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German Pages 554 [565] Year 2022
Beihefte zur Zeitschrift für Altorientalische und Biblische Rechtsgeschichte 27
Kritische Schriftgelehrsamkeit in priesterlichen und prophetischen Diskursen Festschrift für Reinhard Achenbach zum 65. Geburtstag
Herausgegeben von Lars Maskow und Jonathan Robker unter Mitarbeit von Annemarie Bruhn
Harrassowitz Verlag
© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11853-8 - ISBN E-Book: 978-3-447-39284-6
Beihefte zur Zeitschrift für Altorientalische und Biblische Rechtsgeschichte (BZAR) Herausgegeben von Eckart Otto, Dominik Markl und Guido Pfeifer Band 27
2022
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11853-8 - ISBN E-Book: 978-3-447-39284-6
Kritische Schriftgelehrsamkeit in priesterlichen und prophetischen Diskursen Festschrift für Reinhard Achenbach zum 65. Geburtstag Herausgegeben von Lars Maskow und Jonathan Robker unter Mitarbeit von Annemarie Bruhn
2022
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11853-8 - ISBN E-Book: 978-3-447-39284-6
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de/ abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at https://www.dnb.de/.
Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter https://www.harrassowitz-verlag.de © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2022 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Memminger MedienCentrum AG Printed in Germany ISSN 1439-619X ISBN 978-3-447-11853-8 eISSN 2749-9278 eISBN 978-3-447-39284-6
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Inhalt Vorwort .............................................................................................................................. IX JONATHAN MILES ROBKER The Geography of Genesis 15 Locating a Biblical Tradition Spatially and Diachronically ................................................. 1 CHRISTOPH BERNER Etsi Ismaël non daretur: Zur Redaktionsgeschichte der Ismaelbezüge in Gen 17 und ihren Implikationen für die Entwicklung von Gen 16 und 21 ........................................................................... 13 JAKOB WÖHRLE Von Generation zu Generation Zum Bund in den priesterlichen und spätpriesterlichen Texten des Pentateuch ............... 25 CHRISTOPH LEVIN Jakobs Kampf am Jabbok (Genesis 32,23–33) ................................................................. 47 JOEL S. BADEN The Death of Isaac ............................................................................................................ 59 KYUNGGOO MIN Genesis als Ur-Exodus .....................................................................................................
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RUTH EBACH Von brennenden Büschen und Bergen Die Szenerie der Moseberufung (Ex 3,1–6) und die Horebschilderungen des Deuteronomiums (Dtn 4; 5; 9) als kompositionelle Ankerpunkte..............................
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LARS MASKOW Putative Kinship between High Priest and King The Marriage of Aaron and Elisheba (Exodus 6:23) and Its Hierocratic Implications.......................................................................................... 87 MARTIN LEUENBERGER Die Exodus-Erzählung in Ex 14 Prosaische Meerwunder-Traditionen ................................................................................ 105 KONRAD SCHMID Auf dem Weg zum Gottesrecht: Die Theologisierung des Bundesbuches (Ex 20,22–23,33) .............................................. 119 BRUCE WELLS Social Cohesion and Sexual Boundaries in Leviticus....................................................... 139
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Inhalt
ECKART OTTO Die nachexilische Prophetentheorie im Abschluss der Sinai-Offenbarung in Lev 26 und im Abschluss des Pentateuchs in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums in Dtn 28–31 ......................................................... 151 CHRISTIAN FREVEL Vom Déjà-vu zum Tête-à-Tête? Anmerkungen zum Verhältnis von Numeri und Chronik ................................................. 163 JEAN LOUIS SKA Numbers 14:23 in the LXX: A Hebrew Vorlage or a Greek Creative Work? ................................................................ 185 OLIVIER ARTUS The Specificity of Numbers 26–36 ................................................................................... 201 REINHARD G. KRATZ The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17 ................................................ 213 ANSELM C. HAGEDORN Deuteronomy 23:25–26 in Eastern Mediterranean Legal Context ................................... 247 REETTAKAISA SOFIA SALO Gott erkennen nach Deuteronomium 29 ........................................................................... 263 RAINER ALBERTZ Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31–34) Zur Rekonstruktion der nicht-priesterlichen Pentateuchredaktion ................................... 273 REINHARD MÜLLER The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13): Synchronic Observations, Diachronic Considerations ..................................................... 289 KATHARINA PYSCHNY Formen der Partizipation in der Kultgemeinde Zu den sogenannten Kultteilnehmerlisten im Deuteronomium ........................................ 305 DANY NOCQUET The Divine Victory of Gibeon and Deliverance of the Gibeonites Josh 10:1–15 Reconsidered .............................................................................................. 321 J. CORNELIS DE VOS Caleb and the Redaction History of Joshua 14–19: Some Thoughts ................................ 335 RAIK HECKL Die Landnahmekonzeptionen des Josua- und Richterbuches im Licht der Pentateuchüberlieferung: Eine überlieferungskritische Skizze .................................. 353 SOPHIE RAMOND Contrasting Mentions of Zion in Asaph Psalms ............................................................... 363 CHRISTOPHE NIHAN The High Priest in the Septuagint: A Reexamination ....................................................... 375
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Inhalt
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DOMINIK MARKL Die „Nation“ in der Bibel Kosellecks Begriffsgeschichte und biblische Übersetzungsgeschichte ............................ 405 ODED LIPSCHITS Vom despektierlichen Schimpfwort zum Ausdruck stolzen Elitebewusstseins in den „Diaspora-Novellen“ über Abraham, Joseph und Moses: ( ִﬠ ְב ִריʿibrî, Hebräer) in diachroner Perspektive ................................................................ 417 LUTZ DOERING Creation, Sabbath, and Calendar in the Book of Jubilees ................................................. 425 DIETER VIEWEGER / KATJA SOENNECKEN / JENNIFER ZIMNI Das Ende eines Mythos Der Südwesten Jerusalems im archäologisch-theologischen Diskurs .............................. 437 YOSEF GARFINKEL Khirbet Qeiyafa Ostracon – A Prophetic Text? ................................................................ 451 HANS NEUMANN Zu einigen Aspekten des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. ..................................... 459 REGINA GRUNDMANN Vom Talmud Bavli zum Talmud Batli – Talmudparodien als Fortschreibung rabbinischer Tradition und Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen..................................................... 475 SABINE JOY IHBEN-BAHL Von Transformationen Königsherrschaft, Priestertum und Prophetie nach Jes 61 in reformierter Auslegung als Perspektive für gemeindliche Aufbrüche .................................................. 487 PATRICK BAHL „Dixit Dominus“ Profil und Diffusionen lutherischer Psalmenhermeneutik ausgehend von auslegungsgeschichtlichen Beobachtungen zu Psalm 110 ............................................... 503 Stellenregister .................................................................................................................. 521 Autorenregister ................................................................................................................ 541
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© Brigitte Heeke, Exzellenzcluster „Religion und Politik“
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Vorwort Die vorliegende Festschrift versammelt 35 Aufsätze in deutscher und englischer Sprache, mit denen die Autorinnen und Autoren Reinhard Achenbach zu seinem 65. Geburtstag gratulieren. Auch wenn das Erreichen dieser Altersmarke für den Jubilar selbst nicht zur Grenze für Forschung und Lehre wird, er der Vorgabe für den levitischen Dienstaustritt ohnehin seit Jahren trotzt (vgl. Num 8,23–26), nehmen wir sie nur zu gern zum Anlass, seine Forschung und Lehre zu würdigen. Das ŒuvreReinhard Achenbachs kreist von Beginn an um drei Themenkreise. Zuvorderst widmet er sich der Entstehung des Pentateuchs. Dass die Wiege der kritischen PentateuchForschung nicht nur in den Büchern Genesis und Exodus, sondern auch im Deuteronomium liegt, ist eine signifikante Grundannahme der Achenbachschen Epistomologie. Auch die Entdeckung der sog. Theokratischen Bearbeitungen bleibt fortwährend mit der Forschung Reinhard Achenbachs verbunden. Reinhard Achenbach wirkt mit seiner Forschung integrativ. Er ist Sprecher des Zentrums für Geschichte und Kulturen des östlichen Mittelmeerraums der WWU Münster (GKM) und engagiert sich im interdisziplinären Austausch der Altertumswissenschaften. Dabei setzt er sich auch für die Integration der akademischen Theologie und der kirchlichen Ausbildung ein. Ebenso ist er ein Förderer der interkulturellen Theologie. Er hat nach eigenen Aufenthalten in Namibia und Indonesien auch Studierende und Doktoranden aus Afrika und Asien betreut und Fragen der kontextuellen Bibelauslegung in seine akademischen Veranstaltungen beständig integriert. Auch hat er das wissenschaftliche indonesische Standardlexikon für biblisches Hebräisch verfasst: Kamus Ibrani-Indonesia Perjanjian Lama. Durch seine Arbeit im Exzellenzcluster für Religion und Politik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist für Achenbach insbesondere die Frage der literarischen bzw. redaktionellen Reziprozität und Komplementarität von Tora und Corpus Propheticum entscheidend geworden. Die kritischen, bisweilen auch antagonistischen redaktionellen Prozesse sind Gegenstand seiner jüngsten Forschungen, Veröffentlichungen und Lehrveranstaltungen. Der Titel der Festschrift verweist deshalb auf dieses Kernanliegen und zugleich auch die zukünftigen Forschungsvorhaben Reinhard Achenbachs. Wir danken allen Autorinnen und Autoren für Ihre Beiträge sowie den Reihenherausgebern der BZAR für die Aufnahme der Festschrift in ihre Reihe. Für die exzellente Betreuung während der Fertigstellung des Manuskripts danken wir dem Harrassowitz Verlag, besonders Frau Henrike Höffeler. Ein herzlicher Dank gebührt daneben Frau stud. theol. Annemarie Bruhn, die die Herstellung der Druckvorlagen und Register auch nach ihrem Wechsel von der WWU Münster an die Universität Leipzig gewissenhaft begleitet hat. Münster/Lengerich, an Christi Himmelfahrt 2022
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Lars Maskow Jonathan Robker
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The Geography of Genesis 15 Locating a Biblical Tradition Spatially and Diachronically Jonathan Miles Robker
Genesis 15 presents probably one of the most difficult texts in the book to evaluate diachronically. From early source-critical evaluations to contemporary redaction-historical models, scholars have never reached anything close to a consensus in determining how this piece fits into its narrative surroundings and what its diachronic background might be.1 This essay will consider potentially relevant geographical information from the narrative context of Genesis 15, as well as implications within the text in order to suggest a new historical context and tradition-historical background for this text. The study will commend both the composite nature of this chapter and identify links to other material in Genesis that commend a late dating for at least some of these elements.
Literary-Critical Issues in Genesis 15 A number of literary-critically relevant matters plague the evaluation of this chapter. In some ways, a minor consensus has developed around the observation that – essentially – this chapter contains two initially unrelated compositional elements or layers:2 vv. 1–6 focus on the promise of offspring, while vv. 7–21 reflect on the promise of the land for Abram and/or his progeny.3 Attempts to divide this material in this fashion into sources have failed to convince.
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Providing a history of research on this chapter or a survey of every proposed model would serve no purpose. Some exemplars covering the history of research and the breadth of diachronic models appear below. One outlier appears to be Joel Baden, who apparently regards Gen 15 as the opening of an E document, though he does not unequivocally state as much. See his evidence in Joel Baden, The Composition of the Pentateuch: Renewing the Documentary Hypothesis (New Haven; London: Yale University Press, 2012), 278 n. 104. Other subscribers to some postulated E document seem less convinced that Gen 15 belonged to it; cf., e.g., Axel Graupner, Der Elohist: Gegenwart und Wirksamkeit des transzendenten Gottes in der Geschichte, WMANT 97 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2002), 182–187 and Tzemah L. Yoreh, The First Book of God, BZAW 402 (Berlin: De Gruyter, 2010), the latter of whom never mentions Gen 15, as far as I can see. Another outlier appears in Matthias Köckert, “Gen 15: Vom ‘Urgestein’ der Väterüberlieferung Zum ‘Theologischen Programmtext’ der Späten Perserzeit,” ZAW 125 (2013): 25– 48, who regards the text as a unity. As will become apparent below, I disagree with this assessment. This position goes back to at least Julius Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments, Third ed. (Berlin: Georg Reimer, 1899), 21. Cf. the discussion on the history of research up to about 1980 in Claus Westermann, Genesis Kapitel 12,1–21,7, vol. 1.2.1 of Genesis (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2003), 253–255. This data can be augmented with the material noted in Jean-Louis Ska, “Some Groundwork on Genesis 15,” in The Exegesis of the Pentateuch:
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Jonathan M. Robker
Redaction-critical attempts also fail to commend a plausible resolution.4 Thus, a diachronic evaluation based on current trends in the diachronic study of the Hebrew Bible remains outstanding. A renewed literary-critical evaluation presents the best place to begin any attempt to resolve this conundrum. The chapter’s opening in 15:1 could follow essentially any text in Genesis after Abram’s introduction as a character: ( אחר הדברים האלה15:1aα) provides precisely zero information about its context and awakens the impression that it could be an editorial gloss inserted to append this text into its current context.5 The next phrase – that YHWH appeared to Abram in a dream (1aβγ) – remains divorced from a specific narrative context, though it does somewhat rewrite Abram’s status thus far with a prophetic vernacular.6 Yet, the vision’s content provides some potential background information on its preceding context. While the command to “fear not” (1bα) could be indicate of a number of possible contexts, any vision in which a deity identifies itself as someone’s shield (1bβ) makes the most sense in a belligerent context. That is, why should a deity present itself as a “shield” ( )מגןwhen the person this shield should serve has remained free from aggression?7 Thus, this element of the vision awakens the impression of a military context for this story, and the only such context still known for a legend about Abram is that currently found in Genesis 14. This observation implies that this phrase connects to chapter 14, whether compositionally or as part of a Fortschreibung (contextual supplementary expansion).8 Strengthening this observation is also the wordplay between מגןin 15:1 and מגןin 14:20.9 On the other hand, the promise of a “great wages” (15:1bγ) does not necessarily fit into a military context.10 Rather, this phrase suggests compensation for some action, whether past or future – though which remains initially unsaid. It also remains unclear what these wages
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Exegetical Studies and Basic Questions, ed. Jean-Louis Ska (Tübingen: Mohr Siebeck, 2009), 67 n. 2 and the discussion in Köckert, “Gen 15,” 25–27 For an evaluation of this chapter as a composite of two Deuteronomic pieces, cf. Moshe Anbar, “Genesis 15: A Conflation of Two Deuteronomic Narratives,” JBL 101 (1982): 39–55. For problems with such a Deuteronomic identification, cf. Ska, “Some Groundwork,” 72–75 and the literature cited there. Cf., e.g., the superficial attempt by Reinhard G. Kratz, Die Komposition der Erzählenden Bücher des Alten Testaments (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 163–164, who identifies Genesis 15 as a later interpolation, without regarding the individual elements of the composite chapter. Cf., e.g., Westermann, Genesis Kapitel 12,1–21,7, 257. Cf. Ska, “Some Groundwork,” 69–70 and the literature cited there. Contra Westermann, Genesis Kapitel 12,1–21,7, 258–259 The considerations of Martin Kessler, “The ‘Shield’ of Abraham?” VT IOSOT (2013): 32–35 (originally published as Martin Kessler, “The ‘Shield’ of Abraham?” VT 14 [1964]: 494–497), to repoint the text, while interesting are moot. The LXX clearly speaks against his understanding, since it obviously understood the attested root as “shield,” albeit in a different form. There is no need to change the term to mean “give,” as Kessler proposed. Rather, YHWH is affirming that he was Abram’s shield in the preceding violent scenario recounted in ch. 14. Alternatively, it could have been copied from some context that we no longer possess or know. To best secure the results, it is better to argue with the data that we do have than that which we don’t have. For that reason, I will continue under the presumption that the reference is to ch. 14, unless something precludes that assumption. Only then would I endeavor to postulate a narrative context since lost to us. Cf. the contribution of Gary A. Rendsburg, “Notes on Gen XV,” VT 42 (1992): 266–272, here 266–268, who regards this is a “Janus parallelism.” Cf. Otto Kaiser, “Traditionsgeschichtliche Untersuchung von Genesis 15,” ZAW 70 (1958): 107–126, here 115, who regards this as a reference to “booty.” However, this would present the only usage of the term in this way.
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The Geography of Genesis 15
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might be. One possibility is the land as mentioned in v. 7, but this estimation presumes the unity of the chapter more than it demonstrates it.11 To these two comments (shield and wages) Abram reacts twice, once in v. 2 and again in v. 3,12 noting that he is childless and without an appropriate heir. Presumably someone has edited these verses in order to arrive at this currently overloaded phrasing. Since YHWH has promised “wages” ()שׂכר, Abram’s opening remark (v. 2aαβ) makes good sense: “what will you give me?” The logical continuation of this conversation – particularly from a terminological standpoint – leaps over v. 2b and lands in v. 3aβγ: “to me you have given no seed.”13 From this question and the subsequent statement proceeds Abram’s following observation: “a son of my house will inherit from me.” These comments in 3aβγ essentially repeat the information currently found in 2b. Yet, while 2b links to ch. 14, 3aβγ remains devoid of terminology obliquely referencing ch. 14. The reference to Damascus in 2b commends a connection between 15:2b and 14:15, and the reference to “Eliezer” in 15:2b could intimate a cipher for the “318” men mentioned in 14:14.14 Removing these phrases as contextually oriented editorial glosses makes the best sense. They intervene in the text and awaken an impression of being alien interpolations, seeking to embed the chapter better from a narratological standpoint. Taken together, then, these observations commend the following literary-critical reconstruction of Gen 15:1–3: These verses consist of an episode about YHWH appearing to Abram in a vision and promising him a reward, to which Abram respond that he has no offspring. Abram essentially questions the usefulness of a great reward when he doesn’t even have a child. This basic episode consisted of 15:1aβγbγ, 2aαβ, and 3aβγb. Interwoven with this story are elements that connect back to ch. 14, specifically 1bβ and 2b. The status of 1aαbα, 2aγ, and 3aα is unclear. These elements could either belong to the base layer of the visions or to the layer that connects back to ch. 14. From this point, the next few verses make a more uniform impression, continue the preceding, and deal with the question of what Abram’s wages will be – namely more children than there are stars in the sky. The reward will not be the one missing child Abram mentioned, but a countless number of progeny. Verse 15:4a looks back to the “son of his house” who should inherit from him, picking up from v. 3b; verse 4b addresses the matter of Abram’s childlessness as mentioned in v. 3aβγ. This latter connection echoes again in v. 5 with its reference to Abram’s “seed” ( )זרעas in 3aγ. Now both Abram and the reader know what YHWH will give him (cf. v. 2aαβ). Verse 6 then explicates why Abram receives wages: “he believed YHWH and he reckoned it for him as righteousness.” He believes and receives his
——————————— 11 Contra Köckert, “Gen 15,” 29. As far as I see it, this never refers to land otherwise in Hebrew or any other language; cf. the attestations in HALOT. 12 Cf., e.g., Gerhard von Rad, Das erste Buch Mose, ATD 2–4 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1981), 154 or Westermann, Genesis Kapitel 12,1–21,7, 259: “es sind Dubletten.” 13 These observations contravene the argumentation of Christoph Levin, “Jahwe und Abraham im Dialog,” in Gott und Mensch im Dialog. Festschrift für Otto Kaiser zum 80. Geburtstag, ed. Markus Witte (Berlin: De Gruyter, 2004), 237–257; cf. the arguments against Levin in Köckert, “Gen 15,” 33. 14 Cf. Gen. Rab. 43:2. For other Rabbinic (and Patristic) interpretations of Gen 15, cf. Günther Stemberger, “Genesis 15 in Rabbinic and Patristic Interpretation,” in The Exegetical Encounter Between Jews and Christians in Late Antiquity, ed. Emmanouela Grypeou and Helen Spurling (Leiden: Brill, 2009), 143– 162.
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Jonathan M. Robker
wages: (the promise of) progeny. With this, we find a ready conclusion for the anecdote in vv. 1–6* in its original form, i.e., before the addition of contextually embedding elements relevant to chapter 14, especially 15:1bβ and 2b. Yet, the status of 1aαbα, 2aγ, and 3aα still remains unclear. Verse 7 does not present an obvious continuation of the preceding verses.15 The theme changes drastically. Abram’s offspring no longer presents the topic of conversation; rather, it is Abram himself and what he will inherit.16 Verses 7 and 8 both deal with this theme, demonstrating that they were not originally conceived as part of the preceding material in vv. 1–6*. Verse 8 with its expressed doubt also stands in tension with the faith expressed in v. 6.17 The topic of Abram’s children only arises again a few verses later, in vv. 13–14 and 16. These verses are in turn interrupted by a brief interlude contrasting Abram’s progeny with Abram’s own destiny in v. 15. The vv. 13–16 seemingly intertwine and contrast two topics: what Abram will inherit and what his offspring will inherit. That is, these verses – at first glance – apparently thematically stitch together vv. 1–6* and 7–8. The material between vv. 7–8 on the one hand and vv. 13–16 on the other presents a curious, even inconsistent response to Abram’s query in v. 8. Verses 9–11, with their demand for sacrifice, do not represent a logical or obvious continuation of vv. 7–8, though they could – theoretically – continue vv. 1–6*. Verse 12 appears essentially as a duplicate in v. 17, even with a virtual Wiederaufnahme (resumptive repetition) of 12aα in 17aα. This rough duplication frames vv. 13–16, again awakening the impression that they represent an interpolation. That is, vv. 9–11 could continue in v. 17, with v. 12 serving to introduce the interlude in vv. 13–16. Then v. 18 covers what Abram’s progeny will inherit. That is, it does not connect back to vv. 7–8, which focus on Abram. Narratologically, vv. 17–18bβ therefore pick up where v. 11 ended, even looking back to the sacrificed animals last mentioned in v. 11. The extensive description of the promised territory’s breadth in v. 18bγδ–21 could theoretically present the original continuation of the opening of v. 18, but make more of an impression that they are a later expansion that offers essentially duplicate (vv. 19–21) or even triplicate (v. 18bγδ) information to v. 18bβ. With these observations, a clearer literary-critical image of this chapter comes into view. Three topics define this chapter: Abram’s progeny, Abram’s possession, Abram’s progeny’s possession. In their core, the first six verses deal with the question of Abram’s progeny. This
——————————— 15 Contra, e.g., Jan Christian Gertz, “Abraham, Mose und der Exodus. Beobachtungen zur Redaktionsgeschichte von Gen 15,” in Abschied Vom Jahwisten, ed. Jan Christian Gertz, Konrad Schmid, and Markus Witte (Berlin: De Gruyter, 2002), 63–82, here 69–70 and his precursor Norbert Lohfink, Die Landverheißung als Eid, SBS 28 (Stuttgart: Verl. Kath. Bibelwerk, 1968), 45–46. 16 This distinction is one of the keys to why the uniformity of the text commended by Köckert, “Gen 15” cannot hold up. This chapter contains two different promises about who first owns the land promised: Abram or his progeny. That is a marked contrast: while it might be exciting for heirs to earn your wages, you would probably prefer to have them yourself first, particularly if you are living in a subsistence economy. When read in a context containing Gen 25, it could also make a marked difference about who has claim to the land. If Abram possessed the land, then other progeny might also makes claims to it. Initial possession of the land by a later generation would necessarily remove some potential claimants from the land – i.e., groups stemming from Abram but not from the line that actually possessed the land. 17 This tension was apparent even to commentators in Antiquity; cf. Stemberger, “Genesis 15 in Rabbinic and Patristic Interpretation,” 149–157.
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first topic is discussed after the sun had already set.18 Verses 9–11 and 17–18(* or 21) describe a ritual after the sun has set that concluded a pact between YHWH and Abram. This pact secured the land where Abram stood as an inheritance for Abram’s progeny – not for Abram himself. This land’s extent is described in terms of the peoples living there in vv. 19– 21, likely a later expansion of the preceding material.19 More or less interweaving these two topics is the contrast between what Abram will inherit and the fate of his offspring. The third theme connects and intertwines the other two. This appears in vv. 7–8 and 13–16. YHWH answers Abram’s question from v. 8 in v. 13 (keyword: )ידע. Abram will know that he will inherit the land because he will die there at a ripe old age. That is, Abram already possesses the land. His progeny return to the land given to him – not to them. That leaves v. 12, some of which serves as an editorial bridge between the pieces. The opening phrase (12aα) anticipates v. 17 and is likely editorial, placing this sequence around sunset. The rest of the verse places Abram in a deep sleep so that the revelation of the future in vv. 13–16 takes on a dream-like character. This contrasts with vv. 17–18, in which Abram’s covenant with YHWH takes place while he is awake. Why else would it matter that the sun had gone and that it was dark? The text seems to want to suggest that Abram can see the fire and the smoke without being able to see the deity. Thus it is possible to discern three cores of material in this chapter that are only loosely related initially. The first core consists of vv.1–6* and described the promise of Abram’s progeny. Verses 7–8 + 12aβb–16 contain the second core and describe Abram’s assurance of possessing the land himself. The third core describes a ritual and a covenant guaranteeing the land for Abram’s progeny in vv. 9–11 + 17–18(*). The first six verses attest editorial material in at least 15:1bβ and 2b, but perhaps also in 1aαbα, 2aγ, and 3aα. Generally, these additions serve to embed the reported dialogue in a context after ch. 14. The second core likely only attests an editorial interpolation in 12aα, which adapts a chronological element from v. 17. The third core likely had the whole of vv. 19–21 appended to it, but perhaps also 18bγδ. Dividing the material this way and based on the observations presented above, it becomes clear that this chapter was not conceived of as a unit. It seems likely as well that some elements are contextual Fortschreibungen and that much of the material possesses a fragmented or fragmentary character. Of particular note is the paucity of contextual clues for the time and place of any of the material here. Other than 15:1–6*, neither of the other reconstructed anecdotes has a clear beginning, though each of them could conclude the described interaction. Narratologically, Abram must be a known figure without children or perhaps even a
——————————— 18 Though I find the humor supposed by Scott B. Noegel, “A Crux and a Taunt: Night-Time Then Sunset in Genesis 15,” in The World of Genesis: Persons, Places, Perspectives, ed. Philip R. Davies and David J.A. Clines (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1998), 128–135 to be quite attractive, it fails to convince. While one could argue that the author intended the statement of “if you are able” to be humorous since it occurred during the day, this overlooks the verse’s conclusion and main thrust. If no stars were visible (and the author certainly did not regard the sun as a star, as we do), the promise at the end of v. 6 would consist of Abram having zero children. As the stars, so his progeny. Ergo, no stars would imply no progeny. 19 Cf., e.g., Gertz, “Abraham, Mose und der Exodus,” 70. If the observations of Rendsburg, “Notes on Gen XV,” 268–270 are accurate, that – namely – the reference Amorites in the seventh position in the list should emphasize them in the context of 14:7, 13; and 15:16, the addition of these verses could have occurred together with the incorporation of the allusions to ch. 14 in vv. 1–3*.
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family. (Nothing is said, n.b., about his wife or nephew either.) The promise of a huge number of progeny awakens impressions of the expansive exodus group as described in Exodus and Numbers. By looking to the period of 400 years under domination, vv. 13–16 apparently look to the time of the Israelites residing in Egypt, though other interpretations are also conceivable (Persian or Hellenistic domination, for example). Nonetheless, the chapter otherwise stands in an apparent geographical vacuum, though some clues, and one wordplay in particular, may aid in determining how the piece of this narrative puzzle relate to their context.
Genesis 15 in a Geographical Context: Abram’s Itinerary Viewing this chapter in its context – even as a unit or in its final state – naturally raises the question of where this took place. Two factors lead to this line of inquiry. On the one hand, the preceding chapters name a number of traditionally loaded (and some less important) biblical locales and place Abram there in one context or another. More substantially and immanent to Genesis 15 is the question of what land precisely Abram (v. 7) or his progeny (v. 18) should inherit. Where were these promises made? Might that impact our understanding of the text, its diachrony, and its tradition-historical background(s)? To answer those questions, we must first decide: Where is Abram at the end of chapter 14? Where was he before that? And what does he do at each location? Might that shed some light on how we should understand ch. 15 and its tradition-historical background? To answer these questions, we first turn to Abram’s itinerary thus far in Genesis. Following the various notes in Gen 11–14, it is possible to trace the character Abram’s travels. He moves with his family from Ur of the Chaldeans to Haran (11:31). From there, Abram sets out and enters “the land of Canaan” with his family (12:6). Having entered the land of Canaan, Abram (his family is not mentioned) continued on until he reached Shechem (12:7). The next stage of his journey took him to Bethel (12:8), before he continued on to the Negev (12:8). The economic situation in the Negev supposedly forced him to move to Egypt with his wife (12:10–11) and – apparently – Lot, who only appears as an afterthought (13:1). From Egypt, the itinerary reverses and brings Abram back to Bethel (13:3). Lot, having departed to seek his fortune elsewhere, left Abram alone in the land of Canaan (13:12). Abram then moved to Hebron. From this point, the narrative makes another huge geographic departure. When Abram finally appears in ch. 14, he is apparently still at the terebinths of Mamre – i.e., in Hebron (14:13). With the rest of his people, he pursues his enemies all the way to Dan, marching belligerently across essentially the whole of the promised land. From Dan, Abram and his forces push his enemies back “as far as Hobah, which is north of Damascus” (13:15). After this huge military adventure, he “returned” ( )שׁובsomewhere, though no previously mentioned location is named. Rather, he encounters the king of Sodom in the Valley of the King, which is also called Shaveh (14:17). As far as I see, this location is curious and uncertain. Only 2 Sam 18:18 otherwise mentions this place in the Bible, but there it appears to be near Mahanaim (2 Sam 17:24) – i.e., in Transjordan. Based on the rest of Abram’s itinerary, this seems unusual, but there may be a certain logic to it (see below). At any rate, this is the last place mentioned as Abram’s “address” before the events of ch. 15, suggesting that on a
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synchronic level, the Valley of the King near Mahanaim presents the place where ch. 15 took place. Since this identification is unclear and since he also receives a visit from the king of Salem – likely Jerusalem – his precise location remains somewhat mysterious. Perhaps it is worth noting that this itinerary, particularly that in Gen 11–12 reflects on ch. 15 in some interesting ways. Most especially, one cannot overlook the fact that in Gen 11–12 Abram travels the precise length of the land described in Gen 15:18bγδ, albeit in reverse. He travels from Haran north of the Euphrates to Egypt in Gen 11–12 and the land his offspring will possess in Gen 15:18bγδ will consist of everything from Egypt to the Euphrates. That hardly seems accidental. At the same time, Abram has lived in a foreign land, but has returned to the land where he will live and die (cf. Gen 15:15). His progeny will live abroad again – presumably in Egypt, as intimated in the description in Gen 15:13–14 + 16. Again, one notes interesting parallels here between Abram’s travel in Gen 11–12 and his future and that of his family in Gen 15. At the same time, Abram’s religious undertakings and what happens to him at each location on his journey merits consideration. Shechem is apparently affiliated with an important tree, “the terebinth of Moreh.” At this stage in his journey, Abram receives a revelation and the promise of the land for his offspring. In reaction, at Shechem, Abram builds a religious installation – an altar. At the next location, Bethel, he builds an altar and calls on the name of YHWH. At neither of these locations is it stated that he actually sacrificed anything, nor that the deity responded to either his building or invocation. Only later at Bethel is there any interaction with a deity (see below). The Negev serves only as an area for him to transgress on his way to and from Egypt. In Egypt, the Genesis account does not record Abram exercising any religious praxis. After returning from Egypt, the text reiterates Abram’s connection to Bethel and notes his separation from Lot. Then Abram receives the promise of the land for himself and his offspring at Bethel, as well as the promise of a multitude of offspring. From Bethel, he should walk across the land’s length and breadth in order to receive it himself. Apparently, the first stage in this consists of his going to Hebron, where he built an altar, this time again without any apparent divine interaction. At least none is mentioned in the immediate context. That is conspicuous in light of what happens at the other two locations. Also conspicuous is the apparent affiliation of special trees with the location Hebron, the terebinths of Mamre. At none of the locations mentioned in ch. 14 does Abram build an altar or engage in worship. So, in his travelling through Canaan, Abram builds altars in three locations: Shechem, Bethel, and Hebron. At Shechem Abram receives a vision before building his altar. The vision’s contents remain unexplained, and the circumstances of this episode leave the impression that it is unfinished or has been truncated. At Bethel, Abram builds his altar and then receives an audition – at least in the longer version preserved in ch. 13. At Hebron, Abram builds an altar independently of any divine vision or audition. When viewed together in this way, it seems likely that something is missing from the narrative at Hebron and probably from the narrative at Shechem as well. Nothing from ch. 14 fits the anticipated interaction with the deity at either Shechem or Hebron based on the Bethel episode. That means either any such material has gone missing or ch. 15 presents the best opportunity to find the continuation of these episodes. Combining the preceding results of the literary-critical analysis of Genesis 15 with these observations about Abram’s itinerary provides a fruitful opportunity to develop a new understanding of the diachrony of Genesis 12–15.
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Geography and Diachrony: Locating the Narrative Strands in Genesis 15 It is appropriate to repeat the results of the literary-critical survey at this point. Genesis 15 addresses three topics in a tangled fashion in its composite text. The first topic concerns what Abram will receive from YHWH: progeny. The vv. 1–6* (other than the editorial material incorporating these verses into their current context; see above and below) report on this. These verses can be read together as a consistent episode, an episode that initially did not logically proceed from the currently preceding material. In other words, it is not of one piece with ch. 14 nor does it present a logical Fortschreibung of that story. That means that it presumably stemmed from an older context that either stands elsewhere or has been lost. I prefer the former, as will become apparent below. Abram’s possession of the land consists of the second topic in the chapter. Verses 7–8 and 12–16* address this topic and note that Abram possesses the land where he stands and will die in his old age. His progeny will leave this land and return to it after a long time, but the land already belongs to Abram. His progeny will not be the first to receive it. This anecdote presents neither a logical progression from 15:1–6*, nor from ch. 14. Its exposition should be sought elsewhere, as well. The third topic covers the covenant that YHWH made with Abram regarding his progeny’s possession of the land. It appears in Gen 15:9–11 and 17–21*. This material is distinct from the first and second topics discussed in ch. 15 and is not a logical Fortschreibung of that material nor of ch. 14. In other words, it also stems from an older context which now stands disconnected and elsewhere or has been lost. In this case as well, I prefer the former option. Other than these three topical fragments, the text contains a number of editorial insertions and/or glosses. The additions in 1aα, 1bα, 2aγb, and 3aα embed 15:1–6* in a context behind ch. 14.Verse 12aα conjoins these pieces and – more or less effectively – bridges the logical and narrative gaps in the new whole. Other elements, like either the dating in v. 13 or the one in v. 16, could represent editorial expansions.20 The circumscription of the promised land in v. 18bγδ could represent an explanatory insertion. The same is true of the following verses, though the origin of vv. 19–21 is unclear. Since these verses do not readily attach to any other piece of this story, that suggests that – if they were not originally part of 9–11 + 17–18 – they were a contextual Fortschreibung of that material. This expansion most likely happened with the inclusion of this material after ch. 14 based on the list’s emphasis on the Amorites (cf. 14:13) and the Jebusites (i.e., the inhabitants of Jerusalem; cf. 14:18).21 With that, it becomes clearer that the editorial material in this chapter serves to connect these topics better with each other (15:12aα), with their immediate context (1aα, 1bα, 2aγb, 3aα, and 19–21), with a somewhat larger narrative context (18bγδ), and with a much larger context (13* or 16*). When considered this way, Gen 15 divides into three pieces, at least two of which apparently stand devoid of their initial context, and some elements that combine these pieces (v. 12), expound on one or more of them (vv. 19–21), or include one or both of them in their
——————————— 20 The 400 years of Gen 15:13 likely anticipates Exod 12:41. The four generations likely reflects Exod 6:16–20. However, as the dating in Exod 6 demonstrates, there may have been some cross-contamination in these traditions. These dating issues were already a known problem in Antiquity; cf. Stemberger, “Genesis 15 in Rabbinic and Patristic Interpretation,” 144–149. 21 For this final argument, cf. Rendsburg, “Notes on Gen XV,” 268–270.
