Käuferverhalten [8;, durchgesehene und ergänzte Auflage. Reprint 2017] 9783486796308, 9783486246346

Dieses für das Marketing grundlegende Lehrbuch behandelt neben dem Konsumentenverhalten auch das Verhalten gewerblicher

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German Pages 275 [280] Year 1998

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Erstes Kapitel: Einführung
Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten
Drittes Kapitel: Verhalten gewerblicher Käufer
Glossar
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Käuferverhalten [8;, durchgesehene und ergänzte Auflage. Reprint 2017]
 9783486796308, 9783486246346

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Käuferverhalten Von

Professor Dr. Axel Bänsch Universität Hamburg

8., durchgesehene und ergänzte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - dP-Einheitsaufnahme Bänsch, Axel : Käuferverhalten / von Axel Bänsch. - 8., durchges. u. erg. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1998 ISBN 3-486-24634-8

© 1998 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: MB Verlagsdruck, Schrobenhausen ISBN 3-486-24634-8

Inhaltsverzeichnis Vorwort

VII

Erates Kapitel: RlnfHhrnng A. B. C. D.

Zur Bedeutung von Erkenntnissen zum Käuferverhalten Zielsetzung und Abgrenzung der Ausführungen Grundorientierung über Ansätze zur Analyse des Käuferverhaltens Überblick über Typen und Stufen des Kaufentscheidungsprozesses

1 3 3 7

Zweites Kapitel: Kontumentenverhalten A. Strukturansätze 11 I. Systemansätze 11 a) Partielle Ansätze 1. Grades (Ansätze geringer Komplexität) 11 1. Psychologisch orientierte Ansätze 11 aa) Auf aktivierende Prozesse bezogene Ansätze 11 11. Emotionsforschung 12 22. Motivationsforschung 18 33. Einstellungsforschung 38 bb) Auf kognitive Prozesse bezogene Ansätze 71 11. Wahmehmungsforschung 71 22. Denkforschung 78 33. Lernforschung 85 2. Soziologisch orientierte Ansätze 96 aa) Einführende Vorbemerkungen 96 bb) Der Konsument als durch das soziale Umfeld beeinflußter Einzelkäufer 96 11. Gruppenforschung und Rollentheorie 96 22. Meinungsführer-Modell und Leitbild-Konzept >. 104 cc) Sonderaspekte des Gruppenkaufs (Kollektivkaufs) 113 b) Partielle Ansätze 2. Grades (Ansätze mittlerer Komplexität) 11g c) Totalansätze (Ansätze höherer Komplexität) 120 1. Ansatz von Nlcosla 120 2. Ansatz von Howard/Sheth 125 3. Ansatz von Engel/Blackwell/Miniard 131 n. Entscheidungsnetz-Ansatz von Bettman 135 B. Stochastlsche Modelle I. Orientierende Vorbemerkungen n. ökonometrische (=tellstochastische) Modelle HI. Vollstochastische Modelle (Stochastlsche Prozeßmodelle)

139 139 141 144

VI

Inhaltsverzeichnis

C. Simulattonsmodelle I. Orientlerende Vorbemerkungen n. Simulation gegebener Struktur- oder stochastlscher Modelle III. Eigenständige Simulationsmodelle a) Amstutz-Modell b) Lavlngton-Modell c) Klenger/Krautter-Modell Drittes Kapitel: Verhalten gewerblicher Käufer A. Orlentierende Vorbemerkungen B. Industriebetriebe als Käufer von Produktlvgütem I. Generelle Besonderheiten II. Modelle zum indutstriellen Einkaufverhalten a) Webster/Wind-Modell b) Sheth-Modell c) Choffray/Lilien-Modell d) MATBUY-Modell von Möller III. Lieferantenbewertungssysteme und Portfollos als Teilindikatoren Industriellen Einkaufverhaltens a) Lieferantenbewertungssysteme b) Beschaffungsorientlerte Portfollos 1. Handlimgsstärke-Beschaffungsnmrktattrakllvltäts-Portfollo . . . 2. ökologiegerichtetes Materlal-Portfollo IV. Die Industrielle Beschaffung als Ergebnis von Einkäufer-VerkäuferInteraktionen C. Handelsbetriebe als Käufer von Handelswaren I. Generelle Besonderhelten n. Untersuchungen zum Einkaufverhalten des Handels a) Untersuchung von H. H. Bauer b) Untersuchung von K. Sauer c) Untersuchung von S. Pfeiffer III. Artikelbewertungssysteme als Teilindikatoren zum Einkaufverhalten des Handels

154 154 155 156 156 166 172 181 182 182 184 185 189 192 196 201 201 203 203 205 207 211 211 212 212 215 219 222

Glossar

225

Literaturverzeichnis

249

Stichwortverzeichnis

263

Vorwort zur 1. Auflage Markterfolge setzen Anpassungen an das Verhalten der Räufer und/oder Beeinflussungen des Käuferverhaltens voraus. Marketingmanager benötigen folglich fundierte Informationen zum gegebenen und zum kommenden Verhalten der Käufer sowie zu den Möglichkelten steuernder Einflußnahmen auf dieses Verhalten. Die vorliegende Schrift sucht Studierenden und Praktikern einen Überblick über Konzepte zur Erklärung und Prognose sowie zur Beeinflussung/Steuerung des Verhaltens privater und gewerblicher Käufer zu vermitteln. Präsentiert werden mit Strukturansätzen (partielle und totale System-Ansätze, Entscheidungsnetz-Ansatz), stochastischen Ansätzen und Simulations-Modellen die aus betriebswirtschaftlicher Sicht relevant erscheinenden Konzepte.

Vorwort zur 2. Auflage Die 2. Auflage wurde nach so kurzer Zeit möglich, daß die Ausführungen der 1. Auflage keine Überarbeitungen erforderten. Zur weiteren Abrundung des gegenwärtigen Erkenntnisstandes wurde der bisherige Text jedoch erweitert, und zwar durch Berücksichtigung des Ansatzes von ENGEL/BLACKWELL zum Konsumentenverhalten und der Untersuchung von PFEIFFER zum Einkaufsverhalten des Handels.

Vorwort zur 3. Auflage Die Erweiterung gegenüber der 2. Auflage besteht in der Präsentation und Beurteilung des speziell auf den Materialeinkauf industrieller Unternehmen gerichteten MATBUY-Modells von MÖLLER.

Vorwort zur 4. Auflage Die bisherigen Neuauflagen brachten Ergänzungen durch Berücksichtigung zusätzlicher Modelle und einer weiteren Untersuchung zum Einkaufsverhalten des Handels. Mit der 4. Auflage wird eine Neubearbeitung des gesamten Textes mit Erweiterungen in zahlreichen Einzelabschnitten vorgelegt.

VIII

Vorwort

Das mit der 1. Auflage präsentierte ENGEL/KOLLAT/BLACKWELL-Modell zum Konsumentenverhalten (aus dem Jahre 1978) und die ab der 2. Auflage zum Vergleich zusätzlich aufgenommene Nachfolgemodellierung von ENGEL/BLACKWELL (aus dem Jahre 1982) wurden jetzt herausgelassen und durch die entsprechende Weiterentwicklung von ENGEL/BLACKWELL/MINIARD (aus dem Jahre 1986) ersetzt.

Vorwort zur 5. Auflage Die 5. Auflage bringt wiederum eine Neubearbeitung des gesamten Textes mit Erweiterungen in einzelnen Abschnitten. Die Erweiterungen betreffen vor allem die Berücksichtigung ökologischer Aspekte Im Konsumentenverhalten sowie den gesamten Bereich gewerblichen Kaufverhaltens. Als wesentliche Erweiterung wurde zudem ein Glossar zum Käuferverhalten angefugt. Für die Umsetzung des Manuskriptes in Reinschrift möchte Ich Frau Claudia Christensen und Frau Gudrun Meyer, für die Hilfen beim Korrekturlesen Frau Dipl.-Kff. Sabine Seydel danken.

Vorwort zur 7. Auflage Mit der 7. Auflage erscheint eine aktualisierte und In Teilen erweiterte Fassung. Eingearbeitet wurden u. a. Erscheinungsformen von hybridem und wechselndem Kaufverhalten, Einflüsse von Leitbildern (in Abhebung gegenüber Meinungsfuhrem) und Anderungstendenzen im Familien-Lebenszyklus. Für die grafische Vereinheitlichung und Verbesserung aller Abbildungen habe ich den studentischen Hilfskräften Regina Wegner und Mick Riechmann sowie insbesondere meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dipl.-Kff. Sabine Seydel zu danken.

Vorwort zur 8. Auflage Die 8. Aufl. folgt der vollst, überarb. und erweiterten Vorauflage nach so kurzer Zeit, daß jetzt lediglich eine aktualisierende Erweiterung der Literaturhinweise vorgenommen wurde. AXEL BÀNSCH

Erstes Kapitel: Einführung

A. Zur Bedeutung von Erkenntnissen zum Käuferverhalten Marketing steht für die Erkenntnis, daß die Sicherung von Markterfolgen die Ausrichtung aller unternehmerischen Aktivitäten auf die Bedürfnisse, die Wünsche und die Probleme der Abnehmer bedingt. In diesem Sinne drückt Marketing jederzeitige Reaktionsnotwendigkeit der Unternehmen auf das Verhalten der Käufer aus. Dieses rein oder doch überwiegend reaktiv geprägte Marketingverständnis hat sich zunehmend um die Betonung einer aktiven Komponente erweitert. In der Erweiterung spiegelt der Marketingbegriff auch aktives Eingreifen der Unternehmen in das Marktgeschehen im Sinne von Bemühungen um die Beeinflussung und Steuerung des Käuferverhaltens.1 Sowohl reaktiv als auch aktiv angelegtes Marketing bedarf umfassender, gründlicher Kenntnisse zum gegebenen Verhalten der Käufer und zu den Verhaltensdispositionen der Käufer. Fehlen diese Informationen, läuft das Operleren mit dem Marketing-Instrumentarium auf ein Herumstochern im Nebel hinaus: Marketingeinsätze verpuffen wirkungslos, weil sie an den Verhaltensdispositionen der Käufer vorbeigehen, oder sie richten sogar Schaden an, weil sie bei den Käufern Negativreaktionen auslösen und damit die Absatzsituation eines Unternehmens (eventuell auch nachhaltig) verschlechtern. Fundiertes Marketing benötigt zwingend Kenntnisse zum gegenwärtigen und künftigen Käuferverhalten, zu seinem Fixierungs- oder Väriabilitätsgrad, zum Grad seiner Gesetzmäßigkeit oder Zufälligkeit in der Gesamtkäuferschaft, in Käufergruppen und bei Einzelkäufern in genereller Hinsicht und spezifiziert für einzelne Leistungsbereiche (verschiedene Produkte und Dienstleistungen). Entsprechend sind Antworten auf folgende Einzelfragen zu finden: Wie verhalten sich die Käufer, wie verhalten sie sich in Gruppen, wie verhalten sie sich als Einzelkäufer?

1 Vgl. dazu A. Bänsch, Einführung in die Marketing Lehre. 3. Aufl., München 1991. S. 3 f.

2

Erstes Kapitel: Einführung

Wie verbreitet ist das Verhalten hinsichtlich der Zahl der Käufer, die ein bestimmtes Verhalten zeigen, und hinsichtlich der Leistungskategorien, für die das Käuferverhalten gilt? Warum zeigen die Käufer ein bestimmtes Verhalten? Wie ausgeprägt ist das Verhalten/welcher Intensitätsgrad liegt vor? Wie stabil ist dieses Verhalten im Zeitablauf? Wie lange wird es folglich unbeeinflußt anhalten? Läßt sich dieses Verhalten verändern? Wie und mit welchem Zeitbedarf läßt sich das Verhalten eventuell verändern? Wird ein bestimmtes Käuferverhalten identifiziert und 'paßt' dieses Verhalten den Unternehmen, so eröffnet dies die Möglichkeit zu nuanciert gezieltem Eingehen auf dieses Verhalten. Es läßt sich ein hoher Grad an Identifikation zwischen Verhalten oder Verhaltensdispositionen der Käuferschaft und dem Angebotsverhalten des Unternehmens realisieren. Entsprechend wird der Grad an negativen Überraschungen minimiert, der das Unternehmen bei fehlenden Kenntnissen zum Käuferverhalten trifft. In dieser Situation zeigen Antworten auf die Frage nach dem Warum' des gegebenen Käuferverhaltens dem Unternehmen, ob und - gegebenenfalls welche Möglichkeiten sich dem Unternehmen bieten, dieses Käuferverhalten zu stabilisieren oder eventuell gar zu fixieren. Paßt' identifiziertes Käuferverhalten den Unternehmen nicht, so stellt sich die Frage nach der Veränderbarkeit und - gegebenenfalls - nach dem Wie' dem Wie schnell' und dem Wie lange anhaltend' der Veränderung. Daraus resultieren Schlüsse darauf, ob es überhaupt möglich und sinnvoll ist, sich um eine Wandlung von Käuferverhalten zu bemühen, und mit welchen Ansätzen der Wandel wie schnell und wie nachhaltig realisierbar erscheint. Absatzerfolge wird ein Unternehmen dann verzeichnen, wenn es mit seinen Leistungen und den diese Leistungen flankierenden absatzpolitischen Instrumenten (Service, Distributionssystem, Preis, Werbung usw.) in vorhandene Verhaltensbereitschaften der Käufer trifft oder über absatzpolitische Instrumente (insbesondere die Kommunikationspolitik) bei den Käufern Verhaltensbereitschaft so ausbildet, daß eine Trefffläche entsteht. Das heißt, fundiertes Marketing bedarf in jedem Fall möglichst umfassender, eingehender Kenntnisse zum Käuferverhalten. Das in der gegebenen Form akzeptierte oder zu verändernde Käuferverhalten steuert den reaktiven oder aktiven (auf Stabilisierung oder Variation zielenden) Einsatz der Marketinginstrumente. Die treffende Einschätzung des Käuferverhaltens entscheidet über Erfolg oder Mißerfolg der Marktaktivitäten eines Unternehmens und damit der Aktivitäten eines Unternehmens überhaupt.

Erstes Kapitel: Einführung

3

B. Zielsetzung und Abgrenzung der Ausführungen Ziel der folgenden Ausführungen ist es, durch kritische Präsentation und Analyse repräsentativer Ansätze (zur Erklärung und Prognose des Käuferverhaltens sowie zur Einschätzung seiner Veränderbarkeit) Grundlagen für die Beantwortung der zuvor angeführten Fragen und damit für erfolgsversprechende Einsätze der Marketinginstrumente zu legen. Dabei werden mit Strukturansätzen und stochastischen Ansätzen sowie Simulationen alle aus betriebswirtschaftlich-realitätsbezogener Sicht relevanten Ansätze berücksichtigt. Trotzdem sind für einen Teil der Fragen nur recht lückenhafte Antworten zu erwarten. Auf gegenwärtig noch offene Fragen hinzuweisen, gehört folglich zur Aufgabe dieser Schrift. Die zuvor nicht angeführten haushaltstheoretischen Modellansätze bleiben deshalb unberücksichtigt, weil sie auf der Vorstellung eines vollständig rational handelnden Menschen (homo oeconomicus) basleren. Sie sind lediglich auf Auskünfte dazu angelegt, "welche Güter in welchen Mengen der Haushalt bei gegebener Konsumsumme und gegebenen Güterpreisen unter Verfolgung des Nutzenmaximums ceteris paribus erwirbt".2 Zur Erklärung realen Käuferverhaltens sind sie damit ungeeignet. Die Ausführungen beziehen sich auf Konsumenten und gewerbliche Käufer. Die Erkenntniserwartungen zum Verhalten gewerblicher Käufer hat man allerdings von vornherein niedriger anzusetzen. Denn schwergewichtig analysiert wurde bisher das Verhalten der Konsumenten, gewerbliches Nachfrageverhalten bei Investitionsgütern, Materialien und Handelswaren war dagegen bislang in sehr viel geringerem MaJSe Untersuchungsobjekt. C. Grundorientierung über Ansätze zur Analyse des Käuferverhaltens Den folgenden Ausführungen liegt als Gliederungskriterium die in der Literatur3 weithin verbreitete Unterscheidung von Strukturmodellen und stochastischen Modellen zugrunde. Strukturmodelle und stochastische Modelle können entweder für sich oder miteinander verbunden simuliert werden. Dies hat beispielsweise TOPRITZHOFER4 und HILKE5 veranlaßt, Simulatlonsmodelle als eine dritte

2 H. G. Müller-Harms, Die Bedeutung von Erklärungsmodellen des Verbraucherverhaltens für die Marketlngpolltik der Großbetriebe des Einzelhandels, Dlss. Würzburg 1980, S. 6. 3 Vgl. z.B. E. Toprttzhofer, Absatzwirtschaftliche Modelle des Kaufentscheidungsprozesses, Wien 1974, S. 15ff. 4 Vgl. E. Toprttzhofer. Absatzwirtschaftliche Modelle, a.a.O., S. 44ff. 5 Vgl. W. Hilke, Modelle des Konsumentenveriialtens, WISU-Studienblatt 7. Juli 1975.

4

Erstes Kapitel: Einführung

eigene Modellkategorle herauszustellen. Diese Auffassung sei hier nicht geteilt, da die Simulation lediglich als eine (auf gegebene Struktur- und /oder stochastische Ansätze angewandte oder Elemente beider Modelltypen neu verbindende) Technik gesehen wird.6 Zur generellen Kennzeichnung der Strukturmodelle und stochastlschen Modelle erscheint die folgende Grobskizze zu beobachtbaren und nicht beobachtbaren Elementen des Käuferverhaltens hilfreich:

Input (Stimuli) demographische (z.B. \ Alter, Geschlecht) und sozioökonomische (z.B. Bildungsstand, Einkommen) Merkmale der Person

Black Box (Organismus)

'eigentlicher' Entscheid u n g pro zeft getragen von

1

soziales Umfeld der Person (z.B. Bezugsgruppen, Meinungsführer) ökonomisches Umfeld der Person (z.B. Preisforderungen der Anbieter) y beobachtbar

Output (Reaktionen)

aktivierenden Komponenten: Emotionen Motivationen Einstellungen kognitiven Komponenten: Wahrnehmen Denken Lernen

nicht beobachtbar

z.B. Kauf der Marke A in der Menge x bei der Elnkaufsstatte 1 zum Zeitpunkt 1

beobachtbar

Die Skizze zeigt, daß auf den Käufer einerseits eine ganze Reihe von Reizen (Stimuli) wirken, die grundsätzlich registrierbar/beobachtbar sind, daß man andererseits beim Käufer bestimmte Reaktionen (Kauf oder Nichtkauf, Kauf bestimmter Marken in bestimmten Mengen bei bestimmten Einkaufsstätten zu bestimmten Zeitpunkten) beobachten kann. Nicht beobachtbar ist dagegen, was sich im Organismus des Käufers zwischen Stimuli und Reaktionen abspielt. Das Wie' der Stimulusverarbeitung und das Warum' der Reaktionen entziehen sich also der Beobachtung. Der 'eigentliche' Entscheidlingsprozeß erscheint dunkel, der Organismus präsentiert sich als nicht einsehbarer schwarzer Kasten (Black Box). An der Skizze läßt sich verdeutlichen, daß zum Begriff 'Strukturmodell' unterschiedlich weite Ausdeutungen möglich sind. 6 So beispielsweise auch H. Corsten und B. Meier, Konsumentenverhalten in unterschiedlichen Kaufsituationen, in: JAV, Jg. 28 (1982), S. 116.

Erstes Kapitel: Einführung

5

In enger Interpretation werden lediglich um totale Erhellung der Black Box bemühte Modelle als Strukturmodelle eingestuft.7 Die umfassende Strukturierung der im Organismus ablaufenden Vorgänge kann über die Einführung sog. hypothetischer Konstrukte auf aktivierender und kognitiver Ebene des Organismus (System-Ansatz) oder 'Protokolle lauten Denkens' (Entscheidungsnetz-Ansatz) erfolgen. Bei weiterer Interpretation sind dem Begriff 'Strukturmodell' auch die Modelle zugeordnet, die als sog. Partialmodelle nur Teile der Black Box strukturieren(z. B. die aktivierende Komponente 'Motiv' Eils ein hypothetisches Konstrukt).8 In dieser Zuordnung zählen alle Modellvarianten zu den Strukturmodellen, die total oder partiell auf eine Strukturierung der Black Box über eine oder mehrere theoretische Konstrukte gerichtet sind. Damit gehören die psychologisch ausgerichteten Partialmodelle zu den Strukturmodellen. Hier sei der noch weiteren Auslegung des 'Strukturmodell-Ansatzes' gefolgt, die auch die soziologisch ausgerichteten Partialmodelle dieser Kategorie zuordnet. Zwar erscheinen soziologisch ausgerichtete Ansätze zur Analyse des Käuferverhaltens - auch entsprechend vorstehender Skizze zunächst dadurch deutlich abgehoben, daß das soziale Umfeld nicht als unbeobachtbar in die Black Box positioniert ist. Andererseits hat man jedoch davon auszugehen, daß psychologische und soziologische Komponenten des Kaufverhaltens de facto unauflöslich zusammenwirken und in ihren Grenzen untrennbar verschwimmen. Der Verbreitungsgrad dieser Vorstellung dokumentiert sich darin, daß in der Literatur überwiegend nicht von psychologischen Ansätzen einerseits und soziologischen Ansätzen andererseits die Rede ist, sondern von psychologisch bzw. soziologisch ausgerichteten oder orientierten Ansätzen.9 Zudem berücksichtigt die Literatur kaum die z.B. von SCHULZ10 und KNOBEL11 vorgeschlagene definitorische Differenzierung zwischen hypothetischen Konstrukten als den Organismus kennzeichnenden Größen, "die und deren Wirkung sich Jeder Beobachtung entziehen"12 (psychische Komponenten) und sog. intervenierenden Variablen als Konstrukten zwischen Stimuli und Reaktionen des Käufers, "die

7 So beispielsweise E. Topräzhqfer, Absatzwirtschaftliche Modelle, a.a.O.. S. 15ff. 8 Vgl. z.B. J. Mozonee, Strukturmodelle des Konsumverhaltens, Wien 1978, S. 27. 9 Vgl. z. B. H. Meffert, Modelle des Käuferverhaltens und Ihr Aussagewert für das Marketing. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Bd. 127 (1971). S. 333 und S. 340. 10 Vgl. R. Schutz, Kaufentscheidungsprozesse des Konsumenten, Wiesbaden 1972. S. 37 f. 11 Vgl. P. P. Knobel, B. F. Skinners verhaltenstechnologlscher Ansatz als Möglichkeit zur Analyse und Gestaltung des Konsumentenverhaltens, Diss. St. Gallen 1975, S. 384. 12 P.P. Knobel a. a. O., S. 384.

6

Erstes Kapitel: Einführung

sich aus der beobachtbaren Realität ableiten lassen"13 (soziale Komponenten).14 Gruppenormen, Rollenerwartungen und Meinungsführerschaften als Komponenten aus dem sozialen Umfeld der Person können beispielsweise unmittelbar auf die Konstrukte 'Motivationen' (soziale Motivationen!), 'Einstellungen', Wahrnehmung', 'Lernen' (soziales Lernen!) und damit auf die 'eigentliche' Entscheidung wirken. Insofern erscheint es gerechtfertigt, die soziologisch orientierten Partialmodelle auch als zur Strukturierung beitragende und zumindest in diesem Sinne als strukturierende Ansätze einzustufen. Wie bereits ausgeführt, stellt die Zuordnung der einzelnen Strukturansätze zur Kategorie der Partlal- und Totalansätze auf die Anzahl der im einzelnen Ansatz aufgenommenen Determinanten(-Komplexe) ab. Gemessen an der Vielzahl von Determinanten, die Totalansätze in ein Gesamtsystem zu integrieren suchen, erscheinen sie als Ansätze hoher Komplexität. In diesem Sinne sind Partialansätze Konzepte mit prinzipiell minderer Komplexilität. Innerhalb der so begriffenen Sammelposition 'Partialansätze' zeigen sich dann allerdings noch so ausgeprägte Komplexitätsunterschiede, daß sich Ein diesem Kriterium zumindest eine Untergliederung in partielle Ansätze 1. Grades (= Ansätze geringer Komplexität) und partielle Ansätze 2. Grades {= Ansätze mittlerer Komplexität) anbietet. Im Gegensatz zu den Strukturmodellen, die als Totalmodelle um eine detaillierte Erklärung und als Partialmodelle um einen mehr oder weniger weitgefaßten Beitrag zu detaillierter Erklärung des Kaufverhaltens bemüht sind, suchen stochastlsche Modelle die Konzentration auf die wesentlichen Zusammenhänge zwischen Input und Output des Kaufentscheidungsprozesses. Alle vernachlässigten Einflußfaktoren und Zusammenhänge werden über eine Zufallskomponente berücksichtigt. Das Ausmaß, in dem die Zufallskomponente im Modellansatz Berücksichtigung findet, führt zur Unterscheidung von ökonometrischen (teilstochastischen) und vollstochastischen Ansätzen. Ökonometrische Ansätze stellen dabei zwischen Input und Output des Kaufentscheidungsprozesses einen direkten Zusammenhang her (z. B. zwischen dem Umsatz eines Produktes als abhängiger, durch eine Regressionsgleichung erklärter Variabler und dem Werbeeinsatz als unabhängiger Variabler) und berücksichtigen die Vielzahl der nicht explizit erfaßten Wirkgrößen durch Hinzufügung lediglich eines stochastischen Störgliedes. Aufgrund dieser Konzeption bleibt jeder Einblick in Vorgänge innerhalb der Black Box von vornherein verwehrt.Vollstochastische Modelle unterstellen, daß jeder Käufer in sich einen Wahrscheinlichkeitsmechanismus in Form eines bestimmten stochastischen Prozesses trägt, der die Reaktionswahrscheinlichkeit des jeweiligen Käufers einschließlich der Veränderungen im 13P.P. Knobel

a. a. O., S. 384.

14 Vgl. u.a. E. Toprttzhqfer, Absatzwirtschaftliche Modelle, a.a.O., S. 17; R. Rinne, Erfahrungswissenschaftliche Untersuchung des Konsumverhaltens, Zürich u.a. 1976, S. 74.

Erstes Kapitel: Einführung

7

Zeitablauf bestimmt. Die Vorgänge im Organismus des Käufers (in der Black Box) werden also von einem stochastischen Prozeß repräsentiert. Dieser gibt in Markenwahlmodellen dann für die einzelnen zur Wahl stehenden Marken an, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie der Käufer bei bestimmtem Modellinput (bestimmten Umwelteinflüssen) wählt. Aufgrund ihrer Anlage kann bei vollstochastischen Ansätzen "auf Vorgänge innerhalb der Black Box lediglich im Wege einer Ex-post-Interpretation bestimmter Prozeßparameter rückgeschlossen werden".15 Das heißt, es ist erst im nachhinein möglich, aus den Ergebnissen Schlüsse auf die Wirkungen bestimmter Inputgrößen (z. B. im Modell eingegebene frühere Kaufentscheidungen des betreffenden Käufers) für die jetzige Entscheidung (den Vorgang in der Black Box) zu ziehen. Zusammenfassend ergibt sich die auf S. 8 folgende Obersichtsskizze. D. Überblick über Typen und Stufen des Kaufentscheidungsprozesses Häufig fehlen bei den einzelnen Modellansätzen zumindest ausdrückliche Hinweise zu dem Bereich, für den der jeweilige Ansatz Gültigkeit beansprucht. Obwohl darauf bislang auch hier nicht direkt hingewiesen wurde, dürfte bereits aus den knapp skizzierenden Bemerkungen zu den grundsätzlich unterscheidbaren Ansätzen deutlich geworden sein, daß sie kaum allumfassende Gültigkeit beanspruchen können, sondern sich eher auf jeweils bestimmte Erscheinungsformen oder Teile des Kaufentscheidungsprozesses beziehen. Dies ist In der Folge bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der einzelnen Ansätze zu berücksichtigen. In Vorbereitung dazu seien in einem komprimierten Oberblick Typen und Stufen des Kaufentscheidungsprozesses vorgestellt. Als Stufen des Kaufentscheidungsprozesses sind die - Anregungsphase (Empfinden eines Mangelzustandes) - Suchphase (Gewinnung eines Überblickes über Alternativen zur Behebung des Mangelzustandes) - Optimierungsphase (Entscheidung zum Kauf zwischen Alternativen) - Kontrollphase (Oberprüfung des Entscheides nach dem Kauf) zu unterscheiden. Typen des Kaufentscheidungsprozesses lassen sich aufgrund (a) der Käuferkategorien (b) der Produktkategorien (c) der Intensität des Denkens in der Kaufentscheidung bilden. Zu (a): Als Im hiesigen Zusammenhang abzugrenzende Käuferkategorien kommen einerseits

15 E. Toprttzhofer, Absatzwirtschaftliche Modelle, a.a.O., S. 41.

Erstes Kapitel: Einführung

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Erstes Kapitel: Einführung

9

- private Käufer (Konsumenten) - gewerbliche Käufer andererseits - Einzelkäufer - Käufergruppen in Betracht. Zu (b): Aufgrund erwarteter unterschiedlicher Verhaltensweisen der Käufer erscheint generell die Differenzierung in - Neuprodukte - eingeführte Produkte, auf Konsumenten bezogen die Unterscheidung von - Gütern des täglichen Bedarfs - längerlebigen Haushaltsgütern, auf gewerbliche Käufer bezogen die Gliederung in - Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe (Materialien) - Investitionsgüter - Handelswaren wesentlich. Zu (c): Nach dem Grad des Denkengagements/der Intensität des in Kaufentscheidungen eingeschalteten Denkens lassen sich folgende Typen von Kaufentscheidungsprozessen gegeneinander abheben:16 - Extensive Kaufentscheidungsprozesse, in denen relativ großer Aufwand sowohl hinsichtlich der Identifikation individuell relevanter Entscheidungskriterien (z. B. Haltbarkeit, Sicherheit, Prestigenutzen von Produkten) als auch in der vergleichenden Beurteilung von Alternativen (Produkttypen, Produktmarken, Einkaufsstätten) bezüglich der Kriterien kennzeichnend ist. Ein derartiges Verhalten wird generell bei Neuprodukten erwartet und (dabei oder sonst) Insbesondere im Falle großer Wichtigkeit des Kaufobjektes für den Käufer, die sich in hohen Risikoempfindungen des potentiellen Käufers äußert. - Begrenzte Kaufentscheidungsprozesse werden für den Fall als typisch erachtet, daß der Käufer zwar mit einer Produktkategorie, nicht aber mit allen zu der Kategorie offerierten Marken vertraut ist. Die Kriterienbildung kann hier bereits als vollzogen gelten, so daß es im wesentlichen nur zu Alternativen vergleichendem Denken kommt. - Habitoalisierte Kaufentscheidungsprozesse lassen sich entsprechend für Wahlentscheidungen in bekannten Produktkategorien mit bekannten Marken annehmen. In dieser Situation wird Routineverhalten erwartet; der Käufer reagiert gewohnheitsgemäß. 16 Vgl. A. Bebte, Käufeiverhalten und Marketingentscheidung, Wiesbaden 1978, S. 422 ff., und P. Weinberg. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten, Paderborn u. a. 1981.

10

Erstes Kapitel: Einführung

- Affektgesteuerte Kaufentscheidungsprozesse werden dem sog. Impulskauf zugeordnet. Es besteht die Vorstellung, der Käufer reagiere hier ohne vorherige Informationssammliing und -Ordnung (in Form von Kriterienbildung und Alternativenvergleich) spontan auf Reize bestimmter Angebote am Kaufort.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

A . Strukturansätze I. Systemansätze a) Partielle Ansätze 1. Grades (Ansätze geringer Komplexität) 1. Psychologisch orientierte Ansätze Reaktionen des Individuums bedingen eine Aktivierung beim Individuum i.S. entstehender Bereitschaft und Fähigkeit zur Reizaufnahme durch Antriebskräfte wie Emotionen, Motive und Einstellungen sowie die eigentliche Reizverarbeitung und Verhaltensausrichtung des Individuums durch kognitive Vorgänge wie Wahrnehmen, Denken und Lernen. Aus der gedanklichen Zerlegung des Reaktionsprozesses darf nicht auf reale Möglichkeiten zu klarer Grenzziehung zwischen aktivierenden und kognitiven Prozessen geschlossen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß aktivierende und kognitive Prozesse ineinanderfließen und sich gegenseitig durchdringen.1 Entsprechend sind die in der folgenden Gliederung erscheinenden Zuordnungen lediglich tendenziell. Die aktivierenden Prozesse zeigen sich gegenüber den kognitiven dadurch abgehoben, daß die Aktivierung bei ihnen das stärker prägende Element darstellt.2 aa) Auf aktivierende Prozesse bezogene Ansätze Wenn Im weiteren die Konstrukte 'Emotion, Motiv/Motivation, Einstellung' aufeinanderfolgend interpretiert werden, so darf auch dies nicht den Eindruck vermitteln, es lägen in diesen Konstrukten streng gegeneinander abgrenzbare Aspekte zur Erklärung von Aktivierungen des Organismus vor. Die durch die Konstrukte repräsentierten Inhalte heben sich nur akzentuell gegeneinander ab. Entsprechend sind die Obergänge zwischen Emotion, Motiv/Motivation und Einstellung so fließend, "daß man bei manchen Sachverhalten im Zweifel sein kann, ob der eine oder andere Begriff zutrifft".3 1 Vgl. H. Heekhausen, Motivation und Handeln, Berlin u.a. 1980, S. 606f. 2 Vgl. W. Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992, S. 45. 3 IK Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten, a. a. O. S. 54.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

11. Emotionsforschung Zum Begriff 'Emotion' zeigt die Literatur besonders starke Interpretationsvielfalt.'1 Im Kern besteht Jedoch Einigkeit darin, daß die Begriffe 'Emotion', 'Gefühl', 'Affekt' bei Synonymgebrauch für innere Zustände des Individuums stehen, die das Aktivitätsniveau des Organismus erregen (z.B. Freude oder Interesse) oder reduzieren (z. B. Trauer oder Zufriedenheit). In diesem Verständnis bezeichnen/repräsentieren 'Emotionen' die Gefühlsund Stimmungslage5 des Individuums; sie sind Konstrukte zur Erklärung von Aktivierungs- und Passivierungsvorgängen beim Individuum. Emotionen lassen sich nach ihrer Stärke (in den Extrema vom komanahen Zustand bis zum Zustand äußerster Erregung z.B. in Form eines Panikausbruches reichend), Ihrer Richtung (positiv oder negativ gerichtet) und ihrem Inhalt gliedern. Wird unmittelbar auf mögliche Erklärungsgehalte und Steuerungshlnweise für das Käuferverhalten selektiert, so zeigen sich zwei grundsätzlich unterscheidbare Aspekte: (1) Emotionale Aktivierung Emotionalisierungen potentieller Käufer erscheinen besonders geeignet, um diese so zu aktivieren, daß Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft für Kaufbotschaften entsteht.6 Ob es zur Informationsverarbeitung und schließlich gar zu einer Informationsspeicherung kommt sei abhängig von der beim Käufer erreichten Aktivierung.7 In diesem Sinne sind Emotionen und Emotionallsierungen Mittel zur Erreichung von Reaktionsbereitschaft beim Konsumenten, mit ihnen soll und kann der Käufer für Informationen geöffnet werden.

4 Vgl. D. UUch, Das Gefühl - Eine Einführung In die Emotionspsychologie, 2. Aufl., München 1989, S. 31 ff. 5

Bei begrifflicher Differenzierung von Gefühls- und Stlmmungslage steht 'Stimmungslage1 für die längere Zeit (zumindest mehrere Stunden) anhaltenden Emotionen. Vgl. G. Debus, Gefühle, In: Handbuch psychologischer Grundbegriffe, hrs. v. T. Herrmonn u.a.. München 1977, S. 164.

6 Ausgelöst/verstärkt werden kann eine Aktivierung des menschlichen Organismus über - physische Reize (z. B. laute Töne, grelle Farben) -kognitive Reize (z.B. gedankliche Überraschungen/Widersprüche wie vollbärtige Frauen) - emotionelle Reize. Die besondere Eignung emotionaler Reize resultiert daraus, daß diese sich Im Unterschied zu physischen und kognitiven Reizen zumindest weniger/langsamer abnutzen; in Form der sog. automatischen bzw. angeborenen Auslösungsmechanismen (u. a. sexuelle Reize) unterliegen sie sogar prinzipiell keiner Abnutzung. 7 Vgl.

W. Kroeber-Riel

Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 66ff.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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(2) Emotionale Motivation Die Vorstellung, das Individuum empfinde/erlebe bestimmte Erregungszustände als positiv, angenehm und/oder lustvoll, läßt unmittelbar plausibel erscheinen, daß es von sich aus derartige Zustände anstrebt. Dieser zweite Aspekt kann mit dem erstgenannten in folgender Form verknüpft sein: Emoüonalisierungen schaffen beim Individuum zunächst Aufnahmebereitschaft für Informationen (Aspekt 1). Auf dieser Basis wird dann (als Inhalt der Information) die Erfüllung bestimmter emotionaler Bedürfnisse durch eine bestimmte Produktmarke signalisiert (Aspekt 2). Dabei kann die Vermischung der beiden Aspekte in der konkreten Botschaft (insbesondere im Falle der bei längerer Botschaft zweckmäßig erscheinenden mehrfachen Wiederauffrischung des Aktivierungsniveaus) so stark sein, daß höchstens noch gedanklich-formale Trennungen beider Aspekte möglich sind. Die Kennzeichnung des Aspektes (2) zeigt, daß er als emotionelle Motivation eher in den Komplex 'Motivtheorie' paßt. Folglich sei er erst dort weiter behandelt, während die Ausführungen sich hier auf den Aspekt (1) konzentrieren.8 Das Individuum aktivieren können sowohl positiv gerichtete Emotionen (= angenehme Gefühle wie z. B. Freude oder Interesse) als auch negativ gerichtete Emotionen (= unangenehme Gefühle wie z. B. Furcht oder Wut). Die Marketingpraxis stützt sich überwiegend auf positiv gerichtete Emotionen,9 nimmt unter den negativ gerichteten aber gelegentlich auch Bezug auf Furchtgefühle (z.B. Werbung für Versicherungen, Zahnpasta, bestimmte PKW-Marken). Zur einzusetzenden Stärke/Intensität erscheint plausibel, daß die Steigerung zunächst die Leistungsbereitschaft und damit die Aufnahmebereitschaft für Reize erhöht, dann bei Oberschreiten bestimmter Intensitätsstärken (Oberreizung) aber auch wieder sinken läßt (sog. umgekehrte uHypothese).10 Entsprechend ergibt sich das auf Seite 14 erscheinende Bild. Sowohl im euphorischen Zustand (als Beispiel positiv gerichteten Gefühls) als auch im Zustand der panikartigen Furcht (als Beispiel negativ gerichteten Gefühls) ist das Individuum in seiner Leistungsfähigkeit reduziert. Umgangssprachlich pflegt man einen derartigen Gefühlszustand mit 'verwirrt' oder Verstört' zu bezeichnen und damit auf die verminderte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit zu verweisen. Die darin enthaltene Empfeh-

8 Deutlich wird daran das bereits signalisierte Ineinanderfließen der einzelnen Konstrukte und Konzepte und damit der ausgewiesenen Gliederungspunkte. 9 Vgl. P. P. KnobeL a.a.O., S. 365. 10 Vgl. L. Ü. Rosenstiel und G.Ewald, Marktpsychologie, Bd. II, Stuttgart u.a. 1979, S. 139 f.

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Leistung

Intensität der emotionalen Aktivierung

lung, keine Oberaktivierung einzuleiten, wird auch durch die (an späterer Stelle noch zu behandelnde) Reaktanztheorie gestützt, die für aggressive Beeinflussungsversuche den Widerstand und/oder die Abkehr des betroffenen Individuums vorhersagt. Eine praktische Gefahr der Überreizung besteht - wenn überhaupt11 wohl eher bei negativ gerichteten emotionalen Aktivierungsversuchen. Entsprechend finden sich In der Literatur wiederholt Warnungen gegen das Auslösen zu starker Furcht- und Angstgefühle beim Käufer.12 Da erreichte Aktivierungsniveaus sich ohne weitere Stützung wieder abbauen, ist für längere Zeit beanspruchende Kommunikationen (Werbebotschaften oder Verkaufsgespräche) zu empfehlen, das Aktivierungsniveau wiederholt aufzuladen (z. B. durch Einstreuung entsprechend emotional geladener Wörter, Töne und/oder Bilder). Vom Inhalt wurden insbesondere erotische Reize für Männer und Frauen13 und 'Kindchenschemata' (Darstellung von 'goldigen', 'herzigen' Babys oder niedlichen, Beschützerinstinkte weckenden Kleintieren mit großen Kulleraugen) für Frauen als hochgradig treffsichere Aufmerksamkeitserreger identifiziert.14 Als sog. Schlüsselreize repräsentieren sie dem Menschen 11 So führen L. v. Rosenstiel und G. Ewald, Marktpsychologie, Bd. II, a.a.O., S. 140 z.B. aus: "Die von der Werbung ausgelöste Aktivierungswirkung dürfte im Normalfall so gering sein, daß ein negativer Effekt auf psychische Funktionen aufgrund überstarker Anreize zu den seltenen Ausnahmen zählen dürfte." 12 Vgl. dazu H. Mayer und A. Better-Rother, Konsequenzen furcht- und angstinduzierender Kommunikation, in: JAV, Jg. 26 (1980), S. 315ff. Dieser Fragenkreis wird hier im folgenden Gliederungspunkt 'Motlvtheorie/Sicherheitsmottv' behandelt. 13 Vgl. B. J. Morrison, R. C. Sherrnart, Who responds to sex In advertlslng?, in: JoAR, Jg. 12 (Apr. 1972) S. 15 ff. 14 Vgl. B. Berelson, G. A. Stelner, Menschliches Verhalten, Bd. I, 3. Aufl., Weinhelm u.a. 1974, S. 72.

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'angeborene Auslösungsmechanismen'.15 Zu den (neben einer Reihe anderer wahrnehmbarer Erscheinungen) häufig als Indikator für Variationen der Aktivierung herausgestellten Änderungen der Pupillengröße stellt KROEBER-RIEL so beispielsweise fest: "Der Anblick von Darstellungen nackter Mädchen genügt, um die Pupillen männlicher Betrachter um 18% zu weiten und starke Aufmerksamkeitserfolge zu erzielen."16 Um einer bloßen oder dominanten Verarbeitung der emotionalen Aktivierungsreize und entsprechender Nichtbeachtung der folgenden eigentlichen Kaufbotschaft vorzubeugen, ist auf eine inhaltliche Abstimmung/Komplementär!tät der emotionalen Reize mit der Kaufbotschaft zu achten. So erschiene beispielsweise die Verwendung von Babybildern in einer Werbung für Sportwagen i. S.v. Kinderwagen sinnvoll, in einer Werbung für Sportwagen i.S.v. PKW-Sportmodell dagegen unzweckmäßig. Die falsche Wahl des Aktivierungsreizes kann nicht nur zu bloßer Nichtbeachtung der eigentlichen Werbebotschaft/ des Werbeobjektes fuhren (Ablenkungs-/Kannibalisierungseffekt), sondern dem Werbeobjekt sogar unmittelbar (Image-)Schäden zufügen. Dieser Fall resultiert daraus, daß die Umworbenen den Aktivierungsreiz In negativer Assoziation mit dem Werbeobjekt verknüpfen. Die Umworbenen beziehen also aus dem Aktivierungsreiz emotive und/oder kognitive Assoziationen, die das Werbeobjekt belasten: Ein sexueller Reiz in Form eines aufreizend leicht- oder unbekleideten weiblichen Körpers bewirkt z. B. für einen PKW die Assoziation 'unsicher'17 oder für ein Ftnanzdlenstlelstungs-Unternehmen Assoziationen wie 'leichtfertig, flatterhaft, unseriös, unsolide'. Da die Stimmigkeit von emotionalen Aktivierungsreizen und Kaufbotschaften Im allgemeinen nicht so unmittelbar durchsichtig erscheint wie in den vorgenannten Beispielen, sind die Reizwirkungen vor ihrer allgemeinen Verwendung durch Messung zu kontrollieren. Derartige Messungen können auf folgenden Ebenen ansetzen: (1) Subjektive Erlebnisebene (2) Physiologische Ebene (3) Motorische Ebene. Zu (1): Subjektive Erlebnisebene Messungen auf der subjektiven Erlebnisebene richten sich auf die subjektiven Wahrnehmungen der Individuen. Über Befragungen sucht man Insbesondere Rückschlüsse zur Richtung und zum Inhalt von Emotionen zu gewinnen. Denn In seiner Sprache verfügt das Individuum über ein im allgemeinen recht reichhaltiges Repertoire,

15 Vgl. P. Sauermann, Marktpsychologie, Stuttgart 1980, S. 84. 16 W Kroeber-Riel Werbung als beeinflussende Kommunikation, In: Konsumentenverhalten und Marketing, hrsg. v. W. Kroeber-Riel, Opladen 1973, S. 148. 17 Vgl. W.Kroeber-Riel Konsumentenverhalten, a.a.O., S.291.

