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German Pages 502 [504] Year 1981
LOGOS SEMANTIKOS
LOGOS
SEMANTIKOS
STUDIA LINGUISTICA IN HONOREM
EUGENIO
COSERIU
1921-1981 HORST GECKELER - BRIGITTE SCHLIEßEN-LANGE JÜRGEN TRABANT - HARALD WEYDT (EDS.)
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WALTER DE GRUYTER BERLIN - NEW YORK
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EDITORIAL GREDOS MADRID
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Logos semantikos: studia linguistica in honorem Eugenio Coseriu 1921-1981 / Horst Geckeier... (eds.). — Berlin; New York: de Gruyter; Madrid: Gredos. ISBN 3-11-007863-5 (de Gruyter) ISBN 84-249-0161-4 (Gredos) NE: Geckeier, Horst [Hrsg.]; Coseriu, Eugenio: Festschrift Vol. 2. Sprachtheorie und Sprachphilosophie / Harald Weydt (ed.). —1981. ISBN 3-11-008773-1 (de Gruyter) ISBN 84-249-0163-0 (Gredos) NE: Weydt, Harald [Hrsg.]
O 1981 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp., Berlin 30. O 1981 by Editorial Gredos, S. A., Sánchez Pacheco, 81, Madrid 2. Printed in Spain. Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Gráficas Cóndor, S. A., Sánchez Pacheco, 81, Madrid 2. Zeichnung: Alfred Grieb. Buchbindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin. Depósito Legal: M. 22569-1981.
LOGOS
SEMANTIKOS VOL. II
SPRACHTHEORIE UND SPRACHPHILOSOPHIE TEORÎA Y FILOSOFÎA DEL LENGUAJE THÉORIE ET PHILOSOPHIE DU LANGAGE LANGUAGE THEORY AND LANGUAGE PHILOSOPHY HARALD WEYDT (ED.)
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WALTER DE GRUYTER BERLIN - NEW YORK
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EDITORIAL GREDOS MADRID
Inhalt índice
Vorwort des Herausgebers
1
I ÜBER DIE WISSENSCHAFT VON DER SPRACHE SOBRE LA LINGUISTICA DE LA LINGUISTICHE ON THE SCIENCE OF LANGUAGE (Barcelona) El «realismo linguistico» o doctrina de Eugenio Coserai
DEMETRIO COPCEAG
7
(Salamanca) «Form» und «formal» in der wissenschaftlichen Sprachbetrachtung
19
(Freiburg i.Br.) «System, Norm und Rede» — wiedergelesen
33
(Genève) La linguistique de la parole
45
(Monash) On broad and narrow linguistics
59
(Heidelberg) Außersprachlichkeit —Außereinzelsprachlichkeit—Übereinzelsprachlichkeit ...
67
(Helsinki) Rationality as an explanatory principle in linguistics
77
ANA AGUD
HANS-MARTIN GAUGER
ROBERT GODEL
GÖRAN HAMMARSTRÖM
KLAUS H E G E R
E S A ITXONEN
(Iagi) Die Erzeugung der Rede
GHEORGHE IVXNESCU
(Moskau) Zum Prinzip des Historismus in der Sprachwissenschaft
GEORGIJ KLIMOV
115
Inhalt
Vili Jxftì
(Prag) Morphology in relation to other language levels
123
(Antwerpen) «Normal» et «anormal» dans la syntaxe
131
(Lund) La linéarité comme élément de forme
141
KRAMSKY
JOE LAROCHETTE
BERTIL MALMBERG
(Freiburg i.Br.) Die enklitischen Wortkörper des Englischen. Wie universell ist die Silbe? ... 149
HERBERT PILCH
(München) Stammbaumtheorie und Selektion
KLAUS STRUNK
159
RENZO TITONE ( R o m )
Perspective psycholinguistique de l'apprentissage de la grammaire
171
(Neapel) Tempo della lingua e tempo della storia
181
(Bonn) Die Muttersprachapostel
193
ALBERTO VÀRVARO
LEO WEISGERBER
FRANCIS J . WHITFIELD
(Berkeley)
Glossematica
201
II SPRACHPHILOSOPHIE FILOSOFiA DEL LENGUAJE PHILOSOPHIE DU LANGAGE PHILOSOPHY OF LANGUAGE (Los Angeles) Space-time, history, and philosophy of language
RAIMO ANTTILA
213
Am, (Frankfurt/Main) Hermeneutic philosophy of understanding as a heuristic horizon for displaying the problem-dimensions of analytic philosophy of meaning 221
KARL-OTTO
(Tübingen) Sprache als Prinzip und Tatsache. Zur Sprachphilosophie Richard Hönigswalds 235
HEIDI ASCHENBERG
(Tübingen) Sprachanalyse und kritische Theorie
245
(Augsburg) Sprache, Bild, Bildung
263
HELMUT FAHRENBACH
JOSEPH MÖLLER
(Tbilisi) Uber die philosophischen Grundlagen der Sprachanthropologie
GURAM RAMISVILI
indice
IX
(Tübingen) Bedeutung als Referenz und als individuelle Relevanz
275
(Paris) La triple erreur du Cratyle
287
JOSEF SIMON
JEAN-MARIE ZEMB
III BEDEUTEN UND VERSTEHEN SIGNIFICAR Y COMPRENDER SIGNIFIER ET COMPRENDRE MEANING AND UNDERSTANDING (Montevideo) Anáfora e intermediación
303
(Odense) Qu'est-ce qu'un nom?
317
LISA BLOCK DE BEHAR
NIELS DANIELSEN
(Prag) Les propriétés des différents procédés de la communication interhumaine ... 331
OTTO DUCHÄCEK
V. GAMKRELIDZE (Tbilisi) The «principie of complementarity» and the problem of the arbitrary linguistic sign 335
THOMAS
(Berlin) «Was sein muß, muß sein.» Überlegungen zum Gemeinplatz und seiner Verwendung 343
ELISABETH GÜLICH
(Moskau) Kommunikation und Übersetzung
365
(Köln) Über das Verstehen sprachlicher Äußerungen
371
(Chicago) Pragmatics of identity pronouns
383
G . KOLSANSKIJ, L . BARCHUDAROV
THEODOR LEWANDOWSKI
MARIA MANOLIU-MANEA
(Kinshasa) Noms propres en linguistique générale: théories en présence et thèse de Coseriu
NZENGE MOVOAMBE MBULAMOKO
IV SPRACHLICHE KREATIVITÄT CREATIVIDAD LINGÜISTICA CRÉATIVITÉ LINGUISTIQUE LINGUISTIC CREATIVITY (Moskau) Speech, pragmatics and creativity ...
OLGA AKHMANOVA, VELTA ZADORNOVA
417
Inhalt
X
(Wien) General principles of poetic license in word formation
423
(Marburg) Das Problem der sprachlichen Norm
433
WOLFGANG DRESSLER
ULRICH KNOOP
(Tübingen) Sprache und Phantasie. Überlegungen zur 'bewußtseinseigenen' Sprachtheorie 445
SUSANNE MUMM
(Wien) Über die Kunst der langen Sätze
465
(Saarbrücken) Der Begriff der Kreativität im Übersetzungsprozeß
479
HERBERT SEIDLER
WOLFRAM WILSS
Vorwort HARALD W E Y D T
(Berlin)
Festschriftherausgeber sollten im Vorwort zweierlei tun: Sie sollten erstens darstellen, wo sich das wissenschaftliche Werk des Geehrten mit dem Thema des Bandes berührt, sie sollten also einen Zusammenhang zwischen Inhalt und Titel der Schrift und dem spezifischen Schaffen des Jubilars aufzeigen, und sie sollten, zweitens, die interne Struktur des Bandes sichtbar machen. Worin besteht der Beitrag E. Coserius zur Sprachtheorie und Sprachphilosophie? Ich möchte keine Analyse einzelner Schriften vornehmen und habe keine Dokumentation im Sinn, sondern ich möchte zugleich allgemein und persönlich werden. Coseriu als Linguist ist immer Theoretiker: in allen wissenschaftlichen Veröffentlichungen, in seinen Diskussionsbeiträgen, in seiner umfangreichen Gutachtertätigkeit und, für uns, seine Schüler, vieleicht die wichtigste Quelle, in seinen Vorlesungen, Seminaren und in Gesprächen. Wissenschaftliche Distanz und scharfsinnigste Reflexion über das eigene Vorgehen, Sich-Rechenschaft-Ablegen über die eigene Tätigkeit begleiten —mehr als bei anderen Linguisten, die ich kenne— alle seine Forschungen. Mit diesen methodologischen und sprachwissenschaftstheoretischen Klärungen hängen die philosophischen Reflexionen eng zusammen: das Coseriu'sche Gesamtwerk ist nicht zu denken und nicht zu verstehen ohne, z. B., die Humboldt' sehe Antwort auf die philosophische Frage nach dem Sein der Sprache, ohne Aristoteles, ohne Hegeische Positionen, ohne Leibnizsche Unterscheidungen (überhaupt ähnelt seine wissenschaftliche Persönlichkeit der Leibniz': in der Klarheit des Denkens, der Sprachenkenntnis, der Vielfältigkeit der Tätigkeit und auch in der Gefahr, bei aller Fülle des Wissens, Forschens, Denkens, Handelns zuwenig zum Schreiben von Büchern zu kommen). Coseriu hat einmal festgestellt, daß die meisten Linguisten inkohärente Denker seien. Ihn selbst darf man ausnehmen. Ich halte Coserius Ver-
2
Harald Weydt
suche, verschiedene theoretische Ansätze und Forschungsergebnisse in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen, sie in einem strengen System zu integrieren, für eine seiner größten Leistungen — eine Leistung, die in einem langen und dialektischen Prozeß vollbracht wurde und wird. Bei der Beurteilung von Leistungen anderer muß der Kritiker seine Tätigkeit in Übereinstimmung mit den Prinzipien der wissenschaftlichen Toleranz und der wissenschaftlichen Unnachsichtigkeit ausüben. Sicher ist Coseriu einer der strengsten, unnachsichtigsten und unbestechlichsten Gegner von Forschungen, Ansätzen, Theorien, die er meint, ablehnen zu müssen. Zugleich ist sein kritisches Vorgehen geeignet, denen, die er beurteilt, in hohem Maße gerecht zu werden: er unterscheidet scharf zwischen Kritik an Personen und an theoretischen Ansätzen, er rekonstruiert die Frage, auf die das betreffende Werk eine Antwort gibt (und holt so manchmal nach, was die Autoren selbst versäumt haben), er analysiert geduldig und noch aus Abgelehntem die akzeptablen Elemente heraus und würdigt noch in Versuchen, die er als gescheitert beurteilt, die intellektuelle Leistimg. Trotz dieser theoretischen Ausrichtung der Wissenschaft Coserius sollte man die Bedeutung der Theorie vorsorglich durch zwei Hinweise eingrenzen. Erstens: Vor allem sind Theorie und Philosophie nicht Gegenbegriffe von und stehen sie nicht in Widerspruch zu «Praxis» oder «Realität». Ich meine, daß Coseriu in gewisser Hinsicht mit dem Begriff «Realist» ausgezeichnet und umfassend charakterisiert ist (wie es D. Copceag in seinem Beitrag tut, der sozusagen als zweites Vorwort am Anfang des Bandes steht). Ich zähle es zu meinen höchsten intellektuellen Vergnügungen, Coserius direkten, unverstellten (schon gar nicht durch Theorie oder Philosophie behinderten) Zugriff zur Realität zu beobachten. Mit Interesse habe ich seine Selbstdarstellung in seiner Antrittsrede bei der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gelesen, und ich war nicht verwundert, als er dort unter den Grundsätzen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an erster Stelle schlicht das Bemühen aufführte, t& övtcc ¿k; ¿otiv Xiyeiv «die Sachen so, aber auch nur so zu sagen, wie sie sind». Zweitens: ich halte es für bezeichnend, daß gerade Coseriu explizit und implizit die Grenzen jeder Theorie aufgezeigt hat. Er betont mehrfach, daß jede Theorie notwendig immer eine Partialisierung der Wirklichkeit darstellt und deshalb in gewisser Weise hinter ihr zurückbleibt. Gerade diese Einsicht befähigt ihn, Systematisierungen vorzunehmen und Methodendogmatismus zu vermeiden. Der vorliegende zweite Band Sprachtheorie und Sprachphilosophie der Festschrift umfaßt vier Kapitel: I «Über die Wissenschaft von der Sprache», II «Sprachphilosophie», III «Bedeuten und Verstehen» und IV «Sprachliche Kreativität». Die Beiträge zum Kapitel «Über die Wissenschaft von der Sprache» enthalten Sprachwissenschaftliches in dem Sinne, daß über die Sprachw i s s e n s c h a f t , ihre Methodik, über ihre Unterscheidungen, ihre
Vorwort
3
Prinzipien reflektiert wird. An erster Stelle steht der schon erwähnte Artikel von Demetrio Copceag; es folgen dann die Artikel von Agud, Gauger, Godel, Hammarström, Heger, Itkonen, Ivänescu, Klimov, Krämsk^, Larochette, Malmberg, Pilch, Strunk, Titone, Värvaro, Weisgerber und Whitfield. Mehrere Beiträge beschäftigen sich mit den Ebenen der linguistischen Beschreibungen (Gauger, Godel, Hammarström, Krämsk^, Larochette); eine zweite Gruppe stellt historische Zusammenhänge her (Klimov, Malmberg, Strunk, Weisgerber, Whitfield). Zwei Autoren behandeln Probleme der Universalität, genauer gesagt, des Nicht-mehr-spezifischEinzelsprachlichen (Heger, Pilch), in gewisser Weise auch Ivänescu; Agud bestimmt den Begriff des «Formalen», Itkonen den der Rationalität, Zemb stellt prinzipielle theoretische Mißverständnisse der Linguistik dar, Titone zeigt generelle Prinzipien des Spracherwerbs auf, und Värvaro beleuchtet die Methode der historischen Linguistik. Das zweite Kapitel enthält Beiträge zu einzelnen sprachphilosophischen Ansätzen (Aschenberg, Apel, Fahrenbach) zur philosophischen Sprachanthropologie (RamiSvili), zu Zeit-Raum und der Historizität der Sprache (Anttila), Möller reflektiert das Verhältnis von Sprache, Bild und Bildimg, Simon problematisiert «Begriff» und «Bedeutung». Das dritte Kapitel betrifft den semantischen Komplex im weitesten Sinn. Allen Autoren geht es um den Prozeß der Kommunikation (so der Titel des Beitrags von DuchäCek, vom Rezipienten her gesehen: Lewandowski). Block de Behar und Manoliu-Manea behandeln Verweisfunktionen im Text, die das Verständnis herstellen bzw. stützen, Gamkrelidze die Interdependenz von Ausdruck und Inhalt des Zeichens, Danielsen und Mbulamoko beschäftigen sich mit der Semantik des Namens, Gülich untersucht die verständnissichernden Funktionen von Stereotypen im Dialog, KolSanskij/Barchudarov thematisieren theoretische Probleme der Übersetzimg. Das vierte Kapitel enthält Beiträge, die den von Coseriu immer besonders hervorgehobenen Aspekt der Kreativität betreffen. Dressier und Seidler stellen Verbindung zur Dichtung her, Akhmanova, Knoop, Mumm reflektieren die Kreativität der Sprache, und Wilss behandelt die Kreativität in der Ubersetzung. Für sorgfältige und umsichtige Redaktionsarbeiten danke ich Gertrud Milz. Berlin, April 1980.
I ÜBER DIE WISSENSCHAFT VON DER SPRACHE SOBRE LA LINGÜÍSTICA DE LA LINGUISTIQUE ON THE SCIENCE OF LANGUAGE
El "realismo lingüístico" o doctrina de Eugenio Coseriu DEMETRIO COPCEAG
(Barcelona)
En un trabajo publicado hace más de veinte años N. C. W. Spence presentaba la obra de Eugenio Coseriu como un acontecimiento fuera de lo común en el campo de la ciencia del lenguaje. Terminaba preguntándose si dicha obra daría frutos 2 . La respuesta se la ha dado el tiempo. Hoy día se puede hablar de una doctrina lingüística coseriana, sólidamente constituida, con un número cada vez más elevado de adeptos en muchos países del mundo. ¿Cuál es su aportación al desarrollo de la ciencia? ¿Qué lugar le corresponde entre otras grandes doctrinas lingüísticas? Son éstas unas preguntas que, a mi juicio, no pueden contestarse todavía. Todo intento de valoración exacta del pensamiento de Coseriu sería prematuro. Lo podrán hacer sólo las futuras generaciones de lingüistas, considerándolo en la venerable y purificadora perspectiva del tiempo, como un hecho ya perteneciente a la historia. De momento, lo que sí se puede afirmar con seguridad, por fundarse en suficientes elementos objetivos, es que de una comparación entre el Curso de lingüística general de Ferdinand de Saussure y Sincronía, diacronía e historia de Eugenio Coseriu, el primero queda en desventaja. Para quienes hayan leído con el debido espíritu crítico las dos obras, semejante conclusión se impone con el poder de la evidencia. Y si no lo reconocen abiertamente, es porque no se atreven a poner en tela de juicio la inmensa (y en buena parte merecida) autoridad científica del sabio ginebrino. No olvidemos, además, que Coseriu es nuestro contemporáneo, vive entre nosotros, mientras que la imponente figura de Ferdinand de Saussure tiene ya la aureola de la historia. Sin embargo, creo que es el momento de decirlo con toda claridad. Y es éste el lugar más indicado para hacerlo. 1 Véase la «bibliografía». El autor se refiere, esencialmente, a dos de las obras más importantes de Coseriu, publicadas hasta entonces (1960): Forma y sustancia en los sonidos del lenguaje y Sincronía, diacronía e historia. 2 «IT remains to be seen whether Coseriu's effort WILL bear fruit ...» (SPENCE 1960:34). ix. —2
8
Demetrio Copceag
El propósito de la presente contribución consiste en encontrar un n o m b r e adecuado para la doctrina lingüística coseriana. Un nombre que exprese, en una forma muy sintética, si no todo lo esencial de esta doctrina —lo cual es, naturalmente, imposible— por lo menos alguno de sus rasgos más característicos. Había pensado, primero, en «funcionalismo lingüístico»; sin embargo, el término, además de estar, por decirlo así, «ocupado», no reflejaría un aspecto más general y, según me parece, de más trascendencia filosófica, del pensamiento de Eugenio Coseriu: su visión realista del fenómeno lingüístico, su capacidad de enfocar y analizar el lenguaje humano tal como es, tal como se nos presenta en su realidad objetiva, distinguiendo claramente entre lo que pertenece al lenguaje como hecho r e a l de lo que pertenece a la metodología de la investigación del lenguaje. Por lo tanto, propongo como adecuada para designar la doctrina de Eugenio Coseriu la denominación de r e a l i s m o l i n g ü í s t i c o . De ser aceptada, esta denominación se añadiría al «positivismo lingüístico», al «idealismo lingüístico», al «estructuralismo», «pragmatismo», «transformacionalismo» y otras tantas, ya consagradas por el uso. «Realismo» no en alguno de los sentidos especiales que tiene esta palabra en la terminología filosófica3 —aludo en primer lugar a la conocida distinción entre realismo y nominalismo— sino en su acepción más común y corriente: «sentido de la realidad 4 ; actitud intelectual o artística, modo de pensar, de sentir, de ver el mundo, conforme a la realidad». Para justificar la denominación propuesta, no habría necesidad de ninguna argumentación especial: bastaría con referirnos al ya citado trabajo de Spence, que pone de relieve precisamente el hecho de que Coseriu logra dilucidar la gran confusión saussureana, distinguiendo entre lo que pertenece al plano de la realidad del lenguaje y lo que no tiene sino una existencia convencional (como procedimiento metodológico) en el plano de la investigación de dicha realidad 5 . (Tal la distinción entre sincronía y diacronía.) Este aspecto de la obra de Coseriu es, sin lugar a dudas, el más importante desde el punto de vista que nos ocupa aquí y podría constituir, él solo, una razón suficiente para atribuir a la doctrina coseriana la denominación de «realismo lingüístico». Una argumentación completa implicaría un análisis detallado, punto por punto, de todos los escritos de Eugenio Coseriu, puesto que todos tienen, de algún modo, un carácter realista. Claro está que semejante análisis no se puede llevar a cabo en estas páginas. Por lo tanto, adopto una solución intermedia, limitándome a señalar en lo sucesivo sólo algunos aspectos de la doctrina coseriana —a mi juicio, los más destacados— que podrían abogar en pro de la adopción del nombre propuesto. 3 Véanse LALANDE (1962: s.v. réalisme) y FERHATER MORA (1971: s.v. realismo). * Cf. LALANDE (1962): s.v. réalisme: «RÉALISME ... H. Sens de la réalité (par opposition au verbalisme, à l'abus des abstractions, ou encore à la chimère).» s Véase SPENCE (1960:33-34 y passim).
El «realismo lingüístico» o doctrina de Eugenio Coseriu
1. La visión integral del fenómeno
9
lingüístico
Las diversas orientaciones, corrientes, escuelas conocidas en la historia de la lingüística se caracterizan, como es sabido, por cierta unilateralidad, en el sentido de que concentran su atención en un determinado aspecto del lenguaje, descuidando, o pura y simplemente ignorando, a los demás. Así, para los representantes del método histórico-comparativo la tarea de la lingüística consiste en estudiar el desarrollo histórico de las lenguas naturales y la afinidad entre las mismas; para Ferdinand de Saussure y sus seguidores la lingüística tiene por único y verdadero objeto la lengua considerada en sí misma y por sí misma6; los representantes de la geografía lingüística se interesan por la variedad territorial de las lenguas; los de la escuela «idealista» de Croce-Vossler, por el lenguaje como intuición y expresión; la lengua abstracta, ideal, concebida como una red de relaciones, es el objeto de la glosemática; la gramática como mecanismo de la producción de oraciones, es el de la lingüística generativa. Y los ejemplos podrían multiplicarse considerablemente. Bien es verdad que el fenómeno lingüístico es sumamente complejo y polifacético, de modo que cierta especialización corresponde a necesidades metodológicas fácilmente comprensibles. Con todo esto, nunca debe perderse de vista la visión del conjunto, ni deben desconocerse o menospreciarse —como sucede con frecuencia, incluso en trabajos de prestigiosos lingüistas— los aspectos que no constituyen el objeto de la respectiva investigación. Por otra parte, se puede afirmar que cuanto más amplio es el enfoque de la investigación, tanto más cercano a la realidad; dicho de otro modo, tanto más r e a l i s t a : Ante todo, cuando se habla de «realidad existente», es necesario entenderla en toda su plenitud y no limitarla a un sector de la misma, cual es frecuente hacerlo (si no teórica, prácticamente)... (GARCÍA MORENTE y ZARAGÜETA BENGOECHEA 1 9 5 4 : 5 7 6 ) .
También desde este punto de vista la doctrina de Eugenio Coseriu merece el nombre de «realismo lingüístico», puesto que abarca el fenómeno «lenguaje» en su plenitud, sin descuidar ninguno de sus aspectos esenciales, sin dejar inobservada ninguna de sus múltiples facetas. El Maestro cultivó y sigue cultivando, además de la lingüística general y la filosofía del lenguaje, la lingüística románica 7 , la semántica estructural, la socio6 7
Conclusión del Curso de lingüística general (SAUSSURE 1 9 6 5 : 3 6 4 ) e idea básica de la doctrina saussureana. Merece destacarse el particular interés que manifiesta Coseriu por el rumano, hecho explicable, porque el rumano, además de ser su lengua materna, es, por lo menos en algunos aspectos, la más original y, al mismo tiempo, la menos conocida entre las lenguas románicas. (Véanse, por ej., COSERIU 1975, 1975a, 1977b, etc.)
Demetrio Copceag
10
lingüistica, la geografía lingüística, la estilística, la investigación filológica y etimológica, la lingüística aplicada, la historia de la lingüística8, etc. La problemática de sus investigaciones —el hablar y las lenguas (históricas y funcionales), el saber lingüístico (con sus niveles de «tecnicidad»: la norma, el sistema y el tipo), el cambio lingüístico, las leyes lingüísticas, las relaciones entre la lingüística y la lógica, el carácter sistemático del léxico, etc., etc.— es tan amplia, que su presentación exhaustiva resultaría imposible aquí. No me parece exagerado afirmar que no hay un solo aspecto verdaderamente importante del lenguaje humano que no sea examinado, o por lo menos señalado, en su obra. Significativo a este respecto es su modo de ver las diversas orientaciones existentes actualmente en lingüística, consideradas no como exclusivas, sino como complementarias, de donde la posibilidad de una colaboración entre las mismas: Espero haber logrado poner de manifiesto la complementariedad teórica de las direcciones principales de la lingüística actual. La complementariedad práctica —es decir una colaboración efectiva y proficua entre estas direcciones— dependerá, sin embargo, de si se renuncia a las interferencias en dominios ajenos y a las pretensiones de exclusividad, es decir, de si los representantes de estas direcciones se percatan de que hablan, sí, del mismo fenómeno lenguaje, pero de diferentes aspectos y planos del mismo (COSERIU 1977:256).
En resumidas cuentas, a las diversas visiones parcializadoras del fenómeno lingüístico se les puede oponer la visión «integralista» de Eugenio Coseriu. De aquí otra, eventual, denominación para su doctrina: el i n t e g r a l i s m o l i n g ü í s t i c o . (Denominación que no contradice de ninguna manera a la de «realismo»; sólo que tiene un contenido menos general que aquélla.) 2. La concordancia
entre la teoría y los
hechos
El conocimiento científico de la realidad implica la abstracción9; pero no cualquier tipo de abstracción, sino una abstracción sólidamente fun8
9
Es una verdadera «especialidad» de Coseriu (y al mismo tiempo uno de sus rasgos realistas) el descubrir que ciertas ideas atribuidas comúnmente a tal o cual lingüista son e n r e a l i d a d más antiguas. Así, casi todo lo que dice Ferdinand de Saussure había sido dicho antes por Georg von der Gabelentz (COSERIU 1977a: 200-250); las ideas fundamentales de Ascoli acerca del «substrato» aparecen en Hervás y Panduro (COSERIU 1978c); el verdadero fundador de la tipología lingüística es el filósofo y economista inglés Adam Smith (COSERIU 1977a: 117-130), etc. Como un rasgo realista del Maestro debe interpretarse también la denuncia de ciertas presentaciones en que se falsean diversos aspectos de la obra (o de la vida) de algunos lingüistas del pasado, como por ej. Wilhelm von Humboldt (COSERIU 1977a: 142-184) o Lorenzo Hervás y Panduro (COSERIU 1978b). «... (...la diferencia entre concreto y abstracto no debe confundirse con aquella
11
El «realismo lingüístico» o doctrina de Eugenio Coseriu
dada en los hechos. La mera acumulación de hechos, así como su estudio detallado, es, por supuesto, una operación de suma importancia, pero no representa sino la primera fase de la investigación, su nivel más bajo. El ideal de la ciencia no consiste en la acumulación de un número cuanto más elevado posible de hechos —en lingüística nunca semejante acumulación puede ser exhaustiva, porque los hechos no tienen fin— sino en la reducción de la pluralidad a la unidad, en el descubrimiento de los pocos principios que rigen los innumerables hechos, dicho de otro modo, en la interpretación teórica de los mismos. En la historia de la lingüística —como, por lo demás, en la de otras ciencias— pueden destacarse, en este aspecto, dos orientaciones opuestas: por un lado, autores que prestan muchísima atención a los hechos, descuidando, en cambio, la problemática teórica —basta con recordar la inmensa (y valiosa) labor de los indoeuropeístas del siglo pasado, o la impresionante obra del romanista Meyer-Lübke (que declaraba abiertamente su aversión a las discusiones teóricas)10— por otro lado, toda clase de construcciones teóricas, algunas evidentemente absurdas (como las del lingüista soviético N. I. Marr), otras, al contrario, hermosas y seductoras —tal el idealismo de Croce-Vossler, la glosemática de Hjelmslev o la propia lingüística de Ferdinand de Saussure— pero no suficientemente apoyadas en los hechos. Desde este punto de vista, Eugenio Coseriu ocupa, a mi juicio, un lugar aparte entre los representantes de las diversas corrientes lingüísticas. Difícil encontrar otro autor en cuya obra teoría y hechos se armonicen de un modo más perfecto. El filósofo y el lingüista, el pensador y el conocedor de un gran número de lenguas se completan recíprocamente en sus escritos. Realista en el sentido más auténtico de este término, capaz de elevarse a las más altas esferas de la abstracción filosófica sin perder de vista el detalle concreto, el lenguaje humano en su realidad viva, en sus manifestaciones cotidianas — f u n d a m e n t a n d o l o a b s t r a c t o e n lo c o n c r e t o e i n t e r p r e t a n d o l o s h e c h o s c o n c r e t o s a l a l u z d e l a s a b s t r a c c i o n e s — Coseriu da explicaciones que convencen plenamente, enuncia verdades que la razón acepta como tales sin la menor reticencia. (Y no sólo la razón, sino también —lo que es muy importante— la intuición.) Uno de los más significativos ejemplos que se pueden dar en este aspecto es el del «tipo lingüístico románico» descrito por Coseriu: Finalmente, el «tipo lingüístico» abarca los principios funcionales, es decir, los tipos de procedimientos y categorías de oposiciones del sistema, y representa, por ello, la coherencia funcional comprobable entre las varias secciones del sistema mismo. ... Por ej., en las lenguas románicas, con otra entre real e irreal» (COSERIU 1 9 7 8 : 1 6 ) . Cf. GARCÍA MORENTE y CHEA ( 1 9 5 4 : 1 0 2 , 1 2 6 y passim). io Véase la cita de Meyer-Lübke, con el respectivo comentario, en
ZARAGÜETA IORDAN
BENGOE-
(1967:38-39).
12
Demetrio Copceag excepción del francés (y, en menor medida, del occitano), la coherencia funcional en el nivel del tipo está dada ... por un principio general que puede formularse como sigue: determinaciones materiales «internas» (paradigmáticas), para funciones «internas», designativas, es decir, no relaciónales (como el género y el número); determinaciones materiales «externas» (sintagmáticas), para funciones «externas», relaciónales (como las funciones de los casos, la comparación de los adjetivos, etcétera) (COSERIU 1977:195).
A la luz del principio mencionado se explican todas, o casi todas las innovaciones morfológicas y sintácticas de las lenguas romances u . De este modo, detrás de la variedad externa se vislumbra la existencia de una unidad interna; debajo de la heterogénea multitud de los hechos morfosintácticos romances se descubre un principio único, que los explica a todos. (Inútil insistir en el alto valor epistemológico de tales explicaciones.) 3. La justificación
teórica de las
«irregularidades»
Por más que intentemos dar a nuestras investigaciones rigor y precisión, por más que se esfuercen algunos lingüistas por transformar la lingüística en una ciencia exacta, la r e a l i d a d nos pone siempre ante unas situaciones en que la precisión se vuelve imposible: límites borrosos, clasificaciones imperfectas, definiciones insatisfactorias, hechos que no «encajan» bien en los moldes del análisis. (Los ejemplos me parecen inútiles, por tratarse de un estado de cosas sobradamente conocido por todo investigador de la lengua). Por otra parte, debe tenerse en cuenta el hecho de que vivimos en el «reino de la cantidad» n , es decir, en una época caracterizada por un espectacular desarrollo de las ciencias exactas y, en relación con ello, por cierta visión «geométrica» del mundo. El cubismo en las artes plásticas, la urbanística moderna, ciertos aspectos de la música y literatura de nuestro tiempo, son manifestaciones que no se pueden aislar del desarrollo de las ciencias exactas y del consiguiente progreso técnico13; todas deben examinarse en el marco del mismo gran fenómeno intelectual que podríamos llamar «el espíritu del siglo». De aquí la tendencia a la precisión matemática, al esquematismo, a la representación linear de la realidad, manifestada en muchos sectores de la actividad humana, entre las cuales hay que incluir también la lingüística. Sólo que hay determinados aspectos de la realidad que no se dejan esquematizar, ni encerrar en fórmulas matemáticas. Es el caso de la H A los hechos dialectales románicos señalados en un trabajo mío (COPCEAG 1970) pueden añadirse muchísimos otros del mismo género. 12 Cf. el título de un libro de René Guénon: Le règne de la quantité et les signes des temps
( a p . HORIA 1976:12).
13 Cf. HORIA (1976:71-101 y passim). Este libro me sugirió la idea de relacionar la lingüística con otras manifestaciones de nuestro tiempo.
El «realismo lingüístico» o doctrina de Eugenio Coseriu
13
complejísima realidad humana, espiritual, social, cultural e histórica. Por eso, en las denominadas «ciencias del hombre» no hay más que aproximación y nunca exactitud absoluta 14 . Y también por eso fracasan los diversos intentos de formalización de la lingüística (que es, indudablemente, una «ciencia del hombre»). Ahora bien, Coseriu pone de relieve la importancia que tiene el concepto de l i b e r t a d en todas las actividades conscientes del hombre (de las que forma parte también su actividad lingüística). Y es precisamente aquí, en esta idea de libertad, en este «principio de la libertad», donde hay que buscar la justificación teórica del estado de cosas mencionado más arriba. Una libertad, desde luego, no absoluta, no anárquica, sino, al contrario, «disciplinada», sometida a toda clase de «determinaciones» 15, pero que, a pesar de todo, no deja de ser «libertad» y, por lo tanto, implica siempre cierta dosis de imprecisión. Que yo sepa, nadie antes en lingüística ha atribuido a la libertad humana el papel que le atribuye Coseriu: ... le changement linguistique n'a pas de «causes», dans le sens de «causes efficientes» (la seule cause afficiente en est la liberté créatrice des sujets parlants) ... (COSERIU 1 9 7 4 : 3 3 3 ) I 6 .
De este modo, la irregularidad —cierto grado de irregularidad— aparece como algo inherente a la propia naturaleza del lenguaje humano. Las oscilaciones, las excepciones, las «lagunas»17 son, por lo tanto, inevitables en toda lengua natural y deben aceptarse como tales. En estrecha relación con la libertad como causa eficiente del ininterrumpido «hacerse» de la lengua hay que considerar la imprevisibilidad de los cambios lingüísticos 1S, la inadecuación para la ciencia del lenguaje de los métodos que se suelen aplicar en las ciencias de la naturaleza 19 y el «peligro»... ... que implica la cuantificación de lo que no es cuantificable, la pretensión de reemplazar el método comparativo y la historia por las matemáticas y el cálculo. A menudo tenemos la impresión de que, empleando símbolos y cifras, somos exactos y coherentes. Pero en realidad la exactitud reside en el pensamiento y en su corresponder a su objeto, y no en los símbolos y las cifras, que son simples instrumentos, a veces muy cómodos, para la e x p r e s i ó n del pensamiento mismo. Si el pensamiento es falso o absurdo, los símbolos y las cifras no nos permiten hacerlo exacto y sensato: sólo nos permiten ser de una falsedad y de un absurdo matemáticamente perfectos (COSERIU 1 9 7 7 : 1 8 4 ) . M
«Exactitud» en el sentido de las ciencias físicas. (Cf. COSERIU 1978:237). Vid. COSERIU ( 1 9 7 8 : 7 0 , 8 0 y passim). Cf. COSERIU (1978:112-113 y passim); además, otros escritos del Maestro en que aparece la idea de libertad. 17 Cf. COSERIU (1978a: 213-214). w Vid. COSERIU (1977:173; 1978:235-236). I» Vid. COSERIU (1978:180-182).
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Particularmente importante me parece la constatación de que en las ciencias de la naturaleza se trata de sistemas estables —de donde su capacidad de generalización absoluta y, prácticamente, de predicción— mientras que en las ciencias del hombre, cuyo objeto es la investigación de tal o cual actividad «libre y consciente» del ser humano, los sistemas son inestables: En la naturaleza se comprueba un solo tipo de variabilidad: la de los «fenómenos» como tales. En efecto, los fenómenos naturales (las «realizaciones del sistema de la naturaleza») se interpretan con referencia a un conjunto de leyes («sistema») que son, en principio, inmutables. En la cultura, por el contrario, tenemos dos tipos de variabilidad: la variabilidad de las realizaciones, con respecto a los sistemas, y la variabilidad de los sistemas mismos. El sistema de las leyes naturales es, en realidad, formalmente análogo a un sistema cultural sincrónico pero vale en sentido pancrónico. Por consiguiente, en las ciencias físicas se puede «prever» diacrónicamente, ya que se trata de la aplicación —o «realización»— del mismo sistema (el postulado fundamental de estas ciencias, es en efecto, que el sistema no cambia) (COSERIU 1977:172).
Es éste, a mi juicio, uno de los rasgos más r e a l i s t a s de la doctrina de Eugenio Coseriu y, además, un aspecto del pensamiento coseriano —mejor dicho, uno de los aspectos— que no se limita sólo al campo de la lingüística, sino que se extiende al de las demás ciencias y al de la epistemología en general. 4. La denuncia del espejismo Por «espejismo» entiendo (metafóricamente, por supuesto) la aceptación de ciertas ideas profundamente arraigadas en lingüística, pero que e n r e a l i d a d demuestran ser meras «entidades verbales» 20 , capaces de proporcionarnos tan sólo explicaciones ilusorias de tal o cual fenómeno. Coseriu tiene el mérito de señalarlo en varias ocasiones. Así es, por ejemplo, la convincente (y plástica) demostración que hace desmoronarse la tesis durkheimiano-saussureana acerca de una lengua «exterior» a los individuos» y de una mítica «conciencia colectiva» en que residiría dicha lengua en su totalidad y perfección 21 : Mutatis mutandis, éste es el viejo sofisma del montón: claro está que un grano no constituye el montón y que el montón es «independiente» de cada uno de los granos tomados por separado; pero sólo en cuanto, en el momento en que se saca un grano, los otros lo siguen constituyendo. Si se sacan todos los granos simultáneamente, también el montón desaparece. La conclusión exacta es, pues, que ningún grano constituye el montón, y » Vid. BERGSON (1932:281). Vid. SAUSSUKE (1965:57-58).
El «realismo lingüístico» o doctrina de Eugenio Coseriu
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no que todos no lo constituyen, o que el montón es «exterior» a los granos. ... la unidad de la conciencia es un hecho primario comprobado por la conciencia misma ...: si la conciencia colectiva o social existiera efectivamente como exterior a los individuos, sólo ella misma podría decírnoslo y escribir de sociología, y no el sociólogo individual Durkheim ... (COSERIU 1978:35, 38).
O el análisis de los conceptos de «tendencia» y «analogía», tantas veces invocados en toda clase de explicaciones lingüísticas: ... la explicación por el concepto de 'tendencia' no es de ningún modo aceptable. En efecto, no cabe atribuir tendencias a las lenguas, pues éstas son técnicas del hablar, y no sujetos dotados de intencionalidad: las lenguas como tales no tienden a nada ... Los hablantes sí pueden manifestar «tendencias», pero, normalmente, no tienden a modificar la técnica lingüística, sino sólo a expresar de manera adecuada lo que piensan, sienten e intuyen. Los hablantes modifican efectivamente la lengua, pero, en general, sin proponérselo: sus tendencias no conciernen a la modificación del instrumento lingüístico, sino a su utilización. De este modo, la explicación por el concepto de «tendencia» —como muchas veces ocurre en la lingüística— no constituye, en realidad, una explicación, sino, simplemente, otra formulación de los hechos mismos que se comprueban. Así, decir que una lengua «tiende» a algo significa lo mismo que comprobar que un fenómeno x, en un momento b, es en ella más frecuente que en un momento a, anterior (COSERIU 1977: 187). Se nos dice que en el verbo [románico] actuó la analogía, que, en cambio, no habría actuado en el campo nominal. Pero ésta no es una explicación (reducción de un hecho a otro hecho), sino, como en el caso de las «tendencias», nada más que otra formulación de los hechos mismos que se comprueban. En efecto, la «analogía» no es ninguna fuerza o entidad capaz de actuar, sino sólo un procedimiento utilizado por los hablantes en su actividad de hacer y rehacer la lengua: no es una razón, sino una modalidad de los hechos ... (Op. cit.: 189-190).
Del mismo modo, a la luz de la crítica coseriana, la denominada «estructura profunda», concepto básico de la gramática transformacional, demuestra ser algo que pura y simplemente no existe desde el punto de vista lingüístico: Ahora bien, en la gramática transformacional ... toda significación oracional se reduce simplemente a la designación. De aquí, precisamente, las tan numerosas semejanzas 'profundas' entre lenguas diferentes y los muchos (supuestos) 'universales' que comprueba a cada paso la gramática transformacional: muy a menudo, se trata en realidad de estructuras significativas radicalmente distintas pero que son equivalentes en la designación, por lo cual son tenidas por 'idénticas en la estructura profunda'. La «identidad» que con esto se presume es, en el fondo, identidad extralingüística: es, simplemente, la i d e n t i d a d d e l m u n d o c o m o t a l , y de ningún modo identidad de las lenguas consideradas (COSERIU 1978a: 118).
Demetrio Copceag
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5. Las aplicaciones
prácticas
Otro rasgo realista de la doctrina coseriana consiste en su aplicabilidad práctica. En efecto, la práctica constituye la mejor modalidad de verificar la validez de una teoría («scientia, quo magis theorica, magis pratica»), principio general que en lingüística adquiere particular importancia, puesto que la esencia de la lengua es, precisamente, práctica —la lengua es una «técnica», un «instrumento», sirve para algo— de modo que todo cuanto pueda contribuir a su mejor funcionamiento, todo cuanto tiene una utilidad práctica, demuestra estar fundado también desde el punto de vista teórico y constituye, al mismo tiempo, la mejor prueba de que la teoría no es pura especulación mental, sino una construcción conforme a la r e a l i d a d . Algunas de las aplicaciones prácticas de su doctrina nos las señala el propio Maestro: ... la lexemática se revela como indispensable para la lingüística aplicada (enseñanza de las lenguas, lexicografía unilingüe y plurilingüe, teoría y práctica de la traducción) (COSERIU 1978a: 235). Los progresos y los nuevos planteamientos de la lingüística teórica y descriptiva tendrán, ciertamente, sus repercusiones en el campo de la lingüística aplicada, en particular en la teoría de la traducción (que depende de una comprensión exacta de la distinción entre designación, significado y sentido) y en la enseñanza de las lenguas (para la cual es imprescindible la misma distinción, así como la distinción correlativa entre saber elocucional, saber idiomàtico y saber expresivo) (COSERIU 1 9 7 7 : 2 6 2 ) .
Una mención especial merece, a este respecto, su estudio Lo erróneo y lo acertado en la teoría de la traducción (COSERIU 1 9 7 7 : 2 1 4 - 2 3 9 ) , en que se analiza detalladamente la citada «distinción entre designación, significado y sentido», tal como se manifiesta en el proceso de la traducción. Otra aplicación práctica ha sido señalada en un trabajo mío, en que cierta clase de errores, bastante frecuentes en el proceso de la enseñanza de idiomas —por ej., depiende, en vez de depende, sindicado, en vez de sindicato, etc.—, se interpretaban como «errores positivos», por tratarse de unos hechos que, a pesar de ser erróneos desde el punto de vista de la «norma», demuestran cierto grado de asimilación del «sistema» 22 . En general, creo que el conocimiento teórico de la distinción entre «norma» y «sistema» —además de la enseñanza de lenguas extranjeras y de la lengua materna— podría ser de gran utilidad práctica, por lo menos en lo que concierne al léxico, para escritores, traductores, especialistas en publicidad, así como para todos los que, por la naturaleza de su oficio se ven, a veces, puestos en la situación de «crear» palabras nuevas. (Las 22
COPCEAG
(1972); cf.
COSERIU
(1967:11-113).
17
El «realismo lingüístico» o doctrina de Eugenio Coseriu
que se crean al azar —como tantas veces sucede en la propaganda comercial— producen un efecto artificial y desagradable, mientras que las creadas con arreglo al sistema, intuitiva o reflexionadamente, suenan a palabras «naturales» a .) Al concluir esta sucinta (y, forzosamente, incompleta) exposición, cuyo objetivo ha sido —lo repito— sólo el de proponer un nombre para la doctrina lingüística coseriana, recordaré que hay en la obra del Maestro, al lado del valioso análisis racional de la realidad del lenguaje, muestras de una i n t u i c i ó n a r t í s t i c a de la misma. Tal el pasaje que sigue, en que dicha realidad nos es presentada en forma de hermosas y sugestivas imágenes: Las palabras cambian continuamente; no sólo desde el punto de vista fónico, sino también desde el punto de vista semántico, una palabra no es nunca exactamente la misma ... En cada momento hay algo que ya existía y algo que nunca existió antes: una innovación en la forma de la palabra, en su empleo, en su sistema de asociaciones. Este cambio continuo, este afán ininterrumpido de creación y re-creación, en el que, como en un paño ondulante de miles de matices o en la superficie chispeante del mar bajo el sol, en ningún momento se puede fijar un sistema estático concreto, porque en cada momento el sistema se quiebra para reconstituirse y romperse nuevamente en los momentos inmediatamente sucesivos —ese cambio continuo es, precisamente, lo que llamamos la realidad del lenguaje (COSERIU 1977: 101-102).
Una razón más para atribuir a la doctrina coseriana el nombre de realismo lingüístico. BIBLIOGRAFIA E. (1967), Teoría del lenguaje y lingüística general. Cinco estudios. Madrid2. — (1974), «Grammaire transformationnelle et grammaire historique.» En XIV Congresso Internazionale di Linguistica e Filologia Romanza. Napoli 15-20 aprile 1974: 329-342. — (1975), «Die rumänische Sprache bei Hieronymus Megiser.» Studii §i cercet&ri lingvistice XXVI, 5: 473-480. — (1975a), «Lateinisch-romanisch vas 'Schiff'.» Revue roumaine de linguistique XX, 5: 469475. — (1977), El hombre y su lenguaje. Estudios de teoría y metodología lingüística. Madrid. — (1977a), Tradición y novedad en la ciencia del lenguaje. Estudios de historia de ta lingüística. Madrid. — (1977b), «Zur Kentniss des Rumänischen in Westeuropa um 1600. Megiser und Botero.» Cercetäri de lingvisticä XXII, 2: 151-153. — (1978), Sincronía, diacronia e historia. El problema del cambio lingüístico. Madrid3. COSERIU,
23
Cf. *rigiocherellare
(COSERIU
1977:194), *nurro, Hlambada
(COSERIU
1978:59).
18
Demetrio Copceag
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"Form" und "formal" in der wissenschaftlichen Sprachbetrachtung ANA AGUD (Salamanca)
1. Die Beziehung des erkennenden Subjekts zum Gegenstand seiner Erkenntnis wurde im Zuge des neuzeitlichen Rationalismus mehrfach thematisiert. Die kantische Philosophie begreift endlich die Konstitution des Gegenstandes als solchen als Anwendung oder Projektion auf die Anschauung von bestimmten, abstrakten Formen des Urteils, so daß das Gegenständliche nicht mehr unabhängig von den Formen seiner Auffassung durch das Subjekt gedacht werden kann. Die Rolle, die in diesem Zusammenhang der Sprache und den Sprachen zukommt, ist merkwürdig zweideutig. Einerseits ist die Sprache eine Gegebenheit unter anderen, und also ein möglicher Gegenstand der Erkenntnis. Die exakte Erkenntnis einer Sprache spiegelt sich in der Aufstellung ihrer Grammatik, die durch eine möglichst akkurate Beobachtung ihrer Regelmäßigkeiten und ihres Funktionierens gewonnen wird, also ganz im Einklang mit der üblichen Erforschung der Gegenstände der traditionellen Wissenschaft. Andererseits ist aber die Sprache Form jeder Erkenntnis, und Aussagen und Urteile über Gegebenes müssen in einer Sprache gebildet werden. Diese Tatsache hat schon in frühen Phasen der Philosophie zu dem Postulat geführt, daß die sprachliche Stimmigkeit vor der logischen Wahrheit stehe, daß die congruitas Vorbedingung für die veritas sei. Auch die allgemeinsten und abstraktesten Urteilsformen bleiben auf die Möglichkeit einer sprachlichen Verwirklichung bezogen, und wenn auch eine konkrete Verwirklichung sicher nicht konstitutiv ist für die mögliche Gegenständlichkeit, so ist die allgemeine Möglichkeit der sprachlichen Verwirklichimg überhaupt sehr wohl konstitutiv dafür, denn sie deckt sich genau mit den abstrakter klingenden «reinen Urteilsformen». In diesem Zusammenhang begründet die Einsicht in den gram-
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Ana Agud
matikalischen Charakter der Grundschemata des Denkens den Nihilismus eines Nietzsche, wie J. Simon zum Ausdruck gebracht hat Dieser Problemlage entsprechend sieht sich die wissenschaftliche Sprachbetrachtung genötigt, zwei Formen grundsätzlichen Skeptizismus' entgegenzukommen: dem, den gegenüber einem objektivistischen Erkenntnisbegriff der Idealismus geltend gemacht hat, und dem, der in einem rein logischen Gedankengang sich selbst aufzwingt in bezug auf den Sinn des Unternehmens, die formalen Schemata auf ihren eigenen Ursprung zurückzuprojizieren. Der Perspektivismus, der nach der idealistischen Erkenntniskritik der Objektivierung von Sprache anhaften würde, führt zu einem epistemologischen circulus vitiosus. Die Grammatik, die jahrhundertelang im Dienste hauptsächlich praktischer Ziele —der Aneignung fremder Sprachen, der philologischen Deutung schwieriger alter Texte— entwickelt worden war, wird im Duktus dieses Skeptizismus in Frage gestellt, sowohl hinsichtlich ihrer theoretischen Gültigkeit als auch ihrer praktischen Tauglichkeit. Es fragt sich, um bei dieser letzten Kritik anzufangen, inwiefern ein üppiger Casuismus wie der der «ausführlichen Grammatiken» tatsächlich eine angemessene Darstellung der sprachlichen Strukturen und Funktionen ist, und die verschiedenen kategorialen Systeme, die dieses Material gliedern und deuten sollten —Kantianismus, Lokalismus, Kausalismus, Strukturalismus, Organizismus, usw.—, werden daraufhin befragt, inwiefern sie nun wirklich in der Lage sind, jene unüberschaubaren Informationsmengen der erstgenannten zu ersetzen. Wenn, wie inzwischen allgemein bekannt ist, eine Grammatik kein geeignetes Mittel für die Spracherlernung ist und andererseits die Versuche, durch Klassifizierung und Einteilungen alle konkreten Fälle zu kodifizieren nicht nur scheitern, sondern oft nicht einmal diese Fälle erklären, welcher Begriff von Grammatik kann dann noch tauglich sein? Und auf der theoretischen Ebene fragt sich: welche Kategorien könnte man f ü r die Sprachbetrachtung benutzen, die nicht selber sprachlich und auch einzelsprachlich bedingt wären. Denn wenn es keine solchen gibt, dann ist eine Erklärung von Sprachlichem eine Teilübersetzimg bestimmter Portionen einer Sprache in bestimmte Portionen —vielleicht abstraktere, vielleicht nicht einmal das— einer anderen oder derselben, und der Sinn von «Erklärung» wäre auf eine intersubjektive Verständigung, die befriedigt, reduziert. Das Höchste, was eine Sprachbeschreibung leisten könnte, wäre, einem nicht informierten Adressaten bestimmte selektive Auskünfte über einige Aspekte und Elemente einer bestimmten Sprache zu geben, so daß dieser von nun an weiß, was er in dieser Sprache an Elementen und Beziehungen, aus einer bestimmten Perspektive der Betrachtung gesehen, finden wird. Eine solche praktische Selbstbegrenzung auf bescheidenere Ziele hat auch in der Regel die konsistenteren Grammatiken zur Folge gehabt, aber 1
SIMON, J . (1972),
«Grammatik und Wahrheit». Nietzsche Studien
I.
«Form» und «formal» in der wissenschaftlichen Sprachbetrachtung
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in der Geschichte der abendländischen Spekulation hat man den Anspruch auf eine relevante und totale Erkenntnis von Sprache nie aufgeben wollen. In einer in mancher Hinsicht dem Wege der Philosophie ähnlichen Weise hat auch die Linguistik den Rekurs auf die Formalität versucht, in der vielleicht nicht ganz bewußten Hoffnung, dadurch dem Bann des unendlich Variierenden der sprachlichen Inhalte zu entgehen und gleichzeitig einen universalen Boden für die «wissenschaftliche Sprachbetrachtung» zu gewinnen. Von der Geschichte der Grammatik her kann man diese vagen Hoffnungen etwas näher bestimmen. Schon am Anfang der Frage nach der möglichen Wissenschaftlichkeit der Sprachlehre —im Rahmen der modistischen Grammatik des Mittelalters— liest man, daß, obzwar die Grammatik von wahrnehmbaren Gegenständen handelt, die von Sprache zu Sprache anders sind, eine Wissenschaft von Sprache doch möglich sei, wenn man solche sensiblen Gegenstände als Formen betrachtet, die von den einzelnen Sachen abstrahiert sind («sensibile ... secundum quod abstrahit ab hoc et ab illo sensibile ... (sie) est universale et de ipso potest esse scientia»). Und wenn auch die «voces» als solche je nach der Sprache anders aussehen, «tarnen secundum modum ordinandi et secundum intellectum, quem constituunt, sunt eadem apud omnes» 2 . Anders ausgedrückt: wissenschaftlich ist nur die Betrachtung universeller, nicht partikularer Gegenstände, und die Universalität der sprachlichen Gegenstände kann durch Abstraktion ihrer materiellen Unterschiede gewonnen oder erkannt werden. Die Formalität des Rekurses auf die «Ordnungsweise» und auf den «Sinn» befreit die Forschung vom Umgang mit dem Kontingenten und ermöglicht reine, strenge Spekulation in einem Bereiche, in dem so etwas legitim ist. Natürlich gilt dieser Legitimationsrahmen nur, solange die Prämisse gilt, daß Wissenschaft sich rein auf allgemeine und nicht kontingente Gegenstände bezieht. Mit der Uberwindimg dieser Auffassung und dem Verständnis von Wissenschaft als bewußtem und kontrolliertem Aufstieg vom Einzelnen zum Allgemeinen, vom Kontingenten zum streng Geregelten löst sich die mögliche Wissenschaftlichkeit der Grammatik von der vorausgesetzten Universalität ihres Gegenstandes ab und muß anders verstanden werden. Die Berücksichtigung der empirischen Daten führt aber in der Sprache zu Regeln mit so vielen Ausnahmen, daß die Absicht, durch Induktion zu allgemeinen Gesetzen zu gelangen, aussichtslos bleibt. Daher wird im beginnenden Rationalismus des siebzehnten Jahrhunderts wieder der apriorische Weg eingeschlagen, auf dem die empirische Anomalie gegenüber den Prinzipien der Vernunft als unwichtig erscheint. In der Auffassung des Sanctius etwa sind die verschiedenen Sprachen mehr oder weniger explizite und geordnete Darstellung einer kohärenten Grundordnung der Gedanken, einer vernünftigen Semantik, die es erst erlaubt, 2
PINBORG, J. (1967), Die Entwicklung hagen: 26.
der Sprachtheorie
im Mittelalter.
Kopen-
22
Ana Agud
die Erscheinungen zu «erklären», in dem Sinne, dass etwas nur «anscheinend» so oder so ist, denn «im Grunde» und «den Ideen nach» verhält es sich anders und regelmässiger (es fehlt z. B. nie ein Subjekt, und alle Umstandsangaben werden durch entsprechende Präpositionen eingeführt). Im späteren entwickelteren Rationalismus wird dann vom «klaren Reich der logischen Verhältnisse» gesprochen, das sich uns in den historisch gewordenen Sprachen «environné de tenèbres» 3 anbietet; auch vom Vorteil, den es bedeutet, die Sprache aus der Kenntnis dieser universalen Logik der Ideen «par science» zu kennen und zu gebrauchen, und «nicht nur» aus den überlieferten Gewohnheiten 4 . In welchem genauen Sinne sich aber das eine mit dem anderen vermitteln soll, wird nicht gesagt. Gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts formuliert Beauzée das Verhältnis von allgemeinen und besonderen Prinzipien (und von Wissenschaft und Technik) in stark dualistischer Weise: La grammaire, qui a pour objet l'énonciation de la pensée par le secours de la parole prononcée ou écrite, admet donc deux sortes de principes. Les uns sont d'une vérité immuable et d'un usage universel, ils tiennent à la nature de la pensée même, ils en suivent l'analyse, et ils n'en sont que le résultat: les autres n'ont qu'une vérité hypothétique et dépendente des conventions fortuites, arbitraires et muables, qui ont donné naissance aux différents idiomes... La grammaire générale est donc la science raisonnée des principes immuables et généraux du langage prononcé ou écrit dans quelque langue que ce soit. Une grammaire particulière est l'art d'appliquer, aux principes immuables et généraux du langage prononcé ou écrit, les institutions arbitraires et usuelles d'une langue particulière. La grammaire générale est une science, parce qu'elle n'a pour objet que la spéculation raisonnée des principes immuables et généraux du langage. ... La science grammaticale est antérieure à toutes les langues; parce que ses principes ne supposent que la possibilité (hervorgehoben v. Vf.) des langues, qu'ils sont les mêmes qui dirigent la raison humaine dans ses opérations intelectuelles, en un mot, qu'ils sont d'une vérité éternelle 5 .
Was diese allgemeinen Prinzipien in der grammatikalischen Analyse leisten sollen, ist, diese «zu beleuchten und zu dirigieren»; es ist von grösster Wichtigkeit, die allgemeinen Prinzipien gut zu etablieren, denn «sans cette connoissance on doit s'attendre à ne trouver que désordre et incertitude dans les gramaires particulières» 6 . In dieser letzten Phase stellen die rationalistischen Sprachtheoretiker fest, daß eine streng empirische Erforschung des Sprachlichen bloß einen unregelmäßigen, ungeordneten Gegenstand aufwirft, dessen Darstellung nicht Wissenschaft, sondern Kunst ist. Um die Grammatik mit den anderen Wissenschaften auf eine Stufe bringen und deren Allgemeinheit und N. (1767), Grammaire générale. Paris: XIII. (1660), Grammaire générale et raisonnée. Paris: 4.
3
BEAUZEE,
4
ARNAULD-LANCELOT
' BEAUZEE, N . , op.
« Ibid.: XII.
cit.:
IX-XI.
«Form» und «formal» in der wissenschaftlichen Sprachbetrachtung
23
Verbindlichkeit beanspruchen zu können, muß man zum Formalen greifen: zu allgemeinen Prinzipien, die nur die Möglichkeit des Sprachlichen oder das Sprachliche als virtuell betreffen und gleichzeitig Norm der Vernunft und ihrer Logik sind. Erst sie können das Licht werfen, das zur Ordnung des Materials nötig ist. Nur ist dieser Weg dem Verständnis der sonstigen Wissenschaft entgegengesetzt: hier wird die Allgemeinheit nicht induktiv gewonnen, sondern spekulativ entwickelt und erst nachträglich, deduktiv, auf die Daten angewandt. Eine solche Anwendung berührt aber notwendigerweise mit das Problem, wie die empirischen Gegebenheiten mit den allgemeinen, a priorischen Prinzipien (wie sie auch immer gewonnen sein mögen) in Einklang gebracht oder vermittelt werden können. Die kantische Philosophie hat die theoretische Unmöglichkeit einer Brücke zwischen beiden Bereichen gezeigt. Die Grammatik aber kann nicht umhin, die Voraussetzung von reinen Formen des Möglichen als Forschungsmethode zu gebrauchen. Sie muß nämlich sicher sein, daß sie die Sprache, so, wie sie ist, als Gegenstand hat, denn nur die Sprache an sich könnte es sein, deren congruitas jeder veritas vorausginge; nur sie wäre das für die Erkenntnis lohnenswerte. Wenn die Grammatik aber an eine Objektivität der Erkenntnis durch Sprache nicht glauben darf, weiß sie nicht mehr, was sie behandelt, und ob es sich lohnt, weiter zu forschen. Sie muß also glauben können, daß durch Sprache die Sachen selber erreichbar sind, und daß die Vernunft in der Sprache einen nicht verzerrenden Zugriff zu ihnen hat. Nur wenn die Sprache (als Methode) direkte Projektion der Vernunft ist, kann man auch von einer Wissenschaft der Sprache (als Gegenstand) eine Erkenntnis erhoffen, die der Erkenntnis überhaupt so dient wie die sprachliche Kongruenz der logischen Wahrheit. Es darf sich also kein wesentlicher Unterschied zwischen dem allgemeinen Vermögen zur objektiven Erkenntnis und der Sprache als konkretem faktischen Mittel dazu einstellen. Die Unterschiede zwischen den Sprachen müssen epistemologisch irrelevant sein, und der Weg von den allgemeinen Prinzipien von Vernunft und Sprache zu den einzelnen sprachlichen Gegebenheiten muß bloß ein Abstieg in der Abstraktionsskala sein 7 , ein Herunterkommen vom sehr abstrakt zum sehr konkret Genommenen, ohne Bruch und ohne qualitativen Sprünge. Nur von dieser —meist stillschweigenden— Prämisse her kann sich eine Wissenschaft von Sprache als solche legitimieren. Die Wissenschaft selber muss diesen Weg vom allgemein Formalen zum einzelnen, Inhaltlichen machen, oder dieser Weg selbst sein. In 20. Jahrhundert gelten zwar allgemeine und a priori wahre Prinzipien nicht mehr als akzeptabler Anfang einer Legitimation der Grammatik oder sonst einer Wissenschaft, aber die Linguistik muß die Notwendigkeit festhalten, solche Legitimität deduktiv, von oben her, zu gewinnen. 1 HALLIDAY, II.—3
M . A. K . (1961),
«Categories of the Theory of Grammar». Word 1 7 : 2 4 « ff.
24
Ana Agud
Die allgemeinen Prinzipien der Vernunft werden entsprechend durch eine allgemeine Definition des Gegenstandes und eine allgemeine Methodologie ersetzt. Diese stellt eine —freilich theoretisch immer problematische— Synthesis des Inhalts der Gegenstandsdefinition mit formalen Grundsätzen der Wissenschaft dar. Diese sichern die Wissenschaftlichkeit, jene die Sachlichkeit der Linguistik. Sie entspringt also auch hier nicht der sinnlichen Beobachtung und der Induktion, sondern der «theoretischen Angemessenheit» der Anfangsperspektive. Bei Hjelmslev z. B. werden Allgemeinheit und Allgemeingültigkeit des Anfangs dadurch gewährleistet, daß man beim Text «dans sa totalité non analysée» beginnt. Er, als die «übergreifende Klasse», die in einer «démarche déductive» zu ihren Teilen reduziert werden soll in einem «mouvement analytique et spécifiant» —als das noch unbestimmte unmittelbare—, garantiert, daß der Gegenstand voll zu seinem Recht kommt und daß er nicht irgendwie perspektivistisch von Anfang an auf einen Teilaspekt verkürzt wird. Eine zusätzliche Garantie der Sachlichkeit und Unvoreingenommenheit soll darin bestehen, daß diese «démarche déductive» nicht schon Inhaltliches einteilt und klassifiziert, sondern daß sie nur formale Eigenschaften des Textes systematisiert; es werden z. B. die Beziehungen innerhalb des Textes in solche, nach denen ein Glied das andere fordert und umgekehrt, in solche, nach denen ein Glied das andere fordert, aber nicht umgekehrt, und solche, nach denen kein Glied das andere fordert, eingeteilt. Solche Einteilungen haben den Rang von Hypothesen, die insgesamt eine Theorie bildem, und zwar so, daß diese «von der Erfahrung unabhängig» und ein «rein deduktives System» ist 8 . Der Theoretiker weiß «aus eigener Erfahrung», daß «gewisse Prämissen die Bedingungen erfüllen, um auf bestimmte Fakten angewandt werden zu können». Die Theorie ist also «arbitraire et adéquate» und «les données de l'expérience ne peuvent ni confirmer ni infirmer la validité de la théorie, mais seulement son adéquation à l'expérience» 9 . Die Gültigkeit des Schemas ist also eine apriorische Frage, in der die Sachlichkeit vorentschieden ist; von ihr soll die der Anwendung getrennt bleiben. Es ist höchstens «wahrscheinlich», daß eine Anwendung auf die Fakten möglich ist. Der Abgrund zwischen rein theoretischer Spekulation und konkreter Erfahrung und Forschung konnte dem scharfsinnigen Linguisten nicht unbemerkt bleiben. Dieser Abgrund ist hier etwas niedriger angestellt als bei Kant, aber an einer gewissen Stelle erscheint er, an der Stelle nämlich, an der der Unterschied auftaucht zwischen dem Gegenstand, den die Theorie «souverain definiert» I0 , und dem Text als noch nicht analysiertem Faktum. Unter der Forderung einer «formalen Linguistik» versteht also Hjelmslev die Annahme eines Standpunkts, von dem aus die Sprache souverän * Hjelmsuev, L. (1953), Prolegomena » Ibid. w Id.: 29.
to a Theory of Language. Madison: 28.
«Form» und «formal» in der wissenschaftlichen Sprachbetrachtung
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methodisch behandelt werden kann, ohne daß ihre Variabilität und Allgegenwärtigkeit die Wissenschaftlichkeit in Gefahr bringen könnten. Bei ihm ist diese Inmunisierungsrolle der Form gegen die Fakten besonders deutlich, aber, wie wir zu zeigen hoffen, steht er hierin keineswegs allein. 2. In der Linguistik des 20. Jahrhunderts, die zunächst bezeichnenderweise die Benennungen «Sprachlehre» und «Grammatik» ablehnt und sich als «Sprachwissenschaft» ausgibt, wird bekanntlich häufig postuliert, die Sprache solle formal betrachtet und behandelt werden. Unter diesem Adverb verstecken sich aber zumindest zwei völlig verschiedene Begriffe. Zum einen sind die Form und das Formale in der Sprache das, was man unmittelbar wahrnimmt, akustisches Aussehen — obwohl die Metapher eher vom schriftlichen Bild herrührt. Die sprachlichen Formen sind das direkte, nicht vermittelte Datum, und man sagt «Form», um nicht schon entscheiden zu müssen, ob von Wörtern oder Sätzen, ob von inhaltgeladenen oder inhaltleeren Gebilden die Rede ist. «Form» ist der neutrale Ausdruck, der zunächst jede Kategorisierung oder Einteilung der Erscheinungen auf spätere Phasen der Forschung verschiebt. Form ist, was unmittelbar beobachtet werden kann, und die Formalität sichert den streng empirischen Charakter des Zugriffs zum Objekt. Zum anderen ist aber «Form» der Ausdruck dafür, daß man es nicht direkt mit dem jeweiligen Sprechen und seinen zufälligen und immer variierenden Bestimmungen zu tun hat, sondern daß man den Gegenstand in einem gewissen Abstraktionsgrad nimmt, wenigstens so abstrakt, daß alles, was gleich aussieht, als Vorkommen eines und desselben betrachtet wird. «Formal» ist dann eine Bestimmung der grammatikalischen oder linguistischen Tätigkeit, die gewährleistet, daß das, was von einem Fall gesagt wird, auch für die anderen Fälle «desselben» gilt. Das Formale ist Garantie für Allgemeinheit. Im Unterschied zur ersten Bedeutung von «Form» und «formal» ist diese zweite kein Pol einer Dichotomie (etwa «das unmittelbar Beobachtbare» gegenüber dem «nicht unmittelbar Beobachtbaren»), sondern bezeichnet eine Eigenschaft, die eine Skala von verschiedenen Graden darstellt: man kann mehr oder weniger abstrahieren, und man müßte im Idealfall immer angeben können, wieviel oder wovon man jeweils abstrahiert. Die Betonung der einen oder der anderen Bedeutung von «Form» und «formal» bedingt verschiedene Forschungsrichtungen. Es sei dies hier etwas eingehender ausgeführt. Im Programm der formalen Sprachbetrachtung ist die Form dasjenige, was den Gegenstand als solchen erst konstituiert, und es konstituiert ihn je nach der Art, wie sich der Begriff von Form anderen gegenüber abgrenzt. Es gibt aber verschiedene solche Abgrenzungen, die entsprechend viele Formbegriffe —und Forschungsgegenstände— definieren. Es gibt zunächst die Form als das Gegenteil vom Inhält oder von der Funktion. Form ist hier das physikalisch Beobachtbare gegenüber dem geistigen,
Ana Agud
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nicht anschaulichen Moment des Zeichens, das intersubjektiv gekannte und benutzte gegegenüber einer sonst prinzipiell nicht erkennbaren gedanklichen Intention. In der Folge dieser Abgrenzung gilt jede sprachliche Äußerung als Vorkommen einer Schablone, als token eines type, und der ganze Bereich der Finalität des Sprechens bleibt ausgeschaltet. Die «andere Seite» des Zeichens fungiert einzig als Kriterium für die Unterscheidung oder Nichtunterscheidung diakritischer Merkmale und ist also Mittel zum (metasprachlichen) Ziel der Klassifizierung. Nach dieser Abgrenzung kann natürlich auch der Inhalt selbst Gegenstand der Betrachtung werden, allerdings indem man in ihm wieder eine «Form des Inhalts» entdeckt und diese in ähnlicher Weise behandelt. Ferner bedeutet «Form» das Gegenteil von der Substanz oder der Materie. Form ist hier das systematische Moment an der Gestalt der Daten, dasjenige, was durch rekurrente Merkmale charakterisiert werden kann, das organisatorische Moment des sprachlichen Materials. Es macht dieses zu einem erkennbaren Gegenstand, denn «le phénomène amorphe n'a aucune existence... connaître la veritable nature d'un objet est trouver la forme dont il est fonction» ••. Nach dieser Abgrenzung der Form, die sehr aristotelisch klingt, ist die Empfehlung, die Sprache formal zu betrachten, eine Tautologie. Ihre Relevanz zeigt sich erst in bezug auf die allgemeinen Erkenntnisfragen, die wir im ersten Teil dieser Arbeit behandelt haben. Und drittens bedeutet «Form» das Gegenteil der Bedeutung, in einer fast auf die generative Linguistik begrenzten Auffassung, nach welcher «grammar is autonomous and independent of meaning»12, obwohl «this purely formal investigation of the structure of language has certain interesting implications for semantic studies»13; dies muß aber auch nicht «mißverstanden werden» «as indicating support for the notion that grammar is based on meaning. In fact the theory outlined... was completely formal and non-semantic»14. Es ist nicht leicht, diese Abgrenzung der Form gegen die Bedeutung begrifflich nachzuvollziehen, denn Form ist hier im Grunde nichts anderes als die als Beziehungen abstrahierte Systematik der traditionellen Grammatik, die dann in symbolischer Schrift zum Zwecke der Simulation der Erzeugung von abstrakten Ketten in Regeln geordnet wird. Dieser umständliche Weg der Gewinnung dieser Kategorien verdunkelt deren Ursprung, ohne ihn aber aufheben zu können. Die syntaktische Komponente des generativen Modells, also dessen rein formaler und nicht semantischer Kern, ist irgendeinmal von konkreten Sprechhandlungen durch Abstraktionsprozesse gewonnen worden, die die konkreten Inhalte zugunsten der allgemeineren außer Acht gelassen haben. W
HJELMSLEV,
L. (1970), «La structure morphologique». Essays
141. 12 CHOMSKY, N. (1957), Syntactic " Ibid.: 12. M Ibid.: 93.
Structures.
Den Haag: 17.
Linguistiques.
Paris:
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und das berechtigt bei weitem nicht zu sagen, diese Grammatik habe keine semantische Basis. Es ergibt sich also, daß in der Aufforderung zur formalen Sprachbetrachtung zur Zweideutigkeit des Formalen —als Moment des Gegenstandes und als methodische Haltung— eine Mehrdeutigkeit hinzukommt, die verschiedene und nicht aufeinander reduzierbare Begriffe des Gegenstandes mit sich bringt. Daß sich eine solche Aufforderung trotzdem durchhält, dürfte sich den folgenden drei «Vorteilen» verdanken: die Entdeckungsmethode wird durch die erste Auffassung (Form als Moment des Gegenstandes) als streng empirich qualifiziert; eine formale Behandlung des Gegenstandes ist nach der klassischen Wissenschaftstheorie Garantie von Wissenschaftlichkeit (als Bedingung einer Mathematisierung der Theorie in einem bestimmten Grad); die Abgrenzung eines Teilgegenstandes nach der Dichotomie Form / Nicht Form macht erst eine Erforschung desselben möglich oder hat operationale Notwendigkeit, denn die Sprache als ein Ganzes, das selbst den Forscher —über seine Sprache— beinhaltet, ist kein möglicher Gegenstand einer Wissenschaft. Die begriffliche Unsauberkeit, die die Sprachwissenschaft diesen Vorteilen zuliebe auf sich nimmt, rächt sich aber in der Forschung selber, nämlich in der Form von Widersprüchen in der Kategorisierung der Daten oder von Unverträglichkeiten der verschiedenen Bestimmungen eines und desselben Phänomens. Um nur einige wohlbekannte Beispiele zu erwähnen: in der generativen Transformationsgrammatik ist die Tiefenstruktur anfänglich die einzige für die Bedeutung relevante Komponente des Modells; sie ist die Darstellung der kategoriellen und relationalen Organisation der Bedeutungen in der formalen ( = nicht semantischen) Struktur des Satzes. Da aber alles, was sprachliche Form ( = Beobachtbares) ist, an der allgemeinen Bedeutungsfunktion der Sprache teilnimmt, hat die spätere Forschung auch die TG genötigt, der äußeren Form (Oberflächenstruktur) ebenfalls semantische Relevanz zuzusprechen, womit das Kriterium für die Einordnung der Daten in die eine oder die andere Struktur neutralisiert wird und der Unterschied zwischen ihnen verschwindet, im europäischen Strukturalismus werden allgemein die Bedeutungen (und entsprechend die Zeichen) in grammatikalische und lexikalische eingeteilt (in strukturrelevante oder bloß zum Wörterbuch gehörende): grammatikalisch ist das «Formale», die rekurrenten Momente, die unter sich aufgrund differentieller Bestimmungen ein System bilden. Was nicht so beschaf-
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fen ist, gehört zum Wörterbuch. Die Kasus gehören zur Grammatik, nicht aber die Präpositionen. Nun sind aber auch letztere von begrenzter Zahl, und selbst die an sich unbegrenzte Menge der Zeichen ist durch differentielle Bestimmungen strukturiert. Der Unterschied zu den «grammatikalischen Einheiten» wäre dann lediglich die grössere Anzahl und die entsprechend grössere Schwierigkeit ihr System festzustellen. Der Begriff des Formalen besorgt also kein theoretisch deutliches Kriterium, um eine Klasse von Zeichen als grammatikalisch oder lexikalisch einzuordnen, und der Unterschied zwischen diesen beiden Qualifizierungen läßt sich nicht halten. Daraus ergibt sich, daß der Rekurs auf die Form und auf das Formale, als Mittel für die Gewinnung eines möglichen Gegenstandes, der mit denen der anderen Wissenschaften auf einer Ebene steht, die Sprache durchgehend zu dichotomisieren nötigt, wodurch künstliche Teilgegenstände aufgeworfen werden, die mit dem totalen Gegenstand (der Sprache) nicht gleichwertig sind (was seinerseits die Benutzung der Sprache als Verifizierungsinstanz unsinnig macht). Unter dem operationalem Gebrauch des Formbegriffs wird die Sprache als Code fixiert («und wo ist dann der zu kodifizierende Text» 15 ) und den reduzierten Sprachen gleichgesetzt, deren Ursprung und letzte Metasprache sie selbst ist (was unter anderem bedeutet, daß in der Forschung die Metasprache der Ort ist, in welchen die Problematik des Wirklichkeitsbezugs der reduzierten Sprachen verschoben wird, damit diese Problematik «momentan» unthematisch bleibt und den Gebrauch der reduzierten Sprache nicht stört. Die Metasprache hat schon der reduzierten Sprache ihre Bedeutungen und Regeln gegeben, und Probleme in diesem Bereich werden ihr zugeschoben, falls sie sich trotz allem einschleichen). Daß sich dennoch diese Momente innerhalb der Forschung immer wieder melden —weil der Forscher die natürlichen Sprachen in ihrer Ganzheit dennoch als Gegenstand haben möchte—, ist Quelle immer neuer Störungen, die entweder zu unendlichen Umgestaltungen der Theorie führen oder auf «zusätzliche Komponenten» oder «zukünftige Entdeckungen» angewiesen werden. Andererseits muß der Rekurs auf die Form den Lauf der Sprache anhalten und für jedes Element eine Grenze zwischen «formal» und «nicht formal» ziehen und sich dann natürlich die Frage gefallen lassen, was denn etwas Formloses oder nicht Formales in der Sprache sein soll. 3. Der Begriff der Form führt aber von sich —d. h. von seiner eigenen Tradition aus— nicht unbedingt zu solchen Folgen. Der Grund dafür, daß er in der Linguistik so viel Aporien auslöst, ist eher sein instrumentaler Gebrauch zum Zwecke der Gewinnung eines wissen15
HALLIDAY, M. A . K „ op. cit.:
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schaftlichen Gegenstandes. theorie Gebrauchsweisen fruchtbar erwiesen haben hat, den hier kritisierten etwa heisst es:
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Es gibt aber auch in der Geschichte der Sprachdes Formbegriffs, die sich als erhellend und — und deren historische Autorität mitgeholfen Mißbrauch aufrechtzuerhalten. Bei Humboldt
Der Form steht freilich ein Stoff gegenüber; aber um den Stoff der Sprachform zu finden, muß man über die Grenzen der Sprache hinausgehen. Innerhalb derselben läßt sich etwas nur beziehungsweise gegen etwas anderes (Hervorhebung v. Vf.) als Stoff betrachten, zum Beispiel die Grundwörter in Beziehung auf die Deklination. In anderen Beziehungen wird aber, was hier Stoff ist, wieder als Form erkannt... Absolut betrachtet kann es innerhalb der Sprache keinen ungeformten Stoff geben, da alles in ihr auf einen bestimmten Zweck, den Gedankenausdruck, gerichtet ist, und diese Arbeit schon bei ihrem ersten Element, dem articulirten Laute, beginnt, der ja eben durch Formung zum articulirten wird 16.
