Leidensfahrten verschleppter Elsaß-Lothringer: von ihnen selbst erzählt [4. Aufl.(unveränd. Abdr.), Reprint 2022] 9783112682081


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German Pages 82 [92] Year 1918

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Erlebnisse in französischen Zivilgefangenenlagern
2. Nach der Insel St. Groix (Bretagne)
3. Meine Erlebnisse in französischer Gefangenschaft
4. Drangsale einer Elsässerin
5 a. Des Pilleurs de Cadavres sont conduits de Mulhouse ä Clermont-Ferrand
5 b. Leichenschänder werden von Mülhausen nach Clermont-Ferrand überführt
6. 18 Monate in ftanzösischer Geiselhaft
7. Bericht über meine Verschleppung und Erlebnisse in französischer Gefangenschaft
8. Die Leidensgeschichte der Posthalterfamilie aus Niedersulzbach
9. Kindersterben
10. In der Arena zu Veziers
11. Aus dem Brief eines Steinhauers vom Münstertal
12. Leidenswanderungen
13. Erfahrungen einer verschleppten Bürgersftau
14. St. Michel de Frigolet (Dsp. Bouches du Rhone
15. Leiden und Tod des Rentmeisters Weinschenk aus Felleringen
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Leidensfahrten verschleppter Elsaß-Lothringer: von ihnen selbst erzählt [4. Aufl.(unveränd. Abdr.), Reprint 2022]
 9783112682081

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Leidensfahrten verschleppter Elsaß-Lothringer von ihnen selbst erzählt herausgegeben von

Dr. P. Kannengießer Professor am Protestantischen Gymnasium zu Stratzburg t. E.

Vierte Auflage.

(Unveränderter Mdruck.)

Straßburg Verlag von Karl I. Trübner 1917.

Alle Rechte Vorbehalten

Druck von M. DuMont Schauberg, Straßburg.

Vorwort. Dies Büchlein vereinigt eine Auswahl von Berichten, die elsaß-lothringische, während des Krieges gewaltsam nach Frankreich weggeführte Männer und Frauen nach ihrer Heimkehr über ihre Erlebnisse in der Gefangenschaft nieder­ geschrieben und der Herausgeber bei seiner nunmehr zwei­ jährigen Tätigkeit im Dienste seiner unglücklichen Lands­ leute in die Hände bekommen hat. Solche Schilderungen sind bereits vielfach in Tagesblättern und Zeitschriften, auch in selbständiger Form, ans Licht getreten; so hat der Heraus­ geber im März vorigen Jahres im Derein mit Professor Lienhard „Schicksale einer verschleppten, von ihr selbst er­ zählt" veröffentlicht.*) Gleichwohl wagt er jetzt mit dieser Sammlung in der Hoffnung hervorzutreten, daß sie nicht bloß im Deutschen Reiche, sondern auch im neutralen Ausland, so­ weit hier auf Unbefangenheit des Urteils gerechnet werden darf, teilnahmsvolle Beachtung finden werde. Erweckt doch gerade die unmittelbare Lebendigkeit, die solchen einzelnen Berichten ihren Guellenwert verleiht, auch wieder Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit: Der verdacht liegt nahe, datz Er­ zähler und Erzählerinnen in begreiflicher Erregung ihre Schilderungen, vielleicht ganz unabsichtlich, zu düster gefärbt *) Es

ist

die

treue

Übersetzung

des

von

der

Verfasserin,

einer

geborenen Französin, in ihrer Muttersprache niedergeschriebenen Berichtes (jetzt 8. Tausend); den Text hat der Verlag (Strahb. Druckerei und Verlags­

anstalt, vorm. R. Schultz u. Co.) später unter dem Titel Ma Captivitö en France nachfolgen lassen.

Sonst sei besonders noch auf die in den

Südd. Monatsheften, März 1915 und dann auch als Einzelheft in deren Verlag erschienenen „Hundert Tage Gefangene in Frankreich" von Fanny Hoeßl hingewiesen.

