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German Pages 296 [300] Year 1994
Theorie der Organisationsbewertung Von Universitätsprofessor
Dr. Joachim Reese
2., durchgesehene Auflage
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Reese, Joachim: Theorie der Organisationsbewertung / von Joachim Reese. - 2., durchges. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1994 ISBN 3-486-23052-2
© 1994 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen System ai. Druck: Grafik + Druck, München Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München
ISBN 3-486-23052-2
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
IX
Wichtige Symbole
X
Einleitung
1
Erster Abschnitt Praktische Entscheidungsgrundlagen Erstes Kapitel: Die reale Entscheidungssituation in der Unternehmung I. II. III.
Die Struktur realer Entscheidungsprobleme Komplexität von Entscheidungsproblemen Die Bedeutung des Entscheidungsträgers
8 8 10 11
Zweites Kapitel: Die Modellierung von realen Entscheidungssituationen . . . .
14
I. II. III.
14 15 18
Leitgedanken und Ansatzpunkte Die Behandlung der Organisationsparameter Realtypische Anforderungen an Entscheidungsmethoden
Zweiter Abschnitt Beurteilungskriterien für die Organisation von Entscheidungen Drittes Kapitel: Zielkomponenten und Zielstruktur in Organisationen
21
Viertes Kapitel: Rationales Verhalten in Organisationen
28
Fünftes Kapitel: Effizienz in Organisationen
32
Sechstes Kapitel: Das organisatorische Optimum I. Verallgemeinerung der Effizienzbewertúng II. Die Systemkomponenten einer Organisation III. Optimalitätskriterien IV. Der Optimumbegriff im organisatorischen Kontext V. Ein Grundmodell zur Bewertung der Organisation von Entscheidungen
38 38 38 44 50 53
VI
Inhaltsverzeichnis
Dritter Abschnitt Die Organisation operativer Entscheidungen Siebtes Kapitel: Dezentralisation durch Delegation
74
I. II. III. IV.
74 78 87 97
Grundsätzliche Bemerkungen zum Beurteilungsinstrumentarium Ansatz einer Delegationsbewertung Die optimale Delegationsentscheidung Bewertung grundsätzlicher Delegationsparameter
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
103
I. II. III.
103 104
Begriffliche Grundlagen Die Bewertung von Informationen Ein Ansatz zur Beurteilung des Informationssystems in in der Unternehmung
124
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte von Anreiz-und Kontrollmechanismen . . ISO I. II. III.
Zur Begründung von Anreiz- und Kontrollmechanismen Grundlegende Begriffserläuterungen Optimale Anreizsysteme auf der Grundlage des „principal and agent "-Ansatzes IV. Das „sowjetische" Anreizsystem V. Optimale Anreizsysteme auf der Grundlage des Dekompositionsansatzes VI. Ergänzende Bemerkungen zur Gestaltung und Wirkung von Anreizund Kontrollsystemen aus entscheidungstheoretischer Sicht VII. Aufbauorganisatorische Konsequenzen
150 151 154 171 174 193 196
Zehntes Kapitel: Besonderheiten nicht-hierarchischer Subsysteme
206
I. II. III.
206 209 218
Grundsätzliche Begriffe und Bemerkungen Abstimmungsentscheidungen Aushandlungsentscheidungen
Vierter Abschnitt Die Organisation strategischer Entscheidungen Elftes Kapitel: Der Organisationsbedarf strategischer Entscheidungen
226
I. II.
226 227
Wesensmerkmale strategischer Probleme Der Zeitbezug strategischer Probleme
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept zur Beurteilung der Organisation von strategischen Entscheidungen
233
I. II. III.
233 237 241
Kriterien organisatorischer Flexibilität Die Flexibilität des Delegationssystems Die Flexibilität des innerbetrieblichen Informationsflusses
Inhaltsverzeichnis
IV. V. VI.
Die Flexibilität des Anreiz- und Kontrollsystems Die Flexibilität von Gremienentscheidungen Besondere strategische Entscheidungssituationen 1. Strategisches Innovationsmanagement 2. Strategisches Krisenmanagement
V11
245 251 255 255 257
Dreizehntes Kapitel: Anhaltspunkte für die Beurteilung von strategischen Planungs- und Entscheidungskonzepten der Unternehmerpraxis anhand ihrer Organisationsnotwendigkeiten
260
Literaturverzeichnis
273
Sachverzeichnis
285
Vorwort zur zweiten Auflage Die geschlossene Konzeption des Buches hat sich erfreulicherweise bewährt. Für die Neuauflage sind deshalb auch keine Anpassungen erforderlich geworden, die den Inhalt betreffen. Joachim Reese
Vorwort zur ersten Auflage Der dispositive Faktor greift in alle Bereiche ökonomischen Denkens und Handelns auf zentrale Art und Weise ein. Das Schrifttum der Betriebswirtschaftstheorie hat diesem Umstand nachhaltig Rechnung getragen und zahlreiche wichtige Beiträge hervorgebracht, die die einzelnen Managementaufgaben aus vielen Perspektiven beleuchten und eine anhaltende Diskussion in Gang gesetzt haben. In diesem Buch wird versucht, die Entwicklung sowie den Stand der Organisationstheorie aus einem speziellen Blickwinkel aufzuarbeiten. Vor allem wird auf eine strikte Unterscheidung zwischen den vorbereitenden Organisationsentscheidungen und den eigentlichen Sachentscheidungen Wert gelegt. Während es natürlich ist, Sachentscheidungen in Abhängigkeit von den gegebenen Organisationstatbeständen zu treffen und zu beurteilen, wird eine zuverlässige Bewertung von Organisationsentscheidungen umgekehrt erst nach entsprechender Kenntnis der Sachlage vollziehbar. Häufig ist ein solches Wissen nicht oder zu spät vorhanden. Die Betriebswirtschaftslehre darf sich als Erfahrungswissenschaft einem so schwierigen, aber zugleich wichtigen Problemkreis jedoch nicht verschließen. Mit dem analytischen Instrumentarium, das von der Wirtschaftstheorie bereitgestellt wird, sollte die Vielschichtigkeit und Komplexität der Thematik nicht unauflösbar sein. Mir kommt es darauf an, die bei der Organisationsbewertung entstehenden Probleme und denkbaren Verfahrensweisen aus der Anschauung heraus zu entwickeln. Dabei habe ich soweit wie möglich auf die Erkenntnisse der modernen Organisationstheorie zurückgegriffen und die Ansätze, die mir im Hinblick auf die behandelte Materie als besonders nutzbringend erscheinen, in eine Theorie der Bewertung einbezogen. Gelegentlich ist eine Formalisierung der Ausführungen unvermeidlich. Sie dient hauptsächlich der Deduktion von präzisen Aussagen. Falls nicht erforderlich, habe ich allerdings auf formale Darstellungen verzichtet und die verbalen Ausfiihrungen durch einige Beispiele unterstützt. Mein akademischer Lehrer, Herr Prof. Dr. Günter Fandel, hat an der Entstehung und wissenschaftlichen Ausrichtung dieses Buches großen Anteil. Sein Rat war mir immer eine wertvolle und verläßliche Hilfe. Ihm gilt daher mein besonders herzlicher Dank. Frau Dipl. Kfm. Birgit Kotzias und Herrn cand. rer. pol. Martin Klein, vor allem aber Frau cand. rer. pol. Siglinde Czapla danke ich für ihre stete Bereitschaft bei der Erstellung der Druckvorlage. Joachim Reese
Wichtige Symbole 0 D 1 Φ α a Ρ A j = 1,..., J η = 1,..., Ν Sc ρ , . . . , Ν } t = 0,..., Τ χ, y u e ρ w ζ ν flex stab
Organisation Delegationssystem, Delegationsform Informationssystem, Information Anreizsystem, Belohnungsfunktion Kontrollaufwand, Kontrollverlust Leitungsspanne Unternehmer, Principal Manager, Agent Entscheidungsträger Unternehmensaufgabe Abteilung Zeitpunkt, Zeitintervall (beeinflußbare) Entscheidungsalternative (unbeeinflußbarer) Umweltzustand individuelle Anstrengung Wahrscheinlichkeit allgemeiner Wert der Organisationsentscheidung àllgemeiner Wert der Sachentscheidung Synergiemaß Flexibilitätsmaß Stabilitätsmaß
Einleitung
Untersuchungsgegenstand dieses Buches sind die Organisation von Entscheidungen in der Unternehmung sowie die Bewertung der Organisationsparameter anhand ihres Beitrags zur Bewältigung realer Entscheidungsprobleme. Hierbei handelt es sich um eine Thematik von zunehmender praktischer und theoretischer Relevanz. Mit dem Wissen um die Komplexität von Entscheidungsproblemen verbindet sich nämlich auch Immer mehr die Einsicht in wachsende Organisationserfordernisse. Gleichzeitig kommt es darauf an, die Organisationsparameter soweit wie möglich auf die zugrundeliegenden Entscheidungssituationen abzustimmen. Unternehmerische Krisensituationen sind zu einem erheblichen Teil durch fehlende oder ungenügende Innerbetriebliche Koordinationsmechanismen zumindest mit verursacht. Die Praxis dokumentiert im Zuge einer rapiden Organisationsentwicklung des letzten Jahrzehnts, daß sie diesen Zusammenhang erkannt hat und ihn berücksichtigen will. Auch die Theorie nimmt sich der Aufgabe einer entscheldungsorientlerten Analyse der Organisationsproblematik verstärkt an und trägt dabei den sehr unterschiedlichen Situationsmerkmalen Rechnung. Allerdings mangelt es häufig an einem einheitlichen Bewertungsrahmen, in dem sich die Untersuchungen vollziehen. Weitgehendem Konsens über die s i t u a tionsgerechte Beurteilung bestimmter Organisationsparameter stehen bisweilen deutliche Widersprüchlichkeiten in bezug auf die Gestaltung anderer Organisationsvariablen gegenüber, die nur aus der Existenz verschiedener Bewertungsmaßstäbe und begrifflichen Abgrenzungsschwierigkelten erklärbar sind. Es wird hier nun versucht, ein allgemeines Bewertungskonzept zu entwerfen, das sich an fundamentalen Aufgaben der Organisation ausrichtet und Im Sinne eines systematischen, entscheldungsorientlerten Vorgehens rahmengebend sein soll. Ausgangspunkt ist die dienende Funktion jeder Organisation, die keinen Selbstzweck verkörpern darf. Sie wird, ohne ausdrücklich Systemtheorie betreiben zu wollen, als soziales System von Elementen und Beziehungen zwischen diesen Elementen gekennzeichnet, von denen einige In bezug auf die Gestaltung der Entscheidungsprozesse variabel sind. Sie werden als Organlsatlonsvarlablen der Bewertung zugrunde gelegt. Bei der Beurteilung soll stets ausschlaggebend bleiben, inwiefern die eine Organisationsstruktur charakterisierenden Parameter geeignet sind, hinsichtlich der - subjektiv erkennbaren - Problemeigenschaften sowie des individuellen bzw. kollektiven Entscheidungsverhaltens - soweit beobachtbar - ihren Zweck erfüllen. Je nach diesen Situationsbedingungen wird der Zweck durch "bestmögliche" Effizienz und "ausreichende" Flexibilität der Entscheidungen bestimmt. Im Hinblick auf die Koordination von Aktivitäten innerhalb des Entscheidungssyetems sind Verbund- oder Synergieeffekte ("2+2=5") für Effizienzzuwächse ursächlich, während sich Flexibilität in organisatorischem Oberschuß ("slack") äußert, welcher bei Bedarf aktiviert werden kann und d a mit längerfristig effizienzfördernd wirkt. Maßgeblich für das Konzept 1st es, dem Organisationswert durch eben diese Synergieeffekte und den organisatorischen Oberschuß Ausdruck zu verleihen.
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Einleitung
Es wird zu zeigen sein, wie sich aufgrund dieses A n s a t z e s A u s s a g e n darüber herleiten lassen, ob die Organisation von Entscheidungen s i t u a t i o n s g e r e c h t i s t oder ob sie grundsätzlicher Verbesserungen bedarf. Inwieweit ein V e r b e s s e rungspotential allerdings überhaupt e x i s t i e r t , hängt wesentlich davon ab, in welcher Velse die einzelnen Organisationsparameter letztlich v e r ä n d e r b a r sind. Das Konzept propagiert eine problemspeziflsche Sichtwelse, d.h. es richtet sich am einzelnen Entscheidungsproblem aus. Es kann als e n t s c h e i d u n g s l o g i scher A n s a t z bezeichnet werden, in dem die v e r h a l t e n s w i s s e n s c h a f t l i c h e n E r k e n n t n i s s e aber eine ebenso zentrale Bedeutung besitzen wie die beabsichtigte "logische" Deduktion der Problemlösungen. Methodologisch i s t das Konzept dem zuzuordnen, was in der Literatur am prägnantesten mit "management science" wiedergegeben wird; die entsprechenden Instrumente u n t e r s t ü t z e n den Bewertungsprozeß. Anliegen des Buches i s t es nicht, ein unmittelbar in der Bewertungspraxis verwendbares Instrumentarium zu liefern. Vielmehr wird der Versuch u n t e r nommen, zu zeigen, wie eine Bewertung der Organisation v e r l a u f e n sollte. Die Ausführungen haben deshalb vornehmlich Theoriecharakter. Auch andere Grenzen des Konzepts werden nachfolgend sichtbar und sind beabsichtigt. Sie beziehen sich in erster Linie auf die Einschränkung des U n tersuchungsgegenstandes. So wären in einem umfassenderen O r g a n i s a t i o n s v e r s t ä n d n i s möglicherweise weitere Parameter einer Beurteilung zu unterziehen, auch wenn sie problemspezifisch keine bedeutende Rolle spielen. Außerdem hat s e l b s t die Konzentration auf dispositive T ä t i g k e l t e n in der Unternehmung n a t ü r l i c h e Konsequenzen hinsichtlich der auszuführenden Arbeiten; diese werden nicht behandelt. Schließlich werden ausdrückliche Aussagen über O r g a n i s a tionsstrukturen, d.h. formale Regeln, nicht angestrebt. Sie sind bei einer problemspezifischen Sichtwelse nur schwer möglich und f a l l e n höchstens am Rande an. An mehreren Stellen werden bekannte P a r t i a l a n s ä t z e in die Gesamtschau I n t e g r i e r t . Soweit das Verfahren der Organisationsbewertung b e t r o f f e n ist, werden konzeptionelle Zusammenhänge und Abgrenzungen erörtert, so zum B e i spiel im Hinblick auf das Konzept der c h a r a k t e r i s t i s c h e n Funktion. Viele t i e f schürfende Kausalanalysen und empirische Studien zu Einzelaspekten müssen dagegen außer Betracht bleiben oder werden nur nebenbei notiert. Manche d a von werden bei genauer Nachprüfung die entscheidungstheoretisch abgeleiteten Resultate b e s t ä t i g e n oder erweitern, andere werden sie widerlegen. Bei den unterschiedlichen Paradigmen der Organlsationstheorle ist dies nicht v e r w u n derlich. Das Buch z e r f ä l l t in insgesamt dreizehn Kapitel, die nach Gesichtspunkten zu v i e r Abschnitten zusammengefaßt sind.
übergeordneten
Im Anschluß an diese grundsätzlichen Vorbemerkungen wird im ersten A b schnitt der Versuch unternommen, die praktischen Entscheidungsgrundlagen zu skizzieren. Zunächst werden im ersten Kapitel die besonderen Merkmale realer E n t scheidungsprobleme a u f g e z e i g t , d.h. wie sie in der Problemwelt r e a l t y p i s c h e r Unternehmungen a u f t r e t e n . Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang vor allem die Problemkomplexität sowie - S u b j e k t i v i t ä t , l e t z t e r e Im Sinne einer Problemabhänglgkeit vom Entscheidungsträger.
Einleitung
Anschließend wird im zweiten Kapitel erläutert, auf welche Art und Welse Organisationsparameter für die Aufbereitung realer Entscheidungsprobleme unverzichtbar sind. Damit wird zugleich der Gegenstand aller weiteren B e trachtungen umrissen. Der zweite Abschnitt widmet sich ausführlich den allgemeinen grundlagen der Organisation.
Bewertungs-
Hierzu ist es zuerst erforderlich, Klarheit über den Organisationsbegriff herbeizuführen. Dies geschieht, indem einige wichtige Erkenntnisse zum Menschenbild rekapituliert werden. Einerseits gelten die Ausführungen dazu im dritten Kapitel der Verfolgung von Zielen, die Individuen veranlassen, an e i ner Organisation zu partizipieren bzw. einer Unternehmung beizutreten. Dieses Koalitionsstreben entscheidet zugleich weitgehend über das Zielsystem der Unternehmung, damit - wie BARNARD (1938) sowie später auch CYERT und MARCH (1963) es artikulieren - ein angemessenes Anreiz-Beitrags-Verhältnis für jedes Organisationsmitglied erfüllt und der Bestand der Organisation g e s i chert ist. Andererseits wird im vierten Kapitel das Entscheidungsverhalten näher b e leuchtet, damit die erforderlichen Organisationsmaßnahmen auch diesen Umständen entsprechend eingeleitet werden können. Es ist nicht Sinn und Zweck des Kapitels, eine erschöpfende Rationalitätsdiskussion zu leisten, doch soll zumindest erörtert werden, inwiefern der im entscheidungstheoretischen Kontext häufig postulierten Ergebnisrationalität gerade im Hinblick auf r e a l t y p i sche Entscheidungssituationen Grenzen gesetzt werden müssen: Entweder sind die Probleme zu "vereinfachen", oder die Organisationsbeurteilung hat sich auf einen modifizierten Rationalitätsbegriff zu stützen, so wie ihn etwa SIMON (1945) vorschlägt. Gleichermaßen von Bedeutung für die Organisationsbewertung ist es, sich Klarheit über den Effizienzbegriff zu verschaffen. Die Erörterungen im fQnften Kapitel dienen hauptsächlich dazu, den Bewertungsgegenstand weiter dadurch einzugrenzen, daß zwischen Entscheldungs- sowie Organisationseffizienz u n terschieden wird. Es läßt sich nicht rechtfertigen, in eine Organisationsbeurteilung auch Entscheidungskonsequenzen mit einzubezlehen, die von den Organisationsparametern nicht ursächlich vcranlaßt worden sind, sondern b e i spielsweise einer nicht behebbaren Problemkomplexität bzw. einem beschränkten Rationalverhalten angelastet werden müssen. Die Diskussionen in der L i t e ratur übergehen diesen Punkt meistens, so daß einige Gedanken hierzu a n g e bracht erscheinen. Mit ihnen wird auch die Empfehlung verbunden, Organisationseffizienz dann als Bewertungsmaßstab zu verwenden, wenn vorhersehbar ist, daß die angestrebten Entscheidungsalternativen zugleich realisierbar sind. Für einen nicht stets vorhersehbaren Verlauf des Entscheidungsprozesses wird im sechsten Kapitel das allgemeinere Kriterium des organisatorischen Optimums als Bewertungsmaßstab eingeführt, welches die Verhaltensbereitschaft der Entscheidungsträger in bezug auf die vorliegenden Rahmenbedingungen bestmöglich unterstützt. Zur Operationalisierung des Konzepts werden einige Betrachtungen zu den eigentlichen Organisationsvariablen notwendig, die Gegenstand der Bewertung bzw. Optimierung sein sollen. Es wird erläutert, um welche Parameter es sich in Anbetracht der Entscheidungsorientierung des Systems im einzelnen handeln muß. Angesichts der beabsichtigten Unterstützung der gesamten Entschel-
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4
Einleitung
d u n g s a u f g a b e haben a l l e Parameter den Zweck einer besseren Abstimmung e r f ü l l e n . Die Abgrenzung wird f ü r spätere Untersuchungen maßgeblich sein.
zu
Das s e c h s t e K a p i t e l e n t h ä l t weiterhin eine a u s f ü h r l i c h e r e Begründung B e w e r t u n g s k r i t e r i e n f ü r die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t und A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t Organisation.
der der
Ausgehend v o n dem g e w ä h l t e n Systemansatz sowie der Annahme g r u n d s ä t z licher Koalitionsbereitschaft der Unternehmungsangehörigen muß sich die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t e i n e r Organisation l e t z t l i c h in den R e s u l t a t e n des Zusammenwirkens der Entscheidungsträger beweisen, d.h. es müssen p o s i t i v e V e r b u n d - oder S y n e r g i e e f f e k t e a u f t r e t e n . Der S y n e r g i e b e g r i f f ist hierbei w e i t e r g e f a ß t , als ANSOFF ( 1 9 6 5 ) ihn v e r w e n d e t . Er b e z i e h t sich auch auf das Z u sammenwirken von I n d i v i d u e n bzw. k l e i n s t e n O r g a n i s a t i o n s e i n h e i t e n und nicht nur auf die Verbindung z w e i e r Märkte bzw. Sparten. Darüber hinaus hat sich die Organisation z u s ä t z l i c h bei l a n g w i e r i g e n E n t scheidungsprozessen im Sinne einer l a n g f r i s t i g e n L e i s t u n g s f ä h i g k e i t zu b e w ä h ren, v o r allem was die A n p a s s u n g s r ä h i g k e i t der Entscheidungen an v e r ä n d e r t e Umweltzustände a n b e t r i f f t . A l s Maßstab h i e r f ü r wird der organisatorische Überschuß v o r g e s c h l a g e n , also der zum B e w e r t u n g s z e i t p u n k t noch nicht w i r k same T e i l der Organisation, wie ihn CYERT und MARCH ( 1 9 6 3 ) als " s l a c k " d e f i n i e r e n . Die A k t i v i e r u n g d i e s e s Überschusses kann dann bei Bekanntwerden neuer U m w e l t k o n s t e l l a t i o n e n j e d e r z e i t e r f o l g e n . Die Formulierung e i n e s Grundmodells bezweckt anschließend, das B e w e r t u n g s k o n z e p t zu f o r m a l i s i e r e n sowie den Zusammenhang zwischen den einzelnen Bewertungskomponenten und dem gesamten O r g a n i s a t i o n s w e r t h e r z u s t e l l e n . Für e i n f a c h e Organisationsmuster lassen sich hierdurch b e r e i t s e r s t e Ergebnisse a b s c h ä t z e n , ohne daß die Entstehung und A u f l ö s u n g e i n z e l n e r S y n e r g i e e f f e k t e im Detail überprüft wird. Außerdem wird anhand des Modells deutlich sichtbar, u n t e r welchen Umständen der propagierte Bewertungsansatz in das bekannte K o n z e p t der c h a r a k t e r i s t i s c h e n Funktion v o n V. NEUMANN und MORGENSTERN ( 1 9 4 4 ) ü b e r f ü h r t werden kann und auf welche Weise er auch zu Fragen der O r g a n i s a t i o n s g e s t a l t u n g heranziehbar ist. Die bisher noch g l o b a l e Modellanalyse wird_ in den beiden f o l g e n d e n s c h n i t t e n bezüglich der e i n z e l n e n O r g a n i s a t i o n s v a r i a b l e n v e r t i e f t .
Ab-
Gegenstand des dritten A b s c h n i t t s sind zunächst die o p e r a t i v e n E n t s c h e i dungsprobleme. Die B e g r i f f s t r e n n u n g z w i s c h e n " o p e r a t i v " und " s t r a t e g i s c h " f ä l l t n i c h t leicht, zumal sie auch in der L i t e r a t u r äußerst v i e l s c h i c h t i g und k o n f u s g e h a n d h a b t wird. Deshalb erscheint eine zweckgebundene Ausrichtung an w e n i g e n a u s g e z e i c h n e t e n Problemmerkmalen ratsam. So i s t es f ü r den Gang dieser Untersuchung w e s e n t l i c h , daß bei o p e r a t i v e n gegenüber s t r a t e g i s c h e n P r o b l e men der Zeitbezug k e i n e (dominierende) Rolle s p i e l t und die Bewertung sich dementsprechend auf die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t der Organisation, d.h. S y n e r g i e e f f e k t e unter den Entscheidungsträgern k o n z e n t r i e r e n kann. Im siebten Kapitel wird zuerst dem D e l e g a t i o n s e r f o r d e r n i s Aufmerksamkeit gewidmet, d.h. der V e r t e i l u n g von E n t s c h e i d u n g s b e f u g n i s s e n in der U n t e r n e h mung. Obwohl damit das Entscheidungsproblem zunächst nach seinen T e i l p r o blemen " d i f f e r e n z i e r t " wird, können durch eine g e e i g n e t e Zerlegung auch l e i s t u n g s s t e l g e r n d e E f f e k t e a u f t r e t e n , weil ohne das Zusammenwirken mehrerer E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r e i n e Entscheidung entweder gar nicht oder höchstens sehr
Einleitung
viel schlechter möglich wäre. Eine vollkommene Zentralisation der Entscheidungsbefugnisse scheitert in der Mehrzahl aller Fälle bereits an der Belastungsgrenze des einzelnen Entscheidungsträgers. Durch die Delegation ergibt sich also eine Auflösung negativer Synergieeffekte. Die Delegationsbewertung wird zu einem Teil der Organisationsbewertung. Die Beurteilung spezieller Delegationsalternativen beschränkt sich auf die Solidarität der Entscheidungsträger und bezieht das Delegationsoptimum a u s drücklich in die Betrachtung ein. Dieses Optimum 1st genau dann erreicht, wenn interpersonelle Zielkonfllkte möglichst wenig Auswirkungen zeigen, ohne daß zuvor eine Verhaltensbeeinflussung stattgefunden hat. Eine isolierte Delegationsbewertung 1st bereits deshalb von erheblicher selbständiger Aussagekraft, well unter günstigen Umständen die Bewertung anderer Parameter e i n facher wird und zudem problemübergreifende Konsequenzen ableitbar sind. Eine weitere wichtige Organisationsvariable, die Information, wird im achten Kapitel diskutiert. Information dient stets der Unterstützung des Entscheidungsprozesses durch Übermittlung aller relevanten Problemdaten. Dadurch werden sowohl Problemunsicherheiten reduziert als auch vielfach das Rationalverhalten der Entscheidungsträger beelnfiußt. Information und Delegation können Insofern als gegeneinander substituierbare Variablen interpretiert werden, als der Verzicht auf Delegation im allgemeinen einen Intensivierten innerbetrieblichen Informatlonsprozeß zur Folge hat. Die Informationsbewertung, die einzelne problemspezifische Daten zum Gegenstand hat, gründet sich vornehmlich auf die kybernetische Informationstheorie sowie den betriebswirtschaftlichen Ansatz von MARSCHAK (1954). Hier werden einige fundamentale Ergebnisse rekapituliert, soweit sie zum Verständnis einer Bewertung des Informationssystems, d.h. des Informationsflusses sowie der Informationsverarbeitung, beitragen. Für die Systembewertung erfolgt anschließend eine umfassende Begründung und Modellierung. Die dritte Kategorie von Organisationsmustern, die Gegenstand des neunten Kapitels ist, betrifft die direkte Verhaltensbeeinflussung durch Anreize oder Kontrollen. Beide Arten brauchen in bezug auf die Entscheidungsproblematik nicht unbedingt voneinander getrennt zu werden, zumal das Wissen um Kontrollen als spezieller Anreiz gelten kann und auf der anderen Seite Anreizsysteme nur bei den wenigsten Entscheidungsproblemen ohne Kontrolle der Anreizwirkungen auskommen. Dennoch empfiehlt sich für dieses Kapitel eine Zweiteilung des Bewertungsobjekts nach einem anderen Gesichtspunkt: Zunächst beschäftigt die Frage, wie die Berücksichtigung von persönlichen Anstrengungen und nlcht-beeinflußbaren Umweltzuständen hinsichtlich der Gestaltung eines Anreiz- und Kontrollsystems zu bewerten 1st. Gerade bei mehr und mehr um sich greifender Problemkomplexität scheint es wichtig, bei der Suche nach befriedigenden Antworten hierauf einige Gedanken zu verwenden. Eine Sonderstellung innerhalb dieser Diskussion nimmt das "sowjetische" Anreizsystem ein, bei dem die Anstrengungen der Entscheidungsträger bereits Implizit durch die selbst mitbestimmten Planvorgaben festgelegt sind und d a her keiner besonderen Beurteilung bedürfen. Der andere in diesem neunten Kapitel ausführlich aufgegriffene Bewertungsaspekt befaßt sich damit, inwiefern bei zusammenhängenden Teilproblemen Anreizsysteme auf der Basis der selbst erbrachten Teilleistung anders zu b e u r teilen sind als Systeme, die sich auf die Bewältigung des gesamten Problem-
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Einleitung
komplexes beziehen, also auch die übrigen, nicht vom Entscheldungstrftger zu verantwortenden Leistungskomponenten mit berücksichtigen. Im zehnten Kapitel gilt das Interesse schließlich einer vierten Organisationsvariablen, die im Fall der Hierarchieloslgkeit von besonderer Bedeutung ist. Hierbei handelt es sich um die Verhandlung und Abstimmung in Gremien. Es wird Im Verlauf der Ausführungen danach unterschieden, ob die Hitglieder eines hierarchiefreien Entscheidungsgremiums in ihrem Verhalten tatsächlich autonom sind, d.h. wegen der verschiedenen, aber zusammenhängenden Teilprobleme unbedingt ein Konsens erforderlich ist, oder ob eine fundamentale Abhängigkeit - etwa infolge von Abordnung - darin besteht, daß für alle Gremienangehörigen ein und derselbe Problemgegenstand maßgeblich ist. Unter solchen Umständen unterliegt die Entscheidungsfindung Im allgemeinen anderen Spielregeln und ist demzufolge auch abweichend zu beurteilen. Ausgangspunkt für die Betrachtungen soll in jedem Fall der von PARETO formulierte kollektive Optimumbegriff sein. An ihm und seinen möglichen E r weiterungen ist der Verhandlungswert zu messen. Mit dem von ARROW (1951) postulierten "Unmögllchkeitstheorem" gilt Jedoch andererseits wiederum der Nachweis als erbracht, daß Gruppenrationalität selbst bei unbeschränktem i n dividuellen Rationalverhalten unter keinen Umständen zu hohen Ansprüchen unterworfen werden kann. Die Bewertung der einzelnen Abstlmmungs- und Verhandlungsmechanismen muß sich deshalb auch an solchen Grenzen orientieren. Gegenüber den Konzeptüberlegungen zum operativen Bereich rücken im v i e r ten Abschnitt die strategischen Probleme und damit zugleich der Zeitbezug des Entscheidungsprozesses in den Vordergrund. Unter diesen Umständen interessiert vor allem auch die langfristige Leistungsfähigkeit der Organisation, also deren "slack". Zum Bewertungsmaßstab wird die Anpassungsfähigkeit der Organisation an eine sich verändernde Problemumwelt. Ob dabei zu Jedem Zeltpunkt stets die bestmöglichen Synergieeffekte realisiert werden, soll nicht mehr Gegenstand der Betrachtungen sein. Vielmehr steht als zentrale Frage Im Raum, inwiefern bestimmte Organisationsparameter eine ausreichende, wegen der unvorhersehbaren Entwicklungen nur schwierig festzulegende Entscheidungsqualität garantieren, solange die Auswirkungen der Entscheidung spürbar sind. Nach einigen grundlegenden Bemerkungen zum Organisationsbedarf s t r a t e g i scher Probleme Im elften Kapitel wird das Flexibilitätskonzept Im zwölften Kapitel eingehend erörtert. Auch wenn es bei strategischen Entscheidungen kaum mehr umstritten ist, so sind Meßschwierlgkelten nicht immer ohne weiteres zu beheben. So verlangt die Messung von Organisationsflexibllltät auch bei Problemen von hohem Komplexitätsgehalt die Separlerbarkeit der Organisationseinflüsse auf den Entscheidungsprozeß. Hierzu wird ein Vorschlag u n t e r breitet, der berücksichtigt, daß die Entscheldungsprozesse nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich-logisch in Form von Entscheidungsstrategien zerlegbar sind. Durch die Anwendung des Bewertungskonzepts auf die einzelnen Organisationsparameter Delegation, Information, Anreiz und Kontrolle sowie Verhandlung und Abstimmung ergibt sich auch für strategische Entscheidungen eine Vielzahl zusätzlicher aufschlußreicher Erkenntnisse.
Einleitung
Am Beispiel von zwei besonderen Typen von Entschiidungssituationen soll schließlich noch einmal demonstriert werden, daß die Bewertung Ähnlicher, wenn nicht sogar identischer Organisationsparameter je nach dem vorhandenen Entecheldungsrahmen ein ganzes Spektrum unterschiedlichster Konsequenzen ergeben kann. So bedingen die Entscheidungsaufgaben des strategischen Innovationemanagements ganz andere Organisationsvoraussetzungen als die Probleme des strategischen Krisenmanagements. Anliegen des dreizehnten Kapitels ist es letztendlich, ausblickartig einige zentrale Organisationsmerkmale von strategischen Planungs- und Entscheidungskonzepten zu umreißen, welche zur Sicherung effizienter Entscheidungsabläufe bei der Anwendung dieser Konzepte unentbehrlich scheinen. Dabei soll keinesfalls der Eindruck erweckt werden, als wäre eine abschließende Organisationsbeurteilung zu diesen Konzepten beabsichtigt. Ob eine solche isolierte Beurteilung überhaupt sinnvoll ist, hängt auch davon ab, ob die Organisationsparameter jeweils schon automatisch festgelegt sind bzw. In welchem Umfang sie noch Variablencharakter aufweisen.
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Erster Abschnitt
Praktische Entscheidungsgrundlagen Erstes Kapitel
Die reale Entscheidungssituation in der Unternehmung I. Die Struktur realer Entscheldungsprobleme Reale Entscheidungsprobleme. Als Ursache jeglichen unternehmerischen Handelns gilt gemeinhin die Erfüllung konkreter Sachaufgaben bzw. die E x i stenz und Lösung von Entscheidungsproblemen. Es ist deshalb unmittelbar einleuchtend, daß jede noch so geringfügige Tätigkeit in einer Unternehmung stets im Dienste eines zu bewältigenden Problems steht und zur Problemerkennung, Problemanalyse oder Problemlösung genutzt wird. Wenn darum dem Begriff des Entscheidungsproblems soviel an Bedeutung beigemessen wird und sich um ihn die gesamte Vielfalt wirtschaftlicher Vorgehensweisen rankt, bleibt es nicht aus, daß dieser Begriff immer mehr auch ins Zentrum wissenschaftlicher Betrachtungen rückt und dort besonders sorgsam untersucht und analysiert wird. Dabei ist eine unübersehbare Anzahl verschiedener Aspekte denkbar, unter denen solche Beobachtungen stattfinden können. Beispielswelse können Problembeschreibungen allgemeiner Art vorgenommen werden, bei denen es darauf ankommmt, möglichst gute und genaue Abbildungen von den einzelnen Problemphasen zu geben, wie sie In der Realität wahrgenommen werden. Häufig liegt der Schwerpunkt der Betrachtungen aber auch im normativen Bereich, so vor allem bei der Überprüfung der Möglichkeiten einer vorteilhaften Lösung von bestimmten Problemen. Wie immer auch der wissenschaftliche Ansatz gewählt wird, der Bezug zur unmittelbaren realen Entscheidungssituation sollte allen Betrachtungsweisen gemein sein. Diese Forderung ist in einer wachsenden Wirtschaft mit immer größer werdenden Unternehmungen, einer zunehmenden Anzahl von Handlungsalternativen sowie einer Flut von zu beachtenden Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften und sonstigen unbeeinflußbaren Daten von Tag zu Tag zugleich dringender und schwieriger zu erfüllen. Sie wird von allen Seiten, die mit diesen Entscheidungsproblemen auf irgendeine Weise befaßt sind, mit getragen (vgl. auch CYERT 1981). Wohlstrukturlerte Entscheidungsprobleme. Für die Qualität der zu entwikkelnden Entscheidungen ist es maßgeblich, durch welche Beobachtungen dem Ansinnen nach mehr Realitätsgehalt bei der Abbildung von Problemen A u s druck verliehen wird und wie sich ein reales Problem geeignet charakterisieren läßt. Die Beschäftigung mit diesen Fragen offenbart, daß die Isolierung des "richtigen" Entscheidungsproblems aus dem jeweils vorliegenden Kontext keine Selbstverständlichkeit darstellt und in manchen Fällen nur stark vereinfacht erfolgt, um die anschließende Problemlösung überhaupt zu ermöglichen (vgl. auch ausführlich bei LAUX und LIERMANN 1987, S. 28ff.). Aus Abgrenzungsund Klassifizierungszwecken hat es sich dazu als nützlich erwiesen, wohlstrukturierte Entscheidungsprobleme durch die folgenden Merkmale besonders hervorzuheben (zum Beispiel SIMON und NEWELL 1958 oder MASON und MITROFF 1981):
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Erstes Kapitel: Die reale Entscheidungssituation
a ) Die Menge der Entscheidungsalternativen ist bekannt und invariant lich des Entscheidungstrftgers. b) Die Menge der Ergebnisse scheidungsträgers.
ist bekannt
und Invariant
bezüglich
bezüg-
des
Ent-
c) Es existiert eine wohldefinierte Zielfunktion. d) Das Problem ist mit Hilfe einer Standardprozedur lOsbar. Diese für jeden am Entscheldungsprozeß Beteiligten angenehmen Problemeigenschaften sind tatsachlich manchmal zu beobachten und führen letztlich bei entsprechender Erfahrung zu Routineentscheidungen. Beispiel. Hat eine Unternehmung bei unveränderten Rohstofflieferungen sowie Absatzbedingungen täglich über die Fertigung eines Massengutes zu bestimmen oder ist bei einem mit gegebener Wahrscheinlichkeit eintretenden Absatzrückgang eine Desinvestitionsentscheldung zu fällen, so sind die zugrundeliegenden Probleme meist wohlstrukturiert und mit gängigen Methoden der Produktlonsund Investitionsplanung lösbar. Dennoch ist der Realitätsgehalt wohlstrukturierter Entscheidungsprobleme im allgemeinen recht schwach ausgeprägt und im Verhältnis zur Gesamtzahl aller anstehenden Entscheidungen nur bei einer g e ringen Anzahl von Problemen anzutreffen. Sehr viele Entscheidungsprobleme sind von einem anderen Typ. Liegen P r o duktionsanlagen etwa Infolge von Rohstoffknappheit überraschend brach, well die erforderlichen Informationen nicht rechtzeitig am richtigen Ort vorhanden waren, oder lassen hohe Marktanteilseinbußen, deren Ursachen weltgehend unbekannt sind, ein Problem nur vage erahnen, so sind die zuvor bezeichneten Eigenschaften eines wohlstrukturierten Problems nicht länger erkennbar. Im Extremfall sind weder Ausgangs- noch erwünschte Endsituation vollständig bekannt und schon gar nicht vom Entscheidungsträger losgelöst zu beurteilen, so daß das Problem kaum unmittelbar einer befriedigenden Lösung zugeführt werden kann (vgl. zu einer Gegenüberstellung der einzelnen Merkmale dieser äußerst unterschiedlichen Entscheidungssituationen etwa MÜLLER 1980b). Schlechtstrukturierte Entscheidungsprobleme. Entscheidungsprobleme, wie sie zuletzt beschrieben wurden, heißen schlechtstrukturiert, da die für w o h l strukturierte Probleme erfüllten Bedingungen nun besonders anfällig in bezug auf das reale Urblid des Modells sind und nicht mehr insgesamt garantiert werden können. Oder anders formuliert: Eine erhebliche Schwierigkeit besteht in v i e l e n realen Situationen darin, das "richtige" Problem abzubilden und es anschließend "rational" zu lösen. Werden "falsche" Probleme mit "rationalen" Mitteln gelöst oder sind "richtige" Probleme éiner "rationalen" Lösung nicht unmittelbar zugängig (ACKOFF 1974), so l i e f e r t dies unübersehbare A n h a l t s punkte dafür, daß die "richtigen" Probleme schlecht strukturiert waren. B e i spiele für derartige Dilemmata sind hinreichend bekannt; sie treten in nahezu allen Berelchen unternehmerischer Tätigkeit zutage und führen f a s t ausnahmslos zu unbefriedigenden Ergebnissen. Um auch unter solchen Umständen eine Verbesserung der Entscheidungen herbeizuführen, 1st es oft schon ausreichend, sich mit den Ursachen einer unklaren Problemformulierung Intensiver auseinanderzusetzen und die hierfür bereitstehenden Ressourcen bestmöglich zu v e r wenden.
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Erster Abschnitt: Praktische Entscheidungsgrundlagen
II. Komplexität von Entscheidungsproblemen Einfache und komplexe Entscheidungen. Für den Entscheidungsträger in e i ner realen Entscheidungssituation bedeutet es, auch wenn er sich nur mit einem ganz bestimmten Problem konfrontiert sieht, weiterhin eine wesentliche Verschärfung seiner Aufgabe, wenn dieses Problem sich nicht aus dem es umgebenden Umfeld völlig Isolieren läßt, sondern seine Behandlung einerseits immer Auswirkungen auf nebenstehende Probleme hat und andererseits von der Problemumgebung teilweise verdeckt oder zumindest ständig beeinflußt wird. Dementsprechend wird der Entscheidungsträger von der Komplexität seines Problems sprechen, wenn es Ihm gelingt, drei spezielle Merkmalsausprägungen zu verifizieren (MASON und MITROFF 1981): a) Das Problem enthält eine große Anzahl von Variablen. b) In der Umgebung des Problems treten viele andere Probleme auf. c) Das Problem hängt mit den es umgebenden Problemen eng zusammen. Komplexe sich durch auch durch deshalb bei
Probleme befinden sich Im Gegensatz zu einfachen Problemen, die Separabilität, Reduzierbarkeit der Variablen sowie Im allgemeinen eine eindimensionale Zielvorgabe (CARLSSON 1981) auszeichnen und weitem nicht ähnlich schwer handhabbar sind.
Hinweise auf den Komplexitätsgehalt eines Entscheidungsproblems sind vor allem der Häufigkeit seines Auftretens In kaum veränderter Form sowie der hierarchischen Entscheidungsebene zu entnehmen, in der das Problem angesiedelt ist. Probleme, die auf einer unteren Ebene auftreten und sich dort häufiger wiederholen - sogenannte operative Probleme - , sind sicherlich eher den einfachen Problemen zuzurechnen als strategische Probleme, die aufgrund ihres Langfristcharakters in dieser Form einmalig und der obersten Führungsebene zuzuordnen sind. So wird zum Beispiel die Aufgabe einer fristgemäßen Terminierung einzelner Arbeitsgänge eines Auftrags in viel geringerem Maße die Eigenschaften der Komplexität besitzen als etwa die Entwicklung eines umfassenden Sanierungsprogramms, von dem der Fortbestand der gesamten Unternehmung abhängt. Umweltabhängigkeit. Für die Beurteilung und eventuelle Reduktion der Problemkomplexität ist zwischen den beiden maßgeblichen Faktoren, der Problemgröße sowie der Problemumgebung, zu unterscheiden. Die Umgebung des Problems bestimmt dabei zugleich seine Umweltabhängigkeit, wobei unter Umwelt alle bei der Entscheidung zu beachtenden Daten subsumiert werden - gleichgültig ob sie rechtliche Vorschriften, physikalische Bedingungen oder vielleicht die Einstellung von Marktpartnern betreffen, ob diese Daten bereits heute gültig sind oder erst für die problemrelevante Zukunft erwartet werden. A u f grund der zahlreichen und mit der Problemgröße im allgemeinen wachsenden Kontakte zur Problemumwelt erscheint es bedenkenswert, ob nicht gerade die Kenntnis von der Umwelt das größte Hindernis auf dem Weg zu einfachen Problemen darstellt. Insbesondere tritt ein Dilemma für strategische Entscheidungsprobleme zutage, die einen langen Planungszeitraum betreffen und deren Lösungen demzufolge auch langfristige Auswirkungen haben, während auf der anderen Seite unverzügliche und verbindliche Entscheidungen - wie vor allem beim Krisenmanagement (vgl. auch ROTHIG 1976 oder ADAM 1980a) bzw. in Krisenorgani-
Erstes Kapitel: Die reale Entscheidungssituation
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sationen (MINTZBERG 1979) - uneriäßlich sind. Neben der Datenvielzahl dürfen hier vor allem Umweltturbulenzen, d.h. Insbesondere die Dynamik des Wirtschaftsprozesses und die beträchtlichen Unsicherhelten Ober dessen weiteren Verlauf, nicht vernachlässigt werden (zum Turbulenzbegriff vgl. zum Beispiel auch EMERY und TRIST 1966). Unorganisierte Komplexität. Unter dem Gesichtspunkt, die einem Entscheidungsproblem anhaftende Komplexität durch Reduzierung der Problemgröße abzusenken, wird es wesentlich darauf ankommen, mit Hilfe der Verpflichtung und des Einsatzes von Spezialisten die Zahl der Entscheidungsvariablen zu verringern und den Entscheidungsraum möglichst fein zu zerlegen. Um dies alles zweckmäßig zu bewirken, ohne dabei an aussichtsreichen Entscheidungsalternativen einzubüßen, wird es notwendig, den Entscheidungsprozeß zu organisieren. RITTEL (1972) bezeichnet solche Probleme, für die Möglichkeiten der Organisation mit dem Ziel der Vereinfachung bestehen, als zähmbar. MASON und MITROFF (1981) sprechen analog von der unorganisierten Komplexität eines Entscheidungsprobleme, wenn sich dieses durch Organisation in ein einfaches Problem überführen läßt. Strenggenommen handelt es sich hierbei zunächst nur um die interne Organisation des Entscheidungsprozesses. Denkbar ist Jedoch auch eine Verringerung der Problemgröße durch externe Organisation, die sich auf die nicht beeinflußbaren Umweltdaten bezieht, indem diese Daten zum Beispiel nochmals hinsichtlich ihrer Problemrelevanz überprüft und gegebenenfalls aggregiert werden. Trägt weder eine interne noch eine externe Organisation zur Herabsenkung der Problemkomplexität entscheidend bei, weil eine Problemzerlegung etwa zwangsläufig stets zu einer unerwünschten Vergrößerung der Problemumgebung führt, so bleibt wegen der festgestellten organisierten Komplexität lediglich der Ausweg der Transformation in ein vereinfachtes, d.h. aber zugleich anderes Problem.
III. Die Bedeutung des Entscheidungsträgers Subjektivität der Problemerkennung und Problemfonnulierung. Eine zentrale Thematik, die genauso beachtet werden muß, wenn es um die Charakterisierung einer realen Entscheidungssituation geht, und die seit jeher heftig diskutiert wird, ist die Abhängigkeit des Entscheidungsproblems von der Person bzw. den Personen, die auf irgendeine Art mit der Lösung dieses Problems befaßt sind. Es existieren heute einige vielversprechende theoretische Ansätze, die den Entscheidungsträger nicht in der Form unberücksichtigt lassen, daß nur der allgemeine Entscheidungsrahmen der Unternehmung in die Problematik mit einbezogen wird, sondern tatsächliche und eventuell konfliktäre individuelle Wertvorstellungen und Kenntnisse ebenso erfaßt werden. Als herausragende Beispiele für derlei Vorgehenswelsen der subjektiven Problembehandlung gelten schlechthin die Nutzentheorie, über die mit Hilfe individuell offenbarter Präferenzen ein möglichst breites Spektrum entscheidungsrelevanter Werte der Entscheidungsträger in die Probleme eingebracht werden kann, oder die von SHANNON und WEAVER (1949) entwickelte Informationstheorie, welche erst Anlaß zur ausdrücklichen ökonomischen Beschäftigung
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Enter Abschnitt:
Praktische
Entscheidungsgrundlagen
mit Informationswerten und -strukturen ARROW 1972) gegeben hat.
(zum
Beispiel
STIGLER
1961
und
Operable Weiterführungen und Anwendungen dieser grundlegenden Theorien hat es seitdem genug gegeben, bedenkt man nur die Entscheidungstheorie bei mehrfachen Zielsetzungen, mit der es möglich ist, Entscheidungsprobleme h i n sichtlich der verschiedenartigen und häufig komplementären Vorstellungen von Entscheidungsträgern wesentlich genauer abzubilden, als es zuvor gelungen ist ( v g l . zum Beispiel übersichtlich bei HWANG und MASUD 1979). Überdies haben sich unter zusätzlicher Ausnutzung von Ergebnissen der Wahrscheinlichkeitstheorie auch Wege eröffnet, die Dynamik und Unsicherheit des Wirtschaftsprozesses besser in den Griff zu bekommen. Persönliche, die Zukunft betreffende Eigenschaften von Entscheidungsträgern, wie etwa Risikofreude oder Risikoscheu, werden heute längst bei der Entwicklung von Methoden der Entscheidungsfindung berücksichtigt und sind besonders geeignet, die reale Entscheidungssituation präzise abzubilden. Rationalität im Hinblick auf die Problemlösung. Ein anderer Weg, der die Person des Entscheidenden jedoch ebenso in die Entscheidungssituation mit einbezieht, ist beschritten worden, indem das Entscheidungsverhalten des Einzelnen näher beleuchtet und seine uneingeschränkte rationale Vorgehensweise, wie sie gemeinhin als klassisch oder ökonomisch bezeichnet und dementsprechend auch generell als zutreffend angenommen wird, In Frage gestellt wurde (SIMON 1945 sowie NEWELL und SIMON 1972). Sobald sich nämlich nur eine beschränkte Rationalität des Entscheidungsträgers nachweisen ließe, w o für SIMON für v i e l e Fälle plausible Argumente anführt, hätte dies nicht unerhebliche Auswirkungen auf sämtliche Phasen der Entscheidungsfindung. Eine v e r t i e f t e Diskussion zur Rationalität des Entscheidungsträgers wird beispielsweise bei KICKERT (1980, S. 44ff.) in der Art geführt, daß die verschiedenen seit SIMONs Kritik am "homo oeconomicus" formulierten Begriffserneuerungen der Rationalität im Hinblick auf das Problem- und Entscheidungsverhalten des Entscheidungsträgers gegeneinander abgegrenzt werden. Das Verhältnis des Entscheidungsträgers zur Problembewältigung. Besonders wichtig hinsichtlich der Darstellung der Entscheidungssituation erscheint vor allem aber auch das Verständnis, das der Entscheidungsträger den Problemen bzw. ihren handhabbaren Modellabbildungen entgegenbringen kann. Neben v i e l e r l e i sachlichen Anforderungen an die Problemdarstellung (vgl. LITTLE 1970) und die Rolle des hiermit beauftragten Speziallsten (vgl. etwa HILDEBRANDT 1980) hängt es gerade auch von der persönlichen Einstellung des Entscheidungsträgers und seinem Problembewußtsein ab, wie die Entscheidungssituation letztlich beurteilt wird. Große Teile dieses Bewußtseins sind politisch unterlegt und provozieren daher Einstellungen bzw. Ergebnisse, die der Spezialist als Entscheidungsvorbereiter eher mit "unbewußt" zustande g e kommen kennzeichnen würde (CHURCHMAN und SCHAINBLATT 1966a,b). Ober eine Wissens- und wertgebundene Problemformulierung unter Beachtung eines angemessenen Rationalitätsverständnisses hinaus nimmt der Entscheidungsträger somit auch dadurch Elnfluß auf die Entscheidungssituation, daß er zur Problembewältigung ein besonderes Verhältnis entwickelt, das nicht unbedingt mit der sachgerechten Entscheidungsvorbereitung in Einklang zu stehen braucht. Mehrere Entscheidungeträger. Ist die Position des Entscheidungsträgers b e züglich des Entscheidungsproblems ausdrücklich zu berücksichtigen, so müssen auch solche Situationen erfaßt werden, in denen das Entscheidungeproblem
Erstes Kapitel: Die reale Entscheidungssituation
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gleichzeitig von mehreren Entscheidungstr&gern behandelt wird. Diesem unabwelsllchen Vorteil der Realitätsnähe, d.h. der notwendigen Voraussetzung f ü r eine annähernd homomorphe Abbildung des eigentlichen Problems, steht jedoch der Nachteil einer weiter zunehmenden Komplexität gegenüber. Ausschlaggebend hierfür ist das Problembewußtsein jedes einzelnen Entscheidungsträgers, der seine Vorstellungen im allgemeinen auch dadurch in die Diskussion mit einzubringen versucht, daß er eigene Ziele verfolgt oder etwa auf neue, von den anderen Entscheidungsträgern nicht erkannte Randprobleme hinweist. Beobachtet man nicht-konfliktäre Zielvorstellungen der Entscheidungsträger innerhalb ihrer Gruppe, so haben MARSCHAK (1956) sowie MARSCHAK und RADNER (1972) für diesen Fall der Teamarbeit ein vielbeachtetes Instrumentarium entwickelt, mit dessen Einsatz der Entscheidungsprozeß für Teams konsequent gestaltet werden kann. Treten aber Zielkonflikte unter den Entscheidungsträgern auf, so hat sich der Entscheidungsprozeß innerhalb der Gruppe von Entscheidungsträgern im wesentlichen als Aushandlungsprozeß zu vollziehen, der in den meisten Fällen schließlich mit einer Kompromißlösung enden wird (FANDEL 1979), wenn nicht Möglichkelten der gegenseitigen Zielbeeinflussung bestehen. Hit Problemformulierungen, die den Fähigkeiten und Zielen mehrerer E n t scheidungsträger gleichermaßen Beachtung schenken, ist gewlß eine vernünftige Annäherung an die reale Entscheidungsproblematik erreichbar. Jedoch führt die nicht unwesentliche Vergrößerung des Problems gleichzeitig auch dazu, daß seine Lösbarkeit erheblichen Einschränkungen unterliegt. Einige vorhandene Ansätze - obwohl durchaus richtungweisend - kompensieren deshalb den E f fekt einer besseren Abbildungshomomorphie teilweise wieder durch Formulierung anderer Prämissen, zum Beispiel kaum immer zu rechtfertigender Annahmen über das Rationalverhalten der Entscheidungsträger.
Zweites Kapitel
Die Modellierung von realen Entscheidungssituationen I. Leitgedanken und Ansatzpunkte Die Notvendigkeit einfacher und homomorpher Problemdarstellungen. Ein Kernziel der Unternehmensplanung, von Praktikern und Wissenschaftlern g l e i chermaßen zu stellen, besteht in Anbetracht der Notwendigkeit von guten Entscheidungen und daher unter Beachtung der bereits angesprochenen Aspekte weitgehend darin, zu einfachen und homomorphen Problemdarstellungen zu gelangen. Nach den vorangegangenen Ausführungen 1st diese Aufgabe sogar von hervorragender Bedeutung für Jede Unternehmung, da einfache Probleme vielfach wegen der Vernachlässigung relevanter Situationsbestandteile nur die Sicht eines einzelnen Entscheidungsträgers wiedergeben und andererseits eine homomorphe Problemabblldung häufig unter einem hohen Komplexitätsgehalt leidet. Beide Merkmalskombinationen sind für eine langfristig orientierte Unternehmungspolitik aber kaum tragbar, da die Gefahr gravierender Fehlentscheidungen hierbei nicht unbeträchtlich zunimmt. Organisation als Problemzerlegung und Koordination der Teilentscheidungen. Grundsätzliche Überlegungen bezüglich einer notwendigen Aufbereitung von Entscheidungsproblemen zum Zwecke ihrer Lösbarkeit lassen sich vorerst darauf konzentrieren, inwiefern bisher schlechtstrukturierte In wohlstrukturierte Probleme überführbar sind bzw. komplexe Probleme gezähmt werden können. Eine Antwort auf diese Fragen muß auf jeden Fall die Personen der Entscheidungsträger und deren Problembewußtsein bzw. Entscheidungsverhalten mit b e rücksichtigen. Wie zuvor erörtert, stellt diese globale Einbeziehung aber noch nicht völlig zufrieden. Vielmehr müssen zusätzlich auch die Funktionen der Entscheidungsträger und ihre Aufgabenbereiche ausdrücklich berücksichtigt werden, so daß die Art des Zusammenwirkens und vielleicht auch des Konflikts deutlich sichtbar ist. Erst durch die Zuordnung von Sachaufgaben zu Personen werden Problemschwerpunkte hinsichtlich des Entscheidungsprozesses transparent. Mit der Aufteilung von Entscheidungskompetenz läßt sich die Komplexität eines Problems dann dadurch reduzieren, daß die Zerlegung in Teilprobleme entsprechend geschickt vollzogen wird und die Teilprobleme jeweils eine sehr viel geringere Anzahl von Entscheidungsvariablen aufweisen. Ziel dieses Vorgehens 1st es, ausgehend von der Komplexität eines Problems zu einfachen Teilproblemen zu gelangen, deren Lösbarkeit weitaus eher g e währleistet scheint. Zumindest werden aufgrund der übersichtlichen Problembereiche schnelle Lösungen zu erwarten sein, deren Qualität im wesentlichen von der Fähigkeit der einzelnen Entscheidungsträger abhängt, die durch die Pfroblemzerlegung neu geschaffene Problemumgebung zielgerecht zu beachten. Um darüber hinaus sicherzustellen, daß der neue Lösungsraum auch mit dem des ursprünglichen Entscheidungsproblems kompatibel 1st, d.h. letztlich auch das "richtige" Problem gelöst wird und die Elnzelentscheidungen untereinander abgestimmt werden, ist die Zerlegung mit einem Koordinationsmechanismus zu überziehen, der grundsätzlich nicht auf sachliche Einflußmöglichkeiten b e schränkt bleiben muß, sondern beispielsweise auch eine vorhandene Macht-
Zweites Kapitel: Die Modellierung
struktur oder standardisierte sichtigen kann.