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um vor allem den Inhalt (Freude, Interesse, Trauer, Wut usw.) und die Richtung (angenehm/wohltuend/erquicklich - unangenehm/widerwärtig/verhaßt usw.) seiner Gefühle auszudrücken. Um unterschiedliches Verbalisierungsvermögen von Individuen auszugleichen, können semantische Differentiale eingesetzt werden, die sprachliche Dimensionen vorgeben, an denen das Individuum sein 'Emotionsprofil' durch Ankreuzen mitteilt. Ausschnittswelse kann sich ein derartiges Emotions-Differential folgendermaßen darstellen:

angenehm

|

K

interessant

|—tir

1 uninteressant

glücklich

|

1 traurig

erregend

I

*

1 unangenehm

1 nicht erregend

Es wird also eine Reihe gegensätzlicher (polarer) Begriffspaare präsentiert, die jeweils am Ende einer Skala angeordnet sind. Das Individuum hat zur Kennzeichnung seiner Gefühlslage nicht nur die Gegensatzpaare, sondern die gesamte Skala, d.h. auch alle Zwischenstufen zu den polaren Begriffspaaren zur Verfügung. Verbindet man die von einem Individuum bei den einzelnen Begriffspaaren vorgenommenen Kennzeichnungen, so ergibt sich als Kurvenzug das Emotionsprofil. Das Begriffspaar 'erregend - nicht erregend' erscheint dabei auch für tendenzielle Schlüsse zur Intensität der Emotionen geeignet. Sind aus diesem Verfahren Meßverzerrungen beispielsweise durch Tendenzen zu sozial-konventionellen 'Antworten' zu befurchten, so bieten die von den Testpersonen schwerer durchschaubaren Färb- und Musterzuordnungsverfahren einen Ausweg. Seine z. B. durch eine Anzeigenvorlage ausgelöste starke Erregung wird die Testperson durch Zuordnung der Anzeige zur intensiv erlebten Farbe 'dunkelrot' (im Gegensatz zur Farbe "blau') und einer unruhigen, komplexen Mustervorlage (im Gegensatz zu einer einfachen Mustervorlage) mitteilen. Als entsprechend komplexe bzw. einfache Mustervorschläge präsentiert MEYER-HENTSCHEL18:

18 Vgl. G. Meyer-Hentschel, Aktivierungswirkung von Anzeigen, Würzburg u.a. 1983, S. 94.

Sind spontane emotionale Reaktionen unmittelbar, d. h. ohne 'verfälschende' Zelt zwischen der subjektiven Wahrnehmung und der Übermittlung dieser Wahrnehmung zu erfassen, so erweisen sich die (computerkontrollierte) Magnltudeskalierung und/oder der (computergestützte) Programm analysator als geeignete Ansätze.19 Im Falle der Magnltudeskalierung können die Testpersonen wahrgenommene Intensitäten z. B. (über Tastendruck) in die Länge einer Linie auf einem Bildschirm umsetzen. Dabei gilt die Annahme, daß sich unterschiedliche Intensitätswahrnehmungen einer Person äquivalent In Veränderungen der Linienlänge niederschlagen, eine Längenverdopplung der Linie also einer Verdopplung der wahrgenommenen Intensität entspricht. Ober den Programmanalysator lassen sich spontane Reaktionen sekundengenau registrieren, die Testpersonen über das Drücken eines Zustimmungsknopfes ('gefällt', 'positive Empfindungen') oder eines Ablehnungsknopfes ('mißfällt', 'negative Empfindungen') zu gebotenen (Werbe-) Programmen äußern. Nach NEIBECKER sind die so gewonnenen spontanen Reaktionswerte "vor allem dann als Aktivierungsindikator geeignet, wenn die Erregungsprozesse auf bewußten, emotionalen Reizen beruhen".20 Zu (2): Physiologische Ebene Unter den physiologischen Indikatoren gelten Veränderungen des elektrischen Hautwiderstandes und Pupillenreaktionen als relativ sichere Indikatoren für die tatsächlich vorhandene Intensität innerer Erregung oder Aktivierung bei Individuen. Ihr Vorteil liegt darin, daß sie kein bewußtes Registrieren und weder entsprechendes Verbalislerungsvermögen noch entsprechenden Mitteillingswillen der Individuen voraussetzen. Kritisch erscheint an diesen und anderen verwendeten Indikatoren (wie hirnelektrische Potentiale, elektrische Aktivität des Herzens, Atmung, Blutdruck, Mlkrotremor der Stimme) allerdings, daß sie nicht die Richtung und den Inhalt der Reaktionen anzuzeigen vermögen. Lediglich für Pupillen-

19 Vgl. C. Neibecker, Konsumentenemotionen, Messung durch computergestützte Verfahren, Würzburg u.a. 1985, lnsbes. S. 97ff., und C. Netbecker, Elektronische Datenerhebung: Computergestützte Reaktionsmessung, in: Innovative Marktforschung, hrsg. v. Forschungsgruppe Konsum und Verhalten, Würzburg u.a. 1983, S. 210ff. 20 G. Neibecker, Elektronische Datenerhebung, a.a.O., S. 234.

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reaktionen meinen einige Autoren in der Form Korrelation mit der Richtung der emotionalen Erregung einnehmen zu können, daß Pupillenverengung negative Reaktionen und entsprechend Pupillenerweiterung positive Reaktionen anzeige. Diese Annahme ist jedoch umstritten.21 Zu (3): Motorische Ebene Motorische Indikatoren sind unmittelbar wahrnehmbare körperliche Erscheinungen wie Bewegung der Gesichtsmuskulatur (Mimik), der Extremitäten (Gestik), des Körpers insgesamt (Pantomimik) und vegetative Hautveränderungen (u.a. Erröten, Erblassen).22 Es ist zwar unumstritten, daß sich in der Körpersprache Emotionen, ihre Richtung und ihre Intensität ausdrücken,23 umstritten bleibt jedoch beim gegenwärtigen Erkenntnisstand der Präzisionsgrad der Schlüsse. Insofern treten diese Meßverfahren in der praktischen Bedeutung gegenüber den Verfahren aus der subjektiven Erlebnisebene und den physiologischen Verfahren zurück, zumal durch deren Kombination alle Dimensionen der Emotionen erfaßbar erscheinen: Während die auf der subjektiven Erlebnisebene ansetzenden Verfahren vor allem die Identifikation von Richtung und Inhalt ermöglichen, geben physiologische Indikatoren Aufschluß über die Intensität der Emotionen. Aufgrund der vorgetragenen Zusammenhänge erscheint unmittelbar einsichtig, daß Emotionen vor allem bei extensiven und affektgesteuerten Kaufprozessen eine bedeutende Rolle spielen. Die Realisierung des im einzelnen Zeitpunkt und im Zeitablauf hohen Grades an Informationsaufnahme und -Verarbeitung, der für extensive Kaufentscheidungsprozesse typisch ist, setzt die Initialzündung durch ein entsprechendes (emotional bewirktes) Aktivierungsniveau voraus und bedingt, daß dieses Aktivieruiigsniveau im Zeitablauf immer wieder (durch emotionale Reize) gestützt wird. Das Auftreten affektgesteuerter Kaufentscheidungsprozesse ist typischerweise zu erwarten, wenn der Konsument unmittelbar auf ein emotionell so hoch geladenes Aktivierungsniveau gerät, daß dieses Entladung in einer spontanen/impulsiven Reaktion sucht und diese im Kauf findet. 22. Motivationsforschung Motivationen als Beweggründe menschlichen Verhaltens lösen im Organismus Energien zur Erreichung bestimmter zu erstrebender und er21 Vgl. L. v. Rosenstiel G. Ewald, Marktpsychologie. Bd. II, a.a.O., S. 144. 22 Vgl. P.Ekman, W.V.Friesen, P. Ellsworth, Gesichtssprache, Wien u.a. 1974, J.Fast, Körpersprache, Reinbek 1979, und P. Weinberg, Beobachtung des emotionalen Verhaltens, In: Innovative Marktforschung, hrsg. v. d. Forschungsgruppe Konsum und Verhalten, Würzburg u.a. 1983, S. 45ff. 23 Wenn beispielsweise das Slch-verengen der Augen die unangenehme Richtung der emotionalen Lage signalisiert, so ließe sich das Ausmaß dieser Variationen als Ausdruck der Intensität Interpretieren.

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wünschter Zustände aus und sind somit ebenfalls als aktivierende Größen zu begreifen. Wird zwischen den Begriffen 'Motiv' und 'Motivation' differenziert, so am häufigsten In der Form, daß 'Motiv' die Bereitschaft eines Individuums zu einem bestimmten Verhalten bezeichnet; der Motivbegriff ist damit Ausdruck für eine Disposition des Menschen, er steht für latentes Verhalten. Unter Motivation werden dagegen aktualisierte Beweggründe des Verhaltens (Bedürfnisse, Strebungen, Wünsche) gefaßt.24 Aus (latenten) Motiven (= Persönlichkeitsdispositionen) entstehen (aktuelle) Motivationen, wenn Situationsfaktoren dies anregen. Die Aufforderungsgehalte von Situationen bewegen das Individuum dazu, "den voraussichtlichen Gang der Ereignisse durch eigenes Handeln In motivdienlicher Weise zu steuern oder einen motivabträglichen Gang der Ereignisse aufzuhalten und umzulenken".25 In dieser Aussage deutet sich auch die tendenzielle Unterscheidungsmöglichkeit der Begriffe 'Motivation' und 'Emotion' an. Sie stellt auf den (zielgerichteten) Handlungsanreiz ab, der Im Motivationsbegriff zum Ausdruck kommt, während der Emotionsbegriff 'lediglich' die Gefühlsbasis für die Zielausrichtung des Handelns abgibt. Folglich läßt sich komprimiert feststellen: Motivation » Emotion + Handlungsorientierang.26 Diesem Definitionsmuster entspricht die Beobachtung, daß es bloße Erregung ohne Handlungsorientierung geben kann oder daß aus einer bestimmten Erregung verschiedenartige Handlungsorientierungen folgen können.27 In einer Werbebotschaft enthaltene emotionale Reize können das Individuum zunächst in einen Erregungszustand/ auf einen Aktivitätsgrad führen, der es in Aufhahmebereitschaft versetzt; mit diesen emotionalen Reizen verknüpfte Informationen oder in Folgereizen enthaltene Informationen nehmen diese Aktivierung dann auf, halten oder steigern sie und vermögen eine Handlungsausrichtung zu bewirken. Zum Beispiel: Der Darbietimg eines Kindchenschemas folgt ein Reiz zur Auslösung schlechten Gewissens bei der Mutter (etwa über die bislang verwendete Babywindel nicht optimal für das Wohlbefinden ihres Babys gesorgt zu haben). Der MotivationsbegriiT spiegelt In diesem Sinne den Willen des Individuums, seine durch gefühlsmäßige Erregung bewirkte Leistungsfähigkeit

24 Vgl. H.-J. Herber, Motivationspsychologie, Stuttgart u.a. 1976, S. 16. 25 H. Heckhausen, Motiv und Motivation, in: Handbuch psychologischer Grundbegriffe, hrsg. v. T. Herrmann.u.a.. München 1977, S. 299. 26 Vgl. J. ReykowskU Psychologie der Emotionen, Donauwörth 1973, S. 42f.; im gleichen Sinne auch C.N. Cofer, Motivation und Emotion. München 1975, S. 57, H. Heckhausen, Motivation und Handeln, a.a.O., S. 30, und H.-D. Schmält, Motivationspsychologie, Stuttgart u.a. 1986, S. 13. 27 Vgl. R. Bergius, Motivation, Motivationsforschung, in: Psychologisches Wörterbuch, hrsg. v. F. Dorsch, Bern u.a. 1976, S. 381.

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in bestimmter Richtung zu nutzen, und zwar Jeweils In der Richtung, für die es motiviert Ist. Insofern resultiert aus einer bestimmten Motivation eine Akzentuierung und Selektivität des Verhaltens. Motivation konzentriert damit die Aufmerksamkeit und das Verhalten auf das jeweils wichtig Erscheinende28 und macht das Individuum als Käufer damit für Botschaftsinhalte aufmerksam, die ihm die Möglichkeit einer bestimmten Bedürfnisbefriedigung signalisieren. Aufgrund der Zusammenhänge zwischen den Konstrukten 'Emotion' und 'Motivation' kann es nicht überraschen, daß sich Grundaussagen zum Emotionskonstrukt wiederholen. So wird hinsichtlich der Motivationsstärke ebenfalls auf die umgekehrte u-Hypothese29 und hinsichtlich der Meßmöglichkeiten im wesentlichen auf die gleichen Indikatoren verwiesen. Zur verbalen Indikation wird speziell für die Stärke der Handlungsausrichtung häufig auf Ratingskalen zurückgegriffen, auf denen der Käufer (In Selbsteinschätzung) seine Motivationsstärke zwischen den Extremkennzeichnungen 'keine (Kauf-)Motivation' und 'außerordentlich starke (Kauf-)Mottvatlon' mitteilen kann:

keine (Kauf-) Motivation

außerordentlich starke (Kauf-) Motivation

Die Anwendbarkeit derartiger direkter verbaler Verfahren erscheint Jedoch einerseits durch mangelnde Selbstbeobachtung der Individuen (Folge: Keine Mitteilungsfähigkeit), andererseits durch Bestrebungen sozialen Selbstschutzes der Individuen (Folge: Kein Mitteilungswille u.a. bei sexuellen Motiven, Prestigemotiven, Angstbeseitigungsmotiven) begrenzt. Einen Ausweg können dann Gruppendiskussionen30 und/oder projektive Verfahren - wie beispielsweise Satzergänzungstests31 - bieten. Im weiteren ist zur Meßbarkeit der Motivstärke über verbale Verfahren der Hinweis wichtig, daß Jeweils nur eine Information zu einer bestimmten Situation zu erlangen ist, aus der keine Rückschlüsse über die absolute Stärke der Motivation möglich sind. Denn erklärt ein Individuum beispielsweise 28 Vgl. B. Berelson, G. A. Steiner, a.a.O.. Bd. I, S. 160 und S. 164. 29 Vgl. B. Berelson, G. A. Stelner, a.a.O., Bd. I, S. 163. 30 Vgl. V. Trommsdorff, Konsumentenverhalten, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1993, S. 134. 31 Vgl. dazu und anderen projektiven Verfahren (Rohrschach-Test, thematischer Apperzeptions-Test, Rosenzweig-Test) z.B. B. Rüttinger, L. v. Rosenstiel W.Molt, Motivation des wirtschaftlichen Verhaltens, Stuttgart u.a. 1974, S. 60ff.; zur Motivmessung generell C. N. Cofer, a. a. O., S. 373ff.

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durch Ankreuzen auf einer Ratingskala zunächst, es sei durch eine Bierwerbung stark zum Biertrinken motiviert, und später, es sei von einem Spendenaufruf stark motiviert, so besagt dieses ja offensichtlich nicht, daß die Stärke der Motivation in den beiden Reizsituationen für das Individuum gleich hoch war. Die Verhaltensausrichtung 'Bier trinken' kann beispielsweise erheblich stärker ausgeprägt gewesen sein als die Verhaltensausrichtung 'Geld spenden'!32 Bei den Bemühungen, die Hinter- und Bestimmungsgründe menschlichen Handelns zu erklären, haben sich (1) monothematische (2) polythematische (3) athematische Motivtheorien herausgebildet.33 Zu (1): Monothematische Motivtheorien Monothematische Ansätze suchen die Erklärung des Verhaltens aus einem Motiv. Beispiele bilden das Streben nach Lust bzw. die Vermeidung von Unlust (S. FREUD)34 und das Streben nach Geltung bzw. Macht (A. ADLER)35 Derartige, die Motivstruktur auf einen Grundtrieb und damit eine Sammelgröße komprimierende Ansätze bieten für die Erklärung des Räuferverhaltens und daraus zu ziehende Marketingschlüsse allerdings kaum eine Hilfe. Um Lust- und Geltungsgewinne über Marketlngeinsätze vermitteln zu können, wäre jeweils nach den Einzelfaktoren zu fragen, die derartige Gewinne zu erbringen vermögen. Man müßte zu Untergliederungen kommen und würde damit in der zweiten Stufe den monothematischen Ansatz verlassen. Zu (2): Polythematische Motivtheorien Polythematische Ansätze suchen die Erklärung für das Verhalten über verschiedene Motive. Im Bemühen, zu allumfassenden und abschließenden Katalogen zu gelangen, wurden Aufstellungen mit fünftausend und mehr unterschiedenen Trieben entwickelt.38 Derartige Aufstellungen, bei denen dann z. B. ein Trieb In der Neigung besteht, "Dinge herauszuholen, die sich

32 Vgl. dazu auch W. Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten, a.a.O.. S. 146f. 33 Vgl.H. Thomae. Das Problem der Motivarten, in: HdPsych, Band 2, Göttingen 1965, S. 418ff. 34 S. Freud, Gesammelte Werke. London 1965. 35 A. Adler, Ober den nervösen Charakter, München 1928. 36 Eine Zählung von L. L. Bernard, Instinct A study of social psjychology, New York 1924, hat so bei etwa 400 Autoren zusammen 5684 angebliche Grundtriebe erbracht. Zit. nach G. Wiswede, Motivation und Verbraucherverhalten, 2. Aufl., München u. a. 1973, S. 70.

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in einer Bodenritze befinden",37 fuhren sich selbst ad absurdum; in der Anwendung für das Marketing sind sie höchstens geeignet, totale Verwirrung und Resignation auszulösen. Ein komprimierter Ansatz, der Insbesondere im Zusammenhang mit Analysen des Käuferverhaltens häufig zitiert wird, stammt von MASLOW38; dieser Ansatz vinterscheidet folgende fünf Motivkategorien: - Physiologische Bedürfhisse (z. B. Hunger, Durst, Wärme, Schlaf, Sex) - Sicherheitsbedürfnisse (gegenüber physischen und psychischen Verlusten) - Soziale Bedürfnisse (Geselligkeit, Freundschaft, Liebe) - Bedürfnisse nach Selbstachtung und Anerkennung (Wertschätzung durch sich selbst und durch andere) - Bedürfiiis nach Selbstverwirklichung (Entfaltung der Persönlichkeit, Kreativität). MASLOW sieht diese Motivkategorien als hierarchische Ordnung: Das Individuum trachtet demgemäß zuerst nach Befriedigung der physiologischen Bedürfnisse; die jeweils folgende Bedürfniskategorie wird erst nach Erreichung eines bestimmten Anspruchniveaus bei der vorhergehenden verhaltensrelevant. Alle sich thematisch festlegenden Motivtheorien und damit auch der Ansatz MASLOWs unterliegen Jedoch der Kritik, die individuelle Komplexität und Instabilität des Verhaltens nicht erfassen zu können. Menschliches Verhalten wird offenbar nicht von fest montierten Trieben gesteuert, sondern von formbaren und entwicklungsfähigen Motivationen (Wertewandel!).39 Aus dieser Sicht erscheint es unmöglich, den absolut gültigen abschließenden Bedürfniskatalog aufzustellen. Zur Bildung von Hierarchien Ist festzuhalten, daß keine natürliche Rangordnung existiert; die für das jeweilige Individuum zu einem bestimmten Zeitpunkt beobachtbare Bedürfnlsfolge resultiert vielmehr aus einer großen Zahl mobiler Einzelfaktoren.40 Für die Erklärung des Käuferverhaltens und daraus abzuleitende Marketing-Folgerungen erscheint lediglich der tendenzielle Schluß haltbar, daß mit höherem Entwicklungsstand von Volkswirtschaften (höherem allgemeinen Wohlstandsniveau) die gem. MASLOW höheren Antriebsebenen generell in stärkerem Maße Relevanz erlangen und dann vor allem in der unternehmerischen Produkt-, Programm-, Service und Werbepolitik entsprechende Berücksichtigung fordern.

37 Zit. bei G. Wiswede, Motivation, a.a.O., S. 70. 38 A. H. Maslow, Motivation and personality, New York u.a. 1954. 39 Vgl. K. H. HOlmaim, Soziale Bestimmungsgründe des Konsumentenverhaltens, Stuttgart 1971, S. 35 f. 40 Vgl. G. Wiswede, Motivation, a.a.O., S. 114ff.

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MÚLLER-HARMS41 erklärt so beispielsweise die allgemeine trading-upTendenz42 bei Warenhäusern und folgert die Notwendigkeit "einer kreativen, prestige- und statusbetonenden Gestaltung der einzelnen Werbemittel, will das Warenhaus den Konsumenten zu einer Reaktion veranlassen, die in Richtimg des Kaufes liegt'."43 Zu (3): Athematische Motivtheorien Aus der Kritik zu den vorgenannten Ansätzen erklärt sich die Auffassung, eine allgemeine Theorie des Käuferverhaltens solle keine generellen MotivInhalte angeben. Sie sei vielmehr athematisch zu formulieren und lediglich im konkreten Fall mit den dafür relevanten Motivinhalten auszufüllen.44 Dies bedeutet, daß sich fertige Motivlisten und -rangordnungen mit Allgemeingültigkeit nicht liefern lassen. Es wird zum jeweiligen Zeitpunkt vom jeweiligen Käufer (-Kreis) abhängen, welche Motive In welcher Abstufung relevant sind. Möglich erscheinen lediglich Hinweise auf Kristallisationsformen von Motiven, die entweder allen Menschen gemeinsam sind oder doch für bestimmte Gruppen angenommen werden können.46 Zu derartigen Kristallisationsformen gehören insbesondere: Gewinnmotiv (als Kostensenkungs- und/oder Erlössteigerungsmotiv), Zeitersparnismotiv, Bequemlichkeitsmotiv, Sicherheitsmotiv, Geltungsmotiv, Nachahmungsmotiv, das bereits erwähnte 'Emotionsmotiv', mit zunehmendem Gewicht das 'Ökologiemotiv' sowie das 'Abwechslungsmotiv', das die Instabilität menschlichen Verhaltens in besonderer Weise repräsentiert. Für den einzelnen Kaufprozeß ist als Regel die Wirksamkeit mehrerer der angeführten und eventuell auch anderer Motive als unauflösbares Ganzes anzunehmen: Es wird "immer ein ganzes Bündel beherrschender und untergeordneter, sich gegenseitig durchdringender und beeinflussender Motive sein, das der Kaufentscheidung zugrunde liegt."46

41 H. G. Müller-Horms, a.a.O., S. 116ff. 42 Trading up bedeutet eine prinzipielle qualitative Erweiterung des Leistungssortlmentes durch Darbietung größerer Auswahl insbesondere bei servicebedürftigen Produkten und Produkten höheren Qualität»-/ Preisniveaus durch Serviceintensivierung, durch anspruchsvolle Geschäftsausstattung usw.Vgl. auch Ausschuß für Begriffsdefinltionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft. Begriffsdefinltionen aus der Handels- und Absatzwlrtschaft 4. Ausg.. Köln 1995, S. 55. 43 H. G. Müller-Harms. a.a.O., S. 125. 44 Vgl. F. G. Hoepfrier, Beeinflussung des Verbrauchelverhaltens, München 1975, S. 73. 45 Vgl. G. Wiswede, Motivation, a.a.O., S. 72. 46 P. Haunß, Kauf- und Absatzentscheidungen der Verbraucher und Unternehmer, Berlin 1973, S. 77.

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In isolierender Betrachtung folgende Erläuterungen zu den genannten Motiven: Gewinnmotiv (Kostensenkungs- und/oder Erlössteigerungsmotiv): Insbesondere Konsumenten, die unter Wirtschaftlichkeits- und Rentabilltätsüberlegungen zu entscheiden gewohnt oder gezwungen sind, werden durch unmittelbar geldliche Anreize stark motivierbar sein. Derartige Reize lassen sich optisch z. B. in der Form bieten, daß 'große' Geldscheine/Geldbündel präsentiert werden (z. B. Lotteriewerbung, Kreditwerbung, Sparerwerbung, Werbung von Anlageberatern) oder nur Kleingeld gezeigt wird (als Signal für besonders preisgünstige Kaufgelegenhelten z.B. von Discountern, Supermärkten usw.). Entsprechende optische Reize zur Motivation sparsamer, preisbewußter Konsumenten sind In der Präsentation von Preisbrechersymbolen wie der (In die Preise) einschlagende Blitz oder Vorschlaghammer zu sehen. Beispiele entsprechender verbaler Reize bilden Fragen wie 'Sind Sie nicht auch an einer Heizkostenersparnis von jährlich mindestens 1000 - DM interessiert?' oder 'Möchten Sie keine 10000,- DM verdienen?' oder auch Behauptungen wie 'Mit uns kommen auch die kleinen Portemonnaies groß heraus!' In diese Richtung geht auch die In Anzeigen von Börsenberatungsdiensten erscheinende Überschrift "Wir suchen Damen und Herren, die an der Börse Geld verdienen möchten!' Im weiteren kann In diesem Zusammenhang auf sprachliche Etikettierungen von Preisen als Sparpreise, Tiefstpreise, Sonderpreise, Gelegenheitspreise, Schottenpreise u.ä.m. verwiesen werden.

Zeitersparnismotiv: Über das Zeitersparnismotiv läßt sich Aktivierung von Konsumenten für eine bestimmte Botschaft und Ausrichtung auf bestimmte Angebote deshalb recht häufig erreichen, weil die Konsumenten entweder tatsächlich sehr zeitknapp sind oder sich gern in dieser Situation sehen. Hintergrund des zweitgenannten Aspektes ist, daß man in der sog. Leistungsgesellschaft Zeitknappheit generell mit 'bedeutungsvolle Persönlichkeit' assoziiert: Wer etwas auf sich hält, hat keine Zeit, oder er tut zumindest so, als habe er keine Zeit! Es mag von daher dem Selbstwertgefühl eines Konsumenten sehr wohltun, wenn man ihm zunächst Reize bietet, die Ihm seine Zeltknappheit bestätigen, um dann Angebote zur Realisierung von Zeitersparnissen zu präsentieren, 'die ihn von nebensächlichen zeitraubenden Tätigkeiten entlasten und damit wieder stärker für wichtigere Aufgaben freistellen oder ihm mehr von der so wohlverdienten Freizeit eröffnen'.

Bequemlichkeitsmotiv: Nahezu jeder Konsument hat Tätigkeiten zu erledigen, die ihm lästig sind, von denen er folglich gern völlig oder zumindest teilweise durch Arbeitserleichterung und/oder Zeiteinsparung (Überlappung mit Zeitersparnismotiv) entlastet wäre. Dazu mögen Teile der Haus-, Küchen- und Gartenarbeit zählen (konkret etwa Fußbodenpflege, Abwasch, Rasenmähen). Insbeson-

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dere bei derartigen Tätigkelten nicht mehr Last und Mühen auf sich zu nehmen als unabdingbar, entspricht einer Grundneigung menschlichen Handelns. Folglich können Reize, die hier Bequemlichkeitsgewinne signalisieren, stark motivieren. Allerdings gilt es zumindest in hiesigen Landen nicht als Auszeichnung, wenn man als 'bequemlicher Mensch' hingestellt wird. Folglich ist die Botschaft so anzulegen, daß eine (Alibi-)Interpretation in Richtung auf Rationalität durch Zeit-, Kräfte- oder Kostenersparnis erscheint. Beispiele für entsprechend sublime Ansprachen des Bequemlichkeitstriebes bilden: 'Ihre Kinder werden es Ihnen danken, wenn Sie sich ihnen dann stärker widmen können!' Arbeiten Sie nicht sonst schon schwer genug? Sie haben wirklich Anspruch auf diese Arbeitserleichterung!' 81cherheitsmotiv: Mit zu den stärksten Triebfedern menschlichen Handelns zählt das Bedürfnis nach Sicherheit und der damit zusammenhängende Wunsch nach Gesundheit. Es folgt aus dem Bestreben, Erreichtes abzusichern, und dem Selbsterhaltungstrieb. In Kaufbotschaften läßt sich dieses Bedürfnis In vielfältiger Form einbauen, da es kaum ein Verkaufsobjekt gibt, das nicht auch unter Sicherheits- und/oder Gesundheitsaspekten beleuchtet werden könnte. Dabei läßt sich nicht nur der Selbsterhaltungstrieb des einzelnen Kunden nutzen, auch der Appell an seine Verantwortung für die Umwelt, für die Familie liegt nahe. Das Sicherheitsmotiv Ist so z. B. sehr wirkungsvoll beim Angebot technischer Erzeugnisse einsetzbar, beim Verkauf elektrischer Geräte, beim Verkauf von Kraftfahrzeugen und Küchengeräten, beim Verkauf von Versicherungen, aber auch beim Verkauf von Babyartikeln und Kinderspielzeug. Das Gesundheitsmotiv scheint praktisch keinen zwingenden Grenzen zu unterliegen. So läßt sich Gesundheit als aktivierender und handlungsausrichtender Reiz nicht nur In bezug auf Ernährung, Wohnen und Schlafen, sondern auch bezüglich Fortbewegung, Freizeitbeschäftigung, Urlaub, Arbeit, Sauberkeit usw. einsetzen. Als besondere Frage stellt sich in diesem Zusammenhang, ob und inwieweit man durch Furchtappelle47 zum Kauf motivleren kann.

47 Umgangssprachlich wird der Begriff 'Furcht' häufig gleichbedeutend mit dem Begriff 'Angst' verwendet. In der Wissenschaftssprache Ist jedoch folg. Unterscheidung gebräuchlich (vgl. H. Krahne, Angst und Angstverbreitung, Stuttgart 1975, S. 17): Der Begriff 'Angst' repräsentiert mehrdeutige und unbestimmte Gefühle der Bedrohung, für die der Betroffene dementsprechend keine gezielte Reakttonsmögllchkelt zu ermitteln vermag.Der Begriff 'Furcht' bezieht sich hingegen auf die Gefühle der Bedrohung, die In ihren Quellen/Ursachen eindeutig feststellbar sind. Entsprechend kann die betroffene Person hier auch Möglichkeiten zur Reduzierung ihrer negativ erlebten Erregung erkennen. Dies bedeutet für Werbe- und Verkaufskonzepte, daß n u r die Auslösung der Bedrohungsgefühle sinnvoll erscheint, die sich mit dem Begriff 'Furcht' verbinden.

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Einigkeit besteht darüber, daß Furchtappelle auf ein bestimmtes Kaufverhalten ausrichten können. Zur anzuratenden Intensität liegen unterschiedliche Untersuchungsergebnisse vor. Aus der klassischen Untersuchung von JANIS und FESHBACH48 mit drei in der Furchtauslösungsintensität abgestuften Appellen zur Zahnhygiene ergab sich zusammenfassend: Je größere Furcht ausgelöst wird, desto geringer die Neigung, dem ausgesprochenen Appell zu folgen. Die schwächste Form der furchtauslösenden Kommunikation erwies sich also als effizientester Beeinflussungsansatz. Dieser Zusammenhang wird durch die unerträgliche Beunruhigung erklärt, die von stärkeren Furchtappellen ausgeht. Um das Gefühl der Unerträglichkeit gar nicht erst hochkommen zu lassen oder ihm möglichst schnell wieder zu entfliehen, sucht man den Furchtappell durch Verniedlichen, Verharmlosen, aggressive Gefühle gegenüber dem Vortragenden oder durch Aufnahme von Gegeninformationen abzuwehren. Aus dieser Untersuchung wäre generell zu schließen, daß sich (Kauf-)Botschaften mit Demonstrationen bedrohlicher Konsequenzen für den Empfänger (im Falle der Nichtbefolgung einer Verhaltensaufforderung) sehr zurückhalten sollten. Spätere Untersuchungen brachten jedoch keine Bestätigung dieses 'Extrem-Ergebnisses von JANIS/FESHBACH, sondern stellten mittlere Furchterregungsgrade als optimal heraus. RAY/WILKIE49 begründen das Optimum beim mittleren Niveau mit der Erklärung, daß Furchtappelle als gegensätzliche Effekte einerseits die Aufmerksamkeit und das Interesse für die entsprechende Botschaft fördern, andererseits bei den Angesprochenen mit steigender Furchtintensität zunehmende Tendenz auslösen, die Botschaft abzuwehren. Bei zu schwachen Appellen sei also mit zu geringer Aufmerksamkeit zu rechnen, bei zu starken Appellen mit Abwehr- und Fluchtreaktionen. Die darin erscheinende Widersprüchlichkeit zum Ergebnis von JANIS/ FESHBACH und anderen Ergebnissen suchen RAY/WILKIE durch Belege dafür aufzulösen, daß die von JANIS/FESHBACH als gering ausgewiesene Furchtintensität durchaus mindestens mittleren Graden in anderen Untersuchungen entsprochen habe.60 Der generelle Rat zu mittleren Furcfitappellen erscheint auch durch die bereits vorgestellte umgekehrte u-Hypothese zur Emotions- und Motivationsstärke gestützt, nach der ein zu hohes Erregungsniveau leistungsreduzierend wirkt, sowie durch die (ebenfalls bereits erwähnte und an späterer

48 I. L. Janis, S. Feshbach, Effects of Fear-Arousing Communications, in: The Journal of Abnormal und Social Psychology, Jg. 48 (1953), S. 78ff. 49 Vgl. M. L. Ray. W L. Wilkte, Fear: The potential of an appeal neglected by marketing. In: JoM, Jg. 34 (Jan. 1970), S. 55f. 50 Vgl. M. L. Ray, W. L. WWde, a.a.O.. S. 57.

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Stelle noch näher zu behandelnde) Reaktanztheorle begründet, die als Folge aggressiver Beeinflussungsversuche Abwehr- und/oder Abkehrreaktionen des betroffenen Individuums erwarten läßt. Zur Relativierung dieser generellen Empfehlung ist im weiteren jedoch insbesondere die Beachtung der folgenden Variablen/Situationsbedingungen anzuraten. (1) Unmittelbarkeit der Botschaft (2) Reaktionsmöglichkeit des Empfängers (3) Themenrelevanz für den Empfänger (4) Selbstvertrauen des Empfängers (5) Ausgangsniveau an Ängstlichkeit / Furchtempflnden des Empfängers (6) Glaubwürdigkeit des Senders. Zu (1) Unmittelbarkeit der Botschaft Als unmittelbar wird eine Botschaft bezeichnet, die sich direkt an die Zielperson wendet; z. B. als Zahnpastawerbung in der Form, daß ein Zahnarzt mit gestrecktem Finger auf die Betrachter/Zuschauer zeigt und diesen für den Fall der NichtVerwendung einer bestimmten Zahnpastamarke mit Karies und Parodontose droht. Indirekte Kommunikationsgestaltung vermittelt dem Empfänger dagegen den Eindruck, die Kommunikation richte sich gar nicht an ihn. Konkrete Beispiele bilden Werbespots, in denen der Zahnarzt in einer Sprechstundenszene einem Patienten die bedrohlichen Folgen weiterer Nichtverwendung einer bestimmten Zahnpastamarke deklamiert. Es erscheint einsichtig, daß bei Indirekten Konzepten ein stärkeres Maß an Bedrohungsauslösungen einsetzbar ist. Diese Einschätzung entspricht der Feststellung von STUTEVILLE: "We cannot comfortably contemplate danger to our elemental, physical selves, but our psyches permit us to see dangerous consequences for others."51 Entsprechend erscheint z. B. in Aufrufen für die Teilnahme an Schluckimpfungen gegen Kinderlähmung eine recht Intensive Furchtauslösung möglich und zweckmäßig. Denn die Furchterregung und die Verhaltensempfehlungen richten sich an Erwachsene, die betroffene und damit zu impfende Person ist jedoch das Kind. Zu (2): Reaktionsmöglichkeiten des Empfängers Im Falle der Untersuchung von JANIS/FESHBACH beispielsweise hatten die Versuchspersonen keine Möglichkeit, ihr Bedürfnis nach Beruhigung adäquat zu befriedigen. Eine dadurch ausgelöste anhaltende defensive Vermeidung geben JANIS/FESHBACH52 so auch selbst als eine wesentliche Ursache für die geringe Wirksamkeit ihres intensivsten Furchtappells an.

51 J. R. StutevOle, Psychic Defenses Against High Fear Appeals: A Key Marketing Variable, In: JoM, Jg. 34 (April 1970). S. 44. 52 Vgl. J. L. Janis, S. Feshbach, a. a. O., S. 89.

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Bietet das offerierte Leistungsangebot dem Betroffenen dagegen unmittelbar die Möglichkeit zu voller Beseitigung der ausgelösten Beunruhigung (z. B. Angebot einer sofort liefer- und montierbaren sowie vom Betroffenen finanzierbaren Feuerlösch- oder Alarmanlage), so erscheint der stärker ausgelegte Furchtappell verwendbar. Je länger Jedoch die - wie auch immer begründete - Wartezeit bis zur Annahmemöglichkeit / bis zum Wirksamwerden des Beruhigungsangebotes ausfällt, desto stärker ist von intensiven Furchtappellen abzuraten. Daraus folgt, daß auch in allen Fällen, in denen der Empfänger nicht durch eine unmittelbare einmalige Handlung zur Beruhigung zurückfinden kann, gegenüber der Anwendung intensiver Furchtappelle Zurückhaltung geboten erscheint. In diesen Fällen hat der Empfänger Ja eine Handlungsabfolge anzunehmen und damit seine bisherige Handlungsgewohnheit umzustellen, indem er eine andere oder eine zusätzliche Handlung (längerfristig oder gar dauerhaft) in sein Repertoire aufnimmt. Dies bedingt und/oder bewirkt eine längerfristige /dauerhafte Auseinandersetzung mit der furchterregenden Thematik. Diese Auseinandersetzung wird dem Empfänger eher auf niedrigerem denn auf hohem Intensitätsniveau erträglich sein. Zu (3): Themenrelevanz für den Empfänger Je wichtiger die Thematik für den Empfänger ist, als desto niedriger liegend wird der optimale Intensitätsgrad der Furchterregung eingeschätzt.53 Wird Themenrelevanz in diesem Zusammenhang als am Thema interessiert, für das Thema (bereits vor dem Furchtappell) sensibel interpretiert, so erscheint plausibel, daß die damit anzunehmende Voraus-Erregung bis zum Optimalgrad lediglich noch geringer Stimulierung bedarf; zu starke Stimulierung ließe die aus Überreizimg resultierenden Abkehr- und Abwehrhaltungen eintreten. Zu (4): Selbstvertrauen des Empfängers Verschiedene Untersuchungen54 belegen, daß starke Furchtappelle bei Personen geringen Selbstvertrauens geringe Wirkungen, bei Personen hohen Selbstvertrauens dagegen stärkere Wirkungen in der gewünschten Richtung zeigen. Während bei Personen mit niedrigem Selbstvertrauen also eher Ausweich- und Abwehrreaktionen gegenüber der Botschaft auftreten, zeigten mit starkem Selbstvertrauen ausgestattete Personen eher die Tendenz, sich der Botschaft durch botschaftsgemäße Verhaltensweisen zu stellen. Erklären läßt sich dieser Verhaltensunterschied damit, daß die Handlungsweise selbstbewußter Personen durch das Bemühen um Kontrolle der Gefahr / des Risikos gekennzeichnet ist. Sie stellen sich dem Appell, um dann durch aktive Begegnung auf ihn zu reagieren. Die Handlungsweise von Personen mit geringem Selbstvertrauen ist dagegen durch das Bemü53 Vgl.

H. Mayer, A. Better-Rother, a.a.O.,

54 Vgl. B. Sternthal, 1974), S. 27f.

C. S. Craig,

S. 336.

Fear Appeals: Revisited and Revised, In: JoCR, Jg. 1 (Dec.

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hen geprägt, Ihre Furcht unter Kontrolle zu halten oder zu bringen. Dies veranlaßt zu passivem Zurückweichen, insbesondere vor dem starken Furchtappell. Die betreffenden Personen sind bemüht, den starken Furchtappell gar nicht erst an sich herankommen zu lassen.55 Zu (5): Ausgangsniveau an Ängstlichkeit/Furchtempflnden des Empfängers Zu gleicher Empfehlung wie bei der Variablen 'Selbstvertrauen des Empfängers' führen festgestellte Zusammenhänge zwischen ursprünglichen oder bereits entstandenem Ängstlichkeitsniveau/Furchtempflnden der Empfänger und der Wirksamkeit unterschiedlich intensiver Furchtappelle.56 Entsprechend konstatiert TEIGELER: "Auf geringem Niveau anfänglicher Beunruhigung bewirkt eine steigende Furchterregung meist eine entsprechende Meinungsänderung, aber mit höherem ursprünglichem Angstniveau der Versuchspersonen wird durch weitere Furchterregung eine Meinungsänderung eher verhindert."57 Die Umsetzbarkeit dieser Erkenntnis setzt voraus, daß Informationen zum gegebenen Ängstlichkeits- / Furchtniveau der Empfänger vorliegen. Man kann dann Personen, die einen geringen Grad an Beunruhigung oder kein Risikobewußtsein zeigen, über starke Furchtappelle zu motivieren versuchen und hätte sich bei Personen mit bereits existentem starkem Bedrohungsempfinden auf behutsame Appelle zu beschränken. Somit können um ihre Gesundheit bangende Personen eventuell bereits durch schwache Furchtappelle zum Kauf eines Gesundheitspräparates veranlaßt werden, während bei Personen, die sich gegenüber Krankheiten für gefeit halten, generell erst starke Furchtappelle Wirksamkeit versprechen. In diese Richtung weisen auch Untersuchungen zu der Variablen 'Anfälligkeitsgefühl' des Empfängers, die eng mit dem 'Ängstlichkeits- /Furchtniveau' verknüpft erscheint, da sie ebenfalls Ausdruck der Vorprägung und Sensibilität in bezug auf Bedrohungsgefühle ist. Je stärker sich eine Person von der potentiellen Gefahr betroffen zeigt, auf desto niedrigerem Intensitätsniveau werden die Furchtappelle zu halten sein.58

55 Vgl. M. J. Goldstein, The Relationship between Coping and Avoiding Behavior and Response to Fear-arousing Propaganda, In: The Journal of Abnormal and Social Psychology. Jg. 58 (March 1959), S. 247ft 56 Vgl. M. L. Ray, W. L. WWcie, a. a. O., S. 59 unter Verweis auf P. Nlles. The Relationship of Susceptibility and Anxiety to Acceptance of Fear-Arousing Communications, Diss. Yale 1964. 57 P. Teigeier, Verständlichkeit und Wirksamkeit von Sprache und Text, Stuttgart 1968, S. 95. 58 Vgl. K. L. Higbee, Fifteen Years of Fear Arousal: Research on Threat Appeals, 19531968, in: Psychological Bulletin. Jg. 72 (Dec. 1969), S. 431.

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Zu (6): Glaubwürdigkeit des Senders Hoch glaubwürdig eingeschätzte Sender können mit starken Furchtappellen hohe Beeinflussungswirkungen «Teichen, während die Einflußnahme möglichkeit der als gering glaubwürdig eingestuften Sender durchgehend, d.h. auch bei nur schwach ausgelegten Furchtappellen, niedrig bleibt.89 Die Plausibilitätserklärungen für diesen Zusammenhang stützen sich vor allem auf die Neigung und Möglichkeit zur Diskreditierung der Furchtquelle und die Rolle von Gegeninformationen. Will sich der Empfänger gar nicht erst auf einen Furchtappell und die damit verbundenen Verhaltensempfehlungen einlassen, wird er zunächst zu Versuchen der Quellendiskreditierung neigen. Gute Möglichkeiten zu einer Botschaftsabwehr in dieser Form bieten sich dann, wenn der Sender als inkompetent und/oder als interessengebunden abqualifizierbar erscheint. Sieht sich der Empfänger zunächst zur Beschäftigung mit dem Furchtappell veranlaßt, so kann er diesen in der Folge durch Aufnahme von Gegeninformationen neutralisieren. Kommt der Appell aber von hoch glaubwürdigen Sendern, so stellt sich der Empfänger darauf ein, daß Gegenargumentationen nicht oder nur in geringer Anzahl und Gewichtigkeit zu erwarten sind. Dem Befund, daß der glaubwürdige Kommunikator die Erfolgsaussichten des Furchtappells wesentlich zu stützen vermag, folgen die Werbung für zahn- und mundhygienische Produkte durch Einsatz des Zahnarztes vor Praxishintergrund oder des Wissenschaftlers vor Laborhintergrund ebenso wie die Werbung für Babyartikel (über den Kinderarzt oder die Kinderkrankenschwester), die Werbung für Einbruchschutz (über den Kriminalbeamten) und die Werbung für Brandschutz (über den Feuerwehrhauptmann). Geltungsmotiv: Das Geltungsmotiv wird als ein allen Menschen gemeinsames Motiv gesehen.60 Man will als Person anerkannt und gewürdigt werden, man möchte Wertschätzung für seine Person. In nicht wenigen Fällen reicht dieser Trieb so weit, daß Neigungen zu einer zumindest ansatzweisen Hochstapelei auftreten. Fast alle Menschen sind jedoch in dieser Hinsicht auch insofern besonders empfindlich, als sie sich diesen Trieb selbst nicht gern eingestehen. Zumindest gegenüber der Umwelt möchte man nicht als geltungsbedürftig erscheinen. Für das praktische Marketing bedeutet dies, daß der Geltungstrieb häufig nicht direkt, sondern nur subllmlert angesprochen werden kann.