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current context (vv. 1–3*). The pieces in vv. 1–6*, vv. 7–8 + 12–16*, and vv. 9–11 + 17–18 thus represent three cores in this chapter that may have belonged somewhere else in an earlier iteration. Two questions thus remain: Can the material that belonged together with each piece still be found in Genesis? And how does one explain the redaction history of the chapter in its entirety? Considering the geographical discussion above can more readily answer the first of these questions. For reasons of space, the second question will only be generally answered without every specific change being explained. To this end, we will begin with the fragment in 15:7–8 + 12–16*. Content provides some clues to context. The best example of this appears in v. 15: Abram will die at an old age and be buried. This statement obviously encourages the question of where and when this might happen. The biblical answer appears in Gen 25, in which Abram – now known as Abraham, of course – dies and is buried. The terminology in 15:15 finds echoes in 25:8, suggesting that 25:8 looks back on 15:15. That would make the statements in 15:7–8 + 12–16* most logical in a geographical context consistent with 25:8. I.e., this fragment in Gen 15 makes the most sense in Hebron.22 The land that is given in v. 7 is Hebron, where Abram will eventually be buried. That makes the land his. Likely this tradition was divorced from the other tradition that Abraham bought the burial plot in Hebron (Gen 23 = P). Bearing this in mind, this fragment’s likely “misplaced” exposition probably currently stands in Gen 13:18 – Abram arrives in Hebron.23 When combined together, Gen 13:18; 15:7–8, 12–16* read as a logical and consistent whole, describing an episode in which Abram arrived at Hebron, built an altar, and received a divine revelation. In this way, it parallels the story of Abram at Bethel recounted in 13:3–4*, 14–17*. It could have been part of a longer contiguous story or have been composed as a contextual Fortschreibung. I’ll leave this question open for the moment. Based on its current context, it appears likely that 14:1–15:6* was inserted in the midst of this Abram tradition at Hebron. This insertion could have been undertaken in stages, with the most likely being the insertion of the anecdote that provided the base of 15:1–6* without ch. 14 and the material connecting those pieces. The base of 15:1–6* reads like an independent episode that was incorporated into a larger whole. It is perfectly understandable divorced from its context, but does accentuate the revelatory promise of land by obliquely intimating that the land grant will extend beyond Abram. This proposed insertion then provided the promise of progeny before the promise of the land, but still seems to have made it part of the revelation at Hebron. The insertion of ch. 14 necessitated the addition of 15:1–3* into the beginning of ch. 15, essentially a recomposition of the conversation between YHWH and Abram interpolating obliquely referential fragments from the story in ch. 14. This insertion likely occurred prior to the combination of the final fragment into ch. 15. Further evidence may support that observation, as well (see below). That leaves the final fragment of ch. 15 in vv. 9–11 + 17–18. Here, the evidence is perhaps even more precious than in the first example. To my mind, there is one hint that Shechem
——————————— 22 Cf. already the original location of Gen 15 at Mamre suggested by Alfred Jepsen, “Überlieferungsgeschichte der Vätergestalten,” WZ 3 (1953): 277. 23 Cf. the suggestion by Levin, “Jahwe und Abraham im Dialog” that Gen 15* connected to Gen 13*. Levin correctly identified some of the connective tissue of these two passages, but overlooked others. The Hebron anecdote in Gen 13* + Gen 15* parallels – and does not complete – the Bethel episode in Gen 13*. Cf. also the critique of Levin in Köckert, “Gen 15,” 32–34.
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is the intended location of this strand of ch. 15. Verse 17 attests a hapax legomenon for the word “pieces”: הגזרים. (The LXX Vorlage may also have attested this term in v. 11; the Greek term used in 15:17 for הגזריםand in 15:11 LXX, διχοτόμημα, otherwise only ever serves as a translation of נתח.)24 This unusual term clearly awakens aural associations with Gerizim, one of the mountains overlooking Shechem. This implicit connection could commend attaching the relevant piece of narrative from Genesis 15 with the location last mentioned in Gen 12:6. That is the only other text in the Abram–Abraham cycle that mentions Shechem. The mention of Shechem in Gen 12:6 stands out in Abram’s itinerary for another reason as well. Abram’s journey in ch. 13 mirrors the journey that he undertook in ch. 12. In Gen 12 Abram travels south via Shechem to the region around Bethel before continuing farther south to the Negev and on into Egypt. Then, in Gen 13, he returns from Egypt to the Negev and back to Bethel. Chapter 13 lacks one location on this inverted journey, however: Shechem. On his way back north, Abram does not go as far as Shechem, staying instead in Bethel. That makes Shechem suspicious in ch. 12. In terms of narrative structure, Shechem stands out against Bethel and the reconstructed Hebron episode. As in the episodes at Bethel in Gen 12:8 and Hebron in Gen 13:18 in their current contexts, Abram built an altar but undertook no other action. The recounting of the Bethel episode in 13:14–17*, however, suggests that it was likely that these episodes initially reported more, just as I have suggested for Gen 13:18 and its combination with Gen 15:7–8, 12–16*. The leftover piece of Genesis 15, namely 15:9–10, 17–18*, makes a perfect conclusion for this episode. These considerations all open a new interpretive approach to the redaction history of Gen 12–15 with regard to the localization of these events in Abram’s life. Three locations play substantive religious roles in this narrative, with others only appearing on the periphery. The most important places are Shechem, Bethel, and Hebron. Only at these locations does Abram engage in cultic construction: At each site he builds an altar. However, each altar’s role in the relationship between Abram and YHWH displays distinct tendencies in this reconstruction. At Shechem, Abram builds the altar apparently in response to YHWH’s revelation to him. At Bethel, Abram builds the altar and calls on YHWH’s name, which then apparently elicited a promise of land from YHWH for Abram and his progeny. At Hebron, Abram builds an altar, but does not even need to call on YHWH in order to elicit a response. That is, there is a logical theological development between the interactions of Abram and the deity in Bethel and in Hebron, but Shechem appears as an outsider. At both Bethel and Hebron the construction of an altar appears to be the element that led to divine–human interaction. The interaction at Hebron could be construed as the expansion of YHWH’s relationship with Abram in that YHWH now reacts without Abram first invoking the deity. That makes sense. Yet YHWH’s revelation at Shechem tends to fly in the face of this progression, particularly assuming the
——————————— 24 Contra, e.g., Wolfram von Soden, “Abraham treibt Geier zurück: Was soll Gen 15,11 besagen?” in Bibel und Alter Orient: Altorientalische Beiträge Zum Alten Testament, ed. Wolfram von Soden and HansPeter Müller (Berlin: De Gruyter, 1985), 231–218, here 214, who regards the plus in LXX as a gloss without further explication, and Abraham Tal, בראשׁית. Genesis, BHQ 1 (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2015), 35, who regards LXX as a conflation with v. 17. The lack of this term in the Smr textual tradition in v. 11 (cf. Stefan Schorch, Genesis, The Samaritan Pentateuch. A Critical Editio Maior 1 [Berlin: De Gruyter, 2021], 92) need not be detrimental to this thesis. The shorter reading there and in MT likely resulted from parablepsis stemming from the almost identical הפגריםand הגזרים.
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current order of the locations is original. Rather, at Shechem YHWH initiates the interaction and Abram reacts to it in this reconstruction. That presents a different theological nuance to the common understanding presented at the interactions in Bethel and Hebron. That in turn suggests that Shechem is a foreign body, a later interpolation in its context. First YHWH appears to Abram at Shechem, to which Abram responds by building an altar. The construction of this altar, in the reconstruction offered above, leads to YHWH interacting with Abram, who sacrifices as part of a covenant ritual with YHWH. This would imply that Abram’s first sacrifice took place at Shechem in this anecdote. The reason for the division of this text is then obvious. By truncating and separating this reconstructed episode at Shechem, later editors were able to solve some issues. They removed any particularly positive reflection on Shechem and, therefore, Gerizim. Abram’s offering was thus simultaneously moved from this important northern cultic site of the Persian period to a more anonymous location – apparently somewhere in Transjordan, in its current context, as the oblique reference to Mahanaim with “the Valley of Shaveh” in Gen 14:17 commends. This rather unclear localization has the added benefit of Abram essentially offering the animals outside of Cisjordan and, therefore, likely without breaching the Deuteronomic/Deuteronomistic tenet of centralization in Deut 12. Yet, the story was apparently worth including, perhaps as some kind of compromise between developing religious streams in Palestine in the Persian period, although its deconstruction could also evince negative attitudes toward this tradition. It could be integrated, but only if adapted.25 But that demands appreciating how it came to be in this context. The answer to this is obvious: The geographical logic of ch. 12 commends the insertion of the altar building at Shechem on the way from Haran to Bethel before Abram continued on farther to the south. Since Shechem lays between Haran and Bethel, it was only logical to add it here. The alternative option would have been to place it after Abram’s return to Bethel in ch. 13. But that would have required inserting it between Bethel and Hebron, which would make even less sense geographically than the current return to Bethel from the Negev before continuing on to Hebron. Therefore, the only real option was to introduce Shechem at the point where it stands in ch. 12. At the same time, it became commendable to divide the story of Shechem into different pieces, moving the majority of the story to ch. 15 and thus subsuming it within a distinct geographical and narratological context. Theological reasoning likely motivated this transposition. If the preceding reconstruction is correct and Gen 15:9–11 + 17–18 originally followed Gen 12:7 and took place at Shechem, this older version of material at Shechem would have included Abram’s receiving a vision at Shechem, building an altar there, and being instructed to sacrifice there before entering a covenant arrangement with YHWH that features a wordplay on Gerizim. It seems quite unlikely that anyone working in or collaborating with
——————————— 25 Reconstructing the insertion and adaptation of this text in this manner would fit well with models that commend the composition of a Hexateuch document during this period. Cf., especially, Reinhard Achenbach, “Die Integration der heiligen Orte der Provinz Samaria in das Narrativ des Hexateuch,” in Yahwistic Diversity and the Hebrew Bible. Tracing Perspectives of Group Identity from Judah, Samaria, and the Diaspora in Biblical Traditions, ed. Benedikt Hensel, Dany Nocquet, and Bartosz Adamczewski; (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 47–78.
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scribes in Jerusalem any time from the fifth century onward would have been able to insert such a piece into the Torah intact. Separating the story into pieces, at 12:6–7 and 15:9–11 + 17–18, allowed a likely Samaritan tradition to find its way into the Torah, albeit in a manner that precluded its explicit identification of Shechem/Gerizim as the location of Abram’s first sacrifice to YHWH. Additionally, incorporating it as suggested here builds a stronger bridge between the two other themes presumably already extent in the developing text of Gen 15. By including YHWH’s promise to give the land to Abram’s offspring, the themes of progeny and of land were better melded in a more consistent whole in Gen 15.
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Etsi Ismaël non daretur: Zur Redaktionsgeschichte der Ismaelbezüge in Gen 17 und ihren Implikationen für die Entwicklung von Gen 16 und 21 Christoph Berner Das Aufbrechen der statischen Quellenscheidung zugunsten differenzierterer Redaktionsmodelle zählt zu den zentralen Errungenschaften der jüngeren Pentateuchkritik europäischer Prägung. Reinhard Achenbach hat sich in diesem Prozess besondere Verdienste erworben, indem er maßgeblich zur Klärung der komplexen Literargeschichte der priesterlichen Texte einerseits und ihrer redaktionsgeschichtlichen Verflechtungen mit dem nichtpriesterlichen Textbestand andererseits beigetragen hat.1 Die folgenden Ausführungen zur Entwicklung der Ismaeltexte in Gen 16; 17; 21 wollen einen kleinen Beitrag in dieselbe Richtung liefern.2
1. Ismael in Gen 17 Die Erzählung vom Bundesschluss in Gen 17 gehört zu den unverzichtbaren priesterlichen Schlüsseltexten, soviel ist ungeachtet aller Umbrüche innerhalb der Pentateuchkritik nach wie vor Konsens. Geht man indes ins Detail und fragt, welche konkreten Teile von Gen 17 denn für die älteste priesterliche Komposition (P1)3 zu veranschlagen seien, so scheiden sich schnell die Geister. Während einige den Text als substanzielle literarische Einheit betrachten,4 sehen andere zumindest die Passagen, die dem Gebot der Beschneidung und seiner Ausführung gewidmet sind (Gen 17,9–14.23–37), als spätere Zusätze.5 Die Argumente, 1 2
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An dieser Stelle sei nur auf seine wegweisende Studie zum Numeribuch verwiesen: Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003). Ausdrücklich verwiesen sei auf die neuesten Entwürfe zur Genese des Abrahamzyklus von Reinhard Achenbach und Reinhard G. Kratz in Von Textbeobachtungen zu Entstehungsmodellen in der Pentateuchkritik: Untersuchungen zu Gen 20–22, ed. Reinhard Müller und Kirsten Schäfers, FAT (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), die bei der Fertigstellung dieses Beitrages allerdings noch nicht vorlagen und daher keine Berücksichtigung finden konnten. Anstelle des verbreiteten Siglums PG verwende ich das neutralere P1 zur Bezeichnung des ältesten Bestandes des priesterlichen Textes. Vgl. etwa Benjamin Ziemer, Abram – Abraham: Kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Genesis 14, 15 und 17, BZAW 350 (Berlin; New York: de Gruyter, 2005), 374–376; Joachim Krause, Die Bedingungen des Bundes: Studien zur konditionalen Struktur alttestamentlicher Bundesgefüge, FAT 140 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 61–81. Vgl. u.a. Klaus Grünwaldt, Exil und Identität: Beschneidung, Passa und Sabbat in der Priesterschrift, BBB 85 (Frankfurt a.M.: Hain, 1992); Jakob Wöhrle, Fremdlinge im eigenen Land: Zur Entstehung und
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die hierfür in Anschlag gebracht werden, sind ungeachtet aller Einwände nach wie vor stichhaltig. Für die hier verfolgte Fragestellung bedeutet dies, dass mit Gen 17,23–27 auch die Erwähnungen Ismaels im Zusammenhang der Beschneidung für den ältesten priesterlichen Textbestand ausfallen. Abgesehen von Gen 17,23–27 kommt Ismael im Kontext des Kapitels nur noch in 17,15– 22 in den Blick. Obwohl die Verse zahlreiche Redundanzen und Auffälligkeiten aufweisen, wird hier gern auf eine literarkritische Analyse verzichtet, oft verbunden mit dem Hinweis, dass eine gewisse Redundanz eine Stileigentümlichkeit des priesterlichen Verfassers sei. Nun gibt es allerdings vergleichbare Redundanzen zuhauf in nichtpriesterlichen Textzusammenhängen, wo man in der Regel weitaus weniger Federlesens macht, den Befund literarkritisch zu erklären. Ist die vermeintliche Stileigentümlichkeit der priesterlichen Literatur am Ende womöglich nur das Resultat einer halbherzigen diachronen Analyse? Nach meinem Dafürhalten spricht jedenfalls nichts dagegen, auch innerhalb der priesterlichen Literatur dieselben literarkritischen Kriterien anzulegen wie andernorts. In Gen 17,15–22 hat dies weitreichende Folgen für die literargeschichtliche Beurteilung der Ismaelbezüge. Ein erster Reflex auf Ismael findet sich in Gen 17,16aβ. Auf die Ankündigung JHWHs, Sara zu segnen, folgt hier die Zusage, er werde Abraham „auch von ihr“ einen Sohn geben. Es ist also vorausgesetzt, dass Abraham bereits einen Sohn hat, allerdings nicht von Sara. Dabei kann nur an Ismael, den Sohn der Hagar, gedacht sein. Die betreffende Aussage in 17,16aβ steht indes unter dem Verdacht, nachträglich ergänzt worden zu sein.6 Hierauf deutet bereits die abrupte Einleitung mit וגםhin, welche die Sequenz der Waw-Perfekta in 17,16aαb unterbricht, vor allem aber die sinngemäße Wiederholung des Segens aus 17,16aα (וברכתי )אתהzu Beginn von 17,16b ()וברכתיה. Wie in anderen vergleichbaren Fällen handelt es sich um eine literarische Wiederaufnahme, die nötig wurde, um von der nachträglich ergänzten Bezugnahme auf Ismael (17,16aβ) zum älteren Folgekontext überzuleiten.7 Ursprünglich folgte dagegen auf den Zuspruch des Segens in 17,16aα ( )וברכתי אתהdirekt die Mehrungszusage in 17,16bα* ()והיתה לגוים. ת־שׁ ָ ֖מהּ ָשׂ ָ ֑רי ִ ֥כּי ָשׂ ָ ֖רה ְשׁ ָ ֽמהּ׃ ְ א־ת ְק ָ ֥רא ֶא ִ ֹ ל־א ְב ָר ָ֔הם ָשׂ ַ ֣רי ִא ְשׁ ְתּ ֔ ל ַ ים ֶא ֙ אמר ֱא ִה ֶ ֹ וַ ֤יּ15 וּב ַר ְכ ִ ֣תּי א ָֹ֔תהּ ֵ 16 יה ָ֙ וּב ַר ְכ ִ֙תּ ֽ ֵ וְ גַ֙ ם נָ ַ ֧ת ִתּי ִמ ֶ ֛מּנָּ ה לְ ֖ ֵ ֑בּן גוֹים ַמלְ ֵ ֥כי ַﬠ ִ ֖מּים ִמ ֶ ֥מּנָּ ה יִ ְהיֽ וּ׃ ִ֔ וְ ָ ֽהיְ ָ ֣תה ְל Während Ismael in Gen 17,16aβ nur implizit in den Blick kommt, entfallen auf den sich in 17,17–21 anschließenden Dialog gleich zwei namentliche Erwähnungen. Bei kritischer
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Integration der priesterlichen Passagen der Vätergeschichte, FRLANT 246 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 45–50; Joseph Blenkinsopp, „The ‚Covenant of Circumcision‘ (Gen 17) in the Context of the Abraham Cycle (Gen 11:27–25:11),“ in The Post-Priestly Pentateuch: New Perspectives on its Redactional Development and Theological Profiles, ed. Federico Giuntoli und Konrad Schmid, FAT 101 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015), 145–156, 148–153. Vgl. Peter Weimar, „Gen 17 und die priesterschriftliche Abrahamgeschichte,“ ZAW 100 (1988): 22–60, 31–32. Spätere Tradenten haben die Dopplung vermieden und die zweite Segensaussage (SP) bzw. den gesamten zweiten Versteil auf Ismael bezogen (LXX). MT bewahrt demgegenüber die ursprünglichere lectio difficilior.
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Betrachtung zeigt sich indes schnell, dass der Redegang recht ungelenk gefügt ist.8 Während Abraham in 17,17 zunächst ungläubig lacht und daraufhin in Gedanken seine Zweifel an der verheißenen Nachkommenschaft artikuliert, wendet er sich in 17,18 direkt an Gott und bringt völlig unvermittelt seine Sorge um Ismael zum Ausdruck.9 Beide Reden stehen also nicht nur unverbunden nebeneinander, sondern liegen zudem auf unterschiedlichen Kommunikationsebenen. Gott antwortet Abraham in 17,19, übergeht dabei aber zunächst völlig die Sorge um Ismael, die Abraham direkt zuvor ausgesprochen hatte. Vielmehr adressiert er offen die Zweifel Abrahams, die dieser in 17,17 in seinem Herzen bewegt hatte, und tritt ihnen durch die Ankündigung der Geburt Isaaks entgegen. Erst in 17,20–21, angeschlossen durch einen invertierten Verbalsatz, kommt Gott auf die Sorge Abrahams um Ismael zu sprechen, dem er ebenfalls Segen und Mehrung in Aussicht stellt, um dann aber abschließend unter Rückgriff auf das bereits in 17,19 Gesagte noch einmal einzuschärfen, dass der Bund allein Isaak gelte. Bereits die genannten strukturellen Eigentümlichkeiten legen den Schluss nahe, dass all jene Partien des Gesprächsgangs, die die Person Ismaels ansprechen, d.h. 17,18.20–21, nachträglich ergänzt wurden.10 Hierfür spricht zuletzt auch, dass nur in 17,18 die Gottesbezeichnung ( האלהיםmit Artikel) verwendet wird, die für P in Gen 17 und darüber hinaus untypisch ist und viel eher an die „E“-Texte im Folgekontext erinnert (Gen 20,6.17; 22,1.3.9). ת־תּ ְשׁ ִ ֥ﬠים ָשׁ ָנ֖ה ֵתּ ֵ ֽלד׃ ִ ם־שׂ ָ ֔רה ֲה ַב ָ ה־שׁנָ ֙ה יִ וָּ ֔ ֵלד וְ ִ֙א ָ אמר ְבּ ִל ֗בּוֹ ַה ְלּ ֶ ֤בן ֵמ ָ ֽא ֶ ֹ ל־פּ ָנ֖יו וַ יִּ ְצ ָ ֑חק וַ ֣יּ ָ וַ יִּ ֧ ֹפּל ַא ְב ָר ָ ֛הם ַﬠ17 ל־ה ֱא ִ ֑הים ל֥ וּ יִ ְשׁ ָמ ֵ ֖ﬠאל יִ ְחיֶ ֥ה ְל ָפ ֶנֽי ֽ ָ אמר ַא ְב ָר ָ ֖הם ֶא ֶ ֹ ֥יּ18 יתי ִא ֛תּוֹ ִל ְב ִ ֥רית ֥ ִ ת־בּ ִר ְ ת־שׁ ֖מוֹ יִ ְצ ָ ֑חק וַ ֲה ִקמ ִֹ֙תי ֶא ְ את ֶא ָ אמר ֱא ִ֗הים ֲא ָבל֙ ָשׂ ָ ֣רה ִא ְשׁ ְתּ ֗ י ֶֹל ֶ֤דת ְל ֙ ֵ֔בּן וְ ָק ָ ֥ר ֶ ֹ וַ ֣יּ19 עוֹל֖ם ְלזַ ְר ֥ﬠוֹ ַא ֲח ָ ֽריו׃ ָ 2 0 אד ֹ ֣ יתי א ֹ֖תוֹ ִבּ ְמ ֥ ִ יתי א ֹ֛תוֹ וְ ִה ְר ֵבּ ֥ ִ וּֽ ְליִ ְשׁ ָמ ֵﬠא ֮ל ְשׁ ַמ ְﬠ ִתּי ֒ ִה ֵנּ֣ה׀ ֵבּ ַ ֣ר ְכ ִתּי א ֹ֗תוֹ וְ ִה ְפ ֵר יתי ָא ִ ֣ קים ֶאת־יִ ְצ ָ ֑חק ֖ ִ ת־בּ ִר ְ וְ ֶא21יוֹליד וּנְ ַת ִ ֖תּיו ְלג֥ וֹי גָּ ֽדוֹל׃ ִ ֔ יא ֙ם ִ ים־ﬠ ָ ֤שׂר נְ ִשׂ ָ ֵאד ְשׁנ ֹ ֑ ְמ מּוֹﬠד ַה ֶ֔זּה ַבּ ָשּׁ ָנ֖ה ָה ַא ֶ ֽח ֶרת׃ ֣ ֵ ֲא ֶשׁר֩ ֵתּ ֵ ֙לד ְל ֤ ָשׂ ָר ֙ה ַל וַ יְ ַ ֖כל לְ ַד ֵ ֣בּר ִא ֑תּוֹ וַ ַיּ ַ֣ﬠל ֱא ִ֔הים ֵמ ַ ֖ﬠל ַא ְב ָר ָ ֽהם׃22 Die literarkritische Analyse von Gen 17,17–21 bestätigt damit das Bild, das bereits in 17,16 gewonnen wurde. Sämtliche Ismaelbezüge des Kapitels sind diesem erst nachträglich zugewachsen.11 In seinem ältesten Bestand scheint der Text hingegen noch nichts von der Existenz Ismaels zu wissen, sondern vorauszusetzen, dass Abram und Sarai nach wie vor kinderlos sind. Hierauf deutet im Übrigen schon die ungläubige Reaktion Abrahams in 17,17 hin, dessen Zweifel an der Zeugungskraft eines Hundertjährigen wohl doch etwas überraschen müssten, wäre er gemäß 16,15f. mit 86 Jahren zum Vater Ismaels geworden. Von alldem ist 8 Zu Gen 17,17–21 vgl. auch die literarkritische Analyse von Weimar, „Gen 17,“ 32–34, mit im Detail abweichenden Ergebnissen. 9 Dabei impliziert die Sorge um Ismael ein plötzliches Zutrauen in die Sohnesverheißung, von dem in Gen 17,17 nichts erkennbar ist. 10 Das אבלin Gen 17,19 ist daher ursprünglich nicht konzessiv („aber“), sondern bekräftigend zu verstehen („fürwahr“, so auch die Wiedergabe in der LXX mit ναί); vgl. Gen 42,21; 2 Kön 4,14. 11 Anders etwa Reinhard G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments: Grundwissen der Bibelkritik (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 239–42, nach dessen Ansicht die über Ismael laufende genealogische Nebenlinie bereits im ältesten Bestand des priesterlichen Textes eine tragende Bedeutung hat. Der literarkritische Befund in Gen 17 steht dieser Annahme indes deutlich entgegen.
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in Gen 17 auch in erzählerischer Hinsicht nichts zu erkennen, womit sich notgedrungen die Frage nach der literargeschichtlichen Einordnung der parallel gestalteten Geburtsnotizen Ismaels und Isaaks stellt (16,15; 21,2–3), die traditionell gerne für P veranschlagt werden. Nach der Analyse von Gen 17 ist diese Einschätzung zumindest in Teilen zu revidieren.12
2. Die parallel gestalteten Geburtsnotizen in Gen 16,15; 21,2–3 Die Notizen zur Geburt der beiden Abrahamsöhne Ismael (Gen 16,15) und Isaak (21,2–3) sind auffällig parallel gestaltet, was die Annahme einer literarischen Abhängigkeit wahrscheinlich macht.13 Gleichzeitig gilt es zu berücksichtigen, dass die beiden Passagen nicht in allen Details exakt übereinstimmen.14 Signifikant ist hierbei vor allem die Apposition הנולד לוin 21,3, die in 16,15b ohne Parallele ist. ה־לּוֹ ָשׂ ָ ֖רה יִ ְצ ָ ֽחק׃ ֥ ֲא ֶשׁר־יָ ְל ָד ֲא ֶשׁר־יָ ְל ָ ֥דה ָה ָג֖ר יִ ְשׁ ָמ ֵ ֽﬠאל׃
ַהנּֽ וֹלַ ד־ל֛ וֹ
ם־בּנ֧ וֹ ְ ת־שׁ ֶ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָר ָ֜הם ֶ ֽא ם־בּנ֛ וֹ ְ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָ ֧רם ֶשׁ
21,3 16,15b
Im Unterschied zu Gen 16,15 erzeugt die direkte Abfolge der unspezifischen Apposition הנולד לוund des deutlich spezifischeren Relativsatzes אשר ילדה לו שרהin 21,3b eine erklärungsbedürftige Redundanz, die auf literarisches Wachstum hindeutet. Dabei spricht tendenzkritisch alles dafür, den Relativsatz als nachträgliche Präzisierung der Apposition zu verstehen. Dass hingegen die Apposition später ergänzt wurde, lässt sich kaum plausibel machen, da sie in ihrem Informationsgehalt hinter den Relativsatz zurückfällt und eine solche Ergänzung mithin durch nichts motiviert wäre. Handelt es sich aber bei dem Relativsatz in 21,3 um ein sekundäres Element, so wirft dies auch ein anderes Licht auf das Verhältnis des Verses zu seiner Parallele in 16,15. Entgegen der verbreiteten Annahme gemeinsamer Verfasserschaft drängt sich der Eindruck auf, dass die beiden Geburtsnotizen kaum auf derselben Ebene liegen. Vielmehr hat es den Anschein, dass die Geburtsnotiz Isaaks erst nachträglich durch die Ergänzung des Relativsatzes in 21,3 an die Geburtsnotiz Ismaels aus 16,15 angeglichen wurde. Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dies, dass die Existenz Ismaels in 12 Auch die mit dem Erwerb der Grablege (Gen 23) zusammenhängenden Erwähnungen Ismaels in der Erzählung von der Bestattung Abrahams (25,9–10) fallen nach der überzeugenden Analyse von Christoph Levin, „Abraham erwirbt seine Grablege (Genesis 23),“ in „Gerechtigkeit und Recht zu üben“ (Gen 18,19): Festschrift für Eckart Otto zum 65. Geburtstag, ed. Reinhard Achenbach und Martin Arneth, BZAR 13 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), 96–113, 108, für den ältesten Bestand des priesterlichen Textes aus. Nichts anderes gilt schließlich auch für die Ismaelitergenealogie in 25,12-18, die von Achenbach, Vollendung, 441, als Bearbeitung in zeitlicher Nähe zu Num 31 eingeordnet wird. Zur traditionellen Veranschlagung der genannten Texte für den ältesten priesterlichen Bestand vgl. zuletzt etwa Wöhrle, Fremdlinge, 68. 13 In der Regel werden die beiden Notizen für denselben Verfasser veranschlagt, sei es für P (so die Mehrheitsmeinung, vgl. etwa Kratz, Komposition, 241; Reinhard Achenbach, „The Post-Priestly Elohîm-Theology in the Book of Genesis,“ in Ein Freund des Wortes: Festschrift Udo Rüterswörden, ed. Sebastian Grätz et al. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019), 1–21, 16), sei es für einen vorpriesterlichen Kompositor (Wöhrle, Fremdlinge, 54–58) oder gar eine vorjahwistische Quelle (Christoph Levin, Der Jahwist, FRLANT 157 [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993], 149.172). 14 Zu den kleineren Abweichungen zählt das in Gen 16,15b MT/SP fehlende ;לוdurch das in 16,15b LXX bezeugte αὐτῷ wird der Text nachträglich an die Parallele in 21,3 angeglichen.
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21,3* zunächst wahrscheinlich überhaupt nicht vorausgesetzt war. Die in Gen 16 etablierte genealogische Nebenlinie (Ismael) ist eine sekundäre Ergänzung der über Isaak laufenden Hauptlinie (Gen 21). Dabei speist sich die Geburtsnotiz Ismaels (16,15) aus 21,3* (Isaak), um dann nachträglich über den Relativsatz in 21,3 eingeholt zu werden. ה־לּוֹ ָשׂ ָ ֖רה יִ ְצ ָ ֽחק׃ ֛ ַם־בּנ֧ וֹ ַהנּֽ וֹל ְ ת־שׁ ֶ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָר ָ֜הם ֶ ֽא21,3 ֥ ד־לוֹ ֲא ֶשׁר־יָ לְ ָד
ם־בּנ֛ וֹ ֲא ֶשׁר־יָ ְל ָ ֥דה ָה ָג֖ר יִ ְשׁ ָמ ֵ ֽﬠאל׃ ְ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָ ֧רם ֶשׁ16,15b Je nach redaktionsgeschichtlicher Einordnung von Gen 21,3* ergeben sich hieraus unterschiedliche Implikationen auf Modellebene. Veranschlagt man den Vers als Bestandteil einer erweiterten Geburtsnotiz für die älteste priesterliche Darstellung (Minimalbestand in 21,1b.2a*.3* P1), was nach wie vor am wahrscheinlichsten scheint,15 so würde sich hier zunächst der Befund aus Gen 17 bestätigen: Ismael spielte in P1 ursprünglich keine Rolle und wurde erst redaktionell in die Darstellung integriert. Da die Geburtsnotiz Ismaels 16,15 auf der Grundlage von 21,1–3* gebildet wurde, wäre konsequenterweise die Einführung Ismaels mitsamt aller hier begründeten erzählerischen Nebenlinien auf einer nach-P1-Ebene zu verorten. Aufgrund der gewichtigen Implikationen dieses Modells empfiehlt sich ein näherer Blick in die Geburtsgeschichte Ismaels in Gen 16, die ihrerseits eine komplizierte Wachstumsgeschichte durchlaufen hat.
3. Die Geburt Ismaels (Gen 16) Dass die Erzählung in Gen 16 literarisch nicht aus einem Guss ist, kann als nahezu unstrittig gelten. Während die Exposition in 16,1–4a stringent auf die Schwangerschaft Hagars als Leihmutter zuläuft, setzt mit dem Konflikt zwischen Sarai und Hagar in 16,4b ein Erzählfaden ein, in dem sich die schwangere Magd schließlich zur Flucht in die Wüste getrieben sieht, wo ihr ein Engel JHWHs begegnet. Der betreffende Erzählfaden lässt sich bis 16,14 verfolgen und weist zahlreiche Redundanzen und sachliche Spannungen auf, die dafür sprechen, dass innerhalb von 16,4b–14 mit beträchtlicher redaktioneller Nacharbeit zu rechnen ist. Wie auch immer man aber den ältesten Text rekonstruiert, es gelingt kein glatter Übergang zur Geburt und Benamung Ismaels in 16,15, die als Ziel der Erzählung unverzichtbar sind.16 Will man daher nicht mit einem weggebrochenen Ende rechnen, das nachträglich durch 16,15 15 Zur Diskussion der entstehungsgeschichtlichen Optionen der erweiterten Geburtsnotiz Gen 21,1–7 vgl. jüngst Christoph Berner und Christian Frevel, „Literarische Sollbruchstellen in Gen 20–22: Diskussion des Befundes [Gen 21,1–7],“ in Von Textbeobachtungen zu Entstehungsmodellen in der Pentateuchkritik: Untersuchungen zu Gen 20–22, ed. Reinhard Müller und Kirsten M. Schäfers, FAT (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021). 16 Gegen Erhard Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1984), 315–20; Ernst A. Knauf, Ismael: Untersuchungen zur Geschichte Palästinas und Nordarabiens im 1. Jahrtausend v.Chr., ADPV (Wiesbaden: Harrassowitz, 1985), 25–35, die den Erzählabschluss in V. 15(–16) als sekundäre Erweiterung einer Kernerzählung ansehen, die dann allerdings nicht als in sich geschlossen gelten kann.
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ersetzt wurde, legt es sich nahe, den gesamten Mittelteil als (in sich gewachsenen) Zusatz zu einer Grunderzählung zu fassen, in der den Gesetzmäßigkeiten der Gattung folgend auf die Schwangerschaft Hagars (16,4a) direkt die Geburt und Benamung Ismaels folgte (16,15).17 Innerhalb der Exposition wird man dabei auch 16,3 als Zusatz anzusprechen haben, der eine neue eherechtliche Komponente einbringt (Hagar als Abrams Frau).18 Ursprünglich wurde der Vorschlag Saras (16,2a) von Abram ohne Umschweife befolgt (16,2b.4a). Der rekonstruierte Grundbestand der Geburtserzählung Ismaels (Gen 16,1–2.4a.15) ist als sinnvolle und geschlossene Texteinheit lesbar, die sich in ihrem zweiten Teil strukturell deutlich an der Vorlage der erweiterten Geburtsnotiz Issaks (21,1–3*) orientiert. Für das inhaltliche Profil des Textes entscheidend ist indes das Kopfstück 16,1–2, über das die Geburt Ismaels als Kontrastparallele zur Geburt Isaaks aufgebaut wird.