Und an einer anderen Stelle: «Das Wesen der Sprache besteht darin, die Materie der Erscheinungswelt in die Form der Gedanken zu gießen; ihr ganzes Streben ist formal...»17 (Hervorhebung v. Vf.). Diese f ü r die gegenwärtige Terminologie zunächst befremdliche Ausdrucksweise bringt besonders klar die Beziehung der Metapher der Form zur handwerklichen Herstellung von Gegenständen 18 zum Ausdruck: die Unterscheidung einer Form gegenüber dem Stoff, der Materie oder dem Inhalt spiegelt den teleologischen Bezug des Handwerkers auf das wieder, was für seine Tätigkeit als Materie eingestuft ist. Erst als das Gegenteil von dem, was daraus wird, ist das Seiende als Stoff gegenüber einer Form —dem Herzustellenden— bestimmt. Auch bei Humboldt wird die Sprache «die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den articulirten Laut zum Ausdruck des Gedankens fähig zu machen», genannt 19 . Diese Arbeit hat ein nie endgültig zu erreichendes Ziel: die immer weitere Bestimmung der Bewußtseinsinhalte. In diesem Zusammenhang spricht später Th. Rümpel von der «Notwendigkeit des Geistes, seinen Inhalt zu besondern, zu individualisieren, konkret zu machen» 20 . Daß hier die Form als «dynamische Form» vorgestellt wird, unterscheidet diesen Begriff von dem der mit formalen Methoden umgehenden Wissenschaften. Es liegt aber in der Natur der Sache —hier der Sprache—, 16
17
18
HUMBOLDT, W. V. (1830-35), «Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts». Schriften zur Sprachphilosophie. Stuttgart (1963) (WB): 422. HUMBOLDT, W. V. (1820), «Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprachentwicklung». Schriften zur Sprachphilosophie: 13. Vgl. R. WIEHL (1973), «Form». Handbuch philosophischer Grundbegriffe. München: 446.
19
HUMBOLDT, W .
»
RÜMPEL,
Th.
V., «Über die Verschiedenheit...».: 418.
(1845),
Die Casuslehre. Halle:
108.
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daß es sich so verhält, denn bei der Sprache befinden wir uns gerade auf der Ebene, auf der dem Formalen seine Bedeutung erst verliehen wird. Die Sprache, als Natur— und Umgangsprache und als letzte Metasprache, ist es, die andere weitere Formen als operationale Schemata für gewisse Arten der Beherrschung des Gegebenen erst festsetzt. Der wesentliche Unterschied zwischen der Sprache und den aus ihr entwickelten formalen Sprachen —als Methoden oder Darstellungsmitteln— besteht darin, daß diese letzten Mittel zu einem außer ihnen liegenden Zweck sind, während die Sprache «Selbstzweck» ist und einer inneren Notwendigkeit des Bewußtseins unmittelbar folgt: der der Selbstbestimmung als bewußte und ausdrückliche Abgrenzung des anderen und dem anderen gegenüber. Abgrenzende und formende oder formalisierende Tätigkeit sind eins und dasselbe. Diese Tätigkeit des Geistes ist reflexiv: was sich in der formenden Bestimmung seiner Inhalte formt, ist seine eigene Individualität. Auch an der Sprache selber zeigt sich diese Reflexivität: in der Formung neuer Inhalte erhält die Sprache neue Formen, die sie entweder als solche in der Weise der Anwendung gebrauchen oder an denen —als Stoff— sie sich wieder als formende Tätigkeit weiter betätigen kann. Denn «lo que se llama 'sustancia' es sólo una 'forma' de un orden inferior al plano de formalización que se considera», wie es Coseriu ausgedrückt hat 21 . Wenn nun die Form als das dynamische Prinzip der Sprache erkannt ist, so daß in der Sprache die Form keine feste Bedeutung hat, sondern eine feste Bedeutung erst nachträglich in der vergegenständlichenden Reflexion jeweils gewinnt, dann kann die Form nicht mehr unkritisch als Dichotomisierungskriterium angewandt werden, und alle totalen Dichotomien, die ausdrücklich oder implizit auf einem Gegensatz Form / Nicht Form beruhen (Iangue —parole, competence— performance, usw.), entbehren jeder sachlichen Begründung und «should be dropped»22. Die Grammatik, als die «erkannte, gewußte, begriffene Sprache»23, muß sich als reales Moment der Sprache selber begreifen, als Stufe der Formalisierung ihrer eigenen Inhalte, und als eine bestimmte Weise dieser Formalisierung zu einem bestimmten Zweck. Sofern dieser konkrete Zweck denen der Wissenschaften ähnlich ist, kann sie durchaus wie diese den formalen Apparat der Logik und Mathematik gebrauchen, aber nur sehr begrenzte Zwecke legen einen solchen Sprachgebrauch nahe, denn immer, wenn die Sprache ohne Restriktionen als Verifizierungsinstanz benutzt wird, kommen ihre metasprachlichen Momente ins Spiel und verbieten ihren nur instrumentalen Gebrauch zu anderem Zweck. Auf der anderen Seite kann die Gewinnung eines Gegenstandes einer möglichen Wissenschaft von Sprache nicht vom Rekurs auf die Form 21
22
«
COSERIU, E . (1967), «Forma y sustancia en los sonidos del lenguaje». COSERIU, E . Teoría del lenguaje y lingüística general. Madrid: 230. FIRTH, J . R . ( 1 9 5 1 ) , «General Linguistics and Descriptive Grammar». Transactions of the Philological Society. Hrsg. in Papers in Linguistics: 82-86. RUMPEL, T h . , op.
cit.:
99.
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erhofft werden: nur unter der Voraussetzung, daß in einer bestimmten Hinsicht die Sprache wie jeder andere Gegenstand auch betrachtet werden kann, ist eine Wissenschaft von ihr zu begründen. Es ist also diese bestimmte Hinsicht zu definieren und erkenntnistheoretisch zu rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung kann aber der Begriff der Form nicht leisten; denn vom Begriff der Form her ist die Sprache gerade das jeder Formalisierung und formalen Abgrenzung vorausliegende, der Akt und die Instanz, wodurch Formalisierung erst möglich wird und auch tatsächlich stattfindet. Von diesem Begriff her ist die Sprache Vorbedingung und umgreifende «Lebensform» des «wissenschaftlichen Sprachspiels».
"System, Norm und Rede" — wiedergelesen HANS-MARTIN GAUGER (Freiburg i. B r . )
Die Arbeit «Sistema, Norma y Habla» — sie umfaßt rund hundert Seiten — erschien 1952 in Montevideo in der «Revista de la Facultad de Humanidades y Ciencias». Zehn Jahre später, 1962, wurde sie erneut veröffentlicht (in dem Sammelband «Teoría del lenguaje y lingüística general», Madrid, 1962). In deutscher Sprache erschien die Arbeit erst 1975, also dreiundzwanzig Jahre nach ihrem ersten Erscheinen. Siebzehn Jahre nachdem er es zum ersten Mal behandelt hatte, hat Coseriu das Thema erneut aufgegriffen: in dem Aufsatz «Sistema, norma e 'parola'» der Festschrift für Vittore Pisani (Brescia 1969). Dieser Aufsatz erschien in deutscher Sprache 1970 in dem von Uwe Petersen herausgegebenen Band von Arbeiten Coserius «Sprache, Strukturen und Funktionen» (Tübingen 1970). Der Aufsatz ist eine präzisierende Zusammenfassung der größeren Arbeit. Sachliche Änderungen sind nicht festzustellen. Es ist wohl überhaupt davon auszugehen, daß «Sistema, Norma y Habla» bis heute Coserius Ansichten entspricht. Diese außerordentliche Arbeit —man muß sich dies zunächst vergegenwärtigen— hat Coseriu als Dreißigjähriger geschrieben. Er schrieb sie in Uruguay, einem Land, mit dem er sich noch immer stark verbunden weiß; in seinem 1977 in Madrid erschienenen Sammelband «Estudios de lingüística románica» findet sich der schlichte Eintrag: «Dedico este libro a un país: a la República Oriental del Uruguay.» Die Arbeit selbst bringt, an wichtiger Stelle, indirekt einen Hinweis auf Coserius Zeit in Italien: auf einen Vortrag, den er 1948, siebenundzwanzigjährig, vor dem «Sodalizio glottologico milanese» gehalten hat (62). Dieser Vortrag in Mailand weist seinerseits ins Heimatliche zurück: er gilt der Sprache des rumänischen Dichters Ion Barbu. Dieser Dichter —er verbrachte einige Zeit in Tübingen— hat übrigens auch das «schwäbische Land» besungen, in welchem der aus der östlichen Moldau, aus Bessarabien, stammende Sprachwissenschaftler seit Mitte der sechziger Jahre wirkt.
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Ist «Sistema, Norma y Habla» die wichtigste zumindest der theoretischen Arbeiten von Coseriu? Viele würden die Frage bejahen. Jedenfalls ist sie, zusammen mit «Sincronía, Diacronía e Historia» —leider kam auch diese Arbeit, 1958 erschienen, in deutscher Sprache mit skandalöser Verspätung erst 1974 heraus— ein überaus gewichtiger Beitrag sowohl zur Theorie der Sprache als auch zur Theorie der Sprachwissenschaft. Die Bedeutung beider Arbeiten beruht auch darauf, daß sie gerade dort einsetzen, wo die moderne Sprachwissenschaft einsetzt: bei Saussure, bei dessen beiden zentralen Dichotomien «langue» und «parole», «Synchronie» und «Diachronie». Während die Arbeit von 1958 sich mit der zweiten Dichotomie befaßt, befaßt sich «Sistema, Norma y Habla» mit der ersten. Versuchen wir, in der leider gebotenen Kürze, mit diesem Werk ins Gespräch zu kommen. Zunächst seien Coserius Gedanken knapp referiert. Coseriu will die Dichotomie von «langue» und «parole» überwinden, um zu einer monistischen Sprachauffassung zu kommen. Zum anderen will er die Dichotomie Saussures durch eine Trichotomie ersetzen. Eine dreifache Unterscheidung also im Blick auf eine Wirklichkeit; Sprache dreifach gesehen in ihrer einen und eigentlichen Realität: als Tätigkeit. Es geht ihm um «einen zusammenhängenden und einheitlichen Begriff von Sprache als schöpferische Tätigkeit» (COSERIU 1 9 6 2 : 9 0 ) . Zunächst sind, ihm zufolge, zwei Aspekte auseinanderzuhalten: ein psychischer, bei dem es um die virtuelle Sprache geht, und ein sprachlicher, bei welchem Sprache als «konkretes Sprechen», als «verwirklichte Sprache» gesehen wird. Hinsichtlich des ersteren Aspekts ist dann wiederum zu unterscheiden einerseits der Sprachbesitz (Coseriu übernimmt diesen Begriff von Walter Porzig), andererseits der Ausdrucksimpuls. Letzterer gehört für Coseriu zur Ausdruckspsychologie allgemein, während der Sprachbesitz, der zugleich individuell und sozial ist, nach ihm zur Sprachpsychologie gehört. Was das konkrete Sprechen angeht, so ist einerseits dessen «unmittelbare Realität» als Sprechakt ins Auge zu fassen, andererseits die «Summe der verzeichneten Sprechakte», das «Sprachmaterial». Auf der Grundlage von «Sprachmaterial» konstituiere sich —«als Abstraktion, als System von Isoglossen (gemeinsame Elemente, die in den untersuchten Sprechakten gefunden wurden)— das ideale Objekt Sprache» ( 9 1 / 9 2 ) . Es geht also um dreierlei: um Sprechen als konkrete Wirklichkeit, um Sprachbesitz als Virtualität, um «Sprache» als Abstraktion auf der Grundlage einer mehr oder weniger großen Summe einzelner Sprechakte. Dabei handelt es sich für Coseriu stets um dieselbe Wirklichkeit («lenguaje»), nur eben von drei verschiedenen Standpunkten aus. Noch einmal: Sprache als «Sprechen» («habla»), Sprache als «Sprachbesitz» (Coseriu übersetzt diesen deutschen Terminus mit «acervo lingüístico»), Sprache als «Sprache», nämlich als Produkt der Abstraktion, wie sie die sprachwissenschaftliche Untersuchung zur Voraussetzung hat (Coseriu verwendet anstelle von «Abstraktion» auch —und mit Vorliebe— den Terminus «Formalisierung»). Sprache als «Sprachbesitz» und Sprache als «Sprache» fallen für Coseriu
«System, Norm und Rede» — wiedergelesen
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zusammen; er betrachtet jedoch «Sprachbesitz» nicht als sprachwissenschaftlichen Begriff, da die Sprachwissenschaft abstrahierend von «konkret registrierten Tatsachen» ausgehe. Coseriu führt sodann einen neuen Begriff ein: den der «vorhergehenden Sprache» («lengua anterior»). Dieser Begriff ist für ihn im eigentlichen Sinne sprachwissenschaftlich (93). Das Sprechen folgt jeweils den Mustern der «vorhergehenden Sprache». Für die sprachwissenschaftliche Beschreibung gehe es nun darum, eben diese Muster herauszuarbeiten. Sie tue dies in zwei verschiedenen, aufeinander folgenden Abstraktionsschritten: auf einer ersten Stufe gelange man zur Norm, auf einer zweiten zu «einer Reihe von wesentlichen und unabdingbaren Elementen, von funktionellen Oppositionen: zu dem, was wir 'System' nennen» (94). Coseriu verdeutlicht seine Ansicht durch die folgende graphische Darstellung:
A-B-C-D repräsentiert das konkrete Sprechen. Von ihm zum Bereich a-b-c-d gelangt man durch Elimination des bloß Individuellen im konkreten Sprechen, durch die Beschränkung auf das, was «Wiederholung vorhergehender Muster» ist. Zu a'-b'-c'-d' schließlich gelangt man durch eine zweite Abstraktion, durch Elimination all dessen, was «unwesentliches Beiwerk» ist, durch Beschränkung auf die «grundlegenden signifikativen Oppositionen, die das Funktionieren des Sprechens als kognitives und kommunikatives Instrument gewährleisten» (96). Die Wirklichkeit der Sprache ist somit nur eine: das Sprechen der Sprechenden. Nur so ist Sprache wirklich; nur so ist sie konkret greifbar. Innerhalb dieser einen Sprache werden also zwei Arten von Elementen unterschieden: normale und funktionelle. Die normalen Elemente sind bloß konstant und traditionell; die funktionellen Elemente sind nicht bloß konstant und traditionell: sie haben eine Funktion in Bezug auf die Kommunikation. In anderen Worten: alle funktionellen Elemente sind auch normal; nicht alle normalen jedoch sind auch funktionell. Coseriu zufolge sind im Blick auf das Verhältnis von Sprechen, Norm und System zwei Sichtweisen möglich. Das Verhältnis kann, wie eben dargelegt, im Sinne einer fortschreitenden Abstraktion
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gesehen werden. Die andere Sichtweise geht in die umgekehrte Richtung. Hier geht es um Grade der Realisierung: vom «Netz von Funktionen», als welche das System zu betrachten ist, gelangt man zur Norm durch die Hinzufügung des bloß Normalen, das heißt Nicht-Funktionellen. Die Norm ist eine «kollektive Realisierung des Systems» (97). Kommt zu dieser Ebene das bloß Individuelle, das heißt Nicht-Normale hinzu, gelangt man zur konkreten Realisierung der Norm. Wir finden somit in jedem konkreten Sprechen Elemente, die bloß individuell sind, sodann Elemente, die bloß normal sind, schließlich Elemente, die funktionell sind. «Normal» meint: dem Individuum durch die Gemeinschaft (durch deren Geschichte) verpflichtend vorgegeben. «Normal» in diesem Sinn ist einmal das bloß Normale, das heißt Nicht-Funktionelle, zum anderen das nicht bloß Normale, sondern auch Funktionelle. Norm ist die Gesamtheit der bloß normalen und der systematischen Elemente; System die Gesamtheit der systematischen Elemente ohne die bloß normalen. Zu achten ist also auf die Doppeldeutigkeit des Normbegriffs: einmal Normales plus System; zum anderen nur das Normale, nur dasjenige, was eliminiert wird beim zweiten Abstraktionsschritt. Norm kann aber auch als Einengung des Systematischen gesehen werden. Das Systematische ist dann so etwas wie ein «Komplex von Freiheiten» (98). Norm engt diese Freiheiten ein. Der Sprecher kann —an sich— das System auch außerhalb der Norm verwenden. Gerade dies haben, nach Coseriu, «die großen Sprachschöpfer» getan (er nennt Dante, Quevedo, Cervantes, Göngora, Shakespeare, Puschkin; in der deutschen Ausgabe fügt er Goethe hinzu). Solche Sprecher «durchbrechen bewußt die Norm, die so etwas wie den Zeitgeschmack in der Kunst darstellt, sie verwenden und verwirklichen vor allem, und zwar im höchsten Grad, die Möglichkeiten des Systems» (99). Als nicht unwichtige Konsequenz ergibt sich aus diesen Darlegungen, daß «der Terminus Sprache aus der Analyse des Sprechens auszuschließen ist». Er sei nur anzuwenden auf «die Systeme von Isoglossen, die auf der Grundlage des konkreten Sprechens der Individuen einer Gemeinschaft, im Raum und in der Zeit, herausgearbeitet werden» (COSERIU 1962:252). Der Begriff 'Sprache' ist für Coseriu ein historischer Begriff, während die Begriffe 'System' und 'Norm' für ihn strukturell-synchronische Begriffe sind. Bereits in dieser Arbeit übrigens deutet Coseriu an, daß die Abstraktion noch über das System hinausgehen könne: zu dem, was er mit einem Ausdruck Hjelmslevs als «Schema» bezeichnet. Später kommt der «Typ hinzu. Wir lassen diese beiden Begriffe beiseite. Soweit unser Referat. Wo verbleiben —um sogleich davon zu sprechen— Schwierigkeiten? Zunächst ist da das nicht leichte Problem, im Blick auf die Sprache das Funktionelle vom Nicht-Funktionellen so eindeutig, wie dies hier nötig wäre, zu trennen. Wie steht es zum Beispiel in dieser Hinsicht mit dem «imparfait du subjonctif» des Französischen und seiner bekannten Ausdrucks-und Appellfunktion? In seiner —ziemlich aparten— Autobiographie berichtet Roland Barthes über seine beiden Grossmütter:
System, Norm und Rede» — wiedergelesen
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L'une était belle, parisienne. L'autre était bonne, provinciale: imbue de bourgeoisie —non de noblesse, dont elle était pourtant issue—, elle avait un sentiment vif du récit social qu'elle menait dans un français soigné de couvent où persistaient les imparfaits du subjonctif, le potin mondain la brûlait comme une passion amoureuse... (BARTHES, 1975: 16).
Gewiß ist an dieser Stelle —auch die berühmte Äusserung des Rechtsanwalts Clamence in «La Chute» von Camus hätte genannt werden können— eine bekannte Funktion des «imparfait du subjonctif» klar herausgestellt: diese Verbalform ist in der Tat Signalelement innerhalb eines bestimmten, wie Barthes sich modisch ausdrückt (es ist aber eine durch ihn selbst bestimmte Mode), «récit social». Diese Funktion gehört nun sicher nicht zu jenen «fundamentalen Oppositionen, die das Funktionieren der Sprache als kognitives und kommunikatives Instrument gewährleisten» (96), denn das Französische «funktioniert» dort, wo es auf diese Form verzichtet, kognitiv und kommunikativ nicht weniger gut. So würde diese Funktion des «imparfait du subjonctif» zur Norm gehören, sie wäre bloße Norm. Damit soll nur angedeutet werden, was zum Beispiel alles an Wichtigem, unter Voraussetzung dieser Unterscheidung, aus dem «System» eliminiert werden müßte. Interessant wäre aber, was hier nicht unternommen werden kann, ein konsequenter Versuch, die Unterscheidung zwischen System und Norm im Blick auf den Konjunktiv insgesamt im Französischen 'durchzuspielen' — und zwar unter Hereinnahme der Ergebnisse der strukturalistischen Bemühungen von Gérard Moignet, Wolfgang Rothe, Peter Schifko, Lennart Carlsson, Helge Nordahl, Jörgen Schmitt-Jensen, Peter Wunderli, Hans Helmut Christmann und anderen (vgl. WUNDERLI, 1976:1). Übrigens versucht zum Beispiel Wunderli in seinem scharfsinnigen Entwurf, Coserius Unterscheidung anzuwenden auf seinen Gegenstand. Er unterscheidet den «Grundwert» des Konjunktivs, der zur «langue» gehöre, von seinen verschiedenen «Nutzwerten» (oder auch «Sinneffekten»), die «Grundtypen der Konjunktivnutzung» seien und also zur Norm gehören: «die Tatsache, daß es sich um Typen handelt, zeigt, daß wir auf einer über dem discours liegenden Abstraktionsebene argumentieren müssen». Diese über dem «discours», aber unter der «langue» liegende Ebene sei eben Coserius Norm (WUNDERLI 1976:25, 23). Es zeigt sich aber dann, daß Wunderli alles, was für die Kommunikation faktisch relevant zu werden vermag, zur Norm rechnet, und daß für das System nur die «Teilaktualisierung» bleibt («der einzige Systemwert dieses Modus»), Diese jedoch erfüllt kaum die von Coseriu für ein Element des Systems herausgestellten Eigenschaften, denn ihm zufolge haben solche Elemente gerade einen Bezug zur Kommunikation, den die Kategorie der Teilaktualisierung doch allenfalls ganz indirekt zeigt (vgl. GAUGER, OESTERREICHER, WINDISCH 1981). Gut, man braucht dies nicht so zu machen, wie dies Wunderli hier andeutet: wie aber sollte die Verteilung sinnvoll vorgenommen werden?
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Zweitens ist eine gewisse Enge des Begriffs 'funktionell' hervorzuheben. Das bereits von Martinet zur Illustrierung herangezogene Schlüsselbeispiel ist hier lehrreich (MARTINET 1 9 4 7 : 3 8 ; Coseriu verweist darauf in COSERIU 1 9 6 2 : 6 1 ) : der Schlüssel zeigt einerseits —hierum ging es Martinet— den Unterschied zwischen funktionellen und nicht-funktionellen Elementen, andererseits zeigt er aber auch, bei den nicht-funktionellen Elementen, eine 'normale' Regelmäßigkeit. Was übrigens den Unterschied von funktionellen und nicht-funktionellen Elementen angeht, so ist bereits beim Schlüssel die eindeutige Trennung nicht immer leicht. Eines jedoch ist beim Schlüssel klar und eindeutig: seine Funktion: «instrument pour ouvrir et fermer une serrure» heißt es ebenso lakonisch wie erschöpfend im «Petit Larousse». Was die Funktion, das Wesen der Sprache sei, wissen wir nicht in gleicher Weise, wie wir Funktion und Wesen des Schlüssels kennen. Zunächst läßt sich die Sprache nicht auf reine Instrumentalität reduzieren. Sie ist auch Instrument, sie ist nicht nur Instrument. Sodann ist, insofern sie tatsächlich Instrument ist, ihre Funktion nicht so eindeutig anzugeben. Der Begriff des Funktionellen, wie er bei Coseriu erscheint, meint nun aber gerade das Instrumentelle im Sinne eines Sich Verständigens: ich meine dies, nicht dies. Um den Begriff der «diskreten Einheit» am Beispiel der Phoneme / p / und / b / zu erklären, sagt André Martinet in einer popularisierenden, gerade darum aber umso sprechenderen Äußerung: On peut mal prononcer le /p/, il va ressembler à un /b/ si on a l'accent alsacien ou si on a le rhume, mais il est toujours /p/ ou il devient /b/. Il n'existe pas un petit quelque chose qui vaudrait linguistiquement comme étant un peu plus /p/ ou un peu moins /b/. Quand on a soif et qu'on a envie de boire une bière, on dit: «Je veux une bière.» Ou bien alors on dit: «Je veux une pierre», ce qui est autre chose. La langue, c'est du ceci ou du cela, du solide (MARTINET 1969:44).
Hierum geht es auch, wenn bei Coseriu von «Kommunikation», von den «wesentlichen und unabdingbaren Elementen» (94) die Rede ist: es geht um die Funktion, die in Karl Bühlers Modell «Darstellung» genannt wird. Gewiss ist Kommunikation im Sinne eines solchen Sich Verständigens etwas für die Sprache Zentrales. Auch Bühler spricht von der «Dominanz der Darstellungsfunktion» (BÜHLER 1 9 6 5 : 3 0 ) . Gewiß kann man mit Harald Weinrich sagen, daß «der Lebensnerv der Sprache mit der Kommunikation auf dem Spiele steht» (WEINRICH 1 9 7 4 : 2 5 ) . Ebenso gewiß ist aber dies nicht alles. So müßte man bereits zögern bei dem von Weinrich in demselben Zusammenhang geäußerten Satz: « Kommunikation ist die tiefste, damit aber auch fundamentalste Schicht der Sprache». Diese Formulierung ist nur dann zutreffend, wenn unter «Kommunikation» etwas viel Umfassenderes als das bloße Sich Verständigen im Sinne von «Je veux une bière» oder «Je veux une pierre» begriffen wird. Konkret: das 'Sprechen' der Mutter mit dem Säugling, bei dem es um ein Verstehen
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in diesem Sinn nicht gehen kann, ist nicht einfach nichts, weder für die Mutter noch für das Kind; vielmehr ist hier Sprache in einer sehr tiefen und fundamentalen Schicht bereits präsent. Die vielbemühte Kritik Wygotskis an Piaget beruht, was in der Regel nicht beachtet wird, auf einem bei beiden Denkern verschiedenen Begriff des Kommunikativen und des Sozialen. Während für Piaget das logische Denken identisch ist mit «la pensée socialisée» und eigentliche Kommunikation so erst beim nicht mehr ganz kleinen Kind möglich wird, sind das Soziale und das Kommunikative bei Wygotski viel umfassendere und fundamentalere Begriffe. Daher verläuft für ihn die sprachliche Entwicklung des Kleinkinds vom Sozialen zum Individuellen und nicht, wie für Piaget, vom Egozentrischen
zum Kommunikativen
(vgl. WYGOTSKI 1971:17-64). Die — i m
Blick
auf
Sprache— Reduktion des Funktionellen auf das Sich Verständigen, auf «Darstellung» —«la langue, c'est du solide»—, ist also eine «Partialisierung» des Faktischen, wie sie für die Konstitution des wissenschaftlichen Objekts kennzeichnend ist. Gerade Coseriu hat dazu entscheidende begriff-
liche B e i t r ä g e e r b r a c h t (vgl. OESTERREICHER 1979:270-284). E s bleibe d a b e i
offen, ob es sich bei jener Reduktion um eine «primäre» oder bloß «sekundäre» Partialisierung handelt. Es ist somit nicht nur die Frage, ob man hinsichtlich der Sprache das Beiläufige vom Wesentlichen so eindeutig trennen kann, wenn man Kommunikation im Sinne des Sich Verständigens als das Wesentliche der Sprache setzt, sondern vor allem auch, ob das unter solchem Kriterium als wesentlich Herausgearbeitete tatsächlich das Herzstück, «the real thing», der Sprache sei.
Drittens ist hervorzuheben, daß Coseriu von «Realisierung» in zwei recht verschiedenen Hinsichten spricht. Er spricht von einer «Realisierung», die vom System zur Norm führt; er spricht aber auch von «Realisierung» im Blick auf den Übergang von Sprachbesitz, also von System und Norm zusammen, zur Sprachäußerung, zur Rede: «Vom System aus gesehen, können wir beide Normen, die soziale und die individuelle, und das konkrete Sprechen als verschiedene Grade der Realisierung des Systems betrachten» (97). Was den ersten Ubergang angeht, so liegen System und Norm von vorneherein als Einheit vor. Die Unterscheidung zwischen System und Norm innerhalb des Sprachbesitzes geschieht ja erst und allein durch die Untersuchung: der Übergang vom System zur Norm ist somit kein wirklicher, sondern bloß ein gedachter oder angenommener. Beim Übergang vom Sprachbesitz zur Rede jedoch handelt es sich um einen wirklichen Übergang. Beim Übergang vom Sprachbesitz zur Rede wird der erstere exteriorisiert. Genauer: ein Nichtsprachliches realisiert sich im Medium des Sprachbesitzes: es konstituiert sich, was der Sprachbesitz für sich selbst nicht hat: Sinn. In anderen Worten: «Text». Dieser ist nie bloß (was übrigens Coseriu keineswegs behauptet) Exteriorisierung von Sprachbesitz (GAUGER 1977:164). Sprache, Norm und Rede stehen nicht als drei Größen gleichberechtigt nebeneinander, sondern es stehen sich System und Norm auf der einen Seite, Rede auf der anderen gegenüber. II. — 4
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Also: auf der einen Seite Sprachbesitz, auf der anderen Sprachäußerung. Zudem ist hier zu beachten, dass die letztere überhaupt keine feste Größe darstellt. Sprachäußerung, Text, Rede —oder wie immer die Termini lauten— meinen einfach die Art und Weise, wie Sprachbesitz konkret erscheint. Also:
Rede
Norm System
Viertens. Von hierher wird die Schwierigkeit des monistischen Ansatzes von Coseriu deutlich. Coseriu will diesen Ansatz auf die «einzig faßbare Wirklichkeit der Sprache gründen» («una concezione monista fondata sull'unica realtà concreta del linguaggio», COSERIU 1 9 6 9 : 2 4 1 ) . Diese Wirklichkeit ist f ü r ihn die Sprechtätigkeit, genauer: «die Sprechakte der einzelnen Sprecher». Gewiss sind solche Sprechakte die «einzig fassbare Wirklichkeit der Sprache». Dies kann aber doch nicht heißen, daß der Sprachbesitz, das, was Coseriu als Einheit von System und Norm betrachtet, keine Wirklichkeit sei. Vielmehr: er ist eine Wirklichkeit, nur eben keine unmittelbar, sondern bloß mittelbar über seine in den Sprachäußerungen vorliegenden Exteriorisierungen greifbare Wirklichkeit. Wenn Coseriu erklärt, daß das Sprechen «sulla base di modelli precedenti» erfolge, so ist zu sagen, daß diese Modelle, «che i nuovi atti contengono e, nello stesso tempo, superano», natürlich Wirklichkeiten sind (COSERIU 1 9 6 9 : 2 4 9 ) . Gerade wenn «l'attività linguistica» bestimmt wird als «creazione e ripetizione (ricreazione), movimento obbligato e movimento libero, nel quadro delle possibilità offerte dal sistema», ist davon auszugehen, daß das System etwas Wirkliches und Wirkendes ist und nicht bloß etwas, wie Coseriu suggeriert, das die Untersuchung durch ihre Unterscheidungen erst schafft («forme que si manifestano —o, meglio, che noi distinguiamo— negli stessi atti linguistici individuali», COSERIU 1 9 6 9 : 2 4 9 ) . Bleibt es also letztlich nicht doch bei den beiden großen Realitäten, deren Interdependenz bereits von Saussure im «Cours» festgehalten wird, nämlich Sprachäußerung («parole») einerseits, Sprachbesitz («langue») andererseits? Fünftens wäre der Begriff der Norm zusätzlich zu klären. Zunächst sind die beiden recht verschiedenen Begriffe, die mit dem Ausdruck «Norm» verbunden werden, auseinanderzuhalten: «Norm» als Vorschrift, Gesetz oder gesetzartige Verpflichtung; «Norm» als das Übliche, Verbreitete, Gewöhnliche. Beide Begriffe werden bei Coseriu sehr klar getrennt. Er unterscheidet die «normale Norm» von der «korrekten Norm» (90). Es gehe ihm nicht um das «wie man sagen muß», sondern um das «wie man sagt» (90). Es handelt sich hier also natürlich nicht um den Normbegriff, den die Bezeichnung «normative Grammatik» meint. Zweitens jedoch wäre festzuhalten, daß im sprachlichen Bereich beide Arten von Norm die Tendenz haben, ineinander überzugehen: das «wie man sagt»
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ist in gewissem Sinn stets ein «so muß man sagen». Dies gilt für das Individuum innerhalb seiner Gruppe oder seiner mehreren Gruppen: es muß so sprechen, wie die anderen Individuen der betreffenden Gruppe sprechen. Sprechen heißt: wie die anderen —der jeweiligen Gruppe— sprechen müssen. Frei nach Sartre: «La langue, c'est les autres» (der Begriff 'Gruppe' wäre hier natürlich zu präzisieren). Jedenfalls muß gesehen werden, daß nicht allein die Hochsprache, die Schulnorm, im Sinne einer Verpflichtung für das Individuum gilt. Es muß gesehen werden, daß Norm im Sinne eines Müssens zu jeglichem Sprachbesitz unausweichlich gehört. Dies liegt daran, daß die Sprache zu derjenigen psychischen Instanz zu zählen ist, die Freud als «Über-Ich» bezeichnet: sie ist Teil —und gewiß nicht bloß einer unter anderen— jenes Einbruchs des Gesellschaftlichen ins zunächst bloß Biologische, der die frühe Kindheit prägt. Der Spracherwerb ist ein Prozeß sozialer Anpassung. Das Sprechen der Gruppe oder der Gruppen, in die das Kind hineingeboren wird, wird ihm zu einer unbewußten Norm, gleichsam zur zweiten Natur, so daß allein die später hinzukommende «transregionale, transsoziale Kultursprache» (Mario Wandruszka), die Schulnorm, als Norm empfunden wird. Dies hindert aber nicht, daß auch die erste Norm tatsächlich eine solche ist. Es gibt also die unmittelbare, als solche nicht bewußte, gleichsam natürliche Norm —man denkt an das berühmte «sine omni regula» aus Dantes «De vulgari eloquentia» (I, 1)—, und es gibt die zusätzliche, kulturelle, als solche oft überaus stark und sogar mit Leidensdruck empfundene Norm (vgl. G A U G E R 1 9 7 6 : 2 4 - 2 6 , 1 9 7 9 : 6 4 - 6 9 ) . Sechstens. Die bekannten Schwierigkeiten des Systembegriffs in seiner Anwendung auf den Sprachbesitz kommen hinzu. Gibt es wirklich innerhalb dieses Besitzes so etwas wie eine innerste eigentliche Sprache, eine Sprache im Sinne eines «Netzes von Funktionen», jenes «Komplexes von Freiheiten», wie Coseriu sie fordert? Richtig und überaus wichtig an Coserius Unterscheidung bleibt auf jeden Fall, daß es im Sprachbesitz zwei Arten von Elementen gibt: nicht-funktionelle und funktionelle. Es ist zu fragen, ob die funktionellen Elemente nicht —eher als unter dem Begriff des Systems— unter dem des Programms zu fassen wären. In anderen Worten: liegt das Systematische des Sprachbesitzes nicht darin, daß in ihm eine große Zahl sehr verschiedenartiger Programme angelegt ist? Der Begriff des Programms hätte die folgenden Vorzüge: er ist punktuell und impliziert nicht jenes das Ganze umgreifende «Netz»; er ist offen hinsichtlich der jeweiligen Verwirklichung (diese wäre gerade durch die Norm diktiert, dem Programm von außen her auferlegt); er impliziert von vorneherein die Differenz zwischen dem Angelegten und dem Verwirklichten; er ist psychologisch, insofern er eine psychische Anlage im «Vorbewußten» der Sprechenden meint (vgl. G A U G E R 1 9 7 6 : 5 2 - 5 8 , 2 1 - 3 3 ) . Die unter dem stehenden «Psychologismus»-Vorwurf vollzogene Absetzung des Strukturalismus vom Psychologischen, die übrigens in Saussures «Cours» noch keineswegs vollzogen ist, war problematisch von Anfang an
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(vgl. GAUGER 1 9 7 6 : 7 3 - 8 7 ) . Die Fruchtbarkeit der Unterscheidung von Programm —als dem Systematischen des Sprachbesitzes— und normdiktierter Verwirklichung haben wir in ihrer Anwendung auf die Wortbildung, oder, wie wir vorziehen, die «durchsichtigen Wörter» (denn es geht hier nicht primär um die Bildung von Wörtern, sondern um einen bestimmten Typ des Worts), zu zeigen versucht (Durchsichtige Wörter, Zur Theorie der Wortbildung. Heidelberg 1 9 7 1 , bes. 4 9 - 5 9 ; Untersuchungen zur spanischen und französischen Wortbildung. Heidelberg 1 9 7 1 ) . Siebtens. Allgemein gesprochen liegt der Fortschritt, den Coserius Arbeit erbringt oder —bei entsprechender Rezeption— hätte erbringen können, in der Gewinnung größerer Realitätsnähe. Die Systematizität der Sprache wird in dieser Arbeit nicht, wie sonst in den Schule bildenden strukturalistischen Texten üblich, pauschal behauptet oder pauschal im Sinne einer Hypothese angenommen: es kommt zu einer ungleich differenzierteren Sicht. Hjelmslev führt in einer berühmten Bestimmung aus, die strukturelle Linguistik sei «un ensemble de recherches reposant sur une hypothèse selon laquelle il est scientifiquement légitime de décrire le langage comme étant une structure...». Unter Struktur versteht Hjelmslev nun aber «une entité autonome de dépendances internes» (HJELMSLEV 1 9 5 8 : 6 4 1 - 6 4 2 ) . Eine solche Formulierung —sie wurde sechs Jahre nach Erscheinen von «Sistema, Norma y Habla» vorgelegt— ist unter Voraussetzung von Coserius Beobachtungen und Reflexionen nicht mehr möglich. In jener größeren Realitätsnähe liegt ein entscheidender Erkenntnisfortschritt. Coseriu hat in «Sistema, Norma y Habla» den strukturalistischen Ansatz in der Sprachreflexion, indem er ihn zugleich reduzierte und präzisierte, korrigiert. Diese Reduzierung und Präzisierung des strukturalistischen Ansatzes nahm der dreißigjährige Coseriu zu einem Zeitpunkt vor, als in unserem Land die Rezeption des Strukturalismus noch nicht einmal begonnen hatte. Hans Helmut Christmanns wichtiger zweiteiliger Bericht «Strukturelle Sprachwissenschaft», in dem übrigens Coseriu schon genannt wird, erschien erst 1958 bzw. 1961 (Romanistisches Jahrbuch). Der große Vorzug dieser Arbeit Coserius —und natürlich nicht nur dieser— ist ihre Mehrdimensionalität. Dem Autor gelingt es, Saussure und Humboldt zu verbinden. Dies tritt konkret und beinahe paradigmatisch im dritten Abschnitt hervor, der Humboldt und Saussure (und übrigens auch den —ebenfalls gar nicht eindimensionalen— Karl Bühler) zusammenbringt. Bei Coseriu kommt es wirklich zu einer gegenseitigen Durchdringung beider Ansätze. Die Dominanz liegt schließlich klar bei Humboldt. Dies zeigt der hohe Stellenwert, den Coseriu der Unterscheidung zwischen Sprache als «energeia» und Sprache als «ergon» zumißt, eine Unterscheidung, die Coseriu durch den Hinweis auf den Unterschied zwischen «energeia» und «dynamis» sehr viel klarer und präziser gemacht hat. Hier geht es ja —sehr zu Recht hebt er es hervor— nicht nur um das «Lebendige» der Sprache (oder was man so nennt). Immer wieder insistiert Coseriu auf der Kreativität des Sprachlichen und zwar auf der
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eigentlichen, nicht der sehr viel engeren, die Chomsky meint. Bewundernswert ist schließlich, was Uwe Petersen, Herausgeber und Übersetzer des Bandes Sprachtheorie und allgemeine Sprachwissenschaft, die «sorgfältige Doxographie» nennt. In der Tat wird in ihr das bisher Gedachte nicht nur umsichtig gesammelt, sondern auch vielfältig durchdrungen. Dieser Sprachwissenschaftler hat nie so getan, als wäre er der erste, der sich mit dem von ihm gewählten Gegenstand beschäftigt: Coseriu reflektiert in ständiger Auseinandersetzung mit dem bisher Gedachten. Auf den großen Unterschied, auch in dieser Hinsicht, zu dem zuvor genannten Sprachwissenschaftler, braucht nicht erst hingewiesen werden: man denkt an Valérys Schwanken «entre ce front si pur et ma lourde mémoire» aus den «Fragments du Narcisse». Coseriu fehlte der «kairos», der Chomsky so sehr zu Hilfe kam. In der spanischen Grammatik von Sánchez Márquez heißt es, allzu schlicht, nach der knappen Darlegung von Coserius Unterscheidung zwischen Norm und System: «Otros han puntualizado aún más estas definiciones, pero en lo básico toda la lingüística moderna, sigue a Coseriu» ( S Á N C H E Z M Á R Q U E Z 1 9 7 2 : 1 4 ) . Es wäre gut, wenn es so wäre: leider ist es nicht so. Eben darum ist «Sistema, Norma y Habla» noch immer —und heute erst recht— aktuell. Wir haben auf diesen Seiten nicht nur gelobt. Wir haben dies einmal deshalb nicht getan, weil dergleichen diesem Denker unangemessen wäre, aber auch deshalb, weil, wie Golo Mann einmal anmerkt, «nur loben mangelndes Interesse verrät». Es ging uns darum, den späteren Coseriu —den späten werden wir später feiern— aufmerksam zu machen auf den frühen.
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L a linguistique de la parole ROBERT GODEL (Genève)
1. Selon Benveniste, la théorie saussurienne repose tout entière sur un principe fondamental qui en assure la cohérence: Ce principe est que le langage, sous quelque point de vue qu'on l'étudié, est toujours un objet double, formé de deux parties dont l'une ne vaut que par l'autre (BENVENISTE 1963: 16 [ = 1966: 40]).
De fait, au début de son deuxième cours (automne 1908) Saussure a lui-même rapporté à ce principe les difficultés propres à la science du langage (SAUSSURE 1957:7-14. Cf. CLG: 23-24). Et les discussions suscitées par le Cours de linguistique générale ont porté précisément, pour l'essentiel, sur certaines des dualités 1 qu'il avait signalées. D'autres, en revanche, n'ont pas été contestées: ainsi en phonétique, celle de l'articulation et de l'impression acoustique; en sémiologie, celle du signifié et du signifiant; en grammaire, celle du syntagme et du groupe d'association. C'est que, dans ces cas-là, la dualité peut être constatée sans recours à une théorie. Il n'en est pas de même de la distinction entre langue et parole ou entre synchronie et diachronie: ici, la dualité est d'ordre théorique et méthodologique; elle est dans les points de vue auxquels l'observateur est libre de se placer. Toute manifestation du langage —tout message— peut être envisagé soit comme «document de langue» (CLG: 146), soit comme acte de parole singulier, lié à des circonstances particulières tant sociales que psychologiques. Et tout document de langue peut être étudié dans l'une comme dans l'autre perspective: en soi, il n'est ni diachronique ni synchronique. Ecrits ou oraux, textes ou recueils d'énoncés enregistrés, ces documents sont, pour le linguiste, une matière dont il abstrait le système 1
Beaucoup de linguistes préfèrent parler d'antinomies ou de dichotomies. Je ne vois vraiment pas ce qu'on gagne à ces substitutions, pas plus qu'à celle de paradigmatique à associatif, imposée par l'autorité de Hjelmslev.
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de signes correspondant à un certain état de langue. Cela suppose, en particulier s'il s'agit de textes, que ceux-ci soient relativement homogènes. Relativement, car «à aucun moment un idiome ne possède un système parfaitement fixe d'unités» (CLG: 234) 2 : un état de langue n'est définissable qu'au prix d'une certaine simplification (CLG: 142-143)3. C'est en dégageant d'un tel ensemble de documents une grammaire qui leur est commune qu'on devrait rencontrer la dualité parole/langue. 2. Comme on sait, ce n'est pas par cette voie que Saussure est arrivé à la notion de parole. Celle-ci lui est apparue d'abord comme l'exécution des signes, et même comme l'exécution phonatoire, comparable à celle d'un morceau de musique (ENGLER 1968:23 [exécuter]). Conception très insuffisante, qui s'est élargie par la suite (SM: 152-159), tout en restant imprécise. Car c'est la langue qui se laisse définir, d'abord comme une institution sociale (Whitney), plus précisément comme une institution sémiologique (Saussure). Tandis que la parole est le produit d'une activité incessante; elle est, à chaque moment, «l'acte de l'individu réalisant sa faculté [du langage] au moyen de la convention sociale qui est la langue» (SAUSSURE 1957:10). Bien avant d'opposer à la langue la parole, Saussure en avait séparé la faculté du langage (SM: 147-148)4. Nettement formulée dans les 2.E et 3.E cours, déjà indiquée dans une note ancienne (AMACKER 1975:53), cette distinction préalable ne semble pas placer le linguiste devant une «bifurcation» (CLG: 38), et je ne sache pas qu'on en ait fait état dans le débat sur les dualités saussuriennes. Il y a bien là, certes, une dualité de fait, comparable à celle de l'articulation et de l'impression acoustique ou à celle du «son» et du «sens», mais bien différente en ce que, entre la faculté et l'institution, il y a non pas correspondance, mais interaction 5 . Ce que les psychologues appellent faculté symbolique ou sémiotique est tout autre chose que le code linguistique que chaque individu doit s'approprier et qui, en conséquence, fait l'objet d'un apprentissage. L'étude de cette faculté et de ses manifestations, qui ne se limitent pas aux seuls actes de parole, est proprement l'affaire des psychologues et n'a pas d'intérêt immédiat pour les linguistes. On rappellera ici le plan que Saussure avait prévu pour son dernier cours: 1. Les langues. 2. La langue. 3. La faculté et l'exercice du langage chez les individus (SM:77). La troisième partie, qui n'a pas été abordée, 2
3 4 5
Cf. CLG cr.: 392 [2601], où cette phrase est attribuée aux éditeurs. Mais ceux-ci n'ont fait qu'interpréter le texte de R. les mots «un système parfaitement fixe d'unités» correspondent à «un tableau parfaitement net au point de vue statique de la langue». Le chapitre vient du 3e cours; métis dans ses premières leçons à Genève, SAUSSURE avait largement développé ce thème (CLG cr., fasc. 4: 8-14). Plus tard, SAUSSURE dira: les facultés (SM: 153-154). C'est ce qu'implique l'expression «parole organisée», que Sechehaye oppose à «parole proprement dite», «langage prégrammatical» (Sechehaye 1940:9-10 [ = 1969: 145-147]).
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aurait pu être intitulée: linguistique de la parole. Cette expression apparaît en effet dans une leçon de mai 1911: Donc, dans l'étude [...] une partie comprend l'étude de la partie individuelle du langage, de la parole, comprenant la phonation. Puis [sic] l'étude de la partie sociale, indépendante de l'individu: la langue [...]. Maintiendronsnous le nom de linguistique aux deux parties? Nous pouvons distinguer entre linguistique de la langue et linguistique de la parole (CLG cr.: 158 [367]; c f . CLG: 37).
De cette dernière, mise à part l'allusion à la «phonation», le programme n'a pas été indiqué. Mais dans une leçon ultérieure, Saussure a présenté la forme rationnelle de la science du langage dans un schéma (CLG cr.: 224 [1647]; CLG: 139) d'où il résulte sans équivoque que la dualité synchronie/diachronie ne concerne pas l'étude de la parole (SECHEHAYE 1940: 7 [ = 1969:144]). En effet, pour les sujets parlants, la perspective diachronique est inexistente (CLG: 117 § 2), se qui ne veut pas dire que la linguistique de la parole se confondra avec la linguistique synchronique. Quant à la définition de la parole comme «la partie individuelle du langage», il est vrai que l'activité locutoire apparaît d'abord comme «l'acte de l'individu réalisant sa faculté», comme «usage individuel du code de langue selon la pensée individuelle» (SM:153). Toutefois, dans ses manifestations normales, c'est une activité intersubjective. Par là s'explique la contradiction entre la formulation du 1er cours: «la sphère parole est la plus sociale» (SM: 143) et les formulations ultérieures, comme celle qu'on vient de citer. Quoi qu'en ait dit Saussure, la dualité langue/parole ne peut pas être interprétée sans plus comme celle du côté social et du côté individuel du langage. Il serait plus juste d'opposer au système abstrait des valeurs de langue les actes concrets de parole, au mécanisme 6 virtuel de la langue son fonctionnement actuel dans l'activité d'expression et de communication. 3. La démarche même du linguiste, le passage des «documents» au code de langue —au système— implique, entre parole et langue, un rapport dialectique constant. En particulier: «Tout ce qui est diachronique dans la langue ne l'est que par la parole»; et un peu plus loin: Si nous transposions les faits évolutifs de langue dans la sphère de la parole, il y aurait à constater que les faits de langue commencent toujours par des faits de parole qu'on pourra désigner [?]. Mais notre distinction se confirmera: les faits de parole où l'on essaie une innovation sont toujours individuels (CLG cr.: 224 [1646]).
A vrai dire, ce texte n'est pas très clair: il laisse entendre qu'il sera toujours possible de distinguer un «fait de parole» d'un «fait de langue». 6
Cette notion, que SAUSSURE n'a pas expressément définie, semble bien complément a i r e d e c e l l e d e s y s t è m e ( S M : 221, 250; ENGLER 1968:34).
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Au nom de quel critère? Le caractère individuel ou social, on vient de le voir, n'est pas décisif. D'autre part, un acte de parole n'est pas toujours, il s'en faut bien, un essai d'innovation: Saussure avait souligné, peut-être à la suite de Bréal, le double rôle —novateur et conservateur— de l'analogie ( B R É A L 1904:327-328; CLG: 235-237). Les éditeurs du Cours suggèrent une relation chronologique entre les deux genres de faits: dans le passage qui correspond au texte cité (CLG: 139) il est question de «deux moments distincts», expression que Sechehaye a reprise et précisée en ces termes: «deux moments distincts, dont l'un ressortit à la parole et l'autre à l'histoire» (SECHEHAYE 1940:23 [ = 1969:158]). Par histoire, il faut certainement entendre la Sprachgeschichte, la linguistique diachronique issue de la grammaire comparée. On est renvoyé ainsi à la «seconde bifurcation», à la dualité synchronie/diachronie, sur laquelle Saussure a toujours insisté avec tant de force 7 . C'est que sa propre linguistique s'était élaborée tout d'abord en réaction contre la pratique des comparatistes: il reprochait à ceux-ci de n'avoir pas une idée nette de l'objet de leur étude, et en conséquence, de confondre sans cesse le point de vue synchronique et le point de vue diachronique. Pour dénoncer cette confusion et 1' «ineptie» de la terminologie en usage, il n'avait nul besoin d'invoquer la dualité langue/parole, bien au contraire. Sa critique s'adressait à des indo-européanistes pour qui la linguistique était avant tout une étude de textes, de sorte que le mot Sprache correspondait à une notion apparemment simple et claire. L'idée même d'une linguistique descriptive (idiosynchronique) n'était pas, en soi, une nouveauté. L'étude historique s'est toujours fondée sur la confrontation d'états de langue, Sprachzustande ( P A U L 1880 ou 1968, passim) séparés dans le temps ou dans l'espace; et cette notion découlait de la nature même des documents: le moyen haut-allemand est un autre état que le vieux hautallemand ou le vieux saxon; le grec d'Hérodote, un autre état que le grec homérique, etc. Liée aux vicissitudes de la tradition écrite, l'étude historique ne saurait refléter l'évolution ininterrompue de la langue parlée. C'est pour cette raison, sans doute, que Saussure, après avoir affirmé fortement, dans ses premières leçons à Genève, «l'absolue continuité» et «la continuelle transformation de la langue dans le temps» (CLG cr. fasc. 4:12), a pu comparer l'évolution linguistique à une partie d'échecs, bien qu'elle ne se fasse pas par «coups» successifs (SM: 187-188): elle est seulement jalonnée par des textes. Toujours pour cette raison, il a pu définir les deux linguistiques par des formules symétriques et antithétiques (CLG cr.: 227 [1660-1661]; cf. CLG: 140, 193): symétriques, parce que la linguistique, tant diachronique que synchronique, s'occupe de «rapports entre des termes»; antithétiques, parce que les deux ordres de rapports sont radicalement hétérogènes. 7
Dans le Cours, le ch. III de la première partie est de beaucoup le plus long: 27 pages, contre 15 du chapitre sur la valeur, 13 du chapitre sur les changements phonétiques, etc.
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4. La dualité synchronie/diachronie a été contestée dès la publication du Cours. Après plus d'un demi-siècle de discussions, on ne peut pas dire qu'elle soit périmée, et il n'est pas rare qu'elle soit reconnue aujourd'hui par ceux-là mêmes qui l'avaient déclarée gênante. En 1954, André Martinet affirmait que pour atteindre à l'unité les linguistes devaient surmonter «the Saussurean antinomy between diachrony and synchrony» (MARTINET 1954:125). Mais dans un article récent, à propos de l'interprétation de l'Umlaut allemand, il remarque: La difficulté qu'éprouvent beaucoup de descripteurs à distinguer entre conditionnement phonologique et alternance suggère que la confusion de synchronie et de diachronie est aussi répondue chez les descriptivistes contemporains que chez les traditionnalistes présaussuriens (MARTINET 1970: 139).
La valeur méthodologique de la distinction est donc tenue pour acquise. Il est vrai qu'à l'heure actuelle la linguistique n'est plus seulement «une science double» comme elle était apparue à Saussure, mais un faisceau de sciences dont certaines n'étaient pas encore nées dans le premier quart du XX.e siècle. Il est vrai aussi que les tendances récentes ont favorisé l'étude des systèmes, qu'il s'agisse de phonologie, de grammaire ou de sémantique, et suscité une foule d'études tant théoriques que descriptives. Ce développement spectaculaire de la linguistique synchronique n'a rien d'étonnant. Mais bien que la linguistique diachronique ait aussi renouvelé ses méthodes et profité du déchiffrement de documents anciens récemment mis au jour, l'écart reste sensible, au point que la distinction théorique posée par Saussure fait place à une division de fait. En simplifiant, on a d'un côté l'analyse structurale (ou générative) des langues vivantes; de l'autre, l'Indogermanistik, la Romanistik, etc. De fait, la rupture d'équilibre au détriment de l'étude diachronique s'annonce déjà chez Saussure. Non pas dans ses publications ni dans son enseignement à Paris et à Genève, ni enfin dans le Cours, où la 3.® partie compte même quelques pages de plus que la deuxième. Mais une lecture attentive révèle la prépondérance du point de vue synchronique ( C H I S S 1978:106-109). Et en janvier 1909, Saussure avait terminé l'introduction au 2.e cours par un aveu de perplexité: le «champ diachronique» se réduirait-il aux changements phonétiques? Je ne dissimule pas, ajoutait il, que dès qu'on sort de la phonétique pure, il est beaucoup plus difficile de tracer la limite ou d'affirmer une opposition r a d i c a l e (SAUSSURE 1957: 98-103, e n p a r t i c u l i e r 100).
5. La scission entre synchronistes et diachronistes, non moins que l'hésitation de Saussure quant à la délimitation du champ diachronique, invite à réexaminer les arguments de ceux qui, dès 1917, ont contesté la dualité, et notamment la critique pénétrante de Hugo Schuchardt. Après avoir relevé l'embarras de Saussure et la suggestion des éditeurs du Cours
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(CLG: 197 note), il pose deux questions: en quoi peut bien consister cette linguistique de la parole, «die wir als eine notwendige Ergänzung zu der von der langue vermissen?» Et puisque synchronie et langue, d'une part, diachronie et parole de l'autre apparaissent intimement associées, la linguistique de la parole ne coïnciderait-elle pas avec l'étude diachronique comme la linguistique de la langue avec l'étude synchronique, de sorte que les deux bifurcations se réduiraient à une seule? (SCHUCHARDT 1917: 5-6). Que deviendrait alors la diachronie traditionnelle? En réalité, Schuchardt se faisait, de la linguistique, une conception différente: il la résume plus loin en déclarant que, à côté de la Sprachgeschichte, la seule étude qui mérite le nom de science linguistique, c'est la psychologie du langage (Sprachpsychologie)8. La critique de Schuchardt prélude à celle de Jakobson, qui a reproché à Saussure de confondre «synchronique» et «statique» (JAKOBSON 1963:36, 75). Statique ne s'oppose pas à diachronique, mais à dynamique, et l'étude des changements linguistiques relève d'une «synchronie dynamique» (JAKOBSON 1970:460). A quoi je répliquerai que dynamique n'est pas non plus synonyme de diachronique: la Sprachgeschichte traditionnelle, que Saussure n'a pas remise en question, est en fait une «diachronie statique», qui se résoud en états successifs et en rapports. L'insuffisance de cette diachronie-là a été dénoncée récemment par Karl V. Teeter. Dans un article où il rappelle les mérites de Bloomfield, il écrit: «It is in fact the historical portion of his great book which is definitely outdated» (TEETER 1969:5). C'est que les changements de la langue résultent d'une sélection entre des variantes en conflit, dont certaines sont accueillies et d'autres rejetées par la communauté; et tant que les conditions de ce phénomène n'auront pas été étudiées de façon systématique (ce dont ni Bloomfield ni Saussure ne se sont avisés), il y aura dans la science du langage un vide que ne saurait combler la méthode historique héritée des comparatistes. 5.1. Chose curieuse, l'auteur, qui un peu plus loin rend hommage à Edward Sapir —pour une tout autre raison, il est vrai— ne semble pas se souvenir qu'un chapitre de Language donne déjà un modèle du genre d'étude dont il déplore l'absence. Sapir part des variations de l'expression dans l'anglais contemporain. A côté de variantes isolées, éphémères, et qui semblent tout accidentelles, il en est d'autres qui se répètent et en quelque sorte s'accumulent. Celles-ci sont l'indice d'un phénomène général, que Sapir appelle dérive (drift) et qu'il décrit en ces termes: The drift of a language is constituted by the inconscious selection on the part of its speakers of those variations that are cumulative in some special direction. This direction may be inferred, in the main, from the past history of the language (SAPIR 1921:155) 9 . 8
9
V. aussi HEINIMANN 1972:5-6 (note 16), en particulier cette déclaration: «So ist denn auch die Sprachwissenschaft in der Tat für mich nur die Wissenschaft vom Sprachgeschehen — der Ausdruck Sprachgeschichte ist zu eng». Je cite d'après la réédition de 1949.
51
La linguistique de la parole
L'exemple qu'il en donne est la situation actuelle du pronom whom. Il analyse tous les faits d'ordre associatif, syntagmatique, voire prosodique, qui en expliquent la régression. La démonstration est exemplaire, et il apparaît que, dans ce cas particulier, la dérive va bien dans le sens de l'évolution antérieure. Cela doit d'ailleurs être vrai, en général, des changements qui touchent au système et modifient le mécanisme: à la différence des innovations lexicales, qui dépendent largement de facteurs externes —historiques, sociaux ou culturels— ces changements-là doivent pouvoir être expliqués par des facteurs internes ou «organiques» (SECHEHAYE 1939).
La dérive, c'est en somme le déplacement des termes et des valeurs 1 9 6 8 : 1 9 [déplacement]) «dans une certaine direction». En l'observant non plus seulement dans ses effets, mais dans son devenir et sa tendance, Sapir ouvrait une perspective qui, à ses yeux, n'était nullement celle d'une «synchronie dynamique»: en effet, les chapitres VII (Drift) et VIII (Phonetic Law), réunis sous un titre commun: Language as a Historical Product, constituent la partie diachronique de l'ouvrage. (ENGLER
5.2. Toutefois, l'observation des variations ne conduit pas nécessairement à la perspective diachronique, comme en témoigne un ouvrage postérieur de quelques années. Dans La grammaire des fautes, Henri Frei entend pratiquer une «linguistique fonctionnelle (ou du fonctionnement)», qu'il oppose aussi bien à la linguistique historique qu'à la grammaire normative. Il se place résolument au point de vue synchronique, et il appelle même «changements statiques» les variations possibles dans un même état de langue (FREI 1 9 2 9 : 2 9 - 3 1 ) , ce qui est le cas, précisément, de la variation whom ~ who, pour reprendre l'exemple de Sapir. La linguistique fonctionnelle les observe dans leur rapport avec les besoins fondamentaux qu'une langue est appelée à satisfaire: besoin de régularité, de clarté, d'économie, d'expressivité (Ibid.: 27-28). Ces besoins, en partie contradictoires, suscitent des expressions nouvelles qui s'écartent des structures héritées. Frei en présente, pour le français moderne, un inventaire très détaillé; mais il renonce à chercher les causes qui font prévaloir tel ou tel besoin selon les temps et les milieux (Ibid.: 291): le «français avancé» qu'il oppose au français normalisé (Ibid.: 31-32) ne semble pas accuser une «dérive» déterminable. 5.3. Indépendamment de Sapir et de Frei, Martinet a abordé d'un point de vue analogue le problème du changement linguistique. Pour lui comme pour Sapir, la linguistique diachronique commence par l'étude des variations directement observables: Est dite diachronique
toute étude qui comporte la comparaison d'usages
différents d'une même langue avec l'intention
d'en tirer des
conséquences
quant au sens de l'évolution (MARTINET 1 9 6 9 : 2 9 ) 1 0 . 10
On remarquera la concordance
entre «sens de l'évolution» et dérive
Sapirienne;
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Robert Godei
Martinet pense plus particulièrement à deux générations de locuteurs qui communiquent entre eux sans difficulté et par conséquent parlent «la même langue». Dans le dernier chapitre: L'évolution des langues, l'auteur traite d'abord des facteurs généraux et constants de changement: l'évolution d'une langue dépend de celle de la communauté, donc de phénomènes sociaux, comme l'apparition de nouveaux besoins et de nouvelles techniques, la complexité croissante de l'organisation et des relations sociales, etc. Toutefois, l'influence de ces phénomènes sur la grammaire ne se manifeste que très lentement: on ne peut guère qu'en reconnaître le principe: L'objet véritable de la recherche linguistique sera donc, ici, l'étude des conflits qui existent à l'intérieur de la langue dans le cadre des besoins permanents des êtres humains qui communiquent entre eux au moyen du langage (MARTINET 1969:176).
Programme tout proche, on le voit, de celui que Frei assigne à sa linguistique fonctionnelle. Il y a, bien sûr, des différences notables: Martinet fait appel à la théorie de l'information, aux concepts de fréquence et de coût. Quant aux changements phonétiques, qu'il est bien difficile de mettre en rapport avec l'évolution de la société et les besoins des communautés, ils seront expliqués surtout par la «dynamique des systèmes phonologiques» (Ibid.: 199). Il n'est que juste de reconnaître que la phonologie a réussi à éclairer, en en renouvelant la position, le vieux problème des causes de ces changements (CLG: 202-208). 6. Le genre de démarche qu'on vient d'illustrer par trois exemples vise à saisir l'évolution dans son mouvement même: en somme, ce que Schuchardt appelle Sprachgeschehen. Peu importe, dès lors, que Sapir et Martinet se réfèrent à la diachronie et Frei, comme Jakobson, à la synchronie: en réalité, c'est une étude dynamique qu'on oppose aux deux linguistiques du Cours saussurien, lesquelles, on l'a déjà noté, sont proprement statiques: l'une comme l'autre opère avec des états de langue bien définis. Qu'un état de langue ne soit jamais un état d'immobilité et d'uniformité absolues, Saussure l'a relevé lui-même (CLG: 142-143, 234). Mais puisque les individus qui parlent «la même langue» communiquent entre eux et se comprennent, il faut bien qu'ils disposent d'un code relativemente homogène et stable: un état de langue n'est ni une construction artificielle, ni un état de constante anarchie. Il est donc possible d'y reconnaître un système: toutes les études descriptives (structurales ou génératives) reposent sur ce postulat. Et il en va de même dans la perspective diachronique: la confrontation d'états successifs est possible et légitime au même titre que les descriptions qu'elle présuppose. Les définitions saussuriennes d'autre part, le contraste entre «comparaison d'usage différents» et confrontation d'états successifs.
La linguistique de la parole
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(CLG: 140) n'ont donc pas perdu leur validité. Mais le programme qu'elles tracent semble exclure l'étude dynamique qu'on vient d'évoquer. En réalité, comme l'a montré Sechehaye, sa place y est bien marquée: ce serait cette linguistique de la parole qui intriguait Schuchardt et qui, dans le Cours, est seulement nommée (CLG: 38, en bas). Comment la concevoir? Il faut bien voir, d'abord, qu'elle ne pourra pas se passer de la notion d'état de langue, ni se dispenser de réunir des matériaux. En revanche, son objet ne sera pas le système et le mécanisme, mais le fonctionnement11 de la langue. Ce fonctionnement n'est ni uniforme ni invariable. C'est précisément pour cette raison que toute description scientifique exige un choix préalable de «documents de langue»: c'est, depuis toujours, le principe des grammaires normatives, et de nos jours, des descriptions faites à partir d'un corpus. Le choix le plus conséquent est celui que recommande Henri Frei: ses deux mille phrases, émanant toutes d'un même locuteur, constituent un matériel rigoureusement homogène ( F R E I 1953:11-12). Mais ce locuteur se serait-il exprimé de même à quelques années d'intervalle? Et surtout, que représentent les phrases ainsi recueillies? Rien de plus que la capacité productive du sujet. Or en général, celle-ci ne met en oeuvre et ne révèle qu'une partie de cette connaissance de la langue que tout sujet doit avoir acquise 12. Chez bien des sujets francophones, par exemple, la valeur du passé défini ou celle du pronom relatif dont est bien fixée quant à l'intelligence des messages (capacité réceptive), alors qu'elle ne l'est pas, ou ne l'est qu'imparfaitement, quant à la production du discours. On n'en conclura pas qu'un état de langue s'éparpille en une multitude de systèmes individuels: la notion d'état implique l'intercompréhension, indispensable à toute communication; mais il n'est pas nécessaire —ni d'ailleurs possible— que tous les membres d'une communauté arrivent à une égale maîtrise des moyens d'expression offerts par le système. Et cela en raison des conditions toutes particulières dans lesquelles une langue se transmet et se perpétue et qui distinguent un code de langue de tout système de signes fixé par une convention explicite (GAMBARARA 1974). L'apprentissage de la langue n'est d'ailleurs pas limité aux années d'enfance: l'activité d'interprétation, de réinterprétation, de création analogique se poursuit bien au-delà; le code social n'est jamais acquis définitivement et la faculté du langage ne cesse de s'exercer dans des situations et sur des matériaux nouveaux 13 . RW
7. La linguistique de la parole, telle qu'on l'envisage ici, doit-elle s'occuper des perturbations qui surviennent dans le fonctionnement de la langue, du fait d'une mauvaise émission (lapsus, bafouillage) ou d'une mauvaise compréhension? Doit-elle faire une place aux procédés non lin11 12 13
Pour l'équivalence de parole (organisée) et fonctionnement, v. SECHEHAYE 1940: 8-10 [=
1969:144-147, 152]; FREI 1929:29.
C'est ce que Saussure appelait «trésor de langue» (ENGLER 1968: 51). Voir à ce propos un témoignage intéressant de G. NENCIONI (SLI 1975:593-595).
Robert Godei
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guistiques (gestes, clins d'oeil, murmures, etc.) qui accompagnent l'énoncé et parfois s'y substituent? Il semble bien que, pour Frei comme pour Sechehaye, l'étude du fonctionnement ou de la parole organisée n'ait pas à tenir compte de ces accidents, pas plus que de la réalité extralinguistique: les matériaux qu'elle utilise ne sont pas d'autre nature que les documents qui servent à l'analyse et à la description structurelles; mais au lieu d'y rechercher la cohérence d'un système, elle y décèle des indices de diversité et d'instabilité, qui en général manifestent le conflit entre l'activité novatrice des locuteurs et la résistance plus ou moins forte du code transmis. Cette résistance est quasi nulle dans le cas des innovations lexicales 14: mots nouveaux, comme écologie (avec ses dérivés réguliers: écologique, écologiste) ou groupes phraséologiques, comme donner le feu vert ou qualité de la vie; ou encore innovations sémantiques, comme retombées au sens de conséquences. Ces créations n'affectent en rien la grammaire: un mot simple entre toujours dans une des classes existantes (FREI 1974: 127), ainsi radio dans celle des substantifs féminins, après une brève période de flottement; un mot analysable réalise un type syntagmatique dont la langue a fourni le modèle. A cet égard, il n'y a aucune différence entre un néologisme morphologique comme interventionnaire ou indécorable, pour reprendre des exemples saussuriens (CLG:225, 227) et un groupe syntaxique comme qualité de la vie. Il est vrai que, depuis 1907, la formation en -aire n'a pas conservé toutes ses positions: on dirait aujourd'hui, on dit déjà interventionniste. La distribution des valeurs a donc été modifiée à l'intérieur du système de la dérivation, mais sans conséquence notable pour le système lui-même. Enfin, et toujours pour la même raison, une innovation lexicale peut émaner d'un seul individu: souvent, une expression créée par un homme politique, un auteur, un journaliste (c'est le cas de blablabla), et propagée par les moyens modernes de diffusion, est très vite connue et comprise, voire reproduite par la majorité des sujets parlants. En général, toutefois, un néologisme se répand d'abord dans l'usage d'une classe sociale ou d'un milieu culturel plus ou moins large, selon qu'il est d'origine populaire, technique, littéraire, publicitaire, etc. A ce stade, rien ne laisse prévoir ce qu'il en adviendra: dans vingt ans, dans cinquante ans, parlera-t-on encore de la qualité de la vie? Une innovation grammaticale, en revanche, se propage lentement. Comme elle est motivée par l'un ou l'autre des «besoins fondamentaux qui commandent le fonctionnement du langage» (FREI 1929:27), et peutêtre préparée par la «dérive» antérieure, on devrait toujours trouver, à son point de départ, toute une série d'essais individuels non concertés (Cf. SM: 156 n. 90). Mais pour vaincre la résistance ou l'inertie du système, 14
Réserve faite des secteurs du vocabulaire usuel qui sont plus ou moins structurés (COSERIU 1976).
La linguistique de la parole
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il faudra qu'elle soit répétée des milliers et des milliers de fois dans les milieux les plus divers. L'observation directe est ici difficile, en tout cas limitée: elle devrait suivre à la fois l'expansion de la forme (ou structure) nouvelle et la persistance, le recul, la disparition de l'ancienne. De toute façon, on ne pourra jamais fixer le moment où l'innovation a cessé d'être un «fait de parole» pour devenir un «fait de langue»; car tout acte de parole organisée met en oeuvre des unités de langue qui occupent dans le système une place centrale ou plus ou moins excentrique. Ainsi en latin, au IV.e siècle, l'usage sporadique de la périphrase dicere habeo (ou uolo) a été d'emblée un fait de langue, introduisant une opposition grammaticale, ou en tout cas stylistique, avec le futur classique dicam. Réciproquement, tant que ce dernier a été employé, même de façon intermittente, par des individus très cultivés ou très conservateurs, il a gardé une place marginale dans un système qui pouvait fonctionner sans lui (Cf. BURGER 1949:32-34).
8. Pour constater un changement dans la grammaire (comme dans le système phonologique) d'une langue, il faut donc bien, aujourd'hui comme hier, disposer de documents auxquels on puisse appliquer la méthode historique —et au besoin comparative— de la Sprachgeschichte. En revanche, pour passer de la constatation à un essai d'explication, il faudra recourir à l'étude de la parole, à la linguistique du fonctionnement ( F R E I 1 9 2 9 : 2 6 ) 1 5 , qui trouve sa place naturelle entre les deux linguistiques saussuriennes (SECHEHAYE 1 9 4 0 : 7 [ = 1 9 6 9 : 2 9 ] ) . Mais il semble bien que, tout comme celles-là, elle considère les actes de parole comme des documents de langue et ne s'intéresse guère aux circonstances particulières dans lesquelles les messages sont émis et reçus: condition nécessaire, peut-être, pour que l'étude de la parole reste une linguistique. L'idée de Sechechaye n'a pas trouvé beaucoup d'écho, et le programme qu'il avait esquissé de la linguistique de la parole organisée n'a pas été repris et développé. Sechehaye y faisait entrer notamment l'étude des styles et l'observation du langage enfantin. Mais non la «phonation». Et il est curieux qu'il n'ait pas pensé à la stylistique de Bally16, non plus qu'à la possibilité d'une «grammaire des fautes». Actuellement, l'étude de la parole se trouve en fait répartie entre deux disciplines nouvelles: la psycholinguistique et la sociolinguistique, ce qui correspond bien au double aspect, individuel et social, qu'on a reconnu à la parole: exercice de la faculté du langage et activité de communication. On peut espérer que ces disciplines contribueront non seulement à éclairer la notion d'état de langue, mais aussi à combler le vide, tant de fois signalé, qui sépare l'une de l'autre la synchronie et la diachronie statiques. 15
D'autres insistent plutôt sur l'étude externe (CLG: 4045), ainsi MALMBERG 1970: 228. 16 Dans laquelle certains ont cru reconnaître, à tort, la réalisation de la linguistique synchronique saussurienne (SM: 250 et n. 394).
il. —5
56
Robert Godei
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La linguistique de la parole
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On broad and narrow linguistics * GORAN
HAMMARSTRÒM
(Monash University, Clayton, Australia)
1. Introductory
note
The problem of broad versus narrow, or abstract versus concrete, has been discussed in a general way in several papers, and any author describing language facts has the practical problem of deciding how little or how much he should include in his study. The aim of this paper is to add some details and some viewpoints to the discussion. 2. Broad and narrow units Under names such as abstractions, invariants, types, parts of the code or of «la langue» (or the competence), or (the term I prefer) units, linguists deal with a number of notions which I should like to consider as belonging to four different levels. Without intending to discuss in detail such notions (but referring any interested reader to my previous works 1966, 1969, 1976, 1980), I should like first to quote some units of the kind that our problem concerns: At the oc-level, or the level of what has traditionally been considered as phonetics (including phonology) and grammar, there are (for instance) phonemes, allophones; prosodemes, alloprosodes; syllabemes, allosyllabs; morphemes, allomorphs; lexemes; syntagmemes, allosyntagms; sememes, allosemes. At the p-level, or the level where different ways of expressing similar contents are dealt with, there are contouremes and «stylemes» (a term which I have not used before) to express various attitudes and registers. * With my congratulations to Eugenio Coseriu I should like to state that since the Oslo Congress in 1957 when he impressed me more than any other participant I have read his works with more interest and more benefit than those of any other linguist.
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Goran Hammarstrom
At the y-Ievel, where characteristics of individuals and groups of individuals are dealt with, there are idiolemes, sociolemes and dialemes. At the 6-level, where the speaker's knowledge other than a.-, (3-, and yunits is dealt with, there are (for instance) proxemes and kinemes. (This level concerning such knowledge as the appropriate distance between communicators or the appropriate gestures to accompany the verbal part of a message has been added in the present paper to the three other levels.) If such units are considered as broad (as b-units), which is the case in most published work, the following can be said: (a) Broad units, i.e. invariants without «variants», are clearly distinct from narrow units, which are sets including what has been termed «variants», «tokens», «realizations» or «items». While it is true that concrete utterances will have to be considered (perhaps superficially) when a broad unit is established, they are subsequently discarded or abstracted away. (b) Broad units can be more or less broad. A phoneme considered without mention of its allophones is broader than a phoneme including its allophones. A syntagmeme such as «subject-predicate» 1 is very broad if it is considered as a «pattern» without mention of «subpatterns». (For further details, see below.) It is less broad if the «subpatterns» are mentioned. (c) To describe a b-unit little detail is needed. Few other units have to be mentioned and when another unit is mentioned little detail has to be considered. For instance, to define a b-phoneme most linguists would somewhere in their definition mention «the meaning of the word» (or, perhaps, «the meaning of the utterance»). However, they would not bother too much about the exact definition of the «meaning» of a word or an utterance. And they would not mention anything else from outside phonemics. To define the construction «subject-predicate» (whatever the exact definition would be) comparatively little detail would be needed. More detail would obviously be needed if «subpatterns» such as the one described as having a subject consisting of determiner-noun were contrasted to another one having a subject consisting of determiner-adjective-noun. If linguistic units are considered as narrow (as n-units), the following can be said: 1
There is some reason for emphasizing that this construction cannot be written as NP VP because, in several European languages, a noun followed by a verb phrase need not only be subject but can also be direct object, indirect object or adverbial. So in German: solche Biicher lesen wir nicht, mir schwindelt, zwei Tage schlief er. If one were just equipped with the knowledge of the notions NP and VP, one would not know how to apply them to an English sentence such as this I don't know (which is NP NP VP). Or, in Latin, one would have to draw the conclusion that caput vidi would be an NP VP in the same way as the English the boy arrived. It would not help to add that the NP VP construction has to be «dominated» by an S because nothing has been said that shows that an S does not dominate all constructions just mentioned. (Further viewpoints on this problem are provided by COSERIU 1 9 7 0 : 5 5 - 5 7 . )
On broad and narrow linguistics
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(a) Narrow units are clearly distinct from broad units as they are sets containing «variants», «tokens», «realizations» or «items». (b) Narrow units can be more or less narrow according to how much detail the linguist is prepared to take into account. (c) Details from other units will have to be used in a clear and explicit way as they influence the unit under description in ways the linguist wishes to describe. In a description of the phones of a phoneme (or of an allophone) (a description which can never be complete) one may want to sort out details in sound relatable to position within the syllable, the word and the syntactic construction, details relatable to attitude and register and to idiolectal, sociolectal and dialectal facts. In addition the description of the phones can be articulatory, acoustic or auditory. A syntactic «pattern» or «subpattern» would be, in a narrow description, a set of «realized» sentences. For instance, the «subpattern» [det-adj-noun][verb] of the subject-predicate pattern would include the little girl fell the big boy ran and a great many other constructions. Describing them closely requires knowledge not only from morphology, semantics and phonetics but also from the [3-, y- and 5-levels. A crucial difference between a b-unit and an n-unit is thus that the former unit requires for its description only little and perhaps vague knowledge of other units but the latter requires detailed and explicit knowledge from other units in order for its items to be well described. A b-description provides an account which is abstract, i.e. with few details, in relation to the details of uttered sentences. If a speaker had only the knowledge contained in a b-description he could not communicate. An n-description attempts (without the possibility of ever succeeding completely) to describe all, or a number of, the details required to describe concrete uttered sentences. In the description of a b-unit other b-units can be used in a clear and explicit way. For instance, a «sentence» can be conceived as a series of b-phonemes (or better: b-variphones: see Hammarstrom 1976:15), b-lexemes (or better: b-varilexes, see ibidem, p. 35) and other units. Thus, the sentence (or better: b-variperiod; see ibidem, pp. 68-69) /Iz hi: aet hoom/ is a pattern, which can be considered as a b-unit with no items. However, it can also be considered as an n-unit. Some of its items (or periods) could then be the ones notated as [Iz hi: aet hoom], [Iz i: aet hoom] and [Iz i 9t oom]. Every b-unit has at its side an n-unit. For instance, if for a language the b-phoneme / a / is established, an n-phoneme / a / can also be established. If the smallest number of characteristic features (for instance the «distinctive features» of a phoneme) is to be established, these features will usually be the same for a b- and an n-unit (although it may be possible to abstract some of them away in some b-study).
