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German Pages 182 [183] Year 2012
Klaus Dieter Lorenzen
Logistik-Kostenrechnung - Die vergessene Grundlage eines effektiven Logistik-Managements
Klaus Dieter Lorenzen
Logistik-Kostenrechnung - Die vergessene Grundlage eines effektiven Logistik-Managements
Band 7 Praxisreihe Einkauf/Materialwirtschaft herausgegeben von Professor Dr. Horst Hartmann
Deutscher Betriebswirte-Verlag GmbH, Gernsbach
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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Lorenzen, Klaus Dieter: Logistik-Kostenrechnung - die vergessene Grundlage eines effektiven Logistik-Managements / Klaus Dieter Lorenzen. - Gernsbach: Dt. Betriebswirte-Verl., 1998 (Praxisreihe Einkauf Materialwirtschaft; Bd. 7) ISBN 3-88640-075-1
© Deutscher Betriebswirte-Verlag GmbH, Gernsbach 1998 Satz: Deutscher Betriebswirte-Verlag GmbH, Gernsbach Umschlag: Zembsch' Werkstatt, München Druck: Greiserdruck, Rastatt ISBN 3-88640-075-1
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Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Abkürzungen Vorwort 1
Einleitung
11
2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.3 2.4
Logistik Grundlagen der Logistik Logistik als Denkhaltung Logistik als Funktion Logistik als Institution Ziele der Logistik Die wirtschaftliche Bedeutung der Logistik Logistik-Management
14 14 17 22 24 35 40 43
3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4
Logistik-Controlling Grundlagen des Controlling Ziele des Controlling Aufgaben des Controlling Konzeption des Logistik-Controlling Gemeinsamkeiten von Controlling und Logistik Aufgaben des Logistik-Controlling Institutionalisierung des Logistik-Controlling Instrumente des Logistik-Controlling
48 48 50 51 52 52 53 56 60
4
Grundlagen einer Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung 4.1 Einbindung der Kosten- und Leistungsrechnung in das Rechnungswesen 4.2 Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 4.3 Grundbegriffe 4.3.1 Logistikleistung und Logistikerlös 4.3.1.1 Begriff 4.3.1.2 Abgrenzungsprobleme 4.3.2 Logistikkosten 4.3.2.1 Begriff
62 62 66 73 73 73 82 86 86 5
4.3.2.2 Abgrenzungsprobleme 5 5.1 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.4 5.5 5.6 5.7
Vorgehensweise zum Aufbau einer LogistikKosten- und -Leistungsrechnung Allgemeine Vorgehensweise Projektvorbereitende Maßnahmen Analysephase Informationsbedarfsanalyse Informationsangebotsanalyse Abgleich von Angebot und Nachfrage Anforderungen Entwicklung alternativer Konzeptionen Bewertung und Entscheidung Realisierung Begleitende Kontrolle
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101 101 104 107 108 114 115 117 120 121 122 124
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Inhaltliche Gestaltungsalternativen der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 6.1 Überblick 6.2 Durchführung von sporadischen Sonderrechnungen 6.3 Regelmäßige, parallele Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 6.3.1 Nebenrechnung in Form der „klassischen" Kosten- und Leistungsrechnung 6.3.2 Nebenrechnung in Form der Prozeßkostenrechnung 6.3.2.1 Grundlagen der Prozeßkostenrechnung 6.3.2.2 Vorgehensweise 6.3.2.3 Bewertung 6.4 Verfeinerung der vorhandenen Kostenrechnung 6.4.1 Überblick über Ansatzmöglichkeiten in „klassischen" Kostenrechnungssystemen 6.4.2 Gestaltung der Logistik-Kostenartenrechnung 6.4.3 Gestaltung der Logistik-Kostenstellenrechnung 6.4.4 Gestaltung der Logistik-Kostenträgerrechnung
153 156 163 170
7 Zusammenfassung Literaturverzeichnis
176 178
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125 125 132 133 134 135 135 140 150 153
Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 Ausprägungen des Begriffes Logistik Abbildung 2 Logistik-"Pipeline" Abbildung 3 Entwicklungsstufen bei der Einführung der logistischen Denkweise Abbildung 4 Logistische Funktionen Abbildung 5 Organisatorische Einbindung der Logistik Abbildung 6 Logistikorganisation bei der BMW AG Abbildung 7 Zielgrößen der Logistik Abbildung 8 Zielgrößen zur Operationalisierung der extern wahrnehmbaren Logistikleistung Abbildung 9 Kunden-Lieferanten-Beziehungen Abbildung 10 Prioritäten bei Logistikentscheidungen Abbildung 11 Kirche, Kinder und Küche Abbildung 12 Einbindung des Logistik-Controllers Abbildung 13 Beispiel für eine mögliche organisatorische Einbindung des Logistik-Controlling Abbildung 14 Organisatorische Einordnung des LogistikControlling Abbildung 15 Bei der Gestaltung des Logistik-Controlling zu berücksichtigende Einflußfaktoren Abbildung 16 Instrumente des Logistik-Controlling Abbildung 17 Bestandteile des betrieblichen Rechnungswesens Abbildung 18 Vom Geschäftsvorfall zur Gewinn- und Verlustrechnung und zur Bilanz Abbildung 19 Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung Abbildung 20 Wirkung von Entscheidungen Abbildung 21 Die Logistik beeinflussende Entscheidungen anderer Unternehmensbereiche Abbildung 22 Beziehung zwischen Leistung und Erlös Abbildung 23 Begriffliche Zusammenhänge Abbildung 24 Ebenen der Logistikleistung Abbildung 25 Input-Output-Modell der Produktionstheorie Abbildung 26 Input-Output-Modell am Beispiel einer Einlagerung Abbildung 27 Systematisierung der Abgrenzungsprobleme bei der Bestimmung der Logistikleistung Abbildung 28 Nutzen einer Logistik-Leistungsrechnung
17 20 21 23 33 34 37 38 39 42 45 57 58 59 60 61 63 65 68 70 71 75 77 80 82 82 83 86 7
Abbildung 29 Abbildung 30 Abbildung 31 Abbildung 32 Abbildung 33 Abbildung 34 Abbildung 35 Abbildung 36 Abbildung 37 Abbildung 38 Abbildung 39 Abbildung 40 Abbildung 41 Abbildung 42 Abbildung 43 Abbildung 44 Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung
45 46 47 48 49 50 51 52 53
Abbildung 54 Abbildung 55
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Logistikkostenkategorien Systematisierung der Kosteneinflußgrößen mit Hilfe des Input-Output-Modells Merkmale variabler und fixer Logistikkosten Varianten der Fehlmengenkosten Hemmnisse beim Aufbau der Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung Vorgehensweise Inkongruente Informationsmengen Matrix zur Eingrenzung des Informationsbedarfes Nutzeneffekte bei der Verbesserung eines Informationssystems Realisierungsalternativen nach Weber Gestaltungsalternativen in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Durchführung und dem Integrationsgrad Systematisierung der Kostenrechnungssysteme nach der Art und dem Umfang der verrechneten Kosten Beispielhafte Kombination von vorhandenem und ergänzendem Kostenrechnungssystem Gestaltungsalternativen Vergleich der Zuschlagskalkulation mit einer prozeßorientierten Kalkulation Vorgehensweise zum Aufbau der Prozeßkostenrechnung Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 1 Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 2 Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 3 Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 4 Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 5 Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 6 Elemente eines Kostenrechnungssystems Kostenstellenarten Allgemeines Schema für einen Betriebsabrechnungsbogen Bestandteile der Kostenträgerrechnung Beispiele für Logistikleistungen und Kosteneinflußgrößen
88 90 91 95 102 104 109 116 119 126 127 128 130 132 137 141 142 144 145 146 148 149 155 165 166 171 173
Verzeichnis der Abkürzungen AG Aktiengesellschaft Aufl. Auflage BME Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. BMW Bayerische Motorenwerke beziehungsweise bzw. d.h. das heißt Datenverarbeitung DV (synonym zu EDV) EDV Elektronische Datenverarbeitung et al. et alii folgende, fortfolgende f, ff gegebenenfalls ggfGPKS Gesamtprozeßkostensatz H. Heft Herausgeber Hrsg. HWO Handwörterbuch der Organisation i.d.R. in der Regel io industrielle organisation International OrgaISO nization for Standardization Jahrgang jgLKW Lastkraftwagen Imi leistungsmengeninduziert
Imn MJ Nr. o.Jg. O.S.
o.V. PK PKS PPM RKW S. Sp. u.a. u.ä. u.U. US usw. VDMA Verf. Vgl. z.B. ZfB zfbf
leistungsmengenneutral Mannjahre Nummer ohne Jahrgang ohne Seite ohne Verfasser Planprozeßkosten Prozeßkostensatz Planprozeßmenge RationalisierungsKuratorium der Deutschen Wirtschaft e.V. Seite/n Spalte/-n und andere und ähnliches unter Umständen Umlagesatz und so weiter Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. Verfasser Vergleiche zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
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Vorwort „Ganzheitliche Logistik" ist heute mehr als nur ein Schlagwort. Immer mehr Unternehmen nähern sich, wenn auch auf unterschiedlichsten Wegen, diesem Ideal. Weiterbildungs- und Forschungsinstitute sowie Heerscharen von Beratern verkaufen Konzepte, die zu einer kundenorientierten und, weil es modern ist, schlanken Logistik führen. Aber wer beantwortet eigentlich die Frage, wie die Wirtschaftlichkeit durch diese Aktivitäten beeinflußt wird? Zumeist wird doch nur isoliert und zeitlich begrenzt das Verhältnis von Kosten und Leistungen betrachtet. Sicherlich ist das Thema Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung nicht neu, und es erfährt im Rahmen der Diskussion des Logistik-Controlling eine gewisse Berücksichtigung. Doch manche Konzepte, die in der Praxis zu finden sind, erinnern - etwas spitz formuliert - an die Versuche der Schildbürger, mit Hilfe von Säcken Licht in ihr Rathaus zu bekommen. Es ist notwendig, sich auf das klassische Handwerkszeug der Betriebswirtschaftslehre zurückzubesinnen und in Form einer effektiven und sicherlich auch effizienten Kosten- und Leistungsrechnung vernünftige Fenster einzusetzen. Der vorliegende Beitrag versteht sich in diesem Sinne als Bauanleitung. Er hilft die neueren Strömungen in der Kostenrechnung zu erkennen, mit Blick auf ihre Einsatzvoraussetzungen kritisch zu bewerten und Maßnahmen für eine bessere Informationsversorgung des LogistikManagements zu ergreifen. Im Vordergrund steht dabei stets die Frage, wie der Zielkonflikt zwischen der gewünschten, der angebotenen und der sinnvollen Information gelöst werden kann. Angesprochen werden durch diesen Beitrag Praktiker aus den Bereichen Logistik, Materialwirtschaft und/oder Einkauf, die aktiv ihre Informationsversorgung gestalten wollen, und Studierende mit der Vertiefungsrichtung Logistik. Das Niveau ist so gewählt, daß sich stärker technisch orientierte Führungskräfte den Stoff erschließen können und auch Kaufleute Impulse für ihre Arbeit erhalten. Erreicht wird dies durch eine knappe, für die Verdeutlichung der Zusammenhänge erforderliche Darstellung der kostenrechnerischen Grundlagen. Überlingen, im August 1998 Dr. Horst Hartmann
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1 Einleitung Am Anfang dieses Buches sollen zwei Unternehmen stehen, die beispielhaft zeigen, welche Spannbreite die Gestaltung der LogistikKosten- und -Leistungsrechnung in der Praxis haben kann. In beiden Fällen handelt es sich um Speditionen, die sich als Logistikdienstleister verstehen. Sie bieten ihren Kunden komplette Servicepakete für die Distribution an. Das Leistungsspektrum reicht von der Lagerung über einfache Montage- und Verpackungstätigkeiten bis hin zu den klassischen Transporttätigkeiten. Weiterhin lassen sich beide Dienstleister folgendermaßen charakterisieren: Unternehmen A: international tätiger Konzern, mehrere Milliarden DM Umsatz, europaweites Transportnetz, mehrere Dienstleistungscenter, die jeweils für einen Kunden betrieben werden, durchschnittlich 100 Mitarbeiter pro Dienstleistungscenter Unternehmen B: mittelständischer Familienbetrieb, Umsatz im zweistelligen Millionenbereich, Leistungserstellung an zwei Standorten, insgesamt rund 100 Mitarbeiter Mit Blick auf die Kostenrechnung ist zu ergänzen: Unternehmen A: zentrale Kostenrechnung, die den Centern mit zwei bis drei Monaten Verzug Kosteninformationen übermittelt, ein Dienstleistungscenter entspricht einer Kostenstelle Unternehmen B: jeder Mitarbeiter und jedes Betriebsmittel ist eine Kostenstelle, jeder Mitarbeiter dokumentiert stundengenau die von ihm erfüllten Aufgaben Beide Unternehmen sind als erfolgreich zu bezeichnen, und ihre Existenz scheint gesichert zu sein. Unter Berücksichtigung der Qualität der den Führungskräften zur Verfügung stehenden Kosten- und Leistungsinformationen, ist aber bei Unternehmen A mit Blick auf die langfristige Entwicklung Skepsis angebracht. Wie sollen mit den vorhandenen, besser: den nicht vorhandenen Informationen vernünftige programm- und preispolitische Entscheidungen getroffen werden? Zur Zeit scheint der Wettbewerbsdruck nicht so groß zu sein, daß die Defizite im Bereich der
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Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung zu einem Nachteil werden. So einer der Vorstände in diesem Unternehmen: „Unternehmen, die sich mit uns über die Möglichkeiten eines Outsourcing unterhalten, wissen so wenig über ihre Logistik, daß wir immer ein für uns gutes Angebot abgeben können, dem der Kunde auch zumeist zustimmt." Aber nicht nur Logistikdienstleister, die ein starkes Interesse an einer guten Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung haben müßten, scheinen Probleme mit diesem Hilfsmittel für das Management zu haben. Sowohl in der Industrie als auch im Handel sind sich Unternehmen der Bedeutung der Logistik bewußt, doch die Messung von Kosten- und Leistungsinformationen, die diese Bedeutung quantifizieren könnten, ist oft in unbefriedigendem Zustand. So werden z.B. in manchen Handelshäusern sortimentspolitische Entscheidungen getroffen, die zwar zu einer Umsatzsteigerung ggf. auch noch zu einer Rohertragssteigerung unter Umständen aber auch zu einer Gewinnreduzierung führen. Daß aus diesem Verhalten dramatische Konsequenzen resultieren können ist offensichtlich. Für die Automobil-Zulieferindustrie beobachtet Weber ähnliches. Er sieht aufgrund von ersten Erfahrungen in dieser Branche in der Kalkulation Verrechnungsfehler die „erheblich und damit brisant" 1 sind. Die Gründe für diese Situation sind sehr vielfältig und lassen sich nicht erschöpfend diskutieren. Zu nennen sind aber die Schwächen der „normalen" Kostenrechnung, die einerseits spezielle systembedingte Defizite besitzt und die andererseits nicht auf einen differenzierten Ausweis von Logistikkosten und Logistikleistungen ausgelegt ist. Außerdem besteht in zahlreichen Unternehmen eine erhebliche Zurückhaltung, wenn es um die Gestaltung oder Weiterentwicklung der Kosten- und Leistungsrechnung geht. Ziel dieses Beitrages ist es, branchenunabhängig zu prüfen, welche praktikablen Möglichkeiten zur Schaffung der erforderlichen Transparenz in der Logistik bestehen. Es werden neben einem Vorschlag zur Vorgehensweise drei Varianten zur Verbesserung der Informationsbasis für das Management aufgezeigt. Es geht nicht darum, ein „High-end"-System zu entwickeln, das auch den letzten Wunsch erfüllt,
Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993. S. 224.
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sondern aus der Perspektive eines eher durchschnittlichen, mittelständischen Unternehmens wird das im Rahmen des Machbaren Denkbare dargestellt. Aus theoretischer Sicht bleiben zwangsläufig Fragen offen, die jedoch oft schon in anderen Veröffentlichungen ausgiebig diskutiert wurden. So wird z.B. nicht auf die Möglichkeit der grundlegenden Veränderung des vorhandenen Kostenrechnungssystems, z.B. durch den Wechsel von einer Voll- zu einer der Teilkostenrechnungsvarianten, eingegangen. Allein dieses Thema kann mehr als ein Buch füllen. Den Lesern dieses Werkes, d.h. den Praktikern oder den Studierenden, die an einer Vertiefung des Themas Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung interessiert sind, wird ein wenig kostenrechnerisches Basiswissen abverlangt, was aber keine unüberwindliche Hürde darstellen sollte. Für die besonders Eiligen empfiehlt sich ein nur flüchtiger Blick in die Kapitel „Logistik" und „Logistik-Controlling", da hier der Rahmen, in den die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung eingebunden ist, ausführlicher dargestellt wird. Dem Leser, der an weiteren Recherchen interessiert ist, sind die Literaturhinweise eine Hilfe.
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2 Logistik 2.1 Grundlagen der Logistik Die Ausbreitung des Begriffes "Logistik" ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten so schnell vorangeschritten, daß eigentlich angenommen werden könnte, daß sich auch ein breites gemeinsames Verständnis von den Begriffsinhalten entwickelt hat. Der Blick in die diversen Publikationen und in die "Logistikpraxis" machen es jedoch notwendig, ein differenzierteres Bild aufzuzeigen. So formulierte Weber bereits vor einigen Jahren die heute noch gültige Aussage: "Die grundsätzlichen 'Botschaften' der Logistik, wie ihr Charakter als Querschnittsfunktion, das Überwinden von Unternehmensgrenzen und die Integration der physischen Güterströme und der dazugehörigen Informationsströme sind in den Unternehmen bekannt. Dennoch (...) ist das Logistikverständnis im Detail weit weniger festgefügt, als dies nach der intensiven Diskussion der letzten 10 Jahre erwartet werden könnte." 2 Das Spektrum der der Logistik zugeordneten betrieblichen Funktionen ist heute sehr vielfältig. Es bewegt sich in der Spanne zwischen den beiden überzogenen Extremen „Logistik ist außerbetrieblicher Transport" und „Logistik ist Unternehmensführung". Während die Unterschiede in der Theorie eher auf verschiedene Ausgangspositionen und damit differierende inhaltliche Schwerpunkte in der Auseinandersetzung mit der "Logistik" zurückzuführen sind, lassen sich für den sehr unterschiedlichen Entwicklungsstand des Logistikverständnisses in der Praxis verschiedene Gründe nennen. So war bzw. ist häufig zu beobachten, daß, nur um „modern" zu sein, in Unternehmen die bisherige Auf- und Ablauforganisation beibehalten und lediglich "Etiketten" getauscht wurden. So entstand aus der Versandabteilung, dem Fuhrpark oder dem Lager die Logistikabteilung, oder es wurde an die Abteilung Einkauf/Materialwirtschaft die Logistik "angehängt". Türschilder wurden gewechselt, Visitenkarten neu gedruckt, aber substantielle Änderungen erfolgten nicht. Neben diesen „Nachahmern" existieren aber auch „Verweigerer", die dem Begriff „Logistik" grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, da sie in ihm nichts Neues
Weber, Jürgen: Thesen zum Verständnis und Selbstverständnis der Logistik, in: zfbf, 42. Jg. (1990) H. 11, S. 976-986, hier: S. 976 f.
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erkennen können. „Promotoren" der Logistik sind die Unternehmen, die kritisch die Relevanz der angesprochenen „Botschaften" auf ihre Erfolgswirksamkeit für das eigene Unternehmen prüfen und aktiv die betrieblichen Prozesse gestalten. Wie die vielen auch im wörtlichen Sinne ausgezeichneten Logistikkonzepte in der Praxis zeigen, nimmt die Anzahl dieser Unternehmen, die sich dem noch aufzuzeigenden Idealbild der Logistik annähern, zu. Ein gutes Beispiel hierfür ist neben vielen anderen die Firma BMW, die zu den Pionieren bei der Umsetzung logistischen Denkens gezählt werden kann. 3 Mit Blick auf die Entwicklung der Logistik kommt gerade den Automobilherstellern eine Vorreiterrolle zu, da durch die in dieser Branche bereits früh und stark forcierten Just-in-Time-Konzepte die Anwendung des Logistikgedankens auf die Beschaffung erfolgte. Aus heutiger Sicht sind dies jedoch nur die ersten Schritte gewesen. Neben der Kritik, die von Seiten der Zulieferer aber auch unter ökologischen Gesichtspunkten formuliert wird, bleibt als ein Nachteil der Justin-Time-Konzepte festzuhalten, daß sich das Logistikverständnis bei den Automobilherstellern auf den Beschaffungs- und Produktionsbereich beschränkt bzw. beschränkt hat. Betrachtet man als zentrales Ziel einer Just-in-Time-Beschaffung die Reduzierung der Kapitalbindungsund der Lagerkosten, so relativiert ein Blick in die Bilanzen sehr schnell die Einsparpotentiale. Im Vergleich zu den Beständen an Roh-, Hilfsund Betriebsstoffen weisen z.B. Bilanzen der Volkswagen AG und der Mercedes Benz AG einen ungefähr identischen Wert für unfertige Erzeugnisse und unfertige Leistungen sowie einen drei- bis viermal so hohen Bestandswert für fertige Erzeugnisse und Waren aus. Dies sagt zwar nichts über die Realisierbarkeit von Bestandssenkungen auf der Absatzseite aus, motiviert aber, auch diesen Bereich der Logistikkette zu analysieren. Die bisher zu beobachtende Beschränkung der Just-in-Time-Konzepte auf die Beschaffung, die vielleicht aus pragmatischen Gründen bewußt in Kauf genommen wurde, wird jedoch mehr und mehr erkannt, und die Reichweite der Logistik wird zunehmend bis auf die Auslieferung beim Bereits 1976 entwickelte BMW eine durchgängige Logistikorganisation. Vgl. Schäfer, Helmut: Im Spannungsfeld zwischen Vertrieb, Produktion und Einkauf, in: Blick durch die Wirtschaft, 13.11.1991, Nr. 219, S. 7.
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Kunden ausgedehnt. So formuliert der frühere BMW-Logistikvorstand Helmut Schäfer: "Auf die Logistik übertragen, bedeutet dies, daß Justin-Time mit der Erfassung eines Kundenauftrages beginnt und mit der Übergabe des Fahrzeuges an den Kunden endet." 4 Mit der Beseitigung dieser und anderer Schnittstellen wird ein entscheidender Schritt zu einer ganzheitlichen und damit das Betriebsgeschehen verändernden Logistik getan, denn der "fundamentale gedankliche Unterschied in der Beurteilung und Lösung der Materialflußprobleme liegt zwischen 'partiellem Denken' und 'systembezogenem Denken'. Im letzteren Fall konturiert sich 'Logistikdenken'." 5 Weber sieht dies ähnlich, setzt aber in seinen Überlegungen den Schwerpunkt etwas anders und nennt die aus der Logistik resultierenden Vorteile: "Die am Material- und Warenfluß ansetzende Koordinationsfunktion ist Kern und zugleich das "Neue" der Logistik. Der Nutzen des integrierenden Ansatzes der Logistik liegt sowohl im Eröffnen von Rationalisierungspotentialen (...), als auch in der Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen." 6 Nach Jünemann kann man einen horizontalen und einen vertikalen Aufbau der Logistik unterscheiden. Beim vertikalen Aufbau differenziert er die Managementebene, die Logistikebene und die Materialflußebene. 7 Der horizontale Aufbau gliedert das System den klassischen Funktionsbereichen folgend in Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Entsorgungslogistik. Neben dieser Strukturierung, die zumindest bezogen auf die horizontale Unterscheidung in der Praxis gängig ist, ist festzustellen, daß bei der Verwendung des Begriffes Logistik drei dominierende und einander ergänzende Ausprägungen zu beobachten sind. Wie in Abbildung 1 dargestellt, kann die Logistik als Denkhaltung, als Funktion oder als Institution betrachtet werden. Hinter diesen Ausprägungen verbergen sich unterschiedliche Sichten der Logistik, die in Gesprächen mit Vertretern aus Unternehmen immer wieder zu beobachten
Schäfer, Helmut: Im Spannungsfeld zwischen Vertrieb, Produktion und Einkauf, in: Blick durch die Wirtschaft, 13.11.1991, Nr. 219, S. 7. Krüger, Michael: Logistikziele und Logistikorganisation, in: Handbuch Logistik und Produktionsmanagement, Hrsg.: Klaus J. Schmidt, Loseblatt-Ausgabe 1. Nachlieferung Landsberg/Lech 1988, Kapitel 2.1.1 S. 7. Weber, Jürgen: Thesen zum Verständnis und Selbstverständnis der Logistik, in: zfbf, 42. Jg. (1990) H. 11, S. 976-986, hier: S. 977. Vgl. Jünemann, Reinhardt: Materialfluß und Logistik, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong 1989, S. 43 ff und S. 62 f.
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sind und die, um zu einer einheitlichen Begriffsverwendung zu gelangen, voneinander abzugrenzen sind.
Denkhaltung •
berücksichtigt Ganzheitlichkeit und • ist durch Service- bzw. Kundenorientierung gekennzeichnet
Û Logistik als ...
Abbildung 1
Ausprägungen des Begriffes Logistik
2.1.1 Logistik als Denkhaltung Das Verständnis der Logistik als Denkhaltung hat eine zentrale Bedeutung und dominiert die übrigen Bestandteile der Logistik-Konzeption. Während die der Logistik zugerechneten operativen Funktionen, wie z.B. Transportieren, Lagern und Umschlagen, bereits immer vorhanden waren, stellt diese Ausprägung des Begriffes die eigentliche Innovation dar. Ähnlich dem Marketing und dem Controlling ist die Logistik, ein auf der Systemtheorie basierender, gedanklicher Ansatz, der als Abkehr vom atomistischen Verständnis versucht, mit Hilfe einer - auch wenn dieser Begriff schon sehr strapaziert wird - ganzheitlichen Sicht der 17
vielfältigen Systembeziehungen eine Verbesserung der unternehmerischen Entscheidungen zu erreichen. Dazu werden Zielkonflikte innerhalb des Unternehmens offengelegt und bewußt und teilweise auch betont provokativ die nicht nur organisatorischen Schnittstellen, z.B. zwischen Beschaffung und Produktion, in Frage gestellt. Im Vordergrund stehen Transport-, Umschlag- und Lagersysteme und die zwischen diesen selbst und die zwischen ihnen und anderen, unternehmensexternen Systemen, z.B. den Kunden, den Lieferanten und der Unternehmensumwelt (Gesellschaft, Ökologie usw.), bestehenden Wechselwirkungen. Ganz allgemein interessiert bei der Betrachtung dieser Zusammenhänge aus der Perspektive eines Unternehmens insbesondere die Frage, wie einerseits diese Umsysteme beeinflußt bzw. gestaltet werden können und andererseits das eigene Unternehmen gesteuert werden muß, damit die Unternehmensziele (Existenzsicherung, Gewinn, Umweltschonung, soziale Verantwortung usw.) erreicht werden. Die Notwendigkeit für einen ganzheitlichen Ansatz ergibt sich aus den in Unternehmen häufig ungelösten Problemen, die • zu einer zunehmenden, kaum beherrschten Komplexität und • zu Informationsdefiziten zwischen den am Betriebsgeschehen Beteiligten führen. Sie erschweren es den ausführenden Stellen - den Mitarbeitern im operativen Geschäft - alle relevanten Auswirkungen ihres Handelns zu überblicken. Führungskräfte, die die Koordination der Subsysteme gewährleisten müssen, werden bei der Abstimmung der Teilsysteme behindert. Mit anderen Worten: Organisationen sind derart komplex geworden, daß Mitarbeiter die Reichweite ihres Handelns und ihrer Entscheidungen nur eingeschränkt beurteilen können. Neben den negativen Effekten für die Motivation hat dies zur Folge, daß nur eher zufällig gewährleistet ist, daß alle im Unternehmensinteresse richtig handeln. Wahrscheinlicher ist, und dies findet in der Praxis immer wieder seine Bestätigung, daß die Mitarbeiter sich auf den für sie überschaubaren Bereich konzentrieren und hier versuchen optimale Lösungen zu realisieren. Daraus resultieren Zielkonflikte, deren Behebung nicht nur Kosten verursacht, sondern die auch zu sozialer Abgrenzung und eventuell zu Kommunikationsblockaden führt. Es existieren viele kleine und große 18
„Fürstentümer", die zwar für sich gute Ergebnisse erzielen, die aber in der Summe eher den Erfolg und die Stärke eines Unternehmens verringern. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß es für kleine Unternehmen, wie z.B. typische Handwerksbetriebe, nicht erforderlich ist, Logistik als Denkhaltung zu propagieren. Der Inhaber/Meister überschaut die relevanten Beziehungen zu Kunden und Lieferanten und kann auch die Koordination der eingesetzten Mitarbeiter gewährleisten. Zusätzliche gegebenenfalls sogar institutionalisierte Hilfen sind kaum erforderlich. Gelingt es Unternehmen nicht durch organisatorische Maßnahmen die Komplexität zu reduzieren, so müssen die daraus resultierenden Probleme durch eine bessere Informationsversorgung abgemildert werden. Dies ist unter anderen ein Ziel der Kosten- und Leistungsrechnung. Im Rahmen der Logistik muß sie dem Anspruch eines vielfach angemahnten Gesamtkostendenkens gerecht werden. Logistisches Denken verfolgt somit das Ziel, Mitarbeiter und Führungskräfte zu kooperativem, interdisziplinärem, am Gesamtoptimum orientiertem Verhalten zu ermutigen. Es fördert den Blick über den Tellerrand, den Mut zur Eigenverantwortung und die Kommunikationsfähigkeit, um die Komplexität besser zu handhaben. Dies setzt die Schaffung von Einsicht in die Notwendigkeit von Änderungen voraus und erfordert neben der Aktivierung von Lernprozessen die Unterstützung durch Methoden, mit denen sich Erfolge messen lassen. Wie noch zu diskutieren sein wird, kann ebenfalls durch Veränderungen in der hierarchischen Struktur „Bewegung" in diese Richtung erzeugt werden, zwingend erforderlich ist dies, wie Beispiele aus der Praxis belegen, jedoch nicht. Faßt man die verschiedenen Aspekte zusammen, so läßt sich feststellen, daß sich das logistische Denken auf die zwei zentralen Prinzipien Ganzheitlichkeit und Serviceorientierung (= Kundenorientierung) konzentriert. Besonders plastisch wird die Serviceorientierung im LogistikVerständnis der Siemens AG, die für die durchgängigen Material- und Informationsflüsse den Begriff "Pipeline" (vgl. auch Abbildung 2) verwendet. 8
Vgl. Augustin, Siegfried: Nur modernstes Produktions-Management sichert die Konkurrenzfähigkeit, in: io Management-Zeitschrift, 55. Jg. (1986) Nr. 11, S. 485-490, hier: S. 485 f.
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Logistik- "Pipeline " Beschaffungsmarkt
Beschaffung
Produktion
Informationsfluß
Distribution/;: Entsorgung
Absatzmarkt
(Planung, Auftrag. Bestellung)
ΒI ËJ Logistik-Management
Informationsfluß Materialfluß
Abbildung 2
πι
11
(Frachtpapiere, Steuerungsinforrn^
Kunden
(Transport-, Lager- und Umschlagprozesse)
Logistik-"Pipeline"9
Wichtig ist festzuhalten, daß sich die Serviceorientierung nicht auf den Kunden als Bedürfnisträger beschränkt, sondern daß in einem sehr weiten Sinne interne und externe Kunden-Lieferanten-Beziehungen von der Logistik zu berücksichtigen sind. So ist zum Beispiel der Mitarbeiter im Wareneingang ein Lieferant für seinen Kunden, den Gabelstaplerfahrer, der die Paletten vom Wareneingang aus zum Regalplatz transportiert. Seine Dienstleistungen, die er für den Gabelstaplerfahrer erbringt, sind unter anderem die Kontrolle der Palettenladung auf richtige Kontur, die Kennzeichnung mit dem korrekten Label und die Bereitstellung zum richtigen Zeitpunkt. Mit Blick auf die beschriebenen Charakteristika ist die Logistik eine Denkhaltung bei der im Sinne der Ganzheitlichkeit möglichst alle Verflechtungen innerhalb und zwischen Systemen berücksichtigt werden. Soweit wie möglich werden die Beziehungen als Kunden-LieferantenBeziehungen aufgefaßt. Die vom Unternehmen oder seinen Teilsystemen zu erbringenden logistischen Leistungen werden an ihrem Beitrag zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse gemessen.
Vgl. Jünemann, Reinhardt: Materialfluß und Logistik, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong 1989, S. 24.
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Betrachtet man die Durchdringung der Praxis mit der logistischen Denkweise, so ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Weber kommt zu dem auch heute gültigen Schluß: "Anders als dies die Beiträge auf den zahlreichen Logistikkongressen und in den mittlerweile diversen Fachzeitschriften glauben machen könnten, hat sich die Logistik in der Industrie bislang keinesfalls flächendeckend durchgesetzt." 10 Nach Kummer lassen sich die folgenden Entwicklungsstufen feststellen. Typ 1 : PräLogistiker
Die Erfüllung logistischer Aufgaben erfolgt unkoordiniert.
Typ 2: LogistikAnfänger
Der Logistikgedanke ist in einzelnen Teilbereichen verwirklicht. Z.B. Just-in-time-Beschaffung
Typ 3: LogistikFortgeschrittener
Die logistischen Prozesse sind aufeinander abgestimmt. Logistik ist auf Geschäftsfeldebene implementiert. Das Management der logistischen Kette wird über die Unternehmensgrenze hinweg betrieben.
Typ 4: LogistikProfi
Der Logistikgedanke ist unternehmensweit und unternehmensübergreifend verwirklicht. Die Ausrichtung der Logistik erfolgt auf die Unternehmensgesamtheit. Die Logistik wird bei der strategischen Planung berücksichtigt.
Typ 5: PostLogistiker
Die Logistik wird organisatorisch wieder in die Funktionalbereiche zurückgeführt. Einführung einer Projektorganisation für die Logistik bei warenflu(3bezogenen Veränderungen.
Abbildung 3
10 11
Entwicklungsstufen bei der Einführung der logistischen Denkweise 11
Weber, Jürgen: Defizite bei der Logistikleistungsrechnung, in: Blick durch die Wirtschaft, 25.2.1992, Nr. 39, S. 7. Vgl. Kummer, Sebastian: Strategisches Logistikmanagement, in: Beschaffung aktuell, o. Jg. (1990) H. 5, S. 60-64, hier: S. 62 und Kummer, Sebastian: Logistik für den Mittelstand, München 1992, S. 101.
21
Die Gründe für unterschiedliche Durchdringungsgrade sind sehr vielfältig. So kann es sein, daß die logistische Denkweise im Unternehmen nicht bekannt ist oder daß sich die mit der logistischen Denkweise vertrauten Mitarbeiter aufgrund der Machtstrukturen im Unternehmen nicht durchsetzen können. Als weiteres Hemmnis kann ein auf eine funktionale Sicht eingeschränktes Logistikverständnis, das Thema des nächsten Kapitels ist, genannt werden. In diesem Fall wird die Logistik nur mit den operativen logistischen Aktivitäten gleichgesetzt. Die ganzheitliche, kundenorientierte Perspektive fehlt. Schließlich ist es möglich, daß die logistischen Prozesse, insbesondere die mit dem Materialfluß verbundenen Aktivitäten, nur eine untergeordnete Rolle im Betriebsgeschehen spielen und somit der Logistik keine hohe Bedeutung beigemessen wird.
2.1.2 Logistik als Funktion Funktionen der Logistik beziehen sich auf Transport-, Lager- und Umschlagvorgänge, die der Überwindung von Raum- und/oder Zeitdisparitäten dienen. Neben den operativen Aufgaben sind auch die zugehörigen dispositiven und administrativen Funktionen hinzuzurechnen. Logistik im funktionalen Sinn ist somit die Summe aller an den Unternehmenszielen orientierten koordinierenden, administrativen, dispositiven und operativen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Transport, der Lagerung und den zugehörigen Hilfsmaßnahmen von bzw. an physischen Gütern und den zugehörigen Energie- und Informationsflüssen in und zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt stehen. Beispielhaft lassen sich die folgenden, in Abbildung 4 dargestellten logistischen Funktionen innerhalb der Wertschöpfungskette nennen:
22
Logistische Funktionen
Abbildung 4
Logistische Funktionen12
Logistik in diesem Sinn ist z.B. das Transportieren, das Lagern, das Verpacken, die Planung des Personaleinsatzes, die Auswahl von Fahrzeugen für bestimmte Transportaufgaben, die Auswahl eines Lagerstandortes, die Lagerbuchführung, die Aufbewahrung von Fahrtenschreibern, die Festlegung des zu realisierenden Servicegrades und die Koordination der logistischen Teilsysteme. Zu der zuletzt genannten Koordinationsfunktion der Logistik, dem Abstimmen von Verhaltensweisen, ist ergänzend festzuhalten, daß die Theorie sich bisher nicht ganz einig ist, welchen Stellenwert diese Funktion hat. Ist sie eine von mehreren oder ist sie die zentrale, die Logistik als eigenständige Teildisziplin konstituierende Funktion? Hier wird der Auffassung von Männel gefolgt, der meint, daß die Koordination "als Hauptaufgabe der Unternehmensführung zu sehen" 13 ist. In diesem Sinne ist die Koordination eine Funktion, die von den Logistikführungskräften wahrgenommen werden muß. Sie haben die Aufgabe, bei den Material- und Informationsflüssen ansetzend einerseits die Teilin Anlehnung an Fischer, Rainer und Klaus Dieter Lorenzen: Logistik optimieren, in: packung & transport, ο. Jg. (1990) Η. 10, S. 39-40, hier: S. 40. Männel, Wolfgang: Logistik-Controlling - Controlling materialwirtschaftlicher Prozesse und Systeme, in: Kostenrechnungspraxis, 36. Jg. (1992) Sonderheft 1, S. 5-12, hier: S. 6.
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bereiche der Logistik so zu gestalten (systembildende Koordination) und andererseits die Verbindungen zwischen diesen Teilbereichen und anderen betrieblichen Bereichen so herzustellen (systemkoppelnde Koordination), daß im Sinne der Logistik als Denkhaltung ein ganzheitliches Optimum realisiert werden kann. Somit ist die Sicht der Logistik als Funktion der Sicht der Logistik als Denkhaltung untergeordnet. In der Praxis sind es jedoch insbesondere die Koordinationsprobleme, die den überwiegenden Teil der Arbeit ausmachen. Wird die Bewältigung dieser Aufgabe durch die „richtige" Logistikphilosophie getragen, d.h. handeln Führungskräfte und Mitarbeiter serviceorientiert und mit Blick auf das Ganze, dann ist Logistik mehr als „alter Wein in neuen Schläuchen". 2.1.3 Logistik als Institution Diese dritte zu betrachtende Ausprägung des Begriffes Logistik deckt den Teil der Begriffsinhalte ab, der angesprochen ist, wenn der Begriff Logistik mit einer konkreten organisatorischen Einheit, z.B. der Logistikabteilung eines Unternehmens, gleichgesetzt wird. D.h. die Tätigkeit des Organisierens, die auch als Organisation bezeichnet werden kann und die den Führungsaufgaben zuzuordnen ist, wird mit dem zugrundegelegten Begriffsverständnis nicht abgedeckt. Sie ist Bestandteil der Logistikfunktionen. Gleichwohl wird die Organisationseinheit, die Institution, als Ergebnis eines solchen permanenten Organisationsprozesses verstanden. Sie wird z.B. repräsentiert durch in Organigrammen beschriebene hierarchische Strukturen und bezüglich ihrer Ablauforganisation durch Organisationsrichtlinien sowie Verfahrensanweisungen. Der Organisation kommt daher eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Koordinationsaufgabe zu, da sie durch ihre formalisierten Regelungen (z.B. Arbeitspläne, Stellenbeschreibungen usw.) aber auch informell einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung abgestimmten Verhaltens in Entscheidungssituationen leistet. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sie nicht Selbstzweck ist, sondern, daß sie sich - und damit auch ihre Gestaltung - den Unternehmens- und Logistikzielen beugen bzw. an ihrem Zielerfüllungsbeitrag messen lassen muß.