IV

haben, daß ihre unter schwierigen Umständen gemachten Ur­ aufzeichnungen mangelhaft, ihr Gedächtnis nicht zuverlässig gewesen sei. Erst die Übereinstimmung mannigfacher, von einander unabhängiger Zeugen verbürgt die Wahrheit. Eine solche Mannigfaltigkeit von Zeugenaussagen ist nun hier vereinigt. Männer und Frauen verschiedenster Berufskreise berichten, was sie selbst erlebt haben, keiner vom andern beeinflußt und jeder in seiner Sprache. Auch sind die Ur­ heber aller größeren berichte von der zuständigen Stelle der Reichsbehörde oder der Elsaß-Lothringischen Landes­ regierung vereidigt worden (in der Überschrift mit E be­ zeichnet). Der Herausgeber hat seinerseits nur öfters der Raumersparnis wegen allzu Ausführliches in kenntlicher Weise gekürzt, im Einvernehmen mit Verfassern, die noch Un­ gehörige in französischer Gefangenschaft zurückgelassen, einige vielleicht verräterische Stellen gestrichen und Namen durch Anfangsbuchstaben ersetzt; die gleiche Vorsicht verbot, die Ver­ fasser selbst zu nennen. Nichts wesentliches ist weggefallen, keine Anerkennung, mit der auch besserer Behandlung dank­ bar gedacht wird. Zur Ergänzung und Erläuterung sind ältere Zeitungsartikel herangezogen, einige von besonderer Bedeutung auch in den Cext gestellt. Die Beschränkung des Stoffes — es handelt sich nur um die Erlebnisse von Elsaß-Lothringern — erleichtert die Über­ sichtlichkeit und ermöglicht dem Leser, den hie und da be­ sondere Hinweisungen zu unterstützen suchen, eine Reihe merk­ würdiger Übereinstimmungen sestzustellen und sich ein treues Bild des Elends auszumalen, das schuld- und wehrlose deutsche Männer, Frauen und Rinder durch französische Gewalttat zu erdulden gehabt und zu erdulden haben. (Er wird die Über­ zeugung gewinnen und möge sie festhalten, daß die Verant­ wortung für diese Leiden nicht etwa einzelne entmenschte Per­ sonen, untergeordnete Werkzeuge der Staatsgewalt, sondern die ganze französische Nation, Regierung und Volk, mit gleicher Schwere und Schande trifft, für jetzt und alle Zeiten. Als kürzlich durch die deutsche Verwaltung viele (lausende von Bewohnern größerer Städte in Französisch-

V Flandern notgedrungen, zu ihrem eignen Wohle, in andre Teile des besetzten Gebietes übergeführt worden, erhob die französische presse ein lautes Gezeter, daß man Franzosen wie Sklaven fortgeschleppt und wie das Vieh behandelt habe, und im Ausland fand es vielfachen Widerhall. Erst jüngst noch hat Ministerpräsident Briand über diese „verbrecherische Hand­ lung" entrüstete Worte in die Welt gerufen. Man lese nun die Leidensgeschichte unsrer Glsatz-Lothringer und urteile, auf welcher Seite die „den allerelementarsten Regeln des Völker­ rechtes zuwiderlaufenden Vorkommnisse" zu finden sind. Man glaubt und verbreitet dienstbeflissen die methodisch her­ gestellten Lügenmärchen unsrer Feinde über „deutsche ver­ brechen"; verschließe man sich nicht der Wahrheit, die aus den folgenden Blättern unverkennbar spricht!

Straßburg i. Uhr eintrafen, mit Bajonetten empfangen, in höchst genügender Anzahl, zu unserm Glück; denn das Publikum hätte

7 das Gefühl nicht des Haffes, sondern der ehrlichen Verachtung für dieses degenerierte, würdelose Volk unserer Feinde, und manchem der geborenen Elsässer unter uns gingen die Lügen auf über das wahre Wesen der „grande nation“. Todmüde kamen wir endlich in der auf einer Anhöhe über Lesantzon gelegenen Zitadelle an, wo wir in das Militärgefängnis eingesperrt wurden, hier wurden wieder unsere Personalien ausgenommen und jeder mutzte sein vor der Abfahrt von Beifort ihm zurückerstattetes Geld, Papiere u. a. ab­ liefern. In einer feuchten Kasematte mutzten wir auf Stein­ boden, der nur ganz dünn mit Stroh bedeckt war, ohne Decken schlafen: das Essen war schlecht und unzureichend: hie und da gab es mal in der Suppe, die auch hier in alten Blecheimern gereicht wurde, ein Stück ungenietzbares Fleisch.**) Kaufen durften und konnten wir nichts, da wir unsere Wert­ sachen erst später zurückerhielten. AIs einzige Waschgelegen­ heit diente für alle ein dünner Wasserstrahl im Hof; Rauchen und Zeitunglesen war strengstens untersagt. Die Abortverhältnisse waren wie überall, wo wir eingesperrt waren, die denkbar schlechtesten, von Hygiene keine Spur! Die deutschen Frauen befanden sich zusammen mit einigen völlig zerlumpten, barfützigen Zigeunerfamilien, die die Franzosen in Remiremont aufgegriffen hatten, ebenfalls in einer dumpfen Kase­ matte. Mehrere Male wurde uns ein Besen in die Hand ge­ drückt, mit dem wir den Gefängnishof kehren mutzten. Auf unsere immer wiederholte Frage, weshalb wir denn eigentlich eingesperrt seien, sagte man uns, in wenigen Wochen sei das Elsatz wieder französisch, bei der Französierung des Elsasses ständen wir im Wege, daher würden wir interniert. uns sonst gesteinigt, da man uns für Spione, Leichenräuber, Brunnenvergifter usw. hielt.

*) Der Kaufmann (f. S. 5 *)) spricht sich über das Essen günstiger aus; er scheint gleich anfangs auf die entgegengesetzte Seite der Zitadelle gebracht zu sein, wohin der Richter (nach S. 8) erst am 30. gelangte, und wo sich, wie der 6.3*) erwähnte Beamte a.D. in Straßb. Post Nr. 52 erzählt, eine Soldatenküche befand. Die Suppe bezeichnet dieser als schmackhaft, aber die Porttonen waren ganz unzureichend, das Fleisch meist ungenießbar, weil hart.