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Informationskanftle gleichermaßen mit berück-
Das gesamte Ergebnis dieser Rahmengebung läßt sich als Organisation des Entscheidungsprozesses interpretieren. Die Zerlegung des ursprünglichen Problems kann im organisatorischen Kontext als Dezentralisation der Entscheidung gedeutet werden; die Qualität dezentraler Entscheidungen hängt dabei maßgeblich davon ab, daß Koordinationsmechanismen Installiert werden können, die von den Entscheidungsträgern Instrumenteil beherrschbar sind und nicht lediglich die Problemkomplexität auf die Ebene der Problemumgebung verlagern. Die Institutlonallslerung von Problemzerlegung und Entscheidungskoordlnation. Ober eine Problemzerlegung durch Dezentralisation der Entscheidungskompetenzen lassen sich in Verbindung mit unterschiedlichen Koordinatlonsmechanlsmen auch problemUbergrelfende Strukturen herleiten, die zum Beispiel als Linien- oder Spartenorganisation hinreichend bekannt sind, falls die Zerlegung hinsichtlich der Entscheidungsvarlablen auch In anderen Situationen zweckmäßig bleibt und sich deshalb institutionalisieren läßt. Hinderlich ist dabei allerdings nicht nur eine allzu starke wechselseitige Beeinträchtigung der einzelnen problembezogenen Variablenmengen, die einen erheblichen Koordinationsbedarf zwischen den verschiedenen Entscheidungsbereichen zur Folge hat und mit jeder Erweiterung des Problemfeldes tendenziell zunimmt. Eine nicht situationsgebundene Kompetenzzuordnung wird vor allem auch dadurch erschwert, daß sich mehrere Unternehmensangehörige grundsätzlich für ein bereits elementares - d.h. nicht weiter separierbares - Teilproblem als zuständig erweisen. Der Entscheidungsprozeß verläuft hier dann i n sofern umständlicher, als schon bei der Lösung des Teilproblems interpersonelle Konflikte auftreten können, wobei die Aussicht auf Konfliktbewältigung besonders von der verbliebenen Problemgröße bestimmt wird. Jede Institutlonallslerung von Kompetenzen würde gleichbedeutend sein mit einer Verankerung von Konfliktpotential. Für solche Fälle, in denen organisierte Komplexität beobachtet wird, ist eine flexible, d.h. situatlonsbezogene Form der Organisation deshalb unverzichtbar.
II. Die Behandlung der Organlsationsparameter Beispiel. Betrachtet man die Fertigungsabteilung einer Unternehmung, die in auftragsorientierter Fertigung mehrere Produkte In einem mehrstufigen Prozeß unter Nutzung derselben Aggregate herstellen will, so kann eine dezentrale Planung des Fertigungsfortschritts offenbar auf zumindest zweierlei Art und Weise erfolgen. Einmal könnten Im Rahmen einer Produktorganisation für jedes zu fertigende Produkt Instanzen eingerichtet werden, deren Verantwortung der gesamte Fertlgungsprozeß des betreffenden Produkts unterliegt. Daneben könnten Jedoch auch die funktionsgleichen Haschinen zu Gruppen zusammengestellt werden, denen Funktionsmeister zugeordnet werden; hieraus resuliert dann eine Prozeßorganisation. In beiden Fällen läßt sich die globale Zielsetzung der Minimierung aller f e r tigungsabhängigen Kosten verfolgen. Der für das einzelne Produkt verantwortliche Bereichsmanager wird sich allerdings vornehmlich mit der Entscheidungs-
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Enter Abschnitt: Praktische Entscheidungsgrundlagen
situation konfrontiert sehen, seine Aufträge möglichst schnell zu erledigen, damit nicht zu lange in den Rohstoffen und Halbfabrikaten unverzinstes Kapital gebunden wird oder Strafkosten Infolge von Auslieferungsverzögerungen entstehen. Dem für jeweils ein Aggregat zuständigen Funktionsmeister wird es dagegen im wesentlichen darauf ankommen, die Aufträge in der Weise zu b e arbeiten, daß die ihm anvertrauten Maschinen möglichst geringe Leerzeiten aufweisen, ihre Auslastung aleo gleichmäßig hoch ist. Beide Kompetenzsysteme lassen sich überdies um geeignete Koordinationsmechanismen ergänzen, so daß bei der Produktorganisation etwa Restkapazitäten für die Bearbeitung anderer Produkte bereitgestellt werden bzw. bei der Prozeßorganisation exakte Informationen über die geplanten Bearbeitungstermine rechtzeitig an die nachfolgenden Produktionsstufen übermittelt werden. Dennoch werden f ü r eine reale Entscheidungssituation zwei voneinander verschiedene Mengen an Teilproblemen - also auch zwei Zerlegungsmöglichkeiten - sichtbar, die in der Regel überdies unterschiedliche Lösungswege erfordern. Einmal kann zum Beispiel eine einfache Prioritätsregel, ein anderes Hai die Netzplantechnik die geeignete Methode zur Entscheidungsvorbereitung sein. Organisation als BeetimmungsgrOße von Entscheidungssituation oder E n t scheidungsmethode. Eine Folgerung aus diesen Beispielüberlegungen muß darin bestehen, daß der Entscheidungsmethode bei komplexen Problemen ein deutlich höheres Gewicht beizumessen ist als bei einfachen Problemen. Der Grund hierfür ist vor allem darin zu suchen, daß die Entscheidungen In weitaus stärkerem Maße von den angewandten Auswahlmethoden und diese wiederum von den vorliegenden organisatorischen Tatbeständen abhängen. Soll die Qualität der Unternehmungsergebnisse deshalb weitestgehend von konkreten Entscheidungssituationen losgelöst werden, so reicht es kaum aus, die Organisation als gewichtigen Situationsfaktor zu begreifen (Abb. 1), der bereits Bestandteil der realen Entscheidungssituation ist. Vielmehr muß das Zustandekommen der Organisation hierbei gerade mit der Aufbereitung dieser Situation Entscheidungssituation (unter Beachtung der organisatorischen Tatbestände)
Entscheidung Entscheidungs-
Abb. 1. Organisation als Bestandteil der Entscheidungssituation Entscheidungssituation
Entscheidung Entscheidungsnethode (unter Beachtung der Entscheidungsorgani-
sation)
Abb. 2. Organisation als Bestandteil der Entscheidungsmethode zum Zweck einer bestmöglichen Problembewältigung verbunden werden, so daß die Entscheidungsmethode im weiteren Sinne auch organisatorische Komponenten enthalten sollte (Abb. 2).
Zweites Kapitel: Die Modellierung
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Organisation als Problemkonstante oder Problem variable. Die beschriebene Abhängigkeit von realer Entscheidungssituation, anzuwendender Entscheidungsmethode sowie daraus resultierender Sachentscheidung birgt einen w e i teren wichtigen Effekt. Hat sich die Unternehmungsleitung in dem oben b e trachteten Beispiel etwa vorab für eine Produktorganisation entschieden, so wird von diesem organisatorischen Tatbestand außer dem Instrumentarium zur Lösung des Ablaufplanungsproblems auch die Lösung selbst betroffen. Umfaßt das Problem allerdings auch die Organisation als Problemvariable, so wird die auszuwählende Entscheidungsmethode im Ergebnis sowohl die beste Organistion als auch die Verteilung der Aufträge auf die zum Einsatz kommenden Maschinen liefern müssen. Die Art und Frlstigkeit der Problemstellung werden dabei als maßgebliche Faktoren mit bestimmen, ob das Entscheidungsproblem e n t sprechend zu erweitern ist. Organisations- versus Sachentscheidung. Unter dem Blickwinkel des bisher Gesagten ergeben sich für komplexe Probleme verschiedenen Schlußfolgerungen bezüglich der Entscheidungsqualität. Zunächst ist davon auszugehen, daß sich der Entscheidungsprozeß in der Unternehmung nur dann zielgerecht entwickeln kann, wenn es sich zugleich um einen geeignet organisierten Prozeß handelt. Dementsprechend verbinden sich mit dem Entscheidungsprozeß zwei Arten von Entscheidungen, deren Merkmale sich gegenseitig wesentlich berühren. Zum einen sind sachliche Entscheidungen zu treffen, die sich auf den l a u fenden Virtschaftsprozeß beziehen und dabei außer acht lassen können, daß die Unternehmung gar nicht unmittelbar eine entscheidungsfähige Einzelperson darstellt, sondern als zweckbezogenes System eingerichtet ist, welches im a l l gemeinen aus vielen Entscheidungsträgern besteht. Zum anderen müssen aber auch regelmäßig Entscheidungen über organisatorische Tatbestände gefällt werden, die insbesondere verwobene Entscheidungssituationen bestmöglich durchdringen helfen und die Zweckerfüllung des S y stems hinsichtlich aller wirtschaftlichen Entscheidungen und Handlungen ebenso für die absehbare Zukunft gewährleisten. Allenfalls die Einpersonenunternehmung kann auf eine solche Unterscheidung verzichten; unter allen anderen Voraussetzungen sind jedoch Entscheidungen in organisierten Unternehmungen mit Entscheidungen über organisatorische Tatbestände zu koppeln. SIMON (1952) hat bereits sehr früh sowohl auf die Berührungspunkte als auch auf die erforderliche Trennung zwischen beiden Entscheidungsobjekten hingewiesen. Mittlerwelle hat auch eine Vielzahl wissenschaftlicher Beobachtungen dazu beigetragen, die Wirkung organisatorischer Tatbestände auf die Sachentscheidungen zu klären und wichtige Einzelfragen über gangbare E n t scheidungsmethoden zu beantworten. Dennoch sind nur gelegentlich einige theoretische Untersuchungen zu der Einbindung von Sach- und Organisationsproblemen in einen gemeinsamen Bezugsrahmen gediehen - so in der deutschsprachigen Literatur zum Beispiel von HAX (1969), HANSSMANN (1970), MOLLER-HAGEDORN (1971), MÜLLER-MERBACH (1973a) oder HAMMANN (1976) - , die sich zudem überwiegend mit funktionalen Teilaspekten des Problemkreises begnügen. Sukzessive versus simultane Behandlung von Organisations- und Sachproblemen. Maßgeblich für Jede fundamentale Abstimmung von Organisations- und Sachproblemen hat der dienende Charakter der Organisation zu sein, wonach
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Erster Abschnitt: Praktische Entscheidungsgrundlagen
sich Organisationsentscheidungen s t e t s an Sachproblemen auszurichten haben.
der bestmöglichen
Bewältigung von
Eine d e n k b a r e und h ä u f i g p r a k t i z i e r t e Vorgehensweise b e s t e h t darin, a n f a n g s einige grundlegende organisatorische Fragen zu klären und anschließend d i e B e h a n d l u n g d e s e i g e n t l i c h e n S a c h p r o b l e m s mit w e i t e r e n , f a l l w e i s e o r g a n i s a t o r i s c h e n R e g e l n zu v e r k n ü p f e n . B e a c h t e t m a n , d a ß a l l g e m e i n e , v o n n a c h f o l g e n d e n S a c h p r o b l e m e n l o s g e l ö s t e Regeln d e n n o c h K o n s e q u e n z e n f ü r d i e z u l ä s s i g e n E n t s c h e i d u n g s a l t e r n a t i v e n b e s i t z e n , so e r s c h e i n t d i e s e s u k z e s s i v e A r t d e r P r o b l e m b e h a n d l u n g v o r allem dort s i n n v o l l , wo v o r a u s s e h b a r i s t , d a ß d a m i t n i c h t v o n v o r n h e r e i n e i n e w e s e n t l i c h e B e s c h r ä n k u n g d e r Menge d e r E n t s c h e i d u n g s a l t e r n a t i v e n e i n h e r g e h t . Diese F o r d e r u n g wird I n s b e s o n d e r e b e i häufig wiederkehrenden, gleichartigen Entscheidungsproblemen erfüllt sein, welche Routineentscheidungen verlangen. Das o r g a n i s a t o r i s c h e G l e i c h g e w i c h t z w i s c h e n a l l g e m e i n e n u n d s p e z i e l l e n , p r o b l e m s p e z i f i s c h e n Regeln l ä ß t sich f o l g e r i c h t i g g e n a u d a d u r c h b e s c h r e i b e n , d a ß dem C h a r a k t e r d e r E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n R e c h n u n g g e t r a g e n wird. Können s i c h O r g a n i s a t i o n s - und S a c h e n t s c h e i d u n g a u f d a s s e l b e , well e i n m a l i g e O b j e k t k o n z e n t r i e r e n , so i s t eine e n t s p r e c h e n d e S u b s t i t u t i o n von allgemeinen durch s p e z i e l l e Regeln v o r a n z u t r e i b e n und s c h l i e ß l i c h s o g a r u n t e r g ä n z l i c h e m V e r z i c h t a u f g e n e r e l l e , v o r a b zu f i x i e r e n d e O r g a n l s a t l o n s r e g e l n In w e n i g e n F ä l l e n eine simultane anstelle der sukzessiven Problemlösung überlegenswert. Je e n g e r s i c h O r g a n i s a t i o n s e n t s c h e i d u n g e n in d i e s e m S i n n e a n d i e S a c h e n t s c h e i dungen a n l e h n e n , desto g ü n s t i g e r sind zugleich die A u s s i c h t e n f ü r eine O r g a n i s a t i o n s e n t w i c k l u n g im Z e i t a b l a u f , wie s i e bei n e u a r t i g e n P r o b l e m s t r u k t u r e n o h n e h i n n o t w e n d i g wird.
III. R e a l t y p i s c h e A n f o r d e r u n g e n a n
Entscheidungsmethoden
K r i t e r i e n . Die w i c h t i g s t e n K r i t e r i e n , die bei d e r E n t w i c k l u n g v o n E n t s c h e i d u n g s m e t h o d e n f ü r k o m p l e x e Probleme b e s o n d e r s b e a c h t e n s w e r t erscheinen, weil i h r V o r h a n d e n s e i n s c h l i e ß l i c h e i n e n g r o ß e n T e i l d e s u n t e r n e h m e r i s c h e n E r f o l g s bzw. M i ß e r f o l g s b e w i r k t , sind im f o l g e n d e n a u f g e l i s t e t . U n a b h ä n g i g v o n d e r a l l g e m e i n e n Q u a l i t ä t v o n E n t s c h e i d u n g s m e t h o d e n , zum B e i s p i e l I h r e n K o n v e r g e n z e i g e n s c h a f t e n , determinieren sie die O r g a n i s a t i o n der Entscheidung. a) M e h r s t u f i g k e i t . E n t s c h e i d u n g e n , mit d e n e n m e h r e r e P e r s o n e n b e f a ß t s i n d , e r f o r d e r n i n d e r Regel e i n e n m e h r s t u f i g e n Prozeß, d e r a u f f u n k t i o n i e r e n d e K o o r d i n a t i o n s m e c h a n i s m e n a n g e w i e s e n i s t . D i e s e M e h r s t u f i g k e i t muß in d e n a n z u wendenden Entscheidungsmethoden Impliziert sein. b) P e r s o n e n b e z o g e n h e i t . Der T a t s a c h e , d a ß E n t s c h e i d u n g e n v o n P e r s o n e n bzw. P e r s o n e n g r u p p e n g e t r o f f e n w e r d e n , muß a u c h im Rahmen v o n E n t s c h e i d u n g s m e t h o d e n G e l t u n g v e r s c h a f f t w e r d e n . So m ü s s e n b e i s p i e l s w e i s e p e r s ö n l i c h e Zielvorstellungen, Entscheidungemotive und Individuell vorhandene Sachinform a t i o n e n d e u t l i c h zum A u s d r u c k g e l a n g e n . Die D a r s t e l l u n g e i n e s a n o n y m e n E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r s , der unabhängig von s e i n e r F u n k t i o n I n n e r h a l b der U n t e r n e h m u n g mit allseits bekannten, u n v e r ä n d e r l i c h e n Informationen v e r s o r g t wird u n d o h n e b e s o n d e r e e i g e n e A n r e i z e v o r g e g e b e n e n , p e r s o n e n u n a b h ä n g i g e n Zielen n a c h g e h t , i s t im H i n b l i c k auf e i n e P r a x i s o r i e n t i e r u n g u n b e f r i e d i g e n d .
Zweites Kapitel: Die Modellierung
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c) Problembezogenheit. Die Beanspruchung der Unternehmung durch Probleme verschiedenster Art erfordert eine gleichermaßen geschickte Differenzierung hinsichtlich der Ausgestaltung des Entscheidungsinstrumentariums. So wird zum Beispiel zwischen strategischen und operativen, lang- und kurzfristigen oder einmaligen und sich wiederholenden Problemen zu unterscheiden sein, für die die Organisation Jeweils gesonderte Entscheidungswege bereitzuhalten hat. In diesem Sinne existiert eine ProblemabhBnglgkelt von Entscheidungstechniken, die - sofern sich die Probleme als separierbar erweisen - zudem Auswirkungen auf die Ausgestaltung bereichsspezifischer organisatorischer Tatbestände nach sich ziehen sollte. d) Flexibilität. Wegen der nur selten vollst&ndig bekannten Menge der vorhandenen Entscheidungsalternativen 1st im allgemeinen auch keine Standardprozedur unmittelbar verfügbar. Nicht zuletzt wird Jede erfolgreich anwendbare Entscheidungsmethode deshalb beinhalten müssen, Inwiefern Entscheidungsprozesse bei bestimmten Problemen automatisiert werden kSnnen oder aber etwa wegen der Einmaligkeit und Fundamentallt&t des Problems individuell abzuwickeln sind. Die Forderung nach der Unterscheidung zwischen allgemeinen und fallwelsen Regelungen, wie sie dem Jeweiligen Problemtyp angemessen erscheint, wird vielfach bereits Im Zusammenhang mit der zuvor postulierten Problemabhängigkeit von Entscheidungsmethoden zu berücksichtigen sein. Durch die Notwendigkeit einer flexiblen Ausgestaltung der Koordinationsinstrumente wird sie weiter unterstützt. Die Gefahr von Fehlentscheidungen. Angesichts dieser grundsätzlichen Kriterien, die noch längst kein spezielles Entscheidungsverfahren oder konkrete organisatorische Tatbestände festlegen, wird einsichtig, in welcher Form viele der bekannten Entscheidungstechniken von realtypischen Anforderungen a b weichen und damit allenfalls einen Teil der komplexen Entscheldungsvorgftnge begleiten können, die sich In einer Unternehmung abspielen, bzw. zu unbefriedigenden Lösungen führen. Während auf der einen Seite theoretisch fundierte Instrumente häufig davon abstrahieren, daß praktische Probleme durch Hehrpersonenentscheidungen gelöst werden, und zudem die Struktur des Entscheidungsprozesses außer acht lassen, erfüllen betriebspraktische Entscheidungstechniken vielfach nicht die Ansprüche an die zu erreichende Lösungsqualltät. Wird die Organisation der Entscheidung bei der Auswahl und Anwendung einer Entscheidungsmethode gar nicht beachtet, so sind Fehlentscheidungen denkbar, well zum Beispiel a) die Informationsbeschaffung und die dadurch verursachten rücksichtigt bleiben,
Kosten
b) die Gefahr werden, oder
vernachlässigt
besteht,
daß einzelne
Entscheidungsvariablen
unbe-
c) der Zlelblldungsprozeß bei den beteiligten Entscheldungsträgern nicht nachvollzogen werden kann. Die Entscheidung kann andererseits aber auch schlecht organisiert indem etwa
sein,
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Enter Abschnitt: Praktische Entscheidungsgrundlagen
a) die Informatlonsbeschaffung nur unzureichend bzw. unzuverlässig erfolgt, b) das Ausmaß der Entscheidungsdelegation far die zu lösenden Probleme nicht angemessen 1st, c) Zielkonfilkte nicht ausreichend behoben werden oder d) Entscheidungskontrollen nicht durchführbar sind; Gerade der Aspekt sich gegenseitig bedingender organisatorischer Tatbestände und einer bestmöglichen Bewältigung der eigentlichen Sachprobleme soll auch bei den folgenden Ausführungen von großer Bedeutung sein, um bei unterschiedlichen Ausgangsbedingungen jeweils überprüfen zu können, wie mit Hilfe geeigneter Entscheidungsmethoden "optimale" Entscheidungen bzw. eine "optimale" Organisation der Entscheidungen zu verwirklichen ist.
Zweiter Abschnitt
Beurteilungskriterien für die Organisation von Entscheidungen Drittes Kapitel
Zielkomponenten und Zielstruktur in Organisationen Untersuchungsgegenstand und begriffliche Abgrenzungen. Alle Überlegungen, die im folgenden angestellt werden, und somit natürlich auch alle Ergebnisse dieser Überlegungen, sind auf die zahlreichen Bereiche des Wirtschaftslebens ausgerichtet. Gegenstand der Untersuchungen ist deshalb die wirtschaftliche Unternehmung unter besonderem Elnschluß aller Personen, die als Entscheidungsträger die Unternehmung betreiben oder sonst auf Irgendeine wesentliche Veise in die Entwicklung der Unternehmung eingreifen. Hierbei steht die funktionale, tätigkeitsbeschreibende Abwicklung der a n stehenden Aufgaben im Vordergrund, d.h. die zeitliche und logische Abfolge der zahlreichen Handlungen, die In ihrem Kern als wichtigste dispositive T ä tigkeiten das Planen und Entscheiden jedes unternehmerischen Schrittes enthalten. Dieser Aspekt wird durch die synonyme Verwendung der Begriffe Unternehmung und Unternehmen verdeutlicht. Beide Begriffe sind jedoch noch zu global, um allein unter ihrer Zuhilfenahme wirtschaftliche Vorgänge, die sich ja zum größten Teil innerhalb der Unternehmung abspielen und nur v e r einzelt, so vor allem zu Beginn des eigentlichen Wirtschaftsprozesses und an seinem Ende als Ergebnis, nach außen sichtbar werden, in allen notwendigen Details erfassen und zuverlässige Beurteilungen abgeben zu können. Die innerbetrieblichen Entscheidungsabläufe lassen sich zusätzlich ordnen, indem die Systemeigenschaft der Unternehmung herausgekehrt und der Untersuchungsgegenstand als (wirtschaftliche) Organisation präzisiert wird. Dabei kann das Attribut der Wirtschaftlichkeit vernachlässigt werden, wenn nach vorangegangener Zweckdefinition der Organisationsbildung offenbar keine Mißverständnisse mehr möglich sind. Der Instrumentale Begriff der Organisation (GUTENBERG 1961) gestattet es, die Entwicklung von unternehmerischen Entscheidungen so weit zu durchdringen, wie es als notwendig erachtet wird. Ziele der Organlsatlonebildung. Jede Organisation nimmt ihren Ursprung in der Verfolgung eines gemeinsamen Sachziels. Im Beispiel eines Industriebetriebes mag dies etwa die Produktion von Kraftfahrzeugen sein. Neben das Sachziel rückt jedoch gleichbedeutend das Formalziel der Organisatlonsbildung, welches erst die Handlungs- und Organisationsaktivitäten rechtfertigt (vgl. GROCHLA 1972). Sowohl die Einrichtung einer Organisation als auch die T ä tigkeit des Organisierens dienen grundsätzlich immer dem Zweck, Aufgaben überhaupt oder mit Blick auf das angestrebte Ziel besser erfüllen zu können. Beispielsweise wird die termingerechte Abwicklung von Großaufträgen ohne eine straffe Organisation unter allen Beteiligten gar nicht denkbar sein. Andererseits 1st die Aufgabe des Materialeinkaufs wohl stets erfüllbar, doch vermag die Einrichtung einer zentralen Beschaffungsorganisatlon die anfallenden Kosten durch Zusammenfassung von Einzelbestellungen zu optimalen Bestellmengen im allgemeinen erheblich zu senken.
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
Sind die Aufgaben, die es in Organisationen zu erledigen gilt, vor allem auf wirtschaftliche Ziele, etwa Gewlnnraaximierung, gestützt, so leiten sich auch die Ziele der Organisationsbildung maßgeblich aus wirtschaflichen Überlegungen her, auch wenn außerwirtschaftliche Komponenten die Entscheidung zur Teilnahme an der Unternehmung mit berühren. Diese Entscheidung 1st letztlich personenbezogen; sie kann als Beitritt zu einer Koalition interpretiert werden, mit dem Zweck, für die eigenen Leistungsbeiträge auf eine geeignete Welse belohnt zu werden (vgl. auch CYERT und MARCH 1963 oder COHEN und CYERT 1965). Je nach der persönlichen Vorstellung mag für eine positive Beitrittsentscheidung etwa das Gleichgewichtsprinzip, d.h. ein ausgewogenes LeistungsBelohnungs-Verhftltnls (BARNARD 1938), oder auch das Opportunitätsprinzip, also die Verwirklichung des höchstens erreichbaren Leistungs-BelohnungsVerhältnisses (CYERT und MARCH 1963), ausschlaggebend sein. Lebensfähigkeit von Organisationen. Werden die mit der Bildung der Organisation angestrebten Ziele erreicht, so dokumentiert dies zugleich ihre Lebensfähigkeit. Aufgrund der vorherrschenden organisatorischen Tatbestände ist zunächst gewährleistet, daß für die organisierten Mitglieder kein Anlaß zum Verlassen der Organisation besteht. Die Lebensfähigkeit mag insofern als ein Attribut verstanden werden, das eine Mindestanforderung an den erfolgreichen Bestand einer Organisation kennzeichnet. Bei Nichterfüllung schlägt die Vorteilhaftlgkeit der Organisationsbildung für zumindest ein Mitglied in eine Verfehlung der persönlichen Zielsetzung um, die mit dem Organisationsbeitritt verbunden war. Es ist jedoch im allgemeinen anzunehmen, daß organisatorische Tatbestände nur temporären Charakter besitzen und einem stetigen Wandel unterliegen, der es erforderlich macht, die Gültigkeit und Realisierbarkeit der Beweggründe e i ner Mitgliedschaft ständig zu überprüfen und eventuell neu festzulegen. In dem Maße, wie sich die Ziele der Organisationsbildung ändern, muß sich auch die Lebensfähigkeit einer Organisation immer wieder von neuem bewähren. Ziele der Organisationsentwicklung. Aus der Dynamik sowohl persönlicher Ziele von Organisationsmitgliedern als auch der Umwelt, die der Organisation immer wieder andere Entscheidungsalternativen bietet, leitet sich das permanente Bemühen um eine Weiterentwicklung bestehender organisatorischer T a t bestände ab. Ziel dieser Anstrengungen muß es vornehmlich sein, die Leistungsfähigkeit der Organisation zu erhalten und darüber hinaus die u n t e r nehmerischen Erfolge mit Blick auf die sich wandelnde Umwelt, Insbesondere aber die relevanten Märkte und die Unternehmenskonkurrenz, zu steigern v e r suchen. Wie sich die Ziele der Organisationsentwicklung im einzelnen zu konkreten Zielvorgaben auflösen und operationalisieren lassen, haben beispielsweise PORTER, LAWLER und HACKMAN (1976) näher ausgeführt. Von besonderer Bedeutung für die Ausgestaltung und Erfüllung von Entwicklungszielen ist zuallererst die Fähigkeit der Unternehmung, vorhandenes Innovationspotential durch veränderte Organisationsmerkmale sichtbar zu machen und in geeignete Aktionen umzusetzen. Die Dynamik von Organlsationszielen leitet sich dabei unübersehbar sowohl aus der technischen Entwicklung als auch aus wirtschaftlichen Prozessen ab, die sich insbesondere In veränderten Marktsituationen widerspiegeln. Daneben prägt jedoch ebenso eine Reihe weiterer Rahmenbedingungen, etwa die sich ständig im Fluß befindenden personal- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, den Wandel der Organisation. Die Ziele der Organisationsentwicklung müssen schließlich all diesen Veränderungen genü-
Drittes Kapitel: Zielkomponenten und Zielstruktur
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gend Rechnung tragen, damit die ursprünglichen Ziele der Organisationsbildung nicht konterkariert werden, was zwangsläufig zur Folge hfitte, daß die Lebensfähigkeit der Organisation im Zeltablauf nicht länger gesichert wäre. Kann die Organisation jedoch auch nach dem Eintritt derartiger Veränderungen l e bensfähig erhalten werden, so ist sie als stabil bzw. flexibel zu bezeichnen. Ziele der Organisationemitglieder. Die Ziele der Organisationsmitglieder sowie die fortgeschriebenen Entwicklungsziele sind kaum für alle Organisationen identisch und einem weitgehend anonymen Gebilde zuzurechen. Es 1st vielmehr erforderlich, die Ziele auf die Vorstellungen einzelner Organisationsmitglleder bzw. Organisationseinheiten zurückzuführen, da vor allem diese als eigentliche Beurteilungsmaßstäbe des Organisationsstrebens dienen. Derart personifizierte Ziele können dann aus zahlreichen Komponenten bestehen, die nicht länger ausschließlich wirtschaftlicher Natur sein müssen, sondern ebenso gesellschaftliche Interessen wesentlich tangieren. So stehen neben der Einkommenszielsetzung häufig gleichberechtigt solche Ziele wie das der bestmöglichen Selbstentfaltung, der Mitbestimmung oder der Machtausübung. Gerade die Vielfalt und Unterschiedlichkeit dieser Ziele von Organlsationsmltgliedern nehmen erheblichen Elnfluß auf die Komplexität, die eine Unternehmenssituation für die Entscheidungsträger besitzt, zumal ein Teil der bei einzelnen Mitgliedern vorhandenen Ziele von diesen nicht unbedingt und Jederzeit offenbart wird, aber dennoch bei Entscheidungen eine Rolle spielt. Es ist hier nicht der Raum, sich den vielfältigen Möglichkeiten der individuellen Zielsetzungen eingehend zu widmen oder auch nur nach sinnvollen Klassifizierungen zu suchen (vgl. aber PORTER, LAWLER und HACKMAN 1976). Einige grundlegende Kriterien, wie die der Rationalität oder Effizienz, werden an anderer Stelle noch eingehender untersucht, da insbesondere nach ihrem normsetzenden Charakter im Hinblick auf die jeweilige Entscheidungssituation streng zu differenzieren ist. An dieser Stelle soll die Überlegung genügen, daß das Erkennen und Beachten von Indlvidualzielen im organisatorischen Kontext sicherlich von größter Wichtigkeit ist, da alle Organisationsentscheidungen von Menschen getroffen werden, die wiederum von ihren eigenen Zielen maßgeblich geleitet werden. Optimierung und Satisflzierung. Die ökonomische Theorie unterscheidet zwischen zwei grundlegenden Prinzipien der Setzung von Zielen, die auf ihre Art jeweils verhaltenswissenschaftlich fundiert sind. Zum einen handelt es sich um das klassische ökonomische Prinzip, bei gegebenen Mitteln bestmögliche oder optimale Ergebnisse zu erreichen. Diese Zielvorschrift ist seit jeher in einer Ihrer beiden Ausprägungen, der Minlmierung oder Maxlmierung einer Zielgröße, mit fast sämtlichen ökonomischen Betrachtungsweisen aufs engste verbunden. Das ihr unterlegte Verhaltensmuster gründet auf der Existenz von uneingeschränkt rational denkenden und h a n delnden Menschen, die ihre Fähigkeiten zum Anlaß nehmen, Aktivitäten mit bestmöglichen Entscheidungen abzuschließen. Die Optimierung von Zielgrößen besitzt eine zentrale Bedeutung im Bereich der Unternehmungen. Gerade mit Hinsicht auf eine zunehmend knappe Verfügbarkeit der meisten Ressourcen wird es mehr denn je notwendig, aus vorhandenen Beständen beste Ergebnisse herauszuholen. Um hierbei aber wissen zu können, wo diese besterreichbare Grenze liegt, bedarf es vor allem einer vollkommenen Information über die bestehenden Entscheidungsalternativen. Diese Information muß von Organlsationsmltgliedern gesammelt, gespeichert und in
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
geeigneter Form weitergegeben werden. Offensichtlich lassen deshalb nur wohlstrukturierte EntScheldungsproblerae ein Optimierungsbestreben sinnvoll erscheinen. Ist der hohe Komplexitätsgehalt einer Entscheidungssituation unübersehbar und kann die vorhandene Organisation nicht wesentlich zur Vereinfachung des Problems beitragen, so wird der Versuch zu optimieren allein schon wegen fehlender oder fehlerhafter Informationen nicht von Erfolg gekrönt sein können. Dementsprechend ist es für die Entscheidungsträger in realtypischen Situationen häufig wenig nützlich, Optimierungsziele zu postulieren und zu v e r folgen, wenn die wirtschaftlichen und organisatorischen Tatbestände nicht dazu geeignet sind, diese Forderungen zu unterstützten. Es 1st deshalb auch vielfach beobachtbar, daß sich aus der Einsicht heraus, optimale Entscheidungen nicht treffen zu können, persönliche Vorstellungen entwickeln, die dem normativen Charakter der Optimierung entgegenwirken und der unvollkommenen Entscheidungssituation angepaßt sind. Ziele, die aus dieser Sichtweise resultieren, rühren allgemein aus der Absicht der Satisfizierung (zum Beispiel WINTER 1971, RADNER 1975 oder SIMON 1979), die den Umständen entsprechend auszulegen 1st. Die verhaltenswissenschaftllche Hypothese, auf die das Zustandekommen s a tisflzierender Zielsetzungen zurückzuführen ist, verlangt von den Entscheidungsträgern einerseits die Einsicht, daß optimale Ergebnisse nur unter sehr günstigen Voraussetzungen zu realisieren sind, und trägt daher deutlich deskriptive Züge. Andererseits beinhaltet sie jedoch auch, daß ein persönliches Anspruchsniveau erfüllt sein muß, ohne dessen Erreichen sich die Entscheidungsträger keinesfalls zufriedengeben (vgl. auch LEWIN et al. 1944). Die praktische Bedeutung satisfizierender Zielformulierungen wird ersichtlich aus der Geläufigkeit von wirtschaftlichen Forderungen wie etwa einem wachsenden Marktanteil oder einer bestimmten Amortisationsdauer von Anlagen, aber gleichermaßen aus sozialen Ambitionen eines sicheren Arbeltsplatzes und guten Betriebsklimas. In den meisten dieser Ziele äußert sich unmittelbar der Bedingungscharakter der Satisfizierung. Besonders qualitative Ziele, also solche Ziele, die der komplexen Entscheidungssituation dadurch Ausdruck verleihen, daß Ihre Ergebnisgrößen mengenmäßig gar nicht artikulierbar sind, stehen ganz im Zeichen eines Satisflzierungsanspruchs. Die Unterscheidung nach den beiden erläuterten Zielvorschriften erlangt für Zwecke einer Beurteilung der Entscheidungsorganisation deshalb große Bedeutung, weil sich jede Zlelvorschrlft nicht nur mit unterschiedlichen Entscheidungssituationen, sondern darüber hinaus auch mit anderen Entscheidungsmethoden und speziellen Organisationserfordernissen verknüpft. Probleme mehrfacher Ziele. Die Bewertung einer Organisation und der darauf aufbauenden Entscheidungen kann, wie erörtert, nicht losgelöst von den v o r herrschenden Zielen gesehen werden. Dabei bedeutet es eine zusätzliche Erschwernis für die Aktionsfähigkeit der Organisation und ein beträchtliches Hindernis auf dem Weg zu einer allgemein hohen Entscheidungsqualität, wenn viele Entscheidungsträger viele und unterschiedliche Ziele anstreben. Auf der einen Seite wird nur selten der Fall eintreten, daß die Ziele der Unternehmensführung zugleich auch die Ziele aller untergeordneten Entscheidungsträger bzw. Delegierten sind. Auf der anderen Seite trägt jedes Organi-
Drittes Kapitel: Zielkomponenten und Zielstruktur
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satlonsmitglled außerdem kaum nur ein einziges Ziel in sich, das es zu v e r wirklichen sucht, sondern im allgemeinen ein ganzes Zielbündel. Diese aus verschiedenen Richtungen herrührende Hehrzahl von Zielen, welche alle beachtet werden wollen, 1st nicht geeignet, die Entscheidungssituation übersichtlich zu gestalten und komplexe Entscheidungsprobleme zu vereinfachen. Selbst wenn es aber gelfinge, wohlstrukturierte Probleme zu erzeugen, wären doch oft Entscheidungstechniken erforderlich, die einen erheblichen Mehraufwand verlangten (vgl. zu den verfügbaren Methoden CHARNES und COOPER 1961, KEENEY und RAIFFA 1976 u.v.a.). Neben dieser eher technischen Schwierigkeit der Offenbarung und Berücksichtigung aller Zielkomponenten ergeben sich zusätzliche Probleme aus deren Unterschiedlichkeit. So sind etwa Aufgabenübertragungen Im Sinne von E n t scheidungsdelegationen bei nicht-konformen Zielen kaum ohne weitere Absicherung denkbar (zum Beispiel JENNERGREN 1982). Gleichzeitig muß der Steuerung des Informationsprozesses besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, well die Informationsbewertung nicht unter allen Entscheidungsträgern u n bedingt übereinstimmen muß. Hinzu kommt aber auch generell, daß sich mit einer Zielvielfalt zugleich die Gemeinsamkelten der Organisationsmitglieder auf das zur Organisationsbildung Nötigste reduzieren und somit ständig ein Zug der Instabilität mit der drohenden Gefahr der Wiederauflösung auf der Organisation lastet, wenn sich die Ziele noch weiter auseinander bewegen bzw. es über eine geschickte Wahl der Organisationsmechanismen nicht gelingt, Entscheidungen und Zielkatalog miteinander zu vereinbaren. Beziehungen zwischen Zielen. Mehrfache Ziele in einer Organisation v e r l a n gen also besonders dann erhöhte Aufmerksamkeit, wenn sie nicht identisch sind oder miteinander harmonieren. Im Falle vorhandener Zielidentität bzw. -harmonie ist die Organisation noch mit vergleichsweise geringen Problemen beladen, so daß im allgemeinen recht schnell stabile Vege der Entscheidungsfindung eröffnet werden (MARSCHAK 1965, MARSCHAK und RADNER 1972). Allerdings besitzt die unternehmerische Praxis nur sehr selten eine solche Basis. Bereits der vielfach beobachtbare Wunsch aller an einer Unternehmung Beteiligten nach der Realisierung eines hohen persönlichen Einkommens t r i t t den Bedingungen der Zielidentität und -harmonie offenkundig entgegen, da hieraus regelmäßig Zielkonflikte bezüglich der Verteilung des Unternehmensgewinne resultieren. Für die Bewertung von Entscheidungen und deren Organisation wird es deshalb maßgeblich sein, ob und In welcher Form Konflikte auftreten und wie diese Konflikte schließlich überwunden werden. Die Ausprägung von Zielbeziehungen 1st häufig nicht sofort erkennbar und eindeutig. Einzelne Ziele sind oft hinter dem Vorhang einer komplexen Problemstruktur verborgen und treten deshalb erst mit der ausdrücklichen Formulierung von Entscheidungsalternativen offen zutage, so daß zugleich neue, zuvor unbekannte Zielbeziehungen deutlich werden und eine Anpassung des Entscheldungsprozesses notwendig machen. Ähnlich können sich bestehende Zielbeziehungen durch die Entdeckung und Offenbarung neuer Entscheldungsalternativen für ein Problem Ins Gegenteil verwandeln. Beispielsweise mag durch die Erkenntnis einer bislang nicht g e läufigen Lösungsmöglichkeit ein stets beobachtbarer Zielkonflikt ausgeräumt werden. Indem bemerkt wird, daß sich mit der neuen Lösung beide Ziele gleichermaßen verfolgen und erfüllen lassen. Andererseits kann natürlich durch den Vorschlag einer extremen Alternative aus der bisher vermuteten Zlelhar-
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
monie auch ein Konflikt erwachsen, da ein gemeinsamer Veg bel dieser A l t e r n a t i v e nicht länger gdngbar i s t . Diese Entwicklung i s t häufig gerade in einer späten Phase von mehrstufigen Entscheidungsprozessen zu beobachten. Während sich Zielharmonie so lange offenbart, wie noch ein Organisationsgewinn zu v e r t e i l e n i s t , werden Zielkonflikte dann unvermeidbar, wenn ein Zustand e r r e i c h t ist, der nur noch Umverteilungen zum Nachteil mindestens e i n e s E n t scheidungsträgers g e s t a t t e t . S e h r gravierend kommt dieser Zustand etwa in Krisensituationen zum Ausdruck. F a z i t dieser Überlegungen muß es sein, daß die wohlgeprüfte o r g a n i s a t o rische Abwicklung von Entscheidungen auch darum erforderlich 1st, um v o r handene Zielbeziehungen s i c h e r beherrschen zu können. Umgekehrt sind die bestehenden Zielbeziehungen bei der Gestaltung und Beurteilung der o r g a n i satorischen T a t b e s t ä n d e s t e t s mit heranzuziehen. Zielhierarchien. Eine weitere Komplizierung erfährt das Zielgefttge einer U n ternehmung dadurch, daß n i c h t immer alle bekannten Zielkomponenten von gleichem Gewicht sind. Diese Erkenntnis s t ü t z t sich zum einen sicherlich a u f die Beobachtung, daß Personen, die mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen, z u meist dennoch in der Lage sind, zwischen diesen Zielen zu unterscheiden und klare Prioritäten zu setzen (vgl. KEENEY und RAIFFA 1976). Daneben ist es unverkennbar, daß Insbesondere Macht und Elnfluß, die Organisationsmitglieder Jeweils im Rahmen der ihnen zuerkannten Aufgaben und Kompetenzen ausüben, die interpersonellen Zielgewichte determinieren. So sind die Gewichte, mit denen Unternehmer und Vorstände von Unternehmungen ihre Ziele d u r c h z u s e t z e n vermögen, von anderen Mitteln und Möglichkeiten b e g l e i t e t als die der Entscheidungsträger, die unabhängig von den eigenen Zielvorstellungen z u n ä c h s t einmal vertraglich an die Erfüllung übergeordneter Aufgaben gebunden sind. Das bedeutet aber für die Organisation der Entscheldungsprozesse n i c h t s anderes, als daß elementare organisatorische T a t b e s t ä n d e , wie zum Beispiel Weisungsbefugnisse, von vornherein f e s t g e l e g t und damit nicht länger G e s t a l tungsgegenstand sind. Die Beurteilung einer hierarchisch s t r u k t u r i e r t e n Organisation hat deshalb vornehmlich auch u n t e r dem Gesichtspunkt zu erfolgen, inwiefern es gelingt, dominante Zielsetzungen entsprechend gut weiterzuvermitteln, wenn E n t s c h e i dungen delegiert werden. Insbesondere muß hierbei, da alle vorhandenen Ziele In die laufenden Entscheldungsprozesse mit einfließen, b e a c h t e t werden, daß sich durch die Übertragung übergeordneter Ziele bei untergeordneten Instanzen häufig zusätzliche Zielkonflikte ergeben werden. Methoden der hierarchischen Problembewältigung müssen In diesem Sinne neben der Zielstruktur auch s o l che intrapersonellen Zielkonflikte mit berücksichtigen (MESAROVIC, MACKO und TAKAHARA 1970, SINGH 1980), wenn sie der realen Entscheidungssituation Rechnung tragen wollen. Ein besonderer Weg, Zielhlerarchlen zu bewältigen und die hiermit häufig verbundene komplexe Problemstruktur gleichzeitig zu reduzieren, b e s t e h t darin, untergeordnete Ziele entsprechend i h r e r Bedeutung für die Unternehmung als Nebenbedingungen der zu behandelnden Entscheidungsprobleme zu formulieren und diesen Zielen damit grundsätzlich S a t i s f i z i e r u n g s c h a r a k t e r zuzusprechen. Diese gelegentlich beobachtbare Auflösung von Zielhierarchien b i e t e t nochmals Anlaß, darauf hinzuweisen, daß es wünschenswert ist, einfache und "richtige" Probleme zu b e t r a c h t e n , wobei es in diesem Fall besonders darauf ankommt, zu überprüfen, ob die I n t e r p r e t a t i o n untergeordneter Ziele als Satisfizierungsziele
Drittes Kapitel: Zielkomponenten und Zielstruktur
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der realen Situation tatsächlich entspricht oder aus einer Vereinfachung heraus zustande kommt.
Viertes Kapitel
Rationales Verhalten in Organisationen Klassische Rationalität und ökonomisches Prinzip. Haben sich Personen zu einer Organisation zusammengeschlossen, haben sie außerdem Ziele entwickelt, die sie in und mit dieser Organisation verfolgen wollen, so liegen diesem V e r halten durchaus bereits bedeutsame Entscheidungen zugrunde, bevor die e i gentlichen Aufgaben im Rahmen der Organisation begonnen haben. Als Grundlage für diese Entscheidungen kann die Fähigkeit der Organisationsmitglleder angesehen werden, Ihr Verhalten rational zu steuern. Rationalität, wie sie im Verhalten des "homo oeconomicus" sichtbar wird, ist ausschließlich ergebnisorientiert. Der Suchprozeß nach der bestmöglichen Entscheidungsalternative und somit insbesondere auch die Wahl der Entscheidungstechnik sind für den im genannten Sinn rational Handelnden sekundär. Er ist vielmehr bestrebt, die ihm aufgrund seines Informationsstandes b e kannten Entscheidungsalternativen seinem Präferenzsystem entsprechend v o l l ständig zu ordnen und anschließend die Alternative auszuwählen, die seinen Zielen am nächsten liegt. Wegen dieser Fähigkeiten bezüglich der A l t e r n a t i venauswahl spielt die Person des Entscheidungsträgers bei gegebenen Informationen und Zielen lediglich eine untergeordnete Rolle. Der "homo oeconomicus" sieht sich also jederzeit in der Lage, nach dem ökonomischen Prinzip vorzugehen und beste Alternativen bei gegebenen Bedingungen zu realisieren. Im Umkehrschluß liegt demnach kein rationales V e r halten vor, wenn das maximale Ergebnis nicht erreicht wird, beispielsweise also bessere Ergebnisse im nachhinein offensichtlich werden. Die vorhandenen Informationen wurden nicht zielgerecht verarbeitet. Rationalität in der beschriebenen Weise hängt von drei wesentlichen Faktoren ab, die geeignet sind, zum einen die vorliegende Entscheidungssituation und zum anderen die Person des Entscheidungsträgers zu kennzeichnen: Diese Faktoren sind die vorhandenen problemrelevanten Informationen, die persönliche Fähigkeit, daraus ableitbare Entscheidungsalternativen zu ordnen, sowie die Existenz einer eindeutigen, zielorientierten Entscheidungsregel (KICKERT 1980, S. 38ff.). Das heißt jedoch zugleich, daß rationales Verhalten nur dort erwartet w e r den darf, wo es bereits gelungen ist, wohlstrukturierte Probleme zu erkennen, die als Grundlage für Entscheidungen dienen. Ist dieser Zustand noch nicht erreicht, da etwa die Informationsbeschaffung noch nicht abgeschlossen ist, das eigentliche Problem noch nicht in vollem Umfang erkannt wurde oder vielleicht andere Phasen des Entscheidungsprozesses noch unzulänglich strukturiert sind, oder ist er wegen der organisierten Komplexität des Problems gar nicht erreichbar, so ist klassische Rationalität kaum mehr zu beobachten. Rationales Verhalten kann sich dann höchstens auf die Vorgehensweise bis zur Entscheidung (MAYNTZ 1976), also auf die Organisation des Entscheidungsprozesses (SIMON 1946), nicht jedoch unmittelbar auf die Ergebnisse beziehen. Kodifizierte Rationalitätsbegriffe. Berücksichtigt man die unvollkommenen Ausgangspunkte realer Wirtschaftsprozesse, die vor allem durch die unterschiedlichen Fähigkeiten der Entscheidungsträger und darüber hinaus nicht immer ideale, einfache Entscheidungssituationen bestimmt sind, so ist r a t i o -
Viertes Kapitel: Rationales Verhalten in Organisationen
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nales Verhalten unter Hinwendung zu einem mehr deskriptiven Begriffsinhalt sicherlich neu zu Interpretieren und im Hinblick auf den Anspruch an das Resultat des Prozesses sinnvoll zu modifizieren. Hit der Konzentration auf den der Entscheidung vorangehenden Suchprozeß kann rationales Verhalten sich bereits darin äußern, die Annäherung an eine vollkommene Entscheidungssituation dadurch anzustreben, daß beispielsweise neue Informationsquellen erschlossen oder persönliche Urteile durch u m f a s sende Kooperation stabilisiert werden. Rational kann es aber auch sein, sich der unvollkommenen Situation anzupassen, indem man den Entscheidungsprozeß abbricht, ohne mit Sicherheit eine beste Alternative gefunden zu haben. In der ersten Bedeutung erfordert eine rationale Vorgehenswelse, aus der Umweltdynamik und Problemkomplexität herrührende Unsicherhelten im Verlauf des Entscheidungsprozesses durch empirische Studien zur bisher beobachteten Entwicklung sowie induktive Schlüsse eventuell in den Griff zu bekommen (vgl. zum Beispiel WALD I960, FERGUSON 1967). Mit dieser Begriffsinterpretation der statistischen Entscheidungstheorie erhält zwar der Entscheidungsprozeß ein erhebliches Gewicht, doch ist zugleich die Annahme notwendig, daß die bestehenden Unsicherheiten und persönlichen Unzulänglichkeiten durch Problemvereinfachung immer schadlos überwunden werden können, so daß a n schließend in einer zweiten Prozeßphase die klassische Ergebnisorientierung wieder dominiert und die Entscheidung maßgeblich beeinflußt. Diese optimistische, neoklassische Sichtweise (SIMON 1979) bietet aber dann Anlaß zur Kritik, wenn sie die zu beobachtende Beschränkung der Rationalität durch Prämissensetzung wieder aufhebt und zur abstrakten Verhaltensnormlerung z u rückkehrt (SIMON 1979, KICKERT 1980). Die Berechtigung einer solchen Vorgehensweise muß deshalb von Fall zu Fall geprüft werden. Ganz anders präsentiert sich das Ratlonalitätsprinzip, wenn die Entscheidung und der vorangegangene Suchprozeß an die Komplexität des zugrundeliegenden Problems anzupassen sind (vgl. auch das Schachbeispiel von SIMON 1972). Unter weltgehendem Verzicht auf idealisierende Prämissen muß hierbei eine Theorie des Machbaren entworfen werden, die auch solches Vorgehen (beschränkt) rational heißt, welches aufgrund schwacher Informationen lediglich zu vagen Ergebnissen gelangt. Eine derart beschränkte Rationalität (SIMON 1945) 1st, so paradox es k l i n gen mag, mit einer Erweiterung des Rationalitätsbegriffs verbunden, denn selbstverständlich umfaßt dieses Verhalten im Fall eines beobachtbaren wohlstrukturierten Problems die klassische, maximierende Entscheidung als w e i t e r hin einzig anstrebenswert. Nur ist beschränkt rationales Verhalten, da die Grundüberzeugung eine andere 1st, wegen der Unübersehbarkeit der meisten Entscheidungssituationen im allgemeinen aufs engste mit Satisflzierungszielen verknüpft. Ein strikt auf Optimierung ausgerichteter Entscheidungsprozeß würde nämlich unter komplexen Problemstrukturen und zwangsweisem Verzicht auf den Einsatz exakter, konvergierender Entscheidungsmethoden sein Ziel letztlich s t e t s verfehlen. Ansatzweise offenbart sich das Eingeständnis von beschränkter Rationalität häufig In der Anwendung sogenannter heuristischer Verfahren, also zum Beispiel von Simulationsmethoden, mit denen eine optimale Zielverwirklichung nicht mehr systematisch angestrebt wird. Individuelle und kollektive Rationalität. Der Entscheidungssituation a n g e messenes rationales Verhalten darf von jedem Mitglied erwartet werden, das sich einer Organisation angeschlossen hat. Ob dieses Verhalten, wie im Fall
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Zweiter A bschnitt: Beurteiiungskriteríen
der klassischen Rationalität, axiomatisiert werden kann und bereits aus diesem Grund in sich widerspruchsfrei 1st oder ob sich nach außen widersprechende Ziele und Aktionen unter gegebenen Umständen auch Ausdruck von rationalem Verhalten sein können, ist dabei sekundär und eine Frage der oben dargelegten Umstände. Das Vorhandensein individueller Rationalität ist auf jeden Fall für die Bewertung von Entscheidungen zu überprüfen. Es reicht aus, um diejenigen Teilentscheidungen zu beurteilen, die einfach personenbezogen sind. Von der Unternehmung ansonsten kontrollierbare Variablen werden hierbei gegebenenfalls zu Daten, wenn sie von den Entscheidungsträgern des Teilproblems auch nur als solche handhabbar sind, etwa in Form von innerbetrieblichen Informationen. Der Begriff der individuellen Rationalität ist jedoch nicht auf übergeordnete Unternehmensentscheidungen anzuwenden, an denen bzw. deren Vorbereitung mehrere Organlsationsmltglieder beteiligt sind. Die Organisation derartiger Entscheidungen, so zum Beispiel auch die Koordination von Teilentscheidungen, hat im Sinne einer kollektiven Rationalität zu erfolgen. Hierin findet Berücksichtigung, daß die Einzelentscheidungen nicht unabhängig voneinander zu treffen und nur dann als rational zu bezeichnen sind, wenn individuelles Verhalten sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen des organisatorischen Zusammenschlusses beachtet. Einerseits kristallisieren sich aus der Organisationsbildung Synergieeffekte heraus, die den individuellen Zielerreichungsgrad gegenüber einer nlcht-organisierten Vorgehensweise erhöhen (ANSOFF 1965) und dadurch den Organisationswert bestimmen. Andererseits prallen innerhalb einer Organisation in der Regel auch konkurrierende Zielvorstellungen aufeinander und lassen Konflikte entstehen, die die individuelle Zielerreichung behindern und dann zu Kompromißentscheldungen führen. Kollektiv-rationales Verhalten bezieht sich deshalb auf den Entscheidungsspielraum, in dem individuell-rationales Verhalten allein nicht mehr angebracht ist, um Entscheidungen herbeizuführen, und ist gleichzeitig auf die Ziele der Gesamtheit der Organisationsmitglieder zweckgerichtet, so daß kein Mitglied seine im Sinne individueller Rationalität gefaßte Beitrittsentscheidung zur Organisation bereuen müßte. Das Postulat der kollektiven Rationalität hat besonders dort Beachtung gefunden, wo Gruppenentscheidungen unter Zielkonflikten zustande kommen (vgl. zum Beispiel LUCE und RAIFFA 1967, S. 193f.). Auch wenn es dort vorwiegend klassisch, also ergebnisorientiert, interpretiert wird, so sollte kollektive Rationalität durchaus auch als beschränkte Rationalität verstanden werden. Wie wichtig nämlich eine Prozeßorientlerung des kollektiven Rationalitätsbegriffs sein kann, so insbesondere die Beachtung des Koordinationsverhaltens, veranschaulicht etwa das der Spieltheorie entstammende Beispiel des "Gefangenendilemmas" (LUCE und RAIFFA 1957, S. 95f.): Unter der Voraussetzung, daß die einer Straftat verdächtigten Personen ihr Verhalten nicht mehr abstimmen können, 1st es für den einzelnen Verdächtigen ratsam, in vollem Umfang zu gestehen, wenn er dadurch entweder als Kronzeuge straffrei ausgeht (falls nämlich die anderen Beteiligten nicht gestehen würden) oder sein Geständnis zumindest strafmildernd wirkt. Da jeder Verdächtige für sich dieselben Überlegungen hegt und deshalb ein umfassendes Geständnis ablegt, resultiert ein Im klassischen Sinn sicherlich nicht kollektiv-rationales Ergebnis, weil allgemeines Leugnen der Straftat die Überführung unmöglich gemacht hätte. Ein solches Verhalten ist jedoch nur bei vorheriger Abstimmung, d.h. Organisation, unter den Betroffenen zu erwarten.
Viertes Kapitel: Rationales Verhalten in Organisationen
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Das Beispiel dient zugleich als Kritik an der klassischen Rationalltätsdefinition, denn es zeigt, daß bei ein und derselben Ausgangssituation mehrere Verhaltensweisen das Attribut "(beschrankt) rational" verdienen. Je nachdem wie sich die nicht-kontrollierbaren Variablen im Entscheidungsprozeß entwikkeln. Bezogen auf die Bedingungen des Entscheidungsprozesses sollte kollektive Rationalität in Organisationen allerdings voll ausgeprägt sein und individuell-rationales Verhalten auf geeignete Weise begleiten.