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Für die Diskussion der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ist es erforderlich, intensiver diese dritte Begriffsausprägung zu betrachten, da die Form der Institutionalisierung erheblich die Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Kostenstellenrechnung und die Erreichung des Zieles Wirtschaftlichkeitskontrolle beeinflußt. Da der Praxis nicht mit pauschalen Handlungsanweisungen nach dem Motto: „Die Logistik muß ein Vorstandsbereich sein, und das Unternehmen ist als Matrix zu organisieren" gedient ist, werden zunächst die Ziele, die Kontextfaktoren und anschließend denkbare und an den Einzelfall anzupassende Gestaltungsalternativen diskutiert. Die für die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung relevanten Faktoren werden später wieder aufgegriffen. Eingebunden in andere betriebliche Zielsysteme lassen sich die folgenden, auch auf die Logistik übertragbaren allgemeinen Ziele der Organisationsgestaltung formulieren: 14 •
•
• •
•
14
Zweckmäßige Aufgabenverteilung, z.B. Realisierung von Lerneffekten, Anstreben der Kongruenz von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung, Wahrung des Gleichgewichtes von Leistungsfähigkeit und Anforderungen, Gute Harmonisation, z.B. Reduzierung des Konfliktpotentials, Förderung innerbetrieblicher Kooperation, Berücksichtigung der Beziehung zwischen Struktur und Strategie und Struktur und Unternehmensphilosophie, Bedarfsgerechte Information und Kommunikation, z.B. Bereitstellung genauer und sicherer Informationen, Intensivierung des Informationsflusses, Hohe Qualität der Entscheidung, z.B. Nutzung des kreativen Potentials der Mitarbeiter, Zurverfügungstellen von ausreichend Zeit für die Durchführung von entscheidungsvorbereitenden Analysen, Umfassende Ressourcennutzung, z.B. bedarfsgerechte Bereitstellung von Personal und Sachmitteln, sinnvolle und umfassende Nutzung der zur Verfügung stehenden Kapazitäten,
Vgl. Wittlage, Helmut: Unternehmensorganisation, 4. Aufl. Herne, Berlin 1989, S. 29 f und Semmelroggen, Hans G.: Marktposition mit Logistik sichern, in: Logistik im Unternehmen, o. Jg. (1988) H. 9, S 6-11. hier: S. 7.
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•
Förderung von Motivation und Zufriedenheit, z.B. Vermeidung von Rollenkonflikten, Gewährung von Autonomie, Ermöglichen sozialer Beziehungen, • Sicherung von Anpassungsfähigkeit und Stabilität, z.B. Nutzung von Synergieeffekten, Wahrung der Flexibilität. Ergänzend sind die aus der Begriffsvariante „Logistik als Denkhaltung" abzuleitenden Kernforderungen nach Kunden-/Serviceorientierung und nach einem ganzheitlichen Ansatz zu berücksichtigen. Nachdem die Ziele formuliert sind, sind, bevor die Frage nach der konkreten Form der Institutionalisierung aufgegriffen wird, in den Unternehmen zunächst die Rahmenbedingungen (Kontextfaktoren) zu analysieren und zu bewerten, die die Gestaltungsalternativen durchaus stark beeinflussen können. Als Orientierungshilfe kann die keineswegs vollständige Übersicht über die folgenden und teilweise miteinander in wechselseitigen Beziehungen stehenden Kontextfaktoren dienen.
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Hierbei handelt es sich um einen zyklischen Prozess, da die bestehende Organisation die Strategieformulierung beeinflußt, die dann wieder auf die Organisation wirkt.
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• Menschen Sehr wichtig, häufig aber zu sehr vernachlässigt wird die Berücksichtigung der Bedürfnisse, Erwartungen und Verhaltensweisen der Menschen, die als Organisationsmitglieder und nicht als Organisationsobjekte, bei denen "schädliche" Handlungen zu minimieren sind, auf die Organisationsgestaltung wirken. Diese Einflußnahme geschieht auf zwei Wegen. Einerseits sind bei der Organisationsgestaltung mit Blick auf das angestrebte Ergebnis motivationsfördernde Aspekte zu berücksichtigen. Andererseits werden die Menschen versuchen, durch ihr Verhalten (z.B. Taktieren, Nutzung von Einfluß und Machtpositionen, Koalitionsbildung usw.) den Organisationsprozeß in ihrem Interesse zu beeinflussen. Ein weiterer Aspekt ist die Betrachtung der Menschen als Ressourcen, die erforderlich sind, um bestimmte Organisationskonzepte zu realisieren. Gerade in der Logistik scheiterten bis vor wenigen Jahren Organisationsprojekte an einem Mangel an ausreichend qualifiziertem Personal.
Einige der oben genannten Faktoren haben eine größere Bedeutung und üben einen besonders starken Einfluß auf die übrigen Faktoren aus. Dies gilt z.B. für die Strategie, in der zahlreiche Anforderungen und Gestaltungshinweise für die übrigen Faktoren fixiert sein sollten. Vor dem Hintergrund dieser Kontextfaktoren und unter Berücksichtigung der genannten Ziele der Organisationsgestaltung sind bei der Institutionalisierung der Logistik, die i.d.R. in einer bereits bestehenden Organisation erfolgt, weitere Fragen zu klären: 16 - Wie anpassungsfähig bzw. anpassungswillig ist die vorhandene Aufbauorganisation? Lassen sich leicht Veränderungen vornehmen, oder ist die bestehende Aufbauorganisation sehr starr? Häufig hängt die Beantwortung dieser Frage von der Unternehmenskultur und insbesondere den dort verankerten Ideologien und Normen ab, die z.B. entweder durch einen ausgeprägten Mut zur Innovation und somit auch durch die Bereitschaft zu organisatorischen "Experimenten" oder durch eine geringe Risikobereitschaft und somit durch ein Festhalten an traditionellen Organisationsformen geprägt sein kann. Von großer Bedeutung ist gerade bei der aufbauorganisatorischen Einordnung der Logistik die Akzeptanz der Konzepte durch betroffene Mitarbeiter und
Vgl. Ihde, Gösta B.: Organisation der Logistik, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 1224-1234, hier: Sp. 1228 f.
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insbesondere durch die betroffenen Führungskräfte, die unter Umständen Verantwortungsbereiche abgeben müssen. Ihre individuelle Anpassungsfähigkeit oder besser ihr Anpassungswille können ganz erheblich die Antwort auf die hier angesprochene Frage beeinflussen. -
Besteht die Möglichkeit, die Zuständigkeit für die Logistik auf vorhandene Instanzen zu übertragen, oder müssen neue Leitungsstellen geschaffen werden? In Abhängigkeit von den betrieblichen Strukturen und der bisherigen Zusammenfassung logistischer Aufgaben, kann es wirtschaftlicher sein, auf die Schaffung einer Logistik-Instanz zu verzichten und die Aufgaben vollständig einer bereits vorhandenen Leitungsstelle zu übergeben. Dies setzt allerdings voraus, daß dadurch die ganzheitliche Orientierung und der Servicegedanke der Logistik nicht beeinträchtigt werden. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn die logistischen Funktionen in einer schon vorher dominierenden Organisationseinheit (z.B. der Produktion oder dem Vertrieb) zusammengefaßt werden und die Logistik sich primär an den Zielen dieser Organisationseinheit zu orientieren hat. In dem Fall einer solchen Einbzw. Unterordnung könnte die Logistik dem Anspruch, den sie als Denkhaltung erhebt, nur gerecht werden, wenn sie entsprechend unterstützt wird.
- Welche rangmäßige Einordnung ist vorzunehmen? Die Frage nach der rangmäßigen Einordnung hängt sehr eng mit den zuvor diskutierten Argumenten für bzw. gegen die Übertragung der Verantwortung für die Logistik auf bestehende Instanzen zusammen. Für die Formulierung dieser und der folgenden Frage wird allerdings vorausgesetzt, daß eine Entscheidung für die Schaffung einer neuen Logistik-Instanz getroffen wurde. Je geringer die Bereitschaft ist, die Material- und Informationsflüsse ganzheitlich zu betrachten und die traditionellen Grenzen zwischen den Bereichen zu überwinden, und je größer die Bedeutung der Logistik für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ist, um so höher ist die Logistik hierarchisch einzuordnen. Typischerweise kann dies direkt unterhalb der Unternehmensführung geschehen. Eine solche Einordnung kann nur von der Unternehmensführung durchgesetzt werden.
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-
Kann auf die Verleihung übergreifender Weisungsbefugnisse durch eine Stärkung der dezentralen Koordination, z.B. durch (Projekt-) Teams, verzichtet werden? Der Umfang der Weisungsbefugnisse, die der zu schaffenden Logistik-lnstanz zuzuordnen sind, kann sehr unterschiedlich sein. Er hängt unter anderem von dem bisherigen Führungsstil, dem Grad der Delegation, der Autonomie der Arbeitsgruppen und den eingesetzten Koordinationsinstrumenten ab. Die Vorteile einer verstärkt dezentralen Koordination sind in einer Erhöhung der Eigenverantwortung, der Motivation und der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter zu sehen.
Mit Blick auf die Vielzahl der zu berücksichtigenden Ziele, Kontextfaktoren und die Komplexität ihrer Beziehungen ist es nicht möglich, eine eindeutige Antwort auf die Frage nach der optimalen Einordnung der Logistik in die Organisation eines Unternehmens zu geben. 17 In der Logistik-Literatur beschränken sich daher die Autoren im wesentlichen auf das Aufzeigen prinzipieller Strukturalternativen. Unabhängig von der Frage, ob z.B. ein Einliniensystem oder eine Matrixorganisation zu wählen ist, ist zuvor zu klären, ob es überhaupt zwingend erforderlich ist, die Logistik gesondert organisatorisch zu implementieren. Für die Bildung gesonderter logistischer Organisationseinheiten spricht, so Weber, daß sich so der ganzheitlich orientierte Steuerungsansatz der Logistik leichter vermitteln und durchsetzen läßt. 18 Insbesondere in Unternehmen, in denen der Widerstand der übrigen Instanzen gegen die Einführung einer Logistik-Instanz sehr groß ist, wird dieses Argument Gültigkeit besitzen. In Unternehmen, in denen sich die Führungskräfte einig sind, daß logistisches Denken und eine stärkere Prozeßorientierung anzustreben sind, wird gegebenenfalls auf eine explizite Verankerung der Logistik im Organigramm verzichtet werden können. Weitere Argumente für eine zumindest überwiegende organisatorische Aufsplitterung der logistischen Aufgaben können eine geringe Komplexität der Logistikaufgaben, so niedrige Logistikkosten, daß eine Reorganisation
Vgl. Kirsch, Werner, Ingolf Bamberger, Eduard Gabele, Karl-Heinz Klein: Betriebswirtschaftliche Logistik, Wiesbaden 1973, S. 343. Vgl. Weber, Jürgen: Thesen zum Verständnis und Selbstverständnis der Logistik, in: zfbf, 42. Jg. (1990) H. 11, S. 976-986, hier: S. 979.
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nicht wirtschaftlich wäre, und/oder eine sehr geringe Bedeutung der Logistikleistung sein. 19 Ist aus der Bewertung der verschiedenen Kontextfaktoren der Schluß zu ziehen, daß eine gesonderte logistische Organisationseinheit zu schaffen ist, so wird häufig die Anwendung der Matrixorganisation empfohlen. Diese Form wird zwar theoretisch gut dem Querschnittscharakter der Logistik gerecht, aber sie birgt das Risiko in sich, daß Konflikte vorprogrammiert werden, da bei dieser Organisationsform durch die Logistik erheblich in die Kompetenzen der „klassischen" Bereiche eingegriffen wird. Um dem Problem solcher institutionalisierter Konflikte zu begegnen, muß daher frühzeitig im Rahmen des Organisationsprozesses geprüft werden, ob die vorhandene Unternehmenskultur und die Mitarbeiter derartige Veränderungen zulassen. Mit Blick auf die Komplexität des Entscheidungsprozesses bei der Institutionalisierung der Logistik und die möglicherweise daraus resultierenden Konflikte und Probleme ist eine aktive aber behutsame Entwicklung anzustreben. Dies kann nur langfristig erfolgen und muß deshalb von einer strategischen Planung angestoßen und begleitet werden. 20 In den verschiedenen Organisationsphasen sind einige Probleme zu berücksichtigen, die die Organisationsarbeit und ihr Ergebnis beeinflussen. In Anlehnung an Kirsch und Gabele können drei Punkte genannt werden. • Erstens ist dies die Schwierigkeit, die für die Aufgabendekomposition und die Konstruktion logistischer Organisationseinheiten erforderlichen Informationen zu ermitteln. • Zweitens sehen die Autoren die Schwierigkeit des Organisators, die eigene organisationstheoretische Perspektive so unvoreingenommen offen zu halten, daß auch andere, ergänzende Ansätze berücksichtigt werden.
Vgl. Pfohl, Hans-Christian: Logistik als Überlebenshilfe in den achtziger Jahren, in: ZfB, 53. Jg. (1983) H. 8, S. 719-734, hier: S. 726. Vgl. Kirsch, Werner und Eduard Gabele: Organisation der Logistik, in: Zeitschrift für Logistik, o. Jg. (1980) Nr. 1, S. 4-9, hier: S. 4 ff.
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•
Drittens ist die Problematik, die die Organisation prägenden Kontextfaktoren und ihre Zusammenhänge zu erfassen, zu nennen. 21
Ein Blick in die Praxis zeigt, daß der Entwicklungsstand der Logistikorganisation so uneinheitlich ist wie der Entwicklungsstand der Logistik. So weist Nowicki darauf hin, daß sich bisher keine eindeutigen Präferenzen bei der aufbauorganisatorischen Einordnung der Logistik feststellen lassen. Grundlage für seine Einschätzung ist eine bei 130 Unternehmen durchgeführte, empirische Erhebung. Die Mehrzahl der befragten Unternehmen hat bisher die Logistik nicht als eigenständigen Bereich etabliert. Bezogen auf die produzierenden Unternehmen gehören 39 von 88 zu dieser Gruppe. 23 der befragten produzierenden Unternehmen haben die Logistik auf niedriger Führungsebene und 20 auf höchster Führungsebene angesiedelt. 22
RuUrerten (n=88) Abbildung 5
Handë (n=2D)
Cheme (n=13)
Betrctechnk (n=23)
Metal (r=33)
Organisatorische Einbindung der Logistik
23
Vgl. Kirsch, Werner und Eduard Gabele: Organisation der Logistik, in: Zeitschrift für Logistik, o. Jg. (1980) Nr. 1, S. 4-9, hier: S. 5 ff. Vgl. Nowicki, Matthias: Logistik-Check, Dortmund 1992, S. 35 ff. Vgl. Nowicki, Matthias: Logistik-Check, Dortmund 1992, S. 37.
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Beispielhaft für die Einordnung der Logistik in zwei Großunternehmen wird auf die Organigramme der BMW AG und der Volkswagen AG (Marke Volkswagen) eingegangen. Gemeinsam ist beiden Lösungen, daß es zentrale und dezentrale, in den Werken angesiedelte Logistikabteilungen gibt. Die zentrale Logistik hat bei beiden Automobilherstellern die Aufgabe, den Handlungsrahmen der Logistik in den einzelnen Werken festzulegen und koordinierend in die logistischen Prozesse zwischen den Werken einzugreifen sowie diese zu planen. Außerdem bietet sie Beratungs- und Planungsdienstleistungen an. Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist die Einflußnahme der Logistik auf die Programmplanung und Auftragssteuerung. Der Einkauf ist sowohl bei der Volkswagen AG als auch bei der BMW AG mit der Logistik zusammengefaßt. Die Werkslogistik bei der BMW AG ist disziplinarisch der jeweiligen Werksleitung und fachlich der Logistikzentrale unterstellt. 24 Logistikzentrale
Programmplanung und Auftragssteuerung
1
Materialplanung
1
Physische Logistik
1
Zentrale Funktionen Dezentrale Funktionen
Werk 3
Monta; steueri
Abbildung 6
Montai steuert
Montai steuert
Werk Ν
Montagesteuerung
Werkslogistik
I
Disposition und Teilesteuerung
|| I Lager, Transport und Verkehr I
Logistikorganisation bei der BMW AG
Vgl. Hartmann, Horst: Materialwirtschaft, 7. Aufl. Gernsbach 1997, S. 80 f und Schäfer, Helmut: Logistik in der Automobilindustrie - Ein wesentlicher Beitrag zum Unternehmenserfolg, in: Handbuch Strategische Führung, Hrsg.: Herbert A. Henzler, Wiesbaden 1988, S. 643-661, hier: S. 650. Vgl. Schäfer, Helmut: Logistik in der Automobilindustrie - Ein wesentlicher Beitrag zum Unternehmenserfolg, in: Handbuch Strategische Führung, Hrsg.: Herbert A. Henzler, Wiesbaden 1988, S. 643-661, hier: S. 649.
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Neuere Konzepte der Organisationsentwicklung berücksichtigen zunehmend den schon weiter oben angesprochenen Paradigmenwechsel. So stellt Freedman die Forderung auf, damit aufzuhören, die Organisation im Sinne des mechanistischen Weltbildes mit einer Maschine gleichzusetzen, und zu lernen, sie als eine Art lebendigen Organismus zu verstehen. 2 6 Die flexible Organisation, die Beseitigung der Grenzen und der Anspruch "vertikale Hierarchien durch horizontale Vernetzungen zu ersetzen" 2 7 sind aktuelle Schlagwörter, die auch für die Umsetzung der Logistik als Denkhaltung von Bedeutung sind. 2.2 Ziele der Logistik Die Ziele der Logistik sind grundsätzlich eingebunden in das gesamte Zielsystem des Unternehmens und werden zusätzlich durch unternehmensexterne Zielsysteme beeinflußt. In diesem Spannungsfeld zwischen den Zielen des Unternehmens, der Gesellschaft, der Marktpartner, des Einkaufs, der Produktion, des Vertriebs usw. 2 8 muß die Logistik Ziele formulieren, die diese Wechselwirkungen berücksichtigen und dem Anspruch nach Ganzheitlichkeit und Service- bzw. Kundenorientierung gerecht werden. Außerdem ist es notwendig, daß die im konkreten Anwendungsfall ausgewählten Ziele auch durch entsprechende Größen quantifiziert werden können. Eine wichtige Rolle kommt hierbei der Kosten- und Leistungsrechnung zu. Diesen Anforderungen gerecht zu werden ist nicht einfach, da sich insbesondere die Berücksichtigung der Beziehungen zu anderen Zielsystemen kaum ausdrücken läßt. Wichtig ist es daher, daß bei der Zielbestimmung methodisch sichergestellt wird, z.B. mit Hilfe des Gegenstromverfahrens, daß die unterschiedlichen Interessenlagen ermittelt und soweit wie möglich berücksichtigt werden. Bei der Frage nach den Zielen der Logistik wird in der Praxis und in der Literatur eine sehr breite Palette an Antworten geboten. Häufig wird eine Anzahl von Ys" ("Nichtige Menge zur "Nichtigen Zeit am "richtigen Ort usw.) genannt, mit denen die "richtig" zu erfüllenden Anforderungen
Vgl. Freedman, David H.: Was kommt nach dem Taylorismus? in: Harvard Business manager, 15. Jg. (1993) H. 2, S. 24-32, hier: S. 31. Hirschhorn, Larry und Thomas Gilmore: Die Grenzen der flexiblen Organisation, in: Harvard Business manager, 15. Jg. (1993) H. 1, S. 29-39, hier: S. 29. Vgl. Schäfer, Helmut: Im Spannungsfeld zwischen Vertrieb, Produktion und Einkauf, in: Blick durch die Wirtschaft, 13.11.1991, Nr. 219, S. 7.
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spezifiziert werden. Zur Konkretisierung der Ziele wird eine Strukturierung von Zielgrößen vorgeschlagen, die insbesondere die Forderung nach Kundenorientierung berücksichtigt und außerdem die Meßbarkeit der Zielgrößen sicherstellt. Kern ist eine Unterscheidung in externe und interne Zielgrößen (vgl. Abbildung 7). Die externen Zielgrößen repräsentieren die Größen, die von den Kunden wahrgenommen werden können. Sie lassen sich in die beiden Gruppen extern wahrnehmbare Logistikleistung und extern wahrnehmbare Logistikkosten einteilen. Die extern wahrnehmbaren Logistikkosten entsprechen dem Preis, den ein Kunde für eine Logistikleistung bezahlt. Unter dem Stichwort extern wahrnehmbare Logistikleistung sind verschiedene Größen zusammengefaßt. So bewerten Kunden z.B. die realisierte Lieferzeit und die Lieferzuverlässigkeit, oder sie formulieren bezogen auf diese Zielgrößen Vorgaben, die in Ziele umgesetzt werden. Diese Vorgaben in Verbindung mit Informationen über das Konkurrentenverhalten dienen unter Berücksichtigung der Logistikstrategie dem Unternehmen dazu marktbezogene Ziele zu formulieren. Konkret kann dies zur Folge haben, daß z.B. ein Maschinenbauunternehmen vorgibt, die Lieferzeiten von sechs Wochen auf fünf Tage zu verkürzen, oder daß ein Versandhandelshaus beschließt, 24-Stunden-Lieferungen ohne zusätzliche Kosten für die Kunden zu realisieren. Diese marktbezogenen Zielgrößen reichen jedoch nicht aus, um daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten. Hierzu dienen die internen Zielgrößen, die teils mathematisch, teils sachlogisch aus den externen Zielgrößen abgeleitet werden. Sie werden analog zur oben verwendeten Strukturierung in intern wahrnehmbare Logistikleistung und intern wahrnehmbare Logistikkosten eingeteilt. Mit ihrer Hilfe lassen sich z.B. detailliert unnötige Wartezeiten identifizieren, die zu längeren Durchlaufzeiten und somit zu längeren Lieferzeiten führen können. Die internen Zielgrößen können nur innerhalb des betrachteten Bereiches erfaßt werden, während die externen im wesentlichen beim oder mit dem Kunden zu erfassen sind. Damit aus den Zielgrößen Ziele werden, sind im Unternehmen im Rahmen eines Zielbildungsprozesses konkrete Vorgaben zu formulieren (Z.B: „Reduzierung der durchschnittlichen Lieferzeit auf 10 Tage." Oder: „Reduzierung der Kapitalbindungskosten um 20%.").
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Externe Zielgrößen • extern wahrnehmbare Logistikleistung • extern wahrnehmbare Logistikkosten
Interne Zielgrößen • intern wahrnehmbare Logistikleistung, z.B. - Durchlaufzeiten - Bestandshöhe/-reichweite - Tonnenkilometer - Anzahl Wareneingänge - Anzahl Rücksendungen - Kapazitätsauslastung
• intern wahrnehmbare Logistikkosten, z.B. - Fremdleistungskosten - Kapitalbindungskosten - Kosten für Expresslieferungen - Fehlmengenkosten - Kosten für eine Einlagerung
Abbildung 7
Zielgrößen der Logistik
Um die extern wahrnehmbare Logistikleistung meßbar zu machen, ist es notwendig, detailliertere Zielgrößen zu formulieren. In Anlehnung an End lassen sich die folgenden formulieren: 29
Vgl. End, Wolfgang: Logistik-Controlling in der Siemens AG, in: Logistik-Controlling, Fachtagung 15. bis 16. April 1991 in Frankfurt, Hrsg.: Management Circle, Frankfurt 1991, o.S.
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Abbildung 8
Zielgrößen zur Operationalisierung der extern wahrnehmbaren Logistikleistung
Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten, daß die Betrachtung der Zielgrößen an die zugrundeliegenden Kunden-Lieferanten-Beziehungen gebunden ist. Kunden-Lieferanten-Beziehungen werden aber nicht nur 38
im klassischen Sinn verstanden. Die Differenzierung in Kunden und Lieferanten wird auch auf Beziehungen innerhalb des Unternehmens übertragen (Abbildung 9 verdeutlicht diese Beziehung). Daraus folgt, daß die Unterscheidung in externe und interne Zielgrößen auch den Beziehungen zwischen den Teilbereichen eines Unternehmens zugeordnet werden kann. Kunde ist in diesem Sinn jeder der eine Leistung empfängt. Lieferant ist dementsprechend jeder, der eine Leistung abgibt. Diese Sichtweise kann sehr weitreichende Konsequenzen haben. Kollegen als Kunden zu betrachten und sich mit einem im Sinne der Wertanalyse funktionsorientierten Ansatz zu fragen, welches Problem löse ich mit meiner Leistung, öffnet den Weg für Verbesserungen.
Abbildung 9
Kunden-Lieferanten-Beziehungen
In Abhängigkeit von der Unternehmensstrategie müssen die Zielgrößen vervollständigt und quantifiziert werden. Diese Planvorgaben sind dann im Rahmen von Soll-Ist-Vergleichen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Wie das Beispiel der Firma Frito-Lay zeigt, 3 0 ist es dabei nicht immer der unter Kostengesichtspunkten optimale Lieferservice, der Vgl. Peters, Thomas J. und Robert H. Waterman, Jr.: Auf der Suche nach Spitzenleistungen, Landsberg/Lech 1984, S. 197 f.
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realisiert wird. Der außergewöhnliche Erfolg von Frito-Lay (60 bis 70 Prozent Anteil am US-amerikanischen Markt für Kartoffelchips und überdurchschnittlich hohe Spannen) ist nach Ansicht der Autoren auf die äußerst motivierte, 10.000-köpfige Verkaufsmannschaft und eine Servicequote von 99,5 Prozent zurückzuführen. Diese hohe Servicequote wird sicherlich durch teilweise unwirtschaftliche Aktionen (z.B. Expreßlieferungen) realisiert. Die bestehenden Einsparungspotentiale haben jedoch kein Gewicht im Vergleich zu der Wettbewerbswirkung.
2.3 Die wirtschaftliche Bedeutung der Logistik Unbestritten ist, daß die Logistik für viele Unternehmen ein wichtiger Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor ist. Die positiven aber unter Umständen auch negativen Effekte entstehen durch die Wirkung der Logistik auf den Erfolg (Gewinn oder Verlust) und die Liquidität des Unternehmens. Die Wirkung auf den Erfolg ergibt sich durch • Umsatzveränderungen, die aus dem Einfluß auf - die Material- und Warenverfügbarkeit, - die Lieferzeiten und - die Qualität der Logistikleistungen resultieren, und durch • Kosten- oder Preisänderungen, die aus dem Einfluß auf - Prozeßkosten, - Fehlmengenkosten und - Kapitalbindungskosten resultieren. Die Wirkung auf die Liquidität ergibt sich durch die • Beeinflussung der Kapitalbindung. Sicherlich stellt die Logistik aber nur einen Teil des vom Kunden bewerteten Leistungsbündels dar. 31 Ein Teil, für den aber unter Umständen ein hoher Mindesterfüllungsgrad gelten kann oder dessen Bedeutung als Differenzierungsmöglichkeit insbesondere bei homogenen Gütern besonders hoch ist. Bestimmte Unternehmensstrategien und verschiedene Phasen im Lebenszyklus erfordern eine besondere Logistik.
Vgl. Delfmann, Werner: Integration von Marketing und Logistik, in: Deutscher Logistik-Kongreß 1990- Band 1, Hrsg.: Bundesvereinigung Logistik, Berlin 1990, S. 154-186, hier: S. 158.
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So ist z.B. eine Internationalisierung nicht ohne entsprechende Verteilstrukturen denkbar und zu einer Differenzierung durch exzellenten Service gehören fast zwangsläufig kurze Lieferzeiten. Daß diese Beziehungen nicht immer erkannt werden, zeigte vor einigen Jahren ein deutscher Automobilhersteller, der versuchte, durch verstärkte Maßnahmen im Rahmen seiner Kommunikationspolitik, seine Umsätze mit Originalersatzteilen zu erhöhen. Die Nachfrage stieg aufgrund der Werbekampagne stark an und trotzdem wurden nach kurzer Zeit die Aktivitäten wieder eingestellt. Der Grund hierfür war, daß nicht die Umsätze sondern die Zahl unzufriedener Kunden stieg. Die mußten nämlich erleben, daß aufgrund von Lieferschwierigkeiten die Originalersatzteile in den Werkstätten nicht verfügbar waren. Um die Bedeutung der Logistik mit Hilfe quantitativer Größen zu untermauern, werden im folgenden einige Ergebnisse des Logistik-Check dargestellt, die auch heute noch die wesentlichen Strukturen beschreiben. 32 Der Anteil der Mitarbeiter im Logistikbereich an der Zahl der gesamten Beschäftigten beträgt im produzierenden Gewerbe durchschnittlich 8,4 % und im Handel durchschnittlich 20,0 %. 7,5 % des Umsatzes entfallen im produzierenden Gewerbe auf Kosten für logistische Leistungen. Kapitalbindungskosten für die Bestände sind nicht enthalten. Damit weichen diese Werte erheblich von den oft genannten Größen ab, die zwischen einem auf den Umsatz bezogenen Logistikkostenanteil von 15 % und 30 % variieren. Die von Nowicki dokumentierten Ergebnisse scheinen jedoch zuverlässiger zu sein, da der hohe Detaillierungsgrad der Fragen beim Logistik-Check den Interpretationsspielraum erheblich eingrenzt. Mit 47 % im produzierenden Gewerbe und 36 % im Handel stellen die Personalkosten den größten Anteil der Logistikkosten (ohne Kapitalbindungskosten). Ihnen folgen mit 26 % im produzierenden Gewerbe und 30 % im Handel die Kosten für Betriebsmittel. Der personalkostenintensivste Bereich ist sowohl bei den Produzenten als auch bei den Handelshäusern die Kostenstelle Kommissionierung. In Bei dem Logistik-Check handelt es sich um eine gemeinsam vom Fraunhofer-Institut für Materialfluß und Logistik und der Düsseldorfer Zeitschrift Wirtschaftswoche durchgeführte empirische Erhebung, in deren Rahmen den beteiligten Unternehmen die Erstellung von individuellen Auswertungen (z.B. mit Vergleichen mit anderen Unternehmen der gleichen Branche) angeboten wurde. Ein Teil der hier dargestellten Ergebnisse wurde in folgendem Buch veröffentlicht: Nowicki, Matthias: Logistik-Check, Dortmund 1992.
41
ihr entfallen bei produzierenden Unternehmen 73 % und im Handel 74 % auf diese Kostenart. Ein weiterer personalkostenintensiver Bereich ist in beiden Branchen die Kostenstelle innerbetrieblicher Transport. Die Personalkosten erreichen hier einen Anteil von 57 % bei Produzenten und 67 % im Handel. In der Kostenstelle außerbetrieblicher Transport dominieren die Kosten für Fremdleistungen. Sie erreichen 72 % bei produzierenden Unternehmen und 58 % in Handelshäusern. Mit einem Anteil von 86 % an den Kosten für außerbetriebliche Transporte weist diese Kostenart in der chemischen und kunststoffverarbeitenden Industrie den höchsten Wert auf. Auf die Frage, welcher der fünf vorgegebenen Faktoren bei Entscheidungen in der Logistik welche Priorität hat, gaben 41 % der befragten Unternehmen dem Kundenservice die höchste und 22 % die zweithöchste Priorität. Bezogen auf die Kosten vergaben 24 % die höchste und 31 % die zweithöchste Priorität. Sehr schlecht schnitt, wie die in der folgenden Abbildung 10 dargestellten durchschnittlich vergebenen Prioritäten zeigen, der Faktor Humanisierung ab. Dies läßt allerdings nicht den Schluß zu, daß dieses Kriterium bei Entscheidungen in der Logistik keine Rolle spielt. Der schlechte Wert ist wahrscheinlich eher auf die dominierende Bedeutung der anderen Faktoren und auf den Ausschluß von Mehrfachnennungen zurückzuführen. niedrigste Priorität
5
Kundenservice Kosten Versorgungssicherheit Flexibilität Humanisierung
Abbildung 10
42
Prioritäten bei Logistikentscheidungen
Über diese quantitativen Größen hinaus, darf nicht vergessen werden, daß es sich bei der Logistik um ein sehr komplexes System mit einem entsprechend komplexen Output handelt. Diesen auf monetäre Größen zu reduzieren, ist eine unzulässige Verkürzung. Zusätzlich sind daher zumindest der Lieferservice, als mehrdimensionale Größe, und die Flexibilität, als Maß für die Anpassungsfähigkeit des Logistiksystems, zu betrachten. 33 Um positive Effekte durch Veränderungen in der Logistik zu erschließen, ist es nach Jehle erforderlich, die Logistikkette ganzheitlich und systemisch zu betrachten. "D.h. die Beherrschung und Optimierung von logistischen Systemen sind nicht mehr auf dem Weg von Einzeloptimierungen im Hinblick auf bestimmte Systemelemente zu erreichen, sondern erfordern den Blick fürs Ganze, also Gesamtoptimierungen unter Berücksichtigung aller problemrelevanten Systemelemente und Wechselbeziehungen." 3 4 Auf diesem Weg läßt sich verhindern, daß das Unternehmen bei dem Wechsel von dem durch die Trennung in die klassischen Funktionsbereiche geprägten Ressortdenken zu einer Logistikorientierung wieder in ein neues (Logistik-)Ftessortdenken verfällt. Delfmann, der diese Gefahr formuliert hat, fordert als Konsequenz, daß eine stärkere Verknüpfung der querschnittsorientierten Logistik mit dem marktorientierten Marketing erfolgen muß. 3 5 Aus diesem Grund muß die Bedeutung der Logistik vorsichtig und kritisch beurteilt werden. Logistisches Denken impliziert eine solche selbstkritische Betrachtung, da es einen ganzheitlichen und keinen logistikzentrierten Ansatz verfolgt. 2Λ Logistik-Management Um die positiven Effekte, die der Logistik zugeschrieben werden, nutzen zu können, bedarf es eines effektiven Logistik-Management, das in das Unternehmens-Management eingebunden ist und das bezogen auf die speziellen Fragestellungen der Logistik die Führungsstrukturen prägt.
Vgl. Delfmann, Werner: Integration von Marketing und Logistik, in: Deutscher Logistik-Kongreß 1990 - Band 1, Hrsg.: Bundesvereinigung Logistik, Berlin 1990, S. 154-186, hier: S. 157. Jehle, Egon: Mit der Wertanalyse logistische Effizienzreserven erschließen, in: Logistik Spektrum, 4. Jg. (1992) H. 3, S. 4-6, hier: S. 5. Vgl. Delfmann, Werner: Integration von Marketing und Logistik, in: Deutscher Logistik-Kongreß 1990 - Band 1, Hrsg.: Bundesvereinigung Logistik, Berlin 1990, S. 154-186, hier: S. 158 ff.
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Hier wird kein bestimmtes Logistik-Verständnis vorausgesetzt, so daß die Ausführungen zum Logistik-Management auch für eine eingeschränkte Sicht der Logistik gelten. Zu unterscheiden ist zwischen Management im institutionalen und im funktionalen Sinn. 3 6 Im institutionalen Sinn wird mit dem Begriff Management eine Gruppe von Angehörigen einer Organisation (mit Weisungsbefugnissen ausgestattete Stellen = Instanzen) bezeichnet, "die Entscheidungen hinsichtlich der Allokation von Ressourcen treffen und implementieren." 37 Bezogen auf die Logistik kann dies z.B. der Leiter der Logistik, der Fuhrparkleiter, der Lagerleiter oder der Leiter der Kommissionierung sein. Im Sinne einer Funktion ist Management als Prozeß zu verstehen, "innerhalb dessen die Elemente eines Systems integriert, koordiniert und genutzt werden mit dem Zweck, die Ziele der Organisation möglichst effektiv und effizient zu erreichen." 38 Die einzelnen zu erfüllenden Funktionen sind zunächst unabhängig von einer Zuordnung zu Stellen zu sehen. Sie sind jedoch zumeist Instanzen, also Führungskräften, zugeordnet. Bei der Festlegung der einzelnen Funktionen, die oft auch als Teilsysteme betrachtet werden, herrscht relativ große Einigkeit. Unter den Gesichtspunkten Betrachtungshorizont, Einwirkungsmöglichkeiten und verwendete Informationen läßt sich der Komplex LogistikManagement in eine operative, eine strategische und eine normative Ebene unterteilen. Während für das operative Management die Zielgrößen Liquidität und Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen, orientiert sich das strategische Management eher an der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bzw. der Existenzsicherung und das normative Management an der Legitimität. 39 Für das Selbstverständnis des Managements formuliert Wunderer Thesen, die im Zusammenhang mit der Diskussion um eine stärkere Mitarbeiterorientierung auch in der Logistik von Interesse sind. Er fordert, daß sich Führungskräfte als Infrastrukturmanager verstehen sollen, die ihre primäre Aufgabe darin sehen, die optimalen Rahmenbedingungen zu
Vgl. Steinmann, Horst und Georg Schreyögg: Management, Wiesbaden 1990, S. 6. Staehle, Wolfgang H.: Management, 3. Aufl., München 1987, S. 36. Staehle, Wolfgang H.: Management, 3. Aufl., München 1987, S. 33. In Anlehnung an Klöpper, Heinz-Jürgen. Logistikorientiertes strategisches Management, Köln 1991, S. 61.
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schaffen, damit die Mitarbeiter die Ziele verwirklichen können. 4 0 Dabei sollten sich die Manager an den drei Begriffen Kirche, Kinder und Küche orientieren, mit denen sich konkrete, in Abbildung 11 skizzierte Aufgaben verbinden lassen.
Abbildung 11
Kirche, Kinder und Küche
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Aus der Forderung Wunderer's resultieren weitreichende Konsequenzen, und es müssen einige Voraussetzungen gegeben sein, damit sich die zu erwartenden positiven Effekte einstellen. Für die Umsetzung logistischen Denkens stellt diese Art des Selbstverständnisses, das vielen Führungskräften sicherlich ganz erhebliche Probleme bereiten dürfte, eine sinnvolle Unterstützung dar, da es neben die von der Logistik ge-
Vgl. Wunderer, Rolf zitiert mit Führung von unten aus K2, hier: S. K1 f. Vgl. Wunderer, Rolf zitiert mit Führung von unten aus K2, hier: S. K1 f.
in: Schreiber, Christine: Infrastruktur-Manager locken ihre Mitarbeiter der Leistungsreserve, in: Handelsblatt, 25 /26.9.1992, Nr. 186, S. K1in: Schreiber, Christine: Infrastruktur-Manager locken ihre Mitarbeiter der Leistungsreserve, in: Handelsblatt, 25726.9.1992, Nr. 186, S. K1-
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forderte Überwindung von Bereichsgrenzen die Überwindung der hierarchischen Grenzen stellt. Somit also eine horizontale Integration um eine vertikale ergänzt. Allerdings sollte man sich keine Illusionen über die für die Umsetzung erforderliche Zeit machen. Derartig tiefgreifende Einstellungsveränderungen brauchen sicherlich länger als einige Jahre. Die zeitlichen Dimensionen sind eher in Generationen zu messen. Die Situation, in der sich das Logistik-Management befindet, läßt sich durch eine hohe Komplexität, eine kaum zu überschauende Informationsflut und eine bisweilen dramatische Dynamik charakterisieren. Das Problem, das daraus resultiert, ist, daß Führungskräfte nicht genügend Zeit haben, um ihre Entscheidungen durch eine sorgfältige Informationsbeschaffung und -Verarbeitung vorzubereiten. Um diese Defizite zu beseitigen und die Logistik zur Verbesserung der Wettbewerbsposition des Unternehmens nutzen zu können, ist es daher erforderlich, "ein Berichtssystem für die Kontrolle der für die einzelnen Logistikbereiche wichtigen Leistungskriterien" 4 2 und insbesondere auch die Logistikkosten einzuführen. Für deutsche Unternehmen beschreibt Nowicki den Entwicklungsstand des Logistik-Controlling, das wie später zu zeigen sein wird, eine wichtige Rolle bei der Informationsversorgung des Managements spielt. Von 89 befragten produzierenden Unternehmen haben 32 ein LogistikControlling eingeführt. Im Handel sind es neun von 19 Unternehmen. Diese Zahlen sagen nun noch nichts über die Qualität des LogistikControlling aus. So ist es auch nicht überraschend, daß von den 32 produzierenden Unternehmen zwölf und von den neun über ein LogistikControlling verfügenden Handelshäusern sechs keine Kennzahlen ermitteln. 4 3 Dies stützt die schon älteren Ergebnisse einer vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) durchgeführten empirischen Erhebung. 87,1 % von rund 300 befragten Unternehmen ordnen zwar in dieser Untersuchung einem hohen Lieferbereitschaftsgrad als Ziel eine sehr hohe Priorität zu, doch von diesen 263 Unternehmen messen nur 60 bis 70 diese Kennzahl. Als weitere Ziele mit einer hohen Maier-Rothe, Christoph: Logistik kritischer Erfolgsfaktoren, in: Management der Geschäfte von morgen, Hrsg.: Arthur D. Little International, 2. Aufl. Wiesbaden 1987, S. 127-142, hier: S. 142. Vgl. Nowicki, Matthias: Logistik-Check, Dortmund 1992, S. 65 ff.
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Priorität wurden von 73,2 % der Unternehmen niedrige Kosten und von 71,1 % der Unternehmen die Qualitätssicherung genannt. 44 Die unzureichende Versorgung des Managements mit entscheidungsrelevanten Informationen ist auch heute - trotz zahlreicher Verbesserungen - ein zentrales Problem. Dabei reduziert sich die Betrachtung nicht allein auf die technologischen Defizite. Insbesondere auch bei dem Know-how, den Einstellungen und Erwartungen der Mitarbeiter und Führungskräfte sind Veränderungen erforderlich.
Vgl. o.V.: Kennzahlen aus dem Bereich der Materialwirtschaft (und Logistik) 1988/89, in: VDMA Nachrichten, o. Jg. (1990) H. 1, S. 23-24, hier: S. 23 f.
