ausführungsanzeige Rdn. 19). Sind die Wertpapiere an mehreren Börsen zugelassen oder in den geregelten Freiverkehr einbezogen, so trifft das Kreditinstitut mangels anderweitiger Weisung die Wahl des Ausführungsplatzes (Ziff. 30 Abs. 1 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 2 AGB der Sparkassen, Ziff. 30 Abs. 1 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Ausfuhrungsplatz ist in diesem Zusammenhang in erster Linie der Ort, dessen Börsenusancen für das Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden gelten sollen, und damit vor allem der Börsenplatz, dessen amtlichen Kurs das Kreditinstitut im Falle der Kommission mit Selbsteintritt seinen Kunden in Rechnung stellt (vgl. Schätz, BFB, S. 35 Anm. 3 zu Ziff. 30; Kumpel DB 1973, 757). Soweit ein Deckungsgeschäft vorgenommen wird, ist es regelmäßig der Ort, an dem jenes ausgeführt wird. 16 Die Ausführung einer Geschäftsbesorgungskommission ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kommissionär im eigenen Namen für Rechnung des Kommittenten ein Ausführungsgeschäft (Deckungsgeschäft) abschließt. Er hat dem Kommittenten hierüber Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige, was er und wie er es aus diesem Geschäft erlangt hat, herauszugeben (§ 384 Abs. 2 HGB). Er kann hierfür vom Kommittenten eine Provision sowie Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§ 396 HGB i.V.m. § § 67 5, 6 7 0 BGB). Der Kommissionär ist verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen und hierbei das Interesse des Kom364

Stückeverzeichnis

§ 18

17, 18

mitteilten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen (§ 384 Abs. 1 H GB). Das Kreditinstitut hat daher für den Kunden den Kaufauftrag zu dem derzeit bestmöglichen Kurs auszuführen. Welchen Kurs der Kommittent bei einer Geschäftsbesorgungskommission gegen sich gelten lassen muß, regeln die § § 386, 387 HGB. Nach § 386 Abs. 1 H G B muß der Kunde als Kommittent, wenn das Kreditinstitut beim Kauf ein vom Kunden gesetztes Limit überschritten hat, das Geschäft auf die Ausführungsanzeige hin unverzüglich als nicht für seine Rechnung geschlossen zurückweisen; andernfalls gilt die Abweichung von der Preisbestimmung als genehmigt. Eine entsprechende generelle Regelung treffen Ziff. 32 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 6 AGB der Sparkassen sowie Ziff. 32 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute. Wenn der Kunde mit dem angesetzten Kurs oder sonstigen Einzelheiten der Abrechnung nicht einverstanden ist, muß er unverzüglich monieren (dies gilt auch für den S elbstein tritt; BGH W M 1971, 989). Kann das Kreditinstitut unter dem Limit den Kauf ausführen, so kommt dies dem Kunden voll zu statten (§ 387 HGB). Zur Preisberechnung bei der Kommission mit Selbsteintritt vgl. § 31 Rdn. 31 f. Daß der Kommissionär das Deckungsgeschäft unverzüglich abschließen muß, gehört zu seinen Sorgfaltspflichten (vgl. auch Ziff. 8 Abs. 2 RichtlHinw). Ziff. 32 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 6 AGB der Sparkassen und Ziff. 32 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute' bestimmen jedoch, daß der Kunde eine Erinnerung wegen Nichtausführung eines Börsenauftrages sofort nach dem Zeitpunkt zu erheben hat, an dem ihm die Ausführungsanzeige im gewöhnlichen Postlauf hätte zugehen müssen. Andernfalls gilt die Nichtausführung als genehmigt. Der gesetzliche Regelfall der Kommission, die Geschäftsbesorgungskom- 1 7 mission, ist auf Grund der Bestimmungen der AGB zum Ausnahmefall geworden. Für die Anwendung der Bestimmungen des Depotgesetzes ist dies jedoch weitgehend ohne Bedeutung, da § 3 1 die Vorschriften der § § 18—30 auf die Kommission mit Selbsteintritt und den Eigenhandel für entsprechend anwendbar erklärt. Der Vorteil einer Kommission mit Selbsteintrittsrecht liegt im wesentlichen in der Beschränkung der Rechenschaftspflicht. Die Rechenschaftspflicht bei der Geschäftsbesorgungskommission würde eine Rationalisierung der Abwicklung der Wertpapiergeschäfte stark hemmen (zu Einzelheiten siehe § 31 Rdn. 3 ff). Der selbsteintretende Kommissionär hat die Wertpapiere, die er für den Kommittenten anschaffen soll, selbst als Verkäufer zu liefern. Das Kommissionsgeschäft wird insoweit durch kaufvertragliche Bestimmungen überlagert (vgl. § 31 Rdn. 27). Beim Eigenhandel tritt der Kunde dem Kreditinstitut von vornherein als Käufer gegenüber. Es gilt nur Kaufvertragsrecht, allerdings ergänzt durch die entsprechende Anwendung der §§ 18-30. Die Kreditinstitute sind berechtigt, Aufträge nur teilweise auszuführen. 1 8 Für den Eigenhandel ist dies ohne Einschränkung in Ziff. 34 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. I AGB der Sparkassen, Ziff. 34 AGB der genossenschaft365

§ 18

19

2. Abschnitt. Einkaufskommission

liehen Kreditinstitute i.V.m. § 32 der Usancen der Ständigen Kommission für Angelegenheiten des Handels in amtlich nicht notierten Werten festgelegt. Bei einem Kommissionsgeschäft, sei es Geschäftsbesorgungskommission oder Kommission mit Selbsteintritt, haben die Kreditinstitute das Recht zur Teilausführung, wenn das Guthaben auf dem Konto des Kunden nicht ausreicht; vgl. Ziff. 31 Abs. 2 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 4 AGB der Sparkassen, Ziff. 31 Abs. 2 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute. Vom Recht zur Teilausführung ist die infolge Repartierung an der Börse nur teilweise Ausführbarkeit zu unterscheiden, die von den genannten Bestimmungen der AGB unberührt bleibt.

19

4. Ausfuhrungsanzeige Nach § 384 Abs. 2 H G B hat der Kommissionär dem Kommittenten von der Ausführung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen. Dies würde für die Einkaufskommission bei Wertpapieren bedeuten, daß das Kreditinstitut dem Kunden unmittelbar nach Ausführung des Auftrags zunächst nur die Tatsache der Ausführung mitzuteilen hätte. Sodann wären bei Erfüllung des Geschäfts die Abrechnung und das Stückeverzeichnis oder die Girosammelgutschrift zu erteilen. Aus Gründen der rationellen Abwicklung des Effektengeschäfts fassen die Kreditinstitute heute soweit als möglich die genannten Arbeitsgänge zu einem einzigen, der „Abrechnung", zusammen. Der Kunde erhält Ausführungsanzeige, Abrechnung und Depotgutschrift in einem. Lediglich das Stückeverzeichnis wird separat erst nach Belieferung des Geschäfts erstellt. Für die Kreditinstitute bedeutet dies, daß die Abrechnungen noch am Tage der Ausführung des Auftrages erstellt und dem Kunden übersandt werden müssen. Das Depotgesetz begründet die Verpflichtung zur Absendung einer Ausführungsanzeige nicht. Rechtsgrundlage ist allein § 384 Abs. 2 HGB. Für den Eigentumsübergang hat die Ausführungsanzeige keine Bedeutung. Durch die Ausführungsanzeige wird der Kommittent bei einer Geschäftsbesorgungskommission jedoch darüber in Kenntnis gesetzt, welche Forderung des Kommissionärs gegen den dritten Verkäufer gemäß § 392 Abs. 2 H G B als auf ihn übergegangen gilt (Schönle S. 226, der jedoch zwischen Ausführungsanzeige und Stückeverzeichnis nicht scharf genug unterscheidet). Erinnerungen gegen die Ausführungsanzeige müssen sofort nach Zugang erhoben werden. Andernfalls gilt die Ausführung des Auftrags als genehmigt (Ziff. 32 AGB der Banken, Ziff. 34 Abs. 6 AGB der Sparkassen, Ziff. 32 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute). Dies gilt sowohl für den Fall, daß das Kreditinstitut den erteilten Auftrag falsch ausgeführt hat, als auch dann, wenn etwa wegen versteckten Einigungsmangels ( § 1 5 5 BGB) überhaupt kein Kommissionsvertrag zustande gekommen war (OLG Köln W M 1970, 892), wenn ζ. B. der Kunde einen Auftrag über X-Aktien erteilte und dabei Vorzugsaktien meinte, das Kreditinstitut aber Stammaktien anschafft. Den Zugang der Ausführungsanzeige hat das Kreditinstitut, den Zeitpunkt der (recht366

Stückeverzeichnis

§ 18

20

zeitigen) Erinnerung hat der Kunde zu beweisen. Zur Bedeutung der Ausführungsanzeige für die Preisberechnung beim Selbsteintritt siehe § 31 Rdn. 31. Muster einer Kaufabrechnung mit Ausfuhrungsanzeige Effektenabrechnung Herrn/Frau/Fräulein/Firma

20

Depotkonto-Nummer

den . . . Ihr Kauf vom

Nr.

Börse zu

G e m ä ß Ihrem A u f t r a g haben wir für Sie gekauft Nennwert/Stückzahl

Kurs*)

Wertpapierbezeichnung

Kurswert**)

Prov., M a k l . - G e b . ,

M i t dem Gegenwert von D M Wert

Wertpapier-Kenn-Nummer

Spes.

Börsen ums.-Steuer

haben wir Ihr Konto-Nr

belastet.

M i t obigen Wertpapieren haben wir Ihr Depotkonto Streifband***) erkannt. X-Bank Diese Abrechnung w i r d nicht unterschrieben.

*) g g f . ·/· x-Tage Zinsen, ./. x % Bonifikationsabschlag **) g g f . ./. Stückzinsen, Bonifikationsabschlag ***) Girosammei, Wertpapierrechnung 367

§ 18

21, 22

2. Abschnitt. Einkaufskommission

III. Ubersendung des Stückeverzeichnisses 1. Form und Inhalt des Stückeverzeichnisses Mit der Ausführung des Auftrages entsteht für den Kommissionär die Pflicht, dem Kommittenten unverzüglich, spätestens binnen einer Woche ein Verzeichnis der gekauften Stücke zu übersenden. In dem Stückeverzeichnis sind die Wertpapiere nach Gattung, Nennbetrag, Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmalen zu bezeichnen ( § 1 8 Abs. 1). Das Stückeverzeichnis ist eine Urkunde, in der die für den Kunden angeschafften oder im Falle des Selbsteintritts oder Eigenhandels zur Erfüllung der Lieferungsverpflichtung zur Verfügung gestellten Wertpapiere so genau bezeichnet sind, daß sie als Eigentum des Kunden individualisiert und ausgesondert werden können. Es muß also die Art der Wertpapiere (in der Praxis als „Gattung" bezeichnet), Nennbetrag oder Stückzahl und die Nummern der einzelnen Stücke enthalten. Verkehrsübliche Abkürzungen sind unbedenklich, sofern sie für den Kommittenten verständlich sind. Fehlt eines der im Gesetz genannten Merkmale, so wird das Stückeverzeichnis dadurch nicht ohne weiteres ungültig und unwirksam. Der Inhalt des Verzeichnisses kann aus den vorangegangenen Verhandlungen (ζ. B. Auftrag) zwischen Kommittent und Kommissionär ergänzt werden. Erforderlich ist nur, daß der Kommittent eine klare Mitteilung darüber erhält, welche Stücke für ihn angeschafft worden sind, und daß die Stücke in dem Verzeichnis objektiv so genau identifiziert werden, daß zweifelsfrei festgestellt werden kann, an welchen Stücken durch Versendung des Verzeichnisses Eigentum übertragen wird (KGZ 95, 25 5). Die Angabe der Stückenummern darf daher nicht fehlen (Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β III 3), es sei denn, das Wertpapier enthält ausnahmsweise keine Stückenummer. Die Ubersendung einer Depotaufstellung ohne Stückenummern, in der die Wertpapiere nur nach Nominalbeträgen oder Stückzahlen aufgeführt sind, genügt nicht. Auch die bloße Angabe von Stückenummern auf einer Eintrittskarte zu einer Hauptversammlung (Stimmkarte) stellt regelmäßig kein Stückeverzeichnis dar (vgl. Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 1 3 5 m. w. N.). Ist das übersandte Verzeichnis unvollständig, muß der Kommissionär ein vollständiges Verzeichnis nachliefern. Dies gilt aus Gründen der Beweissicherung auch dann, wenn das Verzeichnis Stückenummern enthielt und daher das Eigentum an bestimmten Stücken bereits auf den Kommittenten übergegangen ist (Quassou/ski-Schröder § 18 Anm. Β III 3). Ist es unrichtig, muß es ergänzt werden. Zur Frage, welche Angaben für einen Eigentumsübergang enthalten sein müssen, und zu den Folgen einer irrtümlichen Angabe von Stückenummern oder Absendung eines Stückeverzeichnisses überhaupt siehe Rdn. 39 f. 22 Das Verzeichnis braucht vom Kommissionär nicht unterzeichnet zu sein, da das Gesetz nicht Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) verlangt (Opitz § 18 Bern. 6). Gleichwohl muß nach Sinn und Zweck der Übersendungspflicht erkennbar sein, von wem das Verzeichnis herrührt. Dazu ist aber auch eine 21

368

Stückeverzeichnis

§ 18

23

(handschriftliche) Unterzeichnung eines Begleitschreibens nicht erforderlich (so aber ζ. B. Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β III 3; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 10; nicht so restriktiv Ratz in R G R Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 1 3 5 : „muß erkennbar in verantwortlicher Weise von ihm (dem Kommissionär) herrühren"). Es genügt, wenn der Name des Kommissionärs auf dem Stückeverzeichnis rraschinell ausgedruckt ist. Üblicherweise tragen die Stückeverzeichnisse daneben eine Kontrollunterschrift eines Angestellten. § 18 Abs. 1 spricht von einem Verzeichnis der „gekauften Stücke". Für den 2 3 Fall des Selbsteintritts oder des Eigenhandels (§ 3 1 i. V. m. § 18) ist klar, daß es die dem Kommittenten vom Kommissionär als Verkäufer gelieferten Stücke sind, die aus einem Deckungsgeschäft herrühren können, aber nicht müssen. Zweifelhaft ist nur, ob der Kommissionär, wenn er im Zuge der — seltenen — echten Geschäftsbesorgungskommission ein Deckungsgeschäft ausgeführt hat, stets die ihm in Erfüllung des Deckungsgeschäfts vom Kontrahenten gelieferten Stücke dem Kommittenten weitergeben muß oder ob er diese Stücke etwa durch andere ersetzen kann und nur den Kurs des Deckungsgeschäfts seiner Abrechnung zu Grunde zu legen hat. M a n muß hier zunächst darauf abstellen, ob der Kommittent gerade ein Interesse an den Stücken aus dem für ihn abgeschlossenen Deckungsgeschäft hat oder nicht. Hat also inzwischen eine Verlosung stattgefunden, so darf der Kommissionär ausgeloste Stücke nicht gegen andere tauschen (so auch Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 38 3 Anm. 11). Im übrigen kann der Kommissionär in einem eng begrenzten Rahmen Stücke austauschen, soweit es sich um vertretbare Wertpapiere handelt und der Kommittent noch nicht an bestimmten Stücken nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts Eigentum erworben hat (vgl. dazu Rdn. 42). Voraussetzung ist aber, daß er innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist (unverzüglich, spätestens binnen einer Woche) zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses und zur Lieferung oder Verwahrung der Stücke in der Lage bleibt (Opitz § 18 Bern. 6). Schon unter der Geltung des Depotgesetzes 1 8 9 6 hat das Reichsgericht den Standpunkt vertreten, daß das Stückeverzeichnis nicht unbedingt diejenigen Stücke enthalten muß, die der Kommissionär bei Ausführung des Auftrags für den Kommittenten angeschafft hat (RGZ 7 3, 244). Mit Recht weist das Reichsgericht in dieser Entscheidung daraufhin, daß der Bankier eine Reihe von gleichen Aufträgen auf einmal und einheitlich ausgeführt haben kann und dann die Möglichkeit haben muß, „die infolge mehrerer Aufträge erworbenen gleichartigen Stücke ungesondert vorrätig zu haben, diesem Vorrate nachträglich erworbene Stücke hinzuzufügen und aus ihm Stücke ohne Rücksicht auf die Zeit ihres Erwerbes für einzelne Kommittenten auszusondern, so daß ein Umtausch der ursprünglich für bestimmte Kommittenten erworbenen Stücke stattfinden kann". Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Zu beachten ist aber, daß eine rechtswidrige Verfügung des Kommissionärs über Wertpapiere, die er für den Kommittenten in Besitz hat, nach § 34 Ziff. 1 strafbar ist. 369

§ 18

2. Abschnitt. Einkaufskommission

24,25

Die Strafdrohung dieser Vorschrift setzt also nicht erst ein, wenn der Kommittent schon Eigentümer geworden ist. Von den eng begrenzten Fällen des Austausche abgesehen, ist der Kommissionär daher grundsätzlich nicht zu einer Verfügung über die angeschafften Stücke berechtigt. Vgl. hierzu auch § 34 Rdn. 10. Muster eines Stückeverzeichnisses Stückeverzeichnis 2 4 Herrn / Frau / Fräulein / Firma

Depotkonto-Nummer

Wir erteilen Ihnen Nummernaufgabe für Ihren Kauf/Ubertrag vom Lagerort WertpapierbezeichnungNennwert / Stückzahl Stückenummern Wertpapier-Kenn-Nr.