59 Vgl. B. Stemthal, C. S. Craig, a.a.O., S. 26f. und S. 31. 60 Vgl. G. Wiswede. Motivation, a.a.O., S. 72.

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Es bedeutet generell eine Ansprache des Geltungsbedürfnisses, wenn man dem Konsumenten irgendeine Ware nicht In ihren physischen Funktionen anpreist, sondern dem Konsumenten Möglichkeiten signalisiert, über den Erwerb der angebotenen Leistung Bedeutung und Ansehen, Einfluß und Prestige, Autorität und Reputation zu gewinnen. Wie an späterer Stelle (im Rahmen der Erörterungen zur Gruppenforschung und Rollentheorie) noch näher zu behandeln ist, erscheint dies grundsätzlich bei den sog. auffälligen Leistungen möglich, d. h. bei Leistungen, die das soziale Umfeld wahrnehmen und identifizieren kann und die im sozialen Umfeld generell starke Beachtung erfahren. Im Zusammenhang mit dem Geltungstrieb spielt das Bedürfnis, modern und fortschrittlich zu erscheinen, eine wesentliche Rolle. 'Mode', 'modisch', 'modern' sind Reizworte, die bei nicht wenigen Konsumenten Kauflust wekken oder stimulieren können. Der kurze Satz "Das ist jetzt modern!" löst bei dieser Kundenkategorie eventuell Kaufanreize aus, die in dieser Stärke durch andere Ansprachen nicht erreichbar sind, dabei vor allem die Preissensibilität nicht In dem Maße zu reduzieren vermögen. Denn zum Teil ist man zu erheblichen Preisopfern bereit, um sich 'modisch en vogue' zu präsentleren und damit auf die Prestigevermittlung aus dem 'Ich kann es mir leisten!' zu setzen. Erscheint der 'Modebezug' jedoch für den betreffenden Käufertyp als ein zu stark in die Irrationalität weisender Ansatz oder gar als ein Ansatz, der sein Geltungsstreben angreifen könnte (bei Personen, die sich über Modetrends erhaben geben wollen) so kann sich das Reizwort 'fortschrittlich' bewähren. Denn 'fortschrittlich' zu sein als 'fortschrittlich' angesehen zu werden, vermag unbelastet von den Eitelkeitsattitüden, die der Mode häufig anhängen, Geltung einzutragen. Folglich erweisen sich im Verkaufsgespräch und in der Werbung für die Weckung und Stimulierung von Kaufanreizen Slogans wie Der fortschrittliche Haushalt /der fortschrittliche Mensch ...! als erfolgreich. Nachahmungsmotiv: Das Nachahmungsmotiv ist vom Geltungsmotiv kaum zu isolieren. Dies erklärt sich aus der Ambivalenz des Geltungstriebes, die sich als Streben nach Abhebung und Anpassung äußert.61 Will eine Person sich Geltung verschaffen oder Geltungseinbußen vermeiden, so hat sie sich an dem zu orientleren, was ihre soziale Umwelt meint und demonstriert. Geltungseinbußen erscheinen von daher vermeidbar, wenn man mit der sozial gleichgestellten Umwelt (den Freunden und Nachbarn) mithält, Geltungsgewinne erscheinen erzielbar, wenn mein sich den in der gesellschaftlichen Rangordnung Höherstehenden nähert oder sie gar einholt.

61 Vgl. G. Wlswede, Soziologie des Verbraucherverhaltens, Stuttgart 1972. S. 161.

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Leitbildwerbung und Referenzwerbung sind Schlagworte, die auf die auch marketing-praktische Bedeutung dieser Motivkategorie verweisen. Näher beleuchtet seien diese Ansätze jedoch erst nach Präsentation der entsprechenden soziologischen Ansätze. Emotionsmotiv Wie bereits an früherer Stelle kurz vermerkt, führt die Vorstellung, das Individuum erlebe bestimmte Erregungszustände positiv, angenehm und/ oder lustvoll, zu der Folgerung, das Individuum strebe von sich aus derartige Zustände an. Die Erreichung, Steigerung und Erhaltung eines bestimmten Zustandes der Emotionalität kann folglich auch als Motivation für Kaufhandlungen eines Individuums wirken, wenn es aus diesen Kaufhandlungen entsprechend emotionales Erleben erwartet. Als Beispiele seien angeführt - Gefühle des Glücks und der Freude beim Trinken einer bestimmten Kaffee- oder Sektmarke - euphorische Gefühle beim Fahren einer bestimmten PKW-Marke - Freiheits- und/oder Abenteuerempflndungen beim Rauchen einer bestimmten Zigarettenmarke - erotische Gefühle bei Verwendung eines bestimmten Parfüms oder After Shaves. Die sog. emotionale Produktdifferenzierung bedient sich dieses Motivs, indem sie bestimmten Produkten oder Marken eigene emotionale Images 'anproduziert', um sie damit als unvergleichliche Individualitäten herauszustellen. Tradition hat der Rückgriff auf diesen emotiven62 Ansatz in bezug auf alle Produkte, die sich in physisch-funktioneller Hinsicht generell63 als low involvement- (= low interest-j Produkte präsentleren. Der Konstruktbegriff 'Involvement' steht hier allgemein für den Grad des Nachfrager-Engagements in Produkt- / Markenwahlentscheidungen aufgrund subjektiv empfundener Bedeutung und/oder ausgelösten Interesses. Auf physisch-funktionelle Eigenschaften bezogen bedeutet 'low involvement/niedriges Involvement' also, daß diese Eigenschaftskategorien den Bedarfsträger zumindest nicht sonderlich, jedenfalls letztlich nicht entscheidend anzurühren vermögen und ihm damit keine Kaufmotivation liefern können. Verstärkt hat sich die Bedeutung des emotiven Ansatzes dadurch, daß sich im steigenden Maße folgende Situationsmerkmale als typisch erweisen: -

Der Verfügbarkeitsrahmen der Marketer über sachlich-differenzierende Informationen nimmt bei vielen Produkten ab/ist nicht mehr existent (wegen Homogenisierung/Homogenität angebotener Leistungen In physisch-funktioneller Hinsicht).

62 Emotiv repräsentiert die Verbindung von emotional und motivational. 63 Situativ kann sich für Bedarfsträger diese Disposition z.B. durch eine Medienkampagne. ökologische Katastrophe, Rückrufaktion eines Unternehmens ändern.

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- Das Interesse der Nachfrager an sachlichen Informationen nimmt allgemein ab/ist häufiger nicht mehr existent (wegen generell eingetretener/ empfundener Informationsüberlastung und/oder des Eindrucks, daß keine wesentlichen sachlichen Produktdifferenzen mehr existieren). Marketingziel wird dann, (emotive) Erlebniswerte so mit bestimmten Produkten/Marken zu verbinden, daß diese Werte zu konstituierenden Bestandteilen des Produktnutzens werden. Das Marketing sucht die potentiellen Käufer zu dem Empfinden zu fuhren, nur bestimmte Produkte/Marken würden ihnen eigenständige unverzichtbare Beiträge zu ihrem Lebensstil und damit ihrer Lebensqualität vermitteln. Entsprechend erscheinen daraufhin Personen mit dem bewußten oder unbewußten Wunsch nach einem Eigengefühl und Eigenimage in Dimensionen wie 'Internationalität, Weltoffenheit' auf eine bestimmte Bier- und/oder Zigarettenmarke fixiert. In bezug auf Einkaufstätten ist in diesem Zusammenhang zu registrieren: Einerseits sind Konsumenten bemüht, sich über ihre Einkäufe schlicht zu versorgen. Sie zeigen in den Versorgungskäufen sehr einseitige Präferenzen für entsprechend preisgünstige Einkaufstätten, bei denen u. a. auch spartanische Ausstattung, quantitative und qualitative Personaldefizite, geringe Auswahl, Unbequemlichkeiten des Einkaufs hingenommen werden (s.o.: Kostensenkungsmotiv). Andererseits tendieren Konsumenten zunehmend zu sogenannten Erlebniskäufen, die als eine Realisationsform des Emotionsmotivs erscheinen.64 In diesen Erlebniskäufen sind Konsumenten bereit, deutlich höhere Preise zu akzeptieren, wenn sie in entsprechender Form u.a. Ambiente, Atmosphäre, Exklusivität, Kultur, persönliche Betreuung, Stil, neue und wechselnde Reize geboten bekommen. Das Nebeneinander von Versorgungs- und Erlebniskäufen bzw. der Wechsel zwischen diesen Kauftypen wird auch als hybrides Kaufverhalten bezeichnet.65 Ökologiemotiv Das zunehmende ökologische Bewußtsein in der Gesamtbevölkerung führt dazu, daß Käufe ebenfalls zunehmend unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte getätigt werden. Dem Nachfragesegment der sog. Öko-FTeaks sind ökologische Belange sogar in dem Maße wichtig geworden, daß die Ökologieverträglichkeit von Produkten das dominierende Beurteilungs- und Wahlkriterium bildet. Bestimmte Produktkategorien oder Marken haben bei den Öko-Freaks über-

64 Vgl. A. Gröppel Erlebrüsstrateglen Im Einzelhandel, Würzburg 1991; P. Weinberg, Erlebnismarketing, München 1992. 65 Vgl. H. Schmalen, Das hybride Kaufverhalten und seine Konsequenzen für den Handel, in: ZfB, Jg. 64 (1994), S. 1221 ff.

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haupt keine Chance, well sie diese als ökologisch nicht mehr tolerierbar einstufen. Stehen ökologieverträgliche Substitute nicht zur Verfügung, so verzichtet diese Gruppe potentieller Nachfrager völlig und fällt damit für Käufe aus. Über diesen (Kauf-)Handlungsverzicht hinaus können ökoFreaks motiviert sein, andere, noch kaufende Personen ebenfalls zu Kaufenthaltungen zu veranlassen und / oder Verkäufe derartiger Produkte/ Marken direkt durch blockierende Aktionen zu be- oder verhindern. Speziell gegenüber ökologisch aktiven Nachfragersegmenten, zunehmend aber In bezug auf die gesamte Nachfrage, erweist es sich für die Anbieter als notwendig, Produkte generell ökologiefreundlicher zu gestalten und spezielle Öko-Varianten zu offerieren. Bei wesentlichen Teilen der Nachfrage folgt aus Ihrer Zustimmung für ökologische Ziele bislang kein entsprechendes Kaufverhalten oder zumindest nicht konsequent entsprechendes Kaufverhalten. Dies erklärt sich aus Störvariablen i.S.v. Gründen für den Nichtkauf umweltfreundlicher(er) Produkte/Marken. Als derartige Nichtkaufgründe haben sich u.a. die folgenden als bedeutsam erwiesen:66 - Preisbarriere; die umweltfreundliche(re)n Produkte/Marken sind häufig in einem Maße preishöher, daß sie an der Preiswilligkeit oder -fählgkelt von Nachfragern scheitern. - Zugänglichkeitsmühen; wenn ökologiegerechte(re) Produkte / Marken hinsichtlich Distributionsquote (keine Oberall-Erhältlichkeit) und Plazierungsqualität (keine Vorzugs- und/oder Mehrfachplazierungen) noch zurückbleiben, so erfordert dies von Nachfragern zusätzliche Beschaffungsanstrengungen, die diese nicht durchgehend auf sich nehmen. - Gewohnheitsbarrieren; die 'Macht' des Gewöhntseins an bisherige Produkte / Marken bildet eine Diffusionsbremse gegen die neuen ökologiefreundliche(re)n Angebote. - Effizienznachteile; bei bestimmten Produkten (z.B. Haushaltsreinlgem) werden die öko-Varlanten in Wirksamkeitsdefiziten gesehen, die zu Weiterverwendung und -kauf der traditionellen Angebote veranlassen. - Ästhetikdefizite; erscheinen umweltfreundliche(re) Produkte ästhetisch defizitär (z. B. graues, rauhes Umweltpapier an sich oder als Verpackung, fleckiges Bio-Obst, blasses Bio-Gemüse), so kann dies ihren generellen Aufforderungswert (= Fähigkeit, selbst kaufauffordernd zu wirken) reduzieren und negative Ausstrahlungseffekte auf die Wahrnehmung ihrer funktionellen Eigenschaften zur Folge haben (z. B. Schließen von Blässe auf geringen Vitamingehalt bei Obst / Gemüse). - Echtheitszweifel; Verbraucher stehen unter dem Eindruck, daß Produkte fälschlich / Irreführend als umweltfreundlich deklariert werden, um für sie höhere Preise zu erzielen. 66 Siehe zu den folgenden und weiteren Nichtkaufgründen A. Bänsch, Marketingfolgerungen aus Gründen für den Nichtkauf umweltfreundlicher Konsumgüter, in: JAV, Jg. 36 (1990), S. 362ff.

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In dem Maße, wie es über entsprechende Marketingaktivitäten (im Bereich der Preis- und Distributionspolitik sowie der Kommunikations- und Produktpolitik) gelingt, die angeführten und eventuelle weitere Nichtkaufgründe zu reduzieren oder aufzuheben, folgt: Die vorhandene Neigung zur Berücksichtigung ökologischer Belange im Kaulverhalten geht über in steigende tatsächliche Berücksichtigung dieser Belange bei Kaufentscheidungen. Abwechslungsmotiv: Auch das Bedürfnis nach Abwechslung gilt als menschliches Grundbedürfnis. Reizmonotone Situationen, Objekte und Personen werden zumindest nach bestimmter Zeit als reizlos (im Sinne von unattraktiv, uninteressant, langweilig) empfunden. Es entsteht das Bedürfiiis nach Reizvariation und damit Empfänglichkeit/Offenheit für neue Reize, zumindest für Reizwechsel. Diese in ihrer Intensität individuell unterschiedlich ausgeprägte Verhaltensneigung äußert sich prinzipiell auch Im Konsumverhalten. Nicht selten erscheint der Konsumbereich sogar im besonderen Maße als das Realisationsfeld für diese Bedürfniskategorie, weil die sonstige allgemeine Lebenssituation bestimmten Personen nur besonders geringe Abwechslung eröffnet (Reizlosigkeit oder -armut der Art>eits-, Wohn- und Sozialsituation). Man ist dann besonders offen für Reizwechsel, die modisch variierte Produkte (u.a. Bekleidung, Schmuck, Brillen), mehr oder weniger neue Produkte (u. a. neue PKW-Modelle, neue Sport- und Freizeitangebote, neue Urlaubsangebote) und/oder geschmacklich variierte Produkte (u.a. neue Geschmacksrichtungen bei Getränken, Yoghurts, Schokolade, Eis) bieten. Können Verkäufer mit Leistungsangeboten Reizwechsel gegenüber vorherigen Angeboten verbinden, so kann sich dies als das Verkaufsargume nt erweisen. Umgekehrt können sich jedenfalls in den vom Abwechslungsbedürfnis besonders betroffenen Leistungskategorien die Verkaufschancen drastisch reduzieren, wenn man keine Reizwechsel zu präsentleren vermag. Als vom Abwechslungsstreben besonders betroffen gelten 'sinnesintensive' Produkte. Dabei handelt es sich um Produkte, die einen oder mehrere menschliche Sinne so bewußt "beschäftigen' können, daß es bei ihnen auch entsprechend schnell zu sinnlichen Abnutzungserscheigungen kommt: Mag man das betroffene Produkt dann nicht mehr sehen (z. B. Bekleidung) oder nicht mehr sehen, riechen und schmecken (z. B. bestimmtes Nahrungsmittel), so kann unmittelbar aktive Suche nach Abwechslung eintreten.67 Mottoattonale Konflikte - das Wirken widersprüchlicher Antriebskräfte also, die zu widerstreitenden Handlungsorientierungen führen - haben in Theorien zum Konsumverhalten bislang nur am Rande Beachtung gefunden. Wenn generell auch festzustellen ist, daß derartige Konflikte bei den meisten Kaufentscheidungen entweder gar nicht oder In nur schwach verhaltenswirksamer Form zu erwarten sind, so schließt dies ihre eventuell erhebliche Relevanz in Einzelfällen nicht aus. 67 Vgl. im weiteren A. Bänsch, Vartety seeldng - Marketingfolgerungen aus Überlegungen und Untersuchungen zum Abwechslungsbedürfnls von Konsumenten, In: JAV, Jg. 41 (1995), S. 342 ff.

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Die am ehesten für Konsumentenverhalten relevanten Konfliktformen seien deshalb kurz vorgestellt. Als Intrapersonen-Konfllkte68 d.h. In einer Person auftretende Konflikte, sind dabei der sog. Appetenz-Appetenz-Konflikt und der Appetenz-Aversions-Konfllkt anzuführen. Die Begriffe Appetenz und Aversion und die Modellanalyse der entsprechenden Konflikttypen gehen auf N. E. MILLER89 zurück. Appetenz bezeichnet das auf Annäherung an ein Ziel (hier konkret: Annahme einer Kaufofferte) gerichtete Verhalten, Aversion dagegen das auf Vermeidung gerichtete Verheilten. Ein Appetenz-Appetenz-Konflikt ergibt sich dementsprechend, wenn ein Konsument zwischen zwei Offerten deshalb schwankt, weil ihm beide in gleicher (Fall A) oder unterschiedlicher (Fall B) Richtung attraktiv erscheinen. Beim PKW-Kauf ist ein Beispiel für den Fall A (in gleicher Richtung attraktive Offerten), daß dem dominant vom Streben nach Sportlichkeit/ Geschwindigkeitsrausch/ Playboy-Eindruck u.ä.m. geprägten Konsumenten zwei Sportwagentypen zur Wahl stehen. Beispiel für den Fall B (in unterschiedlicher Richtung attraktive Offerten) bildet die folg. Situation: Ein Konsument strebt einerseits nach Sportlichkeit u.ä., wofür eine Sportwagenofferte vorliegt. Andererseits wird der Konsument von hinreichendem Raumangebot zum Transport seiner fünfköpfigen Familie bewegt, wozu eine Caravan-Offerte existiert. Dieser Konsument hat sich für eine der beiden Offerten zu entscheiden. Der Fall scheint zunächst gem. der Parabel von Buridans Esel70 auf eine Paralysierung (Lähmung) des Konsumenten hinauszulaufen. Zum Glück für alle Betroffenen, Insbesondere auch die Verkäufer, ist jedoch anzunehmen, daß es in der Kaufsituation im allgemeinen recht schnell zu einer Konfliktlösung kommt. Diese ist dadurch zu erwarten, daß nach dem Registrieren der Konfliktsituation weitere Reize auf den Konsumenten wirken, die den Ausschlag zur einen oder anderen Alternative geben. Im oben verwendeten Beispiel mögen etwa der Rat eines Freundes oder Aktivitäten eines Verkäufers bewirken, daß sich die Appetenz einer Alternative erhöht und/oder die Appetenz einer anderen vermindert. Anknüpfend an das Ökologiemotiv läßt sich als weiteres Beispiel eines Appetenz-Appetenz-Konfliktes der folgende Fall anführen: In der Produktkategorie WC-Reiniger spricht für eine Marke A ihre schnelle und deutliche Reinigungskraft, für eine Öko-Marke N dagegen ihre eindeutig bessere Umweltverträglichkeit.

68 Vgl. dazu auch die an späterer Stelle (Im Abschnitt 'Soziologisch orientierte Ansätze/ Rollentheorie') behandelten Rollen-Konflikte. 69 Vgl. N. E. Miller, Experimental Studies of Conflict, In: Personality and the Behavior Disorders, hrsg. v. J. McVlcker Hunt, Bd. 1, New York 1944, S. 431 ff. 70 Buridans Esel steht gleich welt von zwei Heuhaufen entfernt und verhungert zwischen beiden über dem Entscheidungsproblem, welchen Heuhaufen er zuerst angehen sollte.

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Appetenz-Aversion-Konflikte sind in Kaufsituationen dadurch gekennzeichnet, daß eine bestimmte Kaufofferte sowohl anziehend als auch abstoßend wirkt. BERELSON und STEINER verweisen dazu auf die beim Kauf relativ teurer Güter häufiger zu beobachtende Erscheinung, daß deren Attraktivität wiederholt Annäherungen (Besichtigungen im Schaufenster, Vorlegen-Lassen/ Anprobieren im Geschäft, Erkundigungen zur Lieferfrist, Verhandlungen über den Preis) auslöst, die dann jedoch "oft ganz kurz vor dem eigentlichen Erwerb gestoppt (werden) - vielleicht weil die Unlust und/oder das Schuldgefühl, die sich mit der Ausgabe verbinden, mit der Annäherung an den Punkt der Festlegung steiler anwachsen als die Attraktivität des betreffenden Gegenstandes".71 Die Verkaufsseite könnte gegen diesen Konflikttyp vorbeugend wirken, indem sie einerseits zum Kaufobjekt einen Wertaufbau betreibt, der den Preis relativiert72 (Erhöhung der Appetenz gegenüber der Aversion), und/oder andererseits die Aversion beispielsweise durch günstige Teilzahlungskonditionen mindert. Bei den Anmerkungen zum Ökologiemotiv wurde darauf hingewiesen, daß die Preishöhe für öko-Varianten häufiger deren Kauf verhindere. Unterstellt man entsprechende Kaufkraft bei den potentiellen Käufern, so reicht die von der Öko-Variante ausgehende Appetenz bei ihnen offenbar nicht aus, um die Aversion gegen den höheren Preis überzukompensieren. Interpersonen-Konflikte 73 (als widerstreitende Handlungsorientierungen zwischen den in einem Kaufentscheidungsprozeß mitwirkenden Personen) wurden konsumentenbezogen in der Literatur insbesondere als familiale Konflikte berücksichtigt.74 Unter den grundsätzlich möglich erscheinenden Lösungswegen (1) Extenslvierung des Lösungsraumes (2) Kompromißbildung innerhalb des Lösungsraumes (3) Beeinflussung innerhalb des Lösungsraumes (4) Koalisationsbildung Innerhalb des Lösungsraumes bieten die Wege (1) und (2) der Verkaufsseite am ehesten Ansatzmöglichkeiten zur Einleitung und/oder zur Beschleunigung des Konflikt-Lösungs-Prozesses. Denn da man im Weg (1) eine (neue, bislang nicht erkannte) Alternative zu finden versucht, die alle widerstreitenden Interessen voll erfüllt, und man im Weg (2) eine (bisherige oder neue) Alternative stützt, die den widerstreitenden Interessen möglichst weitgehend gerecht wird, maximiert 71 B. Berelson, G. Steiner, a.a.O.. Bd. 1, S. 171. 72 Ein derartiger Wertaulbau gehört so auch zu den Grundregeln der Preisargumentatlon Im Persönlichen Verkauf. Vgl. A Bänsch, Verkaufspsychologie und Verkaufstechnik, 6. Aufl., München 1996, S. 78ff. 73 Vgl. dazu auch die an späterer Stelle (Im Abschnitt "Sozlologlsch-orlentierte Ansätze/ Rollentheorie") behandelten Rollenkonflikte. 74 Vgl. z. B. E. Kirchler, Kaufentscheidungen Im privaten Haushalt, Göttingen u. a. 1989.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

die Verkaufsseite damit die Summe der Sympathien, die sie von den Familienmitgliedern erreichen kann. Dieser Aspekt erscheint insbesondere bei längerfristiger Sicht/Zielausilchtung wichtig. Aus den weiteren Wegen, in denen die Familienmitglieder nach wechselseitigen Verhandlungen/Überredungen/Beeinflussungen (Weg 3) oder nach direkter Koalitionsbildung durch Ausübung von Macht (im Weg 4 z. B. Eltern gegen Kinder, Vater und Sohn gegen Mutter und Tochter) zur Entscheidung kommen, sollte sich die an langfristig guten Beziehungen zu allen Familienmitgliedern interessierte Verkäuferseite eher heraushalten. Wie eingangs angemerkt, ist für motivationale Konflikte im Konsumentenverhalten prinzipiell eher geringe Relevanz anzunehmen. Bezogen auf die üblicherweise unterschiedenen Typen von Kaufentscheidungsprozessen erscheinen jedoch folgende Differenzierungen einsichtig: Eine im allgemeinen geringe Bedeutung wird motivatlonalen Konflikten in habitualisierten Kaufentscheidnngen zukommen. Ähnliches wird für begrenzte Kaufentscheidungsprozesse gelten; hier ist davon auszugehen, daß entsprechende Konflikte vorab geklärt wurden. Affektgesteuerte Kaufentscheidungen dagegen sind durchaus als Ausfluß motivationaler Konflikte vorstellbar. Man handelt spontan in bestimmter Weise, weil man meint, damit endlich Ruhe zu bekommen. In extensiven Kaufentscheidungsprozessen ist am ehesten zu erwarten, daß es zu einer grundsätzlichen Klärung existenter Konflikte im Rahmen des Kaufentscheidungsprozesses selbst kommt.76 33. Einstellungsforschung Das Einstellungs-Konzept gehört zu den klassischen Konzepten der Sozialpsychologie. In der Kaufverhaltens-Theorie spielt es insofern eine herausragende Rolle, als von Einstellungen angenommen wird, sie würden auf die Black-Box-Prozesse wirken, indem sie etwa die Wahrnehmung des Individuums beeinflussen, oder weitergehend davon ausgegangen wird, sie würden das beobachtbare Kaufverhalten direkt steuern.76 Basiert ist das Einstellungs-Konzept auf die Annahme, der Mensch könne sich in einer ansonsten chaotischen Umwelt nur orientieren "auf Grund der Existenz von Vorstelltingen, die eine selektive und leitende Funktion bei der Wahrnehmung und Bewertung von Objekten und beim Handeln ausüben".77 Insofern läßt sich der in der psychologischen Literatur78 in recht verschiedenen Fassungen präsentierte Begriff 'Einstellung1 definieren als innerer 75 Vgl. auch P. Weinberg, Entscheidungsverhalten, a.a.O., S. 24. 76 Vgl. W. Leven, L. Müller-Hagedorn, Die elnstellungsbezogene Werbebotschaft, In: MARKETING ZFP, Jg. 3 (1981), S. 15. 77 W. Metnefeld, Einstellung, In: Handwörterbuch der Psychologie, hrsg. v. R. Asanger u.a.. 4. Aufl., München u.a. 1988, S. 121. 78 Vgl. komprimiert E. H. Witte, Sozialpsychologie, München 1989. S. 361 ff.

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Bereitschaftszustand/innere Haltung des Individuums, gegenüber bestimmten Reizen relativ fest gefügte/stabile positive oder negative Reaktionen zu zeigen. Die tendenzielle Abgrenzung zwischen den Konstrukten 'Einstellung' und 'Motiv/Motivation' ergibt sich aus der im Elnstellungsbegriff zusätzlich angelegten Individuellen Beurteilung von Objekten hinsichtlich ihrer Eignung zur Erfüllung bestimmter Motive. Dies läßt sich formelhaft in 'Einstellung • Motivation + Objektbeurteilung' fassen.79 Der Einstellungsbegriff repräsentiert damit eine Verbindung aus kognitiver Komponente (kategorisierende Wahrnehmung von Objekten)80, affektiver/emotionaler Komponente (Zu- oder Abneigung gegenüber Objekten) und konativer Komponente (Verhaltensdisposition hinsichtlich der Objekte).81 Entsprechend wird Einstellung auch "als subjektiv wahrgenommene Eignung eines Gegenstandes zur Befriedigung einer Motivation"82 umschrieben. Geht es beispielsweise um die Befriedigung des Sicherhelts-/Gesundheitsmotivs beim Margarinekauf, so läßt sich die bei einem Konsumenten festgestellte positive Einstellung zur Margarinemarke "becel' folgendermaßen interpretieren: Der Konsument ist aufgrund erlittenen oder befürchteten Herzinfarktes motiviert, eine ihn besonders schützende Margarine zu verwenden/zu kaufen. Er identifiziert 'becel' als eine an mehrfach ungesättigten Fettsäuren reiche Margarine, fühlt sich zu dieser Margarinemarke positiv hingestimmt, da er sie für seine Person als besonders geeignet einschätzt, und gelangt damit zur Kaufabsicht oder unmittelbar zum Vollzug der Kaufhandlung. Zu einem anderen häufig verwendeten Konstrukt, dem 'Image', wird Einstellung' zunehmend als so weit funktionsidentlsch angesehen, daß sich eine getrennte Behandlung erübrigt. Demgemäß definiert ANDRITZKY beispielsweise Image als "die Einstellung einer Person zu einem Meinungsgegenstand".83 Als besonders umstritten hat sich in der Einstellungsforschung die Frage erwiesen, ob und inwieweit aus positiven Einstellungen gegenüber einem Objekt auf entsprechendes objektgerichtetes Verhalten des Individuums zu schließen sei. In der Erforschung des Konsumentenverhaltens konkretisiert sich diese Flage zu: Können aus positiven Einstellungen gegenüber einem 79 Vgl. W. Kroeber-Rtel Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 162. 80 Zum Beispiel die Wahrnehmung und Einordnung eines bestimmten Objektes In die Kategorie "Waschmittel'. 81 Vgl. H. C. Triandls, Einstellungen und Einstellungsänderungen, Welnhelm, u.a. 1975, S. U f f . 82 W. Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 162. 83 K. Andritzky, Die OperaüonaUsleibarkeit von Theorien zum Konsumentenverhalten, Berlin 1976, S. 215.

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Kaufobjekt Kaufabsichten oder gar Kaufhandlungen gefolgert/prognostiziert werden? Die Frage wurde unter Hinweis auf empirische Studien, die zum Teil In sehr starkem Maße (90% und mehr) einstellungskonträres Verhalten auswiesen, vielfach verneint. 84 Die Bedeutung des Einstellungskonzeptes erschien damit auch für die Erklärung und Prognose des Kaufverhaltens wesentlich reduziert. Ursachenanalysen zu den ausgewiesenen geringen Zusammenhängen zwischen Einstellung und Verhalten haben dann jedoch gezeigt, daß diese entmutigenden Ergebnisse In wesentlichen Teilen auf methodische Testmängel, insbesondere in Form zu geringer Spezifizierung der gemessenen Einstellung, zurückzuführen sind. 85 Entsprechend hat sich Im folgenden bestätigt, "daß sich die Vorhersagbarkeit des Verhaltens erhöht, wenn man Einstellungen und Verhaltensweisen verwendet, die auf einem äquivalenten Spezifltätsniveau definiert sind".86 Als Illustrationsbeisplel mögen Prognoseversuche im Touristikbereich dienen: Wird allgemein die Einstellung zu Skandinavien gemessen, so läßt sich auch aus einer identifizierten stark positiven Einstellung bei einem bestimmten Prozentsatz der Einwohner der Bundesrepublik zu Skandinavien ja nicht folgern, daß diese (gegenüber Skandinavien generell) positiv eingestellten Personen zum nächstmöglichen Termin ausnahmslos eine Skireise in das Gebiet von Jotunheimen/Norwegen buchen werden. Die Prognosequalität ließe sich im Beispiel aber bereits dadurch steigern, daß man die Einstellung zum Verleben eines Skiurlaubs in Jotunheimen/ Norwegen im kommenden Winter messen würde. Selbst dann jedoch, wenn man die Meßmethodik so zu verfeinem vermag,

daß

- Störfaktoren a u s der Testsituation (der von den Versuchspersonen empfundene Spielcharakter kann diese zum Spielen veranlassen und dadurch starke Abweichungen zwischen spielerisch mitgeteilten Einstellungen und realem Verhalten bewirken, die Testsituation/der Tester können suggestiv wirken u. a.) minimiert erscheinen - die Vielfältigkeit und Mehrschichtigkeit 87 des Objektes durch entspre84 Vgl. dazu die Oberblicke bei H. Berminghmis, Ergebnisse und Perspektiven der Einstellungs- u n d Verhaltens-Forschung. Melsenhelm a m Glan 1976, S. 320ff., u n d w: Meinefeld, Einstellung u n d soziales Handeln a.a.O., S. 67ff. 8 5 Vgl. W. Meinefeld, Einstellung und soziales Handeln, a.a.O., S. 58ff., zusammenfassend S. 173. 86 D. Frey, Einstellungsforschung: Neuere Ergebnisse der Forschung über Einstellungsänderungen, In: MARKETING ZFP, Jg. 1 (1979), S. 42. 8 7 Belm Objekt PKW etwa wird sich die Vielfältigkeit darin ausdrücken, daß Benzinverbrauch, Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit, Bequemlichkeit u . a . m . wesentliche Einstellungskomponenten darstellen; die Mehrschichtigkeit des Objektes wird sich darin spiegeln, d a ß die Einstellungen zu einem bestimmten PKW differieren können Je

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chend mehrdimensionale Messungen eingefangen wird und man darauf achtet, daß - Je nach Zentralität und damit Stabilität der Einstellung nur eine zeitlich begrenzte Wirksamkeit der Einstellung anzunehmen ist, bliebe der Glaube, ein so komplexes Verhaltensmuster, wie die Entscheidung zum Kauf eines bestimmten Objektes, allein aus dem Konstrukt 'Einstellung' erklären zu können, eine naive Vorstellung. Denn Einstellungen sind keine hinreichenden Gründe für das Verhalten, sie lassen sich lediglich als entscheidungskanalisierende Gründe bezeichnen. Ob es zu einer bestimmten Entscheidung kommt, hängt nach TRIANDIS88 im weiteren von - Normen - Gewohnheiten - Verstärkungserwartungen ab. Im Nonnenkomplex können sowohl persönliche Verhaltensnormen (z. B. anonyme Äußerungen einer positiven Einstellung gegenüber nichtmedizinischen Massagesalons, jedoch nie tatsächlicher Besuch derartiger Etablissements) als auch Gruppennormen, die an spätere Stelle89 noch ausführlich behandelt werden, modifizierend oder blockierend wirken. Gewohnheiten können ein Maß an Verhaltensträgheit und Gedankenlosigkeit auslösen, daß man prinzipiell nur in den bestimmten eingefahrenen Bahnen weiteragiert (was ein häufiger Hintergrund von Produkttreueerscheinungen sein dürfte). Wie im Rahmen der lerntheoretischen Betrachtungen90 näher erklärt wird, können Veratärknngseiwartmigen im Sinne erwarteter positiver Konsequenzen aus einem bestimmten Verhalten (konkret z. B. in Form von Belohnungen sozialer oder finanzieller Art) dieses Verhalten initiieren und konditionieren/verfestigen. Im weiteren ist darauf hinzuweisen, daß der Zusammenhang zwischen Einstellung und Kaufhandlung auch durch - die Preishöhe des Produktes (z. B. nur schwach positive Einstellung zum VW-Golf gegenüber stark positiver Einstellungen gegenüber dem Porsche, aber Kauf eines VW-Golf) - die erwartete Preisentwicklung beim Produkt (erwartete Preissenkungen lösen Kaufzurückhaltung aus) - die Verfügbarkeit des Produktes (z.B. lange Lieferfristen oder geringe Distributionsdichte bei einem Produkt halten vom Kauf dieses Produktes

nach dem vorgetragenen/beabsichtigten Verwendungsschwerpunkt (Kurzstrecken/ Stadtverwendung, Langstrecken-/Autobahnverwendung, Campingverwendung). 88 Vgl. H. C. Trkmdis, a.a.O.. S. 22. 89 Vgl. den Abschnitt 'Soziologisch orientierte Ansätze/Gruppenforschung'. 90 Vgl. den Abschnitt 'Lemtheorle'.

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- trotz stark positiv ausgeprägter Einstellung ihm gegenüber - ab) - die Einstellung gegenüber Distributionsorganen (z. B. persönliche Abneigung gegenüber bestimmten Einzelhandelsbetriebstypen oder Einzelhändlern kann positive Einstellung zum Produkt überkompensieren) beeinflußt wird. Die dargelegte Erkenntnisbasis läßt zum Kaufverhalten folgende Feststellungen begründet erscheinen: (1) Die generell größten Chancen für treffende Schlüsse aus identifizierten Einstellungen auf folgendes Verhalten bestehen beim habituellen Kaufverhalten "bzw. bei Kaufverhaltensprozessen, die für das Individuum nur mit geringeren Risiken verbunden sind und bei denen daher kein überlegtes Entscheiden notwendig ist."91 (2) Die prinzipiell geringste Relevanz kommt Einstellungen andererseits für die Prognose von Impulskäufen zu, da die zukünftige Entscheidungssituation hier für die Konsumenten überhaupt nicht vorhersehbar ist.92 (3) Generell darf man keinen mechanistisch wirkenden Zusammenhang annehmen.93 Einstellungen sind - Je nach der erzielten Meßgültigkeit - nur als ein mehr oder weniger treffender Indikator für Kaufabsichten oder Kaufhandlungen zu werten. 'Kaufabsicht' ist bei prozessualer Betrachtung als ein (aus positiver Einstellung folgendes) Konstrukt zu interpretieren, das näher an der Kaufhandlung liegt als die positive Einstellung, aber eben noch nicht Kaufhandlung bedeutet, sondern lediglich mehr oder weniger Kaufwahrscheinlichkeit ausdrückt. Die von einem Konsumenten bezüglich eines bestimmten Produktes geäußerte starke Kaufabsicht (etwa Aussage: Will ich mir auf jeden Fall kaufen!) wäre dementsprechend als Vorhandensein positiver Einschätzung der Kaufsituation durch den Konsumenten (Vereinbarkeit mit Normen, Erwartung positiver Reize, Akzeptanz der Preishöhe, der eventuellen Lieferfrist, der Lieferantensituation usw.) zu deuten. Zur Meßproblematik und zur Fähigkeit der verschiedenen methodischen Ansätze, die Meßproblematik zu bewältigen, kann auf umfangreiche Spezialliteratur verwiesen werden.94 Hier ist zu diesem Fragenkreis nur ein orientierender Überblick möglich. Wie zur Messung der Konstrukte 'Emotion' und 'Motiv/Motivation' werden auch bei der Einstellungsmessung Aufzeichnungen physiologischer Reaktionen, Beobachtungen und Befragungen eingesetzt. Als Grundmuster des Befragungsansatzes läßt sich folgendes Vorgehen skizzieren: 91 F. Böcker, Marketing, 5. Aufl., Stuttgart 1994, S. 48f. 92 Vgl. P. Weinberg, Entscheidungsverhalten, a.a.O., S. 28. 93 Dieser Eindruck kann entstehen, wenn die Einstellung - wie es häufig geschieht - als Schlüssel zur Erklärung des Konsumentenverhaltens bezeichnet wird. 94 Vgl. u.a. H. Benninghaus, a.a.O., S. 42ff. und S. 279ff.; R. M. Dcuves, Grundlagen der Einstellungsmessung, Weinheim u.a. 1977; P. Hammann, B. Erichson, Marktforschung, 3. Aufl., Stuttgart u.a. 1994, S. 273ff.

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Den Testpersonen wird eine Reihe von Aussagen/Behauptungen präsentiert, aus deren Beantwortung man den Ausprägungsgrad einer positiven oder negativen Einstellung zum jeweiligen Objekt berechnet.95 Geht es um die Messung einer Einstellungsdimension, so stehen dafür die klassischen eindimensionalen Skalierungsverfahren zur Verfügung. 96 Zu Ihnen zählen als einfache Variante die (nur ordinal interpretierbare) stufen-bezeichnete Skala und als Beispiel aufwendigerer Verfahrensweise die (IntervallskalaAnspruch erhebende) LIKERT-Skalierung. Zur Messung der Farbdimension im Rahmen der Einstellungsmessung zur Herrenmode kann etwa die Behauptung 'Herrenmode sollte erheblich farbenfreudiger werden!' präsentiert und den Versuchspersonen dann die Möglichkeit geboten werden, sich über folgende Skala zu dieser Behauptung zu äußern: stimme voll und ganz zu 1

stimme bedingt zu 2

weder pro noch contra 3

lehne tendenziell ab 4

lehne völlig ab 5

Soll beispielsweise ganz global die Einstellung zu einem Kreditinstitut gemessen werden, so arbeitet die Methode der summierten Einschätzungen von LIKERT97 - grob skizziert - in folgenden Abiaufschritten:98 (1) Formulierung einer größeren Zahl von extrem positiv oder extrem negativ eingeschätzten Feststellungen (Statements) zum betreffenden Kreditinstitut®9, die man in einer probenden Voruntersuchung einer kleinen, aber repräsentativen Personenstichprobe präsentiert. Die Versuchspersonen' werden zu den einzelnen Statements um Mitteilung des Grades Ihrer Zustimmung oder Ablehnung über einen verbalen und/ oder numerischen Fünf-Punkte-Maßstab ersucht, der von 'stimme ganz entschieden zu' (+2) bis lehne ganz entschieden ab' (-2) geht. (2) Den Zustimmungs-/Ablehnungs-Kategorlen werden dann numerische Werte zwischen 1 und 5 in der Form zugeordnet, daß bei positiven Statements die höchste Zustimmungskategorie den höchsten Zahlenwert erhält usw. (bei negativen Statements erhält entsprechend die höchste Ablehnungskategorie den höchsten Zahlenwert usw.). Daraus ergibt sich bei jedem Probanden für jedes Statement ein Zahlenwert. Die Addition der einzelnen Zahlenwerte führt zum Skalenwert des jeweiligen Probanden. Die 25% der Probanden mit den höchsten Skalenwerten bilden dann die obere, die 25% mit den niedrigsten Skalenwerten die untere Extremgruppe. Darauf wird zu jedem Statement - getrennt für obere und untere Extremgruppe - das arithmetische Mittel der im Probelauf erreichten Werte ermittelt. Die Differenz der Mlt95 Vgl. W. Meinefeld, Einstellung. a.a.O., S. 121. 96 Vgl. V. Trommsdorff, Neuere Anwendungen der Einstellungsforschung, in: Handelsforschung heute, Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Forschungsstelle für den Handel, Berlin 1979, S. 216. 97 Urpubllkation: R Llkert, A Technlque for the Measurement of Attitudes, in: Archives of Psychologe Bd. 140, New York 1932. 98 Vgl. in detaillierter Darstellung G. Wettschureck, Indikatoren und Skalen in der demoskopischen Marktforschung, in: HdMF, hrsg. v. K. C. Behrens, Bd. 1, Wiesbaden 1974, S. 301 ff. 99 Die entsprechenden Statements können beispielsweise lauten: (a) Dieses Institut stellt ein solides Unternehmen dar. (b) Dieses Institut Ist sehr kundenfreundlich. (c) Dieses Institut verfügt über versiertes Personal usw.

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(3)

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten telwerte repräsentiert dann das Maß für die 'Gültigkeit' der einzelnen Statements Im Sinne ihrer Fähigkeit, ein bestimmtes Einstellungsobjekt gegen ein anderes abzugrenzen (Diskrlmlnatlonsvermögen). Die Statements mit dem höchsten Diskriminatlonsvermögen werden Gegenstand der Hauptuntersuchung, die auf dem zuvor gekennzeichneten Weg in die Errechnung der Skalenwerte für die Probanden dieses Durchlaufs mündet. Dadurch liegt im Bndeffekt zu einem Einstellungsobjekt die Zustimmungs- oder Ablehnungsreaktion der Probanden numerisch verdichtet vor.

Für Messungen des gesamten Spektrums einer Einstellung kommt die bereits zur Emotionsmessung angeführte Technik des semantischen Differentials in Betracht: Beziehen sich die verwendeten polaren Begriffspaare alle auf eine Dimension, z. B. die affektiv-wertende Dimension, so wäre der Ansatz als eindimensional zu bezeichnen. Wird zur wertenden Dimension mit Begriffspaaren wie groß-klein, hoch-tief u.a.m. auch die kognitive Dimension aufgenommen, so läge ein mehrdimensionaler Ansatz vor. Ein Beispiel für einen in dieser Form mehrdimensionalen Ansatz zur Messung von Einstellungen für zwei reale PKW-Typen liefert die folgende Darstellung: hoch

tief

verspielt

robust

häßlich

schön

groß

klein

freundlich

unfreundlich statisch

dynamisch usw.

Eine im formalen Ansatz ähnliche, in der Ausgestaltung jedoch anspruchsvollere und damit prinzipiell treffendere Technik hat FISHBEIN100 entwickelt. Die Einstellung zu einem Objekt resultiert nach FISHBEIN einerseits aus dem Urteil, in welchem Maße eine bestimmte Behauptung zu einem Objekt für zutreffend erachtet wird, und andererseits aus der affektiven Bewertung der jeweiligen Behauptung.

Vorhandensein von Bequemlichkeit bei PKW-Marke X

(I) sehr wahrscheinlich

|

|

sehr unwahrscheinlich

100 M. Fishbein, An Investigation of the Relationship between Beliefs about an Object and the Attitude toward that Object, In: HR. Vol. 16 (1963), S. 233ff.

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Bei der Beurteilung von PKW-Marken spielt u. a. Bequemlichkeit/Fahrkomfort eine Rolle. Entsprechend wird der Versuchsperson mit I (S. 44) einerseits eine (mit Punktwerten korrespondierende) Skala dargeboten, auf der sie das Wahrscheinlichkeitsniveau für das Vorhandensein von Bequemlichkeit bei einer bestimmten PKW-Marke ausdrücken kann, ihr andererseits mit Wenn Bequemlichkeit bei PKW-Marke X vorhanden,so halte ich dies für (II) sehr gut

sehr schlecht

eine (ebenfalls mit Punktwerten korrespondierende) Skala geboten, auf der sie den Wert signalisieren kann, den sie dem betreffenden Beurteilungskriterium beimißt. Die Verknüpfung zwischen dem Wahrscheinlichkeitsgrad für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft bei einem Objekt und seiner affektiven Bewertung wird multiplikativ vollzogen. Über die Anzahl der Eigenschaften, die bei einem Objekt eine Rolle spielen, wird addiert. Dementsprechend ergibt sich die Einstellung über folgende Formel: n EIJ = k ?, B lJk

' 3ijk

Dabei bedeuten: Ejj = Einstellung des Individuums i zu Objekt j Bijk = Wahrscheinlichkeit, mit der Individuum i die Eigenschaft k beim Objekt j für gegeben hält aijk = Wertung der Eigenschaft k beim Objekt j durch das Individuum i. Die Gültigkeit des so ermittelten Einstellungsmaßes hängt davon ab, ob und inwieweit die verwendeten Prämissen zutreffen, d. h. ob und inwieweit Erfüllung der (1) Multiplikativitätsprämisse (2) Additivitätsprämisse (3) Linearitätsprämisse (4) Kompensationsprämisse vorliegt.101

101 Vgl. dazu H. Fréter, Interpretation und Aussagewert mehrdimensionaler Einstellungsmodelle im Marketing, in: H. Mejfertu.a. (Hrsg.), Konsumentenverhalten und Information. Wiesbaden 1979. S. 166ff.