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3 Logistik-Controlling 3.1 Grundlagen des Controlling "Controlling läßt sich mit Fug und Recht zu den schillerndsten und umstrittensten, zugleich aber auch zu den in der Praxis bedeutsamsten betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen zählen." 4 5 Diese Ausführungen von Küpper et al. zeigen, daß die Bedeutung und der Einfluß des Controlling für bzw. auf den Erfolg eines Unternehmens heute zwar außer Frage stehen, daß es aber trotzdem sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Seite sehr unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was denn nun unter Controlling verstanden werden soll. "Die Meinungen (zum Controlling, der Verf.) reichen vom (entscheidungsorientierten) Rechnungswesen bis zu einer Zusammenfassung derart vieler Führungsaufgaben, daß es schwer fällt, überhaupt noch einen Unterschied zwischen Controlling und Unternehmensführung zu erkennen." 46 Küpper et al. verstehen das Controlling als eine Komponente der Führung sozialer Systeme, ordnen ihm funktionale, institutionale sowie instrumentale Aspekte zu und leiten aus dieser Sicht die folgenden Merkmale ab: 4 7 Controlling ist eine Führungshilfe, - es übernimmt nicht selbst Steuerungs- und Lenkungsaufgaben, - es unterstützt durch die Bereitstellung von Fakten- und Methodenwissen und - es unterstützt die zielorientierte, koordinierte Verwendung des Wissens. Vergleicht man die verschiedenen Ausführungen zum Controlling mit den Ergebnissen einer Erhebung von Weber und Kosmider 4Θ , so ist
46 47 48
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Küpper, Hans-Ulrich, Jürgen Weber und André Zünd: Zum Verständnis und Selbstverständnis des Controlling, in: ZfB, 60. Jg. (1990) H. 3, S. 281-293, hier: S. 282. Weber, Jürgen: Aufbau und Gestaltung des Logistik-Controlling, in: Deutscher Logistik-Kongreß 1988 - Band 2, Hrsg.: Bundesvereinigung Logistik, Berlin 1988, S. 946-967, hier: S. 948 f. Vgl. Küpper, Hans-Ulrich, Jürgen Weber und André Zünd: Zum Verständnis und Selbstverständnis des Controlling, in: ZfB, 60. Jg. (1990) H. 3, S. 281-293, hier: S. 282 f. Vgl. Weber, Jürgen und Andreas Kosmider: Controlling-Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland im Spiegel von Stellenanzeigen, in: ZfB-Ergänzungsheft 3/91, Wiesbaden 1991, S. 17-35.
zwar zu erkennen, daß eine gewisse Diskrepanz in der Beschreibung der Aufgabengebiete besteht, daß aber die eher theoretischen Beiträge, wenn auch abstrakter und zusammenfassend formuliert, durchaus dem empirisch ermittelten Bild der Realität adäquat sind. Lediglich die an einigen Stellen erwähnte Koordination findet in den empirisch beobachteten Aufgabengebieten des Controlling nur eine eingeschränkte Entsprechung. Den Entwicklungsstand des Controlling in der Praxis beschreibt Weyrauch mit Hilfe eines Zitates von Antoine de Saint-Exupéry: "Alles menschliche Tun und Denken geht den Weg vom Primitiven über das Komplizierte zum Einfachen" Weyrauch folgert: „Das Controlling in den meisten Unternehmen scheint in der Phase 2 (kompliziert) zu stekken." 4 9 Weber definiert: "Controlling ist eine Komponente der Führung sozialer Systeme. Es unterstützt die Führung bei ihrer Lenkungsaufgabe durch eine Koordination des Führungsgesamtsystems. Diese Koordination beinhaltet insbesondere systembildende und systemkoppelnde Aufgaben und bezieht sich schwerpunktmäßig auf das Planungs-, Kontrollund Informationssystem, ist aber nicht auf diese beschränkt. Controlling setzt ein dezentrales, planungs- und kontrolldeterminiertes Führungsparadigma voraus. Die Koordinationsform des Controlling ist damit ebenfalls planungs- und kontrolldeterminiert. Die Bedeutung der Koordinationsaufgabe steigt mit zunehmender Komplexität und Dynamik der Unternehmensum- und -innenweit und macht eine Aufgabenspezialisierung mit nachfolgender aufbauorganisatorischer Implementierung sinnvoll (Schaffung von Controller-Stellen). Die Frage der Trägerschaft der Koordinationsaufgaben hat jedoch keinen originären Einfluß auf die Aufgaben selbst." 50 Zentrales Element in der Definition ist die Koordination, die die Konstituierung des Controlling als eigenständige Teildisziplin rechtfertigen soll. Die Koordination kann, auch wenn in den Grundzügen der Definition von Weber gefolgt wird, jedoch nicht die einzige Aufgabe des LogistikControlling sein. Außerdem ist die Koordination eine Aufgabe, die auch von anderen betrieblichen Funktionen wahrgenommen wird. 49 50
Weyrauch, Leonhard: Lean Controlling - Ein radikaler Ansatz zur Konzeption des Berichts- und Informationswesens im Betrieb, in: controller magazin, 17. Jg. (1992) 3, S. 132-133, hier: S. 132. Weber, Jürgen: Ursprünge, Begriff und Ausprägungen des Controlling, in: Handbuch Controlling, Hrsg.: Elmar Mayer und Jürgen Weber, Stuttgart 1990, S. 3-32, hier: S. 31.
49
3.2 Ziele des Controlling Manchmal werden die Begriffe Ziel und Aufgabe synonym verwendet. Dies führt dazu, daß keine klare Abgrenzung möglich ist und als Ziel des Controlling die zu erfüllenden Aufgaben beschrieben werden. Hauschildt definiert Ziele folgendermaßen: "Ziele sind normative Aussagen eines Entscheidungsträgers, die einen gewünschten, von ihm oder anderen anzustrebenden, zukünftigen Zustand der Realität beschreiben." 51 Betrachtet man diese Definition und sieht ergänzend dazu, daß nach Hoffmann unter einer Aufgabe "eine durch physische oder geistige Aktivitäten zu verwirklichende Soll-Leistung verstanden" 52 werden kann, so werden wichtige Unterschiede deutlich. Im Sinne dieser Formulierung drückt das Ziel nur aus, welcher Zustand zu einem definierten Zeitpunkt erreicht werden soll. Demgegenüber ist eine Aufgabe eng an Handlungen geknüpft und in eine Aufgabenerfüllungssituation eingebunden, die durch die zu erfüllende Aufgabe, den Aufgabenträger, die einzusetzenden Sachmittel und die Interdependenzen zu anderen Aufgabenerfüllungsvorgängen bestimmt wird. 53 Betrachtungsgegenstand des Controlling ist das gesamte Unternehmen, seine Umwelt und das Controlling selbst. Der Nutzen, den das Controlling erzielen soll, richtet sich zunächst und direkt an das Führungssystem. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die oben vorgenommenen Begriffsabgrenzungen werden unter Berücksichtigung der Unternehmensziele die folgenden Ziele für das Controlling festgelegt: •
Oberziel des Controlling ist - eine gesteigerte Effizienz der Unternehmensführung. • Untergeordnete Teilziele sind - eine bessere Koordination der Führungsteilsysteme, - eine den Informationsbedarfen entsprechende Informationsversorgung, - eine bessere Kontrolle der wirtschaftlichen Ergebnisse und - eine effiziente Zielerreichung.
Hauschildt, Jürgen: Zielsysteme, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 2419-2430, hier: Sp. 2419. Hoffmann, Friedrich: Aufgabe, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 200207, hier: Sp. 200. Vgl. Frese, Erich: Aufgabenanalyse und -synthese, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 207-217, hier: Sp. 207 f.
50
Wichtig ist es zu berücksichtigen, daß die Controlling-Ziele nicht isoliert voneinander gesehen werden können, sondern daß zwischen ihnen vielfältige Wechselwirkungen bestehen. 54 3.3 Aufgaben des Controlling Unter Berücksichtigung der oben genannten Ziele werden als Aufgaben des Controlling formuliert: •
Die Unterstützung der Führung durch - Beiträge zur Verbesserung der Koordination, - Beiträge zur Sicherung einer entscheidungsorientierten Informationsversorgung, - Beiträge zur Kontrolle der wirtschaftlichen Ergebnisse und - Beiträge zur Bereitstellung von Instrumenten (Der Zusatz "Beitrag" dokumentiert, daß nicht ausschließlich das Controlling diese Leistung erbringt, sondern auch andere Systeme im Unternehmen mitwirken.) • Die Gestaltung und Entwicklung des Controlling-Systems und dabei insbesondere der Controlling-Instrumente. Ohne die Diskussion zu sehr zu vertiefen sei aber an dieser Stelle kurz auf die Koordinationswirkung des Controlling präzisiert. Das Controlling hat die Aufgabe, Koordinationsbedarfe aufzuzeigen und entscheidungsorientierte Informationen, z.B. über die gegenwärtige Situation und mögliche Handlungsalternativen, bereitzustellen. Es koordiniert nicht andere Führungsteilsysteme oder Führungsprozesse! In diesem Sinn wird das Controlling als funktionales Führungsteilsystem verstanden, das Teilaufgaben des Informations- und des Planungs- und Kontrollsystems übernimmt. Seine Leistung richtet sich primär auf die Unterstützung der Führungsfunktion. Aufgrund dieses Charakters und wegen der Unterordnung unter das Führungsziel, Sicherung der Ganzheitlichkeit, wirkt es innerhalb und zwischen den Systemen. 55
Vgl. Liedtke, Udo: Controlling und Informationstechnologie, München 1991, S. 22. Eine ausführliche Darstellung der Argumentation findet sich bei Lorenzen, Klaus Dieter: Strukturen für ein Integratives Logistik-Management-Informations-System (ILMIS) als Instrument des Logistik-Controlling, Dortmund 1994, S. 82 ff.
51
3 A Konzeption des Logistik-Controlling Mit „Logistik-Controlling" wird der Teil des Controlling bezeichnet, der sich auf die Logistik als Betrachtungsfeld bezieht. Für das LogistikControlling gelten die gleichen Ziele, und von ihm sind die gleichen Aufgaben zu erfüllen, die oben schon bei der Klärung des ControllingBegriffes besprochen wurden. Allerdings sind mit Blick auf den Einsatzbereich einige weitergehende Konkretisierungen sinnvoll und erforderlich. Das Logistik-Controlling ist aus systemtheoretischer Sicht einerseits ein Teil des Unternehmens-Controlling, und es ist andererseits ein Teil des Führungssystems, das das Logistiksystem koordiniert. In der betrieblichen Praxis läßt sich diese Zuordnung oft nicht erkennen, da z.B. nicht in allen Unternehmen Logistik-Führungssysteme eindeutig abgrenzbar sind. Vereinfachend wird davon ausgegangen, daß das LogistikControlling seine Leistungen innerhalb des (ggf. auch nicht erkennbaren) Logistik-Führungssystems erbringt. Empfänger dieser Leistungen sind prinzipiell alle anderen Systeme und auch das Logistik-Controlling selbst. Um das Logistik-Controlling weiter zu konkretisieren, werden zunächst die Gemeinsamkeiten zwischen der Logistik und dem Controlling diskutiert. Anschließend werden neben den aus den Zielen abgeleiteten Aufgaben, die Institutionalisierung sowie die Instrumente als die Bereiche betrachtet, die bei der Konzeption des Logistik-Controlling zu berücksichtigen und bei der Systembildung zu konkretisieren sind. 3.4.1 Gemeinsamkeiten von Controlling und Logistik Bei den Weiterentwicklungsabsichten der Unternehmen im Bereich Controlling deckten in einer 1988 veröffentlichten Erhebung Methoden und Themen aus dem Bereich der Logistik die ersten acht Plätze ab. 5 6 An der Spitze standen Logistik-Kennzahlensysteme, die Bestimmung der optimalen Materialbereitstellung und die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung. Diese hohe Bedeutung, die der Logistik als An-
Vgl. Reichmann, Thomas, Ulrich Kleinschnittger und Werner Kemper: Empirische Untersuchung zur Funktionsbestimmung und Funktionsabgrenzung des Controlling, in: Controlling-Praxis, Hrsg.: Thomas Reichmann, München 1988, S. 16-59, hier: S. 41.
52
Wendungsbereich für das Controlling beigemessen wurde und die auch heute gilt, resultiert nicht zuletzt aus der Erkenntnis, daß die Logistik ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Die notwendige (Weiter-)entwicklung des Logistik-Controlling wird erleichtert durch einige Gemeinsamkeiten, die zwischen beiden Unternehmensfunktionen bestehen. Logistik und Controlling • • • • • • • •
sind branchenunabhängig in der Praxis zu finden, stellen Querschnittsfunktionen dar, die das Gesamtunternehmen als Handlungsbereich sehen, bieten Dienstleistungsfunktionen für das Unternehmen und in diesem Sinn unterstützen sie planend, steuernd und kontrollierend die Unternehmensgrundfunktionen, versuchen durch Optimierung des Gesamten Bereichsegoismen zu überwinden, sind sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis umstritten, beschreiben Denkhaltungen, stellen die Information als zentralen Integrationspunkt heraus und sind in einem höheren als bisher angenommenen Maß für den langfristigen Unternehmenserfolg verantwortlich. 57
3.4.2 Aufgaben des Logistik-Controlling Eine umfassende Darstellung der Aufgaben des Logistik-Controlling stammt von Weber, der strategische und operative Aufgaben unterscheidet. Zu den strategischen Aufgaben rechnet er die Unterstützung bei der Bestimmung der strategischen Bedeutung der Logistik für das Unternehmen, z.B. Ermittlung der Bedeutung des Servicegrades als Differenzierungskriterium, und die Sicherstellung der koordinierten Einbindung der Logistik in die strategische Planung des Unternehmens. Ebenfalls zu diesen Aufgaben gehören die Unterstützung bei der Festlegung logistischer Strategien, z.B. Just-In-Time-Strategie in der Beschaffung, die Sicherstellung der Umsetzung der strategischen in die operative Logistikplanung und der Aufbau und das Prozeßmanagement
Vgl. Hlubek, Jürgen: Beschaffungslogistik - eine neue Aufgabe für das Controlling, in: ControllingPraxis, Hrsg.: Thomas Reichmann, München 1988, S. 241-258, hier: S. 241 f.
53
der strategischen Kontrolle, um die Gültigkeit der Prämissen der strategischen Planung hinterfragen zu können. Bei den operative Aufgaben betrachtet Weber die Präzisierung und die Messung der Ziele der Logistik. Zu dieser Teilaufgabe zählen die Definition der Begriffe und die Entwicklung eines transparenten Zielsystems. Weitere operative Aufgaben sind die Aufstellung von Logistik-Budgets in Abstimmung mit anderen Unternehmensbereichen, die Unterstützung der operativen Logistikplanung, die Durchführung von Abweichungsanalysen (bezogen auf Kosten und Leistungen) und die Mitarbeit bei der Verbesserung der Effizienz der Logistik durch eine betriebswirtschaftliche Beratung der Logistik-Führungskräfte. Als letzte und sehr wichtige Aufgabe ist nach Weber die laufende Erfassung und Auswertung von Logistikleistungen und Logistikkosten zu nennen. 58 Der Entwicklungsstand des Logistik-Controlling in der Praxis richtet sich nach dem Entwicklungsstand der Logistik und ist dementsprechend sehr unterschiedlich. Über vergleichsweise langjährige Erfahrungen in diesem Bereich verfügt die Dr. Oetker Tiefkühlkost GmbH, in der bereits seit 1981 ein Logistik-Controlling existiert. 5 9 Ein Beispiel für ein Unternehmen mit einem relativ weit entwickelten Logistik-Controlling ist BMW: "Im Gegensatz zum traditionell nur strukturbezogenen Controlling ist BMW heute in der Lage, darüber hinaus die logistischen Kosten und Leistungen je Prozeßkette auszuweisen, und zwar unabhängig von der strukturellen Organisation; die Meßgrößen für die logistische Leistung sind in der Strategie für die Unternehmenslogistik verankert, in der je Prozeßkette und Teilprozeß die kurz- bis mittelfristigen Ziele und Maßnahmen verbindlich vereinbart sind." 60 Als Hemmnisse, die die rasche Verbreitung des Logistik-Controlling behindern, sieht Weber einerseits das Fehlen eines umfassenden Controlling-Konzeptes und andererseits den Mangel an für diese Aufgabe qua-
Vgl. Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 45 und Weber, Jürgen: Defizite bei der Logistikleistungsrechnung, in: Blick durch die Wirtschaft, 25.2.1992, Nr. 39, S. 7. Vgl. Krug, Henning: Effizienzsteigerung durch Logistik-Controlling - Einführung, in: LogistikControlling, Hrsg.: Manfred Türks, Bremen 1983, S. 61-64, hier: S. 62. Schäfer, Helmut: Im Spannungsfeld zwischen Vertrieb, Produktion und Einkauf, in: Blick durch die Wirtschaft, 13.11.1991, Nr. 219, S. 7.
54
lifizierten Mitarbeitern in den Unternehmen. 61 Etwas ausführlicher formuliert Hautz die Probleme, die er im Zusammenhang mit der Entwicklung des Logistik-Controlling in der Praxis sieht: Logistik-Ziele sind nicht immer klar definiert Für die Feststellung der Ist-Situation stehen nicht immer ausreichend Daten zur Verfügung Die Planwertbildung findet häufig auf untergeordneter Ebene statt Das Logistik-Controlling ist nicht ausreichend personalmäßig dotiert Die Durchsprache von Logistikergebnissen auf Management-Ebene ist nicht genügend ausgeprägt. 62 Über die bloße Erfüllung der Aufgaben hinaus ist eine wichtige Anforderung an das Logistik-Controlling zu stellen. Der ganzheitliche Ansatz der Logistik muß auch die Betrachtungsweise des Logistik-Controlling bestimmen. D.h., daß das Logistik-Controlling über organisatorische, funktionale und soziale Schnittstellen hinweg die gesetzten Ziele verfolgen und die formulierten Aufgaben erbringen muß. Daraus folgt, daß • • • •
• •
bei der Zielformulierung eine Optimierung der logistischen Prozesse der Optimierung des gesamten Unternehmens untergeordnet werden muß, die Verflechtungen zwischen den Funktionsbereichen und mit der Unternehmensumwelt berücksichtigt werden müssen, sowohl strategische als auch operative Fragen betrachtet werden, die Empfänger von Leistungen des Logistik-Controlling eine sehr heterogene Nachfrage formulieren können und somit z.B. auch die Bereitstellung technischer Informationen zum Aufgabenumfang zählt, die eingesetzten Instrumente kritisch auf ihre Eignung für die Lösung komplex vernetzter Probleme zu prüfen sind und besonders hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz des Aufgabenträgers zu stellen sind.
Vgl. Weber, Jürgen: Thesen zum Verständnis und Selbstverständnis der Logistik, in: zfbf, 42. Jg. (1990) H. 11, S. 976-986. hier: S. 983. Hautz, Erich: Controlling im Logistik-Bereich - Instrumente, Methoden und Vorgehensweisen für ein integriertes Logistik-Controlling, in: Handbuch Logistik und Produktionsmanagement, Hrsg.: Klaus J. Schmidt, Loseblatt-Ausgabe 2. Nachlieferung Landsberg/Lech 1988, Kapitel 3.2.3. S. 4.
55
Einzubeziehen und auf das Logistik-Controlling zu übertragen sind auch die Überlegungen von Männel, der in den meisten ControllingKonzepten Defizite sieht und ein Umdenken fordert. Seiner Ansicht nach sind "die meisten Controllingkonzepte vornehmlich dem Streben nach Kostenüberwachung und Kostensenkung verschrieben. Erfreulicherweise hat die moderne Betriebswirtschaftslehre in den letzten Jahren immer deutlicher herausgearbeitet, daß etwa Mitarbeiter, Anlagen, erworbene Rechte (...) als langfristig nutzbare Ressourcen zu begreifen sind. Daher sollte neben das vorherrschende Kostendenken des Kostencontrolling stärker ein geeignetes Ressourcencontrolling treten, welches sich auf ein Kapazitäts- und Leistungsdenken hin orientiert." 63 3.4.3 Institutionalisierung des Logistik-Controlling Für die Erfüllung dieser Aufgaben bedarf es entsprechender Aufgabenträger. Unter bestimmten Voraussetzungen wird dies zur Institutionalisierung des Logistik-Controlling führen. Als Controlling-Institution wird dann diejenige organisatorische Einheit bezeichnet, die die Gesamtheit der Controlling-Aufgaben in einer eigenen Organisationseinheit integriert. 6 4 In Abhängigkeit davon ergeben sich nach Reichmann auch die entsprechenden Kommunikationsbeziehungen zwischen der/den Controlling-Stelle/n und den übrigen Stellen im Unternehmen. Die Gestaltung der konkreten Kommunikationsbeziehungen erfolgt dabei in Abhängigkeit von der Struktur des Führungssystems. Mit zunehmender Dezentralisierung der Führungsaufgaben geht daher auch eine Dezentralisierung der Controlling-Aufgaben einher. 65 Fischer sieht als Problembereiche, die im Zusammenhang mit der Institutionalisierung des Logistik-Controlling zu lösen sind, unter anderen die Aufgabenverteilung innerhalb der Controlling-Hierarchie und die Klärung der Kompetenzen des Logistik-Controllers. Neben der Abhängigkeit von der Institutionalisierung der Logistik sind außerdem die Unterstellungsverhältnisse des Logistik-Controllers zum Zentralcontroller und zur Logistik-Führungsinstanz zu betrachten. Zu diesem letzten Punkt unter-
64 65
56
Männel, Wolfgang: Logistik-Controlling - Controlling materialwirtschaftlicher Prozesse und Systeme. in: Kostenrechnungspraxis, 36. Jg. (1992) Sonderheft 1, S. 5-12, hier: S. 6. Vgl. Ziener, M.: Controlling im multinationalen Unternehmen, Landsberg am Lech 1985, S. 46. Vgl. Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 3. Aufl. München 1993, S. 12 f.
scheidet Fischer vier auf die Verteilung der fachlichen und disziplinarischen Weisungs- und Anordnungsrechte bezogene Alternativen (vgl. Abbildung 12). 6 6 Alternative:
1
Logistik-Instanz fachlich
disziplinarisch
X
X
2 3
Zentralcontroller fachlich
disziplinarisch
X
X
X
X
4
X
Abbildung 12
Einbindung des Logistik-Controllers
X
Auch wenn kein allgemein gültiges Urteil möglich ist, so bietet doch die vierte von Fischer vorgeschlagene Alternative eine Reihe von Vorteilen. Als Stabsstelle der Logistik wird die Servicefunktion des LogistikControlling unterstrichen und durch die fachliche Unterstellung unter das Controlling wird unter anderem die Koordination der ControllingTeilsysteme sichergestellt. Beispielhaft ist dieses Organisationskonzept in Abbildung 13 dargestellt.
Vgl. Fischer, Martin: Logistik-Controlling. Theoretische Grundlagen und die Umsetzung auf den Steinkohlenbergbau, Berlin 1991, S. 64 ff.
57
Abbildung 13
Beispiel für eine mögliche organisatorische Einbindung des Logistik-Controlling
Stellt man diesen theoretischen Überlegungen die empirischen Ergebnisse des Logistik-Check gegenüber, so läßt sich festhalten, daß in der Praxis kein einheitliches Bild bei der organisatorischen Einordnung des Logistik-Controlling feststellbar ist. Von den 89 produzierenden Unternehmen, die geantwortet haben, haben 32 ein Logistik-Controlling eingeführt. Von welchen Organisationseinheiten die durchzuführenden Aufgaben wahrgenommen werden wird in Abbildung 14 dargestellt. Bei der Beantwortung dieser Frage waren Mehrfachnennungen zugelassen.
58
Das Logistik-Controlling wird durchgeführt von ...
Abbildung 14
Organisatorische Einordnung des Logistik-Controlling
67
Daß von den 32 Unternehmen 62 Nennungen vorgenommen wurden, läßt zwei Schlüsse zu. In den Unternehmen, in denen mehr als eine Controlling-Aufgaben wahrnehmende Stelle angegeben wurde, liegt entweder eine Mehrfachunterstellung oder eine Aufsplitterung der Aufgaben auf verschiedene Stellen vor. In jedem betrieblichen Einzelfall wird die Form der Organisationsgestaltung durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, die bereits in Kapitel 2.1.3 „Logistik als Institution" angesprochen wurden. Ergänzend sind aber auch die von Weber benannten spezifischen Einflußfaktoren zu berücksichtigen:
Vgl. Nowicki, Matthias: Logistik-Check, Dortmund 1992, S. 66.
59
Entwicklungsstand und geplante Weiterentwicklung der Kostenrechnung z.B Änderungsflexibilitat, Entfeinerung stendenze η
Entwicklungsstand des Logistik-Bereiches z.B Akzeptanz der Logistik, Optimierungsgrad der logistischen Ablaufe
LogistikControlling
Controlling-Philosophie und Führungskultur ζ Β Controller als Innovator oder Registrator, Grad analytischer Unternehmenssteuerung
Entwicklungsstand und geplante Weiterentwicklung der Leistungserfassung z.B BDE-Systeme, Automatisierung, PPS-Systeme
Abbildung 15
Bei der Gestaltung des Logistik-Controlling zu berücksichtigende Einflußfaktoren 6 8
Ebenso wie alle anderen Gestaltungsaufgaben muß sich auch die Institutionalisierung an ihrer Wirtschaftlichkeit messen lassen. Während sich allerdings die entstehenden Kosten noch relativ einfach quantifizieren lassen, wirft die Prognose monetär bewertbarer Vorteile zumeist erhebliche Probleme auf. 3.4.4 Instrumente des Logistik-Controlling Zur Erfüllung seiner Aufgaben muß das Logistik-Controlling über Instrumente verfügen, die zur Unterstützung der Koordination, zur Sicherung einer entscheidungsorientierten Informationsversorgung und zur Kontrolle geeignet sind. Aufgrund des komplexen Informationsbedarfes, der aus der Interdisziplinarität der Logistik, ihrer Kundenorientierung sowie der Vielfalt an Erfolgsfaktoren und Logistikprozessen resultiert, darf man jedoch skeptisch sein, ob ein aus dem allgemeinen UnternehmensControlling abgeleiteter Instrumentenkatalog die Anforderungen erfüllt.
Vgl. Weber, Jürgen: Aufbau und Gestaltung des Logistik-Controlling, in: Deutscher LogistikKongreß 1988 - Band 2, Hrsg.: Bundesvereinigung Logistik, Berlin 1988, S. 946-967, hier: S. 967.
60
Orientiert an den Aufgaben des Logistik-Controlling, werden die Instrumente in Abhängigkeit von ihrem Einsatzzweck differenziert. Aufgrund der Verflechtungen zwischen den Aufgaben gibt es aber Überlappungen. Diese Überlappungen sind besonders deutlich, wenn man die Einsatzmöglichkeiten der Kennzahlen und Kennzahlensysteme, die aufgrund ihrer großen Flexibilität ein besonders interessantes Instrument innerhalb des Logistik-Controlling darstellen, betrachtet. In Abhängigkeit von ihrer inhaltlichen Gestaltung können sie sowohl für Kontrollen, für die Informationsversorgung als auch für die Unterstützung der Koordination Beiträge leisten. Sie sind sowohl für operative als auch strategische Aufgaben geeignet. Für Logistik-Führungskräfte ist es erforderlich, mehr und vor allem andere Instrumente einzusetzen. Abbildung 16 zeigt eine Zusammenstellung von verschiedenen dem Logistik-Controlling zuzuordnenden Instrumenten. Die Übersicht ist nicht vollständig, sondern nur als ein erster Hinweis auf die vorhandene methodische Vielfalt zu verstehen. Insbesondere für spezielle Analysen (z.B. Zeitaufnahmen, Qualitätskontrollen usw.) stehen zahlreiche andere Instrumente zur Verfügung. Eine zentrale Rolle nimmt aber bei fast allen Fragen die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ein, da sie die für die meisten Bewertungsfragen die erforderlichen Basisinformationen liefert.
Abbildung 16
Instrumente des Logistik-Controlling
61
4 Grundlagen einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 4.1 Einbindung der Kosten- und Leistungsrechnung in das Rechnungswesen Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ist in das LogistikControlling eingebunden und auch ein Teil des betrieblichen Rechnungswesens. Folgt man der sehr weiten Definition von Hummel und Männel, so kann man das betriebliche Rechnungswesen als „die systematische, regelmäßige und/oder fallweise durchgeführte Erfassung, Aufbereitung, Auswertung und Übermittlung der das Betriebsgeschehen betreffenden quantitativen Daten (Mengen- und Wertgrößen)" 6 9 bezeichnen. Das betriebliche Rechnungswesen verfolgt als innerbetriebliche Dienstleistungsfunktion das Ziel, diese Daten internen Entscheidungsträgern für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzwecke zur Verfügung zu stellen. Darüberhinaus spricht das Rechnungswesen auch externe Adressaten, wie zum Beispiel Kunden, Banken, Lieferanten und Finanzbehörden, an. Die, um in der Terminologie der Definition zu bleiben, Übermittlung von Daten (insbesondere in Form der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung) an diese Adressaten dient jedoch nicht nur der Information, sondern auch der Beeinflussung von Verhaltensweisen (z.B. hinsichtlich Steuerforderungen, Kreditwürdigkeit, Lieferkonditionen usw.). 70 Aus diesem Nebeneinander von zwei unterschiedlichen Adressatenkreisen resultiert die Trennung in das interne und das externe Rechnungswesen (vgl. Abbildung 17). Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen erfolgt eine unterschiedliche instrumentelle Ausgestaltung, die beim externen Rechnungswesen in Übereinstimmung mit Rechtsnormen zu sein hat, während das interne Rechnungswesen im wesentlichen keiner Reglementierung unterliegt. Dies bedeutet, daß die Gestaltung des internen Rechnungswesens nicht im normativen Sinn richtig oder falsch sein kann, sondern nur mit Blick auf die Aufgabenstellung mehr oder weniger sinnvoll ist.
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 4. ebenda
62
betriebliches Rechnungswesen in Abhängigkeit von den Adressaten Trennung in:
internes Rechnungswesen
externes Rechnungswesen
(Betriebsbuchhaltung = Kostenund Leistungsrechnung oder Kosten-, Erlös- und Ergebnisrechnung 71 )
(Finanzbuchhaltung)
Adressaten:
betriebliche Führungskräfte
Unternehmensexterne
Zielsetzung:
realistische Darstellung der Betriebsgeschehens, um richtige Entscheidungen treffen zu können
„politische" Darstellung (Beeinflussung der Unternehmensbewertung durch Externe (Finanzamt, Kapitalgeber usw.))
Instrumente:
Kostenarten-, -stellen- und trägerrechnung
Buchhaltung, Bilanz, Gewinnund Verlustrechnung
gesetzliche Regelungen:
keine (Ausnahme: öffentliche Aufträge)
Handelsgesetzbuch, Einkommensteuergesetz, Abgabenordnung und andere
übergreifend: Statistik
Abbildung 17
Planungsrechnung
Bestandteile des betrieblichen Rechnungswesens
72
Zur Diskussion der Terminologie vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 10 f und 83 ff. Vgl. Däumler, Klaus-Dieter und Jürgen Grabe: Kostenrechnung 1, 7. Aufl. Herne, Berlin 1996, S. 16 ff. und Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 4 ff.
63
Im Rahmen des betrieblichen Geschehens besitzen sowohl das interne als auch das externe Rechnungswesen eine große gemeinsame Datenbasis. Zur Aufbereitung der Daten für die Kosten- und Leistungsrechnung werden im Rahmen der Abgrenzungsrechnung der neutrale Aufwand und der neutrale Ertrag 7 3 separiert und kalkulatorische Kosten und Leistungen (besser: Erlöse) ergänzt. Damit dies möglich ist, werden vom Rechnungswesen sogenannte Geschäftsvorfälle (z.B. der Einsatz eines Spediteurs, das Mieten einer Lagerhalle, der Verbrauch von Benzin durch einen LKW, der Einsatz von Mitarbeitern in der Kommissionierung usw.) erfaßt. Sie werden (vgl. hierzu auch Abbildung 18: Vom Geschäftsvorfall zur Gewinn- und Verlustrechnung und zur Bilanz) mit Hilfe von (Ur-)Belegen dokumentiert und sind die Basis für die Buchführung. Ergebnis des externen Rechnungswesens sind die einmal im Jahr zu erstellende Gewinn- und Verlustrechnung und die Handels- und/oder Steuerbilanz. 7 4 In Abhängigkeit von z.B. der Größe der Unternehmen existieren im Handels- und Steuerrecht zahlreiche Regelungen, die die formale und materielle Gestaltung determinieren.
Neutraler Aufwand und neutraler Ertrag können weiter differenziert werden in betriebsfremd, periodenfremd und außerordentlich. Während die z.B. im Zusammenhang mit betrieblich nicht genutzten Immobilien entstehenden betriebsfremden Aufwendungen und Erträge, wie Reparaturaufwand für die Heizung oder die Mieterträge, aus der Kostenrechnung herausgehalten werden, weil sie nicht im Zusammenhang mit dem betrieblichen Geschehen stehen, werden die periodenfremden und die außerordentlichen Aufwendungen/Erträge modifiziert, d.h. periodenrichtig bzw. periodisiert. in der Kostenrechnung erfaßt. Unternehmen können zwei unterschiedliche Bilanzen erstellen, um einerseits den handelsrechtlichen (Handelsbilanz) und andererseits den steuerrechtlichen Vorschriften (Steuerbilanz) zu genügen. In den meisten Fällen, insbesondere bei nicht publizitätspflichtigen Unternehmen, wird jedoch nur eine Bilanz, eine sogenannte Einheitsbilanz, erstellt, die sich, da sie im wesentlichen für die Finanzbehörden bestimmt ist, am engeren Rahmen des Steuerrechts orientiert.
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Geschäftsvorfälle (quantifizierbare, in Geldeinheiten bewertbare Vorgänge, hierzu zählen Einnahmen/Ausgaben sowie Aufwand und Ertrag, die zu einer Änderung der Höhe und/oder Struktur des Vermögens bzw. des Eigen- und Fremdkapitals führen), z.B. Einkauf von Waren, Mieten von Büroräumen usw.
y (Ur-)Belege hierzu zählen z.B.: Rechnungen, Quittungen, Materialentnahmescheine, Eigen/Fremdbelege
Ii Grundbuch Es wird auch als Journal bezeichnet. Hierdurch erfolgt eine zeitliche Ordnung der Geschäftsvorfälle. D.h. sie werden im Grundbuch chronologisch dokumentiert.
II Hauptbuch Es enthält Sachkonten mit deren Hilfe eine systematische Ordnung in die Vielzahl der Geschäftsvorfälle gebracht wird. Ergänzend existiert unter Umständen eine Reihe von Nebenbüchern, z.B. Waren- und Lagerbuch, Offene-Posten-Buchhaltung, Wechselbücherund Hilfsbüchern, z.B. Mahnund Terminbücher.
U Gewinn- und Verlustrechnung Die Gewinn- und Verlustrechnung ist eine periodenbezogene Betrachtung der Erfolgskonten, die den Gewinn oder den Verlust der betrachteten Periode ausweist.
II Bilanz Die Bilanz ist eine stichtagsbezogene Betrachtung der Bestandskonten, die insbesondere Aufschluß über die Vermögensstruktur eines Unternehmens liefert und aus der durch einen zeitlichen Vergleich der Erfolg des Unternehmens ermittelbar ist.
Abbildung 18
Vom Geschäftsvorfall zur Gewinn- und Verlustrechnung und zur Bilanz 75
Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert und Arne Waeselmann: Einführung in die Finanzbuchführung und die Jahresabschlußerstellung, München, Wien 1993, S. 44 ff.
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Für die Steuerung der Logistikprozesse in einem Unternehmen sind die Informationen des externen Rechnungswesens wenig geeignet. Sie stehen zu spät, d.h. erst Wochen oder Monate nach Abschluß des Geschäftsjahres, zur Verfügung, sie sind inhaltlich zur Realisierung der unternehmenspolitischen Informationsziele verändert, sie decken, da sie im wesentlichen nur einmal im Jahr erstellt werden, zu große Zeiträume ab, sie sind, da sie sich auf das ganze Unternehmen beziehen, zu stark aggregiert und diese Informationen sind rein vergangenheitsorientiert. Außerdem führen die rechtlichen Vorgaben zu Bewertungen, die den Anforderungen an ein entscheidungsorientiertes Rechnungswesen nicht genügen. Lediglich zur externen Analyse anderer Unternehmen sind sie, wenn auch mit Einschränkungen, geeignet. So lassen sich unter Berücksichtigung der die Interpretation beeinflussenden Faktoren (nicht erkennbare Nutzung bilanzpolitischer Gestaltungsspielräume, Unternehmensspezifika) z.B. Aussagen über die Materialintensität, Bestandsreichweiten und Umschlagshäufigkeiten ableiten. Aufgrund der genannten Mängel wird das externe Rechnungswesen, da es für die Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen weniger geeignet ist, nicht weiter betrachtet. Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung, als Bestandteil des internen Rechnungswesens, wird jedoch Bezug auf die Datenbasis des externen Rechnungswesens, die Dokumentation der Geschäftsvorfälle in der Finanzbuchhaltung, nehmen müssen. Dies ist notwendig, weil die dort erfaßten Aufwendungen und Erträge zu einem großen Teil als Kosten und Erlöse in die Kosten· und Leistungsrechnung einfließen. Unter Umständen kann dies dann zur Folge haben, daß eine Veränderung in der Kosten- und Leistungsrechnung eine andere, z.B. differenziertere Erfassung der (Ur-)Belege erfordern wird. 4.2 Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung Weiter oben wurde dargestellt, daß die Informationsversorgung im Mittelpunkt des Rechnungswesens steht. Um die Aufgaben der LogistikKosten- und -Leistungsrechnung konkretisieren zu können, muß im Sinne interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen der Informationsbedarf konkretisiert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es in einem Unternehmen eine Vielzahl von „Kunden" für Informationen über die Logistikkosten und die Logistikleistung gibt. Angefangen z.B. bei der Ge-
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schäftsführung, die den Anteil der Logistikkosten am Umsatz kennen will, über den Fuhrparkleiter, der wissen möchte, welche Fahrzeuge welche Kosten verursachen und welche Leistung erbracht wurde bzw. auch werden soll, über den Mitarbeiter in der Kommissionierung, den die Bewertung der Qualität seiner Leistung interessiert, bis hin zu Mitarbeitern aus anderen betrieblichen Funktionsbereichen, die für die Durchführung ihrer Arbeit Informationen über gegenwärtige, vergangene und für die Zukunft geplante Logistikkosten und Logistikleistungen benötigen. Die Aufgabe der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ist es somit, Informationen über Logistikkosten und Logistikleistungen für Unternehmensinterne zur Verfügung zu stellen. Konkretisiert man diese Aufgabe unter Berücksichtigung des Verwendungszweckes der Informationen, so kommt man zu den folgenden Aufgabenbereichen, die sich grob an den Phasen Planung, Entscheidung und Kontrolle orientieren: 76
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 40 und Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 69 ff und S. 116 ff.
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•
Planung und Budgetierung der Kosten, Leistungen und Investitionen im Bereich der Logistik; z.B. für => die Verbesserung der Liquiditätsplanung => die Verbesserung der Kosten- und Leistungsplanung, die dann z.B. eine genauere Kapazitätsplanung ermöglicht => die Nutzung als Führungsinstrument (z.B. im Rahmen eines Management by Objectives oder eines Management by Exception) durch die Vorgabe von Ziel- oder Grenzwerten, die, da sie quantifiziert sind, eine höhere Verbindlichkeit besitzen und die je nach eingesetztem Verfahren (Bottom-up-, Gegenstrom- oder Top-down-Verfahren) die Motivation der Mitarbeiter steigern können
•
Entscheidungsunterstützung durch die Bereitstellung von Informationen; z.B. für => die Bewertung von Investitionsvorhaben => die kurzfristige Verfahrensauswahl, z.B. Disposition der Betriebsmittel (hierzu zählen z.B. die Fragen, welche Verpackungsmaschine oder welcher LKW bei unausgelasteten Kapazitäten eingesetzt werden sollte) Festlegung der zeitlichen Reihenfolge der Auftragsbearbeitung => die langfristige Verfahrensauswahl, insbesondere Make-or-buy-Entscheidungen => die mengen- und wertmäßige Analyse und Planung des Beschaffungs-, des Produktions- und des Absatzprogrammes, dazu zählen -> die Mitwirkung bei der Festlegung von Marktpreisen (Preisuntergrenzen) —> die Mitwirkung bei Bestimmung der Preisobergrenzen im Einkauf die Festlegung von Verrechnungspreisen für interne Logistikleistungen Den unterschiedlichen Gütern und Leistungen sind die durch sie zu verantwortenden Logistikkosten verursachungsgerecht zuzuordnen, damit auf dieser Basis fundierte auch mittel- und langfristig wirksame Programmentscheidungen getroffen werden können.