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Goran Hammarstròm
If linguistic units can be broadly or narrowly described, it is obvious that the description of a glottolect («language»), dialect, sociolect or idiolect can be more or less broad or more or less narrow. 3. Broad and narrow
orientations
It would be of some interest to consider various orientations in linguistics during the last hundred years or so from the viewpoint of their narrowness or broadness. Narrow orientations have tended to be so devoted to what they thought were language facts that they had difficulty in realizing that their theoretical framework was insufficient or even quite confused. Positivistic linguists more interested in the «substance» than in the «form» of language did not see that their «facts» or «data» were incorrectly established. Neogrammarians dealing with historical problems often possessed considerable amounts of data (such as spellings from old texts or «old» forms from modern dialects) but they did not see that a couple of synchronic descriptions from different times would have provided a base for a higher number of safe conclusions than their «historical» linguistics could offer. Their orientation blocked them from clearly seeing the solutions of a new kind, i.e. those of diachronic phonology (see, for instance, my papers 1959 and 1961, and MARTINET 1957, where on p. 272 it is pointed out that diachronic phonology provides a possibility to «establish the necessary chronologies and restore time perspective, a feature that is so conspicuously absent from much of the research in so-called historical linguistics»). The early experimental (or instrumental) phoneticians tended to provide great amounts of measurements many of which could not be interpreted in such a way as to give much meaningful insight. When in the thirties, forties and fifties they were accused by phonologists of producing irrelevant results they had difficulty in defending themselves. Generally linguists of the just mentioned orientations attempted to claim that they were concerned with real facts whereas the structuralists dealt with unnecessary «abstractions». At the beginning of the sixties Malmberg, however, correctly says, that the «fruitless disputes between 'phoneticians' and 'phonemicists' ('phonologists') now belong to history. The echo of a few isolated voices of 'anti-phonemicists' has only museal interest» 2 (1962:222). Structuralists and generativists are essentially broad. I would like to believe that Saussure's idea of the expression side of language being «acoustic images» was partly chosen as a way of abstracting away the enormous variation in «realized» language, i.e. in speech. Trubetzkoy and his followers were interested in «relevant» features and wanted to discard 2
The expression «museal interest» (in the sense of «the same sort of questionable interest as dead things in a museum bring about») seems to be an innovation. It is perhaps not likely that it will be accepted as an English expression.
On broad and narrow linguistics
63
features which were «just phonetic», «irrelevant» or (with an inappropriate term) «redundant» when they established their «abstractions», i.e. the phonemes. Hjelmslev emphasizes «form» and attempts to abstract «substance» away from linguistics. (However, Coseriu 1954, shows convincingly that form in linguistics can only be form for determined substance.) Chomsky posits a speaker-hearer who is «idealized», i.e. only remotely similar to a real speaker-hearer with all his wealth of detailed knowledge required for communication. Linguists of broad orientations have sometimes tended to discard relevant factual evidence without which linguistics easily becomes a sterile game. They have seemingly been so enthusiastic about their abstractions that they have not noticed they were crossing the borderline between relevant abstractions and arbitrary and meaningless ones. Some structuralists, particularly under the influence of Danish structuralism, produced quite meaningless abstractions (such as the Swedish / / / in sjd or sked consisting of / s j / or /rs/; or /i)/ in some languages consisting of /ng/; or «long vowels» in several languages each being combinations of two short vowels). This structuralist tradition has in recent years been further developed by generativists. The sound pattern of English and several other works of generative phonologists offer «underlying» abstractions the meaninglessness of which seems insurpassable (see my criticisms 1971 and 1973). «Underlying forms» have also taken strange and arbitrary shapes in recent syntax (see the criticism by Collinder 1970). 4. Broad and narrow descriptions The ot-level seems intuitively to be the most basic and most important. The main parts of a message, the «meanings» the speaker wants to convey to the hearer, concern the a-level. In the speech act a-items, realizing an enormous number of a-units, vary from moment to moment. The (5-, y-, and 6-facts existing in lower numbers change more slowly during the speech act and are felt to be less essential for the message. A traditional grammar, a structuralist description or a T. G. description of the idealized speakerhearer are all broad alpha (b-a-) descriptions. As such they are legitimate (although they may have unacceptable features). It can be noted that a «pure» cc-description, i.e. one where the mention of |3-, y- and 5- fact is avoided, can be considered as being by definition broad as a detailed description of variants needs the other three levels. Similarly to the cc-units the units of the three other levels can obviously be considered and described as b-units without items or as n-units with as many details about items as one wants to describe. Many linguistic works are «pure» enough to be considered as belonging basically to one of the possible eight subdivisions which can be prefixed as b-a, n-a, b-|3, n-|3, b-y, n-y, b-8, n-8. (Other works, less «pure», may emphasize features from more than one of these subdivisions.)
Göran Hammarström
64
5. Previous
discussions
It is obvious that some linguists have discussed matters which are related to what I have said above. Coseriu opposes «formalism» or «functionalism» to «substantialism» (see for instance 1 9 6 9 : 3 9 , 5 3 ) . He also provides the series language type - language system - language norm - concrete speaking (see for instance 1 9 6 9 : 1 3 , 154-157) where there is a descending degree of abstractness. As early as 1952 he published his important Sistema, norma y habla where such problems are dealt with in detail. MALMBERG ( 1 9 6 2 ) argues in an interesting way (but forgetting to quote Coseriu) that there is not just an opposition between «phonetics» and «phonemics» but that several levels of abstraction are legitimate. One of his conclusions is the following ( 2 4 1 ) : «Numerous mistakes in traditional phonetics have been due to a confusion of levels of abstraction.» In recent years several authors have argued in favour of more concreteness and naturalness in «phonology». The first well-known contribution of this kind was Kiparsky's «How abstract is phonology?» ( 1 9 6 8 ) . However welcome the works of these authors may be, what they are doing is essentially to work their way back to a more reasonable phonology which was already in existence when the generativists started. They cloud the issue when they say that they discard excessively high degress of «abstractness» in favour of more «concreteness» as the real issue is not the illegitimacy of very high degrees of abstraction (as high degrees as such cannot be questioned) but the illegitimacy of certain arbitrary and nonsensical abstractions (see HAMMARSTRÖM 1 9 7 3 : 1 6 3 - 1 7 2 ) . Coseriu explains in an important footnote ( 1 9 7 7 : 9 6 - 9 7 ) the relation between theory and facts. Among other things he reminds the reader that «die Theorie ja nicht etwa eine willkürliche, von den Fakten unabhängige oder den Fakten aufgezwungene Konstruktion ist». It is not difficult to agree with his conclusion that «die Konstrukteure von 'Modellen' f ü r die Sprachwissenschaft» usually do not understand the notion theory. 6. Concluding
remark
It goes without saying that I have borrowed the terms broad-narrow from phonetics where they have often been used for two kinds of «transcription» (see HAMMARSTRÖM 1958:31-32, footnote 1). One may think that I could have used the terms abstract-concrete without introducing the new pair of terms. However, I prefer to think that broad-narrow is a specific problem within the wider problem of abstract-concrete. Broad-narrow has primarily been used in relation to linguistic units. Thus these terms are meant to be used in the description of specific languages. It is characteristic of broad units that they exclude «realizations» or «items». When
On broad and narrow linguistics
65
they are either broader or less broad this is a difference between not including, or including, a hierarchically lower unit (see above, p. 66) but when narrow units are considered as either narrower or less narrow this is a question of including fewer or more details of the kind that describe «realizations» or «items» (see above, p. 67).
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Außersprachlichkeit — Außereinzelsprachlichkeit Übereinzelsprachlichkeit
—
KLAUS HEGER (Heidelberg)
1.
Einleitung
Da ich mich an den im Titel genannten Termini, an den mit ihnen gebildeten und/oder bildbaren Oppositionspaaren und an den aus ihnen resultiert habenden und/oder resultieren könnenden Mißverständnissen nicht ganz unschuldig fühle, erscheint es mir angemessen, einen Beitrag zur Klärung zumindest dessen zu leisten, was ich selbst mit diesen Termini intendiere. Diesen Beitrag gerade im vorliegenden Rahmen zu leisten, legt mir die Erinnerung an eine Diskussion nahe, in der mir der Jubilar bestätigte, daß es die seit zwei Jahrzehnten im Vordergrund meiner Bemühungen stehenden außereinzelsprachlichen Entitäten überhaupt nicht gibt. 2. Außersprachlichkeit
und
Außereinzelsprachlichkeit
Ausgangspunkt nicht nur dieser meiner Bemühungen ist die weit verbreitete Erkenntnis, daß es bei jedem Vergleich eines tertium comparationis bedarf, das mit keinem der zu vergleichenden Gegenstände identisch sein darf, und daß diese Notwendigkeit infolgedessen auch für Vergleiche verschiedener Einzelsprachen — sei es im Zusammenhang der Fragestellungen einer wie auch immer 'vergleichenden' Sprachwissenschaft einschließlich der verschiedenen Arten von Universalienforschung (cf. COSERIU 1 9 7 4 ) , sei es in dem des Übersetzens und/oder von Ubersetzungstheorien (cf. COSERIU 1 9 7 8 ) oder sei es in gleichviel welchem anderen praxisbezogenen oder theorieimmanenten Zusammenhang — Gültigkeit besitzt. Der sich aus dieser Erkenntnis fast automatisch ergebende Wunsch, ein derartiges tertium comparationis nicht nur implizit zu verwenden, sondern auch theoretisch explizit zu machen, dürfte ebenfalls noch weitgehend wissenschaftliches Allgemeingut sein.
Klaus Heger
68
2.1.
Sprachvergleiche
Die Erfüllung dieses Wunsches kann in ebenso viele verschiedene Richtungen führen, wie es verschiedene Dimensionen möglicher Sprachvergleiche gibt. Beispielsweise kann man Sprachen mit Bezug auf die Anzahl ihrer Sprecher zu einem bestimmten Zeitpunkt oder mit Bezug auf ihren Wohlklang im Urteil einer wie auch immer ausgewählten Gruppe von Testpersonen mit einander vergleichen — so trivial die Explizitmachung des tertium comparationis im ersten Fall wäre, so schwierig dürfte sie im zweiten zu allgemeinem Einverständnis erreichbar sein. Erster Schritt auf dem Weg zu dieser Explizitmachung eines tertium comparationis hat somit die Angabe der Dimension zu sein, in der Vergleiche zwischen Einzelsprachen durch es ermöglicht werden sollen. Daß schon an dieser Stelle die Gefahr erheblicher Mißverständnisse droht, wenn eine entsprechende Angabe unterbleibt, ließe sich nicht nur mit der völligen Belanglosigkeit etwa genetischer Sprachvergleiche für die Frage nach Sprecherzahl oder Wohlklang, sondern ebenso mit den von COSERIU ( 1 9 7 8 ) aufgewiesenen falschen Fragestellungen in der Übersetzungstheorie belegen. Im Sinne dieser Angabe haben am Anfang einer das in HEGER ( 1 9 7 7 ) Ausgeführte ergänzenden Rechenschaftslegung meiner Bemühungen um Sprachvergleiche und um die in ihnen verwendeten tertia comparationis die beiden folgenden Spezifizierungen zu stehen: (a) Vergleiche zwischen verschiedenen Einzelsprachen werden intendiert als sprachwissenschaftliche Vergleiche zwischen den diesen Einzelsprachen zugeordneten Langue-(Dia-)Systemen entsprechenden Abstraktionsgrades (cf. LIEB 1970 und, darauf aufbauend, HEGER 1976, § 1.3.2.) und zwischen den in ihnen enthaltenen Linguemen (cf. HEGER 1976, § 1.5.3.). (b) Gemäß der Unterteilbarkeit der Lingueme in Distingeme und Signeme werden Vergleiche zwischen verschiedenen Einzelsprachen intendiert als sprachwissenschaftlich-semantische, das heißt als die Signifikat-Seite der Signeme betreffende Vergleiche zwischen den Signeme enthaltenden Teilsystemen der unter (a) genannten (Dia-)Systeme und zwischen den in ihnen enthaltenen Signemen. Die in diesen Spezifizierungen enthaltene Abgrenzung besagt selbstverständlich nicht, daß die durch sie aus dem Gegenstandsbereich meiner Bemühungen ausgeschlossenen Vergleichsdimensionen nicht ebenfalls legitimer Gegenstand sprachwissenschaftlicher Forschung sein könnten. Als Beispiel hierfür mag ein Hinweis auf die Benutzung phonetischer tertia comparationis im Vergleich einzelsprachlicher Phonemsysteme genügen.
Außersprachlichkeit — Außereinzelsprachlichkeit
2.2.
69
Außersprachlichkeit
Erst nach dieser Vorklärung kann die Frage nach dem gestellt werden, was die Rolle eines tertium comparationis im Vergleich verschiedenen Einzelsprachen angehörender Signeme und Signemsysteme zu übernehmen geeignet sein könnte. Eine erste naheliegende und weit verbreitete Antwort ergibt sich aus der in das klassische Dreiecksmodell integrierten bilateralen Zeichenauffassung Saussures: da sowohl Signifikanten als auch Signifikate je einzelsprachlich gebunden sind, kommt überhaupt nur die dritte Modellkomponente, nämlich die außersprachliche 'Sache' und/ oder der außersprachliche 'Sachverhalt' in Betracht. Die entsprechende Folgerung ist denn auch oft gezogen und in scheinbar so weit auseinander liegenden Richtungen wie der unter dem Stichwort «Wörter und Sachen» betriebenen Onomasiologie und der mit möglichen Welten operierenden Modelltheorie gleichermaßen konsequent vertreten worden. So naheliegend diese Lösung ist, und so praktikabel sie dort zu sein pflegt, w o es —wie in bestimmten Bereichen der Übersetzungstheorie, cf. COSERIU (1978)— um den Vergleich je einmaliger Parole-Aktualisierungen geht, so wenig geeignet erweist sie sich aus den beiden folgenden Gründen dann, wenn es um die Erstellung eines Systems von tertia comparationis für den Vergleich ganzer auf Langue-Ebene zu lokalisierender Signemsysteme geht. (a) Ein System außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' unterliegt in seiner Strukturierung den für solche 'Sachen' und 'Sachverhalte' sei es durch Definition oder sei es durch irgend eine andere Art von Setzung eingeführten Bedingungen und Möglichkeiten. Diese so allgemein wie möglich gehaltene Formulierung besagt nichts anderes, als daß ein derartiges System ohne eine wie auch immer geartete, für es jedoch ein für allemal verbindliche ontologische Festlegung nicht aufstellbar ist. Beispiele einer solchen ontologischen Festlegung bieten gleichermaßen jener naive Extensionalismus, der nicht zwischen Einhörnern und Zentauren unterscheiden konnte, wie eine wesentlich sophistiziertere Wahrheitssemantik, in deren Rahmen ein «credo quia absurdum» absurd ist. Generell hat jede derartige ontologische Festlegung insofern eine einschneidende Begrenzung der möglichen Eignung der ihr unterworfenen Systeme außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' als Systeme der gesuchten tertia comparationis zur Folge, als die zu vergleichenden (natürlichen) Einzelsprachen hinsichtlich des ontologischen Status dessen, worüber in ihnen gesprochen werden kann, gerade nicht festgelegt sind. Ein ontologisch festgelegtes System von tertia comparationis würde also gar nicht umhin können, den Bereich dessen, was durch es ver-
70
Klaus Heger
gleichbar wird, gegenüber dem Bereich des in (natürlichen) Einzelsprachen zu Erwartenden ganz erheblich einzuschränken, — auch dann nicht, wenn diese Einschränkung nicht ganz so explizit erfolgt wie dort, wo Quine Probleme dadurch beseitigt, daß er sie als «purely verbal» erweist (cf. HEGER 1965Q: 515), und wo das gesetzte Ziel erklärtermaßen nicht die Erfassung aller in Einzelsprachen bestehenden Möglichkeiten, sondern im Gegenteil deren präskriptive Reduktion auf etwas ist, was ein 'richtiges' Reden über 'Sachen' und 'Sachverhalte' gewährleistet. (b) Während sich Systeme außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' somit als zu beschränkt erweisen, um sich als Systeme der gesuchten tertia comparationis eignen zu können, sind sie umgekehrt auch dem kaum zu widerlegenden Vorwurf ausgesetzt, viel zu viel zu enthalten, um die entsprechenden Aufgaben —insbesondere die, als Ausgangspunkt onomasiologischer Fragestellungen zu dienen— sinnvoll erfüllen zu können. Zwar ließe sich für die einzelne außersprachliche 'Sache' und den einzelnen außersprachlichen 'Sachverhalt' dieser Vorwurf noch durch die —sinnvolle— Forderung entkräften, daß es per definitionem nichts geben darf, worüber in einer (natürlichen) Einzelsprache nicht gesprochen werden könnte. Das gemäß seinen ontologischen Festlegungen strukturierte System außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' hingegen wird schwerlich eine befriedigende Antwort auf die Frage geben können, was dafür garantiert, daß seine Systematik auch nur das Geringste mit der Systematik irgendeiner als Signemsystem verstandenen (natürlichen) Einzelsprache zu tun hat und damit geeignet sein könnte, deren Signemoppositionen so abzubilden, daß sie mit den ebenfalls auf dieses tertium comparationis abzubildenden Signemoppositionen anderer (natürlicher) Einzelsprachen vergleichbar würden. Aus diesem doppelten Dilemma des Systems außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' führen nur zwei Wege, nämlich der Verzicht entweder auf das Epitheton «System» oder auf das Epitheton «außersprachlich». Der erste Weg ist durch die «Wörter und Sachen»-Onomasiologie vorgezeichnet und setzt an die Stelle eines Systems eine arbiträre Aufzählung außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte', in der sowohl die ungeordneten Beziehungen, die zwischen diesen 'Sachen' und 'Sachverhalten' bestehen können, als auch deren meist recht heterogene Herkunft aus verschiedenen und einander teilweise widersprechenden ontologischen Festlegungen vorsichtshalber implizit bleiben. Daß dieser Weg geeignet sei, zu dem für einen Vergleich ganzer Signemsysteme oder auch nur einiger ihrer Teilsysteme erforderlichen tertium comparationis zu führen, wird man ihm ebenso wenig unterstellen wollen wie die Eignimg, die auf ihm benutzten —und zugestandenermaßen nicht selten mit erheblichem
Außersprachlichkeit — Außereinzelsprachlichkeit
71
Erfolg benutzten— isolierten individuellen tertia comparationis sonderlich explizit zu machen. 2.3.
Außereinzelsprachlichkeit
Den somit einzig verbleibenden zweiten Weg habe ich in expliziter Form zu begehen begonnen, als ich in HEGER ( 1 9 6 4 : 5 0 0 n. 2 7 ) dem Terminus außersprachlich den Terminus außer einzelsprachlich gegenüberstellte; implizit begann dieser Weg schon früher, denn auch die in HEGER ( 1 9 6 3 ) aufgestellte Systematik temporal-deiktischer Begriffskategorien, die ich dort —in Anlehnung an B U L L ( 1 9 6 0 ) — noch als außersprachlich eingestuft hatte, erwies sich im Lichte dieser neuen Gegenüberstellung gerade nicht als außersprachlich, sondern als außereinzelsprachlich (cf. HEGER 1967: 531-532). Was diese Gegenüberstellung besagt, läßt sich am einfachsten durch eine Genus-Species-Definition ausdrücken: gemeinsames Genus proximum von Außersprachlichkeit und Außereinzelsprachlichkeit ist die Unabhängigkeit von je einzelsprachlichen Gegebenheiten, das heißt die Erfüllung der an jedes tertium comparationis zu stellenden Forderung nach Nicht-Identität mit gleichviel welcher der zu vergleichenden Entitäten; und was beide trennt, ist die Nicht-Außersprachlichkeit der Außereinzelsprachlichkeit. Diese Nicht-Außersprachlichkeit besagt erstens, daß unter außereinzelsprachlich genau all das fällt, worüber in (natürlichen) Einzelsprachen gesprochen werden kann, — womit dem in 2.2 (a) gegen die Einsetzung außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' als tertia comparationis erhobenen Einwand Rechnung getragen ist; und zweitens, daß ein Systen außereinzelsprachlicher Entitäten so zu strukturieren ist, daß es die Systematik je einzelsprachlicher Signemoppositionen abzubilden gestattet — und somit den in 2.2 (b) gegen die gemäß ihren ontologischen Festlegungen strukturierten Systeme außersprachlicher 'Sachen' und 'Sachverhalte' erhobenen Einwand ausschließt. Erkauft wurde dieser doppelte Vorteil der Außereinzelsprachlichkeit gegenüber der Außersprachlichkeit mit dem Nachteil, daß es die in ihrem Sinn zu postulierenden außereinzelsprachlichen Entitäten, die ich inzwischen (seit HEGER 1969 a: 166-167) Noeme nenne, überhaupt nicht gibt (cf. oben 1.). Diesen Nachteil habe ich lange Zeit durch die Einstufung dieser Noeme als mentaler Einheiten überspielt — eine Einstufung, der der Antimentalismus gewisser Schulen der Zeit vor der Erfindung der Semantik durch Katz und Fodor im Jahre 1963 und entsprechende für die nicht von ihm Erleuchteten benutzte Epitheta wie «the folklore of the last three thousand years» (cf. HEGER 1 9 6 4 H : 3 6 4 ) Pate gestanden haben. Keineswegs mit ihr intendiert war hingegen eine Öffnung in Richtimg einer psychologisierenden Deutung, und es war daher auch nur eine späte Richtigstellung, wenn ich sie in HEGER ( 1 9 7 6 : 3 5 n. 4 2 ) auf Grand kritischer Fragen, die mir insbesondere LAROCHETTE ( 1 9 7 2 ) gestellt hatte, aufgegeben und durch die bessere und adaequatere Einstufung der Noeme als theoreii.-6
72
Klaus Heger
tischer Konstrukte ersetzt habe. Besser ist diese Einstufung allein schon deshalb, weil es theoretische Konstrukte in der Tat außerhalb der jeweiligen Theorie, innerhalb deren sie angesetzt werden, überhaupt nicht geben kann und sich somit der hier in Frage stehende Nachteil als bloß scheinbar erweist; und adaequater ist sie deshalb, weil ja schließlich auch Signeme nicht irgendwo existieren, sondern aus Abstraktionen im Rahmen bestimmter sprachtheoretischer Voraussetzungen gewonnene theoretische Konstrukte sind. Zur Gewährleistung einer den Einwand 2.2 (b) ausschließenden Kompatibilität von Signemen und Noemen bedarf es damit nur mehr des Nachweises einer entsprechenden Kompatibilität zwischen dem theoretischen Rahmen, innerhalb dessen Signeme, und demjenigen, innerhalb dessen Noeme angesetzt werden. Diesen Nachweis allerdings glaube ich, mit Hilfe des in meinen Arbeiten seit HEGER (1964) entwickelten Trapezmodells (cf. zuletzt HEGER 1976: § 2.3) nicht nur in hinreichender Ausführlichkeit, sondern auch so geführt zu haben, daß sich daraus die gelegentlich in Diskussionen benutzte und von LAROCHETTE (1977) aufgegriffene Formulierung rechtfertigt, Noeme würden nicht ge-, sondern erfunden. Sie besagt, daß für die Herleitung oder axiomatische Setzung des Noem-Status einer wo auch immer «gefundenen» Einheit ausschließlich die theorieinternen Bedingungen der NoemDefinition ausschlaggebend sein können. Sie präjudiziert jedoch in keiner Weise eine Antwort auf die Frage, wo solche Einheiten, deren möglicher Noem-Status zu «erfinden» —nämlich herzuleiten oder axiomatisch zu setzen, cf. HEGER (1976: § 0.3. ( 3 ) ) — ist, «gefunden» werden können, und ich stimme durchaus mit LAROCHETTE ( 1 9 7 7 : 4 8 ) darin überein, daß zu den möglichen Antworten auf diese Frage Seme, das heißt die Resultate vorgängiger einzelsprachlich-immanenter semasiologischer Analysen, ebenso gut gehören können wie nicht-distinktive Merkmale, die beispielsweise in logischen Kalkülen oder in außersprachlichen 'Sachen' oder 'Sachverhalten' (enzyklopädische Merkmale, cf. KUBCZAK 1978: § 2.4) zu «finden» sind. Nicht verantwortlich allerdings fühle ich mich f ü r den angeblichen Noem-Status von Einheiten, von denen ich ausdrücklich gesagt habe, daß ihr «Noem-Status lediglich der exemplarischen Illustration zuliebe für den jeweiligen Fall hypothetisch unterstellt wird» (HEGER 1976:111).
3. Außereinzelsprachlichkeit
und
Vbereinzelsprachlichkeit
Im Gegensatz zu meiner Beteiligung an der Gegenüberstellung von Außersprachlichkeit und Außereinzelsprachlichkeit fühle ich mich an dem bisweilen synonymen und bisweilen nicht ganz so synonymen Nebeneinander der Termini außereinzelsprachlich und übereinzelsprachlich deswegen unschuldig, weil ich den zweiten von ihnen jedenfalls bislang bewußt gemieden habe. Der Grund hierfür sind Bedenken gegenüber einem Terminus, der —wie seine Paralleltermini außersprachlich und
Außersprachlichkeit — Außereinzelsprachlichkeit
73
außer einzelsprachlich— sich statt als Autoseme Minimaleinheit als Kompositionsform gelesen zu werden anbietet und dann —im Gegensatz zu jenen— falsche Assoziationen wecken muß: üb er einzelsprachlich erscheint dann als etwas, was über mehreren oder allen Einzelsprachen steht, was ihnen in einer wie auch immer zu spezifizierenden Hierarchie übergeordnet ist. Einen solchen Anspruch jedoch sollen und können Noeme von Hause aus nicht erheben, denn gemäß ihrer Bestimmung sollen sie nicht über, sondern lediglich außerhalb von einzelsprachlichen Bindungen stehen (cf. HEGER 1 9 7 6 :
3.1.
§ 0.3).
Übereinzelsprachlichkeit
Die Nicht-Übereinzelsprachlichkeit der außereinzelsprachlichen Noeme besagt nun allerdings nicht, daß ich mir überhaupt keine theoretischen Konstrukte vorstellen könnte, die zu Recht das Epitheton üb er einzelsprachlich beigelegt bekommen könnten. Ganz im Gegenteil scheint es mir sogar überaus naheliegend, diesen Terminus für den folgenden Fall vorzusehen. Bei verschiedenen Gelegenheiten —erstmals in HEGER (1969b: § 1) und später in Anlehnimg an LIEB (1970) in HEGER (1976: § 1.3.2) und in HEGER ((a): § 3.2)— habe ich die Möglichkeit vorgesehen, aus mehreren einander hinreichend ähnlichen (Langue-)Systemen ein gemeinsames, diachronisch und/oder diatopisch und/oder diastratisch umfassenderes Diasystem zu entwickeln. Ebenso wie ein derartiges Diasystem seinen Subsystemen, aus denen es hervorgeht, hierarchisch übergeordnet ist, sind in einer abgeleiteten Weise auch die in ihm enthaltenen Dialingueme —wie beispielsweise die in HEGER ((a): § 3.2.2) angesetzten Diaphoneme— ihren in jenen enthaltenen Sublinguemen hierarchisch übergeordnet. Es bedarf nun nur mehr der in HEGER (1969 b: § 2.3) und HEGER ((a): § 4.2) vorgeschlagenen Festlegung, auf welchem Rang Rn einer derartigen Hierarchie vom Vorliegen eines gegenüber den ihm untergeordneten dialektalen Systemen ebenso wie gegenüber den ihm übergeordneten SprachgruppenSystemen ausgezeichneten einer und nur einer Einzelsprache zugeordneten Systems soll gesprochen werden können, um die Einstufung aller in Systemen der Ränge Rn 4- i (mit i > O) enthaltenen Dialingueme sowie dieser Systeme selbst als im hier angegebenen Sinne übereinzelsprachlich zu rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung ist insofern wesentlich mehr als eine bloße terminologische Spielerei, als sie beispielsweise der in den theoretisch anspruchsvolleren unter den jüngeren Bemühungen um Sprachrekonstruktionen sich durchsetzenden Unterscheidung zwischen komparativer und historischer Rekonstruktion (cf. WEIDERT (1979)) dadurch entgegenkommt, daß sie zwischen den übereinzelsprachlichen Dialinguemen, mit denen es die komparative Rekonstruktion zu tun hat, und den einzelsprachlichen Protolinguemen der historisch rekonstruierten Protosprachen eine eindeutige Trennung ermöglicht.
Klaus Heger
74
3.2. Vbereinzelsprachlichkeit
=
Außereinzelsprachlichkeit?
Ein überaus interessantes Problem von einstweilen allerdings nur theoretisch ermeßbarer Tragweite stellt sich nun jedoch in dem Moment, in dem man die mit der hier vorgeschlagenen Bestimmung der Vbereinzelsprachlichkeit eröffneten Möglichkeiten zu Ende denkt. Am absoluten oberen Ende einer jeden Hierarchie von Diasystemen steht das zwar reichlich hypothetische, aber immerhin denkbare Diasystem, das der Gesamtheit aller möglichen Sprachen zuzuordnen wäre. Die in ihm enthaltenen ranghöchsten übereinzelsprachlichen Dialingueme einschließlich der gemäß HEGER ((a): § 3 . 2 . 2 ) von ihrer Beschreibung zu fordernden Darstellung ihrer Konkretisierung in Form aller ihrer Sub- und Sub...sublingueme würden somit alle in allen möglichen Sprachen vorkommen könnenden Möglichkeiten abdecken. Daraus folgt notwendig, daß ihre Untermenge der ranghöchsten übereinzelsprachlichen Diasigneme mit den in ihren Diasignifikaten enthaltenen Diasememen per definitionem genau all das abdecken müßten, worüber in (natürlichen) Einzelsprachen gesprochen werden kann. Wären diese ranghöchsten übereinzelsprachlichen Diasememe daher identisch mit den außereinzelsprachlichen Noemen? Ein Vergleich mit den oben in 2.3 gegebenen Bestimmungen der Außereinzelsprachlichkeit scheint eine affirmative Antwort auf diese Frage nicht nur zu ermöglichen, sondern sogar zu erzwingen — eine Antwort allerdings, die in doppelter Weise unverbindlich bleibt. Zum einen gilt weiterhin, daß Vbereinzelsprachlichkeit spezifischer bestimmt ist und damit einen weitergehenden Anspruch impliziert als Außereinzelsprachlichkeit und daß infolgedessen außereinzelsprachliche Entitäten wie Noeme zwar aller Wahrscheinlichkeit nach auch üb er einzelsprachlich —nämlich in dem spezifischen Sinn einer ranghöchsten Vbereinzelsprachlichkeit— sind, daß sie aber nicht den Anspruch erheben können, es zu sein. Und zum anderen bliebe auch dann, wenn sie diesen Anspruch eines Tages in begründeter Form sollten stellen können, der Umstand bestehen, daß die Gesamtzahl der Signeme einer Sprache —und damit also auch die der ranghöchsten übereinzelsprachlichen Diasigneme— und somit a fortiori die ihrer (Dia-)Sememe ab einem bestimmten Signemrang per definitionem unendlich ist (cf. HEGER 1 9 7 6 : 2 1 5 - 2 1 6 ) und daß infolgedessen die als tertia comparationis heranzuziehenden Systeme über- und/oder außereinzelsprachlicher Noeme auch dann noch immer nur partielle Systeme sein können. Trotz dem theoretischen Interesse, das dieser Grenzfall ohne Zweifel besitzt, erscheint es mir daher nützlicher, ihn bei einer terminologischen Festlegung unberücksichtigt zu lassen und an der Unterscheidung zwischen Außereinzelsprachlichkeit und Vbereinzelsprachlichkeit so, wie sie sich aus dem einerseits in 2.3 und andererseits in 3.1 Gesagten ergibt, festzuhalten. Unbeschadet hiervon gilt jedenfalls, daß
Außersprachlichkeit —Außereinzelsprach.— Übereinzelsprachl.
75
(a) sowohl auf Grund des in 2.3 Gesagten der Außereinzelsprachlichkeit als auch auf Grund ihrer Bezugsetzung auf gegebene Hierarchien von Diasystemen der Übereinzelsprachlichkeit das Merkmal der Nicht-Außersprachlichkeit, und (b) allen Fällen nicht-ranghöchster Übereinzelsprachlichkeit auf Grund ihrer Bindungen an die spezifischen Gegebenheiten zwar nicht mehr einer einzigen, aber bestimmter und dadurch im Gegensatz zu ausgeschlossenen anderen stehender Einzelsprachen das Merkmal der Nicht-Außereinzelsprachlichkeit zukommen. Lediglich die Frage der Identifizierbarkeit von ranghöchster Übereinzelsprachlichkeit und Außereinzelsprachlichkeit wird bei dieser terminologischen Festlegung offen gelassen, was jedoch angesichts der für die Praxis zu erwartenden Konsequenzen noch für geraume Zeit in Kauf zu nehmen sein dürfte.
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Rationality as an explanatory principle in linguistics ESA
ITKONEN
(Helsinki)
1. Concerning the general definition
of
rationality
As general principles rationality and correctness, which may be subsumed under the superordinate concept of normativity, must be contrasted to factuality understood as spatio-temporal existence. The natural sciences investigate only that which is factual whereas some human sciences investigate either that which is rational or that which is correct. Claims about what is factual, rational, or correct share the property of not being falsified by what is, respectively, nonfactual, irrational, or incorrect. The difference between normativity and factuality consists in the fact that what is (ir)rational/(in)correct may or may not occur in space and time, whereas what is factual occurs in space and time, and what is nonfactual does not. Hence a theory of natural science or of empirical sociology is falsified if what it predicts to be factual is nonfactual, as shown by something that is factual, i.e. some ««predicted spatio-temporal occurrence A theory of philosophy, of logic, or of autonomous linguistics is falsified if what it predicts to be rational/correct is irrational/incorrect; but here the reference to spatio-temporal occurrences is doubly irrelevant. Suppose that a sentence si predicted by a grammar to be correct is, in 1
Falsification of theories should be confused neither with their apparent falsification nor with their rejection. First, the history of science shows that even when a theory has been contradicted by evidence, it is rational to suspend the judgement for some time, since the evidence may turn out to be faulty in one respect or another. Second, even when a theory is genuinely contradicted (or falsified) by evidence, it is rational not to reject it until a better theory has been invented. These remarks suffice to show that Lakatos' (1970) and, following him, Botha's (1978) strictures against 'falsificationism' are misconceived. Nevertheless, I do not accept Popper's exclusive emphasis on falsification. Proving that a theory A is better than a theory B is more fundamental than proving that B is false and A is not (i.e not yet), because doing the latter is only one way, even if the most important way, of doing the former.
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Esa Itkonen
fact, incorrect while a structurally similar sentence S2 predicted to be incorrect is, in fact, correct. If this is the case, the grammar has been correspondingly falsified, and yet it is possible that si has occurred in space and time whereas S2 has not, which shows that reference to space and time is indeed doubly irrelevant in grammatical falsification (for details, c f . ITKONEN 1 9 7 8 : 9 . 0 - 1 1 . 0 ) .
In the end of the preceding paragraph it became evident that we can know what is rational/correct without simultaneously observing what occurs in space and time or remembering what has done so. (This act of knowledge pertaining to normativity is customarily called 'intuition'.) In other words, we are able to construct mental representations of rational actions or correct sentences and to recognize them as rational or correct, even if such actions or sentences have (as far as we know) never been exemplified in space and time. It must be emphasized, however, that this ability has not developed in a vacuum; we obviously learn the concepts of rationality and correctness as part of the process of becoming members of our community, and this process continuously involves observing both actions and reactions to them. But somewhere there seems to occur a 'leap' as a result of which the rules of rational/correct behavior are grasped, as is shown by the well-known philosophical truth that knowledge of what ought to be done cannot be reduced to (observation of) what is done. As a consequence, I do not think that the reductionist attitude vis-àvis normativity is justified. Today there are two common types of attempt at reduction. First, there is the genetic approach, or the attempt initiated by GRICE to reduce (part of) normativity to non-normativity by showing how the conventional communicatory act might have evolved from the general non-conventional one (cf. e.g. BENNETT 1976). One can agrece that Gricean accounts are plausible cases of stylized history and yet regard them as rather pointless. The qualitative leap from non-conventional to conventional still has to occur somewhere which means that it has not been explained away. (Notice that similar leaps must have occurred between the formation of the first living cell and the emergence of nonconventional communication.) Second, there is the psychophysiological approach, or the attempt to reduce normative to non-normative by speculating how rational/correct behavior might be deduced from general psychological and ultimately physiological regularities. I have criticized this approach at some length in ITKONEN ( 1 9 7 8 : 7 . 0 ) . Here I only wish to point out that scientific argumentation or the wish to convince one's interlocutors necessarily presupposes the concept of rationality, even when one is trying to explain rationality away, which makes such a programme contradictory (cf. H O L L I S 1977, chap. 7). A physiological explanation of human rational behavior can be given only by more-than-human beings in the same way as we can conceivably give a physiological explanation of the psychology of frogs, for instance.
Rationality as an explanatory principle in linguistics
79
The distinction between rationality and correctness may be quite simply illustrated by the two different types of answers given to the question «Why did you say 'The window is broken'?» One answer would refer to the purpose of uttering the sentence, e.g. «1 said 'The window is broken' in order that someone would fix it», whereas the other would refer to rules of English, e.g. «1 said 'The window is broken' because the past participle of break is broken, and not breaked». In other words, rationality is a matter of choosing means adequate to ends, while correctness is a matter of following well-established rules. It must be emphasized that contrary to the prevailing opinion, rules of language, which must not be confused with rules of grammar, can be brought to the level of consciousness (cf. COSERIU 1958/1974:49-51; for discussion cf. ITKONEN 1978:5.3). 2. The different
roles of
rationality
At the level of research, rationality plays an identical role in all sciences 2: the goal of the scientist is to bring order into chaos, and he uses means which he considers adequate to attaining his goal. Even if the goal is the same, the means of course differ widely, depending on the science in question. Thus it is at the level of research objects, or of theories invented to account for research objects, that rationality plays different roles in different sciences. It is self-evident that at the level of research, object rationality has no role to play in the natural sciences. In the human sciences it is possible to distinguish between (at least) three ways in which the concept of rationality becomes part of the theory. At the same time we will have reason to distinguish between three different but closely related meanings of 'rationality'. First, we may start from a set of experimental or observational data of human behavior and try to apply a straightforward natural-science model to explain them. However, it may turn out that this method fails to produce illuminating results, i.e. fails to bring order into chaos. Now what is felt to be illuminating or unilluminating, is largely a matter of personal taste, and therefore it is possible that some people who follow the natural-science approach are entirely satisfied with their results. But even if one is not satisfied, one still has two options. Either one tries to intensify the imitation of the natural sciences or one gives up the naturalscience model and adopts instead the (teleological) model of rational agent. The latter option has been adopted or is being adopted in such disparate sciences as psychotherapy (cf. ITKONEN 1978:2.3), psychology of perception (cf. N E I S S E R 1967), and diachronic linguistics (cf. Sect. 3 below). It is to be noted that what is needed here is a concept of unconscious rationality. It is also clear that at least in psychotherapy we must extend 2
I use the term 'science' in the sense of 'Wissenschaft'. Hence both physics and logic are sciences; even philosophy of science is itself a science.
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Esa Itkonen
the everyday concept of rationality to cover cases which might normally be considered irrational: in an unbearable 'no-win' situation, neurosis may appear as the only 'rational' solution. — In all cases discussed in this paragraph it is possible to refuse to adopt the model of rational agent (although I personally think that it should definitely be adopted). Second, in sociological analysis we start from correlations between observable variables and postulate theoretical variables to explain the correlations 3 . This method is analogous to the standard natural-science method, except for one thing: It is required a priori that correlations between variables be understandable; it is in fact the point of postulating theoretical variables to establish the understandability where it is lacking. That is, we do not, of course, know a priori which correlations we will find, but we do know a priori that we will not accept them unless they are or can be made understandable. Consider LABOV'S ( 1 9 7 2 ) analysis of vowel centralization on Martha's Vineyard. This linguistic variable was found to correlate with the social variable 'middle-aged fisherman', but the correlation could not be accepted as such, because it means nothing, i.e. it seems just a coincidence. The correlation was accepted only when it was explained or made understandable by the intervening psychological variable 'positive attitude towards staying on the island'; and this variable was, of course, postulated (and later operationalized) precisely because it made the correlation understandable or revealed its meaning. (This psychological variable is, of course, a causal one; but causes of actions are intentions and motives, often unconscious, and they are understood roughly in the same way as meanings of sentences.) Precisely the same remarks apply to any standard sociological analyses, starting from DURKHEIM'S paradigm-creating study of suicide and his theoretical-explanatory concept of 'anomie'. By contrast, no similar a priori requirement of understandability can be imposed upon the theoretical concepts of natural sciences. For instance, there is surely nothing understandable or meaningful in the concepts of 'wave-particle' or 'curved space'. — Equating 'rational' with 'understandable' again amounts to an extension of the everyday concept of 'rationality', an extension similar to, even if less drastic than, the one carried out in psychotherapy. I do not think that the existence of this second type of rationality can be sensibly denied. Third, (our knowledge of) the concept of rationality can be taken directly as the object of analysis. This is true of the game theory which, as a formalization of decisions made under certainty, uncertainty, or risk, constitutes a nonempirical theory of rational behavior 4 . The theory of speech acts is another example of the same type of theory; that is, it is 3 4
To be sure, sociologists, including sociolinguists, much too often remain at the first, non-theoretical stage of this research strategy. It is possible, however, to utilize experimental evidence to constrain the primarily nonempirical approach of the game theory in the direction of increasing empiricalness; cf. Diesing (1972, chap. 4).
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a philosophical theory based on intuitive knowledge about how to act, i.e. speak, rationally within the normative space defined by the rules of language. Today's psycholinguistic theories of speech production have incorporated the speech act theory (cf. Sect. 4). — The third role of rationality is comparable to the role of correctness in autonomous linguistics or the role of validity in formal logic. It would be absolutely impossible to deny the existence of this type of rationality because here rationality, instead of being a hypothesis arrived at on the basis of spatio-temporal data or of constituting a precondition upon (correlations between) such data, simply is the data. This type of rationality, being a potential object of conceptual analysis, is necessarily capable of being brought onto the level of consciousness. 3. Diachronic
linguistics
In what follows, I shall concentrate on morphological change. In modern diachronic linguistics the natural-science approach has been adopted nearly universally s . That is to say, linguists are looking for universal regularities of change which could be described by sentences of the type '(x) (Fx D Gx)'; together with suitable antecedent conditions Fa, a regularity of this kind would explain the change Ga. In the field of diachronic morphology at least, this search for regularities has so far been futile. I wish to argue that this state of affairs does not result from linguists' temporary incapacity to hit upon the right regularities but rathed reflects the true state of affairs. Both morphological change and morphological resistance to sound change 6 are of teleological character. The ultimate goal, which may be exemplified by an unlimited variety of lowerlevel goals, is to maintain the principle 'one meaning — one form' (cf. P A U L 1920/1975:227) or to restore it once it has been violated by sound changes. This goal can be used afterwards to explain morphological changes, but it cannot be used to predict them, which means that there are no universal regularities of morphological change. In this respect teleological morphological change resembles all rational behavior. In fact the teleological explanations here at issue are in my opinion a type of rational explanation1. More precisely, what we have here is unconscious rationality, whose existence has been independently assumed in several fields of study (cf. Sect. 2). The basic form of rational explanation is socalled practical inference (cf. VON WRIGHT 1971) which as a model of explanation is characterized by the fact that it contains no reference to regularities. — The view of diachronic-linguistic explanation as a type of 5 6 7
Coseriu (1958/1974) and Anttila (1972) are here important exceptions. In what follows, 'morphological change' will stand for both of these two cases. There is also a type of teleological explanation which makes reference to (teleological) regularities, but this is not what I have in mind here.
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Esa Itkonen
rational explanation was put forth by COSERIU ( 1 9 5 8 / 1 9 7 4 , esp. p. 57 and 158-59), and is also discussed in ITKONEN (forthcoming). It is worth emphasizing that rational behavior is never entirely unpredictable. In each situation rationality defines a set of possible courses of action and excludes a much larger set of impossible, i.e. irrational, courses of action 8 . Determining the (probable) limits of rationality is an important task which has not yet been carried out in diachronic linguistics. What I have been saying so far might be countered by pointing out that the requisite regularities of morphological change need not be universal but merely statistical, and that the appropriate model of explanation is accordingly statistical, and not deterministic, in character. This objection is insofar justified as it is certainly possible to gather such statistical data concerning morphological change which condenses into one regular pattern or another. Such a programme contains one drawback, however: The explanatory force of statistical explanations is weaker than that of deterministic explanations; the latter may at least tentatively explain why something happened, whereas the former can at most explain why it was to be expected that something would happen. In other words, in statistical explanations there is always an element of chance which weakens the tie between that which explains and that which is explained. This is, of course, no argument against using statistical explanations if statisticalness is not just a methodological artifact, or a result of the researchers' ignorance, but belongs to the ontology of the research object, as seems to be the case e.g. in subatomic physics. But there is reason to believe that rational behavior does not belong to the same category as physical behavior, whether subatomic or not. By concentrating on the specific context in which an action, whether individual or collective, has come about, it is possible to reveal its coming-about as more necessary and less dependent on chance than could be done by means of explanations resting on statistical regularities (cf. HARRÉ & SECORD 1972, chap. 7, esp. p. 133). From the previous paragraph it is evident that the type of explanation I am recommending for diachronic linguistics (above the phonological level) comes rather close to the traditional notion of historical explanation, according to which, historical phenomena are to be explained by reference to their socio-cultural context and to the personalities of the actors, and not by reference to some eternally and ubiquitously valid regularities. This position has been called into question by the wellknown 'POPPER-HEMPEL thesis', which claims that historical explanations cannot avoid ultimately making use of precisely such regularities. However, the POPPER-HEMPEL thesis rests on a blind and unquestioning faith in the natural-science model and is entirely unsupported by historians' actual 8
It must be added that there does not seem to exist just one single concept of rationality. The game theory at least recognizes several concepts of rationality, none of which seems intuitively superior to the others.
Rationality as an explanatory principle in linguistics
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descriptive practice. DONAGAN (1966) points out that not a single historical explanation satisfying the standards of the POPPER-HEMPEL thesis has ever been proposed. Such sentences as purport to refer to universal regularities of social behavior are either maxims of rational behavior and hence analytically true or else quite obviously false. Neither type of sentence can serve as a basis for empirical explanation. This being the case, the POPPER-HEMPEL thesis may safely be dismissed. 4. Psycholinguistics Psycholinguistics is primarily concerned with uncovering the mechanisms underlying speaking and understanding. Speaking is a form of rational behavior, and therefore the theory of speaking must be just an application of the general theory of action (cf. ITKONEN 1972), with the proviso that the conventionality of language cannot, at least in my opinion, be explained away (cf. Sect. 1). It is convenient to divide acting, including speaking, into two components, viz. planning and execution (cf. CLARK & CLARK 1977, chap. 6). The component of planning constitutes the realm of rationality; execution may or may not proceed as planned. Understanding is normally an automatic process and therefore cannot be regarded as rational; its relation to rationality consists in the fact that it ideally means recovery of the plan 'behind' the action. Modern cognitive psychology considers planning and understanding as internal, mental processes only contingently related to the external reality. This view cannot be accepted, for two reasons. First, the goals for action are provided exclusively by the agent's socio-cultural environment. Second, understanding is devoid of content, if it cannot be distinguished from misunderstanding; but this distinction can be made only on the basis of social public criteria. The same holds true of planning. These remarks are in an obvious way related to W I T T G E N S T E I N ' S refutation of private languages (cf. ITKONEN 1978:4.0).
It is generally agreed today that psycholinguistic theories cannot be constructed without recourse to so-called external evidence, i.e. evidence not based on intuition alone. It is in fact the pervasive mistake of transformational grammar that it confuses the concepts of autonomous linguistics and psycholinguistics by automatically ascribing psychological reality to formalizations of intuitive knowledge. These remarks apply to the psychological theories of linguistic levels from phonology to semantics. However, if one wishes to construct large-scale theories of speech production and understanding, no systematic external evidence is available, and therefore one cannot help relying on intuitive knowledge about acting in general, and speaking in particular 9 . GRICE'S and SEARLE'S theory 9
The reason for this state of affairs will be discussed below.
Esa Itkonen
84
of speech acts is based on precisely that kind of knowledge, and therefore it is only logical that CLARK & CLARK ( 1 9 7 7 ) should have incorporated it as part of their 'planning component' (cf. above). This component is further divided into three subcomponents, within each of which the speaker has to make decisions about what it is rational to say, given what it is correct to say. The upshot of the previous paragraph may seem somewhat surprising. Psycholinguistic theories are first and foremost causal theories: they mean to uncover those mechanisms which bring about speaking and understanding. It seems undeniable that psychological causes for the most part lie under the level of consciousness. And yet I claimed in the previous paragraph that (large-scale) psycholinguistic theories can be based on intuitive knowledge, which clearly seems to imply that psychological causes are, after all, open to conscious inspection. Moreover, I criticized transformational grammar for not distinguishing between autonomous linguistics and psycholinguistics, but now I appear to commit the same mistake: In Sect. 1 I defined autonomous linguistics as that type of linguistics which relies exclusively on intuition 10 but —to repeat— I stated in the previous paragraph that psycholinguistic theories can, and even must, be based on intuition. This puzzle can be solved by distinguishing between two types of causal relevance. We must be clear as to which of the two following questions we wish to answer: «Which conceptual distinctions must people have internalized?» and «How have they internalized them?» Distinguishing in this way between the wfcai-question and the foow-question calls for two comments. First, the former question is the logically primary one; it is only when it has been answered that one can try to answer the latter. Second, the former question expresses conceptual necessity, whereas the latter speaks about contingent, causal relationships. The difference between the questions is parallelled by the difference between the respective methods by which they are answered. The former question is answered by (nonempirical) analysis of intuitive knowledge, whereas the latter is answered by (empirical) investigation of external evidence. KANT'S categories may be mentioned as examples of distinctions which causally influence people's thinking and acting in spite of the fact that they have been arrived at as a result of purely philosophical analysis. It is clear, for instance, that the category of 'quantity' and its three subcategories 'unity', 'plurality', and 'totality' are part of our everyday thinking, which means that we must have internalized this trichotomy. In just the same way a grammarian can with absolute precision state e.g. the distinction between active and passive sentences which English speakers must have internalized. But in both cases the question how the internalization is actually implemented remains entirely open. For instance, the grammarian N> In a more thorough analysis this claim has to be modified somewhat; cf. Itkonen (1977).
Rationality as an explanatory principle in linguistics
85
is not competent to decide whether the distinction between active and passive has been internalized by making one derivable from the other or by memorizing each separately. Both dynamic causes (or 'triggering conditions') and static causes (or 'standing conditions') contribute to bringing about an event. If we apply this distinction to the study of speaking, we notice that internalizations of rules of language constitute the permanent system which is from time to time put into motion by rationality. We further notice that intuition about correctness, i.e. rules of language, is able to identify (part of) the static causes and hence to answer the w/zai-question, but is not able to uncover their actual manner of functioning or to answer the /zow-question. Intuition about rationality, in turn, is able to identify (part of) the dynamic causes. It is interesting to note that when we are discussing dynamic causes open to conscious inspection, or conscious motives of actions, the distinction between the wftai-question and the tow-question seems to disappear. When we are consciously striving after a goal and consciously choose a certain (sub)action as a (sub)means leading to the goal, we are not only identifying the (conscious) causes of our action u , but we are also identifying the actual manner in which the causes are functioning. This is why no external evidence is needed in constructing large-scale theories of speaking (or understanding). The only qualification that has to be made concerns the possibility that the rationality of some actions is only apparent, and that they can be genuinely explained only by recourse to unconscious causes 12. It is true, of course, that even genuinely rational actions must be somehow rooted in man's psycho-physiological make-up. The model of rational agent is incompatible e.g. with CHOMSKY'S ( 1 9 7 6 ) conception of linguistics: On the one hand, he considers linguistics as part of cognitive psychology; on the other, he denies any difference between linguistics and physics; but cognitive psychologists imitating the example of physics cannot make use of the model of rational agent. By contrast, FODOR ( 1 9 7 6 ) admits the necessity of the rationality assumption, but he does not seem to realize that he, by so doing, is breaking with the entire methodological tradition of transformational grammar (cf. ITKONEN 1978: 3.6).
5. Answering
the standard
objection
against
rational
explanations
Even if we are able to determine what it is rational for a person A to do in a given situation (and normally we are not able to do so), it does 11
12
I use 'cause' as a superordinate term covering both traditional 'causes' and traditional 'reasons'. By the use of this terminology I wish to show what is common to traditional 'causes' and 'reasons' without, however, wishing to obliterate the distinction between them. Assuming that the rationality of all actions is only apparent leads to a logical contradiction; cf. Sect. 1.
86
Esa Itkonen
not follow that A will do it, because people may behave irrationally. Therefore, H E M P E L ( 1 9 6 5 : 1 0 . 3 ) and STEGMULLER ( 1 9 7 4 : 6 . 7 ) claim, rational explanations are not genuinely explanatory. H E M P E L and STEGMULLER are in fact only repeating the truth that 'ought' does not entail 'is' (cf. Sect. 1). This conceptual point, though valid, does not discredit the use of rational explanations. In Sect. 4, I stated that rationality is a causally effective force. Therefore when we explain an action by revealing its rationality, we are giving a genuine, causal explanation. The only difficulty here is that, as a cause, rationality does not operate uniformly as physical causes do, and therefore we are not able to determine with certainty when the agent is rational and when not. This fact, namely that the agent may or may not be rational, adds to the uncertainty created by the fact that even when he is rational, he is as a rule free to choose from among several equally possible courses of action. As a consequence, in addition to saying that the action to be explained was the rational thing (or, more realistically, one of the rational things) to do, rational explanations also contain a premise stating that the agent was in fact rational. H E M P E L and STEGMULLER claim that adding this premise transforms rational explanations into standard empirical explanations, because the explanandum-sentence may now be deduced from the premises, one of which is a general statement about what all rational agents do. But this is a non sequitur because far from referring to an empirical regularity, such a statement expresses an analytically true maxim of rational behavior (cf. the end of Sect. 3). Analytic truths about rationality cannot be strengthened by noting that they hold of every rational agent. In a similar vein, the analytic truth of the particular statement «If Bill is a bachelor, he is unmarried» cannot be strengthened by the analytic truth of the universal statement «For all x, if x is a bachelor, x is unmarried». The only thing left is for HEMPEL and STEGMULLER to ask what kind of tie connects the explanans and the explanandum of rational explanations, if it is not logical deducibility as in standard empirical explanations. The answer is simple enough: it is the tie which connects the explanans and the explanandum of practical inferences (cf. VON W R I G H T 1 9 7 1 ) . When the action to be explained was the rational thing to do, or a necessary condition for attaining the goal, the connection is felt to be very tight or explanatory. When the action was one of the rational things to do, or (part of) a sufficient condition for attaining the goal, the connection is less tight. In many cases, however, this is the closest we can get to explaining actions.
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II. — 7
Die Erzeugung der Rede G . IVÄNESCU (Ja§i)
EINLEITUNG
1. Die Erzeugung, die Generierung der Rede ist der Redeakt selbst; es scheint demnach unangemessen, von einer E r z e u g u n g d e r R e d e anstatt von der R e d e selbst zu sprechen, genauso wie es unangemessen scheint, zum Beispiel von der Erzeugung des Gehens, der Information, der Prüfung usw. zu sprechen. Es ist wahr, der Mensch erzeugt nicht nur materielle Realitäten, sondern auch abgeschlossene geistige Realitäten, wovon einige, selbst wenn sie Akte darstellen, eine festgefügte Form haben und wiederholbar sind. Ebenso verhält es sich mit den literarischen, wissenschaftlichen und philosophischen Werken oder mit Musikstücken usw. Doch die g e n e r a t i v e S p r a c h w i s s e n s c h a f t versteht es nicht, von einer Erzeugung der Rede in diesem Sinne zu sprechen, sondern davon, daß eine Rede organisiert wird, daß «ein Regelsystem, welches wiederholt eine unbegrenzte Anzahl von Strukturen generieren kann»geschaffen wird. Aber dies bedeutet etwas anderes, als sich mit der Generierung der Rede zu beschäftigen: es bedeutet, sich mit der Generierung der Sprache ( = der Sprachen, des Sprachsystems, der Sprachsysteme) zu befassen. Selbstverständlich bedeutet die Erzeugung der Sprache etwas ganz anderes. Genauer gesagt, ist es unangebracht, von der Erzeugung der Sprache zu sprechen. Die Erzeugung der Sprache ist eigentlich eins mit der Schaffung der Sprache. Das bedeutet im Grunde genommen zwei Prozesse: 1. einerseits die Schaffung einer neuen Sprache; 2. andererseits die teilweise Schaffung einer beliebigen Sprache, also ihre Veränderung. Wir werden hier nicht von der Schaffung der Sprache sprechen. Die Erzeugung des Redeaktes findet nach ganz anderen Regeln und Gesetzen statt, als sie N. Chomsky aufgestellt hat. Im Folgenden werden wir uns mit der Bestimmung dieser Gesetze beschäftigen, ohne aber immer wieder Stellung zu den Theorien des amerikanischen Gelehrten zu nehmen. 1
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Gheorghe Ivänescu
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Dennoch müssen seine Grundthesen über die Erzeugung der Rede hier widerlegt werden. Dies stellt sogar die erste und wichtigste Aufgabe der vorliegenden Arbeit dar. In anderen Fällen werden wir nur unseren Standpunkt darlegen, ohne noch weiter darauf einzugehen, daß die Wirklichkeit sich anders verhält als es N. Chomsky und seine Anhänger glaubten. Wir wollen jetzt schon betonen, daß die Gesetzmäßigkeiten der Erzeugung der Rede jene sind, die von der alten vorstrukturalistischen Grammatik, vor allem von der älteren Syntax, aufgestellt wurden. Es ist übrigens unbegreiflich, daß eine Wissenschaft, die seit über zwei Jahrtausenden besteht und die sich in erster Linie mit der Rede beschäftigt hat, nicht die Gesetzmäßigkeiten ihres Untersuchungsgegenstandes festgestellt hat. Diese Gesetze sind eigentlich die Realitäten, aus denen die Sprache im Sinne F. de Saussures besteht, denn die «Sprache» ist die Wissenschaft von der Rede, die sich im sprachwissenschaftlichen Bewußtsein findet. Die statische, deskriptive, synchronische Linguistik tut nichts anderes, als die Gesetze (die Regeln), die im menschlichen Sprachbewußtsein, in den Sprechakten gegeben sind, am Beispiel der Morphologie, der Syntax, des Wortschatzes und sogar der Phonetik zu erläutern, was in einigen Fällen dasselbe bedeutet, wie von der Erzeugung der Rede zu sprechen.
1 . HAUPTIRRTÜMER
DER GENERATIVEN
THEORIE;
DIE WAHRE
NATUR
DER
SOGE-
NANNTEN T I E F E N - UND OBERFLÄCHENSTRUKTUR
2. Etwa seit 1962 glaubte CHOMSKY eine grundlegende Neuerung in die Sprachwissenschaft einführen zu müssen, indem er in der von F. de Saussure 'parole' ('Rede') genannten Wirklichkeit zwischen einer Oberflächenund einer Tiefenstruktur unterscheidet. Er sagt: The central idea of transformational grammar is that they [die Tiefen — und die Oberflächenstruktur] are, in general, distinct and that the surface structure is determined by repeated applications of certain formal operations called «grammatical transformations» to objects of a more elementary sort. If this is true (as I assume, henceforth), then the syntactic component must generate deep and surface structures, for each sentence, and must interrelate them 2 .
Chomsky hat oft die Existenz einer Tiefenstruktur mit Hilfe von Beispielen argumentiert, die schon von den Autoren der Grammatik von Port-Royal besprochen wurden. Wir finden eine solche Argumentation auch i n CHOMSKY ( 1 9 6 5 ) 3 :
2 CHOMSKY, N . (1965), op. 3
cit.:
CHOMSKY, N. (1968), Language
16-17.
and mind.
N e w York: 14-15.
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In the example just given, 'Invisible God created the visible World', the deep structure consists of a system of three propositions, that God is invisible, that 'he created the World', that 'the World is visible'. The proposition that interrelate to form the deep structure are not, of course, asserted when the sentence is used to make a statement; if I say that a wise man is honest, I am not asserting that men are wise or honest, even though in the PortRoyal theory the proposition 'a man is wise' and 'a man is honest' enter into the deep structure. Rather, these propositions enter into the complex ideas that are present to the mind, though rarely articulated in the signal, when the sentence is uttered. The deep structure is related to the surface structure by certains mental operations — in modern terminology, by grammatical transformations.
Diese Auffassung besteht aber bis heute unverändert in den Arbeiten Chomskys. Die Tatsache, daß er in seinen letzten Arbeiten darauf verzichtet hat, von Tiefenstruktur zu sprechen —er gebraucht jetzt den Terminus Basis— ändert nichts an seiner Auffassung. Nun meint ARCHIBALD A . H I L L : «The passage is not perfectly clear, since it does not say what the nature of these propositions it» 4 . Doch die Stelle wird klar, wie derselbe Forscher an einem anderen Abschnitt der zitierten Arbeit CHOMSKYS (S. 5 4 ) zeigt: I should emphasize then when I speak of a sentence as derived by transformation from another sentence, I am speaking loosely and inaccurately. What I should say is that the structure associeted with the first sentence is derived from the structure underlying the second... That sentence are not derived from other sentences, but rather from the structures underlying them, has been explicitly assumed since the earliest work in transformationed generative grammar about fifteen years ago, but informal statements such as those in the text here have misley many readers and have led to a good deal of confunsion, perhaps, is the fact that a very different theory of transformational relations developed by Zellig Harris, Henry Hiz, and others, does in fact regard the transformational operations as applied to sentences.
Sicher, mit diesen Feststellungen beantwortet Chomsky Einwände wie die von ROBERT A . H A L L JR. 5 , der die Unterscheidung zwischen Tiefenund Oberflächenstruktur mit der Begründung ablehnt, daß: das, was gewöhnlich als 'Tiefen'struktur bezeichnet wird, im Grunde genommen nichts anderes ist als die Paraphrase, die Umschreibung eines Satzbaues, der e i g e n s dazu gebildet wurde, um der Grammatik zu ermöglichen, die Struktur dieses Gebildes aus der ersten [d.h. aus der Paraphrase] durch die eine oder die andere Manipulation abzuleiten.
* HILL, A. A. (1970), «The hypothesis of deep structure». Studia linguistica XXIV: 1-16. S HALL, R. A. Jr. (1968), An essay on language. Philadelphia: 52-53.
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H I L L sagt (S. 2), daß Chomsky in Language and mind, der von den Verfassern der Grammatik von Port-Royal eingeleiteten Diskussion über U R T E I L und S A T Z zwei wesentliche Punkte hinzufügt:
First the propositions 'present to the mind' are thought of a stages in the construction of the finally uttered sentences, though from the earlier statement they might be conceived to be paraphrase made in the mind after the sentence is uttered or might be tought of a series of equivalent and related sentences merely stored in the mind to be called on if needed — a set of items making up a part of the system which comprises the speaker's langue or 'competence'. The second point is that the propositions are not sentences, but abstract. H I L L sagt weiter ( S . 5 ) , daß er nicht verstehe, was eine abstrakte Struktur sei. Er behauptet dort mit Recht:
It is impossible to conceive 'abstract structures', without items which are structured. This again is a truism, but one which needs to be emphasized.
Seine Formulierung ist zum Teil unzutreffend. Aber er will sagen, daß jedwelche Struktur abstrakt ist, daß sie von der strukturierten Materie nur in der Vorstellung, nur gedanklich abgetrennt werden kann. In Übereinstimmung mit Hill ziehe ich die Schlußfolgerung, daß Chomsky es hätte zulassen müssen, die Tiefenstruktur zusammen mit dem Material, das diese Struktur darstellt, zu begreifen. Wenn man zuläßt, daß es in der Tiefenebene nur Strukturen gibt, bedeutet dies eigentlich, daß man zuläßt, dort mit jenen Strukturen auch die Urteile zu finden. Übrigens sagt CHOMSKY
(1966)6:
The deep structure underlying the proposition Dieu invisible a créé le monde visible consists of three abstracts propositions, each expressing a certain simple judgement, although its surface form express only the subject-attribute [ = Prädikat] structure.
Es ist offensichtlich, daß wir keine «abstrakten Urteile, sondern nur konkrete Urteile konzipieren können». Weiter sagt CHOMSKY (S. 3 3 - 3 5 ) , genau wie die Verfasser der Grammatik von Port-Royal, daß die Tiefenstruktur nicht ausgedrückt wird, sondern nur miteingeschlossen in der Vorstellung vorhanden sei. So (S. 33): The underlying organization of a sentence relevant to semantic interpretation is not necessarily revealed by the actual arrangement and phrasing of its givem components.
Mit Bezug auf den Satz: Dieu invisible a créé le monde visible sagt er (S. 34): 6
CHOMSKY, N. (1966), Cartesian linguistics. New York/London: 34.
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the deep estructure is implicit only; it is not expressed but is only represented in the mind, ... it constitutes an underlying mental reality —a mental accompaniment to the utterance— whether or not the surface form of the utterance that is produced corresponds to it in a simple, point-by-point manner.
Und S. 35: It is deep structure underlying the actual utterance, a structure that is purely mental, that conveys the semantic content of the sentence.
Doch auch dies ist unklar, denn es kann nicht etwas im Augenblick des Ausdrückens dargestellt werden, das in diesem Moment nicht ausgedrückt wird. Deshalb müssen wir R. A. HALL (op. cit.) recht geben, wenn er behauptet, daß die einfachen Paraphrasen keine Tiefenstruktur darstellen können. H I L L läßt dennoch ( S . 13-14) ein inneres Wirken zu, das zu einem Satz oder Satzgefüge (phrase, proposition) wird, wobei ersteres die Tiefenstruktur ist, letzteres die Oberflächenstruktur; ja H I L L beschränkt dieses interne Wirken sogar auf die innere Rede (S. 14). H I L L irrt, wenn er die Tiefenstruktur mit der inneren R e d e gleichsetzt. Dennoch kommt ihm das Verdienst zu, gezeigt zu haben, daß man keine Sätze im Geiste konzipieren kann, wenn sie nicht ausgedrückt werden, wenn sie nicht Sprache werden. Dies bedeutet, ähnlich wie das von HALL Gesagte, einen ersten Schritt zur Leugnung jener Realität, die Chomsky Tiefenstruktur nennt. In den letzten Abschnitten seines Artikels (S. 14-16) wiederholt 7 HILL, daß er nicht verstehe, was eine abstrakte Struktur sei . 3. Wir hätten auch noch andere Bemerkungen zu Chomskys Ausführungen zu machen. Der Satz: Der unsichtbare Gott hat die sichtbare Welt geschaffen geht nicht aus den Urteilen: Gott hat die Welt geschaffen, Gott ist unsichtbar, Die Welt ist sichtbar hervor, sondern hat ein einziges Urteil als Grundlage, das mit dem gebildeten Satz identisch ist. Denn der menschliche Verstand ist nicht so einfach, so primitiv, so ungeübt, als daß er kein Nomen mit seinen Determinanten denken könnte. Dieser Satz drückt also den Gedanken aus, daß ein Gott, der unsichtbar ist, eine sichtbare Welt geschaffen hat. Die Urteile Gott ist unsichtbar und Die Welt ist sichtbar sind nicht nur Urteile, sondern auch Sätze, die unter anderen Umständen, nicht jetzt, gesprochen wurden. Sie haben «Stufen», «Gelegenheiten» zur Bereicherung des Begriffes 'Gott' und des Begriffes 'Welt' dargestellt; doch diese Stufen können nicht als Elemente betrachtet werden, die sich unter der Struktur Der unsichtbare Gott hat die sieht7
Die von Chomsky gebrachten transformationeilen Erklärungen sind falsch. Er sieht nicht, daß die Sätze mit gleicher Bedeutung, aber unterschiedlich gebaut, das Problem einer verschiedenartigen Ausdrucksweise desselben Denkens aufwerfen. Dieses Problem diskutiert Chomsky in seinen Aspects nicht und in Cartesian Linguistics nur stellenweise, z.B. auf S. 34.
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bare Welt geschaffen befinden. Diese Dinge werden leichter zu verstehen sein, wenn wir im Folgenden (5) das Wesen des Subjekts eines Satzes untersuchen. Im Zusammenhang mit dem obigen Satz muß noch gesagt werden, daß er schlecht formuliert ist und daß er in einer normalen, ungezwungenen Rede gar nicht vorkommt. Zwischen den Wörtern unsichtbar und sichtbar besteht ein Gegensatz, der zu einer zweckmäßigeren Ausdrucksweise führen muß: Obwohl Gott unsichtbar ist, hat er eine sichtbare Welt geschaffen. Jedoch besteht diese Opposition nicht mehr in dem Satz: Ein weiser Mensch ist ehrlich. Die Struktur dieses Satzes besteht nicht, wie Chomsky glaubt, aus der Struktur der Urteile: Ein Mensch ist weise, ein Mensch ist ehrlich, auf die man die Transformationsregel anwenden kann: Wegfall des Syntagmas ein Mensch und der Kopula ist aus dem zweiten Urteil und Einfügung dieses Urteils in das erste. Hier drückt das Urteil ein Verhältnis der Miteinbeziehung aus, das von Chomsky ebenfalls nicht wahrgenommen wird. Wenn ein Mensch weise ist, ist er auch ehrlich, also eine Tatsache, die schon den Logikern wie A. N. Whitehead und B. Rüssel, Principia mathematica, und Edm. Goblot, Traité de logique, bekannt war. Also bringen wir auch in diesem Fall den Gedanken zum Ausdruck, daß eine komplexe Realität, nämlich ein Mensch mit einer bestimmten Eigenschaft, durch diese zugleich auch eine andere Eigenschaft besitzt. Der menschliche Verstand wäre zu einfach, zu primitiv, wenn er solche Verwicklungen nicht wahrnehmen würde. Damit wird eindeutig, daß die beiden Urteile, die laut Chomsky die Tiefenstruktur bilden, nicht die Urteile sind, aus deren Kombination das Urteil und der Satz: Ein weiser Mensch ist ehrlich entstehen. Denn die Urteile Ein Mensch ist weise und Ein Mensch ist ehrlich können sich auf Realitäten beziehen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben, also auf verschiedene Menschen, nicht aber auf ein- und denselben. Chomsky hätte in der Tiefenstruktur höchstens die Urteile voraussetzen können: Dieser Mensch ist weise, Dieser Mensch ist ehrlich. Oder: Manche Menschen sind weise, Dieselben Menschen sind ehrlich. Aber auch in diesem Fall gibt uns keiner der Sätze die Sicherheit, daß die Ehrlichkeit aus der Weisheit kommt. Chomskys Analyse ist also oberflächlich, da er nicht die Implikation sieht, nämlich die Tatsache, daß die Weisheit die Ehrlichkeit miteinschließt; seine Analyse ist falsch, weil die Information aus der Tiefenebene nicht die gesamte Information des ausgedrückten Satzes, d.h. der Oberflächenstruktur enthält. Eine Tiefenstruktur jedoch müßte die gesamte Information der Oberflächenstruktur enthalten, natürlich anders organisiert und strukturiert. Darüberhinaus müßte die Tiefenstruktur, wie Chomsky selbst sagt, universell sein, sich in allen Sprachen der Welt finden lassen; mehr noch: sie müßte die Struktur des universellen menschlichen Denkens sein, die in den verschiedenen Konstruktionen der einzelnen Sprachen zum Ausdruck kommt. Wir fragen uns daher, ob die Tiefenstruktur nicht etwas anderes ist als Chomsky glaubt, nämlich ob sie der Oberflächenstruktur nicht sehr nahe steht oder sogar
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mit ihr identisch ist, in der genug universelle Elemente zu finden sind wie etwa das Subjekt mit seinem Bereich, das Prädikat mit seinem Bereich, das Nomen, das Adjektiv, das Numerale, das Pronomen, das Adverb, der Infinitiv und sicherlich auch andere. Wir stellen uns also die Frage, ob die Tiefenstruktur nicht das Denken selbst ist, die Ebene des Inhalts, die Oberflächenstruktur dagegen der Ausdruck, also die Ausdrucksebene. Wir glauben, hier die Lösung des Problems zu finden, die übrigens von einigen Sprachwissenschaftlern schon geahnt wurde. Wir müssen den Einwand Halls gegen Chomsky dahingehend ergänzen und sagen, daß zumindest in den Fällen, die wir bisher diskutiert haben, keine wirkliche Paraphrase, Umschreibung, vorliegt, denn die verschiedenen Urteilssätze, denen eine Tiefenstruktur zugesprochen wurde, umschreiben nicht, sondern sie zersetzen ohne Grund den Satz der Oberflächenstruktur. Häufig bieten sie auch nicht die gesamte Information, sondern eher das Wesentliche des in diesem Satz zum Ausdruck kommenden Denkens. Wir leugnen natürlich nicht, daß es auch authentische Paraphrasen gibt, so z. B., wenn wir für die Ableitung Sammler die Tiefenstruktur «der, der sammelt» annehmen. Hier ergibt sich die Frage, ob «der, der sammelt» eine Tiefenstruktur der Ableitung Sammler ist, wie manche Generativisten behaupten. Handelt es sich hier nicht vielleicht um die Bedeutung des Ausdrucks Sammler selbst? Denn ich sehe keine andere Bedeutung dieses Wortes als die: «der, der sammelt» oder als Adjektiv: «der sammelt». Und zwar ist die Ableitung «Sammler» ein synthetischer Ausdruck des Syntagmas der, der sammelt, das denselben Gedanken wie Sammler ausdrückt, nur eben analytisch. Haben wir dann das Recht, von zwei synonymen Ausdrücken der Sprache den einen als Oberflächen- und den anderen als Tiefenstruktur zu bezeichnen? oder noch genauer: den analytischen als Tiefenstruktur und den synthetischen als Oberflächenstruktur? Ich verneine dies entschieden. Wir können nur so viel sagen: die Bedeutung der analytischen Struktur ist auch die der synthetischen. 4. Chomsky sagt, daß die Tiefenstruktur das universell menschliche Denken als Grundlage der Rede ist. Aber er sieht nicht, daß dieses universell menschliche Denken nur in teilweise identischen, teilweise verschiedenartigen Formen konkretisiert wird, daß sich das universelle Denken nicht bei allen Völkern in der gleichen Weise äußert, sondern nur in den teilweise identischen, teilweise verschiedenen Formen enthalten ist, und daß das, was gänzlich einheitlich und «universell» ist, die Wirklichkeit darstellt, über die gesprochen wird. Er begreift nicht, daß wir in den (Ausdrücken» A ist größer als B und B ist kleiner als A oder Brutus hat Cäsar getötet und Cäsar ist von Brutus getötet worden zwei verschiedene Denkweisen haben, daß keiner der «Ausdrücke» sekundär ist im Verhältnis zum anderen, daß beide gleich grundlegend sind, daß also — selbst wenn wir Regeln zur Transformation des einen Ausdrucks in den anderen aufstellen könnten — diese Regeln auf kein Grunddenken angewendet
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werden können, aus dem ein abgeleitetes Denken geschaffen werden und könnte. Wie Eugenio COSERIU in Semantik, innere Sprachform Tiefenstruktur8 und auch in anderen Arbeiten gezeigt hat, betrachtet Chomsky in diesem Fall als Tiefenstruktur und somit als Denken eigentlich das, was die Realität selbst ist: anstatt die Bedeutung in Betracht zu ziehen, zieht er die bezeichnete Wirklichkeit, über die gesprochen wird, in Betracht, die nicht als Tiefenstruktur bezeichnet werden kann, da sie außerhalb des Menschen oder des Denkens und der Rede steht. In solchen Fällen haben wir es, wie auch Coseriu (a.a.O.) gezeigt hat, mit zwei verschiedenen Denkweisen zu tun. Doch diese Feststellung muß uns zur Schlußfolgerung führen, daß wir es in diesen Fällen mit zwei verschiedenen Tiefenstrukturen zu tun h a b e n I n dieser Hinsicht folgen Chomsky auch jene seiner Anhänger, die seine Theorie vervollkommnet haben und ihr eine Bedeutung beimaßen, die ihr nicht zukam. Ich meine Wissenschaftler wie Ch. Fillmore, der in seinem Artikel The case for case10 behauptet, daß die Realitäten als Agens, Instrument, Patiens (oder wie er sie nennt: «Benefizient») usw. in der Tiefenstruktur eine Stellung einnehmen, während sich auf der Oberflächenstruktur die Kasus befinden, so wie sie auch die Sprachen aufweisen: Nominativ, Instrumental, Akkusativ, Dativ usw. Agens, Patiens, «Benefizient» usw. sind eigentlich Kategorien der Wirklichkeit, von der wir sprechen, derselben Realität also, die, wie wir schon sagten, laut Coseriu nicht als Tiefenstruktur angesehen werden kann. Der Begriff «Tiefenstruktur» muß also von solchen hinzugefügten, entstellenden Elementen gereinigt werden. 5. Wir haben noch nicht gezeigt, welchen Fehler Chomsky begangen hat, als er die Grundstruktur einiger Sätze wie Der unsichtbare Gott hat die sichtbare Welt geschaffen und Ein weiser Mensch ist ehrlich entdecken wollte (der Fehlertyp ist hier ein anderer als der, den die Generativisten bei Wörtern wie Sammler begangen haben). Der amerikanische Linguist begeht den Fehler, eine logisch prädikative Beziehung, in der das Attribut Prädikat gewesen wäre, als Grundstruktur für die Beziehung eines adjektivischen Attributes zu betrachten. Nur so ist es ihm gelungen, für die untersuchten Sätze eine Tiefenstruktur zu finden, genauer gesagt, zu 8
Folia Linguistica, IV, 1970:53-63 (neu gedruckt in EUGENIO COSERIU, Sprache, Strukturen und Funktionen (1971), 2. verbesserte. Auflage, Tübingen; 213-224). 9 Wir sind nicht mit COSERIU einverstanden, wenn er behauptet (a.a.O.: 219-221), daß im Redeakt die Bedeutung die primäre Wirklichkeit ist und der bezeichnete Gegenstand die sekundäre. Die Tatsache, daß gewisse Beziehungen zwischen einer Tätigkeit und einem Instrument, einem gebrauchten Nahrungsmittel, einem Menschen, der einen anderen begleitet usw. im Deutschen durch die Präposition mit, im Rumänischen durch cu usw. ausgedrückt wird, nicht zufällig sei: die Beziehungen in all diesen Situationem haben etwas miteinander ähnlich, was den menschlichen Verstand dazu bewogen hat, dieselbe Präposition zu verwenden, um dies auszudrücken. Nicht nur der Geist ist dafür verantwortlich, sondern auch die Wirklichkeit selbst, die die Gleichartigkeit der fraglichen Beziehungen aufzeigt. •O In: E. BACH und R. T. HARMS (1968), Universals in Linguistic Theory, N e w York.
