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German Pages 252 [256] Year 1989
Organisation Von
Dr. Reinhard Voßbein Professor fur Organisation und Planung
3., durchgesehene Auflage
R Oldenbourg Verlag München Wien
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Vossbein, Reinhard: Organisation / von Reinhard Vossbein. - 3., durchges. Aufl. München ; Wien : Oldenbourg, 1989 ISBN 3-486-21432-2
© 1989 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München
ISBN 3-486-21432-2
Inhaltsverzeichnis Vorwort
IX
Teil A: Organisation als System
1
Abschnitt I: Organisation als Unternehmensfunktion 1. Kapitel: Untemehmensfunktionen - Managementfunktionen 1.1 Funktionsbegriff 1.2 Unternehmensfunktionen 1.3 Managementfunktionen
3 3 3 3 4
2. Kapitel: Der Organisationsbegriff 8 2.1 Das Organisationsverständnis als Basis des Organisationsbegriffes . . 8 2.2 Der funktionelle Organisationsbegriff 8 2.3 Der institutionelle Organisationsbegriff 9 2.4 Der integrative Organisationsbegriff 9 2.5 Organisatorische Problematik 10 3. Kapitel: Gegenstand der Organisationslehre 3.1 Gebiete der Organisationslehre 3.2 Organisationale Parameter 3.3 Methoden des organisatorischen Gestaltens 3.4 Organisationstheoretische Ansätze
13 13 13 13 14
Abschnitt II: Parameter organisatorischer Betrachtung
15
1. Kapitel: Der systemorientierte Denkansatz als Basis 15 1.1 Kennzeichen systemorientierten Denkens 15 1.2 Die Anwendbarkeit der Systemtheorie auf die Organisationslehre . 17 1.3 Institutionen als organisierte Systeme 18 2. Kapitel: Die Subsysteme des Organisationssystems 20 2.1 Zweck-Ziel-Zusammenhang und Organisationszielsystem 20 2.1.1 Zweck-Ziel-Zusammenhang 20 2.1.2 Komplexitätsreduktion und -bewältigung als übergeordnetes Organisationsziel 20 2.1.3 Organisationszielsystem als Gestaltungsaufgabe 21 2.2 Das Funktionssystem 23 2.2.1 Funktionen als Konsequenz von Zweck und Ziel 23 2.2.2 Funktionen als Konsequenz aufgaben- und arbeitsteiliger Prozesse . 24 2.2.3 Funktionssysteme an Beispielen 24 2.2.4 Strukturelle Beziehungen im Funktionssystem 25 2.3 Das Objektsystem 28 2.3.1 Objekte und Leistungsbezug 28 2.3.2 Objektsysteme im Beispiel 29 2.3.3 Strukturelle Beziehungen im Objektsystem 31 2.4 Das Aufbausystem 33 2.4.1 Grundbegriffe des Aufbausystems 33 2.4.2 Eindimensionale Strukturtypen 34 2.4.3 Mehrdimensionale Strukturtypen 37 2.4.4 Vor-und Nachteile der Strukturtypen 39
VI 2.4.5 2.4.6 2.4.7 2.4.8 2.4.9 2.4.10 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.3.1 2.6.3.2 2.6.3.3 2.6.3.4 2.6.4 2.6.4.1 2.6.4.2 2.6.4.3 2.6.4.4
Inhalt Die Struktur des Führungssystems Die Struktur des Ausführungssystems Das Stellensystem als Teil des Aufbausystems Prinzipien des organisatorischen Aufbaus Situative Bestimmungsparameter des Aufbaus Strukturelle Beziehungen im Aufbausystem Das Prozeßsystem Charakteristik von Prozessen Elemente von Prozessen Prozeßanalyse Prozeßsynthese Prinzipien der Prozeßorganisation Strukturelle Beziehungen im Prozeßsystem Das Faktorensystem Begriff des Leistungserstellungsfaktors Organisatorische Relevanz der Faktoren Der Mensch in organisatorischer Betrachtung Der Mensch-Subjekt und Objekt organisatorischen Handelns . . . Die Gegenstände organisationssoziologischer Betrachtung Einflußparameter sozialer Beziehungen Soziale Beziehungsstrukturen Das Computersystem als organisatorische Problematik Entwicklung der Computerisierung Probleme der Computerisierung der Organisation Strukturelle Beziehungen im Computersystem Datenschutz- und -sicherheitsprobleme
40 44 44 45 46 47 52 52 53 55 56 57 58 61 61 61 62 62 63 64 68 74 74 76 79 82
Teil B: Methoden des organisatorischen Gestaltens
85
1. Kapitel: Organisieren als Prozeß 1.1 Zum Verständnis des Gestaltungsprozesses 1.2 Der Ablauf des Prozesses des Organisierens
87 87 88
2. Kapitel: Informationsmanagement 2.1 Methoden der Informationsgewinnung 2.1.1 Systematik der Methoden 2.1.2 Gewinnungstechniken 2.1.3 Zuordnung und Bewertung 2.1.4 Techniken und Anwendungsgebiete 2.2 Methoden der Informationsverarbeitung 2.2.1 Systematik der Methoden 2.2.2 Charakteristik des Outputs 2.2.3 Beurteilung 2.3 Methoden der Informationsdarstellung 2.3.1 Einflußparameter der Methodenwahl 2.3.2 Darstellungsmethoden
90 90 90 91 92 93 96 96 97 98 98 98 99
3. Kapitel: Organisationsmethoden 3.1 Methoden der Problemerkenntnis 3.2 Methoden der Ist-Analyse 3.3 Methoden der Zielerarbeitung 3.3.1 Organisationsziele als Werte und Normen 3.3.2 Methoden der Zielfindung
105 105 105 107 107 107
Inhalt 3.3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.7.1 3.7.2 3.8 3.8.1 3.8.2
VII
Management und Organisationsziele Methoden der Organisationsplanung Organisationsplanung und -entwicklung als Gestaltungsmethoden Das deduktive Konzept Der Soll-Vorschlag als Gestaltungsplan Aufbau und Darstellung eines Soll-Vorschlages Methoden der Umsetzung (Realisierung) Parameter für die Bestimmung der Umsetzungsmethode Organisatorische Vorbereitung der Umstellung Umstellungsmethoden Methoden der Kontrolle Voraussetzungen wirksamer Kontrollen Kontrollprozesse Kontrollarten Methoden der Abweichungsanalyse Prozeß der Abweichungsanalyse Ergebnisse der Abweichungsanalyse Methoden der Revision Revisionsprozeß Revisionsverfahren
108 109 109 109 110 113 114 114 114 115 116 116 116 117 118 118 119 119 119 119
4. Kapitel: Organisatorische Lösung von Organisationsprozessen 4.1 Charakter von Neu- und Umorganisationsprozessen 4.2 Gemischte Projektteams und ihre Probleme
122 122 122
Teil C: Organisationstheorien
125
1. Kapitel: Organisationswissenschaftliche Klassifikationsschemata 1.1 Historische Klassifikationsansätze 1.2 Logisch strukturierte Klassifikationsschemata
....
127 128 130
2. Kapitel: Analyse organisationswissenschaftlicher Ansätze 2.1 Betriebswirtschaftlich-technologische Ansätze 2.1.1 Ansatzcharakteristik und Erkenntnisbereiche 2.1.1.1 Ansatzcharakteristik 2.1.1.2 Erkenntnisbereiche 2.1.2.1 Entwicklungsrichtung Arbeitswissenschaften: F. W. Taylor . . . . 2.1.2.2 Entwicklungsrichtung Verwaltung und Management: H. Fayol 2.1.2.3 Integrative Entwicklungsrichtung: E. Kosiol 2.2 Soziologische und sozialpsychologische Ansätze 2.2.1 Ansatzcharakteristik und Erkenntnisbereiche 2.2.1.1 Ansatzcharakteristik 2.2.1.2 Erkenntnisbereiche 2.2.2 Hauptvertreter 2.2.2.1 Bürokratisch-struktureller Ansatz: M. Weber 2.2.2.2 Motivatorisch-verhaltenswissenschaftlicher Ansatz: F.E.Fiedler 2.2.2.3 Soziologisch-systemtheoretischer Ansatz: N. Luhmann 2.3 Informationswissenschaftliche Ansätze 2.3.1 Technologische Voraussetzungen und ihre Realisierung
132 132 132 132 133 134 135 135 138 138 138 139 145 146 147 148 150 150
VIII
Inhalt
2.3.2 2.3.2.1 2.3.2.2 2.3.2.3 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.2.3 2.4.3 2.4.3.1
Ansatzcharakteristik und Erkenntnisbereiche Informationssystem-orientierte Ansätze Einzelgebiet· Entscheidungssystem-orientierter Ansatz Einzelgebiet: Führungsstil und -verhalten Hauptvertreter: E. Grochla Systemtheoretisch-kybernetische Ansätze Systemtheoretische und kybernetische Grundlagen Ansatzcharakteristik und Erkenntnisbereiche In-System-orientierte Richtung Um-System-orientierte Richtung Kybernetisch-orientierte Richtung Hauptvertreter Der systemtheoretische Ansatz mit Beschreibungsmodellen: K.Bleicher 2.4.3.2 Der situative Ansatz: A. Kieser, H. Kubicek 2.4.3.3 Systemtheoretisch-kybernetischer Ansatz: H. W. Mirow 2.5 Entscheidungstheoretische Ansätze 2.5.1 Grundfragen entscheidungstheoretischer Ansätze 2.5.2 Hauptvertreter
151 151 154 155 157 158 158 160 160 161 162 163 163 165 166 167 167 169
3. Kapitel: Formalisierte Ansätze und ihre Aussagefähigkeit 172 3.1 Bedingungen modellhafter Formalisierung 172 3.2 Die Teamtheorie als formalisierter Ansatz 176 3.3 Die Graphentheorie als formalisierter Ansatz 177 3.3.1 Strukturmodelle und ihre Abbildungen in Graphen und Matrizen . 178 3.3.2 Digraphen als Modelle organisationaler Strukturaspekte 179 3.3.3 Anwendbarkeit des graphentheoretischen Instrumentariums auf Organisationsprobleme 183 3.3.4 Offene Probleme 185 4. Kapitel: Pragmatische Ansätze und ihre Erkenntnisbereiche 4.1 Der Begriff des pragmatischen Ansatzes 4.2 Erkenntnisbereich praxiologisch-pragmatischer Systeme 4.3 Gestaltungsbereich praxiologisch-pragmatischer Systeme 4.4 Charakteristik der Hauptansätze 4.4.1 Organisationsprinzipien als Gestaltungsnormen 4.4.2 Organisationsentwicklung und Gestaltungsmethoden
188 188 188 189 191 191 192
5. Kapitel: Perspektiven eines kommunikationswissenschaftlichen Organisations-Ansatzes 196 5.1 Abgrenzung und Präzisierung des Ansatzes 196 5.1.1 Begriffliche Abgrenzung 196 5.1.2 Thematische Abgrenzung 197 5.1.3 Präzisierung des Ansatzes 199 5.2 Dimensionen eines kommunikationswissenschaftlichen Ansatzes . 199 5.2.1 Organisationstheoretische Basis 199 5.2.2 Kommunikationswissenschaftliche Grundlagen 200 5.2.3 Betriebswirtschaftliche Aspekte 202 5.2.4 Graphentheoretische Grundlagen 203 5.2.5 Technologische Voraussetzungen 206 5.2.6 Sozialpsychologische Einflußfaktoren 208 5.3 Kommunikation und Entscheidung 209
Inhalt
5.4
Umrisse eines kommunikationswissenschaftlichen OrganisationsAnsatzes
IX
211
Anhang: Darstellungsbeispiele der Organisationsanalyse
213
Literaturverzeichnis
231
Stichwortverzeichnis
240
Vorwort (zur 1. Auflage) Die Organisationslehre war im Verlaufe dieses Jahrhunderts einem ständigen Wandlungs- und Entwicklungsprozeß unterworfen. In den ersten Jahrzehnten eher eine technokratisch ausgerichtete Lehre, hatte sie zunächst die Erkenntnisse der sich entwickelnden Soziologie und Sozialpsychologie zu integrieren. Als diese Aufgabe noch nicht vollkommen gelöst war, wurde sie mit den Erkenntnissen der Kybernetik und Systemtheorie konfrontiert und hatte gleichzeitig die sich aus dem Vordringen der elektronischen Datenverarbeitung ergebenden Veränderungen zu berücksichtigen, zu denen die Problemstellungen der Modelltheorie und Mathematisierung kamen. Alle diese mehr auf der Wissenschaftsebene liegenden Probleme durften die Organisationswissenschaft nicht daran hindern, die sich aus ihrem Charakter als Realwissenschaft ergebenden Funktionen pragmatischer Art zu lösen und die konkreten organisatorischen Aufgaben in Wirtschaftsunternehmen, Behörden und Verwaltungen wahrzunehmen. Der skizzierte Erkenntnisfortschritt macht es zunehmend schwerer, das Phänomen Organisation in seiner Gesamtheit zu erfassen und darzustellen. Ein Hauptkriterium der Organisationsfunktion, Komplexitätsreduktion zu betreiben, wird damit zum Problem der Organisationslehre. Die Darstellung der technischen Aufgaben (Methoden des Organisierens) bedarf der Integration vor allem mit der Informatik. Die Übersicht über die wissenschaftlichen Ansätze bedarf außer einer Strukturierung eine umfassende Darstellung sowie eine kritische Beurteilung in bezug auf die Relevanz der Ansätze. Der Teil Α des Buches behandelt das hochkomplexe Gebilde der Organisation unter statischen und dynamischen Gesichtspunkten. Zur Komplexitätsreduktion - zum leichteren Verständnis - wurde hier bei der Darstellung auf den systemtheoretischen Ansatz zurückgegriffen, der von seiner Konzeption her geeignet ist, diese Aufgabe zu lösen. Der Teil Β befaßt sich mit den Methoden des organisatorischen Gestaltens. Hier wurde neben dem methodischen Aspekt zusätzlich das Problem des Informationsmanagements als Gestaltungssonderproblem behandelt. Der Teil C gibt einen Überblick über die wissenschaftlichen Ansätze und verdeutlicht den betreffenden Ansatz jeweils durch die Darstellung eines typischen Vertreters. Hierbei ließ sich in der Auswahl eine gewisse Subjektivität nicht immer vermeiden. Vom didaktischen Konzept her will das Buch einen Überblick für Studierende mit Anregungen zum weiterführenden Lesen geben. Hierzu weist jedes Teilkapitel genaue Literaturstellen für das vertiefende Studium auf. Es wendet sich damit an Studierende des Faches aller Hochschulformen.