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Zu (1): Erfüllung der Mulüplikativitätsprämisse setzt Unabhängigkeit zwischen der Eigenschaftsausprägung (B) und der Eigenschaftsbewertung (a) voraus. Ist die Unabhängigkeit nicht gegeben, kann es bei multiplikativer Verknüpfung zu starken Verzerrungen kommen. Tatsächlich ist nicht selten davon auszugehen, daß sich die Wertkomponente durchaus mit der Eigenschaftsausprägung verknüpft. Beispielsweise kann das Gernemögen von Wein mit dessen Lieblichkeits- bzw. Trockenheitsgrad zusammenhängen, so daß bestimmte Konsumentengruppen sowohl sehr liebliche als auch volltrockene Weine gleichermaßen ablehnen mögen, halbtrockene Weine aber sehr positiv bewerten. Für einen derartigen Liebhaber halbtrockener Weine würden sich aus multiplikativer Verknüpfung dann bei den von ihm gleichermaßen abgelehnten sehr lieblichen und den sehr trockenen Weinen nämlich in dieser Komponente unterschiedlich hohe Einstellungsmaße ergeben, obwohl gleich hohe Ablehnungen als Einstellungen bestehen. Es korrespondieren hier verschiedene Eigenschaftsausprägungen mit verschiedenen Eigenschaftswertungen. Die Eigenschaftswertung hängt von der wahrgenommenen/vermuteten Eigenschaftsbedeutung ab: Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Wein sehr trocken oder sehr lieblich ist, würde im Beispiel mit 'sehr schlecht' bewertet; die Wahrscheinlichkeit dagegen, daß ein Wein 'halbtrocken' Ist, würde die Bewertung 'sehr gut' erhalten. Zu (2): Die einfache Addition der einzelnen Einstellungswerte unterstellt isolierte Wirksamkeit der einzelnen Komponenten. Dieser Prämisse widerspricht die Erkenntnis der Ganzheitspsychologie, das Ganze sei mehr als die Summe seiner Einzelelemente. zu (3): Die Linearitätsprämisse unterstellt eine rein proportionale Veränderung des einzelnen Einstellungswertes zur Änderung einer Eigenschaftsausprägung. Am zuvor verwendeten Beispiel Wein' wird jedoch auch unmittelbar deuülch, daß sich die Zusammenhänge beim einzelnen Individuum sehr wohl nichtlinear darstellen können. Zu (4): Kompensatorlk wirkt im Modellansatz in dem Sinne, daß eine niedrige Eigenschaftsausprägung durch eine andere hohe ausgeglichen werden kann. Auch hierbei handelt es sich um eine stark vereinfachende Annahme: Der sehr geringe Trockenheitsgrad eines bestimmten Weines (= sehr lieblicher Wein) wird für den Liebhaber halbtrockener Rotweine kaum durch noch so glutvolles Farbfeuer des betreffenden Weines kompensiert erscheinen.

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Die Vielfältigkeit der praktisch möglichen Zusammenhänge erklärt, daß entsprechend auch eine Vielfalt von Varianten in der Modellalgebra entwikkelt wurde, da es die richtige Modellalgebra offensichtlich nicht gibt.102 Ein Ansatz, der das Problem der gleich negativen Bewertung geringer oder starker Ausprägungen einer Eigenschaft durch die Einfuhrung eines festen Bezugspunktes in Form der Idealausprägung meidet, wurde aus dem FISHBEIN-Ansatz von TROMMSDORFF103 entwickelt. Bei TROMMSDORFF entfällt entsprechend auch das direkte (die Testpersonen leicht überfordernde) Abfragen von Bewertungen. Die Bewertung ist indirekt ausgestaltet, indem die für ideal erachtete Eigenschaftsausprägung erfragt und (als Soll-Ist-Differenz) in ihrer Distanz zur wahrgenommenen104 Ausprägung registriert wird. Formal ergibt sich folgender Ansatz: E

»=i, i « v - v i

Dabei symbolisieren: E(J = Einstellung des Individuums 1 zu Objekt J B,jk =Vom Individuum 1 wahrgenommene Ausprägung der Eigenschaft k beim Objekt j I1Jk = Vom Individuum 1 für Ideal erachtete Ausprägung der Eigenschaft k bei der Produktkategorie, zu der Objekt j gehört. Als besonderer Fortschritt wird die Identifikation des 'Idealproduktes' auch deshalb eingestuft, well daraus vor allem für die weitere Produktgestaltungs- und/oder Kommunikationspolitik des anbietenden Unternehmens wertvolle Hinweise resultieren: Man kann entweder versuchen, das reale Vorstellungsbild von einem Produkt auf das Idealbild (insbesondere über Produkt- und Kommunikationspolitik) zu verlagern, oder sich umgekehrt bemühen, das Idealbild (insbesondere über Kommunikationspolitik) zum Realbild zu bewegen.105

102 Vgl. H. Freier, a.a.O., S. 169ff. 103 Vgl. V. Trommsdorff, Die Messung von Produktimages für das Marketing, Köln u. a. 1975, S. 67 ff. 104 An die Stelle des Wahrscheinlichkeitsgrades für das Vorhandensein von Eigenschaften (FISHBEIN) tritt bei TROMMSDORFF also unmittelbar die Ausprägung wahrgenommener Eigenschaften. 105 Vgl. dazu A. Bänsch, Marketing-Lehre, a.a.O. S. 224.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

Zu den (Produkt-)Eigenschaften, die In den jeweiligen Ansatz einbezogen werden, Ist darauf zu achten, daß sie - die für die (subjektive) Einstellung der Konsumenten relevanten Aspekte spiegeln; diese sind durch vorgeschaltete Untersuchungen (eventuell Tiefeninterviews) zu erheben; - voneinander unabhängig sind, um Verzerrung aus Mehrfachberücksichtigungen bei der Addition zu vermelden; dazu wird sich die Vorschaltung von Faktorenanalysen106 empfehlen107. Zur Abrundung des orientierenden Überblicks über Einstellungsmessungen sei in knapper Darstellung noch ein Ansatz zur mulüdimenslonalen Skalierung auf Basis von Paarvergleichen skizziert. Dieser Ansatz geht nicht von bestimmten Beurteilungsdimensionen aus und vermeidet damit die sonst nicht zu unterschätzende Gefahr, daß es durch unzutreffende Vorgabe von Beurteilungsdimensionen zu Verzerrungseffekten kommt. Will man beispielsweise die Einstellung zu einer bestimmten Biermarke in Relation zu vier Konkurrenzmarken erheben, so entspricht es typischem Vorgehen, den Probanden eine Liste sämtlicher Paare von Marken - Im Beispiel "=10" - zu geben und sie für Jedes Paar markleren zu lassen, wie ähnlich sie die jeweils zwei Marken zueinander sehen. Für die Markierungen werden dabei Skalen etwa folgender Art vorgelegt:

Marke a Ist Marke b

vollkommen unähnlich l—i—

vollkommen ähnlich

Räumlich darstellen lassen sich die Ähnlichkeiten dann auf Basis verschiedener Axiome und Raummodelle.108 Den (aus der Nichtvorgabe von Beurteilungsvariablen resultierenden) Schwierigkeiten der Interpretation des entstehenden Raumbildes wird u.a. dadurch zu begegnen versucht, daß die Probanden bei der Erhebung nach der Begründung für ihr Jeweiliges Ähnlichkeitsurteil gefragt werden.

106 Die Faktorenanalyse dient dazu, umfängliche Variablensätze (hier: erhobene Produkteigenschaften wie zuverlässig, sicher, vertrauenswürdig, komfortabel, modern, ruhig) auf wenige Grunddimensionen zu reduzieren und damit letztlich überschneidungsfreie Kompaktgrößen (= Faktoren) herauszukristallisieren (im Beispiel etwa die Faktoren 'Zuverlässigkeit' und 'Fahrkomfort'). Vgl. In konzentrierter Darstellung A. Bänsch, Marketing-Lehre, a.a.O.. S. 31f. 107 Vgl. auch H.Freter, a.a.O., S. 172. 108 Siehe dazu W. Kühn, Einführung in die mulüdlmenslonale Skalierung. München u.a. 1976, lnsbes. S. 56 ff.

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Ergebnis könnte dann beispielsweise ein zweidimensionales Bild mit Interpretation der Achse I als 'Exklusivität' und Achse II als 'Stärke' sein.

•c • i

• b •a

1 1

i 1 •e •d

n

Zur Erhöhung des Informationsgehaltes ist dabei die Ermittlung/Darstellung der (fiktiven) Idealmarke der Probanden empfehlenswert; sie wäre im angedeuteten Beispiel als sechste Marke In die .Ähnlichkeitsbeurteilungen einzubeziehen und mag dann in der Grafik beispielsweise in der Position i erscheinen. Die aus den aufscheinenden Distanzen zu ziehenden Schlüsse hinsichtlich der weiteren Marketingpolitik, um effektives Kaufverhalten auf bestimmte Marken zu lenken, entsprechen den zum TROMMSDORFF-Ansatz gezogenen. Wenn eingangs bei der Definition des Konstruktes 'Einstellung' als Begriffsbestandteile 'relativ fest gefügt/stabil' erschienen, so signalisiert dies zwar die relative zeitliche Konstanz von Einstellungen, nicht jedoch deren Unveränderbarkeit. Geht man davon aus, daß Einstellungen das Kaufverhalten wesentlich prägen, dann wird Marketingpolitik bei nicht willkommenen Einstellungen der Konsumenten stark an der Frage Interessiert sein, wie sich Einstellungsänderungen erreichen lassen.

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Es kann davon ausgegangen werden, daß Informationen Einstellungen formen und verändern können.109 Dies verweist für die Erklärung der Entstehung und des Wandels von Einstellungen insbesondere auf (1) Kommunikationstheorien und (2) Gleichgewichtstheorien, unter denen die Dissonanztheorie besondere Beachtung gefunden hat. Z u (1): K o m m u n i k a t i o n s f o r s c h u n g

Im hier interessierenden Bereich der Kommunikationsforschung geht es insbesondere um die Frage, ob (a) Persönlichkeitsmerkmale des Kommunikanten (= Adressaten/Rezipienten der Kommunikation) (b) Merkmale des Kommunikators (= Senders der Kommunikation) (c) Merkmale des Kommuniques die erzielbare einstellungs-verändemde Wirkung beeinflussen. Zu (a): Merkmale des Kommunikanten Bezüglich der Perattnlichkeitsmerkmale hat sich die Forschung vornehmlich auf - Geschlecht - Alter - Selbsteinschätzung, Selbstvertrauen und Intelligenz konzentriert. Während zum Merkmal 'Geschlecht' die Untersuchungen110 zunächst überwiegend auf eine grundsätzliche leichtere Beeinflußbarkeit des weiblichen Geschlechts verwiesen, widersprechen neuere Untersuchungen111 dieser Einschätzung in wachsendem Maße.112 Entsprechend erscheint als werbepraktische Folgerung zunehmend fraglich, weibliche Personen stellten dadurch geeignete Kommunikationsagenten dar, daß sie relativ leicht für bestimmte Produkte zu gewinnen seien, um anschließend In ihrer persönlichen Kommunikation entsprechend auf Männer einzuwirken.

109 Die Wirksamkeit von Reizkonstellationen 1st also nicht einseitig von den Einstellungen gegenüber den Reizen abhängig, die Reize vermögen vielmehr auch die Einstellungen zu beeinflussen. 110 Vgl. z.B. W. J. McGutre, The nature of attitudes and attitude change, in: Handbook of social psychology, hrsg. v. G.Ltndzey u.a., Bd. 3: The individual in a social context, 2. Aufl., Reading (Mass.) u.a. 1969, S. 251. 111 Vgl. u.a. R.Peukert, Über geschlechtsspeziflsche Unterschiede im konformen Verhalten, in: ZfS. Jg. 6 (1975) S. 112ff. und A. H. Eagly, Sex differences in influenceabilitiy, in: Psychological Bulletin. Jg. 1978, H. 1, S. 86ff. 112 Das Umschwingen in der Ergebnistendenz wird sich durch die veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft (zunehmende Emanzipation) erklären lassen.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Zum Alter tendieren die Untersuchungsergebnisse zu der (auch unmittelbar plausiblen) Feststellung, daß sich mit zunehmendem Alter (auf Grund der angesammelten Erfahrungen) Einstellungen verfestigen und damit prinzipiell weniger beeinflußbar werden. Die stärkste Beeinflußbarkeit soll bei Kindern von acht bis neun Jahren liegen;113 entsprechend erklären sich die Hoffnungen der Werbepraxis, Kinder insbesondere über das Medium Femsehen als Kommunikationsagenten gewinnen zu können, die Botschaften besonders unkritisch und widerstandslos akzeptieren und dann in ihr älteres Umfeld (Eltern, Großeltern, Onkel, Tanten usw.) weitertragen.114 Dieses ältere Umfeld lasse sich - so die Hoffnung im weiteren- von seinen Kindern auf Grund der zu ihnen empfundenen sozialen/emotionalen Verbundenheit eher beeinflussen als von anderen Kommunikationsmittlern. Obwohl Selbsteinschtttzung/Selbstwertgefiihl, Selbstvertrauen und Intelligenz grundsätzlich voneinander abhebbare Merkmale eines Individuums spiegeln, erscheinen sie hinsichtlich der wahrscheinlichen Erreichbarkeit von Einstellungsänderungen im besonderen Maße miteinander verknüpft. Wird trotzdem zunächst isolierend für die einzelnen Merkmale zu referieren versucht, so gilt für den Aspekt 'Selbsteinschätzung/Selbstvertrauen' (= von einem Individuum selbst empfundene Fähigkeiten, mit Problemen im allgemeinen umgehen zu können), daß die Beeinflußbarkeit mit zunehmender Selbsteinschätzung abnimmt. Erklärt wird dieser Zusammenhang insbesondere durch die Häufigkeit der Selbstbestätigung aus Insgesamt richtig getroffenen Entscheidungen. Die Erfahrung häufiger Richtigkeit von getroffenen Entscheidungen läßt Personen hoher Selbsteinschätzung stärker in sich ruhen und macht sie damit generell widerstandsfähiger gegen Außeneinflüsse.115 Zur Differenzierung dieser Globalthese wurde jedoch - unter Hinweis auf die grundsätzliche Verbundenheit von Selbstwertgefühl und Intelligenz auch festgestellt, daß der Grad des zu erwartenden Einstellungswandels im weiteren vom Plausibilitäts- und Komplexitätsgrad der verwendeten Argumente abhängt. Der zuvor referierte negative Zusammenhang zwischen steigendem Selbstwertgefühl und Einstellungswandel gelte nur im Falle der Verwendimg einfacher, unbegründeter Empfehlungen. Der Einsatz logisch überzeugender Argumente hoher Komplexität kehre die Zusammenhänge dagegen um, und plausible Argumente mittlerer Komplexität führten zu umgekehrt u-förmigen Beziehungen.116

113 Vgl. W. J. McGuíre, a. a. O., S. 248. 114 Vgl. P.L.Burr. R. M. Burr. Parental Responses to Child Marketing, In: JoAR, Vol. 17 (Dec. 1977), S. 17ff. 115 Vgl. H. Mayer, Werbepsychologie. 2. Aufl., Stuttgart 1993. S. 228 sowie die dort angegebene Literatur. 116 Vgl. W. Stroebe, Grundlagen der Sozialpsychologie I, Stuttgart 1980, S. 344.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

Es ergibt sich In der Tendenz also folgendes Bild der Zusammenhänge:

Einstellungswandel

niedrig

mittel

hoch

Sebstwertgefühl/ IntelligenzNiveau

Die zunächst wohl größte Verständnisschwierigkelten aufwertende umgekehrt u-förmige Funktion erklärt sich folgendermaßen: Das Akzeptieren und das daraus folgende positive Reagieren auf eine argumentative Botschaft (d. h. Wandlung der Einstellung gemäß der Botschaftsabsicht) setzt prinzipiell das Verstehen der Botschaftsargumentation voraus. Eine Botschaft in Form plausibler Argumentation mittlerer Komplexität (Typ II) setzt weniger Verständnisfähigkeit voraus als Typ III. Folglich ist zunächst ein Verlauf des Typs II über Typ III plausibel. J e stärker der Botschaftstyp II auf Intelligenz beim Empfänger trifft, in desto stärkerem Maße stößt die Botschaft dann (auf Grund Ihrer logisch nicht vollen Oberzeugungskraft/ihrer Unvollständigkeit/ teilweisen Lückenhaftigkeit und Einseitigkeit) auf Skepsis, die Ihre Akzeptanz blockiert. Im Typ II wirken also Verständnisfähigkeit und Akzeptanz, Im Typ III dagegen wird die zu erzielende Beeinflussung zunehmend von der Verständnisfähigkeit dominiert. Denn bei extrem hohen Anforderungen a n das logische Denk- und Verständnisvermögen wird die Argumentation nur noch von entsprechend hochintelligenten Personen verstanden. Wurde eine Argumentation von diesen Personen als vollständig und als logisch schlüssig erkannt, so stellt sich für diese Personen die Akzeptanzfrage prinzipiell gar nicht mehr. Die Akzeptanz folgt a u s der Identifikation der Botschaft als In jeder Hinsicht vollständig und in jeder Hinsicht logisch schlüssig.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Selbstvertrauen als sltuaüonsgebundenes, auf die Bewältigung ganz bestimmter Aufgaben bezogenes Persönlichkeitsmerkmal (z. B. speziell beim Kauf von Wein der Meinung sein, über sichere Beurteilungskriterien zu verfügen) relativiert die (allgemeine) Selbsteinschätzung.117 Das heißt, bei hohem Selbstvertrauen in bestimmter Hinsicht verliert die allgemeine Selbsteinschätzung in dieser Beziehung an Gewicht. Zur Intelligenz wurde vorstehend bereits darauf hingewiesen, daß der zu erwartende Beeinflussungsgrad (Einstellungwandel) von der Art (Logik und Verständlichkeit) der Argumentation abhängt. Die früher häufig herausgestellte griffige Formel 'je intelligenter, desto weniger beeinflußbar' trifft also nicht zu, da sie die Abhängigkeit des eintretenden Einstellungswandels vom Verständnis (der Fähigkeit, die zur Erreichung des Einstellungswandels vorgetragenen Argumente verstehen zu können) übersieht.118 Zu (b): Merkmale des Kommunikators Unter den Merkmalen des Senders der Kommunikation erscheinen für die Kaufverhaltensforschung die Aspekte - Glaubwürdigkeit und - Attraktivität relevant. Die sonst als dritte Hauptkomponente zu berücksichtigende 'Macht' des Kommunikators kann hier zumindest in der Form übergangen werden, daJ3 der Kommunikator über Möglichkeiten zur Ausübung physischen Zwanges verfugt.119 Die Grundhypothese zur Glaubwürdigkeit erscheint mit 'je glaubwürdiger der Kommunikator, desto erfolgreicher die Beeinflussung' fast selbstverständlich und die dafür gegebene Erklärung, daß "große Glaubwürdigkeit positive Verstärkungen hervorruft, die die affektive Einstellungskomponente konditionieren"120, dementsprechend unmittelbar einsichtig. Eine nach dem Grade des Engagements auf selten des Empfängers differenzierende Analyse zeigt jedoch, daß auch diese Hypothese keine absolute Gültigkeit beanspruchen kann.121

117 Vgl. H. Meyer. Werbepsychologie, a.a.O., S. 228. 118 Entsprechend erscheint einsichtig, daß von zwei gegen die friedliche Nutzung der Atomenergie negativ eingestellten Personen A (niedriges Intelligenzniveau) und B (hohes Intelligenzniveau) durch eine wahrschelnllchkeltstheoretlsche Argumentation zu Risiken aus der Nutzung der Kernenergie eher die Person B zu einer Einstellungsänderung veranlaßt werden kann als die Person A, wenn dieser Jegliche Voraussetzungen zum Verstehen der Argumentation fehlen. 119 Auf Aspekte sozialen 'Quasi'-Zwangea wird im Abschnitt 'Soziologisch orientierte Ansätze' einzugehen sein.

120 H. C. Trlandls, a. a. O., S. 259. 121 Vgl. D. Frey, Einstellungsforschung, a.a.O., S. 32 sowie die dort angegebene Literatur.

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Zum Engagement auf selten des Empfängers/zum Grad der Ich-Beteiligung des Empfangers ist nämlich belegt, daß der Grad der Glaubwürdigkeit des Kommunikators lediglich im Falle niedriger Ich-Beteiligung eine besondere Rolle spielt, "also in Situationen, die für den Empfänger persönlich nicht sehr bedeutsam sind122 (d. h. etwa beim Kauf von in jeder Beziehung risikoarmen Gütern wie beispielsweise Kurzwaren, Streichhölzern, Kugelschreibern, Glühbirnen). Daraus folgt für die Kaufverhaltensbeurteilung: In einer Vielzahl von Fällen ist die Glaubwürdigkeit des Kommunikators ohne dominante Bedeutung. Es kommt vielmehr vorrangig auf den Inhalt der Kommunikation an. Denn mit steigendem Involvement (besonders ausgeprägt in extensiven Kaufentscheidungsprozessen anzunehmen) konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Kommunikation, und die Unterschiede zwischen sehr glaubwürdigen Kommunikatoren und den weniger glaubwürdig erscheinenden treten in den Hintergrund. Unter den die Glaubwürdigkeit des Kommunikators bestimmenden Faktoren zeigen sich für das Marketing und die hier speziell interessierende Kaufverhaltensforschung vor allem die Sachkenntnis, der Status und die Vertrauenswürdigkeit des Kommunikators als wesentlich, wobei die Vertrauenswürdigkeit insbesondere auch von den wahrnehmbaren/vermuteten Kommunikationsabsichten abhängt. Glaubwürdigkeit auf Grund des Faktors 'Sachkenntnis' wird beispielsweise erhofft, wenn man in Werbespots weiß bekittelte Herren vor Laborhintergrund über die Vorzüge einer bestimmten Zahnpasta- oder Waschmittelmarke dozieren oder bekannte Fußball-Stars zu Lobpreisungen über bestimmte Fußballstiefel anheben läßt. Zum Statusaspekt liegen insofern unterschiedliche Untersuchungsergebnisse vor, als besondere Wirkungen teils durch höheren Status, teils durch gleichen Status belegt wurden. Diese Widersprüchlichkeit läßt sich dadurch auflösen, daß man als weiteren wesentlichen Einflußfaktor den Grad der Wertsystem-Identität erkennt, den der Empfänger gegenüber dem Sender empfindet. Da bei Gleichgestellten die Wertidentität prinzipiell eher angenommen wird, erweisen sich diese dann als effektiver, wenn es um die Veränderung von Werthaltungen geht. Sind dagegen vorwiegend Wissensund Glaubensaspekte Gegenstand der Kommunikation, so versprechen statushöhere Personen größeren Erfolg.123 Bezüglich der Kommunikationsabsicht gilt der Zusammenhang 'je stärker der Kommunikationsempfänger als Hintergrund die an dessen Eigeninteressen gebundene Kommunikationsabsicht vermutet, in desto geringerem Maße wird die vom Kommunikator gewollte Einstellungsänderung eintreten'.

122

D. Frey,

123 Vgl.

Einstellungsforschuiig. a.a.O.. S. 32.

D. Frey,

Elnstellungsforschung, a.a.O.. S. 32.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Das heißt, als partelisch eingestufte Kommunikatoren erreichen gegenüber 'objektiv/neutral' eingestuften weniger Glaubwürdigkeit und Beeinflussung. Dies erklärt für die Beeinflussung des Käuferverhaltens über Werbung und/oder Persönlichen Verkauf den Einsatz objektiv/neutral erscheinender Kommunikatoren (z. B. des Zahnarztes in der Zahncreme-Werbung) sowie speziell in der Werbung die Verwendung der Techniken des 'overhearing' und der Ablenkung sowie anderer Kategorien der Schleichwerbung. 'Overhearing* sucht der Zielgruppe den Eindruck zu vermitteln, die Kommunikation sei gar nicht an sie gerichtet. Konkrete Beispiele bilden Werbespots, in denen etwa die Mutterflgur der Tochterfigur von den unvergleichlichen Vorzügen einer bestimmten Kaffeemarke oder eines bestimmten Gardinen-Weißmachers' berichtet. Bei der auf den Kommunikator bezogenen Ablenkungstechnik wird der Werbezweck dadurch verschleiert, daß der Kommunikator (beispielsweise eine prominente Person) allgemein oder zielgruppenbezogen interessante akustische und/oder optische Reize bietet und damit den eigentlichen Werbezweck tarnt. Konkret kann dies etwa im folgenden Arrangement ablaufen: Ein Popstar (oder je nach Zielgruppe auch ein Opernstar) präsentiert Proben seines gesanglichen Könnens, während er an einem bestimmten PKW-Modell lehnt, oder ein männlicher/weiblicher Filmstar bietet sich optisch in seiner mehr oder weniger markanten/sinnlichen Schönheit dar, während im Hintergrund unaufdringlich (tonlos oder nur mit Musikuntermalung) bestimmte Marken von Rasierutensllien/Kosmetika erscheinen. Andere hier einzuordnende Kategorien der Schleichwerbung, die eine grundsätzliche Abwehrbereitschaft der Umworbenen gegenüber Werbung durch Verbergen der Werbeabsicht zu unterlaufen trachten, indem sie die von dem Umworbenen beim Kommunikator angenommene Objektivität/ Neutralität nutzen: Die Vermischung von redaktionellen Teilen und Werbung in Zeitungen und Zeitschriften, die im Kriminalfilm vom Kommissar gefahrene Automarke oder der vom Western-Star deutlich sichtbar präsentierte Schriftzug der Whiskyflasche und/oder Zigarettenpackung.124 Die Existenz des im Zusammenhang mit dem Glaubwürdigkeitsaspekt viel zitierten und diskutierten Sleeper-Effektes wird zunehmend bezweifelt125, zumindest wird er für den Marketing-Bereich und hier speziell für die werbliche Kommunikation häufig als irrelevant eingestuft.128

124 Die gezielte Plazierung von Produkten/Marken In den Handlungsablauf von Spielfilmen/Serlen (das sog. Product Placement) verbreitet sich allerdings In einem Maße, daß zunehmend auch die Wahrscheinlichkeit davon ausgehender Irritationen steigt. 125 Vgl. P. U. Gütig, A. E. Greenwald, Is It time to lay the sleeper effect to rest? In: JoPSPsych., Jg. 29 (1974), S. 132ff. 126 Vgl. Vgl. V. Weinberger. Does the Sleeper Effect' apply to advertising. In: JoM, Jg. 25 (Oct. 1961), S. 65ff.

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Zweites Kapitel: Konsumentenveiiialten

Da von anderer Seite jedoch auch darauf verwiesen wird, "daß s/eine Beerdigung zum gegenwärtigen Zeitpunkt etwas voreilig wäre"127, sei er komprimiert präsentiert. Die Urheber dieses Effektes, HOWLAND und WEISS128, stellten heraus, daß die Wirkung der Glaubwürdigkeit des Kommunikators auf den Grad der Einstellungsänderung im Zeitablauf zunehmend 'einschlafe', da die Quelle mehr und mehr in Vergessenheit gerate. Dies führe zu der in der folgenden Grafik präsentierten Erscheinung, daß sich die geringe Einstellungsänderung, die ihre Ursache in einem Kommunikator geringer Glaubwürdigkeit gehabt habe, im Zeitablauf erhöhe, während sich die stark durch einen Kommunikator hoher Glaubwürdigkeit verursachte Einstellungsänderung im Zeitablauf vermindere. Es komme also zu einer Entflechtung von Informationsinhalt und Informationsquelle in der Form, daß der Informationsinhalt (zumindest teilweise) in Erinnerung bleibe, die Informationsquelle aber in Vergessenheit gerate.

Einstellungsänderung

Zeit

Die grundsätzliche Irrelevanz dieses Effektes zumindest für die Werbepraxis erscheint dadurch begründet, daß hier wiederholte Ausstrahlungen der Werbeinhalte durch einen bestimmten Kommunikator/Sender typisch sind, die assoziative Verknüpfung von Kommunikationsinhalt und Kommunikationsquelle also nicht abnimmt, sondern sich im Gegenteil im Zeitablauf verstärkt.

127 W. Stroebe, a. a. O., S. 294 unter Berufung auf C. L Gruder u. a.. Empirical tests of the absolute Sleeper effect predicated from discounting cue hypothesis, In: JoPSPsych. Jg. 1968, S. 1061 ff. 128 J. Howland, W. Weiss, The Influence of source credibility on communication alTectiveness. In: POQ, Jg. 15 (1951). S. 646.

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Neben der 'Glaubwürdigkeit' wurde als zweites für die Kaufverhaltensforschung relevantes Merkmal die 'Attraktivität' des Kommunikators herausgestellt. Da sich der Attraktivitätsaspekt aus den sozialen Bezügen des Käufers erklärt und die an späterer Stelle ausführlich zu behandelnden soziologisch orientierten Modellansätze zum Konsumentenverhalten dazu die näheren Erklärungen liefern, sei hier nur vorab folgendes registriert: Es liegen zahlreiche Belege dafür vor, daß die Wirksamkeit einer Informationsquelle hinsichtlich Einstellungsänderungen um so größer ist, je stärker sich die wahrgenommene/erwünschte Ähnlichkeit zwischen der Quelle und dem Empfänger darstellt. Der Empfänger ändert seine Einstellung, um dem attraktiven Kommunikator ähnlich zu sein.129 In diesem Zusammenhang ist ebenfalls belegt, "daß Personen, die beliebt sind, als ähnlicher wahrgenommen werden, als sie es tatsächlich sind, und daß solche Personen, die unbeliebt sind, als unähnlicher wahrgenommen werden, als sie tatsächlich sind."130 Kommunikatoren, die unattraktiv i.S.v. unsympathisch sind, können sogar Bumerangeffekte in der Form auslösen, daß die Empfänger sich zur Distanzierimg genau entgegengesetzt zur Botschaft verhalten.131 Zum bereits angesprochenen Statusaspekt zeigt der Attraktivitätsaspekt insofern Verbundenheit, als - unter sonst gleichen Umständen - der statusgleiche oder statushöhere Kommunikator der generell als attraktiv empfundene Kommunikator sein wird.132 Zu (c): Merkmale des Kommuniques Unter den Analysen zum Kommunique erscheinen für die Kaufverhaltensforschung vor allem diejenigen beachtenswert, die sich mit der Form und Gliederung der Kommunikation sowie dem Inhalt und Stil der Botschaft befassen. Entsprechend seien in hier gebotener konzentrierter Form Zusammenhänge zwischen Kommunikationseffizienz hinsichtlich Einstellungsänderungen und - Verständlichkeit - Durchsichtigkeit hinsichtlich der verfolgten Absicht - Ein-/Zweiseitigkeit - Reihenfolge

129 Vgl. H. C. Triandis, a.a.O., S. 263; E. Witte, Einstellung, In: Handbuch psychologischer Grundbegriffe, hrsg. v. T. Herrmann u. a., München 1977, S. 112. 130 H. C. Triandis, a.a.O., S. 263. 131 Dies ließe dann den Gedanken aufkommen, unsympathische Kommunikatoren genau das Gegenteil von dem ausführen zu lassen, was man erreichen möchte. 132 Da Statusgleichheit oder Statusüberiegenhelt jedoch nicht allein attraktivitätsbegründend sind, kann der statusgleiche Kommunikator selbstverständlich (z.B. ob seiner Unfreundlichkeit, seiner unsympathischen Erscheinung, seiner Gefühlskälte u. a. m.) als hochgradig unattrakttv empfunden werden.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

- Härte/Aggressivität - Intensität der Furchtauslösung - Schlußfolgerungsgrad der Kommunikation(s-Elemente) angeführt. Die Verständlichkeit von Reizen für die Empfänger wird naturgemäß von der Verständnisfähigkeit der Empfänger bestimmt. Damit man also nicht über 'die Köpfe der Zielpersonen hlnwegkommuniziert', sind im konkreten Fall empirische Untersuchungen angezeigt, die Aufschluß geben über die soziokulturellen Eigenhelten bestimmter Gruppen im Dekodierungsvermögen und in der Dekodierungsform von Bildzeichen. Worten und Texten. Am Intensivsten untersucht wurde bislang die Verständlichkeit von Texten. Die weiteren Ausführungen beziehen sich deshalb insbesondere auf diese Kommunikationsform und die dazu als allgemeingültig eingestuften Erkenntnisse. Belegt erscheint, daß sich innerhalb eines bestimmten Zeitraumes dann mehr Informationen übermitteln lassen, wenn man relativ viele Substantive und Adjektive verwendet133, und daß bei Wörtern die Verständlichkeit mit zunehmender Silbenzahl abnimmt.134 Im weiteren ist davon auszugehen, daß negative Sätze schwerer verstanden werden als zustimmende und daß passive Satzkonstruktionen mehr Zelt zum Verständnis erfordern als aktive.135 Am schwierigsten aufzunehmen sind demgemäß negative Passivkonstruktionen mit hohen Silbenzahlen pro Wort. Nach den Untersuchungen von LANGER u.a.136 wird die Verständlichkeit von Texten durch die vier Dimensionen - Einfachheit - Gliederung - Ordnung - Kürze - Prägnanz - zusätzliche Stimulanz bestimmt. Einfachheit bezieht sich auf die sprachliche Formulierung, d. h. auf den Satzbau und die Wortwahl. Sie läßt sich unabhängig von der Schwierigkeit des darzustellenden Sachveiiialtes erreichen. Kennzeichnend sind folgende Einzelaspekte, die zur Verdeutlichung gegen die entsprechenden Aspekte der Kompliziertheit gestellt sind:

133 Vgl. S. Moscovid, Communication process and the properties of language, in: Advances in experimental social psychology, Bd. 3, New York 1967, S. 231. 134 Vgl. T. Herrmann, K-H. Stäcker, Sprachpsychologische Beiträge zur Sozialpsychologie, in: HdPsych, Bd. 7 (1), Göttingen 1969, S. 432. 135 Vgl. T. Herrmann. K.-H. Stäcker. a.a.O., S. 432f. 136 Vgl. ¡.Langer, F.Schulz v. Thun, RTausch, Verständlichkeit, München u.a. 1974, S. 13ff.

Zweites Kapitel: Konsumentenveihalten Einfachheit kurze, einfache Sätze geläufige Wörter Fachwörter erklärt konkret anschaulich

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Kompliziertheit lange, verschachtelte Sätze ungeläufige Wörter Fachwörter nicht erklärt abstrakt unanschaulich.

Gliederung - Ordnung bedingt einerseits, daß die einzelnen Sätze folgerichtig aufeinander bezogen erscheinen und der sogenannte "rote Faden" unverkennbar bleibt (innere Ordnung). Zu dieser inneren Ordnung hat eine äußerliche Gliederung zu treten, die dem Informationsempfänger bei der Unterscheidung von Wesentlichem und weniger Wichtigem hilft; dazu sind gliedernde Vor- und Zwischenbemerkungen und Hinweise auf Zusammenfassungen im gesprochenen Text, Absätze und Überschriften sowie Fettschrift und Unterstreichungen im geschriebenen Text zu rechnen. Zur Verdeutlichung fuhren LANGER u. a. folgende Gegenüberstellung an: Gliederung - Ordnung gegliedert folgerichtig übersichtlich gute Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem der rote Faden bleibt sichtbar alles kommt schön der Reihe nach

Ungegliedertheit Zusammenhanglosigkeit ungegliedert zusammenhanglos, wirr unübersichtlich schlechte Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem man verliert oft den roten Faden alles geht durcheinander.

Kürze - Prägnanz bezieht sich auf den sprachlichen Aufwand im Verhältnis zum Informationsziel. Diese Dimension ist als erfüllt anzusehen, wenn auf zielbezogene Entbehrlichkeiten (z.B. nicht notwendige Einzelheiten) und sprachliche Entbehrlichkeiten (z. B. Füllwörter und Phrasen) verzichtet wurde. Einzelaspekte von Kürze - Prägnanz und Weitschweifigkeit als Gegenpol sind: Kürze - Prägnanz kurz aufs Wesentliche beschränkt gedrängt aufs Lehrziel konzentriert knapp jedes Wort ist notwendig

Weitschweifigkeit zu lang viel Unwesentliches breit abschweifend ausführlich vieles hätte man weglassen können.

Zusätzliche Stimulanz läßt sich u. a. über Reizworte, humorvolle Formulierungen, rhetorische Fragen und Bildmaterial erzielen. Es sind damit also Reize gemeint, die den Informationsempfänger anregen und damit seine Aufmerksamkeit und sein persönliches Interesse sichern sollen. Entsprechend ergibt sich zu dieser Dimension als Gegenüberstellung: Zusätzliche Stimulanz Keine zusätzliche Stimulanz anregend nüchtern interessant faiblos

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

abwechslungsreich persönlich

gleichbleibend neutral unpersönlich.

Während sich die drei erstgenannten Dimensionen der Verständlichkeit - Einfachheit, Gliederung-Ordnung, Kürze-Prägnanz - widerspruchsfrei verwirklichen lassen, scheinen die Dimensionen 'Kürze-Prägnanz* und 'Zusätzliche Stimulierung' grundsätzlich in einen Konflikt zu fuhren. Denn Zusätzliche Stimulanz' verlängert zwangsweise den gesprochenen oder geschriebenen Text. Werden die Stimulanz-Elemente jedoch kurz gefaßt und konsequent auf das Informationsziel konzentriert, so lassen sich zumindest relativ kurz-prägnante Texte mit gleichzeitiger Stimulanz verwirklichen.137 Zur Verständlichkeit und Wirksamkeit grafischer Phänomene der geschriebenen Sprache ist insbesondere auf die Untersuchungen von TEIGELER138 zu verweisen. Diese belegen, daß fette Schriften Erkennbarkeit auch aus großer Entfernung am besten zu sichern vermögen, hinsichtlich der Lesbarkeit dagegen eine halbfette Schrift der mageren und fetten geringfügig überlegen ist. Kursiv- und Negativschriften sollte man wegen ihrer schlechten Lesbarkeit vermeiden. Da sich Schriftbilder mit geringen Zeilenabständen ebenfalls als schlecht lesbar herausgestellt haben, sollten - bei begrenztem Raum - zur Steigerung der Lesbarkeit kleine Schriften mit reichlichem Zeilenabstand gegenüber größeren Schriften mit entsprechend kleineren Zeilenabständen den Vorzug erhalten. 139Der Bildkommunikation ist gegenüber der Schriftkommunikation auf Jeden Fall dann leichtere Verständlichkeit zu testieren, wenn es sich um konkrete Bilder (d.h. Bilder mit unmittelbarem Bezug zur Umwelt) handelt. Da sich das Erfassen von Bildern (im Gegensatz zur sequentiellen Aufnahme von Texten) ganzheitlich vollzieht, werden sie schneller verstanden. Speziell Eds bedeutungshaltige Bilder werden sie zudem leichter verstanden als Texte, da diese selbst bei 'bildhafter' Wortwahl mit dem höheren Grad an Abstraktheit belastet sind und von daher dem Empfänger stärkere kognitive Anstrengungen abfordern.140

137 Siehe zur Textdimension der Werbung zudem im Handbuch 'Die Werbung', Bd. 2. hrsg. v. B. Tietz, Landsberg 1982, die Beiträge: P. Schoko, Die Wertjetexte aus sprachwissenschaftlicher Sicht, S. 982fr., und F. U. Gass, Der Werbetext, S. 1020ff. 138 P. Teigeier, a.a.O., insbes. S. 92ff. 139 Vgl. zu typographischen Aspekten im weiteren H.Mayer, Werbepsychologie, a.a.O., S. 126ff. 140 Vgl. generell W. Kroeber-Riel Wirkung von Bildern auf das Konsumentenverhalten, in: MARKETING ZFP, Jg. 5 (1983), S. 1531T., und W. Kroeber-Riel Bildkommunlkation, München 1993 sowie speziell zur besseren Erinnerungsfähigkeit von Bildkommunikationen T. L. Chäders, M. J. Houston, Controlling for a Picture-Superiority Effect on Consumer Memory, in: JoCR, Jg. 11 (Sept. 1984). S. 643ff.

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Wie bereits bezüglich der Person des Kommunikators festgehalten wurde, gilt der Zusammenhang 'je stärker der Empfänger als Hintergrund der Kommunikation eine an die Eigeninteressen des Kommunikators gebundene Kommunikationsabsicht wahrnimmt/vermutet, in desto geringerem Maße wird die von der Kommunikation gewollte Einstellungsänderung eintreten'. Dieser geradezu sprichwörtliche Zusammenhang (Mein merkt die Absicht und ist verstimmt!) rät (Im Gegensatz zu den um Erleichterung der Informattonsaufhahme bemühten Verständlichkeits-Empfehlungen') zu Verschleierungen/Tarnungen des Werbeinhaltes einer Kommunikation. Um sich bei den auf Abwehr von Werbung disponierten Empfängern doch Chancen zu eröffnen, werden akustisch und/oder visuell Ablenkungsreize geboten. Zwar ist unbestreitbar, daß durch die Ablenkung die Aufnahmefähigkeit für die eigentlichen Werbelnformationen (d. h. der Grad der Rezeption vorgetragener Informationen/Argumente) sinkt. Die Wirkung einer Kommunikation ist jedoch nicht nur abhängig vom Grad der Rezeption der Argumente, sondern auch abhängig von der Bereitschaft der Zielperson, die Argumente zu akzeptleren. Für die Akzeptanz kann sich die Ablenkung positiv auswirken. In den Worten STROEBES141 ergibt sich entsprechend als Folgerung: Ablenkung stört den Empfänger nicht nur beim Zuhören, sie behindert ihn auch beim Formulieren effektiver Gegenargumente. "Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß einmal rezipierte Argumente auch akzeptiert werden. Die Tatsache, daß In der Mehrheit der Untersuchungen die in der Regel schwache Ablenkung die Wirksamkeit der Kommunikation erhöhte, läßt vermuten, daß bei geringer Intensität der Ablenkung die fördernde relativ zur hemmenden Wirkung überwiegt", daß folglich ein 'optimales Ablenkungsniveau' existiert. Eine Bestätigung dieser Vermutung für die werbliche Kommunikation wurde von BITHER142vorgelegt. Im Rahmen von PKW-Werbung ließen sich für die mit Ablenkungen (u. a. in Form von Fußballszenen) arbeitende Variante stärkere Einstellungsänderungen identifizieren als für die Normalvariante. Über zweiseitige Argumentation, d.h. Vor- und Nachteile eines Meinungsgegenstandes vortragende Argumentation, ist dann generell ein stärkeres Maß an Einstellungsänderungen zu erwarten, wenn der Empfänger - ein eher höheres Intelllgenz-/Bildungsniveau und - eine eher negative Ausgangseinstellung zum Meinungsgegenstand aufweist.143 141 W Stroebe, a.a.O., S. 321 f. 142 Vgl. S. W Bither, Effects of distraction and commitment on the persuasiveness of television advertising, In: JoMR, Vol. 9 (1972), S. iff. 143 Vgl. H. C. Tiiemdis, a.a.O.. S. 278.

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Diesem Personenkreis erscheint eine zweiseitige Argumentation grundsätzlich glaubwürdiger als eine einseitige, rein auf Proargumente abstellende Ansprache, die sie zur eigenständigen Suche nach Gegenargumenten provozieren/motivieren würde. Umgekehrt erweist sich die einseitige Argumentation als zweckmäßig, wenn der Empfänger niedriges Intelligenz-/ Bildungsniveau aufweist, er von vornherein unkritisch der Proargumentation zuneigt (stark positive Einstellung zum Meinungsgegenstand zeigt) und für ihn nachfolgend auch keine Konfrontation mit Gegenargumenten zu erwarten ist.144 Erklärt wird die größere Wirksamkeit zweiseitiger Argumentation für den benannten Personenkreis u.a. auch über die Reaktanztheorie, auf die in der Folge noch näher einzugehen ist. An dieser Stelle sei lediglich vermerkt, daß von 'mitdenkenden' abweichend voreingenommenen Personen besonders allergische Reaktionen gegen Beeinflussungsdruck plausibel sind. Wahrnehmung von Beeinflussungsdruck und des Gefühls der Verhaltenseinengung würde Reaktanz, d.h. abweisende Erregung, auslösen und gegen die Beeinflussung blockieren. Der Grad der praktischen Verwendung der zweiseitigen Argumentation Im Marketing ist bislang eher gering. Es existieren jedoch praktische Ansätze in dieser Richtung145, die auch der Erkenntnis folgen, daß zweiseitige Argumentation zwecks Einstellungsänderung durchaus nicht objektive Ausgewogenheit bedeutet und bedeuten kann. Will man für einen bestimmten Meinungsgegenstand einnehmen, so wird man naturgemäß überwiegend für ihn argumentieren, also Proargumente vortragen. Die Negativargumente beziehen sich häufig nur auf relativ unwichtige, den Empfangern sowieso schon bekannte oder künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt werdende Aspekte. Dies demonstriert beispielsweise der von STROEBE referierte Fall einer PKW-Werbung: "Der erste Satz einer Anzeige wies ... darauf hin, daß nur Schlangenmenschen die Fensterkurbel auf der Fahrerseite bedienen könnten. Der übrige Text der Anzeige begründete dann, warum es sich dennoch lohne, das Auto zu kaufen."146 Neben höherer Glaubwürdigkeit spricht für zweiseitige Argumentation ihre stärkere Immunisierongswirkting gegen später folgende Kontraargumentation. Das heißt, eine auf Grund zweiseitiger Argumentation bewirkte Einstellungsänderung erweist sich generell als fundierter und damit als Im Zeitablauf stabiler. Erklärt wird diese Erscheinung damit, daß der Empfänger bei zweiseitiger Argumentation auf die Gegenargumente vorbereitet sei,

144 Vgl. bereits C. J. Hovlond, J. L. Joris, H. H. KeUey, Communlcatton and Persuaslon, New Häven u.a. 1953, S. 110.

145 Eine Reihe von Beispielen findet sich bei W. Kroeber-Riel G. Meyer-Hentschel Werbung - Steuerung des Konsumentenverhaltens, Würzburg u.a. 1982, S. 179.