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erfinden, zu fabrizieren. Nur indem er die Anzahl der prädikativen Beziehungen der Rede steigerte und sie von der Sprachebene, der Ausdrucksebene, also auch von der Ebene des Denkens, in eine tiefere Ebene versetzte konnte er das Vorhandensein einer Struktur ad hoc annehmen, die als Tiefenstruktur betrachtet werden konnte. Diese Vorgangsweise des amerikanischen Linguisten ist selbstverständlich ganz und gar unbegründet. Ein Satz mit einem einzigen prädikativen Verb und einem Attribut und Objekt bringt nicht mehrere prädikative Beziehungen zum Ausdruck, sondern nur eine. Chomsky sagte selbst, oder ließ dies zumindest in Anlehnung an die Verfasser der Grammatik von Port-Royal durchblicken, daß die prädikativen Beziehungen aus der Tiefenstruktur nicht ausgedrückt werden. Und wenn die Information, die die Tiefenstruktur enthält, z.B., daß ein Mensch weise ist und daß derselbe Mensch oder ein anderer auch ehrlich ist oder daß mehrere Menschen weise sind und dieselben Menschen auch ehrlich sind, vorher gewonnen wurde, so sind die von Chomsky in der Tiefenstruktur zugelassenen Urteile dann zustandegekommen, als diese Information gewonnen wurde und nicht erst jetzt, wenn wir sie zusammengefaßt in einem Urteil, das sich von den damaligen unterscheidet, da es sie alle vereint oder gar neue Gedanken bringt, jemand anderem mitteilen. Das jetzige Urteil, das seinen Ausdruck in einer von Chomsky «Oberflächenstruktur» genannten Struktur findet, vereint diese bereits früher gesammelten Wahrheiten, die Bestandteile, Nuancen des Inhalts irgendeines Begriffes darstellen, verleiht den Prädikatsrang aber nur einem dieser Bestandteile, der nun einzig und allein auch in der Tiefenstruktur Prädikat ist. Ein Begriff wird durch eine Vielzahl von Urteilen gebildet, die dieser Begriff virtuell unter einem einzigen Wort vereint, wenn wir ihn nur zum Ausdruck bringen. Der Zucker ist süß, weiß, fest oder gemahlen usw. All dies haben wir durch vorausgehende analytische Urteile erfahren, wie Kant sagt. Sie sind miteinbegriffen (nach derselben Terminologie Kants: synthetisch), wenn wir das Wort Zucker aussprechen. Das hat unter anderen E D M . GOBLOT 11 (Traité de logique, S. 85-90), gesagt, ohne die Ausdrücke «analytisches» und «synthetisches» Urteil zu verwenden; er meinte, daß der Begriff in seiner qualitativen Bedeutung auch auf allen vorhergehenden Urteilen beruht, die denselben Begriff als Prädikat haben. Urteile wie die, die laut Chomsky die Tiefenstruktur eines Satzes bilden, sind also jene, durch die wir einen beliebigen Begriff aufgliedern. Sie können nicht Tiefenstruktur eines Satzes sein, wenn ihre Prädikate in diesem Satz bei Attributen des Subjekts oder Objekts auftreten. In einem Aufsatz Gramatica si logica, II 1 2 , habe ich übrigens den Standpunkt vertreten, daß nur die Prädikate der Hauptsätze wirkliche Prädikate sind, daß sie also auch Prädikate der Urteile aus Basis11
12
GOBLOT, E . (1929), Traité
de logique:
85-90.
Analele Universitäfii din Timiçoara, Seria Çtiinje Filologice, II, 1964. Vorher habe ich den Gedanken in Curs de sintaxa limbii române moderne, Ia§i, 1948, zum Ausdruck gebracht.
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Sätzen darstellen und daß nur einige Attribute oder Komplemente, die getrennt sind, die im Sprechen durch Pausen, geschrieben durch Kommata, vom Rest des Satzes abgetrennt sind. So haben wir in dem rumänischen Satz: mi se pare cä avea mare dreptate bietul bätrtn, càci, in locul bisericii Sfintül Lazär, fusese altä bisericä, de lemn, al cärui hram era Sfintül Dumitru — Und es scheint mir so, als hätte der arme Alte besonders Recht, denn an Stelle der Kirche des Hl. Lazarus war eine andere Kirche, aus Holz, deren Schutzpatron der Hl. Dumitru war auch andere logische Prädikate als das durch fusese «war» ausgedrückte und zwar: 1. de lemn «aus Holz», das zu einem Satz gehört: aceastä bisericä era de lemn «diese Kirche war aus Holz» und 2. al cärei hram era Sfintül Dumitru «deren Schutzpatron der Hl. Dumitru war», das im Satz zum Ausdruck kommt: Hramül acestei biserici era Sfintül Dumitru «Der Schutzpatron dieser Kirche war der Hl. Dumitru»; aber diese Sätze wurden in den anderen miteinbezogen; um dies zu erreichen, wurde im ersten Satz das Subjekt weggelassen, das mit dem des Hauptsatzes übereinstimmt, dann fiel die kopula era «war» weg, die —wenn man sie beibehalten hätte— einen neuen Hauptsatz hätte bilden können: hramül acestei biserici «der Schutzpatron dieser Kirche». Das wurde zu al cärui hram «deren Schutzpatron» und das Ganze wurde als erläuternder Relativsatz dem Basis-Satz hinzugefügt. Das Attribut de lemn «aus Holz» und der erläuternde Relativsatz al cärei hram era Sfintül Dumitru «deren Schutzpatron der Hl. Dumitru war» blieben logische Prädikate, eine Funktion, die bis heute sowohl von der traditionellen als auch von der strukturellen Grammatik vor Chomsky vernachlässigt wurde. Ich möchte sagen, daß Chomsky nur in solchen Fällen recht hat, in der Tiefenstruktur ein neues Urteil anzunehmen 13. Aber in solchen Fällen manifestiert sich die Tiefenstruktur durch Abtrennung des Attributs durch Pausen vom übrigen Satz auch in der Oberflächenstruktur. Diese Trennung erweist in der höheren Struktur die logisch-prädikative Beziehung, was zeigt, daß diese Attribute sich in einer anderen Lage befinden als die übrigen. Auch müssen wir noch hinzufügen, daß in diesem Fall nicht einmal in der Tiefenstruktur ein eigenes, verwirklichtes Urteil vorliegt, sondern ein Urteil, das nur durch die Einbeziehung seines Prädikates in ein anderes Urteil zum Ausdruck kommt, obwohl die Logiker hier eine ähnliche Analyse zulassen, wie sie Chomsky durchgeführt hat. Meiner Meinung nach äußern sich die prädikativen Beziehungen der Tiefenstruktur, wenn sie tatsächlich vorhanden sind, als solche in der Oberflächenstruktur, sie verschwinden nicht; so drückt die Oberflächenstruktur selbst die logischen, prädikativen Beziehungen aus, oder anders gesagt, die Eigenschaft eines Wortes oder eines Syntagmas, als logisches Prädikat aufzutreten. Chomsky glaubte, daß die logische Analyse der Sprache nur auf eine Tiefenstruktur angewendet werden 13
CHOMSKY untersucht solche Fälle nur in seinem Buch Cartesian Linguistics, z.B. S. 35-39, wo er zugibt, daß diese etwas behaupten, also Prädikate sind (die anderen Attribute sind demnach keine Prädikate).
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könne, während wir der Ansicht sind, daß dies auch für die Oberflächenstruktur gilt. Das heißt aber, daß sich die sogenannte Tiefenstruktur auch in der sogenannten Oberflächenstruktur äußert. Ich habe mich weiter oben, wie auch 1948 und 1964, für die Theorie der Identität der logischen Struktur mit der der Rede ausgesprochen 14 . Aber wenn jemand sich in diesen Fällen für eine Analyse nach der Art von Chomsky entscheiden würde und eine Tiefen- und eine Oberflächenstruktur zuließe, das würde nur für solche Fälle wie die eben besprochenen zutreffen. Nur in solchen Fällen wie den von mir 1948 und 1964 besprochenen hätte Chomsky recht. Aber auch hier verhalten sich die Dinge in Wirklichkeit anders als er sie versteht. 6. Chomsky meint in Aspects, daß abgeleitete Substantive wie Zerstörung als Tiefenstruktur das Verb aus dem Prädikat eines Urteils wie z.B. ihre Desorganisierung zerstört den Besitz oder aus den strukturellen Typen dieses Wortes haben. Unserer Ansicht nach begeht Chomsky hier einen groben Fehler: er betrachtet ein Substantiv als von einem prädikativen Verb generiert, genauer: aus dem aktiven Aspekt dieses Verbums (abstrakte Struktur). Freilich haben die abstrakten Substantive, die Handlungen, Vorgänge oder Zustände ausdrücken, eine enge semantische Verbindimg zu den entsprechenden Verben. Aber dürfen wir das Verb der prädikativen Modi als Tiefenstruktur der von ihnen abgeleiteten abstrakten Substantive betrachten? (Im Falle des Rumänischen z.B. die subtantivierten Infinitive?) Ich möchte dies entschieden verneinen! Das prädikative Verb und das abstrakte Substantiv haben unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen. Aber weder der traditionellen Grammatik, noch der strukturellen vor Chomsky, noch Chomsky selbst ist es gelungen, diese Funktionen aufzuzeigen. Ich habe in meinem Aufsatz Gramatica si logica, 11S, behauptet, daß diese Unterschiede logischer Art sind: Substantive wie Zerstörung sind, allein oder mit Bestimmungen, genau wie die anderen Substantive, Ausdruck eines Begriffes; die prädikativen Verben sind, allein oder mit Bestimmungen, Ausdruck für die inhaltlichen Elemente 14
Ich will genauer sein und Folgendes sagen: «zwischen der logischen Struktur und der des inhaltlichen Teils (des semantischen Teils) der Sprache». Denn E . COSERIU hat recht, wenn er in seinem Aufsatz Logique du langue et logique de la grammaire (in: Recherches linguistiques, II [ = Modeies logiques et niveaux d'analyse linguistique], Paris [1976], S. 15-33) behauptet, daß die logische Realität eines ist, die linguistische Realitat etwas anderes und daß sie nicht gleichgesetzt werden können. Wir können aber nicht so weit gehen und behaupten, wie es COSERIU tut, daß sie klar geschiedene Wirklichkeiten sind: der Satz ist nicht identisch mit dem Urteil, aber das Urteil ist im Satz enthalten. Mir scheint also, daß COSERIU nicht recht hat, wenn er (S. 24-25, 29-30) die Beziehung zwischen logischer und linguistischer Analyse aufhebt. Sicherlich, die logische Analyse zieht auch die Analyse dessen in Betracht, was in der Sprache Ausdruck ist, und nicht nur, was Inhalt ist; aber die logische Analyse ist auch für die Sprache gültig, wenn wir auch jenen Teil in Betracht ziehen, der sich aus Zeichen zusammensetzt. 15 Analele §tiinttfice ale UniversitäfU din Timi§oara, Seria $tiin(e filologice, I, 1963.
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des Begriffes. Wenn wir sagen: Goethes Geburtshaus wurde durch einen Bombenangriff teilweise zerstört, drücken die Syntagmen in dem Goethe geboren wurde und wurde durch einen Bombenangriff (während des zweiten Weltkrieges) teilweise zerstört inhaltliche Elemente des Begriffes [Goethes Geburtshaus] aus (das erste Syntagma bringt sogar das Grundmerkmal des Hauses zum Ausdruck). Aber Substantive wie Geburt, Zerstörung oder Syntagmen wie Goethes Geburt, die (teilweise) Zerstörung von Goethes Haus haben diese Elemente zum Rang eines Grundphänomens erhoben, über das wir, im Rang eines Subjekts, folglich im Rang eines Begriffes sprechen. Diese äußerst einfache Analyse löst ein jahrtausendealtes Problem. Aber Chomsky, der sich darauf versteift hat, die Sprache durch das Denken zu erklären, ist nicht darauf gestoßen. Deshalb konnte er nicht begreifen, daß eine der beiden sprachlichen Gegebenheiten nicht die Tiefenstruktur der anderen ist, daß ihre Beziehung zueinander die des inhaltlichen Elements eines Begriffes zu dem Begriff selbst ist. Aber dürfen wir den Ausdruck, der ein inhaltliches Element eines Begriffes wiedergibt oder sogar dieses Element selbst als 'Tiefenstruktur' bezeichnen und als 'Oberflächenstruktur' den Ausdruck, der den Begriff selbst wiedergibt? Ich glaube nicht. Das sind zwei ganz verschiedene Funktionen der Oberflächenelemente der Sprache. Dagegen besteht die Tiefenstruktur aus dem Denken, aus den zum Ausdruck gebrachten Denkelementen. Wir folgern, daß Chomsky, der glaubte, die Sprache logisch erklärt zu haben, indem er das Vorhandensein von Tiefenstruktur neben den linguistischen Oberflächen-Strukturen formulierte, die logische Erklärung der Sprache verfälschte. So ist die wirkliche logische Analyse der Sprache ihm fremd geblieben. Diese habe ich, ich erlaube mir, dies hier zu sagen, bereits 1948, dann 1963 und 1964 gegeben. 7. Das heißt aber nicht, daß wir die Unterscheidung zwischen einer Tiefen- und einer Oberflächenstruktur vollständig ablehnen. Wir haben schon weiter oben gesagt, daß das Denken die Tiefenwirklichkeit und die Rede (die äußere Seite der Rede, der Ausdruck) die Oberflächenwirklichkeit konstituieren und daß wir das Denken in der Tat auf der Ebene des Inhaltes erfassen. Dennoch reichen die Mittel, über die eine Sprache verfügt, nicht aus, um das Denken vollkommen auszudrücken, vielmehr weisen diese Mittel Lücken auf, die zu Zweideutigkeiten, zu Doppelsinnigkeiten führen. Andererseits können — im Gegensatz zu dem, was wir bisher gesagt haben — doch einige Unterschiede zwischen Denken und Rede festgestellt werden. Wir wollen nun diese beiden Kategorien analysieren. Chomsky meinte, die Tiefenstruktur sei niemals zweideutig, Zweideutigkeit trete nur in der Oberflächenstruktur auf. Ein Satz wie rumänisch Vine noaptea «Es kommt die Nacht» ist, unter bestimmten Bedingungen gesprochen, nicht zweideutig; wenn er aber im Hinblick auf einen Menschen oder ein Tier gesagt wird, die nachts irgendwohin kommen, be-
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deutet er: Er (sie, es) kommt während der Nacht (oder in der Nacht). Wenn der Satz in der Abenddämmerung gesprochen wird, bedeutet er: Es kommt die Nacht oder Die Nacht kommt. Die deutschen Entsprechungen des rumänischen Satzes sind nicht zweideutig; selbst wenn wir die Bedingungen, in denen wir sprechen, nicht kennen, bringen sie eine vollständige Information. Der rumänische Satz gibt eine unvollständige Information, die nur durch gewisse Voraussetzungen im Sprechen oder durch die Veränderung der Satzstruktur vervollständigt wird: Vine in timpul noptii oder El vine noaptea (in timpul noptii) «Er kommt nachts (während der Nacht, in der Nacht)». Oder: Se apropie noaptea «Die Nacht kommt», Incepe noaptea «Die Nacht beginnt», die im Rumänischen noch immer zweideutig bleiben, weil letztere Sätze auch die Bedeutungen «Er nähert sich nachts», «Er nähert sich dem Haus (der Stadt usw.) in der Nacht», «Er beginnt während der Nacht» haben können. Die Oberflächenstruktur unterscheidet sich also von der Tiefenstruktur, wenn es sich um etwas Miteinbegriffenes handelt, wenn eine Ellipse von Satzteilen vorliegt, so z. B., wenn eine Sprache nicht über eine linguistische Kategorie verfügt, wie etwa über den bestimmten oder sogar den unbestimmten Artikel. In diesem Fall ist die Tiefenstruktur ( = das Denken) reicher als die Oberflächenstruktur ( = die Rede), obwohl die Sprechsituation (einschließlich des Kontextes) die Ambiguität beseitigt. Gehen wir jetzt zum Aufzeigen der Unterschiede zwischen Sprache und Denken über, Unterschiede, aus denen wir folgern, daß sie dennoch zwei getrennte Ebenen konstituieren, nicht eine einzige, wie wir weiter oben behauptet haben. Es handelt sich um das, was die Generativisten Pronominalisierung genannt haben. In der Tat müssen wir uns vorstellen, daß die Pronomen, welcher Art auch immer, überhaupt die Substitute, also auch einige Adverbien wie jetzt, dann, hier, dort usw. nur in der Rede, nicht aber auch im Denken vorliegen. Folglich bleibt von Chomskys Unterscheidung zwischen einer Tiefenund einer Oberflächenstruktur etwas übrig, aber der Unterschied stimmt in diesem Fall mit der alten Unterscheidung zwischen Denken und Sprache überein, die weder von der älteren Logik noch von der älteren Sprachwissenschaft und auch nicht von der Erkenntnistheorie genügend vertieft worden war. Chomsky und seine Anhänger haben den Grundstock der von ihnen aufgedeckten Wahrheiten zu sehr verfälscht, indem sie diese mit solchen Auffassungen kombinierten, die überhaupt keine Entsprechungen in der Wirklichkeit aufweisen. Die Fehler sind zweifacher Art: einerseits die Gleichsetzung der Tiefenstruktur mit Tatsachen aus dem Bereich des Denkens, die es auch in der Oberflächenstruktur gibt, andererseits die Gleichsetzung der Tiefenstruktur mit den Realitäten, auf die sich der Mensch bezieht, wenn er spricht. Die traditionelle Grammatik, wie auch die strukturalistische, die ältere Logik wie auch die Erkenntnistheorie erweisen sich in dieser Hinsicht als weniger falsch als Chomsky meinte.
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2. DIE ERZEUGUNG DER REDE
8. Die Rede wird erzeugt durch das Hinzufügen von Wörtern oder minimalen Wortsyntagmen ( = minimalen lexikalischen Syntagmen = minimalen Wortfügungen) an ein Wort oder ein anderes minimales lexikalisches Syntagma, mit dem ein Satz begonnen wurde, bis er vollständig abgeschlossen ist. Das Wort ist gewöhnlich eine leicht zu unterscheidende Realität der Sprache und der Rede, entgegen der Ansicht derer, die glauben, ihm komme keine Realität zu. Sprache im Saussureschen Sinn, die Sprache des menschlichen Bewußtseins, besteht aus der Kenntnis der Wörter und ihrer Morphome (ihrer grammatikalischen Formen und ihrer Ableitungen), so daß die Rede im allgemeinen aus dem Zusammenfügen solcher Einheiten besteht. Die Analyse der Rede in Wörter ist nur dann eine Operation des Linguisten, wenn diesem ein Text in einer ihm unbekannten Sprache vorliegt oder in einer Sprache, deren literarische Tradition verlorengegangen ist (wie z.B. im Falle des Hethitischen, des Altpersischen usw.). Diese Analyse wird von jedem sprechenden Individuum vorgenommen, denn seine Rede ist das Ergebnis der von ihm aus Wörtern geschaffenen «Synthese», also durch Nebeneinanderstellen der Wörter. Aber der Sprecher stellt, wenn er spricht, nicht nur Wörter nebeneinander. Er stellt auch minimale Wortsyntagmen nebeneinander. Unter minimalen Wortsyntagmen (oder minimalen lexikalischen Syntagmen) verstehen wir jene Verbindungen von Wörtern, die einen individuellen oder allgemeinen Begriff ausdrücken, die durch die Widerspiegelung eines einzelnen Gegenstandes oder Lebewesens oder einer Klasse von Gegenständen oder Lebewesen im Bewußtsein entstanden sind. Die Gattungsnamen bringen allgemeine Begriffe zum Ausdruck; aber die Syntagmen, die mit einem Gattungsnamen beginnen, drücken in gewissen Fällen individuelle Begriffe aus, z.B. der Sohn meines Freundes, das Haus, in dem Goethe geboren wurde ( = Goethes Geburtshaus), das Haus der Eltern Goethes (= Goethes Elternhaus), der Sieger von Austerlitz, der Besiegte von Waterloo. Andere minimale Syntagmen, die mit einem Gattungsnamen beginnen, bezeichnen wiederum Kategorien von Gegenständen: z.B. rumänisch pälärie de paie «Strohhut», französisch chapeau de paille. Diese minimalen Syntagmen wollen wir als «primäre (minimale) Syntagmen» bezeichnen, die anderen als «sekundäre minimale Syntagmen». Unter sekundären minimalen lexikalischen Syntagmen verstehen wir alle anderen minimalen Wortverbindungen, die kleiner als ein Satz sind. Diesen Syntagmen zeichnen sich durch eine spezielle Situation aus. So haben wir, wenn wir sagen: ein großes Schiff, ein zerstörtes Schiff, ein mit Waren beladenes Schiff oder ein durch Winde zerstörtes Schiff keine primären minimalen lexikalischen Syntagmen, weil das beladene oder das zerstörte Schiff keine besondere Kategorie von Schiffen ist; dagegen stellen rumänisch un vas petrolier
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«ein Erdöltanker» oder rumänisch un vas comercial «ein Handelsschiff» primäre minimale lexikalische Syntagmen dar (deshalb werden sie auch in Sprachen wie dem Deutschen durch ein einziges und zwar zusammengesetztes Wort ausgedrückt: Erdöltanker, Handelsschiff, Erdölfeld, Erdölraffinerie). Dann gibt es auch primäre minimale lexikalische Syntagmen wie rumänisch munti de aur «goldene Berge» und selbst rumänisch de aur. Um so mehr müssen wir die Verbindungen als primäre minimale lexikalische Syntagmen betrachten, die aus einer Präposition + Substantiv oder Pronomen bestehen, wie rumänisch de aur «aus Gold» oder «golden». Wahrscheinlich sind dann auch die Verbindungen, die aus einer Konjunktion + theoretisches prädikatives Verb (Indikativ, Irrealis, Präsumptiv) oder dem Verb im Infinitiv bestehen. Dasselbe gilt für Verbindungen aus prädikativem und nicht-prädikativem Verb + Präposition ( + Substantiv oder Pronomen), wie rumänisch a trece prin «gehen durch», die auch synthetische Äquivalente haben (rumänisch a sträbate «durchschreiten, durchstreifen, durchwandern»; (a trece prin ist ein analytischer Ausdruck). Wahrscheinüch haben wir mit dieser Aufzählung nicht alle Kategorien von primären minimalen lexikalischen Syntagmen erschöpfend dargestellt. Aber wir wollen damit sagen, daß ein primäres lexikalisches Syntagma in seiner Ganzheit Subjekt, Attribut, direktes Objekt, indirektes Objekt und Adverbialbestimmung ist. Dies heißt nicht, daß nicht auch die sekundären lexikalischen Syntagmen in ihrer Ganzheit Subjekte, Attribute, direkte Objekte usw. sind. Unserer Meinung nach ist es also falsch, wenn man auf den Begriff «Wortsyntagma» verzichtet. Er muß aber anderes aufgefaßt werden als es die Strukturalisten bisher getan haben: das sprechende Individuum stellt, wenn es spricht, Wörter nebeneinander; wenn es aber in Wörtern spricht, so heißt dies nicht, daß es nicht ständig eine Wirklichkeit im Auge hat, über die es spricht. Wenn es aber über die vollkommen unterschiedlichen Einheiten der Wirklichkeit sprechen muß, kann es auf ein einziges Wort, wie im Fall der Eigennamen, zurückgreifen, aber um sich auf diese unterschiedlichen Einheiten zu beziehen, ebenso auf die Begriffe, die ihnen entsprechen, kann es auch auf die primären Wortsyntagmen zurückgreifen. Die primären Wortsyntagmen haben eine ont(olog)ische und logische Begründung und stellen engere Redeeinheiten dar als die einfachen Wortfügungen, die sekundären Syntagmen. Wir verstehen unter minimalen lexikalischen Syntagmen demnach die linearen Verbindungen, die sich aus mindestens zwei Wörtern zusammensetzen. Im Verlauf der bisherigen und weiteren Diskussion gelten die zusammengesetzten Verbalformen als ein einziges Wort. Maximale lexikalische Syntagmen sind die Sätze, auch die Abschnitte und die Kapitel einer wissenschaftlichen, philosophischen, literarischen Arbeit oder einer ähnlichen Arbeit in ihrer Gesamtheit, also das, was gewöhnlich Text heißt. Eine der Aufgaben des Linguisten besteht darin, festzulegen, welche Wörter oder primäre minimale lexikalische Syntagmen wir aneinanderreiii. —8
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hen können, um Texte, in erster Linie aber Sätze oder Satzgefüge, zu bilden. Andererseits müssen wir herausfinden, welche (formale und inhaltliche) Veränderungen die Wörter erfahren, wenn sie im Satz vorkommen, wie die minimalen Wortsyntagmen gebildet werden und welches die Gesetze der Topik der Wörter und der primären minimalen Syntagmen sind. Außerdem müssen wir die Gesetze der Satzfügung, der Satzfolge aufstellen und zeigen, wie sich die Sätze zu größeren Einheiten zu dem zusammenfügen, was wir — graphisch gesehen — einen Abschnitt nennen. A.
D I E REGELN ZUR BILDUNG VON SÄTZEN UND MINIMALEN
LEXIKALISCHEN
SYNTAGMEN.
9. Rie Rede besteht in der Bildung von Sätzen, die verschiedenartige Strukturen aufweisen, die sich aber auf einfachere Strukturen zurückführen lassen. So kennt das Rumänische Sätze vom Typ: 1. Substantivisches oder pronominales Subjekt + verbales Prädikat; 2. Substantivisches Subjekt + substantivisches oder pronominales Attribut im Genitiv + verbales Pradikat im Aktiv; 3. Substantivisches Subjekt + Substantivisches oder pronominales Attribüt + verbales Prädikat im Aktiv + direktes substantivisches oder pronominales Objekt; 4. Substantivisches Subjekt + verbales Prädikat im Aktiv + direktes substantivisches oder pronominales Objekt usw; oder 5. Substantivisches oder pronominales Subjekt + adjektivisches Attribut + verbales Prädikat im Aktiv; 6. Substantivisches Subjekt + adjektivisches Attribut + verbales Prädikat 4- direktes Objekt usw. Oder für das Deutsche gibt es folgende Muster: 1. Wie im Rumänischen, 2. Möglich ist auch der Typus: Artikel + substantivisches oder pronominales Attribut im Genitiv + substantivisches Subjekt + ... oder 5. und 6.: Artikel + adjektivisches Attribut 4- substantivisches Subjekt + ... usw. So beginnt ein bestimmter Satztypus mit einem Subjekt (Substantiv oder Pronomen), dem ein verbales Prädikat beigefügt wird; andere Typen beginnen mit einem Subjekt (Substantiv oder Pronomen), dem ein substantivisches oder adjektivisches Attribut im Genitiv beigefügt wird, wobei diese Konstruktion mit einem verbalen Prädikat weitergeht, dem ein direktes Objekt hinzugefügt wird usw. Auf diese Weise erstellt man eine Grammatik, die im Grunde der von K. PIKE gleicht 16 . Der traditionellen Grammatik kommt das große Verdienst zu, fast alle Kategorien (Typen) von Subjekten, Attributen, Prädikaten, Objekten und Adverbien (d.h. alle Typen von funktionalen Elementen und der Rede) untersucht zu haben, selbst wenn sie es nicht immer mit der nötigen Kompetenz getan h a t A b e r weil sie alle 16
Vgl. Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior, Haga, 1967. 17 Wir beziehen uns insbesondere auf die traditionelle Grammatik, die entweder nach den syntaktischen oder nach den morphologischen Kategorien erstellt wurde. Die nach syntaktischen Kategorien zusammengestellte traditionelle Syntax zeigt alle
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diese Kategorien von Satzelementen untersucht hat, ist sie generativ. Die traditionelle Grammatik jedoch, wie übrigens auch die strukturelle und die generativ-transformationelle, hat nicht all diese Satztypen, soweit sie sich aus der Verbindung von Typen funktional-syntaktischer Elemente bilden lassen, verzeichnet, noch die unzähligen anderen, die es noch gibt; sie hat nur eine kleinere oder größere Anzahl solcher Strukturen untersucht. Eine wirkliche Erforschung der Redeerzeugung muß alle diese Kategorien (Klassen) von Satzstrukturen aufstellen. Es werden die in einer Sprache und im Prinzip in allen Sprachen existierenden Typen von syntaktischen Strukturen aufgezeichnet und nummeriert (obwohl manche Linguisten wie I . I . M E S C A N I N O V 18, behaupten, daß einfachere Sprachen Nordostasiens nur einen Teil solcher Strukturen besitzen. Der sowjetische Gelehrte nahm an, daß einige Sprachen die Attribut* und Objektbeziehung nur durch prädikative Beziehungen ausdrücken können, so daß z.B. die Präpositionen prädikative Verben werden. «Es kam ein Mann mit einem Bart» wird «Es kam ein Mann» und «Jener Mann hatte einen Bar» usw. Es ist aber nicht möglich, alle möglichen Satztypen aufzuzeichnen, da diese Typen im Prinzip zahlenmäßig unbegrenzt sind, stets kann eine noch komplexere Struktur gebildet werden, die komplizierter ist als eine andere und zwar durch Hinzufügen eines oder mehrerer neuer Determinanten, von denen einige neue Urteile ausdrücken können (über die letzteren vgl. weiter unten, lo). Doch das Verständnis wird erschwert, wenn der Satz eine zu komplizierte Struktur bekommt, so daß die Sprecher, mit seltenen Ausnahmen, bewußt auf zu komplizierte, überhaupt auf sehr komplizierte Strukturen verzichten. So ist zwar die Anzahl der Satztypen sehr groß, insgesamt aber beschränkt. Die verschiedenen Kategorien syntaktischer Strukturen werden in erster Linie von der Struktur der Realität bestimmt, die sich im menschlichen Bewußtsein widerspiegelt, über die der Mensch sprechen muß.
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Arten von Subjekten, Prädikaten, Attributen, Objekten, Adverbialbestimmungen, Haupt- und Nebensätzen. Sie hat also genau die Ziele, die sich die generative Grammatik, die die Erzeugung der Rede studiert, setzen muß. Die traditionelle Grammatik stellt die Regeln nicht perfekt auf; z.B. sagt sie uns nicht, daß im Rumänischen die Genitivattribute manchmal mit dem vorangehenden Substantiv ein primäres minimales Syntagma bilden, daß dieses Attribut nur hinter einem Substantiv stehen kann, nicht auch hinter einem substantivischen Pronomen; sie zeigt z.B. nicht, daß im Rumänischen hinter einem Eigennamen kein adjektivisches Substantiv stehen kann, außer hinter Namen von Herrschern: Ioan Vodä cel cumplit «Johann der Schreckliohe», Bogdan cel orb «Bogdan der Blinde». Aber sie zeigt, daß ein Adjektiv, das mit stilistischem Wert im Rumänischen neben einem Eigennamen oder neben einem primären minimalen Syntagma (marele Napoleon «der große Napoleon», marele meu prietew «mein großer Freund» usw.) auftritt, vor dem Eigennamen und vor dem Syntagma steht; oder sie zeigt, daß man ein substantivisches Attribut im Genitiv bilden kann, nachdem man ein Subjekt laut einer der Regeln zur Bildung von Subjekten gebildet hat. Selbst wenn die traditionelle Syntax die sprachlichen Fakten nach morphologischen Kategorien untersucht, verzeichnet sie dieselben Erscheinungen. MESCANINOV, I. I. (1945), Cleny predlotenija i Casti rein. Moskva: 200-201.
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In der Realität außerhalb von uns stellen wir materielle (eventuell auch geistige oder nur geistige) Seiende (Existierende) fest, die als Gegenstände, Lebewesen, Stoffe usw. wahrgenommen werden. Diese weisen gewisse Eigenschaften und quantitative Aspekte auf; sie sind auf absolute Weise oder durch die Beziehung zu bestimmten umgebenden Ereignissen und Gegenständen oder Lebewesen an bestimmte Plätze oder an bestimmte Zeiten gebunden; manche Dinge und Lebewesen üben Einflüsse auf andere Realitäten aus oder sie stehen unter dem Einfluß anderer Realitäten, was zu ihrem Nutzen oder Schaden geschieht usw. In der uns umgebenden Wirklichkeit gibt es auch materielle Lebewesen, die nicht nur stoffliche, sondern auch biologische und geistige Eigenschaften aufweisen. Es ist demnach selbstverständlich daß das Wort, das einen Gegenstand oder ein Wesen bezeichnet, mit anderen Wörtern in Verbindung steht, die andere Gegenstände oder Wesen bezeichnen; und diese Wörter bezeichnen andere Gegenstände oder Lebewesen, die Eigenschaften und die Handlungen sowie die Prozesse dieser Gegenstände und Lebewesen, oder die Umstände von Prozessen und Handlungen sowie die Ursachen und Folgen dieser Handlungen und Prozesse. Deshalb werden wir in der Rede solche Aneinanderreihungen von Wörtern und primären minimalen lexikalischen Syntagmen vorfinden; deshalb entstehen Sätze durch Aneinanderreihung von Wörtern und primären minimalen Syntagmen. Die Aneinanderreihung der Wörter und primären minimalen Syntagmen in der Rede ist der Reflex, mit Hilfe des Denkens Gegenstände und Wesen, Aspekte und Tätigkeiten aus der Wirklichkeit aneinanderzureihen. Weil es in der Wirklichkeit, von der wir sprechen, allerlei Beziehungen gibt, gibt es in der Rede Aneinanderfügungen von Wörtern und primären lexikalen Syntagmen. Die Substantive, Verben, Adjektive, Pronomina, Numeralien, Adverbien drücken substantielle (wesentliche) Kategorien der Wirklichkeit aus; die Aneinanderfügung dieser Wörter, ihrer Kasusformen, der Präpositionen und Konjunktionen drückt die Beziehungskategorien der Wirklichkeit aus. Es gibt eine Syntax der Gegenstände, der Tätigkeiten, der Prozesse und der Lebewesen der Wirklichkeit, wie auch ihrer Besonderheiten und ihrer Mengen; diese Syntax ist Untersuchungsgegenstand einer ontologischen Syntax, also der Theorie der ontologischen Beziehungskategorien. Sie widerspiegelt sich im Denken durch das Denken wiederum in der Rede und ergibt eine logische Syntax des Denkens und eine linguistische Syntax des Sprechens. Ein Satz kann mit einen substantivischen oder pronominalen Subjekt im Genitiv beginnen, dann sofort oder später mit einem verbalen Prädikat fortgesetzt werden, dem dann ein direktes Objekt folgt usw. Selbstverständlich bleibt die syntaktische Struktur dieselbe, wenn wir in einigen der angeführten Satzschemata das verbale Handlungsprädikat durch ein verbales Zustandsprädikat, durch ein Verb, das einen Prozeß ausdrückt oder durch ein nominales Prädikat ersetzen; in diesem Fall aber sind die Strukturen, die ein direktes Objekt enthalten, nicht mehr möglich: Er krankt an übergroßem
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Mißtrauen. Er liegt den ganzen Tag im Bett. Der Triebwagen, der kürzlich auf dieser Strecke eingesetzt -wurde, fährt gegen 12 Uhr. Er ist gescheit. Es ist also zu beobachten, daß die syntaktischen Strukturen semantische ( = inhaltliche) Hinweise enthalten, wie die des substantivischen oder pronominalen Subjekts (im Nominativ), des substantivischen oder pronominalen Adjektivs im Genitiv, des verbalen Prädikats im Aktiv, des verbalen Zustandsprädikats oder Verlaufs des nominalen Prädikats. Syntax ist nicht im Leeren möglich, sondern sie variiert je nach der semantischen Natur der aneinandergefügten semantischen Elemente, während die semantische Natur dieser Elemente durch die Natur der Realitäten bestimmt wird, die sich in unserem Bewußtsein widerspiegelt: Tätigkeiten (ich trinke, ich schlage), Zustände (ich werde krank, ich stehe), Prozesse ( = Veränderungen) (ich altere), wiederholte ( = gewöhnliche) Handlungen (Gewohnheiten.) (ich trinke = ich bin Trinker), Gegenstände, Merkmale, soziale Funktionen (ich bin Professor) usw. Natürlich muß eine von all diesen Kategorien von Strukturelementen — und zwar das Prädikat, sei es verbal oder nominal — unbedingt im Satz Platz finden, um diesem den Charakter der Vollständigkeit zu verleihen. Sicherlich, es gibt Substantive, die, durch Präpositionen verbunden, Attribute des Subjekts bilden: Artikel + (Komplement:) mit + Substantiv + adjektivisches Attribut + Substantiv im Nominativ (Ein mit Waren beladenes Schiff). In diesen Fällen werden die Schemata in gewissem Maße durch die Präposition mit konkretisiert. Aber so, wie es möglich ist, auch mit anderen Präpositionen durch, von usw. Attribute zu bilden (Ein durch den Wind zerstörtes Schiff), können wir auch vollkommen abstrakte Schemata formulieren wie: Artikel + Präposition + Substantiv + adjektivisches Attribut + Substantiv im Nominativ + ... Selbstverständlich ergibt sich dieselbe Situation f ü r die aus Konjunktionen und prädikativen Verben oder aus Verben + Präpositionen oder aus Verben + Präposition + Substantiv oder Pronomen zusammengestellten Syntagmen. Vgl. auch rumänisch munti de aur «goldene Berge», lat. montes auri oder rumänisch casä de aur «goldenes Haus», «Haus aus Gold», lat. domus aurea-, diese Beispiele zeigen uns, daß die minimalen lexikalischen Syntagmen, die aus einer Präposition + Substantiv gebildet werden, in anderen Sprachen Wörter oder Kasusformen eines Substantivs sein können. Neue syntaktische Schemata entstehen also auch durch das Vorhandensein von Präpositionen und Konjunktionen in der Sprache. Aber in den Sprachen, in denen die Präpositionen an das Ende des Substantivs angefügt werden, bekommen diese Schemata einen rein morphologischen Charakter (siehe weiter unten, B. 14), obwohl sie semantisch gesehen einen syntaktischen Charakter bewahren. 10. Selbstverständlich verändern sich die Strukturen, von denen wir sprachen, noch mehr, wenn zu dem Substantiv oder Pronomen, das Subjekt, Attribut, Prädikat, Objekt oder Adverbiale ist, ein (relativer) Attri-
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butsatz hinzutritt; dann entsteht ein neuer Redetypus (ein neuer Satztypus, der zusammengesetzte, der eigentlich ebenfalls ein Satz ist): nämlich der, in dem das genitivische oder adjektivische Attribut durch einen sogenannten Relativsatz ersetzt wird, der entweder bestimmend oder erläuternd ist; es entsteht eine verschiedenartige Struktur, je nachdem, ob der Attributsatz bestimmend oder erläuternd ist. Wir verzichten auf die Behandlung weiterer Satztypen, weil sie leicht zu verstehen sind. Ich möchte bloß sagen, daß nicht nur die sogenannte Subordinierung, sondern auch die sogenannte Koordinierung neue Satztypen ergibt. 11. Ich habe weiter oben (9) gesagt, daß dann, wenn man spricht, (wenn einzelne Sätze oder Aneinanderreihungen von Sätzen entstehen), nicht nur Wörter nebeneinander gestellt werden, sondern auch Wortverbindungen, sogenannte Syntagmen (eigentlich primäre lexikalische Syntagmen). Freilich ist es schwer, zwischen Wort und primärem (lexikalischen) Wortsyntagma zu unterscheiden, obwohl die Romanisten schon seit etwa 1900 von Wortgruppe, groupe de mots sprechen. Eine Reihe von Linguisten, vor allem Strukturalisten und sowjetische Sprachwissenschaftler sprachen Jahrzehnte lang von Wortverbindungen (slovosoöetanie). Wie schon gezeigt (8), sind wir der Ansicht, daß auch die Wortsyntägmen als Redeeinheiten zu betrachten sind; sie sind größer als das Wort und können sich, wie schon gesagt (ibid.), bis zu dem ausdehnen, was man gewöhnlich Text nennt. Und wir glauben, von solchen lexikalischen Einheiten der Rede sprechen zu können, weil die einheitlichen Klassen von Gegenständen und Wesen, die im Falle irgendeiner Kategorie von Gegenständen und Lebewesen unterschieden werden, durch einige ihrer Merkmale ihrerseits auch zur Entstehung von Begriffen im menschlichen Bewußtsein führen. Solche Begriffe werden durch Wortsyntagmen ausgedrückt. So z.B. frz. chapeau de paille, rumänisch pälärie de paie «Strohhut», frz. feu de paille, rumänisch foc de paie «Strohfeuer», d.h. «flüchtiges und oberflächliches Gefühl oder flüchtige und oberflächliche Begeisterung», rumänisch om de paie «Mann ohne festen Willen», eigentlich «Strohmann», om de nimic «Nichtsnutz». Sprachen wie das Deutsche verwenden in solchen Fällen zusammengesetzte Wörter: Strohhut, Sprachlaut, Sprechlaut. Wir können behaupten, daß Sprachen wie das Deutsche in einem solchen Fall zu einem einzigen Wort (aber einem zusammengesetzten) greifen, «weil» es sich gerade um solche Kategorien von Gegenständen und Wesen handelt, die durch ihre Natur im Vergleich zu anderen charakterisiert werden, die denselben Zweck haben. Sicher, das Deutsche verwendet Zusammensetzungen auch dort, wo in anderen Sprachen eines der zusammengesetzten Wörter durch ein Suffix vertreten ist: Schuhmacher, rumänisch cizmar, wo -ar die Rolle von -macher hat. Wir können sogar annehmen, daß das deutsche Wort selbst ein Wortsyntagma ist (in dem von F. DE S A U S S U R E 19 dem Wort Syntagma gegebenen Sinn; 19
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Cours de linguistique gendrale:
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f ü r ihn ist auch das frz. relire ein Syntagma), und zwar, weil es aus zwei Elementen besteht, die jedes einen Sinn haben, als auch, weil es eine Verbindung aus zwei Wörtern ist (während das frz. relire keine solche Verbindung darstellt, denn re- tritt nicht als selbständiges Wort auf). Selbstverständlich ist auch das engl, speech sound ein primäres Wortsyntagma in dem Sinne wie dt. Sprachlauf, die Tatsache, daß die Engländer die beiden Elemente des Syntagmas getrennt schreiben, darf uns nicht irreführen; in Wirklichkeit haben wir es mit einer Wortzusammensetzung zu tun, die aber so geschrieben wird, als wären es zwei Wörter. Diese Redeeinheiten, die Syntagmen, haben ihre eigenen Bildungsregeln, die untersucht werden müssen. Wir irren wohl nicht, wenn wir behaupten, daß es im allgemeinen in den Sprachen des Erdballs dieselben Regeln sind, die der Nebeneinanderstellung der Wörter zur Bildung von Sätzen dienen. Selbstverständlich, wie auch aus einigen der dargestellten Tatsachen hervorgeht, verzichten Sprachen, die Wortzusammensetzungen haben (und dazu gehört auch das Englische, wie wir sahen), in bestimmten Fällen, und zwar wenn sich das Problem der Bildung primärer lexikalischer Syntagmen stellt, auf Syntagmen aus getrennten Wörtern, um Wortzusammensetzungen zu bilden. Auch dies sind Regeln zur Bildung minimaler Wortsyntagmen. Wie wir in 8 sahen, können wir alle Verbindungen aus einer Präposition und einem Substantiv, Pronomen, Adverb oder Infinitiv, sowie alle Verbindungen aus einer Konjunktion und einem prädikativen Verb oder Infinitiv als Wortsyntagmen betrachten. Freilich haben wir, außer den Wortsyntagmen, noch phonetische Syntagmen (die linguistischen Zeichen sind solche phonetische Syntagmen) und solche, die aus Wurzeln + Morphomen bestehen. 12. Zu den Regeln der Aneinanderreihung von Wörtern oder primären Wortsyntagmen gehören einige sehr wichtige, die sich mit der Wortfolge in den primären lexikalischen Syntagmen oder mit der Wortfolge der primären Syntagmen im Satz beschäftigen. Diesen Regeln kommt aus dem Grund eine besondere Bedeutung im Satzbau zu, weil sie in die Zusammensetzungs-Operation der Wörter und primären Syntagmen einbezogen sind. Dies bedeutet, daß sie der ordnende Faktor der satzbildenden Elemente sind. Es gibt auch Sätze, die nach den Schemata aus 9 konstruiert werden. Es gibt aber auch Sätze, die nach anderen Schemata gebaut werden, in denen die Topik der Bestandteile eine andere ist: Es gibt Herbsttage, die wie ein Wunder sind. Als ich gestern nach Hause kam, fand ich dann alte Bekannte usw. Wir müssen uns die Frage stellen, warum sich in diesen Beispielen die Reihenfolge der Komponenten im Vergleich so vieler Sätze des folgenden Typus verändert: Die Entwicklung zu einer deutschen nationalen Schriftsprache und Literatur war um 1800 zu einem relativen Abschluß gekommen. Die neuhochdeutsche Literatursprache ist das Produkt eines langwierigen historischen Prozesses. Die
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bisherige Sprachwissenschaft hat sich im allgemeinen nicht mit solchen Fragen beschäftigt, deren Studium aber sofort in Angriff genommen werden muß. Die Gesetze der Verbindung jener Elemente, von denen in 9 die Rede war, müssen festgelegt werden, indem auch die Topik dieser Elemente berücksichtigt wird: es werden zuerst jene Elemente bestimmt, mit denen ein Satz beginnt (beginnen kann), dann die Regeln der Hinzufügung anderer Elemente unter Bestimmung ihres Platzes im Satz. Diese Gesetze sind von einer Sprache zur anderen verschieden, aber es können einige Typen festgesetzt werden. Es ist ein sehr kompliziertes Problem, denn neben einer allgemein-universellen Topik der Redeelemente gibt es auch eine jeweils f ü r die einzelnen Sprachen charakteristische Topik.
B.
D I E REGELN ZUR VERWIRKLICHUNG DER SYNTAKTISCHEN SATZSTRUKTUREN.
13. Die weiter oben, unter A, behandelten Struktur- und Satzkategorien führen zur Bildung einer großen Anzahl von besonderen Strukturen, aber vor allem aufgrund der Tatsache, daß das lexikalische Element, das eine syntaktische Funktion erhält, mehrere Formen oder Morpheme hat; so kann das Subjekt-Substantiv den bestimmten oder den unbestimmten Artikel haben, es kann im Singular oder Plural stehen, oder, wie in einigen Sprachen, auch im Dual; das Subjekt-Pronomen kann in der 1., 2. oder 3. Person Singular oder Plural stehen, ebenso kann das prädikative Verb im Indikativ im Präsens auftreten, in einer temporal-aspektuellen Vergangenheitsform oder in der Zukunft; es kann eine der drei Personen im Singular oder Plural aufweisen, eventuell auch den Dual usw.; es folgt das prädikative Verb, das im Indikativ oder Irrealis, im Konjunktiv oder Imperativ stehen kann. Dadurch wird die Anzahl der syntaktischen Redeschemata um ein Zehnfaches, gewöhnlinch um das Hundertfache vergrößert. Diese Anzahl, wie schon in 9 gezeigt, ist nur in der Theorie unbegrenzt, tatsächlich ist sie sehr groß, aber begrenzt. Schließlich findet auch die «Auffüllung» dieser Schemata mit den Wörtern der Sprache statt, um die Rede selbst zu verwirklichen. Hierher gehören die Verwendungsregeln der Wörter in der ihren eigenen Bedeutung (Denotation) und die Verwendungs-Regeln der Wörter mit gefühlsbedingter, poetischer, künstlerischer, stilistischer Bedeutung (Konnotation), auf die wir nicht weiter eingehen wollen. Es muß gesagt werden, daß sich dieselben Fragen der eigentlichen und der affektgeladenen, künstlerischen, stilistischen Bedeutung auch im Falle der Morpheme, Präpositionem, Konjunktionen, ja sogar im Fall der syntaktischen Strukturen ergeben. Vom Standpunkt des abstrakten oder konkreten Charakters der Redestruktur her lassen sich also drei Schemata oder Stufen unterscheiden: das r e i n s y n t a k t i s c h e S c h e m a o d e r d i e r e i n s y n t a k t i s c h e S t u f e (auf der, wie wir in 9 gesehen haben, auch Elemente der Redeteile auftreten), die wir auch a b s t r a k t e s S c h e m a nennen können; das morpholo-
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gisch verwirklichte Schema, das man als konkretes oder als m o r p h o l o g i s c h - s y n t a k t i s c h bestimmtes Schema bezeichnen kann, und die Rede selbst, die kein Schema mehr ist, sondern nur eine Stufe, die Realität selbst; aber wenn wir diese auch als Schema betrachten wollen, können wir sie als e i g e n t l i c h k o n k r e t e s S c h e m a bezeichnen. Das erste Schema ist Untersuchungsgegenstand der Syntax und der Morphologie, soweit letztere sich mit der Klassifizierung der Wörter befaßt; die morphologischen Vervielfältigungen der Schemata sind Untersuchungsgegenstand der Morphologie, das eigentlich konkrete Schema ist Untersuchungsgegenstand der Lexikologie. Selbstverständlich können diese drei Stufen des Abstraktheits- oder Konkretheitsgrades der syntaktischen Strukturen nur in der Idee unterschieden werden, nicht auch in der Wirklichkeit. Die Rede wird nicht realisiert, indem sie die drei Stufen durchschreitet, sondern sie schließt die drei Stufen gleichzeitig ein. Durch die hier besprochene Vervielfältigung werden in die syntaktischen Schemata auch alogische Tatsachen eingeführt, also solche, die für bestimmte Sprachen charakteristisch sind; denn nicht alle morphologischen Kategorien können logisch erklärt werden; einige von ihnen sind das Ergebnis einer primitiven Denkart oder einer linguistischen Entwicklung, die ihnen einen arbiträren Charakter verleiht. Durch die hier besprochene Vervielfältigung der syntaktischen Schemata, wie auch durch die Vervielfältigung dieser sich durch ihre «Füllung» mit Wörtern ergebenden Schemata, gelangen wir nicht zu einer unbegrenzten Anzahl von Sätzen, da die Anzahl der grammatischen Formen nicht unbegrenzt ist; sie zählt nach Hunderten, die Zahl der Wörter einer Sprache ist nicht unendlich, sondern höchstens sehr groß: sie beträgt einige zehntausende, höchstens aber hundert- bis zweihunderttausend.
C.
DIE WILLKÜRLICHEN SYNTAKTISCHEN REGELN.
14. Was wir weiter oben in Abschnitt II, A und II, B untersucht haben, sind die Regeln, die sowohl durch die Struktur der Welt selbst, die sich im Bewußtsein der verschiedenen Völker widerspiegelt, als auch durch die Struktur des Denkens bedingt werden; diese Struktur des Denkens wird sowohl durch die Struktur der Welt, wie sie sich im menschlichen Bewußtsein widerspiegelt, als auch durch bestimmte soziale und völkerpsychologische Besonderheiten bestimmt, denn die Ordnung der Wörter sowie die der primären lexikalischen Syntagmen hängt, wie mehrfach bemerkt wurde, auch von der Volkspsychologie ab. Deshalb können nur die von uns an den genannten Stellen behandelten Regeln als den sprechenden Individuen angeborene Regeln betrachtet werden; doch biologisch angeboren sind nur jene Regeln, die sich aus der Psyche und dem Charakter eines Volkes erklären; die anderen erklären sich durch das Erkenntnisvermögen des menschlichen Geistes. Diese Fähigkeit setzt das
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Erkennen der Einheiten und Kategorien der Seienden (Existierenden) und der Stoffe (Luft, Wasser, Gold usw.) durch das sprechende Individuum voraus, ebenso das Erkennen der Eigenschaften, der Beziehungen und der Ereignisse der Seienden (Existierenden). Außer diesen Regeln gibt es noch andere, die als Folge des Funktionierens und der Entwicklung der Sprache im Laufe der Zeit entstehen und ganz einfach arbiträr, also rein sprachlich und f ü r diese oder jene Sprache charakteristisch sind. So hat — um nur einige Beispiele anzuführen — die lateinische und westromanische Regel der Zeitenfolge im Lateinischen und in den westromanischen Sprachen keine logische Begründung (wahrscheinlich hatte sie zu Beginn ihrer Fixierung im Lateinischen eine gehabt; nachher war sie nur eine vererbte Regel, die beim Erlernen der Sprache von den Eltern auf die Kinder, von der älteren Generation auf die jüngere übertragen wurde). Ebenso verhält es sich mit den syntaktischen Regeln der Bildung der aus Präpositionen und Substantiven oder Pronomina bestehenden Attributen und Objekten, wenn eine Präposition nur einen oder nur einige Kasus fordert; dasselbe gilt f ü r die syntaktischen Regeln zur Bildung sogenannter Nebensätze, wenn das Verb den einen oder den anderen Modus, je nach der verwendeten Konjunktion, aufweist. Diese Regeln ergeben sich zugleich aus der Vervielfältigung (vgl. II, B, 13) der abstrakten syntaktischen Schemata dank des morphologischen Systems der Sprache.
D.
REGELN
DER PHONETISCHEN
REALISIERUNG
DER REDE.
15. Nachdem das semantische (morphologisch-syntaktische und lexikalische) Schema der Rede psychische Realität angenommen hat, müssen auch die Wörter durch die bei ihrem Aussprechen einsetzende Tätigkeit der Sprechorgane phonetische Realität annehmen. Die Vorstellungen von den Lauten und Lautsequenzen werden zu akustischen Bewegungsbildern, diese wiederum zu Äußerungen, welche Luftschwingungen hervorrufen. In diesem Prozeß interessiert uns nur die Vorstellung, die der Sprecher auf Grund seiner Rede und der Rede der anderen Individuen der Sprachgemeinschaft von jedem Laut hat. Der Vorgang, von dem hier die Rede ist, bildet den Gegenstand einer phonetischen Wissenschaft, die sich nur mit der Vorstellung und der Wahrnehmung der Laute beschäftigt, sie ist die eigentliche funktionelle Phonetik der Sprache, denn jeder einzelne Redelaut ( = Phonem), den das menschliche Bewußtsein unterscheidet, hat eine linguistische Funktion. Eine solche Phonetik wird mit Hilfe der Wahrnehmung (Perzeption) und der Introspektion durchgeführt. Die beiden sind die einzigen Methoden zur Feststellung der minimalen phonetischen Einheiten. Ich habe die Schaffung einer solchen Wissenschaft in meiner Arbeit Constituirea unei fonetici care sä nu fie fiziologie si acusticä (Konstituierung einer Phonetik, die weder Physiologie noch Akustik seiJ20 gefor20
Buletinul
Institutului
de Filologie
romänä
«Alexandru
Philippide»,
V, 1938:55-139.
Die Erzeugung der Rede
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dert; sie ist nach 1950 teilweise von R. Jakobson und M. Halle geschaffen worden. Selbstverständlich stellt auch die Lautphysiologie, die die Bewegungen der Sprechorgane untersucht, welche bei der Erzeugung der Sprachlaute nötig sind, die also die für jedes Wort charakteristischen Lautabschnitte untersucht, ein Studium der phonetischen Realisierung der Rede dar. Und selbstverständlich hat das Studium der Luftschwingungen die Erzeugung der Rede zum Gegenstand ihrer Untersuchung. Wenn die Dinge so liegen, dann erscheint die sogenannte generative Phonologie als eine überflüssige Wissenschaft oder als ein Teil der diachronischen Sprachwissenschaft.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
16. Die Schlußfolgerungen aus unseren Feststellungen und Erläuterungen sind leicht zu ziehen: die Regeln, die die Rede generieren, sind ganz andere als jene, die sich die zeitgenössischen Generativisten vorstellen. Trotz aller ihrer Beiträge — einige davon sind von äußerst großer Bedeutung — haben die Vertreter der generativ-transformationellen Sprachwissenschaft, sicherlich ohne dies zu wollen, die Realitäten verfälscht, indem sie sich Prozesse vorstellten, die nur in ihrem Denken oder auf dem Papier stattfinden. Die Verfälschung beruht auf einem zu großen Vertrauen in ihre eigenen intellektuellen Kräfte und auf einer übertriebenen Theoretisierung, aber höchstwahrscheinlich auch auf dem Bestreben, in der Linguistik um jeden Preis Neuerungen einzuführen. Dieses Bestreben ist zu verurteilen, da es uns von der Wahrheit entfernt. Die Linguistik, wie auch jede andere Wissenschaft, bedarf keiner Revolutionen, denn dies würde bedeuten, daß der menschliche Verstand nicht in der Lage ist, die von den von einzelnen Wissenschaften aufgeworfenen Fragen zu lösen, es sei denn durch Revolutionen. Doch das 20. Jahrhundert hat zu viele Revolutionen in der Sprachwissenschaft erlebt, und wenn wir uns in der Wissenschaft ständig um 180 Grad oder auch nur um 90 Grad drehen, erreichen wir nichts anderes, als daß wir uns um die Probleme selbst drehen oder alte Theorien wieder aufnehmen. Die Wissenschaft braucht die Anerkennung der schon aufgedeckten Wahrheiten sowie deren Verbesserung, insofern diese Verbesserung durch die Fakten selbst erforderlich wird. Die Wissenschaft muß also Neuerungen bringen, aber innerhalb der Grenzen der Wahrheit; sie muß erneuern, indem sie die Kontinuität der Ideen, die Verbindung mit den vorhergehenden Phasen bewahrt. Der zeitgenössische Generativismus gibt eine Kontinuität in der Linguistik zu und nimmt manche ältere Theorie wieder auf; aber er tut es in zu beschränktem Maße, außerdem sind es zum Teil falsche Theorien, die er wiederaufnimmt. Er verwirft eine jahrtausendealte sprachwissenschaftliche (genauer: grammatische) Tradition als unnütz. Das kann zu nichts Gutem führen, denn eine Wissenschaft wie die Sprachbetrachtung (insbesondere
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Gheorghe Ivänescu
die Grammatik), die zwei Jahrtausende lang mit Erfolg ausgeübt wurde, kann nicht falsch, sondern höchstens unvollständig sein. Daß in der Linguistik ständig Neuerungen nötig sind, beweist, so glaube ich, auch die vorliegende Arbeit. Jedoch untergraben die von mir gebrachten Neuerungen nicht, sondern sie festigen das, was bisher seit Jahrtausenden in der Linguistik getan wurde. Die Sprachwissenschaft muß aufhören, Schauplatz für allerlei Phantasien zu sein. Die Sprachwissenschaftler sollten weniger nach Neuerungen, nach Umwälzungen streben, als sich vielmehr dem Gegenstand, der Wirklichkeit unterwerfen und in ihre Auffassungen alle Leistungen der Vergangenheit miteinbeziehen. Nach 5-6 Jahrzehnten sprachwissenschaftlichen — zum Großteil übertriebenen — Strukturalismus und falschen sprachwissenschaftlichen Marxismus wie der von N. I. Marr, nach 2-3 Jahrzehnten fiktionsreichen transformationalistischen Generativismus muß die Linguistik auf alle intellektuellen Exhibitionen verzichten und eine Wissenschaft werden, die nur im Rahmen der Beobachtung, des Experimentes, der Vernunft und des guten Menschenverstandes praktiziert wird. Das scheint mir die Aufgabe der Linguistik in den letzten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts zu sein. Und ich möchte betonen, daß mein alter Freund Eugenio Coseriu, zu dessen Ehrung der vorliegende Band erscheint, vom Anfang seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an bis heute einen bedeutenden Beitrag zur Säuberung des Strukturalismus und des transformationeilen Generativismus von seinen Fehlern geleistet hat und damit zu deren Verbesserung und Vervollständigung beigetragen hat, und dies, obwohl mein Freund im allgemeinen selbst zu den Strukturalisten und Generativisten zu rechnen ist. E. Coseriu ist der Begründer eines verbesserten Strukturalismus und einer eigenen generativen Auffassung, in der er alles, was ihm als Übertreibung und Verfälschung der Wahrheit erschien, beseitigt hat. Auch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wären ohne den Anstoß, den ich durch einige seiner Ideen erhielt, nicht möglich gewesen. Einige der Grundideen dieser Arbeit, deren Quellen ich nicht anführe, sind Coserius Ideen. Eine Verbesserung der Sprachkonzeption ist heute nur unter Berücksichtigung der Beiträge von E. Coseriu möglich. Die Sprachwissenschaft der folgenden Jahrzehnte wird viel von dem heute Gefeierten zu lernen haben.
Zum Prinzip des Historismus in der Sprachwissenschaft GEORGIJ KLIMOV (Moskau)
Für die breite Palette der Humanitärwissenschaften gilt die methodologische Bedeutung des Historismus als Forschungsprinzip zurecht als unumstritten. Durchaus begründet erscheint daher die Behauptung, daß alle wesentlichen gesellschaftlichen Erkenntnisse in der Entwicklung des gesamten Komplexes der Gesellschaftswissenschaften mit konsequent geschichtsbezogener Betrachtung des jeweiligen Objekts zusammenhängen. Mehr noch, der Anwendung dieses Prinzips hat die Gesamtheit von Gesellschaftswissenschaften ihren Werdegang zu verdanken. Ein beredtes Zeugnis dafür liefert u.a. die Geschichte der Sprachwissenschaft: für ihre Entwicklung zu einer modernen Wissenschaft gab der Evoluntionsgedanke den Ausschlag. Bevor der Historismus als Prinzip aber seine heutige Gestalt annehmen konnte, mußte in der Linguistik von ihm verständlicherweise ein langer und komplizierter Weg zurückgelegt werden. Die ersten Versuche, bei denen der Historismus recht wirklichkeitsfern ausgelegt wurde, bedürfen kaum eines Kommentars. Die Vertreter des linguistischen Naturalismus bedienten sich bekanntlich einer naiven Historismus-Interpretation: die Entwicklung bzw. das Wachstum wären nur mit der sogenannten prähistorischen Etappe vereinbar, als sich ihre Form eigentlich herausgebildet haben soll (demnach galt die nachfolgende historische Etappe als eine Epoche, in der die Form degradierte). Auch die junggrammatische Schule mit ihrer im Positivismus wurzelnden betont empirischen Sprachauffassung konnte die Beschränktheit ihres Historismus nicht überwinden. Die Junggrammatiker setzten sich, nach I. I. Meschtschaninow, «äußerst wirksam» für die Anerkennung des Historismus in den sprachwissenschaftlichen Forschungen ein. Sie waren sich zweifellos über den historischen Charakter ihres Objektes im klaren, vermochten aber das eigentliche Wesen der sprachlichen Entwicklung nicht deutlich herauszuarbeiten. Das äußerte sich darin, daß den Tatsachen der sogenannten äußeren Chronolo-
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Georgij Klimov
gie vor den Daten der inneren Chronologie Vorrang gegeben wurde, daß sie sich vorwiegend für die Ursprache als solche und nicht für sie als ein Mittel zur Deutung der Geschichte einer Gruppe von genetisch verwandten Sprachen interessierten (S. RUZICKA 1977). Auch wenn eine mit den Ideen der Gegenwart besser im Einklang stehende Historismus-Konzeption bereits von H. Paul formuliert wurde (PAUL 1920:20-22), mangelte es in den späteren Jahrzehnten nicht an Mißdeutungen des Historismus. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß auch F. de Saussure zwar den historischen Charakter der Sprache anerkannte, aber nicht einsehen konnte, wie die Sprachwissenschaft historisch sein kann (COSERIU 1958: 158), daß die diachronischen Forschungen mit den historischen mechanizistisch identifiziert wurden, daß noch vor kurzem die naive Uberzeugung geäußert wurde, daß eine synchronische Studie mit Historismus durchdrungen werden könne, indem sie mit diachronischen Streifzügen ergänzt werde. Erst seit dem Zeitpunkt, als dem Historismus in der Sprachwissenschaft die Aufgabe zugewiesen wurde, für eine mehr oder weniger adäquate Konzeption der Sprachentwicklung als Grundlage zu dienen, gewann dieses Prinzip seine der heutigen Zeit angemessene Gestalt. Bereits aus diesen vorausgeschickten und notwendigerweise fragmentarischen Überlegungen ist ersichtlich, daß die bedeutendsten Meilensteine im Werdegang der Sprachwissenschaft die Vervollkommung der geschichtsbezogenen Betrachtungsweise ihres Objekts deutlich markieren. Und wenn auch noch in unserer Zeit in manchen linguistischen Abhandlungen das hier erörterte Postulat angezweifelt wird, so läßt sich an solchen Fällen veranschaulichen, wie weit entfernt sie von der eigentlichen Sprachsubstanz stehen (es scheint unter anderem, daß der Gegensatz von historisch Veränderlichem und Unveränderlichem (Konstituierendem) durchaus einer rationellen Lösung zugeführt werden kann). Es steht außer Zweifel, daß man den Inhalt des Historismus als Prinzip in der Sprachwissenschaft nicht erfassen kann, ohne eine adäquate Vorstellung vom Wesen der Entwicklung generell und der Sprachentwicklung speziell zu besitzen. Wie die moderne Logik der Wissenschaft dazu ausführt, bedeutet das Prinzip des Historismus durchaus nicht, daß Sachverhalte einfach in ihrer chronologischen Reihenfolge dargelegt werden. Dieses Prinzip setzt voraus, daß in den Zusammenhängen zwischen Erscheinungen innere Gesetzmäßigkeiten aufgedeckt werden, nach denen die Entwicklung als solche vor sich geht. Unter dem Historismus wird hierbei folglich eine allgemeine Kontinuität der gesetzmäßig aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen verstanden, was nicht immer und in allen Enzelheiten mit der strengen chronologischen Reihenfolge einzelner Ereignisse übereinstimmt. Mit anderen Worten veranschaulicht dieser Fall, wie auch in der Geschichte des ganzen menschlichen Gedankenguts, daß im Interesse einer deutlicheren Herausarbeitung der wahren historischen Entwicklungslinie von der Chronologie zuweilen auch abgewichen werden muß (KEDROW 1961:7).
Zum Prinzip des Historismus in der Sprachwissenschaft
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Die Anwendung dieses Prinzips bringt auch in der Sprachwissenschaft bereits seit längerem ihre Früchte. So war es übrigens, als im Zusammenhang mit der Kritik an der sogenannten äußeren Chronologie der Ereignisse erstmalig nachgewiesen wurde, daß Fakten aus den heutigen schriftlosen Sprachen archaischere Zustände widerspiegeln können als Zeugnisse alter Schriftdenkmäler. Die Fähigkeit, einen Sprachzustand als eine gesetzmäßige Entwicklungsetappe zu betrachten, d.h. als ein Produkt des historischen Prozesses, gehört zu relativ neueren Erkenntnissen der Linguistik und hängt u.a. mit den bekannten Abhandlungen von E. Coseriu zusammen. Ein Wegbereiter dieser Erkenntnis war nicht zuletzt die russische linguistische Schule des 19. Jahrhunderts. Vom offensichtlichen Geist des Historismus sind beispielsweise Werke von A. A. Potebnja geprägt, der die Tatsache hervorhob, daß der syntaktische Aufbau der Sprache sich in Entwicklung befindet (z.B. in seinem Lehrsatz von der Notwendigkeit, den Satz bezogen auf verschiedene Etappen der Sprachentwicklung unterschiedlich zu definieren). Der gleiche Geist wohnt auch vielen Ideen von I. A. Baudouin de Courtenay inne, der bereits 1871 schrieb: Gewöhnliche Grammatica verschiedener Sprachen greifen lediglich einen bestimmten Moment in der Geschichte der Sprache heraus und versuchen ihren Zustand zu diesem Zeitpunkt festzuhalten. Doch wahrlich wissenschaftlich können sie nur sein, wenn dieser bestimmte Moment im Zusammenhang mit der ganzen Sprachentwicklung gesehen wird (BODUEN DE KURTENE 1963:69-70).
Der gleiche Gedanke wurde zu einem späteren Zeitpunkt von I. I. Meschtschaninow geäußert: Die synchronische Grammatik behandelt nur den Aufbau der Sprache als eines historisch herausgebildeten Ganzen, während die zweite, die diachronische, den historischen Prozeß der Sprachentwicklung bis zum heutigen Stand schildert. Für gewöhnlich wird lediglich die diachronische Grammatik als historisch bezeichnet, während dem Wesen nach beide Grammatika als historisch zu bezeichnen wären und zwar in dem Sinne, daß die eine nur eine historische Etappe in der Sprachentwicklung behandelt, während die andere alle historischen Etappen des Werdegangs der gleichen Sprache u n t e r s u c h t (MESCANINOW 1940:19).
Die historische Sprachauffassung verfügt in der zeitgenossischen Linguistik über ein so leistungsfähiges Instrument wie die Konzeption der Geschichtsbezogenheit der (im weiteren Sinne) grammatischen Kategorien, die in der Sprachwissenschaft bereits wiederholt formuliert wurde; so auch in der These von I. A. Baudouin de Courtenay «Es ist äußerst unangebracht, den Bau einer Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Kategorien einer vorhergegangenen oder nachfolgenden Zeit zu messen» (BODUEN DE KURTENE 1963:68). Diese Konzeption, die letzten Endes
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auf den empirischen Tatsachen der Linguistik beruhte, konnte auch außerhalb der Sprachwissenschaft bestätigt werden. So darf nicht übersehen werden, daß durch Forschungen im Bereich der Anthropogenese Stadien in der menschlichen Evolution ermittelt werden konnten, bei denen biologische Etappen mit Etappen des intelektuellen Fortschrittes in Korrelation stehen (GORELOW 1977:5). Die Paleoanthropologie förderte unmittelbare Zeugnisse davon zutage, daß die frühen Signalsysteme des homo sapiens eine gewisse untere Stufe (Vorstufe) zur Rede des Menschen der Gegenwart bilden. Wie sich aus den inhaltsbezogenen typologischen Forschungen ableiten läßt, kommt auf der abstrakten Entwicklungsskala auch den Sprachen recht unterschiedlicher Stellenwert zu, die auf der heutigen Sprachkarte der Welt zu sehen sind. Die Unterscheidung von synchronischer und diachronischer Betrachtungsweise ist natürlich nur bei einer Untersuchung von sich entwickelnden Systemen, d.h. von historischen Objekten sinnvoll. Doch dies bedeutet noch nicht, daß die Eigenschaft des Historismus einer jeden synchronischen bzw. diachronischen Betrachtung des Sprachmaterials immanent ist. Die notwendige Voraussetzung für den Historismus einer konkreten linguistischen Studie bildet die systembezogene Betrachtung des Materials. In diesem Zusammenhang sei auf den bekannten Leitsatz von E. Coseriu verwiesen, der historische Charakter der Sprache bedinge ihren Systemcharakter (COSERIU 1958:9), in dem die Vereinbarkeit des Historischen und des Logischen zum Ausdruck kommt. Die Mißachtung oder auch nur die Unterschätzung der Systembeziehungen unter den sprachlichen Erscheinungen können leicht in Antihistorismus der Forschung ausarten. Wird also die systembezogene Betrachtung konsequent durchgesetzt, ist auch eine synchronische Forschung mit dem Historismus vereinbar, ist dies nicht der Fall, kann auch eine diachronische Untersuchung antihistorisch w e r d e n (COSERIU 1958:159).
Ahistorische (zuweilen aber auch bewußt antihistorische) Tendenzen machen sich in der Sprachwissenschaft auch heute noch bemerkbar. Auf diese oder jene Weise treten sie in allen Fällen zum Vorschein, wo willkürlich oder unwillkürlich die, unseres Erachtens, grundlegende Tatsache der sprachlichen Entwicklung mißachtet wird, die eigentlich lediglich eine der Seiten des Fortschrittes des Menschen als Träger der Sprache darstellt. Hier muß die prinzipiell bedeutsame Frage von der gegenseitigen Abgrenzung zweier bisher oft durcheinandergebrachter Begriffe aufgeworfen werden, wie es die Begriffe «Veränderung» und «Entwicklung» sind. Wie unbefriedigend es um diese Frage steht, zeigen zahlreiche Abhandlungen, oft auch von angesehenen Sprachforschern, in denen diese zwei miteinander nicht identischen Begriffe bedingungslos gleichgesetzt werden (SOMMERFELT 1945-49;
SKALICKA 1967).
Bekannt sind sogar Fälle, wo diese Begriffsvermischung zum Anlaß für die Negierung des Historismus als Prinzip der Sprachwissenschaft-
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liehen Forschung genommen wurde. Im Meinungsstreit mit den Anhängern des letzteren führte N. S. Trubetzkoy aus: Der einzige Sinn, der in der Geschichte akzeptiert wird, ist der berüchtigte «Fortschritt», d.h. ein imaginärer Begriff voller inneren Widerspruchs, der folglich den «Sinn» zur «Sinnlosigkeit» degradiert. Vom Standpunkt der allgemeinen Historiker können f ü r die Sprachevolution nur solche «Gesetze» ermittelt werden; wie «der Zivilisationsprozeß zerstört die Zweizahl» (Meillet), — d.h. streng genommen Gesetze, die erstens sehr zweifelhaft und zweitens nicht rein linguistisch sind. Die sorgfältige Untersuchung der Sprache mit der Orientierimg auf die innere Logik ihrer Evolution lehrt uns dagegen, daß es eine solche Logik gibt und daß man eine ganze Reihe von rein linguistischen Gesetzen ermitteln kann, die von den extralinguistischen Faktoren wie «Zivilisation» und desgleichen unabhängig sind. Doch es versteht sich, daß diese Gesetze nicht auf «Fortschritt» oder «Rückschritt» schließen lassen und daher würden sie aus der Sicht der allgemeinen Historiker (und generell verschiedener Evolutionisten — wie Ethnologen, Zoologen u.a.) des «Hauptinhalts» der Evolutionsgesetze entbehren (JAKOBSON
1975:97).
Etwas weiter stellt sich allerdings heraus, daß der Begriff «Sprachevolution» vom Verfasser dem Begriff «Veränderung» direkt gleichgesetzt wird. Er betont, daß letzten Endes die Frage durchaus berechtigt ist, nicht nur warum eine Sprache, nachdem sie einen Weg gewählt hatte, sich so und nicht anders entwickelte, — sondern auch warum eine Sprache, die einem Volk gehört, gerade einen solchen und keinen anderen Entwicklungsweg wählte (beispielsweise die tschechische Beibehaltung der Quantität und die polnische Beibehaltung der Palatalisierung) (JAKOBSON 1975: 9 8 ) .
Es kann allerdings leicht festgestellt werden, daß es sich nicht bei jeder Veränderung der Sprache um eine Entwicklung handelt. Es sei allein daran erinnert, daß aus den sprachwissenschaftlichen Erfahrungen zahlreiche Beispiele für Veränderungen bekannt sind, die eigentlich nur auf die Ausfüllung von den sogenannten Leerstellen in einem sprachlichen Untersystem, auf einen Analogieausgleich und ähnliches hinauslaufen und die somit keinen sprachlichen Fortschritt darstellen (der Verfasser schließt sich der Ansicht an, daß es die inhaltliche Seite der Geschichte von sprachlichen Bauelementen ist, die das Wesen ihrer Entwicklung ausmacht). Sofern die These vom historischen Charakter der Sprache als einer gesellschaftlichen Erscheinung akzeptiert wird, müssen daraus mehrere Folgen abgeleitet werden, denen in der Sprachwissenschaft nicht immer Rechnung getragen wurde. Zu den allgemeinsten gehört die Berücksichtigung des Umstandes, daß bei jeder Art linguistischer Forschungen —den genetischen, typologischen oder arealen— der Sprachwissenschaftler es stets mit der Sprache als einem sich historisch entwickelnden Phänomen zu tun hat. ii. —9
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Die Sprachwissenschaft der Jahrhundertwende neigte dazu, den Historismus als Wesenszug vorwiegend der genetischen (vergleichend-historischen) Forschungen anzuerkennen. Doch mit der Herausbildung der Areallinguistik wurde auch ihr historisches Wesen durchaus offensichtlich: die Herausbildung von Sprachbündnissen rückte aus der Menge anderer Probleme der Areallinguistik schnell in den Vordergrund. In der zeitgenössischen Sprachwissenschaft wurde schließlich vieles dafür getan, die Vorurteile über den nichthistorischen Charakter von typologischen Studien abzubauen. So sind in der Sprachwissenschaft weltweit zahlreiche Versuche im Bereich der historisch-typologischen Forschungen bekannt (besonders beachtenswert sind in diesem Zusammenhang Abhandlungen sowjetischer Linguisten aus den 20iger-40iger Jahren). Doch damit erschöpft sich das Problem nicht: im Hinblick auf die zu erwartenden Ergebnisse der historisch-typologischen Studien und ihrer Bedeutung für die glottogonische Problematik kann bereits heute vermutet werden, daß es die typologischen Forschungen sein werden, die eine besondere Rolle f ü r die Lösung der grundlegenden Fragen der Sprachevolution spielen werden. Zugleich können mehrere Präzedenzfälle der nichthistorischen Sprachkonzeptionen innerhalb der modernen vergleichenden Sprachwissenschaft aufgezählt werden. So gefährdet die Mißachtung der historischen Perspektive unseres Erachtens die breite nostratische Hypothese, die Beziehungen der entfernten genetischen Verwandschaft zwischen den sechs Sprachfamilien der Alten Welt vermutet. Denn bereits die allgemeinsten Überlegungen chronologischer Art, vor allem aber die Berücksichtigung des Umstandes, daß nach neuesten Erkenntnissen der homo sapiens erst vor etwa 30.000 Jahren sich herausbildete (ALEXEEW 1978:12-13), lassen kaum genügend Zeit f ü r alle sprachlichen Filiationen, die erforderlich wären, um die heutige Vielfalt der vermuteten Fortsetzungen des allgemein nostratischen Zustandes zu ermöglichen (von der realen chronologischen Korrelation zwischen den Ursprachen einzelner der bei nostratischen Studien erfaßten Sprachfamilien zeugt die Tatsache, daß bereits im 3. Jahrtausend v.u.Z. einzelne indoeuropäische Sprachen der anatolischen Gruppe existierten und nicht etwa der gesamtanatolische oder erst recht der gesamtindoeuropäische Zustand. Im vorliegenden Beitrag konnten lediglich die allgemeinsten Gesichtspunkte des Problems Historismus in der sprachwissenschaftlichen Forschung angesprochen werden. Die notwendige Kürze bringt es mit sich, daß nicht f ü r alle Gedanken stichhaltige Argumente angeführt werden konnten. Das Anliegen dieses Beitrages wird vielmehr darin gesehen, die Probleme der allgemeinen Theorie der Sprachentwicklung ins Blickfeld zu rücken, denn die Tatsache, daß sie ungelöst bleiben, wirkt sich sowohl auf diachronische als auch auf synchronische Forschungen negativ aus.
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LITERATURVERZEICHNIS
ALEKSEEW, W. P. (1978), Paleoantropologija zemnogo ¿ara. Moskau. BODUEN DE KURTENE, I. A. (1963), Izbrannyje trudy po obiíemu jazykoznaniju. I. Moskau. COSERIU, E. (1958), Sincronía, diacronía e historia. El problema del cambio lingüístico. Montevideo. GORELOW, I. N. (1977), Problema funkcional'nogo bazisa re£i (Awtoref. dokt. diss.). Moskau. JAKOBSON, R. (1975), N. S. Trubetzkoy's letters and notes. The Hague, Paris. KEDROW, B. M. (1961), Klassifikacija nauk. I. Engel's i jego prediestwenniki. Moskau. MESCANINOW, I. I. (1940), ObSíee jazykoznanie. K Probleme stadial' nosti w razwitii slowa i prodloíenija. Leningrad. PAUL, H. (1920), Prinzipien der Sprachgeschichte. Halle. RUÍICKA, P. (1977), Historie und Historizität der Junggrammatiker. — Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-hist. Klasse. B. 119. H. 3. Berlin. SKALICKA, V. (1967), «Sprachtypologie und Sprachentwicklung». In: To honor Roman Jakobson. III. The Hague, Paris. SOMMERFELT, A. (1945-1949), «Le point de vue historique en linguistique». Acta Lingüistica. V.