Vorwort (zur 2. und 3. Auflage) Die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie zeigt, daß der auf der Basis der Datenverarbeitung beruhende informationswissenschaftliche Ansatz einer kommunikationswissenschaftlichen Ergänzung bedarf. Diese sich in den letzten Jahren abzeichnende Entwicklung wurde in der Erweiterung der 2. Auflage Rechnung getragen. Wegen der erfreulich guten Akzeptanz des Werkes wurde die dritte Auflage nur gründlich durchgesehen. Mehr ließ die unerwartet rasche Auflagenfolge nicht zu.
Teil A: Organisation als System
Abschn. I. 1. Kap.: Unternehmensfunktionen-Managementfunktionen
3
Abschnitt I: Organisation als Unternehmensfunktion 1. Kapitel: Unternehmensfunktionen - Managementfunktionen 1.1 Funktionsbegriff Organisation als Unternehmensfunktion zu betrachten bedeutet eine bestimmte Sicht des Organisationsbegriffes. Ohne der in Kapitel A.I.2 vorzunehmenden Diskussion des Organisationsbegriffes vorzugreifen, sei daraufhingewiesen, daß diese funktionale Sicht des Organisationsbegriffes durch eine institutionelle Sicht ergänzt wird. In Anbetracht unterschiedlicher Auffassungen über den Funktionsbegriff im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Literatur soll hier unter Funktion zunächst eine Verrichtung oder Tätigkeit verstanden werden. Damit sind Unternehmensfunktionen solche Tätigkeiten, die zur Durchführung der Aufgaben eines Unternehmens erforderlich sind; Managementfunktionen solche Tätigkeiten, die für eine bestimmte Personengruppe eines Unternehmens typisch sind. Neben diesem eher sprachlich ausgerichteten Funktionsbegriff finden sich in der Organisationsliteratur noch andere Definitionen des Begriffs, die z.T. aufzählend Einzeltätigkeiten zuordnen, z.T. auch spezifisch organisatorische Merkmale beinhalten. So unterscheidet Schramm (1936) nach Kernfunktionen (Beschaffung, Produktion, Vertrieb) und Zusatzfunktionen (Verwaltung, Leitung), Ulrich (1949) nach Leitung, Ausführung, Kontrolle, während Linhardt (1954) als Funktion die objektivierte Aufgabe eines Sachbereichs bezeichnet. Hierbei ist das Ulrichsche Verständnis von Funktion phasenorientiert, das Schrammsche aufgabenspezifisch und das Linhardtsche eher organisationstheoretisch im Sinne einer Abgrenzung zum Aufgabenbegriff. Der Funktionsbegriff wird durch den Begriff der Aufgabe als einer Zielsetzung für zweckbezogene menschliche Handlungen (Kosiol, 1976, S. 43) ergänzt. Wenn die Aufgabe als Zielsetzung für menschliche Handlungen gesehen wird, ergibt sich aus diesem Begriff die Personenorientierung. Der Funktionsbegriff wird als eine sachorientierte, personenunabhängige Tätigkeit gesehen. Aufgabe und Funktion erweisen sich somit als zwei wesentliche Begriffe organisatorischen Denkens und unterscheiden sich durch ihren letztgültigen Bezug.
1.2 Unternehmensfunktionen Aus dem Funktionsbegriff von Schramm in der Unterteilung nach Kernfunktionen, die im wesentlichen auf den Leistungsprozeß des Unternehmens ausgerichtet sind und Zusatzfunktionen, die unterstützenden Charakter tragen, ergibt sich die Möglichkeit, die Unternehmensfunktionen zu strukturieren. So wird innerhalb der Betriebswirtschaftslehre auch zwischen Längsschnitts- (vertikalen) und Querschnittsfunktionen (horizontalen) unterschieden. Längsschnittsfunktionen sind solche, die aufgrund ihrer unmittelbaren Beziehung zum Leistungsprozeß des Unternehmens einen beachtlichen Grad von Verschiedenheit je nach Produktionsprogramm, Branchen- oder Wirtschaftszweigzugehörigkeit haben. So wird zwar die Produktionsfunktion sowohl in Bergbauunternehmen, in Automo-
4
Teil Α: Organisation als System
bilfabriken als auch in Banken ausgeübt, jedoch sind Ähnlichkeiten des Produktionsprozesses erst bei einem sehr hohen Grad an Abstraktionen zu finden. Die horizontalen oder Querschnittsfunktionen hingegen sind kennzeichnend dafür, daß sie im Unternehmen selbst in sämtlichen Bereichen ausgeprägt sind und darüber hinaus zwischen Unternehmen eine beachtliche Gleichheit auf geringerem Abstraktionsniveau aufweisen. Der Zusammenhang zwischen vertikalen und horizontalen Funktionen läßt sich anhand der in Abb. A . l wiedergegebenen Beziehung verdeutlichen. Längsschnitts- (vertikale) Funktionen Querschnitts(horizontale) Funktionen
Produktion
Marketing
Verwaltung
Organisation
Produktionsorganisation
Marketingorganisation
Verwaltungsorganisation
Planung
Produktionsplanung
Marketingplanung
Verwaltungsplanung
Abb. A . l .
Funktionszusammenhang
Dieser Zusammenhang kommt in Begriffen wie Produktionsorganisation, Absatzorganisation, Beschaffungsorganisation oder Produktionsplanung, Absatzplanung, Beschaffungsplanung etc. zum Ausdruck. Hierbei dienen die vertikalen Funktionen im wesentlichen der Realisation des Unternehmenszwecks, während die horizontalen diese Realisation unterstützen und ihre Existenzberechtigung aus dem Vorhandensein der leistungsbezogenen Funktionen herleiten (ServiceFunktionen). Sie jedoch als reine Service-Funktionen zu bezeichnen, hieße ihre Bedeutung zu verkennen. So sind speziell diese Funktionen sehr häufig geeignet, den Leistungsfunktionen zu größerer Effizienz zu verhelfen: Es ist möglich, durch unterschiedlich leistungsfähige Organisationsmethoden den produktiven Output zu beeinflussen.
1.3 Managementfunktionen Als Managementfunktionen werden diejenigen Funktionen bezeichnet, die für mit Führungsaufgaben betraute Personen typisch sind. Die Wahrnehmung einer Führungsaufgabe im Unternehmen wird in den meisten Fällen als eine Aufgabe zu bezeichnen sein, die im Gegensatz zu vielen ausführenden Aufgaben als schlecht strukturiert zu bezeichnen ist. Dies bedeutet, daß die einzelnen Teilaufgaben nicht genau definiert sind, daß es verschiedene Möglichkeiten gibt, diese Teilaufgaben durchzuführen und daß eine streng kausale Abhängigkeit bei einzelnen Teilprozessen nicht grundsätzlich gegeben ist. Aufgrund dieser Charakteristik ist der Managementprozeß meist nicht nur schlecht strukturiert, sondern darüber hinaus auch komplex sowie in bezug auf das Ergebnis stochastisch, d.h. nur mit Wahrscheinlichkeitsaussagen erfaßbar. Zur Lösung dieser so beschriebenen Managementaufgabe werden eine Anzahl von Teilfunktionen ausgeübt, die je nach Managementebene unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Wenn das Management nach Top-, Middle- und Lower-Management unterteilt wird, zeigt sich
Abschn. I. 1. Kap.: Unternehmensfunktionen-Managementfunktionen
5
in bezug auf den Funktions-Mix ein beachtlicher Unterschied in Abhängigkeit von den Managementebenen. Die einzelnen Managementfunktionen • Zielsetzen • Planen • Entscheiden • Delegieren • Organisieren • Kontrollieren lassen sich in ihren Ausprägungen in den einzelnen Managementebenen modellhaft wie folgt darstellen:
Zielsetzungs- Planungsfunktion funktion
Top-Management Abb. A.2.
Entscheidungsfunktion j
Delegationsfunktion
| Middle-Management
Organisationsfunktion
ü
Kontrollfunktion
Lower-Management
Managementfunktionen und -ebenen
Hierbei können zu den einzelnen Funktionen folgende Feststellungen getroffen werden:
6
Teil Α: Organisation als System
Die Entscheidungsfunktion ist in allen Managementebenen gleich ausgeprägt, wobei das Gewicht der Entscheidung im Hinblick auf die Komplexität - eine Entscheidung für das Unternehmensganze - im Top-Management höchstwahrscheinlich größer ist als im Lower-Management. Zielsetzung ist eine der Hauptfunktionen des Top-Management, wobei es möglich ist, über moderne Führungsmethoden, z.B. Management by objectives auch untere Ebenen am Zielsetzungsprozeß partizipieren zu lassen. Die Kontrollfunktion ist eng mit der Delegationsfunktion verknüpft: Als Führungsaufgabe müssen alle delegierten Tatbestände kontrolliert werden, so daß mit steigender Delegationsmöglichkeit und -realisation die Notwendigkeit zur Kontrolle steigt. Auch die Planungsfunktion ist in allen Ebenen stark ausgeprägt, wobei sich dann insbesondere eine geringere Ausprägung der Planungsfunktion in den höheren Ebenen zeigt, wenn Planung als die Umsetzung und Konkretisierung der Zielsetzung aufgefaßt wird. Das Absinken der Organisationsfunktion in den höheren Managementebenen bezieht sich mehr auf die Ausübung organisatorischer Tätigkeiten. Die Organisationsentscheidungen, die in den höchsten Ebenen gefällt werden, sind - ähnlich wie die Zielsetzungsentscheidungen - von höherer Tragweite. So wird in den Führungsebenen eher die Lösung von „Metaorganisationsproblemen" notwendig sein, was bedeutet, daß hier Entscheidungen über das Gesamte der Organisation sowie über die Richtlinien, nach denen organisiert werden soll, gefällt werden, als vielmehr über konkrete Organisationsmaßnahmen. Der Begriff der Metaorganisation eignet sich gut zur Unterscheidung von dem mit ihm korrespondierenden Begriff der Objektorganisation. Bei der Metaorganisation wird im wesentlichen darüber entschieden, nach welchen Richtlinien das gesamte Organisieren abzulaufen hat, bei der Objektorganisation wird ein konkretes Organisationsproblem aus z.B. Produktion, Beschaffung oder Verwaltung gelöst. Organisation zeigt sich somit als eine Funktion, die durch ihren Charakter als Querschnittsfunktion in sämtlichen Bereichen des Unternehmens ausgeübt wird und in bezug auf ihren Charakter als Managementfunktion von sämtlichen Führungskräften des Unternehmens als Meta- oder Objektorganisation erfüllt wird. Darüber hinaus wird die Organisationsfunktion auch in Nichtführungsebenen (also in Sachbearbeiter- oder Ausführungsebenen) ausgeübt, wobei es sich hierbei ausschließlich um Objektorganisationsprozesse handelt. Hierbei ist zwischen den Mitarbeitern, die als Mitglieder der Organisationsabteilung oder anderer verwandter Bereiche „Organisieren" als ihre Haupttätigkeit ausüben und solchen Mitarbeitern, die im Rahmen ihrer andersgearteten Funktion Organisieren als Nebenfunktion ausüben, zu unterscheiden: Organisieren als Nebenfunktion bedeutet nach gängigen Vorstellungen, sich um eine bestmögliche Lösung organisatorischer Prozesse am konkreten Arbeitsplatz zu bemühen (ihn zu intensivieren), während typische Objektorganisations-Aufgaben in den meisten Fällen entweder in Zusammenarbeit mit oder aber in der ausschließlichen Verantwortung von Organisationsabteilungen als Hauptfunktion liegen.