Fünftes Kapitel
Effizienz in Organisationen Effizienzbegriff. In allen Bereichen wirtschaftlichen Denkens und Handelns hat der Begriff der Effizienz heute seinen festen Platz. Dies 1st um so eher erklärbar, als sein Bedeutungsinhalt geeignet ist, eine positive Beurteilung unternehmerischer Aktivitäten gerade auch dann zu suggerieren, wenn die turbulente Umwelt der einzelnen Unternehmung zwar zahlreiche Aktionsvariablen an die Hand gibt, jedoch ineffiziente Aktivitäten kaum verzeiht. Während also das Kriterium der Rationalität dazu dient, menschliches Verhalten zu bewerten, 1st das Kriterium der Effizienz auf das Produkt dieses Verhaltens gerichtet, so zum Beispiel auf die Qualität von Entscheidungen oder auch auf die Ausgestaltung organisatorischer Beziehungen. Hat man es mit einfachen, wohlstrukturierten Problemen zu tun, so leitet sich unter der Bedingung klassisch-rationalen Verhaltens der Entscheidungsträger aus jeder Variablenkonstellation offenbar eine effiziente Entscheidung ohne besonderes Organisationserfordernis des Entscheldungsprozesses her. Effizienz kann demzufolge als Prädikat für "bestmögliche Ergebnisse" unter gegebenen Verhältnissen definiert werden (vgl. etwa GEORGOPOULOS und TANNENBAUM 1957, MOTT 1972, STEERS 1975, KOONTZ und O'DONNELL. 1976 sowie BECKMANN 1978). Die Interpretation "bestmöglicher Ergebnisse" muß und kann dabei aber nicht unbedingt in Form minimaler Kosten oder maximaler Gewinne (BECKMANN 1978) erfolgen. Vielfach wird sich ein mehrdimensionales Beurteilungskriterium anbieten, das sich an den einzelnen maßgeblichen Zielvorstellungen ausrichtet. Im Falle um sich greifender Problemkomplexität, beispielsweise in Form einer Vielzahl von Variablen, von denen unter Umständen sogar nur wenige quantifizierbar sind, sollte Effizienz überdies so weit ausgelegt sein, daß nicht l e diglich die Sachentscheidung, sondern ebenso der vorangegangene Entscheidungsprozeß - speziell also die Organisation der Teilentscheidungen - mit beachtet wird. Die Effizienz des Entscheldungsprozesses kann einmal indirekt betrachtet werden, indem versucht wird, Wirkungszusammenhänge zwischen Prozeßvariablen und dem Unternehmensergebnls aufzudecken. Unbefriedigende Maßnahmen zur beobachtbaren Abwicklung dieses Prozesses legen dann den Schluß auf vorhandene Inefflzlenz nahe. LEIBENSTEIN (1966) bezeichnet diesen Fall als X-Ineffizienz. Er tritt zum Beispiel ein, wenn fehlende Organlsatlonsmittel verringerte Anstrengungen verursachen. In Anbetracht häufig fehlender Erkenntnisse über solche Wirkungszusammenhänge ist es jedoch ebensogut denkbar, daß die Prozeß- bzw. Organisationsvariablen unmittelbar zum Bewertungsgegenstand erhoben werden (ANSOFF und BRANDENBURG 1971a), wenn dies der zugrundeliegenden Entscheidungssituation angemessen erscheint. Ist darüber hinaus sogar ein intensiver Wettbewerb Merkmal der komplexen Entscheidungssituation, so kann schließlich bereits die (Ober-)Lebensfähigkelt der Organisation Anhaltspunkt für das Vorliegen von Effizienz sein (ARGYRIS 1964), was sowohl die Entscheidungsqualität als auch die Bewertung der organisatorischen Tatbestände anbetrifft. Effizienzmessung. Unter den Eindrücken der Schwierigkeit einerseits, den Effizienzbegriff eindeutig zu klären, sowie der Notwendigkeit andererseits, Ef-
Fünftes Kapitel· Effizienz in Organisationen
33
fizienz in Organisationen festzustellen, mag es nicht verwundern, daß sich im Laufe der Zeit verschiedene Konzepte der Effizienzmessung entwickelt haben, die von verwandten, Jedoch nicht identischen Effizienzvorstellungen Ihren Ausgang nehmen (vgl. zum Beispiel die Obersichten bel STAEHLE 1980 sowie WELGE und FESSMANN 1980). Um eine grundlegende Systematisierung der existierenden Ansätze anhand weniger Strukturdimensionen bemühen sich QUINN und ROHRBAUGH (1983). Solange es gewährleistet scheint, daß die Lösung einfacher Probleme weniger von der Organisation und dem sie umgebenden Umsystem abhängt, also Variablen wie die innerbetriebliche Informationsversorgung oder Umwelteinflüsse ohne Bedeutung bleiben, sondern einzig persönliche Fähigkeiten die Güte von Entscheidungen hinsichtlich eines vorgegebenen Zielkatalogs determinieren, ist es angebracht, den Grad der Zielerreichung als allein gültigen Maßstab für E f fizienz zu verwenden. Dieser Zielansatz (BARNARD 1938) enthält tatsächlich überall dort praktisches Gewicht, wo Entscheidungen in kleinen operativen Einheiten vorbereitet werden und Ziele zuverlässig und unveränderbar z u grunde gelegt werden können. Sind beispielsweise Produktionsentscheidungen bei einem bestimmten Ressourceneinsatz zu treffen und liegen hierfür aufgrund vorangegangener Untersuchungen Produktionsfunktionen vor, die alle besterreichbaren Input-Output-Beziehungen kenntlich machen, so ist es gerechtfertigt und auch empirisch nachvollziehbar, bei Erreichen von Punkten auf den Produktionsfunktionen von effizienten Produktionen zu sprechen. Voraussetzung hierfür 1st allerdings noch, daß die Organisation des Produktionsablaufs ebenso vernachlässigt werden kann wie die Wahrscheinlichkeit, daß zwischenzeitlich neue Technologien entstanden sind. Auf ähnliche Veise ist die Effizienz von Absatzmethoden festzustellen, wenn Marktforschungsergebnisse zuvor den Rahmen abgesteckt haben und die Marktstruktur seitdem unverändert blieb. Bedenkt man jedoch, daß in vielen Fällen gerade die organisatorischen Struktur- und Prozeßvariablen von ausschlaggebender Bedeutung sind und zudem wechselnde Umwelteinflüsse in Form wesentlicher, exogener Variablen auftreten (vgl. auch GIBSON, IVANCEVICH und DONNELLY 1973 oder GROCHLA und WELGE 1976), so ist der Zielansatz im Sinne einer umfassenden E f f i zienzbetrachtung zweckmäßig zu erweitern. Vor allem kommt es darauf an, den Effizienzbegriff in der Art zu verallgemeinern bzw. In Komponenten zu zerlegen, daß sich auch die Leistungsfähigkeit der Organisation im Hinblick auf das entsprechend erweiterte Variablensystem beurteilen läßt. Die bekanntesten Versuche in diese Richtung stammen von GEORGOPOULOS und TANNENBAUM (1957), PARSONS (1960), YUCHTMAN und SEASHORE (1967) sowie ANSOFF und BRANDENBURG (1971a). Ihnen allen ist gemein, daß sie die Effizienz einer Organisation insbesondere auch nach deren Leistungsvermögen in Abhängigkeit der relevanten Umwelt beurteilen. Einige Ansätze betonen dabei zusätzlich noch den Zeitbezug des Effizienzmaßstabes, nämlich die Fähigkeit der Organisation, sich In ihren wesentlichen Merkmalen den sich ständig wandelnden Umweltparametern effizient anzupassen (u.a. GEORGOPOULOS und TANNENBAUM 1957, PARSONS 1960, ANSOFF und BRANDENBURG 1971a und MOTT 1972). Eine Investitionsentscheidung erfüllt so etwa unter Beachtung dieses strengen Maßstabs nur dann alle Ansprüche der Effizienz, wenn sie sowohl bei der gegenwärtigen Datenkonstellation zum b e s t möglichen Ergebnis führt als auch flexibel abgefaßt 1st, so daß Veränderungen in der Umwelt gleichgerichtete, beste Veränderungen der Entscheidung zur
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
Folge haben. Die Einbeziehung von Flexibilität in das Konzept der Effizienzmessung hebt ihren statischen Charakter auf, bereitet gleichzeitig Jedoch zusätzliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Operatlonalität eines derart e r weiterten Maßstabs. Effiziente Entscheidung versus effiziente Organisation. Im Rahmen einer Betrachtung, die die Notwendigkeit einer Organisation von Unternehmensentscheidungen zum Gegenstand hat, erlangt das Effizienzkriterium in doppelter Hinsicht Bedeutung, nämlich in Form von Entscheidungseffizienz und Organisationseffizienz. Eine mangelhafte Trennung beider Aspekte muß dabei häufig als Hauptursache angesehen werden, wenn die praktische Nutzbarkeit von E f f l zienzmaßstäben angezweifelt wird. Deshalb ist auf eine zweckgerechte Verwendung besonderer Wert zu legen. Zunächst ist es für jede Unternehmung ein natürliches und wichtiges Anliegen, dafür Sorge zu tragen, daß effiziente Entscheidungen und Entscheidungsprozesse die Position der Unternehmung am Harkt stützen. Effizienz kennzeichnet hierbei ein allgemein anerkanntes und hinlänglich diskutiertes E n t scheidungskriterium für den Fall, daß die verfügbaren Mittel an Personal und Material bekannt sind. Die Forderung, die sich zusätzlich mit Blick auf die Unternehmung als Organisation ergibt, umschließt die Einbeziehung organisatorischer Tatbestände als Bestandteil des gesamten Inputbündels. Kann nicht ausgeschlossen werden, daß verschiedene organisatorische Tatbestände für die Qualität von Entscheidungen mitverantwortlich sind, so ist der Begriff der Entscheidungseffizienz als Vergleichsmaßstab dann nicht unmittelbar anwendbar, wenn die Organisationsvariablen mit Jeweils unterschiedlichen Werten belegt sind. Beispielsweise darf eine Entscheidung nicht etwa deswegen als ineffizient abgewertet werden, weil sie wesentlich auf unergiebige, zu lange Informationsprozesse innerhalb der Unternehmung oder fehlende Kontrollinstanzen zurückführbar ist. Ein negatives Prädikat wäre hier eher mit Bezug auf die Organisation angebracht. Effiziente Entscheidungen sind daher Resultate der v e r wendeten Entscheidungsverfahren, ohne daß gleichzeitig auch organisatorische Tatbestände geändert werden. Sind nun andererseits aber nicht länger die Entscheidungstechniken und Entscheidungen Gegenstand der Effizienzbetrachtung, sondern soll tatsächlich die Qualität der Organisation im Hinblick auf die erforderlichen Entscheidungsprozesse überprüft werden, so liegen Betrachtungen zur Organisationseffizienz vor. Mit anderen Worten: Neben einer überwiegend technisch begründeten Entscheidungseffizienz müssen auch die in einer Organisation vorhandenen Bezlehungsgefüge zwischen den Entscheidungsträgern einer besonderen Prüfung unterzogen werden. Während bei der Entscheidungseffizienz mehr der Gesichtspunkt einer Outputeffizlenz betont wird, ist Organisationseffizienz wesentlicher Bestandteil einer speziellen inputeffizienten Gestaltung wirtschaftlichen Handelns. Eine dementsprechende Bewertung der Organisation trägt auch deshalb fundamentale Züge, weil spätere Umorganisatlonen zum einen schwerwiegende Gründe v o r aussetzen und zum anderen tiefgreifende, langfristige Auswirkungen nach sich ziehen, während eine Modifizierung von Entscheidungstechniken im allgemeinen sehr viel einfacher durchzusetzen ist.
Fünftes Kapitel: Effizienz in Organisationen
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Ein Maßstab für Organisationseffizienz ist damit zugleich schwerer handhabbar, weil er letztlich eine weite Voraussicht bezüglich der anstehenden Entscheldungsprobleme bei gleichzeitiger Kenntnis aller hierfür relevanten Zielvorstellungen verlangt. Da ein solches Wissen zum Zeltpunkt der Bewertung und Auswahl einer Organisation Im allgemeinen Jedoch nicht erwartet werden darf, muß dieser Haßstab insbesondere auch das bereits erwähnte Merkmal der Flexibilität im Sinne einer möglichen Organisationsentwicklung und -anpassung aufweisen. Die Beurteilung von Organisationen anhand von Organisationseffizienz dient schließlich dazu, vorhandene Alternativen zu vergleichen, wobei es wesentlich darauf ankommt, daß der Entscheidungsrahmen sowohl strategische als auch operative Probleme umfaßt, damit für alle Entscheidungsebenen die geeigneten Organisationsbeziehungen gleichermaßen gefunden werden können. Entscheidungsqualität
Organisationsgrad (dargestellt als Organisationsaufwand A)
1) 2) 3) 4)
Effiziente Entscheidung bei effizienter Organisation Ineffiziente Entscheidung und/oder lnefflzlente Organisation lnefflzlente Entscheidung bei lnefflzlenter Organisation Effiziente Entscheidung bei lnefflzlenter Organisation
Abb. 3. Der Zusammenhang zwischen Entscheldungs- und Organisationseffizienz Obwohl es zweifellos wünschenswert wäre, effiziente Unternehmensentscheldungen bei Vorliegen einer effizienten Organisation treffen zu können (Punkt 1 in Abb. 3), sind die beiden genannten Effizienzforderungen längst nicht immer gleichzeitig erfüllt. Effiziente Entscheidungen unter einer ineffizienten Organisation (Punkt 4 in Abb. 3) sind ebenso denkbar wie eine effiziente Or-
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
ganisation, in der Ineffiziente Entscheidungen produziert werden (Punkt 2 in Abb. 3). Die Forderung nach einem Zustand gleichzeitiger Organisations- und E n t scheidungseffizienz ist auf einfachste Weise lediglich dann erfüllt, wenn nicht mehr ohne weiteres zwischen den beiden Effizienzkriterien unterschieden werden kann. Dies t r i f f t insbesondere auf Situationen der organisierten Problemkomplexität zu. Hier kann eine Organisation die Vereinfachung der komplexen Problemstruktur offenbar nicht in der erwünschten Velse herbeiführen. ARROW (1974) spricht in diesem Zusammenhang von den Grenzen der Organisation. Der Entscheidungsprozeß kann folglich nicht so zielstrebig verlaufen, wie es von den wohlstrukturierten Problemen her bekannt ist, well nicht alle Handlungsalternativen bzw. die sich daraus ergebenden Konsequenzen unmittelbar absehbar sind. Dementsprechend müssen Entscheidungsprozeß und Organisationsbemühungen im Sinne von Prozeßeffizlenz (vgl. GZUK 1975) als wichtigstes Indiz für die Entscheidungsqualität gelten, so daß es nicht mehr gerechtfertigt ist, zwischen Organisations- und Entscheidungseffizienz überhaupt zu differenzleren. Ersteres wird zum Hauptbestandteil des letzteren Kriteriums. Tabelle 1 faßt noch einmal die wesentlichen Aspekte einer Gegenüberstellung beider Effizienzkriterien bei verschiedenen Entscheidungssituationen z u sammen. Zugleich liefert sie als anschauliches Fazit, daß eine Organisationsbeurteilung anhand der Entscheidungsqualität nur dort von Interesse sein kann, wo eine komplexe Gesamtproblematik zugrunde liegt. Im Falle nichtorganisierter Problemkomplexität bzw. einer Problemvereinfachung durch Organisation kann der Organisationswert, zudem separiert werden.
Fünftes Kapitel: Effizienz in Organisationen
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repräsentiert. Zur optimalen Organisationsgestaltung bei Berücksichtigung des Anpassungsverhaltens. Es empfiehlt sich, f l e x ( O ' ) zunächst für eine Organisation 0°, die bei einer gegebenen Umweltalternative u° alle übrigen Strukturen d o miniert, aufgrund einer Sensitivitätsanalyse bezüglich der Veränderung der Zielfunktionskoeffizienten zu bestimmen. Vereinfachte Standardprozeduren e x i stieren vor allem für solche Fälle, In denen a) das Zuordnungsproblem zuvor linearisiert worden ist oder b) eine lineare Parametrislerung der Zielkoeffizienten, d.h. V
( ( S · , Sn I ,
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die umweltabhängigen Veränderungen des Synergiepotentials hinreichend genau zu approximieren vermag (vgl. zu diesem Vorgehen im Detail beispielsweise GAL 1973). Äußert sich die Sensitivitätsanalyse in einem Ergebnis, welches den von der Unternehmung vorab artikulierten Flexibilitätsanspruch f l e x ' zufriedenstellt, also in Form von flex"cflex(0°), so wird die Organisation 0" unmittelbar zur optimalen Gestaltungsalternative. Andernfalls müssen entweder weitere Bezlehungsgefüge näher untersucht werden, oder es gilt einen Zlelkompromiß zwischen den vorhandenen Ansprüchen an die kurzfristig realisierbare Synergie sowie den organisatorischen Überschuß zu schließen. Oer erste Weg, nämlich das Auffinden anderer dominanter Lösungen, ist nur dann gangbar, wenn kein Konflikt zwischen dem Synergie- und F l e x i b i l i t ä t s streben besteht. Solange beispielsweise w f u ' l ^ i m f u 1 ) den Flexibilitätsansprueh dokumentiert, ist eine erfolgreiche Suche eher unwahrscheinlich, weil der Suchbereich auf solche Organisationen beschränkt bleibt, die für minde-
Sechstes Kapitel: Das organisatorische Optimum
stens ein u'cflex' zugleich den zugehörigen Organisationswert Wm(u') stimmen.
71
be-
Bei einer grundsätzlichen Unverträglichkeit von Synergie- und Flexibilitätsansprüchen bietet sich der Ausweg eines Zielkompromisses. So werden etwa durch Reduzierung von w(u') die Flexibilitätsanforderungen eher erfüllbar, weil auch Organisationsbeziehungen etabliert werden können, die sich zwar nicht als unter allen Umständen erforderlich erweisen, möglicherweise aber dem Risikoempfinden der Entscheidungsträger angemessen sind. Umgekehrt fördert die Absenkung der Flexibilitätsansprüche im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Umweltentwicklungen naturgemäß die Qualität momentan e r reichbarer Entscheidungen durch Wahl einer weniger redundanten Organisation. Ist erst einmal sichergestellt, daß die Anforderungen bezüglich beider Organisationsziele nicht mehr überzogen sind, so gewährleistet die Lösung eines mehrkriteriellen Zuordnungsproblems, das dem Effizienz- und Flexibilitätsziel gleichermaßen Rechnung trägt, schließlich unmittelbaren Zugang zu bestmöglichen bzw. dominanten Organisationsentscheidungen. Die Modellierung des Problems kann etwa mit Hilfe eines Ansatzes der Vektoroptimierung erfolgen (zum Beispiel CHARNES et al. 1969). Ole Anzahl der zu beachtenden Umweltzustände repräsentiert hierbei die Vektordimension. Die Zielkoeffizientenvektoren e n t sprechen den Synergiepotentialen bezüglich dieser Zustände. Fazit. Das vorgestellte Kompositionsmodell verfolgt lediglich den Zweck, Anhaltspunkte dafür zu liefern, wie der Aufbau der Entscheidungsorganisation unter besonderer Hinwendung auf die Bewältigung der anstehenden Entscheidungsprobleme erfolgen und beurteilt werden sollte, wenn die Abhängigkeiten der elementaren Tätigkeits- bzw. Entscheidungsbereiche voneinander sowie die an sich besterreichbaren Synergiewirkungen zwischen diesen Bereichen bekannt sind. Ober das Zustandekommen und die eigentliche Ausgestaltung derartiger, besonders empfehlenswerter Organisationsbeziehungen sowie über den Verlauf des Entscheidungsprozesses kann anhand des Kompositionsmodells nicht geurteilt werden. Hierzu Aussagen zu treffen, muß den nachfolgenden Kapiteln vorbehalten bleiben. Ausgangspunkt für eine Bewertung einzelner Subsysteme der Organisation soll stets die beobachtbare Unternehmensrealität sein, deren Probleme alle Merkmale der Komplexität aufweisen. Die Betrachtungen leiten sich dann zwangsläufig aus den verschiedenen Gesichtspunkten ab, unter denen Entscheidungssituationen entwickelt werden. Tabelle 2 gibt eine Obersicht der einzelnen Untersuchungsgegenstände. Dabei bestimmen die unterschiedlichen Komplexitätsmerkmale der Ausgangssituation den Bewertungsumfang und damit zugleich das Organisationsziel. So entspringt der Größe von realen Entscheidungsproblemen erstens ein u n bedingtes Delegatlonserfordernis. Die Delegationsbewertung hat sich daran zu orientieren, inwiefern es gelingt. Entscheidungsvariablen an solidarische Mitarbeiter zu übertragen und dabei externe Effekte aufgrund von Problemzerlegungen zu vermeiden. Zieht man zweitens die Beschaffung, Verarbeitung und Weitergabe der e n t scheidungsrelevanten Problemdaten Ins Kalkül mit ein, so wird dieser Organisationstatbestand zum Objekt der Informationsbewertung. Die Übertragung kon-
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Zweiter Abschnitt: Beurteilungskriterien
kreter Veisungsbefugnlsse ist hierzu eine grundlegende Voraussetzung, die auf diese Bewertung maßgeblichen Elnfluß nimmt. Bei nicht ausreichendem Solidaritätsgrad zwischen Ober- und untergeordneten Entscheidungsträgern ergibt sich drittens die Notwendigkeit von Anreizoder Kontrollmaßnahmen, um die negativen Konsequenzen schwelender Zielkonflikte zu beheben. Da dieses Bestreben auf jeden Fall zusatzliche Kosten v e r ursacht, handelt es sich stets nur um zweitbeste LSsungen, die einen unbefriedigenden Delegationswert zum Ausgangspunkt haben. Der Erfolg solcher Aktivitäten drückt sich dann In Anreiz- bzw. Kontrollwerten aus. Viertens erhöht sich bei Kompetenzübertragungen an Gruppen Im allgemeinen die Problemkomplexität dadurch, daß innerhalb des Entscheidungsgremiums Zielkonflikte auftreten, die allgemein nur durch einen Kompromiß zu beheben sind. Der Verhandlungswert mißt die Qualität dieser "Einigung".
Sechstes Kapitel: Das organisatorische Optimum
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Dritter Abschnitt
Die Organisation operativer Entscheidungen Siebtes Kapitel
Dezentralisation durch Delegation I. Grundsätzliche Bemerkungen zum Beurteilungsinstrumentarium Operative Probleme. Die vielzähligen realen Entscheidungsprobleme, wie sie in der Unternehmung entstehen bzw. erkannt werden, sind von unterschiedlichster Natur. Bei der hier vollzogenen Blickrichtung heißt dies vor allem, daß je nach dem vorliegenden Problem besondere organisatorische Konsequenzen in bezug auf die adäquate Unterstützung des Entscheidungsprozesses in Betracht gezogen werden müssen. In der Literatur hat sich das Begriffsinstrumentarium zum Zweck einer Kennzeichnung und Klassifizierung derartiger Unterschiede zwar nicht völlig einheitlich, jedoch zum großen Teil übereinstimmend entwickelt Zentrale Bedeutung kommt dabei dem dualen Begriffspaar der operativen und strategischen Probleme zu (vgl. zum Beispiel ANSOFF 1965, ANSOFF und BRANDENBURG 1971a, BRIGHTMAN 1978, MINTZBERG 1979, GALWEILER 1980a, KOCH 1981 und FANDEL 1983), wobei diese beiden Problemkreise gelegentlich auch noch gegenüber administrativen (ANSOFF 1965, ANSOFF und BRANDENBURG 1971a und MINTZBERG 1979) oder taktischen Problemen (KOCH 1981, 1982 und FANDEL 1983) abgegrenzt werden. Zum Charakter der hier vorerst interessierenden operativen Probleme 1st auf jeden Fall festzuhalten, daß sie in der Unternehmung häufig in derselben oder ähnlicher Form wiederkehren und somit vielfach Routineentscheidungen v e r langen. Operative Probleme begründen das überwiegende, tägliche Geschäft der Unternehmung und sind im allgemeinen verhältnismäßig schnell lösbar. Die Entscheidungen sind allerdings oft auch nur von relativ kurzer Wirkungsdauer. Beispiele für diese Problemart lassen sich in allen Unternehmensbereichen leicht finden. So zählen etwa die Belegung von Maschinen mit Aufträgen, der Einsatz des für die Produktion benötigten Personals, die Auslösung von Bestellungen, die Preisgestaltung oder auch verschiedene Werbeaktivitäten zum Kreis der operativen Probleme. In Anbetracht eines grundsätzlich bekannten, programmierten Lösungsweges besteht das "Problem" vor allem in der Behebung von situationsbedingten Störungen (MINTZBERG 1973, S. 54ff.), welche durch außergewöhnliche externe Einflüsse, beispielsweise Nachfrageschwankungen, verursacht sind. Die dabei entstehende Problemkomplexität rührt weniger aus einer grundsätzlichen Datenunsicherheit, sondern viel eher aus der Vielzahl von Einzelinformationen, die nicht mehr ohne weiteres von einer Hand überschaubar sind. Operative Probleme werden deshalb häufig in einfache Teilprobleme zerlegt und unteren Managementebenen zur Erledigung gegeben (vgl. zum Beispiel BRIGHTMAN 1978). Je mehr von der Möglichkeit der Aufspaltung von Problemen Gebrauch gemacht wird, d.h. je höher der Grad der Dezentralisation ist, desto mehr Entscheidungsträger müssen zugleich in den Entscheldungsprozeß mit einbezogen werden. Gerade aus diesen personellen Konsequenzen folgen dann Organisationsprobleme besonderer Art.
Siebtes Kapitel: Dezentralisation durch Delegation
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Ein weiteres Wesensmerkmal operativer Probleme, das zusätzlich Beachtung finden muß und ihre Behandlung in gewisser Weise erleichtert, folgt unmittelbar aus dem Routinecharakter sowie der geringen zeitlichen Reichweite der Entscheidungen. Da die Problemstruktur nicht neuartig ist und benötigte Daten gewöhnlich beschafft werden können, besteht In aller Regel die Möglichkeit einer zuverlässigen quantitativen Problemformulierung. Bei strategischen P r o blemen ist sie dagegen umstritten (vgl. auch LAWRENCE 1979 oder V. DOBSCHOTZ 1981). Organisation durch Problemdekomposition und -komposition. Wird die N o t wendigkeit einer Dezentralisierung unternehmerischer Entscheidungen im a l l g e meinen auch akzeptiert, so stellt sich im Hinblick auf die Analyse und Bewertung der damit einhergehenden Organisation des Entscheidungsprozesses doch vor allem die Frage nach der zweckmäßigen Betrachtungsperspektive. Hierbei läßt sich zwischen zwei entgegengesetzten Erklärungsversuchen zur Problembehandlung und -bewältigung unterscheiden. Bekannt und häufig diskutiert ist in erster Linie die Vorgehensweise, die die Dekomposition von umfassenden, zentralen Problemen zum Ausgangspunkt der Untersuchung wählt. Ein vorliegendes, von der Unternehmensleitung e r kanntes und formuliertes Entscheidungsproblem wird zum Zweck der besseren Handhabung in operative und möglichst einfache Teilprobleme zerlegt, die wiederum einzelnen Fachabteilungen zur Erledigung bzw. Vorbereitung von Lösungsvorschlägen überlassen werden. Geeignete Integrationsmechanismen tragen dafür Sorge, daß alle Tellprobleme im Sinne der Unternehmensleitung gelöst werden und die Summe der Teillösungen schließlich der bestmöglichen Lösung des ursprünglichen Problems nahekommt, wie sie von der Unternehmensleitung erarbeitet worden wäre. In der Vergangenheit sind zahlreiche Vorschläge entwickelt worden, wie die Koordination zwischen den beteiligten Entscheidungsträgern geschickt und zur Zufriedenheit der Unternehmensleitung vorzunehmen 1st (vgl. hierzu etwa die Übersichten bei SWEENEY et al. 1978 oder JENNERGREN 1981). Fast alle V o r schläge fordern, eine dezentrale Organisation derart einzurichten, daß sie stets zu denselben Entscheidungen gelangt wie eine zentrale Organisation. Dies hat offenkundig zur Folge, daß trotz erfolgter Kompetenzübertragung die Zielvorstellungen der neuen, untergeordneten Entscheidungsträger in gar k e i nem Fall berücksichtigt werden, sondern als einzig maßgeblich die vorgegebenen Ziele der Unternehmensleitung dominieren. Um diese Ziele durchsetzen zu können, muß ein perfektes A n r e i z - oder Kontrollsystem installiert werden. Die normative Position des Dekompositlonsansatzes mag je nach eigenem Standpunkt als korrekt oder zu einseitig beurteilt werden, weil sie andere I n teressen von vornherein vernachlässigt. Sie geht jedoch in den meisten Fällen an der beobachtbaren Unternehmensrealität vorbei (FREELAND 1976, SWEENEY et al. 1978). Es gibt kaum praktische Entscheidungssituationen, in denen die Ziele der Unternehmensleitung mit denen von untergeordneten Entscheidungsträgern vollständig zur Deckung gebracht werden, sei es aus Wirtschaftlichkeitsgründen oder sonstigen Erwägungen. Eine andere Konsequenz des Dekompositlonsansatzes b e t r i f f t das mit der Problemzerlegung verbundene Organisationsproblem.· Obwohl mit den v e r w i r k lichten Koordinationsmechanismen zugleich unterschiedliche Organisationsalternativen sichtbar werden, ist deren Bewertung anhand der jeweils erzielten Entscheidungsqualität ohne weitreichende Aussagekraft, da jede Organisation
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Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
dieselben Entscheidungen gestatten soli. Die Analyse muß sich deshalb auf den betrieblichen Koordinationsaufwand beschränken, der von Fall zu Fall d i f ferieren wird. Jedoch zeigt auch hier die Realität ein ganz anderes Gesicht. Demgegenüber bietet der Kompositionsansatz eine weniger bekannte, jedoch mit einigen bemerkenswerten Vorzügen a u s g e s t a t t e t e Alternative der Organisationsbewertung. SWEENEY et al. (1978) haben die fundamentale Andersartigkeit dieses Ansatzes erstmals ausdrücklich betont und die existierenden Verfahren zur dezentralen Planung und Entscheidung entsprechend geordnet. Die b e d e u t samen Unterscheidungsmerkmale der Kompositionsmethode als deskriptives Analyseinstrument (vgl. auch SWEENEY et al. 1978, S. 1495) sind auf mehreren Ebenen angesiedelt: a) Verharrt man nicht bei dem allgemeinen Grundsatz, wonach eine u n t e r n e h merische Aktion s t e t s von der Unternehmensleitung initiiert sein soll, sondern trägt man vor allem der realen Entscheidungssituation eines bestehenden Unternehmens Rechnung, so ist ein zentrales Idealproblem kaum mehr erkennbar. Vielmehr lassen sich vielzählige Tellprobleme mit unterschiedlichsten E n t scheidungsbefugnissen beobachten, die durch Koordinationsmechanismen m i t einander v e r k n ü p f t sind. Die Unternehmensleitung sieht sich aus diesem Grund häufig mit abweichenden Zielvorstellungen untergeordneter Entscheidungsträger konfrontiert, denen erst im Verlauf des Entscheidungsprozesses wirksam begegnet werden kann. So findet die reale Entscheidungssituation insgesamt nur hier, nicht jedoch bei der Dekompositlon eines Idealproblerçis ihre entsprechende Würdigung. b) Von ähnlicher Bedeutung ist, daß mit dem Verzicht auf die Vorabfestlegung eines optimierten, globalen Unternehmensergebnisses gleichzeitig von der Verhaltenshypothese der klassischen Rationalität abgerückt wird. Unerwünschte Entwicklungen können zwar Im Verlauf des Entscheidungsprozesses je nach e r folgter Organisationsgestaltung durch die Vorgabe bestimmter Anspruchsniveaus korrigiert werden (vgl. zum Beispiel FREELAND und BAKER 1975, S.686), doch muß letztlich nicht unbedingt die Lösung zustande kommen, die die Unternehmensleitung anstreben würde, sofern sie von Beginn an im Besitz aller erforderlichen Informationen gewesen wäre. Dies heißt jedoch, daß die Unternehmensentscheidungen im Sinne einer durch die lediglich partielle Kenntnis des Lösungsraums beschränkten Rationalität erfolgen und suboptimale Ergebnisse zum Teil durch dieses Verhaltenspostulat erklärt werden. c) Differierende Entscheidungen lassen sich zum anderen Teil auch aus der zugrundellegenden Organisation erklären. Während bei der Modellierung eines dezentralen Entscheidungsprozesses mit Hilfe der Dekompositlon dessen Organisation ohne Einfluß auf das endgültige, optimale Ergebnis bleibt, t r i f f t dies f ü r den Kompositionsansatz nicht mehr zu. So wird im allgemeinen eine total zentralisierte Planung zu anderen Ergebnissen führen als eine dezentrale P l a nung u n t e r Mitwirkung vieler Entscheidungsträger und Beachtung v e r s c h i e d e n s t e r Zielvorstellungen. Gerade diese Unterschiede sind es jedoch, die die Qual i t ä t der Organisation erkennen lassen und zu Ihrer Beurteilung mit h e r a n g e zogen werden sollten. Während dabei im Hinblick auf eine beschränkte Verhaltensrationalität der Entscheidungsträger, wie zuvor erwähnt, auf die Herbeiführung optimaler
Siebtes Kapitel: Dezentralisation durch Delegation
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Sachentscheidungen v i e l f a c h v e r z i c h t e t werden muß, kann eine Optimierung der Organisatlonsvarlablen, d.h. eine Maxlmierung der S y n e r g i e e f f e k t e , unter B e rücksichtigung der v e r f ü g b a r e n Analyseergebnisse unter Umständen durchaus in Betracht gezogen werden. Diese wichtigsten Implikationen des Kompositionsansatzes, darunter v o r allem die Möglichkeit, Unternehmensergebnisse in Abhängigkeit von der eing e s e t z t e n Struktur klar d i f f e r e n z i e r e n zu können, müssen als a u g e n f ä l l i g e V o r t e i l e gedeutet werden, wenn es darum geht, die Organisation realer E n t scheldungsprozesse zu beurteilen. Delegation durch Problemzerlegung. Im Hinblick auf eine D e l e g a t i o n s b e w e r tung ist es zunächst erforderlich, den verschiedenen strukturellen Gestaltungsalternativen von Entscheldungsproblemen im Sinne der Kompetenz Verteilung nachzuspüren. Grundsätzlich werden mit einer Strukturierung E n t s c h e i dungsvariablen derart an die neuen Entscheidungsträger delegiert, daß aus Jeder an einen Entscheidungsträger übertragenen Variablenmenge ein eigenes Teilproblem erwächst. Erfolgt die Zuordnung der Variablen eindeutig, so sind die Entscheidungsbefugnisse v o l l s t ä n d i g separiert. Nicht s e p a r i e r t e Befugnisse führen grundsätzlich zu Gremienentscheidungen und erfordern im allgemeinen besondere Verhandlungen. Diese werden im zehnten Kapitel näher erörtert. Das ursprüngliche Entscheidungsproblem g i l t als vollständig in Tellprobleme separiert, wenn neben den Entscheidungsbefugnissen zugleich auch das v o r herrschende Restriktionensystem entsprechend z e r l e g t ist, d.h. keine ü b e r g r e i fenden Rahmenbedingungen mehr a u f t r e t e n . Dabei bestehen verschiedene Möglichkelten der Zerlegung ( v g l . auch BURTON und OBEL 1977): a ) Die Entscheidungsvariablen werden den Entscheidungsträgern grundlegend neu zugeordnet, etwa durch Übergang von einer F u n k t i o n a l - zur D i v i s i o n a l organisation. b) Die Zuordnung der Entscheidungsvariablen wird den vorhandenen R e s t r i k tionen so angepaßt, daß die einzelnen Bedingungen nur noch j e w e i l s ein T e i l problem berühren. Dies kann beispielsweise durch Reduzierung der D e l e g i e r tenzahl zu erreichen versucht werden. Rahmenbedingungen werden damit zu bereichsinternen Bedingungen. c ) Entscheidungsvariablen werden v e r n a c h l ä s s i g t oder aggregiert. d) Einzelne Restriktionen werden vernachlässigt oder e ) Rahmenbedingungen spalten.
werden in mehrere
aggregiert.
bereichsinterne
Bedingungen
aufge-
Eine Delegation soll stets zugleich durch Separierung der Entscheidungsbefugnisse und Rahmenbedingungen gekennzeichnet sein, so daß zwischen den einzelnen Teilproblemen keine externen E f f e k t e mehr a u f t r e t e n können ( v g l . auch RUEFLI 1971a oder BURTON und OBEL 1977). Selbstverständlich 1st es der Unternehmensleitung vorbehalten, Teilprobleme nicht zu delegieren, s o n dern selbst einer Lösung zuzuführen. So können Entscheidungsvariablen gar nicht erst abgegeben oder Rahmenbedingungen nicht separiert werden, damit eine zentrale Abstimmung der Teilentscheidungen möglich bleibt. Jede eindeutige Relation
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Dritter Abschnitt : Die Organisation operativer Entscheidungen
D C { 1 , . . . N l x { 1 , . . . , Jl zwischen der Menge II N) und der Menge fl J) beschreibt eine spezielle Delegatlonsform, sofern n=l Ν die zu delegierenden Entscheidungsvariablen und J=l J die in Betracht kommenden Entscheidungsträger kennzeichnen. Vor allem zwei Formen ragen aus der Vielzahl von denkbaren Delegationsalternativen heraus: Eine vollständige Zentralisation der Entscheidung liegt vor, wenn die Unternehmensleitung sich die gesamte Problemlösung selbst vorbehält und auf die untergeordneten Unternehmensebenen lediglich zu Informations- oder Exekutionszwecken zugreift. Formal kann dies zum Beispiel bedeuten, daß keine Entscheidungsvariable delegiert wird oder aber die Entscheidungsräume durch Aufteilung der Rahmenbedingungen zu einzelnen Punkten degenerieren, so daß den Delegierten keine echten Wahlmöglichkeiten mehr verbleiben. Die Inanspruchnahme der untergeordneten Unternehmensebenen läßt sich deshalb allenfalls mit Aufgabendelegatlon kennzeichnen (vgl. zum Beispiel GROCHLA et al. 1981, S. 17ff.) und hat mit der hier zu diskutierenden Entscheidungsdelegation nichts gemein. Der Delegationswert soll in diesem Fall ex definltione Null betragen. Eine vollständige Dezentralisation der Entscheidung liegt vor, wenn aus e i nem Gesamtproblem durch Delegation sämtlicher Entscheidungsvariablen separate Teilprobleme entwickelt werden, deren Behandlung und Lösung keiner zusätzlichen Abstimmung zwischen den Teilbereichen bedarf, well die Teilergebnisse sich nicht gegenseitig beeinträchtigen. Dies setzt voraus, daß die Variablen eindeutig zugeordnet werden können und die Überwachung bereichsübergreifender Rahmenbedingungen nicht erforderlich ist. Der Delegatlonswert errechnet sich aus der Ergebnisdifferenz bei vollständiger Dezentralisation gegenüber vollständiger Zentralisation. LAUX (1979b, S. 41) geht von ä h n lichen, wenn auch spezielleren Begriffsdefinitionen aus. Es leuchtet ein, daß im allgemeinen mehrere Möglichkeiten zu einer vollständigen Dezentralisation bestehen, die mit unterschiedlichen Ergebnissen und somit unterschiedlichen Delegationswerten verknüpft sein können. Zwischen den beiden Formen der vollständigen Zentralisation sowie vollständigen Dezentralisation lassen sich alle übrigen Delegationsalternativen ansiedeln. Ihnen 1st gemein, daß die Unternehmensspitze lediglich einen Teil der In Betracht kommenden Entscheidungsvariablen delegiert bzw. den Entscheidungsraum bewußt einengt, indem sie die Einhaltung von übergeordneten Rahmenbedingungen kontrolliert.
II. Ansatz einer Delegationsbewertung Probleme der Delegationsbewertung. LAUX (1979b, S. 69) sieht die Grundvoraussetzung für eine erfolgversprechende Delegation von Entscheidungen darin, daß zum Zeltpunkt der Delegation noch unbekannt 1st, welche Problemlösung von den Delegierten letztendlich bevorzugt wird. Andernfalls könnte die Unternehmensleitung zumindest dieselbe, wenn nicht sogar eine bessere Entscheidung ohne Delegation herbeiführen. Der Delegationswert wäre unter diesen Umständen somit auf keinen Fall positiv. Grundsätzlich ist dieser Ein-
Siebtes Kapitel: Dezentralisation durch Delegation
Schätzung beizupflichten, noch verborgen läßt.
auch
wenn
sie
den
eigentlichen
79
Delegationsgrund
Steht nämlich der Gedanke der Langfristigkeit des gesamten Organisationsproblems gegenüber einer Vielzahl relativ kurzfristiger Entscheidungsprobleme Im Vordergrund, deren Lösbarkelt auch von der einmal gefällten Delegatlonsentscheidung wesentlich berührt wird, so muß vor allem Unsicherheit als mögliche Ursache von Entscheidungsdelegation In Betracht gezogen werden. Die Unternehmensleitung findet sich einer Entscheidungssituation ausgesetzt, die zum Beispiel durch unvollkommene Informationen über die Umwelt sowie unbekannte, weil nicht offenbarte Ziele der potentiellen Entscheidungsträger zum Ausdruck kommt. Dementsprechend läßt sich eine Delegationsbewertung nur unter Zuhilfenahme persönlicher Erfahrungen durchführen (LAUX 1979b, S. 6f.) und bleibt deswegen unbefriedigend, zumal dem Dilemma zwischen hinreichender Delegationsbegründung und zuverlässiger Delegatlonsbewertung bei Unsicherheit "erfahrungsgemäß" häufig dadurch entgangen wird, daß Delegationsentscheidungen völlig unterbleiben. Besonders die zentrale Abwicklung vieler neuartiger Probleme unterstützt dies nachdrücklich. Soweit es aber um die Organisation einzelner, eventuell eich wiederholender Entscheidungen geht, kann Unsicherheit keine notwendige Delegationsvoraussetzung sein. Obwohl eine Fülle von Informationen vorliegt und konfllktäre Ziele bekannt sind, sogar gerade unter diesen Umständen, 1st das Delegationsproblem besonders akut. Die Bewältigung vielzähliger Entscheidungsvariablen in einem Problem mit Routinecharakter ist dann aber weniger unter dem Gesichtspunkt der Informationsbeschaffung als vielmehr der Informationsverarbeitung zu überprüfen. Demzufolge wird nicht unbedingt Unsicherheit, wohl aber Komplexität als Delegationsgrund zugleich zum Grundproblem einer erforderlichen Delegationsbewertung. Betrachtet man Delegation in erster Linie als Instrument der Entlastung durch Erweiterung des Kreises der Entscheidungsträger (vgl. zum Beispiel GROCHLA et ai. 1981), d.h. tragen Delegationsabsichten zum wesentlichen Teil Zwangscharakter, so fallen schließlich auch vorhandene Delegationsbarrieren, wie etwa Problemart und -größe sowie interpersonelle Zlelkonfllkte (GROCHLA et al. 1981, S. 49ff.), weniger ins Gewicht und werden zu einfachen Einflußgrößen der Delegation. Unter den vorgenannten Aspekten ist das Organisationsproblem der Zweckmäßigkeit von Dezentralisation bzw. Delegation im allgemeinen von deutlich geringerem Interesse als die Frage, auf welche Art und Weise Entscheidungen dezentralisiert werden sollen. Für eine Delegationsentscheidung stößt die exakte Ermittlung des zugehörigen Delegatlonswertes wegen der hypothetischen Vergleichsbasis einer v o l l ständigen Entscheidungszentrallsation deshalb vor allem auf rechnerisch b e gründete Schwierigkelten. Ein Verzicht auf die theoretische Bestimmung der Höhe von Delegations werten f ä l l t aber nicht schwer, wenn statt dessen a l l g e mein die Veränderung des Delegationswertes bei der Wahl einer neuen Delegationsform gegenüber der bestehenden Form zum Gegenstand der Beurteilung erhoben wird. Starke Form der Delegation. Wenn die mit einer Delegationsbewertung e i n hergehende Absicht nicht nur darin bestehen soll, Vorzüge gegenüber einem generellen Delegationsverzicht zu prüfen, sondern es auch auf einen Vergleich
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Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
mit alternativen Delegationsentscheidungen ankommt, so stellt sich die Frage nach dem vorhandenen Synergiepotential, welches allein durch Änderung von Entscheidungsbefugnissen aktiviert werden kann. Hierzu verdienen im folgenden einige Rahmenaussagen festgehalten zu werden, deren Beachtung die Delegationsbewertung im konkreten Einzelfall erleichtert. Für die Unternehmensleitung bzw. Zentralinstanz (J=l) sei die Entscheidungssituation vereinfacht durch die zu delegierenden Entscheidungsvariablen n=l Ν sowie die potentiellen Entscheidungsträger j=2,...,J vorgegeben, wobei bezüglich der anstehenden Entscheidungsprobleme ein Restriktionensystem zu beachten 1st, welches zunächst eine beliebige Gestalt haben darf. Den E n t scheidungsvariablen sind, soweit sie für das Zielsystem der Instanz nicht gleichgültig sind, von Null verschiedene Gewichte gii,...,gNi beizumessen, von denen hier angenommen wird, daß bereits eine eindeutige Reihung STu< . . · 0, und Zi =C2 ·Χί-C3 ·Χ3 ,
C2,C3>0,
der Instanz etwa durch Max < zi , Z2 ) bzw. die Ersatzzielfunktion Max ( t i · ζ ι +ts ·ζ» ) , t i + t í - l ,
t i , t í >0,
I Siebtes Kapitel: Dezentralisation durch Delegation
gleichzeitig berücksichtigen (FANDEL 1972). Die Variablengewichte lauten in diesem Fall gii'ti'Ci,
SJ«i"t2*ca
und
g3i=_ts-C3.
Gilt darüber hinaus zum Beispiel XI =»XS / X 3 ,
so 1st diese Abhängigkeit unter den Variablen in Form einer Rahmenbedingung zu beachten.
zusätzlichen
Die oben als vollkommen angenommene Ordnung ist zur Problemlösung nicht unbedingt erforderlich, sondern dient ausschließlich dem Zweck, ökonomisch unergiebige, jedoch lösungstechnisch später komplizierte Randerscheinungen Im Hinblick auf die Delegationsproblematik vernachlässigen zu können. Es ist darüber hinaus plausibel, daß das Delegationsproblem, wie es oben eingegrenzt wurde, nur dann von Bedeutung 1st, wenn von untergeordneten, potentiellen Entscheidungsträgern, die auch als Delegierte bezeichnet werden, andere Zielvorstellungen in Form abweichender Variablengewichte zu erwarten sind. Derlei Differenzen können bewußt oder unbewußt zustande kommen. Sie können situationsbedingt als Folge von Problemzerlegungen auftreten oder von vorhandenen Zielkonflikten herrühren. Mit Hinsicht auf die Zielrealisierung der zentralen Instanz erscheint es auf alle Fälle Ideal, Entscheidungsvariablen η, ηεΐΐ NI, an Entscheidungsträger j, J> 1. zu delegieren, die bezüglich der übertragenen Variablen dieselben Gewichte für ihr Entscheidungsproblem wählen, d.h. gnj=srni,
falls
(n,j)iD.
Dieser Fall wird als starke Delegationsentscheidung bezeichnet, wenn im übrigen bei Delegierendem und Delegierten dasselbe Rationalverhalten unterstellt werden kann. Eine Delegationsform, die nur aus starken Delegationsentscheidungen besteht, soll entsprechend als starke Form der Delegation bezeichnet und mit D symbolisiert werden (vgl. zu diesem Begriff auch JENNERGREN 1980). Für den Fall, daß nur eine Variable an einen Entscheidungsträger delegiert wird, darf es auch zu Abweichungen in bezug auf das Variablengewicht kommen, ohne daß das von der Instanz angestrebte Ergebnis beeinträchtigt wird. Es besteht nicht die Gefahr eines Fehleinsatzes der Ressourcen zugunsten unerwünschter Alternativen, wenn die Gewichte wenigstens im Vorzeichen, d.h. hinsichtlich der Suchrichtung übereinstimmen. Variablenzuordnungen dieser Art sind deshalb ebenfalls starke Delegationsentscheidungen und tragen zu einer starken Form der Delegation bei. Der Begriff der starken Form der Delegation erhält seine Berechtigung Insbesondere aus der Tatsache, daß die Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse grundsätzlich nicht mehr verbesserbar, d.h. kein höherer Delegationswert e r reichbar ist und zudem besondere Anreiz- oder Kontrollsysteme völlig v e r zichtbar sind. Im Hinblick auf den Informationsstand und somit die Urteilsfähigkeit der Entscheidungsträger 1st zu beachten, daß Fragen des Innerbetrieblichen Informatlonsprozesses zunächst außer Betracht bleiben und In der Un-
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82
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer
Entscheidungen
ternehmung verfügbare Informationen damit grundsätzlich fflr jeden Entscheidungsträger auf die gleiche Art zugänglich sind. Dies bedeutet, daß bereichsinterne Daten dem Jeweiligen Delegierten unmittelbar zur Disposition stehen, während die bereichsexternen Daten kostenlos erworben werden können. Für eine mit Hinsicht auf das Entscheidungsverhalten der zentralen Instanz starke Form der Delegation hängt die Anzahl der hierfür mindestens erforderlichen Delegierten davon ab, wie stark deren Variablengewichte von den Gewichten der zentralen Instanz abweichen. Diese Aussage 1st in der Veise zu Interpretieren, daß bei einem bestehenden Konflikt der Art gm-l/T,
t-l,...,T,
108
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
äußert, ist das Wlrkungspotentlal zusätzlicher Informationen hingegen ( v g l . a u c h THEIL 1967, S. 26).
maximal
Ex post-Informationswert. G e n e r e l l b l e i b t bei j e d e r e x a n t e - B e w e r t u n g u n b e r ü c k s i c h t i g t , i n w i e w e i t d e r I n f o r m a t i o n s w e r t im F a l l e i n e r p o s i t i v e n I n f o r m a t i o n s e n t s c h e i d u n g durch Reduzierung der noch v o r h a n d e n e n Unsicherheit t a t s ä c h l i c h w e i t e r v e r ä n d e r t wird. J e d e I n f o r m a t i o n s e n t s c h e i d u n g s t e l l t z u n ä c h s t n u r eine A b s i c h t s e r k l ä r u n g dar, d e r e n Erfolg schließlich vor allem v o n den v e r f ü g b a r e n Informationsmitteln a b h ä n g t , mit denen die r e l e v a n t e n Umw e l t p a r a m e t e r s i c h e r e r f a ß t werden k ö n n e n . Das Maß h i e r f ü r l a u t e t W2
(I)={z(x',u')-z(xi,u»;...;xt,ut)l-fztx'.u
1
)-z(x°,u°)I,
wenn als A u s g a n g s z u s t a n d eine Wahrscheinlichkeitsverteilung in der oben e r l ä u t e r t e n Form a n g e n o m m e n wird u n d u 1 d e n l e t z t e n d l i c h g ü l t i g e n D a t e n k r a n z b e z e i c h n e t , d e r z u r E n t s c h e i d u n g x 1 f ü h r t . Der e r s t e Term In g e s c h w e i f t e n Klammern d o k u m e n t i e r t die K o n s e q u e n z e n , d i e s i c h n a c h d e r I n f o r m a t i o n s e n t s c h e i d u n g a u f g r u n d d e r I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g e r g e b e n . Der z w e i t e Term d i e n t lediglich dazu, hypothetisch die p o s i t i v e n oder n e g a t i v e n Folgen a u f z u zeigen, die auch f ü r den Fall eines Verzichts a u f vollkommene Information a u f g e t r e t e n und unvermeidlich gewesen w ä r e n . A n g e s i c h t s i h r e r U n b e e i n f l u ß b a r k e i t d ü r f e n s i e b e i d e r I n f o r m a t i o n s b e w e r t u n g k e i n e Rolle s p i e l e n u n d m ü s s e n a u s dem G e s a m t e f f e k t e l i m i n i e r t w e r d e n . Sie s i n d w e d e r d u r c h d a s I n f o r m a t i o n s v e r h a l t e n n o c h d u r c h das E n t s c h e i d u n g s v e r h a l t e n v e r a n l a ß t . Der ex p o s t - I n f o r m a t i o n s w e r t u m f a ß t n e b e n dem e x a n t e - W e r t d e m n a c h d e n Term W2O). Er l a u t e t i n s g e s a m t
auch
Wl ( I ) +W2 ( I ) =z ( x 1 , u 1 ) - z ( x ° , u 1 ) bzw. wi ( I ) + W 2 ( I ) = w ( I ) - { z ( x ° , u I
)-z(x°,u°)I
u n d i s t u n m i t t e l b a r a u s dem a l l g e m e i n e n Wert d e r I n f o r m a t i o n a b l e i t b a r . m e r k e n s w e r t i s t , d a ß d e r a l l g e m e i n e Wert u m g e k e h r t a l s o w e g e n
Be-
w ( I ) = w i ( I ) + W 2 ( I ) + {ζ ( x ° , u ' ) - z ( x ° , u ° ) ) a ) a u s e i n e r T e i l b e w e r t u n g , d i e sich auf d e n e r w a r t e t e n N u t z e n e i n e r I n f o r m a tionseinholung an sich konzentriert, b) e i n e r T e i l b e w e r t u n g , die d e n r e a l e n M ö g l i c h k e i t e n d e r I n f o r m a t i o n s b e s c h a f fung gewidmet ist, und c) e i n e r T e i l b e w e r t u n g , w e l c h e die o b j e k t i v e n U n w ä g b a r k e i t e n formatlonsstrebens darstellt, entsteht. gesetzt.
Rationalverhalten
des Entscheidungsträgers
ist
trotz allen
dabei s t e t s
In-
voraus-
Organisatorische Relevanz der I n f o r m a t i o n s b e w e r t u n g . Im Hinblick a u f e i n e O r g a n i s a t i o n s b e w e r t u n g e r s c h e i n t d e r ex p o s t - W e r t zur Beurteilung der r e a l e n Gegebenheiten von Informatlonsfluß und Informationsverarbeitung mindestens e b e n s o w i c h t i g wie e i n e e x a n t e - B e w e r t u n g . Diese i s t a l l e r d i n g s i n s o f e r n u n -
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
109
erläßlich, als das Vorzeichen von w i ( I ) zunächst den Informationsbedarf d e terminiert bzw. den Informations- und Kommunlkationsprozeß zwischen den an einer Entscheidung beteiligten Unternehmensangehörigen überhaupt In Gang setzt. Für die nachträgliche Oberprüfung von Informationen sind die in die Informationsentscheidung elngebrachten subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten p ( u ' ) hingegen nicht länger gültig. Sie spiegeln lediglich die Situation vor Einholung der Information wider. Relevant wird eine ex post-Bewertung bei tatsächlich nachgefragten Zusatzinformationen, denn es stellt sich nur dann die Frage, ob und wie die I n f o r mationsbeschaffung die Entscheidungsqualität unter der weiterhin geltenden Voraussetzung einer rationalen Ziel Verfolgung verändert (hat). Würde man auf w i ( I ) als Bewertungsansatz beharren, so bedeutete dies zugleich, daß sämtliche Im Verlauf des Informationsprozesses gewonnenen Erkenntnisse unbeachtet blieben, weil die Bewertung eben schon vor der Informationsbeschaffung s t a t t gefunden hätte (GLASER 1980 und die dort zitierte Literatur). Diese Überlegung gilt grundsätzlich auch in bezug auf die Zielvorstellungen des Entscheidungsträgers, die durch einen anderen Informationsstand eventuell beeinflußbar sind (PORAT und HAAS 1969 oder ROTH und MURNIGHAN 1982). Andererseits wäre es zwecklos, nicht-beeinflußbare Parameter In eine ex post-Informationsbewertung ausdrücklich mit elnzubeziehen. Das Ergebnis würde den Anstrengungen des Entscheidungsträgers nicht gerecht. Ihnen bzw. den beanspruchten Informationsmitteln können wohl die Ergebnisse der I n f o r mationsbeschaffung selbst, aber nicht die aus den Informationsinhalten f o l g e n den Resultatsveränderungen zugerechnet werden. In der Literatur wird die Diskussion zum "richtigen" Informationswert ausgiebig und stark kontrovers geführt. Die wichtigsten Argumente der einzelnen Standpunkte sind etwa bei DRUKARCZYK (1974) zusammengefaßt. Wie hier, so wird auch dort betont, daß dem Zweckbezug des Werturteils eine entscheidende Rolle zufällt. Wirkungsweise und Problematik der verschiedenen Phasen der Informationsbewertung sollen im folgenden an einem Beispiel deutlich werden. Beispiel. Zunächst wird die Erlössituation einer monopolistischen mung betrachtet, deren Preis-Absatz-Funktion durch
Unterneh-
x=s-y gegeben ist, wobei χ den Preis, y die Absatzmenge und s deren Sättigungspunkt kennzeichnen (vgl. zu einem ähnlichen Ansatz auch GLASER 1980). Der Einfachheit halber wird eine zentrale Entscheidungsfindung unterstellt, wobei alle Informationen unternehmensintern beschafft werden können. Die einzuholenden Informationen erstrecken sich lediglich auf den zu e r w a r tenden Sättigungspunkt s, der somit den relevanten Umweltbereich definiert. Erwartet der Entscheldungstrftger mit identischer Wahrscheinlichkeit eine der beiden Informationen s ' = 4 oder s , = 3 , so beträgt der erwartete Erlös ohne Zusatzinformation
z(x°,se)-Max X
Σ p(s')·ζ(χ,s*) t=1
110
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
mit z(x,s' )=χ·γ«χ·(s*-χ), d.h.
a
z(x°,s°)»{7/2)x0-(xe)2. Als Preisflxierer bestimmt der Entscheidungsträger den optimalen Preis x°=7/4 sowie seinen maximalen Erlös ζ(x°,u°)=49/16. Bei vollkommener Information lautet der optimale Preis als Ergebnis von Max ζ ( χ , s » ) χ
dagegen Je nach eintretendem Umweltzustand xl=s'/2,
t=l,2.
Der erwartete Erlös ergibt sich dementsprechend zu 2
z(x>,s»;x*,s*)=
Σ ρ(s*)·(Max t=1 I
z(x,s«)I
bzw. ζ (χ 1 . s 1 ; x * , s * ) = 2 5 / 8 , so daß die Information bei rationalem Verhalten tatsächlich eingeholt wird, weil der ex ante-Informationswert wi ( I ) = z ( x l , s > ; x 2 , s * ) - z ( x ° , s ° ) - l / 1 6 positiv 1st. Lautet die vollkommene und korrekte Information s'=4, so erhält man den ex post-Informatlonswert wi ( I ) + w a ( I ) = z ( x 1 , s » ) - z ( x « , s ' Dabei betragen die einzelnen Teilwerte Wi(I)=l/16 und ws ( I ) = 0 .
)=4-(63/16)=1/16.