Morphology in relation to other language levels JIÈL KRAMSKY (Prag)
Since the very beginnings of linguistics, language analysis has been made on different levels which have gradually developed into independent linguistic disciplines. Each language level (or «plan) has a certain basic unit which is in the centre of the linguistic analysis of the respective level. Thus the unit of the phonological level is the phoneme, the unit of the morphological level is the morpheme or word respectively, the unit of the syntactical level is the syntagm or sentence, the unit of the lexical level is the lexeme. However, there may be distinguished more language levels (e.g. the phonetic or phonic level, the utterance or supersyntactic level, the stylistic level, etc.), but the question of the number of language levels is not in the centre of our interest. We will focus our attention on the morphological level which appears, even at a cursory look, as the central axis of linguistic analysis as its units are the most common language formations, that is to say, morphemes and words. We will be concerned with the position of morphology in relation to the other language levels as this is of cardinal importance for the hierarchization of linguistic units. The relation between language levels is given by the mutual relation of linguistic units. Relatively most simple is the situation on the phonological level. Its unit is the phoneme as the smallest language unit capable of functional opposition against other units. We will not mention other definitions of the phoneme —there is a considerable number of them 1 — but for our considerations it is important to emphasize one basic characteristic of the phoneme, that is to say that the phoneme by itself possesses no meaning but is the realizer of meaning. Phonemes are capable of distinguishing meanings of higher language units but by themselves they do not distinguish meaning. By being a realizer of meaning the phoneme is 1
KRAMSKY, J. (1974), The Phoneme: Introduction Concept. Miinchen.
to the History and Theories of a
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Jifi Krdmsky
connected with morphology. The phonological level is only the realizer of the morphological level. Of all the language levels relatively the most independent, most stable and most clearly demarcated is the phonological level. However, as far as higher units of the morphological level, that means words and relations between words are concerned, there are cases when the phonological level interferes with the morphological or even the syntactic level, e.g. in Celtic languages. In Manx 2 , for example, words beginning with c have variants with the initial c, ch, g according to the influence of the preceding words. Thus e.g. carrey «friend» — e charrey «his friend»— nyn garrey «our friend». Words beginning with b have variants with the initial b, v, m, e.g. bea veayn «long life» — e vea «his life»— nyn mea «our, your, their life», etc. In Welsh 3 : cloc «a clock», but dyna gloc y dref «that's the town clock». Or: pont yr afon «the river bridge», but ar b ont yr afon «on the river b r i d g e » . Nearest to the phonological level is the phonetic (or phonic) level which, similarly to the phonological level, concerns the phonic aspect of language. However, this assertion must at the very beginning be limited by stating that the phonetic plan is situated on a different level than the phonological plan, so to say aside of all the other language plans, having no direct relation to most of them. Phones, in contradistinction to phonemes, are not realizers of any higher units possessing m e a n i n g . That is the essential difference between the phonetic and the phonological levels. The connection between the phonetic and the phonological levels is far looser than the connection between the phonological and morphological levels. It is rather indirect and concerns only the fact that phones realize phonemes but are not realizers of meaning. The basic unit of the morphological level is the morpheme but some scholars (e.g. B. Trnka) regard as the primary unit of this level the word. B. Trnka maintains 4 that if one realizes that it is the word that is the realizer of the sentence content and that morpheme is a product of word analysis into smaller morphological elements, it is necessary to adopt the word as the primary morphological unit. Similarly, in phonology the basic unit is, according to Trnka, the phoneme which realizes the word and not a smaller functional unit «relevant phonological feature». In his recent paper 5 Trnka writes that in the hierarchical arrangement of language levels the morpheme is a unit of meaning lower than the word, as by its own existence it is conditioned by the word, whereas the word is not 2
Cf. KELLY, J. (1870), A Practical Grammar of the Ancient Gaelic, or Language of the Isle of Man,-Usually Called Manx. Douglas, Isle of Man. 3 Cf. BOWEN, J. T. and T. J. RHYS JONES (1960), Teach Yourself Welsh. London. 4 Cf. TRNKA, B., Zasady strukturni morfologie (Principles of Structural Morphology) (unpublisched mimeographed material). 5 TRNKA, B. (1978), «Teorie zvukovych plant! a vztah slov k morfemum». (The Theory of Sign Plans and the Relation between Words and Morphemes.) Slovo a slovesnost 39, 3-4: 222-223.
Morphology in relation to other language levels
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necessarily bound to the morpheme. Most recently Trnka 6 declares the morpheme to be a secondary unit as by its own existence it is conditioned by the word. According to Trnka, the morpheme differs from the word by its indisplaceability. It is the function that the morpheme and the word have in common. The morpheme is bound to the word and that is why the word and not the morpheme is the unit of the morphological level. The word and not the morpheme can realize a sentence. The science of morphemes is, according to Trnka, a certain subplan of morphology. Of Trnka's arguments we can accept the assertion that the morpheme is a lower unit than the word, as its existence and its function are conditioned by the word, by the presence of the morpheme within the word. However, we cannot assert that the word is not bound to the morpheme as the fact is that it is composed of morphemes. Even the most simple form of the word contains a morpheme. A morpheme can represent a word and the most simple word is always a morpheme as we can see in examples from various languages, e.g. the English I [ai], the French a (preposition), the Spanish a (preposition), the Czech a «and», etc. In all those examples the phoneme, morpheme, and word are identical, merge in one. Further Trnka is right in asserting that morphemes are not words but their signifiers. However, he deducts from this that it is not correct to call monomorphemic words such as «how», «that» morphemes. What are they then? Words as clusters of a number of phonemes which are meaningful? Is it not a combination of phonemes that forms a morpheme and that is realized by them? It is not possible to imagine a word which would not be a morpheme or a combination of more morphemes. In our opinion it is not proper to assume analogy between a phonological feature and a morpheme, even if it seems to be probable at first sight. A morpheme can represent a word and words can be mono- or polymorphemic. A relevant feature, however, can never be identified with such a complex unit as the phoneme which is always a b u n d l e of distinctive features. A distinctive feature by itself does not realize anything; it is only a bundle of distinctive features that realizes a phoneme. That is why no analogy between units of the phonological level (distinctive features and phonemes) and units of the morphological level (morphemes and words) should be posited. The basic unit of the morphological level is, consequently, the morpheme, i.e. the smallest semantic unit bound to the word, whereas the word is a higher morphological unit which consists of one or more morphemes and is displaceable; it is, accordingly, a free unit. The morpheme is not displaceable as far as it is not a word. If we say that the morpheme is the smallest unit of meaning, we must refer to the fact that, as far as 6
In a lecture given in Kruh modernich filologfi (Circle of Modern Philologists) in Prague, 29th January 1979, on «Language Levels and Their Strategy», so far unpublished.
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JiH Krâmsk?
meaning is concerned, we distinguish three kinds of morphemes: semantic morphemes which have lexical meaning, grammatical morphemes which have grammatical meaning, and grammatical-semantic morphemes which have both grammatical indication and semantic (lexical) meaning. A word can consist of one or more semantic morphemes and of one or more grammatical morphemes or/and grammatical-semantic morphemes. For example the expression workshops is composed of two semantic morphemes (work, shop) and one grammatical morpheme (the indication of the plural -s). The word lioness is composed of the semantic morpheme lion and the grammatical-semantic morpheme -ess which indicates gender but implies a semantic change as well. In the word worker there is a semantic morpheme work, whereas the suffix -er indicates «nomen agentis» but implies a semantic change as well. On the other hand, the suffixes -s, -Ield are pure grammatical morphemes as they do not imply any semantic change of the preceding morpheme or morphemes. The difference between the position of the morpheme and of the word in the language system lies in the fact that the morpheme belongs only and exclusively to the morphological level, whereas the word belongs both to the morphological and to the syntactical and the lexical plans7. On all three levels the word has, however, a different function: whereas on the morphological level the word can represent the morpheme (but from the morpheme as a basic unit of the morphological level the word differs by being a free, not a bound unit as the morpheme is), or a cluster of several morphemes (bound units), on the syntactical level the word is the realizer of the syntagm, a component of the syntagm, either a determinative (i.e. composed of a determinant and a determined, e.g. adjective + noun), or a predicative (i.e. composed of subject and predicate), or a sociative one (when two terms are in a syntagmatic relation with another term of the same statement, e.g. two subjects of the same predicate, i.e. two determinants, are in relation to the same determinate, etc.)8, on the lexical level the word (lexeme) is the only unit. The relation between morphology and syntax is very complicated and has always been subject to most varied views. We cannot give here a detailed account of the history of this problem, we will only state that there is a wide spectrum of views extending from disclaiming syntax and including syntactic phenomena into morphology over the compromising conception of morphosyntax or morphological syntax as far as to disclaiming morphology and including morphological phenomena into syntax. Further we must state that one of the main reasons of this diversity 7
8
Cf. POLDAUF, I. (1958), «Tvoïeni slov» (On the Formation of Words). O vëdeckém pozndrtî soudobych jazykù. Prague: 146: «Words formed by morphemes are units of both the lexical and the morphological plan, even if they represent units of a higher order than are morphemes.» Cf. Dictionnaire de linguistique de l'école de Prague (1960), Utrecht / Anvers: 71.
Morphology in relation to other language levels
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of views is the consideration of the role of morphology and syntax from the standpoint of different languages. It is necessary to admit that a sharp division into morphology and syntax has no universal validity, it is valid only for certain languages. The boundary between morphology and syntax seemingly disappears in those languages in which no boundary between the word and the sentence exists. For example, in the Athapaskan language of Western Apache: the sound complex natS'idibah means «he repeatedly-starts-off-to-raid»9. Indeed, it must be added that this complex can be analyzed into morphological and syntactic components. The utterance level of language is realized by sentences which comprise all units of all lower levels. The fact that morphemes realize words gives reason to the relation of morphology to the syntactic, lexical and to all higher levels of language. As B. Trnka emphasizes 10, the sign relations between the units of particular plans are logically transitive, which means that if it holds that phonemes realize words and words designate sentences, it is also true that even phonemes realize utterances. Consequently, according to Trnka, from the point of view of the syntactic level words are designators of the sentence. At the same time, however, from the point of view of the phonological level, words are entities designated by phonemes. Likewise the sentence is designator (realizer) from the point of view of the utterance level, whereas from the syntactical point of view it is a designated, realized entity. To this hierarchy we will still add morphemes which realize words and through the mediation of words also sentences and, consequently, of utterances as well. According to Trnka, it is through transitivity that all language levels (plans) form a firm, closed whole which serves communicative needs. We will further take notice of the relation of the lexical level to the other language levels. As already mentioned, the unit of this level is explicitly the lexeme n , a unit consisting of semantic morphemes or of semantic and grammatical-semantic morphemes. The lexical level has a bearing upon the meaning of lexical units, not upon their grammatical relationships so that this level excludes pure grammatical morphemes. We can say that the lexical level supplies the other levels with semantic 9
Cf. EDGERTON, F. E. (1963), «The Tagmemic Analysis of Sentence Structure in Western Apache». HOIJER, H. and others (Edit.), Studies in the Athapaskan Languages. University of California Publications in Linguistics 29, Berkeley and Los Angeles: 109. 1" TRNKA, B., cf. note 5. 11 A more detailed analysis may determine more types of lexical units. Thus e.g. MATHIOT, M. (1967), («The place of the dictionary in linguistic description». Language: 703-724) distinguishes minimal and non-minimal units. Minimal units are lexemes, non-minimal units are lexeme clusters and lexeme conjuncts. This offers us, in our opinion, a certain analogy with the units of the morphological level, morphemes and words.
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Jifi Krämsky
material which on the respective level enters into either morphological or syntactical or utterance relations 12. The highest language level which we will briefly mention here is the utterance level the categories of which are, according to B. T r n k a 1 3 , the theme and the nucleus. Trnka gives the following example (p. 38): If I say my brother is ill, to my friend who knows that I have a brother, the theme of my utterance is my brother, and its nucleus, by which something new is communicated to the listener, is ill. In this utterance the theme coincides with the syntactic subject, i.e. the theme of my utterance is implemented by the syntactic subject, and the nucleus is the syntactis predicate. If the same utterance is directed to a person who has been informed already that a member of my family got ill, the theme is expressed by the syntactic predicate, while the nucleus is represented by the subject. This exemple confirms that on this level the speaker and the hearer as well as the contextual and extralinguistic situation must be taken into account. Consequently, this means that specific units, different from those of the syntactic level, must be used here 1 4 . The relations between particular levels are too complicated and intricate as to be capable of a full graphic representation. We have tried to present in the following diagramme at least a rough and partial demonstration of the basic relations between particular levels. These relations are realized by langage units of the levels in question. That is why in each level which is represented by a quadrangle there is given its unit o r units and arrows indicate what the respective unit realizes. E a c h unit of one level realizes the unit of the nearest higher level, in each unit of a higher level there are contained units of all lower levels. The diagramme further demonstrates which levels are semantic levels. The phonetic level is a level of the production of all possible sounds (phones) and has nothing 12
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On lexemes and lexical structure see in detail COSERIU, E. (1967), «Lexical Structure and the Teaching of Vocabulary». Linguistic Theories and Their Application, AIDELA: 9-90. Same (1967), «Les structures lexematiques». Zeitschrift für französische Sprache und Literatur, Beiheft, Neue Folge — Heft 1: 3-16. Same (1967), «Lexikalische Solidaritäten». Poetica, 293-303. TRNKA, B. (1964), «On the Linguistic Sign and the Multilevel Organization of Language». Travatix linguistiques de Prague 1: 33-40. On functional sentence analysis cf. MATHESIUS, V. (1939), « O tak zvanem aktuälnim ClenSni vStnem» (On the so-called Functional Sentence Analysis). Slovo a slovesnost 5: 171-174. Same (1942), «Ze srovnavacich studii slovoslednych» (Comparative Studies of Word Order). Casopis pro moderni filologii 28: 181-190 and 302-307. FIRBAS, J. (1956), «Poznämky k problematice anglickeho slovniho pofädku z hlediska aktuälniho ölengni vStneho» (Some Notes on the Problem of English Word Order from the Point of View of Actual Sentence Analysis). Sbornik praci filosoficke fakulty brnänske university, A 4: 93-107. Same (1964), «On Delfining the Theme in Functional Sentence Analysis». Travaux linguistiques de Prague 1: 267-280. Same (1964), «From Comparative Word-Order Studies». Brno Studies in English 4, Prague: 111-128. Same (1966), «Non-Thematical Subjects in Contemporary English». Travaux linguistiques de Prague 2: 239-256.
Morphology in relation to other language levels
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to do with meaning. The phonological level is not a semantic level as well but in contradistinction to the phonetic level it has a certain relationship to meaning which rests in the fact that the phoneme, the unit of the phonological level, is the realizer of meaning in morphemes and words, the units of the morphological level. All levels, with the exception of the phonetic (phonic) and phonological levels are levels of meaning.
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utterance level syntactic level lexical level morphological level phonological level phonetic level phone 4phoneme^ morpheme •
word lexeme -t syntagm •
- sentence theme — nucleus
To sum up we can say that the very centre of the language system is the morphological level: on the one hand it deals with morphemes and words as partial signs realized by phonemes which belong to the phonological level, on the other hand it deals with words as realizers of sentences or syntagms on the syntactic level. At the same time, the word is also the lexeme, i.e. a unit of the lexical level1S. That is to say, the morphological level unites in itself or influences, realizes and further develops the most important language expedients that form the semantic skeleton of the utterance which is further shaped by the other language levels. 15
Cf. Trnka, B. (1954), Rozbor druhù (édsti feli) a tvofeni
nynéjSl spisovné angliCtiny, II: Morfologie slovnich slov (Analysis of Present-Day Literary English, II:
Morphology of word parts and word formation), mimeographed, Prague: 5. Cf. also KrAmsky, J . ( 1 9 6 9 ) , «The Word as a Linguistic Unit». The Hague, Paris: 12 f.
"Normal" et "anormal" dans la syntaxe JOE LAROCHETTE (Antwerpen)
1. Une des contributions les plus importantes que E. Coseriu ait apportée à la linguistique moderne est la distinction entre le «système» et la «norme». En prenant cette dernière en considération, il imposait un correctif puissant à des vues structuralistes qu'un souci exclusif de décrire des «fonctions» empêchait de rendre compte du «fonctionnement» de la langue, et il répondait à l'avance à l'exigence de la grammaire transformationnelle de distinguer des niveaux différents de grammaticalité. Dans cet article, je me propose de faire quelques observations sur les «règles» de norme et sur les déviations de ces règles, en prenant comme exemple quelques-unes de celles qui, en français, réalisent le système verbal, et de tirer de ces observations quelques enseignements intéressant la théorie grammaticale. 2. Je rappellerai d'abord quelle est la différence entre les «règles» qui relèvent du système et celles qui relèvent de la norme. Le système se découvre à la fois dans les relations paradigmatiques et dans les relations syntagmatiques: la comparaison avec le jeu d'échecs que E. COSERIU emprunte à F. de Saussure est éclairante à ce sujet (Teoría del lenguaje y lingüística general. Madrid, Gredos, 1967:60). En effet, on peut en modifier les règles de deux façons, soit en modifiant le nombre des pièces, soit en modifiant la manière dont on peut les déplacer; d'une façon comme de l'autre, le jeu cessera d'être le jeu d'échecs. On trouve de même dans un parler des règles relevant du système: elles sont «distinctives» de ce parler; elles sont fondées sur des oppositions qui sont «fonctionnelles» parce qu'elles assument les diverses fonctions qui permettent au parler de remplir lui-même sa fonction. Le système va au-delà de ce qui est historiquement réalisé, car il comprend également ce qui serait réalisable d'après les mêmes règles, qui ne sont que partiellement appliquées par la norme.
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Joe Larochette
En un sens, les «règles» du système sont plus contraignantes que celles de la norme, car celui qui s'écarte du système du français ne parle plus français. D'un autre point de vue, le système est moins contraignant, car il propose généralement un certain nombre de réalisations possibles auxquelles la norme peut avoir recours dans une mesure variable, et parmi lesquelles elle peut opérer un choix contraignant. A l'égard des règles que comporte le système, la norme agit comme la jurisprudence à l'égard de la loi, elle les interprète de façon exemplaire. 3. J'ajouterai qu'elle agit de même à l'égard de règles plus générales qui concernent toutes les langues du même type, et à l'égard des règles «universelles» auxquelles sont soumises toutes les langues naturelles: c'est le cas lorsqu'il s'agit des réalisations «normales» de ce que j'appelle la fonction représentative, celle qui consiste à représenter directement ou indirectement des états de choses réels au moyen des signifiés. Il y a représentation directe lorsque la réalité dénotée fait partie de la classe désignée virtuellement par le signifié du signe, lorsque par exemple j'emploie le verbe mourir pour dénoter un des événements qui tombent sous le concept «mourir». Il y a représentation indirecte lorsque j'emploie le signifié de mourir pour représenter un procès qui ne tombe pas sous le concept «mourir», par exemple lorsque je dis je meurs de faim, je meurs de soif, je meurs d'envie, je meurs d'ennui, je meurs d'impatience. Il n'est pas difficile de s'apercevoir que la norme française impose des restrictions à cet emploi «figuré» de mourir. On ne peut multiplier ces expressions à l'infini; si l'on est très énervé, on ne dit pas «normalement» je meurs d'énervement, pas plus qu'on ne dit je meurs de mal, je meurs de tristesse, etc. Le sens figuré impose lui-même des restrictions d'ordre syntaxique. On ne peut rhématiser le complément du verbe en adoptant une construction que les transformationalistes appellent «emphatique»; on ne peut dire: C'est de faim que je meurs, que si l'on meurt réellement. Enfin, on ne peut utiliser toutes les formes du verbe. On ne dit pas * Après être mort d'impatience, il reçut enfin une lettre. Un autre exemple. Dans la phrase: Paul entra chez moi quelques minutes, le signifié de quelques minutes n'est pas incident à un des procès de la classe de ceux qui sont désignés virtuellement par entrer, mais à une situation qui a suivi le procès. La norme impose également une limite à cet usage métonymique; on dit: Il se leva quelques minutes; Il s'assit quelques minutes, mais non: *Il tomba quelques minutes. Ici aussi, le sens figuré empêche la rhématisation du complément: *C'est quelques minutes qu'il entra. Il y a donc des règles de syntaxe, relativement générales, dont l'application dépend du fonctionnement sémantique des signes lexicaux.
«Normal» et «anormal» dans la syntaxe
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4.1. S'il s'agit de représentation directe, un principe général s'applique non seulement au français, mais à tout langage: «On ne peut dire n'importe quoi de n'importe quoi». C'est dévier de ce principe que d'attribuer aux réalités des propriétés qu'elles n'ont pas, ou de leur attribuer des propriétés contradictoires. Comme les signifiés constituent des prédicats dont l'argument est la réalité dénotée, la nature de cette réalité et les propriétés («classèmes») que nous lui attribuons en vertu de notre expérience socio- culturelle, exercent une contrainte sur l'utilisation des signifiés permettant de la représenter. S'il est impossible de décrire complètement le fonctionnement d'une langue sans tenir compte de la réalité dénotée, c'est que la norme interprète le principe ci-dessus à sa manière. Voyons-en des exemples. 4.2. Le signifié du passé simple «dit» du procès dénoté qu'il est visé (c'est-à-dire observé à partir d'un plan d'observation sous un certain angle) de façon sécante, non partialisante. Dès lors, il n'est plus possible d'exprimer au moyen d'une expression du type depuis quelque temps la durée d'une partie achevée du procès (*Il mangea depuis une heure). Le signifié du passé antérieur «dit» que le procès est visé de façon non rétrospective. Etant donné que des expressions telles que la veille, deux jours plus tôt expriment une visée rétrospective, il est anormal de dire *Il partit le samedi. La veille il eut préparé ses bagages. Comme l'imparfait et le plus-que-parfait contiennent un sème «visée non prioritaire», ils ne peuvent s'associer à quand ou après que pour situer le plan d'orientation à partir duquel la visée prioritaire du passé simple s'exerce sur un procès unique. On ne peut dons dire: *Quand il dînait, il but du vin. *Après qu'il était parti, il ferma
la
porte.
La phrase suivante de Vercors ne constitue pas un contre-exemple, elle dévie tout simplement de la norme: Le lendemain matin, l'officier descendit quand nous prenions notre petit déjeuner (cité par H . STEN. Les temps du verbe fini (indicatif) en français moderne. Kobenhavn 1952:121).
4.3. Dans chacun de ces cas, la norme «s'explique» par le souci d'éviter une contradiction entre le signifié grammatical du temps et le signifié lexical d'un autre membre de la phrase. Il peut y avoir également contradiction entre un signifié et ce que l'on sait de la réalité représentée. Le sème «visée distancée» que contient le signifié du passé simple «explique» à la fois pourquoi il n'est pas normal de l'utiliser lorsqu'il s'agit d'événements récents, lorsque le locuteur parle de lui-même ou s'adresse à quelqu'un qui est physiquement présent: dans ces cas, de locu-
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teur n'a aucune raison de prendre ses distances à l'égard du procès représenté. C'est parce que le passé simple y est utilisé de façon anormale que la phrase suivante de Gide fait un effet très littéraire, pour ne pas dire «pompeux»: Hier, dans la nuit... j'entendis, à trois reprises, un cri déchirant. Journal II, 60 (cité par A. KLUM. Verbe et adverbe. Uppsala 1961:227).
Les classèmes de quantification interviennent dans la distribution des complétifs du verbe: le procès que le verbe dénote est, soit un procès unique, soit une série (répétition régulière du même procès); ce procès est soit non continu (il implique un terme et n'arrive à l'existence que s'il atteint ce terme), soit continu (il n'implique pas de terme et existe dès qu'il a commencé). En application du principe selon lequel on ne peut attribuer aux réalités les propriétés qu'elles n'ont pas, on ne peut exprimer la durée totale d'un procès non continu en disant qu'il a eu lieu pendant quelque temps (*mourir pendant quelque temps), on ne peut exprimer la durée totale d'un procès continu en disant qu'il a lieu en quelque temps (*vivre en quelque temps). Si l'on peut dire Aller au bureau pendant quelque temps, c'est que dans ce cas, le verbe dénote une série, et qu'une série est toujours continue. Selon la norme, depuis quelque temps ne peut mesurer une partie achevée d'un procès que si celui-ci est continu: (*mourir depuis quelque temps); c'est là une seconde restriction intervenant dans la distribution de ce complétif adverbial. Or Montherlant fait dire à Ferrante dans La Reine Morte (acte III, scène 1): Je meurs d'ailleurs depuis longtemps; chose.
il ne s'agit plus que d'achever la
Cette déviation de la norme est évidemment voulue: en représentant un procès non continu comme un procès continu, Ferrante donne à entendre que sa mort lui paraît littéralement «interminable». Pour rendre compte de ce genre de contraintes, on ne peut se contenter de renvoyer au signifié lexical, car «continu» et «non continu», procès «unique» ou «série», sont des classèmes, des propriétés du dénoté, non des sèmes inclus dans le signifié: avec un même signifié, un verbe peut dénoter un procès non continu (manger une pomme), un procès continu (manger des pommes), un procès unique (je mange une pomne ce soir) ou une série (je mange une pomme le soir). Voyons un exemple différent. Le subjonctif exprime, selon la formule de Damourette et Pichon, le non-jugement, ce qui veut dire qu'en l'utilisant, le locuteur manifeste pour lui ou pour un personnage, le refus ou l'impossibilité d'attribuer une valeur de vérité au moins à une des relations argument-prédicat impliquées dans l'état de choses représenté.
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Or, il est normal de l'utiliser avec le verbe regretter et dans ce cas, la norme a tout l'air d'avoir imposé une de ces contradictions qu'elle évite ailleurs, car on ne peut regretter que ce qui est vrai. Sans essayer de justifier ce cas particulier, GREVISSE (Le bon usage. Duculot. Gembloux. 10.® éd. 1975:1136) expose la règle de la façon suivante: «Après les verbes qui expriment un sentiment, un mouvement de l'âme: joie, douleur, surprise, crainte, regret, etc., on met généralement le subjonctif dans la proposition substantive». Non seulement, le «généralement» laissera perplexe celui qui ne connaît pas la norme, mais aussi le «etc.», car qu'est-ce au juste qu'un sentiment et un mouvement de l'âme? L'espoir n'est-il pas un sentiment? Si Grevisse range espérer parmi les verbes d'opinion et non parmi les verbes de sentiment, c'est évidemment parce que, selon la norme française, espérer ne régit pas le subjonctif. Comme l'extension de la classe des «sentiments» est déduite de la connaissance de la norme, il n'y a aucun autre moyen de rendre compte de celle-ci que d'énumérer purement et simplement tous les verbes où elle s'applique. Mais le locuteur n'en perd pas pour autant de vue ce que le subjunctif signifie dans le système. Après douter, il est imposé par la norme (qui dans ce cas «s'explique», car on ne peut attribuer une valeur de vérité à ce dont on doute). Cela n'a pas empêché F. Mauriac d'écrire: Pour la première fois te monde incroyant commence à douter que l'Eglise tiendra (cité par GREVISSE C.O.: 1 1 2 6 ) .
De cette façon, il dissocie son point de vue de celui du monde incroyant; pour lui, il est vrai que l'Eglise tiendra. 4.4. Le cas des «verbes de sentiment» montre qu'il est impossible de faire appel à la logique ou à l'intuition dans la formulation d'une règle de norme. Je voudrais en citer un autre où il apparaît avec plus d'évidence encore que la seule «explication» de la norme est une explication historique. Le système du verbe français comporte une expression être en train de destinée à représenter le procès comme étant en cours. On devra se contenter de constater qu'elle est parfaitement compatible avec le passé simple (quand il fut en train de réparer le moteur...), sauf si le passé simple est introduit par pendant que, qui exprime également que le procès est en cours (*pendant qu'il fut en train de réparer le moteur). L'utilisation de la périphrase être en train de est soumise à une série d'autres restrictions qui mettent en oeuvre différents classèmes. C'est ainsi qu'elle n'est pas employée: a) lorsque le procès est inexistant (*Paul est en train de ne pas travailler; *Je suis en train de m'en abstenir) b) lorsque le prooès est performant. Je suis en train de le jurer ne peut constituer un serment.
il. —10
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Joe Larochette c) lorsque le procès est trop bref (*La grenade est en train d'éclater). d) lorsque le procès est multiple (*Je suis en train de fréquenter ces gens) e) lorsque le procès n'est pas une activité (*Je suis en train d'être battu; *Je suis en train de voir le coucher de soleil; *Je suis en train de détester ma voisine; *Je suis en train de savoir cela; *Cela est en train de valoir cent francs; *Sa propriété est en train de longer la Seine.
On songe donc à formuler la règle de la façon suivante: «on ne peut appliquer la représentation contenue dans être en train de que si le procès dénoté existe, n'est ni performant, ni extrêmement bref, et constitue une activité». Cette règle à peine formulée, on s'aperçoit qu'elle est inapplicable par des étrangers qui ne connaissent pas le français. En effet, il est normal de dire: Il est en train de souffrir; Il est en train d'éprouver une vive émotion; Il est en train de subir un examen. Tout se passe donc comme si la norme invitait à considérer que souffrir, éprouver une émotion, subir un examen sont des «activités» — ce qui est contraire à l'intuition. Le classème «activité» intervient aussi dans la distribution du verbe faire. Le locuteur français est conscient que si l'on ne peut dire: *Il le sait mieux que tu ne le fais. *Cela vaut plus cher que cela ne le faisait. *Il est plus détesté que tu ne le fais,
c'est que savoir quelque chose, valoir quelque chose et être détesté ce n'est pas «faire quelque chose», ce n'est pas être actif. Cependant, s'agissant de procès qui n'admettraient pas être en train de, on dit: En ce moment, il voit le coucher de soleil, comme je le fais. Il déteste cette femme comme je le fais.
Ici la norme permet de considérer voir et détester comme des activités. Mais il en est autrement si l'on prend un autre contexte en considération. Vois-tu le coucher de soleil? *Je le fais. Détestes-tu cette femme? *Je le fais.
Il apparaît ainsi que le classème «activité» joue un rôle incontestable dans la distribution de ces expressions, mais qu'il faut connaître la norme historique française pour savoir si, dans cet entourage, le procès dénoté peut ou ne peut pas être considéré comme une «activité». J'ajouterai à ceci la réflexion suivante. La description de beaucoup de contraintes semblables à celles dont il vient d'être question a souffert de la répartition traditionnelle des tâches
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entre lexicologues et grammairiens, les uns et les autres se renvoyant la balle. En fait, ils se trouvent devant la même tâche, car le fonctionnement sémantique des signes grammaticaux est étroitement lié au fonctionnement des signes lexicaux et vice-versa. 5. La communauté linguistique au sein de laquelle tel emploi d'une expression obéit à la norme, et en dehors de laquelle elle en dévie, peut être reconnue et délimitée par un ensemble d'isoglosses, dont l'une est dite diatopique, d'autres, qu'on appelle diastratiques, étant de nature socioculturelle: elles se rapportent à la couche sociale à laquelle de locuteur appartient, à la profession qu'il exerce, à son âge, à son sexe, à son degré de culture. Quant aux isoglosses qu'on appelle diaphasiques, elles mettent en cause comme paramètres, tous les facteurs nécessairement impliqués dans l'acte de parole et non plus simplement la personnalité du locuteur: la personnalité de l'allocutaire, le mode d'expression, les diverses circonstances de locution et en particulier l'intention du locuteur, le genre de réalité représentée. C'est ainsi qu'on n'utilise pas «normalement» de la même manière les possibilités d'expression que présente le système verbal, selon qu'on s'adresse à un enfant ou à un adulte, selon qu'on parle ou que l'on écrit, selon qu'on raconte des événements pour en faire un récit littéraire ou pour les consigner dans un rapport, selon qu'on écrit un ouvrage de fiction ou un traité de logique. Ces isoglosses ne coïncident pas nécessairement avec celles qui délimitent le système, car le même système admet plusieurs normes; par ailleurs, certaines normes sont générales et d'autres restreintes. Il y a pour l'usage de l'imparfait une norme générale qui s'impose à tous ceux qui parlent français. Mais l'imparfait dit «préludique» obéit à une norme restreinte: il n'est normal qu'en Belgique, lorsqu'il est employé par de jeunes enfants, dans une circonstance de locution particulière: la création d'une fiction avant le jeu. Utilisé par des adultes, par exemple, il serait «anormal». L'imparfait dit «hypocoristique» n'est normal que si le locuteur s'adresse à de jeunes enfants ou à des animaux. L'imparfait «pittoresque» n'est normal que s'il est utilisé par un «écrivain» (c'est-à-dire par quelqu'un qui est censé connaître les ressources du français) dans un récit à caractère littéraire. Supposons qu'un étudiant allemand raconte dans un exercice de rédaction française des événements uniques et successifs de la façon suivante: Tout à coup, les deux frères s'arrêtaient... Puis ils se précipitaient dans leur chambre, où ils s'habillaient... Sur leur chemin, ils recontraient une voiture dans laquelle ils se jetaient... Au bout de dix minutes, ils payaient le cocher et ils redescendaient. Ils se mettaient à marcher à grands pas... Ils dînaient dans la première taverne qu'ils rencontraient... Après dîner, ils s'asseyaient dans des cafés...
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Il ne fait pas de doute que le professeur soulignerait d'un trait rouge chacun de ces imparfaits, et serait persuadé que l'étudiant en question ne connaît pas l'emploi des temps en français. Or c'est ainsi que s'exprime, au chapitre LXI, E. de Goncourt dans Les Frères Zemganno. A son époque, un tel emploi de l'imparfait était encore anormal et par conséquent, faisait un effet particulier, recherché par l'auteur. Depuis lors, il s'est tellement répandu dans le roman qu'il n'y fait plus d'effet appréciable: il y est devenu normal. Mais la norme reste restreinte: en dehors de son champ d'application, cette manière de s'exprimer est choquante. 6. Toute déviation provoque un petit «choc» chez celui qui connaît la norme, mais ce choc est apprécié de façon très différente selon la compétence linguistique que l'on attribue au locuteur. S'il s'agit de quelqu'un à qui l'on attribue une grande compétence linguistique, comme c'est le cas de ceux auxquels on reconnaît la qualité d'écrivain, l'allocutaire, auditeur ou lecteur, est compréhensif; il attribuera, comme je l'ai fait à propos d'exemples cités plus haut, certaines déviations à une intention spéciale, celle de produire un effet de sens ou un effet esthétique. Mais un écrivain peut dévier de la norme (et même du système) sans vouloir produire aucun effet, ce qui est surtout évident lorsqu'il s'agit de la réalisation de la fonction signifiante, qui attache un signifiant à un signifié. Dans le système verbal, eusse est un des signifiants du subjonctif imparfait, eus est un des signifiants du passé simple; c'est enfreindre le système que de les confondre. Or GREVISSE cite (o.c.: 737) des exemples assez étonnants de cette confusion chez H. Bordeaux, les frères Tharaud, Françoise Sagan, Vercors et Maurice Druon, académicien. Il est probable qu'un lecteur peu attentif n'y prête guère attention. Mais si celui qui s'exprime est Bérurier, un personnage particulièrement inculte que l'on retrouve dans les romans de San Antonio (pseudonyme de Frédéric Dard), une confusion analogue, entre la première et la troisième personne du singulier, produit un effet extrêmement comique: On eusse dit le Napoléon du réverbère! (Tout San Antonio. Textes et présentés par J. J. DUPEYROUX et J. C. SOYER. Juilliard 1970: 110).
choisis
Il est gênant que pour certains verbes, dits défectifs, la norme ne réalise qu'incomplètement le système de signifiants correspondant au système de signifiés, et l'on comprend que le locuteur soit tenté de créer des formes analogiques. Mais cette création obéit elle-même à la norme. Pour clore, GREVISSE, après avoir rappelé que Littré proposait le passé simple ciosis (qui est utilisé d'ailleurs par H. Béraud et M. Bedel) signale (o.c.: 702) qu'il a trouvé chez J. Dutourd le «curieux» passé simple ils éclorent. Après avoir rappelé également que Littré proposait pour distraire et
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extraire les passés simples distrayis et extrayis, il relève (o.c.: 713) que dans son Journal J. Green utilise le subjonctif imparfait frayassent. Or celui-ci n'est compatible qu'avec un verbe trayer. Les formes «aberrantes» sont plus étonnantes encore chez les écrivains lorsqu'elles dévient d'expressions qui existent réellement. GREVISSE a relevé (o.c. 681) souriât (H. Massis), dissoude (Scarron, V. Hugo), absolveraient (La Varende). Or, ces déviations de la norme sont de même nature que celles que San Antonio prête à Bérurier pour amuser son lecteur: Le seul journal qu'on Usasse chez nous... (o.c.: 353). Enfin, il valait tout de même mieux qu'elle m'échoive Et vous voudriassiez que cela continue? (o.c.: 310).
J'ai cité dévie de la Lorsque sonne et à sistible:
à moi
(o.c.:
286).
plus haut une phrase de Gide, où l'emploi du passé simple norme. c'est Bérurier qui utilise le passé simple à la deuxième perpropos d'un événement très récent, l'effet comique est irré-
Mais c'est M'sieu Félix! Vous fûtes pris aussi dans l'éboulement?
(o.c.: 237).
Plus encore que l'effet esthétique éventuellement produit par certaines manières de s'exprimer que l'on trouve chez des écrivains, le fait que ces même expressions peuvent être utilisées à dessein pour provoquer le rire et qu'apparaissant dans le discours d'étrangers non francophones, elles sont immanquablement ressenties comme des «fautes», prouve l'existence d'une norme dont l'usager de la langue est conscient. 7. Ces quelques observations invitent à réfléchir à l'efficacité de certaines méthodes appliquées en linguistique. Je dirai d'abord un mot de la méthode statistique. On aurait tort de s'imaginer que l'on peut fonder la norme sur la statistique en considérant que ce qui est rare est moins normal que ce qui est fréquent. Cela peut être vrai dans certains cas, mais la norme maintient aussi des formes ou des emplois rares (pour ma part, je n'ai jamais utilisé ni entendu utiliser les imparfaits «préludiques» et «hypocoristiques»). Il y a diverses normes dont les isoglosses s'entrecroisent; si elles ne sont pas reconnues avant toute statistique, non seulement celle-ci gommera les isoglosses et ne distinguera plus la norme générale, les normes restreintes, les normes individuelles, mais elle ne distinguera plus les déviations de toutes ces normes. La norme est généralement une contrainte, et dans ce cas, pour la connaître, il ne faut pas seulement savoir ce qui se dit, mais aussi ce qui ne se dit pas; il est évident que ce qui ne se dit pas ne peut être soumis à la statistique. La norme est de nature qualitative, non quantitative; elle fait partie de la compétence linguistique du locuteur; elle existe pour lui sans qu'il
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ait besoin de faire des statistiques pour la découvrir, elle existe éventuellement en dépit des statistiques. Ceci a pour le linguiste la conséquence suivante: s'il ne connaît pas lui-même la norme, il ne peut la découvrir qu'en faisant appel à la «compétence linguistique» d'informateurs, recours toujours aléatoire. La méthode macro-sémantique, telle qu'elle est appliquée par H. WEINRICH dans Le Temps (ed. du Seuil. Paris, 1 9 7 3 ) pour rendre compte de l'emploi des temps du verbe en français, se fonde sur la statistique et réunit en système des paramètres disparates, dont les uns («narration», «commentaire») relèvent d'une seule isoglosse diaphasique — à l'exclusion de toutes les autres, d'autres («antérieur», «non antérieur») sont des signifiés, d'autres encore («avant-plan», «arrière-plan») sont des effets que le locuteur est censé vouloir produire. La fonction représentative qui implique une relation avec la réalité est totalement négligée de sorte que l'auteur donne l'impression qu'on peut employer en français n'importe quel temps à propos de n'importe quelle réalité. Un des exemples qu'il a forgés lui-même suffit à montrer que cela est entièrement faux: Il conduisit
la voiture
gui roulait
à toute
vitesse
(o.c.:
174).
Cette phrase donne à entendre qu'au moment où le personnage prit le volant, la voiture roulait déjà à toute vitesse — ce qui est un état de choses assez incroyable, on en conviendra. Ce sont au contraire les classes de réalités auxquelles le discours peut se référer qui constituent le point de départ de la méthode onomasiologique. Or, non seulement des classes constituées a priori, de façon intuitive, n'ont aucune chance de correspondre à celles qui sont désignées par les signifiés d'une langue particulière, mais elles ne correspondent pas non plus, nous l'avons vu pour la classe «activité», à des classes dont l'extention est déduite des contraintes de norme. Quant à la formalisation, au moyen d'un langage emprunté à la logique symbolique, des relations d'argument à prédicat impliquées dans des états de choses réels, si elle s'applique à des états de choses simplement «dénotables», elle n'est qu'un prolongement de la méthode onomasiologique, et elle s'expose aux mêmes critiques. Elle peut s'appliquer à des états de choses «dénotés»; elle constitue dans ce cas un prolongement très utile de la méthode sémasiologique, qui permet le calcul des interprétations. Mais comme la formalisation s'effectue au niveau de ce qui est représenté, elle ne rend absolument pas compte de la manière dont a lieu la représentation dans une langue naturelle: elle ne dispense donc nullement de décrire le système et ses réalisations normales.
La linéarité comme élément de forme B E R T I L MALMBERG
(Lund)
Selon le «Cours» (100-103), le signe saussurien est arbitraire (premier principe) et linéaire (second principe). C'est au deuxième des ces principes que nous tenons à consacrer quelques remarques. En réalité, le texte du «Cours» ne dit pas exactament ceci, même si c'est là la formule qui a souvent été citée par les exégètes saussuriens. ROBERT GODEL dit par exemple dans ses conclusions à propos de ces principes («Les sources manuscrites du Cours de linguistique générale», 1957:203) que le second (se. la linéarité) «est inhérent aux signes de la langue». Le texte du «Cours» parle plutôt du caractère linéaire du signifiant (103): «Le signifiant, étant de nature auditive, se déroule dans le temps seul et a les caractères qu'il emprunte au temps: a) il représente une étendue, et b) cette étendue est mesurable dans une seule dimension: c'est une ligne». (Les mises en relief sont celles du texte du «Cours».) Quelques variantes intéressantes se lisent cependant chez GODEL (op. cit.: 267, sous linéaire, étudiant D 191, etc.): «Le signe linguistique, l'image servant au signe [le signifiant] se déroule dans le temps, qui n'a qu'une seule dimension linéaire», et chez RUDOLF ENGLER (édition critique, sous 1165, fasc. 2, 1967, étudiant C.: 1957): «Le signe linguistique (image servant au signe) possède une étendue (italiques dans le texte) et cette étendue se déroule dans une seule dimension» Je fais remarquer à titre d'introduction que, pour moi ainsi que souvent dans le «Cours», le terme signe se réfère non seulement aux signes simples (minimaux; morphèmes) mais aussi aux signes composés de longueur infinie2 («groupes de signes ... qui sont en elles-mêmes [se. les masses organisées] des signes»: 1 7 7 ; cf. aussi chez GODEL «Sources»: 2 1 0 où le schéma du signe 'l'homme que j'ai vu — the man I have seen' s'applique «au 1 2
J'ai noté ailleurs, dans le «Cours» même, un emploi de «signe» pour signifiant («Signes et symboles»: 101, renvois aux pages 101 et 156 du «Cours»), «Signes et symboles», chap. 5: 113 et l'article du volume Leroy, cité ci-dessous.
142
Bertil Malmberg
syntagme entier»). On sait que pour SAUSSURE ( E N G L E R , SOUS 1 1 6 8 , fasc. 2 : 157) cette extension linéaire des signes était la condition nécessaire de l'articulation des composés en éléments minimaux (première articulation dans une terminologie postérieure) 3 . L'unique dimension du signifiant opposerait celui-ci aux signes visuels et autres qui permettent une complication en plusieurs dimensions (TULLIO DE MAURO (1967) «Corso di lingüistica generale». Note 145: 415 etc.) —ce qui, avec l'introduction des traits distinctifs dans la théorie phonologique, est aussi le cas des phonèmes. Voir à ce propos mon article «Linéaire et ponctuel— deux principes du mécanisme linguistique» (à paraître dans les «Mélanges Leroy», sous presse). L'incompatibilité du principe de la forme avec l'idée d'une chaîne mesurable sera le thème de ces lignes. La possibilité et la nécessité de segmentation des syntagmes soulignées par Saussure, ne présupposent point une extension temporelle, ni spatiale, des unités dans le sens matériel du terme. Elles impliquent pourtant une dimension d'ordre. Dans mon livre «Signes et symboles» (PICARD, (1977), Paris), je me suis exprimé, à ce propos, comme suit (101): «En réalité, la façon dont Saussure justifie sa thèse de la linéarité du signe porte l'empreinte d'un héritage dont il n'était pas encore arrivé à se débarasser complètement». Et je continue (103): «La linéarité telle qu'elle est définie par Saussure implique donc l'introduction d'un fait de manifestation: termes 'in praesentia' («Cours»: 171), et finalement (104): «Le paragraphe sur la linéarité du signe est peut-être la section du «Cours» qui donne au lecteur d'aujourd'hui l'impression la moins favorable ... On le jugerait moins sévèrement s'il n'avait pas été lui-même le grand innovateur dans ce domaine». Ce caractère du signifiant serait pour Saussure une conséquence de sa nature acoustique (liré: auditive). Les lignes qui suivent ont pour but de préciser et de compléter les observations citées. Mes remarques sur le texte du «Cours» sont également valables, que ce soit Saussure lui-même ou les rédacteurs de l'édition de 1916 qui soient responsables des passages en question. Rien dans l'exégèse postérieure n'indique que la position de Saussure aurait été radicalement différente de celle exprimée dans le «Cours». L'insistance sur le principe de la forme (comme opposée à la substance) restera la base de la linguistique saussurienne et d'un structuralisme ayant ses racines dans les idées du maître de Genève. Georges Mounin se réfère à André Ivic pour déipontrer l'intérêt indéniable que Saussure manifeste pour les descriptions mathématiques et géométriques des faits de langue («F. de Saussure ou le structuraliste sans le savoir», SEGHERS ( 1 9 7 8 ) , Paris: 2 7 , avec des renvois aux «Sources manuscrites» de GODEL: 3 0 et 4 9 ; et dans le «Cours» même: 168: une algèbre). Cette tendance au formalisme abstrait est évidente. Et nous n'avons pas besoin de répéter ici que l'idée de la 3
On sait qu'un exégète comme Benveniste réserve le terme aux signes minimaux (par exemple «Problèmes de linguistique», II, 1974, chap. III: 56, etc.; cf. mon livre «Signes et symboles», chap. 9.
La linéarité comme élément de forme
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forme est la conditio sine qua non d'une méthode comparative dont Saussure, depuis son «Mémoire», est le plus célèbre représentant («le plus beau livre de linguistique historique qui ait jamais été écrit», ANTOINE MEILLET, Bulletin de la Société de linguistique 18, 1913). Il n'y a aucune raison non plus de rechercher ici les origines plus lointaines de ce principe chez un Humboldt ou un Condillac et dans le rationalisme des siècles des lumières (cf. à ce propos notre «Signes et symboles», chap. 3). Constatons seulement que c'est l'idée de la forme qui est devenue la pièce de résistance de la glossématique de Hjelmslev. L'importance de ce principe pour l'évolution ultérieure de la science du langage a été telle qu'il me paraît légitime d'y voir la contribution la plus importante de SAUSSURE à notre science: Autrement dit, la langue est une forme et non une substance (italiques dans le texte) ... On ne saurait assez se pénétrer de cette vérité, car toutes les erreurs de notre terminologie, toutes nos façons incorrectes de désigner les choses de la langue proviennent de cette supposition involontaire qu'il y aurait une substance dans le phénomène linguistique («Cours»: 169).
Et on lit, quelques passages plus haut et à propos de la combinaison de la pensée avec le son dans le signe (comparé à une feuille de papier avec son verso et son recto), que «cette combinaison produit une forme, non une substance» (157); italiques dans le texte). On sait pourtant que certains passages du «Cours» se laissent difficilement concilier avec une stricte observance de la thèse posée ici. J'ai eu l'occasion de commenter ailleurs (Cahiers FERDINAND DE SAUSSURE (1954),
X I I : 264-277), sur le concept de phonème dans la partie phonétique du «Cours» (intitulée «Phonologie»: 63-91). Dans ce chapitre, le phonème est un simple son du langage entièrement différent de cette unité vide de substance qu'est selon le «Mémoire» de 1879 la laryngale du système indoeuropéen et qui figure ailleurs dans le «Cours» (cf. ci-dessus). J e cite comme exemple (78): «la qualité acoustique du phonème ne fait pas question; elle est fixée par l'oreille». J'ai rappelé aussi que, si l'on veut trouver dans la partie phonétique du «Cours» un élément correspondant directement au phonème du «Mémoire», c'est plutôt le concept d' «espèce de phonème» qui fera l'affaire («espèce T en ne s'attachant qu'au caractère distinctif»: 66; «la phonologie des espèces»: 78). D'autre part, les emplois de «phonème» avec référence au concept purement abstrait (sens moderne) abondent: «fragment irréductible t ... considéré in abstractov> (66; italiques dans le «Cours»); «éléments sonores (sic) dont chacun forme une identité nettement délimitée et dont le nombre est parfaitement déterminé. Or ce qui les caractérise ce n'est pas ... leur qualité propre et positive, mais simplement le fait qu'ils ne se confondent pas entre eux. Les phonèmes sont avant tout des entités oppositives, relatives et négatives» (ce qui est déjà en conflit avec leur caractère sonore). Il y a même des formules qui précisent la différence entre le «son» (avec ses «facteurs de production») et «les éléments différentiels des phonèmes» (68).
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Bertil Malmberg
Ces exemples de manque de conformité entre les différentes sections du «Cours» et entre ce dernier et le «Mémoire» peuvent s'expliquer de différentes manières. Je n'insiste pas sur le caractère d'ouvrage de jeunesse du «Mémoire». Le principe derrière ce dernier est formulé avec la plus grande précision aussi dans le «Cours» (cf. les exemples cités tout à l'heure), et il n'y a aucune raison de croire à une modification de la conception de forme chez le professeur vieillissant. Une cause de ce manque de conformité pourrait être —et je l'ai rappelé ailleurs— le caractère pédagogique des cours donnés à plusieurs reprises devant les étudiants de Genève. La présentation pédagogique demande une simplification des faits qui exclut trop de théorie. Dans un cours élémentaire, il faut souvent rendre compte de ce qui est généralement accepté plutôt que de théories controversées. La différence entre une phonologie formelle (fonctionnelle) dans le «Mémoire» et les parties plutôt élémentaires de l'enseignement à Genève pourrait à la rigueur s'expliquer par une telle différence d'optique. Je me suis trouvé parfois moi-même devant la nécessité de cacher, dans mon enseignement de phonétique «pure», l'aspect phonologique et fonctionnel de mon thème. Le fait bien connu que le «Cours» n'est pas l'oeuvre de Saussure, n'explique pas dans ce cas l'absence de cohérence que nous venons de signaler. Les sources manuscrites (plus explicites que le texte édité) confirment dans l'essentiel la formule donnée par les éditeurs du «Cours» (TULLIO DE MAURO, «Curso», note 2 2 7 : 4 3 5 ; ENGLER, loc. cit.-, GODEL, «Sources»: 2 0 5 ss.). Il faut chercher ailleurs pour trouver la place de la linéarité (du signifiant) dans un système saussurien. Nous venons de voir (103 du «Cours») que le signifiant représente une étendue mesurable et que les éléments du signifiant se présentent l'un après l'autre, qu'ils forment une chaîne. Dans l'écriture, «on substitue la ligne spatiale des signes graphiques à la succession dans le temps». Le fait d'être mesurable, le long de la ligne du temps ou de la ligne spatiale, donne au signifiant tel qu'il est décrit par Saussure un caractère concret, substantiel. C'est un fait de parole (explicitement dans les notes citées par GODEL: 2 0 5 - 2 0 6 ) . Aucun élément (simple ou composé) défini uniquement par ses relations avec les autres (avec lesquels il ne se confond pas; «sans termes positifs», etc.) et dont le caractère est relatif (cf. 168: «c'est la différence qui fait le caractère») ne peut connaître d'extension dans ce sens du mot, le temps et l'espace étant deux dimensions physiques. Mais aucun lecteur du «Cours» n'ignore que, d'un côté, la dimension syntagmatique du langage telle qu'elle se présente par exemple dans la phrase est chez SAUSSURE, d'une manière curieuse, à la limite entre la langue et la parole («... il n'y a pas de limite tranchée entre le fait de langue ... et le fait de parole ...»: 173), et que de l'autre cette dimension a aussi un aspect formel. C'est grâce aux analyses pénétrantes des exégètes de Saussure (de Mauro, Engler, Amacker) que nous voyons d'une manière plus claire comment Saussure a vu le rapport entre les deux oppositions «langue-parole» et «associatif-syntagmatique». Il sem-
La linéarité comme élément de forme
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ble évident que «syntagme» se réfère d'un côte aux combinaisons comme types, appartenant comme tels à la langue; et de l'autre aux «réalisations 'concrètes' d'un modèle abstrait» (AMACKER (1975), Linguistique saussurienne Genève-Paris: 145 etc.). Il est clair que l'idée d'une structure synchronique (nous dirions plutôt panchronique), sans participation de rapports temporels, est fondamentale dans le système de Saussure, qu'il s'agisse de paradigmes ou de syntagmes. L'axe syntagmatique n'est pas une chaîne d'événements qui se déroule dans le temps. «Un syntagme ... comporte un ordre, une suite linéaire, quelle que soit l'ampleur (mot analysable, composé, phrase)» (GODEL, «Sources»: 72; du deuxième cours), et ensuite, il est question «des types de syntagmes (ital. dans le texte) que nous avons en tête» (73). Je tire de ces observations la conclusion que les types —en tant que faits de langue, par conséquent abstraits— ne peuvent pas être mesurables ni le long de l'axe du temps, ni dans la dimension spatiale. Et en réalité, l'opposition parole-écriture n'est pas du ressort de la forme, indifférente en principe à toute réalisation matérielle, comme son et comme écriture (principe que Hjelmslev n'a jamais cessé de répéter). Il faut par conséquent caractériser autrement la dimension que Saussure (ou le «Cours») regarde comme mesurable, si nous voulons appliquer correctement aux syntagmes (aux unités composées) son propre principe de la forme. En réalité, l'idée que nous voulons mettre en relief, nous venons de la trouver dans le texte publié par GODEL et nous la trouvons, un peu cachée, aux endroits du «Cours» où Saussure parle d'ordre («Ordre de ses éléments»; «ordre de succession»: 190), même s'il y a plutôt en vue les faits morphologiques et syntaxiques (dans les composés et les propositions). Encore: «... l'ordre des mots est incontestablement une entité abstraite» (191), où pourtant il ne dit pas expressément «de forme». Ce qui étonne, c'est que SAUSSURE a l'air de voir différemment la structure du signifiant, attachée à la perception auditive, et celle des combinaisons des signes. Voir à ce sujet aussi Amacker, op. cit.: 186 («l'ordre, qui est une notion abstraite), et GODEL, «Sources»: 203: «cet ordre discursif 'qui est forcément celui de chaque unité dans la phrase ou dans le mot (signifer; ital. dans le texte)'» (note de l'étudiant R). Il semble que GODEL ait eu en vue le même manque de parallélisme entre signifiant et signifié quand il conclut («Sources»: 204) que du caractère linéaire Saussure n'a retenu que l'aspect grammatical. Dans le signifiant —en tant que composé d'unités d'expression (phonèmes)— il règne un ordre obligatoire des phonèmes et des groupes de phonèmes (syllabes, etc.). Cet ordre n'est par conséquent déterminé par aucun choix libre de la part du locuteur. Il n'est pas indifférent que l'ordre, dans la syllabe, soit /kal/ ou /lak/, et, dans le groupe, / / a r m e / ou /mar/e/. La structure syntagmatique indique à chaque membre phonologique et (au niveau des signes) à chaque morphème, sa place (son numéro si l'on me permet le mot) dans la chaîne, et cette place est soumise à son tour
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aux restrictions phonotactiques et syntaxiques valables dans le système. Le fait que cet ordre est plus strictement déterminé au niveau du signifiant qu'aux niveaux supérieurs où il s'atténue avec la longueur des signes ne change rien à la validité générale du principe. De toute façon et quel que soit le niveau choisi, l'ordre représente une hiérarchie et une présupposition (de tel élément comme initiale ou comme succédant à tel autre). En d'autres mots, tout élément —dans la syllabe, dans le groupe syllabique ou, au niveau des signes, dans les morphèmes composés et dans les phrases— a son rang (r 1, r 2, etc.). C'est par ce rang des imités que se définit la structure syntagmatique comme forme. L'ordre des mots définit la différence de structure (et de sens) entre je dois et dois-je («Cours»: 190; je ne discute pas ici si cette différence répond seule de l'opposition de sens). L'ordre des éléments («leur place dans le tout»: 177) est tout aussi important que les rapports entre ceux-ci dans le paradigme. Je suppose que c'est ceci que GODEL a eu en vue quand il parle de «la structure linéaire de tout syntagme» (207). «La syntagmatique inclut la syntaxe» (id.: 73). C'est évidemment à tort que Saussure (par moi-même entre autres) a été accusé d'avoir négligé la syntaxe. Les règles internes de la phonotaxe et de la syntaxe (ordre des mots) fixent les possibilités disponibles. La structure effective de chaque séquence (de phonèmes ou de signes) définit respectivement les syllabes, les syntagmes, les propositions et les textes comme formes pures. Le principe de l'ordre et du rang avait été mis à profit déjà tôt par Bengt Sigurd dans ses études sur la phonotaxe des consonnes suédoises (d'abord dans Studia linguistica IX, 1955, où Lars Gârding donnait la théorie mathématique de l'ordre hiérarchique des éléments du langage; ensuite dans sa thèse «Phonotactic Structures», Lund 1965, et autres ouvrages). Il me semble évident que les savants cités ont senti leur description de l'ordre hiérarchique des unités comme une description de forme, de structures abstraites, sans qu'il soit pourtant question chez eux, expressis verbis, d'une dichotomie entre un ordre (forme) et une manifestation linéaire de cet ordre (substance) 4 . C'est donc au niveau de la parole («langue en acte» AMACKER: 6 3 ) que cet ordre de rang se traduit en séquences temporelles (ou spatiales) et que, par conséquent, le signifiant prend une dimension «mesurable» (dans les termes du «Cours»), de la même manière que les structures des signes le font. Ceci est naturellement une façon compliquée de rendre compte d'un fait qui peut paraître simple. Et nous venons de voir que Saussure a formulé lui-même très clairement la place de la dimension d'ordre dans les structures formelles du langage. On n'a qu'à généraliser ses propres vues sur l'ordre des signes dans les syntagmes pour voir dans les séquences des phonèmes un aspect de la même forme abstraite. 4
M. Sigurd me confirme qu'en concevant son idée de rang, il ne l'avait pas encore mis en rapport direct avec la dichotomie saussurienne.
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Rien ne nous empêche pourtant de nous servir du terme «linéaire» avec référence également à cet ordre hiérarchique du rang qui est responsable de la combinaison des éléments simples du langage dans les séquences complexes, tant que nous avons présente à l'esprit l'idée de la linéarité comme une qualité abstraite ou un ordre hiérarchique qui nous permet de compter et de numéroter les possibilités. Comme forme, le signifiant n'est pas une ligne susceptible de mesure ni dans le temps, ni dans l'espace. C'est plutôt une chaîne dont les chaînons apparaissent avec le rang et le nombre qui leur reviennent. Les chaînons sont par définition discrets. C'est en l'absence d'un terme commode applicable à toute structure «linéaire» de ce genre —depuis les combinaisons des traits, les groupes de phonèmes et des syllabes jusqu'aux propositions et aux textes (de longueur en principe infinie)— que nous avons proposé dans quelques travaux antérieurs le mot esquisse2. L'esquisse serait par conséquent la structure syntagmatique conçue dans l'esprit du locuteur («en tant que fait de langue virtuel»; note des éditeurs à la page 98 du «Cours») avant d'être réalisée, sous forme de chaîne ou de ligne, dans la parole concrète. Elle représenterait la forme dont les groupes, les syllabes, les syntagmes, les propositions et les discours seraient les réalisations concrètes, mesurables dans le temps ou dans l'espace 5 . 5
Je constate que M. Godel, comme moi, voit dans le concept de discours un fait de parole et non pas, comme certains autres, un fait de langue (de forme). Dans ma terminologie, le discours réalise (au niveau des textes) l'esquisse. Les idées de trésor intérieur et de mémoire auxquelles s'oppose le discours (la chaîne de la parole; GODEL, «Sources»: 259, renvoi au deuxième cours) correspondent donc grosso modo à celle d'esquisse.
Die enklitischen Wortkörper des Englischen. Wie universell ist die Silbe? HERBERT PILCH
(Freiburg i.Br.)
1. Die Universalität der Silbe Wir Linguisten haben den Universalienstreit aus dem Mittelalter ins 20. Jahrhundert hinübergerettet. In den fünfziger Jahren tobte er als «God's truth Iinguistics» (Realismus) gegen «hocuspocus linguistics» (Nominalismus). Die Streitfrage lautete: Gibt es die linguistischen Einheiten (das Phonem, Morphem, den Satz usw.) wirklich (God's truth)? Oder tun wir nur so, als ob es sie gäbe? Sind es also lediglich ad hoc ersonnene Fiktionen (hocuspocus)? Seit den sechziger Jahren ist der Universalienstreit um seine rationalistischen Varianten bereichert: Welche sprachlichen Merkmale sind dem Menschen (bzw. den Primaten) schlechthin angeboren? Sie müßten in allen Sprachen (oder doch wenigstens in ihrer «deep structure») wiederkehren. So wie die Frage gestellt ist, setzt sie die Antwort schon voraus. Sie setzt nämlich voraus, d a ß die Sprachwissenschaft es mit angeborenen Merkmalen zu tun habe und es sich nur noch im einzelnen darum handle, diese Merkmale aufzufinden. Daran knüpft sich ein gewaltiger Aufwand von spekulativer Neuropsychologie, und wieder streitet man ausdauernd über die Realität (diesmal die «psychologische Realität») der linguistischen Kategorien. Wenn zum Beispiel die distinktiven Schallmerkmale dem Menschen angeboren sind, so muß er wohl auch einen angeborenen «feature detector» 1 mitbekommen haben, mit dessen Hilfe er diese Merkmale erkennt. Die einschlägigen Tests haben die neuropsychologische «Realität dieses «feature detector» längst «bewiesen» (indem sie ihn voraussetzten), und sie ist somit über jeden Zweifel erhaben. Ein in diesem Sinne heftig umstrittenes universale ist die Silbe. Um 1
M. STUDDERT-KENNEDY (1979), «Speech Perception». Bericht an den 9. Internationalem Kongress für phonetische Wissenschafter. Kopenhagen: 58-81, bes. 67f.
Herbert Pilch
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nur einige der seriösen Kontrahenten zu nennen: Roman Jakobson setzt ihre Universalität voraus, wenn er Implikationen vorschlägt wie: «Geschlossene Silbe impliziert offene Silbe»2. K. L. Pike nennt die Silbe ausdrücklich als universale (vermutlich im Sinne der «God's truth linguistics»)3. K. Kohler verwirft sie dagegen als schädliche Fiktion (vermutlich im Sinne der «hocuspocus linguistics»)4. M. Studdert-Kennedy sieht in der Silbe die elementare Einheit sprachlichen Verstehens überhaupt (vermutlich im neuropsychologischen Sinne) 5 . Die Generativisten und ihre Nachfolger setzen die Universalität der Silbe diskussionslos voraus. Für ChomskyHalle ist sie naturgegeben mit dem abwechselnden öffnen und Schließen des Artikulationskanals 6 . Die phonologischen Naturalisten nennen die Silbe als Prozeß 7 , und «all processes are universal» 8 . Wir halten die Frage in allen diesen Formen für schlecht gestellt. Es kann nicht darum gehen, ob Gott die Silbe geschaffen hat. Das haben zweifellos wir getan, d.h. unsere kulturelle Uberlieferung. Schon in der Schule haben wir von Silben gelernt. Wir haben es gelernt, nach den silbischen Versmaßen der europäischen Dichtung zu skandieren, beim Schreiben Silben zu trennen und dementsprechend Silben zu zählen. Zweifellos ist die Silbe also, um mit Coseriu zu sprechen, ein begriffliches universale, d.h. eine begrifflich faßbare linguistische Kategorie 9. Folgt daraus, die Silbe sei angeboren? Gewiß nicht — auch wenn unsere Kulturtradition unser Denken so tief prägen mag, daß wir uns eine Sprache ohne Silben nicht vorstellen können («there are more things in heaven and earth, Horatio ...»). Folgt daraus, daß alle Sprachen Silben haben? Gewiß nicht; denn aus dem begrifflichen kann kein empirisches universale folgen. Sind wir dagegen so tief von unserer Kulturtradition geprägt, daß wir uns entschließen, die Silbe in jeder Sprache wiederzufinden, dann machen wir die Silbe aus einem sprachlichen universale zu einem universale der Sprach2
«There are languages lacking syllables with initial vowels and/or syllables with final consonants, but there are no languages devoid of syllables with initial consonants or of syllables with final vowels» (R. JAKOBSON, «What can typological studies contribute to historical comparative linguistics?» Bericht an den 8. Internationalen Linguistenkongress (EVA SIVERTSEN (Hrsg.), Oslo 1 9 5 8 : 2 1 ) . 3 PIKE, K. L. und E. G. PIKE (1977), «Grammatical Analysis». Summer Institute of Linguistics. Dallas (Texas): 3. 4 «Is the syllable a phonological universal?», Journal of Linguistics 2 (1966): 207f. Eine Widerlegung legt W. J. SULLIVAN aufgrund russischen Materials vor, «Predicting Ambiguous Syllabification», Fifth Lacus Forum. WÖLCK W . und P. L . GARVIN (Hrsg.), Columbia (S.C.) 1979:201-207. 5 «The primary unit of perception is evidently the unsegmented syllable», STUDDERT6
KENNEDY, op.
cit.:
72.
The Sound Pattern of English. New York, Evanston and London 1968:302, Anm. 7. 7 HOOPER, J. (1979), «Formal and substantive approaches to phonology». Verhandlungen des 9. Internationalen Kongresses für phonetische Wissenschaften.: 149. 8 op. cit.: 146. 9 COSERIU, E . ( 1 9 7 4 ) , «Les universaux linguistiques (et les autres)». Verhandlungen des 11. Internationalen Linguistenkongresses Heitmann, L. ( 1 9 7 4 ) , (Hrsg.). Bologna: 47-73.
Die enklit. Wortkörper des Engl. Wie universell ist die Silbe?
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Wissenschaft10. Der Erfolg kann in solchem Falle nicht ausbleiben. Er sagt aber letztlich nichts über «die Sprache» bzw. über alle Sprachen aus, sondern nur etwas über die Härte unserer Entschlossenheit. Wir fragen also nicht: Ist die Silbe (von Gott, dem menschlichen Nervensystem oder von wem auch immer) vorgegeben, oder ist sie (von uns) frei erfunden? Gilt die Silbe entweder für alle Sprachen oder für keine Sprache (als positives oder negatives, rationales universale)? Sondern wir fragen: Auf welche Sprachen ist die Silbe anwendbar? In welchem Maße ist sie anwendbar? Wir behandeln die Silbe damit als selektives universale im Sinne C O S E R I U S n . Sie ist ein analytischer Begriff und gleichzeitig empirisch motiviert, also ein «realer» Begriff (im Gegensatz zum willkürlichen, empirisch unmotivierten «formalen» Begriff) 12 . Aufgrund unserer Erfahrung legen wir gewisse Bedingungen fest, die ein empirisches Phänomen erfüllen muß, damit wir es als Silbe kategorisieren 13 : Es muß ein h ö r b a r e s Phänomen sein, und es muß sich in der phonologischen Hierarchie in kleinere Einheiten (wie Konsonanten und Vokale in den europäischen Sprachen, Initiale und Reimelemente im Chinesischen, Burmesischen, Vietnamesischen) untergliedern 14 . Das heißt, mit Hilfe der Silbe stellen wir Paradigmata von Vokalen und Konsonanten (bzw. von Initialen und Reimelementen) auf, und je nachden, wie sich die Silbe im einzelnen untergliedert und ob sie überhaupt vorhanden ist, ergeben sich verschiedene Sprachtypen 15 . 2. Empirische Motivierung der Silbe im Englischen Die Phonemparadigmata motivieren empirisch die Silbe innerhalb der englischen Sprache. Für das Englische stellen wir die Liste der an- und auslautenden Konsonanten (und Konsonantenverbindungen) innerhalb der Silbe auf, z.B. anlautendes /w/ in wash, anlautendes /kw/ in quash, anlautendes /skw/ in squash. Auslautendes /Im/ in elm, aber auslautendes /In/ nur peripher 16 in der Schriftaussprache des Wortes kiln. Zwischen anlau10 op. cit.: 57-64. » op. cit.: 53f. 12 «... mais ceci ne signifie pas que les notions réelles soient entièrement arbitraires et n'aient pas de rapports avec l'objet de cette théorie, tandis que les notions formelles sont effectivement arbitraires du point de vue de l'objet.» (COSERIU, op. cit.: 58). 13 Vgl. dazu nähere Angaben Vf., Phonemtheorie. 3. Aufl. Basel 1974:19. 14 Im Sinne PIKES, I.e. 15 Eine solche Sprachtypologie (die die morphologische Rolle der Silbe berücksichtigt) skizziert KASEVIC, V. B. (1977), Elementy ob'sèej lingvistiki. Moskau: §§ 49, 50, 146. M Vgl. Vf. «Zentrale und periphere Lautsysteme.» Verhandlungen des 5. Internationalen Kongresses für phonetische Wissenschaften, Zwirner, E. und W. Bethge (Hrsg.) (1964), Münster: 467473. II.
—11
Herbert Pilch
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tendem und auslautendem Konsonanten steht als Gipfel der Vokal (bzw. die Vokalverbindung). Bestimmte Vokale schließen bestimmte an- bzw. auslautende Konsonanten aus (und umgekehrt), z.B. auslautendes /r\/ nur nach sogenannten kurzen Vokalen und auch nicht nach /e/, nur peripher nach /x>/, vgl. sang, song, sung, aber nicht */seq sur)/ n . Die Termini Anlaut, Auslaut, Gipfel meinen hier bestimmte Stellungen innerhalb der Silbe, also Silbenanlaut, Silbenauslaut, Silbengipfel. Die Silbe als Rahmen definiert für uns die drei Stellungen, und diese Stellungen (nicht etwa bestimmte artikulatorische Eigenschaften) definieren ihrerseits die Kategorien Konsonant (Anlaut, Auslaut) und Vokal (Gipfel) 18 . Ohne die Silbe und ihre Gliederungen ließen sich echte Oppositionen nicht von scheinbaren unterscheiden. Zum Beispiel stünde /s/ in Opposition zu /s/ im Anlaut der Wörter (nicht der Silben) spear appear, und der ungelöste Verschluß /k/ im Auslaut des Wortes (nicht der Silbe) ticked stünde in Opposition zum gelösten Verschluß /k 1 / im Auslaut des Wortes ticket. Folglich wären (für ein simples phonologisches Verständnis) /s/ und /s/ entweder beides Vokale oder beides Konsonanten, und gelöstes /k'/ und ungelöstes /k/ wären im Englischen zwei verschiedene Phoneme. Über die Phonemparadigmata hinaus deuten wir eine Reihe von minimalen Paaren als Unterschied nicht zwischen Phonemen, sondern zwischen Silben. Das eben genannte Beispiel ticked ^ ticket deuten wir beispielsweise so, daß ticked einsilbig sei, ticket zweisilbig. Durch diesen Unterschied sei, so sagen wir, die unterschiedliche Verschlußlösung bedingt, und gerade und nur an diesem Unterschied erweist sich die postulierte Hörbarkeit der Silbe. Ähnlich deuten wir die viel zitierte Opposition gambling gamboling nicht als Opposition zwischen zwei verschiedenen /-Phonemen, sondern zwischen zweisilbigem gambling und dreisilbigen gamboling. Der einzige hörbare Unterschied, nämlich die unterschiedliche Länge des l, sei, so sagen wir, durch die unterschiedliche Silbenzahl bedingt. Wieder erweist sich die Silbe als hörbar und als nützlich im Sinne des nominalistischen entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem. Ähnlich deuten wir üblicherweise als einsilbig in Opposition zu zweisilbig (soweit die betreffenden Wörter nicht zusammenfallen): hire ^ higher roar ^ rawer line lion
17
own yt Owen gnome ^ Noam same * Graham.
Vgl. dazu ausführlicher Vf., Manual of English Phonetics: § 3211 (erscheint bei
Fink, München).
" Vgl. Vf., Phonemtheorie
17: Anm. 21.
Die enklit. Wortkörper des Engl. Wie universell ist die Silbe?
3. Struktur
der englischen
153
Nachtonsilben
Nun haben wir zwar die Liste der an- und auslautenden Konsonanten (gruppen) und Vokale für den sog. betonten Einsilbler aufgestellt 19 , aber darüber hinaus wissen wir über das Englische nur sehr lückenhaft Bescheid. Betrachten wir die sog. zweisilbigen Wörter mit Betonung auf der ersten Silbe. Wieviele verschiedene Nachtonvokale kommen darin vor? Welche Konsonanten gehen ihnen voran und welche folgen? Die Phonemparadigmata dieser «ersten Nachtonsilbe» unterscheiden sich wesentlich von denjenigen des «betonten Einsilblers». Als Nachtonvokale kommen (außer den Sonanten) vor: /i/ /i/
in many in menu
/a/ in soda /o/ in minnow /u/ in cuckoo.
Die meisten Spielarten des Englischen unterscheiden nachtoniges / i / in Rosie's von nachtonigem / s / in Rosa's, roses. Nur in Pennsylvanien und Virginien hört man in allen drei Wörtern verschiedene Nachtonvokale, die wir dann als /i i of (oder auch anders) transkribieren können. Die konservativen Spielarten des britischen Standards lassen die Nachtonvokale von Rosie's uöd roses unter / i / zusammenfallen und unterscheiden es von / s / in Rosa's. Dieses Vokalparadigma gilt aber nur vor wenigen auslautenden Konsonanten der Nachtonsilbe, insbesondere vor den Flexionsendungen /z d / wie in taxies, taxied. Vor auslautenden / t s/ kommt dagegen zumindest / u / nicht vor, und / o / kommt nur peripher vor: fi/ in Eliot fi/ in graduate /a/ in senate loi ?
I'll It/ /a/ /o/
in in in in
gaseous continuous status Los Gatos 2a.
Hier geraten wir schon in Konfikt mit der üblichen Analyse. Diese segmentiert die Nachtonvokale in graduate, continuous in zwei Silben mit der Phonemfolge / j u s / . Aber zu dieser Segmentierung besteht, wie wir meinen, kein Anlaß 21 ; denn / j u s / steht in dieser Stellung nicht in Opposition zu / j u / oder zu / u / oder zu /ua/. Angebliche Oppositionen wie / j u / in Aleut 'Bewohner der Aleuten' ^ / j u s / in graduate, / j u / in voluble ^ / j u s / in valuable sind der Schreibung nachkonstruiert, gehören aber nicht der tatsächlich gesprochenen Sprache an. 19
Vgl. Sivertsen, E. (1961), «Segment inventories for speech synthesis». Language and Speech 4: 27-90. 20 Spanischer Ortsname in Kalifornien. 21 Vgl. Vf., Phonemtheorie: 104f.
Herbert Pilch
154
Welche Nachtonvokale kommen vor den «nachtonigen Konsonanten» /v ä J q pl/ vor? Zum Beispiel in plosive, English, marriage, outing, multiple? Offenbar nur ein einziger, den wir als /©/ transkribieren können oder eher als Lösung der vorangehenden konsonantischen Enge / ' / . Analytisch besteht kein Anlaß, diesen «Vokal» als eigenes Phonem herauszusegmentieren. Im Gegenteil, es handelt sich um den Abglitt vom vorangehenden bzw. den Anglitt zum folgenden Konsonanten: Supposons, p. ex., que dans une langue toutes les consonnes soient automatiquement suivies d'un élément vocalique déterminé, ou que toute consonne d'une certaine classe soit automatiquement suivie d'une voyelle déterminée: cette langue n'aurait pas de voyelles fonctionnelles 22.
Ist also marriage, wenn es keinen Nachtonvokal hat, nicht zweisilbig, sondern einsilbig? Und ebenso die anderen genannten Wörter? Das folgt wohl zwangsläufig, und damit verlieren wir die Möglichkeit, den hörbaren Unterschied zwischen ticked und ticket mit unterschiedlicher Silbenzahl zu erklären — sofern wir daran festhalten, daß ein Vokalphonem zu den oben erwähnten Bedingungen gehören soll, «die ein empirisches Phänomen erfüllen muß, damit wir es als Silbe kategorisieren». Wie sieht es mit der «zweiten Nachtonsilbe» aus in Wörtern wie marriageable, eligible, perilous, penniless, politic, Arabie? Die «Vokale» dieser zweiten Nachtonsilben stehen wieder in keiner Opposition zu anderen Vokalen, und wir müssen sie aus den gleichen Gründen wie oben bei marriage als Bestandteil der umgebenden Konsonanten werten, also /j'bl/ in marriageable, eligible, /l's/ in perilous, penniless, /t'k/ in politic, /b'k/ in Arabie. Wir können das Apostroph sogar aus der Umschrift fortlassen; denn der Abglitt steht hier zu nichts in Opposition. Andere «zweite Nachtonsilben» haben dagegen die gleichen Vokalparadigmata wie die «erste Nachtonsilbe», z.B. /i/ /i/
in Kennedy in barbecue
/»/ in Canada /o/ in Manito23 /u/ in caribou.
Aber sind dies überhaupt «zweite Nachtonsilben»? Steht denn der «Vokal» /*/ der ersten Nachtonsilbe hier zu irgendetwas in Opposition? Höchstens zu Null, z.B. /nd/ ^ /n'd/ in Wendy ^ Kennedy, /nt/ ^ / n n / in conto ^ Manito, /ts/ ^ /t°s/ in curtsy ^ courtesy. Ist es dann aber nicht sachgerechter, von Opposition zwischen gelöstem und ungelöstem Verschluß zu sprechen (statt zwischen Vokal und Null)? Setzen wir Vokale routinemäßig doch nur an, wenn der Abglitt mit (distinktiv) verschiedener Klangfarbe erfolgt, wie in tea (i-farbige Verschlußlösung) ^ 22
23
COSERIU, op.
cit.:
52.