Abschn. I. 1. Kap.: Unternehmensfunktionen-Managementfunktionen
7
Literaturhinweise Acker, H. (1973): S. 148-195 (Exkurs über den Begriff der Funktion) Böhrs, H. (1963): S. 37-41 (Die Funktionen des Leitens); S. 41-42 (Die unternehmerischen Funktionen); S. 155-178 (Der Funktionsbegriff in der bisherigen Organisationslehre) Bratschitsch, R. (1974): Sp. 1596-1603 (Stichwort: Funktionen, betriebliche) Heinen, E. (1974): S. 129-145 (Die funktionale Analyse betriebswirtschaftlicher Entscheidungstatbestände) Kirsch, W., Meffert, H. (1970): S. 39-47 (Theorien des Organisierens und Betriebswirtschaftslehre) Mellerowicz, K. (1963): S. 60-62 (Aufgaben der Unternehmensführung) Schiemenz, B. (1982): S. 185-206 (Funktionen des Managements) Staehle, W. H. (1980): S. 32-46 (Definition des Objektbereichs von Management); S. 406409 (Organisation als Managementfunktion) Ulrich, P., Fluri, E. (1978): S. 37-43 (Wesen und Funktion der Unternehmensleitung)
8
Teil Α: Organisation als System
2. Kapitel: Der Organisationsbegriff 2.1 Das Organisationsverständnis als Basis des Organisationsbegriffes In der Organisationsliteratur werden zwei Grundauffassungen in bezug auf den Organisationsbegriff vertreten: 1. Unter Organisation wird eine Institution verstanden. Dies führt zum universalen Organisationsbegriff (Hoffmann, 1980, Sp. 1426), bei dem Systeme aller Art, im Extrem also die gesamte Gesellschaft, als Organisationen aufgefaßt werden. Dies bedeutet eine Sinnentleerung des Organisationsbegriffes. Eine größere Konkretisierung weist der institutionelle Organisationsbegriff auf, bei dem Organisation und Institution (Unternehmen, Behörden etc.) gleichgesetzt werden. 2. Als Organisation wird die Gebilde- und Prozeßstruktur einer Institution bezeichnet. Dies führt zum strukturalen Organisationsbegriff (Hoffmann, 1980, Sp. 1426, 1427), bei dem vor allem das Regel- und Beziehungssystem als Organisation betrachtet wird. Der funktionale Organisationsbegriff ist stärker instrumental ausgerichtet und geht vor allem auf die Tätigkeit des Organisierens, also des Gestaltens von Organisationen ein. Hoffmann (1976, S. 57-65) stellt den Organisationsbegriff als einen Entwicklungsprozeß dar, der durch die Stufen: - die Unternehmung als organisationsloses Gebilde - die Unternehmung hat eine Organisation - die Unternehmung ist eine Organisation charakterisiert wird. Die Charakteristik bringt zum Ausdruck, welchen Weg die Entwicklung der Organisationsforschung genommen hat, wobei Organisationsprobleme zunächst nicht gesehen, dann eher isoliert mechanistisch gelöst wurden, bis schließlich die Institution als organisatorisches Ganzes erkannt wurde. Abweichend von Hoffmann soll hier zwischen dem - funktionellen Organisationsbegriff - institutionellen Organisationsbegriff - integrativen Organisationsbegriff unterschieden werden.
2.2 Der funktionelle Organisationsbegriff Die Tätigkeit des Organisierens führt dazu, daß das Unternehmen eine Organisation hat. Diese Auffassung läßt sich aus der betriebswirtschaftlichen Organisationsliteratur durch die dort enthaltenen Organisationsdefinitionen ableiten. Dies soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden: Nordsieck (1972/1, S. 8) versteht unter Betriebsorganisation „das Ganze aller Arbeitsnormen im Betrieb", d.h. die „Ordnung der Zuständigkeiten, die sich aus den Aufgaben und ihrer Verteilung ergibt" sowie die „Ordnung des Arbeitsablaufs, die der wiederholten Erfüllung der Aufgaben dient". Die Tätigkeit des Organisierens konstituiert die Erscheinung Organisation. Kosiol legt dar, daß Organisation rein sprachlich als ordnende Gestaltung bezeichnet werden kann, die die einzelnen Teile einer Unternehmung in ein strukturhaftes Ganzes bringt, wobei das Unternehmen durch die Struktur „geprägte
Abschn. I. 2. Kap.: Der Organisationsbegriff
9
Form, übergreifende Einheit, organische Ganzheit" wird (Kosiol, 1976, S. 20). „Organisieren bedeutet somit kurz ausgedrückt, strukturierende Gestaltung der Unternehmungen" (Kosiol, 1976, S. 20, Hervorhebung gem. Original). Hill et al. verstehen unter Organisation „die Gesamtheit der auf die Erreichung von Zwecken und Zielen gerichteten Maßnahmen, ... durch die - ein soziales System strukturiert wird und - die Aktivitäten der zum System gehörenden Menschen, der Einsatz von Mitteln und die Verarbeitung von Informationen geordnet werden" (Hill et al., 1976, S. 17). Diese drei Auffassungen machen deutlich, daß Organisieren eine Tätigkeit ist, die zum Ziel hat, das zu organisierende Objekt auf eine bestimmte Art und Weise zu strukturieren, zu verändern und zu gestalten. Hierbei ist eine dynamische und eine statische Komponente festzustellen, wobei die dynamische Komponente den Vorgang des Gestaltens charakterisiert, die statische dessen Ergebnis.
2.3 Der institutionelle Organisationsbegriff Der institutionelle Organisationsbegriff wird vor allem durch die soziologische Organisationstheorie begründet. Die Gleichsetzung von Organisation und Institution ergibt sich daraus, daß der Mensch als Träger der Organisation gesehen wird, die Organisation als künstliches, von Menschen geschaffenes (soziales) Gebilde, was die Gleichsetzung rechtfertigt. Mayntz (1963) definiert Organisation als die soziale Erscheinungsform (Gebilde) im Gegensatz zur Tätigkeit. Auch Kieser/Kubicek (1977, S. Iff) definieren den Organisationsbegriff in ähnlicher, wenn auch präziserer Art.
2.4 Der integrative Organisationsbegriff Ein integrativer Organisationsbegriff - der also die institutionelle und die funktionale Definition integriert - läßt sich vor allem aus systemtheoretischer Sicht ableiten. So wurde unter diesem Aspekt die Tätigkeit des Organisierens, das Ergebnis des Organisierens sowie die Institution, die organisiert wird, begrifflich zusammengefaßt. Die von Hoffmann gebrachte Aussage würde in diesem Fall lauten: Das Unternehmen ist und hat eine Organisation. Die hierbei sich ergebenden Schwierigkeiten sind eher sprachlicher Art: So würde mit Organisation einmal das Gebilde selbst und zum anderen das Ergebnis der organisatorischen Tätigkeit bezeichnet werden. Frese (1980/1) verwendet für das Gebilde den Begriff „Organisat" und schafft hiermit eine terminologische Abgrenzung. Ein integrativer Organisationsbegriff, der die instrumentale und funktionale Komponente berücksichtigt, läßt sich wie folgt darstellen: Organisation ist die Form und Gestaltung der Leistungserstellungsfaktoren in Prozessen zur Zielerreichung von Systemen unter raum-zeitlichen Bedingungen. Dieser Organisationsbegriff hat sämtliche Parameter vereinigt, die zur Charakterisierung des Phänomens „Organisation" benötigt werden. Zu den einzelnen Begriffen sei folgende Erläuterung gegeben: Die Form ist das Ergebnis dessen, was sich bei der Institution aufgrund von historischen Prozessen vorfinden läßt. Es ist das Vorhandensein von Strukturen, von Regel- und Normensystemen, kurz alles das, was bei einer Organisationsanalyse als das „Ist" bezeichnet würde.
10
Teil Α: Organisation als System
Die Gestaltung beinhaltet den dynamischen, systemverändernden Prozeß, dem jede Organisation unterworfen ist mit dem Ziel, durch Wandlungs- und Gestaltungsprozesse eine „Verbesserung" des Systems zu erreichen. Die Faktoren sind die in der Institution eingesetzten und zusammenwirkenden Menschen, Mittel und Methoden, die materiellen und immateriellen Ressourcen sowie Informationen. Die Kombination dieser Faktoren ist eine der Hauptorganisationsaufgaben . Die Prozesse, die zur Zielerreichung ablaufen, sind an den Zwecken und Zielen der Institution zu orientieren und unterliegen damit den spezifischen, für die Organisation geltenden Werte und den in ihr ablaufenden Managementprozessen. Das System oder die Institution kann üblicherweise gekennzeichnet werden als ein soziotechnisches System komplexer Art, in dem deterministische und stochastische Prozesse ablaufen, die sämtlich auf den Zweck und die Ziele der Organisation auszurichten sind. Die raum-zeitlichen Bedingungen stellen den situativen Rahmen dar. Sie sind einerseits vom Umsystem und dessen Struktur abhängig (kulturelle, wirtschaftliche, politische Gegebenheiten), andererseits aber vom Unternehmen selbst mitzugestalten, weil diese Mitgestaltungsprozesse den Charakter von Regelkreisstrukturen haben. Dieser Organisationsbegriff wird den für die Organisationslehre und -praxis so bedeutungsvollen Begriffen wie Aufbau- und Ablauforganisation gerecht. Er ist darüber hinaus geeignet, sowohl die Erkenntnisse des situativen Ansatzes als auch der systemtheoretischen Betrachtungsweise zu berücksichtigen. Insbesondere aber vermag er auch die dynamische Komponente dessen, was als organisatorischer Wandlungsprozeß in Form von Organisationsplanung und Organisationsentwicklung bezeichnet wird, zu berücksichtigen.
2.5 Organisatorische Problematik Die Problematik organisationalen Handelns ergibt sich aus der obigen Definition. Die Leistungsfähigkeit einer Organisation läßt sich extern aus der Sicht des Umsystems am Grad der Zweckerfüllung des Systems ermessen. Der Zweck des Systems ergibt sich aus dem Beitrag, den die Organisation an das Umsystem leistet. Der Zweck wird ergänzt durch die intern orientierten Ziele. Unter Zielen sollen die von den Systemmitgliedern gesetzten Ansprüche an die Organisation verstanden werden (vgl. hierzu auch Hill et al., 1976, S. 154). In der Regel wird die Zielerreichung einer Institution die Zweckerfüllung nach sich ziehen. Organisation wird zu einem Mittel der Zielerreichung, weil ihr die Aufgabe obliegt, die „bestmöglichen" Strukturen und Prozesse zur Zielerreichung zu finden und durchzusetzen. Hierbei bilden die raum-zeitlichen Faktoren die „constraints", also die begrenzenden Faktoren. Die Leistungserstellungsfaktoren Menschen, Mittel und Methoden stellen die Einsatzgrößen im Sinne unabhängiger Variablen dar. Zum Verständnis des Organisationsproblems wie auch des Organisationsbegriffes ist es sinnvoll, einige dem Organisationsbegriff positiv wie negativ zuzuordnende Begriffe zu behandeln. Die Begriffe Regelung und Ordnung sind kennzeichnend für das, was Organisieren beabsichtigt. Ordnungen zu schaffen, nach denen Prozesse ablaufen und Regelungen festzulegen, die als Norm dienen, ist eines der Ziele des Organisie-
Abschn. II. 2. Kap.: Die Subsysteme des Organisationssystems
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rens. Da aber Regelungen und Ordnungen Freiheiten einschränken, ist ihnen der Begriff der Improvisation entgegenzuhalten. Der Improvisation unterliegen alle diejenigen Tatbestände, die nicht geregelt oder geordnet wurden. Organisation und Improvisation ergänzen sich daher einerseits, andererseits konkurrieren sie miteinander: Je größer das Ausmaß an geregelten, organisierten Tatbeständen ist, desto geringer ist der Bereich der Improvisation und umgekehrt. Zuviel Organisation läßt der Improvisation nicht genügend Raum, zuviel Improvisation führt die Institution in Richtung auf das Chaos. Das Ziel des Organisierens ist es, ein Verhältnis zwischen Regelung und Ordnung einerseits und Improvisation andererseits zu finden, das der Institution sowohl genügend Flexibilität läßt, als sie auch hinreichend determiniert. Aufgrund der Regelungen und Ordnungen wird die Institution strukturiert. Strukturierung bedeutet das Festlegen von bestimmten Beziehungsmustern zwischen den einzelnen Elementen der Organisation. Strukturierung reduziert den Komplexitätsgrad und erhöht die Transparenz. Sie ist das Ergebnis von bestimmten Regelungen und Ordnungen. Das sich in diesen abzeichnende Beziehungsmuster in Form eines Ablaufs oder Aufbaus des Unternehmens stellt ein Abbild der Realität dar. Die Begriffe Dauer und Wiederholung sind ebenfalls kennzeichnend für organisatorisches Handeln. Organisieren versucht Regelungen und Ordnungssysteme zu finden, die auf Dauer gültig sind und damit die Unsicherheit wechselnder Strukturen absorbieren. Organisation ist also im Prinzip auf Dauer angelegt, wobei das Organisationsziel, eine dynamische Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten zu vollziehen, den Begriff der Dauer relativiert. Gleichfalls beschäftigt sich Organisation mit sich wiederholenden Prozessen in der Absicht, diese zu strukturieren. Einmalige Vorgänge unterliegen daher in der Regel nicht organisatorischem Gestalten. Kennzeichnend hierfür ist z.B. die Projektorganisation, die ein dauerhaftes Strukturmuster für einmalige Vorgänge schafft. Hier wird also der Begriff der wiederholten Vorgänge so gesehen, daß die Einmaligkeit und Verschiedenheit eines Projektes dasjenige ist, was sich wiederholt und daher organisiert werden muß. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß organisatorisches Handeln und Gestalten sich damit beschäftigt, Regelungen und Ordnungssysteme zur Strukturierung von dauerhaft oder sich wiederholenden Vorgängen zu finden unter Berücksichtigung des notwendigen Maßes an Flexibilität durch Improvisation.