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
111
Der allgemeine Wert der Information ergibt sich wegen (z(x°,s»)-z(x°,s°)1-7/8 schließlich zu w(I)«15/16. In diesem einfachen Beispiel ist die Abweichung zwischen ex a n t e - und ex post-Informationsbewertung Null. Die erwartete Ergebnisverbesserung durch Informationseinholung wird in vollem Umfang realisiert. Die Differenz beider Verte zum allgemeinen Wert der Information 1st auf die objektive Unsicherheit bezüglich der Umwelt zurückzuführen, die auch ohne weitere Informationsbeschaffung letztlich zu einem unerwartet günstigen Ergebnis geführt hatte. Postulat eines nicht-negativen Informationswertes. Im Hinblick auf die Verbesserung der Entscheidungsqualität ist sicherzustellen, daß Jede entscheidungsrelevante Zusatzinformation grundsätzlich positiv zu beurteilen ist, wenn sie als zuverlässig angenommen werden darf. Die Gültigkeit dieses Postulats trägt dazu bei, daß entscheidungsrelevante Informationen auch tatsächlich eingeholt werden bzw. die betrieblichen Informationsmittel voll genutzt werden, solange die Informatlonskosten außer acht gelassen sind. Den vorangegangenen Ausführungen entnimmt man unmittelbar, daß das Postulat auf alle Fälle für eine ex ante-Bewertung wi(I) erfüllt 1st, sofern nicht bereits zum Zeitpunkt der Informationsentscheidung vollkommene Sicherheit über die relevante Umwelt herrscht oder eine für alle Umweltbedingungen dominante Entscheidungsalternative existiert, die stets gewählt wird. Jeder gemäß der Bedingung wi ( I ) > 0 beschafften Information wird außerdem auch nachträglich wegen wi ( I ) +wj ( 1 ) 2 0 bestätigt, daß sie die Entscheidungsqualität nicht negativ beeinträchtigt hat. Allerdings sind bei einer ex post-Bewertung Korrekturen denkbar, die die u r sprüngliche Resultatsverbesserung nicht mehr gewährleisten. Im ungünstigsten Fall erweist sich die zusätzlich beschaffte Information als irrelevant. Allgemein ergibt sich diese Konsequenz eines nicht-negativen ex p o s t - I n formatlonswertes daraus, daß z(x',u'lizlx'.u1 ) immer gilt, well die Alternative x1 als zielgerechte Sachentscheidung bei der Umwelt u1 nicht überboten werden kann. Für die Gesamtbewertung w(I) 1st eine eindeutige Qualitätsaussage dagegen nicht ohne weiteres verifizierbar, da unterschiedliche Umweltzustände vor bzw. nach der Informationsentscheidung miteinander verglichen werden und eine vollkommene, Jedoch ungünstige Information die Ergebnisqualität zwangsläufig herabsenkt (vgl. auch TEICHMANN 1971). Lediglich für Informationsinhalte, die
112
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
weder die vorhandenen Entscheidungsalternativen schmälern noch die Variablengewichte in der Zielfunktion des Entscheidungsträgers verändern, bleibt das Postulat in seiner abgeschwächten Form weiterhin gültig (DREZE 1960, ALBACH 1969). Zu Ihnen zählen auch die irrelevanten Informationen, die e r gebnisneutral sind. Die positive bzw. nicht-negative Bewertung einer Information 1st sowohl a priori als auch a posteriori also wesentlich daran gebunden, daß die Struktur des zugrundeliegenden Entscheidungsproblems bezüglich Zielfunktion und Alternativenmenge unangetastet bleibt. Die vor der Informationsentscheidung ins Kalkül einbezogenen Alternativen sowie Ziele dürfen durch die Information nicht beeinträchtigt werden. Andernfalls resultierten neue Entscheidungsprobleme, für die die Informationseinholung nicht mehr verläßlich bzw. erneut zu prüfen wäre. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Ressourcenbeschränkungen bekannt werden, die bestimmte Entscheidungsalternativen unmöglich machen. Reales Informationsverhalten. Es ist gelegentlich beobachtbar, daß ein E n t scheidungsträger seinen Informationsprozeß nicht bis zur vollkommenen Information betreibt, sondern im wesentlichen die ihm bekannten Eintrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Umweltzustände überprüft. Gründe hierfür sind darin zu sehen, daß einerseits neue Informationsquellen erschlossen werden sollen, andererseits eine vollkommene Information aber von vornherein als aussichtslos bzw. zu aufwendig eingestuft wird. Es handelt sich also um einen Fall der beschränkten Rationalität des Entscheidungsträgers, der nicht beabsichtigt, das Problem zu vereinfachen und anschließend exakt zu bewältigen, sondern In Anbetracht der komplexen Entscheidungssituation von vornherein lediglich Satlsfizierungsansprüche hegt. Unter diesen Umständen ist eine ex ante-Informationsbewertung in der beschriebenen Form nicht ohne weiteres durchführbar und auch nicht angestrebt. Das Postulat vom nicht-negativen Informationswert hat bei tatsächlich beobachtbarem Informationsverhalten insofern allgemein nur für das ex post-Urteil Bedeutung. Solange sich der Informationsstand nicht verschlechtert, ist es weiterhin erfüllt. Ob allerdings der maximale ex post-Informationswert immer erreicht wird, hängt davon ab, ob die nicht eingeholte Zusatzinformation sich letztendlich als Irrelevant In bezug auf die Sachentscheidung erwiesen hätte. Die Bewertung weicht jedenfalls um z(x» , u ' ) - z ( x ' . u 1 ) vom Informationswert bei Einholung von vollkommener Information ab, wenn x 1 die Entscheidungsalternative nach abgeschlossenem Informationsprozeß kennzeichnet. Reale Informationsprozesse. Bieten sich trotz rationalen Informationsverhaltens und eindeutiger Informationsabsicht keine Möglichkeiten der vollkommenen Information, so liegt das häufig in den vorhandenen Informationskanälen begründet. Die Abweichung z ( x l , u 1 ) - z (x 1 ,u* ) vom Informationswert bei vollkommener Information 1st nicht mehr Verhaltens-, sondern organisationsbedingt. Der effektiv erreichbare Informationswert kann nur durch Verbesserung der organisatorischen Parameter im Hinblick auf die Informationsbeschaffung erhöht werden. Je schwächer die Organisation der Informationsbeschaffung relativ zu den aufgrund der ex ante-Beurteilung bekannten Anforderungen ausgestaltet 1st, desto größer ist auch die Abweichung vom Informationswert bei vollkommener Information. Sie 1st am größten, wenn überhaupt keine
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
Information beschafft und demzufolge die ursprüngliche Entscheidung angepaßt werden kann, d.h.
113
nicht
χ 1 =x° gilt. Die Abweichung entspricht In diesem Fall dem Informationswert bei vollkommener Information selbst, nämlich z(x» , u ' ) - z ( x ' , u ' ) = z ( x ° , u i ) - z ( x ' , u ' ) = - { w i (I)+W2 ( I ) I . Der effektive ex post-Informatlonswert ist also Null. Der positive ex a n t e Wert wird durch eine unerwartete negative Abweichung kompensiert. Die Erwartungen werden überhaupt nicht erfüllt. Umgekehrt sind die realen Informationsprozesse dem Informationsbedarf gemessen, wenn die Abweichungsdifferenz zCx'.u'J-zix'.u 1 ) verschwindet. lerdings entsteht zugleich ein höherer Informationsaufwand, der mit dem sätzlichen Ertrag zu vergleichen ist, damit die Effizienz bzw. Optimalität realen Informationsprozesse abschließend beurteilt werden kann.
anAlzuder
Informationsaufwand. Zusätzliche Informationsqualität ist nur in solchen Fällen gegeben, In denen der Informationswert einer Zusatzinformation I nicht von dem dadurch verursachten Informationsaufwand A(I) aufgezehrt wird. Diese Relation wirkt insofern auf die Bestimmung der Informationsnachfrage zurück, als im ex ante-Informationswert wi(I) entweder der Informationsaufwand a u t o matisch berücksichtigt sein muß oder s t a t t wi(I)>0 die Beziehung wi(I)>A(I) für die Informationsnachfrage maßgeblich wird. Dabei sind jeweils die erwarteten Werte zugrunde zu legen. Dieses Vorgehen ist stets für den Informationsaufwand möglich, der einer Informationsart direkt zugerechnet werden kann. Handelt es sich dagegen generell um den Einrichtungsaufwand, der mit dem Informatlonsprozeß verbunden und nicht welter einzelnen Informationsarten zurechenbar 1st, so 1st das Objekt der Informationsbewertung dementsprechend anzupassen. Im äußersten Fall wäre der Informatlonsprozeß, der dem betrachteten Entscheldungsprozeß vorangeht, für alle Informationsarten geschlossen zu beurteilen. Die Bedeutung des Informationsaufwands hinsichtlich seines Einflusses auf die Bewertung des Informationsprozesses läßt sich am ehesten daran erkennen, daß er im Gegensatz zum allgemeinen Informationswert nicht unmittelbar von den Zielvorstellungen des Entscheidungsträgers abhängt. Vor dieselbe Informationsentscheidung I gestellt, wird ein risikoscheuer Entscheidungsträger durch beträchtlichen Informationsaufwand weniger beelnflußt als ein risikofreudiger Entscheidungsträger, dessen Informationswert ohnehin bereits niedriger anzusetzen ist. Im zweiten Fall schlägt der Aufwand relativ stärker auf den Informationsbedarf durch, so daß lediglich noch die auf einfachste Welse erreichbaren Informationen nachgefragt werden. Gelingt es deshalb, Informationsbeziehungen so zu gestalten, daß die Informatlonsbeschaffung einen möglichst geringen Aufwand verursacht, so hat dies nicht nur eine effiziente Teilorganisation des Informationsprozesses zur Folge, sondern ebenfalls eine positive Ausstrahlung auf das Informationsverhalten,
114
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen \
well möglichst viele Informationen wahrgenommen bzw. maximale Synergieeffekte durch Informationsaustausch erzielt werden. Die Höhe des Informationsaufwands hängt, wenn nicht von individuellen Zielvorstellungen, so doch im wesentlichen von den zu beachtenden Restriktionen der vorliegenden Entscheidungsproblematik ab, d.h. vornehmlich a) von der Art der grundsätzlich erforderlichen Daten, wobei sich der Aufwand In der Regel nach dem gegenwärtigen Informationsstand sowie der Anzahl der In Frage kommenden Zustandsalternatlven bemißt, und b) von der Anzahl der Daten, die im allgemeinen durch den Umfang des Restriktionensystems bestimmt wird. Veiterhin ist es gerade in Anbetracht der Organisation von Entscheidungen von besonderer Bedeutung, daß an demselben Informationsprozeß häufig mehrere Entscheidungsträger beteiligt sind, wodurch ein Informationsfluß über verschiedene Stationen zustande kommt. Deshalb sind zusätzlich auch c) die Dauer der Informationsbeschaffung bzw. die Länge des Informatlonsweges, die sich an den zwischengeschalteten Informationsträgern zu orientieren hat, sowie d) die Art der Informationsverarbeitung auf Zwischenstationen, etwa durch Informationsverdichtung, als Einflußgrößen des Informationsaufwands zu beachten. Schließlich dürfen auch solche Faktoren nicht unberücksichtigt bleiben, die grundsätzlich nicht von einzelnen Entscheidungen abhängen, sich aber dennoch auf den Informationsaufwand auswirken. Hierzu zählen in vorderster Linie kapazltative Größen, die eine ständige, störungsfreie Informationsversorgung überhaupt erst gewährleisten, also die vorhandenen Informationsübermittlungsund Informationsspeicherkapazitäten. Wegen Ihrer Insgesamt geringen Entscheidungsrelevanz sollen diese Einflußgrößen allerdings nicht weiter diskutiert werden. Eine mittelbare Berücksichtigung erfolgt bereits durch die übrigen Aufwendungen, die gleichzeitig Anhaltspunkte für den Kapazitätsbedarf liefern. Prinzipiell 1st der Informationsaufwand aufgrund seiner Unabhängigkeit vom Individuellen Bewertungs- und Entscheidungsprozeß gegenüber dem Informationsnutzen leichter handhabbar bzw. besser meßbar. Dies t r i f f t vor allem für den reinen Obermittlungsaufwand sowie alle extern beschafften Informationen zu. Bei jeder internen Informationseinholung, wie sie im Hinblick auf innerbetriebliche Entscheidungsprozesse mit in den Vordergrund rückt, wirft das Fehlen von Marktpreisen allerdings Bewertungsprobleme auf. Soll deshalb der Informationsaufwand sowohl als Grundlage für das Individuelle Informationsverhalten als auch bei der organisatorischen Beurteilung der Informationsaktivitäten überhaupt berücksichtigt werden, so müssen die einzelnen Einflußgrößen als Bezugsbasen einer annähernd exakten Aufwandsermittlung dienen, indem Aufwandproportionalität unterstellt wird. Informationsgehalt. Unter sämtlichen Einflußgrößen des Informationsaufwands muß die Art der einzuholenden Daten als besonders wesentlich erachtet werden. Je stärker die anfängliche Datenunsicherheit in bezug auf ein E n t scheidungsproblem 1st, d.h. Je mehr Alternativen des gesamten Datenkranzes
Achtet Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
115
noch Qberprttft werden müssen, desto höher ist Im allgemeinen auch der Informationsaufwand zu kalkulieren, der bei der Ermittlung der entscheidungsrelevanten Umwelt anfallt. Aus dieser einfachen Plausibillt&tsQberlegung heraus ist der Vorschlag e r wachsen (vgl. zum Beispiel GLASER 1980), den ursprünglichen Beitrag von SHANNON und VEAVER (1949) zur rein technisch orientierten Informationstheorie, nämlich das Konzept des Informationsgehalts, zur Unterstützung bei der Schätzung des Informationsaufwands heranzuziehen. Unter der Annahme gleichwahrscheinlicher Umweltzustände 1st der Informationsgehalt H, gelegentlich auch als Entropie bezeichnet, eine monoton s t e i gende Funktion in Abhängigkeit der Anzahl Τ aller relevanten Umweltzustände ui UT mit positiven Eintrittswahrscheinlichkelten, nämlich H = H ( T ) = - l g ( 1 / T ) = l g (T)>0. Die Funktion lg bezeichnet den dekadischen Logarithmus. Eine Begründung der exakten Funktion bzw. Wahl der logarithmischen Darstellung liefert zum Beispiel THEIL (1967, S. 4ff.). Zugleich entwickelt THEIL auch eine axlomatlsche Fundierung des Entropiemaßes. Da 1/T als Eintrittswahrscheinlichkeit
des Umweltzustandes ut, t = l
T,
interpretierbar 1st, d.h. p(ut)=1/T
für
t=l,...T,
kann der Informationsgehalt auch als H=H(p(ut))=-lg(p(ut)) beschrieben werden. Diese Form der Darstellung bietet zugleich den Ansatz für die allgemeine Ermittlung des Informationsgehalts in solchen Fällen, in denen die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Umweltzustände beliebige Werte annehmen können. Der Gehalt einer vollkommenen Information bestimmt sich unter Berücksichtigung des ursprünglichen Informationsstands p(ut), t = l T, als H=H(p(ui)
p(ur))=- Σ (ρ(ut)·lg(ρ(ut))I. t -1
Jede Abweichung von einer Gleichverteilung der Eintrittswahrscheinlichkeiten bedeutet weniger Unsicherheit über den entscheidungsrelevanten Umweltzustand und bewirkt dadurch eine geringere Bewertung H der erhaltenen Informationen. Dies kommt besonders dadurch zum Ausdruck, daß die Funktion H ihr Maximum im Fall höchstmöglicher Unsicherheit, d.h. bei gleichwahrscheinlichen Umweltzuständen, und ihr Minimum 0 bei Erwartung bereits bekannter Daten, d.h. für p(ur)=l
für irgendein
ρ(ut)-0
für alle
sowie t«t',
t'e(l,...,TI
116
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer
Entscheidungen
annimmt (vgl. auch THEIL 1967, S. 26f.). Im letzten Fall wird kein besonderer Informationsaufwand erforderlich. Der Informationsgehalt 1st entsprechend Null. Das erläuterte Konzept muß als Hilfskonstruktion für den häufig nicht genau feststellbaren innerbetrieblichen Aufwand bei der Informationsbeschaffung v e r standen werden, wobei der Gesichtspunkt einer ordinalen Skalierung im Vordergrund steht. Es basiert auf einer Problemvereinfachung, wie sie analog bereits bei der Bestimmung des allgemeinen Informationswertes erläutert wurde, und dient zur Korrektur dieses Wertes bzw. des Informationsbedarfs. Bei einer externen Informationsbeschaffung ist der Aufwand dagegen in den meisten Fällen exakt ermittelbar, beispielsweise durch den für die Information gezahlten Preis. Organisatorische Erwägungen zielen allerdings vornehmlich auf die interne Informationsbeschaffung, für die in der Regel ein Preis kaum existiert. So b e trachtet kann der mit einem - zum Beispiel indirekt über einen Verteilungsschlüssel ermittelten - Aufwandsfaktor k bewertete Informationsgehalt zumindest einen Anhaltspunkt für den Aufwand liefern, mit dem die Informationsbeschaffung betrieben werden muß. Informatlonsmenge. Eine wichtige Determinante des Informationsaufwands stellt die Anzahl der von einem Entscheidungsträger zur Bewältigung eines Problems nachgefragten Daten dar. Zwar bestehen Möglichkeiten, sämtliche Daten als einen Umweltzustand zu erfassen bzw. mit Hilfe eines Parameters zu beschreiben, so daß die Informationsmenge bei der Bestimmung des Informationsgehalts implizit bereits berücksichtigt 1st, doch kann eine derart aggregierte Betrachtungsweise keine detaillierte Zuordnung des Informationsaufwands leisten. Solange Einzelinformationen unabhängig voneinander und aus verschiedenen Quellen beschafft werden, erscheint es zweckmäßig, den Informationsgehalt Jedes Datums soweit wie möglich isoliert für sich zu bestimmen. Bei diesem Vorgehen ist der Gehalt einzelner Informationen gegenüber dem Gehalt der Gesamtinformation offenbar geringer, was durch die jeweils geringere Anzahl möglicher Datenkonstellationen erklärbar ist, doch ergibt sich nach e n t sprechender Addition derselbe Wert H, der auch bei einer Gesamtbetrachtung realisiert worden wäre. Für den Extremfall größtmöglicher Unsicherheit bezüglich Jeder Informationsart 1 gilt zum Beispiel L
L
H(T)=H( π Ti ) = - l g ( 1 / π Τι ) ι=ι ι=ι L
L
= - Σ l g ( Ι / Τ ι )= Σ H (Τι ) , 1=1 1=1 wenn Τι die Anzahl der hinsichtlich Informationsart 1 jeweils gleichwahrscheinlichen Zustände der betreffenden Teilumwelt bezeichnet und die Anzahl Τ der mit positiver Wahrscheinlichkeit erwarteten Konstellationen der Gesamtumwelt dementsprechend aus allen möglichen Kombinationen der Teilzu-
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems stände a b g e l e i t e t wird. Analoges folgt für den allgemeinen Fall, also bei liebigen E i n t r i t t s w a h r s c h e i n l i c h k e l t e n p(ut), t = l T.
117 be-
In bezug a u f die a n g e s t r e b t e Einzelbewertung von Informationen s t e l l t die natürliche Zahl L die Mächtigkeit der Informationsmenge dar und gibt zugleich an, wieviele unabhängige Informationen der Analyse zugrunde liegen. Die A b hängigkeit des Informationsaufwands von der Informationsmenge ergibt sich dabei z u n ä c h s t indirekt über eine Aufspaltung des Informationsgehalts. Eine lineare Abhängigkeit liegt genau dann vor, wenn Jeder Einzelinformation der gleiche Gehalt H zuzurechnen, also H(L)=L·H erfüllt i s t . Sie muß im allgemeinen für solche Entscheidungssituationen u n t e r s t e l l t werden, In denen aufgrund einer Vielzahl denkbarer I n f o r m a t i o n s a l t e r n a t i v e n ein bezüglich aller Daten hoher Unsicherheitsgrad vorherrscht. In a l len übrigen Fällen kann der Informationsaufwand sowohl degressiv als auch progressiv mit der Informationsmenge wachsen. Informationsweg. Die Komplexität eines r e a l e n Informationsprozesses kommt vor allem auch dadurch zum Ausdruck, daß die Informationsbeschaffung über verschiedene S t a t i o n e n erfolgt, d.h. mehrere Informationsträger an diesem Prozeß in unterschiedlicher I n t e n s i t ä t partizipieren. So wird eine benötigte Information den Entscheidungsträger oft nur über den vorgegebenen Instanzenweg erreichen, also durch die Einschaltung von V o r g e s e t z t e n als reine Informationsübermittler. Ebensogut sind horizontale Informationsflüsse im Umlaufsystem denkbar, d.h. Informationen werden In einer f e s t e n Reihenfolge w e i t e r t r a n s p o r t i e r t und erreichen den Nachfrager im u n günstigsten F a l l e r s t als l e t z t e n in dieser Kette. Im Verlauf einer mehrstufigen Übermittlung kann die ursprüngliche Information außerdem, bewußt oder unbewußt, v e r ä n d e r t werden. Insbesondere kann sie das Resultat eines i t e r a t i v e n Prozesses sein, der sich durch einen w e c h selseitigen Informationsaustausch in mehreren S c h r i t t e n vollzieht, wobei schrittweise neue Informationsinhalte übertragen werden. Der Informationsweg in einer dieser Ausprägungen wird unter o r g a n i s a t o r i schen Gesichtspunkten zu einer bedeutenden Elnflußgröße auf Höhe und A u f teilung des Informationsaufwands, was sowohl den reinen Obertragungsaufwand als e v e n t u e l l auch den Verarbeitungsaufwand a n b e t r i f f t . Bezüglich des Aufwands der Informationsübermittlung 1st zu beachten, daß dieser mit der Zahl der am Beschaffungsprozeß b e t e i l i g t e n Organlsatlonsmltglieder wächst. J e kürzer a l s o der Informationsweg 1st, desto geringer 1st zugleich der Übermittlungsaufwand. Dies gilt im übrigen auch für Jeden I t e r a tiven Informatlonsprozeß, an dem zwei oder mehr Organisationsmitglleder w i e derholt b e t e i l i g t sind. Maßgeblich 1st hierbei die Zahl der Informationskont a k t e . Eine Minimierung der A u s t a u s c h s c h r i t t e wird a n s t r e b e n s w e r t (vgl. auch SWEENEY e t al. 1 9 7 8 ) . Als Begründung für die gleichlaufende Beziehung zwischen I n f o r m a t i o n s a u f wand und Zahl der Informationskontakte s t e h t die Beobachtung, daß z u s ä t z liche Kontakte zum Zweck der Informationsbeschaffung s t e t s Ressourcen b e a n spruchen. Ober die genaue Art der Beziehung, also ein degressives, l i n e a r e s
118
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
oder progressives Anwachsen des Übermittlungsaufwands in Abhängigkeit von der Anzahl der notwendigen Kontakte, sind Aussagen kaum zu verallgemeinern, sondern bedürfen stets konkreter Untersuchungen. Legt man allerdings bei g e gebenem Informationsgehalt Unabhängigkeit und Gleichartigkeit der einzelnen Kontakte zugrunde, so erscheint die Proportionalität durch die Kontaktanzahl im allgemeinen als hinreichend genau erfaßt. Die Gleichartigkeit der Informationskontakte im Verlauf eines Informationsprozesses ist allerdings nur so lange gewährleistet, wie durchlaufende Informationen von einzelnen Organisationsmitgliedern nicht verändert werden. In Fällen der Informationsverarbeitung sind eingehende Informationen von den ausgehenden Informationen deutlich zu trennen. Man hat es strenggenommen mit verschiedenen Informationsarten und dementsprechend mit einer Zerlegung des Informationsweges in zwei Teilabschnitte vor bzw. nach der Verarbeitung zu tun. Informationsverarbeitung. Teilaufgaben des Unternehmensmanagements können, sofern sie nicht die Entscheidungsfindung unmittelbar zum Gegenstand haben, sondern vor allem der Entscheidungsvorbereitung dienen, auch als Informationsverarbeitung bezeichnet werden. Wird hierunter vor allem die Vereinfachung komplexer Datensätze verstanden, so spricht man zugleich von Informationsverdichtung. Dabei erfolgt eine Reduzierung des ursprünglichen Datensatzes U'SFU1!, . . . ,U»L)* ,
u'ieR,
1=1
L,
zu einem vereinfachten Datensatz u2 = (u2I, . . . ,U2L·)* ,
U2I-ER,
L'=L
L \
wobei gewöhnlich L>L* erfüllt ist. (u'i U'L)* bzw. (u2i U 2 LO* kennzeichnen die Transposition des Zellenvektors ( u L I u'i) bzw. ( u 2 I U 2 L·) in einen Spaltenvektor. Bei u1 und u2 handelt es sich also um Spai ten Vektoren. Jede Informationsverarbeitung läßt sich durch eine Abbildung Y darstellen, die den ursprünglichen Daten vor der Verarbeitung die neuen Daten nach der Verarbeitung zuordnet. Erfolgt die Verarbeitung der Daten mit Hilfe linearer Operationen, so ist Y eine (L'xL)-Matrix mit reellwertigen Elementen, die der Bedingung u 2 =Y · u1 gehorcht. Bei Verzicht auf Jegliche Art von Informationsverarbeitung entspricht Y der Einheitsmatrix. Y repräsentiert einen wichtigen Organisations- bzw. Informationsparameter, da gerade die Informationsverarbeitung eine Alternative Im Hinblick auf die bessere Handhabung von Daten, deren Speicherung und Weitertransport, vor allem bei häufiger Nutzung, bietet. Der entstehende Verarbeitungsaufwand wird recht schnell durch eine erhebliche Verringerung des Obermittlungsaufwands ausgeglichen.
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
119
Repräsentative Information. Mit jeder Informationsverdichtung ist eine Problemvereinfachung und mit dieser die Gefahr des Informationsverlusts v e r bunden. Ziel Jeder Informationsverarbeitung muß es deshalb sein, den ursprünglichen Informationswert für bestimmte Verwendungszwecke der Daten zu erhalten, d.h. repräsentative Informationen als Resultate des Verarbeitungsprozesses zu erzeugen. Grundsätzlich 1st bei jeder Informationsverarbeitung die vorliegende Entscheidungsproblematik zu beachten. Beispiel. Stellt A einen linearen Bntscheidungsoperator in Form einer (NxL)Matrlx dar, so lautet die Entscheidungsalternative bei ursprünglichem Datensatz u1 x=A · u1 mit x=(xi
XN)*
und XB£R
für alle n = l
N.
Anders erhält man bei Übermittlung bereits verarbeiteter Daten und hinsichtlich der Spaltenanzahl angepaßter (NxL')-Entscheldungsmatrix A' χ ' = A ' -u» mit x'=(x'i
X'M)*,
X'IISR
für alle
n=L
N.
Die verarbeitete Information u" ist genau dann repräsentativ, wenn x=x ' sichergestellt ist, durch Obermittlung von bereits verarbeiteter Information an den Entscheidungsträger also keine Beeinflussung der Sachentscheidung eintritt. Aus
ι χ ' =A' ·u 2 =A' - Y ' U 1 = A - u l =x
leitet sich für den Fall, daß repräsentative Informationen erzeugt werden sollen, unmittelbar die notwendige und hinreichende Bedingung A"·Y=A ab. Sind die Aufgaben der Informationsverarbeitung noch manipulierbar, etwa durch geeignete (Aufgaben-)Delegation, so lassen sich repräsentative Informationen durch simultane Abstimmung der Verarbeitungsaktivitäten Y mit dem Entscheidungsoperator A' um so leichter gewährleisten, je geringer das Ausmaß der Informationsverdichtung sein soll. Bei (N-L'+L'-L) frei wählbaren Parametern für A' und Y folgt aus der hergeleiteten Bedingung, daß repräsentative Informationen unter allen Umständen möglich sind, solange für die gewünschte Informationsverdichtung L'2(N-L)/(N+L) eingehalten wird. Sind die Informationsverarbeitungsaktivitäten dagegen bekannt, aber nicht mehr beeinflußbar, so kann die Repräsentativltät von u* allenfalls noch durch
120
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
eine geschickte Berücksichtigung des Verdichtungsprozesses bei der Wahl des Entscheidungsoperators A' verwirklicht werden. Nur in den wenigsten Fftlien gelingt dies (vgl. auch SONDERHANN 1973 oder SPREMANN und BAMBERG 1984). Insbesondere 1st hierzu die Singularität des ursprünglichen Entscheidungsoperators A Voraussetzung, d.h. die lineare Unabhängigkeit der nachgefragten Daten ist ohnehin nicht gegeben. Im allgemeinen werden Jedoch, solange Jedenfalls die relevanten Organisationsentscheidungen in Form von Y bereits g e t r o f f e n und unumstößlich sind, statt repräsentativer Informationen lediglich fallweise gute Lösungen dadurch erreichbar, daß approximative bzw. g l e i c h mäßig beste Entscheidungsoperatoren A' entwickelt werden (vgl. zum Beispiel OPITZ 1978). Optimale Informationsverarbeitung. Die Beurteilung einer in Form von Y g e gebenen Informationsverarbeitung läßt sich anhand der bewerteten Abweichung in der Entscheidungsqualität gegenüber einer nicht verdichteten Information vornehmen, d.h. durch die Differenz ζ ( x . u 1 ) - z ( x 1 ,u« ) , wenn hinsichtlich der Erledigung des Sachproblems rationales Entscheidungsverhalten unterstellt werden darf. Für den Fall, daß repräsentative Informationen erreichbar sind, ist diese Differenz Null und mithin ein Indiz für die Qualität der zugrundeliegenden Organisationsentscheidung. Gewöhnlich wird man dieses Maß um eine Aufwandsersparnis zu korrigieren haben, mit der im Verlauf des gesamten Entscheidungsprozesses und trotz der erheblichen V e r arbeitungsaktivitäten zu rechnen 1st. Informationsverarbeitung im Lichte praktischer Anwendungen. Faßt man die vorangegangenen Überlegungen zusammen, so haben sukzessive und simultane Vorgehensweisen bei der Festlegung von Organisations- und Sachentscheidung, soweit Informationsverarbeitungsvorgänge betroffen sind, beide ihre Berechtigung. Während mit der Vorabfestlegung der einzelnen Verarbeitungsaktivitäten im allgemeinen garantiert werden kann, daß diese Aufgaben mit vertretbarem Aufwand zu bewältigen sind, bürgt allein die vom Jeweiligen Sachproblem a b hängige Aufgabenfixierung für einen geringstmöglichen Informationsverlust. Lediglich das Ausmaß der Informationsverdichtung ( L - L 1 ) wird in diesem Fall vorab bestimmt. Darüber hinaus können spezielle Anforderungen an die mit den Verarbeitungsaufgaben betrauten Organisationsmitglieder berücksichtigt werden. Eine ausführliche Behandlung des Zielkonflikts zwischen Zugänglichkeit und Aussagekraft von Informationen nehmen SPREMANN und BAMBERG (1984) vor. Dort werden auch Konstruktionsverfahren erläutert, die gleichzeitig konkrete Hinwelse auf die zu erwartenden Verarbeitungskosten geben. Informationssystem. Fügt man alle für den Informationsverlauf bedeutenden Einzelerkenntnisse zusammen und betrachtet man dazu- die in der gesamten Unternehmung bezüglich eines Entscheidungsproblems ablaufenden Informationsprozesse, so ergibt sich schließlich ein vernetztes Informationssystem, das aus a ) den einzelnen Informationsträgern nachfragern) als Elementen,
(Informationsanbietern und Informations-
Achtet Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems b) den Informationswegen Systembeziehungen,
bzw. - f l ü s s e n zwischen den Informationsträgern
121 als
c) den Verarbeitungsprozessen bei den Informationsträgern sowie d) sonstigen Rahmenbedingungen besteht. Das Informationssystem 1st als Teilsystem der Organisation I n t e r p r e t i e r b a r . Es 1st a u f die Darstellung der Kommunikationsbeziehungen zwischen den e i n zelnen S t e l l e n b e s c h r ä n k t , wobei grundsätzlich beliebige horizontale und v e r t i k a l e Formen der Kommunikation zugelassen sind. Als Teil des E n t s c h e i d u n g s systems kommt dem Informationssystem die Aufgabe zu, a) Daten zu sammeln, speichern, v e r a r b e i t e n und weiterzugeben b) und zwar In der Form benötigter Informationen c) zum Zweck der Herbeiführung von
Sachentscheidungen
(vgl. auch McFARLAND 1979). Bewertungsansätze für ein Informationssystem. mationssystems h a t s t e t s a ) dessen t e c h n i s c h e
Jede Beurteilung eines I n f o r -
Realisierbarkeit,
b) die ökonomische Realisierbarkeit sowie c) die operationale Realisierbarkelt, also das von den Entscheidungsträgern das System aufzubringende Verständnis,
für
zu bewerten (KRIEBEL 1976, S. 4 7 6 ) . B e t r a c h t e t man prinzipiell nur t e c h n i s c h und operational r e a l i s i e r b a r e Lösungen, so b e d e u t e t das, hinsichtlich der ökonomischen Realisierbarkeit eine Bewertung in Gang zu setzen, die n i c h t mehr den Nutzen einzelner Informationen zum Gegenstand hat, wie es das Ziel der k l a s s i s c h e n Informationstheorie 1st, sondern auf die zweckmäßige V e r w e n dung der Daten a b s t e l l t . Bei dieser Art von Beurteilung 1st die b e r e i t s e r wähnte Überlegung von zentraler Bedeutung, ob Informationsangebot und I n formationsnachfrage der einzelnen Entscheidungsträger aufgrund einer v o r g e gebenen Entscheidungsproblematik sowie starrem Informationsverhalten schon endgültig festliegen oder eine Abstimmung der Problemformulierung mit den I n f o r m a t i o n s a k t i v i t ä t e n noch r e a l i s i e r b a r 1st. Sind Informationsflüsse generell an das bestehende Kompetenzsystem g e k o p pelt, so gründet sich Jede Bewertung des Informationssystems einzig und allein a u f die Beurteilung der Informationsverarbeitungsprozesse bei den z w i s c h e n g e s c h a l t e t e n Informationsträgern. Ein günstiger Informationswert r e s u l t i e r t aus dem Gelingen, die Aufgaben im Zusammenhang mit der Informationsverarbeitung so zu definieren, daß der Informationsaufwand durch Vereinfachung der I n f o r mationsmenge, bei gleichzeitiger Bewahrung r e p r ä s e n t a t i v e r Informationen, möglichst gering gehalten wird.
122
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Umfassender 1st das Problem der Bewertung eines nicht gebundenen Informationsflusses. Sofern das unternehmerische Kompetenzsystem nicht maßgeblich ist f ü r die Errichtung von Informationswegen, bietet sich eine Vielzahl von Alternativen der Informationsübertragung, die den Informationsfluß beschleunigen und den Bedarf an Verarbeitungskapazität in erheblichem Maße reduzieren. Der Verzicht auf eine Vorgabe von Informationsnachfrage und Informationsangebot als Randbedingungen der Bewertungsproblematik erhält dann Sinn, wenn zugleich auch die Formulierung des endgültigen Sachentscheidungsproblems zur Disposition steht. Für diese allgemeinste Art der Informationsbewertung müssen die zusätzlichen Verarbeitungsaktivitäten sowie die daraus resultierende vereinfachte Sachentscheidung bezüglich ihres Aufwands gegeneinander abgewogen werden. Einbußen an Entscheidungsqualität sind zusätzlich zu beachten, wenn das Ausmaß an Informationsverdichtung die oben erläuterte Grenze überschreitet. Im Prinzip umschließt dieser Fall der nicht endgültig determinierten Informationsnachfrage also auch die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer verstärkten Aufgabendelegation in Form von Informationsverarbeitung. Qualitative Merkmale eines optimalen Informationssystems. Unabhängig von den verschiedenen Bewertungsansätzen existiert eine Reihe von allgemeinen Kriterien, die hinsichtlich des Nutzens eines Informationssystems zu überprüfen sind und dementsprechend zu seiner Bewertung herangezogen werden müssen. In bezug auf einen bestmöglichen Informationsfluß muß vor allem den v o r liegenden Entscheidungsproblemen sowie dem Informationswert und Informationsaufwand Rechnung getragen werden. So behindert ein hoher Informationsaufwand zwangsläufig die Weitergabe von Informationen, weil er den Informationswert empfindlich kompensiert. Insofern ist bei einem optimalen Informationssystem darauf zu achten, daß der Übermittlungsaufwand möglichst gering gehalten wird. Kurze Informationswege unter Umgehung zwischengeschalteter Informationsträger sind vorzuziehen. Jeder Informationsfluß wird von einer konkreten Informationsnachfrage a u s gelöst. Eine Abhängigkeit des Informationsflusses von der Belastung oder den Zielen des Anbieters zeugt dagegen eindeutig von der Senderorientierung des Systems. Bei geringer Belastung sind Informationsanbieter eher geneigt, z u sätzliche Daten zu übermitteln. Ähnliches gilt für den Fall, daß sie sich eine Verbesserung der Entscheldungsqualität versprechen, wenn bestimmte Daten den Entscheidungsträger erreichen (HUBER 1982). Für die Informationsbewertung ist jedoch ausschlaggebend, ob diese Daten überhaupt als Informationen begehrt sind. Umgekehrt ist es selbst bei hoher Belastung des Anbieters e r forderlich, dringend und selbst bei hohem Aufwand nachgefragte Informationen nicht zurückzuhalten. Im Sinne eines optimalen Informationssystems ist d e s halb die Unabhängigkeit des Informationsflusses von der Arbeitsbelastung und den Zielen des Informationsanbieters sicherzustellen. Entsprechende Kapazitäten, die die Präferenzen der Informationsnachfrager wahrnehmen und berücksichtigen, kennzeichnen dieses optimale System. Ausnahmen von der Nachfragesteuerung des Informationsflusses sind allein bei schlechtstrukturierten und strategischen Entscheidungsproblemen denkbar, wenn der Informationsbedarf vom Entscheidungsträger nicht vorabsehbar 1st. In solchen Fällen muß eine vom Anbieter initiierte Informationsübermittlung h i n -
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
123
sichtlich der zu realisierenden Synergieeffekte neu bewertet werden, zumal die Senderorientierung In Anbetracht eines generell niedrigen Informationsstands In vielen Fällen dann zu einem hohen Erwartungsnutzen f ü h r t . Selbst ein hoher Informationsaufwand wird dadurch gelegentlich gerechtfertigt. Die Stellung eines Entscheidungsträgers in der Unternehmenshierarchie ist oft eng mit dem Ihm entgegengebrachten Informationsangebot v e r k n ü p f t (HUBER 1982). Wenn der Informationsstand auf höheren Untemehmensebenen gering und das Kompetenzsystem zentralistisch ausgelegt ist, wird diese Beobachtung erklärlich. Es existiert eine v e r s t ä r k t e Informationsnachfrage. Allgemein b e einträchtigt die Bindung des Informationssystems an das Kompetenzsystem J e doch den Informationsnutzen, sei es wegen der Verzögerungen oder des e r h ö h ten Aufwands der Informationsübertragung. So sollte im Interesse kurzer I n formationswege freier Zugang zu allen möglichen innerbetrieblichen Informationsquellen gewährleistet sein, ohne daß ein vorhandenes Kompetenzsystem sich von vornherein f ü r die Informationsübermittlung als bindend erweist. Bei Routineentscheidungen und anderen Situationen, In denen die Informationsnachfrage selbsterklärend ist, wird die Standardisierung von Informationsflüssen automatisch zum Bestandteil eines optimalen "dynamischen" I n f o r mationssystems, da eine Senderorientierung der Beschleunigung bei der I n f o r mationsbeschaffung dient und dadurch den Informationswert erhöht. Der Prozeß der Informationsverdichtung Im Rahmen eines optimalen Informationssystems muß in e r s t e r Linie anhand eines Vergleichs des anfallenden Übermlttlungs- und Verarbeitungsaufwands bewertet werden, solange die u r sprünglichen Informationen r e p r ä s e n t a t i v verdichtet werden und somit der I n formationswert f ü r den Nachfrager unverändert erhalten bleibt. Dabei stehen beide Aufwandsarten in einem reziproken Verhältnis zueinander, d.h. ein hoher Verarbeitungsaufwand bewirkt eine Reduzierung der Informationsmenge und d a mit auch des Obermittlungsaufwands bzw. umgekehrt. Aufgrund dessen 1st es unmittelbar einsichtig, daß Informationen um so s t ä r k e r v e r a r b e i t e t werden sollten, j e geringer der Verarbeitungsaufwand ist (vgl. auch HUBER 1982). Die Erhaltung und Weiterleitung der ursprünglichen Informationen wird dagegen durch einen hohen Verarbeitungsaufwand bzw. geringen Obermittlungsaufwand begünstigt. Bemerkenswert ist, daß mit der Länge von Informationswegen zugleich auch der Obermittlungsaufwand zunimmt. Damit wird aber eine Informationsverdichtung um so vorteilhafter, je länger der Informationsweg 1st. Ihre natürliche Grenze findet sie Immer in der verfügbaren Verarbeitungskapazität. Aus den erläuterten q u a l i t a t i v e n Merkmalen lassen sich Gestaltungsbedingungen entwickeln, die den Rahmen f ü r ein optimales Informationssystem a b stecken. Dieser Rahmen dient der Aufrechterhaltung einer hohen E n t s c h e l dungsqualität durch bestmögliche Informationszuführung. Er kann durch eine Individuelle Gegenüberstellung von Ertrag und Aufwand einzelner Systemkomponenten sukzessive eingeengt werden. Quantitative Bewertungsaspekte. Ober die getroffenen q u a l i t a t i v e n F e s t s t e l lungen hinaus gilt es hinsichtlich der Beurteilung eines Informationssystems vor allem noch unter zwei Gesichtspunkten q u a n t i t a t i v abzuwägen: a) Vergleich von Informationswert des optimalen Informationsflusses
und Informationsaufwand zur
Einrichtung
124
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
b) Vergleich von Obermlttlungsaufwand und V e r a r b e i t u n g s a u f w a n d zur B e s t i m mung der optimalen Informationsverdichtung. Beidesmal müssen Betrachtungen vorgenommen werden, die auf das konkrete Elnzelproblem a u s z u r i c h t e n sind. Häufig r e i c h t jedoch eine e i n f a c h e Obers c h l a g s k a l k u l a t i o n a u s , um die optimalen F l ü s s e und V e r a r b e i t u n g s a k t i v i t ä t e n a u f z u f i n d e n . P r a k t i s c h e Problemvereinfachungen münden dann zum Beispiel in folgende F r a g e s t e l l u n g e n : a) Wie lange muß auf eine Information g e w a r t e t blick auf die zu f ä l l e n d e Entscheidung?
werden? Lohnt dies im Hin-
b) Wieviel Zeit wird benötigt, um bestimmte Daten zu v e r d i c h t e n ? Wieviel Zeit ersparnis r e s u l t i e r t anschließend infolge e i n e r schnelleren und kompakteren Übermittlung? In A n b e t r a c h t e i n e s beschränkt t r ä g e r werden h i e r a u s abgeleitete akzeptiert.
rationalen V e r h a l t e n s der E n t s c h e i d u n g s Lösungen h ä u f i g s o f o r t v e r s t ä n d l i c h und
Ist zum Beispiel der V e r a r b e i t u n g s a u f w a n d dem Übermittlungsaufwand a n n ä hernd g l e i c h z u s e t z e n , so wird eine e x a k t e r Vergleich f ü r die Realisierung eines gegebenen A n s p r u c h s n i v e a u s meistens ohnehin entbehrlich. Dominiert dagegen eine A u f w a n d s a r t o f f e n k u n d i g , so i s t dies e b e n f a l l s ohne genaue Berechnung erkennbar. A u f b a u e n d a u f d e r a r t i g e heuristische Überlegungen ergeben sich w e i t e r r e i chende Bewertungsmöglichkeiten f ü r solche E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n e n , in denen die elementaren Abschätzungen wenig befriedigend oder a u s s i c h t s l o s sind. A p proximationen der oben genannten Art werden v o r allem dann nicht mehr a u s reichen, wenn die Wirkungszusammenhänge zwischen komplexen I n f o r m a t i o n s a k t i v i t ä t e n nicht s o f o r t übersehbar sind und eine größere Anzahl von V e r g l e i c h s a l t e r n a t i v e n der Informationsübermittlung und - V e r a r b e i t u n g zu b e r ü c k sichtigen ist. Diese Situation erfordert im allgemeinen zunächst eine v e r n ü n f t i g e Wahrnehmung und Strukturierung des Informationssystems, bevor a n schließend eine e x a k t e und systematische Bewertung vollzogen werden kann. Auf der Grundlage einer Matrixmodellierung soll im folgenden ein derartiges B e u r t e i l u n g s v e r f a h r e n e r l ä u t e r t werden. Dabei wird die allgemeine Bewertung von Einzelinformationen wegen der a u s f ü h r l i c h e n Darstellungen in diesem Unterkapitel ausgeklammert und nicht mehr e x p l i z i t behandelt.
III. Ein Ansatz zur Beurteilung des Informationssystems in der Unternehmung Allgemeine Vorbemerkungen. Der S y s t e m a n s a t z l e g t es nahe, auch In bezug auf das die I n f o r m a t i o n s a k t i v i t ä t e n b e t r e f f e n d e unternehmerische Subsystem zwischen den Systemelementen und den Systembeziehungen zu unterscheiden. Die Systemelemente l a s s e n sich weiter nach personalen Elementen und D a t e n elementen d i f f e r e n z i e r e n . Personale Elemente sind, j e nach dem D e t a i l l i e rungsgrad der Betrachtung, zum Beispiel einzelne Organisationsmitglieder, Stellen oder A b t e i l u n g e n der Unternehmung, soweit sie e n t s c h e i d u n g s r e l e v a n t e Informationen a n b i e t e n oder nachfragen. Als Datenelemente werden die D a t e n a r t e n bezeichnet, die als Informationen n a c h g e f r a g t bzw. angeboten werden.
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
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Aus der Zuordnung von Datenelementen zu personalen Elementen ergeben sich einerseits das Informationsangebot, d.h. die Menge der Datenelemente, die von einem personalen Element entweder selbst erhoben oder von außerhalb der Unternehmung beschafft worden sind, und andererseits die Informationsnachfrage, d.h. die Menge der von einem personalen Element nachgefragten Datenelemente. Bei den Systembeziehungen 1st danach zu differenzieren, ob sie sich zwischen den personalen Elementen entwickeln oder aber auf die Datenelemente erstrecken. Die Beziehungen zwischen den personalen Elementen spiegeln den Informationsfluß wider. Sie sind das eigentliche Bewertungsobjekt, wenn Informationsangebot und Informationsnachfrage bereits vorab festliegen. Daneben betreffen die Beziehungen zwischen den Datenelementen die Informationsverarbeitung. Die nach den personalen Elementen geordneten (stellen- bzw. abteilungsbezogenen) Verarbeitungsaktivitäten sind auch als eine Form der Aufgabenbeschrelbung interpretierbar. Die Informationsverarbeitung kann ebenso wie der Informationsfluß In die Systembeurteilung mit einbezogen werden. Die Menge der Systemalternativen ergibt sich aus der Kombination von zulassigen Informationsaktivitäten, d.h. möglichen Systembeziehungen. Grundsätzlich hängt sie deshalb von der Anzahl der am Entscheidungs- und Informationsprozeß beteiligten personalen Elemente sowie der Anzahl unterschiedlicher Informationsarten ab, die zu berücksichtigen sind. Bezeichnungsweise. Zur Beschreibung der Systembeziehungen sollen die folgenden Bezeichnungen verwendet werden: j,k=l
J
l,m=l
L Datenelement (nachgefragte bzw. angebotene Informationsart)
aji
personales Element (Organisationsmitglled, Stelle, Abteilung)
0-1-Variable, welche angibt, ob Information 1 von dem personalen Element J angeboten wird (aji=l) oder nicht (aji=0)
IA=(aji)
(JxL)-Angebotsmatrix
bji 0-1-Variable, welche angibt, ob Information 1 von dem personalen Element J nachgefragt wird (bij=l) oder nicht (bij=0) IN=(bji) xjk
0-1-Variable, welche angibt, ob ein unmittelbarer Informationsfluß von j nach k stattfindet (xjk=l) oder nicht (xjk=0)
IF=(xjk) yim
(JxL)-Nachfragematrix
(JxJ)-Flußmatrix
0-1-Variable, welche angibt, ob Informationsart 1 unmittelbar zu m v e r arbeitet werden kann (yim=l) oder nicht (yim=0)
IV=(yim)
(LxL)-Verarbeitungsmatrix.
Die Matrixdarstellungen der einzelnen Informationsaktivitäten basleren auf einem Vorschlag von HWA (1976). Dabei sind die Angebots- und Nachfragematrizen IA und IN im allgemeinen nicht quadratisch, während die quadratischen Formen von IN und IV ausdrücken, daß Jeder Informationsanbieter grundsätz-
126
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
lieh auch Nachfrager (und umgekehrt) sowie Jede Informationsart sowohl arbeltungslnput als auch Verarbeitungsoutput sein kann.
Ver-
Personale Elemente werden im folgenden generell vereinfachend als Stellen bezeichnet. Weitere Symbole werden am Ort ihrer Verwendung eingeführt. Interpretation der Angebotematrix. Die Angebotsmatrix IA läßt sich dahingehend deuten, daß sie in einer Zeile alle Informationsarten enthält, die ein und derselben Stelle zur Verfügung stehen und die sie bei vorhandener Nachfrage weiterleiten kann. Mit diesem originären Informationsangebot ist zugleich die Peripherie des relevanten Unternehmensbereichs festgelegt: Die Beschaffung der originären Informationen muß durch die Informationsanbieter von außerhalb des Bereichs erfolgen. Interne Aktivitäten können zwar das Informationsangebot ständig verändern. Da sie jedoch nicht mehr den unbeeinflußbaren Umweltparametern zuzurechnen sind, werden sie mit der Matrix IA nicht erfaßt, sondern entstehen erst durch internen Informationsfluß bzw. Informationsverarbeitung. Interpretation der Nachfragematrix. Die Nachfragematrix IN erfaßt In der Zeile j alle von der betreffenden Stelle für die Entscheidung benötigten I n f o r mationsarten. Sie spiegelt damit zugleich die Resultate der individuellen I n formationsbewertungsprobleme wider, da sich lediglich dort Informationsnachfrage bildet, wo der entsprechende Informationswert, gegebenenfalls um den erwarteten Informationsaufwand bereinigt, größer Null 1st. Jede persönliche Informationsentscheidung nimmt Einfluß auf IN. Interpretation der Plußmatrix. Die Flußmatrix IF ermöglicht die Darstellung des Informationsflusses zwischen verschiedenen Stellen. Zeilen- und spaltenweise Einselemente geben Aufschluß über die direkten Kontakte einer Stelle als Informationssender und -empfänger. Je mehr Einselemente IF enthält, desto umfassender und aufwendiger ist das betriebliche Informationssystem, desto größer 1st die Streuung einzelner Informationen, desto prompter bzw. ohne Umwege werden Informationen weitervermittelt und desto weniger sind Informationswege an das Kompetenzsystem geknüpft. Interpretation der Verarbeitungsmatrix. Aus der Matrix IV lassen sich E r kenntnisse bezüglich der Alternativen der Informationsverarbeitung gewinnen. So geben Einselemente außerhalb der Hauptdiagonale an, daß die Informationsart der betreffenden Zeile zu mindestens einer anderen Informationsart v e r a r beitet werden kann. Spaltenweise Betrachtungen liefern ähnliche Erklärungen für die Herkunft einer Information. Einselemente in der Hauptdiagonale kennzeichnen die Abbildung einer Informationsart auf sich selbst, also keine V e r arbeitung. Die Summe aller Einselemente außerhalb der Hauptdiagonale dient als eine Kennzahl für die Intensität der Informationsverarbeitungsprozesse im Zusammenhang mit einem Entscheidungsproblem. Enthalten IV und deren Transponierte IV* an denselben Stellen Einselemente, so deutet dies auf die Möglichkeit der RückVerarbeitung von Informationsarten hin. Indirekte V e r a r beitungsprozesse zweiten oder höheren Grades kommen durch Einselemente In den Matrizen IV', t£2, zum Ausdruck. Jede in einer solchen Matrix dargestellte Datentransformation ist mittelbar über eine entsprechende Anzahl von Zwischenschritten zustande gekommen. Beachtung von Informationeverdlchtung. Mit der Formulierung der Verarbeitungsmatrix IV wird zugleich unterstellt, daß sowohl Input als auch Output eines jeden Verarbeitungsprozesses stets aus lediglich einer Informationsart
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
127
bestehen. Eine Verarbeitung impliziert also genau dann eine Informationsverdichtung, wenn der Informationsoutput von geringerem Umfang ist als der b e nötigte Informationslnput. Eine Zusammenfassung mehrerer Informationsarten zu einer einzigen I n f o r mationsart bleibt bei den gewählten Varlablendefinitionen außer Betracht. Wird Jedoch y i · als 0 - 1 - V a r i a b l e definiert, welche kennzeichnet, ob Information 1 zur Herleltung von m unbedingt benötigt wird, so kann hierauf aufbauend ein anderer Ansatz begründet werden. Allerdings muß sich die Erörterung auch dann auf lineare Verarbeitungsaktivitäten beschränken. Gewährleistung des Informationsflusses. Liegen Informationsnachfrage und Informationsangebot der einzelnen Entscheidungsträger aufgrund einer v o r g e gebenen Aufgabenbeschreibung f e s t und bleiben Alternativen der Informationsverarbeitung vorerst unberücksichtigt, so hat ein Informationssystem als erstes sicherzustellen, daß jede Informationsnachfrage durch einen entsprechenden Informationsfiuß befriedigt wird, sofern die benötigte Information an anderer Stelle überhaupt angeboten wird. Soll die Bedingung
Informationsübermittlung
auf
direktem Wege
erfolgen,
so muß
die
IA*·IFilN* bzw.
Σ aji-xjk¿bki j=ι
für
alle
k=l,...,J
und
1=1,...L
erfüllt sein. Falls bki=0 gilt, ist generell keine Übermittlung von Informationsart 1 an Stelle k erforderlich, weil sie dort nicht nachgefragt wird, während für bki=l grundsätzlich eine Flußbeziehung nach k eingerichtet werden muß. Die notwendige Zulässigkeitsbedingung zur Verbindung von Informationsnachfrage und -angebot kann dadurch abgeschwächt werden, daß nicht stets die direkte Übertragung vom Anbieter zum Nachfrager verlangt wird, sondern dritte Stellen zwischengeschaltet werden können. Eine derartige Reduzierung der Anforderung an ein Informationssystem muß vor allem dann geprüft w e r den, wenn einzelne Informationen von mehreren Stellen nachgefragt werden, ihr (geringer) Dringlichkeitsgrad Jedoch nicht unbedingt die Einrichtung paralleler Informationskanäle rechtfertigt. In solchen Fällen ist eine v e r zögerte Bereitstellung der betreffenden Informationen durch Nutzung b e s t e hender Kanäle zu erwägen. Informationsflüsse, bei denen ( t - 1 ) Stellen zwischen Anbieter und Nachfrager geschaltet sind, werden durch die Matrix IF 1 abgebildet, so daß eine modifizierte notwendige und zugleich hinreichende Bedingung für die Deckung der Informationsnachfrage nunmehr lautet: ι ΙΑ* · ( Γ I F ' ) i l N * . t-i
128
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Es wird Jetzt lediglich noch gefordert, daß jede Information spätestens nach Einschaltung von Τ Stellen den endgültigen Adressaten erreicht. Die Vorteile dieses relaxlerten Bedingungstyps liegen darin, daß einmal eine angemessene Abwägung zwischen dem Elnrichtungs- bzw. Organisationsaufwand (IF) und der Dringlichkeit von Informationen (T) stattfinden kann und daneben auch die Nutzung eines kompetenzgebundenen Informationsflusses nicht von vornherein unterbunden wird. Ist nämlich stets T=1 zu erfüllen, so hat jede Informationsübermittlung auf direktem Weg zu erfolgen, d.h. die zeitliche Vorgabe verhindert unter Umständen die Nutzung bewährter Informationskanäle. Neben der soeben diskutierten Art notwendiger Flußbedingungen sind es vor allem Bedingungen institutioneller Art, die die zulässigen Flußalternatlven welter eingrenzen können. Allgemein notwendigen Charakter haben derartige Bedingungen jedoch nicht. Sie sind vielmehr fallweise zu formulieren. Dauer des Informationsflusses bei gegebener Informationsflußmatrix. Ist der Informationsfluß in einer Unternehmung unbedingt an das bestehende Befehlssystem gekoppelt oder liegt eine Informationsflußmatrix IF aus anderen Gründen fest vor, so kann eine Beurteilung von IF unmittelbar anhand des Zeltbedarfs für die Abwicklung aller Informationsaktivitäten vorgenommen werden. Dabei ist zu prüfen, für welche Zeltdauer Τ die relaxierte notwendige Bedingung zum ersten Mal erfüllt wird bzw. wieviele Stellen bei der Übermittlung sämtlicher entscheidungsrelevanter Informationen maximal eingeschaltet werden müssen. Mißt man die Zeit durch die Anzahl der Stufen der Informationsübermittlung, so ergibt sich die minimal benötigte Flußdauer T(IF) aus der Bedingung ΙΑ* · (
I
x'jk=0
und
1
Τ(IF )0 e r f ü l l t 1st. I n s b e s o n d e r e b e d e u t e t d i e s , d a ß f ü r T>1 r e d u n d a n z f r e i e I n f o r m a t i o n s s y s t e m e n i c h t mehr s e l b s t v e r s t ä n d l i c h s i n d u n d so e t w a mit d e r K o p p l u n g d e r I n f o r m a t i o n s f l ü s s e a n d a s B e f e h l s s y s t e m w e g e n d e s Im a l l g e meinen größeren Zeitbedarfs unweigerlich eine v e r s t ä r k t e I n f o r m a t i o n s r e d u n danz einhergeht. Drittens erhöht eine Mehrfachinformation des Informationsnachfragers durch v e r s c h i e d e n e A n b i e t e r d i e R e d u n d a n z gemäß r e d ( I F . T ) , s o f e r n s i e d i e s e l b e I n f o r m a t i o n s a r t b e t r i f f t . Dies 1st I n s o f e r n p l a u s i b e l , a l s d e r I n f o r m a t i o n s w e r t d e s N a c h f r a g e r s nach einmaligem Erhalt der Information n i c h t welter v e r ä n d e r t wird. B e i s p i e l . Nimmt m a n d i e D a t e n d e s v o r a n g e g a n g e n e n a u f , s o gilt f ü r d i e F l u ß m a t r i z e n IFi u n d IF2: r e d d F i ,3)=red(IF2
Beispiels
noch
einmal
,1)=0.