•
Durchführung von Wirtschaftlichkeitskontrollen mit Hilfe von zeitlichen Vergleichen, Soll-Ist-Vergleichen, Ergebnisrechnungen, Betriebsvergleichen usw.; z.B. bezogen auf => die Kostenarten und -strukturen und die Leistungsarten und -strukturen => die Kosten zur Erbringung logistischer Leistungen => die Logistik-Verantwortungsbereiche (z.B. für Cost- oder Profit-Center)
Abbildung 19
68
Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung
Zu den Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung werden üblicherweise noch die (insbesondere kurzfristige) Erfolgsermittlung und die Bestandsbewertung (bezogen auf fertige und unfertige Erzeugnisse sowie selbsterstellte Anlagen) hinzugerechnet. Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung unterstützt diese Aufgaben durch die Bereitstellung von ergänzenden Informationen. Lediglich wenn ein Unternehmen von den Absatzleistungen einen Teil differenziert als Logistikleistungen ausweisen kann, könnte dies zu einer Logistikerfolgsrechnung führen. Im Rahmen des Aufgabenspektrums kommt insbesondere der Unterstützung der Entscheidungsfindung eine zentrale Rolle zu, da mit ihr für ein Unternehmen die Weichen in Richtung Erfolg oder Mißerfolg gestellt werden. Entscheidungen sind der Auslöser für das Entstehen von Kosten und Leistungen. Hummel und Männel sprechen in diesem Zusammenhang von dem Identitäts- und dem Marginalprinzip. 7 7 Identitätsprinzip meint, daß Kosten und Leistungen Folgen einer Entscheidung sind. Abbildung 20 (ergänzend auch Abbildung 23) beschreibt diesen Zusammenhang. Die Konsequenz ist, daß nicht Leistungen für Kosten verantwortlich gemacht werden können („Die Expresslieferung war so teuer!"), sondern daß Führungskräfte, die die Entscheidung getroffen haben benannt werden können („Der Vertriebsleiter hat bestimmt, daß Kunde Müller die Lieferung per Express erhält!"). Marginalprinzip meint, daß bei der Bewertung von Entscheidungen nur die daraus resultierenden Kostenveränderungen (Grenzkosten) zu berücksichtigen sind. Dieser Aspekt hat eine wesentliche Bedeutung für die Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung, da einerseits fast automatisch der Einsatz einer Teilkostenrechnung notwendig und andererseits der Detailliertheitsgrad der bereitzustellenden Informationen bestimmt wird.
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1. 4. Aufl. Wiesbaden 1986. S. 46 ff.
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Entscheidungen führen zu 1 f
Systemveränderungen |
I
Erfassung der Systemveränderungen durch Ermittlung und Vergleich der Systemzustände zu unterschiedlichen Zeitpunkten Trennung der gemessenen Veränderungen in 1 Input
j
Was wurde genutzt?
!
Abbildung 20
I
Output
\
I
I
Ι
Welcher Effekt ist entstanden? |
Wirkung von Entscheidungen
Theoretisch läßt sich das Identitätsprinzip mit seiner Verantwortungszuordnung recht einfach formulieren. In der betrieblichen Praxis stellt sich aber die Frage, wie eindeutig dies tatsächlich in der Logistik geschehen kann, denn teilweise werden in anderen Unternehmensbereichen (Design der Verpackungen, politische Entscheidungen zugunsten bestimmter Lieferanten usw.) ohne Rücksprache mit den Logistikführungskräften Entscheidungen für die Logistik getroffen. Die Ursachen sind in organisatorischen Defiziten (falsche oder unklare Abgrenzung von Kompetenz und Verantwortung) und in Abstimmungsproblemen zu sehen. Hier muß die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung sicherstellen, daß aufgezeigt wird, welche zusätzlichen Kosten durch diese Rahmenbedingungen verursacht werden. Beispiele für solche Wechselwirkungen sind in Abbildung 21 dargestellt. Besonders extreme Formen, die sich auch beim Endverbraucher bemerkbar machen, sind die Verpackungen von Gesellschaftsspielen oder von Kosmetika. Insbesondere bei Spielen scheint eine proportionale Beziehung zwischen der Verpackungsgröße und dem Verkaufspreis zu bestehen, ohne daß der Platzbedarf durch den Packungsinhalt zu begründen wäre. Die Verpackungsgestaltung orientiert sich wohl an der Frage: Wie groß muß ein Karton sein, damit ein Kunde einen bestimm70
ten Preis akzeptiert? Daß sich Verpackung*;-, Lager- und Transportkosten drastisch reduzieren ließen, daß es die Umwelt schonte und daß die Kunden für ein neues Spiel nicht den Wohnzimmerschrank erweitern müßten, scheint bedeutungslos zu sein. Unterstellt man, daß die betreffenden Unternehmen im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes diese Effekte gegeneinander aufgerechnet haben, dann wäre ihr Verhalten rational nachvollziehbar. Als Beispiele können genannt werden:
Entscheidung im Bereich
Entscheidung bezüglich
Wirkung auf, z.B.
Einkauf
Lieferkonditionen (frei Haus, ab Werk)
Transportkosten
Verpackung, Transporthilfsmittel
Handlingkosten (Ware wird palettiert oder lose angeliefert), Entsorgungskosten
Bestellmenge
Handlingkosten im Wareneingang (die Bestellmenge bestimmt die Bestellhäufigkeit und damit die Anzahl der zu bearbeitenden Wareneingänge), Lager- und Kapitalbindungskosten
Losgrößen
Transport-, Lager-, Kapitalbindungs- und Handlingkosten
Abrufverhalten
Transport-, Lager-, Kapitalbindungs- und Handlingkosten
Teilevielfalt
Lager- und Kapitalbindungskosten
Finanzwirtschaft
Bestandshöhe
Versorgungssicherheit, Fehlmengenkosten
Marketing, Vertrieb
Liefertermine
Transportkosten
Variantenvielfalt
Lager- und Kapitalbindungskosten
Verpackung
Transportkosten, Entsorgungskosten
Produktion
Forschung, Konstruktion und Entwicklung
Abbildung 21
Die Logistik beeinflussende Entscheidungen anderer Unternehmensbereiche
71
Ein weiteres Beispiel soll die Problematik der Umsetzung des Identitätsprinzips verdeutlichen. In einem Unternehmen der elektrotechnischen Industrie werden Lieferanten anhand verschiedener Kriterien mit einer Scoring-Methode bewertet. Für die zu erzielenden Punktwerte wurden Grenzwerte definiert, deren Unterschreiten zum Auslisten eines Lieferanten führen kann. Von der Konzernmutter gibt es die Vorgabe, dieses Verfahren nicht auf Konzerngesellschaften anzuwenden („Wir machen grundsätzlich alles richtig!"). Eine der Konzerngesellschaften ist Lieferant des betrachteten Unternehmens und erreicht nur die Hälfte des kritischen Grenzwertes. Ursache ist insbesondere die Nichteinhaltung von Lieferterminen. Wem die Folgen (höhere Kosten und Leistungseinbußen) zuzuordnen sind, ist schnell zu erkennen, doch wie soll dies in Geldeinheiten bewertet und weiterverrechnet werden? Eine erster Schritt wäre es (Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der Logistik als Denkhaltung!) ein Bewußtsein für die vielfältigen Wechselwirkungen zu schaffen. Ein weiterer Schritt ist die Sicherstellung der Abstimmung der verschiedenen Entscheidungsträger aufeinander. Dies kann durch organisatorische Veränderungen, es sei hier an die ebenso beliebte wie berüchtigte Forderung nach einer Matrixorganisation gedacht, durch instrumenteile Hilfen (z.B. Budgetierung) oder auf anderem Weg erreicht werden. Die Komplexität der Entscheidungen kann sehr unterschiedlich sein. Das Spektrum reicht von relativ einfachen Entscheidungen, wie z.B. die Auswahl eines Transportmittels, über Entscheidungen mittlerer Komplexität, wie z.B. den Kauf einer Tourenplanungssoftware für den Fuhrpark, bis hin zu sehr komplexen Entscheidungen, wie z.B. den Beschluß die Logistik eines Unternehmens nach ISO 9000 ff zu zertifizieren. Die Komplexität wird im wesentlichen durch die Menge der zu berücksichtigenden In- und Outputparameter sowie die Vielzahl der erforderlichen Teilprozesse bestimmt. Für eine möglichst rationale Entscheidungsfindung wäre es erforderlich, alle durch die Entscheidung zu erwartenden Veränderungen abzubilden und zu bewerten. Dabei stößt man an die Grenzen des Machbaren und an die Grenzen des wirtschaftlich Sinnvollen. Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung wird sich deshalb, um der Aufgabe der Entscheidungsunterstützung gerecht zu werden, auf einige Größen beschränken und auch bei diesen Größen noch weitere Vereinfachungen vorzunehmen haben.
72
4.3 Grundbegriffe 4.3.1 Logistikleistung und Logistikerlös 4.3.1.1 Begriff Der Blick in die Praxis und in die Literatur offenbart bei der Klärung des Begriffes „Leistung" das Problem, daß dieser Terminus in Abhängigkeit von der jeweiligen Fachdisziplin und der Betrachtungsebene ausgesprochen vielfältig verwendet wird. Die gängige betriebswirtschaftliche Interpretation des Begriffes versteht Leistung als in Geldeinheiten bewerteten Output eines Unternehmens. Dahinter verbergen sich i.d.R. am Markt abgesetzte Produkte und Dienstleistungen. Dieser am Wert des Ergebnisses betrieblicher Tätigkeit orientierte Leistungsbegriff wird jedoch zunehmend durch den Begriff Erlös ersetzt. So setzen Hummel und Männel zunächst die Leistung einer Periode mit betrieblichen Erträgen, also dem betrieblich bedingten, „gesamten innerhalb dieses Zeitraumes realisierten, in Geldeinheiten ausgedrückten Wertzuwachs eines Unternehmens" 78 gleich. Sie weisen dann aber darauf hin, daß diese dem Aktienrecht entsprechende Sicht des Leistungsbegriffes nicht mit dem Begriffsverständnis im Zusammenhang mit der Leistungsrechnung, bei der es um die Zuordnung von Kosten zu (zwangsläufig noch nicht wertmäßig abgebildeten) Leistungen geht, und den übrigen Bedeutungen, die dieser Terminus z.B. in der Physik, in der Arbeitswissenschaft oder in der Psychologie hat, in Einklang steht. Aus diesem Grund trennen sie die Leistung, die sie als mengenmäßige Ausbringung einer Periode verstehen, von dem Erlös, der die in Geldeinheiten bewertete Leistung - den Wertzuwachs - einer Periode darstellt. 79 Konsequenterweise müßte dann anstatt von einer Leistungsrechnung von einer Erlösrechnung gesprochen werden. Demnach wäre es keine Kosten- und Leistungsrechnung sondern eine Kosten-, Erlös- und Ergebnisrechnung. Der Zusatz „Ergebnisrechnung" betont, was nicht bestritten wird, daß diese ein Bestandteil des internen Rechnungswesens ist. 8 0 Da diese Begrifflichkeit in der Praxis jedoch unüblich ist, wird trotz 78 79 80
Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 79. Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 79 ff. Ausführlich begründet wird dies von Hummel. Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 10 f und 83 ff.
73
einiger Bedenken weiterhin der Begriff Kosten- und Leistungsrechnung verwendet. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß mit Leistungsrechnung nicht nur, wie dies in der Literatur und Praxis auch manchmal gesehen wird, die innerbetriebliche Leistungs„ver"rechnung, d.h. die Zuordnung von Kosten zu innerbetrieblich ausgetauschten Leistungen, gemeint ist. Unter Leistungsrechnung wird die systematische Erfassung der mengenmäßigen inner- und außerbetrieblichen Leistungen und ihre Bewertung mit Geldeinheiten, d.h. ihre Umrechnung in Erlöse, verstanden. Der von Riebel vorgeschlagene entscheidungsorientierte Leistungsbegriff ergänzt die Sicht von Hummel und Männel. Riebel vertritt die Auffassung, daß Leistungen die durch Entscheidungen ausgelösten Veränderungen von Nutzenpotentialen (z.B. selbsterstellte Anlagen) oder der Ausbringung (z.B. abgesetzte Produkte) sind. 8 1 Wichtig ist, daß sich der Leistungsbegriff nicht allein auf den am Markt abgesetzten Output eines Unternehmens bezieht, sondern, daß auch die Ergebnisse innerbetrieblicher Prozesse und die Ressourcenbereitstellung unter diesem Terminus subsumiert werden. Halten wir die folgende Definition fest: Leistungen sind das durch Entscheidungen ausgelöste periodisierte Ergebnis betrieblicher Tätigkeit, das eine positive Veränderung des Nutzenpotentials des Unternehmens bewirkt. Werden diese Leistungen in Geldeinheiten bewertet, dann sind sie als Erlöse (= wertmäßige Erhöhung des Nutzenpotentials oder Ressourcenzuwachs) zu bezeichnen (vgl. Abbildung 22). Analog zum Kostenbegriff (die Zusammenhänge zwischen den Begriffen sind in Abbildung 23 dargestellt) lassen sich diese Erlöse von den für das außerbetriebliche Rechnungswesen relevanten Erträgen abgrenzen. Der Erlös ist die Summe aus Grunderlös, Anderserlös und Zusatzerlös. Der in Anlehnung an Grund- bzw. Zweckkosten als Grund- oder Zweckerlös bezeichnete Teil entspricht dem Ertrag reduziert um den neutralen Ertrag. Zusatz- und Anderserlös sind zusammen als kalkulatorischer Erlös zu bezeichnen. Sie werden im internen Rechnungswesen entweder mit anderen Werten angesetzt als im externen Rechnungswesen (Anderserlös), oder die Erlösposition wird nur im internen Rechnungswesen 81
74
Vgl. Riebel, Paul: Einzelerlös-, Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung als Kern einer ganzheitlichen Führungsrechnung, in: Männel, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 247-299, hier: S. 263 f.
aufgeführt (Zusatzerlös, z.B. unentgeltlich für eine karitative Einrichtung durchgeführter Transport). Eine weitere Differenzierung der Erlöse ist in Abhängigkeit von dem Empfänger der Leistungen möglich. So lassen sich inner- und außerbetriebliche Leistungen unterscheiden, wobei letzteren i.d.R. (Ausnahme: Zusatzerlöse) Umsatzerlöse gegenüberstehen.
Entscheidung
i τ
Leistungserstellung
Leistungen als mengenmäßige Ausbringung
für den internen Markt bestimmte Leistungen
Wiedereinsatzleistung
für den externen Markt bestimmte Leistungen
ι ±
erstellt aber nicht abgesetzt
! erstellt und abgesetzt
1
Lagerleistung
Absatzleistung
ι
i
Leistung in Geldeinheiten bewertet = Erlös
Abbildung 22
τ
τ
Beziehung zwischen Leistung und Erlös
Vgl. Däumler, Klaus-Dieter und Jürgen Grabe: Kostenrechnung 1, 7. Aufl. Herne, Berlin 1996, S. 33.
75
In der Definition wird von einer positiven Veränderung des Nutzenpotentials gesprochen. Jeder Prozeß ist dadurch gekennzeichnet, daß mit ihm eine positive und eine negative Veränderung des Nutzenpotentials verbunden ist. Beide Varianten lassen sich auch mit den Begriffen Ressourcenzuwachs und Ressourcenverzehr umschreiben. Wenn hier über Leistung bzw. Erlös gesprochen wird, so ist im Sinne der Definition jede Aktivität mit einer Erhöhung des Nutzenpotentials verbunden. Anders ausgedrückt: „Positive Veränderung des Nutzenpotentials" bedeutet nicht, daß das Vermögen eines Unternehmens wächst. Sondern es ist damit gemeint, daß ein Objekt, z.B. ein noch unfertiges Produkt oder eine Dienstleistung, aus der Perspektive des Unternehmers an Wert gewinnt, weil er im Rahmen des Produktionsprozesses z.B. Material und Arbeitskraft einsetzt. Das Objekt wird wertvoller, weil mit seiner Entstehung ein Ressourcenverzehr verbunden ist. Ob die „Wertschätzung" des Unternehmers mit der des Kunden harmoniert, zeigt sich erst am Markt. Die beschriebene Sicht ist gängige Praxis, wenn es z.B. um die Ermittlung der Anschaffungs- oder der H erste II koste η geht. Konsequent weitergedacht bedeutet dies aber auch, daß z.B. die Entsorgung von in der Dreherei entstandenen Metallspänen als Leistung zu verstehen ist, da der Prozeß des Entsorgens Kosten verursacht, die den Spänen als Objekt zuzuordnen sind. Selbst die Erstellung eines Drehteils, das aufgrund von Qualitätsmängeln als Ausschuß zu betrachten ist, muß als Leistung angesehen werden, da an dem Metallstück eine Wertschöpfung, eine positive Veränderung des Nutzenpotentials stattgefunden hat. Der Begriff Leistung umfaßt somit auch unsinnige, unerwünschte, überflüssige, nicht gewollte und andere Leistungen, die nicht von Kunden honoriert werden.
76
mengenmäßige Veränderung
periodisierte, betriebsbedingte positive Änderung des Nutzenpotentials eines Unternehmens
Begriff
Leistung J]
wertmäßige Veränderung
methodische Unterstützung
Ressourcenverzehr
Bewertung in Geldeinheiten U
in Geldeinheiten bewertete positive Veränderung des Nutzenpotentials eines Unternehmens
Begriff Ableitung aus dem externen Rechnungswesen:
periodisierte, betriebsbedingte negative Änderung des Nutzenpotentials eines Unternehmens
in Geldeinheiten bewertete negative Veränderung des Nutzenpotentials eines Unternehmens Kosten
Erlös Ertrag - neutraler Ertrag + kalkulatorischer Erlös
Aufwand - neutraler Aufwand + kalkulatorische Kosten
= Erlös
= Kosten
Erlös- oder Leistungsrechnung
Kostenrechnung
Zusammenführung der beiden Rechnungen zu einer vergleichenden Betrachtung Saldo der wertmäßigen Änderungen des Nutzenpotentials: Erlös - Kosten Ji Begriff methodische Unterstützung
Abbildung 23
Gewinn oder Verlust Ergebnisrechnung
Begriffliche Zusammenhänge
77
Die Definition des Leistungsbegriffes sollte mit Blick auf ihre Übertragbarkeit in die betriebliche Praxis weitere Fragen provozieren. So z.B.: - Liegt eine Entscheidung vor, wenn keine Entscheidung getroffen wird? - Wie bewußt muß die Tätigkeit des Entscheidens vollzogen werden, damit eine Entscheidung vorliegt? Von einer Entscheidung sprechen wir, wenn bewußt oder unbewußt eine von zwei oder mehr Handlungsmöglichkeiten ausgewählt wird. 8 3 Mindestens zwei Handlungsmöglichkeiten liegen jederzeit vor: Wir können etwas tun, wir können es aber auch lassen. Letzteres, das unbewußte oder bewußte Beibehalten des Status-Quo, der Parametereinstellungen des Unternehmens, bewirkt u.U. kaum feststellbare Veränderungen. Schränkt man das Zeitfenster, durch das das betriebliche Geschehen beobachtet wird, extrem auf den Vergleich zweier nebeneinander liegender Zeitpunkte ein, so reduziert sich u.U. die Veränderung auf eine zeitabhängige Veränderung der Ressourcen/-struktur. Das Ergebnis dieses Prozesses ist der im Zeitpunkt 2 zu beobachtende Zustand bzw. die Veränderung des Zustandes von Zeitpunkt 1 zu Zeitpunkt 2. Aus diesen Überlegungen ist der Schluß zu ziehen, daß z.B. auch das Bereitstellen von Kapazitäten (Lagerraum, Fahrzeugen, Personal, Kapital, Beständen usw.) und das Lagern einer Ware als Leistungen verstanden werden müssen. Im nächsten Schritt ist zu klären, wie die Logistikleistung einzuordnen ist. In Anlehnung an die Diskussion des Logistikbegriffes wäre anzunehmen, daß die Logistik entweder als Funktion, als Institution oder als Denkhaltung Leistungen erbringt. Zu behaupten, daß eine Denkhaltung (z.B. „Wir wollen stets kundenorientiert und ein ganzheitliches Optimum anstrebend handeln!") über Entscheidungen zur Entstehung von Leistungen führt, läßt sich zwar theoretisch begründen, ist aber, da es sich um eine mittelbare Wirkung handelt, wenig relevant. Die Verwendung der institutionalen Perspektive bietet vordergründig einen direkten Bezug zu den für die Leistungserstellung verantwortlichen Entscheidungsträgern und somit zu den Ursachen der Leistungsentstehung. Der Blick
Vgl. Sieben, G., und Th. Schildbach: Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl. Düsseldorf 1990, S. 1. Wie sollte man den Fall behandeln, daß jemand vergißt zu einem bestimmten Termin eine Entscheidung, z.B. Kündigung eines Mietvertrages, zu treffen? Ist dies eine unbewußte Entscheidung, die zu diesem Zeitpunkt getroffen wird, oder haben Entscheidungen, hier der Abschluß des Vertrages, Gültigkeit bis sie durch eine neue Entscheidung revidiert werden?
78
in die Praxis zeigt aber, daß Entscheidungen, die logistische Aktivitäten initiieren, nicht zwingend von logistischen Organisationseinheiten getroffen werden. Weil Leistungen Ergebnisse von Prozessen sind und aufgrund der Schwächen der beiden anderen Perspektiven, ist für die Abgrenzung des Begriffes Logistikleistung die funktionale Sicht der Logistik zu verwenden. Dies führt zu der folgenden, angepaßten Definition: Logistikleistungen sind das durch Entscheidungen ausgelöste periodisierte, betriebsbedingte Ergebnis loqistischer Prozesse, das eine positive Veränderung des Nutzenpotentials des Unternehmens bewirkt. Die logistischen Prozesse sind unterscheidbar in operative (Transport-, Lager- und Umschlagvorgänge), dispositive und administrative Prozesse. Die dispositiven Prozesse können in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung für das Unternehmen, ihrer zeitlichen Wirksamkeit und anderen Kriterien als strategische, taktische und operative Dispositionsprozesse betrachtet werden. In Abhängigkeit von der Definition der Logistik in einem konkreten Unternehmen eröffnet sich so eine sehr große Spannbreite, um den Begriff Logistikleistung mit konkreten Inhalten zu belegen. Weber schlägt zur differenzierteren Bestimmung der Begriffsinhalte die Unterscheidung von vier unterschiedlichen, von unten nach oben aufeinander aufbauenden Ebenen (vgl. hierzu auch Abbildung 24) vor.
79
Abbildung 24
Ebenen der Logistikleistung
84
Die Liste der Veröffentlichungen, in denen sich Weber mit diesem Thema auseinandersetzt ist relativ lang. Als die bedeutendsten lassen sich z.B. Weber, Jürgen: Zum Begriff Logistikleistung, in: ZfB, 56. Jg. (1986) H. 12, S. 1197-1211 und Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987 sowie Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993 nennen. Vgl. zu dieser Abbildung Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 79 ff.
80
Durch diese vier Ebenen werden vier unterschiedliche Perspektiven repräsentiert, aus denen die Logistikleistung betrachtet werden kann. Hinter ihnen verbergen sich die folgenden Fragen:
Begriffsebene
Frage
wirkungsbezogen
Wie gut werden Anforderungen externer oder interner Kunden erfüllt?
ergebnisbezogen
Welche „Produktionsmenge" ist erzeugt worden?
prozeßbezogen
Was wird/wurde (im einzelnen) getan, um die Leistung zu erbringen?
faktorbezogen
Welche freien Kapazitäten stehen zur Verfügung?
Orientiert man sich an der abstrakten Beschreibung eines logistischen Prozesses (vgl. Abbildung 25 und Abbildung 26) so wird eine Schwierigkeit deutlich, die die Erfassung der Logistikleistung beeinträchtigt. Das Problem ist, daß Prozesse zwangsläufig durch Dynamik gekennzeichnet sind. Diese Dynamik kann nur in beschreibende Worte gefaßt werden. Quantifizieren lassen sich nur Zustände, die - vergleichbar Zeitrafferaufnahmen - Augenblicke oder Momentaufnahmen der Prozesse repräsentieren. Zur Verdeutlichung dieser Aussage sei z.B. an eine Situation gedacht, in der Kommissionierprozesse in einem Lager direkt beobachtet werden. Für die prozeßbezogene Leistung kann formuliert werden, daß sich ein Mitarbeiter mit einem Rollwagen auf dem Weg von Lagerplatz C25R zu F42L befindet, um dort ein Packstück zu entnehmen. Einen Tag später ist dieser Prozeß nicht mehr zu beobachten. Es können nur noch Zustandsveränderungen festgestellt werden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß sich Input und Output nicht simultan messen lassen, da die Durchführung des Prozesses Zeit erfordert und somit ein bereitstehender Input erst mit einer gewissen Verzögerung in einen Output transformiert wird.
81
Input
:
Produktionsfaktoren: - ausführende und dispositive Arbeit - Betriebsmittel - Werkstoffe
Abbildung 25
Prozess
Output
Faktorkombination
Produkte und Dienstleistungen
Input-Output-Modell der Produktionstheorie
Input
Prozess
Output
Produktionsfaktoren: - Palette mit Maschinenteilen liegt an der Übergabestation bereit - Regalbediengerät - Fahrer - Lagergebäude mit Regaleinrichtung - Einlagerungsauftrag
Prozeßelemente: - Aufnahme der Palette - Fahrt zum Regalplatz - Ablegen der Palette - Bestätigung der Auftragsdurchführung
Dienstleistung: - Einlagerung einer Palette, d.h. Veränderung des Parameters "Ort" - Änderung des Status der Maschinenteile, die damit für die weitere Disposition zur Verfügung stehen
Abbildung 26
Input-Output-Modell am Beispiel einer Einlagerung
4.3.1.2 Abgrenzungsprobleme Neben den definitorischen Problemen bereitet auch die Konkretisierung und Identifikation von Logistikleistungen in der Praxis erhebliche Probleme. So existieren zahlreiche Fälle, in denen nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob z.B. eine Logistik- oder eine Produktionsleistung vorliegt. Weber systematisiert diese Probleme und mögliche Ursachen folgendermaßen:
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Probleme
Ursachen für Abgrenzungsprobleme
im physi-
Zuordnung andeunauflösliche Verunauflösliche Überkettung mit anderen schneidung mit ande- rer Leistungsbereiche zur Logistik Leistungsarten ren Leistungsarten (z.B. Transportvor- (z.B. Reifeprozesse bei (z.B. Montageargänge in TransferLebensmitteln, Abküh- beiten, Qualitätskontrollen) straßen 85) lung von Fleisch in Schlachthöfen)
schen Bereich
im dispositiven Bereich
unauflösliche Verkettung mit anderen Leistungsarten (z.B. Start eines Fertigungsauftrages in einem automatisierten Produktionssystem)
Abbildung 27
unauflösliche Überschneidung mit anderen Leistungsarten (z.B. Fertigungssteuerung)
Zuordnung anderer Leistungsbereiche zur Logistik (z.B. Bestelldisposition)
Systematisierung der Abgrenzungsprobleme bei der Bestimmung der Logistikleistung 8 6
Ergänzend ist noch die in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand des Logistikverständnisses in den Unternehmen unterschiedlich ausgeprägte Zuordnung von Logistikleistungen zu anderen betrieblichen Bereichen zu nennen. Wird z.B. in einem Unternehmen unter Logistik nur der außerbetriebliche Transport verstanden, dann wird eine Reihe logistischer Prozesse in anderen Bereichen vollzogen und die Leistung somit z.B. als Produktionsleistung verstanden. Als generelle Ursache verbirgt sich hinter diesen Problemen die „Allgegenwärtigkeit" logistischer Prozesse. Denn wenn sich - dies wurde bereits in den Ausführungen zur Logistik erläutert - die Logistik auf die Veränderung der Parameter Zeit und Ort richtet, dann kommt es sehr häufig zu Leistungsverflechtungen. Da mit einer Lagerung der Güter (Ziel Zeitüberbrückung bzw. Ausgleich von zeitlichen Disparitäten) eine stoffliche Veränderung verbunden sein kann bzw. ist, muß abgegrenzt
Transferstraßen = nahezu vollständig automatisierte Fließbänder. Vgl. Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 78.
83
werden, wann dies als Produktion und wann als Logistik bezeichnet wird. Das Differenzierungskriterium könnte daher z.B. die Absicht sein, die sich hinter den Aktivitäten verbirgt. Steht im Vordergrund das Ziel, durch eine Lagerung die Stoffeigenschaften so zu verändern, daß das Produkt (Whisky, Wein, Käse, ...) verkaufsfähig wird, dann ist dieser Prozeß bzw. die Leistung der Produktion zuzuordnen. Die Lagerung mit dem Ziel eine hohe Lieferbereitschaft zu gewährleisten oder Überproduktionen bzw. spekulative Lagerbeständen aufzunehmen, ist als Logistikleistung zu betrachten. Werden verschiedene Ziele verfolgt und im Rahmen eines Prozesses angestrebt, dann haben wir eine verknüpfte Leistungserstellung, die eine Differenzierung nicht zuläßt. Mit Blick auf den in der Praxis geringen Umfang nicht auflösbarer Leistungsverflechtungen und unter Berücksichtigung der Ziele der LogistikKosten- und -Leistungsrechnung (Planung und Budgetierung, Entscheidungsunterstützung, Wirtschaftlichkeitskontrollen; vgl. auch Abbildung 19) sinkt jedoch die Bedeutung dieses Problems. Für viele Einsatzzwecke ist es nicht erforderlich, eine Differenzierung vorzunehmen, da z.B. die zukünftigen Transportleistungen in einer Transferstraße für technische Sonderrechnungen aber nicht für eine kontinuierliche Leistungsrechnung relevant sind. In anderen Fällen ist es unwirtschaftlich eine weitere Differenzierung der Leistungsarten (z.B. die Trennung der Leistungen der Fertigungssteuerung in fertigungs- und logistikbezogene Anteile) vorzunehmen, da der Datenerfassungsaufwand in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Kosten steht. Neben dem bisher diskutierten Abgrenzungsproblem, bei dem es um die Unterscheidung von Logistikleistungen und Leistungen anderer Funktionsbereiche geht, sind zwei andere Abgrenzungsprobleme zu nennen. Dabei geht es um die Fragen, wie eindeutig lassen sich Logistikleistungen einzelnen Verantwortungsbereichen zuordnen und wie eindeutig lassen sich Logistikleistungen einzelnen Produkten zuordnen. 8 7 Beispielhaft sei an die Durchführung einer Expresslieferung auf Veranlassung des Vertriebes, an die Durchführung von Doppelspielen im Lager, an die Tourenplanung oder an die Auslieferung mehrerer Sendungen bei verschiedenen Kunden mit einem Fahrzeug gedacht. Eine differen87
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Überträgt man auf diese drei Stufen der Abgrenzungsproblematik die Begriffe aus der Kostenrechnung, so könnten wir hier von dem Problem der eindeutigen Zuordnung zu Leistungsarten, -stellen und -trägem sprechen.
zierte Erfassung der Leistungen und ihre verursachungsgerechte Zuordnung zu einzelnen Produkten ist die Voraussetzung für eine verursachungsgerechte Kalkulation, da - wenn man es ganz streng nimmt - der Leistungsinanspruchnahme entsprechend die Kosten zuzuordnen sind. Aufgrund der sowohl theoretischen als auch praktischen Defizite im Bereich der Leistungsrechnung läßt sich dieses Ziel nicht erreichen. Die Folge ist, daß die Mängel in der Leistungsrechnung durch gravierende Vereinfachungen in der Kostenrechnung nicht behoben, sondern durch eine „Pseudo-Genauigkeit" vertuscht werden. Als Beispiel können hierfür die vielfach verwendeten Lagerkostensätze genannt werden, mit denen in Abhängigkeit vom Wert der Materialien prozentual die Lagerkosten verrechnet werden. Welcher Schluß läßt sich daraus ziehen? Dem Aufbau einer Logistik-Leistungsrechnung kommt eine zentrale Bedeutung zu, damit das Rechnungswesen im Bereich der Logistik seine Aufgaben sinnvoll erfüllen kann. Die Notwendigkeit ergibt sich nicht nur aus dem Nutzen, den eine Logistik-Leistungsrechnung bereits in sich birgt (vgl. Abbildung 28), sondern sie resultiert auch aus den Wirkungen, die eine Logistik-Leistungsrechnung auf die Qualität der Logistik-Kostenrechnung hat. Nur eine - im Rahmen des wirtschaftlich Machbaren - differenzierte Leistungsrechnung liefert Informationen, auf deren Basis eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung vorgenommen werden kann. Die Lösung der diskutierten Abgrenzungsprobleme ist in einem ersten Schritt sehr pragmatisch anzugehen, um keine unüberwindlichen Hindernisse zu schaffen. Später können dann weitere Verfeinerungsschritten folgen.
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• Lieferung von Anregungsinformationen Feststellung von Auffälligkeiten => Feststellung von Veränderungen • Planung logistischer Ressourcen => Einsatzplanung Personaleinsatzplanung -> Einsatzplanung sachlicher Logistik-Ressourcen Kapazitätsplanung Personalbedarfsplanung Kapazitätsplanung sachlicher Logistik-Ressourcen • Budgetierung der Logistikbereiche => Gemeinkostenbudgets Investitionsbudgets • Fundierung und Kontrolle von Logistikentscheidungen
Abbildung 28
Nutzen einer Logistik-Leistungsrechnung
88
4.3.2 Logistikkosten 4.3.2.1 Begriff Logistikkosten sind folgendermaßen zu definieren: Logistikkosten sind in Geldeinheiten bewerteter, periodisierter, betriebsbedingter Ressourcenverzehr (= negative Veränderung des Nutzenpotentials des Unternehmens), der durch die von Entscheidungen verursachte Durchführung logistischer Prozesse bedingt wird.
88
86
Vgl. Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 70.
Die Abgrenzung zum im externen Rechnungswesen ausgewiesenen Aufwand für die Logistik erfolgt durch die Ausgrenzung des neutralen Aufwandes (betriebsfremd, periodenfremd, außerordentlich) und durch die ergänzende Berücksichtigung von kalkulatorischen Kosten, die als Anders- oder als Zusatzkosten auftreten können. Zur Systematisierung der Kosten lassen sich sehr viele verschiedene Kriterien heranziehen. Einige, sich aus der methodischen Behandlung ergebende sind im folgenden dargestellt. (Weitere Systematisierungen folgen im Rahmen der Überlegungen zur Differenzierung der Logistik-Kostenartenrechnung.)
Kriterium
Kategorie
Definition
Beispiele
Eindeutigkeit der Zuordnung
Einzelkosten
Kosten, die eindeutig einem Objekt (z.B. einem Produkt -» Kostenträgereinzelkosten oder z.B. einer Kostenstelle Kostenstelleneinzelkosten) zuzuordnen sind
Kostenträgereinzelkosten: Kosten für die Verpackung eines speziellen Versandauftrages
Kosten, die nicht eindeutig einem Objekt sondern die, z.B. mit Hilfe von Schlüsseln oder Zuschlagssätzen, nur zwei oder mehr Objekten (z.B. mehreren Produkten Kostenträgergemeinkosten oder z.B. mehreren Kostenstellen -> Kostenstellengemeinkosten) zugeordnet werden können
Kostenstellengemeinkosten: Kosten für den Sicherheitsdienst, Energiekosten für die Heizung und Beleuchtung von Produktion und Lager
= ursprüngliche Kosten Kosten für von außerhalb des Unternehmens bezogene Güter und Leistungen (Grundkosten) sowie kalkulatorische Kosten
kalkulatorische Zinsen (Kapitalbindungskosten), Personalkosten, Steuern, Frachten
Gemeinkosten
Quelle
primäre Kosten
sekundäre = zusammengesetzte Kosten Kosten, die im Rahmen der inKosten nerbetrieblichen Leistungsverrechnung zur Bewertung dieser Leistungen ermittelt werden
Kostenstelleneinzelkosten (des Fuhrparks): Kosten für die Softwarelizenz des Tourenplanungssystems
Kostenträgergemeinkosten: Gehälter für die Disponenten im Beschaffungsbereich
Kosten für selbsterzeugte Heizenergie, Kosten für innerbetriebliche Transporte, Kosten für Leistungen der eigenen LKW-Werkstatt
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Erfassung
Zeitbezug
aufwands- Kosten, die mit dem im extergleiche nen Rechnungswesen ausgeKosten wiesenen Aufwand identisch sind
Kfz-Steuern, Energiekosten, Leasinggebühren für Gabelstapler
kalkulatorische Kosten
Kosten, denen im externen Rechnungswesen kein oder ein anderer Aufwand gegenübersteht
kalkulatorische Zinsen und Wagniskosten für die Lagerbestände, kalkulatorische Abschreibungen für die Lagereinrichtung
NormalKosten
Kosten, die die durchschnittlichen (typischen, normalen) Kosten einer „Standardperiode" repräsentieren. Sie werden i.d.R. durch Mittelwertbildung (bezogen auf die Ist-Kosten vergangener Perioden) errechnet, um zufällige Schwankungen der einzelnen Perioden auszugleichen.
Normal-Personalkosten in der Kommissionierung: 20.000,DM pro Monat (Durchschnitt der letzten zwölf Monate)
Ist-Kosten
Kosten, die tatsächlich in einer Periode angefallenen sind
Ist-Personalkosten in der Kommissionierung: 35.000,DM im Dezember des abgelaufenen Jahres
PlanKosten
Kosten, die in zukünftigen Perioden erwartet werden
Plan-Personalkosten in der Kommissionierung: 18.000,DM im März des neuen Jahres
Abbildung 29
Logistikkostenkategorien
Die Höhe der Logistikkosten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Genannt werden in Anlehnung an die Gutenberg'sche Systematisierung üblicherweise: - die Qualität der eingesetzten Produktionsfaktoren - die Preise der eingesetzten Produktionsfaktoren - die Breite und Tiefe des Produktionsprogramms - die Höhe der Beschäftigung - die Losgröße - die Größe des Betriebes bzw. des Unternehmens
88
Überträgt man etwas angepaßt 8 9 die verschiedenen Faktoren auf das Input-Output-Modell, dann ergibt sich die in Abbildung dargestellte beispielhafte Zuordnung. Die allgemeine Strukturierung ist ergänzt um „externe Einflußfaktoren". Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß ein großer Teil betrieblicher Entscheidungen durch Vorgaben, d.h. vorher schon getroffene Entscheidungen (z.B. Vorgaben der Unternehmensleitung, Entscheidungen anderer Unternehmensbereiche usw.), derart stark beeinflußt wird, daß die Gestaltungsspielräume erheblich eingeschränkt sind. Dies ist insbesondere für die Nutzung der LogistikKosten- und -Leistungsrechnung für Zwecke der Personalführung wichtig, da diese Entscheidungsüberschneidungen zur Folge haben, daß einer Führungskraft nicht die gesamte Verantwortung zugewiesen werden kann. An dieser Stelle sei noch einmal an den Ansatz erinnert, daß Kosten und Leistungen gemeinsam durch Entscheidungen von Menschen verursacht werden und nicht eine anonyme Leistung die Verantwortung für entstandene Kosten trägt. Ziel muß es daher bei der Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung sein, diese Beziehungen darzustellen. Dies über mehrere Hierarchieebenen im Unternehmen hinweg transparent zu machen ist eine anspruchsvolle und teilweise nicht lösbare Aufgabe. So kann es beispielsweise geschehen, daß eine Hierarchieebene (die für die Logistik verantwortliche Person) entscheidet, daß der Fuhrpark statt wie bisher aus sieben zukünftig aus zehn Fahrzeugen bestehen soll. Diese Entscheidung wird im Rahmen eines Prozesses umgesetzt und führt zu der erwarteten Aufstockung. Wenn sich keine entsprechende Erhöhung des Transportaufkommens einstellt, wird zwangsläufig die Kapazitätsauslastung sinken. Sind diese unnötig hohen Kosten dem Fuhrparkleiter anzulasten, der den täglichen Einsatz der Fahrzeuge disponiert? Wem wird der Erfolg zugeordnet, wenn das Unternehmen nur aufgrund freier Transportkapazitäten einen Kundenauftrag bestätigen kann? Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung kann es ebenso wie die Kostenrechnung für das Gesamtunternehmen sicherlich nicht leisten, jede Entscheidung mit all ihren Rahmenbedingungen und Konsequenzen zu dokumentieren. Ein Schritt zur Vereinfachung ist deshalb die
In der hier verwendeten Form spiegeln sich in den Kosteneinflußgrößen die Bereiche wider, für die Führungskräfte Entscheidungen zu treffen haben.
89
Reduzierung der Betrachtungen auf die Leistungen (Erlöse) und die damit verbundenen Kosten. Indirekt wird dann über die Zuordnung zu Verantwortungsbereichen (i.d.R. Kostenstellen) der Rückschluß auf die Quelle der Entscheidungen gezogen und in der Praxis anschließend lange darüber diskutiert, warum denn nun jemand für die Kostenabweichungen nicht verantwortlich ist. Externe Einflußfaktoren, die die Gestaltungsmöglichkeiten bzw. Entscheidungsfreiheiten einschränken
Input
Output
• Qualität der eingesetzten Produktionsfaktoren • Preise der eingesetzten Produktionsfaktoren • Technologie (Art und Weise der Prozessdurchführung), d.h. z.B. Automatisierungsgrad • Quantität der bereitgestellten Kapazitäten (Betr ie bsbereitsch aft) • Verfügbarkeit relevanter Informationen
Abbildung 30
Prozess
• angestrebte/erzeugte Quantität und Qualität der Logistikleistung • Breite und Tiefe des Leistungssprogramms
Systematisierung der Kosteneinflußgrößen mit Hilfe des Input-Output-Modells
Das Verhalten der Kostenhöhe bei einer Änderung des Kostenbestimmungsfaktors führt zu einer Trennung in variable und fixe Kosten und Mischformen (vgl. Abbildung 31). Diese Unterscheidung ist eine für eine als Entscheidungshilfe dienende Logistik-Kostenrechnung äußerst wichtig, da sie eine bessere Zuordnung der relevanten Kosten zu einem Entscheidungsproblem ermöglicht. In der „klassischen" Kostenrechnung wird als dominierender Kostenbestimmungsfaktor (auch: Kosteneinflußgröße; in der Prozeßkostenrechnung: Kostentreiber) die „Beschäftigung" herangezogen. Hinter ihr verbergen sich Größen wie Einsatzzeiten des Personals/der Maschinen aber insbesondere - als die am häufigsten verwendete Größe - die Produktions- bzw. Absatzmenge. Von den Logistikkosten verändert sich nur ein sehr geringer Teil in Abhängigkeit von der Produktionsmenge.