Literaturhinweise Grochla, Ε. (I972/I): S. 15-18 (Organisation als System) S. 18-20 (Organisieren als gestaltendes Handeln) Gutenberg, E. (1976): S. 235-242 (Begriff und Funktion der Organisation) Hennig, K. W. (1965): S. 18-28 (Wesen der Betriebsorganisation, Organisationsgrundsätze) Hill, W., Fehlbaum, R„ Ulrich, P. (1976): S. 17-29 (Das Organisationsproblem) Hoffmann, F. (1976): S 57-65 (Begriff der Organisation) Hoffmann, F. (1980): Sp. 1425-1431 (Stichwort: Organisation, Begriff der) Jakob, H. (1980): S. 13-19 (Aspekte des Organisationsphänomens) Kieser Α., Kubicek, H. (1977): S. 1-3 (Hat die Unternehmung eine Organisation oder ist sie eine?)
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Teil Α: Organisation als System
Kirsch, W., Meffert, H. (1970): S. 39-47 (Theorien des Organisierens und Betriebswirtschaftslehre) Kosiol, E. (1974): S. 61-71 (Das Phänomen der Organisation und seine wissenschaftliche Behandlung) Kosiol, E. (1976): S. 15-18 (Auffassungen über Organisation) S. 19-20 (Strukturierung und Organisation) S. 28-30 (Organisation und Disposition) Mayntz, R. (1963): S. 40-48 (Die Organisation als soziales System) Nordsieck, F. (197211): S. 61-68 (Vom Organisieren) Schwarz, H. (1969): S. 15-17 (Der Organisationsbegriff in der betriebswirtschaftlichen Literatur) Staehle, W. H. (1973): S. 9-16 (institutionaler, instrumentaler und funktionaler Organisationsbegriff) Staehle, W. H. (1980): S. 92-96 (Organisation als Institution)
Abschn. I. 3. Kap.: Gegenstand der Organisationslehre
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3. Kapitel: Gegenstand der Organisationslehre 3.1 Gebiete der Organisationslehre Die Gebiete der Organisationslehre werden von Thom (1980, Sp. 1674-1691) aufgrund der Analyse der maßgebenden Lehrbüchern in folgende Kategorien unterteilt: -
Stand und Entwicklung der Organisationstheorie Beschreibung und Erklärung von Organisationen Interaktionen und Verhalten von Organisationsmitgliedern Mittel und Methoden der Organisationsgestaltung Automatisierte Datenverarbeitung, Informationstechnologie.
Diese Unterteilung (Thom, 1980, Sp. 1683-1687) wird von ihm noch nach Inhaltskategorien differenziert. Hierbei ergeben sich deutliche Schwerpunkte nach den wissenschaftlichen Positionen des Verfassers. Aus didaktischen und methodischen Gründen soll in den folgenden Ausführungen eine Unterteilung nach - o r g a n i s a t i o n a l Parametern - Methoden und Techniken der Organisation sowie - organisationstheoretischen Ansätzen vorgenommen werden. Diese Vorgehensweise wird durch zwei Argumente gerechtfertigt: 1. Die Betriebswirtschaftslehre als eine Realwissenschaft ist einer gewissen Pragmatik verpflichtet, bei der die Theoriebildung stark induktiv geprägt ist. 2. Vom Didaktischen her gesehen, kann eine Theorie besser verstanden werden, wenn vorher die Grundlage begriffen wurde. Dies führt allerdings zu einer Umgruppierung und geänderten Schwerpunktsetzung. Insbesondere die Interdisziplinarität der modernen Organisationstheorie, die z.Zt. noch keine Geschlossenheit aufweisen kann (Grochla, 1980/11, Sp. 1795), ist in ihrer teilweisen Unausgewogenheit, gelegentlich sogar Widersprüchlichkeit, erst durch genaue Kenntnis des ihr zugrunde liegenden empirischen Betrachtungsobjektes bewertbar.
3.2 Organisationale Parameter Die Bedingungsgrößen von Organisationen ergeben sich durch die Institution, die in einem bestimmten situativen Umfeld betrachtet und gestaltet werden soll. Hier ist besonders der Gesichtspunkt von Bedeutung, daß eine Allgemeingültigkeit der Parameter für Organisationen aller Art gegeben sein sollte. Dies erfordert einen analytisch-deskriptiven Vergleich, wobei der analytische Ansatz hierbei von Bedeutung für die Fruchtbarkeit der Betrachtung ist. Im wesentlichen aus didaktischen Erwägungen wird hierzu der systemorientierte Denkansatz gewählt.
3.3 Methoden des organisatorischen Gestaltens Dem Gestaltungsapsekt wird vor allem die Analyse und Darstellung der Methoden und Techniken des Organisierens gerecht. Hier herrscht die instrumentale Betrachtungsweise vor, wobei die Schwierigkeiten einer endgültigen Darstellung
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Teil Α: Organisation als System
im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verkannt werden sollen: Die fortschreitende Computerisierung, also die Übernahme von Aufgaben von einem menschlichen Aufgabenträger durch den Computer, läßt in den nächsten Jahren beachtliche Änderungs- und Entwicklungsprozesse erwarten. Die heute sich abzeichnenden Ansätze, die insbesondere in OR-Verfahren zutagetreten, reichen in vielen Fällen für eine fundierte Prognose nicht aus. Auch Analogieschlüsse von den Auswirkungen der Mechanisierung im Produktionsbereich sind im Hinblick auf den anders gearteten Charakter der von Computern wahrgenommenen Funktionen nur bedingt angebracht.
3.4 Organisationstheoretische Ansätze Die Organisationstheorie hat gemäß der üblichen Einteilung der Ziele von Theorien ein Erklärungsziel und ein pragmatisches Ziel „dabei dürfen diese beiden Ziele allerdings nicht isoliert gesehen werden" (Grochla, 1980/11, Sp. 1796). Aufgrund des Fehlens einer umfassenden Organisationstheorie wird in vielen Fällen nur eine zunächst scheinbar zusammenhanglose Anzahl von Teiltheorien dargestellt werden können. Wegen der Verpflichtung der Organisationstheorie, Handlungsanweisungen und Gestaltungsempfehlungen für die Organisationspraxis zu entwickeln (Grochla, 1980/11, Sp. 1796), werden die einzelnen „Organisationstheorien" vor allem einer kritischen Betrachtung auf diese Funktion unterzogen werden müssen. Literaturhinweise Bartsch, J., Fischer, G. (1978): Schaubild 1 (Organisationstheorien) Grochla, E. (1980111): Sp. 1795-1814 (Stichwort: Organisationstheorien) Jakob, H. (1980): S. 19-24 (Organisationstheoretische Ansätze) Schertie, W. (1982): S. 74-87 (Organisationsforschung, Organisationstheorie und Organisationslehre) Thom, N. (1980): Sp. 1672-1691 (Stichwort: Organisationslehre, Inhalte der) Wild, J. (1966): S. 22-87 (Zielsetzung, Erkenntnisobjekt und Methodik der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre) Wittlage, H. (1978): S. 13-25 (Objektbereich der Unternehmensorganisation, organisationstheoretische Ansätze, Methodik der Organisationsarbeit)
Abschn. II. 1. Kap.: Der systemorientierte Denkansatz als Basis
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Abschnitt II: Parameter organisatorischer Betrachtung 1. Kapitel: Der systemorientierte Denkansatz als Basis 1.1 Kennzeichen systemorientierten Denkens Das systemorientierte Denken, auch als Holismus bezeichnet, ist ein Ganzheitsdenken, das von der Grundfeststellung ausgeht, daß das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist. Hier wird dem Ganzen ein Synergieeffekt unterstellt, wobei der Charakter des Ganzen nicht durch eine einfache Addition der Teile erklärt werden kann. Der Gegensatz zum Holismus ist der sog. Merismus (Meros = Teil) oder die philosophische Denkweise des Reduktionismus. Der Holismus ist als historische Gegenreaktion auf den Reduktionismus bzw. den Mechanizismus speziell der Biologie zu sehen. Bertalanffy (1951) entwickelte die Grundgedanken des Systemdenkens, wobei auf seiner Arbeit eine Vielzahl von naturwissenschaftlichen sowie wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Arbeiten aufbauen. In die Betriebswirtschaftslehre wurde die Systemtheorie insbesondere von Ulrich (1970) eingeführt. Der Versuch, Betriebswirtschaftslehre und Systemtheorie zu vereinigen, führte zu beträchtlichen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen, die hier nicht diskutiert werden sollen. Lenk kennzeichnet die Arten systemtheoretischer Betrachtungsweisen unter Bezugnahme auf Orchard wie folgt (Lenk, 1975, S. 250f): - disziplinorientierte, spezielle Systemtheorien mit geringem Verallgemeinerungsniveau - generalisierte Systemtheorien mit formalem Vergleich unter Einbeziehung systemtheoretischer Betrachtungsweisen verschiedener Disziplinen - allgemeine Systemtheorien mit Anspruch der Anwendbarkeit auf alle Systeme sowie allgemeinem strukturellen Gehalt und besonderen methodologischen Inhalten - mathematische Theorien abstrakter Systeme mit höchster formaler Abstraktion ohne Anwendungsbezug. Lenk charakterisiert dann aufgrund dieser Arten systemtheoretischer Betrachtungsweisen die betriebswirtschaftlich-organisationstheoretische Systemtheorie als keine Theorie im wissenschaftstheoretischen Sinne, sondern vielmehr eine solche, die mit operativen Modellen arbeitet, einen eher instrumentalen Charakter hat sowie verschiedene Darstellungs- und Berechnungsprinzipien einschließt. Von Bedeutung ist im Rahmen systemtheoretischer Betrachtungsweise die Frage des Verhältnisses zwischen Realität, System und Modell. Hierbei kann einerseits eine Identität zwsichen Realität und System, andererseits eine solche zwischen System und Modell angenommen werden. Bei der ersten Annahme stellt das System die Realität dar und wird in einem Modell abgebildet. Bei der zweiten Annahme wird die Realität in einem System erfaßt und anschließend möglicherweise in einem Modell abgebildet. Hiermit würde sich eine fortschreitende Komplexitätsreduktion von Realität über System zu Modell hin ergeben. Da Modelle allgemein als komplexitätsreduzierte Abbilder der Wirklichkeit aufgefaßt werden, würde die zweite Betrachtungsweise - wenn man den Aspekt der nochmaligen Reduktion an Komplexität außer acht läßt - zu einer Beinahe-Identität der Begriffe System und Modell führen.