Mit dem A u f f i n d e n d e r j e w e i l s minimalen F l u ß d a u e r l i e g e n a l s o b e r e i t s zwei Systeme vor, die f ü r d a s b e t r a c h t e t e Informationsproblem als gleichermaßen g u t , m i t a n d e r e n Worten e f f i z i e n t u n d r e d u n d a n z f r e i , zu b e u r t e i l e n s i n d . Ein I n f o r m a t l o n s f l u ß in A n l e h n u n g an e i n e z e n t r a l i s t l s c h e s t e l l u n g , wie er e t w a d u r c h
Kompetenzunter-
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
133
Abb. 11. Zentralistisches Informationssystem O l 10 IFa = 1 0 10
l i 0 0 0 0 0 0
zum Ausdruck kommt und auch in Abb. 11 veranschaulicht 1st, kann dagegen bel den vorliegenden Angebots- und Nachfragedaten weder redundanzfrei noch effizient erfolgen. Bei einer Mlndestflußdauer von T(IF3)=2 folgt aus 3 1 1 1 1 1 1 1 IA* · ( I F a + I F a * ) = 1 1 1 1 1 1 1 1 bereits eine Informationsredundanz in Höhe von redCTFa,2)=12, da die zahlreichen erforderlichen Informationskontakte zum großen Teil durch einen Austausch nicht bzw. nicht mehr benötigter Informationen gekennzeichnet sind. Offenbar verstärkt sich die Redundanz dieses Systems noch mehr für den Fall, daß die Dauer des Informationsprozesses weiter verlängert wird, während eine Reduzierung der Informationsdauer nicht realisierbar 1st, well dann die Informationsnachfrage nicht mehr erfüllt wird. IFa ist außerdem ineffizient, da eine andere Flußmatrix 0 1 1 10 0 IFa ' = 1 0 0 10 0
0 0 0 0
existiert, die trotz geringerer Kapazit&tsbeanspruchung den erforderlichen Informationsaustausch bei unverändertem Zeltbedarf T(IF3>=T(IFa')=2 gewährleistet. Redundante Informationsflüsse lassen sich auch als organisatorischer Oberschuß Interpretleren. Bei der vorherrschenden Angebots- und Nachfragesituation sind die eingerichteten Informationskanäle zwar überflüssig, doch können
134
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
sie bei v e r ä n d e r t e n Bedingungen schnellstmöglich a k t i v i e r t werden. Insofern ein organisatorischer Oberschuß in Anbetracht zukünftiger Entwicklungen u n bedingt notwendig erscheint, läßt sich das Redundanzmaß deshalb auch zur Beurteilung der S y s t e m f l e x i b i l i t ä t bzw. -Stabilität heranziehen ( v g l . das d r e i zehnte K a p i t e l ) . Kosten des Informationsflusses. Gelingt es, die einzelnen Systemausprägungen kostenmäßig zu bewerten, so erhält man ein Beurteilungskriterium, in dem die v o r g e n a n n t e n Kriterien zusammengefaßt sind. Die Kosten des I n f o r m a t i o n s flusses sind dabei als T e i l des gesamten Informationsaufwands zu b e g r e i f e n . Sie schlagen sich zum einen als Kosten f ü r die Einrichtung und Unterhaltung der Informationskanäle nieder. Gegebenenfalls sind hierunter auch die Kosten für einen organisatorischen Oberschuß zu subsumieren. Zusätzlich hängen sie auch von der beanspruchten Informationsdauer ab, sofern j e d e n f a l l s E n t s c h e i dungsverzögerungen zu Einbußen an Entscheidungsqualität führen. Grundsätzlich ist also eine Kostenfunktion K ( I F , T ) aufzustellen, wobei der entscheidungsbezogene Kostenbegriff zugrunde zu legen 1st, da nicht f ü r alle erbrachten Leistungen Marktpreise existieren, sondern darüber hinaus auch Opportunitätskosten a u f t r e t e n können. A u f die Schwierigkeiten, die mit einer exakten und v o l l s t ä n d i g e n Kostenerfassung verbunden sind, 1st bereits a n l ä ß lich der Ermittlung des Informationsaufwands ausdrücklich hingewiesen worden. Optimierung des Informationsflusses. Wurde bislang angenommen, daß eine vorgegebene Flußmatrix IF zu bewerten ist, so soll im folgenden das Problem der Auswahl einer Matrix aus mehreren A l t e r n a t i v e n betrachtet werden. Unter der Prämisse, daß die Entscheidung von den systembedingten Kosten maßgeblich beelnflußt wird und diese durch die Einrichtung von Informationskanälen und den benötigten Zeltaufwand f ü r die Informationsübermittlung bestimmt werden, läßt sich das Auswahlproblem etwa so formulieren: Min
Κ(IF,Τ)
IF. Τ
unter den Nebenbedingungen
(1)
ι ΙΑ* · ( Σ I F « )¡>IN* t=ι
(2) (3)
TìTil XjkE ( 0 , 1 )
für
alle
j,k=l
J.
Die Restriktionen ( 1 ) und (2) stellen sicher, daß nur solche Flußmatrizen überprüft werden, die eine Befriedigung der Informationsnachfrage innerhalb eines vorgegebenen Z e i t i n t e r v a l l s Τ gewährleisten. Die Darstellung v o n IF als Binärmatrix g a r a n t i e r t die Eindeutigkeit von Flußverblndungen zwischen den Stellen. Für das Auswahlproblem e x i s t i e r t auf alle Fälle mindestens eine zulässige Lösung, solange Jedenfalls die nachgefragten Informationen überhaupt a n g e b o ten werden. Sie besteht unabhängig von den konkreten Problemparametern in einem nach allen Richtungen offenen System, In dem alle Informationen schnellstmöglich - d.h. in der Zelt T = 1 - w e i t e r t r a n s p o r t i e r t werden. Die z u -
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
135
gehörige Flußmatrix IF enthält also lediglich Einselemente. Im allgemeinen besitzt dieses System eine erhebliche Redundanz. Sieht man einmal von dem Sonderfall ab, daß ein linearer Kostenverlauf vorliegt und außerdem die maximal verfügbare Informationsdauer von vornherein auf T=1 begrenzt 1st, so können Nichtllnearltäten sowohl in der Zielfunktion als auch in den Nebenbedingungen auftreten. Ferner muß auf die Einhaltung der Ganzzahllgkeltsbedingungen geachtet werden. Als Lösungsmethoden kommen dementsprechend vor allem Verfahren der begrenzten Enumeration, Simulationstechniken oder andere heuristische Verfahren In Betracht (vgl. hierzu ausführlich zum Beispiel MÜLLER-MERBACH 1973b, GAL und GEHRING 1981, HERTENS 1982). Bei der endgültigen Hethodenauswahl 1st der Problemgröße sowie der Art der Zielfunktion Rechnung zu tragen. Die Reduzierung der Zielfunktion auf einen Satlsflzlerungsanspruch beschleunigt die Lösungsprozedur. Auch ist es denkbar, ein anderes Formalziel zu verfolgen, die Bewertung zum Beispiel ausschließlich auf eine Effizienzoder Redundanzbetrachtung zu beschränken. Beispiel. Das Organisationsproblem zur Auswahl einer besten Flußmatrix sei wie folgt präzisiert: Min IF, I
τ Σ (1/t)·|IFlI t-1
unter den Nebenbedingungen
[
1 0 o"l
(2)
τ
Γθ 0 θΊ
0 1 0 · Σ IF* i 1 0 0 x j k c ( 00, 10 ) l jf üt r= 1 a l l e [ lj , k1= lo,j2 , 3 .
Es existiert also eine Kostenfunktion, die einzig von der Anzahl der direkten und Indirekten Informationskontakte abhängt, wobei der Kostensatz mit dem von der betreffenden Information zurückzulegenden Weg unterproportional zunimmt. Das Informationsangebot ist auf alle Entscheidungsträger gleichvertellt, während die Nachfrage nach Informationen zur Geschäftsführung (Stelle 1) hin zunimmt. Aufgrund der geringen Anzahl von Problemvariablen 1st die Lösung ohne Schwierigkeiten durch begrenzte Enumeration herleitbar. Ausgangspunkt des Suchprozesses kann etwa die zulässige Flußmatrix
[
0 0 0*1 10 0 1 1 oj
sein, die alle benötigten Informationen In einem Schritt übermittelt (vgl. auch Abb. 12). Die diesem System zurechenbaren Kosten belaufen sich auf K(IFi,l)-3
136
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
2
3
Abb. 12. Informationssystem IFi und dienen als obere Schranke für weitere Flußmatrlzen. Bei der Suche nach besseren Lösungsalternativen kommen damit lediglich noch solche Flußmatrlzen als Optimum In Frage, die weniger als drei direkte Flüsse unterhalten und für die demnach IIFN2 erfüllt sein muß, da für alle anderen Lösungen die obere Kostenschranke nicht mehr unterboten werden kann. Außerdem 1st IIF«|>0 zu fordern, um zu gewährleisten, daß die nicht direkt erreichbaren Nachfrager auf jeden Fall auf mittelbarem Vege mit Informationen versorgt werden. Aufgrund dieser einfachen Überlegungen scheiden alle weiteren Flußmatrlzen bis auf 0 0 0 IF2= 1 0 0 0 10
mit
IF2 2 =
(vgl. auch Abb. 13) für eine weitere Überprüfung aus. Der Zeitbedarf des Systems IFÎ im Hinblick auf die Informationsübermittlung beträgt T(IFî)=2. Wegen K(IF2 , 2 ) =5/2 ist IF2 sofort als optimale Flußmatrlx Identifizierbar. Vereinfachung großer Informationsprobleme. Je mehr Informationsarten und Stellen in die Überlegungen zur optimalen Informationsflußgestaltung einzubezlehen sind, desto schwieriger gestaltet sich der Suchprozeß. Zwar kann zu Beginn stets ein Vorschlag in Form eines offenen Systems unterbreitet werden, das alle Stellen durch Informationskanäle direkt miteinander verbindet und somit für eine schnellstmögliche Informationsübertragung sorgt. Das anschließende Verbesserungsverfahren verlangt dann Jedoch einen erheblichen
Achtes Kapitel: Atiswirkungen des Informationssystems
137
Abb. 13. Optimales Informationssystem IFs Aufwand, und zwar um so mehr, je dichter die Nachfragematrix besetzt ist. Dem Versuch einer Problemvereinfachung kommt deshalb erhöhte Bedeutung bei, wenn unorganisierte Problemkomplexität vorliegt. Sobald eine Prüfung der problemspezifischen Angebots- und Nachfragedaten rang(IA)»rang(IN) ergibt, läßt dies auf lineare Abhängigkeiten hinsichtlich der redundanzfreien Informationsflüsse schließen. Insbesondere heißt das, daß die Summenmatrix aller unmittelbaren und mittelbaren Flüsse nicht regulär sein kann, also rang( Σ IF*) Informationsverarbeitung in Stelle k Informationsangebot (k)
Abb. 19. Informationsfluß und Informationsverarbeitung Das Auswahlproblem der bestmöglichen stelleninternen Verarbeitung von Informationen kann allgemein auf die folgende Weise formuliert werden: Min Κ (IV) IV
unter den Nebenbedingungen (1)
I I N · ( Σ XV«)*IA t= ι
(2) (3)
TSTil yim£(0,l),
l,m-l,...,L.
Die Problemstruktur stimmt dabei mit der des zuvor entwickelten Optimierungsproblems zur Bestimmung des Informationsflusses überein. Die Zulässlgkeltsrestrlktion (1) besagt hier analog, daß eine Verarbeitung von Informationsart 1 zu Informationsart m auf Jeden Fall vorzunehmen 1st, wenn ein Entscheldungstrftger einerseits lediglich Information 1 nachfragt und sein Informationsangebot andererseits m umfaßt. Bei gegebener Aufgabendefinition 1st diese Bedingung notwendig, da eine alternative Erzeugung von m nicht in Frage kommt, die Erfüllung des Informationsangebots Jedoch sichergestellt werden muß. Belm Prozeß der Informationsverarbeitung verlagert sich die ursprünglich intendierte Organisationsproblematik auf die Ebene des Sachproblems. Solange die betrachteten Stellen Entscheldungstrftger sind und nicht nur durch reine Aufgabendelegation mit der Informationsbeschaffung betraut sind, lftßt sich Informationsverarbeitung sogar als Entscheldungsprozeß begreifen, bei dem aus vorhandenen (Input-)Daten andere (Output-)Daten abgeleitet werden. Seine
144
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Bewältigung ist hier jedoch nicht von vorrangigem Interesse, solange er Jedenf a l l s nicht mit einem Organisationsproblem verknüpft 1st. Die isolierte Behandlung dieses Problemkreises der stelleninternen Informationsverarbeitung soll daher auch hinter die Überprüfung zurücktreten, wie Verarbeitungsalternativen bzw. die Berücksichtigung eines variablen Informationsangebotes in einem übergeordneten Rahmen die Herleitung eines optimalen Informationssystems unterstützen können und wie demzufolge die Verarbeitungsmatrix IV Im Zusammenhang mit einer Flußmatrix IF zu beurteilen ist. Beurteilung von Informatlonsfluß und Informationsverarbeitung. Mit der gleichzeitigen Betrachtung des Flusses und der Verarbeitung von Informationen In einem umfassenden Informationssystem verbinden sich zwei Vorzüge: Erstens ergibt sich aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit von Fluß- und Verarbeitungsparametern ein größeres Bewertungsspektrum. So kann eine I n f o r mation in der benötigten Form entweder direkt beschafft werden, was b e stimmte Übertragungskosten verursacht, oder sie kann In anderer Form besorgt und anschließend in die nachgefragte Form transformiert werden, was zwar g e ringere Übertragungskosten, dafür aber weitere Verarbeitungskosten zur Folge hat. Beide Arten der Informationsversorgung können zusätzlich gegeneinander abgewogen werden, wenn der Betrachtungsgegenstand nicht von vornherein auf den Informationsfluß eingeschränkt bleibt. Zweitens lassen sich aufgrund der Problemerweiterung auch Lösungen für Angebots- und Nachfragesituationen diskutieren, für die zulässige Informationsflußmatrizen gar nicht existieren. Beispiel. Obwohl Daten des Informationsangebotes sowie der Informationsnachfrage in gewohnter Form vorliegen und zudem eine Kostenfunktion e x i stiert, die es gestattet, ein Informationsflußproblem gut zu strukturieren, kann die Erörterung eines solchen Problems bzw. Beurteilung einer Flußmatrix IF bisweilen unergiebig sein, wenn sich nämlich herausstellt, daß Angebot und Nachfrage unter keinen Umständen zur Deckung gebracht werden können. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Matrizen
IN=
1 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0
und
0 0 0 1] IA= 0 1 0 0 0 0 1 oj
gegeben sind und als notwendige Bedingung für die Einrichtung eines Informationsflusses τ ΙΑ* · ( Σ IF* ) i l N * t*ι mit beliebigem T i l zu beachten ist. Wegen
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
0
0 X a
Xu
X32 X IS
Xai Xu
145
0 XS3 X33 Xl3
kann die Informationsnachfrage ( b u = l ) weder auf direktem Vege, wie sofort ersichtlich ist, noch indirekt über zwischengeschaltete Stellen befriedigt w e r den, weil sie in der nachgefragten Form von niemand angeboten wird, d.h. aii=a2i=aai=0 gilt. Vielmehr muß die entsprechende Information, falls möglich, durch Verarbeitung anderer Informationen entweder beim Nachfrager selbst oder auf einer vorgelagerten Stufe erst erzeugt werden. Die Verarbeitungsprozesse sind d e s halb explizit in die Problemformulierung mit aufzunehmen, bevor eine sinnvolle und lösbare Organisationsaufgabe existiert. Formulierung des erweiterten Optimierungsproblems. Gegenüber dem S t a n dardproblem zur Bestimmung des optimalen Informationsflusses erfordert die Berücksichtigung von Verarbeitungsaktivitäten eine grundsätzliche Umformulierung. Während das Informationsangebot durch die Matrix IA zuvor f e s t v o r gegeben war, ist es wegen der Beachtung zusätzlicher Informationsverarbeitungsprozesse nunmehr variabel, d.h. es 1st IA1=Ιλ·IV. Bei Zulässlgkeit mehrerer Verarbeitungsstufen Ti des Angebots bis hin zu IA''=IA·(
ist sogar eine Anpassung
τ, Σ IV«), t=ι
möglich. Bleibt die für den gesamten Informationsprozeß verfügbare Zelt weiterhin T, so reduziert sich der für den reinen Informatlonsfluß zwischen den Stellen verfügbare Zeitanteil auf Ts = T - T i . Das Optimierungsproblem lautet nach diesen Modifikationen: Min
K(IF,IV,Ti )
IF, I», Τ,
unter den Nebenbedingungen Τ,
(1)
Τ - I,
( Σ IV« )* · Ι Α * · ( Σ IF* ) i I N *
146
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
(2)
TiTiTiiO
(3)
xjk.yime {0,11 ,
j,k-l,...,J,
l,m=l,...,L.
Diese Problemerweiterung hat Konsequenzen für die Bewertung von Informationssystemen. Es werden nunmehr auch Flußmatrlzen zulässig, die ohne die Möglichkeit der stelleninternen Informationsverarbeitung unzulässig sind. Die Optimallösung paßt sich an. Alle Informationssysteme sind dementsprechend relativ zu dieser Lösung neu zu beurteilen. Lediglich wenn sich Jegliche Informationsverarbeitung als unmöglich oder unwirtschaftlich erweist, bleiben die ursprünglichen Bewertungen unverändert erhalten. Beispiel. Mit der Beachtung von Verarbeitungsmöglichkeiten des ursprünglichen Informationsangebotes erlangen auch die Daten des vorangegangenen Beispiels eine plausible Erklärung. Können die Informationen etwa gemäß 1 IV· 1 1 1
0 0 0 1 0 0 0 10 0 0 1
weiterverarbeitet werden, so sind bei der strengen Zeitrestriktion Ti =Ts =1 alle Flußmatrlzen IF zulässig, die wegen
IV* · IA* · IF=
X11+X21+X3Í X21 X31 Xll 10
XH+X22+X32 XZ2 X32 Xl2
X13+X23+X33 X23 X33 X13
0
0 0 0 =IN* 0 0 0 0 0 0
die Bedingung Xll+Xïl+X3l21 erfüllen. D.h. das Informationssystem muß mindestens einen direkten Fluß zum einzigen Informationsnachfrager 1 gewährleisten. Dieser "Fluß" kann auch d a r in bestehen, daß Stelle 1 Ihr eigenes Informationsangebot direkt verwertet und es selbst zur benötigten Information verarbeitet. Die Alternativenmenge wird um so größer, Je dichter die Verarbeitungsmatrix IV mit Einselementen besetzt ist und je mehr die Zeitrestriktionen Ti und T< gelockert werden. Unter Beachtung der Zielfunktion findet man dann das optimale Informationssystem und damit die Bezugsbasis der Systembeurteilung. Technisch nicht realisierbare Informationsverarbeitungsprozesse bleiben ebenso
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
147
wie unwirtschaftliche Prozesse ohne Auswirkungen auf die Informationsbewertung. Bestimmung des Informationsangebots. Durch die Berücksichtigung von Informationsverarbeitungsprozessen eröffnet sich die bereits erläuterte Möglichkeit, das Informationsangebot als Problemvariable zu handhaben, da die originär vorliegenden Informationen zu einem neuen endgültigen Angebot Ιλ·(
Σ IV«) t=ι
veränderbar sind. Verzichtet man auf die implizite Anpassung des Informationsangebots über eine Einbeziehung der Informationsverarbeitung in die Betrachtungen, so kann das Angebot auch direkt in Abhängigkeit vom bestehenden Informationssystem ermittelt werden. Dazu 1st IA aus ΙΑ* · ( Σ IFt ) t=ι zu bestimmen, wobei Informationsfluß und -nachfrage festliegen. Die Bedingung besagt, daß eine Information von einer Stelle angeboten werden muß, wenn diese allein über die Information verfügt und bei einer anderen Stelle Nachfrage besteht. Zur Gewährleistung der Aufgabenerfüllung In der anderen Stelle muß dieser Bedingung im Sinne eines optimalen Informationssystems unbedingt entsprochen werden. Weitere Restriktionen sind denkbar, aber nicht grundsätzlich notwendig. Die Bestimmung des Informationsangebots stellt ein Organisationsproblem dar, das ausschließlich die Festlegung von Aufgabeninhalten der einzelnen Stellen bei bekannter Informationsversorgung zum Gegenstand hat. Soweit die das Informationsangebot mitbestimmenden Informationsflüsse an das vorherrschende Befehlssystem der Unternehmung gekoppelt sind, kann die Angebotsoptimierung auch als ein besonderer Lösungsansatz zur Bewältigung der Delegationsproblematik gelten, ohne daß divergierende Zielinteressen hierbei eine Rolle spielen. Bestimmung der Informationsnachfrage. Ahnlich wie das Informationsangebot läßt sich der notwendige Informationsbedarf bei vorgegebenem Informationsangebot, bekannten Verarbeitungsmögllchkelten sowie der Anforderung ermitteln, daß stets dann Bedarf besteht, wenn die Information als einzige geeignet ist, das von der Stelle ihrerseits verlangte Informationsangebot zu sichern. Dies entspricht der Bedingung IN·( Σ IV*)klA. t=1 Unabhängig hiervon 1st gleichzeitig der Anforderung Beachtung zu schenken, daß nur dann eine Informationsnachfrage ausgelöst wird, wenn der Informationswert abzüglich des Informationsaufwands für den Entscheidungsträger
148
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
p o s i t i v 1st. Dazu s i n d d i e e i n z e l n e n M a t r i x e l e m e n t e g e s o n d e r t zu ü b e r p r ü f e n . G e g e b e n e n f a l l s 1st die Informationsnachfrage weiter e i n z u s c h r ä n k e n . E i n e I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e , die in d e n m e i s t e n F ä l l e n der Z u l ä s s i g k e i t s b e d l n g u n g g e n ü g t . Im a l l g e m e i n e n Jedoch kaum der N a c h f r a g e a n f o r d e r u n g , wird d u r c h e i n e N a c h f r a g e m a t r i x IN d e f i n i e r t , die a u s s c h l i e ß l i c h E i n s e l e m e n t e e n t h ä l t . D.h. a l l e e r r e i c h b a r e n Daten w e r d e n v o n a l l e n S t e l l e n n a c h g e f r a g t . D i e s e S i t u a t i o n d e r t o t a l e n D a t e n ü b e r t r a g u n g d a r f j e d o c h n i c h t mit v o l l k o m m e n e r I n f o r m a t i o n v e r w e c h s e l t w e r d e n , da n e b e n d e n e r w ü n s c h t e n r e l e v a n t e n D a t e n im allgemeinen zugleich auch zahlreiche Irrelevante Daten transportiert werden. Abschließende Bemerkungen. Die z u Beginn e i n e s j e d e n I n f o r m a t i o n s p r o z e s s e s herrschende Unsicherheit über Informationslnhalte sowie den I n f o r m a t i o n s a u f w a n d k a n n , wie b e s c h r i e b e n , durch P r o b l e m v e r e i n f a c h u n g b z w . den K u n s t g r i f f einer s u b j e k t i v e n Informationsbewertung kalkuliert, jedoch nie völlig a u s g e s c h a l t e t w e r d e n . Z w e i f e l a n der A n g e m e s s e n h e i t d e r Problemverelnfachung ü b e r t r a g e n s i c h s t e t s a u c h a u f die I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e und die B e w e r t u n g des Informationssystems. E i n e E i n b e z i e h u n g d e r a l l g e m e i n e n I n f o r m a t i o n s b e w e r t u n g in die B e w e r t u n g d e s I n f o r m a t i o n s s y s t e m s b l e i b t d e s w e g e n immer ü b e r l e g e n s w e r t , w e n n g r a v i e r e n d e g e g e n s e i t i g e A b h ä n g i g k e i t e n z u b e o b a c h t e n s i n d , d.h. die N a c h f r a g e s i t u a t i o n n i c h t nur das Systemurteil maßgeblich determiniert, sondern umgekehrt d e r I n f o r m a t i o n s a u f w a n d a u c h zu e i n e r s y s t e m a b h ä n g i g e n I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e f ü h r t . Es b e s t e h e n v e r s c h i e d e n e A l t e r n a t i v e n , d i e s e Z u s a m m e n h ä n g e zu b e rücksichtigen: a ) Die I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e wird g e n e r e l l mit der B e d i n g u n g v e r k n ü p f t , d a ß d e r e n t s t e h e n d e I n f o r m a t i o n s a u f w a n d den I n f o r m a t i o n s e r t r a g n i c h t ü b e r s t e i g e n d a r f . Diese M a ß g a b e 1st In der P r a x i s v i e l f a c h b e o b a c h t b a r , obwohl s i c h h i e r a u s z w a n g s l ä u f i g d a s Problem der Z u r e c h e n b a r k e i t v o n I n f o r m a t i o n s a u f w a n d e n t w i c k e l t . V e r e i n f a c h e n d kann dieser a u f den reinen O b e r t r a g u n g s a u f w a n d b e g r e n z t w e r d e n , o h n e d a ß der A u f w a n d f ü r die E i n r i c h t u n g v o n I n f o r m a t i o n s k a n ä l e n e i n e Rolle s p i e l t . b) I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e k a n n auch mit d e r B e d i n g u n g v e r k n ü p f t w e r d e n , d a ß sie nur dann zu b e f r i e d i g e n ist, wenn das Informationsangebot bestimmte I n h a l t e a u f w e i s t . D i e s v e r l a n g t eine M o d i f i z i e r u n g d e s B e w e r t u n g s m a ß s t a b s . B e s t i m m t e S e n d e r i m p u l s e s i n d a u s d r ü c k l i c h e r w ü n s c h t , d.h. der A n b i e t e r ü b e r m i t t e l t I n f o r m a t i o n e n " a u ß e r g e w 8 h n l i c h e n " I n h a l t s a u f e i g e n e I n i t i a t i v e . Die U n s i c h e r h e i t d e s N a c h f r a g e r s b e z ü g l i c h der I n f o r m a t i o n s e i n h o l u n g wird d a d u r c h aufgehoben. Dieses Vorgehen ist allerdings auf gleichgerichtete Interessen a n g e w i e s e n u n d d a h e r im a l l g e m e i n e n n u r im Rahmen e i n e r e i n h e i t l i c h e n Z u s t ä n d i g k e i t r e a l i s i e r b a r , zum B e i s p i e l i n n e r h a l b e i n e r A b t e i l u n g . D i e n t die S e n d e r orientierung g r u n d s ä t z l i c h dazu, der drohenden Gefahr gravierender F e h l e n t s c h e i d u n g e n r e c h t z e i t i g z u b e g e g n e n , so wird e i n s o l c h e s I n f o r m a t i o n s s y s t e m auch als Frühwarnsystem kenntlich gemacht. c) Die i n d i v i d u e l l e B e w e r t u n g von I n f o r m a t i o n e n w i r d in die B e u r t e i l u n g d e s I n f o r m a t i o n s s y s t e m s a u f d i e Weise mit e i n b e z o g e n , d a ß e i n e v o l l k o m m e n e U r t e i l s a b h ä n g i g k e i t g e w ä h r l e i s t e t i s t . Dies b e d e u t e t , d a ß w e d e r I n f o r m a t i o n s nachfrage noch Informationsangebot von vornherein festliegen können, was i h r e I n h a l t e a n b e t r i f f t , s o n d e r n d i e s e D a t e n l e t z t l i c h vom I n f o r m a t i o n s s y s t e m s o w i e dem v e r u r s a c h t e n I n f o r m a t i o n s a u f w a n d e s s e n t i e l l a b h ä n g e n . H i n s i c h t l i c h d e r o p t i m a l e n S y s t e m g e s t a l t u n g i s t e i n e T o t a l o p t i m i e r u n g v o r z u n e h m e n , bei d e r
Achtes Kapitel: Auswirkungen des Informationssystems
149
die Problemparameter IN, IA, IF und IV sämtlich Variablen darstellen. Hit dieser umfassendsten Vorgehenswelse gelingt es zweifellos am ehesten, Informationsunsicherheiten in den Griff zu bekommen, doch wird es ihr wegen des erhöhten Beurteilungsaufwands auf der anderen Seite häufig an der erforderlichen Praktikabilität mangeln, solange Jedenfalls die angestrebte Entscheidungsqualität des Sachproblems nicht wenigstens durch einen Satisflzlerungsanspruch reduziert und die Informationsnachfrage dadurch von vornherein e i n geschränkt wird. Die alternativen Verfahrensweisen veranschaulichen noch einmal die Problemvielfalt im Zusammenhang mit der Bewertung eines Informationssystems und weisen gleichzeitig auf einige Erweiterungsmöglichkelten des diskutierten Ansatzes hin. Die Auswahl des Bewertungsansatzes ist dabei letztlich ebenso wie die Bewertung selbst dem Ziel unterzuordnen, sachgerechte Entscheidungen durch im allgemeinen asymmetrische Informationsprozesse zu erleichtern. Vollkommene Information bzw. die Ausräumung jedweder Unsicherheit ist nicht mehr unbedingt anstrebenswert, sobald auch die Informationsnachfrage zur Disposition steht. Die ursprünglich und unabhängig vom Informationssystem Intendierte Nachfrage wird sich In vielen Fällen als unwirtschaftlich herausstellen, wenn sie nicht sogar unmöglich zu befriedigen 1st. Insbesondere drückt sich hierin wiederum die Komplexität der zugrundeliegenden Entscheidungsprobleme aus, die dazu veranlaßt, auf die integrierenden Effekte von Informationen zumindest teilweise zu verzichten und s t a t t dessen andere Integrationsmaßnahmen einzuleiten.
Neuntes Kapitel
Integrationseffekte von Anreiz- und Kontrollmechanismen I. Zur Begründung von Anreiz- und Kontrollbeziehungen Transaktionskosten. Kosten des Informationsprozesses können als Kosten für die Einrichtung einer bestimmten Organisation aufgefaßt werden, die sich aus der beschränkten Rationalität menschlichen Verhaltens und Handelns ableiten. Sie werden auch als Transaktionskosten bezeichnet und treten stets dann auf, wenn die Schranken dieser Rationalität erreicht sind (COASE 1960). Ihre B e rücksichtigung bei Organisationsentscheidungen steht in enger wechselseitiger Abhängigkeit zum zugrundeliegenden Effizienzbegriff (vgl. DE ALESSI 1983). Ist eine einfache Entscheidungssituation durch vollkommene Information des Entscheidungsträgers gekennzeichnet und außerdem rationales Verhalten beobachtbar, so beschränkt sich die Unternehmensaufgabe auf die Ausnutzung von Produktionsvorteilen gegenüber dem Markt und ist nicht mit der Übernahme eines (Produktions-)Risikos verbunden (WINDSPERGER 1983). Anders verhält es sich, wenn entscheidungsrelevante Informationen wegen der vorhandenen Umweltkomplexität lediglich unvollständig bekannt sind und die Informationsbeschaffung sich nicht kostenlos verwirklichen läßt. Die A u s schaltung des Risikos verursacht Transaktionskosten in Form von Informationskosten. Auch bei Verzicht auf zusätzliche Informationen fallen Transaktionskosten in dem Ausmaß an, wie der Informationsverlust einer zielgerechten Produktionsentscheidung im Wege steht. Sie sind unter diesen Umständen als Opportunitätskosten durch Beeinträchtigung der Entscheidungsqualität interpretierbar. Denkbar ist auch, daß andere organisatorische Maßnahmen die unvollkommene Information kompensieren und damit weiterhin eine optimale Entscheidung gestatten. Für den Fall, daß eine vollkommene Entscheidungszentralisation nicht beabsichtigt ist und statt des Informationstransfers von den Informationsanbietern zur verantwortlichen Instanz ein Kompetenztransfer in umgekehrter Richtung vereinbart wird, resultieren zum Beispiel Transaktionskosten aus dem erforderlichen Koordinationsaufwand hinsichtlich der T e i l e n t scheidungen. Den Versuch einer Systematisierung und vollständigen Auflistung von verschiedenen Transaktionskostenarten unternimmt PICOT (1982). Insbesondere l i e f e r t die umfassende Betrachtung von Organisationsaufwand als Transaktionskosten auch eine plausible Erklärung für die Existenz von unternehmerischen A n r e i z - und Kontrollsystemen, die die Abstimmung von Teilzielen gewährleisten sollen, sowie Koordinationsmechanismen, welche bei Kongruenz der Ziele für die Einhaltung der Rahmenbedingungen zu sorgen haben. Konfliktkosten. Der Erklärungsversuch von A n r e i z - und Kontrollkosten als Transaktionskosten nimmt in erster Linie Bezug auf die Schwächen menschlichen Verhaltens, das in besonderen Entscheidungssituationen unbeabsichtigt zutage tritt. Mit der Entwicklung eines A n r e i z - und Kontrollsystems und dem-
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
151
entsprechender Ausgestaltung der Organisation wird diesem Hangel Rechnung getragen. Die Notwendigkeit von innerbetrieblichen Anreizen und Kontrollen ist aber auch aus den Stärken der Entscheidungsträger erklärbar, eigene Interessen nach dem Beitritt zur Organisation weiterhin konsequent zu vertreten, selbst wenn sie in mancher Velse den Interessen anderer Organisationsmitglleder sowie der Geschäftsführung zuwiderlaufen. Derartige Konflikte können die Entscheidungsqualität in einer Unternehmung so lange erheblich beeinträchtigen, wie Entscheidungsbefugnisse und Informationen asymmetrisch verteilt sind, ohne daß Integrationsmechanismen installiert und um Anreize bzw. Kontrollen ergänzt werden. Betroffen sind grundsätzlich alle Fälle, In denen das Entscheidungsverhalten, obwohl durchaus individuell-rational, nicht im Interesse der Gesamtunternehmung liegt. Durch die Bereitstellung zusätzlicher Instrumente und Einrichtung geeigneter Organisationsbeziehungen sind die unerwünschten Konfliktauswirkungen im ganzen zu vermeiden, sei es, daß Zielkonflikte direkt ausgeräumt werden, sei es, daß unzuverlässige und unvollständige Informationen übertragen werden. Anreiz- und Kontrollkosten können demnach auch als Konfliktkosten gedeutet werden, die es aufzubringen gilt, um die Unterschiede zwischen Individueller und kollektiver Rationalität zu überwinden.
II. Grundlegende Begriffserläuterungen Anreiz und Kontrolle. Zum Begriffs Verständnis von Anreiz und Kontrolle e x i stiert ein breites Schrifttum, das nicht nur ökonomischen Ursprungs ist, sondern auch andere Verhaltenswissenschaften zwecks einer hinreichend allgemeinen und exakten Begriffsabgrenzung bemüht. Einen Oberblick über die e i n zelnen Forschungsrichtungen und die darin begründete Ansatz- und Begriffsvielfalt erhält man zum Beispiel bel NEUBERGER (1980a,b). Im entscheldungsorientierten Kontext ist die Beschäftigung mit den alternativen Begriffsinhalten allerdings von nachrangiger Bedeutung und kann zugunsten einer v e r einfachten, jedoch gut handhabbaren Begriffsdefinition weitgehend u n t e r bleiben. Im folgenden soll eine organisatorische Maßnahme stets dann als Anreiz b e zeichnet werden, wenn sie das Verhalten von Entscheidungsträgern in Richtung von Verhaltenserwartungen beeinflußt. Es 1st dabei unerheblich, ob sich ein solcher Anreiz monetär als Belohnung bzw. Prämie oder nicht-monetär äußert. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß er die Zielfunktlon eines Entscheidungsträgers auf erwünschte Welse verändert. Gegenüber jedem Anreiz wendet sich eine Kontrolle dem tatsächlichen, b e obachtbaren Verhalten zu. Dieses Verhalten wird anhand von vorhandenen Verhaltenserwartungen beurteilt (NEUBERGER 1980a). Ergänzungen und Vertiefungen dieser allgemeinen Kontrolldefinition findet man etwa bei ETZIONI (1965), TANNENBAUM (1968), WEBER (1972) oder GALBRAITH (1973). Häufig wird derselbe Tatbestand nur auf die ein oder andere Welse spezifiziert. Eine Kontrolle kann In der Art vorgenommen werden, daß das Verhalten e i nes Entscheidungsträgers während des gesamten Entscheidungsprozesses vollständig oder anhand von Stichproben beobachtet wird. Man spricht hierbei von
152
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
einer Verhaltenskontrolle. Ihr steht die Ergebniskontrolle gegenüber, die l e diglich die aus dem Verhalten resultierende Entscheidungsqualität zum Bewertungsgegenstand hat. Die eigentliche Verhaltensbeurteilung erfolgt Im Rückschluß, d.h. Indirekt unter zusätzlicher Beachtung der maßgeblichen Entscheidungsumwelt. Eine differenzierte Beurteilung beider Kontrollarten ergibt sich zwangsläufig aus Art und Ablauf des Entscheidungsprozesses, wenn unter mehreren Kontrollalternativen die beste auszuwählen ist. Bei diesen Begriffsabgrenzungen und dem Bewertungszweck erscheint es wenig sinnvoll, die Kontroll- und Anreizbeziehungen bezüglich desselben E n t scheidungsvorgangs einer getrennten Betrachtung unterziehen zu wollen, da Substitutionseffekte existieren und damit eine enge wechselseitige Abhängigkeit vorliegt. So muß sich ein institutionalisiertes Kontrollsystem nicht nur mit anderen Kontrollsystemen, sondern ebenso mit Anreizmechanismen vergleichen lassen, wobei die Beurteilung problemspezifisch zu erfolgen hat. Außerdem besitzen Kontrollmaßnahmen häufig zugleich Anreizwirkungen, wenn sie vor Beginn des Entscheidungsprozesses angekündigt sind bzw. erwartet werden. Bei Routineproblemen bilden sich derartige Erwartungen aus den vergangenen Erfahrungen zwangsläufig heraus. Bei einmaligen Problemen ist dagegen die Beschränkung auf ex post-Kontrollen bereits wegen der zumeist grundlegenden, strategischen Bedeutung der Problemstellung zweifelhaft. Das bedeutet, daß eine Kontrollmaßnahme im allgemeinen als spezieller Motivator aufgefaßt werden kann, mit dem Sanktionen monetärer oder n i c h t monetärer Art einhergehen. Neben ihrer Beurteilungsfunktion im Sinne eines Soll-Ist-Vergleichs des Verhaltens oder der Entscheidung selbst besitzt eine Kontrolle deshalb gewöhnlich auch die Eigenschaft, beobachtbares Entscheidungsverhalten den geäußerten Erwartungen näherzubringen. Obgleich diese Argumentation keinesfalls eine Begriffsunterscheidung überflüssig macht, sollen Betrachtungen zum Anreiz- und Kontrollsystem einer Unternehmung im folgenden nebeneinander herlaufen. Die vorgenommene Begriffsverschmelzung entspringt der erläuterten Sichtweise. Anreizwert. Um die Beeinflussung des Entscheidungsverhaltens deutlich zu machen, bietet es sich an, als Maß hierfür einen Anreizwert zu formulieren. Prinzipiell hat ein solcher Wert Auskunft darüber zu erteilen, wie sich die Entscheidungsqualität nach Ausübung von Anreizaktivitäten gegenüber dem vorangegangenen Zustand verändert hat. In diese Beurteilung sind die e n t stehenden Transaktione- bzw. Konfliktkosten, die durch die genannten Aktivitäten verursacht werden, mit einzubeziehen. Ist der durch Verhaltensbeeinflussung verursachte Aufwand so beträchtlich, daß er eine mögliche Qualitätsverbesserung der Entscheidung übersteigt, so sind die installierten Anreizparameter negativ zu bewerten. Im umgekehrten Fall 1st der Anreizwert positiv. Ist der entsprechende Organisationsaufwand vernachlässigbar gering, so wird der Anreizwert durch den vollen Umfang der Qualitätsverbesserung der Entscheidung determiniert. Letztere Konstellation wird vor allem bei einfachen Problemen bzw. Problemen von unorganisierter Komplexität anzutreffen sein, die im allgemeinen aber auch nur eine geringe Steigerungsmöglichkeit des Ergebnisses durch zusätzliche Anreizmaßnahmen z u lassen. Ein höherer Aufwand Ist bei organisierter Komplexität von Entscheldungsproblemen zu erwarten, doch sind die Ergebnisse hier wiederum häufig sehr viel mehr verbesserungsfähig. Der Spielraum für ein wirkungsvolles,
. Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
153
positiv bewertetes Anreizsystem bleibt aus diesen Gründen gering. Um so mehr bedarf es eines exakten Bewertungsmaßstabs. Gegenstand der Anreizbewertung. Soweit die Entscheidungsebene einer Unternehmung betroffen ist, sind Anreize stets dort denkbar, wo sich ein E n t scheidungsträger durch seine Elnflußnahme auf den Kompetenzbereich eines anderen Entscheidungsträgers Vorteile für sich verspricht. Klammert man alle Situationen aus, in denen die Beeinflussung durch Anreize unerwünscht ist oder zumindest nicht im Interesse der Unternehmung geschieht, so ragen zwei Problemkreise heraus, in denen die Einrichtung von Anreizbeziehungen zum Vorteil der Unternehmung zu überprüfen 1st: a) der Einsatz eines "aktiven" Managements durch Unternehmenseigner, sofern diese selbst nur die Ressourcen zur Verfügung stellen und Im übrigen nicht in die Entscheldungsprozesse eingreifen; Hierbei handelt es sich um einen grundsätzlich systembezogenen Problemkreis, der nicht bei allen Arten von Unternehmungen anzutreffen ist und v o r nehmlich auch von der Rechts- bzw. Organisationsform der Unternehmung a b hängt. Eine Rechtsform, die die Existenz von Unternehmenseignern als Kapitalgeber vorsieht, ist beispielsweise die Aktiengesellschaft. Bei einer entsprechenden Institutionalisierung der Unternehmung setzen die Aktionäre, auch vertreten durch den Aufsichtsrat, den Unternehmensvorstand ein und kontrollieren ihn, ohne bei Unternehmensentscheidungen direkt mitzuwirken. b) die Delegation von Entscheidungen durch die Unternehmensleitung, das obere Management, bis hin zur untersten Entscheidungsebene, dem unteren Management; Anreizbeziehungen entwickeln sich hier zwischen den aktiven Entscheidungsträgern innerhalb der Unternehmung. Das entstehende Subsystem ist von grundlegend anderer Natur, well die Delegation mit einer Zerlegung des E n t scheidungsproblems In Teilprobleme einhergeht, die untereinander verbunden sind. Dem Delegierenden kommt die Aufgabe der Koordination von Teillösungen zu, die er im Gegensatz zum Unternehmenseigner aufgrund seiner aktiven Position auch erfüllen kann. Die Bestimmung des betrachteten Problemkreises soll nach dem Status und den Aufgaben des Delegierenden vorgenommen werden. Seine Aktivität im Verlauf des Entscheldungsprozesses, seine stellenmäßige Anordnung innerhalb der Unternehmung sowie die Obernahme von Koordinationsaufgaben deuten darauf hin, daß ein Anreizsystem zum zweiten Problemkreis beurteilt wird. Für beide Anreizsituationen haben sich unterschiedliche Bewertungsansätze herauskristallisiert, welche den einzelnen Besonderhelten Rechnung tragen und Bedingungen aufzeigen, deren Erfüllung ein bestmögliches Anreizsystem g e währleisten. Einerseits wird der "principal and agent"-Ansatz zur Hilfe g e nommen, andererseits der Dekompositionsansatz (vgl. auch die Gegenüberstellung bei JENNERGREN 1980).
154
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
III. Optimale Anreizsysteme auf der Grundlage des "principal and agent'-Ansatzes Zur Theorie. Beziehungen, die sich zwischen einem passiven Unternehmenseigner, der außerhalb des Entscheidungsbereichs angesiedelt 1st, und dem z u gehörigen Management, welches für die Entscheidungen verantwortlich z e i c h net, entwickeln, können rechtlich als Vertrag interpretiert werden. Unternehmungen lassen sich dementsprechend als Vertragsmengen beschreiben (FAMA 1980). Fragen, die es in diesem Zusammenhang zu klären gilt, betreffen die Art der Vertragsgestaltung und erstrecken sich vornehmlich auf die Rechte und Pflichten, die sich für beide Vertragspartelen herleiten. Der Vertragsgrund, nämlich der Einsatz eines obersten Entscheidungsträgers, wegen seiner Handlungsvollmacht auch als "agent" oder Manager bezeichnet, resultiert vor allem aus der Überlegung, daß im Zuge der wachsenden A r b e l t s teilung innerhalb Jeder Unternehmung eine direkte Entlohnung von Produktivaufgaben gemäß den Grenzproduktivitäten von Organisationsmitgliedern kaum mehr möglich ist, weil die erbrachten Leistungen nicht trennbar bzw. zuordenbar sind. Dies äußert sich formal in der Bedingung δ* z / 6 x j 5 x j ' * 0 ,
'
(ALCHIAN und DEMSETZ 1972). Gleiches gilt im übrigen auch für untergeordnete Managementaufgaben, wenn sich die Entscheidungen zu Teilproblemen aufgrund vorangegangener Problemzerlegungen gegenseitig beeinflussen und eine Entscheidung somit ohne die andere nicht zustande kommt. Dadurch, daß nicht mehr unmittelbar entsprechend der Leistung entlohnt werden kann - dies wäre die einfachste Form eines Anreizsystems - , entsteht die Gefahr, daß einzelne Organisationsmitglieder ihre Anstrengungen zu Lasten anderer Mitglieder sowie der Unternehmung verringern, ohne hierfür in vollem Umfang zur Verantwortung gezogen werden zu können ("shirking"). Dies durch Entwicklung eines geeigneten Anreizmechanismus und Vermittlung zwischen den einzelnen Entscheidungsbereichen zu verhindern, ist fundamentaler Bestandteil der Koordinationsaufgaben eines Managers. Er selbst kann dadurch motiviert werden, daß er ein erfolgsabhängiges Residualeinkommen erhält, welches Ihm der Unternehmenseigner - auch als "principal" oder Unternehmer bezeichnet per Vertrag zusichert. Zielfunktionen des Unternehmers und des Ilanagers. Wie bereits anläßlich der Delegationsproblematik bemerkt, ist dem Unternehmer allgemein daran gelegen, seine eigenen Zielvorstellungen auf das Management zu übertragen. Weichen die ursprünglichen Ziele von Unternehmer und Management voneinander ab, so gilt es auch hier, möglichen Differenzen durch Anreize entgegenzusteuern. Grundsätzlich sind Anreize dazu geeignet, die individuellen Anstrengungen zu fördern und dadurch die Entscheidungsqualität zu beeinflussen. Solange die genauen Auswirkungen auf die Anstrengungen und die Entscheidungsqualität noch unbekannt sind, lassen sich die Zielfunktionen sowohl des Unternehmers als auch des Managers gegenüber den Ausführungen des siebten Kapitels folgendermaßen erweitern: zr ( x , u , < & , e ) bzw.
155
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
Za(x,u,4,e) ( v g l . SHAVELL 1979 und JENNERGREN 1980). Dabei kennzeichnen neben den bekannten Symbolen 4> die Belohnung des Managers, die aus Intrinsischen und extrlnslschen bzw. monetären und nicht-monetären Komponenten bestehen kann, und e die (kontrollierbare) Anstrengung des Managers. Die allgemeine Darstellung der Zielfunktionen erlaubt verschiedenste I n t e r pretationen und Erweiterungen. So lassen sich zp und za als Nutzenfunktionen deuten, an die möglicherweise weitere Anforderungen zu richten sind ( v g l . etwa HARRIS und RAVIV 1979). Für den Fall, daß Informationen über die Umwelt nur unvollkommen vorliegen, b i e t e t es sich Im Zuge einer Problemvereinfachung an, zp und za als Erwartungsgrößen zu handhaben, welche unter H i n zunahme subjektiver Eintrittswahrscheinlichkeiten pp(u) bzw. PA(U) bezüglich der einzelnen Umweltzustände ermittelt werden. Strenggenommen müßten die Zlelfunktlonen dann μ(ζρ) bzw. U(ZA) lauten. JENNERGREN (1980) erläutert, wie die Zielfunktionen aussehen, f a l l s mehrere Unternehmenseigner in ein und dieselbe Problematik einbezogen sind. Er weist vor allem auf Schwierigkeiten hin, die sich ergeben können, wenn bei der Z u sammensetzung der Eigner kein stabiles Gleichgewicht zustande kommen kann, weil die A n t e i l e zum Beispiel an der ( A k t l e n - ) B ö r s e gehandelt werden. Grundsätzlich hat man eine Zlelfunktlon der A r t
Σ gt · zpj 1=1 in Betracht zu ziehen, wenn gi die A n t e i l s g e w i c h t e der Unternehmenseigner Pi, 1=1 1 angeben. Praktische Überlegungen einer am Gewinn orientierten Unternehmung g e s t a t ten es v o r e r s t , sich auf die monetären Anreize zu konzentrieren. Unter diesem Blickwinkel vereinfachen sich die Zielvorstellungen zu ZP = G ( Χ )
- Φ
bzw. ζ*=Φ, wobei G ( x ) das Unternehmensergebnis v o r der Belohnung bezeichnet. Die scheidungsfunktion
Ent-
x=x(e,u) sowie das monetäre Anreizsystem
berücksichtigen die Einflüsse von Individueller Anstrengung und flußbarer Umwelt.
nlcht-beeln-
156
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Anreizsystem und Risikoverhalten. Die Beantwortung der Frage, welche B e lohnungsfunktion nun Im einzelnen sowohl für den Unternehmer als auch für den Manager akzeptabel, also pareto-optimal ist und somit die relevante B e urteilungsgrundlage fttr alle Anreizsysteme liefert, wird maßgeblich vom R i s i koverhalten der Beteiligten beelnflußt. Stimmen Unternehmer und Manager in Ihrer Beurteilung der Umwelt überein, d.h. gilt PP(U)=PA(U)
für alle ueU,
d.h. liegen symmetrische Informationen vor, und besitzen beide Parteien darüber hinaus "ähnliche" Zielvorstellungen in der Weise, daß die Z i e l funktionen zp und ZA Jewells entweder Exponentialfunktionen, Logarithmusfunktionen oder Potenzfunktionen mit Identischer Potenz darstellen, so sind die linearen Belohnungsfunktionen des Typs i(x)=ci+c2*x
mit
ci Ses
il
pareto-optimal (ROSS 1973, 1974). Die Belohnung hängt also weder von der Umweltsituation noch von den Anstrengungen des Managements ab, sondern lediglich vom erzielten Ergebnis. Da die Beteiligten ein identisches Risikoverhalten offenbaren und die Zielpräferenzen auf die beschriebene Welse ähnlich sind, besteht kein Grund, mit den Anstrengungen des Managements unzufrieden zu sein. Die Anstrengungen brauchen nicht zum besonderen Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen erhoben zu werden. Zugleich eröffnet sich die Möglichkeit einer starken Form der Dezentralisation von Entscheidungskompetenzen, da das Anreizsystem auf beliebige E n t scheidungssituationen übertragbar ist, solange nur die beiden Grundvoraussetzungen bezüglich der Umwelt- und Entscheidungsbeurteilung erfüllt bleiben (JENNERGREN 1980). Sind die Prämissen allerdings nicht allgemein gültig, so können zwar für einzelne Entscheidungsprobleme weiterhin pareto-optimale Anreizsysteme entwickelt werden, doch lassen sie generell nur noch eine schwache Form der Dezentralisation zu, deren Zweckmäßigkeit für jede andere Entscheidungssituation bzw. Umwelt neu zu überprüfen ist (vgl. JENNERGREN 1980 und die dort zitierte Literatur). Die vorstehenden Ergebnisse haben ihre unmittelbare Entsprechung in f r ü heren Ausführungen zur Delegationsproblematik, wobei sie die dort erörterten Bewertungskriterien in zweierlei Hinsicht erweitern: Während die Delegationsbewertung das Auffinden eines geeigneten Managers in bezug auf die Kompetenzübertragung ermöglicht, muß über eine angemessene Entlohnung noch verhandelt werden. Zwar ist aus den genannten Bedingungen herleitbar, daß bei identischen Zielvorstellungen der Unternehmenseigner und ihres Managements überhaupt keine Anreize notwendig sind, doch würde gerade diese Prämisse bezüglich der Zlelharmonle dann kaum längerfristig Erfüllung finden. Bei einer starken Form der Delegation gestaltet sich die V e r t r a g s v e r handlung Jedoch am einfachsten. Gegenstand sind lediglich die Parameter ci und C2 der Belohnungsfunktion, nämlich das leistungsunabhängige Fixgehalt sowie die lelstungsbezogene Prämie. Außerdem demonstrieren die Überlegungen zur Verhaltensbeeinflussung durch Anreize, daß für eine starke Form der Dezentralisation nicht zwingend identl-
Neuntes Kapitel: Integratiomeffekte
157
sehe Zielvorstellungen von Delegierenden und Delegierten sowie vollkommene Informationen Voraussetzung sein müssen. Bei geschickter Wahl des Anreizsystems genügt es vielmehr, wenn Ähnlichkeiten bezüglich der Entscheidungsund Umweltbeurteilung in der erörterten Form feststellbar sind. Durch die in Aussicht gestellte Belohnung werden kleinere Unterschiede im Deleglertenverhalten auf Dauer und unabhängig von der konkreten Situation nicht entscheidungsrelevant. Belohnung der Managementanstrengungen. Sobald das Verhalten des Managements nicht mehr rein monetär ausgerichtet 1st, sondern auch unmittelbar von den unternommenen Anstrengungen, zum Beispiel der Arbeitszelt, abhängt, entsteht eine völlig andere Ausgangslage für die Beurteilung des Anreizsystems. Hat nämlich ein Manager wegen δζ*/δχ>0 und 6ZA/5e ( Χ ·
,U°)-ZP(X^.U
0
)
bzw. f ü r den Manager WA ( Φ ) = Z A ( X · , U ° ) - Z A
(X*>,U°) .
χ* und x*° kennzeichnen d i e auf der Grundlage rationalen Verhaltens e r reichbaren Entscheidungen. Der R a t i o n a l i t ä t s b e g r i f f braucht hier v o r e r s t nicht besonders i n t e r p r e t i e r t zu werden. Auch n i c h t - r a t i o n a l e s Verhalten läßt sich auf dieselbe Welse ex post beurteilen. Dann 1st jedoch eine e x p l i z i t e D a r stellung z ( x , u ^ , e ) e r f o r d e r l i c h . Die in Aussicht g e s t e l l t e Belohnung nimmt im allgemeinen die Anstrengung des Managements Einfluß, d.h. es g i l t β(Φ) bevor diese wiederum die
mit
unmittelbar
auf
de/άΦΧ),
Entscheidung χ(Φ)
mit
dx/άΦΧ)
determiniert. Außerdem bezeichnet u* den bei der scheidung tatsächlich beobachtbaren Umweltzustand.
Realisierung
der
Ent-
164
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Wie bei der ex post-Beurtellung von Informationen, so ist auch fttr die A n reizbeurteilung maßgeblich, welche Entwicklungen sich In bezug auf die Unternehmensumwelt bis zur Entscheidungsrealisierung ergeben. Ein besonderer Elnfluß auf den ex p o s t - A n r e i z w e r t geht davon aus, inwiefern das Management nach Abschluß der Verhandlungen über eine Belohnung, aber rechtzeitig vor dem Entscheidungszeitpunkt sichere Umweltinformationen erhält. Beispiel. Die für eine Organisationsentscheidung in bezug auf die G e s t a l tung des betrieblichen Anreizsystems erforderlichen Daten seien durch Tab. 10 gegeben. Gegenstand der Bewertung sei ein Anreizsystem Φι, welches das b e stehende System Φ« im Zuge neuer vertraglicher Vereinbarungen zwischen Unternehmenseigner und Management ablösen soll. Es muß damit gerechnet w e r den, daß das Management deswegen seine Anstrengungen neu überdenkt.
Tab. 10. Zustandsabh&ngige Zielwerte bei verschiedenen Anstrengung
Anreizsystemen
Anreizsyatem Φι u
u
u
u
ZA
2
0
5
1
Zp
7
1
5
1
ZA
3
1
i
4
ZP
3
1
0
2
ei
e>
Hat sich der Informationsstand des Managements nach Einrichtung eines Anreizsystems so entwickelt, daß zum Zeltpunkt der Problemlösung Sicherheit über die Umwelt herrscht, so lauten die ex post-Werte für den Fall, daß u°=u z u t r i f f t , folgendermaßen: wp (ΦΙ ) =zp ( x * 1 , u ) — z p ( x * ° , u ) = 2 WA
(ΦΙ
) =ZA
( X
B
, U )
- Z A
Das Anreizsystem Φι Initiiert das während bei Φο die Anstrengung es nächsten kommt. Ist der Umweltzustand u e =ü gungen:
(X'O.U)
und
= 2 .
Management zu einer Anstrengung den persönlichen Zielvorstellungen
ei, am
beobachtbar, so f o l g t aufgrund analoger Ü b e r l e -
wp (ΦΙ ) =zp ( x , l , ü ) -ZT (X·®,*!) = 1 WA (Φι ) = Z a ( x " , Ü ) - Z A
und
(χ·ο,ΰ)=3.