8 hier in Befanden lag bei uns im Gefängnis auch der todkranke Gerichtsvollzieher Kammradt aus Münster im Elsaß. Der Ärmste war trotz seines Alters und seiner schweren Herzkrankheit von den Franzosen mitverschleppt worden; auf seinem Leidensweg durch Frankreich hatte sich seine Krankheit so verschlimmert, daß er hier im elenden Gefängnis in den letzten 3ügen lag und kurz darauf fern der Heimat gestorben ist. Nicht weit von ihm ruht in französischer Erde der trotz Krankheit gleichfalls verschleppte Sanitätsrat Dr. Breinlinger, auch ein Gpfer französischer humanite! Am Sonntag, den 30. August wurden wir auf die entgegen­ gesetzte Seite der Zitadelle geführt, wo wir ca. 150 weitere Leidensgefährten trafen. Der Rechtsanwalt W. und der In­ spektor B. zeigten mir hier ihre noch dick verschwollenen, blut­ unterlaufenen Handgelenke, herrührend von den Fesseln, die sie tagelang auf ihrem Marsche mit den französischen Truppen hatten tragen müssen; auf ihre Beschwerde, die Fesseln be­ reiteten ihnen unerträgliche Schmerzen, hatten die Soldaten ihnen diese noch fester angezogen. Der Apotheker G., der mehrere Tage hindurch mit auf den Rücken gebundenen Armen aus einem Bagagewagen liegend herumgeschleppt war, zeigte an seinen Armen tiefe, von einem Seile herrührende Ein­ schnürungen. Fast jeder von uns hatte ähnliche Beispiele französischer humanite und liberte am eigenen Leibe er­ fahren! hier fühlte sich der sogenannte Prinzipal des Gefängnisses, ein Sergeant, bewogen, an die Derschleppten eine deutsche Ansprache zu halten. Er begann mit folgenden Worten: „Das ist eine Schweinerei, Ihr Kaiser hat den Krieg angefangen, Ihr Deutsche tragt den lieben Gott auf dem Bauch (Anspielung auf das Säbelkoppel mit der Umschrift „Gott mit uns"), wir Franzosen brauchen keinen Gott"; in dieser Tonart ging es weiter.*) Noch am selben Sonntag hieß es plötzlich, wir würden weitertransportiert. Wir 200 Personen wurden zu vieren auf­ gestellt und von der Zitadelle zum Bahnhof verbracht; wohin *) Vergl. Nr. 6 S. 44.

9 es gehen würde, wußte keiner von uns. Jn der Stadt wieder­ holten sich dieselben widerlichen Szenen wie früher, die uns besonders auf die Nerven gingen; überall Beschimpfungen, Bedrohungen usw. Jm Bahnhof wurden wir zu je 40 Mann in einen Viehwagen verladen und mußten zunächst 5 Stunden lang, bis abends 8 Uhr, auf den Abgang des Zuges warten. Jn jedem wagen befanden sich zwei Soldaten als wache. Mr fuhren, ohne Überzieher und Decken, die ganze Nacht und den folgenden Tag hindurch, bis wir Montag den 31. August, nachmittags, halb verhungert*)inMoulins-sur-Allier anlangten. Auf dem Zuge durch die Stadt Moulins wurden wir wieder von allen Seiten beschimpft und bedroht. Jn einer der Hauptstraßen sprang ein bessergekleideter Herr durch den Militärkordon in unsere Reihen, packte mich von hinten am Genick, schüttelte mich und warf mich mit einem heftigen Stoße zu Boden. Mein Hut flog dabei mehrere Meter zurück. Oie Soldaten sahen alledem untätig zu; meine Landsleute hoben mich auf und mußten mich vor weiteren Gewalttätig­ keiten dieses Menschen schützen. Nach diesem Vorkommnis litt ich an inneren Blutungen und kam noch am gleichen Tage in ärztliche Behandlung. Jn Moulins wurden wir in zwei Gruppen, Beamte und Nichtbeamte, geteilt; die Beamten, 137 Personen, kamen in den Turnsaal der Gesellschaft La Bourbonnaise, die Nichtbeamten in einen anderen Saal. Jn dem schmutzigen Turnsaal lagen wir reihenweise auf dünn­ geschichtetem Stroh auf dem Boden; Decken gab es nicht. Einige, die erst nachträglich in unsere Abteilung gekommen waren, lagen aus dem blanken Fußboden, dessen weit klaffende Ritzen von Ungeziefer aller Art wimmelten, insbesondere von großen Rasern und deren ekelhaften Larven. Tische und Stühle gab es nicht; an einem kleinen Wasserhahn mußten sich alle 137 Personen ohne jedes Waschgerät waschen. An Nah­ rung lieferte die Stadt Moulins für uns 137 Leute 7 Kilo Fleisch pro Tag. Dieses „Fleisch" bestand hauptsächlich aus Ruhkinnladen mit Zähnen daran und einem Fetzen stinkenden *) Das öfters erwähnte Tagebuch des Kaufmanns verzeichnet hier kurz: „Hunger".