Mit einer Kontrollunterschrift gültig. Für die Kontrolle: X-Bank Durchschriften des an den Kunden abzusendenden Stückeverzeichnisses (Formularsatz) können vom Kreditinstitut zur Führung des Nummernbuches (vgl. Ziff. 12 Abs. 6 RichtlHinw) und als Belege für den Mantel- und Bogentresor verwendet werden. 2. Frist zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses a) Frist 25 Nach § 18 Abs. 1 hat der Kommissionär das Stückeverzeichnis unverzüglich, d . h . ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), spätestens binnen einer Woche, zu übersenden. Der Kommissionär muß das Stückeverzeichnis innerhalb der Wochenfrist absenden, sobald er dazu in er Lage ist, und darf nicht generell bis zum Ende der Wochenfrist warten (Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 12). Etwas anderes gilt nur, wenn der Kommittent noch keine Deckung angeschafft hat und der Kommissionär zur Aussetzung berechtigt ist (vgl. dazu § 19 Rdn. 3 ff)· Die Fristberechnung richtet sich nach § § 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages, an dem der Kommissionär in der Vorwoche die Stücke erwarb oder der Bezugszeitraum ablief ( § 1 8 Abs. 2). Bei Aufträgen zum Umtausch von Wertpapieren oder zur Ausübung von Bezugsrechten beträgt die Frist zwei Wochen (§ 26). Die Frist ist mit der Absendung gewahrt. Die Gefahr einer Verzögerung des

370

Stückeverzeichnis

§

18

26-28

Zugehens trägt nicht der Kommissionär, sondern der Kommittent ( R G Z 95, 2 5 5; Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β III 2). Eine Verlängerung der Frist des § 18 Abs. 1 kann nur mit einem Kommittenten vereinbart werden, der gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt (§ 28). In der Praxis ist eine generelle Verlängerung der Frist nicht üblich, da nach den Bedingungen für Geschäfte an den Wertpapierbörsen Weitpapiergeschäfte heute am zweiten, dem Abschlußtag folgenden Börsentag zu erfüllen sind und daher ein Bedürfnis für eine Fristverlängerung in aller Regel nicht besteht. Für die technische Abwicklung der Wertpapiergeschäfte kommt es zudem weniger auf die Frist des § 18 Abs. I selbst an, als vielmehr auf den Zeitpunkt, an dem diese Frist zu laufen beginnt. Unterläßt ein Kreditinstitut die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses, so 2 6 verliert der Kunde seine Rechte ( § 2 5 ) nicht, auch wenn er nicht unverzüglich Erinnerung erhebt. Für die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses gelten die Ziff. 7, 32 AGB der Banken, Ziff. 10, 34 Abs. 6 AGB der Sparkassen sowie Ziff. 7, 32 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute zumindest für diejenigen Kunden, die nicht gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben, nicht. Die Unabdingbarkeit der Verpflichtungen des Kommissionärs nach § 28 steht dem entgegen (Schönle S. 237). Für die Ausführung oder Nichtausführung des Auftrags überhaupt finden diese Bestimmungen der AGB jedoch Anwendung, da nur die depotrechtlichen Pflichten unabdingbar sind. Zur Strafbarkeit wegen Fristüberschreitung siehe § 37 Rdn. 6. b) Beginn der Frist Der Beginn der Frist ist unterschiedlich und richtet sich danach, ob der 2 7 Kommissionär bei der Anzeige über die Ausführung des Auftrages einen Dritten als Verkäufer namhaft gemacht hat oder nicht. Diese Unterscheidung beruht auf der Regelung des § 384 Abs. 3 H GB. Danach haftet der Kommissionär dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Ausführungsanzeige den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat. Voraussetzung für den Fristbeginn ist in jedem Falle, daß der Kommissionär 28 den Auftrag ausgeführt hat. Über den Zeitpunkt der Ausführung des Auftrages können Kreditinstitut und Kunde anders als über die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses besondere Vereinbarungen treffen, auch wenn der Kunde keine Bankgeschäfte betreibt. Weder die Verpflichtung zur Ausführung noch die Frist für die Ausführung des Kommissionsgeschäfts sind in § 18 geregelt, so daß § 28 insoweit nicht eingreifen kann. Zwar bestimmt Ziff. 8 Abs. 2 RichtlHinw, daß der Kommissionär oder Eigenhändler unverzüglich ein Deckungsgeschäft abzuschließen hat, wenn er die Wertpapiere nicht aus eigenen Beständen liefern kann. Diese Vorschrift gilt jedoch nur für den Regelfall, daß für den Zeitpunkt der Ausführung des Auftrages keine besondere Vereinbarung getroffen wurde. Einer Vereinbarung zwischen Kommissionär und 371

§ 18 29, 30

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Kommittenten, daß der Kommittent bestimmte Wertpapiere kauft, die ihm erst zu einem besonders bestimmten späteren Termin zu liefern und von ihm erst dann zu bezahlen sind, steht daher nichts im Wege. Geschäfte dieser Art werden häufig zwischen Kreditinstituten und Versicherungsgesellschaften abgeschlossen, die ζ. B. erst später fällige Prämieneinnahmen in Wertpapieren anlegen und sich dazu den derzeit günstigen Kurs sichern wollen (sog. Effektengeschäfte „mit hinausgeschobenem Abrechnungstermin" oder „mit hinausgeschobener Valuta"). Das Kreditinstitut ist zur Ubersendung eines Stückeverzeichnisses erst ab dem festgesetzten Lieferungszeitpunkt verpflichtet. Eine Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses nach § 19 ist für die Zeit bis zur vereinbarten Lieferung nicht erforderlich. § 19 Abs. 1 setzt voraus, da Κ dem Kommissionär aus der Ausführung des Auftrages eine fällige Forderung gegen den Kommittenten zusteht. Die Zahlungsverpflichtung des Kommittenten soll bei diesen Geschäften aber erst zum vereinbarten Erfüllungszeitpunkt fällig werden. In dieser Vereinbarung liegt auch nicht die Bewilligung einer Stundung im Sinne von § 19 Abs. 1 durch den Kommissionär. Vielmehr haben die Vertragsparteien von vornherein den Zeitpunkt der Erfüllung der Leistungspflichten für beide Seiten hinausgeschoben, so dal? nur der Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung des 5 320 BGB, der auch für das Kommissionsgeschäft gilt (Schmidt-Rimpler S. 8 4 6 ff; vgl. auch § 19 Rdn. 17) wieder hergestellt ist (vgl. näher § 19 Rdn. 6). Der Kommissionär ist daher auch nicht zum sofortigen Abschluß eines Deckungsgeschäfts verpflichtet. Es liegt in seinem Ermessen sicherzustellen, daß er die Wertpapiere zum vereinbarten Zeitpunkt liefern kann. aa) Kommissionär hat Dritten namhaft gemacht In diesem Falle beginnt die Frist zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses mit dem Erwerb der Stücke. Dies entspricht der grundsätzlichen Regelung in § 384 Abs. 2 und 3 H G B : Der Kommissionär hat dem Kommittenten nur dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Er selbst haftet nicht für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er den Dritten benennt. Da das Stückeverzeichnis das Eigentum an den Wertpapieren übertragen soll, kann die Ubersendungsfrist daher auch nicht vor dem Erwerb der Stücke beginnen. Daß der Kommissionär sich allerdings um einen möglichst schnellen Erwerb der Stücke bemühen muß, ergibt sich aus der ihn treffenden Sorgfaltspflicht bei der Ausführung des Geschäfts (§ 384 Abs. 1; Quassowski-Schröder § 18 Anm. C 1). Namhaft machen bedeutet, den Dritten so genau zu bezeichnen, daß der Kommittent ihn identifizieren kann (Schlegelberger-Hefermehl § 384 Anm. 47) und auf Vertragserfüllung in Anspruch nehmen könnte (Quassowki-Schröder § 18 Anm. C 1; Ratz in RGR Komm, z. H G B § 384 Anm. 33 a). 30 Mit Erwerb der Stücke ist der Erwerb des Eigentums an den Wertpapieren oder zumindest der Erwerb der Verfügungsmacht über die Wertpapiere 29

372

Stückeverzeichnis

§ 18

31, 32

gemeint. Dies ergibt sich daraus, daß § 18 Abs. 3 an die Absendung des Stückeverzeichnisses den Eigentumsübergang auf den Kommittenten knüpft, „soweit der Kommissionär über sie zu verfügen berechtigt ist". Auf die Kenntnis des Kommissionärs von seinem Eigentumserwerb kommt es nicht an. Gegen die abweichende Meinung von Opitz ( § 1 8 Bern. 7 a) spricht einmal der klare Wortlaut von § 18 Abs. 3 und zum anderen die Überlegung, daß den Kommissionär bei unverschuldeter Unkenntnis nachteilige Folgen weder aus § 37 noch aus § 25 treffen können, wenn er das Stückeverzeichnis in diesem Falle nicht bis zum Ablauf der Wochenfrist absendet (SchlegelbergerHefermehl Anh. zu § 383 Anm. 13; wie hier auch Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 136; Quassowki-Sebröder § 18 Anm. C 1). Unkenntnis — zumeist nur kurzfristige — wird dabei jedoch nur in den Fällen auftreten, in denen er selbst nach § 18 Abs. 3 mit Absendung eines Stückeverzeichnisses Eigentümer wird. In welcher Weise der Kommissionär Eigentum oder Verfügungsmacht erwirbt, ist dabei gleichgültig. bb) Kommissionär hat Dritten nicht namhaft gemacht Hat der Kommissionär bei seiner Ausführungsanzeige einen Dritten als 3 1 Verkäufer nicht namhaft gemacht, so beginnt nach § 18 Abs. 2 die Frist mit dem Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär nach der Erstattung der Ausführungsanzeige die Stücke bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang ohne schuldhafte Verzögerung beziehen oder das Stückeverzeichnis von einer zur Verwahrung der Stücke bestimmten dritten Stelle erhalten konnte. Die Frist zur Absendung des Stückeverzeichnisses beginnt in diesem Falle also ohne Rücksicht darauf zu laufen, ob der Kommissionär die Stücke bereits erworben hat. Dies entspricht der Selbsthaftung des Kommissionärs nach § 384 Abs. 2 HGB für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er einen Dritten nicht namhaft macht. Nicht namhaft gemacht ist ein Dritter dann, wenn seine Benennung falsch ist oder wenn sie nicht zugleich mit der Ausführungsanzeige, sondern erst später erfolgt (Quassomki-Schröder § 18 Anm. C 2; Scblegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 14; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 1 36). Die Frist beginnt im Falle der Nichtbenennung des Dritten nach Ablauf 3 2 eines objektiv bestimmbaren Zeitraums zu laufen, innerhalb dessen bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang entweder ein Bezug der effektiven Stücke oder der Erhalt eines Stückeverzeichnisses möglich ist. Entscheidend dabei ist der Zeitraum, von dem an der Kommissionär dem Kommittenten Stückenummern mitteilen kann. Erfüllt also der Dritte das Geschäft durch Übertragung eines Girosammelbestandanteils, wie es heute regelmäßig der Fall ist, so setzt diese Übertragung allein die Absendungsfrist noch nicht in Lauf. Der Kommissionär muß zunächst noch entweder effektive Stücke von der zuständigen Wertpapiersammelbank abfordern oder solche Stücke aus einem etwa unterhaltenen Vorgirodepot aussondern (Opitz § 18 Bern 7 b; zum Vorgirodepot siehe § 5 373

§ 18

33

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Rdn. 5 2 ff). Da Geschäfte, soweit sie über eine inländische Börse geleitet werden, nach den Geschäftsbedingungen oder Usancen der Börse am zweiten Börsentag nach Abschluß des Geschäfts zu erfüllen sind, ist der Zeitraum, um den der Beginn der Frist nach Ausführung des Auftrages hinausgeschoben ist, hier verhältnismäßig kurz. Erfüllt der Dritte nicht in der vorgeschriebenen Zeit, so geht die Verzögerung zu Lasten des Kommissionärs. Die Frist zur Absendung des Stückeverzeichnisses beginnt zu laufen, selbst wenn der Kommissionär von seinem Recht zur Zwangsregulierung noch keinen Gebrauch gemacht hat oder diese noch nicht abgeschlossen ist. Der Kommissionär hat daher gegebenenfalls rechtzeitig von seinem Recht zur Zwangsregulierung Gebrauch zu machen. (Jnterläßt er dies, kann der Kommittent unter den Voraussetzungen des § 25 das Geschäft zurückweisen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Der Kommissionär hat die Verzögerung der Absendung des Stückeverzeichnisses zu vertreten. In diesem Zusammenhang ist der Kommissionär, dem an Stelle einer Schlußnote ein Aufgabe- oder Folgtschein übermittelt wird, verpflichtet, den M a k l e r entsprechend den Börsenusancen zur Nennung des Vertragspartners aufzufordern (Ziff. 8 Abs. 4 RichtlHinw). Soweit ein weiterer Kommissionär in die Abwicklung des Auftrags eingeschaltet ist (Zentralbankier), verschiebt sich der Fristbeginn um die Zeit, die normalerweise die Belieferung des Lokalbankiers durch den Zentralbankier in Anspruch nimmt. Besondere Probleme ergeben sich zur Zeit bei Geschäften in an deutschen Börsen gehandelten Auslandswerten. Arbitragegeschäfte sind hier zur Aufrechterhaltung des Marktes unerläßlich, führen jedoch wegen der im Ausland vielfach längeren Erfüllungsfristen notwendig zu Lieferungsverzögerungen (vgl. hierzu § 2 4 Rdn. 32). Bei Neuemissionen beginnt die Frist keinesfalls vor Ausgabe der Stücke zu laufen, da vorher weder ein Bezug noch eine Nennung von Stückenummern möglich ist (RGZ 1 0 4 , 119; vgl. auch Ziff. 9 Abs. 2 RichtlHinw). Verzögerungen beim Ausdruck neuer Stücke gehen nicht zu Lasten des Kommissionärs. Bei Börsentermingeschäften beginnt die Frist nicht vor dem Liquidationstermin. Die Zeit zwischen Abschluß und Liquidation gehört nach der Systematik des Depotgesetzes zum Bezugszeitraum im Sinne von § 18 Abs. 2, so daß ζ. B. die Aussetzung eines Stückeverzeichnisses nicht erforderlich ist. Zur Zulässigkeit der Börsentermingeschäfte siehe Horn S. 3 1 ff. 33 Die Benennung des Dritten ist heute im Wertpapiergeschäft eine absolute Ausnahme, da nur in seltenen Fällen Kaufaufträge im W e g e der Geschäftsbesorgungskommission ausgeführt werden. Aufträge in amtlich notierten Werten werden grundsätzlich als Kommission durch Selbsteintritt, Aufträge in nicht amtlich notierten Werten im Eigenhandel abgewickelt. In beiden Fällen scheidet die Benennung eines Dritten aus, selbst wenn im Einzelfall ein Deckungsgeschäft ausgeführt wurde. Da § 18 Abs. 2 in diesen Fällen gemäß § 31 entsprechend anwendbar ist, beginnt die Frist wie im Falle der Nichtbenennung des Dritten bei der Geschäftsbesorgungskommission zu laufen, d. h. mit Ablauf 374