֩ וַ ַתּ ַהר2a הו֛ה ְל ָשׂ ָ ֖רה ַכּ ֲא ֶ ֥שׁר ִדּ ֵ ֽבּר׃ ָ ְ וַ יַּ ַ֧ﬠשׂ יGen 21,b
וְ ָשׂ ַר֙י ֵ ֣א ֶשׁת ַא ְב ָ ֔רם ֥ל ֹא יָ לְ ָ ֖דה ל֑ וֹ וְ ָל֛הּGen 16,1 אמר ָשׂ ַ ֜רי ֶאל־ ֶ ֹ וַ ֙תּ2 וּשׁ ָ ֥מהּ ָה ָ ֽגר׃ ְ ִשׁ ְפ ָ ֥חה ִמ ְצ ִ ֖רית ה־נא ֲﬠ ָצ ַ ֤רנִ י יְ הוָ ֙ה ִמ ֔ ֶלּ ֶדת בּ ֹא־נָ ֙א ֶאל־ ָ֞ ֵַא ְב ָ ֗רם ִהנּ אוּלי ִא ָבּ ֶנ֖ה ִמ ֶ ֑מּנָּ ה ֥ ַ ִשׁ ְפ ָח ִ֔תי 4 a ל־ה ָג֖ר וַ ַ ֑תּ ַהר ָ וַ יִּ ְשׁ ַ ֥מע ַא ְב ָ ֖רם לְ ֥קוֹל ָשׂ ָ ֽרי׃ וַ יָּ ֥ב ֹא ֶא
[וַ ֵ֙תּ ֶלד ָשׂ ָ ֧רה ְל ַא ְב ָר ָ ֛הם ֵ ֖בּן ]לִ זְ ֻק ָנ֑יו ד־לוֹ יִ ְצ ָ ֽחק׃ ֛ וֹל ַ ֽם־בּנ֧ וֹ ַהנּ ְ ת־שׁ ֶ *וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָר ָ֜הם ֶ ֽא3
וַ ֵ ֧תּ ֶלד ָה ָג֛ר ְל ַא ְב ָ ֖רם ֵ ֑בּן15 ם־בּנ֛ וֹ ֲא ֶשׁר־יָ לְ ָ ֥דה ָה ָג֖ר יִ ְשׁ ָמ ֵ ֽﬠאל׃ ְ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָ ֧רם ֶשׁ
Während in Gen 21,1b Sara selbst entsprechend der göttlichen Verheißung durch JHWHs Handeln schwanger wird, ergreift sie in 16,1–2 eigenmächtig die Initiative und ersinnt den Plan, ihre Magd als Leihmutter einzusetzen. Dass ein solches Vorgehen durchaus üblich und in der Sache prinzipiell nicht zu beanstanden war, zeigt die Parallele in Gen 30,1–8, wo sich die unfruchtbare Rahel in der nämlichen Weise über ihre Magd Bilha Nachkommen verschafft.19 In Gen 16 scheinen die Dinge indes anders zu liegen. Dass der Erzähler in 16,2b eigens betont, Abram habe auf die Stimme Sarais gehört – die Formulierung evoziert den an Adam gerichteten Vorwurf aus Gen 3,17 („weil du auf die Stimme deiner Frau gehört hast…“)! –, verrät eine kritische Distanz gegenüber dem Vorhaben, das offenbar nicht gutgeheißen wird.20 Dies bestätigt auch der Blick auf die jüngere Seitenparallele in 21,12, wo Saras Plan, Hagar und Ismael zu vertreiben, von JHWH eigens abgesegnet werden muss („in allem, was Sara dir sagt, höre auf ihre Stimme“). Was Saras Vorhaben in Gen 16 kritikwürdig macht, dürfte allerdings nicht allein ihre Eigeninitiative, sondern auch der konkrete Plan sein, die Erfüllung der Nachkommenver17 Ebenso etwa Levin, Jahwist, 149; Achenbach, „Elohîm-Theology,“ 16. 18 Da eine entsprechende Konstellation in Gen 16,4b–9 nicht vorausgesetzt ist – Hagar gilt hier nach wie vor als Sarais Magd! –, dürfte 16,3* jünger sein als die Flucht Hagars in die Wüste. Die Datierung in 16,3aβγ dürfte dabei allerdings nochmals später ergänzt worden sein. 19 Zu den Parallelen zwischen beiden Texten vgl. Gen 30,3 (ם־אנ ִ ֹ֖כי ִמ ֶ ֽמּנָּ ה ָ ַל־בּ ְר ַ֔כּי וְ ִא ָבּ ֶנ֥ה ג ִ ֑יה וְ ֵת ֵל ֙ד ַﬠ ָ ) ֣בּ ֹא ֵא ֶלmit 16,2 (אוּלי ִא ָבּ ֶנ֖ה ִמ ֶ ֑מּנָּ ה ֥ ַ ל־שׁ ְפ ָח ִ֔תי ִ )בֹּא־נָ ֙א ֶאund 30,4b–5 (֖יה יַ ֲﬠ ֽקֹב וַ ַ ֣תּ ַהר ִבּ ְל ָ֔הה וַ ֵ ֥תּ ֶלד ְליַ ֲﬠ ֖קֹב ֵ ֽבּן׃ ָ )וַ יָּ ֥ב ֹא ֵא ֶלmit 16,4a.15a (ל־ה ָג֖ר וַ ַ ֑תּ ַהר וַ ֵ ֧תּ ֶלד ָה ָג֛ר ְל ַא ְב ָ ֖רם ֵ ֑בּן ָ )וַ יָּ ֥ב ֹא ֶא. In 30,4a (ת־בּ ְל ָ ֥הה ִשׁ ְפ ָח ָ ֖תהּ ְל ִא ָ ֑שּׁה ִ ן־לוֹ ֶא ֛ )וַ ִתּ ֶתּkönnte ein von 16,3 inspirierter Nachtrag vorliegen. 20 Ähnlich auch Achenbach, „Elohîm-Theology,“ 16: „Sarah’s given reason for the measure questions the divine promise of Gen 15:4–5 and leads the the faithful Abraham (15:6!) into temptation: עצרני יהוה מלדת – ‚Yhwh has restrained me from bearing!‘“
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heißung mithilfe einer ägyptischen Magd ( )שפחה מצריתzu erzwingen. Über die Herkunft Hagars besteht ein Rückbezug zur Preisgabeerzählung aus 12,10–20, wo in 12,16 unter all den Gaben, die Abram vom Pharao erhält, ausdrücklich auch Mägde ( )שפחותerwähnt werden.21 Mit der Einführung Hagars in 16,1 greift der Verfasser diesen Erzählzug auf und entwickelt gleichzeitig die in 12,10–20 angelegte theologische Problemkonstellation weiter: War es dort Abram, der mit der gewagten Preisgabe Sarais und ihrer Überantwortung an den pharaonischen Harem ein Eindringen der nachmaligen Unterdrückernation in die Genealogie der Erzväter riskierte, so beschreitet hier Sarai den umgekehrten Weg, indem sie eine Ägypterin als Leihmutter auswählt. Wie der Fortgang der Handlung zeigt, ist dieser Vorstoß aber nicht im Sinne der göttlichen Verheißung, welche sich allein in Isaak, dem leiblichen Nachkommen Abrahams und Saras, erfüllt. Die Funktion der nachträglich ergänzten Geburtsgeschichte Ismaels (Gen 16,1–2.4a.15) erschöpft sich also nicht darin, den Abrahamzyklus an die prägenden Erzählkonstellationen des nachfolgenden Jakobzyklus anzugleichen, indem dort beheimatete Schlüsselmotive – die Bevorzugung des jüngeren gegenüber dem älteren Sohn (Gen 25,19–34; 27) / die Magd als Leihmutter (Gen 30) – auf Abrahams Familie übertragen werden.22 Vielmehr geht dieser narrative Ausgleich innerhalb der wachsenden Großkomposition der Vätererzählung mit einer theologischen Standortbestimmung einher, die am Beispiel Hagars und Ismaels die Möglichkeit einer nicht-endogamen Erfüllung der göttlichen Mehrungsverheißung zurückweist. Dass Ismael nicht der Verheißungsträger ist, liegt zwar auf der Hand, wird aber weder in Gen 16* noch im nichtpriesterlichen Nahkontext (Gen 18) explizit gemacht, wo die in Kap. 16 geschilderten Ereignisse überhaupt keinen Niederschlag finden. Genau genommen bietet einzig die priesterliche Bundeszusage an Isaak und seine Nachkommen (Gen 17,19) den Hintergrund, der eine Einordnung der Ismaelgestalt ermöglicht.23 Nimmt man die Tatsache hinzu, dass 16,1–2.4a.15 die Geburtsnotiz Isaaks aus 21,1–3* voraussetzen, die in ihrer Substanz am ehesten P1 zuzuweisen ist, so verdichten sich die Indizien, dass bereits die älteste Erwähnung Ismaels nach P1 einzuordnen ist.24 Hierfür spricht schließlich auch der in 16,1 gegebene Rückbezug auf die Exodusprolepse in 12,1–10; 13,1, für die sich eine vorpriesterliche Ansetzung ebenfalls als schwierig erweist.25 Die Ismaeltexte der Genesis scheinen damit samt und sonders auf literarischen Ebenen zu liegen, die nach P1 einzuordnen sind.26
21 Vgl. Knauf, Ismael, 35. 22 Zu den makrostrukturellen Entsprechungen innerhalb der Vätererzählung vgl. ausführlich Thomas Naumann, Ismael: Israels Selbstwahrnehmung im Kreis der Völker aus der Nachkommenschaft Abrahams, WMANT 151 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2018). 23 Zu beachten ist ferner, dass durch die Offenbarung Gottes als El Shaddai in Gen 17,1 die im Namen Ismael („El hat erhört“) implizierte, vermeintliche Erfüllung der Verheißung direkt in Frage gestellt ist. 24 Auch Kratz, Komposition, 277–278., zieht eine vorpriesterliche Ansetzung von Gen 16* in Zweifel, setzt aber andererseits voraus, dass Ismael ein integraler Bestandteil der ältesten priesterlichen Darstellung war. 25 Vgl. Christoph Levin, „Abraham in Ägypten (Gen 12,10–20),“ in „Vom Leben umfangen“: Ägypten, das Alte Testament und das Gespräch der Religionen: Gedenkschrift Manfred Görg, ed. Stefan Wimmer und Georg Gafus, ÄAT 80 (Münster: Ugarit-Verlag, 2014), 109–121, 115. 26 Nur am Rande sei bemerkt, dass selbst die überfüllt wirkende Exposition der recht einmütig nach P1 datierten Erzählung von der Bindung Isaaks (Gen 22,2) nicht zwingend den Schluss zulässt, dass die Existenz Ismaels hier von vornherein vorausgesetzt war.
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Die Grundbestand der Geburtsgeschichte Ismaels (Gen 16,1–2.4a.15) hat sich als jüngerer Ableger zur erweiterten Geburtsnotiz aus 21,1–3* P1 erwiesen, der Ismael als Gegenfigur zum eigentlichen Verheißungsträger Isaak einführt. Eine erste Erweiterung des Textes findet sich in 16,4b–7a.8-9 und bedenkt das Verhältnis zwischen Hagar und ihrer Herrin Sarai. Aufgrund ihrer Überheblichkeit gegenüber der unfruchtbaren Sarai wird Hagar von dieser mit dem Segen Abrams gedemütigt und flieht daraufhin in die Wüste, wo ihr ein Engel JHWHs bedeutet, wieder zu ihrer Herrin zurückzukehren und sich unter ihre Hand zu beugen. Der Einschub bringt damit keinen eigentlichen Erzählfortschritt, sondern schreibt unter Verwendung einiger Anspielungen auf die Exodusüberlieferung die Unterwerfung der ägyptischen Magd unter ihre Herrin fest. Die kritische Distanz gegenüber Ismael, die bereits den Grundbestand des Textes kennzeichnet, wird hier also auf seine Mutter übertragen. Eine Klärung des Verhältnisses zwischen Isaak und Ismael, geschweige denn die Entwicklung einer positiven Perspektive für letzteren, die ihn am Verheißungsgeschehen teilhaben ließe, ist hier noch nicht im Blick. Sie entwickelt sich erst schrittweise in den nochmals späteren Reden des Engels in 16,11f. und 16,10 (mit Reaktion Hagars in 16,13f.), wobei die besagten Passagen ihrerseits lediglich Reflexe auf einen Diskurs bilden, der sich in Gen 21,8-21 entspinnt.
4. Die Vertreibung Hagars und Ismaels (Gen 21,8–21) Die Erzählung in Gen 21,8–21* bildet ein jüngeres Seitenstück zu Gen 16 und setzt das Kapitel bereits in seiner um die Flucht Hagars erweiterten Gestalt voraus.27 Abrahams fürsorgliche Entlassung der Magd, die zudem erst nach Rückversicherung bei Gott erfolgt, bildet einen positiven Gegenentwurf zur Drangsalierung der Magd durch Sarai. Vorausgesetzt ist ferner die in 16,3aαb berichtete Überantwortung „Hagars, der Ägypterin“ an Abraham, die in 21,9 mit der identischen Bezeichnung ( )הגר המצריתeingeführt wird und in der gesamten Erzählung als Abrahams Magd gilt. Damit ist in Gen 21,8–21* von vornherein eine im Vergleich zum erweiterten Grundbestand von Gen 16 (vv. 1-2.4–9.15) veränderte besitz- und eherechtliche Konstellation impliziert, denn Hagar ist im Horizont von 16,3aαb nicht nur als Abrahams Magd, sondern auch als seine Frau vorgestellt.28 Wenn er sie schließlich in 21,14 entlässt ()שלח, so klingt hierin deutlich die Beendigung dieser ehelichen Verbindung mit. Ganz offenbar soll auf diesem Weg ein „sauberer“ Schlussstrich unter die Beziehung zwischen Abraham, Hagar und Ismael gezogen werden – eine Beziehung, die hier erstmals in der Literargeschichte des Abrahamzyklus offen als Problem adressiert wird, das nach einer Lösung verlangt. Das Problem, um das es geht, wird in Gen 21,8–9 über einen anscheinend harmlosen Vorfall in den Fokus gerückt. Bei der Feier zur Entwöhnung Isaaks beobachtet Sara, wie der Sohn Hagars „scherzt“ ()מצחק. Was zunächst harmlos wirkt, lässt indes vor dem Hintergrund
27 Vgl. etwa Knauf, Ismael, 21–25; Levin, Jahwist, 177; Kratz, Komposition, 278–279; Anders etwa Achenbach, „Elohîm-Theology,“ 16, der das literargeschichtliche Verhältnis zwischen beiden Texten umgekehrt sieht. 28 Da Gen 16,3* ohne die Ausführungen in 21,8–12* erzählerisch ins Leere läuft, ist davon auszugehen, dass der Vers von vornherein zur Vorbereitung der letztgenannten Erzählung konzipiert wurde.
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von 21,3 seine wahre Tragweite erkennen. Der Vers stand bei der Abfassung von 21,9 offenkundig Pate. ֲא ֶשׁר־ ָי ְל ָדה־לּ֥ וֹ ָשׂ ָ ֖רה יִ ְצ ָ ֽחק׃ ֲא ֶשׁר־יָ ְל ָ ֥דה ְל ַא ְב ָר ָ ֖הם ְמ ַצ ֵ ֽחק׃
ד־לוֹ ֛ ַם־בּנ֧ וֹ ַהנּֽ וֹל ְ ת־שׁ ֶ וַ יִּ ְק ָ ֙רא ַא ְב ָר ָ֜הם ֶ ֽא21,3 ן־ה ָג֧ר ַה ִמּ ְצ ִ ֛רית ָ ת־בּ ֶ וַ ֵ֙תּ ֶרא ָשׂ ָ ֜רה ֶ ֽא21,9
Indem der Verfasser von Gen 21,9 die Struktur der Notiz zur Benamung Isaaks aus 21,3 imitiert, stellt er nicht nur die beiden Söhne einander gegenüber,29 sondern qualifiziert zugleich über ein Wortspiel mit der Wurzel צחקdas Verhalten des – namentlich nicht genannten! – Sohnes der Hagar als anmaßend: Ismael „isaakt“, was in den Augen Saras die Beanspruchung eines Status zum Ausdruck bringt, der allein ihrem Sohn Isaak zukommt. In Gen 21,10 schlägt Sara dem Abraham sogleich eine Lösung vor und benennt – man beachte die neuerliche Wortassonanz! – noch einmal ausdrücklich ihre eigentliche Befürchtung: Abraham möge „diese Magd und ihren Sohn“ vertreiben ()גרש, damit „der Sohn dieser Magd“ nicht mit ihrem Sohn Issak erbe ()ירש. In der Frage nach Abrahams legitimem Erben klingt ein Leitmotiv aus Gen 15 an. Dort äußert der kinderlose Abram bekanntermaßen die Sorge, sein Knecht werde ihn beerben (15,3), woraufhin JHWH ihm in 15,4 versichert, er werde einen leiblichen Nachkommen zum Erben haben: י־א ֙ם ֲא ֶ ֣שׁר יֵ ֵ ֣צא ִמ ֵמּ ֔ ֶﬠי ֖הוּא יִ ָֽיר ֶ ֽשׁ ׃ ִ מר ֥ל ֹא יִ ָֽיר ְשׁ ֖ ֶז֑ה ִכּ ֹ ֔ הו֤ה ֵא ָל ֙יו ֵלא ָ וְ ִהנֵּ֙ ה ְד ַבר־ ְיGen 15,4 Mit der Prophezeiung des leiblichen Erben in Gen 15,4 ergab sich nun allerdings Klärungsbedarf hinsichtlich der Rolle Ismaels. Zwar stellte der Lesezusammenhang mit Gen 17 P1 sicher, dass Ismael nicht der verheißene Sohn war, dem der Bundesschluss galt; als leiblicher Sohn Abrahams, noch dazu als dessen Erstgeborener, hätte er im Licht der Prophezeiung aus 15,4 aber dennoch das Erbe seines Vaters beanspruchen können. Eben diese erzählerische Leerstelle will der Verfasser von Gen 21,8–21* beseitigen, indem er Hagar und Ismael einen Weg abseits der Familie Abrahams weist. Zu diesem Zweck wird Hagar wie gesehen zu Abrams Frau erklärt (16,3*), von der dieser dann in 21,14 die Trennung vollzieht.30 Wie in 16,5– 6 geht dabei auch hier die Initiative von Sara aus, die die Verstoßung Hagars anregt.31 Neu ist allerdings, dass Abraham sichtlich Skrupel hat, dem Drängen seiner Frau nachzugeben, und die Trennung erst dann vollzieht, als Gott ihm dies ausdrücklich aufträgt (21,11–12). Der Verfasser ist also sichtlich bemüht, Abraham in ein günstiges Licht zu rücken und die Härten der Vorlage aus Gen 16 abzumildern. Hierzu trägt im Besonderen der Gedanke der doppelten Fürsorge bei, der in Gen 21,14– 21* am Beispiel der Versorgung in der Wüste entfaltet wird. Hatte zunächst Abraham für Wasservorräte gesorgt (21,14), übernimmt, als diese versiegt sind, Gott selbst die Aufgabe, Hagar und Ismael vor dem Verdursten zu bewahren, und weist ihnen durch einen Engel den
29 Vorausgesetzt ist also Gen 21,3 einschließlich des in Angleichung an 16,15 nachgetragenen Relativsatzes. 30 Vorausgesetzt ist der in Dtn 21,14; 22,19; 24,1.3–4 bezeugte Gebrauch der Wurzel שלחals terminus technicus für die Ehescheidung. 31 Zu den eherechtlichen Implikationen der „Verstoßung“ ( )גרשvgl. Lev 21,7.14; 22,13; Num 30,10 (H / P2).
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Weg zum rettenden Brunnen (21,15–19*).32 Die Erzählung findet ihr Ziel in 21,20, wo das Kind unter Gottes Obhut in der Wüste heranwächst ( )גדלund zu einem Bogenschützen wird.33 Damit schließt sich der Kreis zur Exposition in 21,8, die ebenfalls unter dem Leitmotiv des Heranwachsens ( )גדלsteht: Beide Kinder Abrahams haben den ihnen von Gott bestimmten Platz gefunden, doch nur bei Isaak liegt dieser innerhalb der Kernfamilie Abrahams. Obwohl Gen 21,8–21* in seinem Grundbestand das Bemühen zeigt, die Frage des legitimen Erben zugunsten Isaaks zu beantworten, ohne dabei Ismael das Mitsein Gottes gänzlich zu entziehen, ist doch eine deutliche Distanz gegenüber dem Sohn der Hagar zu verspüren, der nicht einmal mit seinem Namen genannt wird.34 Erst im Zuge einer Bearbeitung des Grundtextes zeigt sich die Tendenz, auch Ismael direkt in die in Abraham eröffnete Verheißungsgeschichte einzubeziehen. Die betreffende Bearbeitung ist vor allem in 21,16–18 greifbar, wo sie eine häufig beobachtete Spannung hervorgerufen hat: So heißt es in 21,16 lediglich, dass Hagar weint, doch in 21,17 wird reklamiert, Gott habe die Stimme des Kindes gehört. Die Spannung rührt daher, dass ein Bearbeiter durch Erweiterungen in 21,16a.17aα1bβ.18 massiv in die Erzählkonstellation des Grundtextes eingegriffen hat.35 Hatte sich Hagar ursprünglich dem Kind gegenüber hingesetzt, das sie zuvor unter einen Strauch geworfen hatte (21,16b), so betont der Bearbeiter dieser Aussage vorgreifend, Hagar habe sich einen Bogenschuss entfernt gegenüber dem Kind hingesetzt (21,16a). Verbunden mit der räumlichen Distanzierung zwischen der Mutter und dem zum Sterben zurückgelassenen Kind wird sodann das Motiv der göttlichen Erhörung des weinenden Knaben eingeführt, das natürlich gezielt auf den Namen ישמעאלanspielt (21,17aα1bβ).36 Ziel ist die Ankündi32 Der Erzählzug erinnert auffällig an den über die Wurzel פקדhergestellten Verweiszusammenhang zwischen Gen 50,24; Ex 3,16, wonach die Fürsorge für das Volk Israel zunächst bei Joseph liegt und nach dessen Tod auf JHWH übergeht. Auch hier handelt es sich um ein Textstratum, das entstehungsgeschichtlich nach P1 anzusetzen ist; vgl. Christoph Berner, Die Exoduserzählung: Das literarische Werden einer Ursprungslegende Israels, FAT 73 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 42. 33 Die Eheschließung Ismaels mit einer Ägypterin (Gen 21,21) ist folgerichtig, allerdings dürfte der Vers aufgrund seines redundanten Anschlusses nachgetragen sein. 34 Die für Gen 21,8–21 charakteristische Tendenz zur klaren Abgrenzung zwischen Hagar/Ismael auf der einen und Sarah/Isaak auf der anderen Seite zeigt sich im Übrigen schon in 21,7a, einem späteren Zusatz zur älteren Rede Sarahs (21,6.7b), der von derselben Hand stammen könnte. Gen 21,7a betont, dass Sarah selbst ihren Sohn Ismael gestillt habe, es wird also ausgeschlossen, dass sie diese Aufgabe einer ägyptischen Amme (Hagar) übertragen haben könnte. Die Erweiterung der Geburtsgeschichte des Mose in Ex 2,7–9 verhandelt dasselbe Thema unter umgekehrten Vorzeichen. 35 Ähnlich Levin, Jahwist, 177–179; gegen Knauf, Ismael, 21, der den Text für ursprünglich hält. 36 Es ist deutlich, dass die Schilderung in 21,15–18 selbst in ihrer überarbeiteten Gestalt ein Kleinkind vor Augen hat; allerdings müsste Ismael im Licht der gemeinhin P1 zugeschriebenen chronologischen Notizen in 16,16; 17,24–25; 21,5 zum Zeitpunkt seiner Verstoßung bereits ein junger Mann gewesen sein. Die sachliche Spannung ist offensichtlich, taugt aber nicht als Argument gegen eine nach-P1 Ansetzung der Erzählung in 21,8–21 (so etwa Blum, Komposition, 312; Frank Zimmer, Der Elohist als weisheitlichprophetische Redaktionsschicht: Eine literarische und theologiegeschichtliche Untersuchung der sogenannten elohistischen Texte im Pentateuch, EHS 666 [Frankfurt a.M.: Peter Lang, 1999], 157). Vielmehr bestätigt sich die schon von Rudolf Smend, Die Erzählung des Hexateuch auf ihre Quellen untersucht (Berlin: de Gruyter, 1912), 11–14, vertretene Einschätzung, dass es sich bei den betreffenden Datierungen um eine äußerst späte, kontextübergreifende Bearbeitung handelt, die bereits auf weite Teile der Texte in ihrer vorliegenden Gestalt zurückblickt und diese – bisweilen auf Kosten der erzählerischen Stimmigkeit – mit einem chronologischen Gerüst versieht.
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gung des Engels in 21,18, auch Ismael werde zu einem großen Volk werden. Derselbe Gedanke wird bereits in 21,13 gegenüber Abraham geltend gemacht. Der Vers ist Bestandteil derselben Bearbeitung. Im weiteren Horizont der Bearbeitung in Gen 21,13.16a.17aα1bβ.18 liegen schließlich auch jene Zusätze, die die Mehrungsthematik in Gen 16-17 eintragen. Hierzu zählen einmal die Verse 17,18.20–21, die den göttlichen Segen und die Verheißung der Mehrung auch auf Ismael übertragen und allein den Bund exklusiv für Isaak reklamieren.37 Sodann ist an die Verheißung einer übergroßen Mehrung der Nachkommenschaft Hagars in 16,10 zu denken ()הרבה ארבה את זרעך, die wortgleich mit Gen 22,17 übereinstimmt und von dort inspiriert sein könnte.38 Vermutlich älter als 16,10 dürfte die Botenrede in 16,11–12 sein, die motivisch an 16,9 anschließt, aber die dortige Aufforderung, Hagar möge sich unter die Hand ihrer Herrin beugen, um eine positive Verheißung ergänzt, die den Namen Ismael zum Ausdruck der göttlichen Erhörung der drangsalierten Hagar erklärt. Gen 16,11–12 komplementieren damit die auf Ismael bezogene Erhörungsaussage in 21,17aα1bβ.
5. Ergebnis Die vorangehenden Ausführungen nahmen ihren Ausgang bei der Beobachtung, dass die Erwähnungen Ismaels innerhalb des priesterlichen Bundestextes Gen 17 samt und sonders nachgetragen wurden. Es konnte sodann gezeigt werden, dass auch der gemeinhin P1 zugewiesene Bestand der erweiterten Geburtsnotiz Isaaks (Gen 21,1b.2a*.3*) ursprünglich keinen Bezug zur Geburtsnotiz Ismaels in 16,15 herstellte, sondern erst redaktionell an diese angeglichen wurde. Der damit im Raum stehende Verdacht, dass es sich bei den Ismaeltexten durchweg um nach-P1-Erweiterungen des Abrahamzyklus handelt, konnte durch die Analysen von Gen 16 und Gen 21 erhärtet werden. Schon die älteste Erwähnung Ismaels in 16,1–2.4a.15 ist auf Gen 17 P1 als die bundesund offenbarungstheologische Wasserscheide innerhalb der Abrahamerzählung hin angelegt. Mit der Einführung Ismaels werden Schlüsselmotive der Jakoberzählung (Leihmutterschaft der Magd / Bevorzugung des jüngeren Sohnes) auf Abraham übertragen, es ist also die deutliche Absicht zur Etablierung analoger narrativer Konstellationen innerhalb der wachsenden Großkomposition der Vätergeschichte erkennbar. Untrennbar hiermit verbunden ist allerdings das theologische Interesse, am Beispiel Hagars und Ismaels eine mögliche Verwirklichung der Mehrungsverheißung zu bedenken – und über den älteren Folgekontext in Gen 17 als Irrweg abzutun. Insofern Gen 17 unmissverständlich klarstellt, dass der Bund und die göttliche Verheißung exklusiv an Isaak gebunden sind, bot sich die Erzählphase unmittelbar vor dem Bundesschluss als „Testgelände“ zum Durchspielen alternativer Optionen an. Ismael, der Sohn einer ägyptischen Leihmutter dient also zunächst lediglich als
37 Die Einbeziehung Ismaels in die Mehrungsverheißung (Gen 17,20) bildet ihrerseits die sachliche Voraussetzung für die Ismaelitergenealogie in 25,12–18 P2 (man beachte die wörtliche Aufnahme der zwölf Fürsten in 25,16b!). 38 Mit Gen 22 verknüpft ist auch die Ortsätiologie in 16,13–14 (vgl. 22,14), die daher möglicherweise auf derselben literarischen Ebene wie 16,10 liegt.
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Negativbeispiel, das die Möglichkeit einer exogamen Verwirklichung der Verheißung – noch dazu unter Einbeziehung Ägyptens – ausschließen soll. Auch die älteste Erweiterung von Gen 16 um den Konflikt zwischen Hagar und Sarai (16,4b–7a.8–9) ändert nichts an der erzählerischen Grundkonstellation, sondern schreibt lediglich die Unterwerfung Hagars fest. Was aus der ägyptischen Magd und ihrem Sohn wird, ist auch hier nicht weiter bedacht. Erst der Verfasser von 21,8–21* bemüht sich darum, Hagar und Ismael einen klaren Platz abseits der Verheißungsgeschichte zuzuweisen. Der Text reagiert auf die an Abram gerichtete Prophezeiung eines leiblichen Erben (15,4) und zielt darauf ab, eine Erfüllung in Ismael auszuschließen. Zu diesem Zweck wird Hagar in 16,3aαb zunächst zu Abrams Magd und Ehefrau erklärt, von der dieser dann in 21,8–21* die Trennung vollzieht. Ismael scheidet somit aus der Familie Abrahams aus, findet aber seinen Platz in der Wüste, wo er unter Gottes Obhut heranwächst. Eine zaghafte Einbeziehung Ismaels in die göttliche Verheißungsgeschichte erfolgt erst im Rahmen einer nochmals späteren Bearbeitung, die auch dem ältesten Sohn Abrahams eine reiche Nachkommenschaft in Aussicht stellt (21,13.16a.17aα1bβ.18). Dasselbe Motiv wird redaktionell auch in 16,10 und 17,18.20– 21 verankert und verleiht den Texten in ihrer vorliegenden Gestalt einen versöhnten Blick auf Ismael. Dieser ist zwar nicht in das Bundesgeschehen einbezogen, gilt aber dennoch als Teil der erweiterten Familie Abrahams und sorgt als solcher in der spätpriesterlichen Fassung von Gen 25 gemeinsam mit seinem Bruder Isaak für die Bestattung des Vaters.
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Von Generation zu Generation Zum Bund in den priesterlichen und spätpriesterlichen Texten des Pentateuch Jakob Wöhrle
Dass der Bund zu den zentralen theologischen Themen der priesterlichen Passagen des Pentateuch gehört, wurde stets gesehen. Bekanntlich bezeichnete Julius Wellhausen die priesterliche Quelle als „liber quattuor foederum“, als Vierbundesbuch.1 Und auch wenn sich Wellhausens These der vier priesterlichen Bundesschlüsse nicht halten ließ, da weder im Rahmen der Schöpfung noch in den priesterlichen Erzählungen vom Sinai, sondern nur bei Noah und Abraham ein Bundesschluss belegt ist, so ist doch unwidersprochen, dass die Bundestheologie von großer Bedeutung für das priesterliche Werk ist. Doch trotz der Bedeutung, die der Bundestheologie für die priesterlichen Passagen des Pentateuch zugemessen wird, ist vieles umstritten. Unklar ist insbesondere und bis in die neueste Zeit hinein die Intention der priesterlichen Bundeskonzeption. Unklar ist auch, und damit verbunden, die literaturgeschichtliche Differenzierung der priesterlichen Texte über den Bund. Wirkmächtig ist bis heute die These von Walter Zimmerli, dass die priesterlichen Autoren gegenüber der älteren Tradition bewusst nur einen Bund mit Noah und Abraham, nicht aber einen Bund am Sinai in ihr Werk integrierten.2 Angesichts der als Gericht Gottes erlebten Exilserfahrung konnten die priesterlichen Autoren so, unter Weglassung des an das Gesetz und damit auch an das Gericht gebundenen Sinaibundes, den als alleinigen Bund zwischen Gott und Volk verbliebenen Abrahambund als unbedingten, von keiner menschlichen Voraussetzung abhängigen Gnadenbund ins Zentrum ihres Werkes stellen. Die Entkopplung von Bund und Gesetz war nach Zimmerli die adäquate Reaktion auf die als Scheitern des Volkes am Gesetz erlebte Exilskatastrophe. Zimmerlis These hat nun aber, direkt oder indirekt, literaturgeschichtliche Konsequenzen. Sollte der priesterliche Abrahambund nämlich tatsächlich als solch ein an keine menschliche Voraussetzungen gebundener Gnadenbund zu verstehen sein, so können die priesterlichen Texte, die den Bund doch in Verbindung mit dem Gesetz erwähnen, nicht auf die Grundschicht des priesterlichen Werks zurückgeführt werden, sondern sind als sekundäre, spätpriesterliche Zufügungen zu diesem Werk zu betrachten. Dies gilt dann auch und besonders 1 2
Julius Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments, 3. Aufl. (Berlin: Reimer, 1899), 1–2; ders., Prolegomena zur Geschichte Israels, 6. Aufl. (Berlin: Reimer, 1927), 293–360. Walter Zimmerli, „Sinaibund und Abrahambund: Ein Beitrag zum Verständnis der Priesterschrift,“ TZ 16 (1960): 268–280.