Moulins» fur-Allier.

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Jetts.*) hieraus wurde eine dünne Suppe gekocht, die uns zweimal täglich, um 11 Uhr morgens und 6 Uhr abends, als einzige Nahrung verabreicht wurde. Um die Suppe dicker zu machen, mußten wir selbst Kartoffeln kaufen. Brot wurde uns in ausreichender Menge gegeben. Tagsüber durften wir in einem kleinen Hof umhergehen, in dessen Mitte sich ein alle Abwasser der Küche aufnehmender, stinkender Tümpel ohne jeglichen Abfluß befand. Morgens 6 Uhr war im Hof Appell, abends 8 Uhr lag alles auf dem Stroh. Kleider und Wäsche hatte bisher keiner wechseln können; Gelegenheit zum Wäsche­ kochen gab's nicht. Bald nahm daher das Ungeziefer, nament­ lich die Kleiderläuse überhand, vor denen sich niemand retten konnte; mehrmals täglich mußte jeder seine Kleider nach Läusen absuchen. Endlich erlaubte man uns, unsere Familien von unserem Aufenthalt zu benachrichtigen und uns bei einem Kaufmann, dem der Sutritt zu unserem Lager gestattet wurde, die notwendigsten Wäsche- und Kleidungsstücke, Decken u. a. zu beschaffen. Vieser Biedermann brachte uns seine ältesten Ladenhüter und verkaufte sie zu unglaublich teuren Preisen. Ab und zu kam auch ein Arzt; da er aber die Kranken kaum anhörte und für alle Krankheiten, ob äußerlich oder innerlich, Jodtinktur als einzigstes Medikament verschrieb, schwand bei uns bald das vertrauen in seine ärztliche Kunst.**) Ab und zu erhielten wir auch nächtlichen vamenbesuch in Gestalt der Schätze unserer Wachmannschaften, die diesen die Boches auf dem Stroh mit triumphierender Miene zeigten. Nach etwa 14 Tagen wurden wir vom Stadtkommandanten wieder mal über unsere Personalien vernommen. Gr war kein böswilliger Schikaneur; er erzählte uns aber die tollsten Sachen über Greuel der Deutschen in Belgien. Gesehen hatte er von alle­ dem, wie er auf Anfrage erklärte, allerdings nichts, aber gute Freunde hatten es ihm als volle Wahrheit erzählt; er bedauerte unter diesen Umständen nichts für die Besserung unseres Loses tun zu können. Auf die immer wieder an ihn gerichtete Frage, weshalb wir eigentlich eingesperrt seien, ♦) Dergl. Nr. 2, S. 18: Kopffleisch von alten Kühen. **) Dergl. Nr. 6, S. 43.

11 antwortete er, er wisse es selbst nicht, wahrscheinlich seien wir „otages“, d.i. Geiseln. Auf unsere Frage, wofür wir denn als Geiseln bürgen sollten, nachdem Mülhausen und Umgebung von den Franzosen längst geräumt sei, blieb er die Antwort schuldig. Zeitungen waren strengstens verboten, hie und da gelang es allerdings durch Bestechung uns Zeitungen zu verschaffen, die uns durch ihre lügenhaften Berichte über die Hungersnot in Deutschland, die Revolution in Berlin und die „Eroberung" der „Festungen" Kltkirch und Mülhausen, die wir alle selbst miterlebt hatten, außerordentlich belustigten. Am 24. September hieß es, wir würden wieder mal weitergeschoben und müßten uns auf eine mehrtägige Reise gefaßt machen. Rach den üblichen Beschimpfungen durch das Straßenpublikum, an die wir nachgerade gewöhnt waren, wurden wir abends 8 Uhr zu je 40 Mann wieder in einen Viehwagen geladen. Vie nun folgende, 36 Stunden währende Fahrt nach der Bretagne gehört zu dem Furchtbarsten, was wir erlebt haben. Vie ungereinigten und schadhaften Vieh­ wagen, in denen wir wie die Heringe zusammengedrängt waren, durften wir während der ganzen Fahrt nicht verlassen; die Bedürfniste mußten in einer Ecke des wagens oder durch die Türe hindurch verrichtet werden. Durch die Luken der Wagen, aus denen die Rühe herauszuschauen pflegen, baten wir flehentlich auf fast allen Stationen die beschäftigungslos herumstehenden Damen vom Koten kreuz um einen Schluck Wasser; wir hielten Flaschen zum wagen heraus und riefen „de l’eau, de l’eau“! Über keine dieser Damen rührte auch nur einen Finger für uns Unglückliche, ein verächtliches Achselzucken war ihre Antwort.*) Auf einer Station überlisteten wir sie allerdings. Einer von uns rief ihnen dort zu: „refugies Beiges!“ Sofort kam die ganze Vamengesellschaft mit warmem Kaffee, Tee, Brot u. a. und verabreichte mit liebens­ würdigem Lächeln jedem von uns, was er wollte, plötzlich *) Sergi. Nr. 2 6. 18, Nr. 4 S. 29, Nr. 10 S. 67. Ähnliches in „Schicksale einer Verschleppien in Frankreich", Straßburg 1915, S. 20 und bei Fanny Hoeßl, Hundert Tage Gefangene in Frankreich, München u. Leipzig 1915, S. 17.