Stückeverzeichnis

§ 18

34-36

des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär oder Eigenhändler nach der Erstattung der Ausführungsanzeige die Stücke bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang beziehen konnte. Die sinngemäße Anwendung führt nicht etwa dazu, daß ein selbsteintretender Kommissionär oder Eigenhändler schon mit Absendung der Ausführungsanzeige oder mit Vertragsschluß zur Absendung eines Stückeverzeichnisses in der Lage sein müßte. Der für die Abwicklung eines Deckungsgeschäfts erforderliche Zeitraum ist auch hier für den Fristbeginn maßgebend. Die Frist beginnt nur dann sofort mit der Erstattung der Ausführungsanzeige zu laufen, wenn der Kommissionär oder Eigenhändler aus schon vorhandenen eigenen Beständen liefert {Opitz § 18 Bern. 7 b). C. Ubergang des Eigentums Die rechtliche Besonderheit und Bedeutung des Stückeverzeichnisses liegt 3 4 darin, daß nach § 18 Abs. 3 mit seiner Absendung das Eigentum an den darin bezeichneten Wertpapieren auf den Kommittenten übergeht. Daß daneben andere Formen der Eigentumsübertragung möglich sind, zeigt schon die Einschränkung in § 18 Abs. 3: „wenn es (das Eigentum) nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf ihn (den Kommittenten) übergegangen ist." I. Eigentumsübergang auf Grund der Absendung des Stückeverzeichnisses Bei dem in § 18 Abs. 3 geregelten Eigentumsübergang handelt es sich um eine speziell für die Einkaufskommission von Wertpapieren gesetzlich geschaffene Art der Eigentumsübertragung, die zu den Möglichkeiten der Eigentumsübertragung nach B G B ( § § 9 2 9 , 9 3 0 , 9 3 1 ) hinzutritt (vgl. Opitz § 18 Bern. 8 m. w. N.). Eigentumsübertragende Wirkungen entfaltet die Absendung des Stückeverzeichnisses aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. 1. Erfüllung eines Kommissions- oder Eigenhandelsgeschäfts Der Eigentumsübergang durch Absendung eines Stückeverzeichnisses tritt nur im Rahmen der § § 18—31 ein. Er ist an das Vorhandensein eines Kommissions- oder Eigenhandelsverhältnisses über die Anschaffung von Wertpapieren ( § § 18, 31) gebunden (Quassowski-Schröder § 18 Anm. D I), denen in § 2 6 ein Auftrag zum Umtausch von Wertpapieren oder zur Ausübung von Bezugsrechten gleichgestellt ist. Stückeverzeichnisse, die außerhalb dieser Rechtsverhältnisse abgesandt werden, übertragen kein Eigentum nach § 18 Abs. 3, sondern können allenfalls einen Eigentumsübergang nach bürgerlichem Recht kundtun. Zu denken ist hierbei etwa an einen Depotübertrag von einem Kunden auf einen anderen. Erteilt ein Kunde einen derartigen Auftrag, liegt ein reines Geschäftsbesorgungsverhältnis vor. Das Kreditinstitut treffen keine Pflichten aus den § § 18—3 1, dem Kunden steht keines der sich aus diesen Vorschriften ergebenden Rechte zu. Wenn irrtümlich ein Stückeverzeichnis an jemanden versandt wird, der keinen Auftrag im Rahmen der § § 18—31 erteilt

375

35

36

§ 18 37

2. Abschnitt. Einkaufskommission

hatte, oder wenn in dem Stückeverzeichnis Wertpapiere ganz anderer Art als in dem Auftrag des Kommittenten enthalten aufgeführt werden, wird mit der Absendung kein Eigentum nach § 18 Abs. 3 übertragen [Quassovski-Schröder § 18 Anm. D I; Scblegelberger-Hefermebl Anh. zu § 383 Anm. 20; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 1 39; vgl. Rdn. 40). Die eigentumsübertragende Wirkung der Absendung des Stückeverzeichnisses entfällt auch dann, wenn einem Kunden Stückenummern nur zu Auslosungszwecken zugeteilt werden, wie ζ. B. bei der Verwahrung festverzinslicher ausländischer Wertpapiere in einem Land, dessen Recht keine dem § 18 Abs. 3 entsprechende Regelung enthält (vgl. auch § 22 Rdn. 18).

37

2. Verfügungsbefugnis des Kommissionärs Der Kommissionär muß berechtigt sein, über die Wertpapiere zu verfügen. Er muß nicht notwendig Eigentümer sein. Die Verfügungsbefugnis kann auf einer Einwilligung oder Genehmigung nach § 185 BGB beruhen, ζ. B. auf einer Ermächtigung nach § 13. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb ist allein auf Grund der Absendung des Stückeverzeichnisses nicht möglich (QuassomkiSchröder § 18 Anm. D II 3; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 17). Ein Schutz des guten Glaubens an das Eigentum oder die Verfügungsbefugnis kommt nicht in Betracht. Gegen einen gutgläubigen Erwerb spricht schon der Wortlaut des § 18 Abs. 3: „soweit der Kommissionär über sie zu verfügen berechtigt ist." Außerdem handelt es sich im Falle des Eigentumsüberganges nach § 18 Abs. 3 nicht um eine rechtsgeschäftliche Ubereignung (ähnlich Quassowski-Schröder § 18 Anm. D II 3: weil die Absendung des Stückeverzeichnisses nicht der Ubergabe der Stücke in dem Sinne gleichgestellt ist, daß sie bei gutem Glauben den Erwerb vom Nichtberechtigten bewirke). Die Absendung des Stückeverzeichnisses ist nur eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung (vgl. Rdn. 39 ff). Der Gutglaubenserwerb vom Nichteigentümer setzt aber eine rechtsgeschäftliche Ubereignung voraus (vgl. Palandt-Degenhart § 932 Vorbem. 3). Ein gutgläubiger Erwerb ist jedoch ζ. B. dann möglich, wenn die Stücke dem Kommittenten nachträglich ausgehändigt werden. Der gute Glaube des Kommittenten an das Eigentum oder die Verfügungsberechtigung des Kommissionärs wird dann bei einem Inhaberpapier nach § § 932 BGB, 366 H G B und bei einem Orderpapier nach § 365 HGB, § 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G geschützt. Ein Eigentumserwerb auf Grund von § 18 Abs. 3 liegt in diesem Falle aber nicht vor. Die mangelnde Verfügungsberechtigung kann durch Genehmigung (§ 185 Abs. 2 BGB) rückwirkend geheilt werden. Erwirbt der Kommissionär die Stücke (Eigentum oder Verfügungsbefugnis) erst nach Absendung des Stückeverzeichnisses, wird der Kommittent in diesem Augenblick Eigentümer ( § 1 8 5 Abs. 2 Fall 2 BGB). Gleiches gilt für den seltenen Fall, daß der Kommissionär die Stücke unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers erwirbt. Der Kommittent wird mit Eintritt der Bedingung (ex nunc) Eigentümer. 376

Stückeverzeichnis

S 18

38, 39

3. Im Stückeverzeichnis bezeichnete Wertpapiere Das Eigentum kann nur unter der Voraussetzung auf den Kommittenten 3 8 übergehen, daß die Wertpapiere in dem Stückeverzeichnis so genau bezeichnet sind, daß sie daraufhin aus sonstigen Beständen des Kommissionärs ausgesondert werden können (vgl. dazu Rdn. 2 1 ff). Ferner ist Voraussetzung, daß die Wertpapiere ohne Einhaltung besonderer Formen übertragbar sind ( S c h l e g e l bergir-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 19). Bei Inhaberpapieren sowie Namenspapieren (Orderpapieren) mit Blankoindossament ist dies der Fall. Dagegen bewirkt die Absendung des Stückeverzeichnisses bei nicht blanko-indossierten Namenspapieren, vinkulierten Namensaktien und Kuxen allein noch nicht den Ubergang des Eigentums (vgl. ζ. B. § 68 AktG). Hier müssen Indossament, Genehmigung der Gesellschaft oder Abtretung hinzukommen (vgl. auch § 1 Rdn. 5 ff; zur Übertragung von Kuxen siehe Ebel-Weller § 105 Anm. 1). Diese sich aus der Rechtsnatur dieser Wertpapiere ergebenden Formvorschriften sollten durch die Regelung in § 18 Abs. 3 nicht beseitigt werden (QuassowshiSchröder § 18 Anm. D I; Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 138 m. w. N.). Auch bei ausländischen, im Inland verwahrten oder zu verwahrenden Wertpapieren kann das Eigentum auf Grund der Absendung eines Stückeverzeichnisses nach § 18 Abs. 3 übergehen. Nach deutschem internationalen Privatrecht entscheidet die für das verbriefte Recht maßgebende Rechtsordnung, ζ. B. bei einer Aktie das Recht am Sitz der Gesellschaft, ob und in welcher Form das verbriefte Recht übertragen werden kann (vgl. Kegel S. 2 3 4 ) . W i r d das verbriefte Recht durch Ubereignung der Urkunde übertragen, so richtet sich die Eigentumsübertragung jedoch nach der Rechtsordnung desjenigen Staates, in dessen Gebiet sich die Urkunde befindet (lex rei (cartae) sitae = Recht der belegenen Sache; vgl. Kegel S. 2 8 4 sowie § 22 Rdn. 17 f). Diese Voraussetzungen erfüllen in erster Linie Inhaberpapiere, aber auch Order(Namens)papiere, soweit sie durch Übergabe der blankoindossierten Urkunde übertragen werden können (vgl. dazu § 1 Rdn. 2 4 ff, § 22 Rdn. 17 f m. w. N.). Ob die betreffende ausländische Rechtsordnung eine Übereignung durch Absendung des Stückeverzeichnisses kennt, ist unerheblich. Darauf kommt es nur dann an, wenn die Wertpapiere im Ausland angeschafft und verwahrt werden (vgl. Ç 22 Rdn. 11 ff, 21). 4. Absendung des Stückeverzeichnisses Der Eigentumsübergang ist allein an die Absendung des Stückeverzeich- 3 9 nisses geknüpft. Auf einen Übereignungswillen des Kommissionärs kommt es nicht an. Die Absendung ist zunächst eine rein tatsächliche Handlung: Einwurf in Briefkasten, Aufgabe bei der Post, bei Postabholern Bereithalten am Schalter zur Abholung, Einlegen in Abholerschließfach, etc. Zugang oder Kenntnisnahme durch den Kommittenten ist nicht erforderlich. Der Eigentumsübergang ist nicht an ein „Ubersenden", sondern allein an das „Absenden" geknüpft. Da sich aus dieser Handlung aber kraft Gesetzes Rechtsfolgen er377

§ 18 40

2. Abschnitt. Einkaufskommission

geben, ist die Absendung eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung mit der Folge, daß die Vorschriften über Rechtsgeschäfte wie z . B . die § § 104ff, I 19ff, 134, 138 BGB entsprechend anwendbar sind {Quassou/ski-Schröder §18 Anm. D I; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 21; Schönle S. 2 37; für die Anwendung dieser Vorschriften muß man aber nicht, wie Opitz § 18 Bern. 8, in der Absendung eine Willenserklärung des Kommissionärs an sich selbst als Vertreter ( ?) des Kommittenten sehen). Die Frage der Irrtumsanfechtung nach § § 119 ff BGB wird ζ. B. dann bedeutsam, wenn der Kommissionär falsche oder zuviele Stückenummern in dem Stückeverzeichnis aufgeführt hat, die den Kommissionsvertrag und seiner Ausführung nicht entsprechen. Ging der Auftrag auf Kauf von 100 X-Aktien, sind im Stückeverzeichnis aber Stückenummern von 200 X-Aktien aufgeführt, so erwirbt, sofern der Kommissionär über X-Aktien in dieser Menge verfügen kann, der Kommittent an den angegebenen Aktien Eigentum nach § 18 Abs. 3. Die Folgen des Irrtums des Kommissionärs lassen sich nur durch eine Anfechtung der Absendung des Stückeverzeichnisses rückgängig machen. Die Anfechtung muß dem Kommittenten gegenüber erklärt werden ( § § 142, 143 BGB). Dies geschieht zweckmäßigerweise durch eine schriftliche Mitteilung des Kommissionärs an den Kommittenten dahin, daß bei der Erstellung des Stückeverzeichnisses ein Irrtum unterlaufen sei und es infolgedessen angefochten („storniert") werde. Gleichzeitig ist dem Kommittenten ein neues Stückeverzeichnis zu übersenden. Mit der Anfechtung wird der Eigentumsübergang rückgängig gemacht (§ 142 BGB). Die Rechtsfolgen des § 25 (Zurückweisung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung) stehen dem Kommittenten nicht zu, sofern ihm nunmehr unverzüglich ein richtiges Stückeverzeichnis übersandt wird, auch wenn die Anfechtung des fehlerhaften Stückeverzeichnisses erst nach Ablauf der Frist des § 18 Abs. 1 und 2 erklärt wurde, da bei einer Anfechtung allenfalls ein Vertrauensschaden nach § 122 BGB zu ersetzen ist. Dieser könnte ζ. B. dann gegeben sein, wenn der Kommittent auf Grund des fehlerhaften Stückeverzeichnisses seinerseits bereits wieder disponiert hätte. Enthält das Stückeverzeichnis erhebliche Abweichungen gegenüber dem Kaufauftrag, ist regelmäßig auch die Geltendmachung des Vertrauensschadens nach § 122 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, da der Kommittent die Abweichung hätte erkennen müssen. Der Eigentumsübergang ist auch nach § § 29 ff KO oder nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbar (Quassowski-Schröder § 18 Anm. D I). 40

Wurde das Stückeverzeichnis an jemanden abgeschickt, der überhaupt keine Kauforder erteilt hatte, oder sind in dem Stückeverzeichnis Wertpapiere ganz anderer Art, als nach dem Auftrag des Kunden anzuschaffen waren, aufgeführt, tritt keine eigentumsübertragende Wirkung ein. Dies folgt daraus, daß das Eigentum an Wertpapieren durch Absendung eines Stückeverzeichnisses nur im Rahmen eines konkreten Kommissions- oder Eigenhandelsverhältnissses übergeht (vgl. Rdn. 36). Nur wenn irrtümlich falsche (ζ. B. durch Schreibfehler) oder zuviele Stückenummern (aber von Wertpapieren der geschuldeten 378