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für das Heiligkeitsgesetz Lev 17–26, an dessen Ende, im Rahmen der in Lev 26 belegten Verheißungen und Drohungen, gleich mehrfach auf den Bund verwiesen wird, ja, der Bund unter die Bedingung des Gesetzes gestellt wird.3 Zimmerlis These vom Gnadenbund ist nicht unwidersprochen geblieben.4 Eine bedeutende Gegenposition hat jüngst Joachim J. Krause vorgestellt.5 Krause betont, dass schon der Abrahambund – insbesondere aufgrund des Beschneidungsgebots – unter eine Bedingung gestellt ist. Der Abrahambund kann somit nicht undifferenziert als Gnadenbund verstanden werden. Er steht sehr wohl unter der Voraussetzung eines menschlichen Tuns und Verhaltens. Ohnehin, so Krause, wäre die Vorstellung eines priesterlichen Gnadenbundes nur schlecht als Reaktion auf die Exilskatastrophe zu verstehen. Die Vorstellung eines unbedingten, an keine menschliche Voraussetzung gebundenen Bundes führt seiner Ansicht nach zur „geschichtstheologischen Sprachlosigkeit“;6 die Exilskatastrophe kann so, gewissermaßen unter Absehen des menschlichen Tuns und Verhaltens, gerade nicht erklärt werden.7 3
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Vgl. nur Norbert Lohfink, „Die Abänderung der Theologie des priesterlichen Geschichtswerks im Segen des Heiligkeitsgesetzes: Zu Lev. 26:9.11–13,“ in Wort und Geschichte: Festschrift für Karl Elliger zum 70. Geburtstag, ed. Hartmut Gese und Hans Peter Rüger, AOAT 18 (Kevelaer: Butzon & Bercker, 1973), 129–136; Walter Groß, „‚Rezeption‘ in Ex 31,12–17 und Lev 26,39–45: Sprachliche Form und theologisch-konzeptionelle Leistung,“ in Rezeption und Auslegung im Alten Testament und in seinem Umfeld: Ein Symposion aus Anlass des 60. Geburtstags von Odil Hannes Steck, ed. Reinhard Gregor Kratz und Thomas Krüger, OBO 153 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1997), 45–64, bes. 56–61; ders., „Noch einmal: Individualisierung des Bundesbruchs in der Priesterschrift: Eine Überprüfung,“ in Jeremia, Deuteronomismus und Priesterschrift: Beiträge zur Literatur- und Theologiegeschichte des Alten Testaments: Festschrift für Hermann-Josef Stipp zum 65. Geburtstag, Arbeiten zu Text und Sprache im Alten Testament 105 (St. Ottilien: EOS, 2019), 69–86, bes. 79–82; Eckart Otto, „Innerbiblische Exegese im Heiligkeitsgesetz 17–26,“ in Levitikus als Buch, ed. Heinz-Josef Fabry und Hans-Winfried Jüngling, BBB 119 (Berlin; Bodenheim: Philo, 1999), 125–196, bes. 177–179; Christophe Nihan, From Priestly Torah to Pentateuch: A Study in the Composition of the Book of Leviticus, FAT II/25 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2007), bes. 537–542; ders., „The Priestly Covenant, Its Reinterpretation, and the Composition of ‚P‘,“ in The Strata of the Priestly Writings: Contemporary Debate and Future Directions, ed. Sarah Shectman und Joel Baden, ATANT 95 (Zürich: TVZ, 2009), 87–134, bes. 104–115. Vgl. nur Israel Knohl, The Sanctuary of Silence: The Priestly Torah and the Holiness School (Minneapolis: Fortress, 1995), 137–142 mit Anm. 66; Jan Joosten, People and Land in the Holiness Code: An Exegetical Study of the Ideational Framework of the Law in Leviticus 17–26, VTSup 67 (Leiden: Brill, 1996), 111–112; Jacob Milgrom, Leviticus 23–27: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 3B (New Haven; London: Yale University Press, 2001), 2340. Joachim J. Krause, Die Bedingungen des Bundes: Studien zur konditionalen Struktur alttestamentlicher Bundeskonzeptionen, FAT 140 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020); siehe auch ders., „Individualisierung des Bundesbruchs? Die neuere Deutung von Gen 17,14 im Licht der Vergleichsbelege,“ ZAW 129 (2017): 194–204; ders., „Circumcision and Covenant in Genesis 17,“ Bib 99 (2018): 151–165. Krause, Bedingungen, 55; so auch schon Erhard Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch, BZAW 189 (Berlin; New York: de Gruyter, 1990), 327. Krause unterstellt der These vom Gnadenbund daher gleich mehrfach, dass sie auf ein spezifisch konfessionelles – also wohl protestantisches – Vorverständnis zurückginge (Krause, „Individualisierung,“ 197– 198 mit Anm. 14; ders., Bedingungen, 29.68); angesichts der Tatsache, dass die These durchaus auch von jüdischer und katholischer Seite vertreten wird (vgl. nur Moshe Weinfeld, „The Covenant of Grace in the Old Testament and in the Ancient Near East,“ JAOS 90 (1970): 184–203; Lohfink, „Abänderung,“ 134– 135; Walter Groß, „Bundeszeichen und Bundesschluß in der Priesterschrift,“ TTZ 87 (1978): 98–115, bes. 101–102), ist diese Behauptung allerdings nicht nur unsachlich, sondern schlicht falsch. Siehe hierzu auch die Kritik an Krause bei Groß, „Individualisierung,“ 73 Anm. 22: „Unterstellungen der Art, ... die
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Wenn der Abrahambund aber doch als ein bedingter, an eine menschliche Gehorsamsleistung gebundener Bund vorgestellt wird, dann muss nach Krause auch kein Widerspruch zwischen dem in Gen 17 belegten Abrahambund und den am Ende des Heiligkeitsgesetzes in Lev 26 vorgebrachten Verheißungen und Drohungen gesehen werden. Beide Texte können seiner Ansicht nach als Teile ein und derselben priesterlichen Großkomposition verstanden werden.8 Es lohnt also ein erneuter Blick auf die priesterliche Bundeskonzeption, ihre inhaltliche Anlage und ihre literatur- und theologiegeschichtliche Entwicklung. Im Folgenden werden die hierfür relevanten Texte betrachtet – der in Gen 17 belegte Abrahambund, die in Lev 26 belegten Verheißungen und Drohungen und schließlich die in Gen 17,9–14.23–27 belegte Beschneidungsordnung und der damit verbundene Bericht über die Beschneidung von Abraham und den männlichen Angehörigen seines Hauses. Es wird die Intention dieser Texte herausgestellt sowie deren inhaltlicher und entstehungsgeschichtlicher Zusammenhang aufgezeigt, um so ein differenziertes Bild der Bundeskonzeption in den priesterlichen und spätpriesterlichen Texten des Pentateuch zu gewinnen. Gewidmet sei dieser Aufsatz dem geschätzten Freund und Kollegen Reinhard Achenbach. Die Entstehung und theologiegeschichtliche Differenzierung der Texte des Pentateuch ist das zentrale Thema von Achenbachs Arbeiten.9 So ist zu hoffen, dass ihm die folgenden Überlegungen eine kleine Freude bereiten.
1. Das Aufrichten des Bundes: Genesis 17* Die priesterliche Version des Abrahambundes in Gen 17 beschreibt zunächst in Gen 17,1–8, wie Gott bei Abraham erscheint und einen Bund mit ihm schließt, der Fruchtbarkeit und Mehrung, die besondere Zuwendung Gottes zu Abraham und seinen Nachkommen sowie die Inbesitznahme des Landes Kanaan verheißt. In Gen 17,9–14 folgt die – wie sich noch zeigen wird, erst sekundär eingebrachte –10 Forderung der Beschneidung als Zeichen des Bundes. In Gen 17,15–22 verheißt Gott Abraham die Geburt Isaaks, mit dem der Bund weiter aufgerichtet werden soll. Das Kapitel endet in Gen 17,23–27 mit der – wiederum erst sekundär ergänzten – Darstellung, dass Abraham, Ismael und die Sklaven des Hauses beschnitten werden. Bei der priesterlichen Darstellung des Abrahambundes ist zunächst beachtenswert, dass bei dem zu Beginn des Kapitels in Gen 17,1–8 vorgebrachten Bundesschluss zu unterscheiden ist zwischen Bundesinhalten, die nur Abraham selbst zugesprochen werden, und Bundesinhalten, die Abraham und seinen Nachkommen zugesagt werden.11 So ist die zuerst in
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These sei abhängig von gewissen konfessionellen ‚theologischen Parametern‘ entwickelt ..., sind ... nicht hilfreich.“ Vgl. Krause, Bedingungen, 81–108. Vgl. nur seine monumentale Studie Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003). Siehe hierzu unten 40–41. Vgl. etwa Benno Jacob, Das Buch Genesis (Stuttgart: Calwer, [1934] 2000), 419; Groß, „Bundeszeichen,“
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Jakob Wöhrle
Gen 17,2–6 belegte Verheißung von Fruchtbarkeit und Mehrung – als Aufnahme und Bekräftigung des allen Menschen zugesprochenen Schöpfungssegens in Gen 1,26–28 – nur an Abraham selbst gerichtet. Das daraufhin in Gen 17,7–8 verheißene Gott-Sein Gottes und die Inbesitznahme des Landes gilt dagegen Abraham und seinen Nachkommen. Bei Gen 17,2–8 kann also geradezu von zwei Bundesschlüssen gesprochen werden: dem in Gen 17,2–6 belegten, nur an Abraham gerichteten Bund und dem in Gen 17,7–8 belegten, Abraham und seinen Nachkommen zugesagten Bund.12 Bedeutsam für das Verständnis der priesterlichen Bundeskonzeption ist nun insbesondere dieser zweite Textbereich in Gen 17,7–8: Und ich richte meinen Bund auf ( )והקמתי את בריתיzwischen mir und dir und deinen Nachkommen nach dir nach ihren Generationen ( )לדרתםzu einem ewigen Bund (ברית )עולם, dass ich dir und deinen Nachkommen nach dir Gott sei. 8 Und ich gebe dir und deinen Nachkommen nach dir das Land deiner Fremdlingschaft, das ganze Land Kanaan, zum ewigen Erbbesitz ()אחזת עולם, und ich will ihnen Gott sein. 7
Nach Gen 17,7–8 schließt Gott also einen Bund mit Abraham und seinen Nachkommen, der diesen die besondere Zuwendung Gottes und die Inbesitznahme des ganzen Landes Kanaan verheißt. Beachtenswert ist dabei, dass der Bund mit Abraham und seinen Nachkommen hier gleich auf mehrfache Weise als zeitüberdauernd gültig vorgestellt wird. Der Bund ist an Abraham und seine Nachkommen gerichtet. Zudem wird der Bund dezidiert als „ewiger Bund“ ( )ברית עולםbezeichnet. Und schließlich wird das Land als „ewiger Erbbesitz“ ()אחזת עולם zugesagt. Eine Bedingung für den Bund wird hier im Rahmen des Bundesschlusses nicht genannt, und zwar weder für das Aufrichten des Bundes noch für die bleibende Gültigkeit des Bundes.13 Im Gegenteil: Die Rede vom „ewigen Bund“ und vom „ewigen Erbbesitz“ markiert doch sehr deutlich, dass dieser Bund von Gott her eben auf Ewigkeit hin angelegt ist und somit unverbrüchlich gilt. Eine vom menschlichen Bundespartner geforderte Bedingung für das Aufrichten oder den Bestand des Bundes würde dem doch zuwiderlaufen, ja, eine solche Bedingung würde das Konzept eines „ewigen Bundes“ letztlich auflösen.14 111; Erhard Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1984), 421–422. 12 So auch schon Groß, „Bundeszeichen,“ 111. 13 Anders als bisweilen behauptet (Knohl, Sanctuary, 138; Joosten, People, 111–112; Milgrom, Leviticus 23–27, 2340) kann die in Gen 17,1 von Gott an Abraham vorgebrachte Forderung „wandle vor mir und sei vollkommen“ schwerlich als eine Bedingung für den Bund gelesen werden. Die hier genannte Forderung steht in keiner kausalen Verbindung mit dem Bundesschluss. Es wird in keiner Weise vermerkt, dass der Bund nur deshalb geschlossen wird, weil Abraham vor Gott wandelt. Es werden auch keine Sanktionen genannt für den Fall, dass er dies nicht mehr tut. Schließlich wird an keiner Stelle gesagt, dass die von Abraham geforderte Untadeligkeit auch für seine Nachkommen als Bedingung für das Aufrichten bzw. den Bestand des Bundes gilt. Siehe hierzu auch Krause, Bedingungen, 73–74, der die in Gen 17,1 belegte Forderung an Abraham ebenfalls nicht als Bedingung des Bundes verstanden wissen will. Zur Beschneidung als Bedingung des Bundes s.u. 42–43. 14 So auch Groß, „Bundeszeichen,“ 112; ders., „Individualisierung,“ 82; Nihan, „Priestly Covenant,“ 101; Matthias Köckert, „Gottes ‚Bund‘ mit Abraham und die ‚Erwählung‘ Israels in Genesis 17,“ in Covenant and Election in Exilic and Post-Exilic Judaism, ed. Nathan MacDonald, FAT II/79 (Tübingen: Mohr
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Von Generation zu Generation
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In der bisherigen Forschung wurde nun aber eine Besonderheit der priesterlichen Bundesvorstellung stets übersehen oder zumindest nicht weiter beachtet. So steht in Gen 17,7 nicht nur, dass Gott einen Bund mit Abraham und seinen Nachkommen aufrichtet. Es heißt hier auch, dass er den Bund mit Abraham und seinen Nachkommen „ לדרתםgemäß/nach ihren Generationen“ schließt. Dies wird zumeist, und eher stillschweigend, als mit der vorangehenden Rede von den „Nachkommen“ gleichbedeutende Aussage aufgefasst, mit der dann einmal mehr betont würde, dass der Bund über die Zeiten hinweg gültig bleibt.15 Dies ist aber noch zu wenig. Der hebräische Begriff דור, der zumeist und zurecht mit „Geschlecht“ oder „Generation“ wiedergegeben wird, bezeichnet die Gesamtheit der zu einer bestimmten Zeit lebenden Personen.16 Im Plural beschreibt dieser Begriff dann die Abfolge solcher „Geschlechter“ oder „Generationen“. Der Rede von „Generationen“ liegt also das Verständnis einer in kleinere Zeiträume, in einzelne Geschlechter oder Generationen, gegliederten Zukunft zugrunde.17 Die in Gen 17,7 belegte Formulierung לדרתםzielt somit – vergleichbar mit der Wendung „ דור ודורvon Generation zu Generation“ –18 auf einen Vorgang, der sich in jeder Generation aufs Neue ereignet, der von Generation zu Generation aufs Neue durchgeführt oder in Kraft gesetzt wird. Zu beachten ist etwa die häufige Verwendung dieser Formulierung in (priesterlichen bzw. spätpriesterlichen) Gesetzestexten, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass das jeweils Geforderte in jeder Generation aufs Neue einzuhalten ist.19 Die in Gen 17,7 belegte Wendung לדרתםbeschreibt also nicht nur die andauernde, zeitübergreifende Gültigkeit des Bundes. Dies kommt ja bereits und dezidiert mit der Zusage des Bundes an die Nachkommen Abrahams sowie mit der Rede vom „ewigen Bund“ zum Ausdruck. Die Wendung לדרתםzielt vielmehr darauf, dass der Bund „gemäß/nach euren Generationen“, also „von Generation zu Generation“ aufgerichtet und so stets aufs Neue in Kraft gesetzt wird.
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Siebeck, 2015), 1–28, bes. 15. Blum, Studien, 327, und Krause, Bedingungen, 77–81.105–109, wollen hingegen den „ewigen Bund“ ganz von Gott her verstehen. Ihrer Ansicht nach gilt die Zusage des Bundes von Gott her unverbrüchlich, was dann aber nicht heißt, dass der Mensch bzw. das Volk den Bund nicht durch Ungehorsam brechen und so aus diesem Bund herausfallen kann. Die Zusage eines „ewigen Bundes“ von Gott her und die Bedingtheit dieses Bundes für den menschlichen Bundespartner widersprechen sich daher nach Blum und Krause nicht. Zu beachten ist aber, dass in Gen 17,7–8 nicht nur der Bund als solcher, sondern auch der mit dem Bund verheißene Besitz des Landes als ewig vorgestellt wird (אחזת )עולם. Ein von menschlicher Seite verschuldeter Bruch des Bundes müsste doch aber (wie in Lev 26!) zu einem zwischenzeitlichen Verlust des Landes führen, will man sich solch einen Bruch nicht als konsequenzlos vorstellen. Dann aber wäre der Landbesitz (und letztlich auch der Bund) eben doch nicht ewig. Vgl. etwa Jacob, Genesis, 422: „Niemals werden Männer aussterben, den Bund fortzupflanzen; darum ְלדֹר ָֹתםund עוֹלם ָ ל ְב ִרית.“ ִ Siehe hierzu auch Claus Westermann, Genesis 12–36, BKAT 1,2 (NeukirchenVluyn: Neukirchener, 1981), 315. Vgl. G. Johannes Botterweck, David Noel Freedman und Jack Lundbom, „דור,“ ThWAT 2:181–194; Gillis Gerleman, „דור,“ THAT 1:443–445, sowie Peter R. Ackroyd, „The Meaning of Hebrew דורConsidered,“ JSS 13 (1968): 3–10. Vgl. Botterweck, Freedman und Lundbom, „דור,“ 185–186. Dtn 32,7; Jes 13,20; 34,17; 58,12; 60,15; 61,4; Jer 50,39; Joel 2,2; 4,20; Ps 10,6; 33,11; 45,18; 49,12; 61,7; 77,9; 79,13; 85,6; 89,2.5; 90,1; 100,5; 102,13; 106,31; 119,90; 135,13; 145,13; 146,10; Spr 27,24; Klgl 5,19; Est 9,28. Ex 12,14.17.42; 16,32–33; 27,21; 29,42; 30,8.10.21.31; 31,13.16; 40,15; Lev 3,17; 6,11; 7,36; 10,9; 17,7; 21,17; 22,3; 23,14.21.31.41; 24,3; 25,30; Num 9,10; 10,8; 15,14–15.21.23.38; 18,23; 35,29.
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Jakob Wöhrle
Das heißt dann aber, dass der nach Gen 17,7–8 mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossene Bund nicht einfach und ganz direkt von Abraham her an seine Nachkommen weitervererbt wird. Der mit Abraham geschlossene Bund wird vielmehr immer wieder aufs Neue – „von Generation zu Generation“ – von Gott her aufgerichtet. Dazu passt die in Gen 17,15–22 belegte Aussage über den Bund mit Isaak. Nach Gen 17,19 verheißt Gott Abraham einen Sohn, der Isaak heißen soll und mit dem Gott seinen Bund aufrichten will: Und Gott sagte: Wahrlich, Sarah, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären, und du sollst ihn Isaak nennen. Und ich richte meinen Bund auf ( )והקמתי את בריתיmit ihm und seinen Nachkommen nach ihm als einen ewigen Bund ()ברית עולם. Die hier belegte Aussage wird zumeist so verstanden, dass der zwischen Gott und Abraham geschlossene Bund auf Isaak übergeht, dass Gott also den einmal geschlossenen Bund nun mit Isaak bestätigt und bewahrt.20 Zu beachten ist aber, dass hier in Gen 17,19 ja exakt dieselbe Formulierung vorliegt wie in Gen 17,7. Hier wie dort wird das Verb קוםhi. verwandt, das – als Kausativ von קוםqal „aufstehen“ – mit „aufrichten“ wiederzugeben und somit im Sinne von „einsetzen; in Kraft setzen“ zu verstehen ist.21 Dass mit ein und derselben Formulierung הקים בריתbei Abraham in Gen 17,7 das erstmalige Aufrichten des Bundes, bei Isaak in Gen 17,19 dagegen die Bewahrung oder Bestätigung des bereits aufgerichteten Bundes im Blick sein soll, ist durch nichts angezeigt. Vielmehr liegt beiden Stellen, Gen 17,7 wie Gen 17,19, die Vorstellung zugrunde, dass Gott ganz neu seinen Bund mit dem jeweiligen menschlichen Bundespartner aufrichtet.22 Nach priesterlicher Vorstellung wird somit der mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossene Bund nicht direkt von Abraham an Isaak weitervererbt. Der Bund wird vielmehr erst mit Abraham und dann aufs Neue mit Isaak aufgerichtet. Der Bund wird also nach priesterlicher Vorstellung von Generation zu Generation neu in Kraft gesetzt. Bedeutend ist dabei, dass in Gen 17,19 auch für Isaak – und somit auch für die auf Abraham folgenden Nachkommen – keine Bedingung für das Aufrichten des Bundes genannt wird. Wie in Gen 17,7 für Abraham und seine Nachkommen grundgelegt steht nun auch Isaak unter der unbedingten, ja, wie die erneute Rede vom „ewigen Bund“ ( )ברית עולםin Gen 17,19 20 Vgl. nur Jacob, Genesis, 429; Westermann, Genesis 12–36, 325; Horst Seebass, Genesis II: Vätergeschichte I (11,27–22,24) (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1997), 109. 21 Vgl. Ges18, 1159–1160. 22 Dagegen meint allerdings Milgrom, Leviticus 23–27, 2343–2346, dass die Wendung הקים בריתan keiner Stelle das Aufrichten eines Bundes, sondern stets das Bewahren eines zuvor bereits geschlossenen Bundes beschreibt. Dafür spricht seines Erachtens, dass in Gen 17 zunächst in 17,2 das Verb נתןfür das Schließen des Bundes gebraucht wird und erst dann in 17,7.19.21 das Verb קום. An den zuletzt genannten Stellen ist daher nach Milgrom nur die fortdauernde Bewahrung und Weitergabe des zuvor bereits geschlossenen Bundes im Blick. Gegen diese Sicht spricht aber zum einen der semantische Befund, nach dem קוםhi. das Aufstellen/Aufrichten einer zuvor noch nicht aufgestellten/aufgerichteten Sache beschreibt. Zudem spricht gegen Milgroms These die in Gen 6,18 belegte Verheißung an Noah, dass Gott mit ihm einen Bund schließen will, bei der ebenfalls die Wendung הקים בריתgebraucht wird. An dieser Stelle – der ersten Erwähnung eines Bundes im Alten Testament überhaupt – wird mit der Wendung הקים בריתdoch keinesfalls das Bewahren eines zuvor bereits bestehenden Bundes bezeichnet, sondern vielmehr das Aufrichten eines zuvor eben noch nicht bestehenden Bundes. Siehe hierzu auch Köckert, „Bund,“ 7 mit Anm. 29.
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zeigt, unter der auf Ewigkeit angelegten Zusage, dass Gott seinen Bund mit ihm und dann auch mit seinen Nachkommen – von Generation zu Generation – aufs Neue realisiert und in Kraft setzt. Das so an der priesterlichen Darstellung des Abrahambundes in Gen 17 erhobene Bild bestätigt sich an den weiteren priesterlichen Passagen des Pentateuch. Zu beachten sind insbesondere die am Beginn des Exodusbuches, in Ex 2,23aβ–25 und 6,2–8, belegten Rückbezüge auf den Bund. So wird zunächst in Ex 2,23aβ–25 vermerkt, wie Gott sich des unter der ägyptischen Fronarbeit leidenden Volkes annimmt: 23
... Die Israeliten stöhnten wegen ihrer Knechtschaft und schrien. Und ihr Hilferuf wegen ihrer Knechtschaft kam vor Gott. 24 Gott hörte ihr Seufzen, und Gott gedachte seines Bundes mit Abraham, mit Isaak und mit Jakob ()בריתו את אברהם את יצחק ואת יעקב. 25 Da sah Gott auf die Israeliten, und Gott kümmerte sich um sie.23 Bei der hier in Ex 2,23aβ–25 belegten Reaktion Gottes auf das Leid der Israeliten ist zunächst die Rede vom „Bund mit Abraham, mit Isaak und mit Jakob“ (בריתו את אברהם את יצחק ואת )יעקבbedeutsam. Dass an dieser Stelle nicht nur Abraham, sondern auch Isaak und Jakob eigens als Bundespartner genannt werden, ist doch ein weiteres Indiz für die Annahme, dass nach priesterlichem Verständnis der einst mit Abraham geschlossene Bund nicht direkt an die folgenden Generationen weitergegeben wird, sondern dass dieser Bund mit jeder Generation – „mit Abraham, mit Isaak und mit Jakob“ – aufs Neue aufgerichtet wird.24 Dafür spricht auch, dass nach Ex 2,23aβ–25 das Gedenken an den Bund mit den Vätern dazu führt, dass Gott sich des in Ägypten leidenden Volkes annimmt. Das heißt doch genau genommen, dass die in Ägypten befindlichen Israeliten nicht schon selbst im Bund stehen, sondern dass der Bund – der doch nach Gen 17,7–8 gerade auch die Inbesitznahme des Landes verheißt – nun auch mit ihnen aufgerichtet werden muss und wird. Genau diese Annahme bestätigt sich schließlich auch an dem nächsten priesterlichen Text des Exodusbuches, der in Ex 6,2–8 belegten Berufung des Mose. Bei diesem Text wird gleich zwei Mal, einmal direkt und einmal indirekt, auf den Bund mit den Vätern verwiesen: 4
Auch habe ich meinen Bund mit ihnen aufgerichtet, dass ich ihnen das Land Kanaan, das Land ihrer Fremdlingschaft, in dem sie als Fremdlinge wohnten, geben werde. ...
23 Zur Übersetzung von וידעvgl. etwa Christoph Dohmen, Exodus 1–18, HThKAT (Freiburg: Herder, 2015), 129. 24 Dass in Ex 2,24 nicht nur Abraham, sondern alle drei Väter als Bundespartner erscheinen, wurde natürlich stets gesehen. Allerdings wurden daraus keine weitergehenden Konsequenzen für das Verständnis der priesterlichen Bundeskonzeption gezogen. Im Gegenteil: So meinte etwa Gerhard von Rad, Die Priesterschrift im Hexateuch: Literarisch untersucht und theologisch gewertet, BWANT 65 (Stuttgart: Kohlhammer, 1934), 176, dass die in Ex 2,24 belegte Vätertrias als altes Traditionselement anzusehen ist, das sich in den inneren Zusammenhang von P gerade nicht einfügt. Nach Thomas Römer, Israels Väter: Untersuchungen zur Väterthematik im Deuteronomium und in der deuteronomistischen Tradition, OBO 99 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1990), 547, ist die in Ex 2,24 belegte Vätertrias dagegen eine priesterliche Schöpfung, mit der seines Erachtens aber nur eine engere Verbindung der (gesamten) Väterüberlieferung mit der Exoduserzählung geschaffen werden sollte.
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Jakob Wöhrle 8
Und ich bringe euch zu dem Land, für das ich meine Hand erhoben habe, es dem Abraham, Isaak und Jakob zu geben, und ich gebe es euch zum Besitz. Ich bin Jhwh. In Ex 6,2–8 wird also zunächst in Ex 6,4 der Bund mit den Vätern erwähnt, und es wird – ganz entsprechend zu Gen 17,7–8 – die Inbesitznahme des Landes als entscheidender Bundesinhalt genannt. In Ex 6,8 wird sodann verheißen, dass Gott die Israeliten in das Land bringen und ihnen das Land zum Besitz geben wird, wobei der in diesem Zusammenhang genannte Schwur, mit dem Gott einst Abraham, Isaak und Jakob das Land zugesagt hat, doch wohl nichts anderes meint als den mit den Vätern geschlossenen, auf den Besitz des Landes zielenden Bund. Nach Ex 6,2–8 hat Gott also mit den Vätern einen Bund geschlossen und den Vätern mit diesem Bund das Land übereignet. Und eben dies wird hier als Ausgangspunkt und als Grund dafür genannt, dass Gott sich des Volkes annehmen, es in das Land führen und nun auch ihnen das Land geben wird.25 Ex 6,2–8 verheißt somit, dass der mit den Vätern geschlossene Bund – der ja ganz zentral auf den Besitz des Landes zielt – nun auch mit dem in Ägypten befindlichen Volk in Kraft gesetzt werden soll. Der Bund geht also auch nach Ex 6,2–8 nicht direkt von Abraham und den Vätern auf deren Nachkommen über. Der Bund wird vielmehr von Generation zu Generation – und so auch für das in Ägypten befindliche Volk – aufs Neue realisiert und aufgerichtet. Beachtenswert ist dabei einmal mehr, dass auch hier keinerlei Bedingung für das Aufrichten des Bundes genannt wird. Es ist die Erinnerung an den mit Abraham, Isaak und Jakob geschlossenen Bund – nicht ein besonderes Tun oder Verhalten auf Seiten des in Ägypten befindlichen Volkes –, die Gott dazu führt, sich des Volkes anzunehmen, ihnen das Land zu geben und so den einst mit den Vätern geschlossenen Bund nun auch mit ihnen aufzurichten. Der von Gott gestiftete Bund erscheint also auch hier als ein unkonditionierter, von keinerlei menschlicher Vorbedingung abhängiger Bund. Nach den priesterlichen Passagen des Pentateuch hat also Gott mit Abraham und seinen Nachkommen einen Bund geschlossen, der die besondere Zuwendung Gottes und die Inbesitznahme des Landes Kanaan verheißt. Dieser Bund ist auf Ewigkeit zugesagt und an keine menschliche Voraussetzung oder Bedingung gebunden. Der fortdauernde Bestand des Bundes realisiert sich aber nicht so, dass der in einem einmaligen Akt mit Abraham geschlossene Bund direkt an dessen Nachkommen weitervererbt wird. Der Bund wird vielmehr immer wieder aufs Neue, von Generation zu Generation, von Gott in Kraft gesetzt. Die so skizzierte, doch recht spezifische priesterliche Bundeskonzeption kann nun sehr gut vor dem Hintergrund der historischen Situation, in der das priesterliche Werk entstanden ist – also der exilischen oder eher noch der frühnachexilischen Zeit –, verstanden werden.26 25 Vgl. hierzu etwa Rainer Albertz, Exodus 1–18, ZBK 2,1 (Zürich: TVZ, 2012), 13: „Der Bund, den Gott in Gen 17 schon mit Abraham geschlossen hat, bildet nach Ex 2,24; 6,2–8 die Grundlage für die Zuwendung Jhwhs zu den in Ägypten geknechteten Israeliten; auch die Verheißungen, die Inhalt des Abrahambundes gewesen waren, werden nun auf das Volk Israel bezogen.“ 26 Zur Datierung der priesterlichen Passagen des Pentateuch vgl. Jakob Wöhrle, Fremdlinge im eigenen Land: Zur Entstehung und Intention der priesterlichen Passagen der Vätergeschichte, FRLANT 246 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 18–20.160–163; ders., „The Priestly Writing(s): Scope and Nature,“ in The Oxford Handbook of the Pentateuch, ed. Joel Baden und Jeffrey Stackert (Oxford: Oxford University Press, 2021), 265–266.
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Von Generation zu Generation
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Denn mit der priesterlichen Bundeskonzeption wird doch klargestellt, dass der einmalige Verlust des Landes, wie in der Exilszeit geschehen, nicht zum dauerhaften Verlust führen muss. Ein zwischenzeitlicher Verlust des Landes heißt nicht, dass der Bund – und somit die Verheißung der besonderen Zuwendung Gottes und des Landbesitzes – aufgelöst oder verloren wäre. Da der Bund von den Vätern her in jeder Generation aufs Neue, und zwar bedingungslos, aufgerichtet wird, können sich auch die Rückkehrer aus dem Exil unter der unverbrüchlichen, bedingungslosen Zusage sehen, dass Gott auch mit ihnen – wie einst mit dem in Ägypten befindlichen Volk – seinen Bund aufrichtet, sich ihnen zuwendet und ihnen das Land gibt. Anders als bisweilen behauptet oder gar gegen die Vorstellung eines in den priesterlichen Texten belegten unkonditionierten Bundes vorgebracht,27 ist die priesterliche Bundeskonzeption also keinesfalls sprachlos gegenüber der Exilskatastrophe. Es werden zwar tatsächlich nicht die Gründe, die zum Exil führten, reflektiert. Es wird nicht zurückgeschaut und danach gefragt, weshalb es zum Verlust des von Gott gegebenen Landes kommen konnte. Es wird aber sehr wohl von der Exilserfahrung her nach vorne geschaut. Mit der Vorstellung eines an keine menschliche Voraussetzung gebundenen, auf Ewigkeit hin gültigen und von Generation zu Generation je aufs Neue aufgerichteten Bundes wird den Rückkehrern aus dem Exil versichert, dass auch sie unter der Zusage stehen, dass Gott seinen Bund mit ihnen wieder aufrichtet, sich ihrer annimmt und ihnen das Land zum Besitz gibt.
2. Die Konditionierung des Bundes: Leviticus 26 Das Heiligkeitsgesetz Lev 17–26 endet in Lev 26 mit einem gerne als „Segen und Fluch“ bezeichneten Kapitel, in dem Verheißungen und Drohungen für den Fall der Befolgung bzw. Nichtbefolgung der vorangehenden Gesetze vorgebracht werden.28 In diesem Kapitel wird gleich mehrfach – und zwar sowohl unter den Verheißungen als auch unter den Drohungen – auf den Bund verwiesen. Das Kapitel ist somit von zentraler Bedeutung für das Verständnis der priesterlichen Bundeskonzeption. Bis in die neueste Forschung hinein ist nun allerdings die literaturgeschichtliche Einordnung des Heiligkeitsgesetzes umstritten und Gegenstand umfassender Diskussion.29 So wurde das Heiligkeitsgesetz in älteren Ansätzen gerne als vorpriesterliches Gesetzeskorpus angesehen, das von den priesterlichen Autoren in ihr Werk integriert wurde.30 Dieser Ansatz 27 S.o. 26 mit Anm. 6. 28 Zur inhaltlichen Anlage von Lev 26, der eher die Bezeichnung „Verheißung und Drohung“ als die v.a. in älteren Ansätzen verwendete Bezeichnung „Segen und Fluch“ gerecht wird, vgl. etwa Hans Ulrich Steymans, „Verheißung und Drohung: Lev 26,“ in Levitikus als Buch, ed. Heinz-Josef Fabry und Hans-Winfried Jüngling, BBB 119 (Berlin; Bodenheim: Philo, 1999), 263–307, bes. 273; Reinhard Müller, „A Prophetic View of the Exile in the Holiness Code: Literary Growth and Tradition History in Leviticus 26,“ in The Concept of Exile in Ancient Israel and its Historical Contexts, ed. Ehud Ben Zvi und Christoph Levin, BZAW 404 (Berlin; New York: de Gruyter, 2010), 207–228, bes. 208; Krause, Bedingungen, 90. 29 Vgl. zum Folgenden auch Wöhrle, „Priestly Writing(s),“ 262–265. 30 So etwa Wellhausen, Composition, 149–172, und in neuerer Zeit noch Joosten, People, 5–7; Klaus Grünwaldt, Das Heiligkeitsgesetz Leviticus 17–26: Ursprüngliche Gestalt, Tradition und Theologie, BZAW 271 (Berlin: de Gruyter, 1999).