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Kerlois.

erschien jedoch der Lahnhofsvorsteher: er rief den Damen bloß zu: „Ce sont des boches“, als diese uns die Lecher aus der Hand rissen und fortliefen, als wenn wir die Pest hätten. Ein anderes Beispiel weiblicher Gefühlsroheit erlebten wir an einem Bahnhof der Bretagne, hier drängten sich an die Züge Damen mit Infanterie- und Kavalleriehelmen ge­ fallener deutscher Soldaten in den Händen, die sie den Reisen­ den umgekehrt hinhielten mit der Bitte um eine Gabe für französische verwundete. Ruch zu uns kamen sie, erfuhren aber die gebührende deutliche Zurückweisung. Einzelne von den mit uns transportierten, in Frankreich festgehaltenen Deutschen, die sich nicht entblödeten, die Trikolore im Knopf­ loch zu tragen und deswegen selbst von jedem anständig denkenden Franzosen hätten verachtet werden müssen, warfen allerdings Geld in die Helme ihrer verbluteten deutschen Brüder! während der zwei Rächte, die wir im Viehwagen zu­ brachten, herrschte darin vollkommene Dunkelheit, auch die kleinen Fenfterluken schloß man ab; durch den Fußboden, der große Spalten aufwies, blies der kalte Nachtwind unbarm­ herzig herein; keiner wußte, wohin die endlose Fahrt gehe. Alle waren am Ende ihrer Kräfte, als wir am Samstag, den 26. September, morgens 9 Uhr, auf der Station hennebont in der Bretagne anlangten, wo wir endlich die Viehwagen verlassen durften. von der Station aus mußten wir etwa eine Stunde gehen, und kamen gegen lOUHr in dem Konzentrationslager Keilois an, einem von hohen Mauern umgebenen, früheren Kloster, hier fanden wir bereits 800 Deutsche und Österreicher ein­ gepfercht vor. Da waren Leute jeden Standes und jeden Klters, Kellner, Friseure, Kkrobaten, Straßendirnen und Kokotten großen Stils, Polacken in Schafspelzen, ein aktiver öster­ reichischer Minister, Barone, Großkaufleute mit ihren Frauen und Töchtern, die der Krieg in Vichy oder Trouville überrascht hatte, Kinder jeglichen Slters, kurz und gut, ein unglaublich buntes Bild in Kleidung und Kussehen stark herunter­ gekommener, unglücklicher Menschen, die der Krieg hier zu-

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sammengeworfen hatte. Such hier war für solche Menschen­ massen nichts vorbereitet, alles rannte durcheinander, keiner wußte wohin und woher. Rinder, die ihre Mütter verloren hatten, schrien; der eine Beamte befahl dies, der andere das Gegenteil, die Bewachungsmannschaften gaben wieder andere Befehle, ein heilloses Durcheinander? Schließlich brachte man uns 300 verschleppte im IV. Stock des Gebäudes, oben auf dem Speicher unter, wir mußten Stroh herbeischleifen, um uns auf dem Speicherboden eine notdürftige Lagerstätte herzurichten. In dem entsetzlichen Strohstaub auf dem Speicher war es für die vielen Leute fast eine Unmöglichkeit zu atmen, geschweige denn zu schlafen. Da wir nach der langen Fahrt ein noch größeres Bedürfnis nach körperlicher Reinigung als nach Speise und Trank empfanden, begaben wir uns in dem großen Gebäude auf die Suche nach einer Waschgelegenheit. Eine solche gab's für die mehr als tausend Leute anscheinend nicht. Schließlich fanden wir im Hof ein von allen Seiten dicht belagertes, handgroßes Erdloch, an dem sich als einzigster Waschgelegenheit Männer, Frauen und Rinder zu reinigen versuchten. Nachträglich entdeckten wir noch einen Regen­ tümpel, an dem sich waschen konnte, wer den Ekel vor dem vreckwasser überwand. Brunnen oder Wasserleitung gab's im ganzen Llnwesen nicht. Vie Hafen, in denen mittags und abends die Suppen für die verschiedenen Sektionen geholt wurden, dienten morgens als Waschgeschirre und Fußbade­ wannen. In dem ganzen Gebäude befand sich für die 1000 In­ ternierten keine einzige Badewanne und kein einziger La­ zarettraum. Die Rbortverhältnisse in Rerlois spotteten jeder Beschreibung. Im Haus waren einige Rborte vorhanden, die den Frauen und Rindern vorbehalten waren, aber für diese nicht ausreichten. Für die Männer waren hinter dem Haus, unmittelbar an der Straße und für jeden vorübergehenden sichtbar, einen halben Meter tiefe Gräben ausgeworfen, bei denen ein Wachtposten mit aufgepflanztem Seitengewehr stand, der aufzupassen hatte, daß jeder sich dicht neben den anderen setzte. Nach 2 Tagen bereits war das ganze Gelände in einem solchen Zustand, daß man keinen Fuß setzen konnte, ohne sich