Stückeverzeichnis

§ 18 41,42

Gattung) aufgegeben werden, geht an diesen Stücken Eigentum über, soweit der Kommissionär über diese Stücke verfügungsberechtigt ist. Bei zuvielen Stückenummern deshalb, weil ein Teil der aufgeführten Wertpapiere auf alle Fälle zur Erfüllung des Kommissionsauftrages bestimmt ist, jedoch nicht allein aus dem Stückeverzeichnis heraus bestimmbar ist, welche Stücke dies sind. Uberträgt ein unrichtiges Stückeverzeichnis kein Eigentum nach § 18 Abs. 3, erübrigt sich zwar eine Anfechtung; der Empfänger sollte zusammen mit der Ubersendung des richtigen Stückeverzeichnisses jedoch von dem Irrtum unterrichtet werden. Zu einer Erinnerung gegen ein unrichtiges Stückeverzeichnis ist der Kommittent nicht verpflichtet, um seine Rechte zu wahren. Im Rahmen des § 28 gelten Ziff. 7, 32 AGB der Banken nicht (siehe Rdn. 26). Werden Stückeverzeichnisse über dieselben Wertpapiere an verschiedene Kommittenten abgesandt, erwirbt nur derjenige Kommittent, an den es'zuerst abgegangen ist, Eigentum nach § 18 Abs. 3. Bei gleichzeitiger Absendung oder wenn die zeitliche Reihenfolge nicht mehr festgestellt werden kann (eventuellen vorherigen Eigentumsübergang nach BGB berücksichtigen), erwerben die Kommittenten Miteigentum {Quassowskj-Schröder § 18 Anm. D i l 1; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 21; Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 138 m. w. N.). Der Kommissionär hat jedoch in diesem Fall seine ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt. Da es für den Eigentumsübergang nach § 18 Abs. 3 auf den Willen des 4 1 Kommissionärs nicht ankommt, wird die Auffassung vertreten, daß ein mit der Übersendung des Stückeverzeichnisses erklärter Eigentumsvorbehalt gegenüber dem Kommittenten wirkungslos bleibt (Ratz in RGR Komm. z. HGB Anh. II zu § 424 Anm. 139; Quassowski-Schröder § 1 8 Anm. D II 3; Schlechtriem S. 33 f, vgl. aber S. 50). Dem ist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 18 zuzustimmen. Anders als im Falle der Erteilung einer Girosammelgutschrift (vgl. § 24 Rdn. 22) besteht auch kein praktisches Bedürfnis, den Eigentumsübergang nach § 18 Abs. 3 mit einer Zeitbestimmung zu versehen, d. h. vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig zu machen. Eine Rationalisierung läßt sich hierdurch im Gegensatz zur Girosammelgutschrift nicht erreichen. Dem Sicherungsbedürfnis des Kommissionärs trägt das Pfandrecht nach Ziff. 19 seiner AGB ausreichend Rechnung. Der Kommittent erwirbt die Wertpapiere bereits mit dem AGB-Pfandrecht belastet, und zwar auch nach § 18 Abs. 3. Zur Praxis des Eigentumsvorbehalts unter der Geltung des Depotgesetzes 1896 vgl. Schütz BankArch. 1923/24, 128 ff. II. Eigentumsübertragung auf Grund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts Der Eigentumsübergang durch Absendung des Stückcverzeichnisses findet 4 2 nur dann statt, wenn das Eigentum nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf den Kommittenten übergegangen ist (§ 18 Abs. 3). In diesem Fall hat der Kommissionär gleichwohl ein Stückeverzeichnis Zu 379

§ 18 43

2. Abschnitt. Einkaufskommission

übersenden, da das Stückeverzeichnis nicht nur Eigentum übertragen, sondern auch den Kommittenten vom Eigentumsübergang unterrichten und darüber hinaus für ihn den Nachweis des Eigentumsüberganges sichern soll (Quassowski-Schröder § 18 Anm. Β I 2; vgl. auch die amtl. Begr.). Beim Eigentumsübergang sind zwei Problemkreise zu unterscheiden: einmal die verschiedenen Möglichkeiten der Ubereignung nach bürgerlichem Recht ( § § 929, 930, 9 3 1 BGB), zum anderen die Frage, ob der Kommissionär im Zuge der Ausführung der Kommission selbst Eigentum erwirbt, bevor er es weiterüberträgt (sogen. Durchgangseigentum), oder ob der Kommittent direkt Eigentümer wird. 1. Formen des Eigentumsüberganges vom Kommissionär auf den Kommittenten 43 Der wesentliche Unterschied zwischen einem Eigentumsübergang nach bürgerlichem Recht und der Ubereignung nach § 18 Abs. 3 durch Absendung eines Stückeverzeichnisses besteht darin, daß der Eigentumsübergang nach BGB an rechtsgeschäftliche Willenserklärungen und die Ubergabe der Stücke oder die gesetzlich vorgesehenen Ubergabesurrogate (Besitzmittlungsverhältnis, § 9 3 0 BGB, oder Abtretung des Herausgabcanspruchs, § 9 3 1 BGB) gebunden ist. Soweit sich derartige Willenserklärungen und Ubergabehandlungen — gegebenenfalls durch schlüssiges Verhalten — nicht feststellen lassen, findet ein Eigentumsübergang nach BGB nicht statt. Geht man von der Praxis des Wertpapiergeschäfts, insbesondere in großen Instituten, aus, ist es nicht unzweifelhaft, ob man von rechtsgeschäftlichen Erklärungen im Sinne von § § 9 2 9 f f BGB noch sprechen kann. In der Praxis herrscht die Auffassung vor, daß das Eigentum mit der Absendung des Stückeverzeichnisses oder Erteilung der Girosammelgutschrift kraft Gesetzes übertragen wird, so daß es schon am Bewußtsein einer rechtsgeschäftlichen Erklärung fehlen kann, die auch durch das in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. RG BankArch. 1937/38, 4 6 0 ) immer wieder hervorgehobene Kenntlichmachen des Übertragungswillens durch Bänderung, Depotbuchung etc. nicht ersetzt wird. Die generelle Pflicht zur Übersendung eines Stückeverzeichnisses oder Erteilung einer Girosammelgutschrift spricht heute mehr denn je dafür, daß die Angestellten der Kreditinstitute, auf deren Willensrichtung es ankommt, lediglich dem Stückeverzeichnis oder der Girosammelgutschrift rechtsübertragende Wirkung beimessen. Andererseits darf man jedoch auch die Anforderungen an die zur Eigentumsübertragung erforderlichen Willenserklärungen nicht zu hoch ansetzen. Ausgangspunkt ist die Tatsache, daß ein Kommissionär, der einen Kaufauftrag ausführt, zur schnellstmöglichen Eigentumsverschaffung verpflichtet ist. Auf einen raschen Eigentumserwerb ist auch das Interesse des Kommittenten gerichtet. Schon bei Auftragserteilung läßt sich also u. U. das erforderliche Bewußtsein des „Einigseins" über den späteren Eigentumsübergang — § 9 2 9 BGB — feststellen (antezipierte Einigung), zumindest aber die 380

Stückeverzeichnis

§ 1 8 44, 45

Ermächtigung seitens des Kommittenten, alles zum Eigentumsübergang Erforderliche in die W e g e zu leiten (Vollmacht und Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, § § 164, 181 BGB). Nach außen kenntlich gemacht wird die Einigung regelmäßig zusammen mit der Bänderung und nummernmäßigen Erfassung der Wertpapiere unter dem Namen des Kommittenten. a) Einigung und Übergabe (§ 9 2 9 BGB) Der Normalfall der Ubereignung nach bürgerlichem Recht durch Einigung 4 4 und Ubergabe (§ 9 2 9 B G B ) ist beim Wertpapierkommissionsgeschäft auf die Fälle der Auslieferung effektiver Stücke, insbesondere auf Tafelgeschäfte, beschränkt. Die Übersendung eines Stückeverzeichnisses ist dann nicht erforderlich. Voraussetzung ist aber, daß der Kommissionär die Stücke innerhalb der Frist von einer Woche abholt, die sonst für die Übersendung des Stückeverzeichnisses gelten würde (§ 23). Holt der Kommittent die Stücke allerdings nicht vereinbarungsgemäß innerhalb dieser Frist ab, hat der Kommissionär ein Stückeverzeichnis zu übersenden, sofern nicht der Kommittent gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt (vgl. auch § 23 Rdn. 6). b) Einigung und Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§§ 9 2 9 , 9 3 0 BGB) Der häufigste Fall einer Übereignung der Wertpapiere nach bürgerlichem 4 5 Recht dürfte in der Eigentumsübertragung nach § § 9 2 9 , 9 3 0 B G B liegen, d. h. durch Einigung und Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (Verwahrung, § § 8 6 8 , 6 8 8 BGB). Sowohl die Einigung als auch die Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses können bei Abschluß des Kommissionsvertrages — Ordererteilung — erfolgen (antezipiert) oder aber bei Abwicklung des ausgeführten Auftrags durch Insichgeschäft (Selbstkontrahieren). Denkbar ist auch eine Kombination beider Möglichkeiten, ζ. B. antezipierte Einigung und Besitzmittlungsverhältnis durch Insichgeschäft oder umgekehrt (vgl. ζ. B. KGZ 116, 198; Einzelheiten siehe z . B . bei Werdermann S. 34ff; Schönte S. 2 3 8 f ; Schlegelberger-Hefermehl § 383 Anm. 56 f). Wenn der Kommittent die Wertpapiere durch den Kommissionär verwahren lassen will, wird man letzteren für bevollmächtigt halten dürfen, mit sich selbst als Vertreter des Kommittenten ( § § 164, 181 B G B ) die Übereignung vorzunehmen, d . h . die Einigung zu erklären und den Verwahrungsvertrag abzuschließen (SchmidtKimpier S. 9 3 4 ) . Der Kommissionär ist insoweit vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit (KG BankArch. 1937/38, 4 6 0 ) , zumal er in Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt (Schmidt-Rimpler S. 93 3). Die für das Selbstkontrahieren notwendige, äußerlich in Erscheinung tretende, den Willen zur Eigentumsübertragung kenntlich machende Ausführungshandlung wurde schon vom Reichsgericht in der Bänderung und/oder Eintragung ins Nummernbuch gesehen (KGZ 52, 130; 6 3 , 4 0 3 ; 116, 198; RG BankArch. 1937/38, 4 6 0 ; vgl. auch Hans. OLG Hamburg M D R 1956, 4 1 6 ) . Es muß jedenfalls 381

§ 1 8 46, 47

2. Abschnitt. Einkaufskommission

durch eine Handlung des Kommissionärs nach außen erkennbar sein, daß dieser das Eigentum an bestimmten Stücken auf den Kommittenten übertragen und künftig diese Stücke als dessen Besitzmittler besitzen will ( S c h l e g e l b e r g e r Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 22). Eine Depotbuchung ohne gleichzeitige Eintragung von Stückenummern ins Nummernbuch oder zumindest Aussonderung bestimmter Stücke für den Kommittenten zur Streifbandverwahrung reicht dazu aber nicht aus, selbst wenn dem Kommittenten eine Buchungsanzeige übersandt wird (RGZ 116, 198, 2 0 4 ; Opitz J W 1937, 3 3 0 8 ; a. A. Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 22). Es wäre nicht erkennbar, welche konkreten Stücke dem Kommittenten gehören sollen (vgl. auch Quassomki-Schröder § 18 Anm. Β I 2). Hat das vom Kunden beauftragte Kreditinstitut den Auftrag seinerseits an ein anderes Kreditinstitut weitergegeben und verwahrt dieses auch die Wertpapiere, kann das erstbeauftragte Kreditinstitut ebenfalls nach § § 9 2 9 , 9 3 0 B G B Eigentum auf seinen Kunden übertragen (mehrstufiges Besitzmittlungsverhältnis). Es ist jedoch unerläßlich, daß das erstbeauftragte Kreditinstitut vom ausführenden und verwahrenden Kreditinstitut ein Nummernverzeichnis erhält und die entsprechenden Stückenummern in sein Nummernbuch unter dem Namen des Kunden verbucht (RGZ 116, 198; unklar Quassovski-Schröder § 18 Anm. Β I 2 a. E.).

46

47

c) Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs (§§ 9 2 9 , 9 3 1 BGB) Ist der Kommissionär nur mittelbarer Besitzer, kann eine Ubereignung auch nach § § 9 2 9 , 9 3 1 B G B durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs erfolgen. Es muß sich jedoch hierbei um den Herausgabeanspruch auf Grund eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen Kommissionär und einem Drittçn ( § § 8 6 8 , 8 7 0 B G B ) oder um den Herausgabeanspruch nach § 9 8 5 B G B handeln (str., vgl. Palandt-Degenhart § 9 3 1 Anm. 3). Der schuldrechtliche Verschaffungsanspruch des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft mit dem Dritten erfüllt diese Voraussetzung nicht, solange der Kommissionär das Eigentum nicht erworben hat (KG W M 1959, 1227). 2. Eigentumsübergang ohne Zwischenerwerb des Kommissionärs Eigentum an den gekauften Wertpapieren kann der Kommittent auch ohne einen Zwischenerwerb des Kommissionärs unmittelbar vom Veräußerer, dem Kontrahenten des Kommissionärs oder dessen Kunden, erwerben. Im Normalfall eines Effektengeschäfts erfährt der Dritte, mit dem der Kommissionär das Geschäft abschließt, nicht, wer letztlich Eigentümer der Wertpapiere werden soll. Die Person des Erwerbers ist ihm und seinem Kunden, für den er die Wertpapiere als Verkaufskommissionär verkauft, regelmäßig auch gleichgültig. Hat dazu der Einkaufskommissionär den nach außen erkennbaren Willen, das Eigentum an den Wertpapieren unmittelbar für den Kommittenten zu erwerben, kann das Eigentum unmittelbar vom Veräußerer auf den Kommittenten als Erwerber durch „Ubereignung an den, den es angeht" übergehen (näher 382

Stückcverzeichnis

§ 18 48,49

hierzu und zu anderen, aber weitgehend theoretischen Möglichkeiten des unmittelbaren Eigentumsüberganges Werdermann S. 5 3 ff; vgl. ferner Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 22 m. w. N.). In der Literatur zur Effektenkommission findet sich die Auffassung, im 4 8 bankgewerblichen Einkaufskommissionsgeschäft sei es nicht die Regel, daß der Kommissionär zunächst das Kommissionsgut für seine Person zu Eigentum erwerbe und erst in Abwicklung des Kommissionsgeschäfts weitergebe; die Regel sei vielmehr, daß der Einkaufskommissionär ohne Durchgangseigentum die angeschafften Wertpapiere direkt für den Einkaufskommittenten erwerbe (so Ratz in R G R Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 137 unter Hinweis auf Opitz § 18 Bern. 6; Schindelwck W M 1960, SonderbeÜage Nr. 10, S. 10; Wessel W M 1954, 77; a. A. Schönle S. 2 3 9 f ; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 3 8 3 Anm. 22 — mitunter Direkterwerb). Diese Ansicht wird insbesondere von Opitz im Zusammenhang mit Entscheidungen zur Rückerstattung vertreten (vgl. Opitz N J W 195 1, 582, Z K W 195 1, 564, Z K W 1952, 183, Z K W 1958, 127, Z K W 1959, 9 6 5 ) . Seine Argumente beziehen sich allerdings in erster Linie auf die Verkaufskommission. Für die Einkaufskommission solle „Entsprechendes" gelten (vgl. Opitz Z K W 195 1, 5 6 4 Fn. 6). Dies erscheint vertretbar, wenn Käufer und Verkäufer Kunden ein und desselben Kreditinstituts sind, dieses also zugleich Einkaufs- und Verkaufskommissionär ist und die Aufträge daher kompensiert. Die Kompensation von Kauf- und Verkaufsaufträgen von amtlich notierten Aktien innerhalb des Kreditinstituts ist auch nach der Neufassung der Ziff. 29 A G B der Banken und Ziff. 2 9 A G B der genossenschaftlichen Kreditinstitute über das Selbsteintrittsrecht noch möglich. Das Kreditinstitut gibt allerdings beide Aufträge „als Kompensation" an die Börse. Der Kursmakler setzt dann auf der Schlußnote jeweils dasselbe Kreditinstitut als Kontrahent für Kauf und Verkauf ein, so daß im Ergebnis dieselbe Situation wie bei einer Kompensation unter Umgehung der Börse eintritt. Befinden sich außerdem die Wertpapiere des verkaufenden Kunden bereits bei dem Kreditinstitut in Streifbandverwahrung, dürfte das Eigentum direkt vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Ein solcher Sachverhalt wird in der Regel den Stellungnahmen, die sich für einen direkten Erwerb aussprechen, zugrunde gelegt (vgl. z . B . Schlegelberger-Hefermehl § 4 0 0 Anm. 31; Opitz vVM 1953, 389). Von der Kompensation von Kundenaufträgen in der vorstehenden Weise 4 9 abgesehen ist die Frage des Durchgangserwerbs oder Direkterwerbs nach folgenden Kriterien zu beantworten: Hat der Kommissionär den Willen gehabt, unmittelbar für den Kommittenten Eigentum zu erwerben, und ist dieser Wille nach außen erkennbar in Erscheinung getreten, so findet ein Durchgangserwerb beim Kommissionär nicht statt (so ζ. B. KG W M 1956, 1271 f; OLG Celle W M 1954, 523). Das Eigentum geht unmittelbar vom Veräußerer auf den Kommittenten über. Anderenfalls wird der Einkaufskommissionär zwischenzeitlich Eigentümer. Diese Eigentümerstellung ist dann auch nicht 383