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Teil Α: Organisation als System
Das generelle Abbildungsproblem kann durch folgende Teilprobleme charakterisiert werden: 1. Die Abbildung setzt eine exakte Kenntnis des realen Systems voraus. Je unvollkommener diese Kenntnis ist, desto weniger wird die Abbildung der Realität entsprechen. 2. Die Komplexitätsreduktion ist ein notwendiges Kriterium der Abbildung: Eine zu starke Reduktion verhindert u.U., wesentliche funktionale Zusammenhänge der Realität noch erkennen zu können, eine zu geringe Reduktion führt zu einer zu starken Komplexität des Modells. Realgestalt und Modellkomplexität sind demnach die Hauptprobleme modelltheoretischer Betrachtung. Hierbei wird meist noch die Art der Abbildung diskutiert: Die homomorphe Abbildung läßt sich durch die Darstellung M—» M' charakterisieren und kennzeichnet eine einseitige Abbildung. Die Isomorphic wird symbolisch durch M—» Μ' —» Μ dargestellt und kennzeichnet damit den Spezialfall der homomorphen Abbildung, bei der die Abbildung wieder auf das Originalsystem zurück abgebildet werden kann. Nach Watzlawik (1981) sind Systeme Kunstprodukte unseres Denkens: Sie sind also konstruierte Wirklichkeit. Dies stimmt mit der vom Konstruktivismus vertretenen Auffassung überein, nach dem „Erkenntnis nicht mehr als Suche nach ikonischer Übereinstimmung mit der ontologischen Wirklichkeit, sondern als Suche nach passenden Verhaltensweisen und Denkarten verstanden wird" (Glasersfeld, 1981, S. 37). Dies bedeutet nach Glasersfeld, „... daß der radikale Konstruktivismus nicht als Abbild oder Beschreibung einer absoluten Wirklichkeit aufgefaßt werden darf, sondern als ein mögliches Modell der Erkenntnis in kognitiven Lebewesen, die imstande sind, sich aufgrund ihres eigenen Lebens eine mehr oder weniger verläßliche Welt zu bauen" (Glasersfeld, 1981, S. 37). Im Rahmen der hier dargestellten Problematik bedeutet dies, daß wir die Realität so sehen, wie wir sie sehen wollen: Organisationen werden also als Teile der menschlichen Erlebniswelt gesehen, die als Systemkonstrukte Bestandteile unserer Erkenntnisabsicht und unseres Erkenntniswillens sind. Formal werden Systeme als Anzahl von Elementen und zwischen diesen bestehenden Beziehungen bezeichnet, wobei zu ihrer Charakteristik noch einzelne Eigenschaften hinzugefügt werden. So wird meist dem System ein bestimmter Systemzweck zugemessen, der im Rahmen der von der Systembetrachtung aufgebauten Systemhierarchie von Supersystem, System, Subsystem und Element gebildeten Beziehung sich durch die Eingliederung des Systems in das Supersystem ergibt. Weiterhin ist das System durch das Attribut „zielgerichtet" zu kennzeichnen, was eine Orientierung des Systems nach bestimmten, vom System selbst vorgegebenen Normen beinhaltet. Gelegentlich findet sich als Systemcharakteristik noch der Begriff der Ordnungsrelation zwischen den Systembeziehungen, der jedoch entbehrlich ist, da nicht sinnvoll von einer Ordnungsrelation gesprochen werden kann, sondern sich vielmehr aufgrund des Zwecks der jeweiligen Systembetrachtung unterschiedliche Ordnungsrelationen zwischen den einzelnen Elementen ergeben können.
Abschn. II. 1. Kap.: Der systemorientierte Denkansatz als Basis
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1.2 Die Anwendbarkeit der Systemtheorie auf die Organisationslehre Das Bemühen von Organisationstheoretikern, organisationale Tatbestände mit Hilfe des systemtheoretischen Instrumentariums darzustellen, besteht seit ca. 20 Jahren. Hierbei war zunächst Anfang der 60er Jahre ein gewisser Boom festzustellen, der im wesentlichen von der anglo-amerikanischen Organisationssoziologie sowie der modellorientierten Systemanalyse ausging. Mit zeitlicher Verzögerung wurde der Gedanke der Anwendung systemtheoretischen Denkens auf organisationstheoretische Fragestellungen im deutschen Sprachraum aufgenommen. Zur Aussagekraft der Systemtheorie für die Organisationstheorie wird festgestellt: „Ausgangspunkt für alle Überlegungen zur Nutzbarmachung der Systemtheorie für die Organisationstheorie ist die Feststellung, daß zentrale Fragestellungen der Systemtheorie und der Organisationstheorie enge Verwandtschaft aufweisen". (Grochla/Lehmann, 1980, Sp. 2212). Die Vorteile systemtheoretischen Denkens für die Organisationslehre ergeben sich in Anlehnung an Lenk (1975, S. 252ff.) aus folgenden Überlegungen: 1. Der operative Instrumentalcharakter der Systemtheorie läßt sich formal recht überzeugend darstellen: - die Organisationsanalyse entspricht der Systemanalyse - die Organisationssynthese entspricht der Systemsynthese - Modellbildungen und -Überlegungen wurden zu einem wesentlichen Bestandteil der Organisationsforschung - das Black-box-Prinzip (Kenntnis des Input in Form von Verursachungsfaktoren und des Output in Form von Wirkfaktoren ohne Kenntnis der inneren Zusammenhänge und Transformationsprozesse) läßt sich insbesondere in organisationalen Planungsvorgängen gut anwenden - Regelungs- und Steuerungsprozesse (kybernetische Systemsteuerung) sind typische Merkmale der Organisationspraxis - der hierarchische Aufbau in Organisationen sowie organisationalen Steuerkreisen findet sich im hierarchischen Prinzip der Systemtheorie wieder. 2. Die Systemtheorie ist geeignet, auf nicht übersehbare komplexe Zusammenhänge angewendet zu werden: Organisationen als soziotechnische Probleme betrachtet, weisen vor allem in der Form der Großorganisationen hochkomplexe Strukturen und Zusammenhänge auf. 3. Die Verwendbarkeit der Systemtheorie für wissenschaftlich noch nicht voll abgesicherte Gebiete: Dies trifft für die Organisationstheorie insbesondere auch in Form der Organisationssoziologie und -sozialpsychologie zu, die noch keineswegs als voll abgesichert gelten kann. 4. Auch das Merkmal der Systemtheorie „Ermöglichung der Bearbeitung von Komplexen hoher Dringlichkeit mit unorthodoxen Beschreibungs- und Prognosemethoden" trifft auf die Organisationstheorie zu. Hier ist insbesondere aus den vergangenen Jahren das Problem der Führung in Organisationen zu nennen. 5. Die Erleichterung der Übertragung fremddisziplinärer Forschungsansätze ist für die Organisationstheorie ein bedeutungsvolles Problem, da die Interdisziplinarität der Organisationstheorie hierdurch leichter realisiert werden kann. 6. Aufgrund des Vokabulariums der Systemtheorie erleichtert sie die für die Organisationstheorie dringend notwendige interdisziplinäre Integration durch
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Teil Α: Organisation als System
Überwindung von Kommunikationsbarrieren. Die terminologische Funktion ist darüber hinaus von Bedeutung, wenn im Rahmen vergleichender Organisationsbetrachtung verschiedene Institutionen untersucht werden sollen. 7. Sie ermöglicht das Erkennen von Forschungslücken (Grochla/Lehmann, 1980, Sp. 2213). Grochla sieht darüber hinaus Chancen durch das beachtliche Integrationspotential der Systemtheorie „die sachliche und methodische Unverbundenheit der verschiedenen organisationstheoretischen Ansätze ... zu überwinden und eine integrierte Organisationstheorie zu begründen" (Grochla/Lehmann, 1980, Sp. 2213). Da ein wesentlicher Bestandteil des systemtheoretischen Denkens das Erkennen (richtiger: das Definieren) des Systems ist, soll im folgenden eine beschreibende Analyse des Systems „Organisation" vorgenommen werden.
1.3 Institutionen als organisierte Systeme Die Organisationsdefinition (vgl. Kap. A.I.2.4) führt unter systemtheoretischen Aspekten zu folgender Kurzcharakteristik: Der Zweck der Institution führt über Ziele zu Funktionen. Diese erfordern Prozesse, die innerhalb des Aufbaus ablaufen und durch Menschen bei Einsatz
Abb. A . 3
Elemente und Beziehungsstruktur des Organisationssystems
Abschn. II. 1. Kap.: Der systemorientierte Denkansatz als Basis
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von Ressourcen und Techniken unter räumlichen und zeitlichen Bedingungen ausgeübt werden. Diese für Institutionen allgemein getroffene Aussage trifft auf Unternehmen als einem Typ spezieller Institutionen zu. Wenn im folgenden überwiegend von Unternehmen gesprochen wird, bedeutet dies nicht, daß die wesentlichen Feststellungen nicht auf andere Institutionen umgesetzt oder übertragen werden können. Aus dieser Systembeschreibung lassen sich folgende Subsysteme ableiten: -
das Zielsystem das Funktionssystem das Prozeßsystem das Aufbausystem das Faktorensystem sowie
die zwischen und innerhalb dieser Subsysteme bestehenden Beziehungsstrukturen. Hierbei müssen die Subsysteme noch einer weiteren Analyse unterzogen werden und in ihren Elementen dargestellt werden. Gleichzeitig muß der interund intrasystemische Beziehungsreichtum genauer analysiert werden. Weiter ist es notwendig, die Zweck-Ziel- sowie die Zweck-Ziel-Organisation-Beziehung zu betrachten. Einen Überblick über die Struktur und strukturellen Beziehungen ergibt die Abb. A.3. Literaturhinweise Bleicher, Κ. (1971/1): S. 171-177 (Die Organisation in systemtheoretischer Sicht) Franken, R., Fuchs, H. (1974): S. 23-49 (Grundbegriffe zur allgemeinen Systemtheorie) Fuchs H. (1973): S. 137-197 (Der Aussagewert der Allgemeinen Systemtheorie für die Organisation der Unternehmung) Fuchs, H. (1976):Sp. 3820-3832 (Stichwort: Systemtheorie) Grochla, E., Lehmann, H. (1980): Sp. 2204-2216 (Stichwort: Systemtheorie und Organisation) Höhm, H.-P. (1975): S. 14-30 (Die systemorientierte Betriebswirtschaftslehre) S. 31-66 (Systemtheoretische Grundlagen) Raffee, H. (1974): S. 79-94 (Der Systemansatz) Ulrich, H. (1970): S. 100-135 (Der Systemansatz) Voßbein, R. (1974): S. 70-76 (Grundbegriffe des Systemdenkens) S. 79-82 (Die Unternehmung als System)
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Teil Α : Organisation als System
2. Kapitel: Die Subsysteme des Organisationssystems 2.1 Zweck-Ziel-Zusammenhang und Organisationszielsystem 2.1.1 Zweck-Ziel-Zusammenhang Wie bereits dargelegt, wird der Zweck einer Institution durch ihren Zusammenhang mit dem Umsystem festgelegt. Aus diesen jeweils je nach Institution unterschiedlichen Zwecken lassen sich Ziele ableiten. Auf die Mechanismen und Grundsätze des Zustandekommens von Zielsystemen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden (vgl. hierzu Kap. B.3.3). Innerhalb des Zielsystems gibt es institutionelle, invariante Ziele, die nicht zur Diskussion gestellt werden. Diese sind z.B. für Wirtschaftsunternehmen der Gewinn und für Behörden das Haushaltsdeckungsprinzip. Andere Ziele tragen operationalen Charakter und präsentieren sich entweder als strategische (langfristige), politische (mittelfristige) oder als operative (kurzfristige) Ziele. Innerhalb des institutionellen Zielbündels gibt es bereichsübergeordnete Ziele, die erst auf einer weiteren Konkretisierungsstufe im Rahmen der Zielhierarchie Bereichen zugeordnet werden können sowie bereichsspezifische Ziele. Organisationsziele lassen sich sowohl aus übergeordneten Zielen ableiten als auch als unmittelbare Bereichsziele formulieren. Nach Hill lassen sich die Grundfragen der Organisationszielforschung in zwei Fragen darstellen: 1. „Welche Zielwirkungen haben bestimmte Ausprägungen von Instrumentalvariablen unter bestimmten Bedingungskonstellationen?" sowie 2. „Wie sind die organisatorischen Instrumentalvariablen unter einer gegebenen Bedingungskonstellation zu gestalten, damit die Organisation rational ist, d.h. die erforderlichen Voraussetzungen zur Verwirklichung von Leistungszielen erfüllt sind?" (Hill, 1980, Sp. 1818/1819). Die erste Frage ist hierbei forschungsorientiert, die zweite im Rahmen der Institution gestaltungsorientiert. Die zweite Frage läßt insbesondere das Problem der Formulierung der betreffenden Leistungsziele deutlich werden. Sie impliziert - unter Gestaltungsaspekten konkretisiert - die Frage: Wie kann eine Organisationsform gefunden werden, die in der Lage ist, vorgegebene Ziele besser zu erreichen als die derzeitige Organisation. In der zweiten Formulierung wird das Wertpostulat deutlicher: Wenn die derzeitige Organisation in der Lage wäre, den von den Zielen an sie gestellten Anforderungen voll und ganz zu genügen, würde jegliche Gestaltungsaufgabe entfallen. Jeder Gestaltungsauftrag setzt damit eine normative Entscheidungsfrage voraus: Das Gestaltungsziel, die Organisation so zu verändern, daß sie die Verwirklichung von Leistungszielen garantiert, wird zu einem entscheidungsspezifischen Wertproblem mit dem Ziel der „Verbesserung". Diese, die eigentliche Zielforschung betreffende Fragestellung soll hier jedoch nicht weiter diskutiert werden. 2.1.2 Komplexitätsreduktion und -bewältigung als übergeordnetes Organisationsziel Unter Komplexität wird der Element- und Beziehungsreichtum eines Systems verstanden. Ein System Α gilt demnach gegenüber einem System Β dann als komplexer, wenn Β bei gleicher Elementzahl eine größere Beziehungsmenge, bei