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Carnac.

in der ekelhaftesten weise zu beschmutzen. Morgens gab es, wie überall während unserer Gefangenschaft, kein Frühstück, mittags 12 Uhr erhielten wir eine dünne Speckbrühe mit allerdings ausreichend Brot, abends 6 Uhr einen Kartoffelbrei mit einem Stückchen Speck, das jedoch meistens ungenügend geräuchert war und übel roch, wein und lbbst waren käuflich, Zeitungen strengstens verboten, firn Abend unseres Ankunfts­ tages besuchte uns auf dem Speicher der Präfekt von Vannes. Vieser redete jeden von uns in einem nicht gerade höflichen Tone an und erkundigte sich nach Hamen, Stand, Geburtsort u. a. Unsere Unterbringung auf dem Stroh im Speicher er­ schien ihm offenbar als ungehörig; denn er gab Weisung, datz 18 von uns, darunter auch ich, vom nächsten Tag ab in einem Zimmer untergebracht würden, hier lagen wir dann zu 18 Mann in zwei Reihen in einem engen Raum auf Stroh tatsächlich nicht anders wie die Glsardinen in einer Büchse? ver österreichische Minister Graf p., der bei Kriegsausbruch in Vichy zur Kur weilte, wurde im Konzentrationslager Kerlois gerade wie wir auf Stroh geworfen und mutzte wie wir seine Specksuppen holen; später gestattete man ihm und noch 50 anderen Personen, auf eigene Kosten in einem sogenannten Hoteldepot in Tarnac zu leben. Zum Spaziergang stand für die tausend Menschen nur der vor dem Gebäude liegende yofraum zur Verfügung; der hinter dem Gebäude gelegene ehemalige Klosterpark war durch Wachen abgesperrt.*) ♦) Diese Schilderung findet Ihre Bestätigung durch den S. 3 *) erwähnten Bericht des 78jährigen Beamten in Straßb. Post, 1915, Nr. 55,57 cf. 183. — Sn der Frankfurter Zeitung, 6. Dezember 1914, Erstes Morgenblatt (Leiden Zlvllgefangener in Frankreich) spricht sich ein aus einem französischen Landstädtchen nach Kerlois (Ankunft 24. September) verbrachter Deutscher folgendermaßen aus: „Das Esten war im allgemeinen miserabel. Um 11 Uhr etwa 'ja Liter dünne Bouillon und 30-50 Gramm Rind- oder Schweinefleisch, abends 5 Uhr ein Ragout von halboerfaullen Kartoffeln und 30 -50 Gramm Fleisch. Das Entsetzlichste waren die „Tripes", Kutteln und ungereinigte Gedärme, die mit gelben Rüben zusammengekocht waren und das Haus ver­ pesteten." — Sn Straßburger Post, 12. Suni 1916, Nr. 419 findet sich ein Abdruck der Schilderung eines 8 Monate in französischer Gefangenschaft

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Nach 8tägigem Aufenthalt in Kerlois wurden im Oktober 1914 etwa 200 Deutsche, darunter viele aus dem Elsaß ver­ schleppte Beamte, auf die Insel Ile de Tro ix deportiert. In Lorient wurden sie auf einen alten Dampfer verladen. Ile de Groix ist eine öde, kleine Insel im atlantischen Ozean, eine Stunde Seefahrt von Lorient; kein Baum und kein Strauch wächst dort. Auf der Nord- und Südspitze befinden sich die alten Forts Grognon und Surville. Bald berichteten unsere deportierten Landsleute von ihrem Aufenthalt auf der Insel. In den Forts lagen sie in kalten, dunklen Kellerräumen, in denen man nicht einmal tagsüber lesen konnte, aus faulem Stroh. An den wänden rieselte das Wasser herunter, so daß die Ärmsten morgens beim Aufwachen häufig im Wasser lagen, wochenlang mußten sie hier mit einem Typhuskranken zu­ sammen auf dem Stroh liegen; erst 14 Tage nach dessen end­ lichem Abtransport wurde der Schlafraum durch Spritzen von etwas Lysol oberflächlich desinfiziert. Tagsüber waren sie in einem kleinen yof, der von allen Seiten mit hohen Mauern umgeben war, eingesperrt. Vie Kost bestand auch hier aus­ schließlich in zweimal Suppe am Tag; monatelang bekamen sie die gleiche Brühe, ohne jede Abwechslung. Für jede Kleinig­ keit verhängte der Lagerkommandant strenge Krreststrafen. Als ein elsässischer Oberlehrer, der, wie alle Elsässer, einzeln ins Bureau des Kommandanten gerufen und hier zum Eintritt in die Fremdenlegion aufgefordert wurde, diese Zumutung entrüstet zurückwies, wurde er mit 8 Tagen Arrest bestraft und sofort abgeführt; ein Postbeamter, in dessen Besitz man bei einer Durchsuchung ein Tagebuch gefunden hatte, erhielt dafür 10 Tage Arrest bei Wasser und Brot. Jeden Tag wurden gehaltenen Deutschen aus dem „Berliner Tageblatt".