§ 18

50, 51

2. Abschnitt. Einkaufskommission

irgendwie abgeschwächt, sondern volles Eigentum. Der Kommittent wird durch § 32 ausreichend geschützt. Das von Opitz ( N J W 195 1, 582) zur Vermeidung von Rückerstattungsansprüchen entwickelte „gebundene Durchgangseigentum" oder „Zwischeneigentum", das nicht als „voll" angesehen werden dürfte, widerspricht dem System der dinglichen (absoluten) Rechte und wurde auch von den Gerichten nicht anerkannt (OLG München WM 1956, 876; BGH W M 1959, 9 9 9 für den Eigenhandel). 50 Aus der Praxis des Effektengeschäfts heraus läßt sich allerdings schon die Willensrichtung der Kreditinstitute als Einkaufskommissionäre häufig nicht mit Sicherheit bestimmen. Selbst der Gesichtspunkt der möglicherweise mangelnden Deckung auf dem Konto des Kunden ist im Normalfall weder nach der einen noch der anderen Seite ausschlaggebend, da das Kreditinstitut nach den AGB zunächst an dem schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruch des Kommittenten ein Pfandrecht hat, das sich dann an den angeschafften und verwahrten Wertpapieren fortsetzt ( R G Z 116, 198). Das Interesse an einer unmittelbaren Eigentumsverschaffung für den Kommittenten fehlt ζ. B. dann, wenn das Kreditinstitut nach den § § 19 ff berechtigt ist, die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Ubereignung auszusetzen. In diesen Fällen will das Kreditinstitut mit Sicherheit zunächst selbst Eigentum erwerben (vgl. Schindelvick W M 1960, Sonderbeilage Nr. 10, S. 10). Für einen Direkterwerb durch den Kommittenten spricht die Verpflichtung des Kommissionärs, dem Kommittenten unverzüglich Eigentum zu verschaffen. Die Einhaltung dieser Verpflichtung wird vom Depotprüfer überwacht. Ein Direkterwerb führt in aller Regel schneller zum Eigentumserwerb durch den Kommittenten, als dies bei einem Durchgangserwerb des Kommissionärs der Fall ist. 51 Selbst wenn man von einem grundsätzlichen Willen der Kreditinstitute, direkt für die Kunden Eigentum zu erwerben, sprechen kann, läßt die technische Abwicklung der Effektengeschäfte diesen Willen häufig nicht nach außen hinreichend erkennbar werden. Zumindest für die Verschaffung von Alleineigentum an einzelnen Wertpapieren läßt sich angesichts der technischen Abwicklung des Effektengeschäfts die Auffassung, das Eigentum gehe direkt auf den Kommittenten über, kaum begründen. Gleichartige Kundenaufträge, d. h. in derselben Wertpapiergattung und mit demselben Kurslimit oder ohne Limit, werden teilweise zusammengefaßt an der Börse ausgeführt. Der Kontrahent liefert als Erfüllung den Gesamtbetrag, so daß der Kommissionär erst eine Aufteilung vornehmen muß, ehe feststeht, an welchen Stücken Eigentum auf welchen Kommittenten übergeht. Auch die Ubereignung an den, den es angeht, setzt aber voraus, daß auf der Erwerberseite im Augenblick der Ubergabe der Stücke durch den Veräußerer klar ist, auf wen das Eigentum übergehen soll. Hiervon ist man als selbstverständlicher Voraussetzung stets ausgegangen (RGZ 100, 190). Eine „Vertretung für den, den es angeht", gibt es nicht. Die unter dem Gesichtspunkt des § 164 Abs. 2 BGB ohnehin nicht zweifelsfreie Konstruktion der Ubereignung an den, den es angeht, ist jeden384

Stückeverzeichnis

§ 18 52

falls dann nicht anwendbar, wenn sich im Augenblick der Übertragung nicht der Vertretungswille auf eine bestimmte Person konkretisiert (Schönte S. 239) und nach außen erkennbar wird (vgl. RGZ 140, 223). Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verlangt aber nicht nur, daß dazu feststeht, auf welche Person Eigentum übergeht, sondern auch, an welchen Stücken es auf welche Person übergeht. Dies läßt sich jedoch auch durch eine Heranziehung der einzelnen Orderbelege oder der bereits vorgenommenen Depotbuchungen nicht feststellen. Erst bei Aufteilung der gelieferten Wertpapiere auf die einzelnen Kunden tritt in diesen Fällen eine ausreichende Konkretisierung ein. Dies kann jedoch bis zu einer Woche nach Belieferung des Geschäfts (Frist des § 18 Abs. 1) sein. Wollte man unter diesen Umständen gleichwohl an einem direkten Eigentumserwerb des Kommittenten festhalten, würde auf der anderen Seite auch der Veräußerer erst in diesem Augenblick sein Eigentum verlieren. Ein solches Ergebnis geht jedoch im Regelfall an der Praxis vorbei (so auch OLG Celle W M 1954, 523), zumal die Belieferung der Börsengeschäfte heute weitgehend stückelos erfolgt. Noch kritischer wird ein Direkterwerb dann, wenn sich in dem „Auftragsbündel" auch Aufträge für eigene Rechnung befinden. Der von Wessel ( W M 1954, 75) aufgezeigte Weg, wenigstens den direkten Erwerb eines Miteigentumsanteils an der Gesamtlieferung anzuerkennen, mag zwar unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lösung im Wertpapierbereinigungsverfahren verständlich sein, für die normale Praxis des Effektengeschäfts dürfte er jedoch nur theoretische Bedeutung haben. Hinzukommt, daß die Geschäfte zwischen Börsenkontrahenten soweit als 5 2 möglich durch Übertragung von Miteigentumsanteilen am Girosammelbestand beliefert werden (vgl. z. B. § 15 Abs. 1 Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse, § 9 Abs. 1 Usancen der Ständigen Kommission für Angelegenheiten des Handels in amtlich nicht notierten Werten). Die Lieferung von effektiven Stücken ist demgegenüber, soweit der betreffende Wert girosammelverwahrfähig ist, zweitrangig. Wird aber das Geschäft durch Übertragung eines Girosammelbestandanteils erfüllt und hat der Einkaufskommissionär die angeschafften Wertpapiere in Sonderverwahrung zu nehmen und daher ein Stückeverzeichnis zu übersenden, muß er zunächst von der Wertpapiersammelbank entsprechende Stücke abfordern oder seinem Vorgirodepot entnehmen. Allein auf Grund der Umbuchung der Girosammelanteile beim Kassenverein kann dem Kommittenten noch kein Eigentum an einzelnen Wertpapieren verschafft werden, da eine hinreichende Bestimmung fehlt, sofern nicht ausnahmsweise der gesamte GS-Bestand des Kommissionärs auf einen Kommittenten übergehen soll (vgl. OLG Düsseldorf W M 1970, 765). Eine Übereignung an den, den es angeht, scheidet damit im Regelfall schon aus Gründen der technischen Abwicklung der Aufträge aus (vgl. auch Schlegelberger-Hefermebl Anh. zu § 383 Anm. 22; Schmie S. 239 f sowie OLG Celle W M 1954, 523 mit Hinweis auf die Börsenusancen). Da der Veräußerer (Verkaufskommissionär) Miteigentum am Sammelbestand überträgt und dieses 385

§ 18

53

2. Abschnitt. Einkaufskommission

mit der Buchung beim Kassenverein übergeht, käme eine Übereignung an den, den es angeht, allenfalls in der Form in Betracht, daß der Einkaufskommissionär diesen Miteigentumsanteil nach § § 9 2 9 , 9 3 0 , 181 B G B für den Kommittenten erwirbt (vgl. den Ansatz bei OLG Celle W M 1954, 525). Läßt sich diese Konstruktion noch vertreten, wenn der Kunde Sammelverwahrung wünscht (siehe § 2 4 Rdn. 7), wirkt sie bei vereinbarter Sonderverwahrung theoretisch, weil das Kreditinstitut diesen Miteigentumsanteil des Kunden noch in Sondereigen tum an einzelnen Stücken umwandeln müßte. Voraussetzung wäre jedenfalls, daß die Depotbuchung des Kreditinstituts nicht später als die Buchung des Kassenvereins erfolgt. Diese Voraussetzung dürfte bei großen Kreditinstituten zwar gegeben sein (tagesgleiche Buchung). Doch wird dem Kunden regelmäßig in der kombinierten Ausführungs-, Abrechnungs- und Buchungsanzeige sofort als Verwahrart „Streifband" mitgeteilt. Für die vorherige Verschaffung eines Miteigentumsanteils fehlt es daher regelmäßig an äußerlicher Erkennbarkeit (vgl. auch OLG Düsseldorf W M 195 3, 6 1 8 für die Vereinbarung effektiver Auslieferung). Anders kann es aber im Fall der Girosammelgutschrift sein (siehe dazu § 24, Rdn. 36 ff). Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall ein direkter Eigentumsübergang stattfinden kann. Dem steht nicht die Tatsache des Selbsteintrittsrechts entgegen. Der Selbsteintritt betrifft zunächst nur die schuldrechtliche Seite der Ausführung des Kommissionsauftrages und läßt die dingliche Seite des Eigentumsüberganges unberührt (Opitz W M 195 3, 389). Schuldrechtlich hat zwar der selbsteintretende Kommissionär die Wertpapiere wie ein Verkäufer zu liefern. Auf welche Weise er jedoch dem Kommittenten Eigentum verschafft, ist seine Sache. Das Eigentum kann unmittelbar von einem Dritten auf den Kommittenten übergehen (a.A. offenbar Schönle S. 2 4 0 ) . Entscheidend ist allein, ob ein entsprechender Wille des Kommissionärs, für den Kommittenten direkt Eigentum zu erwerben, durch die tatsächliche Abwicklung des Effektengeschäfts gedeckt wird, zumal das Kreditinstitut keineswegs pflichtwidrig handelt, wenn es zunächst selbst Eigentum erwirbt (Schlegelberger-Hefermehl § 383 Anm< 59). In der amtlichen Begründung zu § 18 heißt es auch ausdrücklich, daß man wegen der Vielgestaltigkeit der tatsächlichen Verhältnisse im Wertpapiergeschäft gerade davon abgesehen hat, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen generellen unmittelbaren Eigentumserwerb des Kommittenten zu schaffen, zumal der Kunde durch die Pflicht zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses — verbunden mit dem Konkursvorrecht des § 32 — hinreichend geschützt wird. In jedem Fall ist jedoch genauestens zu prüfen, ob die technische Abwicklung des Effektengeschäfts den Willen zum Direkterwerb für den Kunden nach außen erkennbar werden läßt. Die Feststellung, daß Kundenaufträge getrennt von den eigenen Geschäften verbucht werden und daß die Buchungen auf den Kundendepotkonten sofort vorgenommen werden, reicht dazu nicht (so aber Werdermann S. 7 6 f). Vgl. ergänzend § 6 Rdn. 8 4 ff zum Effektengiroverkehr. 386

Stückeverzeichnis

§ 18

54-56

III. Gutgläubiger Eigentumserwerb Ist der Kommissionär nicht Eigentümer oder zumindest verfügungsberech- 5 4 tigt, wird mit der Absendung des Stückeverzeichnisses auf den Kommittenten kein Eigentum übertragen. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb findet auf der Grundlage des § 18 Abs. 3 nicht statt, da es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Ubereignung handelt und die Absendung des Stückeverzeichnisses nicht der Ubergabe der Wertpapiere gleichgestellt ist (Quassowskß-Schröder § 18 Anm. D II 3; vgl. auch Rdn. 37, 39). Dies wäre jedoch für einen gutgläubigen Erwerb nach § § 932 BGB, 366 HGB bei Inhaberpapieren und § § 36 5 H G B , 68 Abs. 1 AktG, Art. 16 W G bei Orderpapieren erforderlich. Ein gutgläubiger Erwerb ist jedoch möglich, wenn das Eigentum nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts übertragen wird, so vor allem bei effektiver Auslieferung der Stücke nach § § 9 2 9 , 932 BGB. Solange der Kommissionär im Falle des Durchgangserwerbs die ihm nicht gehörenden Stücke in Eigenoder Fremdverwahrung hat, scheidet ein gutgläubiger Erwerb allerdings regelmäßig aus, da der Kommissionär entweder unmittelbaren oder mittelbaren Besitz an den Stücken behält. Der Gutglaubenserwerb nach § § 930, 933 BGB oder § § 931, 9 3 4 BGB setzt jedoch voraus, daß der Veräußerer jeden Besitz, auch nur mittelbaren oder Mitbesitz, verliert (Palandt-Degenhart § 9 3 3 Anm. 1, § 9 3 4 Anm. 1). Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der Dritte, mit dem der 5 5 Kommissionär das Ausführungsgeschäft abgeschlossen hat (Börsenkontrahent), nicht Eigentümer oder Verfügungsberechtigter war. Geht man von einem Durchgangserwerb des Einkaufskommissionärs aus, kommt es darauf an, ob der Einkaufskommissionär gutgläubig Eigentum erworben hat. Dies ist nicht nur dann möglich, wenn der Dritte effektive Stücke liefert, sondern auch, wenn die Belieferung durch Übertragung eines Sammelbestandanteils erfolgt (vgl. dazu § 6 Rdn. 91 und § 24 Rdn. 39). Der Einkaufskommissionär kann dann Eigentum nach § 18 Abs. 3 weiterübertragen. Auf einen gutgläubigen Erwerb des Kommittenten kommt es nicht mehr an. Entsprechendes gilt auch bei einem Direkterwerb des Kommittenten, da der Dritte im Zuge der Belieferung des Geschäfts jeden Besitz an den Stücken oder Sammelbestandanteilen verliert. Maßgebend ist in diesem Fall der gute Glaube des Kommissionärs (§ 166 Abs. 1 Β 3 B ; vgl. auch § 24 Rdn. 39). D. Verbuchung Mit dem Ubergang des Eigentums ist der Kommissionär, vom Fall der 5 6 effektiven Auslieferung abgesehen, zur depotmäßigen Verbuchung verpflichtet ( § § 29, 14). In der Praxis wird durchweg die Depotbuchung im Zuge der Erstellung von Ausführungsanzeige und Abrechnung ohne Rücksicht darauf vorgenommen, daß das Eigentum erst einige Tage später mit Absendung des Stückeverzeichnisses oder Bänderung der Stücke übergeht. Diese Praxis ist nicht zu beanstanden, zumal der Depotbuchung ohnehin nur bei der Girosam387

§ 18

57, 58

2. Abschnitt. Einkaufskommission

melgutschrift nach § 2 4 Abs. 2 eigentumsübertragende Wirkung zukommt (vgl. auch Opitz § 18 Bern. 10). Lediglich im Falle der Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses ist dem Kunden zunächst nur eine Gutschrift in Wertpapierrechnung zu erteilen; vgl. Ziff. 12 Abs. 9 RichtlHinw. Zur Verbuchung im einzelnen siehe § 14 Rdn. 8 ff. E . Rechte des Kommittenten bçi NichtÜbersendung des Stückeverzeichnisses 57

Ubersendet der Kommissionär nicht fristgerecht ein Stückeverzeichnis und hat er die Ubersendung auch nicht wirksam ausgesetzt oder ist von ihr befreit, kann der Kommittent nach § 2 5 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Einzelheiten siehe in den Erläuterungen zu § 2 5.