Name einer algonquischen Gottheit.
Die enklit. Wortkörper des Engl. Wie universell ist die Silbe?
155
two («-farbige Verschlußlösung). Der Vokal ist nämlich, phonetisch gesehen,genau dasselbe wie die (distinktive) Klangfarbe des Abglitts. Ähnliches Material läßt sich für die «dritte und vierte Nachtonsilbe» beibringen, z.B. /i/
particularly
/a/
/i/
caricature
/o/
marriageableness ?
Auch hier entstehen analoge Probleme über die angeblichen Vokale der vorangehenden Silben. Es sind falsche Segmente! Nicht einmal für /*/ in der «ersten Nachtonsilbe» von particularly lassen sich Oppositionen zu anderen «Vokalen» beibringen. Im Gegenteil, /*/ steht in der Nachbarschaft von Labialen und Dorsalen (wie in opulent, truculent, augury), /V in der Nachbarschaft anderer Konsonanten (wie in marriageable /maer'jbl/, beautiful /bjut'fl/). Vielleicht hat wenigstens die «erste von mehreren Nachtonsilben» ein binäres Vokalparadigma /i/ ^ /©/, z.B. /i/ in (amerikanische Aussprache) Connecticut /-ik't/ ^ /»/ in delicate /-ak't/. Minimale Paare lassen sich jedoch selbst hierfür nicht beibringen.
4. Struktur des enklitischen
Materials
Lohnt es sich überhaupt noch, für diese Wortkörper mit dem Silbenbegriff zu arbeiten? Wir meinen, nein. Schafft doch der Silbenbegriff hier mehr Probleme, als er löst. Das Vokalparadigma der sog. Nachtonsilben hängt offenbar nicht davon ab, ob es sich um die erste, zweite, dritte oder wievielte Nachtonsilbe handelt, sondern von den umgebenden Konsonanten. An erster Stelle nach der Tonsilbe steht das volle Paradigma von fünf Nachtonvokalen zuzüglich Sonanten. Stattdessen kann das gleiche Paradigma auch an späterer Stelle stehen (wie in Kennedy, barbecue usw.), jedoch nicht an beiden Stellen. Dazwischen steht ein einziger Konsonant. Steht dazwischen eine Konsonantenverbindung, so vermindert sich das Paradigma der Nachtonvokale auf zwei, nämlich /i s/ (zuzüglich Sonanten), z.B. in occupancy (nach Konsonantenverbindung /pns/), /n/ in Englishman (nach Konsonantenverbindung /Sm/), /s/ in algebra (nach Konsonantenverbindung /br/). Diese «nachtonigen Konsonantenverbindungen» sind nach ihrem phonologischen Bau klassifizierbar24, bilden also ein Phonemparadigma im gleichen Sinn wie die an- und auslautenden Konsonantenverbindungen. Umgekehrt können wir die in Betracht stehenden Wortkörper nicht als Folge einzelner Silben in dem Sinne betrachten, daß jede Silbe ebenso gebaut wäre wie die «betonten Einsilbler», abgesehen vom Verlust des Wortakzentes. Man versuche (im Rahmen eines solchen Modells) die Konsonanten- und Vokalparadigmata für die erste, zweite, dritte usw. Nach24
Vgl. Vf., Manual of English Phonetics.
§§ 4.6, 4.7.
156
Herbert Pilch
tonsilbe aufzustellen! Es geht nicht. Man kann natürlich aus einer begrenzten Materialmenge (z.B. einem Aussprachewörterbuch) die einschlägigen Daten exzerpieren, aber zu Paradigmen verallgemeinern lassen sie sich nicht. Wie es bei einer schlecht gestellten Frage zu erwarten ist, sie läßt sich nicht beantworten. Ärger bereitet im Rahmen des konventionellen Modells auch die Abgrenzung von Ein- und Zweisilblern. Soll /zm/ im Auslaut des Einsilblers chasm eine Konsonantengruppe sein, im Zweisilbler bosom aber die Nachtonsilbe bilden? Hörbar ist der Unterschied jedenfalls nicht, und damit verstoßen wir gegen die erwähnten Bedingungen, «die ein empirisches Phänomen erfüllen muß, damit wir es als Silbe kategorisieren». Ähnlich für die Reimpaare girl : squirrel, Charles : barreis, burnt : weren't. In schottischer Aussprache wird der fc-Verschluß sowohl in ticked als auch in ticket gelöst, und die Lösung ist stimmlos in ticked, stimmhaft in ticket. Sollen wir also in Schottland die stimmlose Lösung als unsilbisch ansehen, im übrigen Sprachgebiet aber als silbenbildend? Man kann alles das natürlich machen und die konventionelle Silbengliederung retten — um den Preis eines abstrusen Sammelsuriums «silbenbildender Eigenschaften» von der stimmhaften im Gegensatz zur stimmlosen Verschlußlösung bis zur Länge des /I/ (in gamboling) und zur Nasalierung des Vokals (in final /fail/ ^ file /fail/). Auf die Fähigkeit des Sprechers, Silben zu zählen, zieht man sich dabei zwar gern als «psychologische Realität» zurück; aber diese «Fähigkeit» ist zweifellos nicht angeboren, sondern in der Schule gelernt. Sie zeigt, daß wir, wenn wir es recht gelernt haben, alle Wörter silbisch vorsprechen können. Sie zeigt nicht, daß wir auch sonst so sprechen! Unsere silbischen Versmaße stützen die silbische Analyse erst recht nicht. Im Gegenteil! Diese Versmaße stammen historisch aus silbischen Sprachen (Latein, Französisch), und vor ihrer Übernahme war der englische Vers bekanntlich unsilbisch. Zum anderen stellen sie der metrischen Analyse, wie jeder Sachkenner weiß, unlösbare Probleme; denn die tatsächlichen Verse der englischen Dichtung wollen sich den silbischen Schemata der Metrik nicht recht fügen25.
5. Die Wortkörper
des Englischen
Vor dem Fünften Lacusforum26 habe ich dafür plädiert, daß die Silbe wohl auf Sprachen wie Chinesisch und Finnisch anwendbar sei, aber gerade auf das Englische nur sehr begrenzt, und zwar nur auf den «betonten Einsilbler». An ihrer Stelle schlug ich vor, mit dem Begriff Wortköper (phonological word, shape type) zu arbeiten. Wir unterscheiden für das Englische drei Wortkörpertypen, und zwar 1. den konventionellen Einsil25 26
Vorliegendes Argument verdanke ich Gleason H. A. (Toronto). Vgl. Vf., «Non-Syllabic Phonology». The Fifth Lexus Forum. WÖLCK W. und P. L. GARVIN (Hrsg.) (1979), Columbia S.C.: 209-213.
Die enklit. Wortkörper des Engl. Wie universell ist die Silbe?
157
bler, 2. den enklitischen Wortkörper (betonte Silben mit Nachtonsilben), 3. den proklitischen Wortkörper (betonte Silbe mit Vortonsilben). Der erste Typ läßt sich dabei durchaus als verkürzte Form der beiden anderen Typen verstehen, jedoch ist der Anlaut des Einsilblers verschieden vom Anlaut der «Tonsilbe» des proklitischen Wortkörpers, und dementsprechend ist auch der Auslaut des Einsilblers verschieden vom Auslaut der «Tonsilbe» des enklitischen Wortkörpers. Zum Beispiel kommt aspiriertes / b h / nicht im Anlaut von Einsilblern vor, wohl aber im proklitischen Wortkörper, wo wir es konventionell als Folge der beiden Phoneme / b h / auffassen, z.B. in abhor. Die Stimmhaftigkeitsassimilation gilt im An- und Auslaut von Einsilblern (die Konsonantengruppen sind hier als ganzes grundsätzlich entweder stimmhaft oder stimmlos), aber nicht in enklitischen Wortkörpern, vgl. z.B. stimmhaftes / b / plus stimmloses / s / in dbsent, stimmloses / t / plus stimmhaftes / b / in Whltby. Der phonologische Wortkörper fällt häufig mit dem lexikalischen Wort zusammen, aber nicht immer. Zum Beispiel bildet don't 'do not' zwei lexikalische Wörter, aber nur einen einsilbigen Wortkörper; I want to go /aiwna 'gou/ bildet vier lexikalische Wörter, aber nur einen einzigen, proklitischen Wortkörper. Jeder «volle Vokal» gehört einem eigenen Wortkörper an, demnach enthalten Wörter wie Colo+rado, ortho+doxy je zwei enklitische Wortkörper (abgegrenzt durch das Zeichen / + /). In manchen lexikalischen Wörtern verbindet sich proklitischer mit enklitischem Wortkörper, z.B. in assiduous, demöcracy. Das Vokalparadigma der «Tonsilbe» ist hier mehr oder minder das gleiche wie beim Einsilbler, das Paradigma des vorangehenden Konsonanten aber wie beim proklitischen Wortkörper, das Paradigma des nachfolgenden Konsonanten wie beim enklitischen Wortkörper. In diesem Rahmen lassen sich nicht nur die Phonemparadigmata des Englischen aufstellen (was im Rahmen des Silbenmodells nur für die «betonten Einsilbler» gelingt), sondern auch empirisch beweisbare Aussagen über die Morphonologie. Zum Beispiel enthalten proklitische Wortkörper allgemein im Englischen mehr als nur eine proklitische Silbe nur dann, wenn dort eine lexikalische Wortgrenze liegt (wie im oben genannten Beispiel I want to go), sonst aber nicht. Darüber hinaus lösen sich auch eine Reihe wohlbekannter cruces. Die Opposition der Nachtonsilben Plato ^ potato, refugee effigy entpuppt sich als Opposition nicht zwischen zwei verschiedenen Phonemen o bzw. i, sondern zwischen verschiedenen Wortkörpertypen Pla+to ^ potdto, refu+gee ^ effigy. Der in Nordamerika verbreitete Zusammenfall von / i / und / u / nach Alveolaren (wie in tute = loot, due = do) findet nur im Vorton und unter dem Akzent unter / u / statt, im Nachton aber unter / i / , (z.B. in virulent, menu, virtue). Der Konsonant /z/ ist auf den Inlaut beschränkt, d.h. den «Auslaut der Tonsilbe» enklitischer Wortkörper, z.B. in seizure, amnesia, Visual. Im Anund Auslaut tritt er nur peripher in französischen Wörtern auf wie genre, beige. Ebenso auf den Inlaut, d.h. die enklitischen Wortkörper, beschränkt
Herbert Pilch
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ist der im Westen der Vereinigten Staaten und in Kanada übliche Zusammenfall von frühneuenglisch /asr er e : r / unter /er/ in marry = merry = Mary (Gleichheitszeichen / = / bedeutet Homophonie). Man versuche, den für diese Verhältnisse offensichtlich erforderlichen Begriff Inlaut im Rahmen der konventionellen, silbischen Analyse zu definieren! Es geht nicht; denn Inlaut ist nicht gleich jeder beliebigen Folge betonte + unbetonte Silbe (z.B. in der Anrede löok Sir. Hier folgen zwar betonte + unbetonte Silbe, aber die Phonemparadigmata sind ganz anders). Schließlich erweist sich der obskure Begriff Akzent in unserem Rahmen als einfach definierbar. Die üblichen Definitionen (Lautstärke, Expirationsdruck, Muskelspannung usw.) versagen bekanntlich bei ernsthafter Nachprüfung. Für uns ist der Akzent mit dem Wortkörpertyp gegeben, vorne im enklitischen, hinten im proklitischen Typ, tautologisch im Einsilbler. Damit erklärt sich auch die angebliche Tatsache, daß jeder isoliert gesprochene Einsilbler betont ist: Es ist nämlich gar keine empirische Tatsache, sondern eine Definition. Aus diesem Grunde (und nur aus diesem Grunde) gilt sie ausnahmslos. Faß man die Silbe als empirisches universale auf, so wird gegen ihre Allgemeingültigkeit (d.h. gegen die These: «In allen Sprachen gibt es Silben») gern das Bella Coola zitiert, eine Sprache an der Westküste von Kanada, in der es (u.a.) «Wörter ohne Vokale» gibt. Solche Wörter bestehen in einer Folge von Konsonanten mit (ihrer Klangfarbe nach undifferenzierten) Abglitten27. Ch. Hockett deutet diese undifferenziert abgleitenden Konsonanten ah silbisch, und begründet dies wie folgt: «If we interpret successions of such syllables simply as 'consonant Clusters', then there seem to be virtually no limitations on the sequences in which consonants can occur in Clusters»28. Im Gegensatz zum Bella Coola gibt es aber im Englischen durchaus solche Begrenzungen. Wie wir oben angeführt haben, stehen zwischen erstem und zweiten Nachtonvokal nicht beliebige, sondern bestimmte nachtonige Konsonanten (Verbindungen). In dieser Stellung fehlen z.B. als einfache Konsonanten ¡1 t i)/, und /g/ kommt nur peripher in fremden Namen und gelehrten Wörtern vor wie Montague, indigo. Wir brauchen nicht bis zum Bella Coola zu gehen, um unsilbisch strukturierte Sprachen zu entdecken. Das Englische reicht. Man muß nur weiter sehen als bis zum «betonten Einsilbler». 27
Beschreibung bei 2« op. cit.: 58.
HOCKETT,
Ch. (1955), A Manual
of Phonology.
Baltimore: 57f.
Stammbaumtheorie und Selektion KLAUS
STRUNK
(München)
Die Stammbaumtheorie August Schleichers war als Modell für die Entwicklung genetisch verwandter Sprachen bereits im 19. Jahrhundert alsbald umstritten. Das prominenteste Gegenmodell jener Epoche wurde bekanntlich schon von Schleichers Schüler Johannes Schmidt in dessen sogenannter Wellentheorie aufgestellt. Weitere Erwägungen prinzipieller Art traten später hinzu, die in zunehmend differenzierender Weise die Entwicklung und Veränderung verwandter Sprachen beurteilten und begründeten. Man machte auf Sub- und Adstratwirkungen aufmerksam, rechnete mit konvergenten Sprachbund-Prozessen und entdeckte diastratische Wechselwirkungen in der Geschichte von Einzelsprachen. Sogar unabhängig voneinander, das heißt ohne Lehnbeziehungen zustande kommende Parallelentwicklungen getrennter Sprachen wurden von Forschern wie W. S c h u l z e A . Meillet 2 und insbesondere O. Höfler in dessen 'Entfaltungstheorie' 3 zu bedenken gegeben. Aber nicht alle diese Überlegungen gediehen bis zu klaren und faßbaren Modellen von der Art jener, die A. Schleicher und J. Schmidt entworfen hatten. Dafür gab es gute Gründe. Denn mit einmal gewonnener Einsicht in die Vielfalt möglicher Voraussetzungen, Triebfedern und Motive für Veränderung und Verselbständigung von Sprachen war es nicht mehr vereinbar, einfache und damit zugleich einseitige Theorien für derartige Phänomene zu erstellen. Nach aller theoretisch-grundsätzlichen Erörterung dieser Probleme erscheint zumal Schleichers Stammbaumtheorie und ihre Manifestation in der berühmt-berüchtigten Schleicherschen Fabel 4 , die die Möglichkeit 1
1934:478; auch 229; 295-296; 472; 654. Vgl. ferner STRUNK 1977:22-36. 1926:61-75. Dazu COSERIU 1974:200-201. HÖFLER 1955:30-66; 424476. 1956:1-44. 1957:161-350. 1958:111-127. Die von Schleicher im Jahre 1868 veröffentlichte 'indogermanische' Version einer Fabel ist abgedruckt unter anderem bei HIRT 1939:113. Bemerkenswert ist der im Hinblick auf solche Möglichkeiten immer noch zuversichtliche Versuch von Hirt SCHULZE
2 MEILLET 3
4
Klaus Strunk
160
lückenloser Rekonstruktion des Indogermanischen als eines funktionierenden Sprachsystems dartum sollte, heute als bloße wissenschaftsgeschichtliche Episode. Trotzdem haben die Verfahrensweisen der historischen Grammatiken das Stammbaummodell nie wirklich aufgegeben, sondern es implizit —zumindest anteilig— weiter vorausgesetzt. Mutatis mutandis ähnliche Klüfte bestehen übrigens zwischen theoretischen Bewertungen junggrammatischer Lautgesetz-Konzeptionen und der unbeirrt praktizierten Anwendung dieser Konzeptionen auch in modernen historischen Grammatiken. Diese Feststellung gilt nicht nur für historische Grammatiken altindogermanischer Sprachen, die de facto nach wie vor letztlich ein wie auch immer geartetes 'Urindogermanisch' voraussetzen, sondern ebenso beispielsweise für diejenigen romanischer Sprachen, die vom Latein als einer —allerdings unbezweifelbaren— Grundsprache ausgehen. Diese traditionelle Praxis der historischen Grammatiken hat sich nach Ausweis ihrer Resultate bewährt, und so verwundert es nicht, daß sie weiterhin gilt, wenn auch —nicht zuletzt aus neuen sprachtheoretischen Erkenntnissen heraus— in immer präzisierteren und verfeinerteren Erscheinungsformen. Dafür, daß Schleichers Stammbaumtheorie schon früh umstritten war, lassen sich, außer den eingangs erwähnten, weitere Gründe anführen. Einer davon lag darin, daß die Stammbaumtheorie eng mit Schleichers anfechtbarer Auffassung von Sprachen als gleichsam selbständig existierenden Naturorganismen verknüpft war. Besonders deutlich stellt sich diese Verbindung in seinem 1873 in 3. Auflage als «Offenes Sendschreiben an Dr. Ernst Häckel» erschienenen Artikel zum Thema «Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft» 5 dar. Da heißt es beispielsweise: «Von Sprachsippen, die uns genau bekannt sind, stellen wir eben so Stammbäume auf, wie dieß Darwin... für die Arten von Pflanzen und Tieren versucht hat. Es zweifelt niemand mehr daran, daß die ganze Sippe der indogermanischen Sprachen..., die aus zahlreichen Arten, Unterarten und Varietäten besteht, von einer einzigen Grundform, der indogermanischen Ursprache, ihren Ausgang genommen habe.» 6
Und an anderer Stelle: «Darwin schildert... völlig treffend die Vorgänge» [seil, in der Pflanzenund Tierwelt] «beim Kampfe der Sprachen um ihre Existenz. In der gegenwärtigen Lebensperiode der Menschheit sind vor allem die Sprachen indogermanischen Stammes die Sieger im Kampfe ums Dasein; sie sind in fortwährender Ausbreitung begriffen und haben bereits zahlreichen anderen Sprachen den Boden entzogen.» 7 (ebda: 114), eine nach modernerem Stand der indogermanistischen Sprachvergleichung revidierte Fassung von Schleichers Fabel zu erstellen. Eine nochmals geneuerte kommentierte Version der Fabel bieten jetzt LEHMANN-ZGUSTA 1979 an. 5
Jetzt n a c h g e d r u c k t b e i CHRISTMANN 1977:85-105.
6
B e i CHRISTMANN 1977:93.
7
Bei
CHRISTMANN
1977:104.
161
Stammbaumtheorie und Selektion
Hier zeigt sich exemplarisch, daß Schleicher die biologische Zuchtwahllehre und Selektionstheorie Darwins auf Werden und Vergehen menschlicher Sprachen im allgemeinen und der indogermanischen Sprachen im besonderen übertrug. Gegen eine so definierte Sprachauffassung, die im Rahmen der im 19. Jahrhundert von Franz Bopp über August Schleicher bis zu den sogenannten Junggrammatikern reichenden quasi 'naturwissenschaftlichen' Forschungsrichtung stand, waren grundsätzliche Einwände gewissermaßen vorprogrammiert. Sie blieben auch nicht lange aus und wurden zunächst explizit von einem Gelehrten erhoben, der nicht von ungefähr als Sprachwissenschaftler und Philologe zugleich wirkte und mit seinen Vorstellungen einer anderen, konkurrierenden und von Vorgängern wie Wilhelm v. Humboldt und Georg Curtius getragenen, später u. a. bei H. Schuchardt fortgesetzten 'geisteswissenschaftlich' orientierten Tradition der damaligen Sprachforschung verpflichtet war: von dem bekannten Indologen William Dwight Whitney. Er veröffentlichte bereits 1871 seinen ausführlichen Gegenartikel «Schleicher and the Physical Theory of Language»8. Darin wandte er sich namentlich gegen Schleichers Annahme, daß Sprachen «nicht vom Willen des Menschen bestimmbar» seien 9 und setzte dagegen seine These, es sei «an dem, was die Menschen zur Gestalt der Sprache beitragen, ... genauso viel und genauso wenig Willkürliches wie an dem, was sie zu jedem anderen Bestandteil der Gesamtheit ihrer Kultur beitragen.»
Zumal bei morphologischen, vielfach analogisch bedingten Veränderungen sei offenbar, «daß ihre Wurzeln im menschlichen Geist und Willen liegen». Man brauche «keine außermenschlichen Wirkungskräfte zu Hilfe zu rufen..., um die Bedeutungs- und Formenveränderungen... zu erklären» n . Auf Kontinuitäten beider, in dem Dissens zwischen Schleicher und Whitney extrem gegensätzlich hervortretender Sprachauffassungen des 19. Jh.s innerhalb der Sprachwissenschaft des 20. Jh.s kann hier nicht eingegangen werden. Aber der Anlaß dieser Zeilen gebietet es, zumindest darauf gebührend hinzuweisen, daß nicht zuletzt Eugenio Coseriu mit fundierten Darlegungen die Argumentation der unter anderen von Whitney vertretenen Richtung ausgebaut hat. Er stellte kausalen und teleologischen (im Prager Strukturalismus begründeten) Erklärungen des Sprachwandels sein 'finalistisches' Deutungsprinzip entgegen (COSERIU 1974:152-205) und verdichtete es in folgender Aussage: «Deswegen hat der Sprachwandel tatsächlich EINE Wirkursache, nämlich die Sprachfreiheit, und EINEN universellen 8
In deutscher Übersetzung wiedergegeben bei »Bei CHRISTMANN 1 9 7 7 : 1 1 2 . IO B e i N
CHRISTMANN
1977:118.
Beide Aussagen bei
CHRISTMANN
1977:119.
CHRISTMANN
1977:109-143.
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Klaus Strunk
Grund, nämlich den Ausdrucks- (und Mitteilungs-) Zweck der Sprecher.» (COSERIU
1974:176).
Wenn nun Schleichers Modell des Stammbaums für die Entwicklung verwandter Sprachen und Dialekte theoretisch fragwürdig wurde, sich aber, wie bereits angedeutet, als implizit zugrunde gelegte Hintergrundshypothese in Verfahrensweisen und Ergebnissen historischer Grammatiken bewährte, so gibt das zu denken. Es könnte sein, daß in der erwähnten Diskrepanz gar kein absoluter und unauflöslicher Widerspruch vorliegt. Und es ist zu überlegen, ob womöglich ein gegenüber Schleichers Entwurf beträchtlich modifiziertes Stammbaum-Konzept auch heute noch tragfähig und vertretbar sein mag. Eine solche abgewandelte und zeitgemäße Stammbaumtheorie müßte sich vor allem in folgenden drei Grundsätzen von ihrer Vorgängerin abheben: (1) Sie liefert kein allein gültiges Erklärungsmodell für verwandte Sprachen und Dialekte. Deren Entstehung ist in der Regel zugleich von vielen weiteren und von Fall zu Fall verschiedenen sonstigen Faktoren abhängig, zumal von Sprachkontakten im weitesten Sinne, wie sie eingangs angeführt wurden. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich zum Beispiel im Kreise der germanischen Sprachen etwa das Englische und Schweizerdeutsche, in dem der romanischen Sprachen etwa das Spanische und Rumänische, in dem der indogermanischen Sprachen etwa das Albanische und Tocharische als Stammbaum-Deszendenten gleichen oder ähnlichen Grades interpretieren. (2) Sie taugt zwar prinzipiell ebenso zur Herleitung von Einzelsprachen aus einer historisch faßbaren Grundsprache (z. B. von romanischen Sprachen aus dem Latein) wie umgekehrt zur partiellen Rekonstruktion einer bloß erschlossenen Grundsprache (z. B. des sogenannten 'Urindogermanischen') aufgrund des Vergleichs von nach bestimmten Kriterien verwandten historischen Einzelsprachen. Aber sie ist in der ersten dieser beiden Rollen verläßlicher, weil dabei die Erklärung der Genese einzelner Sprachen sowohl Abzweigungen von einem Stammbaum als auch andere, mitspielende Faktoren in einem angemessenen, realistischen und überprüfbaren Verhältnis zueinander berücksichtigen kann (vgl. oben Punkt 1). Solche weiteren Faktoren lassen sich bei der Rekonstruktion einer erschlossenen Sprache wie des 'Urindogermanischen' im allgemeinen nicht mit in Betracht ziehen, da sie aus der Vorgeschichte, in der sie wirksam waren, in der Regel nicht oder nur unzureichend zu entnehmen sind. Deshalb ist die in die Prähistorie hineinführende Rekonstruktion notgedrungen darauf angewiesen, bei ihrem Verfahren das Stammbaumprinzip sozusagen isoliert anzuwenden12 und alle dadurch gegebenen Unzuläng12 Der Vergleich verwandter Sprachen mit dem Ziel, eine ihnen zugrundeliegende Grundsprache zu rekonstruieren, hat ferner zu berücksichtigen, daß verglichene
Stammbaumtheorie und Selektion
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lichkeiten in Kauf zu nehmen. Sie muß sich demzufolge bewußt bleiben, kein komplettes, funktionierendes Sprachsystem der Vorzeit wiedererstellen zu können I 3 , sondern bestenfalls —und das ist nicht geringzuschätzen— Grammatik- und Lexikonfragmente eines derartigen Systems. Versionen ganzer Texte wie der Schleicherschen Fabel in einer rekonstruierten Sprache läßt das abgewandelte Stammbaum-Modell nicht mehr zu. Der neuerliche Versuch von LEHMANN-ZGUSTA 1979, eine linguistisch modernisierte Version von Schleichers Fabel-Rekonstrukt zu erstellen, kommt bezeichnenderweise nicht ohne gezwungene Entscheidungen in umstrittenen Fragen wie z. B. Ansätzen von einem oder mehr Laryngalen, von verbalen Augmenten, von lokalem Adverb als Einleitung der Erzählung usw. aus. (3) Sie steht nicht mehr mit einer quasi biologisch orientierten Vorstellung von Sprache als Naturorganismus in Verbindung. Das Bild des Stammbaums symbolisiert lediglich sprachliche Ausgliederungsvorgänge, ohne etwas über deren Status und Ursachen zu besagen. Die Berechtigung einer gemäßigten Stammbaumtheorie läßt sich nun nicht nur an historisch überschaubaren Musterfällen wie den romanischen Sprachen in ihrem Verhältnis zur lateinischen 'Grundsprache' ablesen. Sie ergibt sich ferner aus einer bestimmten Art von 'Selektion', die verschiedene jüngere Sprach- oder Dialektsysteme offensichtlich unter ehemals distinktiven Einheiten eines ihnen allen zugrundeliegenden älteren Sprachsystems getroffen haben. Auch die Stammbaum-Konzeption neuer Art kann also unter anderem mit Auswirkungen von 'Selektion' begründet werden. Allerdings ist diese diachrone Selektion rein linguistisch und wertfrei zu verstehen. Sie hat mit dem biologischen Selektions-Begriff Darwinscher Prägung, an den Schleicher seine Auffassung von der Entwicklung ganzer Sprachen und seine Stammbaumtheorie anlehnte, nicht mehr als den Namen gemein. Außerdem darf sie natürlich nicht mit der in der deskriptiven Linguistik beobachteten, innerhalb von Einzelsprachen synchron funktionierenden Selektion verwechselt werden. Für diachrone Selektion der angedeuteten Art lassen sich unschwer Beispiele zusammentragen. Wenn etwa mehrere verwandte Sprachen unterschiedlichen Synkretismus von zwei oder mehr älteren, ehemals formal und funktionell kontrastierenden Kategorien derselben grammatischen Dimension 14 aufweisen, so liegt darin schon Selektion im hier gemeinten Sinne vor. In der Dimension der Modi beispielsweise waren dem GermaniEinzelphänomene für die Rekonstruktion unterschiedlich evident und gewichtig sein können. Grundsätzliches und Methodisches dazu bei SZEMER£NYI 1975:330-331 (und passim). 13 Umsichtige Beurteilung des durch Rekonstruktion Erreichbaren bei SCHLERATH 1973: 5-8. 14 Begriff und Terminus 'Dimension' nach Rix 1976:106-107.
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sehen und Italischen in ihrer Prähistorie nach Ausweis bestimmter formaler Relikte Konjunktiv und Optativ ebenso vorgegeben wie dem Altgriechischen und Indoiranischen, wo sie noch historisch nebeneinander funktionieren. Aber im Zuge vergleichbarer Beschränkungen der Dimension auf nur einen nicht-indikativischen Modus (abgesehen vom Imperativ) hat das Latein den alten Konjunktiv fortgeführt, während die germanischen Sprachen den überkommenen Optativ bewahrten. Die genannten westeuropäischen Sprachgruppen trafen also unter diesen beiden, in einem früheren System distinktiven Modi eine unterschiedliche Auswahl. Recht aufschlußreich sind ferner in diesem Zusammenhang alte nominale Neutra, für die eine grundsprachliche Heteroklisie zwischen einem Liquidstamm auf -r- oder -/- im Nominativ-Akkusativ Sg. und einem Nasalstamm auf -n- in sonstigen obliquen Kasus ihres Deklinationsparadigmas gesichert ist. In manchen archaischen idg. Einzelsprachen (Hethitisch, Avestisch, Altindisch, Griechisch, Latein) ist bei mehreren dieser Wörter die intraparadigmatische Heteroklisie zwischen -r- (-Z-) und -n-Stamm noch intakt oder wenigstens erkennbar, während rezentere Einzelsprachen oder Sprachgruppen (z. B. Germanisch und Baltisch) daraus entweder den Liquid- oder den Nasalstamm ausgewählt und verallgemeinert haben. Im folgenden sei zur Veranschaulichung für drei dieser Nomina ein Ausschnitt der geschilderten Situation geboten. Die Gegenüberstellung beschränkt sich auf einige Belege (links) für die alte heteroklitische Flexion aus dem Hethitischen und Altavestischen und (rechts) für unterschiedliche Auswahl der einen oder anderen Stammgestalt im Gotischen und Althochdeutschen (also innerhalb des Germanischen, zu vergleichen ist dazu unten im folgenden Text beim griechischen Beispiel die Auswahl innerhalb der altgriech. Dialekte). Auf Vollständigkeit und eingehende Erörterung des zum Typus dieser und anderer alter Heteroklita anzuführenden einzelsprachlichen Materials muß wegen hier gebotener Kürze der Darstellung verzichtet werden. Verallgemeinert
Heteroklitisch heth. Nom.-Akk. Sg.
ua-a-tar—
«Wasser»
ahd. wazzar :
/yädar/ :
Gen. Sg. ü-e-te-na-as
got.
watö
(-«-Stamm)
/ijedenas/ heth. Nom.-Akk. Sg.
pa-ait-hur /pahhur/ :
Gen. Sg. pa-al}-fyu-e-na-as /pahhyenas/
«Feuer»
ahd. fuir : (auch spätahd.
funcho)
fön (Gen. funins) got.
In diesen beiden Fällen hat das Althochdeutsche jeweils den Liquidstamm (bei fuir neben dem in spätahd. funcho > nhd. Funke lexikalisch ausgewerteten -n-Stamm), das Gotische den Nasalstamm verallgemeinert. Im nächsten Beispiel ist die Verteilung anders. Dort bietet das Althochdeut-
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Stammbaumtheorie und Selektion
sehe nur ein auf dem alten -n-Stamm basierendes Wort, während sich im Gotischen Fortsetzer beider Stämme des früheren Heteroklitons finden; das unterstreicht die Beliebigkeit und 'Unvorhersagbarkeit' solcher Selektion. Es handelt sich um das Erbwort für «Sonne» mit einem der beiden alternierendem Stämme auf -l- ( > av. -r-): Heteroklitisch altav. Nom.-Akk. Sg. huuarä Gen. Sg.
xväng
Verallgemeinert ahd. sunna : got. sauil (auch sunnö)
Die Rekonstruktion exakter grundsprachlicher Deklinationsparadigmen ist bei den Nomina dieses Typs schwierig, nicht zuletzt wegen der divergierenden Vokalrealisierungen in den einzelsprachlichen Kontinuanten und der daraus resultierenden Probleme für den ursprünglichen Deklinationsablaut. Einen neuerlichen Versuch solcher Rekonstruktion hat SCHINDLER (1975:1-10) unternommen. Schließlich soll nur noch ein 15 weiterer signifikanter Fall diachron wirksamer Selektion dargelegt und erläutert werden. Er stammt aus der verbalen Flexionsmorphologie altgriechischer Dialekte. Die daran beteiligten Mundarten weisen bei zwei Verben zum Ausdruck des gleichen Aoristes ähnliche, aber variierte Stammformen auf. Diese über mehrere Dialekte verteilte formale Variation geht, wie noch zu zeigen sein wird, auf synchrone Invarianten eines prähistorischen Sprachsystems zurück. Zum Verständnis dessen sind einige Vorbemerkungen vonnöten. Zu den eindeutigsten Elementen prähistorischer indogermanischer Grammatikfragmente zählt der quantitative und qualitative Ablaut. In ursprünglich kausalem Zusammenhang mit dem nachweislich freien vorgeschichtlichen Akzent war er in Wortbildung und Flexion zumindest anteilig (meist redundant neben anderen Kennzeichen) morphologisch relevant: durch Ablaut differierende Formen des vorgeschichtlichen Indogermanischen müssen nach übereinstimmendem Zeugnis zahlreicher Relikte in geschichtlichen idg. Einzelsprachen Oppositionsformen zur Bezeichnung derivationeller und flexivischer Gegensätze gewesen sein. Einer der Geltungsbereiche des quantitativen —auch 'Abstufung' genannten— Ablauts war beispielsweise die sogenannte athematische Verbalflexion, in der die mit den zugehörigen Endungen kombinierten Verbalstämme keinen auslautenden 'Themavokal' *-e-/-o- enthielten. Abgesehen von gewissen Sonderregelungen hoben sich innerhalb dieser Flexionsweise weitgehend indi15
Ein vierter und bisher nicht erkannter Fall von Selektion in der verbalen Formenbildung indogermanischer Sprachen bei STRUNK 1979:89-95. Auf zusätzliche bekannte Anhaltspunkte für diachrone Selektion dieser Art einzugehen verbietet der hier nur begrenzt verfügbare Raum.
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kativische (injunktivische) Personalformen des Singulars Aktiv von solchen des Duals und Plurals Aktiv und aller Numeri des Mediums unter anderem durch gegensätzliche Ablautstufen des Verbalstammes (Flexionsabstufung) in Verbindung mit zwischen Stamm und Endung distinktiv beweglichem ('kinetischem') Wortakzent ab. So stand etwa im Präsens eine 3. Sg. Ind. Akt. *{3l)es-ti «ist» (ausgewiesen durch altind. äs-ti, umbr. es-t, got. is-t usw.) mit Hochstufe des Verbalstammes einer 3. PI. Ind. Akt. *(a1)s-enti «sind» (ausgewiesen durch altind. s-änti, umbr. s-ent, got. s-ind usw.) mit Tiefstufe des Verbalstammes gegenüber. Entsprechende Formenoppositionen existierten im Perfekt und im athematischen Wurzelaorist, soweit dieser als solcher voreinzelsprachlich kategorial verhanden war. Etymologisch und morphologisch vergleichbare Formen wie 3. Sg. Aor. Inj. Akt. altind. ved. gä-t, griech. hom. ßfj «ging, kam» (beide aus *gwez2-t, mit Hochstufe des Stammes) und 3. PI. Aor. Inj. Akt. altind. ved. g-ür, griech. hom. ß-c5cv «gingen, kamen» (beide mit Tiefstufe des Stammes < *gw32-, die griech. Form aus ererbtem *gw3i-ent, die altind. ved. Form mit einer erst einzelsprachlich 16 eingeführten Endungsvariante für die 3. PI.) zeigen das. Eine derartige Flexionsabstufung gab es aber nur bei athematischen Verbalstämmen. Thematische Verbalstämme, also solche mit auslautendem 'Themavokal' *-e-/-o-, hatten in der Flexion stets festen ('statischen') Akzent und keine Abstufung. So beweisen etwa etymologisch und morphologisch einander entsprechende Formen wie 1. Sg. Präs. Ind. Akt. altind. ved. bhärä(mi)griech. £pco, lat. ferö, got. baira usw. «ich trage» einerseits und 1. PI. Präs. Ind. Akt. altind. ved. bhärämas, griech. dor. 4>ipo(i£q, lat. ferimus, got. bairam usw. «wir tragen» anderseits Fehlen der Flexionsabstufung und statischen Akzent in einem durch Vergleich der genannten Formen erschließbaren prähistorischen Gegensatzpaar uridg. 1. Sg. Präs. Ind. Akt. *bhirö : 1. PI. Präs. Ind. Akt. *bheromes. Die Flexionsabstufung athematischer Verbalstämme ist in idg. Einzelsprachen zwar noch entweder intakt oder doch wenigstens erkennbar. Aber sie stammt aus einem ihnen vorausgehenden System mit freiem und virtuell kinetischem Akzent, dem unter den Einzelsprachen, deren Akzentverhältnisse wir kennen, lediglich das vedische Indische noch besonders nahesteht. Nun liegen, wie zuvor erwähnt, im Altgriechischen bei einigen Verben aufschlußreiche Dialektvarianten ihrer Aoristformen vor. Zu einem Verbum mit der Bedeutung «werfen, treffen» lautet der thematische Aorist im Arkadischen (3. Sg. Ind. Akt.) M^EXE (belegt in den Hesychglossen e 597 E^eXev • gßccXev und K 73 K&^EXE " hcct¿ßaXe), in sonstigen altgriech. Mundarten gßccXe. Ähnlich, nur mit anderer Verteilung auf die Dialekte, 16 17
Nach Ausweis entsprechender altiranischer (altavestischer) Formen, die noch die ältere n-haltige Endung bieten (HOFFMANN 1975:73; 222; 226). Mit sekundär um -mi (aus der athematischen Präsensflexion) erweiterter Personalendung; dieser Umstand geht aus sonst vergleichbaren, aber unerweiterten Formen der 1. Sg. in verwandten Sprachen hervor.
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stellen sich im thematischen Aorist die Varianten eines «(ab)schneiden» bedeutenden Verbums dar: attisch (3. Ind. Akt.) e t e ^ e , in anderen Mundarten gxcx(i£. Beiden Variantenpaaren gemeinsam ist der Unterschied zwischen e- und a-Vokal im präsuffixalen Stammbestandteil (der Wurzel) ihrer Einzelglieder. Aber das Attische etwa bietet beim ersten Verbum (eßaXe) die a-haltige, beim zweiten Verbum (ete^e) die e-haltige Variante. Es gibt demzufolge keine bloßen, dialektspezifischen Lautregeln, die für diese Vokalunterschiede verantwortlich sein könnten. Die Varianten mit -e- setzen vielmehr ältere hochstufige Stammformen ( * g e l d , *tema\enthaltend), diejenigen mit -a- frühere tiefstufige Stammformen {*g wpi-, *ttjtd enthaltend) voraus. Diese formalen Gegensätze sind im Bereich der thematischen Aoristformen des Griechischen selbst unerklärlich, weil themavokalische Flexion, wie oben dargelegt wurde, zu keiner Zeit eine Stammabstufung kannte. So werden sie erst diachronisch als ehemalige Invarianten zweier älterer athematischer Wurzelaoristparadigmen verständlich, in denen aktive Singularformen mit *g eitei-, *täma zugehörigen Plural-, Partizipial- und Medialformen mit *g w p l +, *trjtd\j. gegenüberstanden. Aus derartigen zuvor bestehenden Wurzelaoristparadigmen wurden die historischen Aoristformen der griech. Dialekte in einem auch in vielen ähnlichen Fällen des Griechischen und Indoiranischen erkennbaren Prozeß 18 erst sekundär in themavokalische Flexion übergeführt 19 . w
r
i
w
1
Für den hier gegebenen Zusammenhang ist nun der besondere Umstand von Belang, daß die beteiligten griech. Dialekte beziehungsweise deren Vorläufer unter den ehemals alternierenden Stammformen dieser beiden vorgeschichtlich wirksam gewesenen Wurzelaoristparadigmen unterschiedlich und gleichsam frei jeweils entweder die einen oder die anderen auswählten und mit Überführung in thematische Flexion innerhalb jüngerer Aoristparadigmen verallgemeinerten. Das geschah aufgrund folgender vorgegebener Umstände. Beide Verben enthielten Wurzeln, die ursprünglich auf *-9l auslauteten. Gemeingriechische Kontinuante von war vor Konsonant e, vor Vokal 0. Damit wurden aus den beiden prähistorischen Wurzelaoristparadigmen die Strukturen einiger Formen mit denen von Gegenstücken aus der daneben existierenden thematischen Flexion verwechselbar und dementsprechend umgedeutet. Folgendes Schema mag diese Situation in einer sprachgeschichtlichen Periode, die jener der griech. Dialekte des 1. Jahrtausends v. Chr. vorausging, veranschaulichen; es bietet in der linken Kolumne die betreffenden Aoristformen von ßccXelv (arkad. £eX-) «werfen», t c c ^ e i v , att. t e ^ e l v «schneiden», in der rechten mit thematischer Flexion exemplarische entsprechende Formen von £pEiv «tragen», (fKöeiv «erblicken» und ypdfpeiv «schreiben» aus der damaligen Entwicklungsphase: is Dazu Cardona 1960: passim; Strunk 1967:97-103 (jeweils mit älterer Literatur); Watkins 1969:100-101. 19 Nähere Einzelheiten bei Specht 1932:98; Forssman 1966:5 AMN. 2; Strunk 1979:95100. Ii. — 1 2
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athematisch
thematisch
hochstufig
(a) 2.
Sg. *e-gwelal-s
>
*egwele-s
(Impf.)
*epher-e-s
( > arkad. ä^eXe-q) 3.
*e-temgl-s
>
Sg. *e-gwetei-t
>
*eteme-s *eg»ele(t)
(Aor.) *e#id-e-s (Impf.)
*epher-e-(t)
( > arkad. e? £ \e) *e-temal-t
>
*eteme-(t)
(Aor.)
*euid-e-(t)
tiefstufig
(b)
*eg>"al-on(t)
(Impf.)
*e-trp3i-ont
>
*etam-on(t)
(Aor.)
Partizip *gw|a1-onf-
>
*g»al-ont-
(Präs.)
>
*tam-ont-
(Aor.)
3.
PI. *e-gwl9l-ont 20 >
(Stamm) *tr]i3l-ont-
*egraph-o-n(t) *euid-o-n(t) *graph-o-nt*}iid-o-nt-
Diese zweifachen Ansatzpunkte (a und b) für den Aufbau der jüngeren themavokalischen Flexion im Aorist der beiden Verben wurden nun von den daran beteiligten nachmaligen griech. Dialekten bzw. deren Vorläufern mit unterschiedlicher Selektion genutzt. Das heißt, von diesen Ansatzpunkten aus generalisierten die Mundarten jeweils entweder die hochoder die tiefstufigen Stammformen der beiden älteren Wurzelaoristparadigmen: arkad. '¿£E\E, sonst gßccXe; att. ETE(J.£, sonst Mra^ie (und weitere zugehörige Formen der jeweiligen, nunmehr thematischen Aoristparadigmen). Eine so verteilte Selektion setzt aber voraus, daß alle diese griech. Dialekte letztlich das prähistorische Sprachsystem mit seiner Flexionsabstufung irgendwie beerbt hatten. Und das wiederum war nur möglich, wenn bei der Entstehung dieser Dialekte selbst Abzweigungen vom 'Stamm' eines derartigen, ihnen allen vorgegebenen Sprachsystems eine zumindest anteilige Rolle spielten. Die oft erörterten Fragen, wie im einzelnen, wann, wo und in welchen Gruppierungen die Gliederung der im 1. Jahrtausend vorhandenen griech. Dialekte zustande kam21, werden von dieser Feststellung wenig berührt. Anzunehmende Verzweigungen bei der Herausbildung der griech. Mundarten müssen nicht unbedingt im Sinne der alten Stammbaumtheorie von einem völlig uniformen 'Urgriechisch' ausgegangen sein, das seinerseits wiederum vom 'Urindogermanischen' als einer unter mehreren 'Ästen' ohne sonstige konstitutive Komponenten abgezweigt gewesen wäre. Die Vorgeschichte von Völkern und Stämmen gar wird durch ein von rein 20 Z u *-ont statt *-ent oder *-nt in der 3. PI. Akt. vgl. STRUNK 1979: Ann. 32. 21 Vorgeschichte und Gruppierung der griech. Dialekte waren in den letzten Jahrzehnten, vor allem nach der Entzifferung des Mykenischen aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr., Gegenstand mehrerer Untersuchungen, ohne daß sich bisher eine eindeutige Communis opinio ergeben hätte. Gute Ubersicht über Problemlage und einschlägige Literatur (mit kurzen Zusammenfassungen) bei SCHMITT 1977:124-133
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sprachlichen Kontinuitätsmerkmalen bestimmtes linguistisches Stammbaum - Modell gewiß nicht angemessen abgebildetn. Ethnische Werdegänge sind im allgemeinen viel komplexer23 und von Fall zu Fall verschieden, also durch eine einfache, generell gültige Entwicklungstheorie kaum erfaßbar. Gleichwohl zeigen sämtliche griechischen Dialekte neben jüngeren, sie in historisch heller Zeit voneinander abhebenden Differenzmerkmalen auch gleiche sprachliche Züge, die gänzlich oder teilweise ererbt sind, und dazu ältere gemeinsame Neuerungen, die gewissermaßen ihrer aller 'Gräzität' gegenüber anderen idg. Einzelsprachen ausmachen. Und die beiden letztgenannten Mengen sprachlicher Charakteristika erklären sich diachronisch und diatopisch immer noch am besten nach dem —allerdings nur sprachwissenschaftlich gültigen— Bilde des Stammbaums.
LITERATURVERZEICHNIS BOSCH-GIMPERA, P. (1961), Les Indo-Européens. Problèmes archéologiques. Paris. CARDONA, G. (1960), The Indo-European Thematic Aorists. Dissertation Yale University. (University Microfilms, Inc., Ann Arbor, Michigan 66-10, 712). CHRISTMANN, H. H. (Hrsg.) (1977), Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts. (Wege der Forschung, Bd. 474). Darmstadt. COSERIU, E. (1974), Synchronie, Diachronie und Geschichte. München. (Originalausgabe: Sincronia, diacronia e historia. Montevideo 1958). FORSSMAN, B. (1966), «xéjivco und T ^ V U » . G l ° t t a 44:5-14. HIRT, H. (1939), Die Hauptprobleme der indogermanischen Sprachwissenschaft. Herausgegeben und bearbeitet von H. ARNTZ. Halle. HÖFLER, O. (1955), «Stammbaumtheorie, Wellentheorie, Entfaltungstheorie». Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Tübingen. 77:30-66; 424476. — (1956), «Stammbaumtheorie, Wellentheorie, Entfaltungstheorie. Fortsetzung». Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Tübingen. 78:1-44. — (1957), «Die zweite Lautverschiebung bei Ost- und Westgermanen». Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Tübingen. 79:161-350. — (1958), «Über Vorbestimmtheit sprachlicher Entwicklungen». Anzeiger der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse. Wien. 95:111-127.
HOFFMANN, K. (1975), Aufsätze Wiesbaden.
zur Indoiranistik.
HOFFMANN, O. - DEBRUNNER, A. (1969), Geschichte
Ausgang
der klassischen
Band 1. Herausgegeben von J. NARTEN. der griechischen
Sprache.
I. Bis
zum
Zeit. 4. Auflage, bearbeitet von A. SCHERER. Berlin.
LEHMANN, W. P.-ZGUSTA, L. (1979), «Schleicher's Tale a f t e r a Century». I n : BROGYANYI,
B. (Hrsg.), Studies in Diachronic, Synchronie and Typological Linguistics. Festschrift for Oswald Szemerényi on the Occasion of his 65 das dortige Wetter ist sicherl ?); quant à savoir si le dort viendrait épauler le topique solche Fälle ou expliciter le commentaire, cela dépend du contexte, de la situation ou de l'intonation. Un terme quelconque peut-il ne figurer ni dans le sujet ni dans le topique ni dans le thème? C'est manifestement le cas pour mit ihr würde er Pferde stehlen au sens figuré, où Pferde n'est pas sujet, où les coordonnés thématiques sont le tempus ainsi que er & le morphème personnel et enfin mit ihr et où le topique exclusif, si du moins on veut bien le prendre ainsi, est ce mit ihr obsédant. Pferde figurerait dans les rubriques objet, commentaire et rhème. Cette conjonction est aussi néfaste, dans une grammaire superficielle, que la première; en effet, un objet peut être thématique ou «externe» (er konnte dieses Pferd nicht zähmen) aussi bien que Thématique ou «interne»; un objet peut aussi fournir le topique (ein Pferd müßte man jetzt in der Garage stehen habenl ). Les cas où un terme quelconque n'est que sujet et topique, ou que sujet et thème, ou que topique et thème, voire seulement sujet et ni topique ni thème, seulement topique et ni sujet ni thème et enfin thème et ni sujet ni topique imposent des distinctions radicales bien que, du moins pour le topique et le thème, fines. Voici, simplement en quise d'illustrations, six exemples: gelacht wird morgen nicht mehr\, où gelacht est bien sujet-thème grammatical, mais si peu thème logique, que l'on a profité de la sécurisante notion de grammaticalisation inanalysable ainsi
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Jean-Marie Zemb
que de l'opportune doctrine du vide auxiliaire pour troquer le verbe et pour gommer le sujet, dût-on imposer sans sourciller une phrase-prédicat, ce qui est beaucoup plus monstrueux qu'une femme-tronc décapitée; en effet, l'absence de thème abolirait aussi le relateur entre le rhème et le thème, à savoir le phème. L'exemple suivant vaut pour les deux autres combinaisons, selon qu'on songe à den Tag2 ou à der Einsiedler3; den Tag lobt der Einsiedler auch vor dem Abend. Dans les trois derniers exemples, le terme envisagé est encadré de barres obliques: /offenbar] kann sich dort allerhand ereignen! —/verwirren/ werden diese Beispiele nicht nur mich! — diese Ansicht wird /mancher Theorie/ nicht ins Zeug passen! Je ne pense pas que l'ouverture soit la seule place possible du topique en allemand et je sais combien il est facile de déplacer l'accent suprasegmental. On voudra donc bien considérer mes phrases comme je les ai entendues. En revanche, le thème est indépendant de la sympathie communicative, comme l'est la disposition de l'équation 1+2 + 3 + 4 = 10 pour prendre un exemple non trivial, car le quaternaire était aux yeux des Pythagoriciens la clef de l'univers: on voit bien qu'on ne peut prendre que le huitième signe comme charnière de première instance. Les cas subtils sont ceux où —qu'il s'agisse du sujet ou d'un autre foncteur grammatical— l'analyste découvre une discordance entre topique et thème. J'y reviendrai sans doute plus tard; ici, je voudrais me contenter d'une métaphore, mais c'est une métaphore qui figure virtuellement dans la conclusion et non dans le prologue du traité qui reste à composer. Le chasseur peut porter son fusil en le tenant par la crosse, par le canon ou par la bretelle; la prise de sa main est le topique; l'endroit tenu reste ce qu'il est: si la crosse est le thème, elle le reste lorsque le fusil est tenu par le canon ou la bretelle. Bref, un élément Thématique ou phématique peut exercer la fonction topique. Quelques incertitudes concernant l'acception du thème étant levées, je dois encore situer l'opposition de la désignation (thématique) et de la signification (rhématique) telle que je la pratique et qui diffère du jeu d'acceptions de ces mots élaboré par E. Coseriu au sein de la sémantique. La différence d'emploi et de définition n'implique nullement une divergence d'analyse. Je me trouvais devant des usages des termes dénotation et référentiel qui ne me permettaient guère de réserver la notion d'opérateur d'existence aux coordonnées thématiques. Comment comprendre en effet que dans er wollte sich nicht in diese Partei einschreiben lassen, le rhème (in diese Partei einschreiben lassen wollen) ne comporte aucune «dénotation»? J'ai donc adopté l'acception triviale: les mots signifient plutôt des idées, et désignent plutôt des choses, bien que l'on dise aussi «cela signifie quelque chose»\ La distinction capitale que devait saisir la convention du maître de Tübingen ne m'échappe pas pour autant: dans le mille-pattes, le mot mille signifie bien 103, mais il désigne 21 paires de pattes, à moins que l'on ne décide de neutraliser cet écart en posant simplement, pour la signification comme pour la désignation, beau-coup.
La triple erreur du Cratyle
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qui s'exprime aussi bien, pour la classe zoologique des myriapodes, par myrias, à savoir 1002. Si l'on dit de telle personne qu'elle est un panier percé et de tel examen qu'il est une passoire, les objets signifiés disparaissent de la désignation, au moins en un certain sens ou pour certains sèmes: le panier n'est plus l'ustensile que l'on sait, en jonc en osier, mais là où la désignation correspond à la signification, dans la dénomination de la corbeille à pain, la concurrence du panier à bouteilles et du panier à ouvrage ainsi que des deux paniers à salade normalise la redondance dans panier à pain. Quel que soit le terme considéré, surtout s'il s'agit de mots fréquents, prolifiques en paronymes et volontiers érodés, le sémanticien aura légitimement envie de dévoiler les étymons. Dans ce secteur moins que dans d'autres, la prétention synchronique ne pourra se maintenir. Même le recours à la conscience sociale ne sauvera pas les tabous, car la notion d'inconscient social n'est guère récusable, à moins d'entraîner dans sa déchéance la notion de conscient social. Et dans l'usage de la langue, les individus diffèrent de mille façons. La différence de savoir des significations présentes dans ou derrière les désignations conventionnelles est considérable. L'acception donnée par E. Coseriu à cette désignation et à ces significations est le pas décisif bien que prévisionnel qui empêchera la porte sémiotique de se refermer sur elle-même: le pied du monde réel garantit l'ouverture du cachot. Cependant, en ordonnant les termes désignation et signification à la fonction méréologique qui s'exprime dans le thème et à la fonction épistémologique exprimée par le rhème, je choisis d'autres conventions. Par commodité certes, pour ne pas avoir à défaire une notion lexicale de la référence, mais aussi parce que même la «passoire» désignée, qui n'est donc plus trivialement une passoire, n'a pas besoin d'exister pour fonctionner (la désignation abstraite serait possible) et parce que les significations sous-jacentes aux désignations extrêmes apparaissent souvent comme dérivées d'autres significations — ce de quoi, je n'en doute pas, E. Coseriu est parfaitement conscient: je lui suggérerais d'analyser le nombre indéfini et la nature variée de ces niveaux en étudiant par exemple le «panier de crabes»... Désignatif, méréologique et thématique d'une part et significatif, épistémologique et Thématique sont-ils synonymes? Si oui, comment justifier ce gaspillage terminologique en même temps que cette terrible simplification systématique? Aux couples désignation/signification, identification/classification et thème/rhème j'ajouterais volontiers chose/idée, ex parte objecti! Si thème et rhème sont dits par rapport au phème dans la proposition, identification méréologique et classification épistémologique évoquent l'aspect pragmatique du logos humain et désignation et signification sont les visées hétérogènes de ce qui paraît être le même signe, à savoir précisément la «chose», ce qui a seul l'existence —à sa manière, bien sûr, car l'analogie
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traverse, réunit et transcende les êtres— et 1' «idée», la forme, l'essence, la nature, les schèmes et les structures, les lois. La référence au phème me dispense de justifier quelque dichotomie profonde: ce n'est pas une double, mais une triple source de l'erreur qu'énonce le Cratyle. Quant à la constitution en quelque sorte interne du rhème et quant à la facture composite du thème, la complexité en est telle que si l'on me reprochait de tout simplifier, c'est un autre reproche que je mériterais, à savoir la pusillanimité, pour avoir laissé croire à de terribles simplifications là où se lèvent plutôt de terrifiantes complications: l'erreur est trine sans être équivoque, chacune d'entre elles suffit à fausser un discours et elles ne se compensent que par accident, comme dans le calcul de Copernic, par une erreur supplémentaire! L'erreur dans l'exercice de la fonction de désignation thématique consiste à mal dénommer, à poser comme données acquises des fantasmes, à se tromper de jour, de limite, d'unité. L'erreur thématique doit beaucoup à l'erreur des sens, mais ne se confond pas avec elle. Désigner adéquatement ce de quoi on parle, c'est le dénommer proprement, que ce soit au moyen d'une oratio externa complexe et riche en signification ou que ce soit au moyen d'une oratio externa très simple et très pauvre comme semblent la préférer les grammaires scolaires du «nom propre»; Yoratio interna qui correspond à l'une et à l'autre est toujours complexe, car elle pose qu'une «réalité» est telle ou telle et qu'elle existe bien, à sa manière, en son temps, en son lieu. On comprend la hantise de la majeure partie du Cratyle: l'univers est-il objectivement saisi par la deixis? Y a-t-il adéquation du catalogue des Dieux, des Fleuves, des Vents? Qu'est-ce qui existe selon le lexique: les astres, la constellation, l'abeille, la ruche, le fleuve, l'eau, la cire, la bougie? On a beaucoup examiné ces dernières années les problèmes de la présupposition, mais on n'a peut-être pas accordé assez d'attention à cette présupposition ou supposition ou position qu'installe le thème: tout harpon lancé n'atteint pas le poisson! Ne suis-je pas en train de commettre une erreur thématique en parlant du nom propre comme s'il ne s'agissait pas d'une étiquette phonétique d'individus essentiellement dénuée de sens et ne contenant de classèmes —tous les sèmes sont des classèmes— que par accident; le dictionnaire des noms propres est une sorte d'encyclopédie infralinguistique, sauf pour le pro(nomen proprium), lequel permet ce que les ménagères appellent la valse des étiquettes: les ich qui deviennent des du ou des er, les morgen qui se métamorphosent en heute, puis en gestern et enfin en vorgestern dans la perspective du point de fuite damais, les hinl de Narcisse qu'Ovide serait bien en peine de laisser reprendre par Echo par un her! du fond des bois. La querelle de la majuscule allemande a fini par révéler que le «nom propre» n'est pas une catégorie fiable et que sa caractérisation exige un grand nombre de conventions. Ceux qui se disent «modérés», sans doute, comme on l'a déjà fait observer, pour ne pas effaroucher, veulent radicalement priver de leur initiale majuscule les «noms com-
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muns» et réserver la majuscule à l'attaque des propositions propres et des appellations propres. La distinction entre les noms propres et les noms communs est à la limite l'affaire des lexicographes. L'ornement des phrases autiques est une concession malheureuse, comme si l'on tenait à préserver de l'usage actuel son principal défaut. Quand on pense qu'à l'origine, ce sont les difficultés de la définition du substantif qui, avec des vélléités de modernisation et de nivellement, inspirèrent les iconoclastes, cet aveu récent vaut condamnation: eine Rechtschreibung ist keine Grammatik (Duden-Beiträge 44, p. 24 — 2.1.2.3.2.). La majuscule devient honorifique sans cesser d'être équivoque, les casuistes les plus circonspects admettant qu'un homographe en tête de phrase aura droit à la majuscule dans l'acception commune comme dans l'acception propre. Pour mon compte, j'aperçois dans les projets de réforme surtout une occasion involontaire de bien poser quelques problèmes grammaticaux et, il faut l'espérer, de réduire la gaspillage d'énegie du traitement automatique (principal intéressé). Le critère de l'article n'a jamais été bien convaincant. Il est même ruineux pour l'allemand: Wasser ist kostbar, der junge Wittgenstein, daß es stimmt, der Rhein, Felder! Je n'insisterai pas, mais le seul fait de tester Artikellosigeit et Artikelfähigkeit démontre le caractère intra-linguistique, grammatical, de la réflexion. Il ne semble pas en effet que les noms propres soient des attributs des êtres, même si l'expérience les rencontre et les apprend ainsi: comment s'appelait le successeur de François I" (ce «premier» sort d'ailleurs déjà de l'épure)? Je cite pour mémoire l'actuel empereur d'Allemagne et le paradoxe de la conjonction de l'unicité et de l'inexistence! On dénomme des êtres pour maintenir leur irréductible identité lorsqu'on en parle. L'univers est découpé de telle manière que les portions peuvent s'intégrer, se chevaucher, mais jamais se multiplier identiquement. Ce rapport entre l'unicité de l'existence et l'universalité des formes a privilégié le cas de la relation entre les semblables essentiels individualisés par la matière, pour parler comme autrefois. Bref, le modèle de l'individualité des êtres qui ont même nature et qui en outre paraissent matériellement indivisibles et qui enfin peuvent être dénombrés a dominé la position du problème, homme et Socrate si l'on veut, en refoulant d'autres réalités, la matière p.ex. Licht ou des collections, genres ou familles, p.ex. Schrauben, Romane, Pilze, dans la grisaille commune, sans se soucier des difficultés d'associer le communisme lexématique et le pluralisme morphématique, et sans s'arrêter à l'opposition sémantique qu'entretiennent les substantifs qui peuvent être employés sans article, thématiquement, au singulier comme au pluriel, p.ex. Freiheit ¡Freiheiten. L'aporie classique de la classe à élément unique, le satellite de notre planète, n'a guère impressionné les grammairiens, ravis de voir Jupiter collectionner, outre Io et Ganymède, Europe et Callisto, neuf autres limes. Et les remarques incidentes de Frege, disant que Zeiten und örter sind il. —20
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Eigennamen, ou l'insistance de Peirce disant qu'il ne travaillait qu'avec des noms propres comme arguments thématiques —les noms communs étant Thématiques, ce qui rejoint d'ailleurs la tradition du verbum adjectivum— n'ont pas impressionné davantage une sorte d'opinion commune faite de pseudo-évidences. Un mouton n'est pas «fait» avec des os de mouton, mais les os de mouton sont des os d'agneau développés, qui sont ...! Pourtant, une proposition récente selon laquelle la majuscule néo-allemande devrait être accordée non seulement aux noms propres, mais aussi à leurs équivalents, p. ex. pour List à die nördlichste Stadt der Bundesrepublik Deutschland et pour Tübingen à toutes les définitions que l'on voudra —si tant est que l'on puisse définir proprement du propre— reprenait l'intuition classique de l'oratio externa complexe pour le prince des poètes ou le vainqueur du dragon. Mais le problème de la réticence des sciences du langage est moins épineux que le problème de la nature du nom propre. En effet, outre le modèle individu/espèce, c'est sans aucun doute la pesanteur de la substance comme fondement imaginaire du sujet qui écarta de la réflexion linguistique les cas où le thème logique ne comprend pas le sujet (et pas d'autre «actant»), p.ex. le cas où la seule donnée thématique est le temps exprimé par le morphème temporel greffé sur le corps du mot qui exprime le lexème qui fournit le noyau du rhème. Admettons que la position des données thématiques —ce pluriel évoque la pluralité des dimensions, p.ex. dans damals der Wald dort ou das ihn hier, qui sont des thèmes courants— soit adéquate, en dépit des filtres de la perception sensible, des limites des instruments, des trous de la mémoire et des écarts de l'imagination, sans compter la diversité des représentations chez les partenaires de la communication. Nous avons alors un thème non erroné, Bref, le Graal méréologique! Qu'allons-nous lui accorder sur mesure comme vêtement intelligible sorti de notre magasin et de nos fabriques, les retouches s'imposant sur le prêt-à-porter? Ce que Platon appelle le rhème, en l'espèce un verbe plus ou moins enrichi, ce verbum que deux millénaires plus tard, Joachim Jungius fera encore émerger du verbum substantivum (läuft ou ins Verderben läuft) et du verbum adiectivum (ist ou gewesen ist ou hell gewesen ist), mais qui peut fort bien, en soi, c'est-à-dire parfois chez nous et toujours ailleurs, se passer de verbe grammatical sans qu'on soit obligé d'instituer la catégorie de la «phrase nominale», c'est-à-dire d'une sorte de «proposition-sans-rhème», comme complément de la fameuse «phraseprédicat», c'est-à-dire d'une «proposition-sans-thème»! Ce rhème, quel que soit son expression ou son support langagier, est toujours universel, général, reproductible, multipliable, atemporel; la temporalité vient au rhème à l'heure de l'emploi, avec l'existence. En revanche, les bras de la valence du noyau Thématique peuvent être saturés thématiquement ou rhématiquement, qu'il s'agisse du sujet, de l'objet ou de l'attribut ou de quelque autre foncteur.
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Le rhème est plus ou moins riche. Il exprime toujours un concept plus ou moins complexe. La complexité du concept n'est pas ce qui est évoqué par les éléments du composé, car ce qui est «pris ensemble», sous un même titre, ce sont les occurrences existentielles virtuelles et non les traits sémantiques. Ceux-ci sont eux-mêmes nombreux, s'il est vrai que tout concept peut être défini, cette fois stricto sensu, lorsqu'il n'est pas le premier dans sa catégorie prédicamentale. On n'a pas suffisamment médité les impossibilités conjuguées du désignateur de ne pas pouvoir être prédicat et du significateur ultime de ne pouvoir être que prédicat! La richesse du matériau, ou de l'appareil, conceptuel est celle d'un champ en friches ou d'un trésor en vrac; il appartient à l'exercice de la fonction épistémologique d'organiser, soit qu'on apprenne le plan de la ville comme doivent le faire les chauffeurs de taxi, soit qu'on projette de nouveaux réseaux, comme l'ont fait les planificateurs du réseau ferré allemand il y a plus d'un siècle. L'organisation du réseau est du type hiérarchique, mais pluridimensionnel. Chaque face de la pyramide des concepts présente des étages, mais la pyramide a plusieurs faces catégorielles. A-t-on suffisamment relevé le fait que la définition, qui met en lumière la cohérence entre deux étages contigus, évoque toujours, avec la «différence», une autre face de la pyramide, comme par des arcs-boutants? A-t-on convenablement relevé que cette organisation conceptuelle n'était pas naïvement dichotomique, mais exploitait une sorte de pragmatique, à savoir l'opposition de la présence et de l'absence de certains sèmes, p.ex. raisonnable, oui pour les humains et non pour les brutes? Enfin, le changement de régime de 1' «article défini», déictique dans le malin avait trouvé son maître et conceptuel dans faire le malin aurait dû écarter le grammairien de toute description homogène des «classes de mots» et orienter vers l'identification des fonctions l'analyse des parties du discours. Certes, le modèle de l'organisation géométrique des concepts n'est pas une loi générative; les concepts ne naissent pas nécessairement par partition ou par regroupement; la hiérarchie se tient plutôt du côté des causes finales, parfois elle marque aussi les causes efficientes, voire, sortout dans les composés, les causes formelles. Mais l'occasion là aussi fait le larron et on voit naître des concepts ad hoc qui ne rentrent provisoirement dans aucun système, p.ex. l'antimatière, et on voit fonctionner des concepts déviés et récupérés, p.ex. carabiné dans rhume carabiné, qui n'évoque plus la charge massive et meurtrière des escadrons armés de carabines et non plus de lances, comme on rencontre des différences spécifiques dont on ne pourrait préciser sens et appartenance catégorielle, p.ex. pour égoïne dans scie égoïne. Je ne fais qu'évoquer les sens figurés lexicalisés et les métaphores vives. La fonction épistémologique est remuante: /êtrelourd/ ne donnera pas les mêmes traités de la pesanteur à toutes les époques de la physique. Le réseau Thématique est la matière — j e n'ose dire «première», car elle est déjà plus ou moins bien organisée— de la science, qui n'est, faut-il le rappeler, que de l'universel?
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Si tout rhème est universel, non existentiel, comment dire que le verbe /exister/ peut fournir le rhème? L'objection est excellente, car quiconque saisit la portée de la réponse a comme franchi le seuil méta-épistémologique. Si l'on peut dire NN. n'existe pas (dans le cas d'une erreur du premier type, thématique, onomastique), c'est bien que le lexème /exister/ n'implique pas l'existence, malgré la colère homérique d'un Gabriel Marcel. Cela est bien vite dit, me rétorquera-t-on; je le sais, mais je laisse au lecteur le soin d'écrire le traité requis. L'histoire de la Science retrace les réorganisations et les enrichissements que l'exercice social de la fonction épistémologique conduit à introduire, sous la pression des saisies, dans le réseau conceptuel; personne n'a ce réseau présent à l'esprit dans sa totalité. Mais l'extrait «personnel», y compris dans les régions frontalières de l'hypothèse et de l'opinion, amasse, trie, réorganise, confronte sans cesse. Les rhèmes qui proviennent de cet univers réduit sont, on s'y attend, plus ou moins adéquats. A vrai dire, s'il apparaît plus facile de mener à bien les travaux d'Hercule que de bien désigner thématiquement, la constitution d'un réseau de significations justes et exhaustives est l'étoile polaire: on la suit pour marcher droit, on ne l'atteint pas. Par endroits, le degré d'adéquation est cependant suffisant, par exemple pour /stimmenf dans die Rechnung stimmt, ou pour /der Wurm im Apfeî stecken/ dans weil dort offenbar der Wurm im Apfel steckte. Enfin, le degré d'adéquation du rhème peut être précisé dans le phème. A raison ou, justement, et cela donne la troisième erreur, à tort! L'ajustement de la pure signification à la portion (méros) de réalité désignée, cette relation «prédicative» est établie selon la modalité, l'incidence sociale et l'effet affectif n'étant pas exclus et la qualité incluant la version négative, p.ex. dans Alarm wurde nicht ausgelôst! Les chances de ne pas se tromper sont innombrables: le guépard n'est pas un encrier, le guépard n'est pas une tortue, le guépard n'est pas un cristal, le guépard n'est pas une fleur, ..., le guépard n'est pas un adverbe! Mais est-il un canidé ou un félidé? Outre que l'on peut aussi se tromper en assertant une négative, il se trouve que les innombrables négations vraies ne nourrissent pas leur homme, ce qui assure la priorité à l'affirmation, n'en déplaise à Hegel, et même si on entend faire correspondre la sélection d'un rhème au rejet des autres rhèmes. Ce n'est pas dans le même sens que tout être est ce qu'il est parce qu'il n'est pas autre chose et que quelque chose n'est pas autre chose parce qu'il est ce qu'il est. Si l'on remplace parce que par puisque, l'opposition de l'être et du néant se trouve comme voilée par les «valeurs» comparables qu'introduit dans le calcul de discours la «qualité» de la proposition. Dans la plupart des Dialogues, Platon grignote les rhèmes et secoue les thèmes, mais il prend aussi la patience d'amollir les phèmes, introduisant, sauf en matière de géométrie et de musique, une bonne dose de contingence dans la pseudo-nécessité. A côté de la hantise des appellations
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contrôlées et de la quête des Idées pures, l'oeuvre du théoricien de la triple erreur est dominée par la déontologie de la bonne soudure, de ce qui, par suite, occupa la première place, dans les théories du vrai et du daux, tant il est vrai que toute proposition affirmative qui contiendrait quelque erreur que ce soit es réputée fausse. On peut cependant renoncer à déclarer formellement fausses et la proposition qui dit que l'actuel Roi de France est chauve et la proposition qui dit que l'actuel Roi de France n'est pas chauve! Le nivellement de la notion d'erreur n'est pas un progrès. Le pêcheur qui rentre bredouille avait-il un harpon faussé, un filet déchiré ou un mauvais coin, ou même n'avait-il fait que rêver qu'il péchait? La distinction proposée par le Cratyle est-elle exhaustive? Peut-on intégrer l'erreur des sens dans l'erreur thématique de la saisie, l'erreur de l'imagination spéculative dans l'erreur Thématique de l'idéation, et l'erreur de calcul, de raisonnement, dans l'erreur phématique de la présomption et du mensonge? Faut-il ajouter à la triple erreur intra-propositionnelle un en-deçà, le malin génie des sens ou les Tucken des Instruments, et un au-delà, les accidents du programme inter-propositionnel? On bien doit-on voir dans les si, les ou et les donc erronés l'actualisation de quelque défaut dans le tissu épistémologique? Dans ces matières, une bonne réponse est comme une semence qui germerait en mille épines et fleurs, et quelques fruits. Et si les propos dans lesquels j'ai traduit, non pas un commentaire d'un passage du Cratyle, mais quelques sententiae issues d'une lectio, contenaient de nombreuses erreurs de toute espèce, c'est-à-dire au moins des trois types? Selon l'intuition antique du seul coup d'essai qui était un coup de maître, me reprocher l'erreur serait faire l'éloge du vrai et partant confirmer qu'en dépit de l'insidieuse et polymorphe tromperie des mots, l'esprit peut discerner du vrai, car, n'est-ce pas, les erreurs sont vraiment des erreurs?
III BEDEUTEN UND VERSTEHEN SIGNIFICAR Y COMPRENDER SIGNIFIER ET COMPRENDRE MEANING AND UNDERSTANDING
Anáfora e intermediación LISA
B L O C K DG B E H A R
(Montevideo)
No decimos lo que pensamos. Hace ya tiempo que se nos acabaron las ganas de hablar. Se nos acabaron con el calor. Uno platicaría muy a gusto en otra parte, pero aquí cuesta trabajo. Uno platica aquí y las palabras se calientan con el calor de afuera, y se le resecan a uno en la lengua hasta que acaban con el resuello. Aquí así son las cosas. Por eso a nadie le da por platicar (JUAN RULPO).
Emprender un examen de la anáfora constituye, a la altura actual de los estudios lingüísticos, una tarea previsiblemente compleja. La efusiva multiplicación de enfoques hace difícil el planteo de un tema resbaladizo, que se encuentra en la encrucijada a la que concurren disciplinas afínes —filosofía del lenguaje, lingüística, semiótica, retórica, poética, etc.— pero suficientemente diferentes. El planteo se complica todavía más por las estrechas conexiones que guarda con concepciones bastante recientes y para las que todavía no existe la distancia crítica indispensable. Sorprende (y por eso mismo, aunque estimula, también abruma) observar que la anáfora —aunque no siempre se la mencione así explícitamente— tiene relaciones decisivas con la mayor parte de los estudios en curso. Llámense análisis del discurso, hipersintaxis, lingüística del texto, sintaxis textual, translingüística, etc. (la nomenclatura es sintomáticamente vasta), estos estudios manifiestan una consecuente preocupación por el fenómeno anafórico. Ya E. Benveniste advertía: «II faut dépasser la notion saussurienne du signe comme principe unique...» 1 . Propone resolver así —aunque no lo recuerda— una preocupación por las relaciones intratextuales que Saussure dejara formulada como problema: «... qu'est-ce qui, á un certain moment, i
BENVENISTE,
E. (1974), Problèmes de linguistique générale. Paris: 66.
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permet de diré que la langue entre en action comme discours?» 2 . Dice también E. Coseriu: Hoy en día se asigna muchas veces a la lingüística del texto también la investigación de aquellas funciones idiomáticas que van más allá de los límites de la oración, como, por ejemplo, el enlace entre las oraciones, los procedimientos anafóricos, la anticipación, la enumeración, etc. (es lo que se llama 'análisis transfrástico') 3 .
Sin embargo, como considera que —aunque complementarias— es necesario discriminar tareas, aclara: Pero en este caso, no se trata del texto como plano del lenguaje en general, sino del texto como plano (posible) de la estructuración gramatical de las lenguas. La investigación aludida pertenece, por lo tanto, a la lingüística de las lenguas, no a la lingüística del texto 3 .
Ya mucho antes, cuando se preguntaba «Si hay una lingüística que no sea lingüística del hablar», Coseriu señalaba dentro de «esta técnica general del hablar», (...) «la determinación, como conjunto de operaciones, y los entornos, como instrumentos circunstanciales de la actividad lingüística» 4 , formulando terminantemente la necesidad de adoptar una perspectiva lingüística que continúa extendiendo estos estudios. De ahí que, tomando en cuenta desde las precisiones lingüísticas más rigurosas hasta las expansiones de hermenéuticas todavía en ciernes, se considere necesario incluir la anáfora como objeto de estudios que van más allá de la oración. Por eso las referencias que se multiplican en la organización de una pragmática del discurso, del estudio de la lengua en empleo y acción, de las correspondencias entre enunciado y enunciación, del encabalgamiento del mensaje en la situación, del mensaje en el código, de sus propiedades en la determinación de la coherencia del discurso, de sus funciones intra e intertextuales, y también, de su reconocimiento en la configuración de una estética que se ocupa de los mecanismos de la recepción, por citar algunos aspectos de las numerosas labores que la involucran. El temor a la desmesura impone —entre otros temores— la mayor discreción a un proyecto que sólo puede concebirse como tal, apenas una anticipación imperfecta de una empresa necesariamente más metódica, minuciosa y extensa, que ya nos compromete. Por las prevenciones que anteceden y para evitar mayores dispersiones, se entenderá la anáfora dentro de las concepciones más tradicionales: un fenómeno de indicación por medio de pronombres (adverbios, modos ad2
Citado en Les mots sous les mots. STAROBINSKY, J. (1971), París: 14. 3 COSERIU, E. (1977), El hombre y su lenguaje. Madrid: 254. * COSERIU, E. (1955/56), «Determinación y entorno». Reproducido en: (1967), Teoría del lenguaje y lingüística general. Madrid: 282 y sigs.
Anáfora e intermediación
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verbiales, conjunciones5, etc.) dentro del discurso e indicación por medio de repeticiones textuales —íntegras o parciales—. Así, se atiende sin distanciarlas, tanto a las extensas consideraciones que desarrolla K. Bühler, y la inherente vinculación de la anáfora con el fenómeno de la deixis, como a las que formulaba la retórica clásica que —consecuente con sus objetivos— se veía atraída por los llamativos efectos de repetición, según la cual definía a la figura, perdiendo de vista la competencia más sistemática que le cabe a la anáfora en la dinámica del discurso. Un precedente inmediato: la deixis Interesa señalar que la importancia crucial de la anáfora, debe entenderse en varios sentidos. Entre ellos se destacan las funciones decisivas de la anáfora en la concepción unitaria del texto, sobre todo, por su especial posición de tránsito, es decir, la propiedad de encontrarse a medio camino, en la intersección de varios planos: entre el gesto y el signo, entre el índice, la señal y el signo, entre la oración y el discurso, el metalenguaje y el lenguaje objeto; articulando el enunciado y la enunciación, limitando lo semiótico y lo semántico —tanto en relación a las respectivas disciplinas en general, como a los dos modos de significar que define Benveniste6. Esta interposición, que instituye un estatuto especialmente ambiguo, procede seguramente de su asimilación natural al fenómeno de la deixis. En efecto, confundidas en un origen común, las anáforas se suelen valer, en gran parte, de los mismos mecanismos y términos de la mostración deíctica. Sin embargo, y a medida que sea oportuno, anotaremos las diferencias específicas más notables. La deixis y dos orígenes del lenguaje El mundo era tan reciente que muchas cosas carecían de nombre, y para mencionarlas, había que señalarlas con el dedo (GABRIEL GARCÍA MÁRQUEZ).