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Logistikkosten
variable Logistikkosten
Mischformen (sprungfixe Logistikkosten)
fixe Logistikkosten
Die Höhe dieser Kosten verändert sich unmittelbar (stetig) in Abhängigkeit von einer Veränderung der Logistikleistung.
Die Höhe dieser Kosten verändert sich in Abhängigkeit von einer Veränderung der Logistikleistung erst mit zeitlicher Verzögerung und unabhängig von der Größe der Leistungsänderung. z.B.: - Lagerkosten beim Anmieten von zusätzlichem Lagerraum - Personalkosten bei einem Rückgang des Arbeitsaufwandes
Die Höhe dieser Kosten bleibt bei einer Veränderung der Logistikleistung konstant.
z.B.: - Treibstoffkosten für Fahrzeuge - Kosten für das Etikettieren der ein- oder ausgehenden Waren - Kapitalbindungskosten für Lagerbestände Abbildung 31
z.B.: - Gebäudeabschreibungen - Versicherung für Lagerhallen - Abschreibungen für Informationsund Kommunikationstechnik
Merkmale variabler und fixer Logistikkosten
Mit Blick auf die Art der Beziehungen, die Unterscheidung in variable und fixe Kosten wurde schon angesprochen, erfolgt üblicherweise in Abhängigkeit von ihrem Elastizitätsverhalten eine weitergehende Differenzierung der variablen Kosten. Die Art der Veränderung der Kosten bei einer Veränderung der Logistikleistung führt zur Unterscheidung der folgenden vier Typen variabler Logistikkosten: -
proportionale variable Logistikkosten d.h. die Leistung und die Kosten verändern sich stets im gleichen Verhältnis
91
Beispiel: Leistungslöhne in der Kommissionierung, steigt die Anzahl der Zugriffe um 10%, dann erhöhen sich auch die Personalkosten um 10% - progressive (überproportionale) variable Logistikkosten d.h. die Kosten steigen stärker als die Leistung Beispiel: Energiekosten eines innerbetrieblichen Transportsystems, wird die Transportmenge durch eine Erhöhung der Transportgeschwindigkeit um 10% gesteigert, dann erhöhen sich die Energiekosten um 20% - degressive (unterproportionale) variable Logistikkosten d.h. die Kosten steigen weniger an als die Leistung Beispiel: Kosten für die Inanspruchnahme eines Dienstleistungsunternehmens, das Güter für Seetransporte verpackt, erhöht sich die Zahl der (einheitlichen) Seeverpackungen um 50%, so erhöhen sich die Kosten um 40%, da eine Rabattstaffelung in Abhängigkeit von der Leistungsinanspruchnahme vereinbart wurde - regressive variable Logistikkosten d.h. die Kosten gehen bei höherer Leistung zurück Beispiel: Heizenergiekosten in einem Luftfracht-Umschlaglager für lebende Tiere, steigt die Zahl der „umzuschlagenden" Tiere um 30%, dann sinken die Kosten für Heizenergie um 5% Den regressiven Kostenverläufen kommt aufgrund ihrer Seltenheit eine eher theoretische Bedeutung zu. Progressive und degressive Kostenverläufe werden in der Praxis in der Regel nicht differenziert ausgewiesen, sondern sie werden als proportional variable oder als sprungfixe Kosten betrachtet. An den verwendeten Beispielen ist bereits deutlich geworden, daß für den Bereich der Logistik die Kosteneinflußgrößen (Leistungsarten) sehr vielfältig sein können. Hinter der Unterscheidung von fixen und variablen Kosten verbirgt sich auch der Aspekt der zeitlichen Reagibilität. Während sich variable Kosten zeitgleich mit der Leistung verändern, geschieht dies bei sprungfixen und fixen Kosten erst mit zeitlicher Verzögerung oder gar nicht. Für die fixen Kosten wird dabei das Going-concern-Prinzip zugrundegelegt, nach dem die Auflösung des Unternehmens, die die Beseitigung alle Fixkosten zur Folge hätte, nicht als Entscheidungsalternative zur Verfügung steht. Somit sind fixe Kosten nur innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens fix. Für die Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung bedeuten diese Überlegungen, daß - um den Ansprüchen der Entschei92
dungsunterstützung gerecht zu werden - bereits in der Kostenartenrechnung festgehalten werden muß, ob und mit welcher zeitlichen Verzögerung sich die Kosten in Abhängigkeit von welcher Leistungsgröße verändern. Dadurch wird es möglich, z.B. bei Investitionsentscheidungen differenziert aufzuzeigen, nach welcher Zeit welche Kosten reduziert werden. Unabhängig von der Fristigkeit der Entscheidung (kurzfristig: Soll einer unserer LKW einen Umweg fahren und einen zusätzlichen Kunden beliefern oder soll der Kunde die Lieferung durch eine Spedition erhalten?, langfristig: Sollen wir langfristig unseren Fuhrpark inklusive LKW-Werkstatt behalten oder einen Dienstleister einsetzen?) können die jeweils relevanten Kosten bestimmt werden. Bevor dieses Ziel erreicht ist, muß jedoch eine wichtige Aufgabe gelöst werden: Es müssen die Beziehungen zwischen Logistikleistungen und Logistikkosten identifiziert werden. Dabei ist mit Blick auf die Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit ein angemessenes Maß der Vereinfachung und mit Blick auf die spätere Aussagefähigkeit eine angemessene Differenzierung zu finden. Ein Verdienst der Prozeßkostenrechnung ist es, daß sie diesen Arbeitsschritt beim Aufbau eine Kosten- und Leistungsrechnung ausdrücklich betont und daß sie auf diesem Weg die Nachteile einer zu leichtfertigen Bezugsgrößenbildung in der „klassischen" Kostenrechnung offenlegt. Beispielhaft seien hier der Lagerkostensatz oder der Materialgemeinkostenzuschlagssatz genannt, die von der Annahme ausgehen, daß sich die Lagerkosten bzw. Materialgemeinkosten in Abhängigkeit von der Höhe des Bestandswertes im Lager bzw. von der Höhe der Materialeinzelkosten verändern. Sieht man von einigen Ausnahmen ab, bei denen diese Annahme zutrifft, so ist diese durchaus typische Vorgehensweise als wenig sinnvoll zu bezeichnen. 4.3.2.2 Abqrenzungsprobleme Wie bereits im Zusammenhang mit der Logistikleistung besprochen, so existieren auch bei der Bestimmung der Logistikkosten einige Abgrenzungsprobleme, die es zu lösen gilt. Zentrale Ursache ist auch hier das Vorhandensein von logistischen Prozessen (Raum- und Zeitüberbrükkung) in praktisch allen Phasen des Wertschöpfungsprozesses und die damit verbundene Verknüpfung mit anderen Prozeßarten. Bei der Diskussion der Abgrenzung der Logistikleistung wurden diese Verknüpfungen als „unauflösliche Verkettung" und als „unauflösliche Überschneidung" bezeichnet. Übergeordnet ist für die Logistikkosten die Frage zu diskutieren: Läßt sich der mit der Durchführung eines Prozesses ver93
bundene Ressourcenverzehr sachlich richtig und wertmäßig exakt beschreiben und verrechnen? Differenziert man weiter, kommt man zu den folgenden Teilfragen: 90 1. Handelt es sich bei der betrachteten Position überhaupt um Kosten? 2. Mit welcher Höhe sind die Kosten zu berücksichtigen? 3. Lassen sie sich verschiedenen Objekten zuordnen? a. Logistikprozessen? b. Verantwortungsbereichen? c. Kostenträgern? zu 1.
Handelt es sich bei der betrachteten Position überhaupt um Kosten? Als Beispiel lassen sich hier in Anlehnung an Weber die Fehlmengenkosten nennen. Fehlmengenkosten sind sehr vielschichtig. Sie resultieren aus dem Nichtgeiingen der Bereitstellung von Gütern in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Absatz. In Abhängigkeit von dem durch Fehlmengen „betroffenen" Bereich, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen. Während dies in der Beschaffung beispielsweise die Durchführung von Eiltransporten und in der Produktion das Stoppen des Produktionsprozesses nach sich ziehen kann, können sich im Absatzbereich Erlösschmälerungen und negative Folgen für das Image des Unternehmens einstellen. Welche Dimension diese Folgen haben können, zeigt das Beispiel eines Lebensmittel-Discounters, der Fehlmengen mit Konventionalstrafen in Höhe von 50% des Rechnungsbetrages sanktioniert. Systematisiert man die Fehlmengenkosten, so ergibt sich die folgende Struktur.
90
94
Vgl. inhaltlich ähnlich aber mit anderer Systematik: Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 68 ff.
Fehlmengenkosten als... Zusätzliche Kosten
Erlösminderungen
Entgehende Umsätze
Kosten innerhalb der Organisationseinheit Logistik, z.B. Frachten für Eillieferungen Kosten in anderen Unternehmensbereichen, z.B Überstundenzuschiage um durch Fehlmengen entstandene Zeitverluste auszugleichen sonstige Kosten, z.B Konventionalstrafen und Schadensersatz
Erlösschmälerung, z.B für aufgrund von Lieferverzug zu gewahrende Preisnachlässe vollständig entgehende Erlöse, z.B Nichtabnahme des für einen Kunden individuell gefertigten Produktes aufgrund einer Terminüberschreitung
- direkt, z.B. Kunden kaufen bei einem lieferfähigen Wettbewerber - indirekt, ζ Β im Vergleich zu den Wettbewerbern schlechtere Lieferfahigkeit bzw Termintreue spricht sich im Markt herum und führt dazu, daß das Unternehmen bei Anfragen nicht mehr berücksichtigt wird
Abbildung 32
Varianten der Fehlmengenkosten
91
Aufgrund der erheblichen methodischen Probleme, die sich bei der Behandlung der Fehlmengenkosten ergeben, schlägt Weber vor, sie nicht in einer laufenden Logistik-Kostenrechnung zu erfassen. Um jedoch eine Anreiz- und Steuerungsfunktion auszuüben, sollten sie mit Hilfe von Durchschnittswerten monetär quantifiziert und den Entscheidungsträgern zugewiesen werden. Letzteres kann unmöglich sein, da die innerbetriebliche Entscheidungsstruktur nicht immer eindeutig ist und weil auch externe Ursachen (man denke an das Zusammenbrechen des Verkehrs bei schlechten Wetterbedingungen oder an Streiks) vorliegen können. Um die spezielle Problematik der Fehlmengen jedoch nicht aufgrund dieser Schwierigkeiten zu ignorieren, sollte das Auftreten von Fehlmengen erfaßt werden - dies ist Bestandteil der Logistik-Leistungsrechnung - und die Möglichkeit bestehen, im Bedarfsfall die daraus resultierenden Kosten zu benennen. 92 zu 2. Mit welcher Höhe sind die Kosten zu berücksichtigen? Ist die Frage geklärt, ob es sich um Kosten handelt, so ist bei einer positiven Antwort zu prüfen, mit welchem Wert der Ressourcenverzehr, die
91 92
Vgl. Weber, Jürgen: Logistik-Controlling, 3. Aufl. Stuttgart 1993, S. 130. ebenda
95
Nutzenpotentialminderung anzusetzen ist. Die Literatur zu der auf das gesamte Unternehmen bezogenen Kostenrechnung liefert zahlreiche Beispiele für alternative Wertansätze. Das Spektrum reicht von der Auswahl der richtigen Abschreibungsmethodik über die Bestimmung des Betrages, von dem aus abgeschrieben werden soll, bis hin zu alternativen Methoden der Bewertung des Materialverbrauches. Eine besondere Rolle nehmen im Bereich der Logistik die kalkulatorischen Zinsen ein, die für das im Anlage- (z.B. Fahrzeuge und Lagereinrichtungen) und Umlaufvermögen (z.B. Bestände an Roh-, Hilfs- Betriebsstoffen, unfertigen und fertigen Erzeugnissen) gebundene Kapital berechnet werden. Ihre Reduzierung, in Großunternehmen können Kapitalbindungskosten für Vorräte pro Jahr mehr als 100 Millionen DM ausmachen, wird häufig als Argument zur Durchführung von Rationalisierungsinvestitionen herangezogen. Die Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Höhe der Kapitalbindungskosten beziehen sich auf die beiden in die Berechnung eingehenden Größen • Zinssatz und • Kapitalbindungshöhe. Zur Ermittlung der Kapitalbindungshöhe wird üblicherweise das durchschnittlich gebundene Kapital herangezogen. Doch wie hoch ist es tatsächlich? Dies hängt von dem eingesetzten mathematischen Verfahren zur Durchschnittswertbildung und bei Vorräten von der Lagersteuerung und dem damit verbundenen Bewertungsverfahren ab. Außerdem spielt eine nicht unerhebliche Rolle die Frage, welcher zeitliche Unterschied zwischen Anlieferung und Bezahlung der Waren besteht. Sollte, was gängige Praxis ist, die Bezahlung erst nach der Lieferung erfolgen, dann müßte die Kapitalbindung niedriger sein. 9 3 Als gegenläufige Effekte wären aber andererseits z.B. Nachteile durch die Nichtnutzung von Skonti und entgangene Preisnachlässe, die bei Vorauszahlung möglich wären, zu berücksichtigen. 9 4 Eine exakte Erfassung dieser Einflüsse würde aber sicherlich den Rahmen des Machbaren sprengen, so daß bei der
94
96
Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 77 ff. Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 177.
Bestimmung des durchschnittlich gebundenen Kapitals mit Vereinfachungen gearbeitet werden muß. Auf die Diskussion, ob kalkulatorische 9 5 Zinsen auf gebundenes Kapital überhaupt Kosten sind oder nur versteckte Gewinne darstellen, wird hier nicht eingegangen. Sie werden hier in Anlehnung an Hummel/Männel als Mischform von Zusatzkosten und Anderskosten betrachtet, da Unternehmen sich zumeist mit Fremd- und Eigenkapital finanzieren. 96 Die Höhe des zu verwendenden Zinssatzes kann sich in Unternehmen an verschiedenen Zinssätzen, die z.B. für kurz- und langfristiges Fremdkapital gezahlt werden, orientieren. Um die bestehenden und nicht abschließend zu lösenden Bewertungsprobleme der realitätsnahen Darstellung von kalkulatorischen Zinsen zu lösen, schlägt Weber vor: 9 7 •
Trennung der kalkulatorischen von den pagatorischen Kapitalbindungskosten • neben den Kapitalbindungskosten sollte die jeweilige Kapitalbindungshöhe ausgewiesen werden • Verwendung dreier paralleler Zinssätze - der niedrigste Zinssatz ergibt sich aus dem Quotienten von pagatorischen Zinsen geteilt durch das zur Verfügung stehenden Eigen- und Fremdkapital - der mittlere Zinssatz entspricht dem am Markt für langfristige Kredite gültigen Zinssatz - der höchste Zinssatz entspricht dem am Markt für kurzfristige Kredite gültigen Zinssatz Da Bestandsveränderungen normalerweise nicht zu einer Veränderung des Eigenkapitals führen, ist der niedrigste Zinssatz für die Bewertung von Lagerbeständen nicht geeignet. Weber empfiehlt daher den mittleren und den höchsten Zinssatz zu verwenden. Wobei diese zwei Werte die Bewertungsunter- (Annahme: Bestandsveränderungen betreffen nur die günstigste Finanzierungsform) und Bewertungsobergrenze (Annahme: Bestandsveränderungen betreffen nur die teuerste Finanzierungsform) darstellen sollten. Die Bewertung mit höheren Opportunitätskosten
96 97
Für pagatorische, also für Fremdkapital tatsächlich gezahlte Zinsen stellt sich diese Frage nicht. Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1. 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 178. Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 82 ff.
97
(Zinssätzen) ist abzulehnen, da sie insbesondere einer wirklichkeitsnahen und prinzipiell an Zahlungsströmen orientierten Kostenerfassung widerspricht. zu 3. Lassen sie sich verschiedenen Objekten zuordnen? Nachdem die beiden ersten Teilfragen angesprochen wurden, ist zu überlegen, wie eindeutig der wertmäßige Ressourcenverzehr weiterverrechnet bzw. „Objekten" zugeordnet werden kann. Als „Objekte" sind interessant - Logistikprozesse, weil die mit ihrer Durchführung entstehenden Kosten ermittelt werden sollen (Anwendung: z.B. Make-or-BuyAnalysen), - Verantwortungsbereiche, weil sich hier die Entscheidungsträger verbergen, die für die Durchführung eines Prozesses verantwortlich sind (Anwendung: z.B. Personalführung) und - Kostenträger, d.h. Objekte, die Leistungen in Anspruch nehmen, weil die im Zusammenhang mit der Entstehung/Behandlung der Kostenträger entstehenden Kosten ermittelt werden sollen (Anwendung: z.B. Bestimmung von Preisunter- oder obergrenzen). zu 3a. Lassen sie sich Logistikprozessen zuordnen? Bei der Diskussion der Abgrenzungsprobleme bezogen auf Logistikleistungen wurden bereits die engen Verflechtungen zwischen Logistikprozessen und anderen betrieblichen Prozessen genannt. Die dort dargestellten Probleme sind auch hier wieder zu finden. Sind die Abschreibungen und Energiekosten für das Kühllager eines Schlachthofes, in dem die Ware auf die für die Durchführung von Transporten notwendige Temperatur heruntergekühlt wird, dem Prozeß Lagerung oder dem Produktionsprozeß zuzuordnen? Wie sollen Kosten für einen Mitarbeiter, der in der Produktion im wesentlichen an einer Maschine tätig ist, der aber außerdem die Ver- und Entsorgung seines Arbeitsplatzes mit Materialien vornimmt, den Logistikprozessen zugerechnet werden? Wie sind die Kosten für die Fertigungsteuerung auf die dadurch veranlaßten Logistik- und Produktionsprozesse zu verteilen? Das Spektrum möglicher Zuordnungsprobleme ist sehr groß. 98 In Abhängigkeit von der Höhe der Logistikkosten, der Bedeutung einer differenzierten Abbildung der
Vgl. hierzu Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 68 ff.
98
Prozesse und dem für die Schaffung von mehr Transparenz erforderlichen Aufwand ist in der Praxis eine abgestufte Vorgehensweise sinnvoll. zu 3b. Lassen sie sich Verantwortungsbereichen zuordnen? Nachdem im ersten Schritt sichergestellt sein muß, daß Logistikprozesse abgegrenzt und der mit der Durchführung verbundene Ressourcenverzehr, die Kosten, zugeordnet werden können, ist jetzt zu prüfen, ob eindeutig eine für diese Kosten verantwortliche Führungskraft benannt werden kann. Dazu muß sich die Aufgabensynthese, d.h. die Bildung von Organisationseinheiten wie Gruppen, Abteilungen, Bereichen usw., an Prozessen als Strukturierungskriterium orientieren. In der betrieblichen Praxis wird diesem Prinzip jedoch nicht immer gefolgt, so daß es vorkommt, daß für einen Prozeß mehrere Führungskräfte verantwortlich sind, seltener, daß keine verantwortlich ist, häufiger, daß eine Führungskraft Entscheidungen für einen Prozeß trifft, für den eine andere Führungskraft verantwortlich ist. Dieses Problem verschärft sich, wenn, wie dies nicht selten der Fall ist, bei der Bildung von Kostenstellen weder Prozeß- noch Organisationsstrukturen berücksichtigt werden. Dann erfolgt eine Zuordnung der Kosten zu Kostenstellen und eine eindeutige Zuordnung zu Prozessen und Verantwortungsbereichen ist im bestehenden Kostenrechnungssystem unmöglich. An diesem Problem setzt dann die Prozeßkostenrechnung an, die häufig als Nebenrechnung versucht, eine entsprechende „Transformation" der Kosten zu ermöglichen. zu 3c. Lassen sie sich Kostenträgern zuordnen? Kostenträger sind inner- oder außerbetriebliche Leistungen. Damit hängt die Beantwortung dieser Frage davon ab, wie eindeutig den Leistungen als Ergebnis eines logistischen Prozesses der damit verbundene Ressourcenverzehr zugeordnet werden kann. Hier sind also auch die schon besprochenen Abgrenzungsprobleme bezogen auf die Logistikleistung und bezogen auf die Zuordnung von Kosten zu Prozessen zu berücksichtigen. Darüberhinaus ist wichtig zu erkennen, daß verschiedene Logistikleistungen nicht nur einem Kostenträger zukommen, sondern von mehreren beansprucht werden. Beispielhaft seien das Warenlager eines Handelshauses und die Auslieferung von Waren bei mehreren Kunden im Rahmen einer Tour erwähnt. Außerdem gehen einige Logistikleistungen nicht direkt in Kostenträger ein. Dies gilt z.B. für die Beschaffung und Lagerung von Ersatzteilen für die Fertigungsmaschinen oder für den Transport von Dokumenten mit der Hauspost. Sowohl für 99
inner- als auch außerbetriebliche Leistungen ^Kostenträger) ist also eine eindeutige Zuordnung aller Logistikkosten nicht oder nur eingeschränkt möglich. Wie gut dieses Problem mit akzeptablem Aufwand gelöst werden kann, wird später zu prüfen sein.
100
5 Vorgehensweise zum -Leistungsrechnung
Aufbau
einer
Logistik-Kosten-
und
5.1 Allgemeine Vorgehensweise Die Vorgehensweise für den Aufbau der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung orientiert sich an den schon diskutierten Grundüberlegungen. Im Mittelpunkt steht das Input-Output-Modell. Es repräsentiert das betriebliche Geschehen, und es ist sowohl auf operative als auch auf dispositive Prozesse anwendbar. Mit seiner Hilfe lassen sich die für den jeweiligen Einsatzzweck der Kosten- und Leistungsrechnung relevanten Informationen bestimmen. Als Leitfaden dienen die folgenden Fragen, deren Beantwortung für konkrete Prozesse differenzierte Hinweise für die Struktur der Kosten- und Leistungsrechnung liefert: Hinweis auf:
Frage: Wer ist für diesen Prozeß verantwortlich?
=>
Womit wird der Prozeß durchgeführt?
=> Ressourceneinsatz, Kosten
Wie wird er durchgeführt?
=> Prozeß
Was ist das Ergebnis der Prozeßdurchfüh-
=> Ressourcenzuwachs, Lei-
rung? Wofür bzw. für wen wird der Prozeß
Entscheidungsträger
stung => Kostenträger
durchgeführt? Gelänge es unter Berücksichtigung der bestehenden Abgrenzungsprobleme die Anwendung des Modells in die Gestaltung der LogistikKosten- und -Leistungsrechnung einfließen zu lassen, so ließen sich zahlreiche methodische Probleme bzw. Schwächen der bestehenden Systeme lösen. Dies erforderte aber eine teilweise radikale, über die Logistik hinausgehende Änderung der in den Unternehmen vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung. Aus diesem und den in Abbildung 33 genannten Gründen wird man in der Praxis von einem idealtypischen Konzept abrücken müssen. Das Spektrum der Entscheidungen zur Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 101
reicht demnach von „So einen Quatsch machen wir nicht mit." bis zu „Wir wollen eine richtungsweisende umfassende Konzeption umsetzen." Das eine oder andere Unternehmen wird mit einem solchen Weg sicher gut bedient sein. Für die Masse der Unternehmen gilt es jedoch den richtigen, den sinnvollen Mittelweg zu finden. Der läßt sich nicht als Patentrezept formulieren. Deshalb wird hier nicht die „ideale" LogistikKosten- und -Leistungsrechnung vorgestellt, sondern im Mittelpunkt stehen die Fragen: • Welcher Weg ist insbesondere bis zur Entscheidungsfindung zu gehen, damit man sicher sein kann, dieses Problem einigermaßen rational gelöst zu haben? • Welche Alternativen stehen überhaupt zur Verfügung?
Rahmenbedingungen - geringe wirtschaftliche Bedeutung der Logistik in einem Unternehmen - veraltete bzw. unterentwickelte Kosten- und Leistungsrechnung - keine bzw. lückenhafte Betriebsdatenerfassung
Einstellungen - das Denken in Unternehmen ist stärker abteilungs- als prozeßorientiert - „zu viel Transparenz schadet", Angst vor Kontrollen - die Kosten- und Leistungsrechnung ist nur ein „lästiges Zahlenwerk"
Wirtschaftlichkeit - Aufwand für die Änderung der Datenerfassung - Aufwand für die Erstellung eines logistik- oder gar unternehmensbezogenen Prozeßmodells - Aufwand für die Anpassung/Ergänzung der bestehenden Kosten- und Leistungsrechnung - monetärer und nicht monetärer Nutzen sind nicht nachweisbar
Abbildung 33
102
Hemmnisse beim Aufbau der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung
Die Durchführung eines Projektes zum Aufbau einer Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung orientiert sich an dem in Abbildung 34 komprimiert dargestellten Ablaufschema. Innerhalb der einzelnen Arbeitsschritte lassen sich einige der Teilaufgaben parallel durchführen. Andererseits sind aber an einigen Stellen Überlappungen oder Iterationen möglich und auch notwendig. So können sich beispielsweise Teile der Analysephase, der Entwicklung alternativer Konzepte und die Bewertung bzw. das Treffen der Entscheidung wiederholen, um in mehreren Durchläufen eine Verfeinerung der Konzepte zu erreichen. In diesem Sinn ist das Schema also nicht als streng chronologische Abfolge zu verstehen. Es erhebt - dies sei betont - keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist keine Maximal- und keine Minimallösung. D.h. in der Praxis kann es durchaus notwendig sein, zusätzliche Arbeitsschritte zu berücksichtigen oder aber auch einige Arbeitsschritte zu vernachlässigen. Das Ablaufschema ist deshalb nur als ein Leitfaden zu verstehen, der einige Gedankenanstöße bieten soll. An verschiedenen Stellen ist im Projektablauf zu prüfen, ob alle oder nur Teile der z.B. logistischen Funktionen, Artikel, Standorte, Materialflüsse, Leistungsarten usw. betrachtet werden können. Ziel ist eine Konzentration der Betrachtung auf die wirtschaftlich relevanten Bereiche, um die Ressourcen im Projekt optimal einzusetzen. Grundsätzlich sollten lieber 70% des Möglichen realisiert werden, bevor unendlich lange versucht wird, eine zu 100% perfekte Lösung zu schaffen. Die erforderliche Akzeptanz (insbesondere bei den Entscheidungsträgern, den Promotoren des Projektes) kann durch schnelle und überzeugende Erfolge geschaffen werden. Genauso wichtig ist es aber, daß die von den Neuerungen betroffenen Mitarbeiter einbezogen werden, da nur sie den Erfolg einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung im Tagesgeschäft sichern können.
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Projektvorbereitende Maßnahmen Analysephase Informationsbedarfsanalyse => Ermittlung des subjektiven Informationsbedarfes => Annäherung an den objektiven Informationsbedarf Informationsangebotsanalyse Abgleich von Angebot und Nachfrage Entwicklung eines Anforderungskataloges
Entwicklung alternativer Konzeptionen 9 # #
Konzeption der inhaltlichen Struktur Konzeption der technischen Umsetzung Klärung der Einbindung in die vorhandenen Systeme
Bewertung der Konzepte und Entscheidung Realisierung Vorbereitung der Einführung Einführung des Konzeptes Abschluß des Projektes
Abbildung 34
Vorgehensweise
5.2 Projektvorbereitende
Maßnahmen
Der Umfang, den die Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung annehmen kann, der erforderliche Ressourceneinsatz und die Reichweite der Entscheidung für das Unternehmen rechtfertigen es, vor
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der eigentlichen Bearbeitung das Projekt gründlich vorzubereiten. In diesem Zusammenhang sind folgende Punkte zu berücksichtigen: •Projektleitung benennen Die Anforderungen, die an die Leitung (i.d.R. eine Person) eines derartigen Projektes zu stellen sind, sind ausgesprochen hoch. Die Person muß über die „klassischen" Eigenschaften wie Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungskraft und Erfahrung im Projektmanagement verfügen und außerdem ausgesprochen hoch motiviert sein. Um einen Mißerfolg zu sichern, genügt es, jemanden dazu zu verpflichten, etwas „freiwillig" zu tun. Bezogen auf die notwendige Fachkompetenz bestehen im Extremfall zwei Möglichkeiten, zwischen denen in Abhängigkeit von der „Projektkultur" und dem im Unternehmen vorhandenen Know-how zu wählen ist. In Unternehmen, in denen das Wissen (bezogen auf Kosten- und Leistungsrechnung sowie Logistik) auf wenige Personen konzentriert ist, und in Unternehmen, in denen Teamarbeit vernachlässigt wird, muß die Projektleitung einen hohen fachlichen Input leisten können. Wenn zahlreiche Personen über einen guten Wissensstand verfügen und Teamarbeit gepflegt wird, dann kann sich die Rolle der Projektleitung auf die eines Moderators beschränken, der keinen fachlichen Input leistet, sondern der nur methodisch unterstützt und die Zielerreichung kontrolliert. •Zieldefinition Ausgehend von der Problemstellung, die im Unternehmen identifiziert wurde („Wir wissen nicht, wie hoch unsere Logistikkosten sind!"; „In der Vorkalkulation veranschlagte Logistikkosten weichen erheblich von den Ist-Kosten ab!"), muß die Zielrichtung für das Projekt festgelegt werden. Wichtig ist dabei, daß die Beseitigung des/der Problems/e in der Zielformulierung aufgenommen wird. Mögliche, d.h. bereits bekannt oder denkbare, Lösungsansätze müssen unberücksichtigt bleiben. Nur so kann sichergestellt werden, daß nicht eine bereits vorher präferierte Lösung (z.B. aufgrund der Voreingenommenheit eines Entscheidungsträgers oder aufgrund der Empfehlung eines Beraters) umgesetzt wird, bei der nicht kritisch geprüft wurde, ob sie tatsächlich hilft, die Probleme zu lösen. Das zu formulierende Ziel läßt sich in Abhängigkeit vom Detaillierungsgrad in Grob- und Feinziele unterscheiden. In Abhängigkeit vom Inhalt lassen sich Kostenziele, Funktionsziele, Leistungsziele, Qualitätsziele und Terminziele unterscheiden. Hilfreich kann es sein, sich an dieser Stelle die allgemeinen Aufgaben der Kosten- und Leistungsrech105
nung anzusehen und sie mit den selbst formulierten (Informationsversorgungs-) Problemen abzugleichen. •Abgrenzung des zu untersuchenden Bereiches Zweck dieses Arbeitsschrittes ist es, den Untersuchungsbereich enger einzugrenzen und erstes, mit Blick auf die Aufgabe erforderliches Wissen über ihn zu sammeln. Dazu sind z.B. die unternehmensspezifischen Randbedingungen (z.B. Unternehmenspolitik, Gesetze und Vorschriften usw.) detaillierter zu erfassen. Es ist zu klären, was „die" Logistik im betrachteten Unternehmen ist? Welche Restriktionen sind zu berücksichtigen? Findet die Untersuchung im gesamten Unternehmen oder in Teilen davon statt? • Projektorganisation festlegen Über die Projektleitung hinaus müssen noch weitere Personen bestimmt werden, die kontinuierlich oder zeitweise an dem Projekt beteiligt werden. Hierbei ist gegebenenfalls zu überlegen, ob externe Unterstützung einbezogen werden sollte. Innerhalb des Projektteams läßt sich in Abhängigkeit von einzelnen Arbeitspaketen eine Aufteilung in kleinere Teams vornehmen. In Abhängigkeit von der Intensität der Beteiligung lassen sich Mitglieder eines Kernteams oder eines erweiterten Kreises unterscheiden, die gegebenenfalls auch unterschiedlich zu informieren und an unterschiedlichen Sitzungen zu beteiligen sind. Als eine Art „Aufsichtsgremium" kann ein Lenkungsausschuß eingerichtet werden, vor dem Arbeitsergebnisse und geplante Arbeitsschritte präsentiert werden und der die Richtung der Aktivitäten vorgibt. Neben diesen eher personellen Fragen der Projektorganisation sind auch die übrigen einzusetzenden Ressourcen zu planen. So ist beispielsweise zu klären, ob eine Software für das Projektmanagement angeschafft wird und welche Kommunikationskanäle einzurichten sind. Die Bestimmung der Menge der erforderlichen Ressourcen läßt sich zu einem finanziellen Budget für das Projekt weiterentwickeln. Zusätzlich ist aber auch eine Zeitplanung notwendig. Es muß ein detaillierter Arbeitsplan erstellt werden, die einzelnen Arbeitsschritte sind zu terminieren, und die Ressourcen müssen zugeordnet werden. Dadurch wird gewährleistet, daß keine Ressourcenkonflikte entstehen und daß das Projekt überwachbar bleibt.
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5.3 Analysephase Die Analysephase gliedert sich in die vier Teilarbeitsschritte • Informationsbedarfsanalyse, • Informationsangebotsanalyse, • Abgleich von Angebot und Nachfrage und • Entwicklung eines Anforderungskataloges. Bevor eine Entscheidung über die Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung getroffen wird, müssen diese Arbeitsschritte vollzogen worden sein. Sie dienen dazu, zu klären, in welchem Umfang Veränderungen bzw. Ergänzungen der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung erforderlich sind und welcher Nutzen (Befriedigung des Informationsbedarfes) und weicher Aufwand (Schließen der Lücke zwischen vorhandenen und notwendigen Informationen) damit verbunden sein wird. In Abhängigkeit von der Bedeutung der Logistik für das Unternehmen (z.B. gemessen am Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten) aber auch von anderen Faktoren (vgl. auch Abbildung) wird der Detaillierungsgrad der Arbeitsschritte in verschiedenen Unternehmen unterschiedlich groß sein. Eine gewisse Vorgabefunktion hat dabei die Informationsbedarfsanalyse. Stellt sich heraus, daß sowohl subjektiv als auch objektiv nur ein geringer Bedarf an Kosten- und Leistungsinformationen besteht, so kann das Projekt mit sehr geringem Aufwand zu Ende geführt, gegebenenfalls - wenn kein zusätzlicher Informationsbedarf feststellbar ist - sogar abgebrochen werden. Dies dürfte jedoch in den wenigsten Fällen eintreten. Fast immer werden in der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung Defizite festgestellt, deren Beseitigung für die Informationsempfänger einen zusätzlichen Nutzen bringt. Sind die Schwächen erheblich oder fehlt gar eine Kosten- und Leistungsrechnung, dann erhält das Projekt eine ganz andere Dimension. Ergänzend kann es sinnvoll sein, im Rahmen der Informationsbedarfsanalyse auch eine Analyse der Logistik einzubeziehen. Diese kann dann so weit gehen, daß auf diesem Weg eine Optimierung der Geschäftsprozesse der Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung vorangestellt wird.
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5.3.1 Informationsbedarfsanalyse Ziel der Informationsbedarfsanalyse ist die Spezifizierung der von der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung bereitzustellenden Informationen. Spezifizieren meint, daß zu erarbeiten ist, für wen, wie oft, wie detailliert, welche Information in welcher Form bereitzustellen ist. Orientiert an Horvâth, der sich wie viele andere Autoren an Szyperski anlehnt, lassen sich folgende Begriffe unterscheiden: 99 Informationsbedarf Informationsbedürfnis Informationsnachfrage Informationsangebot
= objektiv zur Erfüllung einer Aufgabe nötige Informationen = subjektiv wahrgenommener Informationsbedarf = artikuliertes Informationsbedürfnis = in unterschiedlicher Form bereitstehende Informationen
Idealerweise sollten die drei Mengen Informationsbedarf, -bedürfnis und -nachfrage übereinstimmen und Teilmengen des Informationsangebotes sein. Von diesem Idealzustand ist die Realität jedoch weit entfernt. Graphisch läßt sich dieser Zusammenhang wie in Abbildung darstellen, wobei die Größe der Mengen ohne Bedeutung ist:
Vgl. Horvâth, Péter: Controlling, 4. Aufl. München 1991, S. 371 und Szyperski, Norbert: Informationsbedarf, in: H WO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 904-913, hier: Sp. 904 f.
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subjektiver Informationsbedarf (=lnformationsbedürfnis)
t
objektiver .Informationsbedarf (=1 nfo rmatio nsbeda rf)
artikulierte Informationsnachfrage
Informationsangebot
Abbildung 35
Inkongruente Informationsmengen
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Die Gründe für die bestehenden Inkongruenzen setzen bei den Einflüssen auf die vier Informationsmengen an. Beispielhaft sind zu nennen 101 • • • •
die Schwierigkeit, zukünftige Informationsbedarfe zu prognostizieren, die Schnellebigkeit externer Daten, eine nicht bedarfsorientierte Informationsverdichtung, möglicherweise bestehende technische und organisatorische Hindernisse und • das individuelle Informationsverhalten, das in Abhängigkeit von der konkreten Situation und der Informationsverarbeitungsbereitschaft des Individuums variieren kann (die Informationsverarbeitungsbereitschaft wird durch die Unterschiede in der Risikobereitschaft und von den intellektuellen Fähigkeiten der Nachfrager beeinflußt).
Vgl. Szyperski, Norbert: Informationsbedarf, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 904-913, hier: Sp. 906. Vgl. Becker, Wolfgang. Funktionsprinzipien des Controlling, in: ZfB, 60. Jg. (1990) H. 3, S. 295318. hier: S. 311; Szyperski, Norbert: Informationsbedarf, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 904-913, hier: Sp. 907 und Fischer, Martin: Logistik-Controlling. Theoretische Grundlagen und die Umsetzung auf den Steinkohlenbergbau, Berlin 1991, S. 123.
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Für die Durchführung der Informationsbedarfsanalyse schlägt Szyperski als Methoden Expertenurteile, mathematische Transformationen, eine empirisch-induktive Erfassung, Systemsimulationen und Bedarfsszenarien vor. 102 Während er selbst bereits die Bedeutung der mathematischen Transformation einschränkt, muß aber wohl auch die Relevanz der Simulation und der Szenarien als Methoden zur Informationsbedarfsermittlung mit Blick auf ihre Praktikabilität stark reduziert werden. Unter Berücksichtigung der von ihm genannten und der von Horväth u.a. ergänzend vorgeschlagenen grundlegenden Verfahren Aufgabenanalyse und Dokumentenanalyse 1 0 3 wird für das hier betrachtete Problem eine Kombination von drei Methoden empfohlen. Mit Hilfe von Interviews und durch die Sammlung und Analyse der bisher im Unternehmen verwendeten Kosten- und Leistungsinformationen lassen sich die Informationsnachfrage und das subjektive Informationsbedürfnis ermitteln. Dabei ist zunächst nicht zu hinterfragen, ob die von den Mitarbeitern verwendeten Informationen „sinnvoll" oder „gut" sind. Es kann durchaus zur Schaffung der erforderlichen Akzeptanz notwendig sein, daß ein neues Informationssystem objektiv unnötige Informationen bereitstellt, weil diese den Mitarbeitern vertraut sind. Allerdings sollte hier entsprechende Überzeugungsarbeit geleistet werden, da die Belastbarkeit der Technik und die Systemintegrität Grenzen setzen, die nicht unbedingt erreicht werden müssen. Neben den beiden induktiven Verfahren (Interviews und Dokumentenanalyse) läßt sich deduktiv auf Basis einer Aufgaben- bzw. Prozeßanalyse und unter Berücksichtigung der für die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung formulierten Ziele der Informationsbedarf objektivieren. D.h., daß, nachdem zuvor die Fragen „Welche Informationen erhält ein Mitarbeiter?" und „Welche Informationen möchte ein Mitarbeiter?" beantwortet wurden, jetzt die Frage im Mittelpunkt steht: „Welche Informationen sollte ein Mitarbeiter zur Erfüllung seiner Aufgaben haben?" Daß auf diesem Weg der gesamte objektive Informationsbedarf abgebildet wird, muß sicherlich als Illusion bezeichnet werden. Die vollständige Erfassung scheitert an der Komplexität und der beinahe unbe-
Vgl. Szyperski, Norbert: Informationsbedarf, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980, Sp. 904-913, hier: Sp. 911. Vgl. Horvâth, Péter: Controlling, 4. Aufl. München 1991, S. 375.