58

§ 18 bezieht sich nur auf Einkaufskommissionen und Eigenhandelsgeschäfte, die die Anschaffung von Wertpapieren im Sinne von § 1 Abs. 1 zum Gegenstand haben. Auf Schuldbuchforderungen (Wertrechte) ist § 18 nicht anwendbar. Soweit es sich um Einzelschuldbuchforderungen handelt, ergibt sich das schon daraus, daß sie vertretbaren Wertpapieren nicht gleichgesetzt werden können. Sie werden durch Abtretung der schuldrechtlichen Forderung übertragen (vgl. § 4 2 Rdn. 4). Sammelschuldbuchforderungen hat der Gesetzgeber indes durch § 2 der Ersten Sammeldepotverordnung (abgedr. im Anh. IV) Wertpapieren gleichgestellt. Sie sind im Wege der Fiktion als Wertpapiere zu behandeln. In § 6 der Sammelverwaltungsverordnung (abgedr. im Anh. III) wurde allerdings die Anschaffung von Schuldbuchforderungen gesetzlich besonders geregelt, so daß zweifelhaft bleibt, ob sich die Verschaffung von Anteilen an einer Sammelschuldbuchforderung nach § 2 4 des Gesetzes oder nach § 6 dieser Verordnung vollzieht (zur Fortgeltung dieser Verordnung siehe § 42 Rdn. 6). Die Erste Sammeldepotverordnung enthält zwar keine ausdrückliche Regelung, inwieweit Vorschriften der Sammelverwaltungsverordnung durch sie außer Kraft gesetzt wurden. Gleichwohl sind nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori" die Bestimmungen der Sammelverwaltungsverordnung durch die spätere Erste Sammeldepotverordnung insoweit als gegenstandslos anzusehen, als sie darauf beruhen, daß Sammelschuldbuchforderungen zunächst nicht im Wege der Fiktion Wertpapieren gleichgestellt wurden (Einzelheiten siehe in § 4 2 Rdn. 2 0 f). Für die Übertragung des Anteils an der Sammelschuldbuchforderung ist diese Frage praktisch bedeutungslos, da § 6 Abs. 2 der Sammelverwaltungsverordnung § 2 4 Abs. 2 des Gesetzes nachgebildet ist und in beiden Fällen mit der Girosammelgutschrift der Anteil auf den Kommittenten übergeht. Dagegen ist § 6 Abs. 1 dieser Verordnung insoweit teilweise als fortgeltend anzusehen, als er den Kommissionär verpflichtet, dem Kommittenten unverzüglich, spätestens binnen einer Woche nach Erstattung der Ausführungsanzeige (nicht, wie in § 18

F. Schuldbuchforderungen

388

Stückeverzeichnis

§ 18

59,60

Abs. 2 des Gesetzes, nach Ablauf des Bezugszeitraums) einen Anteil an der Sammelschuldbuchforderung zu verschaffen (vgl. im übrigen § 4 2 Rdn. 2 1 , 3 3 ) . Anders als bei der Anschaffung von Wertpapieren, bei welcher der Kom- 5 9 missionär grundsätzlich ein Wahlrecht hat, ob er dem Kommittenten Alleineigentum an bestimmten Stücken oder Miteigentum an einem Sammelbcstand verschaffen will, ist der Kommissionär bei einer Schuldbuchforderung grundsätzlich nicht berechtigt, dem Kommittenten von vornherein ein auf dessen Namen lautendes Schuldbuchkonto eröffnen und die Schuldbuchforderung als Einzelschuldbuchforderung auf den Kommittenten eintragen zu lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Emissionsbedingungen dem Käufer das Wahlrecht einräumen, anstatt der Übertragung eines Anteils an der Sammelschuldbuchforderung sofort die Verschaffung einer Einzelschuldbuchforderung zu verlangen (vgl. § 4 2 Rdn. 21). Enthalten die Emissionsbedingungen diese Bestimmung nicht, muß der Kommittent, der statt des Anteils an der Sammelschuldbuchforderung der Wertpapiersammelbank eine auf seinen Namen lautende Einzelschuldbuchforderung erwerben will, als Anteilsgläubiger der Sammelschuldbuchforderung seinen Ubertragungsanspruch aus § 3 Sammelverwaltungsverordnung, § § 6, 7 D e p o t G geltend machen. Auch wenn der Kunde dieses Verlangen schon bei Auftragserteilung äußert, muß das Kreditinstitut zunächst eine Girosammelgutschrift erteilen; vgl. auch Ziff. 1 1 Abs. 2 RichtlHinw. Erst dann kann es die Umwandlung in eine Einzelschuldbuchforderung veranlassen. Der Kunde muß dazu, soweit nicht bereits geschehen, bei der Bundes- oder Landesschuldenverwaltung einen Kontoeröffnungsantrag stellen. Mit der Umwandlung des Anteils an der Sammelschuldbuchforderung in eine Einzelschuldbuchforderung endet die Verwahrereigenschaft des Kreditinstituts, da nur Summelschuldbuchforderungen als Wertpapiere gelten (§ 2 Erste Sammeldepotverordnung). Der Kunde steht dann nur noch mit dem Schuldner der Schuldbuchforderung in Vertragsbeziehung. D a s Kreditinstitut hat den Girosammelanteil auszubuchen. Vgl. im übrigen § 2 4 Rdn. 45 ff und § 4 2 Rdn. 14, 18, 2 1 . G . Unabdingbarkeit Die sich aus § 18 ergebenden Verpflichtungen des Kommissionärs sind unabdingbar, soweit der Kommittent nicht gewerbsmäßig Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt (§ 28). Der Kommissionär kann also weder die Ubersendung eines Stückeverzeichnisses überhaupt ausschließen, noch die Frist für die Absendung über § 18 Abs. 1 hinaus verlängern oder den Fristbeginn später als in § 18 Abs. 2 bestimmt festlegen (siehe aber Rdn. 28). Er kann sich jedoch nach § 2 4 Abs. 1 durch Erteilung einer Girosammelgutschrift von der Verpflichtung zur Ubersendung eines Stückeverzeichnisses befreien. Die Pflicht zur Ubersendung einer Ausführungsanzeige oder Abrechnung ergibt sich dagegen nicht aus dem Depotgesetz, sondern aus § 3 8 4 Abs. 2 H G B und ist daher grundsätzlich abdingbar. Zu beachten ist bei der Kommission mit 389

60

§ 18 61-63

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Selbsteintritt allerdings § 4 0 2 H G B , der ζ. B. für die Rechenschaftslegung nach § 4 0 0 Abs. 2 bis 5 H G B ein Abbedingen zum Nachteil des Kommittenten ausschließt. 61 Die Unabdingbarkeit nach § 28 hat aber nichts mit der Frage zu tun, in welchen Fällen der Kommissionär von einer Ubersendung des S tückev erzeich nisses — gegebenenfalls zeitweise — beireit ist. In folgenden Fällen braucht kein Stückeverzeichnis übersandt werden (vgl. Opitz § 18 Bern. 9): 1. Aussetzungsbefugnis — § § 1 9 , 2 1 ; 2. Befugnis, das Stückeverzeichnis nur auf Verlangen zu übersenden — § § 2 0 , 21,22; 3. Befreiung wegen Aushändigung oder Wiederveräußerung innerhalb der Übersendungsfrist, auch wegen Zwangsverkaufs aus Pfandrecht — § 2 3; 4. Befreiung durch Girosammelgutschrift — § 2 4 ; 5. Freiwerden bei nachträglicher unverschuldeter Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung — str. bei Selbsteintritt, vgl. § 31 Rdn. 33 — § 3 2 3 B G B ; 6. Freiwerden durch Rücktritt wegen Verzuges des Kommittenten — § 3 2 6 BGB; 7. Freiwerden wegen einverständlicher Aufhebung des Kommissionsvertrages oder wirksamen Widerrufs durch Kommittenten. H . Selbsteintritt und Eigenhandel 62

63

Nach § 3 1 gelten die Bestimmungen des § 18 sinngemäß auch für die Ausführung der Einkaufskommission durch Selbsteintritt und für den Eigenhandel. In der Praxis des Effektengeschäfts sind Selbsteintritt und Eigenhandel die normale Ausführungsart von Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren (siehe Rdn. 14). Zu Einzelheiten der sinngemäßen Anwendung des § 18 auf Selbsteintritt und Eigenhandel siehe die Erläuterungen zu § 31. J . Steuerrechtliche Vorschriften Der Abschluß von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere unterliegt der Börsenumsatzsteuer, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden ( § 1 7 Abs. 1 K V S t G ) . Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind (§ 18 Abs. 1 K V S t G ) . Bei Kommissionsgeschäften gilt nach § 18 Abs. 3 Ziff. 2 K V S t G als Anschaffungsgeschäft sowohl das Geschäft, das der Kommissionär zur Ausführung des Kommissionsauftrages mit einem Dritten abschließt (Ausfuhrungsgeschäft), als auch das Abwicklungsgeschäft mit seinem Kommittenten. D a s Ausführungsgeschäft wird jedoch in aller Regel ein Händlergeschäft und damit steuerfrei sein ( § 2 2 Nr. 1 K V S t G ) . Händlergeschäfte sind Anschaffungsgeschäfte, bei denen alle Vertragsteilnehmer Händler sind ( § 2 0 Abs. 1 K V S t G ) . Händler sind nach § 21 K V S t G : 390

δ 18

Stückeverzeichnis

64

1. 2. 3. 4.

die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Umschuldungsverband Deutscher Gemeinden, Kreditinstitute, auf die die Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen Anwendung finden, sowie vergleichbare ausländische Kreditinstitute, 5. Kursmakler im Sinne des § 30 des Börsengesetzes, an der Börse zugelassene Makler sowie vergleichbare ausländische Makler. Händlereigenschaft haben auch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften ( B G B l . I 1970, 127), da sie nach § 2 dieses Gesetzes Kreditinstitute und ihre Geschäfte nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 K W G Bankgeschäfte sind. Nicht alle Kommissionsgeschäfte im Sinne von § 18 DepotG, bei denen 6 4 der Kommittent kein Händler ist. sind börsenumsatzsteuerpflichtig. Börsenumsatzsteuerfrei sind Geschäfte in Werten, die nicht als Wertpapiere im Sinne von § 19 K V S t G gelten. § 19 K V S t G bestimmt, welche Werte für die Börsenumsatzsteuer als Wertpapiere gelten. Die Vorschrift lautet: § 19 Wertpapiere (1) Als Wertpapiere gelten 1. Schuldverschreibungen (§ 12), 2. Dividendenwette, 3. Anteilscheine an Kapitalanlagegesellschaften und vergleichbare Urkunden ausländischer Unternehmen, deren Geschäftszweck dem der Kapitalanlagegesellschaften entspricht. (2) Als Dividendenwerte gelten Aktien, Kuxe und andere Anteile an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften, Zertifikate über Shares, Aktienanteile, Genußscheine (einschließlich der Zwischenscheine über diese Werte). (3) Den Dividendenwerten stehen Bezugsrechte auf Dividendenwerte gleich.

Die Begriffsbestimmung der Schuldverschreibung im Sinne des Börsenumsatzsteuerrechts enthält § 12 K V S t G : §

12

Schuldverschreibungen (1) Als Schuldverschreibungen gelten Wertpapiere, in denen verzinsliche Forderungsrechte verbrieft sind, wenn die Wertpapiere 1. auf den Inhaber lauten oder 2. durch Indossament übertragen werden können oder 3. in Teilabschnitten ausgefertigt sind oder 4. mit Zinsscheinen (Rentenscheinen) versehen sind. (2) Den Schuldverschreibungen stehen Rentenverschreibungen und Zwischenscheine über Einzahlungen auf die Wertpapiere und solche Schuldbucheintragungen gleich, bei denen der Gläubiger verlangen kann, daß ihm an Stelle seiner Schuldbuchforderung eine Schuldverschreibung erteilt wird. (3) Als Schuldverschreibungen gelten auch im Inland ausgestellte Schuldscheine, wenn sie über Teile eines Gesamtdarlehens ausgestellt sind.

391

§ 18 6 5 - 6 9 65

66

67

68

69

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Nicht zu den Schuldverschreibungen im Sinne dieser Definition gehören ζ. B. Anleihen des Bundes, der Bundespost und Bundesbahn sowie der Länder, die in Form von Schuldbuchforderungen emittiert werden und bei denen die Ausgabe von Einzelurkunden in den Anleihebedingungen ausgeschlossen wird (vgl. § 1 Rdn. 4 5 , § 4 2 Rdn. 37). Anschaffungsgeschäfte über solche Anleihen sind daher börsenumsatzsteuerfrei. W i r d jedoch die Ausgabe von Einzelurkunden in den Anleihebedingungen nicht ausgeschlossen, fallt Börsenumsatzsteuer an, auch wenn der Kommittent durch Girosammelgutschrift einen Anteil an der Sammelschuldbuchforderung erwirbt. Verlangt der Kommittent später die Auslieferung einer Einzelurkunde, löst dies keine erneute Börsenumsatzsteuerpflicht aus (Strodtkoff § 12 Anm. 3). Ist eine Anleihe in einer Globalurkunde verbrieft, fallt Börsenumsatzsteuer auch dann an, wenn die Ausgabe von Einzelurkunden in den Anleihebedingungen ausgeschlossen ist (§ 9a Abs. 3 DepotG). Die Globalurkunde erfüllt die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 K V S t G . Der Handel in Bezugsrechten auf eine Wandelschuldverschreibung ist börsenumsatzsteuerfrei; durch die Ausübung dieses Bezugsrechts wird kein Dividendenwert erworben (Brönner-Kamprad § 19 Anm. 10). Anteilscheine an ausländischen Investmentgesellschaften sind dann „vergleichbare Urkunden ausländischer Unternehmen" im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 3 K V S t G , wenn sie vom Bundesminister der Finanzen generell als vergleichbare Urkunden im Sinne dieser Vorschrift anerkannt werden. Dies setzt voraus, daß sie nach dem Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen vom 2 8 . Juli 1 9 6 9 ( B G B l . I 9 8 6 ) im Bundesgebiet vertrieben werden können (vgl. Brönner-Kamprad § 19 Anm. 11). Neben den Händlergeschäften (vgl. Rdn. 6 3 ) sind im Rahmen des § 18 DepotG folgende Geschäfte von Bedeutung, die von der Besteuerung nach § 22 K V S t G ausgenommen sind: — Geschäfte, die die Zuteilung von Wertpapieren an den ersten Erwerber zum Gegenstand haben (sogen. Ersterwerb, § 22 Nr. 2 K V S t G ) , — Anschaffungsgeschäfte über Schatzanweisungen des Bundes oder eines Landes, wenn die Schatzanweisungen spätestens binnen vier Jahren seit dem T a g des Geschäftsabschlusses fallig werden ( § 2 2 Nr. 4 K V S t G ) , — der Rückerwerb der in § 19 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Wertpapiere durch die Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung des Sondervermögens (§ 22 Nr. 6 K V S t G ) . Erster Erwerber von Wertpapieren ist derjenige, der die Wertpapiere erstmals für eigene Rechnung als Bestandteil seines Vermögens fest übernimmt und dessen Gegenleistung dafür dauernd in das Vermögen der Gesellschaft übergeht (vgl. im einzelnen Strodthoff § 22 Anm. 3 m.w.N., Brönner-Kamprad § 2 Anm. 2 8 ff). W i r d eine Anleihe durch ein Bankenkonsortium piaziert, so ist der Kunde einer im Konsortium vertretenen Bank, der einen Zeichnungs392