No se trata de renovar tardíamente una reiterada solidaridad con teorías que atribuyen al «auténtico gesto indicativo»7 la aparición de lo específica(1967), Teoría del lenguaje. Madrid. El autor cita muchas conjunciones como resultado de «La evaporación de su sentido deíctico: 188. 6 «La langue combine deux modes distincts de signifiance, que nous appelons le mode SÉMIOTIQUE d'une part, et le mode SÉMANTIQUE de l'autre. Le sémiotique désigne le mode de signifiance qui est propre au SIGNE linguistique et qui le constitue comme unité (...). Avec le sémantique, nous entrons dans le mode de spécifique de signifiance qui est engendré par le DISCOURS» (BENVENISTE, E., op. cit.: 63 y 64). ^ «La hipótesis de la prioridad temporal de un señalar sin nombre es en sí misma una suposición sin contradicciones que se puede hacer» (BÜHLER, K., op. cit.: 146). 5 BÜHLER, K .
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mente humano y que, por rastrearse en viejos mitos, no disminuyen su rigor ni vigor. Un gesto indicativo que Bühler asocia con «Las palabras primitivas del lenguaje humano» y que —invocando la autenticidad— ya no puede disociarse de otro gesto indicativo consagrado, aquel que Miguel Angel representara en el Génesis como la indicación suprema: el dedo procreador de Dios al señalar al hombre —indicación y partición— lo crea, asimilando gesto, gestión, gestación, en una concepción inefable. Aunque anteriores, los ademanes indicativos comparten genéticamente con los imitativos, la etapa prevocal en la que el hombre logra superar la inmediatez biológica, segregándose de ella por medio de la representación. La capacidad de acceso y superación de lo indicativo a lo representativo —que implica la invención y uso de signos (o símbolos, en el sentido más general)— es la misma capacidad que se ha aplicado a definir también la oposición de lo humano a lo animal. Suzanne K. Langer pretende proponer una nueva clave antropológica cuando distingue: Man, unlike all other animals, uses 'sings' not only to indícate things, but also to represent them (...)• Most of our words are not signs in the sense of signáis. They are used to talk about things, not to direct our eyes, ears and noses toward them. Instead of announcers of things, they are reminders. They have been called 'substitute signs' 8 .
Pero además de esta atingencia ínsita a la naturaleza del lenguaje, la deixis aparece también como otra mención primaria más, nuevamente en el origen mismo de cada discurso y en virtud de la cual el discurso ocurre. Por eso los deícticos son utilizados necesariamente en la operación de actualización. Jakobson prefiere hablar de «shifters», adoptando y adaptando el término de O. Jespersen, para designar las marcas que en el enunciado presentan las circunstancias propias de la enunciación. La expresión deíctica constituye una mención inicial, tan incoativa como primera, por medio de la cual se propone la ordenación de las circunstancias, una construcción básica que establece las coordenadas de la comunicación. «Yo afirmo que hay que poner en el lugar O» (el origen de las coordenadas) «tres demostrativos, si este esquema ha de representar el campo mostrativo del lenguaje humano, a saber: los demostrativos aquí, AHORA, YO»'. Acción - Dicción Gradualmente se vio (como nosotros) | aprisionado en esta red sonora | de Antes, Después, Ayer, Mientras, Ahora, | Derecha, Izquierda, Yo, Tú, Aquellos,
Otros (Jorge Luis Borges: El Golem). s Langer, S. K. (1957), Philosophy in a New Key. New York: 31.
» Buhler, K., op. cit.: 169.
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A n á f o r a e intermediación
Conviene destacar que los términos demostrativos no constituyen solo un decir; inscritos prioritariamente dentro de la pragmática verbal, consolidan un decir-hacer10 que da lugar al discurso, en primer término, pero, sobre todo, es un decir-hacer porque la palabra se profiere como un gesto (con un gesto), que redunda somáticamente en la literal verbalidad del enunciado. Esta práctica gestual significante se integra con acciones somáticas con las cuales coincide pero a las que —según señala Coseriu— no se identifica: «los localizadores no son direccionales; sólo señalan 'región' y 'distancia': la dirección debe darla el gesto» u . En la naturaleza gramatical de los demostrativos participa también una naturaleza gestual, un gesto vocal, del que se vale el hablante para distinguir una situación, localizar objetos y acontecimientos que se encuentran en el campo de la percepción inmediata o distante pero a la cual quiere dirigir la atención del oyente. Integrando la realidad sensible con la realidad interior del hablante-oyente, los demostrativos sintetizan la inherente dualidad en la que el lenguaje conforma y confunde la aprehensión física y la intelección. Decía E. Cassirer: Así pues, ante la división del m u n d o en dos esferas claramente separadas, en un ser 'exterior' y un ser 'interior' el l e n g u a j e n o sólo p e r m a n e c e b l e m e n t e indiferente, sino que j u s t a m e n t e le fuese necesariamente
parece c o m o si esta
nota-
indiferencia
esencial12.
Saber y sinsabor: el goce contradictorio del fruto A mitad de camino entre el signo (significante y significado) y el silencio, los deícticos (significante solo), no pueden ser comprendidos sino en relación con la situación en que se pronuncian; su «significado» circunstancial es inseparable del «sentido» POLONIO. — Pues si esto es de otro modo, separad e s t o de e s t o (SHAKESPEARE).
Dependiente del ámbito sensorial, la mostración coincide con las imágenes concretas que no se distinguen todavía conceptualmente. Adecuado a la instancia singular, el deíctico indica, no significa; da cuenta de un referente preciso a la vista pero impreciso al pensamiento, una imagen que está procurando la formalización del concepto. Se trata efectivamente de un acto verbal de carácter primario en sí mismo pero a partir del que se desencadena un proceso cognoscitivo que desborda lo puramente sensorial. 10 Los deícticos se asimilan en m á s de un a s p e c t o a los performativos
q u e definen J. L.
AUSTIN y E . BENVENISTE, consecutivamente. 11 COSERIU, E . ( 1 9 6 2 ) , M a d r i d : 12 CASSIRER, E . ( 1 9 7 1 ) , Filosofía México: 13
302. de las formas
simbólicas.
Fondo
de Cultura
Económica.
134.
«(Quiere decir, con un ademán: II, E s c e n a II.
S e p a r a d esta cabeza d e mi cuerpo)». Hamlet.
Acto
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En las primeras etapas de la adquisición del léxico, provisto de una competencia todavía precaria, el niño —de manera similar al filósofo— inquiere permanentemente: «¿Qué es esto?». Por medio de una insistencia interrogativa, excepcional, intenta superar la mostración concreta, particular, y por medio de la generalización conceptual, saber. Pasa del pronombre al nombre; de la ignorancia al conocimiento 14. Por otra parte, pero sin alejarse demasiado de esta situación, se observa que una de las muletillas más corrientes: esp. este...este... y algunas de sus variantes, se repiten con una frecuencia indeseable en todo tipo de conversación pero, sobre todo, cuando el hablante, preocupado, pretende alcanzar un nivel de propiedad, precisión y fluidez, mayor que el habitual. Puede explicarse como falla, un tic de lenguaje, excesos inútiles de hábitos viciosos que se imitan contagiosamente dentro de la misma comunidad idiomàtica pero, asimismo, como manifestación de una carencia designativa que se repite mecánicamente. Una «atrofia» del deíctico, desprovisto hasta de la mínima indicación, aparece presumiblemente aplicado a llenar un vacío nominal provisorio: expresión involuntaria de titubeo, de búsqueda imprecisa que pasa de necesidad a hábito. De la percepción al concepto, de la indicación al conocimiento, las instancias gnoseológicas se describen también revisando etimológicamente numerosos verbos de conocimiento que dan cuenta de una primera relación de inmediatez sensorial, de contacto y asimiento concretos, previos a una intelección consecutiva: al. Begreifen, esp. comprender, captar; fr. saisir, etcétera, que se deslizan de lo táctil a lo cognoscitivo, de lo sensorial (fr. entendre como oír esp. saber como tener gusto) a lo intelectual. Los demostrativos evidencian la posición del emisor en una situación determinada. Coseriu señala que «los deícticos son instrumentos verbales 'situadores' por medio de los cuales los objetos denotados 'se sitúan', es decir, se vinculan con las 'personas' implicadas en el discurso mismo» 1S. Por esta fiel adherencia a la situación, la deixis se cumple fundamentalmente por pronombres, no por nombres. B. Russell y otros filósofos, los identifican como «particulares egocéntricos»; Benveniste «como individuos lingüísticos». Coseriu distingue así las palabras categoremáticas (pronombres) que presentan sólo la forma de estructuración de lo extralinguistico (que funcionan, por tanto, como sustantivos, adjetivos, etc.), pero que no representan ninguna materia extralinguistica determinada, como, por ejemplo, yo, este, aquí, ahora w.
»• Según la distinción que realiza COSERIU, E. (1977), Madrid: 14. IS COSERIU, E. (1962), Madrid: 301. 16 COSERIU, E. (1978), Gramática, semántica, universales. Madrid: 133.
Anáfora e intermediación
La confusión
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inicial
La anáfora comparte con los deícticos, léxico y sintaxis: los mismos pronombres, adverbios, modos adverbiales, etc., se emplean de manera similar tanto en la expresión deíctica como en la anafórica, aplicados a una función semejante. De la misma manera que la intermediación deíctica establece una indicación verbal hacia la realidad no verbal, integrando enunciado y enunciación, introduciendo el discurso en su entorno y viceversa, a fin de dar cuenta de una única entidad cognoscitiva, la anáfora opera como intermediación verbal pero sin apartarse del discurso. La deixis realiza un movimiento centrífugo que la diferencia de la anáfora: mientras que la indicación deíctica extravierte el discurso afirmando la «indiferencia esencial» de que hablaba Cassirer, la indicación anafórica, lo introvierte. Consolida también una única entidad pero homogénea, solo verbal, que no trasciende los límites de la textualidad sino que los refuerza.
Discurso y recurso ... una Palabra, sólo distingo su cresta orgullosa: ¿Cri, cristal, crimen, Crimea, crítica, Cristina, criterio? ( O C T A V I O P A Z : Trabajo del poeta).
Aparentemente la operación es muy semejante: así como los deícticos señalan una realidad anterior y diferente a la verbal, la anáfora señala una realidad anterior 1 7 aunque exclusivamente verbal. El objeto indicado es fluctuante: una palabra, una oración, todo el texto. Señala total o parcialmente signo, sintagma, significante, significado. Esta indicación asimila en parte las discutibles funciones referenciales de la anáfora a la función metalingüística ya que al señalar la palabra con la palabra, se pone de manifiesto una reflexión (imagen y pensamiento, imitación y diferencia) sobre el texto precedente o, más bien, sobre el código establecido. Por un momento, el discurso no progresa, regresa, se vuelve sobre sí mismo. No detiene ni atrasa el recorrido, da marcha atrás tomando impulso para proseguir su curso. Los deícticos indican una entidad particular pero aún no categorizada: del pronombre al nombre, se dijo. Lo contrario ocurre con los pronombres anafóricos: indican una porción del discurso, una palabra, pero la indicación — g l o b a l — los devuelve a un conglomerado que soslaya la segmentación conceptual: Del nombre al pronombre. 17 Los mecanismos son los mismos para la catáfora aunque se cumplen en sentido opuesto.
310
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Esta vuelta atrás que realiza la anáfora y que reivindica su significado etimológico (gr. ávoapopá, ascensión, salto atrás), explica su decisiva participación en la coherencia narrativa y su alusión tan frecuente en los análisis semánticos que se proponen establecer las isotopías del discurso lg . Recurso y recurrencia La utilización de pronombres y recursos lingüísticos formalizados no es el único recurso de la anáfora pronominal. Dispone también de un recurso abierto: la repetición, difícilmente tipificable por la cantidad de medios de los que se vale. Es una repetición ostentosa, que se pone en evidencia como recurso poético o retórico. Desde los cánones litúrgicos hasta las consonancias físicas o metafísicas de rimas y aliteraciones —pasando por lo menos por una docena de figuras 19—, la anáfora de repetición asegura la consolidación del texto por medio de insistencias más libres o más literales, que lo imponen como una unidad. La repetición retórica y poética se apartan de la reflexión metalingüística, propia de la anáfora pronominal, para aplicarse a la reflexión imitativa de la función poética que describiera Jakobson. Las anáforas pronominales, que aprietan los nudos sintácticos tan necesarias para la continuidad de la prosa, son normalmente evitadas por el texto poético, de la misma manera que repugna —salvo enfatizaciones oratorias— a la prosa, la repetición. Por el contrario y recíprocamente, la poesía —y cualquier texto en función poética— hace de la repetición uno de sus atributos esenciales. Jakobson recuerda a G. M. Hopkins, quien define el verso como «un discurso que repite total o parcialmente la misma figura fónica». Las famosas equivalencias del eje de selección que se proyectan sobre el eje de la combinación 20 configurando la especial consistencia del mensaje poético, encuentran en el recurso y recurrencia anafóricos, uno de los expedientes más eficaces para su realización.
18
Esta noción definida provisoriamente por GREIMAS, A. J. (1969), es: Sémantique Structurale. Paris: 53 — aparece recientemente puntualizada en Sémiotique. Dictionnaire raisonné de la théorie du langage, del mismo GREIMAS, A. J. y J. COURTÉZ (1979), Paris: «le concept d'isotopie a désigné d'abord l'itérativité le long d'ime chaîne syntagmatique, de classèmes» —en el sentido de POTTIER, B.— «qui assurent au discoursénoncé son homogénéité». " Entre las más importantes: estribillos, bordones, paronomasias, anagramas y variantes, anadiplosis, concatenación, metáboles, gradación, epanalepsis, los apareamientos de SLEVIN, las armonías fónicas de STAROBINSKY, etc. 20 JAKOBSON, R. (1963), Essais de linguistique générale. Paris: 220-221.
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Anáfora e intermediación
Ecos y resonancias Tout le phénomène de l'allitération (...) n'est qu'une insignifiante partie d'un
phénomène
plus
général,
ou plutôt
absolument
total
(Ferdinand de
Saussure). La excesiva catalogación retórica no puede sorprender. Los mecanismos anafóricos radican en el funcionamiento mismo de toda actividad mental; son inherentes a la discursividad confundiéndose con los mecanismos del pensamiento. Quizá se explique por esa razón (y a pesar de la referencia a la lógica), la llamativa preferencia que le dispensa la poesía que es —sin intentar definirla— antes que nada, una puesta en relieve de lo verbal. Ni siquiera la circunspección característica de poesías más austeras, oblitera totalmente la enorme resonancia de la anáfora, la repetición (que es repercusión) de las voces esenciales, de versos esenciales, aquellos que se quiere consagrar (H. Hatzfeld se conmueve porque Dante no rima el nombre de Cristo con ninguna otra palabra. En la Divina Comedia, sólo igual a sí mismo, Cristo es invocado anafóricamente)21. La anáfora procura rescatar en el espacio del texto escrito a las palabras de la fugacidad, de su temporalidad inherente. De ahí que no esté presente en otras artes que, por darle forma al espacio, no arriesgan su integridad en la inevitable sucesión del significante. Por eso, si uno de los propósitos del arte es vencer las resistencias de la materia que elabora, la anáfora le resulta, a la creación literaria, un instrumento especialmente adecuado22. Pronombre o repetición, la anáfora es tan frecuente que aparece en cualquier porción del texto pero, sus funciones de recapitulación le asignan especialmente un lugar: el borde. La mirada retrospectiva que reconsidera lo andado para proseguir es la actitud anafórica más corriente. Sin embargo, en la institución literaria, sobre todo, puede ser diferente. La anáfora sigue siendo borde pero, en tanto que tal, es bilateral: el lector se enfrenta a un texto que empieza y, condicionado por la anáfora, presume el resto, un texto anterior, un pre-texto que cierra el blanco gráfico abriendo la fantasía. Imitando el fundamento mostrativo de la deixis, esta anáfora, también incoativa más que retrospectiva, da crédito de existencia al vacío textual ya que es el espacio imaginario en el cual se inscribe. También el gesto verbal —como el visual— ahorra explicaciones y prescindiendo de palabras, 21 Hatzfeld,
H . (1973), Estudios sobre el barroco. Madrid: 190. 22 De ahí que B ü h l e r , a propósito de consideraciones diferentes, hable de «una distinción importante entre la técnica de enlace de la épica lingüistica y la del cine», concluyendo —son sus palabras— que «el lenguaje supera con mucho al cine gracias a los signos mostrativos en general, gracias a la deixis en fantasma y al uso anafórico de esos signos en particular» (op. cit.: 577 y siguientes).
II. — 21
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define la ficción. Por medio de un pase mágico, una prestidigitación inadvertida, muestra lo que no existe pero que, por ese mismo gesto indicativo, comienza a existir (otra vez el símbolo, el dedo de Dios): otra realidad, verbal, rival de esta realidad ya dada. Después, y a medida que el texto sigue, liga los elementos, estrecha el discurso, haciendo más sólida la autorreferencia literaria de manera tal que parezca prescindible cualquier más allá del texto. Esta afirmación sobre la autonomía del texto se hace más rotunda en el lenguaje poético donde, especialmente, la rima —anáfora de repetición— marca otro margen, una barrera de sonidos, que se superpone al final gráfico del verso. En una repetición de clausura, el verso se cierra sobre sí mismo, generando una circularidad de palabras, en contra de la linealidad del discurso pero, sobre todo, en contra de la realidad extratextual. Ahora bien, la anáfora pronominal, aplicada intencionalmente a los efectos de la trabazón discursiva constituye, en cierto modo, ima sofisticación sintáctica propia del lenguaje literario o, mejor, del lenguaje escrito (ya que vale también para el científico, burocrático, etc.) y a las oportunidades de revisión que éste presenta 23 . Resume y reasume el discurso. (La expresión oral dispone de esta anáfora en mucho menor grado.) En cambio, la anáfora de repetición, incluido el polisíndeton o la mera yuxtaposición, todas formas más ingenuas de concatenación, son características del lenguaje oral, tanto de la comunicación cotidiana como de la literatura que la representa. En efecto, el niño o el adulto no especialmente cultivado, usan estos recursos simples produciendo una coherencia bastante precaria. La machacona repetición de la y copulativa, el entonces aplicado con el mismo carácter, y similares, dan cuenta —ontogenética y filogenètica— de un discurso poco elaborado basado en relaciones muy rudimentarias. Su rehabilitación, por vía literaria, con composiciones que —como los relatos bíblicos y sus constantes retahilas— (la y está registrada 46.227 veces y es la voz bíblica de mayor frecuencia)— rescatan la simplicidad prístina de la expresión original.
La anáfora: genio y figura Tenía razón Du Marsais al excluir las anáforas de su Traité de Tropes. Para que el cambio tropològico ocurra, el signo debe adoptar un significado que no es el propio y la anáfora, o bien no tiene significado propio (la anáfora pronominal) o bien lo reitera (la anáfora repetitiva). Además, su utilización es tan sistemática dentro de la mecánica del discurso — ( B Ü H L E R la considera «el modo más notable y específicamente lingüístico y «Il y a quelques figures de mots dans lesquelles les mots conservent leur signification propre, telle est la répétition. [...] La figure ne consiste point dans le changement de signification des mots: ainsi elles ne sont point de mon sujet» (Paris: 18).
Anáfora e intermediación
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de la indicación»)24— que se justifica también así su deslinde de quehaceres lingüísticos más imaginativos, aunque no deje de ser figura. Ya se observaba la participación fundamental de la anáfora en la constitución de la prosa y de la poesía. Los procedimientos anafóricos son decisivos en la estructuración de todo texto y esta necesidad es recíproca, ya que la anáfora tampoco se resuelve sin el texto. En efecto, no se puede volver a decir lo que no se dijo antes. La sujeción al contexto es natural al estatuto de la figura; en realidad, sincrónicamente25, no hay figura sin contexto. Por eso la figura más que «un uso figurado», es un uso. Si por figura también se entiende la iniciativa, la libertad que se toma el hablante para amortiguar la compulsión social de los automatismos impuestos por la lengua, se verá que la anáfora también quebranta la naturaleza del signo lingüístico, como las demás figuras. En efecto, sus propiedades esenciales: arbitrariedad y linealidad, resultan cuestionadas por la imaginación de la figura. De la misma manera que la metáfora y la metonimia intentan invalidar la arbitrariedad del signo, motivándolo26, la circularidad regresiva de la anáfora —tal como se propuso— limita su linealidad. La necesidad contextual no es la única necesidad intersígnica. La figura y también la anáfora —que tampoco es un signo— requieren a los demás signos para distinguirse. Ya sea metáfora o metonimia, por recordar la distribución de Jakobson, la figura resulta de una relación intersígnica diferente a la anterior. Toda figura es una expresión que está por otra expresión (la cuestionable «traducción» de la figura), pero mientras, en general, este juego de signos se da como sustitución, es restitución en la anáfora. Una restitución vaga, general, en la pronominal, y restitución parcial o total en la de repetición. Cuando es restitución total, literal, la anáfora relaciona al signo consigo mismo, es su doble. Esa duplicidad, acentuada por la distancia, hace que el signo repetido ya no sea el mismo signo; es cierto que no presenta ni significado ni significantes nuevos, pero sí renovados. Siempre se mantiene una relación de «renvoi»27 pero mientras las figuras que estudia JAKOBSON, remiten al signo para desplazarlo, la anáfora lo emplaza: le da un lugar, un relieve. GREIMAS había confiado a la sed anafóBÜHLER, R . , op. cit.:
139.
25 COSERIU, E . (1977): «Las creaciones individuales se imitan, y por imitación se difunden, se vuelcan en la tradición, en el patrimonio de modelos lingüísticos de la comunidad, se hacen 'convenciones', pero conservan, por lo menos durante cierto tiempo y en ciertos aspectos, el sello de un individuo creador que cumplió el acto de revelación inicial». Madrid: 100. 26 GENETTE, G. (1966), señala que la motivación es diferente en cada tipo de figura pero siempre aparece: («par un détail dans la synecdoque, par une ressemblance dans la métaphore, par une atténuation dans la litote, par une exagération dans l'hyperbole, etc.)». Figures. Paris: 219. 2? «Tout signe est un renvoi (suivant la fameuse formula aliquid stat pro aliquo)» que acuñara JACOBSON en 1974.
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rica la «permanencia tópica»2S. El desplazamiento metafórico produce una discontinuidad; la novedad sorprende, produce una ruptura que descontextualiza. La anáfora, en cambio, se desliza en la continuidad; la redundancia aunque también sorprenda y provoque el extrañamiento poético, no quebranta la solidaridad contextual. Estas coincidencias parciales bastan para asimilar la importancia análoga de la metáfora y la anáfora. Pero no son las únicas. Otra coincidencia parcial valida etimológicamente el prestigio y discutido expediente al origen del lenguaje que el proceso metafórico y anafórico, con intermitencias, comparten. Lectura y recogimiento Il s'agira de reconnaître et de rassembler les syllabes directrices, comme Isis réunissait le corps dépecé d'Osiris ( J . STAROBINSKY).
La anáfora, íntimamente ligada a la comprensión, resulta un tema decisivo en una teoría de la lectura, de la recepción literaria en general. Así como los deícticos desencadenan una recepción compulsiva y por eso pueden considerarse un acto ilocutorio del habla (en el sentido que le da J. L. Austin), las anáforas suponen también un acto de lenguaje que involucra especialmente al receptor. Esta referencia encuentra un buen ejemplo en el estilo epistolar del latín, donde el que escribe se desplaza cortésmente, con el pensamiento y la palabra, a la situación en que la carta será leída y, por eso, desajusta tiempos verbales y adverbiales desde la emisión, para ajustarlos a la recepción.) Se observa entonces que tanto la anáfora pronominal como la de repetición, igual a la deixis, también se formulan para anticipar y dirigir la recepción. La anáfora pronominal relaciona las partes del discurso, pero —según se decía— al unir, marca un borde, el límite que aprovecha el lector para introducirse. Dice L Y O T A R D : «Avec ces 'indicateurs', le langage est comme percé de trous par où le regard peut se glisser»29. La supeditación a las circunstancias que conserva de su condición deíctica inicial, da entrada a la situación particular, que determina al lector y que es a su vez, lo que él personalmente, recoge del discurso: su propia comprensión. Naturalmente que esta apropiación no ocurre exclusivamente por las anáforas pero éstas son las que específicamente la instrumentan. También, en tanto que actualizadores, introducen con cada lectura, una nueva realidad. Mientras que las demás palabras, los signos propiamente dichos, encierran el significado que los define, este signo a medias que es el (1976), Maupassant. Paris: 2 8 . J. F. (1971), Discours, Figure. Paris: p. 39.
M GREIMAS, A . J . »
LYOTARD,
Anáfora e intermediación
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pronombre, propone un significante abierto: Es al lector a quien corresponde definirlo cada vez. Por eso «vacío» (blanco, hiato, laguna, fr. trou, alem. Sinnlücke, y todos los sinónimos que se multiplican en los trabajos que se ocupan hoy de los problemas de la recepción), no es una ausencia. Al contrario, es otro enlace que se tiende al receptor para reforzar la presencia de la obra con su propia presencia. Por su parte, la anáfora de repetición no se aleja demasiado de estos propósitos. Los excesos repetitivos del discurso publicitario, la propaganda, el discurso político, se explican —entre otras razones— como una apremiante adopción e inclusión del receptor en el cerco de palabras: para que comprenda, para que recuerde, para retenerlo. La anaforización se anticipa y dirige la operación de recepción: llama la atención sobre pasajes del discurso, palabras o fragmentos de palabras; solicita una realización, predeterminada, de la lectura. El lector comprende; reúne así lo que el autor dispone: la lectura, una colección más bien —en tanto que selección y reunión— pero, sobre todo, en tanto que lección compartida.
Qu'est'ce qu'un nom? NIELS DANIELSEN
(Odense)
On n'ose guère poser de nouveau la question. On hésite longtemps à prendre son élan. Pour se donner une excuse, on s'occupe pendant des années entières de myriades d'autres choses. On parle portugais avec son chien, ce qui semble lui faire beaucoup de plaisir, on tourne le disque avec le vieux chanteur irois de Dunquin, on compte jusqu'à cent en ourdou, ce qui dépasse les limites du masochisme. On devient fumeur pour la dix-septième fois, on s'arrête à nouveau de fumer, on boit encore une tasse de café, on regarde le ciel. Et l'on voit les nuages qui s'en vont au gré du vent. Derrière les nuées rampantes se trouve un soleil qui s'est perdu dans les nues. Et le soleil disparu et invisible rappelle à notre esprit ce problème toujours actuel, rongeant, cuisant, parfois déchirant. Il ne nous laisse jamais tranquilles, l'histoire des pensées humaines en est le témoin. Sa solution se trouve, comme le soleil brillant, derrière les nuages d'un été danois et elle attend, comme lui, un octobre serein avec des toiles d'araignées chatoyantes. On hésite encore. Jusqu'à ce que le défi accablant envahisse jour et nuit l'esprit de sa victime. On attend d'être poussé de force sur la voie. Cette voie est bordée, de tous côtés, par des charognes et des moqueurs. Les traces effarouchent le spectateur... Mais derrière les nuages il y a un soleil. Et au bout de la voie il y a un but. Tous les deux, le soleil et le but, sont une garantie pour le spectateur frustré qui guette leur existence, comme le font les deux dominateurs d'une connexion hjelmslevienne. Nous savons qu'il y a un soleil et nous savons qu'il y a un nom. C'est bien Aristote, tout le monde en a conscience, qui ouvre le bal avec sa célèbre phrase de l'Organon "Ovop.oc ouv èoxi cùvr] OTKIOCVTIKTI Kcrrà ouv6r|KR)v, [QUIS]) Cette formulation lourde et linguistique reflète la phrase relâchée de notre langage de tous les jours: un nom sert à exprimer un n'importe quoi. Une galette, de Gaulle, le racoleur... Le nombre des noms représente 11 NIELS DANIELSEN ( 1 9 7 5 ) ,
Zeitschrift
für Phonetik,
«Die Relativa im Neuhochdeutschen und anderen Sprachen», Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung 28.
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Qu'est-ce qu'un nom?
une infinité dans le sens qu'il y en a toujours un de plus, potentiel ou déjà réalisé. C'est Aristote qui accroît le besoin de définir le nom en termes sémantiques. Pour lui et pour Platon comme pour leurs épigones les plus proches sur les terrains de la philosophie et de la grammaire, il n'existait que deux catégories de mots, à savoir les ôv6|xopMax: HAH
AOAJKHH
NPEAMET
oSpanm.
BHHMamie
—MBIUIAEHHE—
HAH
T.
C. K a K
AeflTeAbHOCTb
$HKCHpOBaHHOe nOCpeACTBOM
noAynaeTCji, (JjopMyAHpyeTca . . .
13
Ha
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1 ) K a K o ô p a 3 ONPEAEAEHHHIX 06I>EKT0B, HX
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3TOT
2)
KaK o6pa3
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Aristote n'est pas mort, même si ses vêtements son ceux d'un Marx et d'un Engels. La pensée consiste pour Chtchedrovitski, comme pour le père de toute pensée logique, en images, en objets concrets et en mouvements (procès, activités), nàvxa (les objets) peî (les mouvements). La scission aristotélienne de nos notions peut servir de point de départ à un nombre illimité de discussions purement philosophiques dont les protagonistes n'ont aucune idée de la nature de la langue de l'espèce humaine. Pour les linguistes, elle ne vaut rien: les catégories du verbe et du nom substantif se croisent trop souvent, et le fondement de nos mentors antiques s'émiette. Cela vaut pour la sémantique académique 14 autant que pour la sémantique historique 15 et la sémantique sémiotique Une analyse sémantique strictement linguistique autorise son auteur uniquement à trouver derrière les signes perceptibles la signification qui justifie leur fonction et leur classement grammatical, et non pas l'inverse. La langue prend une signification à travers ses manifestations physiques, 12
13 14
Voyez la discussion chez: P. T. GEACH (1979), «Names and predicables», in Poland 1894-1963, ed. Jerzy Pele, Dordrecht-Varsovie, 240-242.
T. II. n t e A p o B H m u f ñ , « ' Í f ó u K O B o e M M i i i A e H H e ' H3UK03H0HUH, V I , 1, MOSCOU: 61.
H
ero
aHaAH3»,
ALFRED TARSKI (1952), «The Semantic Conception of Truth», Semantics Philosophy of Language, publié par L. LINSKY, Urbana. IS MICHEL J. A. BRÉAL (1897), Essai de sémantique, science de significations, RUDOLF CARNAP (1948), Introduction
to Semantics,
Semiotics
Bonpocbt and
the
Paris.
C a m b r i d g e . CHARLES MORRIS (1950),
Signs, Language and Behavior, New York. (Voir aussi la critique présentée pai HUGH WALFOLE dans sa monographie Semantics (1948), New York.)
Niels Danielsen
324
et ces manifestations physiques sont l'unique clef, variable d'une langue à l'autre, permettant d'ouvrir la porte qui mène au trésor du qui langage. La phonologie n'est donc que la servante de la linguistique, dont les préoccupations essentielles sont l'exploration des fonctions primordiales de la langue, c'est-à-dire les relations entre les éléments constitutifs de notre communication, les fonctions de ceux-ci et leur classement grammatical. C'est le rôle primordial de la linguistique d'étudier tout ce qui concerne les interrelations sémasio-syntactiques entre les membres de la race humaine, y compris les sourds-muets. L'abandon de ce principe conduirait à la discrimination de nos sœurs et frères qui, par pur hasard, ne sont pas capables d'utiliser leurs instruments audio-oraux et à une appréciation inattendue et complètement imméritée de l'inséparable 17. La dichotomie aristotélienne ovojia/pruioc est encore, nous venons de le constater, la chimère de maint linguiste philosophisant. Elle nous met devant des problèmes qui, d'un point de vue strictement linguistique, nous sautent aux yeux comme insurmontablement absurdes. Ou nous devons renoncer à tout classement grammatical, ou nous serons obligés d'introduire plusieurs classes. C'est la récompense amère de chaque bifurcation: elle comporte sa propre annihilation ou elle demeure en reste devant le tertium. Regardons pour un instant le dossier suivant de phrases peu compliquées, toutes latines bien sûr, mais qui représentent, d'une manière simple et universelle, des phénomènes touchant à notre problème de la séparabilité/non-séparabilité de la classe des noms et de la classe des verbes (nous munissons les éléments syntactiques qu'exhibent nos propositions d'un minimum de symboles constitutionnels 18 : 1) Parâre est maturâre. S (P?) o p (s?)
< o,
n >
2) Vivere est pecuniam parâre. S (P?) O P (S?) < 0 , n > 3) Pecuniam parâre est vivere. S (P?) O P (S?) 4) Pecuniam parâbimus. O,
5) Pecuniam merêre parâbimus. Oj (Vo?)* O (?) 6) Pugnâre parâbimus ( = «nous allons lutter»). Vo O Le psittacus passerinus. Cf. NIELS DANIELSEN (1976), An Essay on Nomos and Human Language, Copenhague. NIELS DANIELSEN (1980), Linguistic Studies, Heidelberg. * Vo = verbe opératif; la notation ( ) indique une séquence infinie.
17
18
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Qu'est-ce qu'un nom?
Où se situe la limite entre verbe et nom dans ces phrases élémentaires? Partout nous découvrons ce que l'on serait tenté de caractériser comme la lutte éternelle entre 1'ÖVO(KX et le PRJ^A qui est la dépouille inquiétante des contemplations des philosophes et des grammairiens de notre époque historique. La faute en est évidemment aux linguistes affectés contre leur gré aux études purement structurales et qui attachent une importance exagérée et extravagante, souvent même arrogante, aux entreprises sans sens, rejetant chaque aspiration à pénétrer à l'intérieur de la langue, c'est-à-dire au fin fond des relations pures du contenu. La linguistique n'y trouve pas son compte. Nous mettons ce déficit déplorable sur le compte des antisémanticiens, ou comment les nommer. Ils ont une pléthore de noms: les apôtres du son, les écangueurs syntactiques, les frères à capuchon de la linguistique... C'est E. Vääri qui nous avertit contre toute tentative nette et catégorique d'une classification des mots 19 . Il le fait en nous marquant qu'il nous manque des critères formels permettant d'établir une différentiation catégorielle et que les limites entre les noms, les verbes, les adverbes et les adjectifs (en estonien) sont incertaines. C'est Coménius qui, en 1648, nous propose d'utiliser une langue mondiale qui consiste en deux ou trois cents signes nominaux, ce qui nous aurait fait vivre avec une langue sans catégories de mots 20 . Et c'est Friedrich Müller qui, dans son esquisse sur les recherches linguistiques, entame une idée dont l'adoption sans critique donnerait lieu à des perspectives fantaisistes, bien qu'assez intéressantes en ce qui concerne l'habitus de plusieurs langues de la race lanifère (et maint autre concitoyen sur terre): Der Verbalausdruck dieser Sprachen ist nichts anderes als ein mit Possessiv - Präfixen bekleideter Nominal - Ausdruck 21.
Si Friedrich Müller a raison dans cette observation, nous devons en subir les conséquences sans grogner: nous avons sous nos yeux une langue dont la relation nexuelle ne se manifeste pas, c'est-à-dire une langue sans noms et sans verbes. Ce qui réduirait assez de grammairiens aristotéliques, y compris les générativistes encore survivants, au désespoir irrémédiable. Chaque verbe porte son entité nominale, son ir, c'est un fait qui vaut pour le grec autant que pour le turc, pour le vietnamien aussi bien que pour le tamoul ou pour le breton 22 . C'est le n qui évoque les objets au génitif (Q) comme par exemple en allemand: 19 E. VXXRI (1958), Mönede sönaliikide piirist ja funktsiooni Emakeele Seltsi Aastaraamat, vol. IV, Tallinn, 70-74. 20 JOHANN AMOS COMÉNIUS (1643-48), De
catholica,
rerum
cinquième partie de la Panglottia
21 FRIEDRICH MÜLLER (1877), Grundriss 22 Cf. NIELS DANIELSEN
(1976).
der
humanarum
muutumisest
emendatione
lauses, consultatio
(21.E édition, Amsterdam 1681).
Sprachwissenschaft,
I, II, Wien, 153.
326
Niels Danielsen Er freut
sich
des Lebens.
Q Sie gedachten
des toten Helden.
Q ou en grec: 'O
taxpôç
ÖHTETai
TOO
V E K p o O ,
Q
ou en polonais: Niczego siç nie obawiamy. Q
(Lech Walçsa)
( = nous n'avons peur de rien).
ou en irois: Td sé ag baint fhéir. Q ( = il fauche l'herbe)
En plusieurs langues le n s'externalise souvent. Cela vaut pour le turc, le persan et l'ourdou, par exemple: Biraderim
S
kizlart
Ot
ziyaret
it
ediyo.
O
(turc) (O = [faire]).
[Mon-frère les-jeunes-filles visite fait] (= mon frère visite les jeunes filles).
En anglais le it s'externalise chez la plupart des verbes dans des phrases récusatives, interrogatives, exclamatives et impératives: Doesn't he look nice! Did they dunkirk him completely! Does he speak English well! Don't you dirty pig me again! He doesn't look nice. Why do you always nothing my ideas?
Le it est en fait le noyautage du verbe. Les Russes possèdent un mot qui l'exprime avec la force d'un coup de foudre, à savoir le nom BiHApeime ( = [en-noyau-ment]). C'est le noyau nominal du verbe qui stimule le déclenchement des objets au datif dans certaines langues: Er h ilft dem Jungen. S S
02 ¿r°2 |0 + n
327
Qu'est-ce qu'un nom?
C'est cela la nature la plus sublime du nom: il exprime la pure notion «cristallisée» de base (un BiHApeime). La nature du verbe en diffère fondamentalement. Le verbe reflète, dans la majorité des cas, un pur noyau nominal de base + un élément accélérant qui fait progresser le sens, un élément accroissant, dont la nature la plus profonde est de déterminer l'action pure [FACERE], le procès [FIERI] OU l'essence [ E S S E ] . L'action présuppose l'être et se réalise à travers le procès. Tout cela à un goût de cosmogonie et s'exprime dans le langage: le verbe est la vie de la phrase. Les noms sont soit la cristallisation de n'importe quel phénomène soit les verbes démontés, c'est-à-dire la notion verbale dépourvue de la force animatrice du surplus verbal qu'est le O (l'accélérateur ( = l'animateur), ou bien le nucléus). Le démonté nominal par excellence du verbe est l'infinitif. L'infinitif est l'envoyé de la zone verbale dans la zone des espèces23. La catégorie grammaticale la plus profondément enfoncée et la plus subtilement caractéristique du nom est celle de la catastase24. La catastase est spécifique du nom. La langue de l'homme connaît trois manifestations de cette catégorie, ce sont: la catastase indéfinie, la catastase neutre et la catastase définie: allemand c. i.
ein Buch
c. n.
Buch
c. d.
das Buch
grec |3ifS\(ov
persan
russe
ketabi
KHHTa
pifïXlov
ketab
KHHTa
TÒ pipXtov
ketab
KHHTa
Comme l'indique notre tableau très sommaire, la catégorie trichorde de la catastase s'exploite différemment dans les langues diverses. Aucune langue n'y échappe tout à fait. Il est vrai qu'en hongrois le verbe transitif fini nous présente des formes connues sons le nom de «définis». Ces formes ne sont pas, pourtant, définies en dedans de soi; elles se préparent pour leur objet défini en investissant une catégorie nexuelle anticipante sur l'objet concis. Ou bien elles le reflètent. Spontanément, je pense à un passage chez mon défunt maître d'études Louis Hjelmslev. A mon avis, c'est le passage le plus important dans sa production entière, parce qu'il y parle de la sémantique d'une façon très claire et explicite: Pour décrire la signification (peut-être potentielle, ce qui ne veut pas dire condamnée à un état latent absolument définitif, comme on l'a vu) on peut 23
Cf. NIELS DANIELSEN (1975), «Die Relativa im Neuhochdeutschen und anderen Sprachen». Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung: 67-71. NIELS DANIELSEN (1977), «Digression über Delimitationem», Sprachwissenschaft, II, 4, Heidelberg, 369-373.
II.-22
Niels Danielsen
328
choisir divers procédés: ou bien énumérer les significations particulières (dans les cas où on est à même de les constater, en tant que possibilités); ou bien se concentrer sur un domaine où la répartition des formes semble particulièrement facile à motiver (le masculin et le féminin utilisés pour désigner les êtres mâles et femelles respectivement (tout en admettant une certaine participation) constituent un exemple typique), en considérant les autres emplois, qui semblent arbitraires, comme représentant! l'état latent, le manque de manifestation, et en considérant éventuellement les imaginations poétiques ou spontanées comme des improvisations métaphoriques; ou bien encore établir par abstraction, selon la méthode esquissée plus haut, un «concept» ou terme générique rendant compte autant que possible (et, ici encore, réserve faite de la participation) de toutes les significations particulières qu'il y a lieu de constater comme possibles. Le dernier procédé semble être seul satisfaisant, parce que c'est le seul qui s'accorde avec la méthode générale de la science. Le terme générique peut être établi, il faut bien le comprendre, sans impliquer aucun postulat d'existence25.
En suivant cette route scientifique méritoire, Hjelmslev parvient à la représentation suivante des subcatégories «animé» et «inanimé» du nom substantif, et cela veut dire: du nom même (il le fait sans définir ce qu'est un nom): , masculin
anime
; féminin
genre ^ I inanimé ( = neutre).
Hjelmslev confronte sa subcatégorisation avec celle de Roman Jakobson 26. i neutre (marqué) ®
enre
) (non-neutre
( féminin (marqué) ¡masculin.
Des deux configurations, nous préférons la générique de Hjelmslev, parce qu'elle nous conduit directement à un remaniement constitutionnel si nous la menons à bonne fin: / \ A KAS { J (
personnel (A QUIS) non-personnel (A QUID)
animé 1
X
/ masculin
l inanimé 1 / animé 2
Y
/ ( = neutre) j ( féminin
Z
\
25 Louis HJELMSLEV (1959), «Animé et inanimé», Essais linguistiques, Travaux du cercle linguistique de Copenhague, vol. XII, Copenhague, 218. & Charisteria Guilelmo Mathesio quinquagenario a discipulis et Circuii linguistici pragensis sodalibus oblata. Prague 1939, p. 79.
Qu'est-ce qu'un nom?
329
Notre système nous pousse en plein sur l'A qui est représenté dans la langue humaine par un KAS Letton ou un KAS Lithuanien. Les deux KAS représentent une entité sémantique d'une abstraction extraordinaire. Ils réclament autant de déterminations à l'intérieur de la zone personnelle qu'à l'intérieur de la zone d'espèces. Ils sont extrêmement exigeants. Il nous manque un dénominateur commun de ce que représentent les deux A que nous offrent les deux langues indoeuropéennes baltiques. Un tel dénominateur commun dirait en une parole ce que nous cherchons: il désignerait la nature de cette «Gegenständlichkeit»27 qui est symptomatique des noms substantifs. En scrutant la littérature grammaticale européenne (et noneuropéenne) qui porte sur notre problème, on trouve des formules qui font une profonde impression à leurs lecteurs en vertu de leur esprit parfaitement concis. Ainsi nous voyons chez le Polonais M. Wielewski28 une définition du nom, qui s'appuie sur la notion commune d'«istota», nous en voyons un parallèle chez les Roumains Toma Vasilescu et N. I. Barbu dans leur grammaire latine 29 quand ils utilisent le terme «însu§ire» comme le dénominateur commun de toutes les déterminations de nos deux zones de la personne et des espèces. C'est cette notion collectrice que veut exprimer un linguiste de génie comme le Danois Louis L. Hammerich dans le seul mot de «dethed»30. Ce qui est presque intraduisible. La langue nous prête à illusion. À cette illusion contribuent les tentatives distributionnelles ou purement morphologiques des dernières décennies31. Leurs praticiens savent apparemment ce qu'est un nom en rejetant chaque approche sémantique. Ils savent quelque chose tout en postulant qu'ils ne savent rien. C'est déjà Socrate qui nous en avertit en nous présentant le problème le plus difficile de tous les problèmes... 32 . Voir A. A. DRAGUNOV (1960), Untersuchungen zur Grammatik der modernen chinesischen Sprache, Berlin, 2. 28 MARCELI WASILEWSKI (1960), Krótka gramatyka jçzyka îacinskiego, Varsovie, 12. 29 TOMA VASILESCU-N. I. BARBU (1961), Grammatica limbii latine, Bucarest, 17. 3° L . L . HAMMERICH ( 1 9 3 4 ) , Indledniñg til tysk Grammatik, Copenhague, 53-55. SI F . R. PALMER (1962), The Morphology of the Tigre Noun, London, 11. CHARLES C. FRIES (1952/1963), The Structure of English, New York /London, 66 s. v., GERHARD HELBIG (1968), «Zum Problem der Wortarten in einer deutschen Grammatik für Ausländer», Deutsch als Fremdsprache, vol. 5, Leipzig, 1-16. (Helbig opère avec 23 catégories de mots!); voyez aussi la discussion excellente chez WILHELM SCHMIDT (1967), Grundfragen der deutschen Grammatik, Berlin, 54-73.) 32 Voir NIELS DANIELSEN ( 1 9 7 7 ) , Richieste di chiarimenti epistemologici, Problemi della ricostruzione in linguistica. SLI, Roma; le Théétète, 19. 27
Les propriétés des différents procédés de la communication interhumaine OTTO
DUCHACEK
(Prag)
Le langage, on le sait, se présente sous deux formes distinctes: la languesystème (compétence linguistique selon Chomsky) et la parole-produit de son fonctionnement (performance linguistique) La langue est une sorte de mécanisme extrêmement complexe qui est inaccessible à l'observation directe et dont les locuteurs se servent inconsciemment et intuitivement. Ce n'est donc pas un code, une convention. Aussi ni son apprentissage, ni son fonctionnement ne mettent-ils pas en jeu la conscience. Néanmoins il faut admettre qu'elle est systématisée, qu'elle forme un système de rapports qu'on peut vérifier et qui régit l'action et la manière de parler — la parole. La parole n'est pas évidemment uniforme. Elle diffère selon l'intelligence, la formation, le rang social, etc. du locuteur, selon ses rapports avec son interlocuteur, selon le niveau de ses auditeurs, selon le milieu et différentes circonstances. La parole peut être influencée encore par: 1° la norme littéraire2, surtout quand il s'agit d'un disours officiel, et 2° la norme de la «languestandard» qui cependant, tout en étant une réalité importante, peut en même temps être proclamée pour une fiction puisqu'elle subit, entre autres, l'influence des langues fonctionnelles. Même la norme littéraire est multiforme dans un certain degré, mais si l'on voulait examiner toutes ses variétés (poétique, prosaïque, dramatique, etc.), on aboutirait à une hétérogénéité intraitable. 1 2
Les concepts des termes chomskyens ne sont évidemment pas absolument identiques à ceux de Saussure. La norme littéraire est réglée par certaines prescriptions orthoépiques, orthographiques, lexicales, morphologiques, syntaxiques et stylistiques et influencée par des faits linguistiques traditionnellement réalisés et fixés par l'usage commun et courant dans la communauté linguistique en question.
332
Otto DucháCek
L'écriture, transposition graphique du langage, répond à la langue en tant que système, mais sa réalisation concrète correspond à la parole et ses réalisations individuelles, aux idiolectes. L'orthographe, à son tour, répond à la norme littéraire de la langue parlée. Le langage ayant évolué, pendant une très longue période temporelle, tout à fait subconsciemment et subissant différentes influences indépendantes des sujets parlants, contient de nombreuses irrégularités qu'on qualifie d'exceptions du point de vue grammatical. Par contre la signalisation et la gestuelle des sourds-muets, ainsi que les langues artificielles, ont été élaborées de propos délibéré et ne contiennent par conséquent ni d'irrégularités, ni d'exceptions. Etant basées sur une convention, elles ne subissent pas de changements et n'évoluent pas historiquement. Ce ne sont donc pas des systèmes naturels, mais des systèmes artificiels que nous appelons codes. Malgré les différences entre les systèmes proprement dits et les codes, il y a certaines analogies, un certain isomorphisme entre eux. La gestuelle des sourds-muets est la réalisation d'un code qui est en même temps une norme. Les petits écarts individuels involontaires des gestes convenus correspondent aux différences des idiolectes. En ce qui concerne la signalisation, on peut constater également l'identité de la norme avec la réalisation du code. A la différence de la gesticulation et de la gestuelle, il faut éviter tout écart individuel pour garantir la compréhension. Dans la signalisation, il n'existe donc rien de comparable aux idiolectes. Entre le langage et l'écriture d'une part et la gesticulation, la gestuelle et la signalisation d'autre part, il y a de très importantes différences bien que tous ces procédés servent à la communication. Tandis que le langage et la gesticulation ont évolué spontanément 3 , la signalisation et la gestuelle des sourds-muets résultent d'une convention. Etant conventionnelles, elles ont un caractère international et rendent donc possible la communication entre les ressortissants des peuples différents. C'est aussi le cas des langues artificielles telles que esperanto. Elles aussi n'ont pas évolué spontanément, mais ont été élaborées intentionnellement. Elles appartiennent donc aussi dans la catégorie des codes (et non celle des systèmes), mais à la différence des autres codes, elles unissent les avantages de ceux-ci (simplicité, régularité, stabilité) à ceux des langues naturelles (possibilité d'énoncer ses idées d'une manière plus claire, plus précise, plus riche et plus belle). Tandis que la gesticulation, la gestuelle et la signalisation ne permettent qu'une communication très restreinte, primitive et souvent imparfaite, le ' II s'en et que riques) sur les
suit que la gesticulation n'est pas absolument identique dans le monde entier le langage se présente sous forme d'innombrables langues naturelles (histoqui diffèrent plus ou moins, parfois même profondément, les unes des autres plans phonique, morphologique, lexical et syntaxique.
Les propriétés des différents procédés de la communication interhumaine
333
langage (sous sa forme orale ainsi que sous sa forme écrite) sert non seulement à exprimer parfaitement quoi que ce soit, mais encore à atteindre des buts scientifiques (étant le moyen de la pensée 4 ), esthétiques (belles lettres) et d'autres (amusement, méditation silencieuse, monologue interne, etc.) 5 . 4 5
«La pensée fait le langage en se faisant par le langage» (H. Delacroix). Même la pratique du rêve, d'un processus subconscient ou préconscient, pourrait, à la rigueur, être englobée dans le cadre du langage.
The '"principle o£ complementarity" and the problem of the arbitrary linguistic sign THOMAS V . GAMKRELIDZE
(Tbilisi)
The question of the nature of the linguistic sign and of the character of relations which constitute its essence is one of the crucial problems of linguistics and of the general theory of sign systems. The problem of the nature of the connection or relationship between the signans and signatum, between the form of a word and its meaning, is an ancient problem of linguistics which evoked fervent discussions still at the dawn of the scientific linguistic thought: is the link between the form and the meaning of a word established «by nature» (phusei) or «by convention» (thesei). Essentially the same questions are involved, with an emphasis on the functional, rather than genetic, aspects of the problem, in attempts to define the character of the verbal sign in the modern linguistic science (cf. BÙCHNER 1 9 3 6 ; SCHNEIDER 1 9 3 0 ) , and in accordance with the solution of the problem in either of these ways there are in the ensuing scholarly controversy opposed views on the nature and essence of the verbal sign. Among linguistic scholars who promoted the thesis of the conventional character of the verbal sign the American linguist Dwight Whitney (18271894) should be mentioned in the first place, whose doctrine was later adopted and developed by Ferdinand de Saussure (cf. GODEL 1957:193). «The bond uniting the signifiant with signifié is arbitrary», declares Saussure. The principle of the arbitrariness of the sign (l'arbitraire du signe) is the first and one of the basic principles in the whole linguistic framework of Saussure. According to Saussure, «the principle stated dominates the science of language and its consequences are innumerable» (SAUSSURE 2: 152). Eugenio Coseriu (1967) gives a comprehensive critical account of the origin and historical developments in diverse philosophic and linguistic
336
Thomas V. Gamkrelidze
theories of the thesis of the arbitrary and conventional linguistic sign. According to Coseriu, this thesis which was fairly current in philosophy and pre-Saussurean linguistics should be traced back, directly or indirectly, to the Aristotelean doctrine of the historically established functional connection — kata synthëkën in nomina between sound and meaning. After the appearance of the posthumous 'Cours de linguistique générale' in 1916, the thesis of the arbitrary sign, of the conventional character of the link uniting the signans (Saussure's signifiant) with signatum (signifié), of the absence of any internal motivation between the sound form of a word and its meaning dominated the views of the greater part of linguists The agreement with this view on the nature of the verbal sign is, however, far from being unanimous, and in the contemporary linguistic science there are rejoinders heard from the adversaries of the Saussurean thesis who argue against the traditional belief in the arbitrary nature of the linguistic sign, as maintained in the Cours (cf. ENGLER 1962 and 1964; SPANG-HANSSEN 1954; cf. also Materialy... 1969). Special mention should be made in this connection of the objections to the Saussurean thesis raised by such linguistic scholars as Benveniste ( 1 9 3 9 ) and Jakobson ( 1 9 6 5 ) . The principles of the contemporary theory of sign systems to regard a system at three different levels representing different types of abstracting: semantics (the study of the relations between the signans and signatum), syntactics (the study of signs and the relations between signs), and pragmatics (the study of signs in relation to their users) 2 , may be fully applied to the study of linguistic systems and the verbal signs (cf. MORRIS 1 9 6 4 : 6 0 - 2 ; MEL'CHUK 1 9 6 8 : 4 2 6 - 7 ) . At the same time, the inferences of a study of the system in the semantical and syntactical aspects may not coincide fully with the results of its study in the pragmatical aspect implying the user of the signs, his relationship to the sign system. The considerations advanced by Benveniste as to the existence of an intimate, natural and necessary link for a native speaker between the signans and signatum suppose a transfer of the problem under consideration onto the pragmatical plane estimating a sign system as perceived and appreciated by its user, taking into account his concrete psychological associations. Hence the objections to the arbitrary sign put forth by Benveniste, referring wholly to the sphere of pragmatics, do not affect in principle the character of the relationship between the signans and signatum as studied in semantics and syntactics (cf. also SHARADZENIDZE 1 9 7 2 : 1 4 ff.).
1
For a critical review of the pertaining literature, with a utilization of Saussure's manuscript sources, see ENGLER (1962) and (1964); cf. also 'Zeichen und System der Sprache
(1961-2);
CHICOBAVA (1959:113-5); KOERNER (1972).
The arbitrariness of the sign is regarded by some scholars as a linguistic universal: «The relation between a meaningful element in language and its denotation is independent of any physical or geometrical resemblance between them» (HOCKETT 1963:8). 2 C f . MORRIS (1938); CHERRY ( 1 9 5 7 : 2 2 1 ) .
337
The «principle of complementarity»
The nature of the verbal sign, as of the sign of any semiotic system, must obviously be specified not only through the relationships between its two components, but also through the relations of the given sign to the other signs of the system, both at the level of the signata and at the level of the corrresponding signantia. In defining a sign of a semiotic system, then, we must consider not only the 'vertical' relations between the two components of a sign taken in isolation, but also the 'horizontal' relations existing between the respective components of interrelated signs, i.e., the relations between the signata, on the one hand, and the relations between the corresponding signantia, on the other. The 'horizontal' relations, in contradistinction to the 'vertical' ones, are distinguished by their twofold character implying as it were parallel relationships at the respective levels between the two components of the interrelated signs, i.e., the relations between the signata (on the plane of content) and the relations between the corresponding signantia (on the plane of expression). Schematically the twofold nature of the 'horizontal' relationship may be represented as follows: Sign B
Sign A
I Such a differentiated approach to the verbal sign and to the relations which constitute its essence, envisaging the linguistic sign jointly in the semantical and syntactical aspects, eliminates a number of objections put forth against the thesis of the arbitrariness of the sign. The Saussurean thesis, as maintained in the Cours, is incomplete in the sense that it specifies only the 'vertical' relations between the two components of the sign. It may be explicated as a specification pertaining solely to the 'vertical' relationship between the signans and signatum and disregarding the nature of the 'horizontal' relations. Since the verbal sign is a linguistic entity determined by both of these types of relationships, any specification of the sign solely by one type of relations, leaving out of account the other type, is partial and hence incomplete 3 . At the same time, the opposite thesis of the motivated, iconic nature of the ties of the signans to its signatum, as advanced against the Saussurean 3
In the part of the Cours dealing with linguistic values (valeur linguistique) Saussure does introduce the notion of mutual relations among signs which symbolize their signification, but 'linguistic value' in Saussure's conception does not concern the nature of the relations between the components of the verbal sign which is being considered by Saussure in a sign taken in isolation (cf. ENGLER 1962:46-9; 6 2 ) .
338
Thomas V. Gamkrelidze
doctrine of the arbitrariness, involves exclusively the sphere of the 'horizontal' relations between the signs and cannot refer to the 'vertical' relationship which is characterized in principle by a conventional, arbitrary nature of the bond between the components of the sign: a concrete signatum may be expressed by any phonemic sequence admissible by phonotactic rules of a given language4. This specific property of the 'vertical' relationship between the components of the sign is one of the factors of multilingualism furthering, among other things, phonetic variability of language in diachrony. Attempts at discovering in natural languages certain correspondences between sound and meaning, between the phonetic symbolism and the phonemic form of the words do not yield in general postive results. It is possible to establish under experimental conditions definite universalistic patterns of correspondences of sounds to meanings5 but the same sounds are not distributed in the concrete words of natural languages according to the symbolic meanings which are being expressed by them in isolation under experimental conditions6. In this respect the 'vertical' relations are principally different from the 'horizontal' relations between the components of the verbal sign. A specific feature of the 'horizontal' relations, as outlined above, is their twofold character implying parallel series of interdependencies, i.e., the relationships at the level of the signata as well as the relationships at the corresponding signantia of the interrelated signs. Between these two series of 'horizontal' relations there exists a certain correlation finding its expression in the fact that specific relations at the level of the signata are being reflected in the character of the relationships between the corresponding signantia. Thus, diverse relations between the signata on the plane of content (such as, the relation of quantity — 'one' vs. 'many', of proximity in space and time — 'near' vs. 'far'; 'early' vs. 'late', of size — 'large' vs. 'small', the relation of similarity — dissimilarity, the relation of contiguity,
4
This does not concern naturally the onomatopoeic forms (phonetically motivated) and expressive words (cf. F1SCHER-J0RGENSEN 1978) which constitute the peripheral vocabulary, as well as the words with morphological or semantic motivation (cf. ULLMANN 1963:175-6). Only the so called primary signs are meant here, the ultimate constituents of the words, the prota onomata —according to the terminology of Plato's Cratylus; l'arbitraire absolu— according to Saussure, in contradistinction to l'arbitraire relatif (SAUSSURE 2: 297-303).
5 Thus, e.g., the vocoids which on the vocalic scale are close to a (compact vowels) tend to denote 'large', whereas the vocoids close to i (diffuse vowels) convey usually the meaning 'small'; from the pairs of voiced/voiceless consonants under experimental conditions the voiced is perceived as 'large' (cf. SAPIR 1929; NEWMAN 1933; CHASTAING 1964).
6 Cf. Eng. big small, Russ. velikij malyi, Georg. didi p'at'ara, etc. (cf. ULLMANN 1963: 179). F o r t h e s o u n d s y m b o l i s m , s e e a l s o GUDAVA (1958); FISCHER-JGRGENSEN (1978).
ULTAN (1970);
NICHOLS ( 1 9 7 1 ) ;
The «principle of complementarity» and the problem...
339
of kinship, etc. 7 ) are expressed in the corresponding signantia by specific correlations of phonemic (sound) similarity, phonemic alternations (juxtapositions), phonemic length of the interrelated words, certain syntactic features pertaining to the order of the elements, and by some other universal properties of the plane of expression of language; such relations at the level of the signata call forth specific character of the relations between the corresponding signantia. In these properties of the plane of expression is exhibited the dependence of the formal relations between the signantia on the relations between the corresponding signata, and we may accordingly speak of a motivation of one series of relationship by the other pertaining to the plane of content of language. Such a dependence of the relations between the signantia on the relations between the corresponding signata does not bear, however, the character of a diagrammatic correlation in the sense of Peirce, under which the relations between the signata are being iconically reflected in the nature of relations between the corresponding signantia; it is rather manifested in the shape of conventional ties between these two series of relationships, this being expressed in a motivated appearance, due to the character of the relations at the level of the signata, of certain formal features specific for the level of signantia and not characteristic in principle for semantic entities (such as phonetic similarity, phonemic length, phonemic alternations, etc.). The relations at the level of the signata are thus specifically projected onto the level of the corresponding signantia8. 7 Such basic relations among the signata constitute the principal conceptual relationships of the plane of content of the language which make up its deep structure. They are characterized by generality and universality, in the sense that such semantic relations are present on the plane of content of all the languages symbolizing their basic, 'deep' relations. Human beings regardless of their language and their culture share a common meaning system and organize their experience along similar symbolic dimensions (cf. OSGOOD 1963:244). These and similar basic semantic relations indicated above constitute apparently this 'common meaning system'. One may draw up a certain typology of such basic conceptual relations making up the deep structure of the plane of content which underlie diverse semantic relationships manifested in individual linguistic systems. Such a typology could serve as a certain semantic metasystem for an investigation of the transformation of the basic conceptual relations onto the plane of content of individual linguistic systems and of their manifestation accordingly in the corresponding entities of the plane of expression. 8 Such a dependence of the relations between the signantia on the relations between the corresponding signata, this being a universal property of the interrelated signs, is not eliminated in the process of diachronic change. Phonetic changes in the interrelated verbal signs are realized apparently not as arbitrary and isolated sound shifts, but as a regulated process of interdependent phonetic transformations aimed at preserving the general character of the formal relationship between the signantia motivated by the relations between the corresponding signata. The general character of the formal relationship between the signantia stays on the whole invariant under such phonetic transformations, whereas the specific forms of phonemic expression of this relationship may vary considerably in the process of diachronic change. The principle of motivation of the relations between the signantia by the relations
Thomas V. Gamkrelidze
340
The linguistic data adduced by Jakobson and other scholars (cf. WESCOTT 1971) must be interpreted in just this sense, in support of the thesis of the motivated character of the linguistic sign, and as an illustration of the existence of inner, iconic connections between the signans and signatum, in particular, between grammatical concepts and their phonological expression, as opposed to the Saussurean thesis of the arbitrariness of the sign. All these examples testify to the existence of a specific dependence in the sphere of the 'horizontal' relations, that is, the dependence of the relations between the signantia on those between the corresponding signata. Such a dependence is, however, not of an iconic nature, this being specific of different types of diagrammatic representations; it is in principle conventional, in the sense that the specific formal relations between the signantia, though conditioned and motivated by the character of the relations between the corresponding signata, do not reflect iconically, do not resemble the properties of the latter (cf. on the one hand, the relations of quantity, of the intensity of a quality, the relation of immediate neighbourhood, etc., and the relations of phonemic length and phonetic similarity between the corresponding signantia, on the other) 9 . We may consequently conclude that the dependence in the linguistic signs of the plane of expression on the plane of content is confined exclusively to the sphere of the 'horizontal' relations and does not extend to the sphre of the 'vertical' relations characterized in principle by arbitrariness and lack of motivation. Apparently in this direction the famous experiments must be interpreted with Kohler's figures designated by the 'words' takete and maluma (cf. KOHLER 1 9 4 7 : 2 2 4 - 5 ) . The motivated character of the link between the signans and signatum, as revealed in this and other similar psychological experiments 10 , does not involve the 'vertical' relationship and must be referred exclusively to the 'horizontal' relations between the signs. The problem of thesei ~ phusei of the verbal sign envisaged separately only on the plane of the 'vertical' or on the plane of the 'horizontal' relations is characterized by incompleteness and leads necessarily to diametbetween the corresponding signata is thus imposing certain regulating limits on the phonetic changes in the interrelated signs (cf. in contradistinction to this thesis Saussure's view on the illimited character of phonetic changes, this being a corollary to the principle of the arbitrariness of the sign, cf. SAUSSURE 3: 3 4 4 ) . 9 Elements of a diagrammatic correspondence in the linguistic signs may be seen in the realm of syntax, where the linear sequence of the members of a syntactic group may to a certain extent be in an iconic dependence on the relations of succession or rank of their referents. Thus, e.g., a chain of verbs vëni, vldi, vlci in the famous aphorism of Julius Caesar is reproducing iconically the succession of the interrelated events; or in the phrase 'Le Président et le Ministre prirent part à la reunion' the sequence of the syntactic members Président ~ Ministre reflects the hierarchical order of the respective referents (JAKOBSON 1 9 6 5 : 2 7 ; cf., however, BOLINGER 1968:16).
Cf.
TSURU
and
FRIES
(1933);
DAVIS
(1961);
BAINDURASHVILI
(1971).
The «principle of complementarity» and the problem.
341
rically opposed conclusions as to the nature of the linguistic sign and to the character of the relations between the signans and signatum. In the light of the linguistic sign conceived of as a unity both of the 'vertical' and the 'horizontal' relations, the opposed propositions concerning the nature of the relations between the signans and signatum present themselves not as contradictory, but as complementary to each other specifying with necessary completeness the essence of the verbal sign. These propositions, both true but partial each of them in isolation with respect to the entity under consideration, are in a correlation defined as 'complementarity' (in Niels Bohr's sense of the term) n .
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44Was
sein muß, muß sein." Überlegungen zum Gemeinplatz und seiner Verwendung 1 ELISABETH
GÜLICH
(Berlin)
ON FAIT CE QU'ON PEUT. Propos que les paresseux ont trop souvent à la bouche. Combien de plus il est glorieux de faire ce qu'on ne peut pas! (LUCIEN RIGAUD, D i c t i o n n a i r e d e s
lieux
communs. Paris 1881).
Sätze wie «Was sein muß, muß sein» oder «On fait ce qu'on on peut» werden nicht von einem bestimmten Sprecher eigens für eine bestimmte Situation produziert, sondern sie werden einem Repertoire entnommen und lediglich reproduziert (vgl. B U R G E R 1 9 7 3 : 7 ; S T E M P E L / W E B E R 1 9 7 4 : 2 9 ) . Schon S A U S S U R E billigt solchen «locutions toutes faites» einen Sonderstatus zu, indem er sie als zur «Langue» gehörig ansieht ( 1 9 6 4 : 1 7 2 ) . Im Deutschen werden Termini wie: Stereotyp, Klischee, Redewendung, Redensart, Sprichwort, Floskel, idiomatische oder phraseologische oder formelhafte Wendung und u.a. auch Gemeinplatz verwendet. Diese Bezeichnungen werden —häufig Undefiniert— teils auf dieselben, teils auf unterschiedliche Arten von sprachlichen Einheiten bezogen. Ich verwende im folgenden als Oberbegriff den Terminus «vorgeformte Ausdrücke»2, und ich beschäftige mich mit 1
2
Eine frühere Fassung dieses Beitrags ist erschienen als Nr. 7/1978 der Bielefelder Papiere zur Linguistik und Literaturwissenschaft. Die vorliegende Fassung enthält in überarbeiteter Form die Teile 1 und 2 des Bielefelder Papiers; Teil 3 (Sprach- und stilkritischer Aspekt des Gemeinplatzes) wurde aus Platzgründen weggelassen. Vgl. a u c h BURGER (1973): 1; MUELLER ( 1 9 6 5 ) s p r i c h t v o n « F o r m e l n » , DANIELS ( 1 9 7 6 ) v o n
«Schematismen des Sprachhandelns», COULMAS (1979) von «verbalen Stereotypen». Einen Überblick über die bisher verwendete Terminologie kann man sich bei THUN (1978), K a p . 1 o d e r bei PILZ (1978) ( a l p h a b e t i s c h e s V e r z e i c h n i s d e r T e r m i n i , S . V I I I -
X I I ) verschaffen. THUN selbst führt den Terminus «fixiertes Wortgefüge» ein, PILZ «phraseologische Einheit». Ii.-23
344
Elisabeth Gülich
einem bestimmten Typ von vorgeformten Ausdrücken, den ich «Gemeinplatz» nenne. Meine Überlegungen, die ich an deutschen und französischen Beispielen konkretisiere, betreffen 1.) einen syntaktisch-semantischen Aspekt des Gemeinplatzes (Abgrenzung des Gemeinplatzes von anderen Typen vorgeformter Ausdrücke), 2.) einen pragmatischen Aspekt (Beschreibung der Verwendung von Gemeinplätzen in kommunikativen Interaktionen).
1. Zum syntaktisch-semantischen
Aspekt
1.1. Übersicht über Stereotype. Vorgeformte Ausdrücke fasse ich als einen Teil des Gesamtbereichs der Stereotype auf (vgl. das Schema auf S. 353). Ich unterscheide zunächst zwei Arten von Stereotypen, solche f ü r die eine bestimmte sprachliche Formulierung festgelegt ist, und solche, bei denen das nicht der Fall ist: ich nenne sie Sprach- und Denk-Stereotype 3 . Mit Sprach-Stereotypen sind die vorgeformten Ausdrücke gemeint. Denk-Stereotype werden natürlich auch durch sprachliche Formulierungen vermittelt, aber z.B. ein Vorurteil über eine bestimmte Gruppe, etwa über «die Deutschen» oder «die Franzosen» kann in ganz verschiedenen Formen geäußert werden, das Stereotype hängt nicht im einer bestimmten Formulierung. Bei den vorgeformten Ausdrücken hingegen scheint weitgehend Einigkeit darüber zu herrschen, daß sie nicht oder nur sehr eingeschränkt veränderbar sind. Das wiederum bedeutet zweierlei: 1.) der Ausdruck wird in einer bestimmten festen Form überliefert 4 , die auch dann nicht verändert wird, wenn der Sprachgebrauch sich ändert 5 . Aus diesem Grunde enthalten vorgeformte Ausdrücke oft archaische Formen; 2.) bestimmte Operationen oder Transformationen dürfen auf solche Ausdrücke nicht angewendet werden. Es darf z.B. nichts umgestellt oder eingefügt werden; ein Verb darf u.U. nicht negiert oder nicht ins Passiv oder nicht in andere 3
Vgl. bei STEMPEL/WEBER (1974:29 f.) die Unterscheidung zwischen Stereotypen auf Ausdrucks- und Stereotypen auf Inhaltsebene. Zum Begriff des «Stereotyps» in der Sozialpschologie und in der Linguistik vgl. vor allem QUASTHOFF (1973, bes. Kap. 1 u. 6); f e r n e r : BAYER (1976), WENZEL (1978, K a p . 1). — D i e U n t e r s u c h u n g e n v o n QUASTHOFF
(1973, 1978) und WENZEL (1978) beziehen sich im Sinne der hier getroffenen Unterscheidung auf Denk-Stereotype, obwohl sie sich natürlich auch mit der sprachlichen Formulierung der Stereotype befassen (vgl. besonders bei QUASTHOFF (1973) die Kap. 8 u. 9). 4 Vorgeformte Ausdrücke werden daher charakterisiert durch Formulierungen wie «als unzerlegbare Ganze gelernt» (LYONS 1972:180), «als Satz tradiert» (RAIBLE 1972: 206, Anmerkung 158). GOURMONT (1955:189) spricht von «une phrase faite une fois pour toutes». Vorgeformte Ausdrücke sind demnach nicht nach den üblichen syntaktischen und semantischen Regeln beschreibbar. Die «Gesamtbedeutung» eines solchen Ausdrucks ist «nicht regulär interpretierbar» (BURGER 1973:10). 5 Vgl. dazu VAUGELAS, Nouvelles remarques sur la langue française, «Proverbes». Vgl. auch SAUSSURE (1964:172) «(...) les locutions toutes faites, auxquelles l'usage interdit de rien changer».
345
iWas sein muß, muß sein»
Übersicht über Stereotype: Stereotype
Denk-Stereotype
Sprach-Stereotype
nicht an best. Typen von Kommunikationssituatiou gebunden
an bestimmte Typen von Kommunikationssituation gebunden («pragmatische Idiome»)
vorgeformte Sätze
vorgeformte Syntagmen
nichtmetaphorisch
metaphorisch (Sprichtwort)
(Gemeinplatz)
G V A
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2 a I sv. S .2. § * a o 6« 10
•8 w g *î» ' S Man beachte: diese ist nicht der Begriff selbst, denn PALAGYI unterscheidet prinzipiell den «vitalen Prozess» vom «geistigen Akt, mit dem er verbunden ist» (vgl. PALAGYI 1924:9, 221 u. ö.; vgl. WALTHES 1978, 233 f.). Ohne 'vitale Mitgift' und ohne Lautung wäre der Begriff «gewissermaßen spurlos vorübergehend» (HUMBOLD 1829, Werke 111:191). Begriffe an sich bleiben unwahrnehmbar (vgl. COSERIU 1975:265).
Susanne Mumm
458
offen imitieren (?-S. M.), gleichen ihrer Natur nach den verdeckten Muskelbewegungen, die sich vollziehen, wenn wir das Bild eines Balles in uns hervorrufen (FURTH 1972:134 - Hervorhebungen S. M.).
(1977: Kap. X) referiert neben PIAGET in diesem Zusammenhang CHURCH und NELSON, um die «Gesamtdynamik» zu kennzeichnen, aus der erste Konzeptionen aufsteigen. Was zu lernen ist aus solchen Forschungsrichtungen, was aber ohnehin von Lebensphilosophie, Phänomenologie und Hermeneutik her mit der Frage nach der «Lebensweit» in der Luft liegt47, ist die notwendige Ergänzung des Gedankens der virtuellen Tastbewegung durch den der virtuellen Gebrauchs- oder Umgangsbewegung! Wie der Stuhl einen «Sitzton», so hat der Ball einen Werf-, Fang- und Roll- «ton»48. Was man mit den Dingen machen kann, was sie selbst machen, das wird als virtuelle Bewegung mit antizipiert und so zum Fundament der Auslegung des Begegnenden. Im alltäglichen Nachreden von tausendfach Ausgesprochenem, das von Strukturen der «Wiederholten Rede» (THUN 1 9 7 6 ) geprägt ist, begegnet nichts mehr 49 , wird die antizipierende Virtualität der Phantasie kaum noch in Anspruch genommen. Die Alltagssprache, zum Kommunikationsinstrument verkommen, ist phantasiearm. Aber auch «wiederholte Rede» bleibt an den Vollzug der 'verkümmerten schematischen Phantasmen' gebunden. Ihre Schematisierung oder «Automatisierung» ist gerade deshalb jederzeit aufhebbar in einer «Aktualisierung». Dies geschieht in der Sprache der Dichtung» (COSERIU 1 9 7 1 ) —ob nur da, das bleibe hier unerörtert. PALAGYI skizziert die mögliche Regeneration der Sprache als die Rückkoppelung der «schematischen Phantasmen» ein die «unwillkürliche inverse Phantasie». HÖRMANN
Es ist eine ganz andere Art von Phantasmen, die durch eine Gemütsbewegung geweckt werden, als jenes schwindsüchtige und verkommene Volk von symbolischen und schematischen Phantasmen, die das diskursive Denken möglich machen. Jeder (...) Künstler weiß dies sehr wohl, und er ist auch demzufolge zuweilen geneigt, die symbolische Phantasie gar sehr zu unterschätzen, wo doch auch die inverse Phantasie von der symbolischen (von der Sprache-S. M.) gegängelt sein muß, damit ein Kunstwerk entstehen könne. (...) Auch von dem echten Ästhetiker fordern wir, daß er zwischen der künstlerischen symbolischen Einbildung und zwischen jener traumhaft mächtigen Einbildung, die beide im Vereine die Gestaltung eines Kunstwerkes ermöglichen, scharf zu unterscheiden wisse (PALAGYI 1924:217).
n Vgl. LANDGREBE (1967). Hier bietet sich auch der Vergleich mit LIPPS' Begriff 'Konz e p t i o n ' a n (vgl. LIPPS 1976:55 f f . u n d d a z u MUMM 1978). GEHLEN (1978:181 f f . ) w e i s t
in diesem Zusammenhang auch auf die Thesen des Pragmatismus, bes. DEWEYS hin. « Eine Wendung von UEXKUELL, vgl. WERNER (1953: § 10 «Die Aktionsdinge»). « Vgl. HEIDEGGER (1976: § 35).
Sprache und Phantasie
459
Geht es hier vor allem um systematische Unterscheidungen, so kann man aus Andeutungen im Zusammenhang der Bewußtseinstheorie PALAGYIS50 entnehmen, wie die Regeneration der Sprache, die eigentliche sprachschöpferische Tätigkeit, zwar «durch eine Gemütsbewegung geweckt werden» kann, wie ihr eigentlicher Impuls aber von denjenigen Bewußtseinsakten ausgeht, die sich ihrerseits unmittelbar auf «schöpferische inverse Phantasmen» beziehen, d. h. auf solche, die nicht aus vorhergehenden Erfahrungen ableitbar sind. Für diese Art der Bewußtseinstätigkeit beansprucht der Verfasser den Begriff «Inspiration» (1924, 298). Von ihr gilt, was HUMBOLDT als «Princip der Freiheit» gegenüber dem «todt Überlieferten» in der Sprache postuliert: Denn es kann im Menschen etwas aufsteigen, dessen Grund kein Verstand in den vorhergehenden Zuständen aufzufinden vermag (1835: Werke III: 439 f.).
Dieses Aufsteigende zu artikulieren, ist jeweils ein «gewagter Versuch» (HUMBOLDT 1829: Werke 111:202) —auch in der Dichtung herrscht die «Alterität der Sprache» (COSERIU 1971)— weil das Vitale (die Phantasie) grundsätzlich «nur einen Zeugen hat» (PALAGYI 1924:4. Vorlesung) und weil die Bewußtseinstätigkeit ohne die vitalen Vollzüge nicht mitteilbar würde. Der «Zeuge» des Verlautens muß sich in analoge virtuelle antizipierende Vollzüge versetzen lassen, will er teilhaben an der Regeneration der Sprache, denn: Es kann in der Seele nichts als durch eigne Thätigkeit vorhanden seyn (...)
(HUMBOLDT e b d . :
217).