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wird in neuerer Zeit jedoch kaum mehr vertreten, da das Heiligkeitsgesetz erkennbar, und literkritisch unauflösbar, seinen vorliegenden Kontext, also das Exodusgeschehen, voraussetzt. Die Gesetze werden etwa immer wieder an Mose und das Volk adressiert, und es wird häufig auf die Situation des Volkes in der Wüste verwiesen. In der neueren Debatte um das Heiligkeitsgesetz sind daher insbesondere zwei weitere Positionen zur Entstehung des Heiligkeitsgesetzes von Bedeutung. So wird das Heiligkeitsgesetz bisweilen als ursprünglicher und integraler Bestandteil der Priesterschrift bzw. der priesterlichen Komposition des Pentateuch gesehen.31 Die priesterlichen Autoren selbst hätten somit – evtl. unter Aufnahme vorgegebenen Guts – das Heiligkeitsgesetz geschaffen. Zumeist wird das Heiligkeitsgesetz allerdings als nach- bzw. spätpriesterliche Ergänzung einer älteren Fassung des werdenden Pentateuch aufgefasst – sei es einer älteren Fassung einer noch unabhängigen Priesterschrift oder einer bereits priesterliche und nichtpriesterliche Texte umfassenden Vorstufe des Pentateuch.32 Ja, in der neuesten Forschung wird das Heiligkeitsgesetz häufig als Teil eines umfassenderen redaktionsgeschichtlichen Prozesses angesehen, als Werk einer Heiligkeitsschule oder gar einer groß angelegten Pentateuchredaktion, von der nicht nur das Heiligkeitsgesetz selbst, sondern auch weitere Nachträge und Ergänzungen über den gesamten Pentateuch eingebracht wurden.33 Und in der Tat spricht einiges dafür, dass das Heiligkeitsgesetz nicht auf derselben Ebene wie die priesterlichen Passagen des Pentateuch bzw. die priesterliche Erstausgabe des Pentateuch anzusetzen ist, sondern vielmehr als spätpriesterliche Ergänzung anzusehen ist. Dafür sprechen insbesondere inhaltliche Differenzen zwischen den priesterlichen Texten und dem Heiligkeitsgesetz. So ist der Begriff „ קדושׁheilig“, der im Heiligkeitsgesetz immer wieder verwandt wird (Lev 19,2; 20,7.26; 21,6–8; 24,9) und der Gesetzessammlung ihren Namen gab, in den priesterlichen Texten des Pentateuch an keiner Stelle belegt. Zudem widerspricht etwa das Verbot der profanen Schlachtung in Lev 17,1–9 der allgemeinen Erlaubnis des Fleischgenusses in Gen 9,3. Ein vergleichbarer Befund zeigt sich nun auch und gerade bei dem das Heiligkeitsgesetz abschließenden Kapitel Lev 26 und den hier belegten Aussagen über den Bund.34 Bemerkenswert sind zunächst die am Beginn des Kapitels stehenden Verheißungen in Lev 26,3– 13:
31 Vgl. hierzu Volker Wagner, „Zur Existenz des sogenannten ‚Heiligkeitsgesetzes‘,“ ZAW 86 (1974): 307– 316; Blum, Studien, 318–329; Andreas Ruwe, „Heiligkeitsgesetz“ und „Priesterschrift“: Literaturgeschichtliche und rechtssystematische Untersuchungen zu Leviticus 17,1–26,2, FAT 26 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1999), 27–33, sowie neuerdings Krause, Bedingungen, 82–85.93–108. 32 So erstmals Karl Elliger, Leviticus, HAT 4 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1966), 14–20. 33 Die These der (spät)priesterlichen Heiligkeitsschule wurde von Knohl, Sanctuary, begründet. Zur Annahme, dass das Heiligkeitsgesetz im Rahmen einer umfassenden Pentateuchredaktion eingebracht wurde, vgl. Otto, „Innerbiblische Exegese“; ders., „The Holiness Code in Diachrony and Synchrony in the Legal Hermeneutics of the Pentateuch,“ in The Strata of the Priestly Writings: Contemporary Debate and Future Directions, ed. Sarah Shectman und Joel Baden, ATANT 95 (Zürich: TVZ, 2009), 135–156; Nihan, Priestly Torah. 34 Die Entstehung von Lev 26 ist umstritten. So wird immer wieder mit einem komplexeren Wachstum des Kapitels gerechnet, in dessen Zusammenhang dann auch die im Folgenden zu besprechenden Rückbezüge auf die vorangehenden priesterlichen Passagen des Pentateuch eingebracht worden wären; vgl. hierzu etwa schon Elliger, Leviticus, 363–372, und in neuerer Zeit Müller, „Prophetic View.“ Zu beachten
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Von Generation zu Generation
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Wenn ihr nach meinen Satzungen lebt und meine Gebote haltet und sie befolgt, dann werde ich euch euren Regen geben zu seiner Zeit, und das Land wird seinen Ertrag geben, und die Bäume des Feldes werden ihre Frucht geben, ... 9 und ich werde mich euch zuwenden ()ופניתי אליכם, ich werde euch fruchtbar machen und euch mehren ()והפריתי אתכם והרביתי אתכם, und ich werde meinen Bund mit euch aufrichten (;)והקימתי את בריתי אתכם 10 ihr werdet das Altgewordene essen und das Alte vor dem Neuen hinausbringen; 11 ich werde meine Wohnung in eure Mitte geben ()ונתתי משׁכני בתוככם, und ich werde euch nicht verabscheuen (;)ולא תגעל נפשׁי אתכם 12 ich werde in eurer Mitte wandeln ()והתהלכתי בתוככם, und ich werde euch Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein ()והייתי לכם לאלהים ואתם תהיו לי לעם. 13 Ich bin Jhwh, euer Gott, der euch herausgeführt hat aus dem Land Ägypten, dass ihr nicht mehr Sklaven sein müsst; ich zerbrach die Stangen eures Jochs und ließ euch aufrecht gehen. 4
Die in Lev 26,3–13 vorgebrachten Verheißungen stehen nach 26,3 unter der Bedingung, dass die Angesprochenen die Satzungen und Gebote, also das vorangehende Heiligkeitsgesetz, halten. Unter dieser Bedingung wird den Angesprochenen agrarischer Erfolg, Sicherheit vor Feinden und schließlich auch die besondere Zuwendung Jhwhs – Fruchtbarkeit und Mehrung, das Aufrichten des Bundes und seine Anwesenheit unter dem Volk – verheißen. Gerade die zuletzt genannten, in Lev 26,9–12 belegten Zusagen, die die besondere Zuwendung Jhwhs verheißen, lassen nun zweifellos eine gewisse Nähe zu den klassischerweise den priesterlichen Passagen des Pentateuch zugewiesenen Texten erkennen.35 Die Rede von Fruchtbarkeit und Mehrung, vom Aufrichten des Bundes oder auch die hier belegte Bundesformel („ich werde euch Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein“) erinnern sehr deutlich an die vorangehenden priesterlichen Texte. Ja, die hier belegten Verheißungen weisen Formulierungen auf, die zuvor gerade an Zentralstellen des priesterlichen Werks belegt sind, etwa im Rahmen des priesterlichen Schöpfungsberichts Gen 1,1–2,4a, des Noahbundes Gen 9,1– 17, des Abrahambundes Gen 17, der Berufung des Mose Ex 6,2–8 oder auch der Verheißung am Sinai Ex 29,45–46.
ist aber, dass die in Lev 26 belegten Verheißungen und Drohungen, anders als das vorangehende Heiligkeitsgesetz, nicht auf die Situation des aus Ägypten ausziehenden Volkes bezogen sind, sondern bereits die Situation im Land – etwa agrarischen Erfolg oder Bedrohung durch Feinde – voraussetzen. Dies ist doch am ehesten so zu erklären, dass Lev 26 unter Aufnahme vorgegebenen Guts gestaltet wurde und die Rückbezüge auf die vorangehenden priesterlichen Passagen dann im Rahmen der Einarbeitung dieser Vorlagen in das Heiligkeitsgesetz und somit von den Autoren des Heiligkeitsgesetzes eingebracht wurden. Eine solch überlieferungsgeschichtliche Lösung vertreten auch schon Martin Noth, Das dritte Buch Mose: Leviticus, ATD 6, 2. Aufl. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1966), 171, oder Lohfink, „Abänderung.“ 35 Vgl. hierzu die Übersicht bei Lohfink, „Abänderung,“ 159–162; aufgenommen bei Krause, Bedingungen, 94–95.
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Bei genauerem Hinsehen zeigen sich nun aber nicht nur Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen den in Lev 26,9–12 belegten Verheißungen und den vorangehenden priesterlichen Passagen des Pentateuch, sondern auch sehr deutliche Differenzen.36 Wörtliche Parallelen finden sich de facto nur zur Verheißung von Fruchtbarkeit und Mehrung ()רבה ;פרה und zum Aufrichten des Bundes ( )הקים בריתin Lev 26,9.37 Die übrigen Verheißungen in Lev 26,9–12 weichen dagegen im konkreten Wortlaut von den vorangehenden priesterlichen Texten ab oder sind dort gänzlich ohne Parallele. So ist schon die in Lev 26,9 belegte Aussage „ich werde mich euch zuwenden“ ( )ופניתי אליכםin den priesterlichen Texten nicht belegt; das Verb פנהwird dort nicht verwandt, schon gar nicht mit Gott als Subjekt. Die in Lev 26,11 belegte Aussage „ich gebe meine Wohnung in eure Mitte“ ( )ונתתי משׁכני בתוככםerinnert zwar an die in Ex 29,45 belegte Verheißung „ich werde in der Mitte der Israeliten wohnen“ (ושׁכנתי )בתוך בני ישׂראל. Doch genau genommen liegt hier eine andere Formulierung und, was noch wichtiger ist, eine andere Vorstellung zugrunde, zielt doch das „Geben der Wohnung“ in Lev 26,11 auf die Einrichtung eines Heiligtums als Wohnort Jhwhs, wohingegen Ex 29,45 ganz direkt – ob nun im Heiligtum oder jenseits dessen – das Wohnen und somit die Anwesenheit Jhwhs unter seinem Volk verheißt. Für die in Lev 26,11 folgende Wendung „ich werde euch nicht verachten“ ( )ולא תגעל נפשׁי אתכםfindet sich wiederum keine Parallele in den priesterlichen Passagen des Pentateuch; das Verb געלist im gesamten Pentateuch nur in Lev 26 belegt.38 Auch die in Lev 26,12 belegte Aussage „ich werde in eurer Mitte wandeln“ ( )והתהלכתי בתוככםhat in den priesterlichen Passagen des Pentateuch keine Entsprechung; das Verb הלךhitp. wird in den priesterlichen Passagen für bedeutende Personen der Vergangenheit, für Henoch, Noah und Abraham, nie aber mit Gott als Subjekt gebraucht.39 Die in Lev 26,12 belegte Bundesformel „ich werde euch Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein“ ( )והייתי לכם לאלהים ואתם תהיו לי לעםhat zwar eine gewisse Entsprechung in Ex 6,7; dort stehen die beiden Glieder allerdings in umgekehrter Reihenfolge, und das Annehmen der Angesprochenen als Volk wird dort nicht wie in Lev 26,12 mit היה, sondern mit לקחformuliert: „ich nehme mir euch zum Volk“ ()ולקחתי אתכם לי לעם.40 36 So auch schon Lohfink, „Abänderung,“ 159–162. Anders als Lohfink übergeht Krause, Bedingungen, 94–95, die Differenzen zwischen Lev 26 und den vorangehenden priesterlichen Passagen. Ja, in seiner Tabelle (a.a.O., 95) lässt er die Formulierungen aus Lev 26, für die sich in den vorangehenden priesterlichen Texten kein Gegenstück findet, unberücksichtigt. Die von ihm behaupteten „überaus engen sachlichen und sprachlichen Zusammenhänge“ (ebd.) zwischen Lev 26 und den priesterlichen Texten stellen sich daher bei genauerem Hinsehen doch etwas anders dar. 37 Zur Verheißung von Fruchtbarkeit und Mehrung ( )רבה ;פרהvgl. Gen 1,22.28; 8,17; 9,1.7; 17,2.6.20; 28,3; 35,11; 47,27; 48,4; Ex 1,7; zur Wendung הקים בריתvgl. Gen 6,18; 9,9.11.17; 17,7.19.21; Ex 6,4. 38 Lev 26,11.15.30.43.44. 39 Zu הלךhitp. vgl. Gen 5,22.24 (Henoch); 6,9 (Noah); 17,1 (Abraham). Blum, Studien, 326, meint dagegen, dass die in Lev 26,12 belegte Verheißung, dass Gott in der Mitte des Volkes wandeln wird, sehr bewusst das zuvor genannte Wandeln der Gerechten vor Gott aufnimmt und nun, unter Umkehrung des Subjekts, „begrifflich den vorläufigen Abschluß der Konstitution einer neugeschaffenen Nähe Gottes“ (ebd.) markiert. Dies ist doch aber eine sehr freie Harmonisierung zweier recht unterschiedlicher Vorstellungen, zumal die „Konstitution einer neugeschaffenen Nähe Gottes“ in den priesterlichen Passagen schon in Ex 29,45–46, mit der dort belegten Zusage, dass Gott in der Mitte des Volkes wohnen wird, zum Ausdruck kommt. 40 Wenn also Krause, Bedingungen, 97, zu der in Lev 26 belegten Bundesformel schreibt: „In dieser Gestalt liegt die Formel ausschließlich in Ex 6,7 und Lev 26,12 vor.“, so gilt dies zwar für die hier wie dort
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Von Generation zu Generation
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Nun sind sicherlich nicht all diese Differenzen zwischen Lev 26,9–12 und den vorangehenden priesterlichen Passagen des Pentateuch gleich markant. Angesichts der Tatsache, dass sich die priesterlichen Passagen sonst durch eine ausgesprochen formelhafte Sprache auszeichnen, sind die Differenzen in ihrer Gesamtheit aber doch aussagekräftig. Sie sprechen – neben den zuvor genannten allgemeinen Überlegungen – klar dafür, dass das Kapitel Lev 26 und mit ihm das gesamte Heiligkeitsgesetz nicht auf der Ebene der Priesterschrift oder einer priesterlichen Komposition eingeordnet werden kann; das Heiligkeitsgesetz ist vielmehr als nach- bzw. spätpriesterliche Erweiterung anzusehen, die die priesterliche Erstausgabe des werdenden Pentateuch bereits voraussetzt und fortschreibt. Genau dies zeigt sich nun auch mit Blick auf die in Lev 26,9 belegte Erwähnung des Bundes. Beachtenswert ist zunächst, dass an dieser Stelle, wie schon in Gen 17,7.19.21, die Wendung הקים בריתvorliegt, die nach den vorangehenden Überlegungen das Aufrichten des Bundes bezeichnet.41 Anders als zumeist – und häufig ohne weitere Erklärung – angenommen, verheißt Lev 26,9 also nicht einfach nur die Bewahrung des bereits zwischen Gott und seinem Volk aufgerichteten Bundes.42 Vielmehr wird auch hier das Aufrichten, das Inkraftsetzen des Bundes zugesagt.43 Das heißt doch aber, dass auch Lev 26,9 die schon für Gen 17 herausgestellte Vorstellung zugrunde liegt, dass der erstmals zwischen Gott und Abraham aufgerichtete Bund nicht einfach von Abraham her über die folgenden Generationen weitervererbt wird. Es wird hier nicht verheißen, dass der von Abraham her bestehende Bund mit den in Lev 26 Angesprochenen bestehen und so bewahrt bleibt. Es wird hier vielmehr verheißen, dass der schon mit Abraham und dann auch mit seinen Nachfahren aufgerichtete Bund nun auch mit den Angesprochenen aufgerichtet wird. Lev 26 nimmt somit die bereits in Gen 17 belegte Vorstellung auf, dass der einst mit Abraham aufgerichtete Bund von Generation zu Generation aufs Neue in Kraft gesetzt wird. Und doch wird die priesterliche Bundeskonzeption in Lev 26 in einer entscheidenden Hinsicht weiterentwickelt. Das Aufrichten des Bundes wird hier in Lev 26,3–13 an die Voraussetzung gebunden, dass die Angesprochenen die Satzungen und Gebote, also das vorangehende Heiligkeitsgesetz, halten. Nur wenn die Angesprochenen das Gesetz halten, wird Gott auch mit ihnen seinen Bund aufrichten. Die in den priesterlichen Passagen des Pentateuch belegte Vorstellung eines unkonditionierten Bundes wird in Lev 26 also konditioniert.44
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belegte zweigliedrige Gestalt der Formel. Krause verschweigt allerdings, dass die Formel an den beiden Stellen unterschiedlich formuliert ist. S.o. 30. Vgl. nur Noth, Das dritte Buch Mose, 174 („Aufrechterhaltung seines Bundes“); Elliger, Leviticus, 374 („Bund ... zu festem Bestand bringen“); Erhard Gerstenberger, Das dritte Buch Mose, ATD 6 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993), 373 („Einhaltung des Bundes“); Steymans, „Verheißung,“ 298 („sein Versprechen einhalten“); Milgrom, Leviticus 23–27, 2343–2344 („fulfilling a covenant“); Thomas Hieke, Levitikus 16–27, HThKAT (Freiburg: Herder, 2014), 1048 („Bund ... aufrechterhalten“); Krause, Bedingungen, 92 („Zusage, den Bund ... aufrecht zu erhalten“). So auch Nihan, Priestly Torah, 538 Anm. 563, der dies allerdings als „contradiction“ und „tension“ zu Gen 17 versteht und daher keine weiteren Konsequenzen für das Verständnis der priesterlichen Bundeskonzeption zieht. Vgl. nur Lohfink, „Abänderung,“ bes. 166–167; Otto, „Innerbiblische Exegese,“ 177; Nihan, Priestly Torah, 539; Hieke, Levitikus 16–27, 1060.
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Beachtenswert sind sodann die in Lev 26,14–45 folgenden Drohungen. Für den Fall, dass sich die Angesprochenen nicht an die Satzungen und Gebote halten werden, wird hier eine fünffache Folge sich steigernder Strafen angedroht, die von agrarischem Misserfolg bis zur Exilierung des Volkes reichen. Im Rahmen der in Lev 26,14–45 belegten Drohungen wird nun gleich mehrfach auf den Bund verwiesen. So wird zunächst in Lev 26,15 die Missachtung der Satzungen und Gebote als Bruch des Bundes bezeichnet. In Lev 26,25 wird ein Schwert genannt, das die Rache des Bundes vollzieht. Auch an diesen Stellen zeigt sich somit, dass der Bund nach Lev 26 konditioniert vorgestellt wird, und zwar so, dass nicht nur das Aufrichten, sondern auch der Bestand des Bundes von Gott her an das Halten des Gesetzes gebunden ist. Eine längere Passage, in der die Geltung des Bundes nach dessen Bruch durch das Volk reflektiert wird, steht schließlich am Ende des Kapitels, in Lev 26,40–45: 40
Und sie werden ihre Schuld und die Schuld ihrer Väter bekennen, dass sie mir untreu gewesen sind und auch dass sie mir zuwidergehandelt haben 41 – auch ich handelte ihnen zuwider und brachte sie in das Land ihrer Feinde –. Dann wird sich ihr unbeschnittenes Herz demütigen, und sie werden ihre Schuld bezahlen. 42 Und ich werde meines Bundes mit Jakob ( )בריתי יעקובgedenken und auch meines Bundes mit Isaak ()בריתי יצחק, und auch meines Bundes mit Abraham ()בריתי אברהם werde ich gedenken, und des Landes werde ich gedenken. 43 Das Land wird von ihnen verlassen sein und wird seine Sabbate ersetzt bekommen, wenn es verödet ist ohne sie, und sie werden ihre Schuld bezahlen, weil sie meine Rechte verworfen und meine Satzungen verabscheut haben. 44 Aber auch wenn sie im Land ihrer Feinde sind, habe ich sie nicht verworfen und sie nicht so verabscheut, dass ich ihnen ein Ende bereite und so meinen Bund mit ihnen breche. Denn ich bin Jhwh, ihr Gott. 45 So gedenke ich für sie des Bundes mit den Vorfahren ()ברית ראשׁנים, die ich aus dem Land Ägypten herausgeführt habe, vor den Augen der Völker, um ihnen Gott zu sein. Ich bin Jhwh. In Lev 26,40–45 wird also über die zuvor angedrohten Strafen hinausgeblickt auf eine Zeit, in der das Volk seine Schuld bekennen und Jhwh daraufhin seines Bundes gedenken wird. Dabei ist zunächst beachtenswert, dass hier in Lev 26,42, vergleichbar mit Ex 2,24, vom Bund mit den Vätern, mit Abraham, Isaak und Jakob, die Rede ist. Doch anders als dort werden die drei Ahnherrn hier in umgekehrter Reihenfolge – Jakob, Isaak, Abraham – genannt. Zudem werden anders als dort nicht einfach nur die Namen der Väter aufgezählt. Vielmehr wird bei jedem einzelnen Ahnherrn das Wort „ בריתBund“ wiederholt, und beim letzten Glied wird zudem noch das Verb „ זכרgedenken“ wiederholt. Die Differenzen zwischen dem hier in Lev 26,42 und dem zuvor in Ex 2,24 belegten Verweis auf den Bund mit Abraham, Isaak und Jakob sprechen dann aber einmal mehr dafür, dass Lev 26 (wie überhaupt das Heiligkeitsgesetz) nicht den priesterlichen Passagen des Pentateuch zugewiesen werden kann.45 Lev 26 (wie überhaupt das Heiligkeitsgesetz) geht vielmehr auf eine nach- bzw. spätpriesterliche Bearbeitung zurück.
45 Siehe hierzu auch Nihan, „Priestly Covenant,“ 112.
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Von Generation zu Generation
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Die in Lev 26,42 belegte Aussage, dass Jhwh des Bundes mit Jakob, des Bundes mit Isaak und des Bundes mit Abraham gedenkt, ist sodann aber auch auf inhaltlicher Ebene bedeutsam. Denn wie schon bei Ex 2,24, ja, aufgrund der dreifachen Wiederholung des Wortes ברית sogar noch deutlicher als dort, erscheint der Bund mit den Vätern auch hier als ein Akt, der von Gott her in jeder Generation in Kraft gesetzt wird. Mit jedem Vater, mit Jakob, Isaak und Abraham, wurde je eigens ein Bund von Gott her aufgerichtet.46 Von hier aus lässt sich dann auch die in Lev 26,45 belegte Erwähnung des „Bundes mit den Vorfahren“ ( )ברית ראשׁניםerklären. Mit den an dieser Stelle genannten Vorfahren, die Jhwh aus Ägypten herausgeführt hat, ist doch recht eindeutig die Exodusgeneration im Blick. Es wurde daher viel gerätselt, wie sich der hier in Lev 26,45 genannte Bund mit der Exodusgeneration zu dem zuvor in 26,42 belegten Väterbund verhält.47 Wenn es aber richtig sein sollte, dass die spätpriesterlichen Bearbeiter in Lev 26 das priesterliche Konzept eines in jeder Generation neu von Gott her aufgerichteten Bundes aufnehmen, dann erklärt sich doch ohne weiteres, dass in Lev 26,40–45 gleichermaßen vom Bund mit den Vätern und vom Bund mit der Exodusgeneration die Rede sein kann. Der Bund mit den (drei) Vätern und der Bund mit der Exodusgeneration sind dann gewissermaßen einzelne Stationen des von Gott her von Generation zu Generation aufgerichteten Bundes. Vor eben diesem Hintergrund – vor dem Hintergrund des einst mit den einzelnen Vätern und dann auch mit der Exodusgeneration aufgerichteten Bundes – wird nun in Lev 26,40–45 verheißen, dass Jhwh sich auch des aufgrund der Missachtung des Gesetzes der Strafe verfallenen und deshalb ins Exil geführten Volkes annehmen wird. So wird in Lev 26,44 betont, dass Jhwh sein Volk, auch wenn sie sich im Land ihrer Feinde, d.h. im Exil, befinden, nicht verworfen hat und dass er seinen Bund nicht gebrochen hat. Die hier belegte Aussage, dass Jhwh seinen Bund nicht gebrochen hat, kann nach den vorangehenden Überlegungen doch nur so verstanden werden, dass auch für diejenigen, die aufgrund ihres Ungehorsams gegenüber dem Gesetz die Strafe erfahren haben, die Möglichkeit besteht, dass Jhwh mit ihnen seinen Bund wieder aufrichtet. Da der Bund ohnehin von Generation zu Generation und so stets aufs Neue wieder aufgerichtet wird, stehen auch sie unter der Verheißung, dass Jhwh selbst mit ihnen seinen Bund wieder in Kraft setzen wird. Wie schon in Lev 26,3–13 ist nun aber auch die hier am Ende von Lev 26 vorgebrachte Aussicht, dass Jhwh den Bund mit seinem Volk aufrichtet, an eine Bedingung geknüpft. Nach Lev 26,40 steht die erneute Zuwendung Jhwhs und so auch das erneute Aufrichten des Bundes unter der Voraussetzung, dass das Volk seine Schuld und seine Untreue bekennt, dass es sich demütigt und seine Schuld bezahlt.48 Die Umkehr zu Jhwh, die Umkehr von der Untreue 46 So auch Mark G. Brett, Locations of God: Political Theology in the Hebrew Bible (Oxford: Oxford University Press, 2019), 65. 47 So meinte etwa Walter Groß, Zukunft für Israel: Alttestamentliche Bundeskonzepte und die aktuelle Debatte um den Bund, SBS 176 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1998), 97–99, dass auch der „Bund mit den Vorfahren“ auf den Väterbund zielt (vgl. aber die Korrektur seiner These in ders., „Individualisierung,“ 81); nach Joosten, People, 113–114, bezieht sich der „Bund mit den Vorfahren“ auf die Exodusgeneration; nach Milgrom, Leviticus 23–27, 2339; Nihan, „Priestly Covenant,“ 112; Hieke, Levitikus 16– 27, 1097, ist hier gleichermaßen der Väter- und der Sinaibund im Blick. 48 Vgl. hierzu etwa Otto, „Innerbiblische Exegese,“ 178; Nihan, Priestly Torah, 540; Thomas Hieke, „The Covenant in Leviticus 26: A Concept of Admonition and Redemption,“ in Covenant in the Persian Pe-
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und – dies ist im vorliegenden Zusammenhang wohl mitzudenken – die Rückkehr zum Gesetz, ist also die Voraussetzung für das erneute Aufrichten des Bundes durch das Gericht hindurch. Wie schon bei der zu Beginn des Kapitels in Lev 26,3–13 vorgebrachten Verheißung ist also auch das in 26,40–45 in Aussicht gestellte Aufrichten des Bundes mit dem untreu gewordenen und hierfür abgestraften Volk an das Gesetz gebunden. In Lev 26 wird somit das in der priesterlichen Erstausgabe des Pentateuch vorgestellte Konzept eines von Generation zu Generation je aufs Neue aufgerichteten Bundes aufgenommen. Es wird aber in einer entscheidenden Richtung weiterentwickelt. Das Aufrichten des Bundes wird hier an das Halten des Gesetzes gebunden. Wenn das Volk sich an das Gesetz hält, wird Gott seinen Bund mit ihm aufrichten. Hält es sich nicht an das Gesetz, wird es dafür Strafen – von Missernten über feindliche Übergriffe bis zur Exilierung – erfahren. Doch auch nach dem Bruch des Gesetzes und der dafür erfahrenen Strafe gibt es einen Weg zurück zu Gott und in den Bund. Kehrt das Volk zu Jhwh und zu seinem Gesetz zurück, wird Jhwh auch mit dem abgefallenen Volk seinen Bund wieder aufrichten. Auch die hinter dem Heiligkeitsgesetz erkennbare spätpriesterliche Bearbeitung des werdenden Pentateuch reflektiert somit die besondere Situation des Volkes nach dem Exil. Unter Aufnahme des in den älteren priesterlichen Passagen entwickelten Konzepts eines von Generation zu Generation je aufs Neue aufgerichteten Bundes wird den Rückkehrern aus dem Exil auch hier versichert, dass auch sie unter der Zusage stehen, dass Gott seinen Bund mit ihnen wieder aufrichtet, sich ihrer annimmt und ihnen das Land zum Besitz gibt. Doch über die älteren priesterlichen Passagen hinaus werden nun mit der Konditionierung des Bundes, mit der Verbindung von Bund und Gesetz, auch die Gründe entfaltet, die zur Exilskatastrophe führten, sowie die Voraussetzungen herausgestellt, unter denen sich Gott seinem Volk wieder zuwenden wird. Es war der als Bundesbruch zu deutende Abfall vom Gesetz, der zur Exilierung führte; und es ist die Rückkehr zum Gesetz, die das erneute Aufrichten des Bundes von Gott her ermöglichen wird.
3. Die Aufnahme in den Bund: Genesis 17,9–14.23–27 Im Rahmen des in Gen 17 belegten Abrahambundes steht in Gen 17,9–14 die gerne als Beschneidungsordnung bezeichnete Forderung, dass Abraham und seine Nachkommen alle männlichen Angehörigen ihres Haues beschneiden lassen sollen, als Zeichen des Bundes an ihrem Fleisch. Wer dies nicht tut, bricht den Bund und wird aus dem Volk ausgeschlossen. In Gen 17,23–27 wird sodann berichtet, dass Abraham, Ismael wie auch die Sklaven des Hauses tatsächlich beschnitten werden. Wie bereits an anderer Stelle begründet, spricht einiges dafür, dass die in Gen 17,9–14 belegte Beschneidungsordnung und damit zusammenhängend auch die in Gen 17,23–27 belegte Notiz über die Beschneidung von Abraham und den männlichen Angehörigen seines Hauses nicht der priesterlichen Grundschicht des Kapitels zuzurechnen ist, sondern im Rahmen einer sekundären, dann als spätpriesterlich zu bezeichnenden Bearbeitung eingebracht
riod: From Genesis to Chronicles, ed. Richard J. Bautch und Gary N. Knoppers (Winona Lake: Eisenbrauns, 2015), 75–89, bes. 80.
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wurde.49 Dafür spricht zunächst, dass mit der Beschneidungsordnung der in Gen 17,1–8 unkonditioniert vorgebrachte Abrahambund – oder genau genommen die individuelle Aneignung des Bundes –50 nachträglich konditioniert wird.51 Dafür spricht sodann, dass der Beschneidung als Zeichen des Bundes in Gen 17,9–14 eine andere Funktion zukommt als dem im Rahmen des priesterlichen Noahbundes in Gen 9,12–17 als Bundeszeichen genannten Regenbogen; die Beschneidung wird hier als Bedingung und so als Zeichen der Aufnahme in den Bund vorgestellt und nicht wie dort als ein für Gott selbst bestehendes Erinnerungszeichen an den Bund.52 Schließlich und vor allem erweist sich die Beschneidungsordnung deshalb als Zusatz, weil hier nicht nur wie in Gen 17,1–8 Abraham und seine Nachkommen als Bundespartner in den Blick genommen werden. Nach der Beschneidungsordnung in Gen 17,9–14 sollen auch die Sklaven des Hauses beschnitten werden; auch sie tragen somit das Zeichen des Bundes an ihrem Leib. Die Beschneidungsordnung erweitert also gegenüber Gen 17,1–8 den Kreis der Bundespartner über die Gruppe der Abrahamnachkommen hinaus. Dies spricht doch aber sehr deutlich dafür, dass die Beschneidungsordnung in Gen 17,9–14 und mit ihr dann auch der kurze Bericht über die Beschneidung von Abraham und den männlichen Angehörigen des Hauses in Gen 17,23–27 dem Kapitel erst sekundär zugefügt wurden.53 49 Vgl. hierzu Jakob Wöhrle, „The Integrative Function of the Law of Circumcision,“ in The Foreigner and the Law: Perspectives from the Hebrew Bible and the Ancient Near East, ed. Reinhard Achenbach, Rainer Albertz und Jakob Wöhrle, BZABR 16 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2011), 71–87, bes. 74–78; ders., Fremdlinge, 45–50. Dass die in Gen 17,9–14 belegte Beschneidungsordnung (wohl zusammen mit Gen 17,23–27) als Nachtrag aufzufassen ist, meinen sodann auch Max Löhr, Untersuchungen zum Hexateuchproblem, BZAW 38 (Gießen: Töpelmann, 1924), 12–15; Klaus Grünwaldt, Exil und Identität: Beschneidung, Passa und Sabbat in der Priesterschrift, BBB 85 (Frankfurt: Hain, 1992), 27–46; Christoph Levin, Der Jahwist, FRLANT 157 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993), 157; Seebass, Genesis II, 111– 112; Mark G. Brett, „The Priestly Dissemination of Abraham,“ HBAI 3 (2014), 87–107, bes. 89–95; Joseph Blenkinsopp, „The ‚Covenant of Circumcision‘ (Gen 17) in the Context of the Abraham Cycle (Gen 11:27–25:11): Preliminary Considerations,“ in The Post-Priestly Pentateuch: New Perspectives on its Redactional Development and Theological Profiles, ed. Federico Giuntoli und Konrad Schmid, FAT 101 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015), 145–156, bes. 148–153. Gegen diese These haben sich jüngst Köckert, „Bund,“ 14–16, und Krause, Bedingungen, 68–70, ausgesprochen. 50 S.u. 42–43. 51 Köckert, „Bund,“ 15, hat natürlich recht, dass die Beschneidung nicht als Bedingung für den Bund, sondern nur als Bedingung für die individuelle Aneignung des Bundes vorgestellt wird. Insofern muss sie nicht zwingend der in Gen 17,1–8 belegten Vorstellung eines ewigen und unbedingten Bundes widersprechen. Es ist und bleibt allerdings doch bemerkenswert, dass in Gen 17,1–8 zunächst uneingeschränkt Abraham und seinen Nachkommen ein Bund zugesprochen wird, der dann aber in 17,9–14 – mit Blick auf den Einzelnen – an eine Bedingung geknüpft wird. 52 Die unterschiedliche Funktion des Bundeszeichens in Gen 9 und Gen 17 will Köckert, „Bund,“ 16, und im Anschluss an ihn auch Krause, Bedingungen, 68, nicht als Argument für den sekundären Charakter von 17,9–14 gelten lassen, da die beiden Bundesschlüsse in unterschiedlichen Kontexten verankert sind – der Noahbund gilt der gesamten Menschheit, der Abrahambund aber dem eigenen Volk. Es ist und bleibt doch aber ein Problem, dass bei beiden Bundesschlüssen – die ja auch sonst, etwa mit der Verheißung von Fruchtbarkeit und Mehrung (Gen 9,1.7; 17,2.6.20), einige Gemeinsamkeiten haben – ein Bundeszeichen genannt wird, dies aber einmal ein Zeichen für Gott, einmal ein Zeichen am Menschen ist. Dies lässt sich wohl doch am ehesten so erklären, dass solch ein Bundeszeichen zunächst nur in Gen 9 belegt war und dann von dort her – aber eben mit anderer Funktion – nach Gen 17 übertragen wurde. 53 Köckert, „Bund,“ 17–18, meint dagegen, dass die Sklaven des Hauses wie auch Ismael beschnitten werden, weil sie zum Haushalt gehören. „Nicht die Beschneidung an sich ermöglicht die Teilhabe am Bund,
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Es ist nun schon häufiger aufgefallen, dass die in Gen 17,9–14 belegte Beschneidungsordnung sowie der hiermit verbundene Bericht über die Beschneidung von Abraham, Ismael und den Sklaven des Haues in 17,23–27 einige auffällige terminologische Verbindungen zum Heiligkeitsgesetz und zu weiteren spätpriesterlichen Texten des Pentateuch aufweisen.54 So steht der Ausdruck „ בן נכרSohn eines Fremden“ im gesamten Pentateuch nur hier in Gen 17,12.27, im Heiligkeitsgesetz in Lev 22,25 sowie in dem spätpriesterlichen Vers Ex 12,43. Die in Gen 17,14 belegte Wendung „ ונכרתה הנפשׁ ההוא מעמיהer wird ausgeschlossen aus seinem Volk“ ist gleich mehrfach im Heiligkeitsgesetz (Lev 17,10; 18,29; 19,8; 20,6; 23,29) sowie an einigen weiteren, wohl ebenfalls als spätpriesterlich zu bezeichnenden Stellen belegt (Ex 31,14; Lev 7,20.21.25.27; Num 9,13; 15,30; vgl. Ex 12,15.19; Num 19,13.20). Die Formulierung „ פרר בריתden Bund brechen“ findet sich neben Gen 17,14 auch in Lev 26,15.44. Die in Gen 17,23.26 belegte Wendung בעצם היום ההואist schließlich auch in Lev 23,14.21.28.29.30 belegt. Die in Gen 17,9–14.23–27 erkennbare Bearbeitung zeigt also auf terminologischer Ebene eine deutliche Nähe zum Heiligkeitsgesetz und anderen spätpriesterlichen Texten des Pentateuch. Anders als bisweilen vermutet heißt dies aber nicht, dass Gen 17,9–14.23–27 auf dieselbe Hand zurückgeht, die auch das Heiligkeitsgesetz (und weitere spätpriesterliche Texte) in den werdenden Pentateuch eingebracht hat.55 Die in Gen 17 erkennbaren Nachträge können nicht der gerne als Heiligkeitsschule bzw. Heiligkeitsredaktion bezeichneten Großbearbeitung des Pentateuch zugewiesen werden, der das Heiligkeitsgesetz und auch weitere spätpriesterliche Texte zugeschrieben werden. Zu beachten ist nämlich, dass sich die in Gen 17,9–14.23–27 belegte Bundesvorstellung sehr deutlich von der in Lev 26 erkennbaren Vorstellung unterscheidet. So wird zwar hier wie dort eine Bedingung für den Bund formuliert – hier die Beschneidung, dort das Halten des Gesetzes. Bedeutsam ist aber zum einen, dass hier in Gen 17,9–14 nicht das Kollektiv, das Volk, sondern das Individuum in den Blick genommen wird.56 Die Beschneidungsordnung zielt auf den Einzelnen, der beschnitten werden soll bzw. dessen männliche Angehörige beschnitten werden sollen. Ganz entsprechend ist auch der in Gen 17,14 genannte Bundesbruch auf den Einzelnen bezogen, der nicht beschnitten ist und eben deshalb „aus seinem Volk (!)“ ausgeschlossen werden soll.57
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sondern nur die Beschneidung derer, die aus der Linie Abraham, Isaak und ... Jakob stammen.“ Das steht im Text aber schlicht nicht da; siehe hierzu auch unten 43–44. Vgl. Knohl, Sanctuary, 102 Anm. 145; Saul M. Olyan, Rites and Rank: Hierarchy in Biblical Representations of Cult, (Princeton: Princeton University Press, 2000), 154–155; Brett, „Priestly Dissemination,“ 90. Anders Knohl, Sanctuary, 104; Olyan, Rites, 154–155; Brett, „Priestly Dissemination,“ 90, die Gen 17,9– 14 (teilweise oder in Gänze) der Heiligkeitsschule zuweisen wollen. Vgl. hierzu insbesondere Hermann-Josef Stipp „‚Meinen Bund hat er gebrochen‘ (Gen 17,14): Die Individualisierung des Bundesbruchs in der Priesterschrift,“ MTZ 56 (2005): 290–304; Groß, „Individualisierung.“ Krause, „Individualisierung,“ 199–202; ders., Bedingungen, 77, verweist dagegen auf die in Gen 17,14 belegte karet-Formel ()ונכרתה הנפשׁ ההוא מעמיה, die seiner Ansicht nach stets als Sanktion für gemeinschaftsschädigendes Verhalten verwandt wird. Daraus zieht er den Schluss, dass auch mit der Beschneidungsordnung der Einzelne in seiner Verantwortung für die Gemeinschaft angesprochen wird. Eine Individualisierung des Bundesbruchs (und somit einen Widerspruch zu Lev 26) will er daher in der Beschneidungsordnung nicht erkennen. Nun mag richtig sein, dass die karet-Formel stets gegen gemeinschaftsschädigendes Verhalten gerichtet ist. Fakt ist doch aber, dass die karet-Formel androht, dass der
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Zum anderen ist zu beachten, dass die Beschneidung nach Gen 17,9–14 nicht als Bedingung oder Voraussetzung für das Aufrichten oder den bleibenden Bestand des zuvor genannten Bundes vorgestellt wird. Die Beschneidung ist vielmehr Bedingung für die individuelle Aneignung des von Gott mit Abraham und seinen Nachkommen aufgerichteten Bundes. Die Beschneidungsordnung zielt auf die individuelle Aufnahme in diesen Bund. Das heißt dann aber, dass sich die Bundesvorstellung der in Gen 17,9–14 belegten Beschneidungsordnung ganz erheblich von der Bundesvorstellung der in Lev 26 belegten Verheißungen und Drohungen unterscheidet. In Gen 17,9–14 ist die Beschneidung die Bedingung, dass der Einzelne in den bereits aufgerichteten Bund aufgenommen wird. In Lev 26 wird dagegen das Halten des Gesetzes als Bedingung vorgestellt, dass der Bund überhaupt erst (in der jeweiligen Generation) aufgerichtet wird. Die in Gen 17,9–14.23–27 erkennbaren Nachträge und das in Lev 17–26 belegte Heiligkeitsgesetz können somit nicht ein und derselben Bearbeitung – also etwa einer spätpriesterlichen Heiligkeitsschule – zugewiesen werden.58 Die in Gen 17,9–14.23–27 erkennbaren Nachträge gehen vielmehr auf eine Bearbeitung zurück, die – aufgrund der genannten terminologischen Verbindungen – das Heiligkeitsgesetz bereits voraussetzt und somit nochmals später als das Heiligkeitsgesetz anzusetzen ist. Die in Gen 17,9–14 belegte Beschneidungsordnung und die damit zusammenhängende Notiz über die Beschneidung von Abraham und den männlichen Angehörigen seines Hauses in Gen 17,23–27 wurden also im Rahmen einer spätpriesterlichen, nach dem Heiligkeitsgesetz anzusetzenden Bearbeitung ergänzt. Mit der so ergänzten Beschneidungsordnung wird nun im Rahmen des Abrahambundes eine Bedingung für die individuelle Aufnahme in diesen Bund vorgebracht. Die Beschneidung erscheint nun als Voraussetzung für die Zugehörigkeit des Einzelnen zu dem mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossenen Bund. Die Beschneidungsordnung leistet aber noch mehr. So ist bedeutsam, dass in Gen 17,9– 14 nicht nur – wie beim vorangehenden Bundessschluss in 17,7–8 – Abraham und seine Nachkommen als Bundespartner genannt werden. Nach Gen 17,12–13 sollen vielmehr auch die Sklaven des Hauses beschnitten werden, und zwar „der im Haus geborene und der von Fremden um Geld gekaufte Sklave, der nicht aus deiner Nachkommenschaft ist“ (יליד בית )ומקנת כסף מכל בן נכר אשׁר לא מזרעך הוא. Dazu passt, dass nach Gen 17,23–27 auch Ismael beschnitten wird, obgleich nach den vorangehenden Versen Gen 17,15–21 der mit Abraham geschlossene Bund doch mit Isaak, und gerade nicht mit Ismael, aufgerichtet werden soll. Nach der in Gen 17,9–14 belegten Beschneidungsordnung geht die Gruppe derer, die beschnitten werden sollen, also über den Kreis von Abraham und seinen Nachkommen hinaus.59 Dass, wie bisweilen behauptet wird, nach Gen 17 die Sklaven und auch Ismael nur deshalb Einzelne wegen seines Verhaltens aus der Gemeinschaft ( )מעמיהausgeschlossen wird. Die karet-Formel zielt also gerade nicht auf eine gegen das Kollektiv, sondern vielmehr auf eine gegen das Individuum gerichtete Sanktion. Die in Gen 17,14 belegte karet-Formel spricht somit nicht dagegen, sondern vielmehr dafür, dass die Beschneidungsordnung auf den Einzelnen und nicht auf das Kollektiv ausgerichtet ist, was dann durchaus eine bedeutende Differenz zu Lev 26 darstellt. Zur Kritik an Krause vgl. auch Groß, „Individualisierung,“ 75–76. 58 Das heißt dann natürlich auch, dass Gen 17,9–14.23–27 und Lev 26 (selbst wenn die zuerst genannten Texte doch zur Grundschicht von Gen 17 gehören würden) nicht als Teile einer einheitlichen priesterlichen Komposition erklärt werden können. 59 Vgl. hierzu auch Brett, „Priestly Dissemination,“ 89–95.