Stückeverzeichnis

§ 18

70-72

auftrag erteilt, nur dann Ersterwerber, wenn das Konsortium die Schuldverschreibungen nicht zunächst für eigene Rechnung vom Emittenten übernommen hat. Die Rechtslage entspricht derjenigen bei der Plazierung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter Einschaltung eines Bankenkonsortiums (vgl. im einzelnen § § 26, 27 Rdn. 34 f). Ein nicht im Konsortium vertretenes Kreditinstitut kann seinen Kunden einen steuerfreien Ersterwerb nur dann vermitteln, wenn es die Zeichnungsaufträge im Namen der Kunden ausführt, d. h. in offener Stellvertretung und nicht als Kommissionär, da bei einem Kommissionsgeschäft zwei steuerpflichtige Anschaffungsgeschäfte vorliegen ( § 1 8 Abs. 3 Nr. 2 K V S t G ) und daher bereits das Ausführungsgeschäft den Tatbestand des Ersterwerbs erfüllt (Brönner-Kamprad § 22 Anm. 4, BoruttauSchadeck_ Abschnitt 77b). Das Abwicklungsgeschäft ist steuerpflichtig, da für den Kommittenten kein Ersterwerb mehr vorliegt. Für die steuerliche Anerkennung der offenen Stellvertretung genügt es, wenn das vermittelnde Kreditinstitut die Aufträge „im Namen verschiedener Kunden" weiterleitet. Die Plazierung von Pfandbriefen im W e g e des sogen. Abrufverfahrens führt zu einem steuerfreien Ersterwerb des Bankkunden, wenn im Zeitpunkt des Abrufs von Pfandbriefen ein Auftrag des Kunden bereits vorliegt. Geht der Kundenauftrag erst nach dem Abruf ein, erwirbt das Kreditinstitut die Pfandbriefe für eigene Rechnung. Der Weiterverkauf an den Kunden ist dann ein steuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft (Erlaß des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen vom 1 9 . 9 . 1963 - S . 5 1 4 2 — 2 — V C 2, D B 1963, 1377). Schatzanweisungen des Bundes — auch der Bundesbahn und Bundespost 7 0 — und der Länder können nach § 22 Nr. 4 KVStG börsenumsatzsteuerfrei erworben werden, wenn sie spätestens binnen vier Jahren seit dem Tag des Geschäftsabschlusses an einem im voraus bestimmten Kalendertag gesamtfällig werden. Tilgung in Teilbeträgen nach einem Tilgungsplan genügt nicht, ebenfalls nicht Auslosung innerhalb der Vierjahresfrist (vgl. Brönner-Kamprad § 22 Anm. 7). Kassenobligationen der in § 22 Nr. 4 KVStG genannten Emittenten sind wie Schatzanweisungen zu behandeln (Erlaß des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen vom 13. 4. 1 9 6 0 - S. 5 1 4 3 - 1 - V C 2). Der Rückerwerb von Schuldverschreibungen durch den Emittenten zu 7 1 Tilgungszwecken ist börsenumsatzsteuerfrei. Ein solcher Erwerb stellt keinen (steuerbaren) Kapitalverkehr mehr dar, weil er das verbriefte Recht zum Erlöschen bringt (vgl. Brönner-Kamprad § 18 Anm. 7 m.w.N.). Der Steuermaßstab richtet sich nach § 23 KVStG. Die Steuer wird grund- 7 2 sätzlich vom vereinbarten Preis berechnet, beim Kommissionsgeschäft vom Kurswert der Wertpapiere. Kosten, die durch den Abschluß des Geschäfts entstehen (Provision, Maklergebühren, Spesen) sowie Stückzinsen, soweit sie bei Geschäften über Schuldverschreibungen besonders berechnet werden, bleiben außer Ansatz ( § 2 3 Nr. 1 KVStG). Vgl. im einzelnen ζ. B. Brönner-

Kamprad § 23 Anm. 2 ff. 393

§ § 18 7 3 , 7 4

19

2. Abschnitt. Einkaufskommission

73

Der Steuersatz richtet sich nach § 24 KVStG. Er betragt für Anschaffungsgeschäfte über Dividendenwerte und Schuldverschreibungen grundsätzlich 2,5 vom Tausend, über Schuldverschreibungen des Bundes, der Länder und Gemeinden sowie der sonstigen in § 24 Abs. 1 Nr. 1 KVStG genannten Emittenten 1 vom Tausend, über Anteile an Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 2 vom Tausend (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 KVStG). Die Steuer ermäßigt sich bei Anschaffungsgeschäften, die im Ausland abgeschlossen werden, auf die Hälfte, wenn nur der eine Vertragsteil Inländer ist (§ 24 Abs. 2 KVStG). Nach § 17 Abs. 3 K V S t G gelten Geschäfte, die durch Briefwechsel, Telegramm, Fernsprecher oder Funkspruch zwischen einem Ort des Inlands und einem Ort des Auslands zustandegekommen sind, als im Ausland abgeschlossen. Dies gilt entsprechend für durch Fernschreiber auf diese Weise zustandegekommene Geschäfte ( B r ö n n e r - K a m p r a ä § 17 Anm. 6). Erteilt ζ. B. ein Ausländer (zur Abgrenzung zum Inländer siehe § 17 Abs. 2 KVStG) einem inländischen Kreditinstitut aus dem Ausland einen Auftrag zum Kauf von Wertpapieren, der im Inland auszuführen ist, fällt nur halbe Börsenumsatzsteuer an. 74 Steuerschuldner ist bei einem Kundengeschäft, d. h. bei einem Anschaffungsgeschäft, bei dem nur ein Vertragsteil inländischer Händler ist (§ 20 Abs. 2 KVStG), der Händler (§ 2 5 KVStG). Die Steuer schuldet also der Kommissionär, der sie dem Kommittenten iedoch in Rechnung stellt. Zur Entrichtung der Steuer siehe § § 27, 28 KVStG sowie § § 2 0 ff KVStDV. § 19 Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses (1) Der Kommissionär darf die Ubersendung des Stückeverzeichnisses aussetzen, wenn er wegen der Fordeningen, die ihm aus der Ausführung des Auftrags zustehen, nicht befriedigt ist und auch nicht Stundung bewilligt hat. Als Stundung gilt nicht die Einstellung des Kaufpreises ins Kontokorrent. (2) Der Kommissionär kann von der Befugnis des Absatzes 1 nur Gebrauch machen, wenn er dem Kommittenten erklärt, daß er die Ubersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Papieren bis zur Befriedigung wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrags aussetzen werde. Die Erklärung muß, für das einzelne Geschäft gesondert, ausdrücklich und schriftlich abgegeben und binnen einer Woche nach Erstattung der Ausfiihrungsanzeige abgesandt werden, sie darf nicht auf andere Urkunden verweisen. (3) Macht der Kommissionär von der Befugnis des Absatzes 1 Gebrauch, so beginnt die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem Kommissionär wegen seiner Forderungen aus der Ausfuhrung des Auftrags befriedigt wird. 394

Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses

§ 19

ι

(4) Stehen die Parteien miteinander im Kontokorrentverkehr (§ 355 des Handelsgesetzbuchs), so gilt der Kommissionär wegen der ihm aus der Ausführung des Auftrags zustehenden Forderungen als befriedigt, sobald die Summe der Habenposten die der Sollposten zum erstenmal erreicht oder übersteigt. Hierbei sind alle Posten zu berücksichtigen, die mit Wertstellung auf denselben Tag zu buchen waren. Führt der Kommissionär für den Kommittenten mehrere Konten, so ist das Konto, auf dem das Kommissionsgeschäft zu buchen war, allein maßgebend. (5) Ist der Kommissionär teilweise befriedigt, so darf er die Ubersendung des Stückeverzeichnisses nicht aussetzen, wenn die Aussetzung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Übersicht Rdn. A. Allgemeines B. Voraussetzungen für die Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses (Abs. 1 und 2 ) I. Kommissionär ist wegen seiner Forderungen nicht befriedigt . . . II. Keine Stundung gewährt III. Aussetzungserklärung C . W i r k u n g der Aussetzung der ÜberSendung des Stückeverzeichnisses . . . .

1

3 4

Rdn. D. Beginn der Frist für die Übersendung des Stückeverzeichnisses (Abs. 3) . . . . Befriedigung des Kommissionärs 1 1 Befriedigung bei KontokorrentΙΠ·

Verhältnis (Abs. 4 ) Teilweise Befriedigung (Abs. 5)

19 20 21 26

5

E. Verbuchung

28

8

p. Schuldbuchforderungen

29

17

G. Unabdingbarkeit H . Selbsteintritt und Eigenhandel

30 31

A. Allgemeines Die Vorschrift gibt dem Kommissionär das Recht, die Absendung des 1 Stückeverzeichnisses und damit die Ubereignung der angeschafften Wertpapiere (§ 18 Abs. 3) unter bestimmten Voraussetzungen solange auszusetzen, bis der Kommittent seinerseits die ihm gegenüber dem Kommissionär obliegenden Leistungen erbracht hat. Zu diesen Leistungen gehört die Zahlung der Provision sowie der Ersatz von Aufwendungen (Kaufpreis und Kosten der Anschaffung). § 19 stellt klar, daß der Effektenkommissionär nicht zur Vorleistung verpflichtet ist. Dies war für die Effektenkommission unter der Geltung des Depotgesetzes 1896 nicht unstreitig, weil eine dem heutigen § 19 entsprechende Vorschrift in die endgültige Fassung nicht übernommen worden war, so daß teilweise die Ansicht vertreten wurde, der Kommissionär könne sich nicht auf die Zurückbehaltüngsrechte nach § 27 3 BGB oder § 369 H G B beziehungsweise das Leistungsverweigerungsrecht nach § 3 2 0 BGB berufen, wenn der Kommittent seine Verpflichtungen nicht erfüllt hat (vgl. QuassomkiSchröder § 19 Anm. A; Ruth S. 2 5 ff). § 19 räumt dem Kommissionär ausdrücklich ein Zurückbehaltungsrecht ein, knüpft dieses aber an ganz bestimmte 395

§ 19 2 , 3

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Voraussetzungen. Damit wird für den Effekteneinkaufskommissionär und -eigenhändler gleichzeitig eine abschließende Regelung getroffen. Ein Zurückbehaltungsrecht in Form einer Aussetzung der Ubereignung steht ihm nur unter den Voraussetzungen des § 19 zu. Sonstige vertragliche (Ziff. 19 Abs. 5 AGB der Banken, Ziff. 19 Abs. 6 AGB der Sparkassen, Ziff. 19 Abs. 5 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute) oder gesetzliche Zurückbehaltüngsrechte ( § § 27 3 BGB, 369 H G B ) oder Leistungsverweigerungsrechte (§ 320 BGB) 1 bestehen entweder überhaupt nicht (Stauder-Comes W M 1969, 6 1 7 und Schönte S. 243; gl. A. offenbar auch Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 34) oder sie sind, was im Ergebnis auf dasselbe hinausläuft, nur in der durch § 19 modifizierten Form gegeben. § 19 ist für die Einkaufskommission lex specialis. Gemäß § 3 1 gilt dies auch, soweit der Auftrag zum Kauf von Wertpapieren durch Selbsteintritt oder im Eigenhandel ausgeführt wird. 2 Die wirtschaftliche Bedeutung des § 19 liegt vor allem darin, daß dem Kommissionär durch die Aussetzungsbefugnis die Möglichkeit der Refinanzierung des Anschaffungsgeschäfts gegeben wird, bei der er die für den Kommittenten angeschafften Wertpapiere als Sicherheit verpfänden kann (Quassomki-Schröder § 19 Anm. A). Wäre der Kommissionär stets zur unverzüglichen Übereignung verpflichtet und bezüglich seiner Forderungen auf ein Pfandrecht nach Ziff. 19 AGB oder § 397 H G B beschränkt, hätte er diese Möglichkeit nicht. Ein Pfandrecht an den dem Kommittenten bereits übereigneten Wertpapieren berechtigt den Kommissionär — vom Fall der Pfandverwertung abgesehen — nicht zu Verfügungen über die Wertpapiere. Soweit der Kommissionär nicht einen echten Refinanzierungsbedarf hat, wird er aber kaum von der Aussetzungsbefugnis nach § 19 Gebrauch machen. Sein Sicherungsbedürfnis ist anderweitig befriedigt, da er, sofern er die Wertpapiere auch verwahrt, ein vertragliches (Ziff. 19 A G B ) oder gesetzliches Pfandrecht (§ 397 H G B ) an den Stücken hat; verlangt der Kommittent Auslieferung, so steht dem Kommissionär ein Zurückbehaltungsrecht nach Ziff. 19 AGB, § 273 BGB oder § 369 H G B zu. B. Voraussetzungen fiür die Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses (Abs. 1 und 2) 3 Im Gegensatz zu den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Zurückbehaltüngsrechten ist im Rahmen der Effekteneinkaufskommission und des Eigenhandels die Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zulässig. Die positive Regelung der Aussetzungsbefugnis in § 19 bewirkt, daß der Kommissionär nur unter diesen Voraussetzungen die Eigentumsübertragung aufschieben kann. Läßt er ζ. B. die Frist verstreichen oder gewährt er Stundung, verliert er die Aussetzungsbefugnis und wird gegebenenfalls vorleistungspflichtig.

396

Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses

§ 19 4,5

I. Kommissionär ist wegen seiner Forderungen nicht befriedigt Der Kommissionär darf wegen der Forderungen, die ihm aus der Aus- 4 führung des Auftrags zustehen, nicht befriedigt sein (§ 19 Abs. 1 ). Forderungen aus der Ausführung des Auftrags sind der Provisionsanspruch (§ 396 Abs. 1 H G B ) und der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Anschaffung der Wertpapiere ( § § 670, 675 BGB, 396 Abs. 2 HGB), d . h . der Kaufpreis und sonstige Kosten wie Courtage und Spesen, im Falle des Eigenhandels der Kaufpreisanspruch (Nettoabrechnung). Für Forderungen aus anderen Geschäften, ζ. B. aus einem früheren Kaufgeschäfte oder aus einem gleichzeitigen, aber andere Wertpapiere betreffenden Geschäft, hat der Kommissionär kein Recht zur Aussetzung. Vertragliche (Nr. 19 Abs. 5 AGB der Banken, Ziff. 19 Abs. 5 AGB der genossenschaftlichen Kreditinstitute, Ziff. 19 Abs. 6 AGB der Sparkassen) oder sonstige gesetzliche ( § § 273 BGB, 369 H G B ) Zurückbehaltüngsrechte oder Leistungsverweigerungsrechte (§ 320 BGB) sind durch die Spezialregelung des § 19 verdrängt beziehungsweise können nur unter den Voraussetzungen des § 19 geltend gemacht werden. Unerheblich ist, ob der Kommittent in Verzug ist oder nicht (Schlegelberger- Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 34). § 19 stellt allein darauf ab, ob der Kommittent in dem Augenblick, in dem der Kommissionär zur Absendung des Stückeverzeichnisses verpflichtet ist, Deckung angeschafft hat oder nicht. Eine Mahnung ist daher nicht erforderlich (Quassou/ski-Schröder § 19 Anm. Β I). Andererseits muß aber beachtet werden, ob der Beschaffungszeitraum des § 1 8 Abs. 2 schon verstrichen und damit die Frist des § 18 Abs. 1 überhaupt in Lauf gesetzt worden ist. Solange der Beschaffungszeitraum noch läuft, besteht auch noch keine Verpflichtung des Kommissionärs zur Übersendung des Stückeverzeichnisses. Bei Börsentermingeschäften gehört die Laufzeit des Kontraktes (ζ. B. drei Monate) zum Beschaffungszeitraum, so daß eine Aussetzungsanzeige nur dann erforderlich ist, wenn der Kommissionär auch nach dem Liquidationstermin die Ubersendung des Stückeverzeichnisses aussetzen will; vgl. auch § 18 Rdn. 32. II. Keine Stundung gewährt Der Kommissionär darf dem Kommittenten keine Stundung bewilligt 5 haben ( § 1 9 Abs. 1). Unter Stundung ist eine Vereinbarung zwischen Kommissionär und Kommittenten zu verstehen, welche die Zahlungspflicht des Kommittenten über die Fälligkeit hinausschiebt (Quassowski-Schröder § 19 Anm. Β II; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 35). Der heute im Effektengeschäft wichtigste Fall einer Stundung ist die Einräumung eines Kredits für den Wertpapierkauf. Die auf Kredit gekauften Wertpapiere können zwar als Kreditsicherheit dienen. An ihnen besteht regelmäßig ein Pfandrecht nach Ziff. 19 AGB, wenn sie in das Eigentum des Kunden übergegangen sind. Das Kreditinstitut kann aber nicht nach § 19 die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums aussetzen. 397