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gleicher Beziehungsmenge eine größere Elementzahl bzw. eine sowohl größere Element- als auch Beziehungszahl im Vergleich zu Α aufweist. Als generelles übergeordnetes Organisationsziel kann die Komplexitätsreduktion und -bewältigung angesehen werden. Eine Komplexitätsreduktion liegt dann vor, wenn durch systemgestaltende Maßnahmen die Elementzahl und/oder die Beziehungsmenge reduziert wird. Eine Komplexitätsbewältigung liegt vor, wenn aufgrund einer Analyse der Elemente und Beziehungen des Systems entweder - durch bessere Erkenntnis die Elemente und Struktur des Systems transparenter werden oder - zur besseren Erkenntnis eine transparente, modellhafte Abbildung erfolgt oder - aufgrund einer Systemanalyse eine bessere und transparentere Element- und Beziehungsgestaltung erfolgt. Dies soll an drei Beispielen verdeutlicht werden: 1. Ein Unternehmen wird aufgrund einer Organisationsanalyse durch Funktionszusammenlegung, Entkomplizierung der Genehmigungsverfahren und Vereinfachung von Berichts- und Verkehrswegen transparenter gemacht. 2. Ein Unternehmen, das auf drei Märkten operiert, löst im Rahmen seiner Absatzorganisation den bisher einheitlichen Betrieb auf und kommt zu drei Bereichen, von denen jeder nur einen spezifischen Markt bearbeitet (Divisionalisierung). 3. Eine sog. Reorganisation (organisatorische Umgestaltung mit dem Ziel der Verbesserung) führt in einem Großunternehmen zu anderen Bereichen, Abteilungen, Führungspersonen, neuen Tochtergesellschaften o.ä. Insbesondere die Bewältigung der Umweltkomplexität wird im Rahmen der inneren Organisation häufig durch einen Prozeß unimorpher Abbildungen vorgenommen, was bedeutet, daß das Unternehmen die Umwelt in seinen eigenen organisatorischen Bestandteilen widerspiegelt. 2.1.3 Organisationszielsystem als Gestaltungsaufgabe Zielfindungs- und Zielsetzungsprozesse in Institutionen werden meist in Anlehnung an die anglo-amerikanische Literatur als sog. Bargaining-Prozesse angesehen. Solche Aushandlungsprozesse, die vor allem in den Führungsebenen erfolgen, haben nahezu immer einen Kompromißcharakter. In ihnen spiegeln sich Koalitions-, Machtausübungsprozesse sowie wertende Prozesse wieder, wobei gleichzeitig noch die Einflüsse verschiedener zur Systemumwelt gehörender Personen und Personengruppen berücksichtigt werden müssen. Organisationsziele sind konkret darauf ausgerichtet, die ihnen übergeordneten Institutionsziele zu realisieren. Dies wird um so besser gelingen, je rationaler ein Zielsystem gestaltet ist. An der Spitze des Organisationszielsystems wird meist die Forderung nach Effizienz stehen. Die Definition des Effizienzbegriffes erweist sich als außerordentlich schwierig und ist nicht einheitlich. Hill (1980, Sp. 1823) weist darauf hin, daß die in der Literatur vorhandenen Zielübersichten meist sehr abstrakte, leerformelhafte Oberziele beinhalten. Der Versuch, insbesondere die Erreichung von vorgegebenen Zielen als Effizienzmaßstab zu nehmen, ist nicht unproblematisch: Hiermit wird u.U. die Effizienz - die eigentlich das Ergebnis institutionellen Handelns sein sollte - zum Ergebnis des Zielsetzungsprozesses: Niedrig gesetzte Ziele erbringen eine hohe Zielerfüllung und damit eine hohe Effizienz. In diesem Zusammenhang erscheint es wesentlich, auf die speziell in der Organisa-
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Teil Α: Organisation als System
tionslehre seit Jahrzehnten bestehenden sog. Organisationsprinzipien hinzuweisen (vgl. auch hierzu die Kap. A.II.2.4.8 und A.II.2.5.5). Organisationsprinzipien sind ebenfalls zum Teil nicht hinreichend exakt formulierte, wissenschaftlich nicht abgesicherte Wertforderungen. Ein wesentlicher Bestandteil der Kritik an den Organisationsprinzipien basiert hierauf. Die Gestaltungsprinzipien können jedoch sehr wohl als Ziele angesehen werden und stellen damit Wertvorstellungen im Sinne von Verbesserungen dar. Da jedoch generell Wertvorstellungen nicht auf allgemeine Akzeptanz stoßen müssen, werden auch so beschaffene Organisationsprinzipien das gleiche erleiden. Es kann festgehalten werden, daß Organisationsziele die grundsätzliche Absicht haben, eine bestehende Institution durch Gestaltungsmaßnahmen zu verbessern. Hierbei stehen die Ziele und Unterziele im Verhältnis einer Ziel-MittelRelation. Ein Ziel „Verkürzung der Kommunikationswege zur Erhöhung der Flexibilität" kann durch verschiedene Unterziele, die gleichzeitig Maßnahmecharakter tragen, realisiert werden: So können einmal die Stellen, die ein Bericht zu durchlaufen hat, vermindert werden, zum anderen kann der Einsatz anderer Kommunikationsinstrumente (Ersatz der Hausmitteilung durch das Telefon) zu einer solchen Verkürzung führen. Diese Ziel-Mittel-Relation charakterisiert den hierarchischen Aufbau des Zielsystems. Zielalternativen ergeben sich aus der Berücksichtigung unterschiedlicher situativer Bedingungen. Das obige Beispiel der Verkürzung der Kommunikationswege kann auch alternativ gedeutet werden: Wenn alle Stellen im Unternehmen darauf bestehen, informiert zu werden - was eine situative Bedingung darstellen würde - kann sich die erste der o.g. Maßnahmen verbieten. Die Auswahl der „richtigen" Maßnahme ergibt sich aus der Fragestellung, welche vermutliche Wirkung den einzelnen Maßnahmen zuzuschreiben wäre. Die Fragestellung der mutmaßlichen Wirkungen charakterisiert ein weiteres Problem verschiedener Zielalternativen. Die Auswahl der konkreten Alternative wird sehr wesentlich durch dieses prognostizierte Ergebnis beeinflußt werden. Von mehreren Alternativen wird diejenige gewählt werden, die den größten Beitrag zum übergeordneten Ziel leistet und für die die höchste Wahrscheinlichkeit der Realisierung prognostiziert werden kann. Wesentlicher Bestandteil bei der Gestaltung von Zielsystemen ist die gleichzeitige Gestaltung des hierzu gehörenden Kontrollsystems. Da Zielsysteme grundsätzlich „Verbesserungssysteme" sind, ist die Kontrolle als Soll-Ist-Vergleich ein unverzichtbares Merkmal des Zielsystems. Nur durch den Vergleich des Ergebnisses der Maßnahmen mit den ursprünglichen Zielsetzungen ist eine Verbesserung insbesondere des Zielfindungsprozesses sowie eine Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen sichergestellt. Nur hierdurch ist es möglich, die festgestellten Wirkungen mit den prognostizierten zu vergleichen (Zum Zielproblem im Hinblick auf Gestaltungsmethoden vgl. auch Kap. B.3.3).
Literaturhinweise Baumann,E. (1978): S. 41-49 (Die Sicherung der Systemexistenz) Bidlingmaier, J. (1972): S. 61-71 (Zur Zielbildung in Unternehmensorganisationen) Bleicher, Κ. (1972/1): S. 236-237 (Leistungen der Organisation)
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Heinen, E. (1971): S. 59-132 (Die Struktur des unternehmerischen Zielsystems) Heinen, E. (1974): S. 94-120 (Die betriebswirtschaftlichen Ziele) Hill, W. (1980): Sp. 1814-1825 (Stichwort: Organisationsziele) Hill, W., Fehlbaum, R., Ulrich, P. (1976): S. 141-169 (Ziele) Jakob, H. (1980): S. 26-29 (Systemzweck und -ziele) Kirsch, W. (1977): S. 110-159, Bd. III (Die organisationale Zielanalyse) Luhmann, N. (1973): S. 157-165 (Kybernetische Regelung) Mayntz, R. (1963): S. 58-80 (Organisationen und ihre Ziele) Pfeiffer, D. K. (1976): S. 38-50 (Ziele der Organisation) Pfohl, H.-Ch., Braun, G. E. (1981): S. 457-466 (Soziologische Ansätze der Zielbestimmung: Zielbildung, Zielanpassung und Zielsicherung organisationaler Ziele) Schmidt-Sudhoff, U. (1967): S. 93-110 (Die Grundzüge des unternehmerischen Zielsystems) Staehle, W. H. (1973): S. 114-115 (Reduktion von Umweltkomplexität) Staehle, W. H. (1980): S. 106-113 (Ziele der Organisation) Ulrich, H. (1970): S. 114-115 (Die Zweck-und Zielorientiertheit von Systemen) S. 161-162 (Die Zweck- und Zielorientierung der Unternehmung) S. 187-197 (Das Zielsystem der Unternehmung)
2.2 Das Funktionssystem 2.2.1 Funktionen als Konsequenz von Zweck und Ziel Hill et al. stellen fest, daß eine Institution, die ihre Ziele erreicht, gleichzeitig damit auch ihre Zwecke erfüllt (Hill et al., 1976, S. 154). Ziele sind jedoch nur durch entsprechende Leistungen zu erreichen, Leistungen bedingen Funktionen. Als Beispiel sei hierzu ein Unternehmen genannt, dessen Zweck die Versorgung des Marktes mit elektrischen Haushaltsgeräten ist und dessen Ziel die Produktion von 3000 Einheiten einer bestimmten Kaffeemaschine ist, woraus sich dann die Hauptfunktionen „Produzieren der Maschinen" und „Absetzen der Maschinen" ergeben. Die leistungsbezogenen Funktionen lassen sich also stets aus den Zwekken und Zielen durch eine Kausalkette ableiten. Hierbei soll nach drei Funktionskategorien unterschieden werden: - Leistungsvorbereitende Funktionen: Hierzu gehören Organisation, Personalbeschaffung, Forschung und Entwicklung u.a.m. - Leistungserstellende Funktionen: Dies sind insbesondere die Produktion und der Absatz bei Wirtschaftsunternehmen bzw. die Einrichtung einer bestimmten Stelle für den Publikumsverkehr bei einer Behörde - Leistungsunterstützende Funktionen: Dies sind bei Wirtschaftsunternehmen vor allem der gesamte Verwaltungsbereich, das Rechnungswesen sowie bestimmte Teile des Personalwesens. Nicht jede Funktion ist jedoch diesen mehr aus methodischen Gründen erstellten Kategorien eindeutig zuzuweisen: So kann in einem Produktionsunternehmen die Beschaffung von Fremdkapital (Finanzierungsfunktion) sowohl als eine leistungvorbereitende als auch als eine leistungunterstützende Funktion angesehen werden. Sie wäre dann leistungvorbereitend, wenn das benötigte Kapital zur Einrichtung neuer Produktionskapazitäten oder zur Erschließung neuer Märkte benötigt würde, sie wäre leistungunterstützend, wenn bei gleichbleibenden Produktions- und Absatzkapazitäten mehr Kapital zur Finanzierung der Außenstände aufgrund von längeren Zahlungszielen der Kunden benötigt würde.