146 W. Stroebe. a.a.O.. S. 309.

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sich mit ihnen prinzipiell schon auseinandergesetzt habe und auf dieser Basis zur Ginstellungsänderung gelangt sei, zu deren Revision er dann weniger Anlaß empfindet.147 Zur Frage der wirkungsvollsten Reihenfolge der einzelnen Kommunikationselemente (primacy-recency-Frage) besteht weitgehende Einigkeit nur darüber, daß die Eingangs- und die Schlußinformation in der Wirkung herausragen; ob dies vergleichsweise stärker für den primacy- oder den recency-Effekt gilt, Ist nicht eindeutig belegt.148 Der primacy-Effekt erklärt sich durch die größere Aufmerksamkeit, die der Eingangsinformation zuteil wird; sie bewirkt eine bestimmte Einstellung, die dann gegen die folgenden Botschaftselemente mehr oder weniger 'Immunisiert'. Für den recency-Effekt spricht, daß die letztpräsentierten Informationselemente am stärksten nachschwingen und von daher besser im Gedächtnis haften. Für die zweiseitige Argumentation erschiene damit zumindest angeraten, die Gegenargumente grundsätzlich weder zuerst noch zuletzt zu präsentleren; dies um so weniger, je gewichtiger sie vom Empfänger empfunden werden mögen. Daß die Praxis des Persönlichen Verkaufs von der Gültigkeit der primacy-recency-Effekte ausgeht, zeigt sich u.a. in der Empfehlung, nicht-attraktive Preise stets in einer Mittelposition zu präsentieren, die dem folgenden Ablaufmuster entspricht: (1) Dem Kunden den Wert der Leistung herausstellen (2) Preisnennung (3) Preisvertreibung durch Anführen von Vorteilen, die dem Kunden aus der Leistung entstehen.149 Hinsichtlich der Härte des Kommunikatlonsinhaltes und -stiles (i.S.v. Nachdrücklichkeit, Behutsamkeit/Sanftheit oder Aggressivität) spricht für die Kaufsituation, in der Verbindungen von Aggressivität der Kommunikation und Durchsetzungsmacht des Kommunikators ja auszuschließen sind, alles für eine eher unaufdringliche Ausrichtung.180 Unaufdringliche Ausrichtung ist dabei allerdings auch nicht mit einschläfernd-passiv oder langweilig-sanftmütig gleichzusetzen. Da Überzeugungskraft also bei zu geringer Dynamik der Kommunikation auch unwahrscheinlich wird, ist zwi-

147 Vgl. auch WC Kroeber-Rtel G. Meyer-Hentschel, a.a.O., S. 187. 148 Vgl. D.Frey. Elnstellungsforschung, a.a.O., S. 34. 149 Vgl. A. Bänsch, Verkaufspsychologie, a.a.O., S. 78ff. 150 Vgl. G. F. Mutler, Anbieter - Nachfrager - Interaktionen, in: M. Irle (Hrsg.), Markt-Psychologle, Bd. 12 des Handbuchs der Psychologie, l.Halbbd., Göttlngen u.a. 1983, S. 697fif.

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sehen Dynamik des Kommunikationsstils und Akzeptanz der Kommunikation durch den Empfänger grundsätzlich ein umgekehrt u-förmiger Verlauf anzunehmen; die stärksten Erfolge sind also aus mittlerer Dynamik zu erwarten.

Akzeptanz

niedrig (passiv/ langweilig)

mittel (anregend)

hoch (abstoßend aggressiv)

Dynamik

Gegen einen harten, aggressiven Werbe- und Verkaufsstil spricht besonders nachdrücklich die bereits mehrfach erwähnte Reaktanztheorie.151 Die Grundaussage der Reaktanztheorie lautet: 'Je massiver ein Individuum sich kommunikativ bedrängt und damit in seinem Entscheidungsfreiraum eingeengt fühlt, in desto stärkerem Maße entwickelt es die Motivation, sich der Einengung zu widersetzen und den gefährdeten/verlorenen Verhaltensfreiraum zu verteidigen/wiederzugewinnen'. Es entsteht also abweisende Erregung, die hinsichtlich der Kommunikationsziele direkte Bumerangeffekte bewirken kann, indem der Empfänger sich zu genau gegenteiligen Verhalten veranlaßt fühlt, um damit Unabhängigkeit und Selbständigkeit zu demonstrieren.

151 Siehe für detaillierte Informationen zur Reaktanztheorie J. W Brehm, A theory of psychological reactance. New York 1966; G. Grabitz-Gnlech, H.-J. Grabitz, Psychologische Reaktanz: Theoretisches Konzept und experimentelle Untersuchungen, In: ZfS, Jg. 1973, H. 4, S. 19ff.; G. Gntech, H.-J. Grabitz, Freiheitseinengung und psychologischer Reaktanz In: Kognitive Theorien der Sozialpsychologie, hrsg. v. D. Frey, Bern u.a. 1978, S. 48ff.; G. Wtswede, Reaktanz, in: JAV. Jg. 25 (1979), S. 81 ff.; M.A.dee, R A. Wtcklund, Consumer Behavior and Psychological Reactance, in: JoCR, Vol. 6 (March 1980), S. 389ff.

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Eine Verstärkung des dargelegten Zusammenhanges Ist mit zunehmendem Kompetenzempflnden des Empfängers, eine Reduzierung des Zusammenhanges mit steigender Glaubwürdigkeit des Kommunikators anzunehmen. Die Reaktanztheorie repräsentiert damit einen Ansatz, der weniger erklärt, wie sich Einstellungsänderungen erreichen lassen, als daß er aufzeigt, wie sie nicht erreichbar erscheinen. Für die Marketingkommunikation In Form von Werbung und Persönlichem Verkauf ergibt sich daraus, daß weder aufdringlicher Werbestil noch der sogenannte Hochdruckverkauf152 empfehlenswert erscheinen. Mit zunehmender Verbreitung dieser Erkenntnis sind zuvor recht aggressive Werbekampagnen so auch in atmosphärisch ruhigere Bahnen gesteuert worden,153 während Verkaufsgespräche zunehmend als Beratungs-, Problemhilfe-, Problemlösungsgespräche konzipiert und geführt werden.154 Zur Frage der Wirkung unterschiedlicher Intensitätsgrade der Furchtauslösung durch die Kommunikation sei auf die entsprechenden Passagen im Komplex Motivationsforschung rückverwiesen. Dort wurde festgehalten, daß generell mittelstarke Furchtappelle höchste einstellungsändernde Effizienz erwarten lassen, die Erfüllung dieser Erwartung jedoch Insbesondere von der Unmittelbarkeit der Botschaft, der Reaktionsmöglichkeit, dem Selbstvertrauen und dem ursprünglichen Ängstlichkeitsniveau des Empfängers, der Themenrelevanz für den Empfänger sowie der Glaubwürdigkeit des Kommunikators abhängt. Bezüglich des Schlußfolgerungsgrades der Kommunikation setzt sich als Grundannahme zunehmend durch, daß explizite (ausdrückliche) Schlußfolgerungen durch den Kommunikator generell größere Wirksamkeit versprechen als das Unterlassen von Schlußfolgerungen.155 Denn generell seien die Empfänger entweder zu wenig motiviert oder würden zu wenig mit der Thematik vertraut sein, um eigene Schlußfolgerungen zu ziehen oder ziehen zu können. Aus dieser Einschätzung wäre umgekehrt zu entnehmen, daß bei entsprechender Motivation und Urteilsfähigkeit der Empfänger auf explizite Schlußfolgerungen nicht nur verzichtet werden könnte, sondern sogar verzichtet werden sollte, da sich der Empfänger sonst 'für dumm verkauft' fühlen mag. Im weiteren fuhrt die Reflexion der Aspekte 'Erkennbarkeit der Beeinflussungsabsicht' und 'Härte/Aggressivität der Kommunikation' insofern zu einer relativierten Einschätzung expliziter Schlußfolgerungen, als die Ausdrücklichkeit der Schlußfolgerungen eben keine deutliche Erkennbarkeit

152Vgl. A. Bänsch. Verkaufspsychologie, a.a.O.. S. 60ff. 153 Vgl. G. Wiswede, Reaktanz, a.a.O., S. 100. 154 Vgl. A. Bänsch, Verkaufspsychologie, a.a.O., S. 55. 155 Vgl. u.a. H. Triandis, a.a.O., S. 278/.; W Stroebe, a.a.O.. S. 313f.

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der Beeinflussungsabsicht und/oder Aufdringlichkeit der Kommunikation bewirken soll. Zu (2): Dissonanztheorie Basis der einzelnen zur Gleichgewichtstheorie vorgelegten Ansätze ist die Aussage: Das Individuum empfindet Dissonanzen als psychisch unangenehm. Entsprechend wird angenommen: Der Mensch sucht auch als Käufer Dissonanzen zu vermeiden und trachtet, entstandene Dissonanzen u. a. durch Veränderung seiner Einstellung zu beseitigen oder zu mildern, um wieder in einen konsonanten (= harmonischen) Zustand zu gelangen. Nachhaltigste Beachtung hat die Dissonanztheorie FESTINGERs156 gefunden. Ihr zufolge hängt die von Dissonanzen ausgehende Antriebskraft von der Stärke der Dissonanz157 ab. Die Dissonanzstärke Ihrerseits wird von der Zahl und der Wichtigkeit der beteiligten Informationselemente bestimmt: Je mehr Elemente dem Individuum widersprüchlich erscheinen und Je größere Bedeutung das Individuum den Elementen zumißt, desto stärker sind die Spannungsempfindungen und die Antriebskräfte zum Abbau der Spannung. Verhaltenswirksam werden Dissonanzen, wenn ihre Stärke über eine Individuell unterschiedliche Toleranzschwelle geht. Für das Käuferverhalten läßt sich aus der Dissonanztheorie unmittelbar einsichtig zunächst folgern: Die Käufer präferieren Leistungen und Anbieter, von denen sie - aufgrund ihrer Erwartungen - aufgrund vorliegender Kauferfahrungen keine oder kaum Dissonanzen auf sich zukommen sehen. Aus der Differenzierung dieser Basisfeststellung folgt im weiteren: Die Käufer bleiben prinzipiell Leistungen und Anbietern treu, die gegen Dissonanzen vorbeugen und/oder entstandene Dissonanzen reduzieren helfen. Die Käufer wenden sich von Leistungen und Anbietern ab, wenn ihnen diese als nachhaltige Dissonanzverursacher erscheinen und sich ihnen anderweitige Angebote als zumindest weniger dissonanzträchtig darstellen. 156 Siehe In komprimierter Form L. Festinger, Die Lehre von der kognitiven Dissonanz, in: Grundfragen der Kommunikatlonsforschung, hrsg. v. W Schramm, München 1964, S. 27ff., In umfassender Darlegung L. Festinger, Theorie der kognitiven Dissonanz, hrsg. v. M. Irle u.a., Bern 1978: als Überblick zu den auf Festinger aufbauenden Forschungen zur Dissonanztheorie D. Frey, Die Theorie der kognitiven Dissonanz, in: Kognitive Theorien der Sozialpsychologie, hrsg. v. D. Frey, Bern u.a. 1978, S. 243ff. 157 Vgl. zur Messung der Dissonanzstärke im Kaufentscheidungsprozeß u.a. A. B. Weber, Die Theorie der kognitiven Dissonanz in ihrer Relevanz für Kaufentscheidungen von Konsumenten und für die Gestaltung der Markettngkommunlkatlon, Dlss. Mannheim 1977, S. 200ff.; C. Schuchard-Flcher, Ein Ansatz zur Messung von Nachkauf-Dissonanz, Berlin 1979, S. 34ff.

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Die Erstakzeptanz von Angeboten durch bestimmte Konsumenten sowie weitergehend die Erreichung, Stärkung und Bewahrung von Produkttreue bei Konsumenten kann also über Prophylaxe gegen Dissonanzen und Reduzierung eingetretener Dissonanzen gelingen. In beiden Fällen wird das Konstrukt 'Einstellung' In zumindest einer der folgenden Formen berührt: (a) Akzeptanz von Einstellungen in der gegebenen Prägung (b) Veränderung, d.h. Verstärkung/Stabilisierung und/oder Abschwächung vorhandener oder sich bildender Einstellungen. Werden die beim Konsumenten vorhandenen Einstellungen in der gegebenen Prägung akzeptiert - Ansatz (a) - und dem Konsumenten dazu konsonante oder in ihrer Dissonanzauslösung die individuelle Toleranzschwelle nicht übersteigende Angebote offeriert, so entspricht dies dem Bemühen, Dissonanzen von vornherein zu vermeiden. Der Ansatz (a) wird in praxi allerdings kaum von (b) isolierbar sein. Denn Dissonanzfirelheit zum Kaufzeitpunkt garantiert keine anhaltende Dissonanzfreiheit. Vielmehr sieht die Dissonanztheorie die Nach-EntscheidungsPhase (hier: Nach-Kauf-Phase) als besonders dissonanzanfällige Phase. Entstehende Selbstzweifel des Käufers und Informationen, die ihm nach dem Kauf aus verschiedenen Quellen (von Freunden, Bekannten, Massenmedien, aber auch aus neuen eigenen Erfahrungen) zugehen, können dissonanzauslösende Einstellungsänderungen bewirken. Um gegen Nach-Kauf-Dissonanzen prophylaktisch zu wirken oder eingetretene Nach-Kauf-Dissonanzen möglichst weltgehend zu reduzieren, sind vorhandene, mit dem Kaufobjekt harmonierende Einstellungen des Konsumenten in ihrem Gewicht zu stärken und/oder sich bildende, zum Kaufobjekt disharmonische Einstellungen im Gewicht abzuschwächen. Typische Beispiele von Prophylaxe bilden bestätigende Schlußformeln im persönlichen Verkaufsgespräch (wie etwa: Wer von diesen Dingen etwas versteht und zu rechnen weiß, wird zu Ihrem Ergebnis kommen und Sie zu Ihrer Entscheidung beglückwünschen') und Beipackzettel/Gebrauchsanweisungen, die regelmäßig mit einer Gratulation zu der ausgezeichneten Wahl des Konsumenten beginnen. Verständlich gehaltene, in Richtung wahrscheinlicher Dissonanzquellen aufklärende Beipackzettel/Gebrauchsanweisungen dienen im weiteren der Reduktion eingetretener Dissonanzen. Beispiel bilden hier etwa Hinweise auf Flaschen mit Heilquellen-Wasser, daß eventuelle Trübungen des Wassers oder Ablagerungen in der Flasche ohne jegliche negative Bedeutung sind, sich vielmehr einfach aus der Naturbelassenheit/dem Mineralienreichtum der betreffenden Quelle erklären. Größte Bedeutung für die Reduktion eingetretener Dissonanzen durch Verstärkung konsonanter und Abschwächung dissonanter Einstellungen gegenüber dem Kaufobjekt hat im allgemeinen die Nach-Kauf-Weibung. Dabei geht es darum, die (konsonanten) Ausgangseinstellungen zu bestätigen und damit zu verfestigen (indem beispielsweise entsprechende Exper-

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tenurteile, Testberichte, Aussagen anderer Kunden präsentiert werden) und/oder In entsprechender Form störende Einstellungen In der Bedeutung herabzusetzen. Über die verändernde Einwirkung auf Einstellungen betreibt man also Dissonanzprophylaxe oder Dissonanzreduktion, um bestimmten Produkten einen möglichst häufigen Wiederholungskauf zu sichern und damit Kaufhabitualisierungen einzuleiten. In Betracht kommen kann jedoch auch die Dissonanzverstärkung durch Stützung dissonanter Einstellungen und/oder Schwächung konsonanter Einstellungen oder gar die Auslösung dissonanter Einstellungen bei Konsumenten. Dabei läßt sich einerseits auf einige relativ unproblematisch erscheinende Ansätze verweisen, und zwar auf die Fälle, In denen es aus Anbietersicht gilt (1) Konsumenten von eigenen (in die Endphase ihres Lebenszyklus abgeglittenen) Produkten auf eigene neue (Nachfolge-)Produkte zu überführen, (2) Konsumenten von Konkurrenzprodukten auf eigene Produkte umzuleiten, (3) bisherige Nicht-Konsumenten einer bestimmten (neuen) Produktkategorie zuzuführen. Beispiele für (1) gibt es immer wieder zu beobachten, wenn von auslaufenden Modellen ein möglichst schneller und vollständiger Wechsel auf Nachfolgemodelle vollzogen werden soll. In dieser Situation scheuen sich die Verkäufer durchaus nicht, durch ganz direkte Hinweise auf Mängel in den Altmodellen bereits vorhandene Dissonanzen kräftig zu verstärken oder Dissonanzen zu begründen, um damit gegenüber dem Altprodukt eine negative Einstellung, gegenüber dem Neuprodukt eine positive Einstellung zu schaffen. Beispiele für (2) bilden: - Der Versuch eines Anbieters von Leichtzigaretten, (mit einer die spezielle Gesundheitsgefährlichkeit stark nikotin- und teerhaltiger Zigaretten und den geringen Nikotin- und Teergehalt seiner Zigarettenmarke herausstellenden Werbung) von Anbietern starker Zigaretten Raucher abzuziehen. Eine besondere Chance würde sich ein derartiger Anbieter hier bei den bisherigen Rauchern der Konkurrenzmarken ausrechnen können, die schon unter relativ hohen Dissonanzempfindungen (zwischen 'Ich möchte gesund bleiben' und 'Rauchen ist gesundheitsschädlich') leiden. - Das Bemühen eines Herstellers besonders umweltfreundlicher Waschmittel, traditionelle Waschmittelmarken auszustechen. Chancen wären insbesondere in Verbraucherkreisen zu erwarten, denen die Einstellung Die Umwelt ist bereits in einer Form belastet, daß> man sofort cilles Erdenkliche zur Besserung tun muß' neu vermittelt oder so verstärkt werden kann, daß die weitere Verwendung traditioneller Waschmittel bei ihnen (durch die damit verknüpfte Dissonanz) blockiert wird.

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Auch hier geht es um Einstellungwandlungen: Gegenüber den Konkurrenzprodukten soll eine negative Einstellung, gegenüber dem eigenen Produkt eine positive Einstellung entstehen. Für (3) ließe sich als Beispiel anfuhren, daß Anbieter von Zahnseide auf die Unvollkommenheit und damit Gefährlichkeit einer bloßen Fortfuhrung bisher üblicher Gewohnheiten bei der Zahnpflege hinweisen. Besondere Chancen für den Verkauf von Zahnseide (zusätzlich zu Zahnbürste, Zahnpasta, Mundwasser und eventuell auch Munddusche) wären gegenüber den Konsumenten anzunehmen, die bereits Dissonanzen (zwischen 'Ich möchte meine eigenen Zähne in optimalem Zustand behalten' und 'Meine Zahnzwischenräume sind wegen der engen Zahnstände ein Problem') empfinden. Bei ihnen ließe sich eine positive Einstellung zum Zusatzprodukt begründen. Gemeinsam ist den vorgenannten drei Fällen, daß Dissonanzen verstärkt oder ausgelöst werden, um unmittelbar anschließend (über die Abkehr von der bisherigen Nichtverwendung einer Produktkategorie) den Weg zur Dissonanzreduktion, den Weg zurück zur Konsonanz zu weisen. Ein grundsätzlich andersgearteter, relativ problematischer Ansatz von Dissonanzauslösung liegt vor, wenn man - die Käufer nicht zu einem anderen oder einem neuen Produkt führen will, sondern sie vielmehr bei ihrem bisherigen Produkt stabilisieren und zu positiver Mund-zu-Mund-Werbung für dieses Produkt anregen möchte - und den Käufern dabei den Weg zurück zur Konsonanz nicht weist (auf jeden Fall nicht direkt), sondern darauf setzt, daß die in Dissonanz versetzten Käufer diesen Weg selbst in der für das Produkt positiven Form suchen und finden. Der für das Produkt positive Weg würde sich so darstellen, daß die in Dissonanz versetzten Käufer ihren negativ empfundenen Spannungszustand reduzieren, indem sie - ihre kaufwirksamen positiven Einstellungen zum Produkt nachdrücklich selbst verstärken, damit das Kaufobjekt selbst erhöhen und zu einer besonders engen Bindung an das gekaufte Produkt gelangen (bestenfalls mit Wiederkauf-Programmierung) und/oder - über engagierte positive Mund-zu-Mund-Werbung weitere Käufer akquirieren (um sich Bestätigung durch 'social support' zu schaffen). Beide Reaktionsmuster würden zu einer Marktstärkung des jeweiligen Produktes führen. So einig sich die Literatur darin ist, dieses Reaktionsmuster als möglich anzuerkennen, so einig scheint sie sich aber auch darin, der Marketingpraxis von einer Verwendung dieser Variante abzuraten.158 Denn die Problema-

158 Vgl. zu diesem Thema u.a.: H. Raffte, B. Sanier, G. SÜberer, Theorie der kognitiven Dissonanz und Konsumgüter-Marketing, Wiesbaden 1973, S. 64f.; A. B. Weber, a.a.O., S. 190f.

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tik dieses Ansatzes liegt In dem Risiko, daß die betroffenen Käufer auch genau entgegengesetzt reagieren könnten, indem sie - sich von dem Produkt abwenden und negative Mund-zu-Mund-Werbung beginnen. Im Gegensatz zu der strikt von einer Verwendung abratenden Position ist eine differenzierende Sicht vertretbar. Wie vom Verf. an anderer Stelle159 im einzelnen begründet wurde, erscheinen für dieses Dissonanzauslösungs-Konzept durchaus Hoffnungen auf überwiegendes Eintreten der Positivfolgen (Stabilisierung/Verstärkung positiver Einstellung zum Produkt bei Käufern, Aufbau positiver(er) Einstellung zum Produkt bei bisherigen Nichtkäufern über positive Mund-zuMund-Werbung durch Käufer) begründet, wenn die Erfüllung der folgenden zwei Bedingungen gesichert werden kann: (1) Existenz von Käufern mit hohem Identifikationsgrad zum Produkt und Konzentrationsmöglichkeit der Dissonanzauslösung auf diese Käufer.160 (2) Inhaltliche Anlage der Dissonanzen in der Form, daß sie im objektivmeßbaren Produktbereich eher auf nicht-zentrale Aspekte oder auf diskutable Einzelaspekte abstellen und/oder sich auf die subjektiv unterschiedlich wertbaren ästhetischen und sozialen Produktkomponenten beziehen. 161Die näheren Ausfuhrungen in den vorgenannten Quellen162 belegen die Absicherungsmöglichkeiten für diese Bedingungen. Folglich ist auch dieser Ansatz nicht nur als Gedankenspielerei abzutun, sondern als eine realisierbare Möglichkeit zur Aktivierung eines schlummernden Werbepotentials zu werten: Der Ansatz zielt auf die Personengruppe, die mit einem Produkt bis zu distanzloser Identifikation zufrieden ist, dieses aber nicht oder zumindest nicht im möglichen Ausmaß in entsprechende positive Mund-zu-Mund-Werbung umsetzt. Diese Käufergruppe zu aktiver(er)/extrovertierter(er), sich in engaglerter(er) Mund-zu-Mund-Werbung für das Produkt äußernder Verhaltensweise zu fuhren, bedeutet Wekkung von hochgradig erfolgsträchtigen Werbekräften.

159 Vgl. A. Bönsch, Dlssonanzauslösung und/oder -Steigerung bei eigenen Produkten als Maßnahme zu deren Marktstärkung, Arbeltspapier Universität Hamburg 8/1984, und A. Bönsch, In der Werbung zum Widerspruch' herausfordern, In: Marketing Journal, Jg. 1985, H. 2, S. 162ff. 160 Hohe Identlflkaüonsgrade zum Produkt, wie sie z.B. gegenüber PKW-Marken zu beobachten sind, lassen bei den in dieser Form 'produkt-inflzierten' Käufern die positive Dissonanzreduktion bedeutende Produktverteldlgung programmiert erscheinen. 161 Dadurch wird das Risiko minimal, die Zielpersonen könnten über den oberen kritischen Dissonanzgrad geraten. Der obere kritische Dissonanzgrad entspricht einer Dissonanzstärke, von der ab der psychisch unangenehme Druck als so belastend empfunden wird, daß unter den Reduktionsalternativen die besonders schnell und sicher wirkende präferlert wird. Das heißt, hier erschiene programmiert, daß sich die betroffenen Personen durch unmittelbaren Bruch mit dem Produkt aus der Dissonanz befreien. 162 Vgl. A. Bönsch, Dissonanzauslösung, a.a.O., S. 166ff.

a.a.O., S. 10ff., und A.Bönsch,

Werbung,

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Denn Mund-zu-Mund-Werbung ist als besonders effiziente Kommunikationsform einzustufen, weil man sich generell "stärker durch Personen beeinflussen (läßt), deren Verhaltensweisen Überzeugungen oder Engagement zu erkennen geben und nicht durch äußere Faktoren, wie etwa Rollenzwänge, verursacht erscheinen"163. Dies läßt sich attributionstheoretisch erklären. Gemäß Attributionstheorie ist der Mensch motiviert, sein eigenes Verhalten und das seiner Umwelt kausal zu erklären, d.h. jeweils nach dem WARUM' zu fragen.164 Diese Frage nach dem WARUM' würde dem werbenden Verkäufer als Ursache seines Werbens den Zwang seiner Rolle, dem Mund-zu-Mund-Werber dagegen eher das selbstlose aus der eigenen Überzeugung/der eigenen positiven Erfahrung geborene Mitteilungsbedürftiis als Verhaltensursache attribuleren. Abschließend sei zur Dissonanztheorie darauf hingewiesen, d^ß sie insofern Berührungspunkte mit risikotheoretischen Erklärungsansätze n zum Konsumentenverhalten zeigt, als das Bemühen des Individuums um Vermeidung von Dissonanzen aus Kaufvorgängen auch als Bemühen um Risikominderung interpretierbar ist. Näher eingegangen wird auf die damit angesprochene Theorie des wahrgenommenen Risikos im folgenden Abschnitt. bb) Auf kognitive Prozesse bezogene Ansätze 11. Wahrnehmungsforschung Wahrnehmung als Prozeß umfaßt die Aufnahme und Selektion von Informationen, deren Organisation (Gliederung und Strukturierung) und Interpretation durch das Individuum.165 Ergebnis der Wahrnehmung ist ein subjektiv gefärbtes Bild der Realität, das dem Handeln in einer aktuellen Situation oder dem Aufbau eines Wissens- und Erfahrungsschatzes für Handeln in künftigen Situationen dient.166 Die Subjektivität jeglicher menschlicher Wahrnehmung resultiert aus - qualitativen Unvollkommenheiten menschlicher Sinnesorgane - quantitativen Beschränkungen des für die bewußte Wahrnehmung maßgeblichen Kurzzeltspeichers (begrenzte Verarbeitungskapazität) - Filterungen durch jeweils aktuelle Emoüonalisierungen, Motivationen und/oder Einstellungen. 163 G. F. Müller, Anbieter-Nachfrager-Interaktionen, hrsg. v. M. Iiie, Göttingen u.a. 1983, S. 678.

In: Marktpsychologie,

1. Halbbd.,

164 Vgl. für nähere Informationen zur Attributionstheorie W. Herkner (Hrsg.), AttributionPsychologie der Kausalität Bern u.a. 1980. 165 Vgl. in diesem Sinne u.a. B.Berelson, G. A. Stelner, Bd. I, a.a.O., S. 62; A. Hajos, Wahrnehmung, In: Handbuch psychologischer Grundbegriffe, hrsg. V. T. Herrmann u.a., München 1977, S. 528. 166 Vgl. W. Wtttllng, Einführung in die Psychologie der Wahrnehmung, Hamburg 1976, S. 11.

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Menschliche Wahrnehmung entspricht also keinem Registrieren von Reizen in objektiv-korrekter Form. Diese Erkenntnis ist auch für das Verhalten als Käufer von fundamentaler Bedeutung. Denn sie erklärt, daß der Käufer eben nicht mechanistisch objektive Gegebenheiten registriert und für seine Kaufentscheidungen verwendet, sondern viele ihm zugedachte Reize von vornherein abwehrt oder sie als Markierungen, Verpackungen, Produktgestalten, Produktqualitäten, Produktrisiken, Preise, Einkaufsstätten, Werbung usw. subjektiv registriert. Ein hohes Maß völliger Reizabwehr sowie der nur teilweisen und dabei diffusen, unpräzisen, oberflächlichen und/oder verzerrten Reizaufnahme resultiert aus menschlicher Bequemlichkeit. Der Mensch gilt als 'kognitiver Geizkragen'.167 Sein kognitiver Geiz schlägt um so stärker durch, je weniger Involvement er in bezug auf ein Objekt zeigt. Das heißt. Je weniger Ich-Beteiligung/Engagement bei einer Person aufgrund ihres objektbezogenen Interesses/Desinteresses vorliegt, desto mehr Bequemlichkeit wird sich diese Person bezüglich der jeweiligen objektbezogenen Reize erlauben. Dies kann in die Erscheinung des 'Priming', also des ausschließlichen Zugriffs auf die erst - resp./¡eichtest - verfügbare(n) Information(en) münden. Wahrnehmungsforschung und Forschungen in den Konstrukten Emotion, Motivation, Einstellung berühren sich sowohl in der Erscheinung der Informationsabwehr und -Selektion als auch in der Informationsformung, die von der Akzentuierung einzelner Informationsbestandteile bis zu völliger Verzerrung reichen kann. Die folgenden Beispiele verdeutlichen dies. Zu einer I nformationsabwehr kommt es häufig dann, wenn die neuen Informationen zu den bereits gespeicherten dissonant erscheinen. Das Individuum verfestigt damit seine Einstellungen und schützt sich vor Dissonanzempfindungen; der Raucher sperrt sich beispielsweise gegenüber Informationen, die das Rauchen in seinen Negativfolgen darstellen. Wahrgenommene Reize werden herausgefiltert und damit aus der weiteren Verarbeitung selektiert, wenn sie nicht der Motivationsstruktur des Individuums entsprechen; der familiale Automobilverkäufer selektiert beispielsweise Werbung für Sportwagenmodelle. Ursache bestimmter Interpretation von Reizen kann eine entsprechende Gefühlslage/Emotionalisierung des Individuums sein; der freudig erregte, im Überschwang des Glückes junger Liebe schwelgende Student mag so beispielsweise den Preis für 25 rote Rosen trotz geringen Einkommens als nicht belastend wahrnehmen. Emotional begründet ist etwa auch das besondere Wahrnehmungserlebnis, das männliche/weibliche Käufer dann haben können, wenn bestimmte Produkte in der Werbung oder real am Verkaufsort von ihnen attraktiv erscheinenden weiblichen/männlichen Geschöpfen präsentiert werden. Die-

167 Vgl. J.-P.Leyens. J.-P.Codol Soziale Informationsverarbeitung. In: W.Stroebe u.a. (Hrsg.), Sozialpsychologie, Berlin u.a. 1990, S. 105.

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ser In der Werbung recht häufig verwendete Ansatz nutzt das sog. Irradiationsphänomen , das - sehr allgemein ausgedrückt - die Ausstrahlungswirkung eines Wahrnehmungselementes auf andere Elemente bezeichnet. Wie bestimmte Elemente wirken, hängt also von dem Umfeld, in dem sie erscheinen, und den Prägungen/Vorurteilen/Einstellungen ab, die das Individuum zu diesem Umfeld aufweist. Dadurch kann Produkte eine Unterschätzung ihrer objektiv gegebenen funktionellen Eigenschaften treffen (z. B. Unterschätzung des Beschleunigungsvermögens eines PKW auf Grund sehr schwach ausgelegter Rückholfeder im Gaspedal)188, oder sie können umgekehrt von Überschätzungen der funktionellen Eigenschaften profitieren. Letzteres läßt sich in der Produktgestaltung z. B. durch Verwertung von Erkenntnissen über Farbassoziationen ausnutzen. So wird die Kühlleistung eines Gefrierschrankes mit eis-blau-grüner Innenfärbung stärker, der Gehalt einer Margarine von gelber Farbe höher169, der Weichmacher'-Effekt eines Weichspülers in babyrosa oder babyblau ausgeprägter eingeschätzt als bei dazu sonst identischen Produkten mit anderer Farbgebung. Die Unvollkommenheit der menschlichen Sinnesorgane fuhrt zu 'Falschnehmungen', unter denen sich zur Beeinflussung von Käuferverhalten Insbesondere optische Täuschungen nutzen lassen; konkret etwa die Erscheinung, daß menschliche Augen gleich große Behälter verschiedener Form verschieden groß wahrnehmen: Niedrige, aber weite Gefäße wirken voluminöser als hohe und schmale; eine Erfahrung, die von der Getränkeindustrie schon früh bei der Flaschenformung beachtet wurde.170 Im weiteren läßt sich die Neigung des Auges anfuhren, helle Gegenstände gegenüber objektiv gleich großen dunklen als größer/voluminöser/geräumiger wahrzunehmen.171 Entsprechend präsentieren Anbieter kleinerer PKWs zwecks Vorspiegelung von mehr Größe/Geräumigkeit in ihrer Werbung die hellen Farbvarianten. Die Organisation der aufgenommenen Informationen wird durch eine Vielzahl von Gestaltgesetzen erklärt, unter denen im Zusammenhang mit der Erklärung und Beeinflussungsmöglichkeit des Käuferverhaltens vor al-

168 Vgl. dazu konkret die Darlegung des Chrysler-Falles durch E. K Scheuch, Der Einfluß des Verwenderverhaltens auf die Produktgestaltung, In: Beiträge zum Produktmarketing, hrsg. v. U. Koppelmann. Herne u.a. 1973, S. 35f. Ein gleichartiges Beispiel referiert B. Spiegel, Die Struktur der Meinungsverteilung im sozialen Feld, Bern u. a. 1961, S. 132, mit dem Fall eines Weinbrandherstellers, der sich nach Ersetzung der Bleikapseln am Flaschenrand durch Kunststoffkapseln gehäuften Reklamationen zur Qualität des Weinbrandes ausgesetzt sah, obwohl das Produkt sonst absolut unverändert geblieben war. Die Kunststofikapseln führten zu Wahrnehmungen wie syntheüsch-kunststofihaft. 169 Vgl. L. v. RosenstieL C. Ewald, Bd. II, a.a.O.. S. 21ff.. und G. Behrens, Das Wahrnehmungsverhalten der Konsumenten, Frankfurt/M. 1982, S. 221. 170 Vgl. G. A. Jaederholm, Psychotechnik des Verkaufs, Leipzig 1926, S. 355, zitiert nach: H. Br&uer, Die Verpackung als absatzwirtschaftliches Problem, Nürnberg 1958, S. 47. 171 Vgl. L. v. Rosenstiel, G. Ewald, Bd. II, a.a.O., S. 22.

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lern das Gesetz der Prägnanz und damit zusammenhängend das Gesetz von Figur und Grund wesentlich erscheinen.172 Prägnanz ergibt sich Insbesondere bei Verwendung symmetrischer, einfacher, geschlossener Formen; eine gute Figur-Grund-Dlfferenzlerung setzt eine klar umgrenzte Figur und ein dagegen zurücktretendes Umfeld voraus. Die Beachtung dieser Gesetze erleichtert den physischen Wahrnehmungsvorgang und erhöht damit für entsprechend gestaltete Werbemittel, Produkte und Packungen die Chance, registriert zu werden. Um Werbe-, Marklerungs-, Packungs-, Produktformen auch unter ungünstigen Bedingungen überhaupt Wahrnehmung und weltergehend Wahrnehmung In der gewünschten Richtung/Weise zu erschließen, unterzieht man entwickelte Konzepte u. a. aktnalgenetischen173 Tests. In ihnen werden die Vorlagen zunächst unter besonders ungünstigen Wahrnehmungbedingungen (z. B. sehr kurz, sehr klein, sehr lichtarm) präsentiert; bei fortlaufender Verbesserung der Bedingungen registriert man, ab wann, was, wie (gefühlsmäßiger Ersteindruck) wahrgenommen wird.174 Die Berücksichtigung von Gestaltgesetzen und die Sicherung produktentsprechender gefühlsmäßiger Ersteindrücke bedeutet allerdings keinesfalls, daß bei den einzelnen Konsumenten ein Wahrnehmungsprozeß zwingend an- und abläuft. Denn neben diesen Einflußfaktoren der Wahrnehmung wirkt eine Reihe weiterer Faktoren, unter denen bereits auf die Gefühlslage, auf die gegebene oder nicht gegebene Motivation sowie auf die in positiver oder negativer Richtung mehr oder wenigerfixierteEinstellung hingewiesen wurde. Im weiteren spielen u. a. das soziale Umfeld, das an späterer Stelle behandelt wird175, sowie zurückliegende Erfahrungen des Konsumenten, die sich in bestimmten Erwartungen niederschlagen, eine wichtige Rolle für Wahrnehmungsprozesse. Hat ein Unternehmen Insgesamt oder mit bestimmten Einzelmarken beim Konsumenten in bestimmter Form Erfahrungen hinterlassen (= Einstellungen bewirkt/sich im Langzeitspeicher/Gedächtnis des Konsumenten verankert), so wird der Konsument zum Transfer dieser Erfahrungen auf weitere Angebote dieses Unternehmens neigen. Es kommt zu sog. Halo-Effekten, d.h. zu Ausstrahlungseffekten von dem allgemeinen Eindruck zu einem Produkt/einer Firma auf die Wahrnehmung bestimmter Produkteigenschaften oder bestimmter (anderer) Produkte.

172 Vgl. u.a. P. Sauermann, a.a.O., S. 97f.; L. v. Rosenstiel G. Ewald, a.a.O., S. 99ff. 173 Aktualgenese bezeichnet den Entstehungsprozeß eines Wahrnehmungsbildes vom ersten, noch recht diffusen Eindruck bis zur vollausgegliederten Wahrnehmung. 174 Vgl. zur näheren Information u.a. A. Anastasi, Angewandte Psychologie, Weinhelm u.a. 1973, S. 403 ff; L. v. Rosenstiel, G.Ewald, Bd. II, a.a.O., S. 103ff.; B.Barton von Keitz, Die Wahrnehmungsforschung für die Werbung, in: Die Werbung. Bd. I, hrsg. v. B. Tietz, Landsberg 1981, S. 697ff. 175 Vgl. den Abschnitt 'Soziologisch orientierte Ansätze'.

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Eine positive Einstellung zu einer bestimmten Firma (= positives Firmenimage) begünstigt also die positive Wahrnehmung neuer Produktmarken, wenn diese als Marken der betreffenden Firma erkennbar sind und mit dem bisherigen Programm harmonieren (positiver Imagetransfer). Wahrnehmungsstörungen hat man jedoch in dem Falle zu erwarten, in dem die neue (etwa in Realisierung eines Diversifizierungskonzeptes aufgenommene) Produktkategorie Dissonanzen bewirkt (z. B. Aufnahme von Cognac in das Programm einer bislang nur mit Parfüms befaßten Firma). Zur Vermeidung negativer Halo-Effekte wäre der neue Cognac-Zweig folglich dem Konsumenten nicht als neuer Teil der Firma anzuzeigen. Um in der Werbe-, Markierungs-, Verpackungs- und Produktgestaltungskonzeption die Produktmerkmale dominant erfassen zu können, die der Konsument in erster Linie wahrnimmt und für eine Produktbeurteilung verarbeitet, sind die vom Jeweiligen Käuferkreis für relevant erachteten Produkteigenschaften zu erkunden. Als besonders geeigneter methodischer Ansatz wird ein Assoziationsverfahren herausgestellt, bei dem man die Konsumenten zu einem Produkt Eigenschaften assoziieren läßt; die zuerst assoziierten Eigenschaften gelten als vorrangig relevant.176 Generell ist davon auszugehen, daß die Wahrnehmung relativ weniger (häufig zwischen drei und fünf)177 Produkteigenschaften zur Produktbeurteilung führt und daß ein sorgfältiges Abchecken eines Produktes in der gesamten Vielfältigkeit seiner Einzelkomponenten damit eher zu den Ausnahmen zählt. Nicht etwa nur aus Bequemlichkeit, sondern vor allem auch auf Grund seiner begrenzten Informationsverarbeitungskapazität178 neigt das Individuum auch als Konsument zum sog. chnnklng179, d. h. zur Zusammenfassung einzelner Informationen zu Blöcken. Der potentielle Käufer kann sich so insbesondere an den Schlüsselinfonnatlonen 'Markenname' 'Gütebe-

176 Vgl. W Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 317 mit Verweis auf V.Trommsdorff, Produktimages, a.a.O., S. 58ff. und 99ff. sowie H. Freier, Einstellungsmodelle, a.a.O., S. 172f. 177 Vgl. F. Hemsen, Consumer Cholce Behavlor, New York u.a. 1972, S. 219f.; H. HOger, Informationsbedarf und Informatlonsbeschaffung Jugendlicher Konsumenten beim Kauf langlebiger Güter -Ein Vergleich berufstätiger Jugendlicher mit gleichaltrigen Schülern und Studenten, S. 105; R. Roth, Das Informationsverhalten jugendlicher Konsumenten unterschiedlicher sozialer Herkunft und Schulbildung, S. 176; beide in: Informationsverhalten des Konsumenten, hrsg. v. H. Raffäe u.a. Wiesbaden 1981. 178 Die Verarbeitungskapazität des für die bewußte Wahrnehmung und die Informationsverarbeitung maßgeblichen Kurzzeltspeichers wird von Miller mit etwa sieben einzelnen gleichzeitigen Informationen angegeben. Vgl. G. MÜler, The Maglcal Number Seven Plus or Minus Two: Some Limits on our Capaclty for Processing Information, in: PsychR. Bd. 63 (1956), S. 81 ff. In späteren Untersuchungen finden sich sogar niedrigere, zu fünf tendierende Angaben. Vgl. G. M. Murch, G. L. Woodworth, Wahrnehmung, Stuttgart u.a. 1978, S. 30. 179 G. MWer, a.a.O.. S. 93.

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Zeichnung' (z.B. Handelsklassen, Weinsiegel), 'Preis', 'Image der Verkaufsstätte', aber auch an zusammenfassenden Testvirteilen der Stiftung Warentest180 orientieren, um von ihnen auf die Qualität der Produkte zu schließen.

Die Wahrnehmung relativ vieler Produkteigenschaften ist tendenziell bei extensiven Kaufentscheidungsprozessen, daß heißt u.a. bei hohem Risikoempflnden des Konsumenten zu erwarten. Nach der Theorie de« wahrgenommenen Risikos181 sind die Konsumenten bemüht, die mit Kaufentscheidungen verbundenen Risiken auszuschalten oder zumindest zu reduzieren. Im einzelnen kann das Bemühen sich darauf richten - finanzielle/preisliche (z.B. Zahlung zu hohen Preises wegen mangelhafter Marktübersicht) - funktionelle (z. B. Kauf funktionsuntüchtigen Produktes) - physische (z. B. Kauf gesundheitsgefährdenden Produktes) - psychische (z. B. Kauf eines Produktes, das zu negativen Eigensanktionen/emotiver persönlicher Unzufriedenheit fuhrt) - soziale (z. B. Kauf eines Produktes, das negative Sanktionen seitens positiv empfundener Bezugspersonen und/oder -gruppen auslöst) Risiken zu meiden. Die Höhe und Verhaltenswirksamkeit wahrgenommenen Risikos bestimmt sich einerseits durch Produkt-/ Angebotsmerkmale wie insbesondere - Neuheitsgrad - technische Kompliziertheit - Komplexität der Angebotssituation/Konkurrenzlage - Preishöhe - Höhe der Mindestabnahmemenge - soziale 'Ladung' des Produktes/Gefahr von Sozialbestrafungen aus Fehlkauf und andererseits durch Persönlichkeitsmerkmale des Konsumenten wie insbesondere - Selbstvertrauen/Gefühl der Urteilssicherheit - Risikobereitschaft.182

180 Vgl. G. S Oberer u.a.. Zur Nutzung von Gütertestinformatlonen beim Kauf verschiedener Konsumgüter, Ergebnisse einer breitangelegten Konsumentenbefragung, in: Informationsverhalten des Konsumenten, hrsg. v. H.Rqffée u.a., Wiesbaden 1981, S. 283ff. 181 Vgl. R. Bauer, Consumer Behavior as Risk Taking, In: R. S. Hancock (Hrsg.), Dynamic Marketing for a Changing World, Proceedings of the 43rd Conference of the American Marketing Association, Chicago 1960, S. 389ff.; deutsche Obersetzung in: MarketingSoziologie, hrsg. v. K. G. Specht u.a., Berlin 1976, S. 207ff.: D. F. Cax (Hrsg.), Risk Taking and Information Handling in Consumer Behavior, Boston 1967; F. Panne. Das Risiko im Kaufentscheidungsprozeß des Konsumenten, Zürich u.a. 1977. 182 Vgl. L. v. Rosenstiel, G. Ewald, Bd. I. a.a.O., S. 99.

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Nahellegende Strategie zur Risikomindening ist die Erweiterung der Informationsbasis. Das wahrgenommene Risiko motiviert zu (zusätzlicher) InformationsbeSchaffung und -Verarbeitung (Information als Gegengift der Unsicherheit).183 Die dabei verwendeten Quellen richten sich erwartungsgemäß nach der Art der wahrgenommenen Risiken (funktionelle und physische Risiken: vorwiegend Testberichte und mediale Informationsquellen; soziale Risiken: vorwiegend Bezugsgruppen/Meinungsführer). Die am häufigsten genannte Strategie zur Minderung von Kaufrisiken bei eingeführten Produkten ist jedoch die der Markentreue184, d. h. wiederholte, fortlaufende Zuwendimg zu Marken, mit denen der Käufer positive Erfahrungen verbindet, die ihm - in der Sprache der Dissonanztheorie - keine oder kaum Dissonanzen verursacht haben. Als weitere Riaikoreduzlerungs-Strateglen kommen für den Konsumenten Insbesondere in Betracht - Kaufzurückstellung bis positive Mund-zu-Mund-Werbung aus sozialem Umfeld kommt - zunächst nur Kauf von Kleinmengen/Probepackungen - Aushandeln von Rückgaberechten oder möglichst weitgehenden Garantien - Kauf bei bekannten Lieferanten - Kauf entsprechend 'gütebezeichneter' Produkte (z. B. Produkte der obersten Handelsklasse) - Kauf der teuersten Variante (Im Vertrauen auf entsprechenden PreisQualitäts-Zusammenhang) . Die letztgenannten Strategien stellen auf die vorhergehend als SchlüsselInformationen bezeichneten Faktoren ab. Durch Angebot von Probierpakkungen. Einräumen von Garantien und Rückgabe-/Umtauschmöglichkeiten und/oder Gütequalifizierung ihrer Produkte können insbesondere generell die Anbieter von Neuprodukten auf diese Verfialtensneigungen der Konsumenten reagieren. Nicht nur im Neuheitsstadium empfehlen sich derartige Ansätze zur Risikoreduktion vor allem für Anbieter sog. Erfahrungs- und Vertrauensgüter.186 Abschließend sei zum Konstrukt 'Wahrnehmung' der auch zur Konsumverhaltensforschung häufig strapazierte Aspekt der «ubliminialen/unterschwelligen Wahrnehmung kurz referiert.