§ 19

6,7

2. Abschnitt. Einkaufskommission

Es kann sich nur im Rahmen der § § 20, 21 vorbehalten, das Stückeverzeichnis nur auf Verlangen zu übersenden. W i e § 19 Abs. 1 Satz 2 klarstellt, gilt die Einstellung des Kaufpreises ins Kontokorrent nicht als Stundung. Diese Klarstellung ist im Hinblick auf die auch heute in der Rechtsprechung noch herrschende Theorie vom Periodenkontokorrent zu verstehen, nach welcher eine Verrechnung der Soll- und Habenposten lediglich durch den — bei Kreditinstituten regelmäßig halbjährlichen — Kontoabschluß eintritt und eine zwischenzeitliche Geltendmachung einzelner Posten ausgeschlossen ist (vgl. dazu näher Rdn. 2 1 ff). Die Krediteinräumung kann ausdrücklich oder stillschweigend, ζ. B. durch Genehmigung der Kontoüberziehung, erfolgen. 6 Kein Fall der Stundung liegt bei den sog. Geschäften mit hinausgeschobenem Abrechnungstermin vor (siehe dazu § 18 Rdn. 28). Eine Stundung im Sinne von § 19 Abs. 1 setzt begrifflich voraus, daß die gestundete Forderung fällig ist, da § 19 an der Fälligkeit der beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Anschaffungsgeschäft nichts ändert. Sowohl beim Kommissionsgeschäft als auch beim Eigenhandelsgeschäft gilt der Grundsatz, daß die beiderseitigen Leistungen Zug um Zug zu erbringen sind. Von einer Stundung im Sinne von § 19 Abs. 1 kann nur dann gesprochen werden, wenn dieses Zug-um-ZugLeistungsVerhältnis für nur eine Partei durchbrochen ist. Gewähren sich beide Parteien „Stundung", indem sie die Fälligkeit ihrer Verpflichtungen hinausschieben, ist der Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung des § 320 BGB wiederhergestellt. Da der Kommissionär nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, braucht er vor dem vereinbarten Abrechnungstermin kein Stückeverzeichnis zu übersenden. 7 Streitig ist, wer das Vorliegen beziehungsweise NichtVorliegen einer Stundung zu beweisen hat. Teils wird die Ansicht vertreten, der Kommissionär habe zu beweisen, daß er keine Stundung gewährt habe (Quassou/ski-Schröder § 19 Anm. Β II), teils die Ansicht, der Kommittent habe zu beweisen, daß ihm Stundung gewährt worden sei (Opitz § 19 Bern. 4; noch anders Ratz in RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 143, der darauf abstellt, ob der Kommittent oder der Kommissionär klagt). Maßgebend ist für die Frage der Beweislastverteilung zunächst, daß § 19 die besondere Ausprägung eines Zurückbehaltungsrechts im Sinne von § 27 3 BGB und § 369 HGB ist, das einredeweise geltend gemacht werden muß. Danach gilt aber der Grundsatz, daß derjenige, der sich auf das Zurückbehaltungsrecht beruft, dessen Voraussetzungen zu beweisen hat. Hierzu gehört nach der Fassung des § 19 Abs. 1, daß der Kommissionär nicht befriedigt worden ist, keine Stundung bewilligt und form- und fristgerecht die Aussetzungsanzeige abgesandt hat. Anders als in § § 27 3, 320 BGB hat der Gesetzgeber für die Frage der Stundung oder Vorleistungspflicht die Beweislast in § 19 nicht umgekehrt. In § 273 Abs. 1 BGB heißt es: ,,. . . sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt. . .". Die Beweislast für eine Stundungsabrede wurde mit dieser Formulierung dem Gläubiger auferlegt (vgl. Staudinger-Werner § 273 Anm. 29; 398

Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses

§ 19

8,9

Palandt-Heinricbs § 2 7 4 Anm. 2). Dagegen ist in § 19 Abs. 1 nicht die Formulierung „wenn nicht" oder „sofern nicht", sondern „wenn . . . nicht" gewählt worden, was nach den Grundsätzen über die Beweislastverteilung zur Folge hat, daß eine Umkehrung der Beweislast nicht eintritt. In der praktischen Rechtsanwendung führt das zwar nicht dazu, daß der Kommisionär das Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen hätte (negativa non sunt probanda). Vielmehr genügt zunächst die Behauptung, er sei nicht befriedigt worden und habe auch keine Stundung gewährt. Will der Kommittent dies bestreiten, so genügt er seiner Substantiierungspflicht nur, wenn er Tatsachen anführt, aus denen sich eine Befriedigung oder Stundung ergibt. Diese Tatsachen muß sodann der Kommissionär widerlegen. Gelingt ihm dies nicht, bleibt er beweisfällig. Diese Beweislastverteilung ist nicht nur eine Folge der Gesetzestechnik, sondern entspricht auch dem Schutzzweck des Depotgesetzes. III. Aussetzungserklärung Der Kommissionär muß dem Kommittenten in der durch § 19 Abs. 2 vor- 8 geschriebenen Form und Frist erklären, daß er die Ubersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Papieren bis zur Befriedigung wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrages aussetzen werde. Es genügt also nicht — wie etwa im Falle des § 27 3 B G B — daß sich der Kommissionär in einem vom Kommittenten angestrengten Rechtsstreit auf sein Aussetzungsrecht beruft. Dieses steht ihm nur unter der Voraussetzung der frist- und formgerechten Erklärung zu. Diese Regelung dient dem Schutz des Kunden, der grundsätzlich darauf vertrauen dürfen soll, daß ihm unverzüglich Eigentum an den gekauften Wertpapieren verschafft wird, selbst wenn er seinerseits noch nicht geleistet hat. Die Erklärung muß für das einzelne Geschäft gesondert, ausdrücklich und 9 schriftlich abgegeben werden. Sie darf nicht auf andere Urkunden verweisen, auch dann nicht, wenn die anderen Urkunden beigefügt sind. W i r d die Aussetzungserklärung ζ. B. mit der Ausführungsanzeige verbunden, wogegen keine Bedenken bestehen (anders z. B. § 13), und erstreckt sich die Ausführungsanzeige auf mehrere Geschäfte, so muß die Aussetzungserklärung erkennen lassen, auf welches dieser Geschäfte sie sich bezieht [Quassou>ski-Schröder § 19 Anm. Β III). Das Verbot der Verweisung auf andere Urkunden läßt es aber ζ. B. nicht zu, in der Aussetzungserklärung „wegen näherer Einzelheiten" auf die beigefügte Ausführungsanzeige Bezug zu nehmen ( Q u a s s o v s k i Schröder § 19 Anm. Β III; unklar Opitz § 19 Bern. 5: Verweisung auf Anlage zulässig). Eine Aufnahme der Aussetzungserklärung in die allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre wirkungslos, da sie dann nicht „gesondert für das einzelne Geschäft" abgegeben wäre. Ausdrücklich ist die Erklärung, wenn sie aus sich heraus erkennen läßt, für welches Geschäft die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren bis zur Befriedigung der aus der Anschaffung resultierenden For399

§ 19 io

2. Abschnitt. Einkaufskommission

derung ausgesetzt wird. Da dem Kunden die Bedeutung der Übersendung des Stückeverzeichnisses keineswegs immer geläufig sein wird, darf der Hinweis auf die Aussetzung der Ubereignung nicht fehlen. Auch muß er genau die Voraussetzungen erfahren, unter denen er mit einer Ubereignung wieder rechnen darf. Die Forderungen müssen dem Kunden daher mitgeteilt werden. Die Mitteilung muß den Grund der Aussetzung und ihre Dauer enthalten (Ziff. 10 Abs. 1 RichtlHinw). Zur Wahrung der Schriftform genügt die (rechtsverbindliche) Unterschrift des Kommissionärs. Eine bloße Kontrollunterschrift, wie sie etwa beim Stückeverzeichnis üblich ist, genügt nicht. Muster einer Aussetzungsanzeige (vgl. Schütz, BFB, S. 2 50; Opitz § 19 Bern. 5) Abrechnung und Aussetzungsanzeige 1 0 Herrn/Frau/Fräulein/Firma

Depotkonto-Nummer

den, Gemäß Ihrem Auftrag vom haben wir für Sie gekauft/überließen wir Ihnen nachstehende Wertpapiere: Nennwert/ Stückzahl

Wertpapierbezeichnung

Wertpapier-KennNummer .

Kurs

Prov., Makler-Geb., Spesen

Börsenumsatzsteuer

Kurswert

Mit dem Gegenwert von D M Nr Wert 400

haben wir Ihr Konto belastet.

Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses

§ 19

11-13

M i t obigen Wertpapieren haben w i r Ihr Depotkonto in Wertpapierrechnung erkannt. Die Ubersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren setzen wir g e m ä ß § 19 Depotgesetz bis zur Glattstellung des oben genannten Kontos aus. X-Bank (rechtsverbindliche Unterschrift) Die Aussetzungsanzeige muß nicht mit der Abrechnung beziehungsweise 1 1 Ausführungsanzeige verbunden werden. Sie kann dann etwas knapper gehalten werden, ζ. B. ist die Aufgliederung des D M - G e g e n w e r t e s nicht erforderlich. Es muß sich aus der Anzeige aber klar ergeben, um welchen A u f t r a g es sich handelt (Datum, Wertpapierbezeichnung mit Nennwert/Stückzahl), wie hoch die ausstehende Forderung ist und d a ß die Ubereignung bis zur Begleichung dieser Forderung ausgesetzt wird. Soweit zwischen Kommissionär und Kommittent keine Kontoverbindung besteht, ist der W o r t l a u t entsprechend zu ändern: M i t dem Gegenwert von D M haben wir Sie belastet. Die W e r t papiere haben w i r Ihnen in Wertpapierrechnung gutgeschrieben. Die Übersendung des Stückeverzeichnisses und . . . setzen wir . . . bis zur Bezahlung unserer vorstehenden Forderung aus der Ausführung des Auftrags aus. Es gibt aber nur eine einheitliche Aussetzungsanzeige nach § 19, nicht etwa 1 2 eine nach § 19 Abs. 2 und eine nach § 19 Abs. 4 (mißverständlich Opitz § 19 Bern. 5 und Schütz, B F B , S. 2 5 0 ) . D a s entscheidende Kriterium ist die „Befriedigung des Kommissionärs wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des A u f t r a g s " . Stehen die Parteien miteinander im Kontokorrentverkehr, so tritt diese Befriedigung nach § 19 Abs. 4 mit der ersten Glattstellung des Kontos ein (vgl. dazu Rdn. 2 1 ff). Lediglich aus sprachlichen Gründen variiert daher der W o r t l a u t der Aussetzungserklärung. Die Fassung bis zur Befriedigung wegen unserer vorstehenden Forderungen aus der Ausführung des Auftrages aus", w ä r e für alle Fälle verwendbar. Gesetzlich nicht vorgeschrieben ist der von Opitz ( § 19 Bern. 5) zur Klar- 1 3 Stellung vorgeschlagene Vorbehalt der späteren Girosammelgutschrift. Der Vorbehalt kann jedenfalls entfallen, wenn der Kommissionär die Stücke ohnehin in Streifbandverwahrung nehmen oder ausliefern soll. Soweit von vornherein nur eine Girosammelgutschrift möglich ist, ζ. B. bei nur in Globalurkunden verbrieften Anleihen, bei denen der Ausdruck von Einzelstücken

401

§ 19 1 4 - 1 6

2. Abschnitt. Einkaufskommission

ausgeschlossen ist (vgl. § 9 a Abs. 3), oder bei Schuldbuchforderungen (unten Rdn. 29), kann an Stelle von der „Ubersendung des Stückeverzeichnisses" von der „Erteilung der Girosammelgutschrift" gesprochen werden (a. A. Opitz § 19 Bern. 5, die jedoch durch § 9 a überholt sein dürfte). Soweit allerdings bei Globalurkunden der Ausdruck von Einzelurkunden nicht ausgeschlossen ist, muß der Begriff „Stückeverzeichnis" weiterhin verwandt werden. 14 Die Aussetzungserklärung muß binnen einer Woche nach Erstattung der Ausführungsanzeige abgesandt werden. Die Wochenfrist ist also vom Tage der Absendung der Ausführungsanzeige an zu rechnen. Sie endet mit Ablauf desjenigen Tages, an dem in der Vorwoche die Ausführungsanzeige abgesandt wurde. Das Gesetz verlangt nicht, daß sie dem Kommittenten auch innerhalb dieser Frist zugeht (Quassovski-Schröder § 19 Anm. Β III). Der Kommittent wird sie jedoch regelmäßig binnen einer Woche seit Zugang der Ausführungsanzeige erhalten, wenn man die Wochenfrist von der Absendung der Ausführungsanzeige an rechnet und von einem gleichen Postlauf ausgeht. 15 Die Aussetzungserklärung muß dem Kommittenten nach der allgemeinen Regel des § 1 30 BGB zugehen. Die Aussetzungserklärung ist eine Willenserklärung, die gegenüber dem Kommittenten abgegeben wird und daher empfangsbedürftig ist (Palandt-Danckelmann § 130 Anm. 1 b; Staudinger-Coing Vorbem. 11 vor § 116, § 130 Anm. 1 b). Die Absendung binnen einer Woche wahrt lediglich die Frist. Uber ihr Wirksamwerden trifft § 19, anders als § 18 im Falle der Absendung des Stückeverzeichnisses, keine Regelung (Quassou/ski-Schröder § 19 Anm. Β III; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 3 b; a. A. Opitz § 19 Bern. 6; Ratz im RGR Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 144). Soweit der Kunde mit dem Kreditinstitut Postabholung vereinbart hat, genügt für die Fristwahrung, daß die Anzeige am Schalter zur Abholung bereitliegt oder in das Abholerschließfach eingelegt wird. In den Postabholer-Reversen vereinbaren die Kreditinstitute regelmäßig auch, daß die Mitteilung zu dem Zeitpunkt als zugegangen gilt, zu dem sie bei Aufgabe zur Post zugestellt worden wäre oder zu dem sie in das Schließfach gelegt wurde. 16 Im Gegensatz zu § 18, der den Kommissionär zu einer unverzüglichen Absendung des Stückeverzeichnisses verpflichtet, kann der Kommissionär, wenn der Kommittent nicht für Deckung gesorgt hat, nach Erstattung der Ausführungsanzeige eine Woche lang warten, ehe er sich entschließt, ob er von seinem Aussetzungsrecht Gebrauch machen oder trotz mangelnder Deckung das Eigentum auf den Kommittenten übertragen will. Die Pflicht zur unverzüglichen Übertragung des Eigentums steht also eine Woche lang unter dem Vorbehalt der Anschaffung des Gegenwertes durch den Kommittenten, sofern ihm der Kommissionär nicht Stundung gewährt hat. Befriedigt der Kommittent den Kommissionär innerhalb dieser Frist, so erübrigt sich eine Aussetzungsanzeige. Der Kommissionär muß nun aber unverzüglich das Eigentum übertragen. 402

Aussetzung der Ubersendung des Stückeverzeichnisses

§ 19 17, 18

C. Wirkung der Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses Die rechtzeitige und formgerechte Absendung der Aussetzungsanzeige 1 7 hemmt die Frist des § 18 zur Übertragung des Eigentums bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Kommissionär wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrages befriedigt wird. Insoweit, d. h. wenn der Kommissionär von der Aussetzungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, muß der Kommittent erst die ihm obliegende Leistung erbringen, ist also vorleistungspflichtig, ehe die Frist des § 18 Abs. 1 wieder ausgelöst wird ( R a t z in R G R Komm. z. H G B Anh. II zu § 4 2 4 Anm. 145; Schlegelberger-Hefermehl Anh. zu § 383 Anm. 37). Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Kommittent nicht berechtigt, Rechte aus § 25 geltend zu machen. § 19 ändert aber nichts an den sonstigen Rechten und Pflichten der Vertragsparteien aus dem Kommissionsvertrag. Insbesondere macht § 19 den Kommissionär nicht vorleistungspflichtig. Es bleibt grundsätzlich bei der Regelung, daß die beiderseitigen Rechte und Pflichten Zug um Zug zu erfüllen sind. Die Rechte aus den § § 323 ff B G B werden durch § 19 nicht beseitigt (Opitz § 19 Bern. 3; Stauder-Comes W M 1969, 6 1 7 ) . Lediglich das Leistungsverweigerungsrecht des § 3 2 0 B G B und die Zurückbehaltüngsrechte der § § 2 7 3 B G B und 369 H G B sind durch die Regelung in § 19 ersetzt beziehungsweise modifiziert worden. Auch den Kommittenten trifft keine generelle Vorleistungspflicht. Lediglich dann, wenn der Kommissionär von seiner Aussetzungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, löst er erst durch Zahlung des Kaufpreises und der Provision die Frist zur Ubersendung des Stückeverzeichnisses aus. Der Kommissionär kann in begrenztem Umfang die angeschafften Wert- 1 8 papiere bis zu seiner Befriedigung