Damit f ä l l t die Beurteilung des neu etablierten Systems unter allen Umständen positiv aus, auch wenn die einzelnen Werturteile situationsbedingt voneinander abweichen. Das Anreizsystem Φι dominiert also das System Φο. Anders v e r h ä l t es sich mit dem ex p o s t - U r t e i l , wenn sich die zum Zeitpunkt der Organisationsentscheidung vorliegenden unvollkommmen Informationen nicht
Neuntes Kapitel: Integratiorueffekte
165
yerändern, d.h. das Management seine Sachentscheidungen unter Unsicherheit zu treffen hat. Dies wird insbesondere dann zu beobachten sein, wenn zwischen der Prämienvereinbarung und den Sachentscheidungen kaum Zelt vergeht. Ist in einer Situation unvollkommener Information mangels besseren Wiesens von gleichwahrschelnllchen Umweltkonstellationen auszugehen und bei risikoneutraler Einstellung des Managements außerdem der erwartete Zielwert μ(ΖΛ> für die eigenen Anstrengungen und Entscheidungen ausschlaggebend, so e r weist sich für die Daten aus Tab. 10 die Anstrengung ex generell als v o r teilhaft. Die ex post-Urteile lauten für u'=u wp (Φι ) » z p ( x ' ^ u l - z p (χ·*, u) = - 3 WA ( Φ Ι ) » Z A
(X",U)-ZA
und
( X ^ U ) » !
bzw. für u*=ü wp (Φ» )=ZP ( x " , ü ) - z p ( χ · ° , 0 ) = 1
und
WA (Φι )=ZA ( x ' ^ ö t - Z A ( x « * , u ) = 3 . Die Einrichtung von Φι wird für einen rislkoneutralen Unternehmer ungünstig, da die erörterte Unsicherheit auf das Entscheidungsverhalten des Managements wesentlichen Elnfluß nimmt. Das Management profitiert zwar weiterhin von der Anpassung der Belohnungsfunktion, doch hat es ebenfalls Einbußen hinzunehmen, falls der Umweltzustand u*=ü eintritt. Diese resultieren aus dem Verzicht auf zusätzliche, entscheidungsrelevante Informationen. Ex ante-Bewertung. Ähnlich wie anläßlich der Informationsbewertung ist die Ergebnisrationalität einer ex post-Betrachtung für die Gestaltung des Anreizsystems nur von untergeordneter Bedeutung. Zwar lassen sich in dem vorangegangenen Beispiel aus dem ex post-Vert unmittelbar Rückschlüsse auf die Wahl des Anreizsystems herleiten, wenn das Informationsverhalten des Managements absehbar ist. So ist für den Fall, daß das Management bis zur Entscheidungsfindung vollkommene Information einholt, unbedingt das System Φι zu präferieren, während bei unverändertem Informationsstand und risikoneutralem Entscheidungsverhalten aus der Sicht des Unternehmers das ursprüngliche System Φο dominiert bzw. den höheren ex ante-Wert besitzt. Im allgemeinen zwingt die vorhandene Entscheidungskomplexität jedoch zu einer vereinfachten Sichtweise, die sich auf das grundsätzliche, erwartete Entscheidungsverhalten des Managements konzentriert. Nimmt man die Vereinfachung einer Entscheidungssituation auf der Grundlage des Bernoulll-Kriterlums bzw. des darin verankerten Rationalprinzips vor (vgl. zur kritischen Diskussion zum Beispiel SCHNEEWEISS 1967 sowie BITZ und ROGUSCH 1976), so lassen sich die Effekte eines neu zu Installierenden Anreizsystems Φ gegenüber einem bestehenden System Φο bel risikoneutralem Entscheidungsverhalten durch wp' (Φ) - μ ( zp (χ* ) ) - μ ( zp (x*>) ) und WA'(Φ)-Μ(ZA
(χ·
))-Μ(ΖΑ
(χ··))
166
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
messen. Abweichendes Risikoverhalten erfordert entsprechende Korrekturen. Gegenüber den ex post-Werten, die der Beurteilung einer vollzogenen O r g a n i s a t i o n s - und Sachentscheidung gelten, dienen diese Kriterien unmittelbar der Vorbereitung einer Organisationsentscheidung. Die Einrichtung eines A n r e i z s y stems kann unter den gegebenen Umstanden nicht b e s s e r erfolgen, a l s es durch einen höchstmöglichen ex a n t e - V e r t zum Ausdruck kommt. Optimales Anreizsystem. Da bei einer ex a n t e - B e w e r t u n g alle unbekannten Entscheidungsparameter s u b s t i t u i e r t bzw. n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t werden, kann durch Maximlerung des erwarteten Anreizwertes unmittelbar ein optimales A n reizsystem h e r g e l e i t e t werden. Dazu ist aus der S i c h t des Unternehmers ein Optimierungsansatz der folgenden Art geeignet (vgl. zum Beispiel SHAVELL 1979): Max μ (zp (Φ) ) u n t e r den Nebenbedingungen (1)
μ(ζΑ(Φ,β(Φ)))=Max
(2)
μ(ζΛ ( Φ , e ) )*ΖΑ .
μ(ζΑ(Φ,e))
NASH ( 1 9 5 1 ) zeigt, daß mit einem solchen Ansatz bei entsprechendem R a t i o n a l v e r h a l t e n des Managements s t e t s eine Gleichgewichtslösung e x i s t i e r t , f a l l s gemischte S t r a t e g i e n g e s t a t t e t sind. Eine a l t e r n a t i v e Problemformulierung aus der Sicht des Managements besteht darin, die Belohnungsfunktion so a u s z u wählen, daß U(ZA) maximiert wird und gleichzeitig analoge Nebenbedingungen für zp Beachtung finden (vgl. SHAVELL 1979). Dem in (1) berücksichtigten Maxlmlerungsstreben des Managements kann vereinfachend auch durch die notwendige Bedingung Ausdruck verliehen w e r den, daß der Grenznutzen einer Veränderung der unternommenen Anstrengung gleich Null sein muß, also anstelle von (1) die Bedingung Cl
' >
μ (5ZA / δ β ) =0
e r f ü l l t sein muß. Auf Schwierigkeiten, die sich bei Befolgung dieser Bedingung h i n s i c h t l i c h der Lösungsqualität trotzdem ergeben können, weist MIRRLEES ( 1 9 7 4 , 1 9 7 5 ) hin. Die Festlegung des Mindestnutzens Ζλ 1st Gegenstand der Verhandlungsmacht beider Vertragsparteien. Er spiegelt sich in einer dichotomen Belohnungsfunktion durch Φ wider. GROSSMAN uiid HART ( 1 9 8 3 ) reformulieren den Ansatz zu einen konvexen Programmierungsmodell, welches das Auffinden e i n e s globalen Optimums a u f Jeden Fall g a r a n t i e r t . An die Stelle der notwendigen Bedingung (1) t r e t e n R e s t r i k t i o n e n vom Typ (1")
μ(ΖΑ(Φ,e))*μ(ΖΑ(Φ,e'))
für
alle
e*e'.
¡Neuntel Kapitel: Integrationseffekte
167
Allerdings verlangt diese Formulierung gleichzeitig die Beachtung einer Reihe zusätzlicher Prämissen, was Insbesondere die Ziele von Unternehmer und Management anbetrifft. Die darüber hinausreichende Problematik, daß mehrere Manager gleichzeitig in voneinander abhängige Entscheidungen Involviert sind und voneinander a b weichende Zlelvorstellungen entwickeln, so daß auch verschiedene Kontrakte vereinbart werden müssen, behandeln zum Beispiel GREEN und STOKEY (1983), HOLMSTROM (1983), NALEBUFF und STIGLITZ (1983) sowie MOOKHERJEE (1984) auf ähnliche Weise. Die einzuhaltenden Restriktionen müssen dabei geeignet modifiziert und erweitert werden, ohne daß sich die Problemstruktur grundsätzlich ändert. Beispiel. Obwohl die beschriebene Vorgehensweise die Anreizeffekte bei r a tionalem Verhalten der Beteiligten optimiert, äußert sich eine unangemessene Problemvereinfachung biswellen auch In unbefriedigenden Resultaten. Um dies zu veranschaulichen, werden noch einmal die Zahlen des vorangegangenen Beispiels aufgegriffen. Vollzieht sich die Beurteilung des geplanten Anreizsystems Φι, wie angenommen, auf Jeden Fall noch unter Unsicherheit über die zukünftige Umweltentwicklung, so können lediglich Erwartungswerte als Grundlage der Organisationsentscheidung dienen. Die aus Tab. 9 abgeleiteten Erwartungen risikoneutraler Unternehmenseigner sowie Manager sind in Tab. 11 expliziert. Beschränkt sich das Wissen auf diese unvollkommenen Informationen, so erübrigt sich aus der Sicht der Unternehmung ein neues Anreizsystem Φι wegen der damit verbundenen ex ante-Bewertung W?' (ΦΙ ) = μ ( Z P ( Χ " ) ) - Μ ( ζ ι · (X*>) ) = - L .
Hierbei 1st zu beachten, daß das Management aufgrund der vorliegenden Informationen mit seinen Anstrengungen stets auf dem Niveau β2 verharrt. D.h. weder der Entscheidung χ·° noch der Entscheidung x· 1 liegt die Anstrengung ei zugrunde. Tab. 11. Erwartete Ziel werte bei den Anreizsystemen Φο und Φι Anreizsystea
Anstrengung
ei
β!
*>
Φι
μ-2
μ - 1
ρ(ιι)=ρ(Π)=1/2 Vielmehr existiert ein von beiden Seiten in gleichem Maße angestrebter Kompromlß In Form einer Glelchgewichtslösung derart, daß das System Φο e r halten bleibt und mit der Anstrengung es verknüpft wird. Dieses Ergebnis 1st insofern nicht befriedigend, als es kein Pareto-Optimum darstellt und für alle Beteiligten günstigere Alternativen in Aussicht stehen (vgl. Tab. 10).
168
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Die entwickelte Gleichgewichtslösung wird auch als (nicht-kooperatives) NASH-Gleichgewicht bezeichnet. Die Entscheidungssituation, die zu dem b e schriebenen Resultat führt, stellt ein "Gefangenen-Dilemma" dar. Ein erster Schritt In Richtung einer verbesserten Entscheidungsqualltät 1st zum Beispiel die Wiederholung des Bewertungsprozesses in Kenntnis des zuvor erreichten Kompromisses, so daß eine Korrektur ermöglicht wird (vgl. zur allgemeinen Diskussion dieser Wiederholungsprozedur ausführlich FANDEL 1979). Eine andere Alternative, effiziente Lösungen zu realisieren, besteht darin, die Koordination zwischen Unternehmer und management auf der Basis des Anreizsystems um unmittelbar kooperatives Verhalten zu ergänzen. Noch deutlicher sichtbar wird das Risiko einer Problemverelnfachung für den Fall, daß das Management bis zum Entscheidungszeitpunkt vollkommene Information erwarten kann, die Organisationsentwicklung jedoch ausschließlich u n ter Abwägung der Informationen aus Tab. 11 getroffen wird. Die sich hieraus ergebende Beibehaltung des Anreizsystems Φο fordert direkten Widerspruch heraus, da bereits erörtert wurde, daß das neue System Φι unabhängig vom beobachteten Umweltzustand sowohl für den Unternehmer als auch aus der Sicht des Managements eine bessere Zielerreichung verspricht. Koordination und Kooperation. Wenn auch die Einrichtung eines Anreizsystems stets der Koordination von Einzelinteressen dient, muß es - im e n t scheidungstheoretischen Sinn - nicht unbedingt zugleich kooperativ sein. Liegt etwa die Verhandlungsmacht allein bei einem Organisationsmitglied und v e r bleibt dem Verhandlungspartner lediglich die Möglichkeit der Reaktion auf ein Vertragsangebot, so 1st Kooperation ausgeschlossen. Je nach Machtausübung können die Koordinationsmittel so eingesetzt werden, daß eigene Zielvorstellungen unter Beachtung des Verhaltens des Vertragspartners ausschlaggebend sind. Wie zuvor gesehen, führt selbst absolute Verhandlungsmacht, d.h. hier Ko ordinations- bzw. Gestaltungsfreiheit des Unternehmers in bezug auf das Anreizsystem, nicht immer zu den Ergebnissen, wie sie bei unmittelbar kooperativem Verhalten erwartet werden dürfen. In Tab. 11 springt die Dominanz des Anreizsystems Φι, verbunden mit der Anstrengung ei, gegenüber dem nichtkooperativen Kompromiß Φο Im Einklang mit sofort Ins Auge. Erst kooperatives Verhalten zwischen den Vertragspartnern garantiert im allgemeinen p a reto-optimale Resultate (vgl. die fundamentalen Resultate der Spieltheorie, beispielsweise bei OWEN 1971). Ist der Unternehmer aus diesem Grunde bestrebt, dem Management bezüglich der Gestaltung des Anreizsystems von Beginn an einen Verhandlungsspielraum zuzuerkennen, so bleibt das vorgestellte Instrumentarium zur Ermittlung eines pareto-optimalen Systems noch unbefriedigend und 1st um eine geeignete Berücksichtigung der Kooperationsmöglichkeiten zu ergänzen. Die Vertragssituation zwischen Unternehmer und Management weitet sich zum Nutzen beider Partelen zu einer Verhandlungssituation aus und gestattet eine direkte Abstimmung von Anstrengung und entsprechender Prämiierung. Wie aus der Theorie der kooperativen Zwei-Personen-Spiele hervorgeht, sind stabile pareto-optlmale Organisationsentscheidungen bei Individuell-rationalem Verhalten und Kooperation stets realisierbar (vgl. auch FANDEL 1979). Der Anreizwert nimmt die Form eines Verhandlungswertes an und ist Gegenstand
Neuntes Kapitel: Integratiorueffekte
ausführlicher Erörterungen Im zehnten Kapitel, wenn n i c h t - h i e r a r c h i s c h e systeme b e t r a c h t e t werden.
169
Sub-
A u f w a n d s - und Ertragskomponenten des Anreizwertes. Die erläuterten A n reizbewertungen, sowohl in der ex p o s t - als auch in der ex ante-Form, geben S y n e r g i e e f f e k t e Infolge von Koordinationsmaßnahmen zwischen den E n t s c h e i dungsträgern s t e t s als Nettogrößen wieder, da sie Aufwand und Ertrag in der Belohnungsfunktion aggregiert berücksichtigen. Die Bruttowerte ergeben sich durch Separierung der A u f w a n d s - und Ertragskomponenten aufgrund einfacher Überlegungen. Ohne Differenzierung nach ex p o s t - und ex ante-Werten lassen sich die i n dividuellen Zielfunktionen allgemein in Form von ζ(Φ,β) darstellen. Aus der Sicht des Unternehmers e n t s t e h t durch Anpassung der Belohnung mit der A b sicht, beim Management zusätzliche Anstrengungen auszulösen und dadurch das Unternehmensergebnis zu verbessern, zunächst lediglich ein Aufwand in Höhe von KP ( Φ ) = Ζ Ρ (ΦΟ , Β ( Φ ο ) ) - Z P ( Φ , Β ( Φ ο ) ) .
Die Anstrengung β(Φ) 1st dabei durch das Rationalverhalten des Managements erklärt, d.h. es gilt ZA(Φ,β(Φ))=Max
ZA ( Φ , β ) .
Erst die Reaktion des Managements auf die in Aussicht g e s t e l l t e Belohnung bewirkt den gewünschten A n r e i z e f f e k t in Form eines zusätzlichen B r u t t o e r t r a ges EP (Φ) =zp (Φ, e (φ) ) - z p (Φ, e (Φο ) ) .
Damit 1st der (Netto-)Anreizwert des Systems für den Unternehmer WP (Φ) =Ep (Φ)-ΚΡ (Φ) , d.h. er ergibt sich aus einem A u f w a n d s - und einem Ertragsbestandteil. Aufspaltung s e t z t eine sinnvolle Problemstruktur, also insbesondere eine notone Zielfunktion voraus. Verringern sich Anstrengung und Ergebnis einer höheren Belohnung, so wird auch die Komponente Ερ(Φ) zu einem wandsfaktor.
Diese motrotz Auf-
Bemerkenswert 1st, daß mit einer In A u f w a n d s - und Ertragsbestandteil s e p a rierten Darstellung des Anreizwertes zugleich andere aufschlußreiche U r t e i l s kriterien, wie zum Beispiel die Rentabilitätsbetrachtung eines i n s t a l l i e r t e n Anreizsystems, unmittelbar zugänglich werden. Analog s e t z t sich auch der Anreizwert des Managements aus zwei Komponenten zusammen. Während sich die aus einem Anreizsystem resultierenden V o r teile In der vergleichsweise höheren Belohnung EA (Φ) = Z A (Φ, e (Φο )
) -ZA
(Φο , e (Φ« ) )
widerspiegeln, die Belohnung also bereits bei glelchblelbender Anstrengung wirksam wird, ist eine zusätzliche Ertragsstelgerung durch Anpassung der A n -
170
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
s t r e n g u n g dann sinnvoll, wenn sie n i c h t durch den damit v e r b u n d e n e n wand
Auf-
KA (Φ) =ZA ( Φ , Β ( Φ ο ) ) - Z A ( Φ , Β ( Φ ) )
kompensiert wird. Der N e t t o e f f e k t des Systems b e t r ä g t f ü r d a s Management WA (Φ) =EA (Φ)-ΚΑ (Φ) . Beispiel. Die r i s i k o n e u t r a l e n Einstellungen von Unternehmer und Management s e i e n durch folgende m o n e t ä r e Zielfunktionen gegeben: zp =G ( χ )
-Φ
und ZA
=Φ.
Die Komponenten der Anreizwerte wp und WA l a u t e n in diesem Fall: Kp (Φ) = kav . D.h. Abteilung 2 bietet einen höheren Verrechnungspreis an, als sie selbst für Ihre Entscheidung über die Bezugsmenge kalkuliert. Dadurch entstehen für beide Abteilungen zusätzliche Anreize des Ressourcenaustauschs. Die umgekehrte Relation pi v £k2 v ist nicht denkbar, da sie unweigerlich zu ps · χ - ( Κ ι ( x ) + K 2 ( x ) ) ¿ 0
m i t x = x i =X2
bzw. einem totalen Belohnungsverzicht führt. Beurteilung des Koordinationsaufwands bei Anreizsystemen auf der Basis des Abteilungsergebnisses. Wählt man das Abteilungsergebnis als Bemessungsgrundlage für die Entlohnung der Entscheidungsträger, so hat dies in mehrerer Hinsicht Auswirkungen auf die optimale Gestaltung der Organisation. Die durch das Anreizsystem beeinflußte Entscheidungssituation offenbart sich zunächst in grundsätzlichen Konflikten, da die aus den Bemessungsgrundlagen entwickelten Zielvorstellungen der Abteilungen miteinander konkurrieren. Falls bei pareto-optimalen Entscheidungen χ und x' für Abteilung 1 z 1 ( x ) >z» ( x · ) erfüllt ist, gilt für eine andere Abteilung 2 z* ( x ) ist nur dann mit dem tatsächlichen Gesamtergebnis identisch, wenn Gr(xr)=Gr(xr) gilt, d.h. alle Abteilungen wahrheitsgemäß übermitteln.
für a l l e
ihr Ergebnis
j'*j
bzw. ihre
Entscheidungsparameter
Ole Belohnung einer Abteilung wird von vornherein kalkulierbar, weil der variable Teil der Bemessungsgrundlage kontrollierbar ist und die nicht-kontrollierbaren Teile als fix angenommen werden dürfen. Unzuverlässige Informationen anderer Abteilungen bleiben unmittelbar ohne Konsequenzen, da eine Entscheidung auf dieser Grundlage zulässig 1st und dementsprechend auch honoriert wird. Eine nachträgliche Korrektur der Bemessungsgrundlage findet nicht statt. Mittelbare Konsequenzen im Hinblick auf die Entscheidungsqualität können sich dadurch ergeben, daß Fehlinformationen das optimale Abteilungsergebnis und damit auch die Bemessungsgrundlage reduzieren. Die Abteilung, die Fehlinformationen liefert, kann Im nachhinein anhand von Ergebniskontrollen identifiziert werden, wenn die Unternehmensleitung das anläßllch der Ressourcenbeanpruchung gemeldete Gesamtergebnis E Gj ( x j )
i *ι
mit der beanspruchten Prämie bzw. der Bemessungsgrundlage G(J> Abweichungen zeigen an, daß Gj (xj )*Gi gelten muß.
(xj )
vergleicht.
184
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Um sicherzustellen, daß wahrheitswidrige Informationen nicht erst ex post bekannt sind, sondern für den Fall des Rationalverhaltens aller Entscheidungstr&ger von vornherein ausgeschlossen werden, ist eine Zentralisierung des Entscheldungsprozesses In der Welse erforderlich, daß die Unternehmensleitung die Ressourcenverteilung selbst vornimmt. Dazu hat sie auf der Grundlage der gemeldeten Abteilungsergebnisfunktionen G j ( x j ) den bestmöglichen Gesamtgewinn zu planen:
Max *2
»J
1
Σ Gj ( x j ) , =1
zum Beispiel unter der Nebenbedingung Σ x j áxo , J=1 wenn es sich bei den Entscheidungsparametern x j um benötigte Mengen von Ressourcen handelt und Xo die maximal verfügbare Ressourcenmenge bezeichnet. Unter Berücksichtigung der eigenen Zielfunktion Max G< ·> > »J ist jede Abteilung unter diesen Umständen daran interessiert, korrekte Daten zu übermitteln, weil die Unternehmensleitung sonst ein anderes Problem als die Abteilung löst. Lediglich bei übereinstimmender Problemformulierung und entsprechender Ressourcenzuteilung wird die Bemessungsgrundlage für die E n t lohnung der Abteilung maximiert. Präziser wäre es, von identischen Zielen statt von Identischen Problemen zu sprechen. Da die Unternehmensleitung nämlich zusätzliche Informationen In Form von Nebenbedingungen beachten muß, können beide Probleme zu unterschiedlichen Lösungen führen. Dennoch handelt die Unternehmensleitung im Sinne einer jeden Abteilung, die wahrheitsgemäß berichtet. Die modifizierte Gewinntellung l i e f e r t eine dominante Strategie für alle Beteiligten, nämlich die Übermittlung zuverlässiger I n f o r mationen. Einzige Voraussetzung ist, daß die Problematik des "shirkings" a u s geklammert bleibt und Informationsunsicherheiten auf bereichsübergreifende Daten begrenzt sind. Da die Belohnung eigener Anstrengungen jedoch nicht länger mit anderen Abteilungen geteilt werden muß und eine geeignete Zerlegung operativer Probleme Datenunsicherheiten bereits weitestgehend reduziert, kommt diesen Einschränkungen eine untergeordnete Bedeutung zu. Beurteilung des Koordinationsaufwands bei Anreizsystemen auf der Basis des Gesamtergebnisses. Analog zu den Betrachtungen, die das Abteilungsergebnis zur Grundlage des Anreizsystems haben, ergeben sich auch j e t z t einige e r gänzende organisatorische Notwendigkelten, um die Anreizeffekte voll zur Geltung zu bringen. In erster Linie f ä l l t auf, daß die Wirksamkeit der Bemessungsgrundlage mit einer stärkeren Zentralisierung des Entscheldungsprozesses verbunden 1st. Dies 1st Insofern erklärlich, als die Unmöglichkeit, Abteilungeergebnisse exakt zum Beispiel unter Zuhilfenahme von vergleichbaren Marktpreisen - abzugren-
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
185
zen, die Unselbständigkeit des Abteilungsmanagements indiziert. Die Abteilungen können kaum als "profit center" eingerichtet werden. Die Delegation von Teilproblemen erfolgt vielmehr aufgaben- bzw. funktlonsorlentiert, d.h. die Entscheidungskompetenzen werden nicht output-(produkt-)bezogen, sondern lnputbezogen vergeben. Damit erscheint eine intensive zentrale Koordinationsfunktion dringend geboten, die die Steuerungsfunktion des Marktes ablöst. An die Stelle der zuvor optimalen horizontalen Informationskanäle treten v o r nehmlich vertikale Kanäle. Der wachsenden Koordinationsaufgabe der Unternehmensleitung steht andererseits ein erheblich schrumpfender Kontrollaufwand gegenüber, da die e i n zelnen Bemessungsgrundlagen für die Belohnungen grundsätzlich nicht mehr konfliktär sind. Der Gefahr einer vermehrten Tendenz zum "shirking" kann durch den Vorschlag von GROVES und LOEB (1979) wirksam begegnet werden. Ist bei einzelnen Delegierten dennoch eine verminderte Anstrengung erkennbar, sei es i n folge "shirkings" oder irrationalen Verhaltens, so sind wegen der auftretenden externen Effekte Auswirkungen auf die Belohnungsfunktionen anderer Abteilungen In der Regel zwar nicht vermeldbar, doch bleiben die auf diese Abteilungen wirkenden Anreize insgesamt In vollem Umfang erhalten. Es besteht keine Veranlassung, auf Verhaltensänderungen anderer Abteilungen durch Veränderung des eigenen Verhaltens zu reagieren, wie dies bei Zugrundelegung des Abteilungsergebnisses als Bemessungsgrundlage rational 1st. Beurteilung des Managements. Es soll an dieser Stelle noch auf eine Erweiterung der genannten Anrelzmögllchkeiten hingewiesen werden, die die zu e r wartenden Effekte zu sichern bzw. zu steigern vermag. Häufig kommt es vor. daß ein qualifiziertes Management gerade in Abteilungen erforderlich und erwünscht ist, die sich einer Ausnahmesituation g e genübersehen. Umgekehrt wird das Management in guten Ertragssituationen mit weniger diffizilen Aufgaben konfrontiert. Ein Anreizsystem, das auf der Basis der Entscheidungsqualität funktioniert und diese anhand des erwirtschafteten Ergebnisses feststellt, wird solchen unvergleichlichen Situationen nicht g e recht, da es die eigentliche Managementaufgabe nicht unmittelbar bewertet. Insbesondere tritt dieser Mangel dort auf, wo das Abteilungsergebnis maßgeblichen Anteil an der Systemgestaltung hat, also bei allen diskutierten Vorschlägen, wenn man von der Gewinnteilung einmal absieht. Er kann bei diesen Systemen auch auf die außer acht gelassene Entscheidungskomplexität zurückgeführt werden. GROVES und LOEB (1979) geben deshalb zu bedenken, die Anreizwirkung für Abteilungsleiter dadurch zu steigern, daß von der Unternehmensleitung z u nächst Vorgaben fixiert werden, die als zusätzlicher Bezugspunkt für die g e leistete Arbeit dienen. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, nicht vergleichbare Ausgangssituationen durch unterschiedliche, abteilungsspezifische Vorgaben zu nivellieren. Die Bemessungsgrundlagen lassen sich dementsprechend um einen Betrag G u ) zu G< J > -G< J > reduzieren. Soll eine negative "Belohnung", zum Beispiel durch Kürzung der vereinbarten Grundprämie, für den Fall
186
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
G( i ) ausgeschlossen sein, so lautet die Bemessungsgrundlage allgemein Max
(G-G,0).
Neben einer größeren Anreizwirkung auf das Abtellungsmanagement wird hierdurch einem aufgrund der Problemkomplexität häufig nur beschränkt r a tionalen Verhalten Rechnung getragen, indem die normalen Anstrengungen aus der Beurteilung ausgeklammert und vorab vergütet werden, so daß nur außergewöhnliche Leistungen die Bemessungsgrundlage für weitere Belohnungen bilden. Dieser Ansatz weist Parallelen zum "sowjetischen" Anreizsystem auf. Durch die Wahl eines modifizierten Belohnungssatzes können Aktivitäten gedrosselt werden, sobald das vorgegebene Zielniveau erreicht ist. Andererseits läßt sich auch gerade die umgekehrte Absicht verfolgen, d.h. die Forcierung von besonderen Anstrengungen, wenn nämlich die Belohnung für die normalen Anstrengungen vergleichsweise niedrig angesetzt wird. Eine solche Differenzierung kann zum Beispiel in Krisensituationen dienlich sein, damit auf jeden Fall außerordentliche Bemühungen stimuliert werden. Es bleibt festzuhalten, daß stets die konkrete Entscheidungssituation für die Fixierung der Belohnungssätze ausschlaggebend 1st, ohne daß sich diesbezügliche Aussagen vorab generalisieren lassen. Unzweifelhaft ist jedoch, daß mit der beschriebenen Modifikation der Bemessungsgrundlagen eine interpersonelle Vergleichbarkeit von Leistungen eher gelingen kann, da der Einfluß der Entscheidungssituation zurückgedrängt wird. Fazit und verallgemeinernde Betrachtung. Die Ergebnisse der vorangegangenen Darstellungen lassen sich so interpretieren, daß grundsätzlich und für alle Entscheidungssituationen weder das Abteilungsergebnis noch das Gesamtergebnis als Bemessungsgrundlage eines Anreizsystems dominieren. Die Wirksamkeit der vorgestellten Alternativen ergibt sich vielmehr erst aus den übrigen Rahmenbedingungen, d.h. Insbesondere der konkreten Entscheidungssituation sowie den begleitenden organisatorischen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Form von Delegation und Kontrolle. Will man auch Aussagen darüber erhalten, wie die Bemessungsgrundlagen in einen übergeordneten Zusammenhang zu bringen sind und sich ihre Eignung hieraus normativ erklären läßt, so kann man sich hilfsweise des Konzepts der charakteristischen Funktion bedienen, sofern folgende axiomatische Zusatzbedingungen erfüllt sind (SHUBIK 1962): a) Die Summe der Tellergebnisse bestimmt das Unternehmensergebnis. b) Es existiert bei den beteiligten Entscneidungsträgern keine Geldilluslon. D.h. höhere Gewinne verursachen in demselben Maß auch höhere Belohnungen. c) Die Belohnung hängt ausschließlich von dem erwirtschafteten Ergebnis ab. d) Unabhängig erwirtschaftete Ergebnisse erfordern unabhängige Belohnungen. Die charakteristische Funktion ist bereits an früherer Stelle als Mengenfunktion erörtert worden, die einer Menge der Entscheidungsträger einen E r -
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
187
gebnlswert zuordnet. Das wesentliche Merkmal dieser Funktion 1st Ihre Superadditlvltät. Damit gestattet sie es, Synergieeffekte auszudrücken, die durch Koordination und Kooperation von mehreren Entscheidungsträgern verursacht werden. SHUBIK (1962) erläutert anhand dieser Eigenschaften, wie eine eindeutige "faire" Ergebnisaufteilung unter den verantwortlichen Organisationsmitglledern erreichbar ist. Geht man davon aus, daß die Unternehmensleitung in den E n t scheidungsprozeß selbst Insoweit einbezogen ist, als sie die Koordinationsfunktion übernimmt und die Ergebnisaufteilung veranlaßt, ohne ein eigenes Ergebnis zu erwirtschaften, so erscheint es sinnvoll, diese Ergebnisaufteilung in einer hierarchisch strukturierten Unternehmung als Bemessungsgrundlage für die Ergebnisanteile des Abteilungsmanagements zu Interpretleren, wobei nicht unbedingt das gesamte Ergebnis zur Verteilung ansteht. Das nicht berücksichtigte Restergebnis spiegelt die Koordinationsleistungen der Unternehmensleitung wider. Die Bemessungsgrundlage, die SHUBIK (1962) für die Entlohnung des Managements einer Abteilung j vorschlägt, lautet
Σs
(I S I - 1 ) ! · ( J - I S I ) ! •[w(S)-w(S/[jI)] . J!
Dabei bedeuten Sell J) eine beliebige Koalition von Unternehmensabteilungen und w(S) eine charakteristische Funktion in Abhängigkeit von S, zum Beispiel die Gewinnfunktion G(S). Aufgrund der vorgegebenen Axlomatik ist die Bemessungsgrundlage eindeutig formulierbar. Sie geht ursprünglich auf einen Vorschlag von SHAPLEY (1953) zurück und wird deshalb auch als SHAPLEY-Wert bezeichnet. Durch den SHAPLEY-Wert ist sichergestellt, daß die Bemessungsgrundlage für die Belohnung einer Abteilung nie geringer ist als das von Ihr selbständig zu erwirtschaftende Ergebnis und jede Ergebnisverbesserung, an der die Abteilung beteiligt ist, auf keinen Fall zu einer Herabsetzung der Belohnung führt. Die Anreizbasis wird nach oben stets durch das Gesamtergebnis der Unternehmung beschränkt. Es 1st allerdings bezeichnend, daß dem SHAPLEY-Wert die Eigenschaft der kollektiven Rationalität fehlt (RAPOPORT 1970, FANDEL 1979), d.h. die Summe der Bemessungsgrundlagen kann durchaus geringer sein als die Summe der charakteristischen Funktionswerte einer Anzahl von Entscheidungsträgern, die sich zur Kooperation entschlossen haben. In Fällen, in denen die Abteilungen selbständig über eine Kooperation bzw. Abstimmung ihrer Problemlösungen mit anderen Entscheidungsträgern beschließen, existiert nicht immer das Bestreben zur Koalitionsbildung. Insbesondere gilt dies für nicht-hierarchische Strukturen sowie bei weitestgehender Selbständigkeit der Abteilungen, etwa In Form von "profit centern", In denen der SHAPLEY-Wert seine Anreizeffekte nicht voll entfalten kann (FANDEL 1979).
188
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Bei Vorliegen einer streng hierarchischen Struktur, die den Delegierten diese Entscheidungsfreiheit nicht erlaubt, sondern Koordinationsmaßnahmen von oben verfügt, resultieren aus der nicht vorhandenen kollektiven Rationalität keine Nachteile. Jedoch muß die Unternehmensleitung in den Koordlnationsprozeß mit eingebunden werden, wenn die optimale Gesamtentscheidung gefunden werden soll. Eine völlige Dezentralisation von Teilentscheidungen 1st nur dann erfolgreich, wenn keine externen Effekte zu erwarten sind, da die notwendige Kommunikation ansonsten unterbleibt. Diese Überlegungen besitzen Gültigkeit unabhängig davon, wie der SHAPLEYWert im einzelnen zustande kommt. Seine Interpretation hängt wesentlich von der Wahl der charakteristischen Funktion ab, die wiederum maßgeblich von der Entscheidungsorganisation bestimmt wird. Im folgenden soll erläutert werden, aufgrund welcher organisatorischen Vorbedingungen das Abteilungs- bzw. das Gesamtergebnis als wünschenswerte Bemessungsgrundlage für das Anreizsystem aus dem allgemeinen Ansatz abgeleitet werden kann und welche zusätzlichen Beurteilungshinweise sich hieraus rückblickend auf die vorgestellten Anreizsysteme ergeben. Modifizierung der Bemessungsgrundlage durch geeignete Wahl der charakteristischen Punktion. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sollen lediglich drei Entscheidungsträger innerhalb einer Unternehmung in die Betrachtung mit einbezogen werden: die Unternehmensleitung sowie zwei Abteilungen. Weiterhin werden nur extreme Ausprägungen der charakteristischen Funktion erörtert, die zur erwünschten Oberführung des SHAPLEY-Wertes in das Abteilungs- bzw. Gesamtergebnis als Bemessungsgrundlagen führen bzw. eine Interpretation a n hand dieser Begriffe gestatten. Fall I Die beiden Abteilungen regeln den Ressourcenaustausch unter sich, ohne daß die Unternehmensleitung in diesen Abstimmungsprozeß eingreift (vgl. Abb. 20). D.h. es wird eine vollständige Dezentralisierung der Entscheidungsfindung angestrebt, ohne daß eine besondere vertikale Kommunikation stattfindet.
Abb. 20. Vollständige Dezentralisation der Entscheidungsfindung Für eine rein monetäre charakteristische Funktion in Form einer Gewinnfunktion - dies entspricht den früheren Ausführungen zu den Bemessungsgrundlagen Abteilungs- bzw. Gesamtergebnis - gilt allgemein: Gi =0, GsiO, Go 2:0, Gi2=G2 ,
Gi3=G3 ,
Gs3=G2 +G3 +dG
und
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
189
Gl23=G23 .
Gu bezeichnet den Gewinn der Koalition l i j l . Die Unternehmensleitung wird mit 1 indiziert, die beiden Abteilungen mit 2 und 3. Die SHAPLEY-Werte lauten u n t e r diesen Voraussetzungen Gî+dG/2 für die Abteilung 2 sowie Ga+dG/2 für die Abteilung 3. Unterfall Ia Sind die beiden Abteilungen In der Velse voneinander abhängig, daß sie den Ressourcenaustausch auf jeden Fall miteinander abwickeln müssen, weil zum Beispiel kein Markt e x i s t i e r t , dessen sie sich a l t e r n a t i v bedienen können (HIRSHLEIFER-Fall), so gilt außerdem GÌ =Gs = 0 . Die Bemessungsgrundlage für die Belohnung wird für beide Abteilungen tisch und verändert sich proportional zum Gesamtergebnis.
iden-
E i n e r s e i t s b e s t ä t i g t dieses R e s u l t a t die am System von HIRSHLEIFER geübte Kritik, wonach die Abteilungsergebnisse bei den gegebenen organisatorischen Voraussetzungen ungeeignet sind, p a r e t o - o p t l m a l e Entscheidungen h e r b e i z u führen. Andererseits zeigt sich, daß trotz der beim SHAPLEY-Wert n i c h t s t e t s vorhandenen Eigenschaft der kollektiven R a t i o n a l i t ä t auch ohne Eingreifen der Unternehmensleitung ein Koordinationszwang a u f t r e t e n kann. Bei einer symmet r i s c h e n Ausgangssituation schadet der Verzicht auf j e g l i c h e Abstimmung den Abteilungen mehr, als er Ihnen nutzt. Unterfall Ib Hängen die beiden Abteilungen in Ihren Entscheidungen n i c h t unbedingt voneinander ab, well zum Beispiel Marktpreise der angebotenen bzw. n a c h g e fragten Ressourcen bekannt sind und a u f Jeden Fall r e a l i s i e r t werden können, so 1st eine Koordination der A k t i v i t ä t e n beider Abteilungen entbehrlich. Die c h a r a k t e r i s t i s c h e Funktion nimmt für diesen F a l l insbesondere den Wert G 23—G 2 + G s
an, d.h. es i s t dG=0 Damit ergeben sich die Abteilungsergebnisse Gz bzw. Ga a l s maßgebliche messungsgrundlagen für die Entlohnung der Abteilungen.
Be-
Es i s t erkennbar, daß die Selbständigkeit der Abteilungen die wesentliche Voraussetzung für eine unabhängige Bewertung bildet, so daß die V e r r e c h -
190
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
nungspreisproblematik nicht zum Tragen kommt. Dabei ist es nicht entscheidend, daß diese Selbständigkeit durch einen allgemeinen Marktzugang hergestellt wird. Im RONEN-McKINNEY-Prozeß wird sie etwa auf andere Weise durch Existenz zweier Verrechnungspreise sowie die darauf aufbauende Verhandlungsfreiheit gesichert. Unabhängig davon, ob der Verzicht auf zentrale Koordinationsmaßnahmen die Selbständigkeit der Abteilungen unterstützt, bestätigt sich in Jedem Fall, daß die Anreizwirkung des Gesamtergebnisses als Bemessungsgrundlage mit zunehmender Anzahl J der Abteilungen abnimmt, wobei die Bemessungsgrundlage für Abteilung j Gj +dG/J für J>>0 mehr und mehr das Abteilungsergebnis Gj approximiert. Ist die Abteilung in ihren Entscheidungen von den Entscheidungen der übrigen Abteilungen abhängig, so wird die Bemessungsgrundlage gemäß der vorstehenden Herleitungen zu Null. Eine Unternehmung, die also a) Entscheidungsbefugnisse an eine Vielzahl von Abteilungen überträgt, b) so daß die Abteilungen ihre Entscheidungen untereinander abstimmen müssen, c) ohne daß eine zentrale Koordinationsfunktion eingerichtet wird, würde sich mit dieser Organisation von vornherein jeder Möglichkeit berauben, Anreizeffekte zu initiieren. In solchen Fällen entsteht eine besondere Verpflichtung zur Kontrollausübung, um trotzdem effiziente Unternehmensergebnlsse zu gewährleisten. Was die genannten organisatorischen Prämissen in der unternehmerischen Realität anbetrifft, so werden sie am ehesten in vielstuflgen, funktional organisierten Produktionsprozessen erfüllt, die Im allgemeinen ohne eingehende Termin- und Qualitätskontrollen auf den verschiedenen Fertigungsstufen nicht auskommen. Fall II übernimmt die Zentrale eine Koordinationsfunktion im ansonsten dezentralen Entscheidungsprozeß (Abb. 21), so treten an die Stelle horizontaler nunmehr vertikale Informationsflüsse. Ein häufig angeführtes praktisches Entschei1
Abb. 21. Dezentralisation der Entscheidungsfindung bei zentraler Koordination
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
dungsproblem lungen.
hierfür
ist
die
Ressourcenallokation
an
die
einzelnen
191
Abtei-
Mit derartigen Eingriffen in die Entscheidungsabläufe, die einmalig oder mehrmalig sein können, übt die Unternehmensleitung ihren Einfluß auf die Entscheidungsqualität bereits ohne Existenz eines Anreizsystems aus und kann hieraus aufgrund der erbrachten Arbeitsleistung vorab einen Anspruch auf Teilhabung am Gesamtergebenis formulieren. Für die Gestalt der charakteristischen Funktion bedeutet dies: Gi =0 , G 12^0 ,
Gi
=0,
Gs =0 ,
Gl3¿0 ,
G23=0
und
Gl23=Gl2+Gl3+dG . Die SHAPLEY-Werte der beiden Funktionseckwerte allgemein
Abteilungen
lauten
unter
Beachtung
dieser
Giî/2+dG/3 für die Abteilung 2 und Gia/2+dG/3 für die Abteilung 3. Damit werden gerade die von den Abteilungen beeinflußbaren Teile des Gesamtergebnisses, und zwar mit unterschiedlicher Gewichtung, zu Bestandteilen der Bemessungsgrundlagen für ihre Entlohnung. Während an den Teilergebnissen Gu, j=2,3 nur Abteilung j und die Unternehmensleitung mitwirken, indem Abteilung J etwa eine Grundausstattung von Ressourcen e r hält und hiermit eine Mindestleistung zu erbringen hat, kommt ein z u s ä t z liches Ergebnis dG nur über eine generelle Abstimmung aller Abteilungsentscheidungen zustande. Grundsätzlich fordert der SHAPLEY-ffert für diesen Fall eine Gewinnteilung zwischen den am jeweiligen Teilergebnis beteiligten Entscheidungsträgern. E i ner reinen Gewinnteilung des Gesamtergebnisses, wie zuvor diskutiert, e n t spricht er genau dann, wenn Teilergebnisse Gij nicht feststellbar sind bzw. als Null angenommen werden müssen. Sind die Teilergebnisse von Null v e r schieden, so erhöhen sich die Anreizeffekte durch die am SHAPLEY-Wert a u s gerichtete Modifizierung der Gewinnteilung, da die Beeinflussung der Bemessungsgrundlage tendenziell noch besser möglich wird. Die vorangegangenen Überlegungen dienen vor allem einer axlomatlschen Rechtfertigung von Bemessungsgrundlagen für betriebliche Anreizsysteme. Ehrliches Bemühen des Abteilungsmanagements wird dabei nicht in Frage gestellt bzw. als kontrollierbar vorausgesetzt. Fehlmeldungen zum eigenen Vorteil, die das Gesamtergebnis schmälern, sind aber nicht ausgeschlossen. Um deshalb die Überlegungen von GROVES und LOEB (1979), bei denen zwischen gemeldeten und tatsächlich verwirklichten Ergebnissen unterschieden wird, in diese a x i o matische Begründung mit einzubezlehen, müßte die Bemessungsgrundlage jeweils um die gemeldeten, von der betreffenden Abteilung Jedoch nicht beeinflußbaren Teilergebnisse erweitert werden, WAS den Anreizeffekt &n sich nicht ver*** ringert, da diese Erveiterung den Charakter eines Fixterros besitzt.
192
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Zusammenfassend erscheint bemerkenswert, daß sich die Organisationsproblematik durch Entwicklung eines optimalen Anreizsystems aus dem normativen A n s a t z von SHUBIK ( 1 9 6 2 ) nicht mehr lediglich auf die a l t e r n a t i v e n B e m e s sungsgrundlagen A b t e l l u n g s - sowie Gesamtergebnis konzentriert. Vielmehr kann eine f l e x i b l e sltuationsbezogene Einbettung In die Gesamtproblematik erfolgen. Den anderen r e l e v a n t e n Organisationsparametern wird dadurch v e r s t ä r k t R e c h nung getragen, daß die Bemessungsgrundlage für die Belohnungsfunktion v e r schiedene Ergebniskomponenten e n t h ä l t , wobei die Gewichtung dieser Kompon e n t e n unmittelbar die Verbindung zu b e r e i t s getroffenen bzw. noch zu t r e f fenden Organisationsentscheidungen h e r s t e l l t . Anreizbewertung und optimales Anreizsystem. Grundsätzlich behalten O b e r legungen, die anläßlich der Behandlung des "principal and a g e n t " - A n s a t z e s a n g e s t e l l t wurden, auch bei einer Betrachtung und Beurteilung des Dekompositionsproblems Gültigkeit. Während dort allerdings die Unsicherheit über die Umweltparameter - was zur Unterscheidung zwischen einer ex p o s t - und einer e x a n t e - B e w e r t u n g führt - sowie die bestmögliche Erfassung von A n s t r e n g u n gen im Vordergrund stehen, Interessiert h i e r vor allem die geeignete Wahl der Bemessungsgrundlage für die Belohnung und der damit verbundene Koordinationsaufwand. Ohne Berücksichtigung der Koordinationsnotwendigkeiten kann ein A n r e i z system seine volle Wirkung n i c h t e n t f a l t e n , was zum einen in einem geringen Anreizwert und zum anderen im Verfehlen einer optimalen Entscheidung zum Ausdruck kommt. Damit hängt die Entwicklung eines optimalen Anreizsystems auch von den übrigen organisatorischen Maßnahmen ab, die in einer U n t e r n e h mung getroffen werden. Bieten sich prinzipiell auch verschiedene Alternativen für die Ausgestaltung des Anreizsystems an, so lassen gerade die Ergebnisse der Dekompositlonstheorie erkennen, daß eine Im übrigen gegebene O r g a n i s a tion der Auswahl eines optimalen Systems zusätzliche Schranken auferlegt. Hinsichtlich der Gestaltung eines optimalen Anreizsystems sind schließlich drei Strukturvorgaben zu betonen, an denen die Wirkung unterschiedlicher A n reizsysteme besonders deutlich zu erkennen 1st: a ) S t a r k e Form der Delegation. Die Belohnungsfunktion kann die einfache Form Φ=4 e r h a l t e n , da die A k t i v i t ä t e n Jedes Delegierten s t e t s zur vollen Zufriedenheit der Unternehmensleitung ausfallen. Für den Fall, daß die Teilprobleme von mehreren Delegierten miteinander zusammenhängen, i s t einzig eine wohlfunktionierende Koordination notwendig. b) Unabhängige (Dlvisional-)Organisation. Abteilung wird durch
Die
Belohnungsfunktion
für
eine
•=i(xj ) b e s c h r i e b e n . Der erforderliche Koordinationsaufwand t r i t t bei dieser O r g a nisationsform in den Hintergrund. Er kann von der Unternehmensleitung a u f g e b r a c h t werden. c) Abhängige (Funktional-)Organisatlon. Für die Belohnungsfunktion a l l e r Regel das Gesamtergebnis herangezogen werden, d.h.
muß
in
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
φ=φ(χ)
mit
193
x=(xi,...,xj).
Zusätzliche Koordinationsmaßnahmen sind in erheblichem Umfang zu v e r a n l a s sen.
VI. Ergänzende Bemerkungen zur Gestaltung und Wirkung von Anrelzund Kontrollsystemen aus entscheidungstheoretischer Sicht Motivations- und Entscheidungszeitpunkt. Anreize, die im Hinblick auf eine Verbesserung der Entscheidungsqualität wirksam werden sollen, müssen r e c h t zeitig vor dem Entscheidungszeitpunkt erfolgen. Nur eine bereits zu Beginn des Entscheidungsprozesses bekannte Anreizregelung gewährleistet, daP der Prozeß nicht unnötig verzögert wird bzw. zum erwünschten Erfolg führt. Verzögerungen können gerade bei großen Organisationen (ARROW 1964) und i t e r a tiven Entscheidungsprozessen beachtlich sein. Motivationsregelungen, die unabänderlich gelten und bekannt sind, funktionieren zumeist automatisch, so daß bezüglich der Einflußnahme eine ausreichende Funktionssicherheit gewährleistet ist. Andererseits können diskretionäre Maßnahmen unverzichtbar werden, weil sie zwar erst im Verlauf des E n t scheidungsprozesses einsetzen, dafür Jedoch das entstandene, zuweilen unvorhersehbare Problem gezielt zu bewältigen vermögen. In deterministischen E n t scheidungssituationen spielen diskrete Motivationsregelungen allerdings kaum eine Rolle. Grad der Einflußnahme durch Anreize In Abhängigkeit von der Organisationsgröße. Anreizsysteme unterscheiden sich nicht nur in ihrer Ausgestaltung, sondern ebenso in der Präzision, mit der sie formuliert werden. Dies gilt s o wohl für automatische als auch für diskrete Maßnahmen. Besonders in großen Organisationen muß sorgsam geprüft werden, welche Handlungskomponenten im einzelnen durch Anreize beeinflußt werden sollen. ARROW (1964) unterscheidet zwischen Zielvorgaben ("operating rules") und Bemessungsgrundlagen ("enforcement rules"). Durch erstere kommt eine Motivation im großen zustande, i n dem Unternehmensziele vorgegeben und Anweisungen erteilt werden, wie diese zu realisieren sind. Im engeren Sinne entwickeln sich Anreize Jedoch vor allem aus dem Vorhandensein von Bemessungsgrundlagen für eine spätere Entlohnung, während die Zielvorgaben - etwa die der Gewinnmaxlmlerung - lediglich als Sollzustände bzw. Bezugsgrößen des Anreizsystems gehandhabt werden. Die Unterscheidung zwischen Zielvorgaben und Bemessungsgrundlagen macht auch eindrücklich klar, daß Motivation im Detail in großen Organisationen weltgehend unmöglich wird und sich im wesentlichen auf die Einhaltung der Zielvorgaben beschränken muß, weil die eigentlichen Bemessungsgrundlagen mit zunehmender Problemkomplexität an Wirkung einbüßen. Eine andere Konsequenz 1st, falls das Anreizsystem sich irgendwann als u n befriedigend erweisen sollte, daß die Dezentralisation der Entscheidungsfindung eingeschränkt werden muß. Das heißt aber nichts anderes, als daß ein Anreizsystem die Verknüpfung zwischen Aufbaustruktur (Delegationssystem) und Organisationsgröße dadurch herstellt, daß es als zusätzliches Regulativ wirkt. Soll der Anreizwert konstant gehalten werden, so leiten sich aus der Organisationsgröße entsprechende Anforderungen an das Delegationssystem her
194
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
bzw. umgekehrt. Anläplich der Betrachtung a u f b a u o r g a n i s a t o r i s c h e r K o n s e q u e n zen wird d i e s e r S a c h v e r h a l t im folgenden Unterkapitel VII. wieder zum Tragen kommen. Zur Unterscheidung zwischen deskriptiver und normativer Vorgehens weise. Bei der Behandlung des Delegationsproblems ist a u s g e f ü h r t worden, welche grundsätzlichen Unterschiede zwischen der (normativen) Dekomposition von Entscheidungen und der (deskriptiven) Komposition eines Gesamtproblems aus Teilproblemen bestehen. Während e i n e r s e i t s das optimale Unternehmensergebnis von vornherein außer F r a g e steht und lediglich eine geeignete A u f t e i l u n g des Gesamtproblems in Teilprobleme gesucht wird, liegt a n d e r e r s e i t s eine wie auch immer g e a r t e t e Kompetenzverteilung vor, zu der entsprechende I n t e g r a t i o n s mechanismen entwickelt werden müssen. Dabei schränkt die Vorgehensweise der Dekomposition die zur Disposition stehenden O r g a n i s a t i o n s a l t e r n a t i v e n w e s e n t lich s t ä r k e r ein, als dies f ü r den F a l l der Problemkomposition gilt. Nur Im zweiten F a l l ist das Unternehmensergebnis t a t s ä c h l i c h eine Funktion in A b h ä n g i g k e i t von der Organisation. Im ersten F a l l wird nur der O r g a n i s a t i o n s a u f w a n d e i n e r Bewertung unterzogen. Solange die Delegationsproblematik im Vordergrund der Überlegungen s t e h t , wird die Disharmonie zwischen den beiden Untersuchungsperspektiven b e s o n ders spürbar. Vor allem kommt zum Vorschein, daß einmal allein den Zielen der Unternehmensleitung Bedeutung z u f ä l l t , d.h. diese ohne weiteres auf das n a c h f o l g e n d e Management übertragbar sind, und ein anderes Mal die Ziele des Managements von ausschlaggebendem I n t e r e s s e sind, also u n v e r r ü c k b a r f e s t stehen. Die Sichtweise der Dekomposition s e t z t v o r a u s , daß s t e t s ein p e r f e k t e s A n reizsystem gefunden werden kann, welches f ü r die Übereinstimmung der Z i e l v o r s t e l l u n g e n sorgt. Der entstehende A n r e i z a u f w a n d darf zunächst nicht e n t s c h e i d u n g s r e l e v a n t sein. Bei der zweiten A l t e r n a t i v e , die dem d e s k r i p t i v e n Vorgehen e n t s p r i c h t , sind Anreize in den Zielen des Managements nicht bereits implizit b e r ü c k s i c h t i g t , so daß bei der Bewertung auf diese Ziele unbedingt Rücksicht genommen werden muß. Die k r i t i s c h e Würdigung beider B e t r a c h t u n g s w e l s e n ergibt, daß mit der E n t wicklung von Delegationsentscheidungen auf der B a s i s des Dekompositionsans a t z e s s t e t s die Gefahr verbunden ist, daß z u s ä t z l i c h e idealisierende O r g a n i sationsmaßnahmen oft stillschweigend u n t e r s t e l l t werden. Lediglich der Kompos i t i o n s a n s a t z bietet die Gewähr f ü r eine d i f f e r e n z i e r t e O r g a n i s a t i o n s b e u r t e i lung. Wenn die Ergänzung von Delegationsentscheidungen um Anreizsysteme e r w o gen wird, kommt die Problematik des Dekompositionsansatzes erst recht zum Ausdruck: A n r e i z s y s t e m e brauchen überhaupt nicht länger erörtert zu werden, da der Dekomposisitionsansatz die E x i s t e n z eines p e r f e k t e n Systems v o r a u s s e t z t . Die T a t s a c h e jedoch, daß sowohl in der Theorie a l s auch in der P r a x i s l a u f e n d n e u a r t i g e Entscheidungssituationen die Fortentwicklung von A n r e i z systemen erforderlich machen, zeugt von der Z w e i f e l h a f t i g k e i t dieser Prämisse. Wenn aus den genannten Gründen auch konsequent die Richtung der Komposition gewählt werden muß, so zeigt sich zugleich doch, daß mit der E i n b e ziehung von Anreizen die Diskrepanz zwischen den Resultaten der beiden V e r f a h r e n s w e l s e n erheblich verringert wird und die Bedeutung einer U n t e r s c h e i dung zwischen normativer und d e s k r i p t i v e r A n a l y s e unter diesem G e s i c h t s -
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
195
punkt abnimmt. Mit der Beachtung von Belohnungsfunktionen werden die Zielvorstellungen von Delegierendem und Delegiertem nämlich auf symmetrische Weise behandelt. Einerseits ist es nicht länger erforderlich, absolute Loyalität in bezug auf das Entscheidungsverhalten vorauszusetzen. Andererseits können Eigeninteressen des Managements mit Hilfe von Anreizen in die gewünschte Richtung gelenkt werden. D.h. die aus der Polarität zwischen einem perfekten Anreizsystem und j e g lichem Verzicht auf Anreize resultierenden Abhängigkeiten der Ergebnisqualit ä t vom Planungsansatz, wie sie der Delegationsbewertung zugrunde liegen, lassen sich durch Prüfung der Anreizalternativen weitgehend überwinden. Im Idealfall, nämlich bei Installation eines voll funktionstüchtigen bzw. perfekten Anreizsystems, gehen deskriptive und normative Überlegungen f a s t sogar i n einander über. Die Unterschiede reduzieren sich auf den entstehenden Anreizaufwand. V e r h a l t e n s - und Ergebniskontrollen. Es ist an mehreren Stellen darauf h i n gewiesen worden, daß die Geschäftsführung In einer Unternehmung bei Vorliegen bestimmter Entscheidungssituationen nicht umhin kommt, das t a t s ä c h l i c h e Verhalten des Abteilungsmanagements v e r s t ä r k t zu beobachten. Hierzu sind in erster Linie unmittelbare Verhaltenskontrollen oder mittelbare Kontrollen u n t e r Zuhilfenahme von Ergebnisgrößen in Betracht zu ziehen. Sehr viel leichter fällt die Kontrollausübung im allgemeinen dann, wenn nicht das Verhalten selbst, sondern das aus diesem Verhalten resultierende Ergebnis zu überprüfen ist. Dies ist vor allem darauf zurückführbar, daß an die Stelle aufwendiger diskretionärer Mechanismen automatische bzw. Marktmechanismen t r e t e n können, d.h. administrative Regelungen werden zum Beispiel durch die Marktpreisen innewohnende Kontrollfunktion wirkungsvoll e r setzt (ARROW 1964, OUCHI 1979) und reduzieren dadurch das Spektrum der Organisationsaufgaben (COASE 1937). Allerdings setzt eine Beschränkung der Kontrolltätigkeit auf die Überprüfung der Abteilungsergebnisse voraus, daß bestimmte situative Kriterien e r f ü l l t sein müssen. Einige wichtige Anwendungsvoraussetzungen sind vor allem: a) das Vorliegen einfacher Entscheidungsprobleme, b) die Möglichkeit der individuellen Beurteilung von Abteilungen, d.h. die Zerlegbarkeit des Gesamtergebnisses bei abteilungsübergreifenden Problemen, sowie c) ein "reibungsloser" Markt (OUCHI 1979), der es g e s t a t t e t , daß alle scheidungsrelevanten Informationen in Preisen zusammenfaßbar sind.
ent-
Insgesamt zeigt sich, daß diese Bedingungen um so weniger e r f ü l l t werden, je mehr die Komplexität des Entscheidungsproblems um sich greift. Sind die Voraussetzungen im Hinblick auf eine erforderliche Überprüfung des Entscheidungsverhaltens nicht dergestalt, daß Ergebniskontrollen allein a u s reichen, so lassen sie sich durch prozeßbegleitende unmittelbare V e r h a l t e n s kontrollen ergänzen bzw. ersetzen. Schwierigkeiten bei der Anwendung von Verhaltenskontrollen leiten sich aus dem erforderlichen hohen Aufwand und vor allem daraus ab, daß die Kontrollen
196
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
a) s t e t s beobachtbares Entscheidungsverhalten voraussetzen, b) sowohl einen hohen Informationsbedarf als auch eine profunde Sachkenntnis der übergeordneten, kontrollierenden Instanz verlangen und c) bei mehreren hierarchischen Stufen zu höheren Kontrollverlusten führen, als dies für Ergebniskontrollen gilt (OUCHI 1 9 7 8 ) . Es i s t deshalb einsichtig, daß auch Verhaltenskontrollen nicht s t e t s die g e wünschte Wirkung erzielen können, sondern höchstens In kleinem Rahmen e i n s e t z b a r sind. Beispiele, in denen Verhaltenskontrollen versagen oder gar nicht zur Debatte s t e h e n , sind in den vorangegangenen Ausführungen offenbar geworden. Dort allerdings, wo sie anwendbar sind, bewirken sie aufgrund ihres unmittelbaren Charakters in der Regel striktere Verhaltensänderungen der Delegierten, als dies Ergebniskontrollen ermöglichen (vgl. hierzu ausführlich zum Beispiel THIBAUT und KELLEY 1959 oder HOPWOOD 1972). Hebt man noch einmal auf den Zusammenhang zwischen Kontroll- und A n reizmechanismen ab, so verdeutlichen die vorstehenden Anwendungsprämissen, daß es ähnlich wie im Fall der Anreizsysteme auch Entscheidungssituationen gibt, in denen ausschließlich Kontrollmaßnahmen, seien es nun E r g e b n i s - oder Verhaltenskontrollen, nicht erfolgreich e i n g e s e t z t werden können. Im b e s o n deren gilt dies für große komplexe Systeme. In solchen Situationen wird das Nebeneinander von Anreizen und Kontrollen zur unabdingbaren Voraussetzung für eine hohe Entscheidungsqualität. Auch wenn ein Anreizsystem allein e b e n sowenig in der Lage ist, die Zielvorstellungen der Delegierten in gewünschter Weise zu verändern, so wird durch seine Existenz die Entscheidungssituation v i e l f a c h b e r e i t s so beelnflußt, daß sich die anschließende Kontrollaufgabe wesentlich v e r e i n f a c h t und im besten Fall, wie e r l ä u t e r t , dann sogar M a r k t mechanismen a l s Kontrollinstrumente zum Tragen kommen können.