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Jakob Wöhrle
beschnitten werden, weil sie zum Haushalt gehören, und dass die Beschneidung der Sklaven und auch Ismaels daher nicht bedeuten kann, dass auch sie in den Bund aufgenommen werden, ist im Text durch nichts angezeigt.60 In Gen 17,9–14 wird keine Zwei-Klassen-Beschneidung begründet, die bei den einen als „Zeichen des Bundes“, bei den anderen dagegen nur als Zeichen der Zugehörigkeit zum Haushalt der Abrahamnachkommen verstanden werden kann. Die Beschneidung wird hier vielmehr ganz generell als „Zeichen des Bundes“ und so als Zeichen der Zugehörigkeit zu dem mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossenen Bund dargestellt. In Gen 17,9–14 wird die Beschneidung somit nicht nur für die Angehörigen des eigenen Volkes als Weg der individuellen Aneignung des Abrahambundes vorgestellt. Die Beschneidung erscheint hier auch für Außenstehende, für Fremde, als Weg und so als Möglichkeit der Aufnahme in diesen Bund. Dass die Beschneidungsordnung tatsächlich auch auf die Aufnahme von Außenstehenden in den Abrahambund zielt, zeigt sich sodann auch an den in Ex 12,43–45.48–49 belegten Regelungen zum Zugang von Fremden zum Passahfest, die dort wohl ebenfalls – und wohl im Rahmen derselben spätpriesterlichen Bearbeitung, die auch Gen 17,9–14.23–27 eingebracht hat – erst sekundär ergänzt wurde.61 So wird in Ex 12,44.48 geregelt, dass die „um Geld gekauften Sklaven“ ( )עבד אישׁ מקנת כסףwie auch die Fremden ( )גרam Passah teilnehmen dürfen, wenn sie sich beschneiden lassen. Die Beschneidung dient also auch dort der Integration von Außenstehenden in die eigene Volks- und Kultgemeinschaft. Sie dient auch dort, so könnte man von Gen 17 her sagen, der Integration von Außenstehenden in den Bund. Die in Gen 17,9–14 ergänzte Beschneidungsordnung regelt also nicht nur ganz allgemein die individuelle Aneignung des Bundes und so die Aufnahme in den Bund. Die Beschneidungsordnung regelt auch den Zugang zum Bund für Außenstehende, die nicht zum eigenen Volk gehören. Bemerkenswert ist schließlich, dass am Beginn der Beschneidungsordnung in Gen 17,9 eigens herausgestellt wird, dass die folgende Ordnung von Abraham und seinen Nachkommen „nach ihren Generationen“ ( )לדרתםbefolgt werden soll. Wie schon in Gen 17,7 für das Aufrichten des Bundes wird also auch hier in Gen 17,9 für die Beschneidung und so für die individuelle Aneignung des Bundes herausgestellt, dass dies von Generation zu Generation erfolgen soll. Wie der Bund von Gott her immer wieder aufs Neue aufgerichtet wird, so soll der Bund auch von den Menschen immer wieder aufs Neue angeeignet werden. Wie schon die spätpriesterliche Bearbeitung in Lev 26 adaptiert also auch die nochmals später anzusetzende Bearbeitung in Gen 17,9–14.23–27 die bereits in der priesterlichen Erstausgabe begründete Vorstellung des von Gott von Generation zu Generation aufs Neue aufgerichteten Bundes. Diese Vorstellung wird nun aber in Gen 17,9–14.23–27 auf die Aneignung des Bundes bezogen, und sie wird dabei über den engeren Kreis der Abrahamnachfahren ausgeweitet. Der von Generation zu Generation von Gott her aufgerichtete Bund erscheint so als offen für die immer wieder aufs Neue vollzogene Aneignung und Aufnahme, und zwar sowohl für die Angehörigen des eigenen Volkes als auch für Außenstehende. Auch die spätpriesterliche Ergänzung in Gen 17,9–14.23–27 lässt sich dann gut vor dem Hintergrund der besonderen Situation des Volkes in nachexilischer Zeit verstehen. Mit der Beschneidungsordnung, die auf die stets aufs Neue notwendige, aber zugleich auch mögliche 60 Gegen Blum, Komposition, 422; Köckert, „Bund,“ 17–18. 61 Vgl. hierzu Grünwaldt, Exil, 64.227–228; Knohl, Sanctuary, 104; Brett, „Priestly Dissemination,“ 92.
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Aneignung des Bundes zielt, wird hier einmal mehr herausgestellt, dass – gewissermaßen auch nach dem zwischenzeitlichen Abfall vom Bund – immer wieder aufs Neue ein Weg in den Bund bereitsteht. Zudem wird mit der Beschneidungsordnung – wohl angesichts der in persischer Zeit zunehmenden Anwesenheit von Fremden im eigenen Land – nun erstmals eine Möglichkeit geschaffen, dass immer wieder auch Außenstehenden die Integration in den Abrahambund offensteht.
Fazit Der Bund zwischen Gott und seinem Volk gehört zweifellos zu den bedeutenden theologischen Vorstellungen der priesterlichen und spätpriesterlichen Texte des Pentateuch. Die priesterlichen und spätpriesterlichen Texte zeigen dabei gemeinsame, verbindende Motive; sie lassen aber auch deutliche Weiterentwicklungen der Bundeskonzeption erkennen. Allen Texten gemein ist, dass der Bund von Gott her von Generation zu Generation neu aufgerichtet wird. Der einst mit Abraham geschlossene Bund wird nicht einfach an die folgenden Generationen weitervererbt. Der Bund wird vielmehr von Gott her mit einer jeden Generation, und somit stets aufs Neue, in Kraft gesetzt. In der priesterlichen Grundschicht von Gen 17 erscheint der Bund als unbedingter, ohne menschliche Vorleistung oder Bedingung aufgerichteter Bund. Der Bund, der die besondere Zuwendung Gottes zu Abraham und seinen Nachfahren sowie den Besitz des Landes umfasst, wird von Gott her auf Ewigkeit zugesagt. Abraham und seine Nachfahren stehen somit unter der unverbrüchlichen Zusage, dass Gott seinen Bund von Generation zu Generation aufs Neue aufrichtet. Mit den am Ende des Heiligkeitsgesetzes in Lev 26 belegten Verheißungen und Drohungen wird das Aufrichten des Bundes dann an das Gesetz gebunden. Die Treue zum Gesetz wird hier zur Bedingung, dass Gott seinen Bund von Generation zu Generation wieder aufrichtet. Die in Gen 17,9–14.23–27 ergänzte Beschneidungsordnung sowie die damit zusammenhängende Notiz, dass Abraham und die männlichen Angehörigen seines Hauses beschnitten werden, nennt sodann eine Bedingung für die von Generation zu Generation zu vollziehende Aneignung des Bundes. Die Beschneidung wird hier als Weg vorgestellt, auf dem die Abrahamnachfahren, aber erstmals auch Außenstehende, in den Bund aufgenommen werden. Die priesterlichen und spätpriesterlichen Texte über den Bund können somit allesamt als Reaktion auf die spezifische Situation des Volkes nach dem Exil angesehen werden. Ja, die priesterlichen und spätpriesterlichen Texte können als in Anbetracht der Exilserfahrung vorgenommene, immer weitergehende Reflexion über den bleibenden Bestand der Verheißungen – der Verheißung der Zuwendung Gottes und der Verheißung des Landbesitzes – gelesen werden. Mit diesen Texten wird zugesagt, dass Gott seinen Bund von Generation zu Generation, und deshalb auch mit den Angehörigen des Volkes nach dem Exil, in Kraft setzt und so zu seinen Verheißungen steht. Gerade in den spätpriesterlichen Texten werden dann aber auch die Voraussetzungen für solch ein immer wieder aufs Neue vorgenommenes Inkraftsetzen des Bundes sowie die Voraussetzungen für die immer wieder aufs Neue – für Angehörige des eigenen Volkes wie auch für Fremde – mögliche Aufnahme in den Bund herausgestellt.
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Jakobs Kampf am Jabbok (Genesis 32,23–33) Christoph Levin
Die Szene vom Kampf am Jabbok ist in den Ablauf von Jakobs Rückwanderung nachträglich eingeschoben worden, „wie […] ihre unglückliche Stellung inmitten der Erzählung von der Begegnung Jakobs mit Esau zeigt“.1 Die Vorbereitungen, die Jakob für das Zusammentreffen mit Esau trifft, „waren von Hause aus natürlich nicht so gedacht, daß die Begegnung selbst von ihnen noch durch den Jabbokübergang getrennt sein würde“.2 Stattdessen „sprengt die Penuʾel-Erzählung die beiden Esau-Geschichten, zwischen denen sie steht, geradezu aus einander“.3 Die Erzählung enthält zahlreiche Brüche und Verwerfungen, die immer gesehen wurden.4 Lange Zeit hat man versucht, die Spannungen mit Hilfe einer Quellenscheidung zu lösen, indem man den Text auf Jahwist und Elohist verteilte.5 Das hat zu keinem überzeugenden Ergebnis geführt. „Die Dubletten, die man in der Erzählung hat nachweisen wollen, beruhen auf schlechter Exegese.“6 Wenn im Gegenzug aber, mit Abstrichen für V. 24 und V. 33, die literarische Einheitlichkeit behauptet wird,7 wird das der Beschaffenheit ebenso wenig gerecht, selbst wenn zugleich die tatsächliche Uneinheitlichkeit anerkannt, aber in die Überlieferungsgeschichte verlegt wird. Von „hoher erzählerischer Kohärenz“8 ist nichts zu sehen. Gerhard von Rad hat vielmehr beobachtet: „Mehr als bei anderen alten Väterüberlieferungen wird uns bei dieser Erzählung etwas von dem langen Gestaltungsprozeß deutlich, dem dieser Stoff […] unterworfen war. Viele Generationen haben an ihm geformt und gedeutet […], bis er zu der endgültigen Gestalt erstarrt ist, in der er jetzt vorliegt. Das Wissen um eine 1 2 3 4 5
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Martin Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch (Stuttgart: Kohlhammer, 1948), 110–111. Noth, Pentateuch, 111 Anm. 297. Hermann Gunkel, Genesis übersetzt und erklärt, HK I 1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 31910). John L. McKenzie, „Jacob at Peniel: Gn 32,24–32,“ CBQ 25 (1963): 71–76, dort 71–72, hat sie knapp, Peter Weimar, „Beobachtungen zur Analyse von Gen 32,23–33,“ BN 49 (1989): 53–81; 50 (1989): 58– 94, dort 49 und 69–77, im einzelnen zusammengestellt. Heinrich Holzinger, Genesis erklärt, KHC 1 (Freiburg i. B.: Mohr Siebeck, 1898), 210; Gunkel, Genesis, 359–360; John Skinner, A Critical and Exegetical Commentary on Genesis, ICC (Edinburgh: Clark, 2 1930), 407; Otto Procksch, Die Genesis übersetzt und erklärt, KAT 1 (Leipzig: Deichert, 1913), 186. 359; und weitere. Rudolf Smend, Die Erzählung des Hexateuch auf ihre Quellen untersucht (Berlin: Reimer, 1912), 86. So Charles J. Ball, The Book of Genesis. Critical Edition of the Hebrew Text, SBOT 1 (Leipzig; Baltimore; London: J. C. Hinrich’sche Buchhandlung, 1896), 28; Noth, Pentateuch, 31 Anm. 98; Eckart Otto, Jakob in Sichem, BWANT 110 (Stuttgart: Kohlhammer, 1979), 40; Erhard Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1984), 144; Axel Graupner, Der Elohist. Gegenwart und Wirksamkeit des transzendenten Gottes in der Geschichte, WMANT 97 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2002), 278; und weitere. Blum, Vätergeschichte, 144.
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Christoph Levin
so lange Vorgeschichte […] geht jeden an, der hier erklären will, denn nur dadurch kann der Leser gegenüber einer eilfertigen Frage nach ,dem‘ Sinn dieser Erzählung vor falschen Erwartungen bewahrt werden. In unserer abendländischen Literatur gibt es wohl kaum Beispiele für diese Art von Erzählungen, die mit einer so enormen Stabilität in formaler Hinsicht eine solche inhaltliche Weiträumigkeit verbinden.“9 Allerdings ist die formale Stabilität weniger zu verwundern, als es von Rad erschien. Sie beruht darauf, dass der traditionsgeschichtliche Prozess sich auf schriftlichem Weg mit und in dem jeweils vorliegenden Text vollzogen hat.
Der Text10 23 Und er stand auf in jener Nacht (← V. 22) und nahm seine beiden Frauen und seine beiden Mägde und seine elf Kinder und querte die Furt des Jabbok. 24 Er nahm sie und führte sie (← V. b) über den Fluss. Und er führte ‘alles’11 hinüber, was er hatte. 25 Und Jakob blieb allein zurück. Da rang einer mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. 26 Und als er sah, dass er ihn nicht bezwang, berührte er ihn bei der Hüfte. Und die Hüfte Jakobs wurde verrenkt, als er mit ihm rang. (← V. 25) 27 Und er sprach: Lass mich los, denn die Morgenröte bricht an. Er sprach: Ich lasse dich nicht, ehe du mich gesegnet hast. 28 Er sprach zu ihm: Wie ist dein Name? Er sprach: Jakob. 29 Er sprach: Nicht mehr Jakob sollst du heißen, sondern (← V. 27) Israel; denn du hast mit Göttern und Menschen gekämpft und hast gesiegt. 30 Jakob fragte und sprach: Sag bitte deinen Namen! Er sprach: Warum fragst du nach meinem Namen? Und er segnete ihn dort. 31 Da nannte Jakob den Ort Pniël; (← 28,19) denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet. 32 Und ihm ging die Sonne auf, als er Pnuël überquerte. (← V. 23) Er aber hinkte an seiner Hüfte. 33 Darum essen die Israeliten nicht die Hüftsehne, die auf der Hüfte ist, bis auf diesen Tag; denn er hatte die Hüfte Jakobs berührt (← V. 26) an der Hüftsehne.
9 Gerhard v. Rad, Das erste Buch Mose. Genesis. Übersetzt und erklärt, ATD 2–4 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 91972), 259. 10 Die Redaktion des Jahwisten (V. 24b.28–30a) ist durch Kursive markiert. Die späteren Bearbeitungen sind stufenweise eingerückt: V. 26b.31–32: Ätiologie für Pnuël: Jakob überlebt die Begegnung mit Gott; V. 23a(ab )וַ יִּ ַקּח.24a.25a: Jakobs Familie; V. 33: Ein Speisetabu. 11 Samaritanus, Septuaginta, Peschitta, Vulgata + „ ָכּל־alles“.
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Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33)
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Der Kampf am Jabbok Wie die Szene vorliegt, ist sie keine eigenständige Überlieferungseinheit, sondern als Ergänzung des weiteren Zusammenhangs entstanden. Die nächtliche Dunkelheit, die für das Geschehen unerlässlich ist, wird nämlich nicht eingeführt, sondern mit der zeitlichen Anknüpfung „ ַבּ ַלּיְ ָלה הוּאin jener Nacht“ dem Vortext entnommen. Dabei entsteht ein vollendeter Widerspruch: Nach V. 14a und V. 22b verbringt Jakob die Nacht im Lager; nach V. 23 setzt er in derselben Nacht über den Fluss. Dieser Widerspruch belegt aber, dass die Episode nicht aus dem Kontext entwickelt ist.12 Sie beruht vielmehr „auf einem uralten Stoff“.13 Dessen überlieferungsgeschichtlicher Haftpunkt ist nicht die Person des Jakob gewesen; denn in der ältesten Fassung trägt der Held keinen Namen. Genannt wird stattdessen der Schauplatz: die Furt des Jabbok. Der Jabbok (nahr ez-zerqā’) ist der Zufluss des Jordans im mittleren Ostjordanland.14 Da für die Lokalisierung kein äußerer Grund ersichtlich ist – Jakobs Wanderung von Mahanajim (32,3) nach Lus (35,6) kam erst später hinzu –, gehört sie zum Kern. „Sachlich gehört die Ortsangabe zum alten Bestand der Erzählung.“15 Im Unterschied zu den westjordanischen Wadis führt der Jabbok zu jeder Jahreszeit Wasser. Er durchfließt sein Tal mäandrierend, so dass ihn mehrfach queren muss, wer auf diesem Weg aus dem Jordangraben die ostjordanische Hochfläche erreichen oder umgekehrt nach Westen wandern will. Das Motiv des Ringkampfs passt auf den Namen des Flusses, „which may have suggested this whole singular story“.16 Die Wurzel אבק, eine Nebenform des gemeinsemitischen „ חבקumfassen, umarmen“, ist nur an dieser Stelle belegt. Womöglich ist sie eigens für den Anklang an יַ בֹּקgebildet worden. „Das seltene Wort ist gewählt, weil auf den Namen יַ בֹּק, als bedeute er Ringfluss, angespielt werden soll.“17 „Dass ursprünglich V. 25b (… )ויאבקauf V. 23b ( )… יבקgefolgt ist, leuchtet sofort ein.“18 Auffallend ist die Übereinstimmung mit der Bet-El-Erzählung in 28,11–22. Auch sie ist erst nachträglich in den Zusammenhang der Jakoberzählungen gekommen. Auch sie ist in 12 Anders Fredrik Lindström, God and the Origin of Evil. A Contextual Analysis of Alleged Monistic Evidence in the Old Testament, CB.OT 21 (Lund: Gleerup, 1983), 23; Blum, Vätergeschichte, 144; Matthias Köckert, „War Jakobs Gegner in Gen 32,23–33 ein Dämon?,“ in Die Dämonen. Demons. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen Literatur im Kontext ihrer Umwelt, ed. A. Lange u.a. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2003), 160–181, dort 175; und weitere. Dagegen Ulrich Zalewski, „Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33) – eine kontextabhängige Einheit?,“ in Ein Herz so weit wie der Sand am Ufer des Meeres. FS Georg Hentschel, EThSt 90, ed. S. Gillmayr-Bucher u.a. (Würzburg: Echter, 2006), 299–322, dort 300–304. 13 Noth, Pentateuch, 110. 14 Er wird im Alten Testament noch Num 21,24; Dtn 2,37; 3,16; Jos 12,2; Ri 11,13.22 erwähnt, vgl. Martin Noth, „Das Land Gilead als Siedlungsgebiet israelitischer Sippen,“ in Aufsätze zur biblischen Landesund Altertumskunde, Bd. 1, ed. Hans Walter Wolff (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1971), 347–390, dort 350. 15 Hans-Jürgen Hermisson, „Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33),“ ZThK 71 (1974): 239–261, dort 241 Anm. 8. 16 John W. Colenso, The Pentateuch and Book of Joshua Critically Examined. Part V/2 (London: Longman, Roberts & Green, 1865), 174. 17 August Dillmann, Die Genesis. Von der dritten Auflage an erklärt, KEH 11 (Leipzig: Hirzel, 61892), 363. 18 Erik Aurelius, „Das fortgeschriebene Wort von dem besiegten Gott,“ in Fortgeschriebenes Gotteswort: FS Christoph Levin, ed. R. Müller u.a. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 65–77, dort 67 Anm. 10.
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ihrer jetzigen Form nicht eigenständig. Auch sie nennt den Protagonisten in der Grundfassung nicht. Auch sie ist auf einen Ort bezogen und erklärt dessen Namen.19 Wer der Gegner war, wird nur angedeutet: „ ִאישׁein Mann“. Die Umrisse der Gestalt bleiben im Dunkel, so dass man ִאישׁsogar als Pronomen „irgendeiner, jemand“ lesen kann.20 Als die Morgenröte anbricht, erweist sich, dass der Angreifer zu jenen Wesen gehört, die nur des Nachts umgehen und das Licht scheuen. Er ist ein Dämon oder Kobold, wie sie den einsamen Wanderer in der Dunkelheit überfallen.21 Diesmal ist er an den Falschen geraten. Der Überfallene ist stark genug, ihn festzuhalten. Im Bund mit der aufsteigenden Morgenröte ()שׁ ַחר ַ ist er ihm sogar überlegen. Flehend fasst der Gegner den Helden bei der Hüfte. Dieser erkennt seine Gelegenheit und gibt ihn erst frei, nachdem er ihm einen Segen abgepresst hat. Die Tageszeit erinnert daran, wie mit der Morgenröte die Strafe über die ruchlosen Bewohner Sodoms hereinbricht (19,15). In Ugarit gilt Šaḥru „Morgenröte“ als Gott.22 Der dem besiegten Dämon abgerungene Segen ist ein Motiv von elementarer Altertümlichkeit. Noch unberührt von der theologischen Deutung, ist Segen als Kraftübertragung verstanden.23 Der Sieger vermag seine im Kampf bewiesene Kraft um die – in diesem Fall gar übermenschliche – Kraft des Besiegten zu mehren. Die Überlegenheit des Menschen über die dämonischen Mächte, denen er in Wahrheit ausgeliefert ist, ist ein Kompensationswunsch und darum vor allem im Märchen, der Gattung der sich erfüllenden Wünsche, in vielfacher Abwandlung erzählt.24 Nicht in Einklang damit steht jedoch die Bindung an eine bestimmte Örtlichkeit. Das zeigt neben der Assonanz – יַ בֹּק אבקdas betonte „ שָׁ םdort“ am Ende. Es ist, als hätte der Held mit der Querung der Furt das Numen des Jabbok bezwungen, das sich ihm in den Weg gestellt hat.
Motivgeschichte Die knappe Grundfassung konnte nur überleben, weil sie in den Zyklus der Jakob-Erzählungen geriet. Die einzelnen Motive sind in der einen oder anderen Form und Verbindung in Israels Nachbarkulturen geläufig: die Nacht als Zeit der Handlung, der Fluss als Schauplatz und seine Durchquerung, der Sieg über einen unbekannten Angreifer, der das Tageslicht scheut, und der Segen als Lohn für den Sieger. Allerdings kann man nicht erwarten, dieselbe Konstellation wiederzufinden; zumal die Überlieferung unlöslich mit einem bestimmten Ort, dem Fluss Jabbok, verbunden ist. Ebenso wie die Erzählung von der Kultgründung in Bet-El in den Bereich des Königtums gehört, kann man dasselbe auch für die Jabbok-Erzählung vermuten. Dafür spricht an erster Stelle der Ringkampf, der anderswo als königliche Übung gilt und zu den Ritualen gehört, 19 Vgl. Christoph Levin, „Jakobs Traum in Bet-El (Genesis 28,11–22),“ BN 192 (2022): 29–45. 20 GK §139d; HAL 42b; Ges18 51a. 21 Julius Wellhausen, Reste arabischen Heidentums gesammelt und erläutert (Berlin: de Gruyter, 31961), 148–159. 22 Vgl. Simon B. Parker, „Shahar שׁחר,“ DDD 754–755.; Urmas Nõmmik, Die Vätererzählungen im Licht höfischer Erzählkunst, FAT (Tübingen: Mohr Siebeck, 2022), 105. 23 Vgl. Gerhard Wehmeier, Der Segen im Alten Testament (Basel: Friedrich Reinhardt Kommissionsverlag, 1970), 189–198. 24 Belege bei Gunkel, Genesis, 364.
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mit denen der König seine Kraft, die Weltordnung zu bewahren, unter Beweis stellt. Der Kampf beginnt nicht als Überfall. Er endet, als der Unterlegene den anderen bei der Hüfte berührt. Gerungen wird ohne Waffen. Statt einer Niederlage, die mit dem Tod besiegelt würde, gibt es einen Ausgleich, bei dem der Unterlegene den Gegner segnet, also seine Kraft mit ihm teilt. Die Szene hat etwas Sportliches und kraftvoll Befriedendes. Das Ringen scheint im antiken Mesopotamien eine populäre Sportart gewesen zu sein.25 Ins Mythische übersetzt und von (halb)göttlichen Wesen ausgetragen, gilt der Ringkampf als ordnendes Mittel, um das Gleichgewicht in der Natur, zum Beispiel zwischen Raubtieren und Vieh, zu erhalten.26 Der „Herr der Tiere“ wird so dargestellt, dass er das Wild mit bloßen Händen befriedet,27 vgl. auch Simsons Kampf mit dem Löwen Ri 14,6. Der Ringkampf wird zu einem Handlungsmuster der Könige. Esther J. Hamori hat die Jabbok-Erzählung mit dem Kampf zwischen Enkidu und Gilgamesch, dem sagenhaften König von Uruk, auf der zweiten Tafel des Gilgamesch-Epos verglichen.28 Als Gilgamesch in der Nacht in ein Hochzeitshaus gehen will, um an der Braut sein Recht der ersten Nacht wahrzunehmen, versperrt Enkidu ihm den Zugang.29 Es beginnt ein heftiger Ringkampf. Gilgamesch kennt Enkidu nicht, kämpft also mit einem Unbekannten, der zudem nicht einfach von menschlicher Herkunft ist. Nach dem Kampf wird er von Enkidu geehrt. Enkidu erkennt Gilgameschs Königtum an, und beide schließen Freundschaft. Das Gilgamesch-Epos war im Alten Orient nicht nur literarisch verbreitet. „Auch im Alltagsleben der Menschen des Zweistromlandes war der König von Uruk gegenwärtig, […] weil im Rahmen eines Festes die jungen Männer der Städte ,in ihren Toren‘ Ringkämpfe austrugen, um an den sagenhaften Kampf zwischen Gilgamesch und Enkidu zu erinnern.“30 Für die Geste in V. 26a, dass der Gegner Jakobs Hüfte berührt, ist bemerkenswert, dass „der Schurz, Gürtel oder zumindest der Schenkel […] in den altorientalischen Ringkampfdarstellungen eine eindeutige Rolle“ spielt.31 Das zeigen die bildlichen Darstellungen.32 „Das gegenseitige Festpacken […] erfolgte dabei wohl durch ein Festhalten des gegnerischen Schurzes, der sozusagen als Angelpunkt für die einzelnen Griffe und Aktionen diente.“33
25 Michael B. Poliakoff, Combat Sports in the Ancient World. Competition, Violence, and Culture (New Haven: Yale University Press, 1987). 26 Vgl. Joseph Azize, „Wrestling as a Symbol for Maintaining the Order of Nature in Ancient Mesopotamia,“ JANER 2 (2002): 1–26. 27 Vgl. Ute Neumann-Gorsolke, Wer ist der „Herr der Tiere“?, BThS 85 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2012). 28 Esther J. Hamori, „Echoes of Gilgamesh in the Jacob Story,“ JBL 130 (2011): 625–642. Ihre Deutung wurde von David M. Carr, The Formation of the Hebrew Bible: A New Reconstruction (Oxford: Oxford University Press, 2011), 473 Anm. 44, und von Nõmmik, Erzählkunst, 96–100, aufgenommen. 29 Altbabylonische Fassung, Pennsylvania Tafel, Z. 196–240; Übersetzung von K. Hecker in TUAT III/4, 653–654. 30 Stefan M. Maul, Das Gilgamesch-Epos. Neu übersetzt und kommentiert (München: Beck, 22005), 17. 31 Nõmmik, Erzählkunst, 99–100. 32 Zusammengestellt von Christian Eder, „Kampfsport in der Siegelkunst der Altlevante,“ Nikephoros 7 (1994): 83–120, und von Dominique Collon, „The Depiction of Giants,“ in Gilgamesch. Ikonographie eines Helden, OBO 245, ed. Hans U. Steymans (Fribourg; Göttingen: Acad. Press), 113–133. 33 Robert Rollinger, „Aspekte des Sports im Alten Sumer. Sportliche Betätigung und Herrschaftsideologie im Wechselspiel,“ Nikephoros 7 (1994): 7–64, dort 17.
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Heinrich Otten sah in dem hethitischen Ritualtext KBo 21,34 I 59 – II 3 eine Nähe zu Gen 32.34 Die Göttin, repräsentiert von ihrer Statue, fragt den König: „Wirst du mich mit Pferd und Wagen besiegen?“ Als der König bejaht, stellt sie ihm einen Segenswunsch nach Art der Inthronisationswünsche frei. Genau besehen ist diese Szene jedoch nicht vergleichbar.35
Redaktion des Jahwisten „Auf J weist der ganze Charakter der Erzählung.“36 „The Jahwist […] retained a somewhat difficult tradition and revised it theologically.“37 Die Hand des Redaktors zeigt sich gleich zu Anfang an dem Nachdruck, der auf die Habe gelegt wird. Der Satz V. 24b ת־א ֶשׁר־לוֹ ֲ וַ יַּ ֲﬠ ֵבר ֶא „er brachte hinüber, was er hatte“ hat ursprünglich unmittelbar an V. 23b וַ יַּ ֲﬠבֹר ֵאת ַמ ֲﬠ ַבר יַ בֹּק „er querte die Furt des Jabbok“ angeschlossen. Er führt ein zusätzliches Motiv ein. Im unvokalisierten Text ist die Assoziation von qal zu hifʿil mit Händen zu greifen. „ כל־אשׁר־לוist der gewöhnliche kurze Ausdruck des Jhvisten für die Habe (wo sie nicht näher specificirt wird).“38 Ebenso wie bei der Querung des Euphrat 31,21aα will der Redaktor auch am Jabbok Jakobs Reichtum (30,43; 32,6a) berücksichtigt haben. Auf eine realistische Darstellung kam es nicht an. „Mit Herden reist man auch im Orient nicht bei Nacht, am wenigsten macht man nachts einen Flussübergang mit ihnen.“39 Wichtiger ist, dass der Jahwist die Kampf-Szene genutzt hat, um Jakob in „Israel“ umzubenennen. Der Zusatz ist eindeutig, da er den Zusammenhang von V. 27 und V. 30b unterbricht. „Nimmt man die Verse 28–30a heraus, so ergibt sich ein überraschend einheitlicher Gedankenbau.“40 Es ist deshalb nicht möglich, „den überlieferungs- oder traditionsgeschichtlichen Nukleus der Jakobszene in der […] Ätiologie des Israel-Namens“ zu sehen.41 Die Ätiologie war nicht vorgegeben. Erst an dieser Stelle wird die überlieferte Ringkampf-Erzählung mit Namen auf Jakob bezogen. Die Wandlung Jakobs in den Repräsentanten des Nordreichs und des späteren Gottesvolks Israel war mit dem Einbau der Szene in den Ablauf der Jakob-Erzählungen zwar angelegt;42 in der entschiedenen Form des Namenswechsels aber ist sie redaktionelle Zutat. 34 Heinrich Otten, „Kampf von König und Gottheit in einem hethitischen Ritualtext,“ BaghM 7 (1974): 139–142. 35 Köckert, „Jakobs Gegner,“ 173. 36 Julius Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments (Berlin: de Gruyter, 41963), 44; ebenso Noth, Pentateuch, 31; von Rad, Genesis, 264; und viele andere. 37 McKenzie, „Jacob at Peniel,“ 76. 38 Hermann Hupfeld, Die Quellen der Genesis und die Art ihrer Zusammensetzung. Von neuem untersucht (Berlin: Wiegandt und Grieben, 1853), 161, vgl. 19,12aγ; 24,2aβ.36b; 25,5; 46,1aα u.ö. 39 Holzinger, Genesis, 209. 40 Paul Volz in: ders. und Wilhelm Rudolph, Der Elohist als Erzähler. Ein Irrweg der Pentateuchkritik? An der Genesis erläutert, BZAW 63 (Gießen: Alfred Töpelmann, 1933), 118. 41 So noch Blum, Vätergeschichte 145, vgl. Köckert, „Jakobs Gegner,“ 176. Siehe aber Zalewski, „Jakobs Kampf,“ 307–310. 42 Ebenso in den ätiologischen Szenen Gen 28,11–22*; 31,46–48*; 32,2b–3; 35,6–8*.16–20*, die allesamt nicht zur ältesten Ebene der Erzählungen gehören, aber der jahwistischen Redaktion vorausgehen. Vgl. Christoph Levin, Der Jahwist, FRLANT 157 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993), 391.