Dieser fuhr eben­

falls von Moulins nach Hennebont, „zwei Tage und zwei Nächte, während welcher Fahrt wir nichts zu essen noch zu trinken bekamen. Das Berlassen des Wagens war untersagt, und die Bahnrestaurationen weigerten sich, irgend

etwas den „Boches" zu verkaufen". Nach Ankunft in Hennebont halbstündiger Morsch nach dem Konzentrationslager von Kerlois.

„So oft ich an den Auf­

enthalt in Kerlois denke, da steigt mir das Bild der trüben Tage, der qual­ vollen Nächte auf, welche ich in den dumpfen Zellen, in den morschen Mauern

dieses alten Klosters, wie ein Sträfling behandelt, verlebt habe". —

Ile de Groix.

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die Gefangenen zu schweren körperlichen Arbeiten angehalten; sie mußten llohlenschiffe entladen, schwere Mehlsäcke stunden­ weit einen steilen Berg hinauf ins andere ffort schleppen, Steine für den Wegebau tragen u. a. (Ein Entgelt erhielten sie hierfür nicht. AIs sich die Internierten unter Hinweis darauf, daß sie als Beamte keine körperliche Arbeit gewähnt seien, eines Tages weigerten, die zentnerschweren Mehlsäcke zu schleppen, ließ der Lagerkommandant, ein veutschenhasser ersten Ranges, den Tambour die Trommel schlagen, die ganze Wachmannschaft antreten, die Gewehre laden und aus die deutschen 'Gefangenen anlegen. (Er forderte diese dann auf, sofort die Arbeit aufzunehmen, widrigenfalls er sie wegen Meuterei atff der Stelle erschießen lasse. Vie wehrlosen Leute, die nach ihren bisherigen Erfahrungen dem Kommandanten die Ausführung seiner Androhung ohne weiteres zutrauen mußten, arbeiteten daraufhin weiter. Eine über diese Vor­ kommnisse an den Präfekten gerichtete, ausführliche Be­ schwerde blieb nicht nur ohne Erfolg, sondern hatte nach weitere Verschlechterungen im Gefolge.*) Meine weiteren Erlebnisse in ffrankreich zu erzählen, bleibe einer anderen Gelegenheit vorbehalten. Das hier Ge­ schilderte reicht wohl aus, zu zeigen, wie die ffranzasen, die das Wort humanite ständig im Munde führen, die schuldlosen deutschen Geiseln behandeln. Rach und nach hat sich, hauptsächlich dank dem eigenen (vrganisatiansgeist der verschleppten, wohl einiges in den Ge­ fangenenlagern gebessert, wesentliche Verbesserungen sind aber, soweit mir bekannt, wohl nur selten eingeführt wor­ den.**) Bei dem blinden und kleinlichen yaß gegen alles Deutsche fehlt es den Lagerkommandanten auch heute wie bei Beginn des Krieges zumeist an gutem willen, für das körper­ liche, geistige und geistliche Wahl der Geiseln das zu tun, was richtig verstandene Menschlichkeit auch dem ffeinde gegenüber verlangt. *) Bergl. über Ile de Groix Nr. 2. **) 6. hierzu Nr. 7, S. SS f., Nr. 10, 6. 68 f., Nr. 14, 6. 79 und ander­ seits Nr. 13, Anhang.

2. Nach der Insel St. Groix (Bretagne). Bericht eines Försters im Ober-Elsaß. (E.)

Nach seiner am 21. August 1914 erfolgten Festnahme wird der Förster nach Mülhausen, dann nach Darnach gebracht und hier mit vielen Leidensgefährten bis zum 23. August bei schlechter Nahrung gefangen gehalten. Am Abend des 23. geht's nach Niedermorsch­ weiler, am 24. morgens wieder nach Darnach zurück. Am 24. August, abends gegen 8M Uhr, Abmarsch von Darnach nach La Rioitzre. Hier Ankunft 7 Uhr morgens.

Ts war ein schrecklicher Marsch, Verweigerung jeder Nahrung und jeden Tropfen Wassers, flm Morgen haben wir Gras abgerupft, um den Tau davon abzulecken, vor uns den Bagagewagen, neben uns Gendarmerie, hinter uns Bestien von berittenen Gendarmen, die aus reiner Guällust uns die Hufe der Pferde auf den Absätzen und Waden herumtreten ließen, so daß das Blut an den Füßen herunterlief. — von La Rivisre Kamen wir über La Thapelle nach Bel- Belfort, sott, zwischen den beiden letzten (brten mit der Bahn trans­ portiert und mit Ketten gefesselt. 3n Belfort im Zuchthause wurden wir, 91 Personen, 36 Stunden lang in einem Raume von etwa 35 Guadratmeter Bodenfläche eingesperrt. Vie Nahrung war ungenießbar. Tin offener Kübel stand in der Ecke als Abort. ver Guartierchef des Zuchthauses hat ver­ schiedene Personen geschlagen. *) von Belfort wurden wir am 28. August 1914 frühmorgens per Bahn nach Befangen Besanxon. transportiert, hier Kamen wir gegen Mittag an und wurden dann, von Militär begleitet, durch die Stadt nach einer Zita­ delle gebracht, währenddem wir durch die Stadt gingen, wurden wir mit Steinen, Roßäpfeln und Kot beworfen, an*) Bergt Nr. 7, S. 49 u. 51.