183 Vgl. D. F. Cox, Risk Handling In Consumer Behavior, In: D. F. Cox (Hrsg.), Risk Taking, a.a.O.. S. 81. 184 Vgl. T. Roseltus. Consumer rankings of risk reduction methods, In: JoM, Jg. 35 (Jan. 1971), S. 59f. 185 Während Käufer bei Inapektlonsgütem die Qualität prinzipiell durch Besichtigung/ Musterung vor dem Kauf beurteilen können (z. B. Möbel), 1st Ihnen dieses bei Erfahrungsgütern generell erst nach eigenen Verwendungserfahrungen nach dem Kauf (z. B. Konserven) und bei Vertrauensgütem im allgemeinen weder vor noch nach dem Kauf (z.B. ökologische Produkte) möglich.

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Es besteht zwar Einigkeit darüber, daß die Schwelle der bewußten Wahrnehmung höher liegt als die Schwelle der (imbewußt) wirksamen Wahrnehmung. Sind Reize also "zu schwach oder von zu kurzer Dauer, um 'gesehen' oder 'gehört' zu werden"186, so bleiben sie zwar unbewußt, können aber trotzdem vom Organismus registriert worden sein. Die daraus gezogenen Schlüsse jedoch, der Konsument sei dadurch verborgen beeinflußbar und zu bestimmtem Verhalten steuerbar, daß beispielsweise in reguläre Fernseh- oder Kinoprogramme entsprechend kurze Einblendungen von Werbeappellen vorgenommen werden, erscheinen nach jetzigem Erkenntnisstand unzutreffend. Das heißt, die Visionen zum (per unterschwelliger Werbung) beliebig verfuhrbaren und manipulierbaren Verbraucher, mit denen sich insbesondere PACKARD187 durch leichtfertige Behauptungen Aufmerksamkeit und Verkaufserfolge für seine Publikationen produziert hat, haben sich nicht bestätigt.188 Entsprechend hat die Werbepraxis an diesem Ansatz auch sehr schnell das Interesse verloren. 22. Denkforschung Wenn 'Wahrnehmung' als Prozeß der Informationsaufhahme und Informationsverarbeitung interpretiert und als Kennzeichen des 'Denkens' ebenfalls Informationsverarbeitung angeführt wird, so äußert sich darin die Oberschneidung auch dieser Konstrukte. Während sich die Wahrnehmung jedoch - selbst als unterschwellige Wahrnehmung - auf real Vorhandenes bezieht und dieses in Sinneseindrücken subjektiv gefärt>t spiegelt, ist Denken "nicht an sinnlich präsente einzelne Bewußtseinsinhalte gebunden"189; es kann vielmehr auch (und aufgrund der besseren Voraussetzungen zur Konzentration häufig sogar besser) ohne jegliche Außenreize im dunklen, stillen Kämmerlein stattfinden. Um dazu eingangs bereits einen kurzen Bezug zum Käuferverhalten einzuschieben: Daß sinnliche Reize dem Denken direkt abträglich sein können, empfindet auch der potentielle Käufer, der den Wunsch äußert 'Alles nochmals in Ruhe überlegen (= durchdenken) zu wollen'. Umgekehrt kann dies die Verkäuferseite bei Skepsis hinsichtlich des Resultates eines ungestörten Denkvorganges dazu veranlassen, die Ruhe und damit den Denkvorgang überhaupt durch Darbietung einer Fülle weiterer Reize zu stören. Besonders ausgeprägt registrierbar ist dies im sogenannten Hochdruckverkauf, aber auch generell im Persönlichen Verkauf (z. B. bei Anwendimg der 186 B.Berelson, G. A. Stelner, Bd. I, a.a.O., S. 66. 187 V. Packard, Die geheimen Verführer, Düsseldorf 1957. 188 So übereinstimmend u.a. L. v. Rosenstiel Psychologie der Werbung, Rosenhelm 1969, S. 226f.; B. Berelson, G.A.Stelner, Bd. I a.a.O., S. 67; A.Anastasi, a.a.O., S.408f.; H. W. Brand, 'Unterschwellige' Werbung: Nicht sehen und doch glauben?. In: JAV, Jg. 26 (1980), insbes. S. 374f. und 381; O. W. Haseloff, Werbung als instrumenteile Kommunikation, in: Die Werbung, Bd. I. hrsg. B.Ttetz, Landsberg 1981, S. 125: H. Mühlbacher, Selektive Werbung, Linz 1982, S. 84 und S. 170. 189 R. Seidel, Denken und Problemlösen. In: Handwörterbuch der Psychologie, hrsg. v. R. Asanger u.a., Weinhelm u.a. 1980, S. 74.

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'Demonstrationsmethode' als Technik der Preisargumentation oder der sogenannten Taktik der zu verscherzenden Gelegenheit' als Abschlußtechnik190) und In der Wertjung, worauf noch zurückzukommen ist. Denken kann im Beurteilen, Ordnen, Abstrahleren, Weiterentwickeln von (aktuellen) Wahrnehmungen bestehen. Es bedarf als Erinnern, Umstrukturieren, Schlußfolgern jedoch keiner (aktuellen) Wahrnehmungen, sondern kann sich im Rückgriff auf (vorgegebene) Gedächtnisinhalte vollziehen. Als Überlegen von und zu Problemen sowie dem Lösen von Problemen bedarf es ebenfalls keiner (aktuellen) Wahrnehmung, sondern kann als innovativer/ origineller/kreativer Vorgang im Individuum 'verinnerlicht' ablaufen. Man stellt sich Objekte und Ereignisse vor, die weder zurückliegend existiert haben noch gegenwärtig existieren (etwa die Simulation von bestimmten Störfällen).191 Die Kaufverhaltensforschung hat zum Konstrukt 'Denken' insbesondere zu klären versucht. (1) unter welchen Umständen, d.h. In welcher Reizkonstellation (2) bei welchen Produktkategorien (3) bei welchen persönlichen Prädispositionen der Käufer zu welchem Grad des Denkengagements neigt. Zu (1): Reizkonstellation Für ein tendenziell stärkeres Denkengagement sprechen neuartige Situationen; von umgekehrt schwächerer Einschaltung des Denkens in den Kaufentscheidungsprozeß ist auszugehen, wenn der Konsument eine Kaufsituation als bekannt oder die Kommunikatoren als kompetent glaubwürdig wahrnimmt, wenn er unter Zeitdruck steht, sich sozialem Druck ausgesetzt fühlt oder durch starke emotionale Reizwerte zu impulsiven Handlungen geführt wird.192 Daran kann an Ausschaltung oder zumindest Reduzierung von Denken Interessiertes Marketing ansetzen. Es setzt daran an, wenn im Persönlichen Verkauf über die bereits angeführte 'Abschlußtechnik der zu verscherzenden Gelegenheit' Zeitdruck produziert wird (im Immobiliengeschäft, Gebrauchtwagenhandel u.a.: Wenn Sie sich nicht sofort entschließen, wir haben noch weitere ernsthafte Interessenten!'J.Weitere Beispiele bilden Werbeslogans, die über die deutlich herausgestellte Aufforderung bzw. Mitteilung 'Kaufen Sie jetzt/sofort/noch heutel Unsere Vorräte sind begrenzt/die Preise werden steigen/ein so günstiges Angebot bekommen sie nicht mehr geboten!' Zeitdruck suggerieren.

190 Vgl. A. Bünsch, Verkaufspsychologie, a.a.O., S. 88 und 92. 191 Vgl. zu den Kennzeichen des Denkens im näheren u.a. C. F. Graumann (Hrsg.); Denken, 3. Aufl., Köln u.a. 1966, insbes. S. 15ff. und 47ff.; R. Oerter, Psychologie des Denkens, Donauwörth 1971. insbes. S. 133ff. 192 Vgl. P. Weinberg, Entscheldungsverhalten, a.a.O., S. 17.

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Sozialer Druck wird nicht selten In der Form auszulösen versucht, daß man das Bewahren oder Erreichen sozialer Zuwendung als zwingend mit dem Kauf und der Verwendung bestimmter Produkte verknüpft (u. a. die familiale Zuwendung für die Hausfrau als abhängig von der Verwendung bestimmter Weichspüler; die soziale Zuwendung generell als abhängig von der Verwendung bestimmter Deodorants; der Erfolg beim weiblichen Geschlecht von der Verwendung bestimmter After Shaves beim Mann). Liegen entsprechende persönliche Prädispositionen vor, auf die In der Folge noch einzugehen ist, so kann der das Denken zumindest stark einschränkende soziale Druck tatsächlich effizient eintreten. Sozialen Druck produzieren beispielsweise auch Zeitschriftenwerber und andere 'Haustür-Verkäufer', die sich als soeben Strafentlassene, körperlich behindert, arbeitslos, Vater/Mutter vielköpfiger hungernder Familie mit schwerkranker oder fortgelaufener Ehefrau/Ehemann u. a. Mitleid erregenden (in der Regel aber frei erfundenen) biographischen Daten präsentieren. Man könnte dabei allerdings auch schon vom Einsatz starker emotionaler Reizwerte sprechen, die das Denken ausschalten sollen. Andere Beispiele für den Einsatz emotionaler Reizwerte zwecks Reduzierung des Denkens beim Konsumenten und damit zur Auslösung von Spontankäufen bilden das Aufgebot attraktiver Verkäuferinnen/Verkäufer (konkret zu denken ist dabei etwa auch an Animierdamen in Nachtbars), das auf Jahrmarktstimmung ausgelegte Reizmuster von Supermärkten, Verbrauchermärkten, Kauf- und Warenhäusern mit üppiger Angebotsfülle, Färb- und Formenreichtum, Staus und Gedränge, Musik und anreißerischen Durchsagen sowie voluminösen Einkaufswagen (deren anfängliche Leere Sogeffekte auslösen soll). Andererseits ist In diesem Zusammenhang aber auch daran zu erinnern, daß emotionale Reizwerte für die Aktivierung des Individuums sorgen können, die es für bestimmte Probleme aufmerksam werden läßt und damit zum Denken veranlaßt. Dafür erscheinen Jedoch - wie an früherer Stelle auch angezeigt - eher mittlere als starke emotionale Reizwerte zweckmäßig, da zu hohe Intensität schließlich sogar 'ein Durchbrennen der kognitiven Sicherungen'193 auslösen kann. Für das Abblocken von Denken schließlich finden praktisch auch Ansätze Verwendung, die dem Käufer den Eindruck der Vertrautheit/Bekanntheit/ Konstanz der Kaufsituation vermitteln und ihm damit signalisieren: Denken ist überflüssig, handle so wie bisher! In die gleiche Richtung geht das Bemühen der Anbieter, sich In der Werbung und/oder persönlichen Kommunikation als sachkompetent und glaubwürdig zu präsentleren, um damit den Käufer ebenfalls zu dem Eindruck zu führen: Du brauchst nicht zu denken, andere haben das bereits kompetent für dich getan! Eis sei hier an die weiß bekittelten Herren erinnert, die vor Laborhintergrund oder am Zahnarztstuhl über die Vorzüge einer bestimmten Zahnpastamarke dozieren. Relativierend sei dazu jedoch

193 Vgl. P. Weinberg, Entscheidungsverhalten, a.a.O., S. 57.

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auch wiederholt194, daß sich mit steigender Ich-Beteiligung (Näheres dazu anschließend bei Erläuterung der 'persönlichen Prädispositionen') die Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Kommunikation konzentriert und der Faktor 'Glaubwürdigkeit des Kommunikators' in der Bedeutung abnimmt. Dies erklärt dann das besondere Augenmerk, das die Marketing-Kommunikation den Möglichkeiten widmet, durch Nutzung des sogenannten Sprachrealismus und von automatischen sprachlichen Assoziationen (Existenz von relativ stabilen Primärassoziationen)195 das (eigenständige) Denken des Konsumenten zu verhindern. Sprachrealismus bezeichnet die Erscheinung, daß viele Menschen unreflektiert enge Beziehungen zwischen Worten und Sachen herstellen. Sie schließen ohne Nachdenken von der Existenz eines Wortes auf das tatsächliche Vorhandensein eines entsprechenden Sachverhaltes, beispielsweise von der Bezeichnung 'Nährcreme' oder 'Aufbaucreme' auf tatsächlich nährende oder aufbauende Eigenschaften einer Hautcreme, obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, daß der Haut von außen gar keine Nährstoffe zugeführt werden können und sie entsprechend auch nicht von außen aufgebaut werden kann.196 Besonders wirksam erscheint dabei die Verwendung von Substantiven. Entsprechend stellen KROEBER-RIEL und MEYER-HENSCHEL unter Berufung auf KAINZ fest: "Substantive wirken genauer, technischer und damit auch glaubwürdiger als Adjektive. Sie werden geradezu als 'Beweis' wahrgenommen ... Eine Uhr, der 'Ganggenauigkeit' zugeschrieben wird, muß einfach genau gehen!"197 Automatische Reaktionen aus relativ stabilen Primärassoziationen erklären sich daraus, daß der Erwerb von Sprachgewohnhelten mit dem Erwerb von Denkgewohnheiten einhergeht und daß sich so zu bestimmten Sprachmustern auch bestimmte Reaktionsmuster etablieren, folglich nicht mehr nachgedacht, sondern automatisch assoziativ In bestimmter Form reagiert wird. Hellseherische Fähigkeiten vorgebende 'Zauberer' nutzen diese Erscheinung, und in der Werbung geschieht dies ebenfalls. Liest oder hört man beispielsweise 'Das Produkt mit der Traumnote', so assoziiert man überwiegend die Schulnote 'sehr gut' und dann häufig weitergehend bereitwillig 'qualitativ hochwertig'. KROEBER-RIEL und MEYER-HENTSCHEL198präsentieren dazu als treffendes Beispiel die Pflanzenöl-Marke 'Livio', bei der von der Bezeichnung primär die Assoziation zu Olivenöl kommen wird; tatsächlich besteht 'Livio' jedoch vor allem aus Sonnenblumenöl! 194 Vgl. den Abschnitt 'Elnstellungsforschung/Kommunlkatlonsforschung'. 195 Vgl. W Kroeber-Rlel G. Meyer-Henlschel a.a.O.. S. 158ff. 196 Vgl. dazu sowie anderen Beispielen auch Zentralausschuß der Werbewirtschaft (Hrsg.), Spruchpraxis Deutscher Werberat 6. Aufl.. Bonn 1990, S. 60ff. 197 W: Kroeber-Rlel G. Meyer-Henlschel a.a.O.. S. 161. 198 W. Kroeber-Rlel G. Meyer-Hentschel a.a.O.. S. 164.

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Zu (2): Produktkategorien Produktbezogen Ist das Denkengagement des Konsumenten vor allem als abhängig von dem/der - Neuigkeitsgrad (bekannte-neuartige Güter) - Wert (billige-teure Produkte) - Einkaufsfrequenz (häufig-selten gekaufte Güter) - sozialen Signalwert (nicht auffällige-auffällige Güter) - Verwendungsdauer (Verbrauchsgüter/kurzlebige Gebrauchsgüter-langlebige Gebrauchsgüter) - Verwendungszweck (Eigenverwendung- Geschenkartikel) einzusehen.199 Als deutliche Tendenz ist anzunehmen, daß neuartige, teure, selten gekaufte und/oder auffällige Güter sowie langlebige Gebrauchsgüter und Geschenkartikel mit mehr Denkengagement gekauft werden als ihre Jeweiligen Gegenpole. Grundsätzliche Ausnahmen gelten bei Geschenkartikeln nur, wenn der Käufer klar artikulierte Geschenkwünsche zu erfüllen hat oder er den Geschenkvorgang für unwichtig erachtet. Bei auffälligen Gütern ist als prinzipieller Sonderfall (der vorhergehend bereits erwähnte) zu beachten, daß sich der Käufer einem sozialen (Konformitäts-)Druck ausgesetzt sieht, der ihm die zu kaufenden Güter vorzeichnet, also quasi programmiert. Zusammenfassend ließe sich auch feststellen, daß aus der Sicht des Konsumenten problemlose Waren kaum Denken auslösen, problemvolle Waren dagegen stärkeres extensives Denken initiieren. Auf das Kriterium 'empfundene Problemhaftigkeit' der zu kaufenden Leistung bezieht sich auch die in der amerikanischen Marketingliteratur seit langem geläufige und dort weit verbreitete Differenzierung in - Convenience Goods: Güter, die in schnellen Abständen (frequently), kurzerhand (immediately), mit minimalem Aufwand für Vergleiche und Einkauf (minimum of effort in comparision and buying) beschafft werden; z.B. Großteil der Lebensmittel und der täglich benötigten Haushaltsartikel; - Shopping Goods: Güter, bei denen sich der Verbraucher in der Auswahl und im Kauf typischerweise der Mühe von Vergleichen hinsichtlich Eignung (suitability), Qualität (quality), Preis (price) und Stil (style) unterzieht; z. B. Möbel, größere Haushaltsgeräte; - Speciality Goods: Güter, die der Konsument aufgrund seiner spezifisch ausgeprägten Anspruchshaltungen unter Hinnahme erheblichen Aufwandes auswählt, z. B. Fotoausrüstungen, Stereoanlagen, Verlobungsund Hochzeitsgeschenke, Wohnungen und Häuser.200 199 Vgl. dazu auch den Oberblick bei F.Hansen. Consumer Choice Behavior, a.a.O., S. 310ff.; Hansen sieht das 'Produkt' allerdings als Teil der Reizkonstellation (Environmental Differences) an. 200 Diese Differenzierung wurde bereits 1925 von M. T. Copeland, Principles of Merchandising, New York 1925 präsentiert. Vgl. zur Kennzeichnung dieser Produkttypen F. Hansen, Consumer Choice Behavior, a.a.O., S. 310.

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Zu (3): Persönliche Prädispositionen Als für den Grad des Denkengagements relevante persönliche Prädispositionen lassen sich vor allem - Risikoeignung - Neigung zu impulsivem/reflexivem Stil - Informationsbedürfnls - Grad der Ich-Beteiligung des Konsumenten anführen. Zur Risikoneigung ist auf die vorhergehenden Darlegungen zur Theorie des wahrgenommenen Risikos zu verweisen, indem insbesondere an die Risikoreduzierungs-Strategie 'zusätzliche Informationsbeschaffung' erinnert wird. Der zu hohen Risikowahrnehmungen und Risikoaversion neigende Konsument versucht, durch Verarbeitimg zusätzlicher Informationen Sicherheit zu gewinnen. Neigung zu Impulsivität entspricht im Kaufverhalten häufig der Risikoneigung. Denn der Impulsive Konsument neigt zu seiner Impulsivität auf Grund entsprechender Risikofreudigkeit, während Ursache reflexiven Stils In vielen Fällen gerade das Streben nach Risikominderung bildet. Allerdings ist durchaus auch vorstellbar, daß nach längerer Reflexion (längerem Überlegen/Denken) die Entscheidung dann doch ganz bewußt zugunsten einer risikoreichen Variante fällt. Das Informationsbediirfnls bzw. das vorhandene Informationsniveau erscheinen mit reflexiven Neigungen und dadurch initiiertem Denken vor der Kaufentscheidung verknüpft. Die sog. 'Information Seeker' lesen mehr Zeitschriften und Zeitungen, planen ihre Käufe sorgfältiger und kommen - gemessen an gezahlten Preisen sowie neutralen Qualitätsurteilen wie denjenigen der Stiftung Warentest - zu objektiv besseren Käufen.201 Der Grad der Ich-Beteiligung (Ego-Involvement) hängt von der Wichtigkeit, dem Belang, der Tragweite ab, die das Individuum dem Denkobjekt/ Kaufobjekt zuordnet. Je größer das Involvement, desto stärker das zu erwartende Denkengagement und desto ausgeprägter die Kategorienbildung In 'Zustimmung' und 'Ablehnung'.202 Das heißt, ein hoher Grad an Ich-Beteillgung löst auch ein relativ starkes Informationsbedürfnls aus. Geht es beispielsweise um die Auswahl eines Geschenkes für eine sehr geschätzte/ sehr nahestehende Person, ist höheres Ego-Involvement anzunehmen als beim Kauf eines als lästige Pflicht empfundenen Geschenkes für eine Person, zu der man ein indifferentes Verhältnis hat. Während Im erstgenannten Fall extensive Beschäftigung mit der Kaufaufgabe zu erwarten steht, wird im zweiten Fall als Verhalten wohl das routinemäßige Zurückgreifen auf einen bunten Strauß, die Schachtel Konfekt oder die Flasche Wein/ Weinbrand zu beobachten sein.

201 Vgl. K. Tötle u.a., Der 'Information Seeker*: Konsumbegeistert oder konsumkrltisch?, in: MARKETING ZFP, Jg. 3 (1981), S. 47f. 202 Vgl. R. Oerter. a.a.O.. S. 403ff.

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Zweites Kapitel: Konsumentenvertialten

Aus der Kombination von Komponenten der Reizkonstellation, der Produktkategorien und der persönlichen Prädisposition werden dann üblicherweise die folgenden vier - eingangs bereits erwähnten Typen von Kaufentscheidungsprozessen gebildet:203 (1) Extensive Kaufentscheidungsprozesse, die durch relativ großen Aufwand sowohl hinsichtlich der Identifikation Individuell relevanter Entscheidungskriterien (z.B. Haltbarkeit, Sicherheit, Prestigenutzen von Produkten) als auch In der vergleichenden Beurteilung von Alternativen (Produkttypen, Produktmarken, Einkaufsstätten) bezüglich der Kriterien gekennzeichnet sind. Ein derart extensives Entscheidungsverhalten wird generell gegenüber problemvollen Produkten erwartet; dies Insbesondere bei starker Ich-Beteiligung des Käufers In neuen Situationen. (2) Begrenzte/vereinfachte Kaufentscheidungsprozeue sind insbesondere für problemlose Güter beim Kauf durch persönlich stark Involvierte Käufer In reizarmer Situation anzunehmen. Der Konsument ist hier mit der Produktkategorie (auf Grund Ihrer Problemlosigkeit), nicht aber mit allen in der Produktkategorie offerierten Marken vertraut. Die Kriterienbildung kann hier bereits als vollzogen gelten, so daß es Im wesentlichen nur zu Alternativen vergleichendem Denken kommt, das durch das Involvement Initiiert und von einer reizarmen Situation begünstigt wird (z. B. kein Zeitmangel, kein sozialer Druck, keine stark emotionalen Reizwerte). Andererseits kann dieser Typ des Kaufentscheidungsprozesses tendenziell auch bezüglich problemvoller Güter dann eintreten, wenn ein eher schwaches Involvement des Käufers und eine eher reizarme Situation (keine Neuartigkeit, kein sozialer Druck, keine stark emotionalen Reizwerte) vorliegen. (3) Habituallsierte/gewohnheiUgemäße Kaufentscheidungsprozesse sind insbesondere bei problemlosen Gütern anzunehmen, wenn das Involvement des Käufers gering ist und die Feldsituation keine routineverändernden Reize bietet. (4) Affektgesteuerte/impulsive Kaufentscheidungsprozesse schließlich werden vorwiegend bei problemlosen Gütern in reizstarker Feldsituation (Zeitdruck, sozialer Druck, starke Emotlonalislerung) vorkommen. Der Konsument reagiert hier ohne vorherige Informationssammlung und -Ordnung (In Form von Kriterienbildung und Alternativenvergleich) beispielsweise spontan auf Reize bestimmter Angebote am Verkaufsort. Die bisherigen Ausführungen zur Behandlung von Denken beim Konsumenten durch das Marketing spiegelten ganz überwiegend eher Bemühungen um Behinderung und Ausschaltung des Denkens als seine Anregung beim Konsumenten. Es sei zum Abschluß dieses Komplexes jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Marketing u. a. insbesondere als Marketing für (gegenüber Konkurrenzprodukten) objektiv In der Qualität überlegene Produkte, besonders umweltfreundliche Produkte, In physischfunktioneller Hinsicht neuartige Produktkategorien die Konsumenten direkt zum Denken auffordern und ihnen Denken erleichtern wird, weil aus

203 Vgl. in ausführlicher Darlegung ABebié, a.a.O., S. 422ff.; P. Weinberg, Entscheidungsverhalten, a.a.O., S. 12ff.

Zweites Kapitel: Konsumentenveiiialten

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dem Denken ein Aufbrechen verfestigter Konsumgewohnheiten und damit Chancen für überlegene, umweltfreundlichere, neuartige Produkte erwartet werden. 33. Lernforschung Wesentliche Teile des Käuferverhaltens erscheinen durch Lernvorgänge geformt. Der Käufer zeigt sich von Vorurteilen, Präferenzen, sozialen Haltungen, Idealen usw. geprägt, die nicht angeboren, sondern gelernt sind. Entsprechend stark ist bei der Erklärung des Konsumentenverhaltens die Bezugnahme auf lerntheoretische Ansätze. Der wissenschaftliche Begriff 'Lernen' bezeichnet Änderung In der Verhaltensweise oder der Verhaltensmöglichkeit des Individuums über die Zeit. Ein Individuum hat gelernt, wenn es sich in Reaktionen auf eine Umweltsituation relativ dauerhaft anders verhält oder verhalten kann.204 Damit repräsentiert das Konstrukt 'Lernen' im Informationsprozeß insbesondere Vorgänge der Informationsspeicherung. Die für die Kaufverhaltensforschung ertragreich erscheinenden lerntheoretischen Ansätze werden unter Bezugnahme auf HILGARD und BOWER205 meistens mit (1) 'Relz-Reaktions-Theorlen' und (2) 'Kognitiven Theorien' In zwei Hauptgruppen gegliedert. Zur Betonung der Besonderheiten verbalen Lernens seien hier in der Folge (3) Theorien des verbalen Lernens als eigene Gruppe berücksichtigt. Die im weiteren recht häufig für partielle Erklärungen des Kaufverhaltens herangezogenen Theorien sozialen Lernens (Beobachtungslernen, Imitationslernen, Modell-Lernen) und des sogenannten probabilistlschen Lernens folgen erst in späteren Zusammenhängen.206 Zu (1): Reiz-Reaktions-Theorien Nach den Vorstellungen der Reiz-Reaktions-Theoretiker (zuzurechnen u. a. PAWLOW, SKINNER) lernt das Individuum durch Verbindung zwischen Reizen (Stimuli) und Reaktionen. Das Verhalten resultiert aus Reizen, die auf

204 Zu berücksichtigen Ist dabei allerdings, daß es auch Verhaltensänderungen gibt, die nicht auf Lernen beruhen: Ermüdung, Reaktionen auf Pharmaka, organische Veränderungen, Verletzung, Reifung. Vgl. F. Slxtl W. Körte, Der lerntheoretische Ansatz in der Sozialpsychologie, in: HdPsych, Bd. 7 (I), Göttingen 1969, S. 184. Der Begriffsbestandteil Verhaltensmöglichkeit' läßt aus dem Ausbleiben einer Verhaltensänderung also nicht den Schluß zu, es habe kein Lernen stattgefunden. Bereits der Erwerb von Verhaltensmöglichkeiten wird folglich als Lernen bezeichnet. Vgl. J. Bredenkamp, W. Wippich, Lern- und Gedächtnispsychologie, Bd. I, Stuttgart u.a. 1977, S. 19f. 205 Vgl. E. R Hägard. G. H. Bower, Theorien des Lernens, Bd. I, 3. Aufl.. Stuttgart 1973, S. 22 ff. 206 Soziales Lernen im Abschnitt 'Strukturansätze/soziologisch orientierte Ansätze' und probabillstlsches Lernen im Abschnitt 'Stochastische Ansätze'.

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das Individuum gewirkt und beim Individuum bestimmte Gewohnheiten bewirkt haben. Es werden Gewohnheiten (= Reaktionen) gelernt. Herausgebildet haben sich Innerhalb der Reiz-Reaktions-Theorie zwei Richtungen: (a) Klassische Konditionierung (Lernen nach Konüguitätsprlnzip) (b) Operante Konditionierung (Lernen nach Verstärkungsprinzip). Zu (a): Klassische Konditionierung Die klassische Konditionierung stellt ein von PAWLOW207 belegtes Prinzip der Steuerung von Reflexreaktionen durch ursprünglich neutrale Reize dar. Ausgangspunkt des entsprechenden Lernmodells waren Versuche mit Hunden. Den Hunden wurde bei Verabreichung von Futter (natürlicher/nicht konditionierter Reiz) ein neutraler Reiz (Läuten einer Glocke) dargeboten. Nach einigen Wiederholungen vermochte der ursprüngliche neutrale Reiz (Läuten der Glocke) allein Reaktionen (Speichelfluß) ähnlicher Stärke auszulösen wie der natürliche Reiz. Es kam zur Konditionierung der Reaktion; es wurde also gelernt, auf den ursprünglich neutralen Reiz in bestimmter Form zu reagieren. Verallgemeinert besagt das Prinzip der klassischen Konditionierung damit, daß sich ein Reiz durch gemeinsames Auftreten mit einem reaktlonsauslösenden Reiz zum Auslöser für diese Reaktion entwickelt: Eine Reaktion wird als Antwort auf einen neuen Reiz gelernt.208 Die Kontiguität (die Berührung, das zeitliche Beieinandersein) der Reize hat dem ursprünglich neutralen Reiz die reaküonsauslösende Eigenschaft vermittelt. Ein für den Konsumenten zunächst neutraler Reiz läßt sich im Laufe der Zeit positiv einfärben, indem dieser Reiz mehrfach zusammen mit einem beim Konsumenten positive Reaktionen/Emotionen auslösenden Reiz dargeboten wird. Dies kann z. B. mittels assoziativer Wertung gelingen, bei der etwa bislang unbekannte Produkte/Marken wiederholt in entsprechend positiv geladenen Umfeldern erscheinen. Dieser Ansatz läßt sich vor allem in der Fernseh-, Kino- und Radiowerbung realisieren. Dazu sind die als optimal erkannten Zeitverhältnisse zu beachten: Die Konditionierung gelingt am sichersten, wenn der positive Reiz kurz vor dem zunächst neutralen (einzufärbenden) Reiz einsetzt und gleichzeitig oder unmittelbar vor diesem endet.209

207

l. P. Pawlow,

Conditloned reflexes, London 1927; ders., Die bedingten Reflexe, Mün-

chen 1972. 208 Vgl. E. R. S. 756f.

Hllgard, G. H. Bower,

Theorien des Lernens, Bd. II, S. Aufl., Stuttgart 1973,

209 Vgl. F. Foppa, Lernen. Gedächtnis, Verhalten, 8. Aufl., Köln 1972, S. 29, der auf Untersuchungsergebnisse verweist, die als Mindestintervall ca. 0,2 Sekunden nennen, aber auch bis zu 5 Sekunden empfehlen.

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Eine Konditionierung mit negativ geladenen Reizen mag etwa in folgenden Formen - insbesondere auf passive Sicherheit ausgelegte PKW-Marken mit UnfallSituationen

- Zahnpastamarken mit Karies- und/oder Parodontosedarstellungen - Versicherungen mit Notfallsituationen und/oder Unfallsituationen auch sinnvoll erscheinen, wenn die Assoziation 'Das betreffende Angebot bietet Schutz vor der unangenehmen/bedrohlichen Situation' erzeugt werden soll und grundsätzlich auch erzeugt werden kann. Diesbezügliche Untersuchungsergebnisse weisen die sogenannte Negativwextrang jedoch zumindest in dem Sinne als problematisch und nicht empfehlenswert aus, als für sie (gegenüber angenehm/positiv ausgelegten Verknüpfungen) deutlich niedrigere Reaktionswerte (Erinnerungswerte und Kaufreaktionen) festgestellt wurden.210 Bei Zahnpasta empfiehlt sich also eher die Präsentation strahlend weißer Zähne und die Assoziation zum sozialen Erfolg aufgrund der mit Marke X geputzten Zähne. Dem Verlöschen (Extinktion) konditionierter Reize läßt sich über Wiederauffrischung durch den (die) konditionierten Reiz(e) entgegenwirken. Da nicht nur der konditionierte Reiz, sondern auch diesem ähnliche Reize zu bestimmten Reaktionen fuhren, also Reiz-Generallslerangen auftreten, können Nachahmungen bekannter Produkte/Marken schnelle Markterfolge bringen (Politik der me-too-Produkte). Entsprechend lassen sich auch noch verbliebene Käufer von absterbenden (In die Schlußphase ihres Lebenszyklus geratenen) Produkten über Nachfolgeprodukte dadurch auffangen, daß diese Folgeprodukte (z. B. in der Form oder in der Markierung) entsprechend ähnlich konzipiert werden. Andererseits ist die Wahrnehmung eines Produktes als bestimmte Eigenheit/Heterogenität davon abhängig, inwieweit es gelingt, für dieses Produkt eine positive Diskrimination im Sinne einer möglichst deutlichen Abhebimg von ähnlichen oder ähnlich erscheinenden Produkten dadurch zu erreichen, daß man für dieses Produkt besondere Indentiflkationszeichen konditioniert: z. B. Aufkleber auf Apfelsinen, Bananen u. a. Obst, Aufnäher insbesondere auf Sport- und Freizeitkleidung. Zu (b): Operante Konditionierung Bei der operanten Konditionierung handelt es sich um einen insbesondere von SKINNER211 über Tierversuche entwickelten Ansatz des Lernens nach dem Verstärkungsprinzip.

210 Vgl. S. A. Mednlck u.a., Psychologie des Lernens, München 1975, S. 49; P. Sauermcuin, a.a.O., S. 103. Verwiesen sei dazu Im weiteren auf G. R. Lefrancois, Psychologie des Lernens, 2. Aufl., Beiiln u.a. 1986, S. 180: "Es gibt genügend Hinwelse dafür, daß das menschliche Verhalten oft das Angenehme sucht und das Unangenehme vermeidet. Diese Haltung bezeichnet man als psychologischen Hedonlsmus." 211 B. F. Skinner, Wissenschaft und menschliches Verhalten, München 1973.

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Versuchstieren wurde unmittelbar nach Vollzug einer bestimmten Reaktion (Drücken eines Hebels) ein verstärkender Reiz (eine Futterpille) dargeboten. Um den Reiz zu erhalten, hatten die Tiere also eine bestimmte Handlung (daher die Bezeichnung 'operant') vorzunehmen; der Verstärker wurde von einer Reaktion abhängig gemacht. Eine Konditionierung der Reaktion ließ sich dadurch nachweisen, daß der Verstärker die relative Häufigkeit der Reaktion pro Zelteinheit erhöhte. Wenn das Versuchstier nach einmaligem Hebeldrücken auch nur eine einzige Futterpille erhielt, ließen sich 50 und mehr Handlungen (Reaktionen) feststellen.212

Verallgemeinert lautet das Lernprinzip: Eine zunächst neutrale Reaktion erhält durch nachfolgende Verstärkung für den Organismus eine Bedeutung und tritt dadurch mit veränderter Wahrscheinlichkeit auf; die Reaktion wird Eds Auswirkung ihrer Konsequenz gelernt.213 Die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Verhalten hängt nach diesem Ansatz von den Konsequenzen dieses Verhaltens ab, die das Individuum empfindet/erwartet. Gelernt wird an den Konsequenzen. Die Konsequenzen können belohnender oder bestrafender Art sein. Eine Belohnung ergibt sich durch Darbietung eines positiven Reizes/Verstärkers (z.B. auch Erhöhung sozialer Anerkennung durch soziale Zuwendung) oder Entzug eines negativen Reizes (z.B. auch Abbau sozialer Mißbilligung durch soziale Zuwendung). Bestrafend wirkt umgekehrt der Entzug eines positiven Reizes oder die Darbietung eines negativen Reizes.214 Verstärkereffekte (Erhöhungen der Reaktionswahrscheinlichkeit) sind folglich über Präsentation positiver Reize oder Entzug negativer Reize erreichbar. Zu einer Verhaltensabschwächung kommt es, wenn sich das Individuum für sein Verhalten durch Präsentation negativer Reize oder Entzug positiver Reize bestraft fühlt. Dabei ist allerdings insofern eine Asymmetrie zu beachten, als aus Bestrafungen im Vergleich zu Belohnungen geringere Verhaltenswirksamkeit zu erwarten ist.215 Daraus läßt sich weitergehend folgern, daß auch das Signalisieren/Versprechen von Schutz gegen eventuelle negative Konsequenzen geringere Verhaltenswirksamkeit verspricht als die Ankündigung angenehmer/positiver Konsequenzen. Entsprechend läßt sich die vorhergehend aufgrund von Folgerungen aus der klassischen Konditionierung dargelegte geringere Verhaltenswirksamkeit von Negativwerbung auch aus der operanten Konditionierung erklären. In einer Werbung für die Verwendving einer bestimmten Zahnpastamarke Schutz vor Karies ausgelobt zu bekommen, wird eben für viele Personen weniger attraktiv und anziehend sein, als etwa stärkere Zuwendung vom anderen Geschlecht als Belohnung zu erwarten.

212 Vgl. E. R. HÜgard, G. H. Bower, Bd. I, a.a.O., S. 133. 213 Vgl. E. R. HOgard, G. H. Bower. Bd. II, a.a.O., S. 756. 214 Vgl. B. F. Skinner, a.a.O.. S. 76f. 215 Vgl. W. Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten, a.a.O.. S. 339.

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Treueerscheinungen und damit Kaufhabitualislerungen erklären sich nach diesem Ansatz aus positiven Erfahrungen der Konsumenten. Verbindet ein Konsument positive Erfahrungen mit einem Produkt, einer Marke, einer Einkaufsstätte, einem Verkäufer, so erwartet er weitere positive Erfahrungen und zeigt entsprechende Verhaltenswiederholungen (Erfahrungstransfer). Im Persönlichen Verkauf beispielsweise kann der Verkäufer also die Wahrscheinlichkeit für einen Abschluß und für Wiederholungen durch ein Verhalten erhöhen, das der Kunde als belohnend empfindet. Entsprechend hat der Verkäufer seinem Kunden über sprachliche und nichtsprachliche Kommunikationselemente Zustimmung, Anerkennung, Bewunderung zu senden.216 Zu (2): Kognitive Theorien Die kognitiven Theorien gehen davon aus, daß sich Lernen im Erwerb von Verbindungen zwischen Reizen vollzieht; man nimmt also kein An- und Ausschalten einer festgeprägten Verbindung von Reiz und Reaktion an. Vielmehr besteht die Auffassung, daß sich die durch einen Reiz geprägte Situation bereits während des Ablaufs der sie beantwortenden Handlung ändert und mit jeder Situationsänderung neue Reize aufgenommen werden.217 Aus der Verbindung der Reize formt sich ein Orientierungsplan; gelernt werden also kognitive Strukturen. Eis bilden sich keine Reaktionsketten aus, die Verbindung von Reizen vermittelt vielmehr eine Oberschau über die Situation. Nach dieser Ansicht werden also keine Handlungen gelernt, sondern Sachverhalte im Sinne von Einsichten in die Ergebnisse von Handlungen. Die Konsequenz daraus ist die Annahme, daß man neue Probleme nicht im Versuch- und Irrtum-Verfahren - wie von der Reiz-Reaktions-Theorie angenommen -, sondern durch Einsicht löst, d. h. durch Verstehen der Beziehungen, die das Problem kennzeichnen.218 HILL spricht deshalb hier auch von verstandesmäßigem Lernen im Gegensatz zur Annahme von Lernen durch Repeütlon bei den Reiz-ReaktionsTheorien.219 Gemäß gemeinsamer Erkenntnis kognitiver Theorien sind Im Verkaufsvorgang also Darbietungsformen zu wählen, die den potentiellen Käufern möglichst unmittelbar Einsicht erlauben. Es geht darum, bei den Käufern Verständnis für die jeweils wesentlichen Problemstrukturen zu erreichen. Dieses Verständnis ist die Voraussetzung dafür, daß die potentiellen Käufer 216 Siehe zu weiteren Ausführungen: A. Bänsch, Verkaufspsychologie, a.a.O., S. 63ff. 217 Vgl. D. W. Haseloff, E. Jorswieck, Psychologie des Lernens, Berlin 1970, S. 195. 218 Vgl. E. R. HOgard, G. H. Bower, Bd. I, a.a.O., S. 25. 219 Vgl. W Hill. Theorien des Konsumentenverhaltens. In: Die Unternehmung. Jg. 26 (1972), S. 69.

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zu der Einsicht kommen, die angebotene Problemlösung werde für sie belohnend sein. Da wichtige Lernbedingungen in den Wahrnehmungsmerkmalen zu sehen sind, die das Problem für den Lernenden (Käufer) besitzt, ist eine Lemaufgabe (zu verkaufender Leistungskomplex) so strukturiert darzubieten, daß die wesentlichen Merkmale dem Lernenden zugänglich sind. Dazu gehört z. B. in der Werbung zunächst, daß die bereits angesprochenen Verständlichkeitskriterien und Gestaltgesetze (Prägnanz, Figur-Grund-DifFerenzierung) Beachtung finden. Dies bedeutet konkret für die Konzeption von Werbetexten u.a., daß sie möglichst kurz und prägnant ausfallen, wie dies etwa in 'Nuts hat's!', 'Persil bleibt Persil!' und 'Neckermann machts möglich!' realisiert ist. Im weiteren läßt sich aus dem kognitiven Ansatz für Werbekonzeptionen und Verkaufsdemonstrationen ableiten, daß dem Käufer von Anbeginn Zusammenhänge aufzuzeigen sind. Eis erscheint also nicht empfehlenswert, zunächst bedeutungsarme Teile isoliert darzulegen und darauf zu hoffen, daß nach Übermittlung einer entsprechend großen Zahl von Einzelinformationen beim Kunden Verständnis für die Zusammenhänge und Verknüpfungen 'aufdämmert'. Es wird mehr und schneller gelernt, wenn der Lehrende zwischen den einzelnen Lerneinheiten 'Brücken' schlägt. Entsprechend hat der Verkäufer eines PKW seinem Kunden nicht isoliert Einzelinformationen zu dem betreffenden Auto aneinanderzureihen, sondern in zusammenhängenden Informationsblöcken zu demonstrieren. Beispielsweise ließen sich beim PKW Informationen zum Aspekt 'Sicherheit', Wirtschaftlichkeit', Sportlichkeit', 'Familienfreundlichkeit' und/oder 'Umweltfreundlichkeit' verknüpfen. Der Kunde erkennt dann jeweils, wozu die entsprechende Information gehört, er wüßte sie einzuordnen, würde sie leichter verstehen und behalten. Die jeweils in Zusammenschau gegebenen Informationen zu einzelnen Komplexen des Angebots (Sicherheit, Wirtschaftlichkeit usw.) ließen sich dann anschließend in einem Resümee verbinden, das die Vorteilhaftlgkeit des Angebots für die Situation des Kunden zeigt. Hat der Kunde die jeweiligen Einzelkomplexe verstanden und akzeptiert, ist für die Summe aus den akzeptierten Einzelkomplexen ebenfalls Zustimmung zu erwarten.

Zu (3): Theorien des •eibalen Lernens Gegenstand der Theorien des verbalen Lernens ist die Erklärung der Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Wiedergabe von Wörtern und Texten, d. h. von symbolischem Lernmaterial.220 Zwar können aus den Reiz-Reaktions-Theorien und den kognitiven Theorien Beiträge zur Erklärung sprachlichen Materials bezogen werden, die Besonderheit des Lernmate-

220 Vgl. J. Bredenkamp, W. Wippich, Lern- und Gedächtnispsychologie, Bd. II. Stuttgart u.a. 1977. S. 11.

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rials hat jedoch spezielle Forschungsansätze initiiert, deren Zuordnung zu den Reiz-Reaktions-Theorien oder den kognitiven Theorien zumindest problematisch erscheint.221 Dies zeigt sich beispielsweise am Assoziationsmodell, das besonderes Interesse im Marketing gefunden hat und deshalb hier komprimiert präsentiert sei: Die wiederholte Präsentation einer Reihe von Einzelelementen stiftet nach dem Assoziationsmodell zwischen den einzelnen Elementen/Reihengliedern Assoziationen. Jedes wahrgenommene Element, z.B. das Symbol A, hinterläßt nach dieser Vorstellung im Gedächtnis des Individuums eine Spur. Die Spuren von Reihengliedern, die parallel oder kurz aufeinanderfolgend Ins Bewußtsein kommen (z. B. die Symbole A und B), verknüpfen sich miteinander. Es werden Ketten gebildet.222 Bei dieser Form des Lernens erscheinen weder Verstärker oder motorische Aktivitäten wie Reflexe noch Einsichten, sondern kognitive Verknüpfungen als Lerndeterminanten; das gemeinsame oder kurz aufeinanderfolgende Auftreten und Wahrnehmen zweier oder mehrerer Elemente allein reicht für das Entstehen einer Assoziation. Sind A und B zwei wahrgenommene Elemente, dann folgt aus einer zwischen A und B gebildeten Assoziation, daß - B reproduziert werden kann, wenn A reproduziert werden kann; - B reproduziert wird, wenn A reproduziert wird.223 Neben diesen unmittelbaren Assoziationen stellt das Assoziationsmodell vermittelte Assoziationen heraus (Verbindung von Elementen durch Mittlerelemente wie z. B. die vermittelte Assoziation A-C über A-B und B-C, d. h. B als Mittlerelement). Anwendung Im Marketing findet dieser Ansatz im Bemühen um Herstellung von Assoziationen und in der Berücksichtigung existenter Assoziationen (Vorassoziationen). Einfaches Beispiel für die erstgenannte Anwendungskategorie ist etwa in einem Werbespot die Verknüpfung von Umweltfreundlichkeit (A), der Produktkategorie Flüsslg-Waschmlttel (B) und der mit XY markierten, d. h. bestimmten Flüssig-Waschmittel-Marke (C) In der Form, daß die Verbraucher zunächst aufeinanderfolgend A-B-C verbinden, d.h. zunächst 'Umweltfreundlich sind Flüssig-Waschmittel', darauf 'XY ist Flüssig-Waschmittel'. Schließlich ginge in einem derartigen Fall das Bestreben dahin, die Verbindung von A und C zu bewirken, was folglich auch In einem Schritt versucht werden kann.