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grenzten Menge der potentiellen Informationsbedarfe. 104 Auch wenn aus den genannten Gründen kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird, so ist trotzdem anzunehmen, daß mit Hilfe der eingesetzten Methoden die wesentlichen Informationsbedarfe ermittelt werden können. Die Beschreibung der Informationsbedarfe kann ansatzweise durch die Formulierung entsprechender Kennzahlen erfolgen. Diese werden jedoch zunächst unstrukturiert sein und auch die mathematischen und sachlogischen Verflechtungen zwischen ihnen werden nicht zu erkennen sein. Die notwendige Strukturierung kann sich gleichzeitig an verschiedenen Kriterien, wie z.B. Inhalt (Spezifizierung der Art des In- oder Outputs), zuzuordnender Prozeß, Prozeßverantwortlicher, Adressat, Verdichtungsstufe usw., orientieren. Für die Aufbereitung des Informationsbedarfes sollten für jeden einzelnen Bedarf, d.h. für jede einzelne Kennzahl, die folgenden Merkmale spezifiziert werden. •
Name Jede Kennzahl erhält einen Namen, der sie inhaltlich möglichst genau beschreibt. z.B.: Anteil der Kosten für Expresslieferungen an den gesamten Transportkosten einer Periode
•
Definition (Formel, Beschreibung) Die der Kennzahl zugrunde liegende Definition muß festgehalten und ggf. erläutert werden. z.B.: Formel.
Summe der Kosten für Expresslieferungen einer Periode Summe der Transportkosten einer Periode
Als Kosten für Expresslieferungen werden die Kosten verstanden, die zusätzliche zu den „normalen" Transportkosten, z.B. in Form von Expresszuschlägen oder durch den Einsatz besonderer Expressdienste, anfallen, weil anders eine Einhaltung bzw. möglichst geringe Überschreitung des zugesagten Liefertermins nicht möglich ist.
Vgl. Szyperski, Norbert: Informationsbedarf, in: HWO, Hrsg.: Erwin Grochla, 2. Aufl. Stuttgart 1980. Sp. 904-913, hier: Sp. 910.
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•
Aussage Zur weiteren Verdeutlichung wird die Aussage, also der Informationsgehalt der Kennzahl, festgehalten. z.B.: Die betrachtete Kennzahl zeigt, welche relative Größe die Kosten für Expresslieferungen im Vergleich zu den gesamten Transportkosten haben.
•
Basisdaten Aus der Formel lassen sich in einem ersten Schritt die notwendigen Basiszahlen ermitteln. Abschließend können sie jedoch erst formuliert werden, wenn in der Informationsangebotsanalyse das Vorhandensein dieser Basisdaten bestätigt werden kann. z.B.: Als Basisdaten gehen in diese Kennzahl die Summe der Kosten für Expresslieferungen und die Summe der Transportkosten der betrachteten Periode ein. Die beiden Summen setzten sich aus Kosten für den Einsatz des eigenen Fuhrparks und aus Fremdleistungskosten z.B. für Speditionen, Paketdienstleister oder Expressdienste zusammen. In Abhängigkeit von der Transportintensität kann als kleinste Periode z.B. ein Tag oder ein Monat betrachtet werden.
•
Differenzierungsmöglichkeiten Bei der Durchführung der Informationsbedarfsanalyse muß festgelegt werden, in welcher Art und Weise die Kennzahl differenziert werden soll. Die Differenzierungen können sich z.B. auf das betrachtete Zeitsegment, das betrachtete Objekt oder eine organisatorische Einheit beziehen. Sie beeinflussen die Art und Form der bereitzustellenden Basisdaten. z.B.: Neben verschiedenen anderen Möglichkeiten stellen - die spezielle Form der Expresslieferung, - die jeweils belieferten Kunden, - die angefahrenen Relationen, - die transportierten Produkte und - die Frage, ob der Kunde die Zusatzkosten trägt oder nicht, wichtige Differenzierungen dar.
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•
Grenzwerte Um den Informationsbedarf auch im Rahmen von Soll-Ist-Vergleichen zu benutzen oder um rechtzeitig Fehlentwicklungen erkennen zu können, ist es sinnvoll, für die Kennzahlen Grenzwerte zu formulieren. Grundsätzlich kann man absolute, relative und indizierte Grenzwerte unterscheiden, von denen die absoluten am häufigsten verwendet werden. z.B.: Für die Expresskosten wird als kritische Größe ein Anteil von mehr als 15% festgelegt. Alternativ könnten auch gestufte Grenzwerte genutzt werden. So ist es denkbar festzulegen, daß bei einem Wert von mehr als 15% der Kostenanteil als sehr kritisch und bei einem Wert von mehr als 10% der Kostenanteil als problematisch bezeichnet wird.
•
Maßnahmen Damit nicht nur Probleme aufgezeigt, sondern auch Hinweise für ihre Lösung angeboten werden, werden für jede Kennzahl, Maßnahmen formuliert, die einzuleiten sind, wenn eine bestimmte Abweichung festgestellt wird. z.B.: Bereits bei einer problematischen Abweichung der Kosten für Expresslieferungen muß genau untersucht werden, welche Ursachen für die Erhöhung des Anteils zu sehen sind. Dazu bietet sich eine differenziertere Analyse der Kosten in Abhängigkeit von ausgelieferten Produkten, belieferten Kunden und/oder Regionen an. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob die Verzögerungen ihre Ursachen im Bereich der Produktion haben oder ob sie durch den Kunden veranlaßt worden sind. In Abhängigkeit von diesen Ergebnissen ist weiter zu prüfen, ob die selbst zu verantwortenden Verzögerungen vermeidbar gewesen sind und z.B. auf Planungsfehler zurückzuführen oder durch unvorhergesehene Störungen (Ausfall einer Produktionsanlage) begründet sind.
Als abschließender Teilschritt ist innerhalb der Informationsbedarfsanalyse eine Bewertung der einzelnen Informationen bezogen auf die Dringlichkeit ihrer Bereitstellung vorzunehmen. Um den Aufwand überschaubar zu halten, können z.B. drei Klassen (Muß-Information, SollInformation, Nice-to-have-lnformation) gebildet werden, in die die Informationen einzuteilen sind. 113
5.3.2 Informationsangebotsanalyse Nachdem nun detailliert beschrieben ist, welche Informationen von einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung bereitgestellt werden sollten, ist zu prüfen, inwieweit die vorhandenen Informationssysteme in der Lage sind, die Nachfrage zu decken. Im Arbeitsschritt „Informationsangebotsanalyse" wird deshalb ermittelt, welche Informationen in welcher Form verfügbar sind. Unter Verfügbarkeit ist dabei z.B. zu prüfen, ob die Informationen vorhanden sind und wenn ja auf welchem DV-System oder in welcher sonstigen Form sie vorliegen, auf welche Zeiträume oder Zeitpunkte sie sich beziehen und ob sie nach verschiedenen Parametern differenziert erfaßt werden. Zur Vereinfachung bietet es sich an. bereits im Rahmen der Informationsbedarfsanalyse diese Fragen aufzugreifen. Für eine Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung ist zu erwarten, daß zumindest ein kleiner Teil der Kosteninformationen (ohne eine qualitative Wertung vorzunehmen) bereits in der Kostenrechnung und Finanzbuchhaltung vorhanden ist. Bezogen auf die Leistungsinformationen wird sich die Situation sehr viel komplizierter darstellen. Aufgrund ihres Querschnittscharakters „berührt" die Logistik verschiedene Funktionsbereiche, die mit unterschiedlichen Informationssystemen unterstützt werden. Die Folge ist, daß Logistikleistungsinformationen - sofern überhaupt vorhanden - an verschiedenen Stellen zu finden sind. Als Quellen können z.B. auftreten • das Lagerverwaltungssystem, • die Tourenplanung, • Steuerungssysteme für innerbetriebliche Transportsysteme, • Produktionsplanungs- und -steuerungs-Systeme bzw. Warenwirtschaftssysteme, • die Personalzeiterfassung, • die Finanzbuchhaltung, • die Kostenrechnung und/oder • manuelle Aufzeichnungen. Je höher der Anteil der DV-technisch verfügbaren Daten und je höher der Intergrationsgrad der einzelnen DV-Systeme, um so besser sind die Voraussetzungen zur Deckung des Informationsbedarfes. Faßt man die bisherigen Ergebnisse zusammen, so ist festzustellen, daß bezogen auf
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den identifizierten Informationsbedarf die folgenden Merkmale erarbeitet wurden • Zuordnung zu verschiedenen Strukturierungskriterien, z.B. - Inhalt (Spezifizierung der Art des In- oder Outputs) - zuzuordnender Prozeß - Prozeßverantwortlicher - Adressat •
Beschreibung - Name - Definition - Aussage - Basisdaten - Differenzierungsmöglichkeiten - Grenzwerte - Maßnahmen • Priorität - Muß-Information - Soll-Information - Nice-to-have-lnformation • Herkunft (Datenquelle) - Lagerverwaltungssystem
5.3.3 Abgleich von Angebot und Nachfrage Dieser dritte Teilschritt der Analysephase dient der Feststellung der Informationsdefizite. Es wird ermittelt, welche Differenz zwischen dem Informationsbedarf und dem aktuell vorhandenen Informationsangebot besteht. Ein typisches Ergebnis der vorherigen Schritte ist, daß als wichtig erachtete Informationen in erheblichem Umfang nicht unmittelbar verfügbar sind. D.h., daß sie in den vorhandenen Systemen teilweise vorhanden sind, aber für die hier angesprochenen Zwecke erst modifiziert werden müßten, und daß sie teilweise gar nicht verfügbar sind. Daher ist es ergänzend erforderlich, eine Bewertung der Informationen hinsichtlich des für ihre Bereitstellung notwendigen Aufwandes vorzunehmen. Da in diesem Stadium eine Quantifizierung in Form von Kosten oder Arbeitsstunden nicht möglich ist, erfolgt eine subjektive Einschät-
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zung durch Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Kenntnisse über die Datenquellen eine derartige Bewertung vornehmen können. Es sei aber ausdrücklich auf zwei Probleme hingewiesen: 1. Eine Reihe von Bewertungen, d.h. insbesondere bei noch nicht verfügbaren Informationen, ist nur unter Berücksichtigung der konzeptionellen Varianten zum Aufbau einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung möglich. 2. Die Festlegung der Prioritäten hängt auch von den noch zu formulierenden, allgemeinen Anforderungen ab. Unter Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten können aber trotzdem als Ergebnis dieses Arbeitsschrittes die bestehenden Informationsdefizite benannt werden. Als eine grobe Entscheidungshilfe zur Beantwortung der Frage, welche Informationen bereitzustellen sind und welche nicht, läßt sich dann die folgende Matrix benutzen.
Information
. ;
*
hoch bereitstellen
v.:
•Ä ' V
Priorität
differenziert
des Informations-
mittel
i
prüfen
bedarfes -
niedrig
«
kein 1 0 5
gering
mittel
hoch
sehr hoch
zusätzlicher Aufwand, um Informationen verfügbar zu machen
Abbildung 36
Matrix zur Eingrenzung des Informationsbedarfes
Dies trifft für die Informationen zu ; die bereits verfügbar sind.
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5.3.4 Anforderungen Die Zielsetzung für die in der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung abzubildenden Inhalte ist durch die Vergabe von Prioritäten für die Informationsbedarfe formuliert worden. Durch den Abgleich mit dem „Machbaren" (Informationsbedarfsanalyse) fand eine erste Relativierung der Wunschvorstellungen statt. Damit ist bisher nur beschrieben worden, welche Informationen die Nutzer der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung erhalten. Es ist noch nicht diskutiert worden, auf welchem Weg die Informationen methodisch aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Bevor im nächsten Kapitel Gestaltungsalternativen für den Aufbau einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung vorgestellt werden, ist es jedoch im Rahmen eines entsprechenden Projektes sinnvoll, zunächst Anforderungen zu identifizieren, die den Handlungsspielraum einschränken bzw. die bei der Konzeptentwicklung zu berücksichtigen sind. Ein Teil dieser Anforderungen leitet sich aus den Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ab. Andere stellen jedoch spezielle Erwartungen der Praxis dar, die berücksichtigt werden müssen. Beispielhaft können genannt werden: • • • • • • • • •
Die Akzeptanz der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung muß durch eine breite innerbetriebliche Abstimmung der methodischen Grundlagen und z.B. der Verteilungsmodalitäten erreicht werden. Notwendig ist eine hohe Flexibilität hinsichtlich der Anpaßbarkeit an strukturelle Veränderungen im Unternehmen und an Veränderungen im Informationsbedarf. Die Aussagen müssen für betroffene Mitarbeiter nachvollziehbar sein. Mitarbeiter erhalten bedarfsorientiert die Informationen (z.B.: regelmäßige Basisinformationen, die auf Anfrage detailliert und/oder ergänzt werden). Die Informationen müssen aktuell, eindeutig und korrekt sein. „Lieber wenige Informationen schnell, als viele Informationen nie!" Erforderlich ist eine hierarchische Struktur der Kosten- und Leistungsinformationen. Neben der Darstellung des Ist-Zustandes muß auch eine Planung (Ressourcenplanung, Budgeterstellung) mit einem nachfolgenden Soll-Ist-Vergleich möglich sein. Führungskräfte müssen mit geringem Aufwand eigene Analysen durchführen können. 117
Der Einsatz der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung muß sich dem Wirtschaftlichkeitsgebot beugen. Bei der Entwicklung ist also darauf zu achten, daß der spätere Einsatz keine hohen Kosten verursacht. Einer der wichtigsten Kostentreiber wird die Zahl der einzugebenden, nur manuell verfügbaren Daten sein. Bei diesen sind daher sehr kritisch ihre Eignung und die Notwendigkeit der Erfassung zu prüfen. Den entstehenden Kosten des Systems stehen zwar keine Erlöse gegenüber, aber es sollte wenigstens ein möglichst quantifizierbarer Nutzen aus der Einführung resultieren. In Anlehnung an Gast läßt sich abstrakt der potentielle Nutzen in einen Primär- und einen Sekundärnutzen unterscheiden. Der unmittelbare, also primäre Nutzen läßt sich weiter in monetäre Größen, wie z.B. Einsparungen beim Personal und unter Umständen bei den Betriebsmitteln, und nicht-monetäre Größen, zu denen verschiedene eine Qualitätsverbesserung ausdrückende Effekte zählen, differenzieren. Über eine durch eine Verbesserung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung effektivere Planung, Steuerung und Kontrolle entstehen die verschiedenen Effekte, die dem Sekundärnutzen zuzurechnen sind. Zu ihnen zählen z.B. eine Verkürzung der Durchlaufzeiten und eine Reduzierung der Bestände. Nur wenige dieser Effekte lassen sich monetär quantifizieren. Bei den übrigen ist es schwierig, die Wirkung der Informationsbereitstellung zu isolieren und ihr eindeutig den durch sie verursachten Nutzen zuzuordnen.
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Abbildung 37
Nutzeneffekte bei der Verbesserung eines Informationssystems 106
Konkretere Anforderungen, die z.B. von der Unternehmensleitung formuliert werden, können sich auf die Art der Integration in die bestehende Kosten- und Leistungsrechnung und auf den Umfang der „zulässigen" Veränderungen beziehen. Mögliche Aussagen, die in diesem Zusammenhang formuliert werden, können sein: • „Die vorhandene Kostenrechnung darf nicht verändert werden." • „Einer grundlegenden Überarbeitung der vorhandenen Kosten- und -Leistungsrechnung steht nichts im Wege!" • „Wir brauchen eine ganz neue Kosten- und Leistungsrechnung" • „Wir bleiben bei unserer Vollkostenrechnung!"
Vgl. Gast, Ottmar: Analyse und Grobprojektierung von Logistik-Informationssystemen, Berlin, Heidelberg, New York, Tokio 1985, S. 108.
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Durch diese Vorgaben werden erheblich die weiteren Projektschritte und damit auch der Erfolg einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung determiniert. Deshalb sollten mögliche Widerstände, die die Realisierung eines vernünftigen Konzeptes verhindern, auch wenn sie von der Unternehmensleitung formuliert werden, beseitigt werden. Hilfreich sind dabei die immer zu findenden Beispiele für Fehlentscheidungen, die aufgrund von unzureichenden Kosten- und Leistungsinformationen getroffen wurden. 5.4 Entwicklung alternativer Konzeptionen Die Entwicklung alternativer Konzeptionen für die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung wird hier nur kurz als Arbeitsschritt angesprochen, da eine ausführlichere Diskussion der Gestaltungsalternativen später folgt. Betrachtet man den bis zu diesem Punkt erreichten Arbeitsfortschritt, so ist festzustellen, daß erarbeitet wurde, welche Kosten- und Leistungsinformationen für welchen Bedarfsträger, in welcher Form (z.B. Detaillierungsgrad, Häufigkeit usw.) bereitgestellt werden sollen. Außerdem ist bekannt, welche Informationen bereits verfügbar sind bzw. verfügbar gemacht werden können. Schließlich wurden Anforderungen ermittelt. Im Mittelpunkt dieses Arbeitsschrittes steht die Frage, wie, d.h. mit welcher methodischen und technischen Unterstützung, die Kostenund Leistungsinformationen gesammelt, aufbereitet und für den Nachfrager bereitgestellt werden können. Zur Charakterisierung der Gestaltungsalternativen lassen sich z.B. die folgenden Fragen heranziehen: • Permanente oder sporadische Rechnung? • Integration in die bestehende Kosten- und Leistungsrechnung oder Nebenrechnung? • Vollkosten- oder Teilkostenrechnung? • Berücksichtigung von Plankosten? • „Klassische" Kostenrechnung oder Prozeßkostenrechnung? Wird die Integration der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung in die vorhandene Kosten- und Leistungsrechnung als Gestaltungsvariante gewählt, so ist die Frage nach der technischen Unterstützung i.d.R. nicht mehr zu stellen. Die bereits vorhandene Hard- und Software kann -
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sofern keine Kapazitätsengpässe existieren - hierfür genutzt werden. Nicht so einfach läßt sich dieser Aspekt behandeln, wenn die LogistikKosten- und -Leistungsrechnung als eigenständige parallel durchgeführte (Neben-)Rechnung realisiert wird. In diesem Fall ist zu entscheiden, ob z.B. eine Tabellenkalkulation oder eine spezielle Kostenrechnungssoftware eingesetzt werden kann, wie die Datenversorgung dieses neuen Systems sichergestellt wird und welche Hardware erforderlich ist. Neben den inhaltlichen, methodischen und ggf. technischen Gestaltungsalternativen ist im Rahmen dieses Arbeitsschrittes auch die Einführungsmethodik zu betrachten. In welchem Umfang wird das Konzept umgesetzt? Komplett in einem Arbeitsschritt („Big Bang"), stufenweise einzelne Module, zeitweilig parallel neben schon vorhandenen Ansätzen einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung? Wie stark werden die Mitarbeiter in die Konzeptentwicklung und Einführung einbezogen? Gar nicht (Top-down), teilweise (Gegenstromverfahren, „Bombenwurfstrategie"), maßgeblich (Bottom-up)? Dies sind nur einige Fragen zur Einführungsmethodik. Mit Blick auf die immense Bedeutung, die die Akzeptanz eines Konzeptes durch die betroffenen Mitarbeiter für den Umsetzungserfolg hat, muß diesen Überlegungen viel Aufmerksamkeit gewidmet werden. 5.5 Bewertung und Entscheidung Wann amortisiert sich die Einführung einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung? Diese berechtigte Frage läßt sich nicht beantworten, da Einsparungseffekte nicht eindeutig zu identifizieren und zuzuordnen sind. Die Bewertung der im vorherigen Arbeitsschritt entwickelten Konzepte wird stets Gemeinsamkeiten mit dem Lesen im Kaffeesatz oder in einer Kristallkugel haben. Der zentrale Nutzen eine differenzierten Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung besteht in dem Vorhandensein von „besseren" Informationen. Doch das Wissen allein ist nichts wert. Es müssen Handlungen folgen, die z.B. zu einem effizienteren Ressourceneinsatz führen, die die Bestände und Durchlaufzeiten senken, die die Logistikleistung verbessern. Doch wer sind die „Mütter" und „Väter" dieser Erfolge? Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung oder eher die Führungskräfte, die „kluge" Entscheidungen treffen?
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Trotz des Dilemmas der Bewertbarkeit von „besseren" Informationen muß für die Entscheidungsfindung ein Weg gefunden werden, auf dem eine Bewertung der Alternativen möglich wird. In Abbildung wurden bereits einige Nutzeneffekte genannt, die im Zusammenhang mit der Verbesserung von Informationssystemen beobachtet werden können. Methodisch bietet sich vor diesem Hintergrund sicherlich der Einsatz einer Nutzwertanalyse oder vereinfacht einer Scoring-Methode an. Ergänzend sollte die Bewertung der mit der Realisierung der unterschiedlichen Konzepte verbundenen Kosten erfolgen. Dies kann z.B. im Rahmen einer Kostenvergleichsrechnung geschehen, die trotz ihrer methodischen Schwächen in diesem Fall zu einem für die Praxis akzeptablen Ergebnis führt. Zur Unterstützung der Argumentation ist es hilfreich, die bereits angesprochene Verwendung von Beispielen für die Bewertung aufzugreifen. In Form von Szenarien werden unterschiedliche Entscheidungssituationen aus dem Bereich der Logistik beschrieben. Es wird dargelegt, welche Informationen zu Lösung der Probleme erforderlich sind. Für die Bewertung der alternativen Konzeptionen wird im nächsten Schritt überprüft, ob bzw. wie die einzelnen Formen der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung die benötigten Informationen zur Verfügung stellen. Die Ergebnisse dieser drei Bewertungsansätze (Nutzwertanalyse, Kostenvergleichsrechnung, Szenarien) werden abschließend zusammengefaßt und im Rahmen einer Entscheidungsvorlage dokumentiert bzw. präsentiert. Aus den zunächst vielleicht relativ groben Alternativen werden so die besten ausgewählt. Im Anschluß werden die verbliebenen Konzepte verfeinert bzw. weiterentwickelt und schließlich erneut bewertet. Diese Iterationen können mehrfach stattfinden bis eine akzeptable Lösung gefunden wird. Die Wertanalyse nach DIN 69910 spricht bezogen auf die Verfeinerungsstufen z.B. von Lösungsideen, Lösungsansätzen und Lösungen, die nacheinander ausgearbeitet und bewertet werden. 5.6 Realisierung Wenn der vorherige Arbeitsschritt mit einer Entscheidung zugunsten einer verbesserten Kosten- und Leistungsrechnung beendet wurde, dann schließt sich als Bestandteil des Projektes die Umsetzung des
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ausgewählten Konzeptes an. Im Detail verbergen sich dahinter die folgenden Teilarbeiten „Vorbereitung der Einführung", „Einführung des Konzeptes" und „Abschluß des Projektes". • Vorbereitung der Einführung Nachdem entschieden wurde, welches Konzept umgesetzt wird, kann in diesem Arbeitsschritt festgelegt werden, welche weiteren Schritte zu gehen sind. Neben der Terminplanung ist auch eine Planung des Ressourceneinsatzes vorzunehmen und die Infrastruktur für die weiteren Aktivitäten bereitzustellen. Da sich in Abhängigkeit vom gewählten Partizipationsgrad der betroffenen Mitarbeiter der am Projekt beteiligte Personenkreis ändern wird, bietet sich eine Überprüfung bzw. Anpassung der Projektorganisation an. • Einführung des Konzeptes Da das ausgewählte Konzept noch nicht in einer direkt umsetzbaren Form vorliegt, ist zu Beginn der Einführung eine Verfeinerung vorzunehmen. Diese bezieht sich einerseits auf inhaltliche und methodische Fragen aber auch auf die schon angesprochene, ggf. erforderliche technische Unterstützung. Konkret heißt dies, daß z.B. differenzierter abzubildende Kostenarten zu bestimmen sind, Kostenstellen definiert und eingerichtet werden müssen, Verrechnungsmodi festzulegen sind und ein DV-Programm zum Übertragen von Daten in eine als Nebenrechnung aufgebaute Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung geschrieben werden muß. Die aus Kosten- und Zeitgründen oft vernachlässigten Schulungen sind ebenfalls Bestandteil einer erfolgreichen Einführung. Vielleicht bietet dieses Projekt die Chance, das kostenrechnerische Grundwissen der Mitarbeiter aufzufrischen, um damit ein größeres Kostenbewußtsein zu schaffen. Abgeschlossen wird dieser Teilarbeitsschritt mit der Aufnahme des operativen Betriebes, der nach einer Testphase, in der noch bestehende Probleme beseitigt werden, beginnt. Analog zur Vorgehensweise beim Einsatz von externen Dienstleistern kann dieser Übergang in Form einer Abnahme vollzogen werden. • Abschluß des Projektes Nach erfolgreicher Abnahme finden die Abschlußarbeiten statt. Gegebenenfalls ist ein Bericht zu erstellen oder eine Abschlußpräsentation durchzuführen, in der auch die Zielerreichung zu dokumentieren ist. Mit diesen Schritten kann dann das Projekt beendet, d.h. die Projektorganisation aufgelöst werden. 123
5-7 Begleitende Kontrolle Parallel zu den einzelnen Arbeitsschritten findet während des gesamten Projektes eine Kontrolle des Realisierungsfortschrittes statt. In diesem Rahmen wird überprüft, ob die angestrebten (Teil-)Ziele erreicht sind und ob der Ressourceneinsatz planmäßig erfolgt. Außerdem findet eine Prämissenkontrolle statt, d.h., daß die Ausgangsinformationen und Basisannahmen auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang zwei Aspekte. Eine ernsthaft betriebene Kontrolle, die auch einen Nutzen bringt, muß sich an die teilweise sehr dynamische Planung anpassen, d.h. regelmäßig aktualisiert werden. Auf der anderen Seite muß aber der Kontrollaufwand in einem sinnvollen Verhältnis zum Projektaufwand stehen. In der Praxis resultiert daraus eine Gratwanderung zwischen den Extremen „Keine Kontrolle" und „Zuviel Kontrolle". Aufgabe der Projektleitung ist es, einen von ihr vertretbaren, weil zu verantwortenden Mittelweg zu finden.
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6 Inhaltliche Gestaltungsalternativen der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung 6.1 Überblick Zur Strukturierung der Gestaltungsalternativen lassen sich z.B. die folgenden Fragen heranziehen: • • • • •
Soll die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung eine permanente oder eine sporadische Rechnung sein? Soll sie in die bestehende Kosten- und Leistungsrechnung integriert werden oder eine Nebenrechnung sein? Soll sie auf Vollkosten- oder Teilkostenbasis durchgeführt werden? Erfolgt eine Berücksichtigung von Plankosten? Soll sie methodisch eine „klassische" Kostenrechnung oder eine Prozeßkostenrechnung sein?
Die Antworten ergeben sich teilweise automatisch aus der Betrachtung der im Unternehmen konkretisierten Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung und aus den Ergebnissen der Analysephase (Informationsnachfrage, Informationsangebot, Anforderungen). Darüber hinaus können aber auch ergänzende Einflußfaktoren die Gestaltung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung bestimmen. Der Aufbau einer sehr weitreichenden Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung wird unterstützt, wenn z.B. • Logistik(teil)ziele eindeutig formuliert und quantifiziert sind, • im Unternehmen ein einheitliches Logistikverständnis vorhanden ist, • Logistikorganisationseinheiten klar abgegrenzt sind, • die Logistik eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat, • der Geschäftsleitung und den Logistikführungskräften der Nutzen einer „guten" Kosten- und Leistungsrechnung bewußt ist, • der Führungsstil den Mitarbeitern viel Eigenverantwortung abverlangt, • die vorhandene Kosten- und Leistungsrechnung hinsichtlich der Form der Datenhaltung und hinsichtlich der Methodik flexibel ist, • die Erfassung großer Datenmengen wirtschaftlich (weitestgehend automatisch) erfolgt und • die notwendige Änderungsbereitschaft vorhanden ist.
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In Theorie und Praxis sind in den vergangenen Jahren zahlreiche konzeptionelle Ansätze für die Gestaltung einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung entwickelt worden. Weber, der dieses Thema intensiv aufbereitet hat, schlägt die folgenden Realisierungsalternativen vor: partielle Verfeinerung der vorhandenen Kostenrechnung
- stärkere Differenzierung logistischer Fremdleistungskosten - verbesserte Erfassung und Verrechnung innerbetrieblicher Logistikleistungen
Durchführung von Sonderrechnungen
- Standardauswertungen teilweise auf Basis des ersten Realisierungsvorschlages - die übrigen Informationen werden einzelfallbezogen erhoben
Erweiterung der bestehenden Kostenrechnung um eine laufende zusätzliche, für spezifische Informationsbedarfe der Logistik erfolgende Zuordnung der Kosten zu logistischen Bezugsgrößen
- Kosten können unterschiedlichen Bezugsgrößen zugeordnet werden, dies widerspricht dem Aufbau der meisten Kostenrechnungssysteme (Ausnahme: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung), Folge: Akzeptanzprobleme und hohe Informationskosten - die Pflege der vielen Daten sollte möglichst automatisch erfolgen können
Abbildung 38
Realisierungsalternativen nach Weber 1 0 7
Systematisiert man die Gestaltungsparameter, so ergeben sich in einem ersten Schritt vier unterschiedliche Gestaltungsansätze (vgl. Abbildung 107
126
Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 278 f.
39). Die Variante „nicht integrierte" Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung führt zu einer Parallel- oder Nebenrechnung, die entsprechend der weiteren Differenzierung regelmäßig oder sporadisch durchgeführt wird. Im Zusammenhang mit einer regelmäßigen Rechnung ist zu berücksichtigen, daß die kleinste betrachtete Periode durchaus eine andere als die in der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung sein kann. Mit einer sporadischen Rechnung ist gemeint, daß nur fallweise, bedarfsorientiert Kosten- und Leistungsinformationen erhoben werden. Dies in Verbindung mit einer vollständigen Integration provoziert einige kritische Anmerkungen. Falls die vorhandene Kosten- und Leistungsrechnung ebenfalls nur sporadisch durchgeführt wird, ist die Frage zu stellen, ob es sich tatsächlich schon um eine Kosten- und Leistungsrechnung handelt, da deren Merkmal, eine vorwiegend regelmäßige Durchführung ist. Falls die vorhandene Kosten- und Leistungsrechnung regelmäßig durchgeführt wird, ist zu prüfen, ob ihre Integrität durch eine integrierte, sporadische Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung gefährdet ist. Dies muß nicht zwingend sein, sollte aber bedacht werden. Häufigkeit der Durchführung regelmäßige
sporadische
Rechnung
Rechnung
vollständig Integrationsgrad
integriert nicht integriert
Abbildung 39
Gestaltungsalternativen in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Durchführung und dem Integrationsgrad
Insbesondere bei der Realisierung einer nicht integrierten LogistikKosten- und -Leistungsrechnung stellt sich weiterhin die Frage, an wel-
127
chem Kostenrechnungssystem sich diese Ergänzung orientiert. Sie kann • das Grundkonzept der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung aufgreifen oder • einen methodisch ganz anderen Weg gehen. Die grundsätzlich zur Verfügung stehenden Varianten lassen sich mit Hilfe verschiedener Kriterien unterscheiden. Eine (theoretische) Strukturierungsmöglichkeit ist in Abbildung 40 dargestellt.
Umfang der verrechneten Kosten alle Kosten (=Vollkosten rechnung)
nur ausgewählte Kosten (=Teilkostenrechnung) Trennung in fix und variabel
Vergan-
Trennung in Einzel- und Gemeinkosten
IstKosten
Zeitgenheit
NormalKosten
bezug
Zukunft
PlanKosten
Abbildung 40
Systematisierung der Kostenrechnungssysteme nach der Art und dem Umfang der verrechneten Kosten
Die unter dem Stichwort „Zeitbezug" dargestellten Kostenarten sind folgendermaßen voneinander abzugrenzen: Ist-Kosten = tatsächliche Kosten einer Abrechnungsperiode Normal-Kosten = durchschnittliche Kosten vergangener Abrechnungsperioden Plan-Kosten = geschätzte Kosten zukünftiger Perioden 128
Auch wenn die Systematisierung der Kostenrechnungssysteme zu einer Neun-Felder-Matrix führt, so ist nicht der Schluß daraus zu ziehen, daß hier neun einander ausschließende Varianten zur Verfügung stehen. In Abhängigkeit vom Einsatzzweck der Kosten- und Leistungsrechnung ist in der Regel eine Kombination mehrerer Varianten erforderlich. So braucht z.B. jede Plankostenrechnung zwingend eine Ist- bzw. Normalkostenrechnung, da nur so Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt werden können. Außerdem existiert die Istkostenrechnung nicht in dieser „reinen" Form. Selbst in Kostenrechnungssystemen, die als IstKostenrechnung bezeichnet werden, findet eine „Normalisierung" der Kosten statt. So unterstellt z.B. die lineare Abschreibung, daß unabhängig vom realen „Ist"-Werteverzehr in jeder Periode der gleiche, ein durchschnittlicher Abschreibungsbetrag zu berücksichtigen ist. In der Praxis sind die methodischen Varianten mit unterschiedlichstem Verbreitungsgrad zu finden und stellen dort die Basis für eine integriert oder ergänzend durchzuführende Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung dar. Beim Aufbau einer Nebenrechnung besteht, wie bereits angesprochen, die Möglichkeit, auf das vorhandene oder auf ein anderes Kostenrechnungssystem zurückzugreifen. Daraus leiten sich zunächst vielfältige Kombinationsmöglichkeiten ab (vgl. Abbildung 41), die jedoch nicht alle sinnvoll sind.
129
ergänzendes Kostenrechnungssystem
vorhandenes Kostenrechnungssystem Vollkostenrechnung, al
Vollkostenrechnung, als
•
Vollkostenrechnung au Basis von Ist-Kosten
•
Vollkostenrechnung auf Basis von Ist-Kosten
•
starre Plankostenrechnung
•
starre Plankostenrechnung
•
flexible Plankostenrechnung
•
flexible Plankostenrechnung
Teilkostenrechnung, als
Teilkostenrechnung, als
•
Einstufiges Direct Costing (=Direktkostenrechnun g, Proportionalkostenrechnung)
•
Einstufiges Direct Costing (=Direktkostenrechnun g, Proportionalkostenrechnung)
•
Mehrstufiges Direct Costing (=Mehrstufige Fixkostendeckungsrechnung)
•
Mehrstufiges Direct Costing (=Mehrstufige Fixkostendeckungsrechnung)
•
flexible Plankostenrechnung
•
flexible Plankostenrechnung
•
Grenzplankostenrechnung
•
Grenzplankostenrechnung
•
Einzelkosten- und Dek- y kungsbeitragsrechnung
•
Einzelkosten- und Dekkungsbeitragsrechnung
Prozeßkostenrechnung
Abbildung 41
Prozeßkostenrechnung
Beispielhafte Kombination von vorhandenem und ergänzendem Kostenrechnungssystem
Einige der dargestellten und denkbaren Kombinationen sind als „haarsträubender Unfug" zu bezeichnen, da z.B. das im Unternehmen einge-
130
setzte Kostenrechnungssystem bessere Informationen liefern kann als die zur Diskussion stehende Ergänzung. Im Rahmen der Informationsangebotsanalyse wird geprüft, in welchem Maß die vorhandene Kostenrechnung in der Lage ist, den Informationsbedarf zu decken. An dieser Stelle wird auch eine kritische Betrachtung des Kostenrechnungssystems erfolgen, die den Informationsbedarf zum Maßstab nimmt und bei der Bestimmung der Ursachen für Defizite auf die Stärken und Schwächen des jeweiligen Systems eingehen muß. Die einschlägige Literatur bietet für diese Diskussion ausreichend Material, so daß sie hier nicht zu führen ist. Dieses Buch wird die Antwort schuldig bleiben, ob denn nun die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung (sei sie nun eine sporadisch oder regelmäßig, integriert oder parallel durchgeführte Rechnung) z.B. auf Voll- oder Teilkostenbasis, mit Ist-, Normal- oder Plankosten „besser" ist. Zwar drängen sich in vielen praktischen Fällen die Verbesserungsmöglichkeiten förmlich auf, doch haben sie andererseits auch teilweise nur akademischen Wert, da keine Änderungsbereitschaft und Änderungsfähigkeit vorhanden ist. Die Schwächen der in den Unternehmen eingesetzten Kostenrechnungssysteme sind kaum durch den Aufbau einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung zu lösen. Im Rahmen eines solchen Projektes sollten aber - als Mindestforderung - die Defizite deutlich benannt werden. Die weiteren Betrachtungen werden sich auf die folgenden Gestaltungsalternativen (vgl. Abbildung 42) konzentrieren, da diese in der Praxis von größerer Bedeutung sind. Dabei wird unterstellt, daß die vorhandene Kostenrechnung keine Prozeßkostenrechnung ist. Dies bedeutet umgekehrt, daß die Prozeßkostenrechnung hier nur als eine sporadische (Alternative 1) oder permanente Nebenrechnung (eine Variante der Alternative 2) eine Rolle spielen kann. Bei der dritten Gestaltungsalternative wird von dem Vorhandensein einer „klassischen" Kostenrechnung ausgegangen.
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1. Durchführung von sporadischen Sonderrechnungen - fallweise, z.B. projektbezogen, werden Logistikkosten- und -leistungen erfaßt 2. Durchführung einer regelmäßigen, parallelen Logistik-Kostenund -Leistungsrechnung (Nebenrechnung)
- mit vorhandener Kostenrechnungsmethodik - mit einem anderen "klassischen" Kostenrechnungssystem - mit der Prozeßkostenrechnung
3. Differenzierung innerhalb der vorhandenen Kostenrechnung
- Differenzierung der Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger - Differenzierung der Bezugsgrößen
Abbildung 42
Gestaltungsalternativen
6.2 Durchführung von sporadischen Sonderrechnungen Die Beschränkung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung auf die Durchführung sporadischer Sonderrechnungen bietet sich als methodischer Ansatz nur in Unternehmen an, für die die Logistik eine untergeordnete Rolle spielt. Im Rahmen von Outsourcing-Projekten, z.B. bei der Vergabe der Lagerung und Distribution von Büromaterial oder Druckerzeugnissen an einen Dienstleister, kann es sinnvoll sein, gezielt, d.h. nur für dieses Entscheidungsproblem, Logistik-Kosten- und -Leistungsinformationen zu sammeln. Große Probleme treten aber i.d.R. dann auf, wenn die für die Entscheidungssituation relevanten Kosten abzugrenzen sind. Die vorhandene Kostenrechnung bietet häufig nicht die erforderliche Transparenz, so daß der Aufwand bei einer sporadischen Ermittlung - wenn nicht in fahrlässigem Maße vereinfacht wird - erheblich ist. Dies gilt insbesondere für die zumeist notwendige Ermittlung der zeitlichen Wirksamkeit von Kosteneinsparungen. 132
Die meisten Unternehmen setzen eine Vollkostenrechnung ein, die die Trennung von fixen und variablen Kosten nicht kennt. Ohne jedoch zu wissen, in welchem Umfang und zu welcher Zeit sich die Kosten an Änderungen der Leistung anpassen, besteht ein erhebliches Entscheidungsrisiko. Für die Unterstützung der Entscheidungsfindung besteht daher unter anderem die Notwendigkeit, in dieser sporadischen LogistikKosten- und -Leistungsrechnung die relevanten Kosten zu identifizieren. Dies erfolgt insbesondere durch eine Kostenspaltung (Trennung in fixe und variable Kostenbestandteile) und eine Analyse der zeitlichen Abbaufähigkeit. Neben dem fallweisen, projektbezogenen Einsatz als Entscheidungshilfe könnte durchaus auch in Form von unregelmäßigen Stichproben die Kosten- und Leistungsstruktur in einzelnen Bereichen erfaßt werden. Als Ziel steht die Durchführung von Wirtschaftlichkeitskontrollen im Vordergrund. Methodisch kann die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung in Form einer sporadischen Sonderrechnung sehr unterschiedlich erfolgen. So ist neben dem Repertoire der „klassischen" Kostenrechnungssysteme auch die Verwendung des Ansatzes der Prozeßkostenrechnung oder des Transaktionskostenansatzes möglich. 6.3 Regelmäßige, parallele Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung Um die mit der Durchführung sporadischer Rechnungen verbundenen finanziellen, qualitativen und zeitlichen „Anlaufverluste" (z.B. für das „Hineindenken" in die vorhandenen Informationen, die Erfassung und Aufbereitung fehlenden Datenmaterials, die Auswahl einer adäquaten Methodik usw.) zu vermeiden, bietet sich der Aufbau einer regelmäßig, d.h. kontinuierlich durchgeführten Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung an. Als parallel durchgeführte Rechnung muß sie Informationen zur Verfügung stellen, die das vorhandene System nicht liefern kann oder nicht liefern soll. Grenzen liegen z.B. dann vor, wenn von den vorhandenen Systemen Informationen über Prozeßkosten oder über variable Kosten verlangt werden. Weitere Restriktionen könnten sich durch die verwendete Software ergeben, die z.B. eine weitere Differenzierung der Kostenarten oder Kostenstellen nicht zuläßt. Unerwünscht könnten Veränderungen in der vorhandenen Kostenrechnung sein, wenn diese - aufgrund technischer Mängel der Hard- und/oder Software
133
- störanfällig ist oder wenn die Kosten- und Leistungsrechnung nicht als Serviceinstrument verstanden, sondern wie ein großes Geheimnis gehütet wird. Hier werden zwei grundsätzlich unterschiedliche Formen der regelmäßigen Nebenrechnung betrachtet. Einerseits kann sich eine derartige Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung auf die Methodik der „klassischen" Kostenrechnungssysteme stützen und andererseits ist der Einsatz der Prozeßkostenrechnung denkbar. Wie bereits erwähnt, wird hier keine Handlungsempfehlung zugunsten der einen oder anderen methodischen Variante formuliert. Dies kann nicht geschehen, weil sowohl die Einsatzzwecke und damit die Anforderungen als auch die Formen der in den Unternehmen vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnungen zu unterschiedlich sind. 6,3.1 Nebenrechnung in Form der „klassischen" Kosten- und Leistungsrechnung Zur Durchführung der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung als Nebenrechnung in Form der „klassischen" Kosten- und Leistungsrechnung lassen sich zwei Alternativen unterscheiden. Sie ist eine Nebenrechnung 1. mit vorhandener Kostenrechnungsmethodik oder 2. mit einem anderen "klassischen" Kostenrechnungssystem. Die erste Variante entspricht einer Differenzierung der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung, die jedoch nicht integriert wird, sondern parallel erfolgt. Die grundsätzlichen methodischen Möglichkeiten zur Realisierung dieser Alternative werden im Kapitel 6.4 „Verfeinerung der vorhandenen Kostenrechnung" diskutiert. Aufgrund der großen Gemeinsamkeiten mit der bereits im Unternehmen eingesetzten Kostenund Leistungsrechnung wird sich bezogen auf diese Variante jedoch die Frage stellen, welches überzeugende Argument eigentlich gegen eine Integration spricht. Dies könnten wahrscheinlich nur Kapazitätsengpässe der Hard- bzw. Software oder psychische Barrieren sein. Die zweite Variante erfordert bei ihrer Realisierung einen erheblichen Aufwand. Sie bietet aber auf der anderen Seite den Vorteil, in Teilbereichen (hier: in der Logistik) eine andere als die bisherige und damit vielleicht auch eine
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bessere Methodik einzusetzen. Da die wesentlichen gestalterischen Aspekte ebenfalls intensiver in dem angesprochenen Kapitel (vgl. ab Seite 153) betrachtet werden, sei nochmals auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 6,3,2 Nebenrechnung in Form der Prozeßkostenrechnung 6.3.2.1 Grundlagen der Prozeßkostenrechnung In den vergangenen Jahren hat sich mit der Prozeßkostenrechnung 108 eine kostenrechnerische Methode den Weg in die Theorie und die Praxis gebahnt, der teilweise wahre Wunder zugesprochen werden. Manche Verfechter der Prozeßkostenrechnung betrachten sie gar als Revolution, die die „klassische" Kostenrechnung in Frage stellt. Dabei sind die Ideen weniger neu als dies die intensive Diskussion der letzten Jahre vermuten läßt. Aber offensichtlich war den frühen 90'er Jahren die flächendeckende Vermarktung und damit Verbreitung des Begriffes vorbehalten. Die hohe Diffusionsgeschwindigkeit wurde begleitet von einer wahren Euphorie, die heute glücklicherweise - ebenso wie bei dem Begriff „Lean Management" - einer gelasseneren und kritischeren Betrachtung gewichen ist. Als Grund für die schnelle Verbreitung der Prozeßkostenrechnung wird im wesentlichen die in der „klassischen" Kostenrechnung - so die pauschale Meinung - nicht ausreichend verursachungsgerechte Gemeinkostenverrechnung genannt. Sie hat ihre Ursache in einer starken Konzentration dieser Kostenrechnungssysteme auf die Abbildung der Fertigungsprozesse. Diese läßt sich historisch begründen, da in der Vergangenheit die Fertigungskosten aufgrund der hohen Fertigungstiefe für die Unternehmen von erheblicher Bedeutung gewesen sind und die Zuordnung von Einzelkosten zu den relativ wenigen Kostenträgern einfacher war Die zunehmende Technisierung, in Form von Mechanisierung und Automatisierung, und die zunehmende Flexibilisierung, in Form einer Erhöhung der Variantenvielfalt bei gleichzeitiger Verkürzung der Produktlebenszyklen, führen jedoch direkt zu einer Erhöhung des Anteils der Synonyme für den Begriff Prozeßkostenrechnung sind z.B. auch: Vorgangskostenrechnung, Aktivitätsrechnung, Cost-Driver-Accounting, Activity-Based Accounting und Activity-Based Cost System.