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Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33)
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Für das weitere Buch Genesis gilt: „Alle Stellen, an denen später der Name Israel statt Jakob erscheint, gehören entweder dem J oder können wenigstens von ihm beeinflußt sein.“43 Die gesamte weitere Bezeugung der Gleichung Israel=Jakob, die vor allem im Buch Deuterojesaja verbreitet ist, wie auch umgekehrt der Name „Jakob“ als Bezeichnung für das Gottesvolk und die in den späten Psalmen häufige Bezeichnung Jahwes als des „Gottes Jakobs“ hängt an dieser redaktionellen Entscheidung. In ähnlicher Weise hat der Jahwist Juda und Benjamin zu Söhnen Jakob-Israels erklärt (29,35a; 35,18b) und die Vätererzählungen zur Vorgeschichte Israels gemacht. Das Motiv konnte in genau diese Szene eingefügt werden, weil sich das verbale Element des Namens „Isra-El“ im Sinne von „ שׂרהkämpfen“ verstehen ließ, wie die Etymologie V. 29b erläutert. Wie verbreitet diese Deutung gewesen ist, lässt sich nicht sagen: Abgesehen von dem Midrasch Hos 12,4–5, der auf Gen 32 beruht, ist die Wurzel שׂרהnicht wieder belegt.44 Folgt man den Regeln der Namenbildung, ist das theophore Element als Subjekt zu verstehen: „El kämpft“, oder besser „El ist Herrscher“.45 Die beigegebene Deutung versteht El hingegen mit Rücksicht auf die Szene als Objekt. Das hat die befremdliche Vorstellung von dem besiegten Gott zur Folge.46 Der Redaktor hat sie mit der geläufigen Wendung ֱא ִהים „ וָ ֲאנָ ִשׁיםGötter und Menschen” (Ri 9,9.13; Ps 36,7–8) abzuschwächen versucht. Damit spielt er auf Jakobs Auseinandersetzungen mit Esau und mit Laban an. Dem Gotteswort geht in V. 28 ein Redewechsel aus kurzer Frage und Antwort voraus. Das ist eine Eigenheit des Jahwisten. In derselben Weise hat der Redaktor in 3,9; 4,9; 18,9 und 24,23 von der jeweils vorgegebenen Quelle zu seinem eigenen Text übergeleitet. „Wer so fragt, kennt die gefragte Sache schon, läßt sich aber den Tatbestand erst von dem andern bestätigen, ehe er eine Bemerkung darüber macht.“47 Der Redaktor nimmt den älteren Text auch inhaltlich auf: Gottes Antwort V. 29 ist ein Echo auf Jakobs Antwort in V. 27b: … לֹא ִכּי ִאם־. Die jahwistischen Spracheigentümlichkeiten häufen sich in V. 30a: „ שׁאלfragen“ (24,47; 32,18; 37,15; 43,7; Ex 3,22), der Imperativ „ ַהגִּ ָידה־נָּ אsage (mir) doch“ (24,23.49; 29,15; 37,16) und das unbeantwortete „ ָל ָמּה זֶּ הwarum“ (18,13; Ex 2,20). Die Frage nach dem Namen deutet dem Leser an, wen Jakob vor sich hat. Nur Jahwe konnte an Jakob eine so weitreichende Namens- und Rollenänderung vornehmen, wie sie hier geschieht. Da Jakob den Kampf gewonnen hatte, wäre es jedoch zu kühn gewesen, den Gottesnamen zu nennen, „obwohl er doch gemeint ist!“.48 Die Zurückweisung: „Warum fragst du nach meinem Namen?“, deutet das an. „An der Verweigerung des Namens erkennt Jakob Gott selbst.“49 Der nächste Bearbeiter hat Jakob dann folgerichtig, aber gegen den Lauf der Handlung, zum besiegten Sieger gemacht.
43 Smend, Hexateuch, 86 Anm. 1. 44 Darüber hinaus 4Q158 Frgs. 1–2, Zeile 2. Dazu Michael Segal, „Biblical Exegesis in 4Q158: Techniques and Genre,“ Text 19 (1998): 45–62, dort 48 mit Anm. 8. 45 Vgl. die Übersicht bei H.-J. Zobel, Art. „ יִ ְשׂ ָר ֵאלjiśrā’el“, ThWAT 3, 1982, 986–1012, dort 988–990. 46 Dazu Aurelius, „Das fortgeschriebene Wort,“ der auch die Wirkungsgeschichte in Ex 32–33 aufzeigt. 47 Benno Jacob, Das erste Buch der Tora. Genesis übersetzt und erklärt (Berlin: Schocken, 1934), 639. 48 Hermisson, „Jakobs Kampf,“ 238 Anm. 41. 49 Köckert, „Jakobs Gegner,“ 166.
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Zweifellos hat der Jahwist das Ziel der älteren Erzählung: „Und er segnete ihn dort“ (V. 30b), in seinem Sinn verstanden.50 Der Segen, den Jakob von dem Numen erpresst hat, wurde zum Segen Jahwes.
Jakob überlebt die Begegnung mit Gott Die Feststellung in V. 26b „Und die Hüfte Jakobs wurde verrenkt“ ist eine Parenthese, die durch den Umstandssatz „ בְּ הֵ אָ ְבקוֹ ﬠִ מּוֹals er mit ihm rang“, der „ וַ יֵּ ָא ֵבק ִאישׁ ִﬠמּוֹda rang einer mit ihm“ aus V. 25 wiederholt, mit dem Gang der Handlung verknüpft wird. Die Hüfte Jakobs ( ) ַכּף־יֶ ֶר יַ ֲﬠקֹבwird eingeführt, obwohl von seiner Hüfte ()בּ ַכף־יְ ֵרכוֹ ְ schon die Rede war. „Daß in V. 26b Jakob ausdrücklich genannt wird, zeigt, daß hier eine bestimmte Deutung von V. 26a gesichert werden soll, die in V. 26a selbst nicht ohne weiteres enthalten ist.“51 Das Geschehen wird in sein genaues Gegenteil gekehrt. In V. 26a ist es der אישׁ, ִ der einsieht, dass er Jakob nicht überwältigen kann, ihn deshalb bei der Hüfte fasst und bittet: „Lass mich los!“ (V. 27a). Hingegen in V. 26b trägt Jakob eine Verletzung davon, als wäre er der Geschlagene. Das Passiv „ וַ ֵתּ ַקעsie wurde verrenkt“ überdeckt den Widerspruch nur notdürftig. Die Bearbeitung zieht die notwendige Folgerung aus der redaktionellen Ergänzung V. 28–30a, die aus dem mit Segenskraft begabten ִאישׁden Gott Israels werden ließ. Seither konnte Jakob nicht mehr der Überlegene gewesen sein. Die Handhabe bot das Verb וַ יִּ גַּ עin V. 26aβ, das auch in der modernen Exegese gern so gedeutet wird, als hätte der Gegner dem Jakob eine Verletzung zugefügt. Doch erledigt sich diese Deutung, „sobald man dem Verbum ng’ seine gewöhnliche allgemeine Bedeutung ,berühren‘ läßt“.52 Das Motiv setzt sich fort in der Benennung Pnuëls V. 31–32, die mit Jakobs Erstaunen begründet wird, die Begegnung mit Gott überlebt zu haben. Die Ätiologie hat große Ähnlichkeit mit der Benennung Bet-Els durch Jakob in 28,19a. Aber anders als dort ist sie nicht das Ziel der Erzählung, sondern an sie angehängt. Dass der Ort ()ה ָמּקוֹם ַ besondere Bedeutung hat, erfährt man in V. 31 zum ersten Mal. Zwischen Pnuël und der Jabbokfurt als Schauplätzen besteht sogar eine Spannung. Die befremdliche Aussage נוּאל ֵ ת־פּ ְ „ ָﬠ ַבר ֶאer überquerte Pnuël“, die „ וַ יַּ ֲﬠבֹר ֵאת ַמ ֲﬠ ַבר יַ בֹּקer querte die Furt des Jabbok“ V. 23b nachahmt, soll das ausgleichen. Die Wendung ל־פּנִ ים ָ „ ָפּנִ ים ֶאvon Angesicht zu Angesicht“ wird ausschließlich für die Begegnung mit Jahwe/Elohim oder seinem Engel gebraucht.53 Sie unterstreicht die Außerordentlichkeit. Alle Belege sind spät. „In den Berichten über die Gotteserscheinungen der alten
50 Vgl. 12,2–3; 24,1.35; 26,3.12; 30,27; 39,5. 51 Ludwig Schmidt, „Der Kampf Jakobs am Jabbok (Gen. 32,23–33),“ ThViat 14 (1979): 125–143, dort 126. 52 Karl Elliger, „Der Jakobskampf am Jabbok. Gen 32,23ff als hermeneutisches Problem,“ in Kleine Schriften zum Alten Testament, ed. Hartmut Gese und Otto Kaiser (München: Kaiser, 1966), 141–173, dort 147; vgl. Arnold B. Ehrlich, Randglossen zur hebräischen Bibel: Textkritisches, Sprachliches und Sachliches. I. Genesis und Exodus (Leipzig: J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, 1908), 167. 53 Ex 33,11; Dtn 5,4; 34,10; Ri 6,22; Ez 20,35.
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Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33)
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Zeit findet sich die Formel in dieser Fassung überhaupt nirgends.“54 Denn ursprünglich besagt „das Angesicht Gottes sehen“ soviel wie „die Kultstätte aufsuchen“.55 Darin stimmen die späten Psalmen mit den alten Kultgesetzen überein, vgl. nur Ps 100,2 und Ex 23,17. Demgegenüber ist die Vorstellung: „Kein Mensch kann mich sehen und überleben“ (Ex 33,20), mit der Jakobs Erstaunen begründet ist, mit dem Leben davongekommen zu sein, jüngeren Datums.56 Die Auffassung ist freilich auch in der Spätzeit nicht einhellig, wie außer den Psalmen auch Hi 42,5 („jetzt hat mein Auge dich gesehen“) und vor allem die sehr ähnliche Ätiologie Gen 22,14 zeigen. „Die Geschichte ist ein Seitenstück zur akeda, יאל ֵ ִ ְפּנzu מוֹריָּ ה, ִ der Stätte, wo Gott sieht und gesehen wird.“57 Das Impf. cs. „ וַ ִתּנָּ ֵצלund (mein Leben) wurde gerettet“ ist ausnahmsweise adversativ zu verstehen.58 Die Wendung נצל נֶ ֶפשׁni./hi. „das Leben retten“ ist Psalmensprache.59 Auffallend ist die Reihenfolge: Jakob deutet seine Rettung, bevor sie in V. 32 erzählt wird. Wie Lot bei Sonnenaufgang nach Zoar kam (19,23), wird auch Jakobs Überleben mit dem Sonnenaufgang verbunden, und dies sogar betont: „ לוֹihm“. Der Aufgang der Sonne ist die Zeit für die Hilfe Gottes am Morgen.60 Doch konnte Jakob die Begegnung mit Gott nicht unbeschadet überstanden haben. Obgleich Sieger, verlässt er den Kampfplatz verwundet. Der nachhinkende Nominalsatz „ וְ הוּא צֹלֵ ַ ַﬠל־יְ ֵרכוֹEr aber hinkte an seiner Hüfte“, schlägt den Bogen zu V. 26b zurück. Pnuël ist auf der Palästinaliste des Pharao Scheschonq I. (943–923) erstmals belegt.61 Nach der historischen Notiz 1Kön 12,25 wurde es von Jerobeam I. als Vor-Ort für die Herrschaft der israelitischen Könige im Ostjordanland ausgebaut. Sonst ist es nur in der ebenfalls sagenhaften Überlieferung Ri 8,8–9.17 erwähnt. Der Ort wird meist auf einem der beiden Tulūl ed-Dahab am Ufer des Jabbok etwa 5 km oberhalb des Austritts aus dem Gebirge gesucht. Dieser Doppel-Tell wird aber vielleicht besser mit Mahanajim identifiziert.62 Die Lokalisierung Pnuëls am Jabbok beruht allein auf der hiesigen Erzählung. Es ist fraglich, ob die Grundlage dafür ausreicht; denn es war das Motiv der Gottesbegegnung, das Pnuël in den gegebenen Text und damit an die Jabbokfurt gebracht hat. Die Lokalisierung war dafür gleichgültig, wenn nicht sogar hinderlich.
54 Friedrich Nötscher, „Das Angesicht Gottes schauen“ nach biblischer und babylonischer Auffassung (Würzburg: Becker, 1924), 54. 55 Nötscher, Angesicht Gottes, 88–95. 56 Vgl. sonst Gen 16,13b (cj.); Ex 3,6; Ri 6,22–23; 13,22; Jes 6,5b (dort Zusatz). 57 Jacob, Das erste Buch der Tora, 644. 58 Vgl. GK § 111 e. 59 Ps 22,21; 33,19; 56,14; 86,13; 120,2; auch Jer 20,13; Ez 14,14.20 u.ö. 60 Vgl. Ex 14,27; Ps 46,6; Jes 17,14; dazu Joseph Ziegler, „Die Hilfe Gottes ‚am Morgen‘,“ in Alttestamentliche Studien: FS Friedrich Nötscher, ed. Hubert Junker und Johannes Botterweck (Bonn: Peter Hanstein 1950), 281–288; Bernd Janowski, Rettungsgewißheit und Epiphanie des Heils: Das Motiv der Hilfe Gottes „am Morgen“ im Alten Orient und im Alten Testament, WMANT 59 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1989). 61 Nr. 53, vgl. HTAT Nr. 102. 62 Vgl. Wolfgang Zwickel, „Penuel,“ NBL III, 2001, 111–112.
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Jakobs Frauen und Söhne „ויעבר, ויעברםund ויעברweisen auf drei Hände […] hin.“63 Die drei Sätze in V. 23b, 24a und 24b stammen von verschiedenen Verfassern. V. 23b ist unentbehrlich, da er den Schauplatz einführt: „er querte die Furt des Jabbok“. Daran hat zunächst V. 24b angeschlossen, der sich an der Habe als Beitrag des jahwistischen Redaktors zu erkennen gibt: „Und er führte ‘alles’ hinüber, was er hatte“. Später ist V. 24a dazwischengetreten, eine nachholende Dublette zu V. 23b: „Er nahm sie und führte sie über den Fluss“. Das determinierte ַהנָּ ַחלverweist auf V. 23 zurück und setzt voraus, dass der Jabbok zuvor erwähnt war. „ וַ יַּ ֲﬠ ִב ֵרםer führte sie hinüber“ nimmt „ וַ יַּ ֲﬠ ֵברer führte hinüber“ vorweg, um ל־א ֶשׁר־לוֹ ֲ ת־כּ ָ „ ֶאalles, was er hatte,“ näher zu bestimmen: Es sind die in V. 23a genannten zwei Frauen, zwei Mägde und elf Kinder. Die Anapher „ וַ יִּ ָקּ ֵחםer nahm sie“ greift auf „ וַ יִּ ַקּחer nahm“ zurück. „Nur mit V.23a. 24a wird auf die im Kontext wichtige, für die Jabbok-Erzählung zumindest unerhebliche Familie Jakobs verwiesen.“64 Zur selben Schicht gehört V. 25a „Und Jakob blieb allein zurück“. Mit der ausdrücklichen Nennung des Subjekts „Jakob“ ragt diese Bemerkung aus dem Fluss der Erzählung. Sie dient dazu, den Schauplatz von den Nebenpersonen wieder zu räumen, für die in der ursprünglichen Szene kein Platz war. In der ältesten Fassung schließt V. 25b an V. 23b an: יַ בֹּק וַ יֵּ ָא ֵבק.
Ätiologie eines Speisetabus „Die Bemerkung V.33 über die angeblich aus Jakobs Erlebnis abzuleitende Sitte der Israeliten, den Hüftnerv nicht zu essen, fällt stilistisch und inhaltlich so sehr aus dem Zusammenhang, daß man sie am besten als eine […] Glosse unmittelbar zu V.32b ansieht“,65 „in pure midrashic fashion“.66 Die Ätiologie geht nicht aus der Erzählung hervor, sondern wird nachträglich auf sie bezogen, indem V. 33b auf V. 26aβ zurückweist: „denn er hatte die Hüfte Jakobs berührt an der Hüftsehne“. Diese Wiederholung ist wahrscheinlich keine Glosse,67 sondern war notwendig, weil der ganze Vers nachgetragen ist. גִּ יד ַהנָּ ֶשׁהwird in der Regel auf den Hüftnerv, Nervus ischiadicuus, gedeutet. Die Verbindung mit der Erzählung, die allein die Hüfte ( )כּף־יֶ ֶר ַ erwähnt (V. 26), ist gezwungen; daher der hakige Stil. Angesichts dessen ist nicht undenkbar, dass das hier eingeführte Speisetabu als Teil der „oral torah“ bereits zuvor bestanden hat.68 Aber es kann auch ad hoc erfunden worden sein, um die Erinnerung an Jakobs Gotteskampf zu einem Teil des täglichen Lebens zu machen. Im Alten Testament ist das Gebot nirgends wieder erwähnt. Die näheren Ausführungen in der Mischna, Traktat Ḥullin 7, beruhen nur auf Gen 32,33. Die Erwähnung der „Israeliten“ ()בּנֵ י־יִ ְשׂ ָר ֵאל ְ ist im Rahmen der Vätergeschichte ein Anachronismus. 63 64 65 66
Smend, Hexateuch, 86 Anm. 2. Hermisson, „Jakobs Kampf,“ 241 Anm. 8. Elliger, „Der Jakobskampf,“ 168–169. Jacob Weingreen, „Oral Torah and Written Records,“ in Holy Book and Holy Tradition, ed. Frederick F. Bruce und Ernest G. Rupp (Manchester: University Press, 1968), 54–67, dort 64. 67 Gegen Gunkel, Genesis, 363. 68 So Weingreen, „Oral Torah,“ 65.
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Jakobs Kampf am Jabbok (Gen 32,23–33)
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Zur innerbiblischen Nachgeschichte Wie die Erzählung aus ihren eigenen Rätseln zu der vorliegenden Gestalt herangewachsen ist, so hat sie von Anfang an die Exegese in den Bann geschlagen. Die ältesten Spuren finden sich noch innerhalb der Bibel. Bei der Wiederbegegnung mit Esau, die sich anschließt, sagt Jakob: יתי ָפנֶ י ִכּ ְראֹת ְמּנֶ י ֱא ִהים ִ ל־כּן ָר ִא ֵ „ ִכּי ַﬠDenn darum habe ich dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht Gottes sieht“ (33,10b). Der Rückverweis auf יתי ֱא ִהים ָפּנִ ים ֶאל־ ִ ָר ִא „ ָפּנִ יםIch habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen“ (32,31b) ist offenkundig. Diese Lösung will vielleicht sagen, dass Jakob nicht mit Gott, sondern in Wahrheit mit Esau gerungen habe. Erik Aurelius hat gezeigt, dass der Kampf mit Gott auch Moses Fürbitte Ex 32,30–34 bestimmt hat, nachdem die Sünde mit dem Goldenen Kalb geschehen ist.69 An die Stelle des Ringkampfs ist hier ein geistiger Kampf getreten, der aber noch heftiger ist, weil nicht wie in Gen 32,25–26 stumm gerungen, sondern mit Worten gefochten wird. Der Kampf wird in mehreren Runden ausgetragen. In Ex 32,34 zeigt sich Jahwe zwar bereit, die Strafe aufzuschieben, verweigert sich aber der Vergebung. In der nächsten Runde 33,12–17, wo sich auch die sprachlichen Anklänge an die jahwistische Redaktion auffallend häufen, lässt Jahwe sich immerhin nötigen, am weiteren Verlauf der Heilsgeschichte festzuhalten mit der an Gen 32,27–29.30b erinnernden Begründung: „Ich kenne dich mit Namen; auch hast du Gnade in meinen Augen gefunden“ (V. 12b.17b). „Mose bekommt, was er begehrt, insofern hat sich Gott besiegen lassen, und doch widerspricht die Szene nicht ganz der vorgegebenen Fürbittszene Ex 32,30–34, in der Gott nicht vergibt (V. 34).“70 Der Schrecken, Gott „von Angesicht zu Angesicht“ begegnet zu sein, findet sich wieder in der Erzählung von Gideons Opfer in Ofra. Als Gideon in seinem Gegenüber den Boten Jahwes erkennt, verfällt er in die Klage: ל־פּנִ ים ָ יתי ַמלְ אַ יהוה ָפּנִ ים ֶא ִ ל־כּן ָר ִא ֵ י־ﬠ ַ ֲא ָההּ ֲאד ֹנָ י יהוה ִכּ „Ach mein Herr Jahwe, denn darum habe ich den Boten Jahwes von Angesicht zu Angesicht gesehen“ (Ri 6,22b–23). Darauf antwortet ihm Jahwe: „Friede sei mit dir. Fürchte dich nicht. Du wirst nicht sterben.“ Dieser Dialog ist zwischen V. 22a und 24 nachträglich eingeschoben und nimmt Gen 32,31 und 33,10b wörtlich auf. Auch hier gilt, dass von Rechts wegen niemand den Anblick Gottes überleben kann. Das Motiv wiederholt sich bei der Ankündigung der Geburt des Simson Ri 13. Auch dort tritt der Bote Jahwes ( ) ַמ ְלאַ יהוהauf und wird von Manoach zuerst nicht erkannt, wie eine Nachholung in V. 16b hervorhebt. Darauf beginnt ein Dialog, der wörtlich aus Gen 32,30 genommen ist: „Da sprach Manoach zu dem Boten Jahwes: Wie ist dein Name ( ]…[ ) ִמי ְשׁ ֶמ, dass wir dich ehren können? Da sprach der Bote Jahwes zu ihm: Warum denn fragst du nach meinem Namen (( “?) ָל ָמּה זֶּ ה ִתּ ְשׁאַל ִל ְשׁ ִמיV. 17*.18a). Wie in Ri 6,22a endet die Szene damit, dass Manoach den Boten Jahwes erkennt (V. 21). Darauf folgt auch hier: „Da sprach Manoach zu seiner Frau: Wir müssen des Todes sterben; denn wir haben Gott gesehen (ִכּי ֱא ִהים )ר ִאינוּ. ָ Da sprach seine Frau zu ihm: Wenn es Jahwe gefallen hätte, uns zu töten, hätte er dann aus unserer Hand Brandopfer und Speisopfer angenommen?“ (13,22–23aα). Die Nachträge sind an den zu breiten Einleitungen der Redegänge erkennbar.
69 Aurelius, „Das fortgeschriebene Wort,“ 69–75. 70 Aurelius, „Das fortgeschriebene Wort,“ 74.
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Die Deutung, Jakobs Gegner sei der Bote Jahwes ( ) ַמ ְלאַ יהוהgewesen, hat auch in Hos 12,4–5 nachgewirkt, dem „ältesten Midrasch zum Jakobskampf“71 in den späten Anhängen zum Buch Hosea: „Im Mutterleib hinterging er seinen Bruder, und in seiner Kraft kämpfte er mit Gott. Er ‘kämpfte’ ‘mit’ einem Engel und obsiegte ‘mit Kraft’,72 und er flehte ihn an. In Bet-El findet er ihn und dort spricht er mit ‘ihm’.“ Die Erzählungen schrumpfen in diesen Sätzen zu einer Karikatur, die sich am besten als Teil der Süd-Nord-Polemik in hellenistischer Zeit verstehen lässt. Innerhalb des Kapitels sind die Verse nachgetragen.73 Die Anspielungen setzen voraus, dass der Text von Gen 25–32 den Adressaten so geläufig gewesen ist, dass es möglich wurde, „den Plot in nahezu beliebigen Arrangements aufzunehmen, ihn provozierend ‚gegen den Strich zu bürsten‘ oder sich auch mit subkutanen Anklängen zu begnügen. Die beabsichtigte rhetorische Wirkung […] vermochte sich nur zu entfalten, wenn die Adressaten den so pointierten Text vor dem Hintergrund der wohlvertrauten Überlieferung wahrnahmen.“74 Manche dieser Anspielungen sind mehrdeutig. Darin kommt die Ambivalenz des Ausgangstextes zur Wirkung. Es ist nicht entscheidbar, ob Jakob es ist, der fleht, oder sein Gegner. Hat Jakob gesiegt, oder ist er besiegt worden? Die Masoreten suchten einen Ausweg, indem sie וישרnicht wie in V. 4 (und LXX καὶ ἐνίσχυσεν = Gen 32,29) von „ שׂרהkämpfen“ ableiteten (das wäre )וַ יִּ ַשׂר, sondern als וַ יָּ ַשׂרvon „ שׂררherrschen“ oder „ )סור =( שׂורweichen“. Hans Walter Wolff verstärkt diese Hilfskonstruktion, indem er ֶאל־als „ ֵאלGott“ vokalisiert und ַמ ְלאַals Zusatz ausscheidet: „Aber Gott erwies sich als Herr und obsiegte.“75 Das mag theologisch korrekt sein, ist aber schwerlich die zutreffende Lösung. Erwähnenswert ist schließlich, dass Gen 32,23–32 in dem sogenannten „Reworked Pentateuch“ 4Q158, Fragment 1–2, vor Ex 4,27–28 wiederholt wird. Offenbar sahen die Schreiber einen direkten Bezug zwischen dem Angriff Jahwes auf Mose, der in Ex 4,24–26 erzählt wird und den Zippora abwehrt, indem sie Mose als ihren Blutbräutigam beschneidet, und dem Angriff, den Jakob am Jabbok erlebt hat.76 Die Parallele schien ihnen so eindeutig, dass sie die Erzählung von Jakobs Kampf am Jabbok wiederholt oder sogar umgestellt haben. Bei derselben Gelegenheit haben sie den Segen, den Jakob in Gen 32,30b erhält, mit der üblichen Mehrungsverheißung gefüllt sowie mit der Gabe der Klugheit, des Gelingens und des Schutzes (Zeilen 7–9). Der in V. 33 erwähnte Speisebrauch aber wurde in die Form eines Gebots gefasst, so dass sich der seither geübte Gehorsam auf diese Weisung (Torah) bezieht (Zeilen 12–13). 71 Köckert, „Jakobs Gegner,“ 178. 72 Lies ַ ֹבּכ, ְ vgl. Holger Gzella, „Eine neue Konjektur zu Hos 12,5,“ Bib 102 (2021): 447–451. 73 Henrik Pfeiffer, Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches, FRLANT 183 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1999), 71–77; Jakob Wöhrle, „Jacob, Moses, Levi. Pentateuchal Figures in the Book of the Twelve,“ in The Formation of the Pentateuch, ed. J. Ch. Gertz u.a. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 997–1014, dort 1002; und andere. 74 Erhard Blum, „Hosea 12 und die Pentateuchüberlieferungen,“ in Die Erzväter in der biblischen Tradition: FS Matthias Köckert, BZAW 400, ed. Anselm C. Hagedorn und Henrik Pfeiffer (Berlin; New York: de Gruyter, 2009), 291–321, dort 313. 75 Hans Walter Wolff, Dodekapropheton 1. Hosea, BKAT XIV,1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 2 1965), 266–268. 76 Vgl. Segal, „Biblical Exegesis in 4Q158,“ 47–48; Molly M. Zahn, Rethinking Rewritten Scripture: Composition and Exegesis in the 4QReworked Pentateuch Manuscripts, STDJ 95, (Leiden: Brill, 2011), 54– 56.
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The Death of Isaac* Joel S. Baden
In the canonical text of Genesis, Isaac dies in Gen 35:29, at 180 years old, buried by his two sons, Jacob and Esau, at the family property in Hebron. Yet the attentive reader may well be surprised by this – not by where or by whom Isaac is buried, or even perhaps his age, but by when it happens: after Jacob has returned from his long sojourn in Aram, a trip that lasted, again by the canonical reckoning, for twenty years (Gen 31:38). The surprise is due to Isaac’s having been on his deathbed eight chapters and twenty narrative years earlier, in the famous scene of Jacob tricking Isaac into giving him the blessing meant for Esau in Genesis 27.1 There we are told that “Isaac was old, and his eyes were too dim to see” (Gen 27:1).2 Isaac himself recognizes the likelihood of his impending death: “I do not know how soon I may die” (27:2). It is this that compels him to bless Esau now: “that I may give you my innermost blessing before I die” (27:4).3 Rebekah knows it too, in her instructions to Jacob: “that he may bless you before he dies” (27:10). Indeed, the entire trope of the paternal blessing is regularly linked to the imminent death of the father: Jacob’s blessing of Joseph and his sons (Gen 48); Jacob’s blessing of his twelve sons (Gen 49); Moses’s blessing of Israel (Deut 33).4 It would be rather strange – unheard-of, even – should Isaac have been on the verge of death in Genesis 27, then turned out to have lived decades longer. This is, however, a problem only in the canonical text, a side effect of its compositional history.5 As scholars have long *
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I am delighted to offer this brief essay in honor of Reinhard Achenbach, whose rigorous work on the compositional history of the Pentateuch has been a stimulating conversation partner for me throughout my career. In fact, while the narrative seemingly progresses twenty years, the internal chronology seems to leap eighty years: Isaac is sixty when Esau and Jacob are born (Gen 25:26b); Esau gets married at age forty, making Isaac 100, in Gen 26:34, which seems to be when the story of Genesis 27 happens; and Isaac dies eighty years later, at 180. All translations are based on the NJPS. See John Skinner, Genesis (2nd ed.; ICC; Edinburgh: T&T Clark, 1930), 369: “As if the expiring nephes gathered up all its force in a single potent and prophetic wish … a dying utterance.” That Isaac is on his deathbed at the beginning of Genesis 27 was recognized by August Dillmann, Genesis (2 vols.; Edinburgh: T&T Clark, 1897), 2:210–211; Skinner, Genesis, 428; Hermann Gunkel, Genesis (Macon: Mercer University Press, 1997), 302; E. A. Speiser, Genesis, AB 1 (New York: Doubleday, 1964), 274–275; Claus Westermann, Genesis 12–36, CC (Minneapolis: Fortress, 1995), 436–437, 444; David Carr, Reading the Fractures of Genesis (Louisville: Westminster John Knox, 1996), 106. On deathbed testaments, see recently Jacqueline Vayntrub, “Like Father, Like Son: Theorizing Transmission in Biblical Literature,” HBAI 7 (2018): 500–526. Thus the ancient rabbis, recognizing that Isaac was to live far beyond this moment, attempted to explain his mention of death as fear more than reality: “R. Joshua b. Karhah made another comment…: When a
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Joel S. Baden
recognized, the two accounts – the tricking of Isaac on his deathbed in Genesis 27 and the notice of his death in Genesis 35 – derive from two different pentateuchal sources. The death notice in Gen 35:27–29 is from P, as virtually every element of the text affirms.6 Isaac is located at “Mamre, at Kiriath-arba – now Hebron,” the very land that Abraham purchased as the family burial plot in the P story of Genesis 23 (note particularly 23:19, which also contains the “now Hebron” note); the collocation of Mamre and Kirath-Arba is also found only in that chapter (23:2). That territory is identified as “where Abraham and Isaac had resided as aliens,” using the verb גורto describe the residence of the patriarchs in Canaan, as exclusively in P (Gen 17:8; 28:4; 36:7; 37:1; Exod 6:4). The syntax of the words introducing Isaac’s age, ויהיו ימי יצחק, is attested elsewhere only in P (Gen 5:4; 11:32; 47:28). It is only in P that characters live this long in the postdiluvian period, as the restriction of human age to 120 (Gen 6:3) is non-priestly. The verb גוע, “breathed his last,” occurs in the Pentateuch only in P (Gen 6:17; 7:21; 25:8, 17; 49:33; Num 17:27–28; 20:3, 29). The phrase “gathered to his people” is exclusively P (Gen 25:8, 17; 49:29, 33; Num 20:24, 26; 27:13; 31:2; Deut 32:50). The word שבע, “sated, contented,” is used in the context of death only in P (Gen 25:8). As for the story in Gen 27:1–45, it participates fully in the broader non-Priestly narrative.7 It presents the rationale for Jacob’s flight to Aram (whereas in P the motivation has nothing to do with Esau, 27:46–28:5); it links to the story of Jacob’s fear of Esau in Gen 32:4–22; 33:1–15; it relies on the opposing natures of Jacob and Esau established in their birth story in Gen 25:21–26a. All of the other deathbed blessings in the Pentateuch are non-Priestly. There is not a word in the story, either conceptually or stylistically, that can be tied to P.8 Thus the canonical difficulty is relieved by an understanding of the literary history: Isaac’s decades-long deathbed exists only in the combination of the Priestly and non-Priestly stories, neither of which ever imagined such a thing. In the non-Priestly narrative, Isaac was on his deathbed before Jacob left for Aram; in P, he died after Jacob returned from Haran.9 Yet while the chronological gap in the canonical text is thus accounted for, a narrative gap has been created. For although the P narrative is perfectly acceptable as it stands, the nonPriestly story has a significant hole: Isaac is on his deathbed at the beginning of Genesis 27, but when does he actually die?10
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man comes to his parents’ age, for five years before and five years after he must fear death. For thus did Isaac reason: If I am to attain my father’s years, I am yet far short of them. But if I am to attain my mother’s years, then “Behold, I am now old, etc.” (27:2)’” (Ber. Rab. 65.12). We see similar attempts to explain Isaac’s blindness, usually associated with approaching death, as premature (Ber. Rab. 65.10, e.g.; see also Radak on 27:1.) Identified as such as far back as Julius Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs (Berlin: de Gruyter, 1963); H. Holzinger, Genesis, KHAT 1 (Freiburg: J. C. B. Mohr [Paul Siebeck], 1898), 185. I use “non-Priestly” in this essay in order to signal the applicability of the argument present here across the standard divisions within pentateuchal scholarship. For those of a documentary persuasion, feel free to replace “non-priestly” with “J” throughout. As recognized as early as Dillmann, Genesis, 2:210–211. This is not the only tradition that occurs on different sides of Jacob’s journey in P and non-P. See also the theophany at and naming of Bethel: Gen 28:19 in non-P, Gen 35:15 in P. To my knowledge, this questions has been asked only very infrequently in scholarship. See C. A. Simpson, The Early Tradition of Israel (Oxford: Basil Blackwell, 1948), 96.