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Teil Α: Organisation als System
2.2.2 Funktionen als Konsequenz aufgaben- und arbeitsteiliger Prozesse Die Gesamtaufgabe einer Institution, konkreter eines Unternehmens, beinhaltet leistungvorbereitende, -erstellende und -unterstützende.Funktionen. Diese Gesamtaufgabe erweist sich als hochkomplex und wird nur im Einmannbetrieb noch sinnvoll als Gesamtaufgabe gelöst. Vom Einmannbetrieb abgesehen, weisen jedoch alle Institutionen, je nach Größe in mehr oder weniger starkem Maß, aufgaben- und arbeitsteilige Vorgänge auf. Die Gründe für Aufgabenteilungen sind sachlicher und persönlicher Art. Bei den sachlichen Gründen gibt es quantitative, daß heißt, daß die betreffende Funktion die Arbeitskapazität eines Funktionsträgers übersteigt. Weiterhin gibt es qualitative Gründe, das heißt, daß die Komplexität der betreffenden Funktion bzw. die Inhomogenität der in ihr verankerten Teilfunktionen so groß ist, daß sie nicht sinnvoll von einem Funktionsträger gelöst werden kann oder sollte. Die persönlichen Gründe sind die Projektion der sachlichen Gründe auf den Funktionsträger: Sie sind kapazitativer Art und überschreiten damit das Bewältigungsvermögen eines Funktionsträgers; sie sind durch berufliche Neigung, Ausbildung sowie persönliche Veranlagung bedingt und überschreiten das qualitative Vermögen eines Funktionsträgers. Sie können letztlich machtmäßig bedingt sein und damit einerseits zur Funktionskonzentration bei einem Funktionsträger führen, andererseits aber durch Funktionsteilung bei Untergebenen eine besondere leitungsmäßige Machtfülle mit sich bringen, die unerwünscht sein kann. Das Ergebnis dieser aufgabenteiligen Prozesse ist zunächst die Unterscheidung in Fachaufgaben und Führungsaufgaben. Als Fachaufgabe wird die Wahrnehmung einer Sachfunktion bezeichnet, als Führungsaufgabe die Wahrnehmung einer personenbezogenen Aufgabe. Fachaufgaben und Führungsaufgaben ergeben zusammen die Gesamtaufgabe, je nach Funktion und Position unterschiedlich zusammengesetzt. Eine hochkomplexe, sehr umfangreiche Fachaufgabe läßt im Rahmen der Gesamtkapazität nur wenig Zeit für Führungsaufgaben, während die Anzahl der unterstellten Mitarbeiter, die Komplexität ihrer Aufgabengebiete oder die Kompliziertheit ihrer Persönlichkeiten zu einer umfangreichen Führungsaufgabe führen, die nur noch wenig Zeit für Fachaufgaben läßt. Als arbeitsteilige Prozesse sollen diejenigen Teilprozesse bezeichnet werden, bei denen eine homogene Fachaufgabe auf mehrere Kräfte verteilt wird, wobei die Gründe der Teilung ausschließlich quantitativ bedingt sind. 2.2.3 Funktionssysteme an Beispielen Die Konkretisierung der allgemeinen Ausführungen über Funktionen und Funktionssysteme soll im folgenden durch das Beispiel eines Produktionsunternehmens, eines Dienstleistungsunternehmens sowie einer Behörde dargestellt werden. Es zeigt sich, daß innerhalb der unterschiedlichen Funktionssysteme eine Vielzahl von Teilfunktionen gleich oder zumindest so ähnlich sind, daß sie die gleichen Bezeichnungen tragen. Es ist einleuchtend, daß diese Funktionsgleichheit oder -ähnlichkeit ein wesentliches Kriterium für Ausbildungsprozesse und berufliche Mobilität darstellt: So ist ein Organisator durchaus in der Lage, daß Gros organisatorischer Problematiken in allen Typen von Institutionen zu lösen. Der Anteil institutionsspezifischer Problemstellungen läßt sich durchweg auf wenige Problemstellungen reduzieren.
Abschn. II. 2. Kap.: Die Subsysteme des Organisationssystems Unternehmenstyp
Hauptfunktionen
Teilfunktionen
Produktionsunternehmen (Glashersteller)
Produktion und Absatz von Glas- und Kunststoffartikeln
Einkauf Logistik Verkauf Forschung/Entwicklung Produktion Finanzen Rechnungswesen Personalwesen Verwaltung
Dienstleistungsunternehmen (Wirtschaftsauskunftei)
Beschaffung und Weitergabe von Wirtschaftsauskünften, Inkassowesen und Forderungsüberwachung
Auskunftsrecherchen Archivierung von Informationen Weitergabe von Informationen Forderungsüberwachung Inkassovornahme Personalwesen Finanzen und Rechnungswesen Verwaltung
Behörde (Universität)
Ausbildung (Lehre) und Forschung in verschiedenen/allen Gebieten der Wissenschaft
Ausbildung (Lehre) Prüfungen und Diplomierungen Forschung Wissenschaftstransfer Haushaltswesen Personalwesen Verwaltung
Abb. A . 4
25
Funktionssysteme am Beispiel
2.2.4 Strukturelle Beziehungen im Funktionssystem Die Elemente des Funktionssystems sind durch vielfältige strukturelle Beziehungen miteinander verbunden. Auch soll hier das konkrete Beispiel die Erläuterung bringen. Zur Darstellung der strukturellen Beziehung wird in diesem vorliegenden wie auch in allen weiteren Fällen ein Strukturdiagramm in Form des gerichteten Graphen (Digraph) gewählt. Hierbei wird von der in der Graphentheorie üblichen Darstellungsweise, eine wechselseitige Beziehung durch zwei parallel laufende Pfeile (Kanten) zu bezeichnen, abgegangen. Zum Zweck der Komplexitätsreduktion wird in diesem Fall ein Doppelpfeil gezeichnet. Aus Gründen, die später (vgl. Kap. C.3.3) erläutert werden, wird gleichzeitig das Strukturdiagramm durch eine quadratische Adjazenz-Matrix ergänzt, die die jeweilige Beziehungsstruktur in Form von O/l-Variablen wiedergibt. Hierbei bedeutet im jeweiligen Feld der Matrix eine „1" das Bestehen einer direkten Beziehung, eine „0" jedoch das Fehlen einer solchen. Das Hauptdiagramm weist die Funktionen - Forschung und Entwicklung - Produktion - Marketing
26
Teil Α: Organisation als System
Abschn. II. 2. Kap.: Die Subsysteme des Organisationssystems
-
27
Finanzen Rechnungswesen Personalwesen allgemeine Verwaltung
auf, die sämtlich untereinander funktionale Beziehungen haben. (Die Beziehungsstruktur wurde - da es sich nur um erklärende Beispiele handeln soll - lediglich für das Unterdiagramm Abb. A.5.b ausführlich dargestellt). Hierbei sagt das Vorhandensein einer Beziehung jedoch nichts über ihre Intensität aus. So ist anzunehmen, daß die Intensität der Beziehungen zwischen Forschung und Entwicklung sowie Produktion und Marketing erheblich intensiver ist als z.B. die Beziehung zwischen Forschung und Entwicklung und allgemeiner Verwaltung. Ähnliche Aussagen ließen sich noch für eine Anzahl der dargestellten Beziehungen treffen. Die organisatorische Ausprägung dieser Beziehungen besteht in Form von Arbeitskontakten, brieflichen, telefonischen und persönlichen Kontakten. Sie kann insbesondere auch im Zeitverlauf sehr stark variieren, so z.B. in Form von besonders intensiven Kontakten zwischen Forschung und Entwicklung und Marketing im Stadium der Verbesserung eines im Markt getesteten Produktes. Das Unterdiagramm stellt die Beziehungen in einem Vertriebsbereich dar. Dieser weist die Funktionen - Vertriebsleitung VL - Außendienst AD - Kundendienst KD - Vertriebsverwaltung VVW - Reklamationswesen RE - Kundendienstverwaltung KVW
28
Teil Α: Organisation als System
Die dem Diagramm zugeordnete Adjazenzmatrix zeigt - was sich auch bei genauer Verfolgung der Pfeile des Diagramms ablesen läßt - daß zwischen Vertriebsverwaltung und Kundendienst sowie zwischen Vertriebsverwaltung und Kundendienstverwaltung keine direkten Beziehungen bestehen. Auch hier gilt wiederum das für das Hauptdiagramm Gesagte, daß diese Darstellungen den Normalfall der Funktionsausübung wiedergibt und daß ggf. in Sonderfällen eine u.U. einmalige oder zeitlich befristete Verbindung hergestellt werden könnte. Sowohl Hauptdiagramm als auch Unterdiagramm machen deutlich, welche extrem starke strukturelle Verflechtung innerhalb des Funktionssystems gegeben ist. Die Komplexität dieser Beziehungsstruktur ist so groß, daß bei einer weiteren Auflösung der Funktionen die graphische Darstellung bald an ihre Grenzen stoßen würde. Auch hieraus ergibt sich der Sinn der zusätzlichen Darstellung durch die Adjazenzmatrix. AD
KD
RE
VVW
KVW
-
1
1 1
1 1
1 1
1 1
1 -
0 1
1
-
1 1 0
1
0
-
5
3
4
VL VL AD
1
-
KD RE VVW KVW
1 1 1
1 1 1
1
1
Σ
5
5
1 1 4
Σ 5 5 4 5 3 4 26
Abb. A.5c Adjazenzmatrix: Vertrieb Literaturhinweise Bleicher, Κ. (1971/11): S. 75-79 (Das Verrichtungsmodell) Bleicher, K. (1981): S. 83-94 (Das Verrichtungsmodell) Eisenführ, F. (1972): S. 256-277 (Zur Entscheidung zwischen funktionaler und divisionaler Organisation) Fuchs-Wegner, G., Welge, Μ. K. (1974): S. 71-82 und S. 163-170 (Kriterien für die Beurteilung und Auswahl von Organisationskonzeptionen) Jakob, H. (1980): S. 121-125 (Funktionale Stab-Linien-Organisation) Kirsch, W. (1977): S. 41-45, Bd. III (Funktionale Subsysteme) Lochstampfer, P. (1980): Sp. 756-766 (Stichwort: Funktionale Organisation) Schanz, G. (1982): S. 102-105 (Die funktionale Organisation: Strukturierung nach dem Verrichtungsprinzip) Wunderer, R. (1967): S. 196-218 (Die Funktionssysteme in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre)
2.3 Das Objektsystem 2.3.1 Objekte und Leistungsbezug In der Organisationslehre werden im allgemeinen zwei Kategorien zur Gliederung verwendet: 1. Die Produkte oder Dienstleistungen der Institution 2. Die regionalen oder sektoralen Absatzmärkte
Abschn. II. 2. Kap.: Die Subsysteme des Organisationssystems
29
Objekte sind als Gliederungsmerkmal vor allem dann angebracht, wenn die betreffende Institution im Leistungsprogramm heterogene Teilleistungen erstellt. Diese Heterogenität kann auf der einen Seite produktionsmäßig bedingt sein und führt dann vom Produktionsaspekt ausgehend zu einer solchen Gliederung, sie kann auch marktmäßig bedingt sein - was bedeutet, daß die Institution ihre Leistung auf heterogenen Märkten anbietet - so daß ein externes Merkmal zum Gliederungskriterium innerhalb der Organisation wird. Damit stellt sich das Objektsystem als ein spezifisches, zur Komplexitätsbewältigung geeignetes System dar. Insbesondere Großunternehmen wie auch Behörden sind nach dem Objektprinzip organisiert. Bei Großunternehmen wird die Objektstrukturierung in Form der sog. Divisions- oder Spartenorganisation als Hauptstrukturierungskriterium gesehen, so daß durch diese Organisationsform in einem solchen Unternehmen nahezu völlig selbständige Teilunternehmen entstehen. Eine Objektstrukturierung auf Basis der Märkte ist auch bei völlig homogenem Produktionsprogramm möglich, so daß sich diese Form der Organisation nur auf einen Teil des Unternehmens auswirkt, ggf. lediglich auf die Absatzorganisation. Die Produktorientierung kann dazu führen, daß auf den Märkten ein Zusammentreffen der organisatorischen Aktivitäten erfolgt: So ist es möglich, daß ein bestimmter Kundenkreis von mehreren Absatzorganisationsteilen des Unternehmens bearbeitet wird. Für den Außenstehenden ist die Objektorganisation gelegentlich etwas irritierend und kompliziert. Dies zeigt sich am Beispiel einer Behörde, wo die einzelnen Ämter ebenfalls eine Objektstrukturierung darstellen. Da insbesondere das Größenproblem und seine Bewältigung die Ursache für eine Objektstrukturierung darstellt, ergibt sich gelegentlich die Notwendigkeit, Teilorganisationen von nicht hinreichender Größe in einer organisatorischen „Restgruppe" zusammenzufassen. Dies trifft z.B. auch in Unternehmen zu, die verschiedene Sparten mit in sich geschlossenen Produktgruppen haben und u.U. eine Sparte zur Zusammenfassung von nicht in die anderen Sparten gehörigen inhomogenen Restproduktgruppen bilden. Ein weiteres Merkmal der Objektorganisation ist, daß häufig verschiedene, durch die Trennung nach Objekten bedingte Koordinationsfunktionen wahrgenommen werden müssen. Diese Funktionen - in Unternehmen auch häufig als Zentralfunktionen bezeichnet - haben je nach Grad der Aufgabenteilung und der Konsequenz der organisatorischen Durchstrukturierung die Aufgaben - die gleichen Funktionen der Objektbereiche zu koordinieren, - von den Objektbereichen nicht sinnvoll zu bearbeitende Restfunktionen wahrzunehmen sowie - die Objektfunktionsbereiche zu koordinieren, sie zu beraten und ihnen gegenüber in bestimmten Teilaufgaben eine Vorgesetztenfunktion zu erfüllen. 2.3.2 Objektsysteme im Beispiel Die nachfolgenden Beispiele zeigen drei Objektsysteme aus Unternehmen sowie eines aus einer Behörde. Sie zeigen darüber hinaus, in welchem Ausmaß das jeweilige System in seiner Struktur einerseits vom Zweck der Institution und andererseits vom zu bewältigenden Komplexitätskriterium bestimmt wurde. Das Beispiel Hochschule mit den Fachbereichen und der Hochschulverwaltung stellt die erwähnte Mischung aus Objekt- und Funktionssystem dar. Hier