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Gemeinkosten an den Herstellkosten, da sich z.B. die Kosten eines flexiblen Fertigungssystems nicht mehr direkt einzelnen, damit bearbeiteten Kostenträgern zuordnen lassen. Indirekt führt diese Entwicklung zu komplexeren Produktionsstrukturen, die einen erheblich höheren Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufwand und somit weitere Gemeinkosten verursachen. Aber auch in den übrigen betrieblichen Bereichen haben sich die Gemeinkosten erhöht. Automatisierte Lagersysteme, Fahrerlose Transportsysteme, zunehmender EDV-Einsatz, größere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und ein wachsender Overhead sind Beispiele für Entwicklungen, die zu mehr Gemeinkosten und einem sinkenden Anteil an Einzelkosten führen. Die Folge ist, daß Kostenrechnungssysteme, die diese Entwicklung ignorieren und die keine verursachungsgerechte Zuordnung der Gemeinkosten zu Kostenträgern bieten können, falsche Kosteninformationen für die Preiskalkulation (vgl. Abbildung ) aber auch für andere Entscheidungsprobleme (z.B. Make-or-Buy-Entscheidungen und Sortimentsgestaltung) liefern. Die heute zumeist vorhandenen Verkäufermärkte dulden jedoch keine Kalkulationsfehler, so daß sich die Defizite der Kostenrechnung unter Umständen existenzbedrohend auswirken können. Diesem Schreckgespenst soll die Prozeßkostenrechnung den Garaus machen.
136
Kalkulationsbeispiel "Technisches Kaufhaus" Klassische Zuschlagskalkulation: Waschmaschine Einkaufspreis (Warenwert) pro Stück Lager-Gemeinkosten je Stück (10 % vom Warenwert) Gesamtkosten je Stück
Kamera
500 DM
500 DM
50 DM
50 DM
550 DM
550 DM
Die Gemeinkosten entstehen für die Prozesse: Wareneingangsbearbeitung, Einlagern, Lagern, Auslagern, Kommissionieren und Lagerverwaltung. Unter der Annahme, daß durch jedes Produkt gleich hohe Gemeinkosten verursacht werden, wäre der Verrechnungssatz von 50 DM zutreffend!
Kalkulation mit Hilfe der Prozeßkostenrechnung Waschmaschine Einkaufspreis
Kamera
500 DM
500 DM
5 DM
4 DM
Einlagern
20 DM
2 DM
Lagern
13 DM
1 DM
Auslagern
20 DM
2 DM
Kommissionieren
25 DM
4 DM
Lagerverwaltung
2 DM
2 DM
585 DM
515 DM
Kosten der Inanspruchnahme unterschiedlicher Prozesse: Wareneingangsbearbeitung
Gesamtkosten je Stück
Die Prozeßkostenrechnung berücksichtigt, daß die beiden sehr verschiedenen Produkte unterschiedliche Prozesse in Anspruch nehmen, die aufgrund ihres unterschiedlichen Ressourcenverzehrs mit unterschiedlichen Kosten zu bewerten sind.
Abbildung 43
Vergleich der Zuschlagskalkulation mit einer prozeßorientierten Kalkulation
137
Als Ziele der Prozeßkostenrechnung sind festzuhalten: • verursachungsgerechtere Zuordnung von Gemeinkosten zu Kostenträgern • Verbesserung der Preiskalkulation und Erfolgsermittlung • Bereitstellung von Informationen zur Verbesserung der Sortimentsgestaltung • Erhöhung der Transparenz (bezogen auf Kosten und Leistungen) in den indirekten Leistungsbereichen • Wirtschaftlichkeitskontrolle für Prozesse auf Kostenstellenebene und für kostenstellenübergreifende Prozesse (durch Zeitvergleiche oder im Rahmen eines Benchmarking) • Zuordnung von Kostenverantwortung zu Process-Ownern (Prozessverantwortlichen) • Bereitstellung von Informationen zur Optimierung der Prozesse in den Gemeinkostenbereichen (Verzicht auf unnötige und Verbesserung der notwendigen Prozesse) • Bereitstellung von Informationen zur Verbesserung des Ressourceneinsatzes Verglichen mit den Aufgaben der Kostenrechnung, die bereits diskutiert wurden, ist als einzige „Innovation" in dem Aufgabenspektrum die ausdrückliche Betrachtung von Prozessen zu nennen. Diese Perspektive ist den „klassischen" Kostenrechnungssystemen jedoch nicht ganz fremd, sie wird nur häufig vernachlässigt oder vergessen und ist nicht mit letzter Konsequenz durchführbar. Der Ansatzpunkt für die Integration der Prozeßorientierung in die „klassischen" Kostenrechnungssysteme liegt in der Art und Weise der Kostenstellenbildung. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit die Kostenstellen(-platz)bildung nach den Strukturierungskriterien Funktionsbereich, Verantwortungsbereich, Kostenträger und/oder räumlich-geographischer Gesichtspunkt vorzunehmen. Dabei sollten die folgenden Grundsätze für die Einrichtung von Kostenstellen berücksichtigt werden: 109 1. möglichst proportionale Beziehung zwischen den anfallenden Kosten und der erstellten Leistung
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 196 ff.
138
2. Identität von Kostenstellen und Verantwortungsbereichen 3. klar, eindeutig voneinander abgegrenzte Kostenstellen (zweifelsfreie Kostenzuordnung) 4. Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips Das Strukturierungskriterium „Funktionsbereich' 1 und der erste Grundsatz unterstützen auch eine „klassische" Kostenrechnung, die die Kostenstellenbildung anhand von Prozessen vornimmt. In der Praxis und auch in Beispielen der einschlägigen Literatur wird diese Variante jedoch selten so konsequent umgesetzt, daß sich hinter einer Kostenstelle nur ein Prozeß verbirgt, dessen Leistungserstellung dann außerdem die ausgewiesenen Kosten proportional gegenüberstehen. In der Regel ist es ein Konglomerat von verschiedensten Leistungen, die teilweise in dieser teilweise aber auch überlappend über mehrere Kostenstellen hinweg entstehen. Die Ursachen für diese „Zurückhaltung" sind vermutlich vielfältig. Genannt werden können z.B. der nicht erkannte Nutzen einer differenzierteren Kostenstellenbildung und die stärkere Orientierung an dem zweiten Grundsatz, der die Kongruenz von Aufbauorganisation und Kostenstellenstruktur fordert. Da sich aber auch heute noch in der Praxis die Hierarchie nur selten an Prozessen orientiert und Prozessverantwortliche demzufolge kaum zu identifizieren sind, entsteht ein Zielkonflikt bei der Verfolgung der beiden ersten Grundsätze. Auch wenn die „klassischen" Kostenrechnungssysteme prinzipiell in der Lage sind, die Prozeßorientierung weitgehend zu berücksichtigen, so hat sich aber offensichtlich eine Entwicklung vollzogen, die in der Praxis den Bedarf für die Prozeßkostenrechnung geschaffen hat. Dieser Bedarf richtet sich vornehmlich auf die Schaffung von mehr Transparenz in den indirekten Leistungsbereichen, zu denen z.B. • • • • • • • • •
die Forschung und Entwicklung sowie die Konstruktion, der Einkauf und die Materialwirtschaft, die innerbetriebliche Logistik, die Produktionsplanung und -Steuerung und die Arbeitsvorbereitung, die Instandhaltung, die Qualitätssicherung, die Personalabteilung, die Rechnungsbearbeitung und die Buchhaltung 139
zählen. Es können aber nicht alle Prozesse in diesen Bereichen betrachtet werden, da eine Einsatzvoraussetzung der Prozeßkostenrechnung das Vorhandensein von repetitiven Prozessen ist. Damit scheiden alle kreativen Prozesse, wie z.B. im Bereich Forschung und Entwicklung, als Anwendungsgebiete aus. Wie aus einer Schwäche eine Stärke werden kann, zeigt ein anderer Aspekt, der mit den Einsatzmöglichkeiten der Prozeßkostenrechnung zusammenhängt. Die Prozeßkostenrechnung kennt keine Trennung in fixe und variable Kosten. Sie ist eine, wenn auch anders aufgebaute Vollkostenrechnung. Die zeitliche Anpaßbarkeit der Kosten wird von ihr - sieht man von einigen wenigen theoretischen Ansätzen ab - nicht berücksichtigt, sondern sie unterstellt eine proportionale Beziehung zwischen der Veränderung der Leistungsmengen und den entsprechenden Prozeßkosten. Dieser erhebliche methodische Mangel spielt jedoch aus Perspektive der Befürworter der Prozeßkostenrechnung keine Rolle, da es sich bei ihr um eine langfristig orientierte bzw. strategische Kostenrechnung handelt. Damit wird ausgeschlossen, daß die Prozeßkostenrechnung z.B. zur Unterstützung kurzfristiger dispositiver Entscheidungen eingesetzt wird. Anders formuliert, da diese Einschränkung ausgesprochen wichtig ist: Die Prozeßkostenrechnung liefert nur dann aussagefähige Informationen zur Entscheidungsunterstützung, wenn diese Entscheidungen strategischen Charakter bzw. eine langfristige Wirkung haben. 6.3.2.2 Vorgehensweise Die Vorgehensweise zum Aufbau der Prozeßkostenrechnung orientiert sich an dem gegenüberstehenden Ablaufschema. Erläuterungen: zu 1 • Prozeßanalyse • Identifikation der Prozesse durch eine Tätigkeitsanalyse Mit Hilfe der Aufgaben- und der Arbeitsanalyse, die klassische Instrumentarien aus dem Bereich der Organisation sind, wird das betriebliche Geschehen in einzelne Aktivitäten und/oder (Teil-) Prozesse zerlegt. 1 1 0 Schwerpunkt der Betrachtung sind die Prozesse, die sich in gleicher oder annähernd gleicher Form häufig wiederholen.
Es sind verschiedene Verdichtungsstufen denkbar. So kann auf niedrigster Ebene von Aktivitäten gesprochen werden, die zu Teilprozessen verdichtet werden.
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1. Prozeßanalyse • Identifikation der Prozesse durch eine Tätigkeitsanalyse • Aufbau einer Struktur von Teilprozessen
2. Ermittlung der Prozeßkosten • • •
Ermittlung der Kostenbestimmungsfaktoren für jeden Teilprozeß Planung der Prozeßkosten Ermittlung von Prozeßkostensätzen für Teil- und Hauptprozesse
3. Prozeßorientierte Kalkulation
Abbildung 44
Vorgehensweise zum Aufbau der Prozeßkostenrechnung
Dies ist notwendig, da nur diese repetitiven, homogenen Prozesse sinnvoll im Rahmen der Prozeßkostenrechnung mit Kosten versehen werden können. Im Mittelpunkt der Analyse, die als Ergebnis eine Prozeß- bzw. Tätigkeitsliste oder Tätigkeitsübersicht liefert, stehen in der Regel die indirekten Bereiche eines Unternehmens, zu denen auch die Logistik zu rechnen ist. Der zu wählende Detaillierungsgrad hängt z.B. von folgenden Faktoren ab: - Wirtschaftlichkeit, die Durchführung der Prozeßanalyse verursacht einen erheblichen Aufwand - Eindeutigkeit, für die einzelnen Prozesse sind eindeutige Kostenbestimmungsfaktoren zu benennen - Verfügbarkeit von Informationen, In- und Output der Prozesse müssen sich beschreiben und möglichst einfach bzw. automatisch quantifizieren lassen Ziel muß es sein, Prozesse zu benennen, für die sich eine eindeutige Inanspruchnahme durch Kostenträger (für den in- oder externen Markt bestimmte Leistungen), eine eindeutige Zuordnung von Pro141
zeßkosten und Prozeßleistungen und eine eindeutige Zuordnung zu Entscheidungsträgern darstellen läßt. Unglücklicherweise wird beim Aufbau der Prozeßkostenrechnung häufig auf die Systematik der vorhandenen Kostenstellenrechnung zurückgegriffen. Dies kann zu einem erheblichen Nachteil bei der Zielerreichung führen, wenn - dies ist nicht unwahrscheinlich - die in der Kostenstelle ausgewiesenen Kosten und die für sie verantwortliche Führungskraft nicht mit dem prozeßbedingten Ressourcenverzehr und dem Prozeßverantwortlichen übereinstimmen. Mit dem folgenden Beispiel sollen die Ausführungen unterstützt werden. Es begleitet zwar nicht vollständig jeden Arbeitsschritt, zeigt aber die wesentlichen Zusammenhänge. Methodisch orientiert es sich eher an den Mindestanforderungen an eine Prozeßkostenrechnung. Beispiel: Für die Kostenstelle „Wareneingang" wurden die folgenden Prozesse identifiziert: Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Kurzbezeichnung:
Bearbeitung der Transportpapiere und Erfassung der Wareneingänge
Dokumentenbearbeitung
Prüfung der palettiert angelieferten Waren
Prüfung
Prüfung und Palettierung der lose angelieferten Packstücke für die spätere Einlagerung
Palettierung
Abteilung leiten
Abteilung leiten
Abbildung 45
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 1
• Aufbau einer Struktur von Teilprozessen Die identifizierten Teilprozesse werden zunächst systematisiert und eventuell, wenn sie sachlich zusammenhängen, zu Hauptprozessen verdichtet. Grundsätzlich erfordert die Prozeßkostenrechnung keine 142
Kostenstellenstruktur. Da hier aber davon ausgegangen wird, daß die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung als Nebenrechnung parallel zu einer „klassischen" Kosten- und Leistungsrechnung durchgeführt wird, ist von dem Vorhandensein von Kostenstellen auszugehen. Aus diesem Grund sollte spätestens bei diesem Arbeitsschritt geprüft und festgehalten werden, welchen Kostenstellen die Teilprozesse zuzuordnen sind. Insbesondere bei der Verdichtung zu Hauptprozessen, wird jedoch festzustellen sein, daß diese teilweise die Grenzen der Kostenstellen überschreiten. Existiert keine Übereinstimmung zwischen Prozessen und Kostenstellen, so kann dies zu zwei Problemen führen. Erstens wird die Zuordnung von Kosten zu den Prozessen erschwert und zweitens fehlt unter Umständen eine Beziehung zwischen dem verantwortlichen Entscheidungsträger und dem Prozeß. Der Bezug zu der Kostenstelle führt zu einer weiteren Unterscheidung. In Abhängigkeit von der Beziehung zwischen dem Output der Kostenstelle und dem des Prozesses erfolgt eine Unterscheidung von - leistungsmengeninduzierten (Imi) und - leistungsmengenneutralen (Imn) Prozessen. Bei leistungsmengeninduzierten Prozessen verändert sich der Output (die Prozeß- oder Leistungsmenge) proportional zum Output der Kostenstelle, sie sind mengenvariabel. Leistungsmengenneutrale Prozesse sind dadurch gekennzeichnet, daß sich ihr Output unabhängig von dem in der Kostenstelle zu erbringenden Leistungsvolumen (mengenfix) verhält und daß sie generell anfallen. Nimmt man keinen Bezug zu Kostenstellen so sind leistungsmengeninduzierte Prozesse dadurch gekennzeichnet, daß für sie ein Kostentreiber benannt werden kann, während dies für die leistungsmengenneutralen Prozesse nicht möglich ist. Die in diesem Arbeitsschritt vorgesehene Verdichtung von Prozessen zu kostenstellenübergreifenden Hauptprozessen muß unterschiedlich bewertet werden. Wenn die Prozeßstruktur übersichtlich bleibt und differenzierte Aussagen weiterhin möglich sind, dann kann die Verdichtung insbesondere mit Blick auf die Kostenträgerstückrechnung sinnvoll sein. Führt sie aber zu sehr allgemeinen Hauptprozessen, z.B. zu einem Hauptprozeß „Beschaffen", dann beeinträchtigt sie eher die Aussagekraft der Prozeßkostenrechnung und ist zu vermeiden. 143
Beispiel: Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Art
Dokumentenbearbeitung
leistungsmengeninduziert (Imi)
Prüfung
leistungsmengeninduziert (Imi)
Palettierung
leistungsmengeninduziert (Imi)
Abteilung leiten
leistungsmengenneutral (Imn)
Abbildung 46
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 2
zu 2. Ermittlung der Prozeßkosten • Ermittlung der Kostenbestimmungsfaktoren für jeden Teilprozeß Eine zentrale Aufgabe der Kostenrechnung ist es festzustellen, in Abhängigkeit von welcher Größe sich in welchem zeitlichen Abstand und in welcher Höhe die Kosten verändern. Ideal ist es, einen Kostenbestimmungsfaktor zu identifizieren, dessen Veränderung zeitgleich eine Veränderung der Kosten in proportionaler Höhe zur Folge hat. Dies funktioniert bei einigen Kostengrößen, wie z.B. bei den variablen Materialeinzelkosten, ohne Probleme. Schwierigkeiten bereiten jedoch den meisten „klassischen" Kostenrechnungssystemen die Gemeinkosten. Mit Hilfe von Zuschlagssätzen wird dort in der Kostenträgerrechnung eine Kostenzuordnung vorgenommen, bei der so gut wie kein Zusammenhang zwischen der Höhe der verrechneten Kosten und der Kostenverursachung besteht (vgl. Abbildung 43). Die Prozeßkostenrechnung versucht diese Schwäche dadurch zu umgehen, daß sie für jeden einzelnen, leistungsmengeninduzierten Prozeß einen eigenen Kostenbestimmungsfaktor (auch als Kostentreiber, Cost Driver, Maßgröße oder Bezugsgröße bezeichnet) ermittelt. Die Kostenbestimmungsfaktoren müssen einfach quantifizierbar und mit geringem Aufwand erfaßbar sein. In der Logistik können z.B. folgende Kostentreiber verwendet werden:
144
-
Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl usw.
der der der der der der der der
Lieferanten Materialanlieferungen Ein- und Auslagerungen Rüstvorgänge Produktvarianten und Teilenummern Qualitäts- und Terminreklamationen Picks in der Kommissionierung Versandaufträge
Damit kann die Prozeßkostenrechnung zwar eine auf die Höhe der Prozeßkosten wirkende Einflußgröße bestimmen, aber sie kann nichts über die „Reaktionsgeschwindigkeit" der Kosten sagen. Da sie eine Vollkostenrechnung ist, proportionalisiert sie die Fixkostenbestandteile und vermittelt die Illusion, daß rechnerisch zu erwartende Kostenveränderungen sich tatsächlich kurzfristig einstellen. Der kritische Umgang mit dieser methodischen Schwäche muß dazu führen, daß die Erkenntnisse aus dem Einsatz der Prozeßkostenrechnung stets vor dem Hintergrund einer langfristigen Perspektive zu interpretieren sind. Die Lösung kurzfristiger Entscheidungsprobleme darf mit dieser Form der Prozeßkostenrechnung nicht unterstützt werden. Denkbar ist es aber - erste Ansätze existieren bereits - die zeitliche Anpaßbarkeit der einzelnen Kostengrößen zu berücksichtigen und auch differenziert auszuweisen. Beispiel: Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Art
Kostenfreiber
Dokumentenbearbeitung
Imi
Anzahl Sendungen
Prüfung
Imi
Anzahl Paletten
Palettierung
Imi
Anzahl loser Packstücke
Abteilung leiten
Imn
Abbildung 47
—
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 3 145
•
Festlegung der (Plan-)Prozeßmengen Die Prozeßmenge quantifiziert den Kostentreiber. So können z.B. im Einkauf die Anzahl der Qualitäts- und Terminreklamationen als Kostentreiber und die in einem Monat gemessene Anzahl der Reklamationen als Prozeßmenge dieser Periode betrachtet werden. In Abhängigkeit vom Zeitbezug können Ist- oder Planprozeßmengen ermittelt werden. Letztere lassen sich durch einfaches Hochrechnen der Vergangenheitsdaten oder durch eine analytische Betrachtung der zukünftigen betrieblichen Leistung bestimmen. Beispiel:
Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Art
Kostentreiber
Planprozeßmengen (PPM)
Dokumentenbearbeitung
Imi
Anzahl Sendungen
10.000
Prüfung
Imi
Anzahl Paletten
12.500
Palettierung
Imi
Anzahl loser Packstücke
62.500
Abteilung leiten
Imn
....
Abbildung 48 •
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 4
Planung der Prozeßkosten Ziel dieses Arbeitsschrittes ist es festzulegen, wie hoch die in einer Periode entstehenden Kosten für die Erbringung der zuvor ermittelten Planprozeßmengen sein werden. Wichtig ist es hier noch einmal darauf hinzuweisen, daß die Prozeßkostenrechnung keine Kostenstellenrechnung benötigt. Sie kann auch ohne eine existierende Kostenstellenstruktur aufgebaut werden. Für die Ermittlung der Prozeßkosten wäre dies mit Blick auf das Ergebnis zumeist qualitativ ein Vorteil, dem jedoch ein höherer Aufwand gegenübersteht. Um das genannte Ziel zu erreichen, bieten sich die folgenden methodischen Varianten an:
146
- Wenn keine Kostenstellenrechnung vorhanden ist bzw. keine verwendet werden soll: • Für jeden Prozeß werden mit Hilfe von technischen und kostenwirtschaftlichen Analysen auf Basis der Planprozeßmengen alle Kostenarten geplant. • Aufgrund der hohen Bedeutung einer Kostenart, z.B. Personalkosten, wird nur diese aufwendig analytisch geplant, und die übrigen Kostenarten werden mit Hilfe von Schätzungen zugeordnet. - Wenn eine vorhandene Kostenstellenrechnung verwendet werden soll: • Für jeden Prozeß werden mit Hilfe von technischen und kostenwirtschaftlichen Analysen auf Basis der Planprozeßmengen alle Kostenarten geplant. • Aufgrund der hohen Bedeutung einer Kostenart, z.B. der Personalkosten, wird nur diese aufwendig geplant. Dies wird auch für die übrigen (Teil-)Prozesse, die der Kostenstelle zugeordnet sind, durchgeführt. Die übrigen Kostenarten, die in der Kostenstelle ausgewiesen werden, werden im Verhältnis der Personalkosten auf die einzelnen Prozesse verrechnet. • Die Normalkosten der Kostenstelle werden mit einem einfachen, geschätzten Verteilungsschlüssel, z.B. dem Personaleinsatz ausgedrückt in Zeiteinheiten (Mannjahren), auf die einzelnen (Teil-)Prozesse verteilt. Die zuletzt genannte Variante mag zwar die schnellste sein, sie ist aber mit Abstand die ungenaueste. Im Rahmen dieses Arbeitsschrittes kann eine weitergehende Differenzierung der Kostenarten eines Prozesses, nach ihrer zeitlichen Abbaufähigkeit, erfolgen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Prozeßkostenrechnung auch für kurzfristige Entscheidungsprobleme einsetzen zu können. Ohne eine Teilkostenrechnung dürfte aber in der Regel der Aufwand zur Beschaffung dieser Informationen zu groß sein.
147
Beispiel: Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Art
Kostentreiber
PPM
Mannjahre (MJ)
Planprozeßkosten (PK)
Dokumentenbearbeitung
Imi
Sendungen
10.000
1,5
75.000
Prüfung
Imi
Paletten
12.500
1,0
50.000
Palettierung
Imi
Packstücke
62.500
2,5
125.000
Zwischensumme Abteilung leiten
250.000 Imn
....
0,7
Summe
Abbildung 49 •
50.000 300.000
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 5
Ermittlung von Prozeßkostensätzen für Teil- und Hauptprozesse Nachdem jetzt für die Prozesse die Planprozeßmengen und die Planprozeßkosten periodenbezogen vorliegen, wird durch eine Division (Planprozeßkosten geteilt durch Planprozeßmenge) der Prozeßkostensatz (Imi) für die leistungsmengeninduzierten Prozesse ermittelt. Da den leistungsmengenneutralen Prozessen kein Kostentreiber und somit keine Prozeßmenge gegenübersteht, werden diese häufig im Verhältnis der periodenbezogenen Planprozeßkosten der leistungsmengeninduzierten Prozesse einer Kostenstelle auf diese Prozesse verteilt. Wenn keine Kostenstellen zur Vereinfachung der Zuordnung betrachtet werden, ist sie in Abhängigkeit von der Leistungsinanspruchnahme der leistungsmengenneutralen durch die leistungsmengeninduzierten Prozesse vorzunehmen. Wird diese Umlage (Imn) durch die Prozeßmenge eines leistungsmengeninduzierten Prozesses geteilt, ergibt sich der Umlagesatz (Imn) pro Prozeßmengeneinheit und schließlich additiv der Gesamtprozeßkostensatz: Gesamtprozeßkostensatz = Prozeßkostensatz (Imi) + Umlagesatz (Imn)
148
Zur Verbesserung der Transparenz und um den mit der Schlüsselung der leistungsmengenneutralen Prozeßkosten verbundenen methodischen Fehler zur vermeiden, bietet es sich alternativ an, auf die Zuordnung dieser Kosten zu den leistungsmengeninduzierten Prozessen zu verzichten und die Kosten separat auszuweisen. Diese Variante entspricht vom Grundgedanken dem der Zuordnung der Fixkosten in der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung. Beispiel: Kostenstelle: Wareneingang Teilprozesse
Art
Kostentreiber
PPM
MJ
PK
PKS
US
GPKS
Dokumentenbearbeitung
Imi
Sendungen
10.000
1,5
75.000
7,50
1,50
9,00
Prüfung
Imi
Paletten
12.500
1,0
50.000
4,00
0,80
4,80
Palettierung
Imi
Packstücke
62.500
2,5
125.000
2,00
0,40
2,40
Zwischensumme Abteilung
250.000 Imn
—
0.7
50.000
leiten 300.000
Summe PKS = Prozeßkostensatz US = Umlagesatz GPKS= Gesamtprozeßkostensatz
Abildung 50
Beispiel zur Prozeßkostenrechnung - Teil 6
zu 3. Prozeßorientierte Kalkulation Im Rahmen der Prozeßkostenrechnung erfolgt die Kostenträgerstückrechnung durch Zuordnung der durch die Prozeßkostenrech149
nung abgebildeten Gemeinkosten zu den Kostenträgern. So ähnlich wie bei der Kalkulation mit Maschinenstundensätzen wird geprüft, in welchem Maß die einzelnen Produkte welchen Prozeß in Anspruch nehmen. Neben der einfachen additiven Betrachtung kann auch geprüft werden, ob die Kosten eines Prozesses in Abhängigkeit von der Produktionsmenge (Summe aller Produkte) und/oder von der Produktanzahl (Anzahl verschiedener Produkte) auf die Kostenträger verrechnet werden. Auf diese Variante, die einen volumen- und einen variantenabhängigen Teil der Kosten verrechnet, wird hier nicht eingegangen, weil sie zu einer zu groben Vereinfachung führt. Da es in der Praxis die Ausnahme ist, daß ein Unternehmen ausschließlich eine Prozeßkostenrechnung einsetzt, werden die Erkenntnisse in der Regel in eine „klassische" Kalkulation einfließen. Dort bieten sich, z.B. im Rahmen einer mehrstufigen Bezugsgrößenkalkulation, Möglichkeiten, die Prozeßkosten eines Kostenträgers zu berücksichtigen. Das Ziel ist eine möglichst verursachungsgerechte Kostenzuordnung. Durch den methodischen Aufbau der Prozeßkostenrechnung ist dieser Anspruch zwar nicht ganz durchzuhalten, aber eine differenzierte, d.h. eine nicht verdichtete Prozeßstruktur ist für eine genaue Kalkulation hilfreich. Es sei an dieser Stelle noch einmal an das Beispiel mit der Waschmaschine und der Kamera erinnert (vgl. Seite 137). Die verbesserte Kalkulation resultiert aus der Unterscheidung von verschiedenen Lager(teil)prozessen, von denen einige von der Waschmaschine und aufgrund der Produktspezifika andere von der Kamera in Anspruch genommen werden.
6.3.2.3 Bewertung Gemessen an den Aufgaben der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung, die hier zur Erinnerung nur verkürzt genannt werden, • •
Planung und Budgetierung von Kosten und Leistungen Entscheidungsunterstützung durch Informationsbereitstellung - kurz- und langfristige Verfahrenswahl - Programmentscheidungen (Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprogramm) • Wirtschaftlichkeitskontrollen
150
kann festgehalten werden, daß die Prozeßkostenrechnung durchaus in der Lage ist, einen großen Teil dieser Aufgaben zufriedenstellend zu lösen. Dies gelingt ihr, weil •
sich durch die Planung der Prozeßmengen die für die Teilprozesse notwendigen Ressourcen und damit die Planprozeßkosten ermitteln lassen, • der Vergleich der Soll-Prozeßkosten mit den Ist-Prozeßkosten Informationen über die Kapazitätsauslastung liefert und • die Inanspruchnahme von innerbetrieblichen Leistungen durch Kostenträger genauer abgebildet und bewertet wird und damit z.B. die tatsächliche Kostenverursachung durch Kostenträger (Standardprodukt versus Spezialanfertigung) und die Effekte der Variantenvielfalt transparent werden. Damit unterstützt sie schwerpunktmäßig die langfristige Verfahrenswahl und strategische Programmentscheidungen. Insbesondere für die Lösung kurzfristiger Entscheidungsprobleme ist sie ungeeignet. Besonders positiv ist das Prozeßdenken hervorzuheben, durch das die Prozeßkostenrechnung den Zusammenhang zwischen Kosten, Prozessen und Leistungen in den Mittelpunkt der Betrachtungen stellt und damit auch in das Bewußtsein der Mitarbeiter bringt. Gelingt es eindeutige Kostentreiber für die Beschreibung dieses Zusammenhanges zu finden, dann eröffnen sich erste Ansatzpunkte für Kostensenkungsmaßnahmen. Ebenfalls nur mittelbar stellt sich ein weiterer positiver Effekt ein. Im Rahmen der durchzuführenden Tätigkeitsanalyse ist es möglich, die ermittelten (Teil-)Prozesse kritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie überhaupt notwendig und in dieser Form effizient sind. Dies kann dann der erste Schritt zu einer umfassenderen Optimierung der Geschäftsprozesse sein. Eingeschränkt werden die Einsatzmöglichkeiten der Prozeßkostenrechnung durch einige methodisch bedingte Nachteile, die in Abhängigkeit von der Art ihres Aufbaus in unterschiedlichem Maß auftreten: •
Sie ist nur anwendbar bei repetitiven und homogenen Vorgängen. Kreative oder dispositive Prozesse sind i.d.R. nicht darstellbar, da sich ihre Leistungen nicht quantifizieren lassen. Damit ist es unmöglich, sie sinnvoll als einziges Kostenrechnungssystem in einem Unternehmen einzusetzen. 151
•
• • • • • •
Die Verdichtung von (Teil-)Prozessen zu Hauptprozessen vernichtet den Vorteil einer differenzierten Prozeßdarstellung und suggeriert eine vereinfachte Unternehmenssteuerung. Außerdem läßt sich die Forderung nach Homogenität der Prozesse mit zunehmender Verdichtung nur dann aufrechterhalten, wenn eine ausgesprochen abstrakte Betrachtung der Prozesse zulässig ist. Die Orientierung an bestehenden Kostenstellen erschwert die Zuordnung von Kosten, Leistungen und Verantwortung, da dies häufig inkongruente Mengen sind. Die Ermittlung der Prozeßkosten (analytisch oder durch Verteilung der Kostenstellenkosten) ist aufwendig oder ungenau und wenig aussagekräftig. Es fehlt die Berücksichtigung der zeitlichen Anpaßbarkeit der verschiedenen Kostenarten (Proportionalisierung der Fixkosten). Die Verrechnung der leistungsmengenneutralen Prozeßkosten erfolgt willkürlich. Die Annahme eines proportionalen/linearen Zusammenhanges zwischen Kosten und Kostentreibern ist nicht immer haltbar. Die Durchführung der Tätigkeitsanalyse ist mit einem hohen Aufwand verbunden und sie kann, da hier auch Zeit-/Leistungsmessungen erfolgen, zu erheblichen Widerständen bei den betroffenen Mitarbeitern führen.
In Abhängigkeit vom vorhandenen Kostenrechnungssystem, zu dem parallel die Prozeßkostenrechnung für die repetitiven, homogenen (nur für diese!) Logistikprozesse eingesetzt wird, kann diese Variante des Aufbaus einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ein methodischer Rück- aber auch ein Fortschritt sein. Pauschal läßt sich diese Wirkung zwar nicht beurteilen, doch kann tendenziell festgehalten werden, daß beim Vorhandensein einer Vollkostenrechnung oder bei Verwendung einer „klassischen" Zuschlagskalkulation die Prozeßkostenrechnung eine gute Ergänzung darstellt. Dies gilt tendenziell auch, wenn die Prozeßkostenrechnung als Ergänzung zur Grenzplankostenrechnung eingesetzt wird, um Informationen für langfristige Entscheidungsprobleme zu liefern. Gerade die neueren Entwicklungen im Bereich der Grenzplankostenrechnung zeigen aber, daß es auch im Rahmen vorhandener Systeme möglich ist, Verbesserungen vorzunehmen, die dann auch die Vorteile der Prozeßkostenrechnung bieten. Gelingt dies nicht, so ist sicherlich die Kombination verschiedener Kostenrechnungssysteme, die unterschiedliche Stärken einbringen, ein sinnvolle Lösung. 152
6.4 Verfeinerung
der vorhandenen Kostenrechnung
6.4.1 Überblick über Ansatzmöglichkeiten in „klassischen" Kostenrechnungssystemen Streng genommen kann bei dieser Variante nicht von einer LogistikKosten- und -Leistungsrechnung gesprochen werden, da kein eigenständiges Rechenwerk entsteht, sondern die Veränderungen in das vorhandene Kostenrechnungssystem integriert werden. Trotzdem soll hier von eine Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung oder einer logistikorientierten Kosten- und Leistungsrechnung gesprochen werden. Die Ansatzpunkte für die zu ergreifenden Verbesserungsmaßnahmen orientieren sich an dem typischen Aufbau der „klassischen" Kostenrechnungssysteme, der in Abbildung 51 dargestellt ist. Im Rahmen der Kostenartenrechnung wird der Ressourcenverzehr erfaßt und systematisiert. Wesentliche Informationsquelle ist die Finanzbuchhaltung. Die Abbildung der Geschäftsvorfälle erfolgt dort zu einem großen Teil bereits so, daß diese unverändert über die Abgrenzungsrechnung im internen Rechnungswesen verarbeitet werden können. Darüber hinaus sind aber für die kalkulatorischen Kosten einige Zusatzarbeiten erforderlich, auf die hier nicht weiter einzugehen ist. Eine der Strukturierungen, die in der Kostenartenrechnung vorgenommen wird, ist die Unterscheidung von (Kostenträger-)Gemeinkosten und (Kostenträger-)Einzelkosten. Da diese Gemeinkosten nicht direkt auf die Kostenträger verrechnet werden können, werden sie im Rahmen der Kostenstellenrechnung so „transformiert", daß sie sich in der Kostenträgerrechnung den Kostenträgern zuordnen lassen. Bevor dies jedoch geschieht, muß die innerbetriebliche Leistungsverrechnung vorgenommen werden. Innerhalb der Kostenstellenrechnung, d.h. im Betriebsabrechnungsbogen, werden die Kosten der Vorkostenstellen (vereinfacht auch: Hilfskostenstellen) auf die Endkostenstellen (vereinfacht auch: Hauptkostenstellen) verrechnet. Dadurch wird erreicht, daß einerseits die Inanspruchnahme innerbetrieblich erzeugter Leistungen erfaßt und bewertet wird und daß andererseits Gemeinkosten nur noch in den Hauptkostenstellen, die direkt von Kostenträgern in Anspruch genommen werden, ausgewiesen werden. In der Regel folgt im Rahmen der Kostenstellenrechnung die Er-
153
mittlung von Zuschlagssätzen, mit deren Hilfe die Gemeinkosten auf die Kostenträger weiterverrechnet werden. Die Zuschlagssätze, die in der Kostenträgerstückrechnung ^Kalkulation) Verwendung finden, sagen z.B. aus, daß in Abhängigkeit vom Materialwert die Inanspruchnahme der Kostenstelle „Material" erfolgt und daß deshalb proportional zum Materialwert anteilige Materialgemeinkosten von dem Kostenträger zu übernehmen sind. Diese für die Zuschlagskalkulation typische Verfahrensweise wird in den anderen Kostenstellen weiter fortgesetzt. Bezugsgrößen, die für die Kostenverursachung verantwortlich sein sollen, sind z.B. der Materialwert, die Fertigungslöhne oder die Herstellkosten. Im Rahmen einer mehrstufigen Bezugsgrößenkalkulation wird versucht, geeignetere Verrechnungsmodi zu finden. Beispielhaft können hierfür die Maschinenstundensätze genannt werden. Neben der Kostenträgerstückrechnung ist innerhalb der Kostenträgerrechnung noch die Kostenträgerzeitrechnung durchzuführen. Sie wird auch als Betriebsergebnisrechnung oder kurzfristige Erfolgsrechnung bezeichnet. Hier erfolgt eine periodenbezogene Betrachtung der Erlöse und der Kosten des Unternehmens.