18 gespien und beschimpft. — flm 30. August, nachmittags 3 Uhr, wurden wir wieder zum Bahnhof transportiert, hier zu 40 Mann in einen Viehwagen gesteckt. So ließ man uns bis um 10% Uhr abends in dem wagen am Bahnhof stehen. Dann fuhren wir bis zum anderen Tag mittags, wo wir in Moulins. Moulins ankamen, hier wurden wir in einer Turnhalle untergebracht, wir erhielten außer Brot mittags und abends eine Wassersuppe mit sehr wenig Gemüse. Es wurden z. B. für 139 Personen pro Tag 7 Kilogramm Kopffleisch von alten Kühen geliefert. *) hier hatten wir Gelegenheit, uns durch einen Kommissionär aus der Stadt Wäsche und Lebensmittel zu hohen Preisen besorgen zu lassen. Außerdem mußten wir dem Burschen, der die Einkäufe besorgte, pro Tag 3 Jis. be­ zahlen. Am 24. September abends wurden wir zu 40 Personen in einen Viehwagen geladen und gelangten nach 36stündiger Fahrt in hennebont (Bretagne) an, wo wir auf dem Speicher eines früheren Klosters untergebracht waren, während dieser langen Fahrt ist besonders das Benehmen der k o t e - Kreuz­ damen zu erwähnen, welche es an den Bahnhöfen ablehnten, den „Boches" auch nur einen Tropfen Wasser zu geben.**) Sie Am 2. Oktober 1914 kam ich auf die Insel Groix de Groix. Kasematten des Forts Grognon. hier war das

Lager schlecht, eine Hand hoch vermodertes Stroh auf Zementboden, keine Decken, dumpfe, dunkle Räume von 140 Kubikmeter Inhalt für 44 Personen. Die Räume waren gewölbt, 15 Meter lang, 5 Meter breit, mittlere höhe ca. 2,20 Meter, wir hatten pro Person ca. 60 Zentimeter breiten Platz zum Liegen. Die Räume konnten trotz Heizvorrichtung nicht geheizt werden, da wir sonst durch den Rauch er­ stickt wären. Die Nahrung bestand in gutem Brot, morgens einem Glas Kaffee, mittags und abends schlechter Suppe. Da eine Kantine vorhanden war, konnte man Nahrungsmittel kaufen. Im Anfang — unter dem Adjutanten van Tuypern ♦) Bergt Nr. 1, S. 9f. **) Bergt Nr. 1, S. 11 und die dort angeführten Stellen.

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— wurden wir morgens und nachmittags 2 Stunden spazieren geführt, später mutzten wir — nach Wechsel des vepotchefs — vom Meere Steine auf die Wege tragen bis zu Z Kilometer weit. Ruf vierrädrigen Karren mutzten wir Holz und Kohlen auf das steil gelegene Fort schleppen, auch Stroh für die dort untergebrachten französischen Soldaten. Der Llrzt und das sehr primitiv eingerichtete Spital — in einem Schulsaale ein paar Betten — waren Z Kilometer weit. Der Arzt kam nicht ins Fort, wer nicht zu ihm gehen konnte, mutzte sich mit einem wagen hin- und zurückfahren lasten. Kostenpunkt 8 Francs. hier wurde ich krank und kam dann auf mein Gesuch hin in das hotel-vepot Larnac-Plage (bei Kerlois), wo ich pro Gag 7 Francs bezahlen mutzte; autzerdem habe ich Llrzt, Apotheke, Hospital, die Autofahrten nach und von diesem, so­ wie zuletzt Fahrt und Gepäck bis Genf bezahlen müssen. Ich wurde wegen schweren Leber- und Nierenleidens entlassen und bin ein gebrochener Mann für mein Leben. *) *) Zu dieser Schilderung und dem einschlägigen Abschnitt im Berichte drs Richters (Nr.1) vergleiche man eine Erklärung des Präfekten von Mor» bihan, zu dessen Departement die Insel Groix, wie auch Chateau Kerlois,

gehört. Ec hatte sie der durch Vermittlung der amerikanischen Botschaft dem „Mülhauser Tageblatt" zugegangenen Bittschrift eines auf Fort Surville

(Ile de Groix) gefangen gehaltenen Mülhauser Bürger» vom 14. November

1914 beigesügt, und sie ist aus dem Mülhauser Blatte auch von der „Straß­

burger Post" (22. Dezember 1914, Nr. 1201) übernommen worden:

La Prefecture de Morbihan fait savoir que les otages captures dans la Haute Alsace sont dans des chambres chauffSes, qu’ils ont re