221 Vgl. auch W. Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 337. 222 Vgl. G. Behrens, Lernen - Grundlagen und Anwendungen auf das Konsumentenverhalten, in: Konsumentenverhalten und Marketing, hrsg. von W! Kroeber-Riel Opladen 1973, S. 108. 223 Vgl. G. Behrens, Lernen, a.a.O., S. 108.

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Zur Illustration des zweiten Aspektes (Vorassoziationen) sei das Markierungsproblem bei Produkten angesprochen. Zu beachten ist bei der Markierung ja u. a., daß der gewählte Name/das gewählte Symbol mit den herauszustellenden Produkteigenschaften harmoniert: Es soll Assoziationen in Richtung dieser Produkteigenschaften auslösen und sich in Werbeslogans der betreffenden Richtung umsetzen lassen, wie z.B. die Markenbezeichnung 'Banner' für eine desodorierende Seife (Banner bannt Körpergeruch) und Weißer-Riese' für ein Waschmittel (Das Waschmittel mit der RiesenWeißkraft). Als 'Einflußfaktoren der verbalen Lernleistung gelten vor allem - der Inhalt und die Positionierung des Lemmaterials - die zeitliche Verteilung des Lernmaterials und die Anzahl seiner Wiederholungen. Vom Leramaterial ist dann Lernbegünstigung zu erwarten, wenn sein Inhalt bedeutungshaltlg (hoch assoziationswertig), auftretenshäufig (häufig vorkommend/verwendet) konkret (auf sinnlich erfahrbare Objekte bezogen) und bildhaft {Vorstellungsbilder initiierend) ist.224 In dieser Beziehung erscheint beispielsweise die Bezeichnung Wetßer Wirbelwind' für ein Reinigungsmittel gelungen. Die Erkenntnisse zum Inhalt des Lernmaterials wie die zum Einfluß der Positionierung einzelner Lernelemente in Lernreihen entsprechen naturgemäß den bereits im kommunikationstheoretischen Zusammenhang referierten. Als Positionseffekt sei entsprechend nochmals herausgestellt, daß die ersten und letzten Elemente einer Reihe höhere Reproduktionswahrscheinlichkeiten aufweisen, d.h. besser gelernt werden (primacy-/recencyEffekt).225 Zur Frage der zeitlichen Verteilung wird werbebezogen vor allem auf die klassische Untersuchung von ZIELSKE226 verwiesen, der einer Hausfrauengruppe 13 Anzeigen relativ massiert, einer zweiten Hausfrauengruppe über längere Zeit verteilt präsentierte. Wie die folgende Abbildung zeigt, ließ sich über die massiert dargebotene Werbung zwar ein höheres Erinnerungsniveau erreichen, das Vergessen trat andererseits Jedoch entsprechend schnell ein, während bei verteilter Werbung das Erinnerungsniveau zwar langsam stieg, jedoch über längere Zeit relativ hoch erhalten blieb. Es ist jedoch G. BEHRENS227 darin zuzustimmen, daß man aus diesen Zusammenhängen nicht einfach undifferenziert für verteilte Werbung plädieren kann.

224 Vgl. J. Bredenkconp, W Wippich, Bd. II, a.a.O., S. 15f. 225 Vgl. J. Bredenkamp, W. Wippich, Bd. II. a.a.O., S. 3Iff. 226 Vgl. H. A. Ziels ice. The Remembering and Forgetting of Advertising, In: JoM, Jg. 23 (1959), S. 240ff. 227 Vgl. G.Behrens, Lernen, a.a.O., S. 115f.

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Wochen Angebracht erscheint die verteilte Werbung als - langfristig angelegte Imagewerbung und - Erinnerungswerbung. Für eine Werbemassierung ist dagegen zu plädieren bei - starken Lernwiderständen, wie sie typischerweise bei neuen Produkten und starker Konkurrenzwerbung bestehen, - nur kurzfristig erwünschten Lernwirkungen, wie sie für Saison-Artikel und Sonderangebote in Betracht kommen. Zur Anzahl der Wiederholungen von Lernmaterial sucht man über Lernkurven Aufschluß zu gewinnen. Unter den verschiedenen theoretisch denkbaren Formen hat die folgende s-förmige Lernkurve die größte Bestätigung gefunden, zumal sich die auch recht häufig als typisch eingestufte konkave Lernkurve als (in der Grafik gestrichelter) Ausschnitt der s-förmigen Lernkurve interpretleren läßt.228

228 Vgl. B. Beretson, G. A. Steiner, Bd. I, a.a.O.. S. 105; R.M.W. Trauers, Grundlagen des Lernens, München 1975, S. 121 ff.

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Lernerfolg

Zahl der Lernversuche Der Aspekt des Überlernens, d.h. "die Fortsetzung des Übens, nachdem das 100%ige Lemkriterium erreicht worden ist",229 erscheint werbebezogen ambivalent. Einerseits läßt sich eine Fortsetzung der Werbung beispielsweise bei erreichter oder nahezu erreichter 100%iger Bekanntheit einer Marke damit rechtfertigen, daß dies dem Vergessen entgegenwirkt; andererseits wird recht häufig das Argument angeführt, zu große Wiederholungszahl würde bei den Umworbenen Abstumpfungs- oder gar Antipatieeffekte (Wear-out-Effekte) auslösen. 230 Werbepraktisch allerdings kommt dieser Frage dadurch zunächst geringe Bedeutung zu, als der Fall des Oberlernens hier (im Gegensatz zur Test-/ Laborsituation) weniger zu erwarten ist (die einzelne Werbeschaltung trifft nicht alle Glieder der Zielgruppe, bei Wiederholungen werden häufig verschiedene Glieder erreicht). Im übrigen aber sucht man Wear-out-Effekten, obwohl sie bislang empirisch nicht belegt sind,231 dadurch vorzubeugen, daß man nach einer bestimmten Wiederholungszahl Variationen vornimmt. Als Bestimmungsfaktoren für die Notwendigkeit (resp. Zweckmäßigkeit) der Variation sowie den dann zu vollziehenden Grad und die dabei anzuwendende Form gelten - die Intensität des Involvements der Umworbenen - die Art der werblichen Beeinflussimg (sach-informativ oder emotional).232 229 R. Bergtus, Psychologie des Lernens, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1972, S . 35. 230 Vgl. H. Jacobi, Räumliche und zeltliche Koordination der Streumedien, In: HdW, hrsg. v. K. C. Behrens, Wiesbaden 1970, S. 687. 231 Vgl. A. Kaiser, Werbung. München 1980, S. 93. 2 3 2 Vgl. W Kroeber-Riel Strategie und Technik der Weibung, 4. Aufl.. Stuttgart u. a. 1993, S. 115ff.

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Bei geringem Involvement der Umworbenen ist höchstens passives, unbeabsichtigtes, sich en passant ergebendes Lernen zu erwarten. Lemeffekte setzen hier sowohl für sach-informative als auch für emotionelle Werbung eine relativ große Wiederholungszahl voraus. Als tendenzieller Unterschied erscheint dabei zwischen sach-informativer und emotionaler Werbung begründet, daß bei informativer Anlage eher Irritationseffekte (Abnutzungserscheinungen aus gedanklichen Gegenreaktionen) bei Umworbenen anzunehmen sind. Folglich ist für die Konstellation 'geringes Involvement/informative Werbung' früher (also nach weniger identischen Wiederholungen) eine Veränderung angezeigt. Diese sollte jedoch, um bisherige Lerneffekte nicht zu gefährden und auf bereits erzielte Lemspuren aufbauen zu können, nicht abrupt ausfallen, sondern in fließendem Übergang Variationen zum gleichen Thema bieten. Insbesondere wenn emotionale Werbimg ihre Reize in Bildform präsentiert, ist (aufgrund der weitgehend automatischen/kognitiv kaum kontrollierten Verarbeitung von Bildern) nur in sehr geringem Maße mit Abnutzungserscheinungen zu rechnen. Folglich sind in der Konstellation 'geringes Involvement/emotionale Werbung' grundsätzlich noch höhere Wiederholungszahlen vorgezeichnet als bei informativer Werbeausrichtung. Wird schließlich (um gegen letztlich auch hier mögliche Überdrußempfindungen bei Umworbenen vorzubeugen) eine Variation vollzogen, sollte sie den gewählten emotionalen Inhalt lediglich in anderen Bildern vermitteln. Starkes Involvement bei Umworbenen bildet zwar den deutlich seltener zu erwartenden Fall, ist er Jedoch gegeben, so bedeutet dies aktives Lernen und damit: Bei aktivem Lernen kann man das gewünschte Lernergebnis bereits nach wenigen Repetitionen erwarten. Das heißt, bei starkem kognitivem und/oder emotionalem Involvement tritt die optimale Werbewirkung bereits nach wenigen (zwei bis drei aufgenommenen) Wiederholungen ein. Die Gefahr, über zu häufige Expositionen Abnutzungseffekte auszulösen und damit den Werbeerfolg zu reduzieren, erscheint besonders für die sachinformative Werbung relevant. Entsprechend Ist hier bereits nach wenigen Wiederholungen "eine wesentliche Änderung der dargebotenen Informationen oder die Aufnahme von neuen Informationen über das Angebot (= neue Lernaufgabe) oder eine wesentliche Reduktion der dargebotenen Informationen zweckmäßig."233

233 W. Kroeber-Riel Wertung, a.a.O.. S. 118.

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2. Soziologisch orientierte Ansätze aa) Einführende Vorbemerkungen Selbst wenn der Konsument als Einzelkäufer (also ohne Begleitung) auftritt, darf man ihn prinzipiell nicht als 'sozial isoliert' verstehen. Der Mensch ist vielmehr grundsätzlich als Gemeinschaftswesen zu begreifen. Seine Emotionen, Motive irnd Einstellungen, seine Wahrnehmungen, sein Denken und seine Lernprozesse werden - wie auch vorhergehend bereits Immer wieder anklang - von seinem engeren und weiteren Sozialumfeld beeinflußt. Er steht unter dem Einfluß von Gruppen, In denen er als Mitglied eine bestimmte Rolle spielt (Familie, Freundeskreis, Betriebsgemeinschaft, Kirchengemeinde, politische Partei, Sportverein usw.), und von Gruppen, denen er zwar noch nicht angehört oder auch nie angehören kann, die für ihn jedoch Leitbilder darstellen (Mitglieder von Exklusivklubs, Jet-set-Flguren, Filmidole, Traumberufe). Der Käufer trifft seine Entscheidungen also nur selten aus einer isolierten Position. Er richtet sich an Gruppen aus, indem er Gruppennormen akzeptiert und sich damit in diese einzupassen bemüht oder sie ablehnt und sich damit von ihnen abzuheben versucht. Ziel des Anpassungs- oder Ablehnungsverhalten ist es, vom sozialen Umfeld in der erstrebten sozialen Position gesehen und akzeptiert zu werden. Der einzelne Mensch ist dabei nicht nur als passives Produkt seiner sozialen Umwelt einzustufen.234 Mitgliedern einer bestimmten Gruppe kann es durchaus möglich sein, Normen der Gruppe mit- oder umzuformen. Personen, die innerhalb einer Gruppe besonders aktiv an der Meinungsbildung und an Normierungen mitwirken, pflegt man als Melnungsfuhrer zu bezeichnen. Entsprechend sind in der Folge zunächst Grunderkenntnisse der Gruppenforschung und Rollentheorie sowie des Melnungsfuhrermodells mit ihren Erklärungs- und Prognosebeiträgen zum Konsumverhalten vorzustellen. Dabei sei auch auf die Frage der Identität oder Diversität von Meinungsführern und Leitbildern eingegangen. Besonders Kauf-Verhaltenswelsen, die aus dem gemeinsamen Engagement und/oder Auftreten mehrerer Personen Im Kaufprozeß resultieren (können), seien anschließend präsentiert. bb) Der Konsument als durch das soziale Umfeld beeinflußter Einzelkäufer 11. Gruppenforschung und Rollentheorie Ohne auf die Vielfalt der in der Literatur gebotenen Ausdeutungen zum Gruppenbegriff einzugehen,235 sei der Begriff 'Gruppe' im weiteren als eine 234 Vgl. H. Anger, Entstehung und Wandel sozialer Einstellung, In: Struktur und Dynamik menschlichen Verhaltens, hrsg. v. O. W. Haseloff, Stuttgart 1970, S. 131. 235 Vgl. dazu L. Kruse, Gruppen und Gruppenzugehörigkeit, In HdPsych. Bd. 7 (2), Güttingen 1972, S. 1541 ff., und W. Bernsdorf, Gruppe, in: Wörterbuch der Soziologie, hrsg. v. W. Bernsdorf, Stuttgart 1969, S. 387.

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Mehrzahl von Personen aufgefaßt, deren Beziehungen untereinander als regelmäßig und zeitlich relativ überdauernd anzunehmen sind.236 Mit dieser Kennzeichnung ist die Gruppe von einer bloßen Menge oder Kategorie und momentanen Ansammlungen von Personen abgegrenzt. Als zusätzliche Gruppenkennzeichen können das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit ("Wir-Gefühl") bei den Gruppenmitgliedern und das Vorhandensein gemeinsamer Werte und Ziele gelten. Zur Sicherung des Gruppenbestandes und der Gruppenstruktur pflegt sich die Gruppe bestimmte Verhaltensnormen aufzuerlegen. Nonnen sind in diesem Zusammenhang als Ideen zu verstehen, als Auffassung der Gruppenmitglieder darüber, wie das Verhalten der einzelnen Gruppenmitglieder in den einzelnen Situationen sein sollte.237 Einige der Normen sind für alle gleich verbindlich, andere in unterschiedlicher Ausprägung je nach der Position, die das einzelne Mitglied der Gruppe innehat. (Was der Chef z. B. in der Betriebsgemeinschaft darf, wird dem Auszubildenden eventuell verwehrt.) Mit einer Position sind also bestimmte Rechte und Pflichten verbunden: "Der Inhaber einer bestimmten Position muß, sollte oder darf dieses tun bzw. jenes nicht tun."238 Von jedem Positionsinhaber wird eine bestimmte Rolle erwartet.239 Soziale Rollen stellen damit einen Komplex von Verhaltenserwartungen dar, sie sind Bündel von Verhaltensnormen.240 Ob und inwieweit ein Individuum positionsadäquates Rollenverhalten gezeigt hat, vermag es an Sanktionen, d. h. am Verhalten anderer zu erkennen. Unterscheiden lassen sich positive Sanktionen (Gratifikationen: Zustimmung, Lob, Belohnung) und negative Sanktionen (Deprivationen: Mißbilligung, Tadel, Strafe). Relevant werden können erlebte und vermutete Sanktionen und damit auch Sanktionen, die man lediglich erwartet.241 Ein Positionsinhaber kann also einem bestimmten Verhalten zuneigen, weil er annimmt, jemand werde ihm dafür ein freundliches Lächeln schenken, umgekehrt kann er ein bestimmtes Verhalten wegen der Vermutung unterlassen, es werde jemand die Nase rümpfen. Die Sanktionen auf ein bestimmtes Verhalten brauchen für den PositionsInhaber durchaus nicht einheitlich auszufallen. Es wird gar nicht einmal selten vorkommen, daß verschiedene Personen "beim gleichen Positionsin-

236 Vgl. R. Klima, Gruppe, In: Lexikon zur Soziologie, hrsg. v. W.Fuchs u.a., Opladen 1973, S. 256f. 237 Vgl. G. L. Hamerns, Theorie der sozialen Gruppe, 6. Aufl., Köln u.a. 1972, S. 137, und T. M. Mflis, Soziologie der Gruppe, München 1969, S. 109. 238 M. Söder, Rollentheorie, In: HdPsych. Bd. 7 (1), Göttingen 1969, S. 212. 239 "Das Gesamt der Erwartungen (einer Person oder Personenvlelhelt) bezüglich einer Position (oder Klasse von Positionen) nennen wir Rolle." M. Söder, a.a.O., S. 212. 240 Vgl. U. Coburn-Staege, Rollenbegriff, Heldelberg 1973, S. 34. 241 Vgl. M. Söder, a.a.O., S. 219.

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haber recht unterschiedliche Rollenerwartungen durch kräftige Sanktionen als verbindlich hinstellen ".242 Es kann damit auch bei Zugehörigkeit zu nur einer Gruppe und damit innerhalb einer Position bereits zu Rollenkonflikten (Intra-Rollenkonflikt) kommen: Der Rollenträger ist einander widersprechenden Erwartungen ausgesetzt. Da das einzelne Individuum in der Regel mehreren Gruppen angehört und damit eine Mehrzahl von Positionen (Positionssatz) Innehat (Sohn und Schwiegersohn, Ehemann und Vater im Familienverband, Vorarbeiter in der Betriebsgemeinschaft, Schatzmeister in der politischen Partei, stellvertretender Vorsitzender im Sportverein usw.), kann eine bestimmte Handlung dann Im weiteren zu Konflikten gegenüber anderen Gruppen fuhren (Inter-Rollenkonflikte). In der Analyse mehrfacher Gruppenzugehörigkeit des Individuums und der dadurch entstehenden Konflikte wird der inhaltliche Schwerpunkt der Rollentheorie gegenüber der Gruppenforschung gesehen. Lösungsmöglichkeiten fiir Rollenkonflikte lassen sich grundsätzlich eröffnen durch: - Diskussion der Rollenerwartungen und Prüfung auf sachliche Berechtigung oder Notwendigkeit (Legitimität); - Bildung von Rollenhierarchien; die Rollenanforderungen der einen Position werden vor die einer anderen Position gestellt,243 und zwar durch Überprüfung der aus den einzelnen Rollen zu erwartenden Sanktionen und der Wichtigkeit, die der Betroffene den verschiedenen Rollen zuordnet (Rollen-Motivationen). Dies fuhrt WISWEDE zu der Hypothese: "Ein Individuum wird sich im Konfliktfall, der eine Entscheidung für eine bestimmte Alternative erfordert, für diejenige Rolle (Rollenerwartung) entscheiden, mit der eine günstigere Sanktionsbilanz, eine günstigere Legitimationsbilanz und eine günstigere Motivationsbilanz verknüpft ist."244 Ansetzend an der Art der interpersonalen Beziehungen zwischen den Gruppenmitgliedern ist die Unterscheidung von Primär- und Sekundärgruppen üblich.245 Die Primärgruppen sind durch geringe Größe, engen Kontakt und "WlrGefühle" als Ausdruck der psychologischen Nähe der Mitglieder und ihrer engen emotionalen Bindung gekennzeichnet. Bei der wichtigsten der Primärgruppen, der Familie, kommt als weiteres wichtiges Kennzeichen die zeitliche Priorität dieser Gruppe in der Entwicklung des Individuums hinzu. Die Familie und andere Primärgruppen wie Nachbarschafts- und Freundschaftsgruppen sind vor allem insofern primär, als sie für das soziale Wesen und die Ideale des Individuums fundamentale Bedeutung haben und

242 Vgl. M. Söder, a.a.O., S. 217. 243 Vgl. M. Söder, a.a.O., S. 223f. 244 G. Wiswede, Rollentheorie, Stuttgart u. a. 1977, S. 131. 245 Vgl. F.Kruse, a.a.O., S. 1561f.

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Im weiteren relativ hohe Stabilität aufweisen.246 Auf Grund Ihrer besonderen Möglichkelten zur Gewährung von positiven Sanktionen und zur Ausübung negativer Sanktionen zeigt die Primärgruppe sich zu besonders genauen und wirksamen Kontrollen fähig, die bis zum Zwang gehen können.247 Die Sekundärgruppe Ist Großgruppe; ihre Mitglieder stehen in relativ unpersönlichen Beziehungen zueinander. Nicht emotionale Bindungen, sondern rationale Organisation sowie bewußte Zweck- und Zielorientierung bilden die Klammer. Typische Beispiele: Politische und wirtschaftliche Gruppierungen, aber auch Verwaltungselnheiten (städtische Gemeinden, militärische Großeinheiten). Nach der Art der Gruppenzugehörigkeit und der Beziehung zu anderen Gruppen lassen sich aus der Sicht des Individuums Mitgliedschafts- und Bezugsgruppen unterscheiden.248 Der MltgUedschaftsgruppe gehört das Mitglied faktisch oder zumindest nominell als Mitglied an. Während das Individuum bei faktischer Mitgliedschaft in die Gruppen integriert ist und am Gruppenleben teilnimmt, liegt nominelle Mitgliedschaft für ein Individuum bereits dadurch vor, daß es in der Mitgliederliste der Gruppe gefuhrt wird. Im Falle rein nomineller Mitgliedschaft kennt das Individuum die anderen Mitglieder eventuell nicht einmal; derartige Mitgliedschaften kommen häufig bei Sekundärgruppen wie Großunternehmen, Großgemeinden, Parteien oder Kirchen vor. Beeinflussung des Individuums durch eine Gruppe setzt weder nominelle noch faktische Mitgliedschaft des Individuums in der betreffenden Gruppe voraus. Identifikation mit und Beeinflussung durch eine Gruppe ist also ohne Mitgliedschaft in der betreffenden Gruppe möglich. Folglich bezeichnet man als Beztigsgruppen (Referenzgruppen) alle Gruppen, mit denen sich das Individuum identifiziert und die sein Verhalten beeinflussen, ungeachtet, ob es ihnen angehört oder nicht.249 Nicht alle Gruppen, zu denen ein Mitgliedschaftsverhältnis vorliegt, brauchen damit für das Individuum Bezugsgruppen zu sein (insbesondere einige Sekundärgruppen können als Bezugsgruppen ausfallen). Es können aber sehr wohl Fremdgruppen (als Gegenbegriff zur Mitgliedschaftsgruppe) Bezugsgruppen werden (z.B. der sogenannte Jet-set). Das Individuum reagiert auf Gruppen also selektiv, indem es bestimmte Bezugsgruppen wählt. Die Bezugsgruppen haben für das Individuum Vergleichsfunktion und normative Funktion.250 Bezugsgruppen werden damit einerseits als Ver246

L. Kruse. a.a.O.. S. 1561.

247 Vgl. D. Ciaessens, Familie und Wertsystem, 2. Aufl., Berlin 1967, S. 116. 248 Vgl. L. Kruse, a.a.O.. S. 1574. 249 Vgl. L. Mann, Sozialpsychologie, Welnhelm u.a. 1972, S. 65. 250 Vgl. L. Mann, a.a.O., S. 65Jf.

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gleichsmaßstab für die Selbsteinschätzung und als Anhaltspunkt für eigene Zielvorgaben und Erwartungen herangezogen. Sie lassen das Individuum Erfolg und Mißerfolg erkennen, sind ihm Anreiz für Wiederholungsversuche oder Rechtfertigung für die Aufgabe bestimmter Bemühungen. Zum anderen bildet die Referenzgruppe die Quelle für Wertvorstellungen und Meinungen (normative Funktion), da sie die Möglichkeit zu positiven und negativen Sanktionen hat und Nichtmitgliedern Einhaltung bestimmter Normen als Beitrittsvoraussetzung auferlegen kann. An einer Mitgliedschaft interessierte Nichtmitglleder zeigen eine sogenannte 'antizipatorische Sozialisatlon': Sie übernehmen Einstellungen, Normen und Werte der Bezugsgruppen und sozialisieren sich damit auf die erstrebte Gruppe hin, um ihre Chancen auf Mitgliedschaft zu erhöhen (ein Angehöriger des middle management kopiert z. B. deis Konsumverhalten seiner Vorgesetzten, weil er meint, damit größere Chancen für einen Aufstieg ins top management zu haben). In der Mehrzahl der Fälle ist die Bezugsgruppe eine für das Individuum attraktive Gruppe, das Individuum will von der Bezugsgruppe anerkannt und akzeptiert werden (positive Bezugsgruppe). Andernfalls nimmt ein Individuum im Gesamtverhalten oder bestimmten Verhaltenselementen auf Gruppen Bezug, indem es die Normen dieser Gruppen bewußt ablehnt (negative Bezugsgruppen). Bestimmte Ziele und Verhaltensweisen werden dann vom Individuum nicht akzeptiert, gerade "weil" es sich um Ziele und Verhaltensweisen Ihrer negativen Bezugsgruppe handelt.251 In diesem Sinne kann sich auch die Familie für "rebellierende" Kinder/Jugendliche zur negativen Bezugsgruppe wandeln, und zwar Insgesamt oder in bezug auf einzelne Elemente (z.B. Kleidung, Frisur, Freizeitbetätigung, politische oder sexuelle Ansichten). In den bisherigen Darlegungen blieb der Begriff 'Bezugsgruppe' hinsichtlich des Bestandteiles Gruppe weitgehend in Übereinstimmung mit der eingangs gegebenen Kennzeichnung vom Gruppenbegriff. Ergänzend ist Jedoch darauf hinzuweisen, daß der Begriff 'Bezugsgruppe' auch weitergehende Ausdeutungen erfährt. So werden In Bezugsgruppenansätzen auch Einzelpersonen, soziale Kategorien (z. B. alle Gesellschaftsmitglieder mit gleichem sozialem Status) oder auch imaginäre Gruppen (Traumberufe, Filmfiguren) zu Bezugspunkten. "Kurz gesagt, es werden alle realen und idealen Personen und sozialen Einheiten als mögliche Bezugsgruppen für das Individuelle Verhalten herangezogen.252 Ob und Inwieweit sich der Konsument bei seinen Kaufhandlungen an Bezugsgruppen ausrichtet, hängt zunächst von der 'Auffälligkeit' der Leistung, im weiteren von der Attraktivität der Bezugsgruppen für den Konsumenten, seinem Informationsstand und seinem sozialen Status ab.

251 Vgl. R. Klima, Negative Bezugsgruppen, In: Lexikon zur Soziologie, hrsg. v. W. Fuchs u.a., Opladen 1973, S. 101. 252 W. Kroeber-Rlel Konsumentenverhalten. a.a.O., S. 450.

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Wie Bezugsgruppen vom Marketing zu berücksichtigen sind, bestimmt sich nach der Orientierung des potentiellen Konsumenten; grundsätzlich lassen sich eine Orientierung nach nebenan und eine Orientierung nach oben unterscheiden. Auffälligkeit der Leistung im hier gemeinten Sinne bedeutet, daß die Leistung vom sozialen Umfeld besonders beachtet und zur sozialen Einordnung von Individuen verwendet wird (= Leistungen mit sozialem Signalwert).253 Beispiele für auffällige Konsumgüter bilden der PKW, Bekleidungsartikel, Zigaretten, Getränke, Wohnlagen, Wohnungseinrichtungen, Freizeitbetätigungen, Urlaubsreisen.254 Die Attraktivität der Bezngsgruppe für den Kunden äußert sich im Grad der Identifikation mit der Bezugsgruppe; ein hoher Identifizierungsgrad läßt große Anstrengungen erwarten, innerhalb einer Mitgliedsgruppe zu bleiben oder in einer Fremdgruppe als Mitglied Akzeptanz zu finden. Hat der potentielle Käufer keine oder nur geringe Kenntnisse über eine bestimmte Leistung und ihre Eigenschaften, befindet er sich also in einem Informationsvakuum, so ist - wie Untersuchungen gezeigt haben - seine Neigung zur Orientierung an Bezugsgruppen besonders hoch.255 Je höher der erreichte soziale Status, als desto größer wird generell die Freiheit eingeschätzt, unabhängig von Gruppennormen agieren zu können, ohne negative Sanktionen der Gruppe befurchten zu müssen.256 Entsprechend fühlen Personen mit niedrigem oder unsicherem Status sich in starkem Maß zur Einhaltung der Gruppennonnen veranlaßt.257 Als einkaufsrelevante Bezugsgruppen sind beim Konsumenten zunächst Insbesondere die Familie, Freundes- und Nachbarschaftsgruppen sowie Kollegen in Betracht zu ziehen, im abstrakten Sinne können generell das andere Geschlecht, die höheren Altersgruppen oder die 'besseren' Kreise den Rang von Bezugsgruppen einnehmen.258

253 Vgl. F. S. Boume, Der Einfluß von Bezugsgruppen beim Marketing. In: Marketingtheorie. hrsg. v. W. Kroeber-RteL Köln 1972, S. 148. 254 Vgl. im einzelnen W Adlwarth, Formen und Bestimmungsgründe prestigegeleiteten Konsulnverhaltens, München 1983, S. 230a.; P. Schnedlitz, Einstellungen und soziale Beeinflussung als Bedingungen von Kaufabsichten, Frankfurt/M. u.a. 1985, S. 109ff.; M. Feemers, Der demonstrativ aufwendige Konsum, Frankfurt/M. 1972. 255 Vgl. F. S. Boume. a.a.O.. S. 147. 256 Vgl. W. Kuhlmann. Effizienz und Risiko der Konsumentenentscheidung, Stuttgart 1978, S. 112f. 257 Vgl. H. Zauner, Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens durch soziologische Theorien. Dlss. Linz 1970, S. 148fT. 258 Vgl. G. Wlswede, Soziologie des Verbraucherverhaltens, Stuttgart 1972, S. 193.

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Der Konsument, der nach Anerkennung bei seinen Freunden, Nachbarn und Kollegen strebt, bemüht sich darum, "die konsumtiven Anspruchshaltungen und Wertauffassungen seiner Freunde und Bekannten weder durch geltungssüchtigen und Neid erregenden Konsum noch durch bewußte Konsumaskese in Frage zu stellen."259 Er zeigt Einpassungsverhalten, um damit die Standards der Bezugsgruppen weder zu überziehen noch hinter ihnen zurückzubleiben. Im Falle einer Orientierung nach oben nutzt man die Zeichenqualität bestimmter Produkte, Leistungen oder Produktmarken (PKW/BMW, Mercedes, Kleidung/BOSS, Lagerfeld, aber auch beispielsweise Einrichtungsgegenstände/Palisandermöbel, Freizeitleistungen/Golfspielen), um sich in höhere Schichten/Kreise einzureihen. Die betreffenden Produkte können dann dazu dienen, den geschafften Sprung nach oben anzuzeigen oder einen noch nicht geschafften Sprung vorzubereiten oder vorzutäuschen. Da insbesondere Im letztgenannten Fall das für den Sprung nach oben nötige Einkommen noch nicht vorliegt, kann es wie Im Fall des gegenüber der erreichten Stufe zurückgehenden Einkommens bei Einkäufen zu Verzerrungseffekten kommen. Man nimmt dann im externen (auffälligen) Bereich ein hohes Aufwandsniveau hin mit der Folge eines entsprechend niedrigen Aufwandsniveaus im internen Bereich. Man lebt also nach außen über die Verhältnisse und nach innen, wo die Bezugsgruppe es nicht registriert, schränkt man sich stark ein (Verschiebung der Motivhierarchie). Im Persönlichen Verkauf und in der Werbung läßt sich bei derartigen Orientierungen an Bezugsgruppen mit Ausführungen zu den physischfunktionellen Eigenschaften der zu verkaufenden Leistung, zu Ihrer Preisgünstigkeit oder allgemein zu ihren sachlichen Vorzügen gegenüber konkurrierenden Produkten kaum etwas ausrichten. Es ist dem Konsumenten hier vielmehr zu verdeutlichen, wie die Bezugsgruppen ihn im Falle des Erwerbs der betreffenden Leistung sehen. Dem potentiellen Käufer sind Personen - eventuell sogar namentlich - als Konsumenten der Leistung zu nennen und mit ihren positiven Beurteilungen zu zitieren, um dem jeweiligen Käufer die soziale Attraktivität der Leistung zu dokumentieren (Testimonialwerbung). Untersuchungen von BOURNE260 haben gezeigt, "daß das Kriterium der 'sozialen Beliebtheit des Konsumgutes' das Kriterium der 'positiven Eigenschaften eines Produktes' derart zu überschatten vermag, daß sich bei den Benutzern bestimmter Güter mehr Personen fanden, die das Konsumgut trotz niedriger Einschätzung seiner Eigenschaften lediglich wegen seiner sozialen Beliebtheit (bei Freunden und Bekannten) verwendeten, als es umgekehrt bei fehlender Beliebtheit und angenommener positiver Beurteilung seiner Eigenschaften der Fall war."261 Die Konsumenten riskieren in derartigen Fällen also eher Obj ektbestrafungen (eingeschränkte oder nicht gegebene Verwendungsfähigkeit des Produktes) als Sozialbestrafungen (Tadel, 259 K. H. HOhnann, a.a.O., S. 91. 260 Vgl. F. S. Boume, a.a.O.. S. 153ff. 261 G. Wiswede. Soziologie. a.a.O., S. 191.

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Mißbilligung durch Referenzgruppen mit eventuell folgendem Ausschluß aus der Referenzgruppe).282 Der Hinweis, daß eine starke Neigung zu einem an Referenzgruppen angelehntem Käuferverhalten bei geringem Informationsgrad des Konsumenten anzunehmen ist, spricht dafür, (dem Konsumenten) neue Produkte ebenfalls eher unter Bezugnahme auf Referenzgruppen als über eine reine Objektargumentation verkaufen zu können. Hat die Bezugsgruppe oder haben Personen aus der Bezugsgruppe das Produkt akzeptiert und damit ihre Zustimmung zu einem bestimmten Verhalten signalisiert, so empfindet der potentielle Käufer dieses als Absicherung. Befindet sich der einzelne Käufer in 'guter Gesellschaft' (d. h. in Gesellschaft von Mitgliedern der Bezugsgruppe), so erwartet er weniger Anlaß zum nachträglichen Bedauern des Kaufentscheides (Dissonanz) als bei fehlender Bestätigung durch die Bezugsgruppe. Wie bereits zur Dissonanztheorie festgestellt, sucht das Individuum Dissonanzen zu vermeiden; folglich richtet es sich auf die von der Referenzgruppe angenommenen Leistungen aus. Je nach der Position, die das Individuum in einer Gruppe innehat, fällt ihm eine bestimmte Rolle zu. An jede Rolle knüpfen sich bestimmte Verhaltenserwartungen. Um zu Belohnungen zu kommen oder zumindest Bestrafungen zu entgehen oder diese gering zu halten, bemüht das Individuum sich grundsätzlich, den Rollenerwartungen zu entsprechen. Da sich die Erwartungen auch auf das Kaufverhalten beziehen, berücksichtigt die einzelne Person in der Rolle des Käufers zumindest einen Teil der Rollen, die sie sonst spielt (z.B. Rolle als Ehemann, Rolle als Vater, Rolle als Nachbar, Rolle als Parteivorsitzender, Rolle als Abteilungsleiter). Das Streben nach Anerkennung und Geltung, nach Ansehen und Sozialprestige, nach Macht und nach Sympathie erfordert Beachtung der an eine bestimmte Rolle gestellten Erwartungen bei den Käufen. Ignoriert der Rollenträger die an seine Rolle gestellten Erwartungen, 'fällt er damit aus der Rolle', so setzt er sich negativen Sanktionen aus, "dem Klatsch, dem Sich-lächerlich-machen, dem Spott, Antipathien, der Schrumpfung seiner mitmenschlichen Kontakte, der Verachtung, dem sozialen Ausschluß und - wenn auch höchst selten - einer gerichtlichen Bestrafung."263 Bestimmte Güter und Dienstleistungen oder zumindest bestimmte Ausprägungen dieser Güter und Dienstleistungen gehören zu bestimmten Rollen. Sie sind wesentliche Mittel zur Darstellung von Rollen. Eine Frau in der Rolle der Chefsekretärin sieht sich z. B. zu bestimmten Mindeststandards in der Kleidung, in der Körperpflege, in der Haarpflege, in der Wohngegend, im PKW, in der Freizeit- und Urlaubsgestaltung veranlaßt. In der Werbung schlägt sich die Rollenverknüpfung etwa in Slogans wie den folgenden nieder: "Die Büroausstattung für den Chef!"

262 Vgl. auch H. Mayer, A. Beiter-Rother, a. a. O., S. 338. 263 K. H. Haimann. a.a.O.. S. 86.

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"Die gewissenhafte Hausfrau nimmt X-Reinigungsmittelt" "Der verantwortungsbewußte Familienvater hat eine Y-Versicherung!" "Der rücksichtsvolle, umweltbewußte Nachbar mäht mit dem leisen Z-Mäher!" Im Persönlichen Verkauf kann sich auch das Besprechen von Rollenkonflikten als notwendig erweisen, um zusammen mit dem Käufer und damit für den Käufer zu klären, welcher Rolle Dominanz einzuräumen ist. Zur Erläuterung diene das folgende einfache Beispiel: Ist ein potentieller Gebrauchtwagen-Käufer einerseits im Kreis seiner alten Schulfreunde in der Rolle des sportlichen, playboyhaften Draufgängers anerkannt, befindet er sich jedoch andererseits in der Rolle des Ehemanns und Vaters {von einjährigen Zwillingen), so dürfte die letztgenannte Rolle wohl generell dominant sein oder werden. Folglich hat der Verkäufer in diesem Fall eher zu einem Autotyp zu raten, der einen der Vaterrolle angemessenen Innenund Kofferraum bietet, als etwa zu einem zweisitzigen Sportwagen. Der Kauf des Sportwagens würde den betreffenden Kunden nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit starken negativen Sanktionen durch die Familie und durch die Nachbarn aussetzen. Die für die Position in der Freundesgruppe zu erwartenden Konsequenzen wären demgegenüber als nachrangig zu werten. Zumindest die Sanktionsbilanz spricht also für den Familienwagen. 22. Meinungsführer-Modell und Leitbild-Konzept Wie bereits vermerkt, ist davon auszugehen, daß unter den Mitgliedern einer Gruppe einige im Meinungsblldungs- und -Verbreitungsprozeß und damit bei der (Neu-)Fixierung von Normen für die Gruppe in der Bedeutung herausragen; eventuell ist sogar eine einzige Person in dieser Hinsicht dominant. Derartige Personen stehen im Rang von Meinungsführern, sie haben Schlüsselpositionen in der Gruppe inne und können damit den entscheidenden Orientierungspunkt für das nach Vergleichen und Verhaltensnormen suchende Individuum bilden. Von daher ist offensichtlich, daß Meinungsführermodelle in Verbindung zu Bezugsgruppenansätzen stehen. Der Gedanke der Meinungsführerschaft sei hier jedoch gesondert aufgegriffen, um einige für die Erklärung, Prognose und Beeinflussung des Konsumentenverhaltens wichtig erscheinende Aspekte zu verdeutlichen. Gegenüber uninformierten Personen können Meinungsführer in einer Informationsübennittlungsfunktion (Relaisfunktion), gegenüber grundsätzlich informierten Personen in einer Verstttrkungsfanktion wirken.264 Bestimmte Personen sind gar nicht oder nur schwer direkt durch unpersönliche Kommunikation (Medienwerbung) oder fremde Personen (Verkäufer) ansprechbar. Sie zeigen auf Grund starker Skepsis gegenüber allem Neuen und Fremden und damit geringer Risikofreudigkeit oder auf Grund geistiger Bequemlichkeit Kommunikationsaversionen. Sie setzen sich entweder neuen Informationen grundsätzlich nicht aus oder setzen aufgenommene neue Informationen nicht selbsttätig in entsprechende Aktivitäten

264 Vgl. K. H. Hörntng, Ansätze zu einer Konsumsozlologle, Freiburg 1970, S. 173.

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um. Derartige Personen werden generell erst aufmerksam, wenn ihnen Meinungsführer ihrer Gruppe(n) Informationen zutragen und/oder werden erst tätig, wenn diese Personen, deren Meinung sie vertrauen, ihnen die entsprechende Aktivität vorpraktizieren. Als Kennzeichen des Meinungsführers gelten insbesondere:265 - hoher Grad an sozialer Integration, der sich In intensiver Teilnahme an den sozialen Interaktionen ihrer Gruppe und starker Tendenz zu Außenkontakten (Insbesondere auch in Form intensiver Informationssuche durch aktiven, aber selektiven Medien-'Konsum') äußert; - hoher Kurswert für ihre Meinung innerhalb der Gruppe auf Grund ihrer Schlüsselposition in den interpersonellen Kommunikationsbeziehungen und ihrer Fähigkeit, von außen aufgenommene Informationen mit den gruppenspeziflschen Wertungen und Kommentaren zu versehen. Der Statusstellimg kommt offenbar keine Bedeutung zu, da Untersuchungen auf jeder Statusebene Meinungsführer zu etwa gleichen Teilen gezeigt haben. Die Stellungen im sozialen Status sind jedoch bestimmend für den Beeinflussungsverlauf; typisch ist gleiche Rangstufe von Meinungsführern und Beeinflußten (horizontale Meinungsführung).266 Zum Rahmen der Meinungsfuhrung wird darauf hingewiesen, daß Meinungsführer für ein bestimmtes Produkt die Meinungsführereigenschaft auch für andere Produkte zumindest insoweit zuerkannt bekommen, wie die einzelnen Produkte In einem Interessenverbund stehen (z. B. polymorphe Meinungsführerschaft im modischen Interessenverbund zwischen Kosmetika, Bekleidung und Bekleidungsaccessoires).267 Als grundsätzliche Schlüsse ergeben sich für das Marketing daraus: Gegenüber den gekennzeichneten kommunlkationsgehemmten und/oder unter besonderer Risikofurcht stehenden potentiellen Käufern ist über eine direkte Ansprache wenig auszurichten. Das Marketing bedarf hier eines Kommunikationsmittlers, die einstufige Kommunikation wird zumindest zur zweistufigen. Der Meinungsführer wird zur Übermittlung von Informationen, eventuell auch zur Übersetzung von Informationen in eine den Gruppengliedern eingängige Form und im weiteren als Verwendervorbild (Demonstratlonsfunktlon des Meinungsführers) benötigt. Um einer zu optimistischen Einschätzung der in dieser Beziehung zu erwartenden Mittlereffekte jedoch von vornherein vorzubeugen: Neuere Untersuchungen weisen zum einen zunehmend daraufhin, daß Meinungsführung nur als ein gradueller Sachverhalt zu interpretieren sei,268 was 265 Vgl. K. P. Koos, Diffusion und Marketing. Stuttgart 1973, S. 44; U. Hummrich, Interpersonelle Kommunikation im Konsumgütermarketing, Wiesbaden 1976, S. 56 ff. 266 Vgl. E. Kotz. P. F. Lazarsfeld, Meinungsführer beim Einkauf, in: Markettngtheorie, hrsg. v. W: Kroeber-Rtet, Köln 1972, S. 118; G. Wiswede, Meinungsführung und Konsumverhalten, In: JAV. Jg. 24 (1978), S. 124. 267 Vgl. G. Wtswede, Meinungsführung, a.a.O.. S. 125. 268 Vgl. G. Wiswede. Meinungsführung, a.a.O.. S. 123f.

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Schwierigkeiten bei der Identifikation von Meinungsführern signalisiert. Zum anderen wird festgestellt, daß die Vorstellung eines lediglich zweistufigen, richtungsstabilen Kommunikationsprozesses mit Kommunikatoren Meinungsführern, Gefolgsleuten unhaltbar erscheint, daß vielmehr "sehr komplexe transaktionistische Prozesse"268 vorliegen, also Meinungsführer verschiedenen Grades mit wechselseitiger Kommunikation untereinander, Gefolgsleute und auch völlige Inaktive, gar nicht von den Meinungsführern berührte und berührbare Personen existieren.270 Die Inaktiven erscheinen dabei - wenn überhaupt - eher direkt von den Medien als von Meinungsführern erreichbar. Ein derartiges Kommunikationsbild, wie im folgenden grob skizziert,271 dürfte die Hoffnungen auf generelle Substituierbarkeit von Allgemeinwerbung durch eine an nur relativ wenige Personen (Melnungsfuhrer) zu richtende Werbung platzen lassen.

Kommuni- Meinungs- Meinungs- Gefokjskator führer führer leute I.Grades 2.Grades (Ratsucher)

Inaktive

•O O O O O O O O O

269 G. Wtswede. Meinungsführung, a.a.O., S. 122. 270 Vgl. auch R Grefe, S. Müller, Interpersonale Beeinflussung durch 'oplnlon leader'. In: Marketing-Soziologie, hrsg. v. K. Stecht u.a., Berta 1976, S. 294ff.; G. Wlswede, Melnungsführung, a.a.O., S. 120ff. 271 Unter Bezugnahme auf Skizzen von R. Grefe, S. Müller, a.a.O.. G. Wlswede, Melnungsführung, a.a.O.. S. 121.

S. 298

und

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Da die relativierenden Differenzierungen zum Meinungsfuhrer-Konzept dessen tendenzielle und bereichsspeziflsch eventuell sogar hochgradige Wirksamkeit jedoch nicht negieren, erscheint es durchaus angebracht, den Voraussetzungen und Möglichkeiten seiner Anwendung noch weiter nachzugehen. Voraussetzung für die gezielte Nutzung von Meinungsführern im Kommunikationsprozeß ist ihre Identifizierbarkeit. Zur Identifizierung kommen als methodische Ansätze vor allem - Soziometrie - Schlüsselinformanten - Selbsteinschätzungen in Betracht.272 Der soziometrische Ansatz sucht das Kommunikationsgefüge in Gruppen grafisch sichtbar zu machen. Kristallisationsprunkte in dem durch Befragung ermittelten Kommunikationsnetz werden als Meinungsführer interpretiert. Fragebeispiele bilden Wen würden Sie am ehesten um Rat bitten?' oder Von wem würden Sie Informationen zu ... einholen?' In der folgenden Ausschnittsskizze symbolisieren die Kreise die einzelnen Gruppenmitglieder; der von einem Kreis (einer Person A) zu einem anderen Kreis (einer Person B) zielende Pfeil besagt, daß Person A die Person B fragen würde. In dem Belsplel-Soziogramm ist insbesondere Person D als Meinungsführer zu interpretieren.

272 Vgl. z. B. H. Mayer, H. Schneider, Neuere Untersuchungen zur Theorie der Meinungsführerschaft, in: JAV, Jg. 24 (1978), S. 136 ff.