VII. Aufbauorganisatorische Konsequenzen Zur Beeinflussung der Aufbaustruktur durch Kontroll- und Anreizmaßnahmen. Die Gestaltung von Organisationsbeziehungen zum Zweck der Integration e i n zelner Organisationselemente läßt die Aufbaustruktur einer Unternehmung nicht u n b e e i n t r ä c h t i g t . Das gilt sowohl für die Organisationsbreite als auch für die Organisationstiefe. B e r e i t s bei den Ausführungen zur Delegation von Entscheidungen war a n z u merken, daß Aussagen zur Delegationsform durch Einbeziehung zusätzlicher, i n t e g r a t l v e r Beziehungen zwischen den Entscheidungsträgern unter Umständen wieder revidiert werden müssen. Dadurch, daß unter dem reinen Delegationsges i c h t s p u n k t , also im Hinblick auf die Vermeidung von Konfliktauswirkungen durch unterschiedliche Zielvorstellungen, die Anzahl der Hierarchieebenen z u gunsten einer breiten unmittelbaren Delegation naturgemäß eng begrenzt wird, ist die optimale Delegationsform extrem einseitig entwickelt. Bereits durch die Beachtung des Koordinationsaufwands, aber auch durch die Milderung der K o n fliktauswirkungen über geeignete Anreize bzw. Kontrollen muß diese Form in der Weise korrigiert werden, daß zwangsläufig eine größere Anzahl von E n t scheidungsebenen dem allgemeinen Optimum entspricht.
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
197
Wichtige Anmerkungen zur Gestaltung e i n e r optimalen A u f b a u s t r u k t u r unter Beachtung der v e r f ü g b a r e n A n r e i z - und Kontrollmechanismen e r h ä l t man zum Beispiel v o n ARROW (1964), BELL (1967), WILLIAMSON (1967a), TANNENBAUM (1968), OUCHI und DOWLING (1974), KOONTZ und O'DONNELL (1976), MIRRLEES (1976), BECKMANN (1977, 1978), CALVO und WELLISZ (1978), OUCHI (1978), KEREN und LEVHARI (1979) oder HESS (1983). Aufbaustruktur und Strukturvariablen. Oer A u f b a u des Entscheidungssystems e i n e r Unternehmung i s t Im w e s e n t l i c h e n durch Breite und T i e f e der Gliederung v o n Entscheidungsbefugnissen g e k e n n z e i c h n e t . G e e i g n e t e Parameter zur B e schreibung d i e s e r Struktur sind die A n z a h l der Hierarchieebenen Κ s o w i e die A n z a h l der Entscheidungsträger Jk auf den e i n z e l n e n Ebenen k = l K. W ä h rend Κ die V e r t i k a l s t r u k t u r der Unternehmung i n d i z i e r t , d.h. zum Beispiel den Umfang der W e i t e r d e l e g a t i o n v o n Entscheidungsbefugnissen, c h a r a k t e r i s i e r t Jk v o r allem die h o r i z o n t a l e Ausdehnung des Managements. G l e i c h z e i t i g bestimmen beide Parameter die Organisationsgröße, also die A n z a h l der O r g a n i s a t i o n s m i t g l i e d e r . In diesem K o n t e x t sind nur die Mitglieder mit E n t s c h e i d u n g s k o m p e t e n zen r e l e v a n t . Hinsichtlich der O r g a n i s a t i o n s g e s t a l t u n g b e s i t z e n Κ und Jk, k = l K, V a r i a b l e n s t a t u s . Sie sind dementsprechend auch Gegenstand der Bewertung der A u f b a u s t r u k t u r . Eine Anpassung der Organisation i s t möglich und kann in Form e i n e r Neuordnung der Entscheidungskompetenzen sowohl h o r i z o n t a l als auch v e r t i k a l e r f o l g e n . A l l e r d i n g s sind den G e s t a l t u n g s a l t e r n a t i v e n i n n e r h a l b e i n e r j e d e n Unternehmung i n s o f e r n Grenzen g e s e t z t , als auch die O r g a n i s a t i o n s b e z i e h u n g e n g r u n d s ä t z l i c h u m g e s t a l t e t werden müssen. Hierbei i s t v o r allem zu beachten, daß sich der A n r e i z - und K o n t r o l l a u f w a n d ständig v e r ä n dert, wenn die O r g a n i s a t i o n s m i t g l i e d e r auf eine andere Weise in den E n t s c h e i dungsprozeß eingebunden werden. Bedeutend 1st neben dem P e r s o n a l a u f w a n d v o r allem der erhöhte Abstimmungsaufwand, entweder in Form v e r s t ä r k t e r K o o r d i n a t i o n s e r f o r d e r n i s s e bei sich a u s b r e i t e n d e r H o r i z o n t a l s t r u k t u r oder In Form v o n K o n t r o l l v e r l u s t e n als Konsequenz neu hinzukommender H i e r a r c h i e e b e n e n . Organisationsbewertung in Abhängigkeit von den Parametern der A u f b a u struktur. E r t r a g s - und Aufwandskomponenten des O r g a n i s a t i o n s w e r t e s w(O) lassen sich auf ähnliche Weise w i e bisher bestimmen, wobei neben den A n r e i z und Kontrollparametern v o r allem die S t r u k t u r v a r i a b l e n Κ und Jk, k = l K, mit in Betracht g e z o g e n werden müssen. Die A n z a h l JK der auf der u n t e r s t e n Entscheidungsebene Κ f u n g i e r e n d e n O r g a n i s a t i o n s m i t g l i e d e r r e p r ä s e n t i e r t den p r o d u k t i v e n Input der Unternehmung und wird zur grundlegenden Bestimmungsgröße f ü r die Unternehmensleistung ( v g l . auch WILLIAMSON 1967a). Managementleistungen auf höheren Ebenen b e s i t z e n demgegenüber ausschließlich m i t t e l b a r e n d i s p o s i t i v e n Charakter in Form v o n u n t e r s t ü t z e n d e n A n r e i z - und Kontrollmaßnahmen. Entsprechend läßt sich e i n e r s e i t s der Unternehmensertrag f u n k t i o n a l durch E ( JK , Φ , α ) mit JK A n z a h l der Entscheidungsträger auf der u n t e r s t e n Φ Parameter f ü r das A n r e i z s y s t e m und
Managementebene,
198
α
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
Parameter für das Kontrollsystem
beschreiben. Andererseits hängt der für die Unternehmensleistung aufzubringende Organisationsaufwand in bezug auf die Entscheidungskoordination von allen am E n t scheidungsprozeß beteiligten Organisationsmitglledern ab, d.h. es gilt A(JI
, .
. . ,
Jk
,Φ,α) .
Auf eine Unterscheidung von Managementleistungen auf derselben Hierarchieebene wird bei dieser Aufteilung verzichtet, d.h. die Qualifikationen und Entlohnungen der dort beteiligten Organisationsmitglieder werden als identisch unterstellt. Der Organisationswert Struktur-, A n r e i z - sowie auszeichnet, ergibt sich Ertrag sowie dem hierfür
w(O) einer Unternehmung, die sich durch besondere Kontrollparameter gegenüber anderen Unternehmungen aus der Differenz zwischen dem zustande kommenden zu leistenden Aufwand, d.h.
W(0)=E(Jk,Φ,α)-A(JI
, . . . , J K , Φ , α ) .
Für eine problemspezifische Sichtwelse bedeutet dieser Ansatz nur eine A n näherung, da die Entscheidungsparameter für die Sachproblematik nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Wie verschiedene Entscheidungssituationen, g e eignete A n r e i z - und Kontrollbemühungen darin einbezogen, die Bewertung der Strukturparameter beeinflussen können, verdeutlichen im folgenden einige fundamentale Vertiefungen dieses allgemeinen Ansatzes In mehrere Richtungen. Optimale Aufbaustruktur durch Mlnlmierung des Koordinationsaufwands. Für eine optimale Delegationsform ist die Minimierung von Zielkonflikten, also die Maximierung der Entscheidungsqualität, ausschlaggebend bezüglich der Begrenzung der Hierarchiestufenanzahl. Demgegenüber spielt der Aufwand einer Entscheidungskoordination keine Rolle. Dieser Sichtweise soll nun das duale Problem gegenübergestellt werden: die Minimierung des Organisationsaufwands bei Vorgabe eines perfekten Anreiz- und Kontrollsystems, welches die g e wünschte Entscheidungsqualität stets gewährleistet. Durch Vorabfestlegung der Entscheidungsqualität erfolgt eine Ausrichtung der Organisationsaufgabe an der Sachproblematik, so daß deren Lösung von den gewählten Organisationsparametern nicht beeinträchtigt wird. Dies zeugt von anfänglich unorganisierter Problemkomplexität und konzentriert die Überlegungen auf die Koordinationsproblematik bzw. die Leitungsspannen der v e r schiedenen Managementebenen, wobei die Anzahl JK der Entscheidungsträger auf der untersten Ebene ebenso wie das A n r e i z - und Kontrollsystem mit E(Jk,Φ,α)=ο von vornherein festliegen. Die Organisationsbewertung reduziert sich auf die Bewertung des Organisationsaufwands
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
199
K-l I A( J i , . . . , J i ,Φ,α) = Γ ak · ( J k • ι / J * ) + Γ $k * Jk k= i k=1 (vgl. auch KEREN und LEVHARI 1979). Dabei bezeichnen ak
den Abstlmmungs- und Kontrollaufwand eines Entscheidungsträgers auf der Managementebene k aufgrund seiner Vorgesetztenfunktion gegenüber Jedem seiner Weisungsbefugnis unterstellten Entscheidungsträger auf der nachfolgenden Ebene k+1 und die Entlohnung eines Entscheidungsträgers auf der Ebene k.
4k
Während Lohnkosten für Jeden Entscheidungsträger anzusetzen sind, entsteht Abstlmmungs- und Kontrollaufwand In Form von Zeltaufwand, so daß bei p a ralleler Ausübung der Abstimmung und Kontrollen In jeder Abteilung dieser Aufwand pro Hierarchieebene nur einmal, und zwar in Abhängigkeit von der Jeweiligen Leitungsspanne Ok =Jk » ι / Jk , k = l , . . . , K - l , zu berücksichtigen 1st. Den notwendigen Optimalltätsbedingungen dA/dJk=0,
k=l,...,K-l
bzw. σι =Φι J i / α ϊ Ok /Ok - ι = (ak - 1
und · Jk - ι ) /ak , k=2, . . . , K - l ,
entnimmt man unmittelbar, daß die Organisationsbreite aus wirtschaftlichen Gründen nicht unbeschränkt sein sollte. Die Leitungsspannen .nehmen aber nach unten ständig zu, wenn ak>ak*i,
k=l,...,K-l,
erfüllt ist, d.h. die Kontrollen einzelner Entscheidungsträger wegen des engeren Aufgabenbereichs immer leichter werden. Zugleich ergibt sich, daß überall dort, wo die Durchsetzbarkelt eines p e r fekten Anreiz- und Kontrollsystems vor allem eine Steigerung des Kontrollaufwands ak'>ak verlangt, zwangsläufig geringere Leitungespannen die Folge sind. Umgekehrt bewirkt die Notwendigkeit höherer Belohnungen
aus dem gleichen Grund eine Heraufsetzung der Leitungsspannen, d.h. Rationalisierungseffekte.
200
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
B e z i e h t m a n d i e O r g a n i s a t i o n s t i e f e in d i e Ü b e r l e g u n g e n mit e i n , so v e r u r s a c h e n h ö h e r e L e i t u n g s s p a n n e n bei u n v e r ä n d e r t e r A n z a h l d e r E i n z e l a u f g a b e n Jk a u f d e r u n t e r s t e n E n t s c h e i d u n g s e b e n e a u t o m a t i s c h e i n e R e d u z i e r u n g d e r optimalen S t u f e n a n z a h l . Analog erfordern g e ri n g e re L e i t u n g s s p a n n e n eine A u s dehnung der Hierarchiestufen. D a r a u s f o l g t , d a ß e i n s t e i g e n d e s L o h n n i v e a u zu e i n e m f l a c h e n , j e d o c h b r e i t e n O r g a n i s a t i o n s a u f b a u mit v e r h ä l t n i s m ä ß i g w e n i g M a n a g e m e n t s t e l l e n v e r a n laßt, während ein überproportional hoher zeitlicher Abstimmungs- und Kont r o l l a u f w a n d im a l l g e m e i n e n n a c h v i e l s t u f i g e n S t r u k t u r e n mit g e r i n g e n L e i t u n g s s p a n n e n v e r l a n g t (vgl. a u c h d i e M o d e l l a u s s a g e n v o n KEREN u n d LEVHARI 1979). O p t i m a l e A u f b a u s t r u k t u r b e i u n v e r m e i d l i c h e n K o n t r o l l v e r l u s t e n . Ein p e r f e k t e s A n r e i z - u n d K o n t r o l l s y s t e m , wie e s e b e n u n t e r s t e l l t w u r d e , i s t v o r allem in g r o ß e n O r g a n i s a t i o n e n h ä u f i g k a u m p r a k t i z i e r b a r . Das b e d e u t e t , d a ß bei j e d e r E n t s c h e i d u n g s d e l e g a t i o n mit Q u a l l t ä t s e i n b u ß e n b e z ü g l i c h d e r E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g zu r e c h n e n i s t , sei e s a u s G r ü n d e n m a n g e l n d e r I d e n t i f i z i e r u n g d e s M a n a g e m e n t s mit d e n g l o b a l e n U n t e r n e h m e n s z i e l e n o d e r i n f o l g e f e h l e n d e r F a c h q u a l i f i k a t i o n . Insgesamt dürfen von A n r e i z - und Kontrollmaßnahmen n u r Partialwirkungen erwartet werden, die als Kontrollverluste bezeichnete Q u a l i t ä t s e i n b u ß e n b e z ü g l i c h der E n t s c h e i d u n g e n n i c h t v ö l l i g v e r h i n d e r n u n d s o m i t im Hinblick a u f e i n e n zweckmäßigen O r g a n i s a t i o n s a u f b a u s o w o h l a u f w a n d s - als auch ertragsbeeinflussenden Charakter besitzen. K o n t r o l l v e r l u s t e s i n d d a n n zu b e f ü r c h t e n , w e n n d a s M a n a g e m e n t e i n e r U n t e r n e h m u n g s e i n e A n s t r e n g u n g e n n i c h t im e r f o r d e r l i c h e n Maße a u f r e c h t e r h ä l t u n d I n f o r m a t i o n s d e f i z i t e bei der j e w e i l i g e n K o n t r o l l i n s t a n z e i n e r A u f d e c k u n g sowie B e s t r a f u n g d i e s e s V e r h a l t e n s im Wege s t e h e n . Dies i s t g r u n d s ä t z l i c h d i e A u s g a n g s l a g e , d i e a l s " s h i r k i n g " bzw. "moral h a z a r d " v o n d e r " p r i n c i p a l a n d a g e n t " - T h e o r i e her b e k a n n t ist. Das A u s m a ß d e r K o n t r o l l v e r l u s t e h ä n g t sowohl v o n d e r einem E n t s c h e i dungsträger zugebilligten Leitungsspanne als auch von der Anzahl der Weiterd e l e g a t i o n e n von Entscheidungskompetenzen ab. Ständig wachsende K o n t r o l l v e r l u s t e t r a g e n d e s h a l b a u t o m a t i s c h d a f ü r Sorge, d a ß die O r g a n i s a t i o n s b r e i t e u n d O r g a n i s a t i o n s t i e f e n i c h t u n b e g r e n z t z u n e h m e n . CALVO u n d WELLISZ ( 1 9 7 8 ) s o w i e HESS ( 1 9 8 3 ) l i e f e r n h i e r z u d i e f o r m a l e E r k l ä r u n g . F ü r e i n e e i n f a c h e E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n n u t z t WILLIAMSON ( 1 9 6 7 a ) d a s " G e s e t z v o n d e r a b n e h m e n d e n Kontrolle" (DOWNS 1966) d a z u , d i e o p t i m a l e O r g a n i s a t i o n s t i e f e zu b e s t i m m e n . Bleibt d i e P r o b l e m a t i k o p t i m a l e r L e i t u n g s s p a n n e n a u ß e r B e t r a c h t u n d g e h t man v o n k o n s t a n t e n L e i t u n g s s p a n n e n Ok=o,
k=l,...,K,
f ü r a l l e E n t s c h e i d u n g s e b e n e n aus, so l ä ß t s i c h d e r K o n t r o l l v e r l u s t bei liger E n t s c h e i d u n g s d e l e g a t i o n durch einen einzigen Kontrollparameter α,
einma-
0 l ) a n s t e i g t . E i n e E r h ö h u n g des a l l g e m e i n e n L o h n n i v e a u s w i r k t e b e n s o wie s t ä r k e r e K o n t r o l l v e r l u s t e in R i c h t u n g e i n e r R e d u z i e r u n g d e r H i e r a r c h i e e b e n e n , während g r ö ß e r e L e i t u n g s s p a n n e n z u r A u s d e h n u n g der O r g a n i s a t i o n s t i e f e b e i t r a g e n . Bei w e i t e r h i n u n v e r ä n d e r t e n K o n t r o l l v e r l u s t e n muß d i e s e l e t z t e K o n s e q u e n z so i n t e r p r e t i e r t werden, daß s i c h die E f f i z i e n z d e r K o n t r o l l t ä t i g k e i t verbessert. E i n e g r ö ß e r e O r g a n i s a t i o n s t i e f e i s t d a n n p l a u s i b e l . Die p r i n z i p i e l l e K o m p l e m e n t a r i t ä t d e r S t r u k t u r v a r i a b l e n Κ und σ wird d u r c h d i e s e s E r g e b n i s n i c h t in Frage gestellt. Eine Organisationsbewertung anhand
von
W(0)=E(JK,Α)-A(JI
,...,JE,*)
f ü h r t s c h l i e ß l i c h zur E m p f e h l u n g , die O r g a n i s a t i o n s t i e f e in A b h ä n g i g k e i t vom Ausmaß d e r K o n t r o l l v e r l u s t e , d e r L e i t u n g s s p a n n e sowie d e r L o h n s t r u k t u r zu b e g r e n z e n . D a b e i wirken e i n e E r h ö h u n g d e s L o h n n i v e a u s e b e n s o wie s t ä r k e r e Kontrollverluste a u f eine Reduzierung der Hierarchieebenen hin, während größere Leitungsspannen z u r A u s d e h n u n g der O r g a n i s a t i o n s t i e f e beitragen. D i e s e S c h l u ß f o l g e r u n g v e r d e u t l i c h t a l l e r d i n g s n o c h e i n m a l die F r a g w ü r d i g k e i t ,
202
Dritter Abschnitt: Die Organisation operativer Entscheidungen
mit der die Leitungsspanne der K o n t r o l l v e r l u s t e h ä t t e .
v a r i i e r t wird, ohne daß dies Einfluß auf die
Es gelingt deshalb auch nicht, neben Aussagen Ober t i o n s t i e f e zugleich Kriterien für die optimale Breite der mulieren. Versucht man nämlich das Nettoergebnis in Leitungsspanne zu maximieren, so z e i g t sich, daß dieses
Höhe
die optimale O r g a n i s a Unternehmung zu f o r Abhängigkeit v o n der Ergebnis wegen
E ( J k , C O - A ( J I , . . . ,JK , • )
= ρ·α* ·σ*-(1/,Ιι )•
κ Σ Φι · σ " k=ι
= ( ρ · α " -Φκ / J i ) · σ * - ( 1 / σ ι ) · Φ * - ι o als Polynom K - t e n durch Vergrößerung Unendlich, f a l l s
1 1
- 1 - . . . - (1/Ji ) ·Φι · σ
Grades darstellbar 1st. Der Organisationswert läßt sich der Leitungsspannen s t e t i g verbessern und strebt gegen
Φκ < ρ · α " · J i e r f ü l l t 1st. Unter Beachtung des notwendigen Optimalitätskrlterlums f ü r die O r g a n i s a t i o n s t i e f e wäre somit eine in der Breite wie auch In der T i e f e unbegrenzte "Super"-Unternehmung die Folge, was zum Widerspruch mit der Voraussetzung einer gegebenen Anzahl Jk von Entscheidungsträgern auf der untersten M a nagementebene führt. Um die Organisationsgröße insgesamt zu beurteilen, bedarf es vielmehr einer ausführlichen Erörterung der Kontrollverluste und ihrer Abhängigkeit von den Strukturvariablen. A l s ein Bemühen in diese Richtung ist der Beitrag von BECKMANN (1977, 1978) zu begreifen, der die d i s p o s i t i v e n Entscheidungen xk auf einer Managementebene k einerseits durch die Anzahl Jk der dort a n z u t r e f f e n d e n Entscheidungsträger und andererseits durch die vorangegangenen Entscheidungen Xk-i des übergeordneten Managements anhand einer "managerial production f u n c t i o n " zu erklären versucht, d.h. Xk=f(Jk ,Xk-l ) ,
k=2,...,K,
und χ ι = f < Ji ) . Postuliert man Gesetzmäßigkelten, wie sie bei der Produktion von RealgQtern a u f t r e t e n können, und unterstellt man, daß die Funktion f von einem e i n fachen substitutlonalen T y p der Form Xk=Jk»-«'Xk-i ·,
mit der Nebenbedingung xo = 1
k=l
K,
Neuntes Kapitel: Integrationseffekte
203
1st, so lftßt sich die Qualität des Entscheidungsprozesses durch die Leistung X« =J«»-*'Xii. ι «= (χκ- l /JK )' · JK' auf der untersten Managementebene darstellen. Die Parameter ε bzw. 1-ε, 0) ] erfüllt ist. Dabei kennzeichnen (xj.xjO den Lösungsvorschlag von j, (yj.yj·) den Lösungsvorschlag von j' und ( x ' j . x ' r ) das bei Nichteinigung drohende Ergebnis. Das im Fall einer erfolglosen Verhandlung zu erwartende Resultat ist von vornherein bekannt. Es kann sowohl ein von außerhalb des Gremiums a n g e drohter Kompromlß sein als auch die Beibehaltung des s t a t u s quo, d.h. den Verzicht auf jegliche Abstimmung bedeuten. Da die Pareto-Optlmalität einer solchen Entscheidung zweifelhaft ist, übernimmt deren Androhung zugleich eine Anreizfunktion f ü r die pareto-optimale Abwicklung des Verhandlungsprozesses. Das genaue Ausmaß der schrittweisen Konzession bleibt unbestimmt bzw. dem konzedierenden Gremienmitglied überlassen. Es muß lediglich sichergestellt sein, daß die Zugeständnisse in Anbetracht der durch Nichteinigung drohenden Konsequenzen relativ mindestens ebenso groß sind wie die des anderen Mitglieds. Je größer die Konzessionsbereitschaft bei den Verhandlungsteilnehmern a u s geprägt 1st, desto weniger Verhandlungsschritte werden bis zur Einigung b e nötigt. Dennoch wird der Verhandlungswert durch die Rationalisierung der Konzessionsbereitschaft eindeutig vorbestimmt. Er entspricht der Bewertung des Ν ASH-Vorschlags (vgl. LUCE und RAIFFA 1957 oder FANDEL 1979).
Zehntes Kapitel: Besonderheiten nicht-hierarchischer Subsysteme
225
Fflr die Verhandlungepraxis lassen sich aus den Möglichkelten der Rationalleierung von ursprünglich frei ablaufenden Verhandlungsprozessen mehrere Erkenntnisse gewinnen. Zunächst 1st es unter bestimmten Umständen möglich, ein axlomatlsch begründetes Verhandlungsergebnis bei der NASH-Lösung durch einen tatsächlich stattfindenden Verhandlungsprozeß beliebig genau anzunähern, wenn es gelingt, die Konzessionebereitschaft der Verhandlungstellnehmer zu rationalisieren. Dabei gilt es zu bedenken, daß die Einschränkung der Verhandlungsführung für die Beteiligten nicht unmittelbar ersichtlich wird, well lediglich Mindestanforderungen an die Konzessionsbereitschaft gestellt werden. Überdies braucht die erörterte Konzesslonsbedlngung von ZEUTHEN (1930) nicht die einzige zu sein, die das erwünschte Verhandlungsergebnis garantiert. Durch die zusätzlich gewonnenen Freiheitsgrade sowie die Transparenz des Verhandlungsprozesses läßt sich vielmehr die Ergebnisakzeptanz zusätzlich steigern. Die Einigung über den endgültigen Kompromiß erfolgt automatisch, so daß eine Schlußabstimmung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Alternativensuche entfällt. Ist In Gremien, die von übergeordneten Stellen zur Entscheidungsfindung eingesetzt werden, schließlich nicht einzig und allein das Verhandlungsergebnis von Bedeutung, sondern wird auch das individuelle Verhalten einer Beurteilung unterzogen, so erleichtert die laufende Sichtbarmachung dieses Verhaltens die Zuordnung von Fehlentwicklungen bzw. unverzügliche Sanktionen.
Vierter Abschnitt
Die Organisation strategischer Entscheidungen Elftes Kapitel
Der Organisationsbedarf strategischer Entscheidungen I. Wesensmerkmale strategischer Probleme Strategische Probleme. Gegenüber dem Objekt der vorangegangenen A u s führungen rücken Jetzt Entscheidungsprobleme In den Blickpunkt des Interesses. die von langer Reichwelte sind und auch unter veränderten Unternehmensbedingungen noch ausreichend Wirkung entfalten müssen. Diese Probleme erhalten das Attribut "strategisch" (ACKOFF 1970). Die Abgrenzung zu den operativen Problemen 1st nicht Immer eindeutig, zumal In der Literatur keine Einigkeit über die Begriffsinhalte besteht. Im Zusammenhang mit Definitionsversuchen wird neben dem erwähnten Kriterium der Reichweite eine Vielzahl weiterer Merkmale genannt, um strategische Probleme zu charakterisieren, so beispielsweise a) die "essentielle" Bedeutung für die Unternehmung (MINTZBERG, RAISINGHANI und THEORET 1976), b) die Ansiedlung auf oberen Führungsebenen (BRIGHTMAN 1978, TRUX 1985), c) das unregelmäßige, bisweilen einmalige Auftreten des Problems (HAHN 1974), d) die Unmöglichkeit, den zuvor geltenden Ausgangszustand nach der Problembewältigung wieder herzustellen ("irreversibility"; ACKOFF 1970), e) den "Outputvektor" BURG 1971a),
der Unternehmung betreffend (ANSOFF und BRANDEN-
f ) die ausgeprägte Abhängigkeit SOFF 1965),
von Faktoren
der Unternehmensumwelt
(AN-
g ) der Allokationscharakter (ANSOFF und BRANDENBURG 1971a) sowie h) die Unmöglichkeit, verwenden (LAWRENCE
Standardprozeduren 1979).
hinsichtlich
der
Problemlösung
zu
In dieser Ansammlung unterschiedlichster Merkmaldimensionen äußert sich die Vielschichtigkeit all dessen, was unter "strategisch" subsumiert werden soll. Es erscheint jedoch unzweckmäßig und kaum operabel, strategische P r o bleme durch die gesamte Kriterienvielfalt kennzeichnen zu wollen. Insofern allerdings die Langfristigkeit der Entscheidungswirkungen noch Interpretationsbedürftig ist, dienen alle Merkmale dem besseren Verständnis von s t r a t e gischen Problemen In der Welse, daß möglichst viele Eigenschaften aus dem vorstehenden Katalog den strategischen Charakter eines Entscheidungsproblems welter erhärten.
Elftes Kapitel: Der Orgamsatiorubedarf
227
Problemkomplexität. Angesichts dieser Begrlffselngrenzung sind die gravierenden Unterschiede zur Organisation von operativen Entscheidungen hauptsächlich darin zu erblicken, daß sich die Komplexität strategischer Probleme längst nicht mehr auf eine Vielzahl von Entscheldungsvarlablen oder Datenunsicherheiten beschränkt. Vielmehr wird sie ebenso durch Unsicherheiten bezüglich Art, Anzahl und Vlrkungszusammenhängen der Entscheidungsparameter begründet, die sowohl das vollständige Erkennen als auch die zutreffende und exakte Formulierung des Problems erschweren. Häufig weisen strategische Probleme alle wesentlichen Merkmale der organisierten Komplexität auf, so daß sich eine verstärkte Problemzerlegung kaum empfiehlt, zumal dadurch keine Entflechtung dieser Situation bewirkt werden kann. Während ein Teil des Organisationsinstrumentariums, wie vor allem Differenzierungsmaßnahmen in Form von Entscheidungsdelegation bzw. damit v e r bundene Anreize und Kontrollen, deshalb grundlegend an Bedeutung verliert, rücken Verbesserungen des übrigen Integrationspotentials, d.h. der Informationsbeziehungen, in den Vordergrund. Es sind, neben der Fundamentalität der Ergebnisse für den Bestand der Unternehmung, vor allem dies die Gründe, welche immer angeführt werden, wenn eine zunehmende Verlagerung der Behandlung strategischer Entscheidungsprobleme auf die höchste Managementebene zu beobachten ist. Zu den strategischen Problemen, die in der Unternehmenspraxis vorkommen, zählen Aufgaben der Budgetlerung, Rationalisierung, Innovation, Personalpolitik und Krisenbewältigung ebenso wie Entscheidungen, die den Unternehmensbestand unmittelbar tangieren, so etwa hinsichtlich der Änderung der Rechtsform oder des Standorts bzw. Unternehmenszusammenschlüsse.
II. Der Zeitbezug strategischer Probleme Rationale Erwartungen. Gründet sich eine Entscheidungssituation auf längerfristig wirksame Unternehmensentscheidungen mit erhöhten Unsicherheiten, so bleibt die Im allgemeinen kaum mehr auflösbare Problemkomplexität nicht ohne Einfluß auf das zugrundeliegende Rationalverhalten der Entscheidungsträger. Dies wiederum überträgt sich auf das anzuwendende Effizienzkriterium bezüglich der Bewertung der Entscheidung bzw. deren Organisation. Aufgrund der auftretenden Problemcharakterlstika reduziert sich die Ergebnlsratlonalltät der Entscheidungsträger, wenn nicht vorab eine Problemvereinfachung angestrebt wird. Bestenfalls sind die Ergebnisse bei Vorliegen entsprechender Umstände als (rationale) Erwartungen zu formulieren, die durch unterschiedliche Rislkoeinstellungen manipuliert werden können. Aus den einem solchen Rationalitätsverständnis entspringenden Erwartungshaltungen ragen vor allem das BERNOULLI-Krlterlum, der Erwartungswert sowie das (u.o)-Krlterium heraus (vgl. ausführlich LAUX 1979c und die dort zitierte Literatur). Die Schwäche dieser Kriterien liegt vornehmlich in Ihrem geringen empirischen Gehalt, was strategische Probleme anbelangt. Die Einmaligkeit einer nicht wiederkehrenden strategischen Entscheidungssituation eröffnet kaum Möglichkelten zur ausreichenden Fundierung rationaler Erwartungen bezüglich der Entscheidungsparameter, etwa durch Formulierung von Eintrittswahrscheinlichkeiten.
228
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Ein anderer Weg, rationales Verhalten selbst unter zunehmender Unsicherheit am erwarteten Ergebnis auszurichten, besteht darin, Erwartungshaltungen bezüglich der Entscheidungsparameter nicht vorab zu rationalisieren, sondern dem subjektiven Empfinden der Entscheidungsträger zu überlassen (MUTH 1961). Rationale Erwartungen gründen sich dann nicht unmittelbar auf Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen, sondern generell auf die Beachtung von Umweltturbulenzen. Gelingt mit dem Konzept von MUTH auch eine Erweiterung des normativen Rationalitätsbegriffs um deskriptive Elemente, so bleiben die Erfassung der erwarteten Störungen sowie das geeignete Reaktionsverhalten der Entscheidungeträger auf diese Störungen weitgehend ungeklärt. SIMON (1978) moniert denn auch, daß die Problematik des Entscheldungsprozesses nicht begriffen, sondern nur verlagert wird, wobei keine Anhaltspunkte für die empirische Relevanz des Vorgehens vorliegen. Bei Bekanntsein einer komplexen Entscheidungssituation sind aus organisatorischer Sicht gerade Fragen des effizienten Prozeßverlaufs interessant und wesentlich, zumal jede unangemessene Problemvereinfachung die Bedeutung der Entscheidungsorganisation herabsetzt. Insofern gehen Verhaltensweisen auf der Grundlage rationaler Erwartungen den Schwierigkeiten einer erforderlichen Ergebnisanpassung an veränderte Situationsparameter aus dem Wege. Um die Reduzierung negativer Störeinflüsse sowie Förderung positiver Entwicklungen durch Schaffung günstiger organisatorischer Voraussetzungen im Sinne von a n dauernder Prozeßefflzienz zu gewährleisten, muß das Rationalprinzip vor allem auch dem Kriterium der Flexibilität bzw. Anpassungsfähigkeit gehorchen. Beispiel. Die Grenzen einer Organisation strategischer Entscheidungen auf der Grundlage rationaler Erwartungen seien kurz beispielhaft anhand von Überlegungen zur Anpassung der Produktionskapazität an die Preisentwicklung demonstriert. Dazu wird vorausgesetzt, daß sich Entscheidungen über die Beschäftigung x P unmittelbar an dem Stückerlös ρ orientieren, d.h. χρ=α·ρ,
α>0
gilt. Höhere Erlöse garantieren, daß selbst hohe Produktionsmengen noch zu einem positiven Deckungsbeitrag führen. Zusätzliche Problemrestriktionen ergeben sich aus der Preis-Absatz-Funktion χ*=β-τρ,
β,τ>0,
bezüglich der Absatzmenge xa sowie der Gleichgewichtsbedingung Xp =Xa ,
sofern die Lagerhaltung ausgeklammert bleibt. Rationale Erwartungen auf der Grundlage des BERNOULLI-Kriteriums sind bei einer stationären Umwelt [E(dp)=0] geeignet, die Unsicherheit und Komplexität des Entscheidungsproblems befriedigend zu bewältigen (Punkt A In Abb. 22). Entsprechendes Rationalverhalten trägt Jedoch stets dann zu einer unangemessenen Próblemverelnfachung bzw. empfindlichen Ungleichgewichtsproduktion bei,
Elftes Kapitel: Der Organisationsbedarf
229
wenn Veränderungen des relativen Preisniveaus erwartet werden (Punkt Β vs. Punkt C In Abb. 22). Basiert die Entscheidung bezüglich einer Kapazitfttsanpassung dagegen auf einer subjektiv empfundenen Prelsftnderung dp* unter Berttckslchtigung nicht kontrollierbarer Umwelteinflflsse u, beispielsweise der staatlichen Investitionsförderung, d.h. 1st dxp m a · dp· + u , so folgt die rationale Preiserwartung wegen dx*=-t-dp· dp· * E ( d p · ) Selbst tungen halten derung hinaus
unmittelbar aus
[ 1 / (α+τ) ] ' E ( u ) .
bei einer sich laufend weiterentwickelnden Umwelt sind diese Erwarso anpassungsfähig, daß das Unternehmensgleichgewicht jederzeit erbleibt (Punkt C in Abb. 22). So ist bei verbesserter InvestltlonsfSreine Kapazitätserweiterung über die bestehende Kapazitätsgrenze χ die logische Konsequenz.
Abb. 22. Rationale Preiserwartungen unter Beachtung einer dynamischen Umwelt
230
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Allerdings bleibt ungeklärt, In welcher Form erwartete Umweltveränderungen z u v e r l ä s s i g gemessen werden können. J e schwächer die Informationen über die Umwelt sind, desto eher wird sich auch bei diesem R a t i o n a l l t ä t s v e r s t ä n d n i s der Anpassungsprozeß hinsichtlich der Produktionskapazität verzögern. Drückt sich Uninformiertheit in E(u)=0 aus, so äußern sich rationale Preiserwartungen weiterhin in einer Beibehaltung der bislang eingerichteten Kapazität, obwohl die S t a t l o n a r i t ä t der Umwelt l ä n g s t nicht sichergestellt i s t . Anpassungsbedarf strategischer Entscheidungen. Das Bestreben einer U n t e r nehmung, sich ständig weiterzuentwickeln, dient vor allem der längerfristigen Entscheidungseffizienz. Die Fähigkeit, die eigene Organisation entsprechend anzupassen, wird gelegentlich als s t r u k t u r e l l e F l e x i b i l i t ä t bezeichnet (ANSOFF und BRANDENBURG 1971a). Der dabei auftretende Anpassungsbedarf geht zum einen aus der unterschiedlichen Qualität der Unternehmensziele hervor (SCHANZ 1 9 8 1 ) . Hohe Zielansprüche sind s t e t s mit einer größeren A n p a s s u n g s genauigkeit zu verbinden. Zum anderen r e s u l t i e r t der Anpassungsbedarf aus der sich verändernden Umwelt, welche die Wirkungen von ursprünglich b e a b s i c h t g t e n Entscheidungen in Frage s t e l l t . Unter v e r ä n d e r t e r Umwelt müssen Bedingungen sowohl q u a n t i t a t i v e r Art, also zum Beispiel nachlassende oder zunehmende Nachfrage, als auch q u a l i t a t i v e r Art, etwa N a c h f r a g e v e r s c h i e b u n gen a u f andere Produkte, subsumiert werden. Während bei q u a l i t a t i v e n Veränderungen der Entscheidungsgrundlage das Unsicherheitsmoment im allgemeinen gravierend ist und E n t s c h e i d u n g s f l e x l b i l i t ä t zur Sicherung einer dauerhaften Entscheidungseffizienz unentbehrlich wird, muß man bei quantitativen Änderungen differenzieren. Sind nämlich E n t wicklungen im großen und ganzen vorhersehbar bzw. zuverlässig a b s c h ä t z b a r , so gesellt sich die Betrachtung dieser Entscheidungssituation ihrer Art nach zu den operativen Problemen und ist entsprechend zu handhaben. Insbesondere l a s s e n sich rationale Erwartungen formulieren. Mangelt es allerdings an g e e i g neten Informationen bzw. überwiegt die Unsicherheit über notwendige Daten und Wirkungszusammenhänge, so wird eine Folge von Entscheidungen u n a b dingbare Voraussetzung für eine flexible Vorgehensweise. Wann Im einzelnen Entscheidungsfolgen, d.h. kontinuierliche Anpassungen an sich laufend fortentwickelnde Entscheidungssituationen im Sinne von Prozeßr a t l o n a l i t ä t , verlangt werden, ist demnach nicht unmittelbar aus der mangelh a f t e n Quantifizierbarkeit eines Problems begründbar, sondern hat seine U r s a c h e n ebenso in den individuellen Fähigkeiten der Entscheidungsträger s e l b s t . Sobald die nicht weiter zu vereinfachende Problemformulierung auf eine b e s c h r ä n k t e V e r h a l t e n s r a t i o n a l i t ä t stößt, insbesondere also bei besonderen Umweltturbulenzen oder längerfristig wirksamen Entscheidungen, muß F l e x i b i l i t ä t zum Kriterium einer E n t s c h e l d u n g s - und Organisationsbewertung erhoben werden. Andernfalls läßt sich das s t r a t e g i s c h e Problem durch geeignete O r g a nisationsmaßnahmen unmittelbar In operative Teilprobleme überführen. E n t s c h e i d u n g s s t r a t e g i e n . Die Anpassungsfähigkeit einer Entscheidung äußert sich vor allem In den dort verankerten Ausführungsbestimmungen. Eine derart gebundene Entscheidung wird auch als Entscheidungsstrategie bezeichnet. J e nach Entscheidungssituation bieten sich verschiedene Strategieformen an, mit deren Verfolgung jeweils besondere organisatorische Konsequenzen verknüpft
Elftes Kapitel· Der Organisationsbedarf
231
sein können. Ausgangspunkt ist dabei stets, daß Abweichungen vom gegenwärtigen bzw. erwarteten Umweltzustand u" immer zu berücksichtigen sind. Die Entscheidungsfunktion 1st deshalb grundsätzlich von der Art x ( u · , . . . ,u T ) . Folgende Elementarstrategien 1971):
lassen
sich unterscheiden
(vgl. SCHNEIDER
a) Entscheidungen sind so lange zurückzustellen, bis sie zeitlich unumgänglich werden: x< (u l , u * * i
uT ) ;
t bezeichnet den spätesten Entscheidungszeitpunkt. Mit dieser Strategie wird versucht, die Entscheidungsunsicherheit zu reduzieren und dadurch gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Entscheidungsorganisation zu verbessern. Allerdings stellt sich bisweilen der gegenteilige Effekt ein, wenn das Unsicherheitsmoment weiterhin bestimmend bleibt und Organisationsdefizite eiligst aufzuholen sind. b) Entscheidungen werden bedingt und parallel getroffen. Die verschiedenen Umweltparameter werden als alternative Bedingungen zugrunde gelegt, d.h. x° (u« ) , t = 0 , . . . , T . Diese Strategie verursacht im allgemeinen einen sehr hohen Informationsaufwand, da bereits zu Beginn der Entscheidungsphase die verschiedenen Alternativkonzepte vollständig ausgearbeitet werden müssen. Je unsicherer sich die zukünftige Entwicklung zu diesem Zeitpunkt noch darstellt, desto mehr nimmt der Aufwand zu. c) Entscheidungen werden bedingt, aber seriell getroffen. Korrekturen erst bei sich verändernder Umwelt vorzunehmen:
sind
x« (u« ) , t = 0 , . . . , Ί . Es erfolgt Insofern eine ständige Anpassung des Planungshorizonts, als Entscheidungen nur so lange als definitiv gelten, wie der Umweltzustand unverändert bleibt. Im Prinzip werden Teilprobleme simuliert, die unter Sicherheit zu lösen sind. Bei sich wandelnder Umwelt entsteht ein neues Entscheidungsproblem. Um die Redundanz des Entscheldungsprozesses nicht allzu stark anwachsen zu lassen, kann die Beibehaltung der bisherigen Entscheidungen auch an Bedingungen geknüpft werden. Erst deren Verletzung macht dann eine Entscheidungsrevision notwendig. Die entsprechend erweiterte Entscheidungsfunktion lautet: X* ( x « - ' ,u« ) , t = l , . . . , T . Es 1st unübersehbar, daß mit der Verzögerung des Entscheldungsprozesses zwar der anfängliche Informationsbedarf wesentlich abnimmt, zugleich Jedoch
232
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
andere Organisationserfordernisse auftreten, der Revision zu g e w ä h r l e i s t e n haben. d) E n t s c h e i d u n g e n e n t h a l t e n , d.h.
die die erfolgreiche
Abwicklung
werden so getroffen, daß sie eine automatische
Flexibilität
χ· (u· , . . . ,uT ) . Während sich die S t r a t e g i e n a) - c) durch eine d i s k r e t i o n ä r e F l e x i b i l i t ä t a u s z e i c h n e n , die zumindest eine F e s t s t e l l u n g von v e r ä n d e r t e n Umweltzuständen v e r l a n g t , bevor die Entscheidung e n t s p r e c h e n d a n g e p a ß t wird, gelingt es hier, auf solche manuellen Eingriffe zu verzichten. Die E n t s c h e i d u n g s q u a l i t ä t läßt sich ohne aufwendige Organisationsmaßnahmen s i c h e r n . Es ist lediglich die Gefahr abzuwenden, daß die Anpassungsautomatik n i c h t greift und s t a r r e E n t s c h e i d u n g e n der Art χ» (u® ) die u n e r w ü n s c h t e Folge sind. Mit E n t s c h e i d u n g s s t r a t e g i e n kann die F l e x i b i l i t ä t von M a n a g e m e n t e n t s c h e i dungen g r u n d s ä t z l i c h gewährleistet werden (vgl. MEFFERT 1969, 1983, HAX und l.AUX 1972, MELLWIG 1972, WILD 1974, DICHTL 1979 u.a.). Obwohl die einzelnen S t r a t e g i e n sich im Detail wesentlich v o n e i n a n d e r abheben, ist allen der E n t s c h e i d u n g s v o r b e h a l t gemein, der ihnen Ihre A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t v e r leiht. Dies v e r b i e t e t es zugleich, die E n t s c h e i d u n g s q u a l i t ä t v e r s c h i e d e n e r S t r a t e g i e n u n m i t t e l b a r miteinander vergleichen zu wollen. Vielmehr sind es gerade die jeweils erforderlichen Inputs, und h i e r u n t e r Insbesondere die O r g a n i s a t i o n s m a ß n a h m e n , die zur A u f r e c h t e r h a l t u n g der F l e x i b i l i t ä t b e i t r a g e n und die Q u a l i t ä t der Strategien mit determinieren.
Zwölftes Kapitel
Das Flexibilitätskonzept zur Beurteilung der Organisation von strategischen Entscheidungen I. Kriterien organisatorischer Flexibilität Organisationsflexibilität und Entscheidungsflexibilität. In den Erläuterungen des vorangegangenen Kapitels 1st die Entscheidungsfunktion lediglich verkürzt dargestellt worden. Statt x(u') muß es eigentlich korrekt heißen: x(0,u»). Gerade bei einer Entscheidungsstrategie, die die längerfristige Flexibilität von Entscheidungen gewährleisten soll, 1st es besonders wichtig, daß Organisationsmaßnahmen die Strategie wirksam unterstützen. Sind im Rahmen einer ausgewählten Entscheidungsstrategie spätere Korrekturen der ursprünglichen Entscheidung x® absehbar, so muß der Einsatz dès zuständigen Entscheidungsgremiums hierauf abgestimmt sein. Eine frühzeitige Gremienauflösung führt zu einer unangemessenen, starren Entscheidung, die nicht auf einem starren Entscheidungsverhalten, sondern auf mangelhafter Organisationsflexibilität basiert. Werden bedingte Entscheidungen bezüglich alternativer Umweltentwicklungen angestrebt, so erweist sich die Flexibilität der Organisationsmaßnahmen vor allem durch die Anpassung des Informationssystems an die vermehrte Informationsnachfrage. Starre Entscheidungen infolge einer begrenzten Systemkapazität sind also weniger das Resultat mangelnder Entscheidungsflexibllltät als vielmehr ein Indiz für fehlende Organlsationsflexlbllltät. Organisationsflexibilität und Organlsatlonsefflzienz. Während Organisationseffizienz ein allgemeines Beurteilungskriterium f ü r die Einrichtung von Organisationsmaßnahmen bei gleichzeitiger Verbesserung der Entscheidungsqualität darstellt, trägt das Kriterium der Organisationsflexibilität dem besonderen Gesichtspunkt der dauerhaften Effizienz Rechnung. Bei Diskrepanzen zwischen kurz- und langfristigem Nutzen von Systembeziehungen, wie sie vor allem bei strategischen Problemen zu erwarten sind, ist folglich sowohl die Organisationseffizienz als auch die Organisationsflexibilität zu beurteilen. Insbesondere bedingt das Flexibilitätskriterium ein Abweichen von der Minimalorganisation operativer Entscheidungen. In Anbetracht des entstehenden organisatorischen Oberschusses führt dies vorübergehend zur Ineffizlenz der einzelnen Maßnahmen, sofern eine kurzfristige Bewertung erfolgt. Hinsichtlich des voraussichtlichen Anpassungsbedarfs ist der Oberschuß jedoch durchaus erwünscht. Gelegentlich wird Organlsationsflexlbllltät deshalb auch als Prozeßefflzienz Interpretiert. Organisatlonsflexibllit&t und Optimalltät. Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen leuchtet ein, daß flexible Organisationsmaßnahmen von übergeordneten Unternehmenszielen abhängen. Dabei 1st zum einen zu berücksichtigen, daß die verfolgten Ziele selbst bei einer Veränderung der Umweltkonstellationen durch organisatorische Maßnahmen wie bisher unterstützt werden. Dies ergibt sich aus dem Mittelcharakter der Flexibilität in bezug auf langfristige Organisationseffizienz. Sind auch die Ziele bestimmten Anpassungs-
234
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
m e c h a n l s m e n u n t e r w o r f e n , so b e s c h r ä n k t s i c h die U n t e r s t ü t z u n g a u f d a s ziel der Unternehmung, solange Jedenfalls nicht O r g a n l s a t l o n s f l e x i b l l i t ä t U n t e r n e h m e n s f l e x i b i l i t ä t a b g e l ö s t wird.
Oberdurch
Zum a n d e r e n h a n d e l t e s s i c h b e i dem h i e r b e t r a c h t e t e n E n t s c h e i d u n g s t y p v o r n e h m l i c h um Z i e l v o r s t e l l u n g e n , die d u r c h V o r g a b e v o n A n p a s s u n g s n i v e a u s a r t i k u l i e r t s i n d . D i e s g i l t um so mehr, Je s t ä r k e r die K o m p l e x i t ä t d e s E n t s c h e i d u n g s p r o b l e m s z u t a g e t r i t t . Dabei m ü s s e n die A n s p r ü c h e u n a b h ä n g i g v o n den z u b e w e r t e n d e n O r g a n i s a t i o n s i n s t r u m e n t e n f o r m u l i e r t s e i n . S i e k ö n n e n lediglich mit den vorhersehbaren Umweltbedingungen v e r k n ü p f t werden. M e s s u n g v o n O r g a n i s a t i o n s f l e x i b i l i t ä t . Ein a l l g e m e i n e r M a ß s t a b z u r B e u r t e i l u n g der A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t von O r g a n i s a t i o n s m a ß n a h m e n an v e r ä n d e r t e E n t s c h e i d u n g s b e d i n g u n g e n i s t b e r e i t s im s e c h s t e n K a p i t e l e i n g e f ü h r t w o r d e n . In A n b e t r a c h t der Umstände s t r a t e g i s c h e r E n t s c h e i d u n g e n e r w e i s t es s i c h j e t z t a l s z w e c k m ä ß i g , d a s A n s p r u c h s n i v e a u n i c h t o h n e K e n n t n i s der v e r f o l g t e n E n t s c h e i d u n g s s t r a t e g i e f e s t z u l e g e n . So k a n n der M a ß s t a b zu flex(0)=(u'eU|w(x(0,u«))*w(x(u'))I. präzisiert
werden.
Der z u s ä t z l i c h e B e u r t e i l u n g s g e s i c h t s p u n k t r ü h r t d a h e r , daß die O r g a n i s a t i o n s m a ß n a h m e n mit der vom Management e i n g e s c h l a g e n e n S t r a t e g i e a b z u s t i m men s i n d . D a b e i b l e i b t zu b e a c h t e n , daß die A u s w a h l d e r E n t s c h e i d u n g s s t r a tegie selbst keine Organisationsaufgabe darstellt. A l l e r d i n g s i s t e s d e n k b a r , auch d i e E n t s c h e i d u n g s s t r a t e g i e e i n e r A b s t i m m u n g mit dem O r g a n i s a t i o n s i n s t r u m e n t a r i u m zu u n t e r z i e h e n . G r u n d s ä t z l i c h v e r g r ö ß e r n s i c h d a d u r c h die G e s t a l t u n g s a l t e r n a t i v e n . Bei g l e i c h z e i t i g e r H a n d h a b u n g b e i d e r I n s t r u m e n t e kommt e s d a r a u f an, d a s F l e x i b i l i t ä t s m a ß um die B e u r t e i l u n g der E n t s c h e i d u n g s s t r a t e g i e zu e r w e i t e r n , d.h. flex(Ο,x) = {u*tU|w(x(0,u*))iw(u*)I. Das d i e s e m Maß z u g r u n d e l i e g e n d e nisationsunabhängig.
Anspruchsniveau
Die B e w e r t u n g der O r g a n l s a t l o n s f l e x i b l l i t ä t z w e i e x t r e m e n U r t e i l e n . Ist
w 1st S t r a t e g i e -
durch
flex(O) pendelt
und
orga-
zwischen
flex(O)=U, d.h. sind die E r g e b n i s a n f o r d e r u n g e n f ü r s ä m t l i c h e in B e t r a c h t g e z o g e n e Umw e l t e n t w i c k l u n g e n e r f ü l l t , so d r ü c k t d i e s a n g e m e s s e n e O r g a n i s a t i o n s m a ß n a h m e n bzw. t o t a l e F l e x i b i l i t ä t a u s . Umgekehrt l i e g t bei flex(O)=0 t o t a l e I n f l e x i b i l i t ä t v o r , die U m w e l t ä n d e r u n g e n b z w . Entscheidungsstrategien g ä n z l i c h a u ß e r a c h t l ä ß t . A l l g e m e i n wird v o n e i n e r d e r P r o b l e m k o m p l e x i t ä t a n g e m e s s e n e n G e s t a l t u n g s t e t s dann die Rede s e i n k ö n n e n , w e n n f l e x ( O ) die Menge a l l e r " w a h r s c h e i n l i c h e n " U m w e l t z u s t ä n d e e n t h ä l t . D i e s e Menge i s t h ö c h stens subjektiv determinierbar.