154
Kostenartenrechnung Welche Kosten sind angefallen? Welche Produktionsfaktoren sind, in Geldeinheiten ausgedrückt, verbraucht bzw. in Anspruch genommen worden?
(Kostenträger-)Einzelkosten
f
(Kostenträger-)Gemeinkosten
direkt auf Kostenträger zuzuordnende Kostenarten, z.B. Materialkosten, Fertigungslöhne, Sondereinzelkosten des Vertriebs usw.
nicht direkt auf Kostenträger zuzuordnende Kostenarten, z.B. Raumkosten, Abschreibungen, Zinsen, Unternehmerlohn usw.
ι
Kostenstellenrechnung Wo, in welchem Bereich sind die Kosten angefallen? Z.B. im Material-, FertigungsVerwaltungs- oder Vertriebsbereich
τ
Kostenträgerrechnung Wofür sind die Kosten angefallen? Wer ist Verursacher und damit Träger der Kosten? Z.B. Produkte, Produktgruppen, Kunden, Absatzgebiete, Absatzkanäle usw.
Abbildung 51
Elemente eines Kostenrechnungssystems
Orientiert an diesem allgemeinen Schema läßt sich für die Lösung der Informationsversorgungsprobleme eine Reihe von Ansatzpunkten nennen. Da hier nicht die Verbesserungsmöglichkeiten durch die Verwendung eines anderen Kostenrechnungssystems diskutiert werden, konzentrieren sich die Betrachtungen auf die Möglichkeiten zu Erzeugung differenzierterer und genauerer Informationen, die die aus Perspektive 155
der Logistikführungskräfte bestehende Lücke zwischen Informationsbedarf und Informationsangebot schließen. Im wesentlichen gelingt dies durch die Differenzierung • der Kostenarten, die den Ressourcenverzehr in der Logistik bewerten, • der Kostenstellen, in denen Logistikleistungen erstellt werden, • der Bezugsgrößen zur Ermittlung der primären Gemeinkosten, • der Bezugsgrößen zur Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungen, • der Kostenträger und • der Bezugsgrößen zur Zuordnung der Kosten zu Kostenträgern. Diese verschiedenen Ansatzpunkte werden nachfolgend ausführlicher diskutiert. Bisher wurde immer von einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung gesprochen. Die bisher durchgängige Berücksichtigung der Leistungen bzw. Erträge wird auch jetzt beibehalten. Allerdings ist es nicht üblich von einer Leistungsarten-, einer Leistungsstellen- und einer Leistungsträgerrechnung zu sprechen. Deshalb werden die Beziehungen zur Leistungsrechnung soweit wie möglich in die Betrachtungen der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung integriert. 6.4.2 Gestaltung der Logistik-Kostenartenrechnung
Dem Aufbau der Kostenartenrechnung kommt bei der Gestaltung eines Kostenrechnungssystems eine besonders wichtige Rolle zu. Fehler und Versäumnisse, z.B. in Form von unzulässigen Verdichtungen oder falschen Systematisierungen, lassen sich später, d.h. in der Kostenstellenund der Kostenträgerrechnung, nicht mehr ausgleichen. Differenzierte Analysen werden nur dann möglich sein, wenn bereits hier der Grundstock durch eine detaillierte Abbildung der verschiedenen Kostenarten gelegt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dieses Erfordernis bereits früher, d.h. schon in der Finanzbuchhaltung und in der Abgrenzungsrechnung, besteht. Bereits bei der Kontierung einzelner Belege könnten Hinweise auf betroffene Kostenstellen und ggf. Kostenträger erfaßt werden. Aufgrund der engen Verflechtung, die zwischen Finanzbuchhaltung und Kostenartenrechnung besteht, werden beide - trotz der bekannten Unterschiede - hier wie eine Einheit behandelt.
156
Bevor jedoch wilder Aktionismus entsteht und jeder Einzelbeleg zu einer eigenen Kostenart gemacht wird, ist zu prüfen, für welche Kostenarten eine Differenzierung tatsächlich sinnvoll erscheint. Methodisch könnte dies z.B. mit Hilfe einer ABC-Analyse unterstützt werden. Häufig sind jedoch die wichtigsten Kostenarten auch bekannt, so z.B. die Personalkosten in der Kommissionierung oder die Energiekosten im Tiefkühllager, so daß nur eingeschränkt Analysen notwendig werden. Bestimmt wird der erforderliche Aufwand durch den Informationsbedarf, der im Vorfeld ermittelt worden ist. Neben den vordergründigen Aufgaben der Kostenartenrechnung • •
Systematisierung der Kosten und Leistungen, Dokumentation der periodenbezogenen Daten zur Durchführung von Zeitvergleichen und ggf. Branchenvergleichen und • Ermittlung des Betriebsergebnisses (mit Hilfe des Gesamtkostenverfahrens) sind aber auch die mittelbaren Effekte auf die Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung zu berücksichtigen. Eine Reihe von Verrechnungsproblemen ließe sich lösen, wenn es in der Kostenartenrechnung gelänge, einen größeren Teil der Kosten direkt einzelnen Kostenträgern als Einzelkosten zuzurechnen. Insbesondere für extern bezogene Logistikleistungen wird dies teilweise schon praktiziert (z.B. Verrechnung als Bezugsnebenkosten bei Beschaffungsgütern und Sondereinzelkosten des Vertriebes bei Fertigerzeugnissen), doch besteht insgesamt noch Nachholbedarf. 111 Neben dieser Verfeinerung zur Abbildung von mehr Einzelkosten, der große Aufmerksamkeit geschenkt werden muß, lassen sich weitere Differenzierungen vornehmen. So ist es denkbar, auch die zeitliche Anpaßbarkeit der Kosten und den Kostenbestimmungsfaktor in der Kostenartenrechnung zu dokumentieren. In der Regel wird ein proportionaler Zusammenhang zwischen Kostenbestimmungsfaktor und variablen Kosten unterstellt. Wird eine andere Variante (progressiv, degressiv, regressiv) gewählt, so wäre auch sie festzuhalten. Von Weber existiert für unterschiedliche Kostenarten eine Reihe von Vorschlägen für ihre Differenzierung. 112 Sie werden hier verkürzt (!) vor-
Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987. S. 190. Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin, Heidelberg u.a. 1987, S. 148 ff.
157
gestellt, um einen Eindruck von den zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten zu vermitteln. Im einzelnen werden dargestellt: • • •
Logistik-Personalkosten Kosten für extern bezogene Logistikdienstleistungen Personalkosten für z.B. mit Logistikaufgaben betrautes Personal der Fertigung Logistik-Anlagenkosten Sonstige Logistik-Kostenarten
• •
Loqistik-Personalkosten •
•
158
Lohnkosten von Logistikpersonal Kosten der Einstellung und Freisetzung von Logistik-Lohnempfängern Kosten für Stellenanzeigen Umzugskostenvergütungen Abfindungszahlungen Sonstige Einstellungs- und Freisetzungskosten Kosten der Beschäftigung von Logistik-Lohnempfängern Löhne Arbeitsleistungsunabhängige Zusatzentgelte Soziale Abgaben Kosten innerbetrieblicher Sozialleistungen Kosten der Arbeitsleistungen von Logistik-Lohnempfängern Gehaltskosten von Logistikpersonal Kosten der Einstellung und Freisetzung von Logistik-Gehaltsempfängern Kosten für Stellenanzeigen Umzugskostenvergütungen Abfindungszahlungen Sonstige Einstellungs- und Freisetzungskosten Kosten der Beschäftigung von Logistik-Gehaltsempfängern Gehälter Arbeitsleistungsunabhängige Zusatzentgelte Soziale Abgaben Kosten innerbetrieblicher Sozialleistungen Kosten der Arbeitsleistungen von Logistik-Gehaltsempfängern Überstundenentgelte Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit Sonstige arbeitsleistungsabhängige Zusatzentgelte
Kosten für extern bezoqene Loqistikdienstleistunqen •
•
•
•
•
•
Transportkosten Straßenverkehr Kosten der Transportdurchführung Fernverkehrsfrachten Nahverkehrsfrachten Sammelladungsfrachten Expreßgutfrachten Rollgelder Versandartbedingte Verpackungs- und Abwicklungskosten Transportkosten Schienenverkehr Kosten der Transportdurchführung Stückgutfrachten Ladungsfrachten Expreßgutfrachten Rollgelder Versandartbedingte Verpackungs- und Abwicklungskosten Transportkosten Binnenschiffsverkehr Kosten der Transportdurchführung Grundfracht Befahrungsabgaben Versandartbedingte Verpackungs- und Abwicklungskosten Transportkosten Seeschiffsverkehr Kosten der Transportdurchführung Trampschiffahrtsfrachten Linienschiffahrtsfrachten Versandartbedingte Verpackungs- und Abwicklungskosten Sonstige Transportkosten Transportkosten Luftverkehr Transportkosten Postpaketverkehr Kosten von Fremdlagerungen Handlinggebühren Einlagerungsgebühren Kommissionierungsgebühren Auslagerungsgebühren Sonstige Handlinggebühren und Gebühren für die Lagerung
159
Mit Blick auf die durchaus übliche Praxis, Mitarbeiter in der Produktion auch Logistikfunktionen erfüllen zu lassen, man denke hier beispielsweise an die Bildung von Fertigungsinseln, und aufgrund der schon angesprochenen Leistungsverflechtungen sind ergänzend auch die folgenden Personalkosten zu berücksichtigen:
Kosten für mit Logistikaufgaben betrautes Fertigunqspersonal •
• •
anteilige Kosten der Einstellung und Freisetzung von FertigungsLohnempfängern Löhne Arbeitsleistungsunabhängige Zusatzentgelte Soziale Abgaben anteilige Kosten der Beschäftigung von Fertigungs-Lohnempfängern anteilige Kosten der Arbeitsleistungen von FertigungsLohnempfängern
Loqistik-Anlagenkosten •
Kosten von Transportanlagen Kosten außerbetrieblicher Fördermittel Kosten von Motorwagen und Zugmaschinen Kosten von Sattelauflegern und Anhängern Kosten innerbetrieblicher Fördermittel Kosten von Unstetigförderern (Gabelstapler, fahrerlose Transportsysteme) Kosten von Stetigförderern
•
160
Kosten von Transportwegen Kosten von Gleisanlagen Kosten von Straßen Kosten sonstiger Transportwege Kosten von Handlingsanlagen Kosten von Umschlagseinrichtungen Kosten von Krananlagen (Krane können auch als Transportmittel betrachtet werden) Kosten von Aufzügen (Aufzüge können auch als Transportmittel betrachtet werden) Kosten sonstiger Umschlagseinrichtungen
•
•
Kosten von Umschlagshilfsmitteln Kosten von Paletten Kosten von Standardbehältern Kosten von Sonderbehältern Kosten sonstiger Umschlagshilfsmittel Kosten von Lageranlagen Kosten von Lagerflächen Kosten von Lagergebäuden Kosten lagergebundener Fördermittel Kosten von Lagergestellen Kosten von Regalförderzeugen Kosten sonstiger lagergebundener Förderzeuge Kosten von Lagereinrichtungen Kosten von Waagen Kosten von Etikettieranlagen Kosten von Kälte- und Klimaanlagen Kosten von Steuerungseinrichtungen Kosten von sonstigen Logistikanlagen Kosten von Verpackungsanlagen Kosten von Büroanlagen Kosten von EDV-Anlagen
Die vorgenommene Einteilung der Anlagenkosten soll nur ein Hinweis sein, sie kann auch - z.B. je nach Einsatzzweck der Betriebsmittel - anders gewählt werden. In den Aufzählungen sind Kosten für die Informations- und Kommunikationssysteme nur kurz berücksichtigt worden. Auch diese Kosten für Computer, Drucker, Softwarelizenzen, Wartung usw. sind einzubeziehen. Für die Ermittlung der Anlagenkosten sind soweit möglich die folgenden Positionen zu berücksichtigen: 1 1 3 • Bereitstellungs- und Ausmusterungskosten • Anschaffungs- oder Herstellungskosten (inkl. Transport, Montage u.a.) • Kapitalbindungskosten • Mieten und Leasinggebühren • Raumkosten • Energiekosten • Instandhaltungs- und Wartungskosten 113
Vgl. Weber, Jürgen: Logistikkostenrechnung, Berlin. Heidelberg u.a. 1987, S. 157 ff.
161
• •
Versicherungskosten Gebühren, Steuern und Beiträge Sonstige Loqistik-Kostenarten
•
•
•
•
•
•
Kosten von für die Logistik benötigtem Material Schmierstoffkosten Verpackungsmaterialkosten Konservierungskosten Kosten sonstigen für die Logistik benötigten Materials Kosten von für die Logistik benötigten Energien und Energieträgern Treibstoffkosten Heizölkosten Stromkosten Kosten sonstiger für die Logistik benötigter Energien und Energieträger Kosten von für die Logistik benötigten Dienstleistungen Postkosten Kosten von für die Logistik benötigten Rechten (z.B. Softwarelizenzen) Bewachungskosten Kosten des Geldverkehrs Kosten sonstiger Dienstleistungen Für die Logistik anfallende Steuern, Gebühren und Beiträge Straßenbenutzungsgebühren Beförderungssteuer Zölle Sonstige für die Logistik angefallene Steuern, Gebühren und Beiträge Kosten logistischer Objektfaktoren Kosten von objektfaktorbezogenen Versicherungen Steuern für das in den Objektfaktoren gebundene Kapital Zinsen für das in den Objektfaktoren gebundene Kapital Kosten des Mißlingens logistischer Leistungserstellung Kosten des Verzehrs logistischer Objektfaktoren (Schwund, Schäden) In der Logistikkostenrechnung erfaßte logistikbedingte Erlösreduzierungen (Nachlässe, Schadenersatzzahlungen, Konventionalstrafen)
Alle hier dargestellten Kostenarten, die sich noch weiter differenzieren ließen, sind nur als Anregung zu verstehen. In Abhängigkeit von den konkreten betrieblichen Gegebenheiten, d.h. insbesondere in Abhängigkeit von der Höhe der einzelnen Kostenarten, muß eine selektive Detaillierung erfolgen. Gleiches gilt für die Abbildung der im Betrieb entstehenden und entweder innerbetrieblich oder vom Kunden in Anspruch 162
genommenen Logistikleistungen. Eine differenzierte Erfassung der Entstehung und Inanspruchnahme der Logistikleistungen ist die Voraussetzung für eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung. Dieser Aspekt wird leider häufig vernachlässigt. Das Spektrum der Ursachen für dieses Verhalten reicht von der Bereitschaft zu fahrlässiger Vereinfachung in der Kosten- und Leistungsrechnung bis hin zu der rational begründeten Entscheidung, aufgrund des erheblichen Erfassungsaufwandes auf einige Informationen zu verzichten. Dieses letzte Argument sei betont: Der Aufbau einer differenzierten Logistik-Kosten- und -Leistungsartenrechnung induziert einen unter Umständen erheblichen zusätzlichen Erfassungsaufwand. Wirtschaftlich sinnvoll lassen sich die Informationsdefizite beseitigen, wenn in großem Umfang eine automatische Betriebsdatenerfassung erfolgt. Die verschiedenen DV-Systeme, wie z.B. für den Einkauf, die Lagerverwaltung, die Produktionsplanung und -Steuerung oder das Fuhrparkmanagement, liefern zahllose Leistungsinformationen, die beim Vorhandensein einer integrierten DV-Lösung auch ihren Weg in die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung finden könnten. Aber auch hier gilt: Nicht so differenziert wie möglich, sondern nur so differenziert wie nötig!
6.4.3 Gestaltung der Logistik-Kostenstellenrechnung
Neben den schon erwähnten Aufgaben der Kostenstellenrechnung „Aufbereitung" der Gemeinkosten für die Kalkulation und Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung sind ergänzend • • •
die Planung und Budgetierung, die Wirtschaftlichkeitskontrolle und die Zuweisung von Kosten- und Leistungsverantwortung
zu berücksichtigen. Methodisch bedient sich die Kostenstellenrechnung dazu des Betriebsabrechnungsbogens. Sie unterscheidet verschiedene Arten von Kostenstellen, die in Abbildung 52 sehr differenziert dargestellt sind, die jedoch oft nur in Haupt- und Hilfskostenstellen aufgeteilt werden. Unter einer Kostenstelle ist ein abgegrenzter Bereich eines Unternehmens zu verstehen, für den die von ihm verursachten Kosten
163
ermittelt und ggf. geplant und kontrolliert werden. 114 Kostenstellen lassen sich in kleinere Einheiten, die sogenannten Kostenplätze, z.B. einzelne Fahrzeuge, zerlegen. Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig, sondern es kann auch, wie z.B. in der in der Einleitung erwähnten mittelständischen Spedition, jedes einzelne Betriebsmittel und jeder einzelne Mitarbeiter als eine einzelne Kostenstelle betrachtet werden. Aus dem Grundschema (vgl. Abbildung 53) für die im Betriebsabrechnungsbogen durchzuführenden Rechenschritte leiten sich die möglichen Ansatzpunkte für eine verbesserte Abbildung der Logistikkosten ab, die innerhalb der Kostenartenrechnung als Gemeinkosten eingestuft wurden. Präziser wären sie zwar als Kostenträgergemeinkosten zu bezeichnen, da diese aber üblicherweise als die Gemeinkosten angesehen werden, wird diese weitergehende Unterscheidung hier nicht vorgenommen. Die Gemeinkosten erhalten entweder schon in der Kostenartenrechnung (direkt) oder über einen Zwischenschritt (indirekt) eine Zuordnung zu den Kostenstellen. Die in diesem ersten Schritt des Schemas den Kostenstellen zugeordneten Kosten werden als die primären Gemeinkosten bezeichnet. Sekundäre Gemeinkosten sind die Gemeinkosten, die im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (zweiter Schritt) den Kostenstellen für die Inanspruchnahme von Leistungen anderer Kostenstellen (=Hilfskostenstellen) in Rechnung gestellt werden. Der Betriebsabrechnungsbogen ermittelt im nächsten Schritt die Summe aller einer Kostenstelle zuzuordnenden primären und sekundären Gemeinkosten. Viertens erfolgt die Bestimmung von Kalkulationssätzen und fünftens schließt das allgemeine Grundschema mit einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (Ermittlung von Über- und/oder Unterdeckung) ab.
114
164
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 190.
Abbildung 52
Kostenstellenarten
115
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 192.
165
Kostenstellen Hilfskostenstellen
Hauptkostenstellen
Kostenarten primäre Gemeinkosten
1.
Verteilung der primären Gerneinkosten auf die Köstenstellen (möglichst) nach dern Verursachungsprinzip
2.
Durchführung der innerbetri*Bblichen Leistungsverrechnung I I I
3.
Ermittlung der Summe der primären und sekundären Gemeinkosten je Kostenstelle
4.
Bildung von Kalkulationssätzen, z.B. Zuschlagssätzen, für die Hauptkostenstellen
5.
Kostenkontrolle in der Normalkostenrechnung (Ermittlung von Über- und Unterdeckung)
sekundäre Gemeinkosten
Abbildung 53
Allgemeines Schema für einen Betriebsabrechnungsbogen 116
Für die Verbesserung der Aussagekraft des Betriebsabrechnungsbogens hinsichtlich logistischer Problemstellungen sind insbesondere der erste, der zweite und der vierte Schritt interessant. Dort bietet sich an, die Differenzierung • der Kostenstellen, in denen Logistikleistungen erstellt werden, • der Bezugsgrößen zur Verteilung der primären Gemeinkosten, • der Bezugsgrößen zur Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungen und
116
166
Vgl. Haberstock, Lothar: Kostenrechnung 1, 8. Aufl. Hamburg 1987, S. 133.
•
der Bezugsgrößen zur Unterstützung der Kalkulation.
Wichtigster Ansatzpunkt ist die Differenzierung der Kostenstellen. Durch erfolgreiche Maßnahmen in diesem Bereich lassen sich einfachere Lösungen für die übrigen Differenzierungsansätze finden. Allerdings bereitet die Verfeinerung der Kostenstellenstruktur unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten, die nicht nur mit psychischen Widerständen bei den Mitarbeitern zu begründen sind. Sie resultieren zu einem großen Teil aus dem Problem, daß die Logistikleistungen häufig miteinander oder mit Leistungen anderer Unternehmensbereiche verknüpft sind, so daß erhebliche Abgrenzungsprobleme bestehen. Mit Blick auf den Verflechtungsgrad lassen sich Kostenstellen unterscheiden, in denen die Logistikleistungen teilweise • • • •
homogen und abgrenzbar, heterogen und abgrenzbar, homogen und nicht abgrenzbar oder heterogen und nicht abgrenzbar
sind. Kostenstellen (z.B. die Fuhrparkdisposition) mit „homogenen" Logistikleistungen sind dadurch gekennzeichnet, daß in ihnen eine einzige Logistikleistung erbracht wird (z.B. die Planung und Steuerung des Fahrzeug- und Personaleinsatzes). Mit dem Begriff „heterogen" ist demzufolge gemeint, daß in einer Kostenstelle (z.B. das Versandlager) verschiedenartige Logistikleistungen erbracht werden (z.B. Lagern, innerbetriebliche Transporte, Kommissionieren, Verpacken usw.). Sind diese Leistungen eindeutig identifizierbar und meßbar, so werden sie als „abgrenzbar" bezeichnet. „Nicht abgrenzbare" Leistungen liegen vor, wenn sie so eng mit anderen verflochten sind, daß eine Messung nicht möglich ist (z.B. die Leistung der Fördertechnik, die eine Fahrzeugkarosserie durch die Lackiererei transportiert). Diese Einteilung der Kostenstellen ist unabhängig von der Zuordnung der Kostenstelle zu einem betrieblichen Bereich. D.h. in die Betrachtungen bzw. als Ansatzpunkt für Veränderungen in der Kostenstellenstruktur gehen in dem hier zu diskutierenden Zusammenhang alle Kostenstellen ein, in denen Logistikleistungen erbracht werden. Dies können z.B. auch Fertigungs- oder Vertriebskostenstellen sein. Die hier zu diskutierende Differenzierung der Kostenstellen zu Verbesserung der Ab-
167
bildung logistikbezogener Informationen muß sich an den folgenden schon erwähnten Grundsätzen (vgl. auch S. 138 f.) orientieren: 1 1 7 1. Zwischen den in der Kostenstelle anfallenden Kosten und der erstellten Leistung soll möglichst eine proportionale Beziehung bestehen. 2. Kostenstellen und Verantwortungsbereiche sollen identisch sein. 3. Die Kostenstellen sollen eindeutig voneinander abgegrenzt sein, so daß eine zweifelsfreie Kostenzuordnung möglich ist. Mit Blick auf die erste Anforderung und die zuvor beschriebenen Verflechtungen wird bereits ein Problem deutlich. Im Idealzustand ist eine Kostenstelle dadurch gekennzeichnet, daß sie nur eine einzige, klar abgrenzbare Leistung erbringt, weil so eine proportionale Beziehung 1 1 8 zwischen den in der Kostenstelle ausgewiesenen Kosten und der Leistung ausgewiesen werden kann. Eine Ausnahme stellen verschiedenartige Leistungen dar, die die gleichen Kostenbestimmungsfaktoren haben. Werden Logistikleistungen, mit verschiedenen Kostenbestimmungsfaktoren, erbracht oder ist die/sind die Logistikleistung/en mit Leistungen anderer betrieblicher Bereiche in der Kostenstelle (=Mischkostenstelle) zusammengefaßt, dann wird eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung kaum noch möglich sein. Als eine Lösungsvariante setzt in dieser Situation die schon besprochene Prozeßkostenrechnung an, die versucht, das betriebliche Geschehen in homogene und abgrenzbare Prozesse aufzuteilen (vgl. z.B. Abbildung 45). Zwar gelingt ihr dies, doch der zumeist vorgenommene Rückgriff auf Kosteninformationen aus der Kostenstellenrechnung schmälert diesen Vorteil erheblich. Für den Aufbau der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung innerhalb der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung muß es deshalb das Ziel sein, die Kostenstellenstruktur derart zu verfeinern, daß je Kostenplatz oder -stelle nur eine einzige oder nur eine deutlich dominierende Leistung erbracht wird.
Vgl. Hummel, Siegfried und Wolfgang Männel: Kostenrechnung 1, 4. Aufl. Wiesbaden 1986, S. 198. Es wird hier nicht auf die Differenzierung von Voll- und Teilkostenrechnung eingegangen. D.h., daß auch aus Sicht der Vollkostenrechnung von einem proportionalen Verhältnis zwischen Kosten und Leistungen gesprochen werden kann.
168
Neben der Wirtschaftlichkeit, die die Differenzierung begrenzt, existieren aber auch praktische Hindernisse. So läßt sich zwar im Extremfall ein Mitarbeiter, aus dem Lager, als eine einzelne Kostenstelle oder ein Kostenplatz begreifen, doch es ist durchaus möglich, daß er für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt wird. So z.B. für das Fahren eines Gabelstaplers im Lager und in der Produktion, für das Umpacken von Waren, für die Kommissionierung usw. Dies sind unterschiedliche Leistungen, die in einem nicht mehr weiter zu detaillierenden Bereich erbracht werden. Eine Kostenstellenbildung orientiert an dem Ideal „homogene, abgrenzbare Leistung" ist hier nicht möglich. Der zweite Ansatzpunkt für die Verbesserung der vorhandenen Kostenstellenrechnung ist die Überarbeitung der Bezugsgrößen zur Verteilung der primären Gemeinkosten. Neben den Gemeinkosten, die direkt, d.h. verursachungsgerecht den jeweiligen Kostenstellen zugeordnet werden (=Kostenstellen-Einzelkosten), existiert ein Teil Gemeinkosten, der nur indirekt, d.h. mit Hilfe von Schätzungen oder Schlüsselungen den Kostenstellen zugeordnet werden kann (=Kostenstellen-Gemeinkosten). Diesen zuletzt genannten Kosten ist insbesondere dann größere Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie einen relativ hohen Anteil an den Kosten einer Kostenstelle haben. Es ist festzustellen, ob sich die Art der Verrechnung auf die verschiedenen Kostenstellen als „gerecht" bezeichnen läßt oder ob hier eine eher willkürliche Verrechnung stattfindet. Die Differenzierung der Bezugsgrößen zur Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungen, der dritte Ansatzpunkt, läßt sich auf die Zielsetzung reduzieren: Alle innerbetrieblich ausgetauschten Leistungen sind zu messen, zu bewerten und die Kosten sind den die Leistungen empfangenden Kostenstellen zuzurechnen. Gelänge dies, so könnten die Leistungen von Mischkostenstellen, wie der schon erwähnte Lagerarbeiter, differenziert abgebildet und versucht werden, sie unter Berücksichtigung der oben genannten Schwierigkeiten mit Kosten zu bewerten. Neben diesem Problem behindern aber auch hier wieder praktische, methodische und wirtschaftliche Probleme die Zielerreichung. So erfordert es einen erheblichen Aufwand, z.B. in Form von manuellen Aufschreibungen oder in Form von Investitionen für Betriebsdatenerfassungssysteme, den innerbetrieblichen Leistungsaustausch abzubilden. Methodische Schwierigkeiten ergeben sich z.B. aus der Art der im Betriebsabrechnungsbogen vorzunehmenden Leistungsverrechnung. Als 169
Varianten werden unter anderen das Anbauverfahreri, das Stufenleiterverfahren, das simultane Gleichungsverfahren oder die iterativen Verfahren genannt. Die beiden ersten Verfahren liefern nur unter bestimmten Einsatzbedingungen exakte Verrechnungssätze für die innerbetrieblichen Leistungen. Trotz dieser Schwäche findet aber in der Praxis das Stufenleiterverfahren, das aufgrund seiner Methodik einen Teil des Leistungsaustausches vernachlässigen muß, die häufigste Anwendung. Müßten hier Änderungen vorgenommen werden, so wäre dies, wie bei der differenzierten Leistungserfassung, nur mit relativ großem Aufwand realisierbar. Die Begrenzung der Veränderungsmöglichkeiten durch die Wirtschaftlichkeit bedarf daher keiner weiteren Erläuterung. Der letzte Ansatzpunkt zur Verbesserung der Kostenstellenrechnung, die Differenzierung der Bezugsgrößen zur Unterstützung der Kalkulation, wird im folgenden Kapitel aufgegriffen, da dort die Verwendung differenzierterer Informationen deutlicher wird. Abschließend sei aber noch ein ergänzender Aspekt erwähnt. Der zentrale Ansatzpunkt ist hier die Differenzierung der Kostenstellenstruktur gewesen. Ein Ziel der Kostenstellenrechnung ist es, Kosten- und Leistungsverantwortung Mitarbeitern bzw. Führungskräften zuzuordnen. Damit dies gelingen kann, muß sich die Kostenstellenbildung an der Aufbauorganisation des Unternehmens orientieren. Wichtig ist insbesondere, daß durch eine hinreichende Differenzierung der Kostenstellen erreicht wird, daß eine Kostenstelle nicht zwei oder mehr Verantwortungsbereichen zugeordnet ist. Die Kostenstellenstruktur ist deshalb so aufzubauen, daß sie den betrieblichen Hierarchieebenen entsprechend Verdichtungen zuläßt. Da es nicht in jedem Unternehmen eine institutionalisierte Logistik gibt, muß eine zweite, funktionsorientierte Sicht auf die Kostenstellen möglich sein. D.h., es muß möglich sein, z.B. einzelne Transport- oder Lagerkostenstellen, die verschiedensten organisatorischen Einheiten in verschiedenen betrieblichen Bereichen zugeordnet sind, zusammenzufassen, um Aussagen über die Kosten und Leistungen der betrieblichen Logistik machen zu können. 6.4.4 Gestaltung der Logistik-Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung besteht aus den beiden Bestandteilen Kostenträgerstückrechnung und Kostenträgerzeitrechnung (vgl. Abbildung
170
54). Als Kostenträger werden betriebliche Leistungen verstanden, die aufgeteilt werden können in: •
Absatzleistungen (=Endkostenträger) - Kundenaufträge, z.B. eine Werkzeugmaschine, die in Einzelfertigung für einen Kunden produziert wird - Lageraufträge, z.B. Waschmittel, das hergestellt wird, ohne daß schon eine Bestellung eines Kunden vorliegt • innerbetriebliche Leistungen (=Zwischenkostenträger) - aktivierbare/-pflichtige, z.B. eine von eigenen Mitarbeitern hergestellte Förderanlage - nicht aktivierbare, z.B. die Durchführung innerbetrieblicher Transporte Während sich die Betrachtungen der Kostenträgerstückrechnung auf einzelne Mengeneinheiten eines Produktes oder Auftrages beziehen, werden im Rahmen der Kostenträgerzeitrechnung die Kosten je Kostenträger periodenweise aggregiert. Ergänzt um die Betrachtung der erwirtschafteten Erlöse ergibt sich so die Betriebsergebnisrechnung. Mit Hilfe dieser beiden Teile der Kostenträgerrechnung sollen verschiedene betriebliche Entscheidungen unterstützt werden. Dazu zählen z.B., Programmentscheidungen auf Basis des Erfolges eines Kostenträgers, die Festlegung von langfristigen und kurzfristigen Preisuntergrenzen und die Ermittlung von Preis- bzw. Kostenobergrenzen. Außerdem kann es notwendig sein, dem Kunden, z.B. bei einer „offenen Kalkulation", die Kostenstruktur je Kostenträger offenzulegen.
Abbildung 54
Bestandteile der Kostenträgerrechnung
171
Die verschiedenen Logistikleistungen treten entweder als Absatz- oder als innerbetriebliche Leistungen auf. Aufgrund der Art der durchzuführenden Prozesse sind die mit der Leistungserstellung verbundenen Kosten nicht immer den Kostenträgern als Einzelkosten direkt zuzuordnen. Um zu einer verursachungsgerechteren Verrechnung der Gemeinkosten für die Inanspruchnahme von Logistikleistungen zu gelangen, sind mehrere Schritte zu gehen. Der erste, die Ermittlung der der Leistungserstellung gegenüberstehenden Kosten, muß in der Kostenstellenrechnung abgedeckt werden. Der zweite, die Zuordnung der Kosten zu Kostenträgern, findet für innerbetriebliche Leistungen im Betriebsabrechnungsbogen im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung statt. Für Absatzleistungen geschieht dies in der Kostenträgerstückrechnung. Für beide Varianten gilt, daß Bezugsgrößen identifiziert werden müssen, mit deren Hilfe eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten zu Leistungsempfängern möglich wird. Dazu ist insbesondere von den teilweise sehr pauschalen und stark vereinfachenden Annahmen der Zuschlagskalkulation abzurücken. Der in der Fertigung schon lange praktizierte Einsatz von Maschinenstundensätzen ist ein Hinweis auf die Entwicklungsrichtung für die Logistik. In der Abbildung 55 sind exemplarisch mögliche Bezugsgrößen genannt. Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Sinnhaftigkeit. Sie zeigt nur beispielhaft und an einigen Stellen bewußt provokativ, welche Lösungen denkbar sind. Für jeden betrieblichen Einzelfall ist die Auswahl unternehmensindividuell vorzunehmen. Die festzulegenden Bezugsgrößen werden einerseits im Betriebsabrechnungsbogen zur Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (Verrechnung der Kosten der Hilfskostenstellen auf die Hauptkostenstellen) eingesetzt und andererseits im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung zur Ermittlung der Herstell- bzw. Selbstkosten eines Produktes (Zuordnung der in den Hauptkostenstellen ausgewiesenen Kosten zu Kostenträgern). Diese Verfahrensweise bezieht sich auf die Gemeinkosten. Idealerweise wird jedoch, wie bereits angedeutet, ein möglichst großer Teil der Logistikkosten im Rahmen der Kostenartenrechnung als Einzelkosten dargestellt und in der Kostenträgerstückrechnung direkt, d.h. ohne den Umweg über die Kostenstellenrechnung und die Bezugsgrößen, den Kostenträgern zugeordnet.
172
Leistungsart, z.B.
Bezugsgröße, z.B.
Lagerleistung
Lagervolumen
differenziert nach Lagervarianten (Re- Anzahl Palettenplätze*Anzahl Lagertage gallager, Blocklagerung, automatisches mengen- oder volumenmäßige UmschlagsHochregallager, Tiefkühllager, Gefahrhäufigkeit gutlager usw.) Transportleistung
Anzahl der Transporte
differenziert nach unterschiedlichen Transportsystemen (Gabelstapler, Förderband, Kran, fahrerloses Transportsystem)
Länge der Transportstrecke transportiertes Volumen oder Gewicht
Kommissionierleistung
Anzahl einstufig kommissionierter Paletten
differenziert nach Kommissionierverfahren (einstufig/zweistufig, automatisch/manuell, mit/ohne Fahrzeug) und Warencharakteristika
Anzahl einstufig kommissionierter Packstücke der Größenklasse 4 (Gewicht > 10 kg oder Volumen > 100 dm 3 oder größter Durchmesser > 1 m)
Dauer der Transportdurchführung
Anzahl der Kommissionierfehler zeitlicher Aufwand zur Bearbeitung eines Kommissionierauftrages Dispositionsleistung
Anzahl der auszuliefernden Sendungen Anzahl der einsetzbaren Mitarbeiter und Betriebsmittel
Wareneingangsleistung
Anzahl der angenommenen Sendungen
differenziert nach Teilleistungen und Objekten (Paletten, Sendungen, Dokumente usw.)
Anzahl der angenommenen Paletten Anzahl der angenommenen Packstücke Anzahl der festgestellten Transportschäden zeitlicher Aufwand für das Umpacken von Sendungen
Leistung des Logistik-Controlling
Anzahl der Berichtsseiten Anzahl der Sitzungsstunden
usw.
Abbildung 55
usw.
Beispiele für Logistikleistungen und Kosteneinflußgrößen 173
Bisher wurden nur einzelne Leistungen als Kostenträger betrachtet. Für den Aufbau einer entscheidungsorientierten Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung ist es jedoch sinnvoll, eine Reihe anderer Perspektiven einnehmen zu können. Neben der periodenbezogenen Verdichtung im Rahmen der Kostenträgerzeitrechnung können die Kosten und Erlöse auch für Kunden, Kundengruppen, Organisationseinheiten oder Regionen zusammengefaßt werden. Gelingt es, bezogen auf verschiedene Aggregationsstufen differenziert die jeweiligen Logistikkosten und -leistungen auszuweisen, dann ist ein wichtiger Schritt in Richtung Logistik-Controlling beschritten worden. Mit diesen Überlegungen schließt die Darstellung der Möglichkeit, im Rahmen einer vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung eine Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung aufzubauen. Zusammenfassend lassen sich die folgenden Anforderungen formulieren: • Alle Logistikkosten sind in der Kostenartenrechnung differenziert und als Einzelkosten auszuweisen. • Für die verbleibenden Logistik-Gemeinkosten sind in der Kostenstellenrechnung differenzierte Logistik-Hauptkostenstellen zu bilden. • Sind Logistik-Hilfskostenstellen zu bilden, so ist eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten zu den Hauptkostenstellen vorzunehmen. • In Logistik-Kostensteilen dürfen nur homogene, abgrenzbare Logistikleistungen entstehen. • Lassen sich Mischkostenstellen nicht vermeiden, so ist zu prüfen, welchen Anteil die verschiedenen Leistungen und Kosten haben. Gegebenenfalls ist eine differenzierte Leistungserfassung nötig und möglich. Bei der Kostenzuordnung müssen unter Umständen Abstriche gemacht werden. • In der Kostenartenrechnung erfolgt neben den Logistik-Einzelkosten ein differenzierter Ausweis der verursachungsgerecht (mit Hilfe von Bezugsgrößen) zugeordneten Logistikkosten bzw, der in Anspruch genommenen Leistungen. • Die Kostenartenrechnung ermöglicht unterschiedliche AnalysePerspektiven (Aggregationsstufen und Differenzierungsmöglichkeiten). Diese Anforderungen stellen Maximalforderungen dar, die sich sicherlich nicht realisieren lassen. Zwischen den beiden Extremen „Keine Verän174
derung" und „Umsetzung der Maximalforderungen" existieren jedoch zahllose Abstufungen. Will ein Unternehmen innerhalb der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung eine integrierte Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung entwickeln, dann kann durchaus eine den inhaltlichen und auch wirtschaftlichen Anforderungen genügende Lösung gefunden werden.
175
7 Zusammenfassung
Bei den verschiedenen hier angesprochenen Vorschlägen zur Schaffung von mehr Transparenz im Bereich der Logistikkosten und Logistikleistungen sind der Nutzen und die Realisierbarkeit stets vor dem Hintergrund der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen zu bewerten. Derartige unternehmensinterne Faktoren, die für die Gestaltung einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung Gültigkeit besitzen, sind •
die wirtschaftliche Bedeutung der Logistik und das Logistikverständnis, • die vorhandenen technischen Möglichkeiten der Kosten- und Leistungserfassung, • der Entwicklungsstand und die Flexibilität der vorhandenen Kostenund Leistungsrechnung (Dies bezieht sich auf die Methodik und auf die eingesetzte Technologie, im Sinne von Hard- und Software.) und • die Bereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung. Diese Einflußgrößen führen allzu theoretische Visionen von „der" Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung schnell auf den Boden der Realität. Andererseits gilt zwar die Aussage, daß nicht das Mögliche, sondern das Nötige realisiert werden muß, doch zeigt der Entwicklungsstand der Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung in der Praxis, daß nicht selten das Mögliche deutlich weniger als das Nötige ist. Das dominierende Hindernis ist der Entwicklungsstand der vorhandenen Kostenrechnung. Vielleicht kann ein Projekt zum Aufbau einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung der Anstoß sein, um kritischer über das Grundkonzept des vorhandenen Systems nachzudenken. Als idealer Ansatzpunkt bieten sich die als Arbeitsschritte vorgeschlagenen Informationsbedarfsund Informationsangebotsanalyse an. Eine derartige Initialfunktion wäre für das gesamte Unternehmen von erheblicher Bedeutung. Bei aller Begeisterung für die methodischen Möglichkeiten: Die Interpretation der Informationen, die die Kosten- und Leistungsrechnung liefert, muß sehr kritisch erfolgen. So ist es zwar für ein Einzelhandelsunternehmen mit Standort in Norddeutschland wichtig zu wissen, daß unter Berücksichtigung der Logistikkosten der Verkauf eines bestimmten Produktes in Süddeutschland eingestellt werden müßte. Trotzdem zwin-
176
gen aber sortimentspolitische Gründe, die die Kosten- und Leistungsrechnung nicht abbilden kann, dieses Produkt weiterhin anzubieten und regelmäßig auch zu Sonderpreisen zu verkaufen. Diese Entscheidung zu treffen, ist zwar isoliert betrachtet unangenehm, sie hat aber insgesamt betrachtet eine positive Wirkung auf den Erfolg, da sich in den Warenkörben auch Produkte befinden, die dieses Defizit decken. Die Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung hat ihren Zweck erfüllt und zu einer rationalen Entscheidungsfindung verholfen. Vor dem Hintergrund der einerseits vielfältigen Ausgangssituationen und der andererseits zahllosen Gestaltungsalternativen für den Aufbau einer Logistik-Kosten- und -Leistungsrechnung bleibt die abschließende Empfehlung: Schießen Sie nicht mit Kanonen auf Spatzen, und werfen Sie nicht mit Spatzen auf Kanonen!
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