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Die Aufwendigkeit des soziometrischen Verfahrens beschränkt seinen Einsatz prinzipiell auf Kleingruppen. Für das Schlüssel-Informanten-Verfahren spricht zunächst seine erhebliche geringere Aufwendigkeit, allerdings erscheinen sein methodisches Vorgehen und damit die Gültigkeit seiner Ergebnisse äußerst fragwürdig. Bereits die Eingangsanweisung dieses Verfahrens, in der jeweiligen Gruppe die Personen mit besonders gutem Oberblick über die Gruppe zu finden (Schlüsselinformanten), legt die Schwäche des Verfahrens dadurch dar, daß offenbleibt, wie diese Personen zu identifizieren sind. Die Schlüsselin formeinten sollten dann gefragt werden, wer in der betreffenden Gruppe Meinungsführer ist. Im Bemühen um Identifikation von Meinungsführern über Seibateinschätzungen präsentiert man den einzelnen Personen Fragen wie die folgenden (einem Fragebogen von BRUHN273 entnommen): "Haben Sie den Eindruck, daß Sie allgemein von Ihren Freunden und Nachbarn als gute Quelle für Ratschläge betrachtet werden? Antwortmöglichkeiten: Ja, nein. Wenn Sie mit Ihren Freunden diskutieren, welche Rolle spielen Sie meistens? Hören Sie hauptsächlich zu, w a s Ihre Freunde sagen, oder versuchen Sie, Ihre Freunde von Ihren eigenen Ideen und Meinungen zu überzeugen? Antwortmöglichkeiten: höre hauptsächlich zu, überzeuge selbst. Ganz allgemein gesehen, sprechen Sie gerne über Probleme des Einkaufs mit Ihren Freunden? Antwortmöglichkeiten: Ja, nein."

Die Antworten können bepunktet werden, bei Erreichung eines bestimmten Punktwertes wird die betreffende Person als Meinungsführer interpretiert. Generell gilt dieser Ansatz gegenüber dem soziometrischen als weniger valide (u.a. Verzerrung durch Prestige-Antworten, Subjektivität der Bepunktung und der Festlegung der Punktwert-Grenze), aber doch als so hinreichend genau, daß er auf Grund seiner geringen Aufwendigkeit in der Praxis häufig den Vorzug eingeräumt bekommt oder eingeräumt bekommen muß.

Die herausgestellten Kennzeichen des Meinungsfuhrers - er weise einen hohen Grad an sozialer Integration auf und/oder - seiner Meinung komme hoher Kurswert zu, lassen andererseits Hoffnungen berechtigt erscheinen, Meinungsführer in bestimmten Fällen auch recht unproblematisch identifizieren zu können. So dürfte der Verkäufer landwirtschaftlicher Bedarfsartikel beispielsweise keine besonders großen Schwierigkeiten bei der Feststellung der Meinungsführer haben. Sie werden durch Konzentration der wesentlichen im Dorfverband gegebenen Ehrenposten auf sich (angefangen beim Gemeindeparlament über den Sport- und Gesangsverein bis hin zur Freiwilligen

273 M. Bruhn, Das soziale Bewußtsein von Konsumenten, Wiesbaden 1978, S. 193.

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Feuerwehr) Ihren hohen Grad an sozialer Integration und den hohen Kurswert ihrer Meinung deutlich signalisieren. In anderen Fällen kann als gesichert gelten, daß die offensichtliche Überlegenheit in der fachlichen Kompetenz Personen bezüglich bestimmter Leistungsbereiche in den Rang des Meinungsführers stellt, so etwa den Architekten gegenüber privaten Bauherren (für Baumaterialien) oder den Dozenten gegenüber Studenten (für Lehrbücher). Rückverwiesen sei in diesem Zusammenhang jedoch auf die eventuelle Mehrstufigkeit der Meinungsführung: In einer Dozentengruppe/Architektengruppe selbst können zunächst Meinungsführer in hohem Maße beeinflussen, welche Lehrbücher/Baumaterialien als primär geeignet eingestuft werden. Für beobachtbare Kleingruppen sei noch vermerkt: Das Registrieren der von den einzelnen Mitgliedern gebotenen Sprachmengen gilt als ein vertretbarer Indikator für Meinungsführer (größte Sprachmenge beim Meinungsführer). Das Nachvollziehen der von einem Meinungsführer (als Vorbild/Modell) gezeigten Verhaltensweisen wird auch als soziales Lernen (Modell-Lernen, Beobachtungslernen, Imitationslernen) bezeichnet.274 Diese Art des Lernens bedarf keiner eigenen Erfahrungen, sie resultiert aus der ein- oder mehrmaligen Beobachtung eines als Vorbild eingestuften Modells. Das nachahmende Individuum nimmt das Modell als attraktiv wahr und sucht durch Imitation, bestimmte Merkmale oder Erfolge des Vorbildes auf sich zu übertragen, eventuell eine möglichst vollständige Identifikation mit dem Vorbild zu erreichen. Damit ist bereits angeklungen, daß diese Form des Lernens nicht nur in Verbindung mit Meinungsführern i.S. der üblichen und auch hier verwendeten begrifflichen Abgrenzung (Meinungsführer als Gruppenmitglieder) auftritt, sondern sich auch auf 'bloße' Leitbilder begründen kann. Die begriffliche Differenzierung von 'Leitbild' und 'Meinungsfuhrer' erscheint zweckmäßig, um den Meinungsführer nicht noch unschärfer erscheinen zu lassen, als dies bereits durch die Ausweitung des Gruppenbegriffes vorgezeichnet ist. Für das Leitbild ist 'Gruppenmitgliedschaft' kein Definitionsmerkmal. Denn als Leitbild läßt sich Jedes konkrete persönliche Vorbild oder jedes Modell (= abstrakte/symbolische Person) einstufen, das (einen) Menschen Im Verhalten ausrichtet oder führt. Als Kennzeichen des Leitbildes, die In Teil- oder Totalkombination auftreten können, gelten: (1) Attraktivität (2) Bekanntheit in Verbindung mit Beliebtheit/Popularität (3) Sachkompetenz/fachliche Glaubwürdigkeit (4) Vertrauenswürdigkeit/'menschliche' Glaubwürdigkeit (5) Ähnlichkeit (a) wahrgenommene (b) erwünschte/erstrebte. 274 Vgl. F. Angermeyer, Lernen, in: Handbuch psychologischer Grundbegriffe, hrsg. v. T. Herrmann u.a., München 1977, S. 274f.; A. Bandiwa, Social Learning Theory, Englewood Cliffs (N. J), 1977.

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In den Erscheinungsformen der Leitbilder spiegeln sich diese Kennzeichen typischerweise in der folgenden (durch obige Gliederungszeichen markierten) Rangreihenform: Stars z.B. Sport-, Film-, TV-Stars

:(2), (l)/(5b), (4)

Prominente z.B. exponierte Adlige, Künstler Experten Konkrete z. B. Prof. Dr. Konkret, Leiter der Orthopädischen Klinik OK Symbolische z. B. Ärzte-/WissenschaftlerStereotyp

:(2), (4), (1) :(3), (4), (2), (1)

:(3), (4), (1):

Typische Konsumenten Konkrete :(4), (5a), (3) z.B. Herr Real, Belspielstr. 10, Hamburg Symbolische :(4), (5a), (3) z.B. Hausfrauen-, Hobbywerker-Stereotyp Für Marketingeinsätze resultiert aus der Differenzierung von Meinungsführern und Leitbildern folgende tendenzielle Unterschiedlichkeit:

Einsatzform - persönliche direkte Kommunikation - massenmediale Kommunikation -» Leitbildwerbung Funktion - KommunikaUonsmitÜerfunktion (Informationsübermittlungs-, Verstärkungsfunktion) - Verwendervorbildfunktion - Imagegeberfunktion

Meinungsführer

Leitbild

X X

X

(x)

(X)

X X

Wenn Leitbilder als Kommunikationsmittler in Betracht kommen, so in erster Linie in der Erscheinungsform der Experten. Für die Funktionskategorie 'Verwendervorbild' und 'Imagegeber' erscheinen demgegenüber vor allem Stars und Prominente geeignet. Läßt man z. B. erfolgreiche Sportstars für bestimmte Sportartikel oder attraktive, umschwärmte Filmstars für Kosmetika auftreten, so liegen hin-

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sichtlich 'VeTwendervorblld' folgende In sozialen Lerntheorien vertretene, hier vereinfacht umgesetzte Gedankengänge zugrunde: (1) Als ein grundsätzliches Wirkschema zum Einsatz von Leitbildwerbung die Annahme, der Normalkonsument sehe das Leitbild an sich als ein Ideal, dem er ähnlich, wenn nicht gar identisch werden möchte. Wenn also der Film- oder Sportstar bestimmte Bekleidung, einen bestimmten PKW-Typ, ein bestimmtes Hobby als von Ihm präferiert präsentiert, so imitiert der Normalverbraucher dies, u m sich damit zu seinem Leitbild zu bekennen und sich ihm anzunähern fTennisspieler in Boris-BeckerKleldung, Jugendliche im Elvis-Presley-Look usw.). (2) Eine zweite, durch Bezugnahme auf den Belohnungsaspekt von (1) abgehobene Vorstellung entspricht folgendem Erwartungsmuster: Die Belohnungen, die der Star (in Form von sportlichen Erfolgen, beruflichen Erfolgen, Publizitätserfolgen, sozialen Erfolgen Insbesondere beim anderen Geschlecht) erfahren hat und erfährt, erstrebt der umworbene Beobachter ebenfalls. Der Beobachter kann und soll n u n lernen, daß diese Erfolge ursächlich auf die Verwendung bestimmter Produkte (Skimarken, Vitaminpräparate, Fachzeltschriften, Parfüms, Seifen, After Shaves usw.) zurückgehen. Er als bisheriger Normalbürger brauche also lediglich diese Produkte ebenfalls zu verwenden, und er werde ebenfalls gröjSere Erfolge, wenn nicht gar dem Star Identische Erfolge haben fTennisspieler mit Boris-Becker-Racket, Jugendliche mit Elvis-PresleyGitarre usw.). Ein weiteres Feld, für das speziell der Meinungsführer-Ansatz in starkem Maße zur Erklärung von Käufeiverhalten herangezogen wird, ist das der Dtffuaion von Neuprodukten.

Umsatz

Einführung

Wachstum

Rolfe

Sättigung

Rückbildung

NNCVATOREN

FROHE ANNEHMER

FROHE MEHRHEIT

SPATE MEHRHEIT

UNENTSCHLOSSENE

Zeit

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

Diffusionsmodelle, die den Verbreitungsprozeß neuer Produkte zu erklären und zu prognostizieren suchen sowie weitergehend Empfehlungen für die Marketingpolitik im Diffusionsprozeß entwickeln, nennen als Erstannehmer regelmäßig Innovatoren, die entweder als den Meinungsführern identisch oder diesen vorausgehend eingestuft werden. Entsprechend erscheinen die Meinungsführer in den idealisierten Lebenszyklus-Darstellungen, wie der zuvor skizzierten, in der Elnführungs- oder Wachstumsphase als typische Käuferkategorie. Für ROSENSTIEL und EWALD "scheint es im Hinblick auf die Ergebnisse der Konsumgüterdiffusionsforschung berechtigt zu sein, hier keine Unterscheidung zu treffen, sondern davon auszugehen, daß es sich bei den Meinungsführern und den Innovatoren um dieselben Individuen handelt".275 Dagegen treten nach Einschätzung anderer Autoren die eigentlichen Meinungsführer erst in der zweiten Diffusionsstufe als sog. frühe Nachahmungskäufer auf, da sie die Innovatoren mehr in sozialer Außenseiterposition sehen, denen die für Meinungsführer typische starke Verwurzelung im Gemeinschaftsleben fehle.276 Der damit aufscheinende Widerspruch läßt sich jedoch unter Verweis auf die bereits angeführte mögliche Mehrstufigkeit der Meinungsführerschaft In der Form lösen, daß man die Innovatoren als Meinungsführer 1. Grades und die frühen Annehmer als Meinungsführer 2. Grades Interpretiert. Im übrigen ist im hiesigen Kontext vor allem die verbindende sachliche Beurteilung wesentlich, daß den Meinungsführern auf jeden Fall eine Schlüsselstellung in der Einführung und Verbreitung neuer Produkte zuerkannt wird und daß sich das Einführungsmarketing auf sie konzentriert, um sie zu positiver Mund-zu-Mund-Werbung zu veranlassen. Die häufig im Einführungsmarketing stark im Vordergrund stehende Vorauswerbung und die mit der konkreten Präsentation der Produkte parallel laufende Einführungswerbung können entsprechend auf die Meinungsführer ausgerichtet werden. Eine direkte Umwerbung der Meinungsführer bietet sich vor allem bei einer relativ kleinen Zahl von Zielpersonen und/oder relativ hohem Wert des Verkaufsobjektes an. Bei Massengütern dagegen wird eine volle Konzentration auf die Meinungsführer schwieriger zu realisieren sein. Denn die Zahl der Meinungsführer ist hier häufig so groß (von den potentiellen Käufern eines neuen Konsumgutes Jeder dritte bis vierte)277, daß eine von Streuverlusten freie individuelle Umwerbung über persönlich adressierte Werbebriefe oder Hausbesuche von Akquisiteuren in der Regel zu hohe Kosten verursacht. Realisierbar ist Jedoch eine Minderung der Streuverluste durch 275 L. v. Rosenstiel

G. Ewald, Bd. 1. a.a.O., S. 122.

276 Vgl. E. E. Scheidng, Das Marketing neuer Produkte, Wiesbaden 1970, S. 192; G. Bodenstein, Der Annahme- und Verbreitungsprozeß neuer Produkte, Frankfurt/M. u.a. 1972, S. 88. 277 Vgl. K. P. Koos, Diffusion, a.a.O., S. 67.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Nutzung von Werbemedien, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Melnungsführem für das jeweilige Produkt erreichen. Über diese Medien sind dann Werbebotschaften zu verbreiten, die auch in ihrem Inhalt speziell die Meinungsführer ansprechen. cc) Sonderaspekte des Gruppenkaufs (Kollektivkaufs) Der Konsument kauft eine Vielzahl von Gütern als Einzelperson. Er ist dabei - wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben - zwar generell von seinem sozialen Umfeld Im weitesten Sinne beeinflußt. Er hat aktiv Anregungen und Ratschläge Im sozialen Umfeld gesucht oder diese mehr passiv aufgenommen. Der Fall Jedoch, daß mehrere Konsumenten die eigentliche Kaufentscheidung gemeinsam tragen und daß dem Verkäufer schließlich mehrere Personen gemeinsam gegenübertreten, ist grundsätzlich nur bei bestimmten Bedarfs- bzw. Produktkategorien zu erwarten. Dies bestätigt die vorliegende Literatur, die insbesondere auf das familiale Einkaufsverlialten 278 bezogen Ist. So stellt WISWEDE279 folgende generelle Zuordnung heraus: Isolierte Entscheidungen häufiger

GemeinsameEntscheidungenhäuflger

habitueller Bedarf Kleinbedarf periodischer Bedarf Einzelbedarf (Indlvidualbedarf) spezialisierter Bedarf

nicht habitueller Bedarf Großbedarf aperiodischer Bedarf Gemeinbedarf nicht spezialisierter Bedarf

Nach KIRCHLER ist eine gemeinsame Entscheidung "dann zu erwarten, wenn der Kauf eine ansehnliche finanzielle Mittelbindung bedeutet, das Produkt oder die Dienstleistung mehrere Personen betrifft, sozial auffällig ist, d.h. zum Prestige der Familie beiträgt und zudem selten angeschafft wird."280 Auf konkrete Leistungskategorien abstellende Untersuchungen von DAVIS und RIGAUX281 zum relativen Einfluß von Ehepartnern auf den familialen Kaufentscheidungsprozeß zeigen, daß auch Familien über den größten Teil 278 Einen Informativen Oberblick über vorliegende Studien zur Beteiligung von Familienmitgliedern an der Kaufentscheidung bieten H. Meffert H.-D. Dahlhojf, Kollektive Kaufentscheidungen und Kaufwahrscheinlichkelten, Hamburg 1980, S. 26ff.; H. Mayer, W.Boor, Familie und Konsumentenverhalten. in: JAV, Jg. 34, (1988), S. 120ff. und E. Kirchler, Kaufentscheidungen im privaten Haushalt, Güttingen u.a. 1989. 279 G. Wlswede. Rollenstruktur des Haushalts, K. G.Specht u.a., Berlin 1976, S. 199.

in: Marketing-Soziologie,

hrsg. v.

280 E. Kirchler, Kaufentscheidungen, a.a.O., S. 255. 281 Vgl. H.-L. Dairts, B. Rtgaux, Perceptlon of Material Roles in Decision Processes, in: JoCR Vol. 1 (June 1974) S. 51 ff. Einen Überblick über weitere empirische Untersuchungen zur Elnflußvertellung In Partnerschaften gibt E. KlrchLer, Kaufentscheidungen, a.a.O., S. 166ff.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

100%

1. Küchenartikel 2. Einrichtungsgegenstände 3. Kleidung der Frau 4. Nahrungsmittel/Getränke 5. Kosmetika 6. Haushaltsgeräte 7. Kleidung des Mannes

50% Grad der Rollenvermischung

8. alkohol. Getränke 9. Gartengeräte 10. Auto 11. Lebensversicherung 12. Möbel 13. Wohnung 14. Urlaub

0%

Zweites Kapitel: Konsumentenveihalten

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der Anschaffungen arbeitsteilig und nur über bestimmte Bereiche (z.B. Wohnung, Urlaub) ausgeprägt gemeinschaftlich befinden. Näheren Aufschluß vermittelt die (über Befragung von 73 belgischen Paaren entwikkelte) Grafik auf der Seite 114. Die 3er-skalierte Achse dieser Grafik hält das arithmetische Mittel aller Antworten auf die Frage fest, ob die Frau bezüglich einer bestimmten Leistungskategorie dominiert (Skalenniveau 3), ob der Mann dominiert (Niveau 1) oder ob geteilter Einfluß i.S.v. wechselnder Verteilung zwischen Frau und Mann (Niveau 2) typisch ist. Die Prozentachse zeigt an, wieviel Prozent der Kaufentscheidungsprozesse unipersonell oder gemeinschaftlich getragen werden; bezüglich der Kaufaktlon als Schlußglied des Kaufentscheidungsprozesses läßt sich der Prozentsatz der Gemeinschaftskäufe konkret dadurch ermitteln, daß man die Summe der Gemeinschaftskäufe durch die Gesamtzahl der Käufe dividiert. 282 Innerhalb des Dreieckes, das in der Grafik erscheint, sind dann die mit römischen Ziffern gekennzeichneten vier Zonen unterscheidbar. Dreieckzone I spiegelt den Dominanzbereich des Ehemannes, Dreieck-Zone III den Dominanzbereich der Ehefrau, Viereck-Zone II den Wechselbereich und Dreieck-Zone IV den sog. synkratischen Bereich, d. h. den Bereich der typischen Gemeinschaftsentscheidungen. Die Spitze der Dreieck-Zone IV steht für den Fall, in dem die Kaufentscheidungen zu 100% gemeinsam getroffen werden und der Einfluß der Ehepartner genau gleichverteilt liegt. Da sich die Untersuchungen von DAVIS und RIGAUX nicht nur auf den Kaufakt selbst, sondern den Phasenablauf 'Problemerkennung -»Informationsgewinnung Entscheidung' bezogen, gibt die Grafik Aufschluß über die Veränderung der Beteiligung von Frau und Mann in diesen Prozeßstufen. Dazu erscheint insbesondere aufschlußreich, daß mit Annäherung an die eigentliche Entscheidung der Grad an Gemeinsamkeit zunimmt. Zunahme des Grades an Gemeinsamkeit ist allerdings nicht einfach auch als Zunahme an harmonischer Einigkeit zu interpretleren. Meinungsverschiedenheiten und schließlich Auseinandersetzungen bilden keine Ausnahme. Daraus folgt die Frage, welche Konfliktlösungsstrategien bei familialen Kaufentscheidungen zu erwarten sind. In Anlehnung ein SHETH283 lassen sich als grundsätzliche Lösungsstrategien anführen:

282 Werden als Beispiel Urlaubsbuchungen herausgegriffen, so wäre die während des Bestehens einer Familie gemeinschaftlich entschiedene Buchlingszahl 10 zu den beispielsweise Insgesamt 12 vorgekommenen Buchungen In Beziehung zu setzen, was einem Gemeinsamkeitsgrad von rd. 83% entspräche. 283 Vgl. J. Sheth, A Theoiy of Family Declslons, in: Models öf Buyer Behavlor, hrsg. v. J. Sheth. New York u.a. 1974, S. 32f. sowie generell E. Kirchler, Kaufentscheidungen, a.a.O.. S. 222ff.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

(1) Problemlösung durch weiteres Suchen bis zum Auffinden einer die verschiedenen Vorstellungen/Ansprüche erfüllenden Leistung; (2) Überzeugung/Überredung des zunächst nicht zustimmenden Partners durch den anderen; (3) Verhandlung über Ausgleichsofferten etwa in der Form, daß sich der Mann die Zustimmung zum neuen PKW durch das Zugestehen neuer Garderobe für die Frau 'erkauft'; (4) Koalitionsbildung mit Freunden und Bekannten, um damit dem Partner seine 'Außenseiterposition' zu signalisieren und ihn durch so gearteten sozialen Druck zum Einlenken zu bewegen. Ansätze zur Erläuterung des familialen Kaufentscheidungsverhaltens, die sich nur auf die Ehepartner beziehen, erscheinen (abgesehen von der soeben angedeuteten Rolle, die Freunde und Bekannte spielen können) dadurch zu eng, daß sie die in Familien vorhandenen Kinder und deren Einfluß nicht erfassen. Eis existieren unmißverständliche Belege dafür, daß die Kinder mit zunehmendem Alter in bestimmten Bereichen vermehrten Einfluß gewinnen, Indem ihre in diesen Bereichen häufig stärkere Kompetenz von den Eltern akzeptiert und berücksichtigt wird. Als generelle Haupteinflußbereiche für Jungen gelten Technik, Sport und Freizeit; Schwerpunktbereiche für Mädchen bilden Mode, Schmuck, Kosmetik, Haushalt. 284 Wichtig erscheint im weiteren der Hinwels, daß sich der relative Einfluß von Ehefrau und Ehemann sowie der Kinder Im Lebenszyklus einer Ehe verändert. 285 Die typischen Anteile und ihre Verschiebung zeigt die (nach MEFFERT286 gestaltete) folgende Grafik:

284 Vgl. J. Renner. Jugendliche u n d Ihr Einfluß auf Kaufentscheidungen des Haushaltes, In: Mitteilungen der Forschungsstelle f ü r den Handel, Berlin, Dez. 1971; vgl. Im weiteren L. A. Berey, R. W. Pollay, The Influencing Role of the Child in Family Decision Making, in: JoMR. Vol. 5 (Febr. 1968), S. 70ff.; S. Want D. Wackman, Children's Purchase Influence Attempts and Parental Yielding, In: JoMR. Vol. 9 (Aug. 1972), S. 316ff. B. Bunk: Sind Kinder unberechenbar?. In: absatzwirtschaft, Jg. 1995, H. 8, S. 88. 2 8 5 Vgl. R. E. Ruhfiis, Kaufentscheidungen von Familien, Wiesbaden 1976, S. 65ff.; K. E. Runyon, Consumer Behavior and the Practice of Marketing, Columbus 1977, S. 149ÍT.; L. E. Schiffman, L. L. Kanuk, Consumer Behavior, Englewood Cliffs (N.J.) 1978, S. 245if.; H.Mayer. W.Boor, a.a.O., S. 120ff. einschl. der dort angegebenen Literatur. 286 Vgl. H. Mejfert, Marketing, 7. Aufl., Wiesbaden 1986, S. 161.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Relativer Einfluß auf Kaufentscheidungen

Frau

kinderlose Jungverheiratete Ehepaare

Ehepaare mit Kleinkindern

Schulkindern

kinderlose altvertieiberufstätiratete Ehegen Kindern paare

Neuere Untersuchungen vermitteln Hinweise auf folgende markante Änderungstendenzen gegenüber dem vorstehenden Ablaufbild:287 - Ab Schulkinderphase Angleichung des Einflusses der Frau an den Einfluß des Mannes (wg. häufigerer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Frau). - In Altverheiratetenphase zunehmende Tendenz zu überwiegendem Einfluß der Frau (wg. ihrer altersunterschiedsbedingten größeren Leistungsfähigkeit). Aus den vorhergehenden Informationen ergibt sich für das Marketing vor allem der Hinweis, daß eine gezielte Werbung auch die Identifikation der jeweils dominanten Initiatoren von Kaufentscheidungsprozessen und der maßgeblichen Träger von Kaufentscheidungen voraussetzt. Frauen und Kinder sind folglich in den Bereichen/für die Produkte als Kommunikationsmittler einzukalkulieren, in denen sie/für die sie in der familialen Arbeitsteilung 'zuständig' sind. Speziell im Persönlichen Verkauf läßt sich darüber hinaus die weitere Erkenntnis einsetzen, daß im gemeinsamen Auftreten mehrerer Familienmitglieder zum Ausdruck kommender verteilter Einfluß auf die Kaufentscheidung nicht gleichverteilten und noch weniger in Jeder Beziehung gleichverteilten Einfluß zu bedeuten braucht. Auch die jeweiligen familialen Gruppenführer treten im allgemeinen durch die relativ (zu den anderen Familienmitgliedern) größere Sprachmenge hervor. Die Konzentration auf sie hat erkennbare 'arbeitsteilige' Speziallsierungen der Gruppenführer in Form aufgabenorientierter Führerschaft einerseits und stimmungsorientierter Führerschaft andererseits zu berücksichtigen.

287 Vgl. A. Bänsch, S. SeydeU Frauen in der Konsumveihaltensforschung, in: Geschlechtsspezifische Fragestellungen in der Ökonomie und anderen Wissenschaften, hrsg. v. den Frauenbeauftragten des FB Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg, Hamburg 1995; o.V.: Veränderte Frauenwelten - Neue Konsumentinnen, in: Markenartikel, Jg. 1995, S. 372 ff.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

Der aufgabenorientierte Führer pflegt sich auf die sachlichen Aspekte zu konzentrieren. Er bemüht sich um Informationen zu den physisch-funktionellen Eigenschaften des Angebots und damit um Informationen zur Funktionsfähigkeit und -Sicherheit, zu Lieferzeiten und Garantien, zum Preis, zu den Zahlungskonditionen u. ä. m. Er argumentiert und diskutiert zu diesen Fragenkreisen. Der stimmungsorientlerte Führer wird sich bei Behandlung dieser Gesprächsthemen generell auf relativ kurze kommentierende Bemerkungen beschränken, das Gesprächsklima jedoch erheblich beeinflussen können. Größere Sprachmengen sind vom stimmungsorientierten Führer zu ästhetischen und sozialen Aspekten des Kaufgegenstandes zu erwarten. Derartige Rollenverteilungen ließen sich bei famlllalen Käufen in der Form nachweisen, da3 der Mann in der Mehrzahl der Fälle die Rolle des aufgabenorientierten Führers übernahm, während sich die Frau stimmungsorlentiert zeigte.288 Für den Verkäufer fordert eine derartige Rollenverteilung als konkrete Reaktion, daß er sich verbal-argumentativ vornehmlich dem Mann zu widmen hat, während er die Frau meist nur hin und wieder kurz anzusprechen braucht. Der Frau sind daneben jedoch durch nichtsprachliche Kommunikation (Körperzuwendungen, Aufnahme von Blickkontakt, Zulächeln, Zunicken) immer wieder Aufmerksamkeit, Zustimmung und Wertschätzung zu bedeuten. Ein Phänomen, das im Zusammenhang mit Gruppenentscheidungen und folglich auch speziell im Zusammenhang mit kollektiven Kaufentscheidungen häufig als zu berücksichtigende Erscheinung präsentiert wird, ist das sog. Risiko-Schub-Phänomen. Die Formulierung des Phänomens geht auf Untersuchungen zurück, die gezeigt haben wollen, daß Gruppen zu riskanteren Entscheidungen gelangen als Einzelpersonen.289 Als plausibel hingestellt wird dieses Phänomen über den Hinweis, bei Gruppenentscheidungen verteilten sich die Konsequenzen einer Fehlentscheidung auf die Gruppenmitglieder (zumindest ihre Führer). Die Einzelperson neige als Gruppenmitglied eher zu Wagnissen, weil die Entscheidung nicht allein ihre eigene sei und sich ihre Verantwortung dementsprechend verringere. Nach KOGAN und WALLACH ist diese Erscheinung insbesondere als Ergebnis von Diskussionen in der Gruppe zu erwarten.290

288 Vgl. W. Kroeber-Riel Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 479. 289 Vgl. M. Argyle, Soziale Interaktion, Köln 1972, S. 253f.; L. Mann, a.a.O., S. 220ff.; H. Crott, Soziale Interaktion und Gruppenprozesse, Stuttgart u.a. 1979, S. 113ff. 290 N. Kogan, M. A. Wallach, Risktaklng as a function of the situation, the person, and the group, In: New Directions In Psychology, Vol. 3, New York 1967, zitiert nach: L. Mann, a.a.O., S. 221.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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Die festen Beziehungen, die sich während einer Gruppendiskussion herausbilden, würden jedem einzelnen das Gefühl vermitteln, daß er die Folgen einer Fehlentscheidung nicht allein zu tragen habe. BROWN291 vertritt dazu die Meinung, daß die Gruppendiskussion zur Anerkennung des Risikos als kulturellem Wert führe (Zaghaftigkeit gilt wenig!); die Folge sei, daß sie die anfangs Vorsichtigeren in ihrem Wagemut mehr steigere als sie die anfangs Wagemutigen zu größerer Zurückhaltung führe; als Resultat ergäbe sich die riskantere Gruppenentscheidung. Neuere Untersuchungen292 haben die Existenz dieses Phänomens jedoch stark in Zweifel gezogen, dabei häufig sogar als gegenläufiges Phänomen den Vörsichtsschub herausgestellt. Plausibel erscheint, daß die Gruppentendenz zu größerem Wagemut oder erhöhter Vorsicht von der betreffenden Ausgangshaltung der Individuen abhängt: Neigen die Einzelpersonen vor der Gruppendiskussion zur Risikofreudigkeit, so schaukelt diese sich in der Gruppe zum Risikoschub hoch; im Gegenfall einer eher vorsichtigen Ausgangshaltung bestätigt und überbietet man sich in der Gruppe in dieser Hinsicht und bewirkt damit einen Vorsichtsschub.293 Für die Marketinganwendung ergibt sich damit: Im Persönlichen Verkauf kann der Verkäufer vor Ort testen und erfahren, ob ein Ins-Gespräch-Ziehen und Ins-Gespräch-Bringen aller Gruppenmitglieder Entscheidimgshemmungen lösen oder gar weitergehende Entscheidungen (z. B. Kauf größerer Menge oder teurerer Leistungen) zu initiieren vermag. b) Partielle Ansätze 2. Grades (Ansätze mittlerer Komplexität) Die vorstehend dargebotenen Ansätze zur Erklärung und/oder Prognose von Konsumentenverhalten beleuchten jeweils nur eine Determinante(nGruppe). Die hier als partielle Ansätze 2. Grades bezeichneten Konzepte berücksichtigen mehrere Konstrukte, ohne sich jedoch auf die Vielzahl von Konstrukten zu beziehen, die für die sog. Total-Ansätze kennzeichnend sind. Beispielsweise gründet sich der auf die Ebene der Markenwahl konzentrierte Ansatz von J. MAZANEC294 auf die vier Hauptkonstrukte - Einstellung - Image - erlebtes Risiko - kognitive Dissonanz. Es sei dazu auf die Originalquelle verwiesen.

291 R Brown, Social Psychologe, New York, London 1965, zitiert nach L. Mann. a. a. O., S. 221. 292 Vgl. R. Eischen, Risikoschub bei Gruppenentscheidungen?, In: ZfbF, Jg. 34 (1982), S. 870ff. sowie die dort angegebene Literatur. 293 Vgl. E. H. Wüte, Sozlalpsychologle. München 1989, S. 485. 294 J. Mazanec, Strukturmodelle des Konsumentenverhaltens, Wien 1978.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

c) Totalansätze (Ansätze höherer Komplexität) Die Grenze zwischen Ansätzen mittlerer und Ansätzen höherer Komplexität läßt sich nur tendenziell ziehen. Je größer die Zahl der einbezogenen Determinanten, desto eher kommt eine Einordnung unter den Ansätzen höherer Komplexität, den sogenannten Totalansätzen, in Betracht. 1. Ansatz von NICOSIA NICOSIA295 hat bereits Im Jahre 1966 und damit als einer der ersten den Versuch unternommen, verschiedenste theoretische Einzelansätze und empirische Erkenntnisse zu einem Modell zu verknüpfen. Vorgelegt wird von NICOSIA das auf der Folgeselte erscheinende, von vier Feldern bestimmte Grundbild (S. 156); die vorgenommenen Übersetzungen folgen weitgehend R SCHULZ296: Die auf Feld I folgenden Felder repräsentieren verschiedene Stationen, die nach dem Kontakt des Konsumenten mit einer Werbebotschaft eines Unternehmens erreicht werden können. Die Im Modell erscheinenden Konstrukte - Prädisposition (predlsposition) - Einstellung (attttude) - Motivation (motivation) verwendet NICOSIA In spezieller Interpretation, die sich mit hier vorhergehend präsentierten Interpretationen nicht deckt (vgl. S. 120f.): Prädispositionen stellen passive kognitive Strukturen dar, also Wahrnehmungen/Informationen zu allgemeinen oder speziellen Objekten (wie Produktkategorien oder Marken), die das Individuum in seinem Gleichgewichtszustand/Ruhezustand belassen, es folglich nicht zu Aktivitäten wie Käufen oder auch nur Informationssuche veranlassen. Einstellungen bezeichnen Kräfte, die das Individuum zu schwacher Aktivität veranlassen und insofern aus seinem Ruhezustand herausfuhren. NICOSIA versteht sie als lediglich auf generelle Objekte (wie Produktkategorien, nicht aber bestimmte Marken) bezogene Konstrukte. Motivationen repräsentieren so starke Triebkräfte, daß sie das Individuum in ein ausgeprägtes Ungleichgewicht bringen. Sie sind auf spezielle Objekte wie bestimmte Marken bezogen und werden als Voraussetzungen für den möglichen Kauf einer Marke angesehen. Grob skizziert spiegelt das Zirkularbild folgende Vorstellungen NICOSIAs (S. 155 f.): Ausgangspunkt bildet die Einführung einer neuen Marke (zu bereits am Markt befindlichen Marken), die das Unternehmen durch bestimmte Werbebotschaften zu erreichen sucht. Bei der Konzeption seiner Werbebot295 F. M. Nicosia, Consumer Decision Processes, Englewood Cliffs, N.J. 1966. Alle Bezöge auf Nicosia weiden In Klammem bei den jeweiligen Textstellen kenntlich gemacht. 296 R. Schulz, a.a.O., S. 63.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten FELD I: Kontakt des Konsumenten mit der Werbebotschaft eines Unternehmens

SUBFELD I: Eigenschaften des Unternehmens

Werbebotschaft

SUBFELD II: Eigenschaften des Konsumenten (insbes. Prädisposition)

Einsteilung zum Produkt

FELD I I : Suche nach Mittel-ZweckRelation; Alternativenbewertung Erfahrung mit der gekauften Marke Motivation

Rückkopplung zum Unternehmen

FELD I V : Lagerung bzw. Ge-A/erbrauch des Produktes

Durchführung des Kaufes

Schäften hat das Unternehmen im Modell NICOSIAs in der Form von einer Nullsituation auszugehen, daß beim Konsumenten weder eine Einstellung zur Marke noch zur Produktkategorie vorliegt (S. 154:"... the consumer has no feelings toward this brand nor toward its product class"). Angenommen werden kann nur eine Prädisposition. Gelingt es über die Werbebotschaft, die Prädisposition in eine Einstellung (i.S. NICOSIAs!) zu überführen, so geht diese in das Feld II ein. Dieses bringt die Suche nach weiteren Alternativen (Marken) sowie eine Bewertung

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

der einzelnen Marken zum Ausdruck. Mögliches Ergebnis Ist die Ausbildung einer auf die beworbene Marke bezogenen Motivation. Die aus Feld II resultierende Motivation bildet dann Input des Feldes III. Dieses Feld repräsentiert die mögliche Transformation der Motivation in einen Kaufakt. Ein vollzogener Kauf der beworbenen Marke bildet Input für Feld IV und als Rückkoppelungseffekt Input für das Subfeld I (in Feld I). Aus dem Besitz des erworbenen Produktes, seiner Lagerung bzw. seinem Ge- und Verbrauch (Feld IV) resultieren Erfahrungen, die den Konsumenten in seinem weiteren Verhalten prägen (Input in Subfeld II). Nach dieser Groberläuterung seines Ablaufbildes bietet auch NICOSIA detaillierte Erklärungen für die einzelnen Stationen und die Übergänge zwischen den Stationen, die hier in der Folge auch noch etwas näher nachvollzogen seien, um die Vorstellung NICOSIAs transparenter werden zu lassen (S. 157ff.).297 Zu Feld I / Subfeld I (S. 157ff.): Für die Konzeption der Werbebotschaft wird herausgestellt, welche Faktoren es im einzelnen zu recherchieren und zu beachten gilt; angeführt werden u. a. Ziele des Unternehmens, technische, funktionelle und sozial-psychologische Eigenschaften der Marke, Umweltfaktoren (wie Verhalten der Konkurrenz, gesetzliche Auflagen, verfugbare Massenmedien, vorhandene Meinungsfuhrer), Eigenschaften der Massenmedien, Wirkungen von Botschaftsalternativen, Charakteristika der zu erreichenden Konsumenten. Zu Peldl / Subfeld n (S. 162ff.): Die in bestimmter Form gestaltete und übermittelte Botschaft kann den Konsumenten erreichen, aber auch an dessen Selektionsbarrieren scheitern. In der folgenden Ablaufskizze (S. 172)298 für das Subfeld II, die unter den von NICOSIA zu allen Feldern präsentierten Grafiken exemplarisch wiedergegeben sei (Folgeseite), kommt dies darin zum Ausdruck, daß der von Subfeld I kommende, die Werbebotschaft repräsentierende Pfeil beim Konsumenten Kontakt finden (Ja) oder verfehlen kann (nein). Realisierter Kontakt zum Konsumenten bedeutet physische und kognitive Wahrnehmungen beim Konsumenten. Welche der Ergebnismöglichkeiten - Botschaft geht verloren299 - Botschaft wird gespeichert300

297 Vgl. dazu auch die Erläuterungen von R. Schulz, a. a. O., S. 63ff. 298 Dabei wird auf die Übersetzung von R. Schulz, a.a.O., S. 65, zurückgegriffen. 299 Well sie z. B. nicht verstanden oder als Irrelevant eingestuft wird. 300 Was In der Folge zu Ihrem Verlust, Veränderungen oder auch unvarllerter Wieder-Aktivierung führen kann.

Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

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- Botschaft wird einstellungsbildend wirksam eintritt, hängt von den Eigenschaften der Botschaft und insbesondere von Umwelteinflüssen während der Übermittlung sowie den Prädispositionen des Konsumenten gegenüber der Marke ab, die ihrerseits von früheren Erfahrungen mit der betreffenden Marke geprägt sein können. Zu Feld H (S. 173 ff.): Wird die Botschaft wirksam, so bedeutet dies: Der Konsument wird aktiv, indem er sich um Informationen zu Alternativmarken bemüht; dabei kann der Konsument auf Bezugspersonen und Informationen von Hersteller- und Handelsunternehmen zurückgreifen. Die Art, die Dauer und die Intensität der Informationsbemühungen sieht NICOSIA u. a. als abhängig vom Anspruchsniveau des Konsumenten, den registrierten Informationskosten, dem erwarteten Informationsnutzen sowie Persönlichkeitsmerkmalen wie der Risikofreudigkeit.

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Zweites Kapitel: Konsumentenverhalten

Aus den zusammengetragenen erweiterten Informationen wird eine Rangordnung für die zu erwartenden Zlelerrelchungsgrade bei den verschiedenen Marken gebildet. Mögliche Ergebnisse sind dann (S. 178): (1) Abbruch des Entscheidungsprozesses mit Eingang der gewonnenen Informationen in die Prädispositionen des Individuums, wenn sich keine das Anspruchsniveau erfüllende Marke findet. (2) Überprüfung der Entscheidungskriterien mit Fortsetzung der Informationssuch- und -bewertungsaktivitäten. (3) Übergang von der Einstellung zur Motivation, wenn die höchsteingestufte Marke den Entscheidungskriterien entspricht. Zu Feld i n (S. 179ff.): Die Motivation aus Feld II geht als Input in Feld III ein und veranlaßt das Individuum zu Aktivitäten in Richtung Kauf der präferierten Marke. Ob der Kauf tatsächlich zustande kommt, in welcher Größenordnung, wo und zu welcher Zeit erscheint wiederum durch verschiedene Einflußfaktoren bestimmt. Vom Kaufort, von der dortigen Werbung und den Verkäufern ausgehende Informationen können eine Reorganisation der Motivation bewirken, und zwar bis zur Wahl einer anderen Marke oder sogar einer anderen Produktkategorie. Unter der Annahme, daß die präferierte Marke im aufgesuchten Geschäft oder zumindest Im räumlichen Einzugsbereich des Individuums tatsächlich erhältlich ist, können folgende drei Ergebnisse auftreten (S. 182): (1) Abbruch des Entscheidlingsprozesses unter Überführung der gewonnenen Informationen in Feld I; diese Zuleitung der Informationen führt zur Wiedererlangung des Gleichgewichtszustandes/Ruhezustandes beim Individuum. (2) Überprüfung des Prozesses aufgrund der in Feld III erhaltenen Informationen; der Zustand des Ungleichgewichtes bleibt und veranlaßt weiteres Bemühen um eine Lösung. (3) Kauf der präferierten Marke. Zu Feld IV (S. 184):

Vom Feld IV, In dem es zur Lagerung, zum Ge- oder Verbrauch des Produktes kommt, ergeht eine Rückkoppelung zum Entscheidungsmechanismus des Unternehmens und eine Rückkoppelung in den sozial-psychologischen Mechanismus des Konsumenten. Die Rückkoppelung zum Unternehmen kann bei diesem u. ä. Änderungen in der Botschaft und im Medien-Mix auslösen. Bezüglich der Rückkoppelung zum sozial-psychologischen Mechanismus des Individuums wird u. a. auf folgendes hingewiesen: J e länger der Zeitraum zwischen Kauf und Konsum, desto wahrscheinlicher sind Konflikte auf Grund des Auseinanderlaufens der Datensituation zum Kaufzeitpunkt und der des Konsumzeitpunktes (S. 185). Dies kann den Abbruch des Gebrauchs veranlassen oder zur Entwicklung von Rechtfertigungsstrategien fuhren. Die Erfahrungen mit der gekauften

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Marke können zum Gleichgewichtszustand (Feldl) zurückleiten, was das Unternehmen zu neuen Aktivitäten (eventuell Präsentation einer neuen Marke) zwingen würde. Wird nach Darlegung der Grundgedanken von NICOSIA eine Wertung versucht, so ist auf Grund der langen Zeit, in der sich der NICOSIA-Ansatz sozusagen auf dem Markt der Kaufverhaltensmodelle befindet, Bezugnahme auf eine Reihe vorliegender Beurteilungen möglich. Diese Beurteilungen tragen negative Grundtendenzen und reichen von moderater301 bis zu harscher Kritik302 und despektierlichem Lächerlichmachen, wenn etwa HOEPFNER303 von NICOSIAs Vierfelderwirtschaft' spricht. Als Kritikpunkte erscheinen u. a.: - Die eigenwillige Interpretation des Konstruktes 'Einstellung' durch NICOSIA, die zum einen in ihrem erklärten ausschließlichen Bezug auf allgemeine Objekte (wie Produktkategorien) nicht durchgehalten, sondern verschiedentlich doch auf Marken bezogen wird304, und die zum anderen bei der Einmischung des Gedankengutes anderer Autoren nicht beachtet, daß diese mit 'Einstellungen' andere Begriffsinhalte verbinden. - Unklarheit darüber, welche Kriterien die Individuen zur alternativen Bewertung heranziehen; SCHULZ stellt dies als symptomatisch für das gesamte Modell heraus: "Der Verfasser bemüht sich nicht um eine Erklärung der Variablen und ihrer Beziehungen, sondern führt die Forschungsergebnisse vielfach ohne erkennbaren Zusammenhang - beispielhaft auf ,.."305 2. Ansatz von HOWARD/SHETH HOWARD/SHETH306 zielen auf die Erklärung eines Kaufentscheidungsprozesses für eine bestimmte Marke aus einem Alternativenfeld von Marken und präsentieren dazu ein S-O-R-Modell (Stimulus-Organismus-ResponseModell), indem sie kaufrelevante Informationen des Konsumenten als Inputvariable (Stimuli) und bestimmte Reaktionen der Konsumenten als Outputvariable (Responses) über hypothetische Konstrukte aus der - weit begriffenen - Wahrnehmungs- und Lernsphäre (des Organismus) zu einem

301 Vgl. z.B. R. Schulz, a.a.O., S. 68ff. 302 Vgl. u.a. J. S. White, Review of Nicosia, F.M., Consumer Decision Process, In: JoM, Jg. 31 (July 1967), S. 108f. 303 F. G. Hoepfixer, Beeinflussung des Verbraucherverhaltens, München 1975, S. 21. 304 Vgl. R Schulz. a.a.O., S. 69.

305 R. Schulz, a.a.O., S. 69. 306 J. A. Howard, J. N. Sheth, The Theory of Buyer Behavior, New York u. a. 1969. Alle Bezüge auf Howard/Sheth werden In Klammem bei den jeweiligen Texts teilen kenntlich gemacht

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