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
235
I n t e r p r e t i e r t man jede Veränderung der Entscheidungsumwelt a l s u n e r w ü n s c h t e Störung des E n t s c h e l d u n g s p r o z e s s e s , so 1st es folgerichtig, d a s A n s p r u c h s n i v e a u umweltunabhängig als w(x) zu f i x i e r e n . Das Bemühen um eine möglichst hohe O r g a n i s a t i o n s f l e x i b i l i t ä t 1st In diesem Sonderfall mit dem B e s t r e b e n gleichzusetzen, die S t ö r a n f ä l l i g k e i t des Entscheldungsprozesses d u r c h geeignete Organisationsmaßnahmen zu r e d u z i e r e n . F l e x i b i l i t ä t wird u n t e r solchen Umständen LEHMANN 1980 u.a.) und läßt sich d u r c h
zur S t a b i l i t ä t
(ADAM
1980b,
s t a b ( 0 ) = (ul t U | w ( x ( 0 , u * ) ) ü w ( x ) 1 . e r f a s s e n . Häufig synonym -verwendete Begriffe l a u t e n W l d e r s t a n d s s t a n d s f ä h i g kelt, Verläßllchkelt oder Robustheit. Die S t a b i l i t ä t s b e u r t e i l u n g einer O r g a n i s a t i o n 1st lediglich bei bestimmten s t r a t e g i s c h e n Entscheidungen s i n n v o l l . Sie zielt darauf ab, n e g a t i v e E i n f l ü s s e von Unternehmungen abzuwenden, so zum Beispiel in K r i s e n s i t u a t i o n e n oder bei Gefährdung des U n t e r n e h m e n s b e standes. Als Vergleichsmaßstab In bezug auf die A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t von O r g a n i s a tionen in v e r s c h i e d e n e n E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n e n eignet sich in e r s t e r Linie der F l e x i b i l l t ä t s g r a d flgr(Ο)=Iflex(0)|/|U|, der die Anzahl der "guten" Umweltzustände auf die Anzahl aller maßgeblichen Z u s t ä n d e bezieht (vgl. auch GUPTA und ROSENHEAD 1968 sowie DICHTL 1979). Dabei gilt s t e t s Osflgr(O)ál. Der F l e x i b i l i t ä t s g r a d ist hier z u n ä c h s t n u r f ü r eine endliche Menge U d e f i n i e r t . I s t diese Voraussetzung nicht e r f ü l l t , so k a n n die Kardinalzahl zumeist durch a n d e r e Mengenmaße, z.B. das Riemann- oder L e b e s g u e - I n t e g r a l , e r s e t z t werden. Das u n ü b e r w i n d b a r e Hindernis, das sich einer Ermittlung des F l e x l b l l l t ä t s grads o f t in den Weg s t e l l t , b e s t e h t d a r i n , U und damit den maximal e r s t r e b e n s w e r t e n Oberschuß einer Organisation hinreichend präzise zu bestimmen. Als F a u s t r e g e l k a n n h ö c h s t e n s gelten, daß die Menge U um so größer sein muß, Je u n s i c h e r e r sich die E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n d a r s t e l l t und je w e i t r e i chender die Entscheidungswirkungen sind. Der F l e x i b i l i t ä t s g r a d Ist d a h e r ein Maß, das sich h a u p t s ä c h l i c h f ü r eine ex p o s t - B e u r t e i l u n g eignet, nachdem die Umweltänderungen In vollem Umfang b e k a n n t sind. Im Hinblick auf eine O r g a n i s a t i o n s g e s t a l t u n g ist die Bewertung dagegen h ä u f i g von s t a r k e n s u b j e k t i v e n Empfindungen sowie einer b e s o n d e r e n E r w a r t u n g s h a l t u n g der E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r bestimmt. Ausnahmen bilden solche S i t u a t i o n e n , die lediglich eine dynamische Entscheidung, n i c h t Jedoch u n t e r Unsicherheit verlangen. Unter diesen Umständen ist der F l e x i b i l i t ä t s g r a d von Organisationsmaßnahmen b e r e i t s zum E n t s c h e i d u n g s z e l t p u n k t a b s e h b a r . Beispiel. Die Anwendbarkelt der e r ö r t e r t e n Maße zur Darstellung und B e u r teilung von O r g a n l s a t l o n s f l e x l b l l l t ä t soll b e i s p i e l h a f t f ü r eine s t r a t e g i s c h e E n t s c h e i d u n g s s i t u a t i o n mit geringem Komplexitätsgehalt demonstriert werden.
236
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Gegenstand der Bewertung 1st folgende Abstimmungsstrategie zwischen dem Produktions- und Absatzbereich einer Unternehmung: Die Kapazlt&t des V e r triebssystems wird laufend an die zuvor f e s t g e l e g t e Entwicklung des P r o duktionsvolumens angepaßt. Oberproduktionen, die erst in späteren Perioden absetzbar sind, werden einem Endproduktlager zugeführt, dessen Kapazität u n verändert bleibt. Ole maßgeblichen Umweltzustände sind vorhersehbar und in satzhöchstmengen wie f o l g t beschreibbar: u'«100·1,05'
[Stück],
Form von
Ab-
OstST.
Aufgrund dieser Informationen kann der gesamte Entscheldungsprozeß vorab zuverlässig auf eine Entscheidungsfunktion komprimiert werden, so daß sich insbesondere eine Erörterung der geeigneten Entscheidungsstrategie erübrigt. Für die Bewertung der zustande kommenden Entscheidung gilt vereinfachend w(x)=x. Der Abstimmungsprozeß zwischen den Berelchen 1st schließlich durch folgende Anpassungen gekennzeichnet: Das Produktionsvolumen zum Zeltpunkt t beträgt xp(0,U*)=l,l-0,97*-U«
[Stück],
OStST.
d.h. anfänglichen Oberkapazitäten steht ein Im Vergleich zur Marktentwicklung v e r z ö g e r t e s Kapazitätswachstum gegenüber. Vegen der Ausrichtung des V e r triebssystems am Produktionsbereich gilt f ü r dessen Kapazität: XA(0,u4)=XP(0,ul )
[Stück],
OstST.
Dagegen muß das Fertiglager bereits mit Aufnahme der Produktion groß g e s t a l t e t werden. Seine Kapazität wird durch XL ( 0 , u * ) = 1 0 0
[Stück],
hinreichend
OStST,
beschrieben. Orientiert sich die Unternehmung ausschließlich am Absatzmarkt und 1st ihr Satisfizierungsbestreben durch χ(u*)=0,9·u*
[Stück],
OStST,
gegeben, so läßt sich die Flexibilität der eingerichteten Abstimmungsinstrumente durch XA ( 0 , u «
U X ( U «
) ,
•t flex(0)=
u«
o
X L ( 0 , U « ) *
[ X P ( 0 , U * 0
) - X ( U * ) ] D T .
Zwölftes Kapitel: Das Flexibitttätskonzept
237
erfassen. Nach Einsetzen der einzelnen Werte erhält man f l e x ( 0 ) = i u « | t £ 6 , 7 bzw.
u«S1381.
Die Abstimmung von Produktion, Absatz und Lager gelingt zufriedenstellend nur bis zum Zeltpunkt t=6,7 bzw. zur Absatzhöchstmenge u'=l38. Jenseits dieser Werte reicht die Kapazität des Vertriebssystems nicht mehr aus, um das angestrebte Absatzziel zu verwirklichen. Um die Organisationsflexibilität weiter anzuheben, ist es deshalb vordringlichste Aufgabe, Aber eine geeignete Modifizierung der Integrationsbeziehungen auf die Entscheidungen im Absatzbereich einzuwirken. Eine Bestimmung des Flexibilitätsgrads flgr(O) kann bezugnehmend auf den vorgegebenen Planungshorizont Τ bzw. die dort vorherrschende Nachfrage e r folgen. Ist T=10, so ergibt'sich unter Verwendung des Riemann-Integrals flgr(0)=
dt/
dt=0,67.
Totale Flexibilität des Abstimmungsprozesses (flgr(0)=l) läge nur dann vor, wenn TS6.7 erfüllt wäre, also bei relativ kurzfristiger Planung. Die Organisationsstabilität erscheint bei der erläuterten Entscheidungssituation nicht überprüfenswert, da die Umweltveränderungen nicht als Störungen auftreten, sondern positiv aufgenommen werden. Ein Verharren bei überholten Absatzerwartungen bliebe demzufolge unverständlich.
II. Die Flexibilität des Delegationssystems Zielanpassung. Um Organisationsflexibilität in konkreten Entscheidungssituationen zu realisieren, bedarf es entsprechender Ausgestaltungen der einzelnen Organisationsvariablen. Hierunter fällt, neben einer geeigneten Modifikation des Kreises von Entscheidungsträgern durch Neueinstellung, Ausbildung oder Umsetzung, vor allem die Erweiterung der verschiedenen Systembeziehungen, welche mit den Entscheidungsstrategien abgestimmt sein müssen. Eine Erscheinungsform von Organlsatlonsflexlbllität betrifft die Unterstützung bestehender Zielharmonien zwischen delegierenden und delegierten Entscheidungsträgern bei einer veränderten Umwelt. Eine Delegationsform e r weist sich nur dann als hinreichend flexibel, wenn die Obereinstimmung In der Bewertung von Entscheidungen für den gesamten Entscheidungsprozeß erhalten bleibt. Während bei operativen Problemen hierfür lediglich ein Zustand maßgeblich 1st, muß bei strategischen Problemen auch die längerfristige Umweltentwicklung berücksichtigt werden. Die existierenden Anforderungen an das Delegationssystem rühren dabei In erster Linie aus der Komplexität der u r sprünglichen Entscheidungesituation, die dafür verantwortlich ist, daß Zielanpassungen erforderlich werden bzw. Zielkonfllkte sich erst im Verlauf des Entscheldungsprozesses offenbaren. Tendenz zur Zentralisation. Grundsätzlich verlangt jedes Anwachsen der Umweltkomplexität wegen der zunehmenden Datenvielfalt und Informatlonsungenaulgkelt nach weiterer Spezialisierung von Teilaufgaben, zum Beispiel durch
238
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Produktorientierung. Dies forciert im allgemeinen eine weitere Differenzierung In Form von Dezentralisation bzw. erhöhter Delegation der Entscheidungsbefugnisse (FUCHS-WEGNER und WELGE 1974) und gilt für Jeden Entscheidungstyp, sei er operativer oder strategischer Art. Gerade bei strategischen Problemen 1st häufig dennoch der gegenläufige E f f e k t einer hohen Entscheldungszentralisatlon beobachtbar. BLEICHER (1980) bezeichnet dies als Zeitzentralisation, da strategische Aufgaben mit langem Zeithorizont an der Unternehmensspitze und operative Entscheidungen mit demgegenüber geringerem Horizont an der Basis konzentriert werden. Die Organisationsproblematik verlagert sich damit auf die Einrichtung eines flexiblen Informationssystems sowie hinreichende Qualifizierung der Unternehmensleitung bezüglich der erforderlichen Spezialkenntnisse. Während die Überlegungen zur Dezentralisation vornehmlich dem Streben nach Organisationseffizienz entspringen, resultiert die Kumulierung von Kompetenzen an der Unternehmensspitze vor allem aus Flexibilitätserwägungen hinsichtlich des Zielsystems, also aus einer dauerhaften Effizienzsicherung: Je längerfristiger die Entscheidungen angelegt sind, desto eher muß befürchtet werden, daß ehemals mit dem Unternehmensziel übereinstimmende Ziele und Qualifikationen der Delegierten durch Umweltturbulenzen unvorhersehbar b e einträchtigt werden. Gleichzeitig gewinnt das Flexibilitätsbedürfnis gegenüber dem kurzfristigen Effizienzbemühen mehr und mehr an Bedeutung. Abgeschwächt wird die Zentrallsatlonswlrkung strategischer Entscheidungsprobleme durch die Tatsache, daß nicht allein Anpassungen der Zielvorstellungen zu beachten sind, sondern ebenso eine Reduzierung der Zielniveaus e r f o r derlich wird. Dies wiederum verringert die Gefahr, eine befriedigende Lösung durch Dezentralisation auf Dauer nicht erreichen zu können, und wirkt sich zugleich auf die Flexibilität entsprechender Organisationsformen aus. Je stärker der Anspruch an die zu erbringende Entscheidungsqualität sinkt, desto f l e x i b l e r ist ein System an sich, da der hinzugewonnene Oberschuß z u s ä t z liches Verbesserungspotential signalisiert. Dieselben Überlegungen gelten im übrigen in gleichem Umfang für die Bewertung der Organlsatlonsstabilität zur Abwehr von Störungen des Entscheidungsprozesses. Maximal erreichbare Flexibilität. Die Bedeutung einer starken Form der D e legation nimmt für strategische Entscheidungen weiter zu, weil die Risiken von Fehlentscheidungen damit wenigstens zum Teil reduziert werden. Soweit eine unbedingte Zielharmonie zwischen den Delegierenden und Delegierten zu b e o b achten ist, eröffnet diese zugleich ein Maximum an Flexibilität des Delegationssystems D, mit anderen Worten
u^flex(D)
^ueflex(D).
Das System bleibt widerstandsfähig gegen äußere Umwelteinflüsse und zeigt eine extrem geringe Anfälligkeit in bezug auf die Entscheidungsqualität, so daß Delegationseffizienz gleichbedeutend wird mit bestmöglicher Delegationsf l e x i b i l i t ä t . Der bei operativen Entscheidungen übliche Dezentralisierungsgrad läßt sich In solchen Fällen aufrechterhalten.
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
239
Maximale Flexibilität bedeutet aber nicht auch stets totale Flexibilität. Dies folgt zwangsläufig aus der dienenden Funktion Jeder Organisationsmaßnahme, wonach die Erreichbarkeit einer starken Form der Delegation vor allem s i t u a tionsabhängig 1st. Je komplexer die Entscheidungssituation, desto geringer sind im allgemeinen die Aussichten, eine solche Idealform realisieren zu können. Ungenaue Zieloffenbarungen sowie laufende Zielanpassungen machen vielmehr eine ständige Oberprüfung des Delegationssystems bzw. zusätzliche Kontrollen erforderlich. Die Aussicht auf Verwirklichung einer starken Form der Delegation ist auf solche Situationen beschränkt, die sich durch ein geringes Entscheidungsrisiko auszeichnen, zumal objektive Delegatlonskrlterlen, wie Betriebezugehörigkeit oder Sachquallflkation, ohnehin von subjektiven Wertschätzungen, wie etwa Loyalität, dominiert werden (vgl. auch GROCHLA et al. 1981, ά. 216). Diese sind jedoch vornehmlich bei hinreichend genauer Problemwahrnehmung zu beobachten. Verlangt die Entscheidungssiutation eine schwache Form der Delegation, so wachsen die Anforderungen an ein flexibles Anreiz- und Kontrollsystem in dem Maße, wie das Delegationssystem allein den Flexlbilitätsansprflchen nicht mehr gerecht wird. Je unwägbarer die Entwicklungen sind, desto eher läßt sich maximale Flexibilität nur durch eine vollständige Zentralisation der Entscheidungsbefugnisse gewährleisten, für die definitionsgemäß flex(Dz):=flex(D) erfüllt ist. Dabei bleibt die Problematik der Informationsversorgung außer Betracht, ohne die eine befriedigende Problembewältigung eigentlich nicht z u stande kommt. Empirische Befünde. Untersuchungen von GROCHLA et al. (1981, S. 196f.) in mittelständischen Unternehmungen verdeutlichen die Situatlonsbezogenheit der hergeleiteten Ergebnisse an konkreten Gegebenheiten. So nimmt der Delegationsumfang in wachsenden Unternehmungen im allgemeinen zu, während in Krisensituationen bzw. schrumpfenden Unternehmungen vorwiegend mit vermehrter Entscheldungszentralisation reagiert wird. Ursächlich für diese gegenläufigen Tendenzen ist vor allem die unterschiedliche Wertigkeit der zugrundeliegenden Umweltdynamik. Im Vertrauen auf eine e r folgreiche Geschäftspolitik bzw. das bestehende Zielsystem 1st eine weitreichende Zielharmonie zwischen den Managementebenen so lange nicht verwunderlich, wie die Entwicklung deutlich expansive Züge trägt. Die Voraussetzungen für eine starke Form der Dezentralisation sind zunehmend besser e r fQllbar. Demgegenüber müssen Umweltveränderungen bei Schrumpfungsprozessen als empfindliche Störungen des Unternehmensgleichgewichts Interpretiert werden, die auch vor den Zielen der einzelnen Entscheidungsträger nicht h a l t machen und dadurch die Stabilität von dezentralen Strukturen in Frage s t e l len. Dies führt, in Verbindung mit fehlgeschlagenen Anreizen und Kontrollen sowie einer starren Informationspolitik, zu verstärkter Zentralisation der anstehenden strategischen Entscheidungsprozesse. Beispiel. In einer Unternehmung sind zwei Großprojekte über jeweils zwei Jahre geplant. Die Gesamtkosten betragen für jedes Projekt und jede Perlode 2
240
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Mio. DM. N a c h e r f o l g r e i c h e m Abschluß d e r P r o j e k t e s t e h e n E r l ö s e v o n 6 Mio. DM ( P r o j e k t 1) b z w . 8 Mio. DM ( P r o j e k t 2 ) In A u s s i c h t . Die v e r f ü g b a r e n E i g e n m i t t e l b e s c h r ä n k e n s i c h a u f 2 Mio. DM p r o J a h r . F ü r d i e D u r c h f ü h r u n g v o n Projekt 1 k ö n n e n außerdem s t a a t l i c h e Förderungsmlttel beantragt werden. W ä h r e n d im e r s t e n J a h r a u f j e d e n F a l l e i n e F ö r d e r u n g in v o l l e m Umfang, a l s o In Höhe v o n 2 Mio. DM, i n A n s p r u c h genommen w e r d e n k a n n , w i r d ü b e r d e n B e t r a g d e s z w e i t e n J a h r e s e r s t nach B e e n d i g u n g d e r e r s t e n P r o j e k t p h a s e e n t s c h i e d e n . Bei v o r z e i t i g e m , e r f o l g l o s e m P r o j e k t a b b r u c h s i n d d i e b i s h e r g e l e i s t e t e n M i t t e l z u 20% z u r ü c k z u z a h l e n . Die Kompetenzen f ü r die geeignete Projektauswahl sowie deren Durchführung sollen der Leitung des Entwicklungsbereichs übertragen werden. Diese hat z u n ä c h s t ü b e r d e n Umfang zu e n t s c h e i d e n , mit dem im e r s t e n Jahr g e s t a r t e t w i r d , und k a n n Je n a c h s t a a t l i c h e r F ö r d e r u n g i n d e r z w e i t e n P h a s e die a n f ä n g l i c h e Entscheidung durch v o r z e i t i g e n Abbruch e i n e s P r o j e k t e s korrigieren. Die S t a b i l i t ä t
des Delegationssystems wird
durch
stab(D) = fuIEKR(D,u)¿200%! b e u r t e i l t . D a b e i k e n n z e i c h n e n u, 0 ¿ u á 2 (Mio. DM), den Umfang d e r s t a a t l i c h e n F ö r d e r u n g v o n P r o j e k t 1 im z w e i t e n Jahr und EKR(D,u) d i e E i g e n k a p i talrentabilität der Unternehmung. Das A n s p r u c h s n i v e a u o r i e n t i e r t sich am ( r i s i k o s c h e u e n ) V e r z i c h t a u f j e g l i c h e Zuschüsse, d.h. an e i n e r B e s c h r ä n k u n g a u f d a s r e n t a b l e r e P r o j e k t 2. V e r h ä l t s i c h d i e L e i t u n g des E n t w i c k l u n g s b e r e i c h s r i s i k o f r e u d i g , so b e g i n n t s i e m i t d e r p a r a l l e l e n D u r c h f ü h r u n g b e i d e r P r o j e k t e , w o b e i im e r s t e n Jahr f ü r P r o j e k t 1 k e i n e E i g e n m i t t e l a u f g e b r a c h t z u w e r d e n b r a u c h e n . Das E i g e n k a p i t a l beträgt lediglich A»EK=2 Mio. DM. Für d i e z w e i t e P r o j e k t p h a s e 1st Im Hinblick a u f d i e e r r e i c h b a r e E i g e n k a p i t a l r e n t a b i l i t ä t n a c h dem Umfang u d e r s t a a t l i c h e n F ö r d e r u n g zu u n t e r s c h e i d e n ( v g l . T a b . 14). Die E l g e n k a p l t a l r e n t a b i l l t ä t v e r s c h l e c h t e r t s i c h z u n e h m e n d , Je s t ä r k e r d i e S t ö r u n g der u r s p r ü n g l i c h g e t r o f f e n e n P r o j e k t e n t s c h e i d u n g 1st, d.h. j e w e n i g e r Zuschüsse f ü r d i e z w e i t e P r o j e k t p h a s e b e r e i t g e s t e l l t werden.
Tab.
u 0
1
2 E
14. P r o j e k t a u s w a h l und - b e w e r t u n g In v o n der U m w e l t s i t u a t i o n
Projektauswahl
A'ii
E
Abhängigkeit
EKR-1E/(A' I«+A ! I «)]-100
Projekt 2 (d.h. Abbruch Projekt 1)
2,4 Mio. DM
8 Mio. DM
182 %
Projekt 1 (d.h. Abbruch Projekt 2)
1,0 Mio. DM
6 Mio. DM
200 *
Projekte 1 und 2
2,0 Mio. DM
14 Mio. DM
350 %
Erlös
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
241
Es ist leicht nachzuprüfen, daß s t a b ( D ) = fu I l ¿ u ¿ 2 1 gilt, die Förderung im zweiten Jahr also zumindest mit der Hälfte des Betrages aus dem ersten Jahr fortgesetzt werden muß, um die verlangte Entscheidungsgüte zu sichern. Tritt diese Situation nicht ein, so erweist sich die Delegation der Projektauswahl an einen risikofreudigen Entscheidungsträger als instabil in bezug auf die Erwartungshaltung der zentralen Unternehmensleitung. Die (Flexibllitäts-)Beurtellung der Organisationsentscheidung wird also auf die Einschätzung der staatlichen Forderung zurückgeführt.
III. Die Flexibilität des innerbetrieblichen Informationsflusses Informationszuverlässigkeit bei strategischen Entscheidungen. Viel stärker als das Delegationssystem rückt das Informationssystem in den Vordergrund des Organisationsinteresses, wenn strategische Probleme betroffen sind. Hauptursache hierfür ist, daß im allgemeinen nur sichere Informationen Entscheidungsbereitschaft unterstützen, die Ergebniswerte verbessern und letztlich zu Wettbewerbsvorteilen verhelfen. Eine Informationsbeschaffung und "Verarbeitung, die diesen Anforderungen genügt, bedarf jedoch gerade bei strategischen Problemen erhöhter Anstrengungen hinsichtlich der Organisationsvoraussetzungen. Je komplexer sich eine Entscheidungssituation darstellt, desto eher o f fenbart sie zugleich das Dilemma der Informationsbewertung in bezug auf den tatsächlichen Informationsgewinn. Bei operativen Problemen tritt die Unsicherheit über einzelne Entscheidungsparameter vor allem durch die Überlegung zutage, ob und welche Informationen zur Entscheidungsfindung überhaupt herangezogen werden sollten. Art und Anzahl der tatsächlich beanspruchten Informationen determinieren die Beschaffenheit des Informationssystems, wobei subjektive Erwartungen des Informationsnachfragers bezüglich Informationsaufwand und Informationsertrag für die Bewältigung der Unsicherheitskomponente ausschlaggebend sind. Für strategische Probleme kann diese eingeschränkte Sichtweise nicht länger genügen. Von Bedeutung wird hier zusätzlich die Zuverlässigkeit der verwendeten Daten, die bei zunehmender Umweltkomplexität und Unsicherheit immer weniger gewährleistet ist. So ist zum Beispiel Unsicherheit über die entscheidungsrelevante Umwelt in der Regel nicht mehr auf den einzelnen Entscheidungsträger zu begrenzen, der notwendige und zuverlässige Kenntnisse dann jederzeit über das innerbetriebliche Informationssystem einholen kann, sondern wächst zu einem betrieblichen bzw. überbetrieblichen Zustand an. Diese Art der Unsicherheit ist Insofern kaum mehr reduzierbar, als sie nicht personengebunden ist und eine eindeutige Identifikation der relevanten Umwelt rasch auf Grenzen stößt. Die Eingrenzung des betrachteten Entscheldungsproblems wird unumgänglich (SCHREYÖGG und STEINMANN 1986), d.h. die notwendige Informationsbasis schrumpft gleichzeitig auf ein für realistisch empfundenes Maß zusammen. Allgemein kann der Zuverlässigkeitsgrad von Informationen durch die Wahrscheinlichkeit beschrieben werden, daß der einer Entscheidung zugrunde gelegte Umweltzustand die reale Situation zutreffend wiedergibt. Hilfswelse können die Standardabweichung oder die Spannbreite einer Wahrscheinlich-
242
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
keltsverteilung über die Umweltzustände als Zuverlässigkeitsmaße herangezogen werden. Datenunzuverlässlgkelt resultiert vor allem aus unvollkommenen, aber auch aus unglaubwürdigen Informationen, wobei die subjektiven Einschätzungen des Entscheidungsträgers maßgeblich sind. Aus der Orientierung an erwarteten Daten und der Kalkulation hiervon möglicher Abweichungen sind Konsequenzen f ü r das Innerbetriebliche Informationssystem als Subsystem der Organisation zu ziehen. Das System hat i n s b e sondere seine Flexibilität in der Weise unter Beweis zu stellen, daß neue z u verlässlgkeltserhöhende Informationen sofort verfQgbar gemacht werden, damit sie den Entscheldungsprozeß günstig beeinflussen bzw. korrigieren. Es ist b e i spielsweise zu einem Frfihwarnsystem weiterzuentwickeln (ALBACH, HAHN und MERTENS 1979, HAHN und KLAUSMANN 1984 U.a.). Auf dieser Grundlage gilt es, das Informationssystem so auszurüsten, daß es zusätzliche Kriterien erfüllt, die Im Hinblick auf die Informationsversorgung f ü r operative Probleme entweder kaum eine Rolle spielen oder sogar hinderlich Im Sinne von ineffizient sind, nun Jedoch flexibllitätsfördernd wirken. Rückkopplung. Einen wesentlichen Beitrag zur Flexibilität eines Innerbetrieblichen Informationssystems leisten vorhandene Rückkopplungsbeziehungen, die die RückVerarbeitung von Informationen im Verlauf längerwieriger E n t scheidungsprozesse sicherstellen (SCHIEMENZ 1971). Diese Beziehungen dienen vor allem dazu, aus der Beobachtung zunächst unsicherer Ursache-WirkungsRelationen Lerneffekte abzuleiten, Indem Zwischenergebnisse zur Stabilisierung von Informationen bzw. Reduzierung der Problemunsicherheit herangezogen werden. Sie sind unmittelbar strategieabhängig und um so wirkungsvoller, je länger die verfolgte Entscheidungsstrategie Eingriffsmöglichkelten offenhält. Im Matrixansatz des achten Kapitels zeigt sich die Qualität einer Rückkopplung durch den erforderlichen Rückverarbeltungsaufwand der einzelnen I n f o r mationsarten. Dieser Prozeß ist bezüglich aller Informationen genau dann a b geschlossen, sobald die Diagonalelemente der Matrix Σ IV« t=1 zum ersten Mal sämtlich von Null verschieden sind. Ist diese Bedingung f ü r T=TR erfüllt, so kennzeichnet T* die Rückkopplungsgeschwindigkeit bzw. den frühesten Zeitpunkt, zu dem modifizierte Informationen auf jeden Fall v o r liegen. Senderorientierung. Neue bzw. modifizierte Informationen können bei beobachtbarer Umweltdynamik jederzeit erforderlich werden. Der ursprüngliche I n formationszeltpunkt des Entscheidungsträgers wächst zu einem kontinuierlichen Intervall an, das den gesamten Entscheldungsprozeß überlagert und während dessen ständig neuer Informationsbedarf herrscht. Ein ausschließlich vom Nachfrager initiierter Informatlonsprozeß 1st bei strategischen Problemen aus diesem Grund s t e t s mit einem erheblichen Organisationsaufwand verknüpft. Außerdem verursacht Unsicherheit über die Anderungsgeschwindigkeit von Daten vielfach ein vergebliches Bemühen in bezug auf die Informationsbeschaffung, d.h. einen großenteils unproduktiven organisatorischen Oberschuß.
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
243
Eine angemessene Flexibilität des Informationssystems wird angesichts länger andauernder Entscheidungsprozesse deshalb eher dadurch erreicht, daß wichtige Impulse nicht nur vom Nachfrager, sondern ebenso vom Informationsanbieter ausgehen. Der vermeldbare Teil des Oberschusses, der Infolge überflüssiger bzw. entscheidungsneutraler Datenübermittlung beim Anbieter entsteht, läßt sich In Grenzen halten, wenn die Senderimpulse auf bekanntermaßen erwünschte Informationsarten konzentriert werden. Deren Festlegung e r folgt zweckmäßigerweise bereits zu Beginn des Informationsprozesses. Je starker sich anbieterorientierte Informationen in Verbindung mit einer erhöhten Entscheidungszentralisation durchsetzen, desto mehr wird das Informationssystem auf direkte Informationskanäle angewiesen sein. Andernfalls entsteht, abgesehen von negativen Wirkungen aufgrund von Zeltverzug, ein vermeidbarer Informationsüberschuß für die zwischengeschalteten Informátionsträger. Beispiel. Bleibt die innerbetriebliche Informationsverarbeitung außer Betracht, so 1st das Informationsangebot als Teil der Problemumwelt zu begreifen und unterliegt einer laufenden unbeeinflußbaren Anpassung. Wählt man den Matrixansatz aus dem achten Kapitel, so beschreibt ι s t a b ( I F ) = {ΙΑ I ΙΑ*·( Σ I F « ) i I N * | t=ι die Stabilität eines anbieterorientierten Informationsflusses IF. Dabei kennzeichnen Τ und IN* Anspruchsniveaus bezüglich der für die Datenübertragung verfügbaren Zeit sowie der Informationsnachfrage. Die Stabilität des Informationssystems wird durch die Menge der Angebotsmatrizen IA bestimmt, für die IF den vorgegebenen Ansprüchen genügt. Sie ist um so größer, je besser IF auf eine Veränderung des Informationsangebots reagiert, ohne daß es zu einem b e sonderen Zeltverzug kommt oder die Informationsnachfrage angepaßt wird. Verändert sich lediglich der Informationsgehalt, nicht jedoch die Informationsart, so bleibt die Stabilität von IF auf jeden Fall garantiert. Ist etwa T=2 und IN* > so bemlßt sich die Stabilität des Informationssystems
IFi!
Ol 10 1 0 1 0
1 1 0 0
0 0 0 0
(vgl. Abb. 23) nach s t a b ( I F i ) - {ΙΑ I an+aïi+aai+a«iil,
1 - 1 , . . . , 41 .
D.h. es muß lediglich sichergestellt sein, daß Jede Informationsart überhaupt angeboten wird.
244
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
Abb. 23. Informationssystem IFi Demgegenüber 1st ein System mit Indirekten Informationsflüssen, zum Beispiel
IFa =
(vgl. Abb. 24), vergleichsweise wenig stabil, denn hierfür gilt die Beurteilung s t a b ( IF» ) = f ΙΑ I a u + a j i + a o i i l , Eine hinreichende Informationsversorgung ist also bereits dann nicht mehr gewährleistet, aus unbeeinflußbarem Grund nur noch von wird. Der Entscheidungsprozeß gerät In einen
1=1, . . . , 31 .
bei Einrichtung des Systems IF* wenn irgendeine Informationsart Entscheidungsträger 4 gesendet qualitätsmindernden Zeltverzug.
Abb. 24. Informationssystem IF> Automatisierung. Im Zusammenhang mit der Ingangsetzung bzw. systematischen Auslösung von Informationsflüssen ist gerade auch bei strategischen
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
245
Entscheidungen zu überprüfen. In welcher Form eine Standardisierung und Formalisierung der Informationsübermittlung geeignet betrieben werden kann. Insbesondere rückt die Frage nach der Realisierbarkelt' automatisierter Prozesse in den Vordergrund (GROCHLA 1973), mit denen sich die Fehlerquellen einer diskretionären Übertragung von Informationen weitgehend beheben l a s sen. Als computergestützte Informationssysteme, Management-Informationssysteme oder Früherkennungssysteme (PLOTZENEDER 1977, SZYPERSKI 1980b u.v.a.) lassen sie sich mit Hilfe umfassender Informationstechnologien auf u n terschiedlichste Weise institutionalisieren und f ü r betriebliche Entscheidungsprozesse praktisch nutzen. Mit zunehmender Automatisierung eines Informationssystems erlangen auch die verwendeten technischen Hilfsmittel als Organisationselemente mehr und mehr Bedeutung, so vor allem die f ü r die Datenverarbeitung verfügbare" Hardund Software. Sollen deshalb in bezug auf die Flexibilität des Informationssystems keine Dysfunktionen a u f t r e t e n , wie sie KIRSCH und KLEIN (1977b) b e schreiben, so müssen diese Hilfsmittel hinreichend flexibel ausgelegt sein. Dies gilt nicht nur f ü r die Maschinenelemente einer Informationstechnologie, s o n dern ebenso f ü r die personellen Voraussetzungen sowohl im Management- als auch im Basissystem der Unternehmung (FUCHS-WEGNER und WELGE 1974). Insbesondere muß ausgeschlossen werden, daß technische Hilfsmittel bei s t r u k t u r e l l e n Anpassungen den eigentlichen Hinderungsgrund darstellen und dadurch die Vorzüge der eingerichteten Informationstechnologie überschatten. Bedenkt man, daß Informationstechnologien als Ausschnitt der relevanten Umwelt Interpretierbar sind und einer besonders rapiden Entwicklung unterliegen, so d e u t e t dies zugleich auf ständig v e r b e s s e r t e Anwendungsvoraussetzungen für eine Automatisierung des Informationssystems bei komplexen E n t s c h e i d u n gen hin.
IV. Die Flexibilität des Anreiz- und Kontrollsystems Allgemeine Rahmenbedingungen. Anreize und Kontrollen im unternehmerischen Management sind wesensgemäß dazu bestimmt, die Flexibilität der Unternehmensorganisatlon zu unterstützen, d.h. Verhaltensweisen von Entscheidungsträgern an besondere Tatbestände anzupassen. Allerdings verlleren Anreizund Kontrollbeziehungen um so mehr an Bedeutung, je stärker eine E n t s c h e i dungszentralisation betrieben wird, ein Umstand, dem zunächst vor allem bei strategischen Problemen Rechnung zu tragen ist. Dabei ist bemerkenswert, daß die Zentralisation auch als Konsequenz verschiedener Widerstände zu werten 1st, die sich einer wünschenswerten Flexibilität der Anreiz- und Kontrollbeziehungen in den Weg stellen und die Qualität dezentral g e f ü h r t e r E n t s c h e l dungsprozesse beeinträchtigen. Im einzelnen sind es vornehmlich die folgenden Faktoren, die sich bei s t r a tegischen Problemen mit hohem Komplexitätsgehalt sowie Umweltturbulenzen flexibllltätsmlndernd auf das Anreiz- und Kontrollsystem auswirken: a) Die Grenzen des Rationalverhaltens erreicht.
der Entscheidungsträger sind
schnell
246
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
b) Unsichere Erwartungen bezüglich der Umweltveränderungen verringern die Anpassungsbereitschaft und erzeugen durch Verharren bei Vergangenheitswerten vielfach konservatives Entscheidungsverhalten. c) Die Möglichkeiten des "shirkings" nehmen zu und schränken die Wirkungen bestehender Anreizsysteme ein. d) Die Überwachung der Entscheidungsprozesse schwieriger ("imperfect monitoring").
gestaltet
sich
zunehmend
Gelingt es, die hieraus erwachsenden Probleme durch zusätzliche Kontrollen und Anreize in den Griff zu bekommen (FUCHS-WEGNER und WELGE 1974 oder MOLLER 1980a), so steht einer verstärkten Dezentralisation strategischer E n t scheidungen grundsätzlich nichts mehr im Wege. Vielmehr eröffnet sich insofern eine interessante Organisationsalternative, als vor allem das Informationssystem entlastet wird (vgl. ausführlich zum Beispiel HEDBERG 1976). Notwendiger Kontrollurafang. Hinsichtlich einer Steigerung der Flexibilität von Ergebniskontrollen sind ähnliche Bewertungskriterien ausschlaggebend, wie sie für die Beurteilung des Informationssystems maßgeblich sind. So wiederholt sich unmittelbar die Frage nach den günstigsten Kontrollzeitpunkten während langwieriger Entscheidungsprozesse sowie einer angemessenen Vergleichsbasis, wenn Umweltentwicklungen Im Verlauf der Kontrollausübung weltgehend unbekannt bleiben. Hinzu kommt, daß gerade bei strategischen Entscheidungen häufig auch die automatische Kontrollfunktion des Marktes ausfällt, der sonst als Vergleichsbasis für die Ergebnisentwicklung geeignet ist. Indem Ergebniskontrollen als laufende Rückkopplungen bereits prozeßbegleitend ausgeübt werden, sind sie mit erheblichen Transaktionskosten verbunden. Werden sie lediglich ex post durchgeführt, d.h. berühren sie den konkreten Entscheidungsfall nicht mehr, so mögen sie vereinzelt zwar durchaus Lerncharakter besitzen, doch darf dieser in Anbetracht der Einmaligkeit s t r a t e gischer Probleme nicht überschätzt werden. Gleichzeitig wächst das Risiko, daß ein zu spät einsetzender Kontrollprozeß zu gravierenden Fehlentwicklungen führen kann, die sogar den Unternehmensbestand gefährden. Insofern sind die bei operativen Problemen zu beobachtenden Vorteile von Ergebniskontrollen, insbesondere ihre einfache und wenig aufwendige Handhabung (OUCHI 1979), kaum mehr vorhanden. Deshalb 1st verstärkt auf Verhaltenskontrollen auszuweichen. Differenziertes Anreizsystem. Die eingeschränkten Möglichkeiten, den Entscheldungsprozeß zu kontrollieren, erhöhen die Bedeutung der betrieblichen Anreizinstrumente. Wegen des Substltutionalitätscharakters beider Beziehungskomponenten muß nachlassende Kontrolleffizienz in verstärktem Maße durch ein fein abgestimmtes Anreizsystem ersetzt werden (FUCHS-WEGNER und WELGE 1974). Materielle Anreize lassen sich auch bei strategischen Entscheidungen in vertragliche Vereinbarungen einbeziehen. Ist davon auszugehen, daß die Vertragspartner in ihren Zielvorstellungen sowie der Beurteilung der Umwelt grundsätzlich übereinstimmen, so ist der Abschluß pareto-optimaler Vereinbarungen nicht weiter problematisch. Den entsprechenden Verträgen kommt eine automatische Flexibilität zu, da sie nicht problemspezifisch abgefaßt zu werden brauchen, sondern eine starke Form der Entscheidungsdezentralisation gestatten. Jedoch 1st diese einfache Art der Verwirklichung von totaler Sy-
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
247
stemflexibilität an Voraussetzungen geknüpft, die gerade bei hohem Komplexitätsgehalt der Entscheidungssituation kaum realistisch sind. Bei strategischen Entscheidungen müssen Belohnungen dann vielmehr strikt situationsabhängig vereinbart werden, so daß Effizienz und Flexibilität des Anreizsystems nicht generell uno actu gewährleistet bleiben. Solange auf ex post-Kontrollen wegen der unzureichenden Eingriffsmöglichkelten in den Entscheidungsprozeß verzichtet wird, muß ein pareto-optimales Anreizsystem Φ neben der Entscheidungsqualität χ sowohl die unternommenen Anstrengungen e als auch die Umweltbedingungen u berücksichtigen, d.h. es gilt Φ(χ,υ,β) mit x=(x° Kapitel).
T
x)
T
und u=(u·
u )
(vgl. dazu die Ausführungen im neunten
Eine derartige Funktion Φ hat aber nur dann ihre Berechtigung zur Unterstützung strategischer Entscheidungsprozesse, wenn gleichzeitig das gegenüber operativen Problemen veränderte Rationalverhalten der Entscheidungsträger hinreichend Beachtung findet. Insbesondere sind umweltabhängige Planvorgaben x(u) so zu definieren, daß sie noch mit angemessenem Aufwand zuverlässig einer laufenden Kontrolle unterzogen werden können (GROVES und LOEB 1979). Konsequenterwelse wird die Ergebniskomponente χ einer Anreizfunktion bei strategischen Problemen zugunsten einer Betonung der Anstrengungen e auf alle Fälle in den Hintergrund treten. Bemerkenswert bleibt, daß Ergebniskontrollen nicht völlig außer acht gelassen werden dürfen. So unterstützt eine dichotome Anreizfunktion Φ(υ,β)
für
eie
φ
f ü r eχ(υ'-»),
t>0,
nicht mehr gewährleistet ist. Individuelle Gestaltung der Verhandlungsregeln. Am stärksten sind von solcherlei Diskrepanzen zwischen Stabilität und Flexibilität des Beziehungsgefüges in nicht-hierarchischen Subsystemen alle rein formalen Prozesse betroffen, deren Verlauf durch mehrere Verhandlungsrunden mit Vorschlägen und Gegenvorschlägen gekennzeichnet ist, bis es zu einer einvernehmlichen Lösung kommt. Ahnlich kompliziert müssen auch die informellen Verhandlungsprozesse beurteilt werden, in denen sich Entscheidungen durch eine einmalige Schlußabstimmung herbeiführen lassen, solange die zugrundeliegende Abstimmungsregel Einstimmigkeit oder wenigstens eine qualifizierte Mehrheit verlangt. Derartige
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
Regeln erzwingen stabile Entscheidungen und unterstützen dadurch scheues Verhalten der Unternehmensleitung.
253
risiko-
Demgegenüber sind informelle Prozesse bzw. Abstimmungsregeln mit um so mehr Flexibilität ausgestattet, Je weniger das Kompromißverhalten ausgeprägt 1st. Sind Verhandlungserfolge, wie bei Teams, in erster Linie dem besonders starken Informationsaustausch zurechenbar, well zum Beispiel Jedes Gremienmitglied direkt mit Jedem anderen Mitglied bestmöglich kommuniziert, so 1st die Flexibilität einer Gremienentscheidung am größten. Allerdings muß dieser Effekt dann vornehmlich dem Informationssystem zugeordnet werden, das zwischen den betroffenen Entscheidungsträgern auch ohne Gremienbildung eingerichtet werden kann. Die unterschiedliche Eignung von Abstimmungsregeln zur strategischen Problembewältigung äußert sich am deutlichsten in einem Vergleich der Flexibilitätseigenschaften zweier extrem differierender Regeln, nämlich des Einstimmigkeitskriteriums (EV) mit einer diktatorischen Entscheidung des Gremienmitglieds Jell Jl (DJ). Legt man eine monotone Entscheidungsfunktion xiV.u*) zugrunde, so lauten deren beide Ausprägungen x(EV,u«)=
min )e(1
1
x j (u 4 ) , )
t=0,...,T,
bzw. x ( D j , u » ) —Xj (Ul ) , t = 0 Wenn auch im zweiten werden, also
Fall Anpassungen
T. verhältnismäßig schnell
vollzogen
X) (u° )*Xj (u* ) , t > 0 , gilt, so folgt daraus aber noch längst nicht min x j (u° )*min xj (u { ) , t > 0 . j J Das bedeutet, daß die diktatorische Einpersonenentscheidung im guten wie im schlechten Sinn sehr viel mehr zur direkten Anpassung fähig ist, wohingegen das Einstimmigkeitsvotum auch in einer turbulenten Umwelt über eine längere Zeit dazu beitragen kann, die Entscheidungsfindung zu stabilisieren. Der Elnfluß der gewählten Entscheidungsstrategie auf das Ausmaß dieser Diskrepanz bleibt unübersehbar. Je mehr Korrekturmöglichkelten vorhanden sind, desto eher konvergieren beide Systeme auf eine hohe Flexibilität hin. Abstimmungsmechanismen mit auffälligen Flexlbllitätselgenschaften erzeugen einen besonders hohen organisatorischen Oberschuß. Dieser tut sich vornehmlich in der Besetzung der Gremien kund, nämlich in den Mitgliedern, deren Stimme bei einer konkreten Entscheidungsfindung ohne Gewicht bleibt. Deutlich zeigt sich dieser Oberschuß im Fall der einfachen Mehrheitsentscheidung, wo ein beachtlicher Teil der Stimmabgaben keinen Elnfluß auf die Entscheidung hat. Bleibt stets derselbe Personenkreis von der Entscheidung ausgeschlossen und dient er auch nicht dem vorangehenden, meinungsbildenden Informations-
254
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
austausch, so resultiert ein Haster an organisatorischer Ineffizienz. Im allgemeinen ist es jedoch unmöglich, diesen Kreis von vornherein zu identifizieren und eliminieren, so daß der vorhandene Oberschuß auf Dauer, d.h. in späteren Entscheidungsphasen, oft tatsächlich ergebnisfördernd zu wirken vermag. Beispiel. Die strategische Abstimmung der optimalen Produktions- und Absatzmengen eines Produktes unter Verzicht auf eine Lagerung der Fertigprodukte bezeichnet man als Synchronisation von Produktion und Absatz. Sie kann als Gremienprozeß unter Beteiligung der beiden Bereichsleiter verstanden werden. Die relevante Entscheidungsumwelt liegt durch die erzielbaren Absatzhöchstmengen u', t=0 T, fest. Die erlösmaximierenden Vorstellungen des Absatzbereichs äußern sich in dem Vorschlag XAÎU*)^*
[Stück i n P e r i o d e t ] ,
d.h. in dem Bemühen, die Produktnachfrage vollkommen zu befriedigen. Andererseits ist es das Ziel des Produktionsbereichs, die vorhandenen Kapazitäten voll auszunutzen und dadurch die Produktionskosten möglichst gering zu halten. Unter Berücksichtigung der verfügbaren Kapazität gilt: XP(u4)=110
[Stück i n Periode
t].
Kapazitätserweiterungen sollen vorerst zurückgestellt werden. Zwei Abstimmungsmechanismen kommen unter den geschilderten Umständen vor allem in Betracht, nämlich die gleichmäßige Berücksichtigung aller Bereichsinteressen χ (EV,u l ) =min [XA (U« ) , x P (u* ) ]=min(u« , 1 1 0 ) u« ebenso wie die Dominanz der marktorientierten Vorstellungen, d.h. x(DA,u» ) —χ* (U« )=U* . Entwickelt die Unternehmensleitung ein Anspruchsverhalten in Form von χ ( u l ) = 0 , 9 u l [Stück i n Periode t ] , d.h. einer neunzigprozentigen Ausschöpfung des Marktpotentials, so ergeben sich folgende Flexibilitätsbewertungen der beiden Systeme: f l e x ( E V ) = (u l e U | m i n ( u * , 1 1 0 ) 2 0 , 9 u « I u« bzw. f l e x ( D A ) = { u » £U|u« £ 0 , 9 u * I . Während mit einer ausschließlich marktorientierten Ausrichtung des Produktionsziels auf jeden Fall totale Flexibilität flex(DA)=U
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
255
erreicht wird, schränken zusatzliche Kostenaspekte die Flexibilität einer e i n vernehmlichen Strategie auf einen engen Bereich von gegebenen Absatzhöchstmengen ein. Es gilt nämlich: flex(EV)={u*«U | u l £ 1 1 0 / 0 , 9 I . Diese Diskrepanz tritt um so mehr zutage, je turbulenter und unübersichtlicher sich die Nachfragesituation zeigt. Ist mit einem ständigen Anstieg der Absatzhöchstmengen zu rechnen und läßt sich deren Verlauf durch u*=100·1,05* , t i O , beschreiben, so folgt f l e x ( E V ) = { u « eU11£41 . D.h. einvernehmliche Entscheidungen über eine Produktionsausdehnung halten lediglich vier Perloden lang den allgemeinen Ansprüchen der Unternehmensleitung an eine Sicherung des Marktanteils stand.
VI. Besondere strategische Entscheidungssituationen 1. Strategisches Innovationsmanagement Merkmale der Entscheidungssituation. Sobald eine strategische Unternehmensentscheidung die Veränderung bzw. Entwicklung von grundlegenden zielrelevanten Unternehmensparametern betrifft, kann sie als Innovationsentscheidung bezeichnet werden. Hierzu rechnen vor allem Entscheidungen bezüglich einer Anpassung a) von Produkten oder Produktmerkmalen (Produktinnovation), b) von Produktionsfaktoren (Faktorinnovation), c) von technischem Wissen bzw. Input-Output-Relationen tion) sowie
(Verfahrensinnova-
d) der qualitativen Kapazität (Sozialinnovation) (vgl. auch THOM 1976, S. 49f.). Die Entscheidungssituation, auf der eine strategische Innovationsentscheldung fußt, hebt sich durch einige wesentliche Merkmale von den übrigen s t r a tegischen Entscheidungssituationen ab und verlangt nach einem geeignet organisierten Entscheldungsprozeß, der effiziente Lösungen gewährleistet. Insbesondere sind es die folgenden Punkte, die Innovationsprobleme besonders a u s zeichnen: a) eine ausgeprägte Dynamik In bezug auf die Umweltparameter (bei nachfrageinduzierten Innovationen) bzw. unmittelbar auf die Unternehmenszlele (bei autonomen Innovationen, die sich erst Nachfrage schaffen müssen).
256
Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
b) eine erhöhte Unsicherheit infolge fehlender Erfahrungen mit den beabsichtigten Neuerungen, c) ein grundsatzlich positives Entscheidungsumfeld, d.h. vor allem gelockerte Rahmenbedingungen, d) eine Alternativenmenge, die durch neu hinzukommende Entscheidungsmöglichkelten erweitert wird. Gleichzeitig kommen mit diesen Kriterien die Eigenschaften schlechtstrukturierter Entscheidungsprobleme in ungewöhnlicher Konzentration zum Durchschein (HARR 1980, Sp. 962), so daß eine besonders rasche und ausgeprägte Aktivierung des organisatorischen Oberschusses dringend geboten ist. Organisationsproblematik. Aus dem Bestreben, jederzeit Organisatlonsflexibllität
eine
ausreichende
flex(0)=(u|x(0,u)ix(u)) zu garantieren, entwickelt sich je nach Innovationsart ein spezielles Organisationsbedürfnis. Sind ausschließlich Veränderungen der Unternehmensumwelt maßgeblich für den Innovatlonsprozeß, so ergibt sich die wesentliche Organisationsbedingung einfach als dx/du |oidx/du. Es kommt in erster Linie darauf an, daß Organisationsüberschuß zur Unterstützung marktorientierter Entscheidungsstrategien verfügbar ist, der selbst bei wachsender Dynamik und Unsicherheit des Entscheldungsprozesses zur Zielrealisierung beiträgt. Allerdings gelingt dies in der Regel nur bei schwach innovativen, imitierenden Entscheidungen bzw. ausgeprägt nachfrageinduzierten Innovationen. Je fundamentaler das Innovationsmanagement betrieben wird, desto mehr müssen reine Anpassungsstrategien um Beeinflussungsstrategien ergänzt werden (THOM 1976, MARR 1980), denen neben der Marktorientierung und einer empirischen Basis sehr viel mehr Aufgaben zufallen. Dies wird offenbar anhand der für autonome Innovationen verallgemeinerten Organisationsbedingung dx/dt|oidx/dt mit dx/dt=dx/du·du/dt. Maßgeblicher Innovationsparameter ist nunmehr allgemein t, d.h. zum Beispiel die Zelt, in der sich die Unternehmenstechnologie ohne Anregung durch die Marktbedürfnisse entwickelt. Organisationsflexibilität äußert sich bei autonomen Innovationen primär in innerbetrieblichen Anpassungsbemühungen, wie etwa der Reduzierung von Verfahrenskosten oder einer Nutzung der vorliegenden Forschungs- und Entwicklungsergebnisse. Die Marktausrlchtung ist lediglich eine unverzichtbare Kon-
Zwölftes Kapitel: Das Flexibilitätskonzept
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sequenz der veränderten Organisationstatbestände und beschränkt sich a u f die Gestaltung der Absatzförderungsmaßnahmen. F a l l s sie allerdings erfolglos bleibt (du/dt=0), s c h e i t e r t automatisch die b e a b s i c h t i g t e Aktivierung des O r ganisationsüberschusses (dx/dt=0). Ausvlrkungen a u f das Managementsystem. Für das organisatorische B e z i e hungsgefüge haben Entscheidungssituationen, wie sie bei Innovationsproblemen auftreten, und h i e r a u f basierende Strategieentwicklungen wichtige S c h l u ß f o l g e rungen. Aus der extrem hohen Problemkomplexität in Anbetracht eines weiter g e stiegenen Unsicherheitsgrades sowie einer gewachsenen Zahl von E n t s c h e i dungsalternativen rührt ein Informations- und Kommunikationsbedarf, der von einer Hand kaum problemgerecht bewältigt werden kann. Dies gilt um sò mehr für die Verfolgung autonomer Innovationsentscheidungen. überdies b i e t e t sich im Zuge eines Innovationsmanagements hinreichend A n laß für eine Delegation von Teilaufgaben an Speziallsten, etwa im F o r s c h u n g s und Entwicklungsbereich oder in der Marktforschung, aber auch unter E i n b e ziehung von Projektgruppen und Funktionsbereichen (vgl. ausführlich GAITANIDES und WICHER 1986), damit das vorhandene I d e e n - und K r e a t i v i t ä t s p o t e n tial voll ausgeschöpft wird. Eine v e r s t ä r k t e Dezentralisation wird durch p o s i tive Begleitumstände in bezug auf die Durchführbarkeit unternehmerischer Zielvorstellungen begünstigt. Solange Innovationen das Unternehmenswachstum fördern und dadurch eine neue Verteilungsmasse e n t s t e h t , lassen sich s c h w e lende Zielkonflikte sehr viel eher reduzieren. Ahnliches gilt für R a t i o n a l i s i e rungseffekte, die vornehmlich über V e r f a h r e n s - und Faktorinnovationen a n g e s t r e b t und im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens häufig durch Prämien provoziert werden. Gesteigerte Integrationsbemühungen, wie sie die Dezentralisation von E n t scheidungen begleiten, müssen aufgrund eben dieser Sichtweise und zur E n t faltung des gesamten Ideenpotentials hauptsächlich der bestmöglichen G e s t a l tung des Anreizsystems bei gleichzeitiger Verringerung der unmittelbar k o n trollierenden Eingriffe gelten. Für ein erfolgreiches Innovationsmanagement sind daher häufig ganz andere organisatorische T a t b e s t ä n d e zweckmäßig als bei den übrigen s t r a t e g i s c h e n Entscheidungsprozessen. Gegenüber diesen gedeiht es am ehesten dann, wenn der vorhandene Organisationsüberschuß über die K r e a t i v i t ä t möglichst v i e l e r Organisationsmitglieder nutzbringend a k t i v i e r t wird (vgl. dazu MARR 1980, Sp. 957, mit den Einschränkungen von MARR 1973).
2. Strategisches Krisenmanagement Merkmale der Entscheidungssituation. Für den Fall, daß durch d i s k o n t i n u i e r liche Entwicklungen in der Vergangenheit r e l e v a n t e Unternehmensziele nicht oder kaum e r r e i c h t wurden und dadurch eine Existenzgefährdung der U n t e r nehmung nicht ausgeschlossen 1st, b i e t e t sich eine völlig andere s t r a t e g i s c h e Entscheidungssituation dar. Als sogenannte Krisensituation sind ihr vor allem folgende Merkmale zu eigen:
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Vierter Abschnitt: Die Organisation strategischer Entscheidungen
a ) eine (moderate) Umweltdynamik in bezug auf Nachfrage als auch die Konkurrenzentwicklung,
den Markt, d.h. sowohl
die
b) reduzierte Entscheidungsalternativen, die durch Engpässe verschiedenster Art verursacht sind, so zum Beispiel Llquidltäts- und Ressourcenengpässe (vgl. ROTHIG 1976 und HOLLER 1982, S. 41), c) eine weitgehend gestörte Zielharmonie unter den Entscheidungsträgern i n folge allgemeiner Unzufriedenheit und eines sich verschlechternden ünternehmensergebnieses. D.h. aber, daß die Komponenten, welche ein strategisches Problem als schlecht strukturiert ausweisen, In Krisensituationen wiederum besonders gewichtet sind. Während die Ausgangssituation grundsätzlich denkbar ungünstig ist, wird Ihr spätestens dann einiges an Komplexität genommen, wenn das Entscheidungsproblem erst einmal zutreffend erkannt und formuliert ist. Die eigentliche bzw. ursächliche Problematik von Krisen muß deshalb vor allem in einer unbefriedigenden organisatorischen Vorbereitung des Entscheidungsproblems gesehen werden, wodurch beispielsweise Engpässe und Zielkonf l l k t e ein bedrohliches Ausmaß angenommen haben. So müssen Krisenstrategien neben sachlichen Inhalten, wie zum Beispiel Liquiditätssicherung oder einer geeigneten Zielrevision (KRUMMENACHER 1981, S. 104ff.) die A u s - und Umgestaltung der Entscheidungsorganisation in verstärktem Maße berücksichtigen, wenn nicht sogar eine Veränderung der gesamten Organisationsstruktur als notwendig erachtet wird (MOLLER 1982, S. 37). Organisationsproblematik. Der strategische Problemgehalt von Krisensituationen ist trotz der langfristigen Auswirkungen der zu treffenden Entscheidungen insofern vergleichsweise gering, als es sich vornehmlich um eine Art der unorganisierten Problemkomplexität handelt. Krisensituationen rühren in erster Linie aus der unzureichenden Handhabung von organisatorischem Oberschuß (KRUMMENACHER 1981). Die Aufgaben eines erfolgreichen Krisenmanagements betreffen deshalb sowohl die Einrichtung von notwendigem als auch den Abbau von nicht-notwendigem Oberschuß. Eine damit einhergehende Strukturanpassung dient zunächst der Stabilisierung der Organisation, d.h. der Widerstandsfähigkeit gegenüber weiteren negativen Umwelteinflüssen. Bemißt sich die Stabilität der Organisation als stab(0)=(u|x(O,u)2x1, so ergeben sich für das Krisenmanagement zwei alternative Problemkreise (vgl. auch ADAM 1980a und KRUMMENACHER 1981): Für den Fall, daß bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt u° u·« stab(O) erfüllt ist, tut ein reaktives Krisenmanagement not. Hierbei steht weniger eine fundamentale Reorganisation des Managementsystems als vielmehr die eher k u r z - bis mittelfristige Erhaltung bzw. angemessene Ausweitung des Entscheidungsspielraums im Vordergrund. Neben einer Zielrevision kommt höchstens der Abbau von nicht-systemnotwendigem Oberschuß, d.h. eine Systemreduzierung in Betracht.
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Der Neuaufbau von notwendigem Organisationsüberschuß im Rahmen einer strukturellen Anpassung 1st dagegen vornehmlich Aufgabe eines antizipativen Krisenmanagements, wenn zwar noch u0estab(0) gilt, das Erreichen der Organisationsziele in Zukunft wegen dx/du