30
Teil Α: Organisation als System
sind speziell die Fachbereichs-Verwaltungsbereiche auf das Notwendigste beschränkt, da alle wesentlichen, nicht fachbereichsspezifischen Verwaltungsprozesse in der Zentralverwaltung vorgenommen werden. Unternehmenszweck
Objekt-Struktur: Produktorientiert
Untemehmenszweck
Objekt-Struktur: Sektoralisiert
Unternehmenszweck
Objekt-Struktur: Regionalisiert
Abschn. II. 2. Kap.: Die Subsysteme des Organisationssystems Unternehmenszweck
Abb. A.6
31
Objekt-Struktur: Dienstleistungsorientiert
Objektsystem - Strukturbeispiele
2.3.3 Strukturelle Beziehungen im Objektsystem Da divisionalisierte Unternehmen, wie oben festgestellt, den Sparten ein hohes Maß an Selbständigkeit zuzuordnen pflegen, sind die Beziehungen im Objektsystem gering ausgeprägt. Sie sind jedoch dann vorhanden, wenn eine Sparte für die andere bestimmte Dienstleistungen übernimmt: So ist es möglich, daß in dem Beispiel aus der chemischen Industrie der Bereich „Chemische Grundstoffe" sowohl Grundprodukte für den Bereich Pharma als auch für den Bereich Kosmetik herstellt. Das folgende Strukturdiagramm und die Adjazenzmatrix zeigen das Beispiel Hochschule. Aus dem Strukturdiagramm und der Matrix geht hervor, daß die Fachbereiche Sprachen, Wirtschaftswissenschaften und Mathematik durch gegenseitige Dienstleistungen miteinander verbunden sind: So wird sowohl vom Fachbereich Sprachen als auch Mathematik eine Dienstleistung für die Wirtschaftswissenschaften erbracht, die Wirtschaftswissenschaften ihrerseits erbringen Dienstleistungen für die Fachbereiche Sprachen und Mathematik. Der Fachbereich Medizin hingegen erhält keinerlei Dienstleistungen von einem dieser Fachbereiche. Spezifische Beziehungen bestehen daher nicht. Das Diagramm zeigt weiterhin, daß die Hochschulverwaltung in ihrer Eigenschaft als zentraler Funktionsträger Beziehungen zu jedem der betreffenden Fachbereiche unterhält, genau wie diese auch zu ihr Beziehungen aufweisen. Die aufgeführten Beispiele zeigen, daß die Objektstrukturierung innerhalb des Objektsystems zu einem geringeren Beziehungsreichtum führt als er im Funktionssystem auftrat. Die gezeigten Beziehungen gelten nur unter bestimmten Bedingungen und stellen strenggenommen etwas Ahnliches wie „Lieferantenbeziehungen" dar. Auch hier zeigt die Adjazenzmatrix wieder ihre Nützlichkeit: Ohne Zählung der Beziehungspfeile läßt sich aus den Summenspalten mühelos ablesen, daß das Dezernat 4 mit sechs Beziehungen den größten Beziehungsreichtum aufweist.
32
a)
Teil Α: Organisation als System
Digraph Darstellung: Hochschule
FB MATH
FB WIRT
FB MED
DEZ 3
DEZ 4
DEZ 5
-
1
1
0
1
1
1
5
FB MATH
1
-
1
0
1
1
1
5
FB WIRT
1
1
-
0
1
1
1
5
FB MED
0
0
0
-
1
1
1
3
DEZ 3
1
1
1
1
-
1
0
5
DEZ 4
1
1
1
1
1
-
1
6
DEZ 5
1
1
1
1
0
1
-
5
Σ
5
5
5
3
5
6
5
FB SPRA FB SPRA
b)
Adjazenzmatrix: Hochschule
Abb. A.7
Strukturelle Beziehungen im Objektsystem
Σ
34
Abschn. II. 2. Kap.: D i e Subsysteme des Organisationssystems
33
Literaturhinweise Bleicher, Κ. (1971/11): S. 79-87 (Das Objektmodell; Das Regionalmodell) Bleicher, K. (1979): S. 88-95 (Das Objektmodell; Das Regionalmodell) Bleicher, K. (1981): S. 94-114 (Das Objektmodell; D a s Regionalmodell) Eisenführ, F. (1972): S. 256-277 (Zur Entscheidung zwischen funktionaler und divisionaler Organisation) Eisenführ, F. (1980): Sp. 558-568 (Stichwort: Divisionale Organisation) Frese, Ε. (198011):S. 332-375 (Spartenorganisation) Fuchs-Wegner, G., Welge, Μ. K. (1974): S. 71-82 und S. 163-170 (Kriterien für die Beurteilung und Auswahl von Organisationskonzeptionen) Poensgen, Ο. H. (1973): S. 62-100 (Die Organisation der Unternehmung unter der Geschäftsbereichsstruktur) Schanz, G. (1982): S. 105-108 (Die divisionale Organisation: Strukturierung nach dem Marktprinzip) Welge, Μ. K. (1975): S. 34-79 (Die Bewertung von funktionalen und divisionalen Organisationsstrukturen an Hand ausgewählter Beurteilungskriterien)
2.4 Das Aufbausystem 2.4.1 Grundbegriffe des Aufbausystems Das System des Aufbaus stellt die hierarchische Strukturabbildung von Institutionen im Sinne der Über- und Unterordnung der einzelnen Teilbereiche dar. Zur Charakteristik ist es sinnvoll, einige Grundbegriffe vorab zu klären. Die Gesamtaufgabe der Institution gilt als die Grundlage des Aufbausystems. Im Rahmen einer hierarchischen Betrachtungsweise wird die Gesamtaufgabe an der Spitze wahrgenommen, aufgabenteilige Prozesse führen dazu, daß diese Gesamtaufgabe über verschiedenen Ebenen verteilt wird, wobei die horizontale Struktur der einzelnen Ebenen die eigentliche Aufgabenteilung wahrnimmt, die vertikale Struktur sich insbesondere auf das Verhältnis von Führungs- und Fachaufgabe bezieht. Die vertikale Struktur führt zur Hierarchie der Organisation. Dies bedeutet de facto, daß die jeweils höhere Ebene der nachfolgenden übergeordnet ist und ihr gegenüber ein Weisungsrecht fachlicher und führungsmäßiger Art hat. Gleichzeitig gibt die in der vertikalen Struktur zum Ausdruck kommende Abstufung ein Machtgefälle zu erkennen mit der Konsequenz, daß die übergeordnete Ebene Delegationsgeber, die untergeordnete Ebene Delegationsnehmer ist. Unter Delegation wird die Übertragung von Aufgaben, Verantwortung und Vollmachten auf eine nachgeordnete Stelle verstanden. Die Aufgabe beinhaltet das sachliche Handlungsziel, die Verantwortung bedeutet, für die Ergebnisse der eigenen Handlungen einstehen zu müssen, und die Kompetenz beinhaltetdie Berechtigung und die Verpflichtung zum selbständigen Handeln und Entscheiden. Durch aufgaben- und arbeitsteilige Prozesse entstehen Bereiche, Abteilungen und Stellen. Der Begriff der Stelle ist in dem Sinne doppeldeutig: Er kennzeichnet zum einen die hierarchisch unterste Einheit einer Organisation, also die Stelle eines Sachbearbeiters, kennzeichnet zum anderen aber auch die hierarchisch übergeordneten Einheiten, also z.B. die Stelle eines Abteilungsleiters. Als Stelle wird allgemein die kleinste, nicht mehr sinnvoll teilbare Einheit einer Organisation bezeichnet. Hierbei bedeutet das Kriterium „sinnvoll nicht mehr teilbar", daß es im Hinblick auf die derzeitigen situativen Bedingungen sowie den Führungs- und Fachaufgabeninhalt dieser Stelle nicht sinnvoll ist, eine weitere Unter-
34
Teil Α: Organisation als System
teilung vorzunehmen. Hierbei würde eine fachliche Unterteilung neue Stellen auf der gleichen Ebene, eine führungsmäßige Unterteilung die Einführung einer weiteren Ebene bedeuten. Zur Beschreibung des System des Aufbaus wird zwischen ein- und mehrdimensionalen Strukturtypen sowie zwischen Ein- und Mehrlinigkeit unterschieden. Eindimensional sind alle diejenigen Aufbausysteme, bei denen lediglich ein Kriterium pro Ebene, nämlich Funktionssystem oder Objektsystem, sequenziell verwirklicht wird. Dies bedeutet, daß in der eindimensionalen Organisation der Wechsel vom Funktions- auf das Objektprinzip oder umgekehrt jeweils über verschiedene Ebenen erfolgt. Die mehrdimensionalen Strukturtypen ordnen Funktionen und Objekte zweidimensional an und erhalten so Funktions-/Objektschnittpunkte. Beim Einliniensystem geht von den vor- zu den nachgelagerten Stellen jeweils ein Weg. Bei den Mehrliniensystemen können mehrere Wege, unterteilt nach fachlichen und disziplinarischen, im Eingang oder Ausgang vorhanden sein. 2.4.2 Eindimensionale Strukturtypen Zu den eindimensionalen Strukturtypen gehören -
Einliniensystem Mehrliniensystem Stabliniensystem Mischformen Das Einliniensystem ist die Realisierung des Prinzips der Einheit von Befehl und Auftragserteilung. Hierbei ist der sog. Dienstweg, d.h. die Verbindung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, einerseits Befehls- und Anordnungsweg, andererseits Berichtsweg. Die modernen Organisationsliteratur vermeidet zum Teil den Begriff des Untergebenen und ersetzt ihn durch den des Mitarbeiters. Hiermit wird jedoch der im Einliniensystem klare Tatbestand des VorgesetztenUntergebenenverhältnisses lediglich sprachlich verbrämt. Typisch für Einlinienstrukturen sind Anordnungs- und Befehlsstrukturen von autoritativ geführten Unternehmen sowie von Behörden. Das Mehrliniensystem gibt die Einheit der Auftragserteilung auf und bedeutet de facto, daß jeder Untergebene mehrere Vorgesetzte haben kann, von denen jedoch einer der sog. disziplinarische Vorgesetzte ist. Es wurde von Taylor begründet und basiert auf dem Grundgedanken der Spezialisierung der Leitungsfunktion. Das ursprüngliche Konzept der Mehrlinienorganisation hat heute keine praktische Bedeutung mehr. Die heute praktizierte Form ist die sog. fachliche Unterstellung (auch als funktionale Organisation bezeichnet), bei der die Führungskraft den ihr unterstellten Bereich disziplinarisch und fachlich leitet, in bezug auf die Mitarbeiter anderer Bereiche jedoch eine nur fachliche Vorgesetzteneigenschaft wahrnimmt. Das Stabliniensystem ergänzt das Ein- oder Mehrliniensystem durch Stäbe. Im allgemeinen wird das Stabliniensystem als eine Sonderform des Einliniensystems gesehen, jedoch zeigt die Unternehmenspraxis, daß auch Mehrliniensysteme eine Ergänzung durch Stäbe finden können. Bei Stäben wird zwischen einem Assistenzstab und einem Fachstab unterschieden. Der Assistenzstab dient im allgemeinen der quantitativen Entlastung der zugeordneten Leitungsstelle und ist in diesem Zusammenhang unproblematisch. Die Fachstäbe erfüllen eine Speziali-
A b s c h n .
II.
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