Der Begriff des Sprachvermögens als Vermögen der sinnstiftenden oder -erschließenden Rede ist in einem 'bewußtseinseigenen' Ansatz zwar einerseits von einer Bewußtseinstheorie her zu entwickeln. Niemals aber kann dies isoliert geschehen, wenn man den für PALAGYIS Denken grundlegenden Unterschied von Bewußtseinstätigkeit und Phantasietätigkeit, d. h. von «Geist und Leben» akzeptiert 51 . Dann muß das Sprachvermögen 50
51
Die Theorie des Bewußtseins ist die notwendige Ergänzung der Theorie der Phantasie; die eine Teiltheorie ist ohne die andere letztlich unverständlich und für sprachtheoretische Fragen nicht isoliert zu rezipieren! Der fundamentale Unterschied von Vitalem und Geistigem ist aus dem Kriterium der vorhandenen bzw. fehlenden Zeiterstreckung abgeleitet (vgl. WALTHES 1978: Kap. 3.2.5.2.), PALAGYIS Zeittheorie (vgl. PALAGYI 1901) führt über anthropologische Fragestellungen hinaus, begründet den Gesamtzusammenhang seiner Lehre, wurde aber in der Anthropologie nicht mitrezipiert (vgl. allerdings K U N Z 1946:1, 3. Kap. bes.: 168). Die unangemessene Einseitigkeit meiner vorläufigen Hinweise könnten den Eindruck erwecken, es handle sich um eine vitalistische Reduktion des Psychischen auf Leibliches. Vgl. aber Anm. 50! Vgl. auch: «Geistigen Charakter erhalten unsere Gemütsbewegungen (als vitales Geschehen! — S. M.) durch die geistigen Akte, mit denen sie verbunden sind» (PALAGYI 1924, 221). Vgl. auch GRASSIS Forderung nach,
460
Susanne Mumm
zugleich in seiner Verankerung im vitalen dynamischen Geschehen erkannt werden 52 . Gerade damit kann man der genetischen These, von der ich ausgegangen war, gerecht werden. Denn ein Grundsatz lautet hier: Im Reiche der vitalen Prozesse gibt es keine Kopien im Unterschiede von Originalvorgängen (PALAGYI 1924: XIV) 5J.
Schon deshalb müßte es für die Sprachwissenschaft, die so gern mit Speichermodellen arbeitet, von unabsehbaren Folgen sein, wenn man die «Begriffe» «(...) nicht nur auf ihre Verstandesintention hin, sondern auch ihre vitale Mitgift hin» untersuchte (PALAGYI 1924:165), was nicht damit getan wäre, daß man neben den 'denotativen' auch die 'konnotativen Merkmale' berücksichtigte, neben den 'kognitiven' die 'affektiven'. Solche Anstückungen haben allemal etwas peinlich Dilettantisches an sich. Die Kategorien der Untersuchung müssen einem Gesamtentwurf des Menschen als notwendige verpflichtet sein, der dem Leib-Seele-Problem gerecht wird und den psycho-physischen Parallelismus überwindet. Rationalistische Theorien sind aber noch nicht einmal auf der Höhe dieses Problems angekommen und jeder «Monismus des Körpers» 54 versucht lediglich, es zu unterlaufen. ...Kann man an die tieferen Gründe sprachlicher Schöpfung herankommen? Offensichtlich nicht, da die Schöpfung, die Erfindung, der Sprache per definitionem eigen sind. Man kann die Gründe für die launenhaften und unvorhersenbaren Wendungen der schöpferischen Phantasie eben nicht bezeichnen (COSERIU 1 9 7 1 A : 3 9 ) .
Und das ist gut so, denn könnte man dies, so wären sie allzubald auch herstellbar, d. h. manipulierbar. Aber man kann —das sollte der vorliegende Bericht wenigstens von einer Seite her erhellen55— die Bedingungen der Möglichkeit des Schöpferischen bedenken, um den Blick dafür zurück zu gewinnen und um zur Begründung der genetischen These beizutragen.
«Herstellung der Beziehung von Denken und Erlebnisfähigkeit» durch die Berücksichtigung der «Macht der Phantasie» (GRASSI 1979, XVII). 52 Dies ist in gewisser Weise auch die Intention GAUGERS beim Rekurs auf FREUD. Vgl. GAUGER (1979:76; vgl. auch hier Anm. 26). 53 Deshalb geht jede computerorientierte kybernetische Modellierung mit der Leugnung der vitalen Gegebenheiten einher (vgl. WALTHES 1978, 271). 54 Dies ist der Vorwurf von P I L Z gegen MERLEAU/PONTY (vgl. ASCHENBERG 1978:95 Anm. 48), den ASCHENBERG (ebd.: 53 ff.) in ihre kritische Analyse aufnimmt. Was bei PALAGYI als streng begriffliches Polaritätsdenken vorliegt, findet man z. T. bei MERLEAU-PONTY als Zweideutigkeit wieder (vgl. WALTHES 1978). 55 Vgl. Anm. 46, 50, 51! Die andere Seite soll demnächst unter dem Arbeitstitel «Bewußtsein, Phantasie und Sprache» behandelt werden.
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Sprache und Phantasie
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WERNER, H. (1919), Die Ursprünge der Metapher. Leipzig. — (1945), «Motion and motion perception». Jb. f . Psychologie 19, 1945:317-327. — (1951), «Sensory-tonic Field Theory of Perception». Jb. f . Psychologie 25, 1951. — (1953), Einführung in die Entwicklungspsychologie. München3. — (1974), «Intermodale Qualitäten (Synästhesien)». In: METZGER, W . (Hrsg.) (1974), Allgemeine Psychologie. 1. Halbband. München: 278-291. — and B . KAPLAN (1963), Symbol Formation: An Organismic-Developmental Approach to Language and the Expression of Thought. New York etc. WYGOTSKI, L. S. (1964), Denken und Sprechen. Berlin (Russ. Orig. 1934). ZIETZ, K. und H. WERNER (1927), «Über die dynamische Struktur der Bewegung». Zs. f . Psychologie 105, 1927:226-249.
Über die Kunst der langen Sätze Eine Betrachtung
zur Theorie der
Sprachkunst
HERBERT SEIDLER (Wien)
1. Lange Sätze sind eine bekannte Erscheinung, oft mit unangenehmen Erinnerungen verbunden, etwa an amtliche Verlautbarungen in Zeitungen. In der künstlerischen Literatur finden sie sich nicht in allen Perioden in gleicher Dichte; in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts sind sie seltener als im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Auch sind nicht alle Sprachen gleich in der Möglichkeit, lange Sätze zu bauen. Hier sei an wenig Beispielen aus der großen deutschen Dichtung diese Möglichkeit untersucht. Ganz allgemein gilt: es gibt eine unübersehbare Fülle und Verschiedenheit der Arten. Natürlich ist nicht jeder lange Satz ein Kunstwerk, im Gegenteil: bürokratische und journalistische Satzungetüme überwiegen bei weitem. Aber es gibt auch lange Sätze bei Thomas Mann, Goethe und Hölderlin. Auf sie zielen wir hier ab. Aber es ist zu betonen: es gibt keine scharfen Grenzen zwischen langen Sätzen, die sicher nicht sprachkünstlerisch sind, und solchen, die es sind. Es besteht die Tatsache der Übergänglichkeit, des allmählichen Hinübergleitens. An den beiden Enden stehen als Pole: lange Sätze ohne jeden Ansatz künstlerischer Art und solche höchster Kunst. Aber das deckt sich auf keinen Fall mit dem Unterschied von Prosa und Vers; es gibt lange Prosasätze von höchster Kunst und total unkünstlerische in Versen. Einige Überlegungen zur Sprachkunst im allgemeinen sind vorauszuschicken 1 . In der Sprache erfaßt und bewahrt der Mensch geistig die Erfahrungen (Weltbegegnungen); nur dadurch ist in der Sprache Kommunikation möglich. Im sprachlichen Erfassen wird nicht nur das Was, auch 1
Sie können knapp sein. Ich verweise auf mein Buch: Grundfragen einer Wissenschaft von der Sprachkunst (Internationale Bibliothek für allgemeine Linguistik 42), München 1978, besonders auf die grundsätzlichen Erörterungen des ersten Teils.
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Herbert Seidler
das Wie mit einbezogen; was für den einen «empörend» ist, kann für den andern «erschütternd» sein, ökonomisierungsvorgänge schleifen im Lauf der Zeit vieles an diesen Erfassungsformen ab, alles für die Verständigung Unnötige wird ausgeschaltet, stirbt; Sprache wird Werkzeug der bloßen Mitteilung. Aber das ist nur ein Weg der Sprachentwicklung. Es gibt Sprachgestaltungen, in denen es nicht zu diesen Ausschaltungen und Schrumpfungen kommt. Das ist dann der Fall, wenn das Ästhetische zum Prinzip sprachlicher Gestaltung erhoben wird. Auch hier ist das Phänomen der Übergänglichkeit zu beobachten: Ästhetisches kann in kleinen Zügen eines Sprachgebildes sich bemerkbar machen, es kann dessen Struktur immer entscheidender bestimmen und endlich deren Prinzip werden: Sprachkunst. Ästhetisch ist alles Erfassen von Gebilden als ausgesprochen gestalthaft 2 . Das erste Grundmerkmal ist die ausgeprägte Gestalthaftigkeit (im Erzeugen einer Ganzheit, in der vielbezüglichen Gegliedertheit, in der Spannung von Ruhe und Bewegung), d.h. das Gebilde vollendet sich im reinen Da-Sein, indem es in Erscheinung tritt. Aber diese Gestalthaftigkeit formt im Kunstwerk immer in sich Menschliches ein: ein Kunstwerk ist Menschenwerk und spricht zu Menschen. Das zeigt sich in den Arten und Graden von Rationalität und Emotionalität im weitesten Sinn. Und endlich: in solchen menschlich bedeutsamen Gestalten enthüllen sich Aspekte der Welt, die rein rational nicht erfaßbar sind. Gestalthaftigkeit, Menschliches und Erkenntnisertrag bilden im Kunstwerk, also auch im Sprachkunstwerk eine unteilbare Einheit. Ästhetische Durchstrukturierung bestimmt auch lange Sätze, wenn sie sprachkünstlerisch sein sollen. Im Satz ereignet sich ein Vorgang sprachlichen Erfassens in relativer Geschlossenheit. Diese ist gekennzeichnet durch einen bestimmten Sprachanstoß, durch eine bestimmte Intention, durch ein «Einrasten» in ein bestimmtes Satzbaumodell. Je nach der Antriebsstärke der Satzintention gibt es Sätze verschiedener Länge. Um einen Satz als ausgesprochen lang oder kurz aufzunehmen, muß er in einem sprachlichen Zusammenhang stehen; erst dieser macht Länge oder Kürze als solche greifbar. Dabei spielt die Ablaufsbewegung eine Rolle. (Man vergleiche ihre Unterschiede etwa bei Kleist und Stifter.) Ist diese Ablaufsbewegung ästhetisch durchgegliedert, dann sprechen wir von Rhythmus. Zum sprachlichen Ablauf eines Satzes gehört auch die Ausgeprägtheit von Anfang und Ende. Dazu kommt noch etwas Entscheidendes: In jedem Satz wird ein Stück Welt und unsere Stellungnahme dazu sprachlich als ein Prozeß gestaltet. Man kann also in einem Satz das Was des Gestaltungsprozesses und sein Wie theoretisch unterscheiden; natürlich bilden sie als Sprachgebilde eine Einheit, aber keiner der beiden Aspekte darf vernachlässigt werden.
2 Ausführlich über das Ästhetische in der Sprache und seine Grundmerkmale im eben erwähnten Buch: 45-78.
Über die Kunst der langen Sätze
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Damit sind schon bestimmte Tatsachen zu langen Sätzen als sprachlichen Kunstwerken gegeben. Aber nochmals ist zu betonen, daß beileibe nicht jeder lange Satz ein ästhetisches Gebilde ist. Ja, es wäre sogar reizvoll, an einer Reihe von Beispielen zu zeigen, wie fortschreitende Ästhetisierung zu immer kunstvolleren Gebilden führt. Das würde hier zu weitläufig sein. Auch bei langen Sätzen ohne künstlerischen Anspruch ist zwischen zusammengestoppelten, wie man sie etwa in amtlichen Entscheiden findet, und gekonnten Gebilden zu unterscheiden, die einen großen Gedankengang darstellen und damit auf solche begriffliche Strukturen hinweisen oder sie erst errichten. Man könnte etwa zeigen, wie Kant in seinen langen Sätzen ein streng rationales Gebilde von Begriffsverbindungen und -Spezifizierungen aufbaut oder wie etwa bei Fichte eine deutliche, vom Willen getragene Dynamik mitbestimmend wird. Im folgenden seien die künstlerischen Möglichkeiten langer Sätze an vier Beispielen wenigstens andeutend dargestellt: an zwei Prosasätzen, an deren einem vor allem der Ablaufscharakter wichtig ist, an deren anderm auch die Füllung von Bedeutung wird; und an zwei Versgebilden, in deren einem die Fülle der sprachlichen Möglichkeiten, ein Kunstwerk aufzubauen, beobachtet werden kann, deren anderes eine gewisse Höhe an sich erreicht: ein ganzes Gedicht ist ein Satz, Gedicht und Satz fallen zusammen. 2.
Der zweite Satz von
THOMAS M A N N S
Dr. Faustus lautet 3 :
Einzig die Annahme bestimmt mich dazu, daß der Leser — ich sage besser: der zukünftige Leser; denn für den Augenblick besteht ja noch nicht die geringste Aussicht, daß meine Schrift das Licht der Öffentlichkeit erblicken könnte, — es sei denn, daß sie durch ein Wunder unsere umdrohte Festung 5 Europa zu verlassen und denen draußen einen Hauch von den Geheimnissen unserer Einsamkeit zu bringen vermöchte; — ich bitte wieder ansetzen zu dürfen: nur weil ich damit rechne, daß man wünschen wird, über das Wer und Was des Schreibenden beiläufig unterrichtet zu sein, schicke ich diesen Eröffnungen einige wenige Notizen über mein eigenes Individuum voraus, — 10 nicht ohne die Gewärtigung freilich, gerade dadurch dem Leser Zweifel zu erwecken, ob er sich auch in den richtigen Händen befindet, will sagen: ob ich meiner ganzen Existenz nach der rechte Mann für eine Aufgabe bin, zu der vielleicht mehr das Herz als irgendwelche berechtigende Wesensverwandtschaft mich zieht.
Im folgenden sei das Satzbild gegeben (die vertikale Anordnung deutet die Abhängigkeit an, die horizontale, auf eine Gerade projiziert, gibt die Reihenfolge im Ablauf. H = Hauptsatz, G = Gliedsatz, N = Nennformgruppe)
3
Stockholm-Wiener Ausgabe: 9.
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Herbert Seidler
G (Attr.)
G (Kausal)
\
Schaltsatz
G
H Objekt isoliert + H
\
(Obj.) /.)
\
N (Obj.)
G
\
angefügte Bestimmung
N
{Attr.) G {Attr.) + Schaltsatz [ + G
(Attr.)
(Attr.)
\
G
G
(Attr.)
(Attr.)
Zuerst sei die G e s a m t a n l a g e betrachtet. Sie ist zweigliedrig (Hl, H3) mit einem Verbindungsstück (H2). Jedes Glied ist reich, aber je anders untergegliedert. Hl fügt nach Abbrechen eines Gliedsatzes einen Schaltsatz ein, der selber wieder gegliedert ist und in der Mitte wieder eine Art Schaltgruppe hat. H3 zeigt eine Gliedgruppe vorher und eine nachher, diese mit H3 durch eine frei angefügte Bestimmung verbunden. H3 stellt den Kern dar: Zeitblom wird jetzt über sich berichten; aber das ist mager im Vergleich zu dem, was sonst noch alles gesagt wird: geschichtliche Lage Europas, die Problematik des «Lesers»; Polarität von Erzählsubjekt und -objekt, damit aber schon die besondere Eigenart des Romans; d.h. es stehen sich gegenüber der Reichtum an Aussagen und die Magerkeit des Satzkerns. Trotz dieser differenzierten Struktur ist der Satz schon beim ersten Anhören verhältnismäßig leicht aufzufassen; das wird durch die deutliche Reihenfolge und das Einschieben von Schaltgruppen ( • ) ermöglicht. Dabei sind einigemale (kursiv) die Beziehungen der Glieder untereinander schwebend. Die Syntax wird vom Schreiber beherrscht, aber er spielt gleichsam mit ihr, ohne daß die Verständlichkeit leidet; es besteht keine Mehrdeutigkeit des Gehalts, nur der logisch-syntaktischen Bestimmung. Die Häufigkeit der Schaltgruppen zeigt eine bewußte Anlage, die zugleich durch den Gedanken an Sprechen bestimmt ist. Zeitbloms Humanismus-Tradition als Pflege kunstvoller Sprachgebung mit Einsatz vieler rhetorischer Mittel wird offenbar. Die auffälligen Wiederaufnahmen wollen präzisieren (Z.l, 11) und (Z.6 f.) betont den Faden wieder aufnehmen. Unter ästhetischem Aspekt stellt sich dieser Satz als eine Ganzheit mit deutlichem Anfang und Ende und klarer Gliederverknüpfung dar. Der spürbare Rhythmus ist nüchtern, gebrochen, schwerfällig: es fehlt also scheinbar der Rhythmus, aber das lange Durchhalten dieses Prinzips schafft eine faßbare Gliederung. Die Ganzheit ist wieder bestimmt durch die Fülle der Glieder verschiedener Grade; dazu noch unterstrichen durch die Schaltgruppen; das ganze Gebilde ist gekennzeichnet durch Vielbezüglichkeit und, erwirkt vor allem durch die Schaltgruppen, durch reiche Vor- und Rückverweise. Sie ist endlich beherrscht durch ein ausgewogenes
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Verhältnis von Statik (geschlossene Konstruktion) und Dynamik (durchlaufende Redebewegung); beide sind gleich spürbar und wichtig. So wird der Satz in seiner Anlage so «fesselnd», daß er alles in sich enthält; in seinem Da-Sein, in seinem Erscheinen vollendet er sich. Das führt aber zum nächsten. Es sind d i e s p r a c h l i c h e n F ü l l u n g e n d i e s e r G e s a m t a n l a g e zu beachten. Es fallen schon die reich ausgefalteten Verbformen (z.B.Z.6-8) auf: rationales Differenzieren als absichtliches Spiel. Weiter: es ist Z.8 vom Schreibenden, nicht vom Schreiber die Rede: der Ablauf des eben sich vollziehenden Schreibens ist im Partizip mitenthalten. Z.8 steht beiläufig im Gegensatz zu unterrichten, d.h. es werden Informationsgrenzen angegeben; das ist ein deutlich menschlicher Zug. Es gäbe noch mehr solche Bezüge zu erwähnen. Dabei ist auffällig, wie stark das sprachliche Bild zurücktritt 4 . Es gibt kaum Metaphern, höchstens die Festung Europa, daher erscheint diese umso gewichtiger. Sonst findet man (etwa Z.ll) höchstens abgeflachte; d.h. es tritt keine Aktualisierung ein; insofern nimmt sich der Satz wie eine Sachdarstellung aus. Die Satzbewegung ist in diesem gebilde strukturbestimmend. So entsteht der Eindruck, daß hier vor allem «geredet» wird (vielleicht sogar: «zu viel»?). Demgegenüber ist aber unverkennbar, daß hier ein Mensch spricht; u.zw. ein ganz bestimmter, mit ausgeprägten Sprachgewohnheiten: Schwerfälligkeit, Einsatz rhetorischer Mittel, Verbindimg von Gedankenarbeit und Konvention, Bescheidenheit und Bewußtheit zugleich, weniger sprachliche Bilder als Mitteilungen bietend — eben Serenus Zeitblom: der Humanist, Gelehrte, Könner, aber etwas weltfremd. In diesem sprachlichen Greifbarwerden deutet sich aber auch —ex negativo— die Gestalt Leverkühns als des Erzählobjekts Zeitbloms in dessen Spiegelung an. Und nun das Besondere: der eigentliche Erzähler, der auch Zeitblom schafft, macht sich auch in diesem Satz bemerkbar: er übertreibt leicht den Stil, also den Zeitbloms, d.h. er spielt mit ihm, ironisiert ihn. Ohne diese reichen menschlichen Bestände und Bezüge würde dem Satz Entscheidendes fehlen; in dieser Satzgestalt sind Menschen vernehmbar. Durch die Andeutung Leverkühns entsteht Spannung; der Leser wird in bestimmte Richtung gelenkt. Auch die geschichtliche Situation ist da, als Rahmen, der im Erleben des Schreibenden immer mitgeht. Mit andern Worten: in diesem Satz als sprachlichem Gebilde, in seiner Struktur und dem in ihr verwirklichten Gehalt ist bereits der Gesamtentwurf des Romans als Rezeptionsvorgabe für den Leser da. Es folgt ein Satz aus STIFTERS Nachsommer5: Ich stand auf dem Felsen, der das Eis und den Schnee überragte, an dessen Fuß sich der Firnschrund befand, den man hatte überspringen müssen, oder zu dessen Überwindung wir nicht selten Leitern verfertigten und über das 4 5
Vgl. zu diesem Bereich das Buch Anm. 1: 200-238. Augsburger Ausgabe (STEFL, M.: 479 f.).
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Eis trugen, ich stand auf der zuweilen ganz kleinen Fläche des letzten 5 Steines, oberhalb dessen keiner mehr war, und sah auf das Gewimmel der Berge um mich und unter mir, die entweder noch höher mit den weißen Hörnern in den Himmel ragten und mich besiegten, oder die meinen Stand in anderen Luftebenen fortsetzten, oder die einschrumpften und hinabsanken und kleine Zeichnungen zeigten, ich sah die Täler wie rauchige Falten durch 10 die Gebilde ziehen und manchen See wie ein kleines Täfelchen unten stehen, ich sah die Länder wie eine schwache Mappe vor mir liegen, ich sah in die Gegend, wo gleichsam wie in einen staubigen Nebel getaucht die Stadt sein mußte, in der alle lebten, die mir teuer waren, Vater, Mutter und Schwester, ich sah nach den Höhen, die von hier aus wie bläuliche Lämmerwolken 15 erschienen, auf denen das Asperhaus sein mußte und der Sternenhof, wo mein lieber Gastfreund hauste, wo die gute, klare Mathilde wohnte, wo Eustach war, wo der fröhliche, feurige Gustav sich befand, und wo Nataliens Augen blickten.
Der S a t z b a u ist bestimmt durch eine Reihe von sieben Hauptsätzen; davon haben vier und fünf keine Untergliederung, zwei und drei sind durch und verbunden, eins und drei weisen einander beigeordnete Gliedsätze auf, eins, sechs und sieben sind reich gegliedert: Ht
\
H6
\
G+ G
\
G+G
H7 G
\
\
G+G
G
\
\
5G
G
Die prädikativen Verba sind in eins und zwei ich stand, drei als Übergang hat und sah (damit wird Monotonie vermieden und Spannung erregt), in vier bis sieben: ich sah. Das Ich ist betont; in diesem Wort kündigt sich an: es geht um die Erfahrung eines Menschen, der zu uns spricht. Es fällt auf, daß nie Gliedsätze in übergeordnete eingefügt, von ihnen umklammert sind, es sind Ketten (Unterordnung) oder Reihen (Beiordnung). Deshalb ist das Gebilde leicht zu erfassen: die Hauptsätze bilden jeweils den Kern, die Gliedsätze laufen immer ganz ab, die Satzbewegung geht glatt durch, man kann sich ihr gleichsam hingeben. Dabei ist eine Steigerung zu beobachten: H2 bildet gegenüber H l eine Art Absinken, H3 weist größern Reichtum auf, H4 und H5 sind nochmals knapp, es ist wie ein Atemholen, denn nun nimmt die Glieder-Anreicherung über H6 zu und erreicht die größte Fülle in H7. Der Satzbau ist gekennzeichnet durch große stetige Steigerung, Ruhe und Breite verbinden sich. Wandlung und Steigerund sind auch in besonderm Maß durch die Wortgehalte, durch die sprachlichen Bilder erwirkt: Gerüst der Anlage und
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seine F ü l l u n g sind völlig koordiniert. Hl und H2 beziehen sich auf die leblose Natur (H2 spricht sogar nur von einem Stein). In H3 ist es schon das Gewimmel der Berge, die Verba sind dabei wichtig, denn sie erfassen dieses Gewimmel als Vorgang. Der sprachliche Ablauf gestaltet eine Fülle von Abläufen. H4 spricht von Tälern und Seen, H5 schon von Ländern. Mit H6 und 7 tritt eine Änderung ein: ich sah in die Gegend-nach den Höhen. Nun wird also weniger ein Ziel als eine Richtung gegeben. Jetzt treten zu den Wahrnehmungen oder geradezu an deren Stelle Vorstellungen: das Ich bereichert aus eigenem Innern die Landschaft; diese wird sogar zum Nebel (Z.12), so daß nur mehr vermutet wird (mußte B.13). H6 spricht von den Eltern und der Schwester, mit H7 wird aber der Kern, die Mitte des Romans angepeilt: die dem Sprecher Liebsten im Rosenhaus und im Sternenhof. Diese Höhen erscheinen als bläuliche Lämmerwolken, die Verba betreffen nur das Dasein von Menschen, und die Höhe ist zugleich das Engste: wo Nataliens Augen blickten; ein Objekt zum Verb fehlt, aber es entsteht nun geradezu eine Richtung zum Ich hin. In zwei Richtungen geht diese Satzanlage: einmal in die einer ständigen Weitimg: vom einzelnen Stein bis zu den Ländern und endlich in Räume, die im Augenblick nur in der Vorstellung gegeben sind; dann in die einer fortschreitenden Verinnerung: von den dem Ich nahen Menschen bis zur geliebten Natalie. Dem Reichtum der Gegliedertheit im Satzbau und seiner Füllung hält der Ganzheitscharakter, besonders auch mit der glar heraustretenden Schlußklausel den Widerpart. Die sprachlichen Bilder machen den Fortschritt von einfachen zu umfassenden, die zugleich kleinere einschließen, mit; sie sind —was zur deutlichen Gegliedertheit beiträgt— klar voneinander abgegrenzt; Substantive, die diese Abgegrenztheit betonen, sind bezeichnend (Z.9 f.): Zeichnungen, Falten, Gebilde, Täfelchen. Dabei sind die drei HauptWortarten gleichgewogen am Bau der Bilder beteiligt. So entsteht ein geschlossenes Großbild mit innerer Bewegung; es ist das Erleben eines Menschen. Breites episches Strömen verbindet sich mit Steigerung und Verinnerung. Das ganze Gebilde gibt von der Ganzheit bis in alle Einzelheiten einen Einblick in den Bezug von Welt und Mensch. 3. Mit dem Hinzutreten der V e r s k u n s t verbindet sich mit der Satzintention ein deutlich geformter Rhythmus; d.h. die rhythmische Bewegung und Gliederung ist nach einem bestimmten Prinzip geregelt: nach dem Metrum. Hier treten also zwei Bewegungen im Satzablauf zusammen: die Satzbewegung an sich und der vorgeprägte rhythmische Ablauf. Dabei kann die Satzbewegung das Vorherrschende sein, die metrische Gliederung bleibt mehr im Untergrund wirksam (denn sonst würde man ja keine Verse hören). Das ließe sich besonders eindrucksvoll an den Oden und Hymnen Hölderlins zeigen. Oder die Versbewegung, die das metrische Schema füllt, ist wesentlich und fügt sich den Satzablauf ein. Dafür erweist sich immer wieder Goethe als der große Meister. Ii. —31
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Aus GOETHES Iphigenie betrachter 6 :
seien die Verse Orests nach seiner Heilung
Ihr Götter, die mit flammender Gewalt Ihr schwere Wolken aufzuzehren wandelt 1345 Und gnädig-ernst den lang erflehten Regen Mit Donnerstimmen und mit Windesbrausen In wilden Strömen auf die Erde schüttet, Doch bald der Menschen grausendes Erwarten In Segen auflöst und das bange Staunen 1350 In Freudeblick und lauten Dank verwandelt, Wenn in den Tropfen frisch erquickter Blätter Die neue Sonne tausendfach sich spiegelt Und Iris freundlich bunt mit leichter Hand Den grauen Flor der letzten Wolken trennt: 1355 O laßt mich auch in meiner Schwester Armen, An meines Freundes Brust, was ihr mir gönnt. Mit vollem Dank genießen und behalten!
Die S a t z b e w e g u n g stimmt völlig mit der Versbewegung überein, nur V.1349 f. geht ein Glied über das Versende hinaus. Dreizehn Verse bilden einen Aufgesang, der betont mit den Göttern einsetzt. Der Abgesang, mit dem zugleich der Hauptsatz beginnt, umfaßt nur drei Verse. Der Doppelpunkt am Schluß von V.1354 deutet den Augenblick der gespannten Höhe vor dem Einsatz der Schlußkadenz an: die Lautungsbewegung schließt und gliedert zugleich das Ganze. Die s p r a c h l i c h e n B i l d e r an sich haben hier an der künstlerischen Gestaltung entscheidenden Anteil; sie fügen sich dem einen Großbereich des Gewitters ein; aber es entfalten sich zwei Teilaspekte. Einmal die Wildheit; aber sie ist schon in den ersten Versen durch wandeln und gnädig in eine beruhigende Sphäre getaucht; nicht Grausen, sondern das Große bestimmt diese Wildheit. Und dann die Erlösung. Es besteht zwar ein Gegensatz zwischen diesen beiden Aspekten, aber er fügt sich harmonisch zum Ganzen; der Rhythmus und die Gleichgewogenheit der Verse erreichen das. Man vergleiche Gegensätzlichkeit und doch Stileinheit der Verspaare 1346 f. und 1351 f. Besonders wirkungsvoll schließen die Schlußverba ab: genießen und
behalten.
Man könnte sagen: e i n e K e t t e v o n h e r r l i c h e n B i l d e r n . Aber was soll dieser klischeehafte Ausdruck heißen? Man muß diese Bilder in ihrer Stimmung von andern in der «Iphigenie» abheben, oder genauer: sie auf deren Hintergrund in ihrer Art erfassen. Diese andern Bilderreihen werden oft überhört, und diese Unterlassung, d.h. die Fälschimg des sprachkünstlerischen Befundes hat zum Fehlurteil von der «marmorkalten» Klassik geführt. Ich erinnere nur an zwei: Iphigeniens Bericht von den Untaten ihrer Ahnen (bes. 1/3 V.377-388) und Orests Wahnsinnsausbruch « HA 5: 43 f.: 3/3 V. 1343-1357.
Uber die Kunst der langen Sätze
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(3/1 V.1243-1254). Erst auf solchem Hintergrund aktualisiert sich der volle Gehalt (wozu natürlich auch die Stimmung gehört) dieser Erlösungsbilder, nur so wird banale Konventionalisierung verhindert. Dabei fügt der Dichter menschliche Heilung und Befreiung in den großen Naturzusammenhang ein, eine echt Goethesche Sichtweise: die Natur steht —zwölf Verse— im Vordergrund: Götter, Urbilder des Gewitters, Segen, Freudeblick, Dank, Sonne. Vom Menschen sprechen nur drei Verse: Schwester, Freund, Dank, genießen, behalten; es sind einfache, aber umfassende Gehalte, aber sie erhalten aus dem Vorhergehenden ihr volles Gewicht und damit ihre Umfassenheit. Diese ganze Bilderkette ist die Füllung einer einzigen großen Sprachbewegung in einem Satz: in dieser Ganzheit von Bewegung und Gehaltfülle liegt die Bedeutung dieses Gebildes. Dieser Satz ist geformter Ausdruck eines b e f r e i t e n M e n s c h e n ; erst als Erlösungsausdruck menschlicher Art erhält dieser Satz volles Gewicht: ein großer Augenblick menschlichen Erlebens in seinem innern Reichtum ist sprachlich in Fülle (der Glieder) und Ganzheit (der Satzbewegimg) Gestalt geworden. Durch dieses Ganze —nie bloß etwa durch die auf Begriffe abgezogenen Wortgehalte!— ist dem Empfänger Einblick in ein solches Menschenereignis möglich; eben ganz anders als etwa in rationaler psychologischer Analyse eines solchen Vorgangs; natürlich ist diese auch dabei, d.h. ohne das Verstehen der Wortbedeutungen und die Erfassung des Satzbaus würde alles zerfließen; aber dieses rational Ablösbare ist nur Skelett. Es gibt eben auch andre Welteinsichten als die des streng Logischen, die etwa mit dem Satz abgeschlossen werden könnten: quod erat demonstrandum. Solche Einsichten vermittelt Kunst, hier in ihren sprachlichen Möglichkeiten. Einen letzten Schritt erreicht die Betrachtung —wenn sie auch nur sehr auswahlhaft ist und nur einige besonders markante Fixpunkte herausgreift—, wenn ein einziger langer Satz zugleich ein ganzes vollendetes Sprachkunstwerk ist. Die Vollinterpretation eines solchen Gebildes ist der letzte Einblick in die Kunstmöglichkeiten langer Sätze. Dabei muß sich eine solche Interpretation von rationaler Einzeldeutung bis zu höchster Erfassung vortasten, soweit das der Wissenschaft, die eben nicht Kunstwerke schafft, sondern sich ihnen nur in rationaler Gedankenführung nähert, möglich ist. Wir versuchen es am zweiten Dornburger Gedicht Goethes 7 . Dornburg. September 1828. Früh, wenn Tal, Gebirg und Garten Nebelschleiern sich enthüllen. Und dem sehnlichsten Erwarten Blumenkelche bunt sich füllen, i HA 1: 391: Dornburg, September 1828.
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Herbert Seidler 5 Wenn der Äther, Wolken tragend, Mit dem klaren Tage streitet, Und ein Ostwind, sie verjagend, Blaue Sonnenbahn bereitet, Dankst du dann, am Blick dich weidend, 10 Reiner Brust der Großen, Holden, Wird die Sonne, rötlich scheidend, Rings den Horizont vergolden.
Es ist zunächst der Z u s a m m e n h a n g v o n S t r o p h e n , V e r s u n d S a t z zu erläutern. Die erste Strophe mit dem Blick auf die Erde, die zweite mit dem Blick auf den Äther sind gleich gebaut: je zwei Verspaare runden sich zu einer höhern Einheit: Vers eins verbindet sich mit Vers zwei zu einer Einheit, zwei solche zur Strophe, und das in beiden Strophen; der Reim unterstützt: a b — ab. Hier ist Begegnung mit der Welt gestaltet. Die dritte Strophe, die Reaktion des Menschen aussprechend, ist ebenfalls gleich gebaut (auch in der Reimfolge), es entsteht also kein Bruch oder auch nur Wechsel. Die Reime —Reime binden und differenzieren zugleich die Wortgehalte— klingen so: 1.Strophe a — ü, 2.Strophe a — ei, 3.Strophe ei — o; Strophe eins und zwei sind durch a, Strophe zwei und drei durch ei gebunden. Reimworte sind dreimal Substantiva, neunmal Verba. Also: das Vorganghafte drängt am Versende vor. Aber doch mit einer Dämpfung: viermal sind es Partizipia Präsentis. Alle Versenden sind klingend, was im Deutschen verhältnismäßig selten ist. Also schon dieser Aspekt zeigt Reichtum und Bindung in großer Gedrängtheit. Der Eindruck verstärkt sich bei Betrachtung des Satzbaus. Nur die zwei letzten Verse sind der Hauptsatz; er steht durch alle zehn vorangehenden Verse zu erwarten, erhält daher besonderes Gewicht. Strophe eins und zwei sind zwei angereihte Gliedsätze, die sowohl kondizional als auch temporal gefaßt werden können (also grammatisch-logisch ein Schweben). Die zwei ersten Verse der dritten Strophe sind ein ihnen übergeordneter reiner Konditionalsatz; er ist uneingeleitet, damit wird der Funktionsunterschied zu den vorangehenden Gliedsätzen deutlich. So entsteht eine aufwärts führende Bewegung zum Hauptsatz: H G G+G Nun die B i l d e r w e i t des Satzes ( = Gedichts). Man beachte schon das erste Wort früh im Vergleich zum scheidend im Hauptsatz. In der ersten Strophe ist zu beachten: Die Klangbindung früh - enthüllen — füllen; die fünf Substantiva ohne Adjektiva betreffen konkrete Bereiche, der sub-
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stantivierte Infinitiv faßt Seelisches und erscheint durch ein superlativisches Adjektiv verstärkt: hier dringt das Gefühl durch. In der Fülle sprachlicher Mittel keine Einseitigkeit, sondern Ausgeglichenheit. — In der zweiten Strophe richtet das erste Bild (Vers eins und zwei) den Blick in die Höhe, es ist zugleich durch Lautfülle beachtlich. Das zweite Bild steigert, es setzt Bewegung ein: streitet, Wind, verjagen. Das zweite Glied dieses Bildes (Vers acht) ist durch die Alliteration eines stimmhaften Konsonanten gebunden. Auch im Farblichen ein Wandel: zuerst Nebel, bunt, Wolken; dann: klar, blau. Die Substantivgehalte steigern sich bis zur Sonnenbahn. Deutlich wird hier, wie der Reichtum der Beziehungen zwischen Worten, Gliedern und Bildern weit über grammatischen Zusammenhang hinausgeht; es ist ästhetische Gegliedertheit und Ganzheit. — Die dritte Strophe beginnt mit der Anrede: du. Es bleibt unbestimmt, ob das lyrische Ich sich zu sich selbst wendet, ob der Leser gemeint ist oder der Mensch überhaupt; im Zusammenklingen aller drei eine Steigerung zugleich mit Vielbezüglichkeit. Auf alle Fälle: der Mensch ist ausdrücklich vernehmbar, während bisher nur die Art menschlichen Erfassens sprachlich geformt war. Wieder binden Alliterationen (wieder mit stimmhaften Konsonanten). Der Genitiv Vers zehn statt eines präpositionalen Ausdrucks: reiner Brust umreißt den Bereich, in den das Bild gefaßt ist; die Ausschließlichkeit und Reinheit des Innen ist gegeben 8 . Alle Substantiva der Strophe betreffen nur die Sonne! U.zw. in Steigerung: zuerst substantivierte Adjektiva, die sie menschlich erfassen, dann erst der Name. Der Horizont am Schluß deutet größte Weitung an. Das Schlußbild also ( = Hauptsatz) hat als Kernwort die Sonne, deutet den weiten Raum an (rings — Horizont), der Vorgang ist von eigenartiger Gespanntheit: scheiden — vergolden. Hier steht gegenüber dem Präsens der vorangehenden Verse das Futurum! Eine wichtige Beobachtung führt weiter: dreimal steht und, je zweimal sich und wenn, sonst wird im ganzen Gedicht kein Wort wiederholt außer einmal Sonne: zuerst im Kompositum Sonnenbahn, dann das reine Wort. Auf Präpositionen ist weitgehend verzichtet (nur: mit, am) und außer den zwei gleichgeordneten und dem ihnen übergeordneten Gliedsatz gibt es sonst keine. Gegenüber siebzehn Substantiven nur acht Artikel. Also: jeder rhetorische Ausbau, jede Redundanz ist vermieden. Es besteht konzentrierteste sprachliche Form, die Worte können ihren Gehalt austragen. I m g e s a m t e n zeigt sich: der Gehalt, umschrieben durch die Bereiche Erde, Äther, Sonne, Seele umfaßt Höhe und Tiefe, Welt und Mensch. Der Satzbau drängt in seiner Bewegung zum Hauptsatz, er ist die Höhe in konzentriertester Bedeutung. Daraus erfließt die Gehaltauffüllung des gesamten Bildbereichs: der in den drei Strophen angedeutete Tagesablauf meint auch das Leben, das scheidend bezieht auch den Tod ein (man beachte das Schlußfuturum!). Goethe ist in der tiefen Erschütterung über den Tod des Großherzogs, mit dem ihn mehr als ein halbes Jahrhundert nicht nur 8
Es sei daran erinnert, daß griech. utmchc; yev ikt| der 'allgemeine Fall' heißt!
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tiefe Freundschaft verband, den Trauerfeierlichkeiten in Weimar ins Dornburger Schloß hoch über der Saale ausgewichen. In zwei Gedichte hat sich da gleichsam sein ganzes Leben in Schmerz und Seligkeit verdichtet: in «Willst du mich sogleich verlassen» und in das hier betrachtete. Sein ganzes Leben, getragen von der sittlichen Forderung nach Verehrung des Lichten, wie so oft im Bild der Sonne, und von der damit verbundenen innern Stärkung, verdichtet sich mit diesem Gedicht, das zugleich den Abschied von der Erde, seinen und jedes Menschen, einbezieht, in einer einzigen, von reichstem Gehalt erfüllten Satzbewegung. 4. In einer kurzen Vorbesinnung und an nur vier ausgewählten Beispielen aus großer Dichtung sind mindestens andeutungsweise künstlerische Möglichkeiten langer Sätze vorgestellt worden. Es gibt also auch —neben den gräßlichen Satzungetümen einer vergewaltigten (und eben deshalb auch «verwalteten») Sprache— lange Sätze als Sprachkunstwerke. Es bleibt eine letzte Frage: gibt es Typen ästhetisch durchgestalteter langer Sätze? Auch hier müssen Andeutungen genügen, die keine Typen anbieten, sondern vier Aspekte, die je gewisse Strukturkerne erkennen lassen. Jeder dieser Aspekte umfaßt je alle ästhetischen Möglichkeiten, d.h. ein jeder lange Satz künstlerischer Prägung kann unter jeden Aspekt eingeordnet werden. Eine zukünftige Aufgabe wäre es, eine Hierarchie dieser Aspekte zu suchen. 4.1 Es ist immer die mehr oder weniger größere Gewichtigkeit entweder von S a t z b e w e g u n g o d e r G e h a l t der künstlerischen Struktur eines langen Satzes zu beachten (Dynamik — Semantik, wenn man will). Zwischen den Polen besteht Übergänglichkeit. Diese Beachtung läßt erkennen, welche Bedeutung im konkreten Fall diesen Polen zukommt. Es sei an den Satz von Thomas Mann und den aus der «Iphigenie» erinnert. 4.2 Ebenso sind R u h e u n d B e w e g u n g als Pole zu fassen. Im einen liegt das Gewicht auf dem strengen Bau des Gebildes, im andern auf der Tatsache, daß dieses Gebilde doch eine Satzbewegung ist. Wie verschieden sie sein kann, dafür genügt es, an lange Sätze von Kleist, Stifter, Kafka, Thomas Mann und Broch (bes. im «Tod des Vergil») zu erinnern. 4.3 Entscheidend wichtig bleibt immer, wie d a s M e n s c h l i c h e eben im Satz als ästhetischem Gebilde da ist: wie stark es bestimmt und welcher Art es ist. Die Pole sind die rationalen und emotionalen Seiten, diese in ihrer Vielfalt zwischen Ruhe und Heftigkeit. Das Rationale ist in keinem Sprachgebilde auszuschalten, schon daß jedes Wort eine Bedeutung hat, gehört dazu. Aber es bleibt zu fragen: wie bestimmt die Gewichtigkeit der beiden Pole die Struktur des Satzes, welcher Art ist Rationalität und Emotionalität?
Über die Kunst der langen Sätze
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4.4 D e r E r k e n n t n i s e r t r a g , den auch jedes Kunstwerk eines langen Satzes bietet, geht bald mehr vom Bau, bald mehr vom Gehalt aus. Wieder gibt es Möglichkeiten zwischen beiden Polen. Der Erkenntnisertrag stützt sich wohl immer auf beides. Wichtig bleibt: er liegt nicht im bloßen Rationalen. Sondern: lange Sätze erwirken durch ihre ästhetische Gestalt, in die ja der Gehalt wesentlich eingeht, einen Blick in die Welt, der allein rational nicht möglich ist. Ob es nun, um nochmals auf Grenzfälle hinzuweisen, der eines Serenus Zeitblom oder der des erlösten Orest ist. Welche Typen langer Sätze künstlerischer Art lassen sich aus diesen Aspekten gewinnen und welche sind besonders fruchtbar zum tieferen Eindringen in die Sprachkunst? Das ist eine Aufgabe künftiger Forschung.
Der Begriff der Kreativität im Übersetzungsprozeß WOLFRAM W I L S S (Saarbrücken)
In der modernen Linguistik, insbesondere in der modernen Sprachtheorie, ist über sprachliche Kreativität intensiv nachgedacht worden. Da sich sprachliche Kreativität in der Sprachverwendung äußert und da Übersetzen eine spezifische Form der Sprachverwendimg ist, wäre es naheliegend, daß auch in der modernen Übersetzungswissenschaft (ÜW) im Anschluß an sprachwissenschaftliche Kreativitätsüberlegungen eine Diskussion über das Wesen übersetzerischer Kreativität geführt worden ist, aber diese Annahme ist nicht richtig. Um die Abstinenz der ÜW auf diesem Gebiet verstehen zu können, muß man sich die folgende weitverbreitete Vorstellung von den Voraussetzungen und Bedingungen des Übersetzens vor Augen halten: Die Übersetzungsfähigkeit gehört, wie die Fähigkeit zum Erlernen einer oder mehrerer Fremdsprachen, zur mentalen Grundausstattung des Menschen. Sie kann von ihm mit Hilfe eines einigermaßen zulänglichen zweisprachigen Wörterbuchs und bestimmter grammatischer Kenntnisse auf dem Gebiet der Ausgangs- und der Zielsprache (AS/ZS) im Rahmen eines mehr oder minder systematischen Trainings zu einer interlingualen Sprachtechnik entwickelt werden. Während nun aber die Sprachlehr- und -lernforschung trotz aller defrnitorischen und methodischen Schwierigkeiten versucht hat, z.B. über Kreativitätstests und die Operationalisierung des Lernziels «Kommunikative Kompetenz», der Kreativität im fremdsprachlichen Lernprozeß auf die Spur zu kommen (Bachem 1975, Hurrelmann 1977, von Faber et al. 1978), hat die ÜW bisher gezögert, die Untersuchung der Übersetzungskreativität in ihr Forschungsparadigma einzubeziehen. Es gibt zwar in der Fachliteratur hier und da Hinweise darauf, daß Übersetzen ein kreativitätsbestimmter Vorgang ist (oder zumindest ein solcher sein kann), aber diese Bemerkungen sind wenig hilfreich, wenn man wissen möchte, was denn das Charakteristikum der Übersetzungskrea-
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tivität (etwa im Gegensatz zu künstlerischen, wissenschaftlichen, technischen, organisatorischen, politischen und didaktischen Kreativitätsmanifestationen) ist; ja sie lassen noch nicht einmal mit letzter Sicherheit erkennen, ob mit Übersetzungskreativität eine interlinguale Disponibilität (etwa im Sinne von de Saussures «faculté de langage» oder Chomskys «Language Acquisition Device») oder eine Umschreibung der im konkreten Ubersetzungsvorgang wirksamen einzeltextbezogenen übersetzerischen «black box» oder eine vom Übersetzungsresultat her zu beurteilende Kreativitätsleistung ist. Die Vagheit des Begriffs der Übersetzungskreativität zeigt in exemplarischer Form folgende Formulierung: Translation ... is a creative process, consisting of the transformation of the units of (the) language ..., in which is encoded the sender's message M, into units of another language ..., reproducing so far as possible a constant inform a t i o n 1 = 1 ' (LJUDSKANOV 1975:6).
Auch die gängigen Definitionen des Übersetzungsprozesses sind in dieser Hinsicht wenig aufschlußreich, weil sie keine expliziten Hinweise auf die Kreativitätsdimension im Übersetzungsprozeß enthalten. Den Übersetzungsprozeß kann man auf mindestens dreierlei Weise definitorisch bestimmen: 1. übersetzerspezifisch : Übersetzen ist eine Folge von sprachlichen Formulierungsprozessen, in deren Verlauf der Übersetzer durch textuell verkettete «Code switching»Operationen eine von einem ausgangssprachlichen (as) Sender (Sl) produzierte Nachricht (N) in einer ZS reproduziert und sie damit dem zielsprachlichen (zs) Empfänger (E) zugänglich macht. Der Übersetzer ist also, kommunikationswissenschaftlich gesprochen, in einer Doppelfunktion tätig. D.h., er analysiert als El die von ihm zu übersetzende Nachricht mit Hilfe seines sprachlichen und außersprachlichen Textverständnisses und nimmt dann als S2 den zs Transfer vor. 2. textspezifisch: Übersetzen ist eine Folge von Formulierungsprozessen, die von einem schriftlichen as Text zu einem möglichst äquivalenten zs Text hinüberführen und das syntaktische, semantische und pragmatische Verständnis der Textvorlage voraussetzen. 3. computer spezifisch: Übersetzen ist ein Vorgang der programmierten Substitution as Zeichenfolgen durch zs Zeichenfolgen. Diese Art des Transfer funktioniert, wie man inzwischen weiß, allerdings nur dann, wenn der Rechner mit Texten
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konfrontiert wird, die aus syntaktisch ganz einfachen und semantisch ganz eindeutigen, interlingual weithin standardisierten oder standardisierbaren Textsegmenten (Textmodulen) bestehen. Wenn diese Ausgangsbedingungen nicht gegeben sind, muß der as Text vor dem Transfer durch entsprechende Manipulationen in eine Form gebracht werden, die maschinell mit Hilfe einfacher Vergleichsprozesse bewältigt werden kann. Alle drei Definitionen des Übersetzens sind für den derzeitigen Stand der ÜW einschließlich der Forschung auf dem Gebiet der Maschinenübersetzung (MÜ) repräsentativ. Alle drei Definitionen nehmen, wie gesagt, keinen expliziten Bezug auf das kreative Element im Übersetzungsprozeß; sie lassen gleichsam die weiße Fläche der Übersetzungskreativität unberührt. Man könnte daraus den Schluß ziehen, daß Kreativität letztlich kein übersetzungstheoretischer Begriff ist, und diesen Schluß, vordergründig stichhaltig, folgendermaßen begründen: 1. Kreativität steht im Widerspruch zum Wesen des Übersetzungsprozesses, dessen Ziel die N a c h b i l d u n g eines as Textes in einer ZS ist. 2. Übersetzungskreativität ist, wie immer sie beschaffen ist, weder auf deduktivem noch auf induktivem Weg objektivierbar, d.h., es läßt sich kein theoretisch fundierter und empirisch überprüfbarer übersetzungskreativer Beschreibungs- und Erklärungszusammenhang entwickeln. Für die Untersuchung der Übersetzungskreativität gilt also in verstärktem Maß TAYLORS und ELLISONS auf die Problematik der Kreativitätspsychologie bezogene Feststellung: «WORKING WITH CREATIVITY resembles working with electricity. In neither case do we understand very fully what «it» is, but we may gradually learn how to partially uncover «its» potentials and set the stage so «it» turns on a little, and otherwise learn to work with «it» ( 1 9 7 5 : 1 9 1 ) . Ähnlich heißt es bei GETZELS: «There is no universally agreed upon definition of creativity — any more than there is of intelligence» (1975:327).
Die Problematik des Begriffs Übersetzungskreativität wird durch den Verlauf der übersetzungstheoretischen Diskussion in den letzten zweitausend Jahren bestätigt. So intensiv diese Diskussion streckenweise geführt worden ist, so unverkennbar ist, daß die übersetzungstheoretische Literatur der Vergangenheit bisher nicht zu einer expliziten Thematisierung übersetzerischer Kreativität gelangt ist. Dies bedeutet nicht, daß übersetzungskreative Überlegungen fehlen; wenn man die einschlägigen Dokumente daraufhin prüft, wird sehr rasch deutlich, daß die einzelnen Stellungnahmen —jeweils in einem spezifischen übersetzungstheoretischen und übersetzungspraktischen Zusammenhang— sehr konkrete und dezidierte Ansichten über kreatives und nichtkreatives Übersetzen enthalten.
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Aufschlußreich ist zunächst einmal die übersetzungsmethodische Polarisierung, f ü r die Cicero die beiden Bezeichnungen «ut interpres/ut orator» gefunden hat. Er hat damit zwei Grundpositionen formuliert, die den Gang der übersetzungstheoretischen Diskussion bis in das 20. Jahrhundert hinein in entscheidender Weise bestimmt haben (Thome, erscheint). Im deutschen Sprachraum hat sich diese Auseinandersetzung in den beiden diametral einander gegenüberstehenden Forderungen nach wörtlicher oder wortgetreuer Übersetzung («ut interpres») einerseits und nach freier, sinngemäßer Übersetzung («ut orator») andererseits konkretisiert. Cicero selbst war in seiner ambitioniert-aggressiven Konzeption von der rhetorisch-stilistischen Funktion der Übersetzung so befangen, daß er nur in einer oratorisch konzipierten Übersetzung Möglichkeiten für die kreative Entfaltung des Übersetzers gesehen und in seinen eigenen Übersetzungen entsprechend gehandelt hat. Im Gegensatz zu ihm argumentiert Hieronymus ein paar Jahrhunderte später in methodischer Hinsicht differenzierter. Er geht davon aus, daß Übersetzen an textuelle Faktoren gebunden ist. Diese entscheiden darüber, welche Äquivalenzmaßstäbe jeweils bei der zs Textreproduktion anzulegen sind. Dabei gilt für Hieronymus, wie KLOEPFER überzeugend gezeigt hat ( 1 9 6 7 : 2 8 ) , f ü r weltliche Texte das Prinzip der sinngemäßen, f ü r biblische Texte hingegen das Prinzip der wörtlichen Übersetzung, weil das Wort Gottes unantastbar ist. Wir wissen nicht, ob Hieronymus in Analogie zu seiner funktionalen Textdifferenzierung auch unterschiedliche Kreativitätsebenen beim Übersetzen angesetzt hat. Anders ausgedrückt, Hieronymus läßt die Frage offen, ob unter bestimmten textuellen Bedingungen auch eine wörtliche Übersetzung —wörtliche Übersetzung hier verstanden als durchgängige übersetzungsmethodische Norm— die Dimension kreativen Übersetzens gewinnen kann. Eine positive Antwort auf diese Frage ist durchaus denkbar, wenn man an Schadewaldts Postulat der «dokumentatorischen Übersetzung» (KLOEPFER 1 9 6 7 : 7 3 ) , an Schleiermachers Forderung nach Erhaltung der «Ursprache» oder an Walter Benjamins übersetzerische Zielvorstellungen denkt. Bei Luther, dessen übersetzungsmethodischen Ansatz der Bibelübersetzung Nida aufgegriffen hat, ist die Antwort auf die Frage nach dem Wesen einer kreativitätsbestimmten Übersetzung einfacher als bei Hieronymus. Luther hat eine adressatenspezifische Konzeption der Bibelübersetzung entwickelt, wobei der Mann auf der Straße, nicht der Klerus, die primäre Zielgruppe f ü r seine Bibelübersetzung ist. Übersetzerische Kreativität sieht Luther dort verwirklicht, wo beim Übersetzen dem Volk aufs Maul geschaut wird. Auch Schleiermacher äußert sich nicht explizit zum Thema Übersetzungskreativität. Gleichwohl ist sein Aufsatz «Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens» ( 1 8 1 3 ) ein wichtiger Beitrag zur Klärung dieses Begriffs. Er unterscheidet nämlich zwischen dem eigentlichen Übersetzen,
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d.h. der Wiedergabe künstlerischer und naturwissenschaftlicher Texte, und dem mechanischen Übersetzen, d.h. der Umsetzung pragmatischer Texte (Auslandskorrespondenz). Diese beiden Textbereiche sieht Schleiermacher als eine qualitative Rangordnung unterschiedlicher Kreativität: Das Übersetzen wissenschaftlicher und literarischer Texte fordert vom Übersetzer wesentlich ausgeprägtere kognitive und sprachliche Fähigkeiten als sprachliche Trivialkommunikation, die aus interlingual weithin determinierten Denk- und Ausdrucksmustern besteht. Neue Perspektiven unseres Themas kommen bei Wilhelm von Humboldt zum Vorschein. Er hat in seinem oft zitierten Brief an August Wilhelm Schlegel vom 23.7.1796 unmißverständlich festgestellt, daß er eine Verschmelzung von as und zs Texten im Sinne einer funktionalen Äquivalenz f ü r unmöglich hält, weil für die einzelnen Sprachen das Prinzip der Inkommensurabilität gilt. Anderswo hat Humboldt allerdings seine Hypothese von der Nichtäquivalenz einer jeden Übersetzung in entscheidender Weise relativiert. Einer theoretischen Unübersetzbarkeit steht, sprachenergetisch betrachtet, eine potentielle Übersetzbarkeit gegenüber. Man darf die Vermutung wagen, daß Humboldts eigene umfangreiche übersetzerische Erfahrung den Ausschlag für die grundsätzliche Bejahung des Ubersetzbarkeitsprinzips geben hat. Gleichzeitig zeichnet sich bei ihm eine Dynamisierung des interlingualen Äquivalenzbegriffs ab; sie schlägt sich in der Einsicht nieder, daß qualitative Gleichrangigkeit von as und zs Text auch gerade dann möglich ist, wenn eine Übersetzung kein oberflächenstrukturelles Faksimile des as Textes ist. Dies ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer klaren Stellungnahme Humboldts zur übersetzerischen Kreativität. Wir wissen nicht, ob Humboldt den Übersetzungsprozeß als eine Form kreativitätsbestimmter sprachlicher Aktivität sieht oder ob Übersetzen für ihn eine Art parasitärer sprachlicher Tätigkeit ist, die einen Metatext oder einen sekundären Text hervorbringt. Auch in der übersetzungstheoretischen Diskussion nach Humboldt finden sich keine Hinweise auf eine Problematisierung des Begriffs der Übersetzungskreativität. Dies rührt wahrscheinlich daher, daß die übersetzungstheoretische Diskussion wieder auf die notorische übersetzungsmethodische Kontroverse zurückschwenkte, ob eine Übersetzung zielsprachenabgewandt (wörtlich) oder zielsprachenzugewandt (frei) zu sein habe. Diese Kontroverse kann jetzt durch die auch von Coseriu (1978) vertretene Forderung nach einer Neuorientierung der Übersetzungstheorie am Begriff des interlingualen, d.h. gleichzeitig as und zs gerichteten, «tertium comparationis» im wesentlichen als beendet gelten. Der Gedanke drängt sich auf, daß der Begriff des «tertium comparationis» dazu beitragen kann, den verschwommenen Vorstellungen von der Übersetzungskreativität klarere Konturen zu verleihen. Die Übersetzungstheorie sollte dabei in derlei Überlegungen die Tatsache einbeziehen, daß, wie eingangs erwähnt, Kreativitätsüberlegungen in der modernen Linguistik
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eine erhebliche Rolle gespielt haben. Diese Entwicklung wird insbesondere mit dem Aufkommen der generativen Transformationsgrammatik (GTG) in Verbindung gebracht (Bouveresse 1970, Imhasly 1974, Knoop 1974, den Ouden 1975, Alexander 1978, Ewaza (erscheint)). Doch sollten hier zumindest auch de Saussure, Wittgenstein und Weisgerber erwähnt werden. De Saussure und Wittgenstein verstehen sprachliche Kreativität als die Fähigkeit zur sprachlichen Innovation und zur Formulierung neuer sprachlicher Regeln. Von Weisgerber gibt es zwar —meines Wissens— keine Veröffentlichung, in der er den sprachlichen Kreativitätsbegriff zum zentralen Objekt seiner Darstellung gemacht hat, aber man kann die von ihm beinahe kompromißlose muttersprachliche Fundierung jeder Art sprachlicher Tätigkeit zumindest als einen indirekten Beitrag zur linguistischen Kreativitätstheorie betrachten. Seine skeptischen Schlußfolgerungen im Hinblick auf die Möglichkeiten und Grenzen einer adäguaten interlingualen Ubersetzung sind bekannt. Unter Berufung auf Humboldt hat er die Hypothese vom Weltbild einer jeden Sprache und einer das Denken steuernden sprachlichen Zwischenwelt aufgestellt. Das daraus abgeleitete grundsätzliche Unübersetzbarkeitspostulat ist inzwischen, insbesondere durch die Sprachuniversalienforschung, theoretisch im Prinzip widerlegt worden; alle natürlichen Sprachen sind grundsätzlich ausdrucksadäquat; prinzipiell ist alles in jeder Sprache ausdrückbar; alle Sprachen sind potentiell vollständig. Will man wissen, was die Kreativitätskonzeption der GTG für die Kreativitätsdiskussion in der Ubersetzungstheorie leistet, stellt sich zunächst einmal heraus, daß bei Chomsky eine Explikation des sprachlichen Kreativitätsbegriffs fehlt, obwohl seine Theorie auf ein Höchstmaß an Explizität abzielt und obwohl der sprachliche Kreativitätsbegriff in seinem Argumentationszusammenhang eine zentrale Rolle spielt. Die Erklärung hierfür ist wahrscheinlich, daß sein Kreativitätsbegriff automatentheoretisch orientiert ist. Anders ausgedrückt: Chomskys Kreativitätsbegriff ist eine algorithmische Konzeption oder eine mengentheoretische Formel. Aus seinen Ausführungen wird deutlich, daß er unter Kreativität nicht eine individuelle, sondern eine universal-menschliche Fähigkeit versteht. Chomsky hat also ein völlig anderes Kreativitätsverständnis als die von Guilford in Gang gesetzte Kreativitätspsychologie (1970). Sprachliche Kreativität ist offenbar für Chomsky letztlich nur ein Synonym zur Kompetenz, von Kompetenz allenfalls insofern abgrenzbar, als Kreativität möglicherweise als Voraussetzimg für Kompetenz gelten könnte, so wie rekursive Regeln wiederum eine Voraussetzung für Kreativität sein könnten, aber Chomskys Ausführungen hierzu sind dunkel. Sie erfüllen nicht die an eine formale Theorie zu stellende Forderung nach Klarheit, Exaktheit und Eindeutigkeit, und es ist vielleicht kein Zufall, daß er Kreativität einmal «a mysterious ability» genannt hat (HIORTH 1974:117). Dazu kommt, daß sich die GTG auf die generative Seite der Sprachkompetenz beschränkt, d.h., sie konzentriert sich auf die Frage, wie sprach-
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liehe Äußerungen erzeugt werden. Ihr Ziel ist die Untersuchung der Fähigkeiten des Sprachbenutzers, mit einem begrenzten Inventar internalisierter Regeln eine unbegrenzte Zahl neuer Sätze zu produzieren, die von anderen Angehörigen derselben Sprachgemeinschaft verstanden werden. Dabei ist nicht ganz klar, was Chomsky eigentlich mit «neu» meint (Coseriu 1970, Alexander 1978). Alle sprachlichen Äußerungen basieren nach Ansicht der GTG letztlich auf einem System einzelsprachenunabhängiger, mathematisch strukturierbarer und in einer quasi-mathematischen Notation darstellbarer Begriffszusammenhänge, die durch vorgeschriebene syntaktische und semantische Operationen oberflächenstrukturell konkretisiert werden. Sprachenpaarspezifische Problemstellungen, wie sie für die UW wesenskonstitutiv sind, sind von der GTG bisher nicht problematisiert worden (DE BEAUGRANDE 1978:10). Dies ist um so bemerkenswerter, als ihre Konzeption als Versuch zu bewerten ist, auf deduktivem Weg die Vielzahl der natürlichen Sprachen unter ein logisches Grundprinzip zu subsumieren und ein System von universell gültigen Tiefenstrukturen aufzubauen. Sie abstrahiert grundsätzlich von konkreten Kommunikationsvorgängen und ihren komplizierten syntaktisch-semantisch-pragmatischen Aktualisierungsbedingungen. Aus dieser Beschränkung der GTG einen Vorwurf zu machen wäre falsch; nur hat der programmatische Verzicht auf die Verifizierung des generativen Modells an der oft widerspenstigen Sprachwirklichkeit zur Folge, daß die UW, die ihrem Wesen nach Sprachverwendungslinguistik ist, mit dem hermetischen GTG-Begriff der sprachlichen Kreativität nichts anfangen kann. Dies hängt damit zusammen, daß, wie IMHASLY schreibt, Kreativität bei Chomsky keine mentalistische Kategorie ist, sondern dazu dient, die generative Linguistik als eine deduktive Sprachtheorie zu interpretieren (1974:95). Bei ihren Bemühungen um die Dingfestmachung der übersetzerischen Kreativität sieht sich die Übersetzungstheorie allem Anschein nach letztlich doch auf ihre eigenen Möglichkeiten verwiesen; d.h., sie muß versuchen, die Übersetzungskreativität aus ihren wesensmäßigen Bedingungen und Manifestationen heraus zu beschreiben und zu erklären. Ein solcher Versuch ist aus drei Gründen schwierig: 1. Jede Ubersetzung ist prinzipiell an die Person des betreffenden Ubersetzers gebunden. Dies ist so, weil die Ubersetzung ein kommunikatives Ereignis ist, bei dem die ganze diffuse Komplexität des Übersetzers in Aktion tritt. Im Gegensatz zu einer Übersetzungsmaschine ist ein Ubersetzer kein abstraktes System, in dem algorithmische Prozeduren anstelle reflexiver Substanz den Ablauf des Ubersetzungsprozesses bestimmen, sondern ein geschichtlichen und situativen Bedingungen unterworfenes menschliches Wesen; als solches gehört der Übersetzer einer ganz bestimmten Kommunikationsgemeinschaft an und läßt in seine Übersetzung seine ganz spezifischen Vorstellungen vom interlingualen «tertium comparationis» oder, wie Koschmieder (1965) gesagt hat, vom interlingual
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«Gemeinten» einfließen. Dies ist wahrscheinlich die Erklärung dafür, warum es so schwierig ist, die Definition des Ubersetzungsprozesses aus exakt beschreibbaren Funktionen abzuleiten. 2. Jede Mehrfachübersetzung ein und desselben Textes durch verschiedene Übersetzer mit vergleichbarer Ubersetzungskompetenz zeigt, daß Sprache variabilitätsorientiert, «open-ended» ist; d.h., die einzelnen Übersetzungen weichen oberflächenstrukturell auch ohne erkennbaren Qualitätsunterschied u.U. erheblich voneinander ab. Dies gilt allerdings nicht für alle übersetzungsrelevanten Textsorten im gleichen Umfang; in phraseologisch geprägten Texten mit ihren inhaltlich und formal restringierten Teiltexten kann der Übersetzer mit internalisierten Standardäquivalenten operieren, die den Status von Transferregularitäten haben. Diese engen seinen übersetzerischen Handlungsspielraum oft entscheidend ein oder reduzieren ihn womöglich auf Null. STEINER macht sich m.E. die Sache zu einfach, wenn er, Jakobson (21966) aufgreifend, formuliert: «But although poetry is, as always, the critical instance, every translation of a linguistic sign is, at some level, a creative transposition» (1975:261). 3. Jede Ubersetzung zielt auf Äquivalenz zwischen as und zs Text. Allerdings ist Übersetzungsäquivalenz derzeit noch ein weithin intuitiver Begriff. Noch immer verläßt sich der Ubersetzungspraktiker vorwiegend oder ausschließlich auf seinen übersetzerischen Erfahrungsbereich, wenn er Angaben darüber machen soll, warum er eine Übersetzung gut, weniger gut oder schlecht findet oder warum er in einer übersetzerischen Entscheidungssituation einer ganz bestimmten Übersetzungsvariante den Vorzug gegeben hat. Das eben Gesagte gilt analog für die Ubersetzungskreativität. Man kann natürlich annehmen, daß es zwischen Übersetzungsäquivalenz und Übersetzungskreativität Interdependenzbeziehungen gibt, etwa in der Form, daß man sagt, je besser eine Übersetzung ist, desto kreativer hat sich der Übersetzer verhalten. Aber mit der hypothetischen Feststellung einer Korrelation zwischen Ubersetzungsäquivalenz und Ubersetzungskreativität ist natürlich noch nichts Substantielles über die Übersetzungskreativität ausgesagt. Der Versuch, dem Wesen der Übersetzungskreativität auf die Spur zu kommen, wird zweckmäßigerweise damit begonnen, daß man den Übersetzungsprozeß als eine zweiphasige psychische Operation betrachtet, mit einem as Textanalyse- und einem zs Textsyntheseschritt. Das Zweiphasenmodell ist in der modernen ÜW u.a. von Koschmieder (1965) und Wilss (1977 a) diskutiert worden. Alternativ dazu wurde in der ÜW ein Dreiphasenmodell entwickelt — mit as Textdekodierung, Transferphase und zs Textenkodierung (Nida 1964, Nida/Taber 1969, Komissarov 1975, Freigang (erscheint)). M. E. bildet das Zweiphasenmodell den Übersetzungsprozeß
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realitätsnäher ab als das Dreiphasenmodell, das eher den Ablauf maschineller Ubersetzungsprozesse auf der Grundlage einer syntaktisch-semantischen Interlingua darstellt (dementsprechend wird in Saarbrücken ein MÜ-Projekt Englisch-Deutsch vorbereitet, das als Dreiphasenprogramm konzipiert ist, mit einem umfassenden Textanalyseteil, einem auf interlinguale Substitution reduzierten Transferteil und einem textsortenbezogenen Syntheseteil). Für welches Modell man sich im Hinblick auf die übersetzerische Kreativitätsproblematik entscheidet, ist nicht belanglos. Beim Dreiphasenmodell liegt die Annahme nahe, daß das kreative Element des Übersetzungsprozesses im Transferteil zu suchen ist. Diese Schlußfolgerung wird durch N I D A S und TABERS Formulierung nahegelegt: «The transfer itself is the crucial part of the translation process» (1969:11). Man kann hier allerdings einwenden, daß die Identifizierung übersetzerischer Kreativität mit dem interlingualen Transfer im engeren Wortsinne die Bedeutimg der analytischen Leistimg des Übersetzers in der Phase der as Textdekodierung unterbewertet. Inzwischen scheinen Nida Bedenken gekommen zu sein, ob seine Gewichtung der verschiedenen Faktoren im Übersetzungsprozeß richtig ist; jedenfalls tendiert er neuerdings dazu, dem Zweiphasenmodell den Vorrang vor dem Dreiphasenmodell zu geben (persönliche Mitteilung). Wenn man mit dem Zweiphasenmodell operiert, rückt die Textanalyse in den Vordergrund der übersetzungskreativen Fragestellung. Die Bedeutung der Textanalyse für das Zustandekommen einer textadäquaten Ubersetzung ist inzwischen von der textbezogenen UW erkannt (Neubert 1968, Klamerth 1974, Reiss 1976, Wilss 1977 a, 1977 b, Thiel (erscheint)). Noch nicht genügend bedacht scheint mir der Umstand zu sein, daß Ubersetzen vorab ein einzeltextspezifischer Vorgang ist. Will man also untersuchen, ob und, wenn ja, welche Kreativitätsfaktoren in der übersetzungsbezogenen Textanalyse eine Rolle spielen, gibt dafür der Einzeltext und nicht eine Textsorte den primären Bezugspunkt ab. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß es für verschiedene Textbereiche, etwa literarische Texte, Bibeltexte und fachsprachliche Texte, nicht spezifische Kreativitätsbedingungen gibt oder geben kann, aber diese Zuordnungen sind so komplex, daß man jetzt noch keine konkreten Antworten auf die Frage nach textsortenspezifischen Kreativitätsmerkmalen im Ubersetzungsprozeß erwarten darf. Die Überlegung, daß man vorerst gut daran tut, sich bei textanalytischen Untersuchungen zur Klärung des Begriffs der Ubersetzungskreativität auf einzelne Texte zu stützen, wird durch die literaturwissenschaftliche Rezeptionsforschung —zumindest im deutschen Sprachraum— bestätigt. Die Argumentationsrichtung solcher Titel wie «Der Akt des Lesens» (Iser 1976) ist eindeutig auf Einzeltextforschung festgelegt, versucht allerdings, von da aus zu generellen Einsichten über die Leistung des Lesers in der Rezeption literarischer Texte zu gelangen. Jede Textanalyse muß sich, wenn sie zu nichttrivialen Erkenntnissen kommen will, auf die Gesamtkonstitution eines Textes, und zwar in seiner Ii. —32
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thematischen, funktionalen und stilistischen Ausprägung, oder, in der semiotischen Terminologie, auf die syntaktische, semantische und pragmatische Textdimension richten. Dabei stehen diese drei Textebenen nicht in einem Gleichrangigkeitsverhältnis: Syntax und Lexikon wirken vielmehr beim Aufbau der pragmatischen Textdimension instrumental zusammen; anders ausgedrückt, Syntax und Lexikon haben bei der Textproduktion (und auch bei der Textrezeption) eine textintegrative Funktion. Für eine solche Textanalyse gibt es in der einzelsprachlichen Rezeptionsforschung und in der ÜW unterschiedliche Erkenntnisziele. Die übersetzungsbezogene Textanalyse konzentriert sich auf die unter dem Ubersetzungsgesichtspunkt neuralgischen syntaktischen und lexikalischen Textstellen, die dem Ubersetzer bei der adäquaten zs Bewältigung des as Textes Hindernisse in den Weg legen. Daraus folgt, daß die Fähigkeit des Ubersetzers zur analytischen Durchdringung des as Textes unter dem Gesichtspunkt des Erkennens und der Isolierung von Ubersetzungschwierigkeiten eine wichtige Kreativitätsbedingung ist. Auf dieser Fähigkeit beruht in ganz entscheidender Weise seine Transferkompetenz. Diese ist, wie die as Analysekompetenz, zumindest in groben Zügen faktorisierbar. Hier sind die psycho-mentale Disposition des Übersetzers, sein übersetzerischer Erfahrungshorizont, seine Fähigkeit, übersetzerische Entscheidungssituationen und Transferregularitäten zu erkennen, die Kongenialität des zu übersetzenden Textes, die relative Korrespondenz zwischen dem Schwierigkeitsgrad des zu übersetzenden Textes und der Transferkompetenz des Übersetzers, der Grad der syntaktischen, lexikalischen und sozio-kulturellen Kontrastivität von AS und ZS, die Variabilitätsorientiertheit der Ausdruckspotentiale der einzelnen Sprachen etc. wichtige Gesichtspunkte. Diese müßten im einzelnen unter dem Aspekt der Übersetzungskreativität und unter Rückgriff auf die Erkenntnisse der Kreativitätspsychologie (Taylor/Getzels 1975) stärker binnendifferenziert werden, als es bisher geschehen ist. Vermutlich würde sich dabei ergeben, daß es kein allgemeines Maß, keine allgemeine Norm für Übersetzungskreativität gibt, sondern daß man hier von Übersetzer zu Übersetzer differenzieren und im Sinne von Guilford zwischen konvergenten und divergenten mentalen Prozessen unterscheiden muß (1970). Dabei würde sich wahrscheinlich auch herausstellen, daß der von einem Übersetzer zu übersetzende Text keineswegs «nur Objekt der (übersetzerischen) Kompetenz» ist, wie DILLER/KORNELIUS behaupten (1978:2). Dem Wesen des Ubersetzungsprozesses entsprechend kann man im Rahmen einer vorläufigen, vereinfachten Begriffsbestimmung zwischen einer analytischen und einer synthetischen Dimension der Übersetzungskreativität unterscheiden. Trotz —oder vielleicht wegen— dieser Doppelperspektivität ist Übersetzungskreativität ein enorm problematischer, schwer faßbarer Begriff, weil Übersetzen, wie angedeutet, keine kreative, sondern eine re-kreative, «transformative» Tätigkeit ist. Anders ausgedrückt: Übersetzen ist keine «creatio ex nihilo», sondern die auf doppelte
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Weise, as und zs, regelgebundene Reproduktion einer Textvorlage mit den Mitteln einer anderen Sprache. Der reproduktive Charakter der Ubersetzungskreativität ändert allerdings nichts an der Tatsache, daß Ubersetzungskreativität, wie jede Form der Kreativität, eine dynamische Komponente enthält. Der beste Beweis dafür ist die MÜ, der es bisher nicht gelungen ist, den Übersetzungsprozeß als dynamischen oder als quasi-dynamischen Vorgang zu simulieren. Deshalb hat Nida im Rahmen der übersetzungstheoretischen Äquivalenzdiskussion zu Recht die Forderung nach «dynamic equivalence» (kommunikativem Gleichgewicht zwischen as und zs Text) als dem f ü r jeden Übersetzungsvorgang maßgebenden Bezugspunkt aufgestellt. Der dynamische Charakter des Übersetzungsprozesses äußert sich nicht in originärer Texterzeugung, sondern in der Fähigkeit, von einem as Text aus und in ständiger Konfrontation mit der ZS auf heuristischer Basis Dekodier- und Transferstrategien zu entwickeln, die zu einem optimalen, qualitativ überprüfbaren Ubersetzungsresultat führen. Für die Entwicklung und Systematisierung solcher projektiver Dekodierund Transferstrategien bietet die Psychologie heute methodische Orientierungshilfen an; verwiesen sei u.a. auf das von Miller, Galanter und Pribram entwickelte Modell des phasengegliederten Problemlösungsverhaltens (TOTE: Test-Operate-Test-Exit) (1960; s. auch Taylor/Getzels 1975 und Floßdorf 1978). Es kann dazu dienen, das sprachliche und außersprachliche Textverständnis des Übersetzers schrittweise zu explizieren und den Transfer als «multiple stage translation» (Voegelin 1954, Nida 1964, de Beaugrande 1978, Freigang (erscheint)) sichtbar zu machen. Wenn die Hypothese zutrifft, daß Übersetzungskreativität in erster Linie heuristischen, übersetzungsmethodischen Charakter hat, ergibt sich f ü r die ÜW eine ganze Reihe von theoretischen, empirischen und anwendungesorientierten Überlegungen: 1. Es ist zu prüfen, ob man nicht zwischen einem kognitiven, einem hermeneutischen und einem (nicht-mechanistischen) assoziativen Kreativitätsbegriff unterscheiden muß. 2. Man wird wahrscheinlich je nach Text, Textsorte und Transferkompetenz des Übersetzers verschiedene Kreativitätsebenen und Kreativitätsbereiche ansetzen müssen (Sastri 1973). 3. Es ist zu klären, ob man übersetzerische Intuition als eine implizite, aber explizierbare Form der Übersetzungskreativität auffassen kann. 4. Man kann annehmen, daß die Entwicklung von Kriterien f ü r die Ubersetzungskreativität im Ubersetzungsprozeß auch Möglichkeiten f ü r die Objektivierung der Übersetzungsäquivalenz und der Übersetzungskritik bietet.
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5. Für die Übersetzungsdidaktik stellt sich —gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der pädagogischen Psychologie und der Kreativitätspsychologie— die Aufgabe, auf dem Weg über sog. «longitudinal studies» (Corder 1973) im Rahmen des Studiengangs für Diplomübersetzer herauszufinden, wie man das kreative Potential des angehenden Übersetzers und die kreative Leistung des Absolventen testet und welche Möglichkeiten es gibt, die Übersetzungskreativität lehr- und lernbar zu machen. Dabei sind zwei Lernziele zu beachten, einmal die Fähigkeit zum Treffen selbständiger text(Sorten)bezogener Transferentscheidungen und zum anderen die Fähigkeit zur Aktualisierung von Transferregularitätem im Sinne eines «transfer of training», Transfer hier verstanden im didaktischen, nicht im übersetzungsprozessualen Sinn. Diese Zusammenhänge können aus Raumgründen hier nur angedeutet werden. Sie sollen dazu anregen, über die kreative Substanz, über kreativitätsfördernde und kreativitätshemmende Faktoren im Übersetzungsprozeß nachzudenken, auf diese Weise eventuell einen neuen Einstieg in das Problem der Dechiffrierung der «black box» des Übersetzers zu gewinnen und damit die ÜW psycholinguistisch und nicht nur linguistisch zu fundieren.
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