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It is reasonably well-known in pentateuchal criticism – as it is in life – that no character dies more than once in the story.11 This is the case regardless of compositional theory: whether one understands P and non-P to have been independent sources, each with its own death notice, or one thinks that P is a supplement to non-P, with a different idea about when a character died, one death account must be sacrificed on the altar of the other. In this case, a scholar (documentary or not) who believes that non-P and P were originally independent texts would suggest that the death of Isaac in the non-P story was eliminated when it was combined with P, since Isaac obviously cannot die both before and after Jacob travels to Aram.12 A scholar who views P as a redactional layer of non-P would, in turn, suggest that the earlier non-Priestly death notice was eliminated when P, with its variant claim, was added, for much the same reason. In any circumstance, then, the original non-Priestly death notice for Isaac has been removed from the text as it was brought to its final form (or was well on the way). We must therefore reconstruct it – but where? The non-Priestly story focuses entirely on Jacob and his journey to Aram beginning in Gen 28:10, and continues on from there with no further reference to Isaac other than in formulaic references (“the god of your father Abraham and the god of Isaac,” Gen 28:13, or “the land that I swore to Abraham, Isaac, and Jacob,” Exod 33:1, e.g.). As deathbed scenes usually lead to death scenes, we should probably not look too far afield in any case; both the characters and the reader can expect that Isaac will die in this very episode. Isaac stops speaking in 27:40, which limits the options even further. His death could come then, directly after 27:40; at the end of the non-Priestly episode, thus after 27:45; or, in theory, somewhere in between. (In any of these scenarios, the addition of the Priestly text would have necessitated the elimination of Isaac’s death. Indeed, not only does Jacob not die in P until Genesis 35, but he is very much alive, and active, in the very next P passage, immediately following his non-Priestly deathbed scene: the first words of Gen 27:46, after all, are “Rebekah said to Isaac.”) The second of the options, that Isaac’s death occurred after Gen 27:45, is certainly possible, but would be quite disruptive. In 27:43, Rebekah instructs Jacob to flee to Haran. She finishes speaking in 27:45, and the next non-Priestly verse – 28:10 – reads, precisely as expected in fulfillment of Rebekah’s words, “Jacob left Beer-sheba and set out for Haran.”13 For similar reasons, there is hardly narrative space in 27:41–45 to insert Isaac’s death. Esau articulates his intention to kill Jacob in 27:41, in 27:42 his words are reported to Rebekah, and she then speaks continuously until the end of 27:45. Purely on the grounds of narrative logic, the most likely spot for Isaac’s death would be right after he himself has finished giving his (second-rate) blessing to Esau in 27:40.14 This would also conform to the usual sequence in the other deathbed blessing scenes: the blessing is the final act of the father, who then proceeds to die.
11 See Carr, Fractures, 98. 12 Cf. Blackwell, Early Traditions, 96. 13 On the lack of intervening material between command and fulfillment in pentateuchal narrative, see Joel S. Baden, “A Narrative Pattern and Its Role in Source Criticism,” HS 49 (2008): 41–54. 14 Cf. Simpson, Early Traditions, 342 n. 138.
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If we imagine Isaac’s death to have occurred between Gen 27:40 and 41, we may then read some elements of the succeeding verses, 27:41–45, in a new light: as both supporting and reflecting the fact that Isaac has already died.15 It was noted above that Isaac is noticeably absent in the rest of the non-Priestly material; this is even more starkly observable in the few verses of 27:41–45.16 While Rebekah has certainly been the main driver of the narrative, and Jacob’s confidante, it is still striking that when Esau plans to kill Jacob the news of his intentions are delivered only to Rebekah (27:42) – as if those who brought the message were also somehow aware of the plotting that had been going on between Rebekah and Jacob.17 Likewise, when Rebekah sends Jacob to Haran, she says, “I will fetch you from there” (27:45); “I,” rather than “we.” This may admittedly be but a reflection of her private understanding with Jacob – such would be the canonical reading – but it is yet another space in which Isaac’s presence could well be imagined but is not there. Reading this in light of Isaac’s death, we see not only the special relationship between Rebekah and Jacob, but also her role as the sole parent remaining, the de facto head of the household now and in the foreseeable future. Rebekah says to Jacob, “Your brother Esau is consoling himself by planning to kill you” (Gen 27:42). The canonical reading is that Esau is consoling himself over the loss of his rightful blessing.18 The verb נחם, however, is far more appropriate, and commonly used, with reference to consolation after death (Gen 24:67; 37:35; 38:12 – all non-Priestly – 2 Sam 10:2–3; 12:24; 13:39).19 Esau, in this reading, is not planning to kill Jacob to make himself feel better for the stolen blessing, but rather to mitigate the pain of his father’s death. We may recall that the story has made very clear that, just as Rebekah and Jacob were particularly close, so too were Isaac and Esau (25:28). Moreover, shifting Esau’s grief from the blessing to his father does not mean ignoring the loss of the blessing: because the blessing was inextricably tied to Isaac’s death, the two come together as a conceptual package. Esau can grieve both for his father and for what his father’s death has meant for his future. Rebekah’s final words to Jacob are “Let me not lose you both in one day” (Gen 27:45); or, more accurately, “Let me not be bereaved of you both in one day” – the verb used here is שכל. Canonically, Rebekah is lamenting the potential real loss of Jacob, at the hands of Esau,
15 There has been a tendency in some areas of pentateuchal scholarship to take the bulk of Gen 27:1–40 as an originally independent literary unit, and to thus see 27:41–45 as a secondary text linking this episode to the Jacob-Laban cycle in the succeeding chapters; cf. Westermann, Genesis 12–36, 443; Erhard Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57 (Neukirchen: Neukirchener-Verlag, 1984), 79–88, 171; Harald Wahl, Die Jakobserzählungen, BZAW 258 (Berlin: de Gruyter, 1997), 256. Somewhat surprisingly, none of those who have argued for an originally independent narrative here have, to my knowledge, gone on to recognize the form-critical necessity of Isaac’s death as a conclusion to the story. 16 Cf. Simpson, Early Traditions, 96. 17 Though commentators have focused on how it is that words spoken by Esau “in his heart” could be known to anyone else (see, e.g., Ramban on Gen 27:41), few if any have asked why it is that these words were reported only to Rebekah. 18 See Rashi on Gen 27:42. 19 It is longstanding interpretive tradition to read this verb, מתנחם, as if it meant not “comfort” but “take revenge”; cf., e.g., Arnold B. Ehrlich, ( מקרא כפשוטו3 vols.; New York: Ktav, 1969), 3:79. Such readings certainly fit reasonably well in the context of the narrative, but also obscure, whether intentionally or not, the more obvious context of mourning.
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The Death of Isaac
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and of Esau, lost to her more metaphorically by his killing of Jacob.20 Nowhere else, however, does שכלhave such a metaphorical meaning. Nor need it here. Rebekah is, according to the reading espoused here, facing the possibility that the death of her husband, Isaac, will be accompanied by the death of her son, Jacob.21 “Let me not be bereaved of you both in one day” is not an emotional plaint, but a very real possibility, and it is the primary motivation for her sending of Jacob away from Esau.22 Not all of these elements are equally convincing, to be sure. Had we only one in evidence, it would be reasonable to rely on the traditional canonical explanations. Yet to have three such elements in such a short passage reinforces them all. There is, further, a mutually explanatory power at work here: the death of Isaac between Gen 27:40 and 27:41 makes better sense of the material that follows, while the contents of 27:41–45 suggest in turn that Isaac has already died. There is one element of 27:41–45 that would seem, at least on the surface, to stand in opposition to the idea that Isaac has already died. Esau, in 27:41, says, “Let but the mourning period of my father come, and I will kill my brother Jacob.” Since the mourning period obviously follows upon the death, and from Esau’s words it appears that the mourning period has not yet begun, then it would seem that Isaac has not yet died when Esau speaks. There are, however, some logical difficulties here. It is, first of all, unclear why, if Isaac has not yet died, Esau feels the need to wait until afterward to kill Jacob.23 His anger is very much in the present and of the moment – this is part of Esau’s character, established back in the story of his selling the birthright in Gen 25:27–34.24 There is no compelling reason for him to delay; he does not, for instance, seem to care much whether Rebekah is still alive to see one of her sons kill the other.
20 Speiser, Genesis, 210, suggests that “killing Jacob would expose Esau to the death penalty, through blood vengeance or otherwise,” yet it is difficult to see who the blood avenger would be in such a case, as Jacob is yet to have any offspring; moreover, there is no notion of an established death penalty in the patriarchal period, when there is no state to enact or administer such a law. See too Rashbam on Gen 27:45; Dillmann, Genesis, 221; W. H. Addis, The Documents of the Hexateuch (2 vols.; London: David Nutt, 1892); 1:51; Driver, Genesis, 261; Von Rad, Genesis, 279; Jacob, Genesis (Berlin: Schocken, 1934), 572. Skinner, Genesis, 374 makes the same claim regarding blood vengeance, but notes that “there would be no one to execute it.” Rashi rather adventurously suggests that in Rebekah’s mind Esau will attack Jacob, Jacob will kill Esau, and then Esau’s children – presumably the offspring of his marriages recorded in 26:34– 35 – will kill Jacob in revenge (Rashi on Gen 27:45). 21 Cf. Nahum Sarna, Genesis, JPS Commentary (Philadelphia: Jewish Publication Society, 1989), 195. 22 At the same time, it must be acknowledged that the verb שכלis commonly used for the loss of children specifically (Hos 9:14; Job 21:10, e.g.), such that it is also the primary Hebrew word for miscarriage. Yet this is not universally the case. In Deut 32:25, it is the sword that causes bereavement, to both young and old indiscriminately. Death and bereavement, with no specific relevance to offspring, are paired in 2 Kgs 2:19, 21; Lam 1:20. Yahweh’s punishment against Israel is described as bereaving and destroying or devouring in Jer 15:7 and Ezek 36:13–14. In Ezek 5:17, the bereavement caused by famine and wild beasts is in parallel with pestilence and bloodshed, seemingly all equally indiscriminate in the death they bring. On balance, the use of שכלin a metaphorical sense is less likely than its use to denote the death of someone who is not a child. 23 Rashi (on Gen 27:41) asserts a plain meaning for the text: so as not to cause his father grief. 24 Gunkel, Genesis, 307.
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Joel S. Baden
Second, it would be even more confusing for Esau to wait specifically and intentionally for the mourning period for Isaac to kill Jacob. Mourning periods are times when one is supposed to do nothing at all aside from grieve (Gen 50:10–11; Deut 34:8; 2 Sam 11:27, et al.). Mourning rituals were among the most sacred and solemn of Israelite practices.25 While Esau may have been furious at Jacob, to kill him during Isaac’s mourning period would have been an outrageous desecration of his beloved father’s memory.26 In short, “Let but the mourning period of my father come” makes little sense in any reading, or requires significant interpretive leaps to make sensible.27 The more reasonable and economical solution is to make one minor change to the Hebrew: instead of יקרבו ימי אבל, “let the days of mourning come,” we should read יעברו ימי אבל, “let the days of mourning pass” – see 2 Sam 11:27 for this phrase ( )ויעבר האבלin a similar context of waiting to act until a mourning period has passed.28 Esau is not, in fact, planning to kill Jacob during the mourning period for Isaac; he is, rather, quite carefully avoiding the mourning period for Isaac. This reading of the Hebrew is more coherent even without the assumption that Isaac has died already; it is vastly more comprehensible with Isaac’s death having already happened. Now we know why Esau does not simply kill Jacob right away: he is forced by custom and tradition to wait. This, of course, is what gives Rebekah the opportunity to send Jacob away: she knows that there is a short window in which he will be safe. In light of the foregoing we may add one further observation, an aspect of the narrative that is otherwise imperceptible to the canonical reader, or even to the reader of the nonPriestly story without Isaac’s death in its proper place. According to the reading proposed here, Isaac finishes blessing Esau in Gen 27:40, Isaac dies between 27:40 and 27:41, Esau declares his intention to kill Jacob in 27:41, Rebekah hears of it and sends Jacob away in 27:42–45, and Jacob leaves in 28:10. There is no stated passage of time between any of these; indeed, the narrative logic suggests that they should all be successive events, on the same day. That is, Jacob is forced to flee from Esau and leave his home during the mourning period for Isaac. There is a real narrative poignancy here. It further highlights just how dangerous it would have been for Jacob to remain: it is Jacob, in the end, who violates the mourning customs by traveling abroad, just as it was Jacob who violated the customs of the birthright and the pattern.
25 See Yahweh’s anger at Israel when they fail to appropriately mourn even a metaphorical loss, in Exod 33:5–6. On this passage, see Joel S. Baden, “On Exodus 33:1–11,” ZAW 124 (2012): 329–340. 26 This is the very claim made by R. Judah: “Esau acted with deliberation, saying, ‘Why should I grieve for my father?’” (Ber. Rab. 67.8). Some scholars simply assert that Esau will wait for the seven-day mourning period to kill Jacob: Holzinger, Genesis, 182; Driver, Genesis, 261, e.g. 27 As seen also by Simpson, Early Traditions, 342 n. 138. 28 It is unclear whether the change from יעברוto יקרבוis a simple textual error, or is rather an intentional change by someone who recognized that Isaac’s death was still some way off. Simpson (Early Traditions, 342 n. 138) suggests the latter, and proposes that יקרבוwas perhaps originally יכלו, “ended.”
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Genesis als Ur-Exodus Kyunggoo Min
Meinem Doktorvater in herzlicher Dankbarkeit für die langjährige freundschaftliche Begleitung meiner Arbeit.
1. Fragestellung Nach R. Achenbach und E. Otto ist die Grundschrift des Deuteronomiums und diejenige des Josuabuches durch einen dtr Autor (DtrL1) verbunden worden, dessen Zentralthema die Landnahmeerzählung bildet.2 Diese Landnahmeerzählung ist sodann durch die Verbindung mit der Landverheißung an die Ahnväter erweitert worden (Gen 15,18). Das bedeutet, dass die Landnahmeerzählung des DtrL mit den Ahnväter-Erzählungen von PG durch einen nachexilschen Hexateuchredaktor verknüpft worden ist, für den der „Landbesitz als das zentrale Heilsgut“3 gilt. Dies erlaubt den Schluss, dass die Ahnväter-Erzählungen aus der Perspektive der Exilszeit bzw. Nachexilszeit zu interpretieren sind.4 Es ist auch unverkennbar, dass das Exodusmotiv in der Genesis ebenfalls anklingt, was sich im Auszug Abrahams aus Ur exemplarisch zeigt und wiederum nahlegt, das Buch Genesis aus der Perspektive des „Exodus“ bzw. vor allem des „2. Exodus“ zu interpretieren. Die Geschichte der historisch-kritischen Exegese ist sehr eng mit der Erforschung der Genesis verbunden, weil dessen literarische Analyse an ihrem Ursprung gestanden hat. Seitdem haben viele Alttestamentler versucht, die Genese des Pentateuchs nachzuzeichnen bzw. zu rekonstruieren. Ein lange Zeit gültiger Forschungskonsens konnte mit der „Neueren Urkundenhypothese“, deren klassische Form auf J. Wellhausen zurückgeht, im 20.Jh. für lange Zeit erreicht werden.5 Aber ihre Plausibilität ist seit den 1970 Jahren zunehmend fraglich geworden, und heutzutage wird sie entweder strikt abgelehnt oder nur noch von wenigen 1
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Zum Siglum vgl. Reinhard Achenbach, „Pentateuch, Hexateuch und Enneateuch. Eine Verhältnisbestimmung,“ ZABR 11 (2005): 122–154. besonders 134 Anm. 51; vgl. auch Nobert Lohfink, „Kerygmata des deuteronomistischen Geschichtswerks“, in Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur II, ed. Nobert Lohfink, SBAB 12 (Stuttgart: Kath. Bibelwerk), 125–142. Nach N. Lohfink ist DtrL „deuteronomistische Landeroberungserzählung“. Eckart Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch. Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2000), 4–5. Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch, 7. Vgl. Bruce C. Birch, Walter Brueggemann und Terence E. Fretheim, eds., A Theological Introduction to the Old Testament (Nashville: Abingdon Press, 2005), 81. Vgl. Werner H. Schmidt, Einführung in das Alte Testament (Berlin: de Gruyter, 51995), 46.
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vertreten,6 weil die sog. E-Quelle in ihrer Existenz grundsätzlich bestritten wird und die sog. J-Quelle entweder spät zu datieren ist oder auch in ihrem Status als Quelle verdächtig geworden ist. Pointiert man den Forschungsumbruch, lässt er sich in folgender These zusammenfassen. Man sucht nunmehr nicht länger primär nach den Ursprüngen biblischer Religion, dem Gott der Väter zum Beispiel, sondern versucht vielmehr, den Prozess zu rekonstruieren, der schließlich in der spät datierten Komposition des Pentateuchs sein Ziel gefunden hat.7 Damit steht nunmehr der Pentateuch selbst im Zentrum des Interesses, während er zuvor eher als „Steinbruch“ diente, den es in seine Elemente zu zerlegen galt. Damit haben auch die traditionellen Abgrenzungen zwischen den einzelnen Büchern und Erzählkomplexen ihre Plausibilität verloren. K. Schmid fasst die aktuelle Forschungslage in der These zusammen, dass der Pentateuch aus einer post-priesterschriftlichen Bearbeitung hervorgegangen ist.8 Daraus resultiert die Aufgabe, den Pentateuch nicht nur diachron und religionsgeschichtlich zu analysieren, sondern gerade auch die Intention des Endtextes zu bestimmen, was D. J. A. Clines so formuliert: „the final redactor can, with minimal interference, re-shape the total impact of his material.“9 Damit haben auch die oft strikten Abgrenzungen zwischen den biblischen Büchern und Themen- und Erzählkomplexen ein Ende gefunden. Es ist nunmehr beispielsweise allgemein anerkannt, dass Ex 1,1ff. mit Gen 1,1–2,4a mehrere Gemeinsamkeiten aufweist, und diese Passage insofern auf die Priesterschrift zurückzuführen ist. Weiterhin hat J. Blenkinsopp im Buch Exodus Motive der ‚Schöpfungstheologie‘ nachgewiesen,10 was dazu nötigt, es im Horizont der Genesis zu interpretieren.11 Es besteht ein Konsens, dass hier und dort in der Genesis anachronistische Erzählungen vorgefunden werden. Der priesterliche Redaktor hat wahrscheinlich eine wichtige Rolle für die Komposition der Genesis gespielt, aber es bleibt dennoch ungewiss, wie umfassend er für die Verfassung der Genesis verantwortlich ist. Hat er nur alte Quellen gesammelt, rekonstruiert und redigiert, um seine eigene Theologie zu formulieren? Demgegenüber ist es ebenso unverkennbar, dass zum Beispiel das Exodusmotiv auch schon in der Genesis relevant ist, was das Hinausziehen Abrahams aus Ur eindrücklich illustriert. Dies legt nahe, dass Teile der Väterüberlieferung aus der Perspektive des ‚Exodus‘ bzw. sogar des „2. Exodus“ zu interpretieren sind.
6 Vgl. Thomas Römer, „Zwischen Urkunden, Fragmenten und Ergänzungen: Zum Stand der Pentateuchforschung,“ ZAW 125 (2013): 2–24. 7 Vgl. Erhard Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1984). 8 Vgl. Konrad Schmid, „Post-Priestly Additions in the Pentateuch. A Survey of Scholarship,“ in The Formation of the Pentateuch. Bridging the Academic Cultures of Europe, Israel, and North America, ed. Jan C. Gertz und Bernard M. Levinson (Tübingen: J.C B. Mohr, 2016), 589–604. 9 Vgl. David J. A. Clines, The Theme of the Pentateuch, JSOTSup 10 (Sheffield: University of Sheffield, 2001), 25. 10 Vgl. Joseph Blenkinsopp, „The Structure of P,“ CBQ 38 (1976): 280. J. Blenkinsopp hat die Wechselbeziehung von Gen 1–2 und Ex 39–40 überzeugend nachgewiesen; vgl. dazu noch Peter J. Kearney, „Creation and Liturgy The P Redaction of Ex 25–40,“ ZAW 89 (1977): 375–387. 11 Vgl. Terence E. Fretheim, Exodus. A Bible Commentary for Teaching and Preaching, Interpretation, (Louisville: John Knox Press, 1991), 12–14.
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Schon E. Blum hat nach „grundlegenden Bedeutungskonstanten der (älteren) Überlieferungssubstanz.“ gefragt.12 Und gerade die Vätergeschichte ist für die intendierten Hörer bzw. Leser wichtig, weil Volk und Land als Leitthemen der Genesis fungieren. Aber die Exilszeit nötigt dazu, die alten Überlieferungen in neuer Hinsicht zu interpretieren und weiterzuführen, wobei die Verheißung über das Volk und Land angesichts ihrer Gefährdung „sub specie Dei“ formuliert wird.13 Im Gegensatz dazu vertritt J. C. Gertz die traditionelle These, dass die Vätergeschichte mit der Exodustradition verbunden ist. Er macht erneut darauf aufmerksam, dass Elemente der Exodustradition in der Genesis häufiger erscheinen.14 Beispielsweise knüpft Gen 15,13– 16 an Ex 12,35–40 an, womit die priesterschriftliche Chronologie für Gen 15,13–16 vorausgesetzt wird.15 T. Römer verweist darauf, dass in Gen 12,10ff. die Exodustradition rezipiert worden ist, z.B. hat der Pharao Abram und seine Angehörigen gesandt ()שׁלַ ח. ָ 16 Hier fungiert der Pharao als Subjekt des Verbs שׁלַ ח, ָ was im Buch Exodus für die Forderung des Auszugs von Israel aus Ägypten verwendet wird (Ex 7,2; 10,4; 13,17; 14,5 usw.). Und T. B. Dozeman verknüpft das Bild von Hagar, die in die Wüste geflüchtet ist und dort Gott begegnet (vgl. Gen 16; 21), mit Motiven der Mosevita.17 Somit ist anzuerkennen, dass die Exodustradition in der Genesis häufiger aufscheint, was dazu nötigt, zu fragen, inwieweit ihre proleptische Rekapitulation gewissermaßen als UrExodus zu verstehen ist. Dies soll hier an zwei Geschichten aus der Vätertradition gezeigt werden, einerseits bei Lots Rettung aus dem Untergang Sodoms und andererseits der Erzählung von Jakobs Verlassen Labans, also seiner Heimkehr/Exodus aus dem Exil.
12 Vgl. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 479ff. 13 Vgl. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 292–293.341.505. 14 Vgl. Jan C. Gertz, „Abraham, Mose und der Exodus. Beobachtungen zur Redaktionsgeschichte von Gen 15,“ in Abschied vom Jahwisten. Die Komposition des Hexateuch in der jüngsten Diskussion, ed. Jan C. Gertz und Konrad Schmid (Berlin: de Gruyter, 2002), 64; Schon früher hat T. L. Thompson behauptet, dass Abrahams Auszug aus Haran dazu diene, „the sixth-century Babylonian exile“ widerzuspiegeln; vgl. Thomas L. Thompson, Early History of The Israelite People, From the Written and Archaeological Sources, (Leiden: Brill, 1994), 119. 15 Vgl. Gertz, 66–67; Für E. Blum ist auch der Abschnitt Gen 15,13–16 als Nachtrag zu bestimmen, nämlich als D-Bearbeitung. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 257 Anm. 88. Und jüngst hat L. Schmidt in Gen 15 zwischen zwei Schichten differenziert, wobei der Bericht über die Sohnesverheißung für ihn als spätere Ergänzung gilt (VV. 1–6*, 12–16, 19–21); vgl. Ludwig Schmidt, „Genesis XV,“ VT 56 (2006): 251–267. 16 Vgl. Thomas Römer, „Exodusmotive und Exoduspolemik in den Erzvätererzählungen,“ in Berührungspunkte. Studien zur Sozial- und Religionsgeschichte Israels und seiner Umwelt: Festschrift für Rainer Albertz Zu Seinem 65. Geburtstag, ed. I. Kottsieper et al. (Münster: Ugarit Verlag, 2008), 3–20. 17 Vgl. Thomas B. Dozeman, „The Wilderness and Salvation History in the Hagar Story,“ JBL 117 (1998): 23–43.
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2. Exodusmotiv 2.1 Exodus aus Sodom (Gen 19,12ff) In Genesis 19 geht es um den Untergang Sodoms. Im ersten Erzählabschnitt (VV. 1–11) kommen zwei Engel nach Sodom, wo die Familie Lots lebt, um sie aufzufordern, den Ort rasch zu verlassen, damit sie gerettet werden. Der zweite Abschnitt (VV. 12ff.) berichtet dann über die Flucht der Familie, die allerdings nur zum Teil gelingt. In V. 9 wird der Rechtsstatus Lots in der Stadt durch die Rede ihrer Bewohner bestimmt, er ist ein Fremder ()לגוּר, ָ weshalb er in Sodom kein Bürgerrecht besitzt. Die Wurzel גורist aber schon vorher zweimal erwähnt worden, wobei sich die Verbalform auf Abraham (Gen 12,10) und die Nominalform auf die Knechtschaft seiner Nachkommenschaft in Ägypten bezieht (גֵּ ר, Gen 15,13). An beiden Stellen ist also ein Zentralbegriff der Exodustradition verwendet worden, und somit ist es recht wahrscheinlich, dass auch in Gen 19,12ff die „Exodusvorstellung“ eine Rolle spielt.18 Vers 12 fängt mit einem Narrativ an, im Anschluss daran folgt aber ein Imperativ, die Männer erteilen Lot einen Befehl: Führe hinaus aus diesem Ort (ן־ה ָמּקוֹם ַ הוֹצא ִמ ֵ )! Dieser Befehl ist mit dem Gottesbefehl an Abraham vergleichbar, wo es um dessen Auszug aus Ur bzw. Haran geht (Gen 12,4; 15,7). Gen 12,4 Gen 15,7 Gen 19,12
וַ יֵּ לֶ ַא ְב ָרם ַכּ ֲא ֶשׁר ִדּ ֶבּר ֵא ָליו יְ הוָ ה וַ יֵּ לֶ ִאתּוֹ לוֹט ן־ח ֵ ֤משׁ ָשׁנִ ים וְ ִשׁ ְב ִﬠים ָשׁנָ ה ְבּ ֵצאתוֹ ֵמ ָח ָרן ָ וְ ַא ְב ָרם ֶבּ ֹאמר ֵא ָל֑יו ֶ וַ יּ ת־ה ָא ֶרץ ַהזּ ֹאת ְל ִר ְשׁ ָתּהּ ָ אתי ֵמאוּר ַכּ ְשׂ ִדּים לָ ֶתת לְ ֶא ִ הוֹצ ֵ ֲאנִ י יְ הוָ ה ֲא ֶשׁר אמרוּ ָה ֲאנָ ִשׁים ֶאל־לוֹט ְ ֹ וַ יּ ְ וּבנֶ י ָ עֹד ִמי־לְ פֹה ָח ָתן ַ הוֹצא ִמ ֵ וּבנ ֶֹתי וְ כֹל ֲא ֶשׁר־לְ ָבּ ִ ֑ﬠיר ן־ה ָמּקוֹם׃
In Gen 15,7 ist die Hifilform des Verbes יצאmit der Präposition ִמןverbunden, was eine feste Redewendung für das Thema „Exodus aus Ägypten“ ist (vgl. Gen 11,31; Ex 3,11; 6,6–7; 12,17; Num 23,22; Dtn 4,46; Jos 5,5; Ps 114,1).19 Da Gen 15,7 als Einleitung für die Verbindung von Sohnesverheißung und Landzusage fungiert, ist sie als sekundär zu verstehen,20 weil sie dazu dient, beide Themen miteinander zu verknüpfen.21 Außerdem findet sich der Zusammenhang zwischen der Präposition ִמןund einer Ortsangabe (Haran, Ort [)]ה ָמּקוֹם ַ auch in Gen 12,422 und 19,12–14, wo auch das Motiv des Exodus indirekt aufscheint. 18 Vgl. Römer, „Exodusmotive und Exoduspolemik in den Erzvätererzählungen“, 3–20. 19 Vgl. Victor P. Hamilton, The Book of Genesis 1–17, NICOT (Grand Rapids: William B. Eerdmans, 1990), 429. 20 Zu Gen 15,7 vgl. Walter Zimmerli, 1. Mose 12–25. Abraham, ZBAT 1.2 (Zürich: TVZ, 1976), 49; Hamilton, The Book of Genesis 1–17, 429. 21 Vgl. Michael Fishbane, Biblical Interpretation in Ancient Israel (Oxford: Clarendon, 1985), 376. 22 Gen 12,4b rechnen folgende Autoren der Priesterschrift zu: Martin Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch (Darmstadt: WBG, 21960), 13; Claus Westermann, Genesis 12–36, BKAT I,2 (NeukirchenVluyn: Neukirchener Verlag, 1981), 177; Zimmerli, 1. Mose 12–25. Abraham, 16; Ephraim A. Speiser, Genesis, AB 1 (Garden City: Doubleday, 1983), 86; Christoph Levin, Der Jahwist, FRLANT 157
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Genesis als Ur-Exodus
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In Gen 19,12 wird das „Hinausziehen“ ()הוֹצא ֵ durch den Imperativ ausgedrückt, aber nicht die ganze Familie Lots ist dem Befehl gehorsam, denn seine Schwiegersöhne scherzen über seine Aufforderung (ן־ה ָמּקוֹם ַ ְצּאוּ ִמV. 14). Sie stehen für diejenigen, die Sodom nicht verlassen wollen und darum untergehen. Damit spielt Gen 19,12ff auf das Motiv des Gehorsams an, das Land ist unbedingt zu verlassen, weil es gilt, dem Befehl Jahwes gehorsam zu sein. Denn wenn man das zum Untergang verurteilte Land nicht verlässt, wird man wie dessen Bewohnerschaft untergehen. Außerdem hat der Verfasser von Gen 19,12ff die Ortangabe nicht konkretisiert, weil er nur das Wort „“ה ָמּקוֹם ַ verwendet, da Sodom in der Zeit des Verfassers23 schon zerstört ist, wobei es für ihn nicht mehr erforderlich ist, den Ort zu bestimmen, was es dem Leser wiederum erlaubt, das Wort ַה ָמּקוֹםfür seine jeweilige Situation zu individualisieren (vgl. Dtn 5,3). In Kap.19 findet sich die letzte Erwähnung Sodoms in der Genesis, die hier aber erstmals unabhängig von Lot erfolgt. Dagegen wird Sodom in Gen 13 durch das Urteil Lots beschrieben, es ist in seiner Fruchtbarkeit mit dem Garten des HERRN und dem Land Ägypten vergleichbar (Gen 13,10). Während in Gen 12 das verheißene Land von der Dürre beherrscht wird, was Abraham nötigt, vorübergehend nach Ägypten zu ziehen, verweist der Vergleich mit Ägypten in Gen 13 auf die Fertilität von Sodom hin.24 Gen 13,10
Da hob Lot seine Augen auf und sah die ganze Gegend am Jordan, dass sie wasserreich war. Denn bevor der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis nach Zoar hin wie der Garten des Herrn, gleichwie Ägyptenland.
Dass Sodom und Gomorra durch Jahwe vernichtet worden sind, erlaubt den Schluss, Sodom mit Ägypten zu identifizieren.25 Hinzu kommt, dass die Bewohner Sodoms in Gen 13,13 als „sehr böse und sündig vor Jahwe“ dargestellt werden ()ר ִﬠים וְ ַח ָטּ ִאים ַליהוָ ה ְמאֹד, ָ was mit Gen 18,20 zu verbinden ist (אתם ִכּי ָכ ְב ָדה ְמאֹד ָ )ח ָטּ. ַ Diese Verknüpfung führt uns zur These, dass der Redaktor der Genesis das Hinausziehen aus „Sodom“ mit dem Exodus aus „Ägyp– ten“ identifizieren – oder in Analogie dazu deuten – möchte, weshalb die Sodomerzählung im Horizont des ‚Exodus‘ zu interpretieren ist. Im Zusammenhang mit Gen 12; 15 bildet das Hinausziehen Lots aus Sodom ein Vorbild für die Exodusgeneration, dahingegen verkörpert seine Frau, die sich nach dem Leben in Sodom zurücksehnt, diejenigen, die sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens zurücksehnen (Ex 16,3; Num 11,5–6).
(Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1993), 140.437; Jakob Wöhrle, Fremdlinge im eigenen Land. Zur Entstehung und Intention der priesterlichen Passagen der Vätergeschichte, FRLANT 246 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 29. 23 Vgl. Eckart Otto, Deuteronomium 1–11, Teilbd. 1: 1,1–4,43, HThKAT (Freiburg im Breisgau: Herder, 2012), 187. 24 Vgl. Hamilton, The Book of Genesis 1–17, 393. 25 Vgl. Zimmerli, 1. Mose 12–25. Abraham, 31; Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 283.
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2.2 Jacob und Laban (Gen 31) / Israel und Pharao Gen 31 setzt mit dem Konflikt zwischen Laban bzw. dessen Söhnen und Jakob ein. Als Jakob einst nach Paddan-Aram geflohen war (Gen 28,7; 29,18), ist er ein armer Flüchtling gewesen. 20 Jahre später ist er hingegen sogar reicher als Laban. Der Neid der Söhne Labans auf den Reichtum Jakobs führt dazu, dass er sich entschließt, in seine alte Heimat zurückzukehren. Die traditionelle Urkunden-Hypothese hat Gen 31 auf die J (V. 1) und E-Quelle (V. 2) verteilt,26 und V. 18 der Priesterschrift zugeschrieben.27 Allerdings gibt es in Gen 31 weitere Verse, die als nachträglich zu gelten haben, also noch später zu datieren sind. Beispielsweise unterbricht Gen 31,3, der in Analogie zur Berufung Abrahams formuliert ist,28 die Verbindung zwischen den Versen 2 und 4, also ist V. 3 als spätere Einfügung zu verstehen.29 Dieser Vers verknüpft zusammen mit V. 13 das Kapitel 31 mit Gen 28,15, und insofern spielt er eine wichtige Rolle in Gen 31.30 Gen 31,3 ֹאמר יְ הוָ ה ֶאל־יַ ֲﬠקֹב ֶ וַ יּ מוֹל ְד ֶתּ וְ ֶא ְהיֶ ה ִﬠ ָמּ ַ וּל ְ בוֹתי ֶ ל־א ֶרץ ֲא ֶ שׁוּב ֶא
Gen 31,13 ית־אל ֲא ֶשׁר ָמ ַשׁ ְח ָתּ ָשּׁם ַמ ֵצּ ָבה ֲא ֶשׁר ֵ ָאנ ִֹכי ָה ֵאל ֵבּ נָ ַד ְר ָתּ ִלּי ָשׁם ֶנ ֶ֑ דר ן־ה ָא ֶרץ ַהזּ ֹאת ָ ַﬠ ָתּה קוּם ֵצא ִמ מוֹל ְד ֶתּ ַ ל־א ֶרץ ֶ וְ שׁוּב ֶא
Die Verse 3 und 13 rekapitulieren also die vergangene Geschichte, womit der Redaktor die Jakobserzählung mit der Erzvätertradition verknüpft. Und entscheidend ist dabei das Interesse des Redaktors, das Exodusmotiv als Wendepunkt für die Erzväter-Erzählungen herauszustellen. In der Offenbarung wird Jakob folgendes befohlen: „Kehre zurück in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft!“ (Gen 31,3). Dieser Befehl wird in V. 13 nochmals erläutert, indem Jakob den Befehl Jahwes nun seinen Frauen Rahel und Lea mitteilt. In den Versen 3 und 13 wird das Verb שׁוּבfür die „Rückkehr in das Land“ benutzt. Als Jakob seinen Frauen von der Offenbarung berichtet, fügt er den Befehl ‚zieh aus diesem Land‘ (ֵצא ִמן־ )ה ָא ֶרץ ַהזֹּאת, ָ der typisch für die Exodustradition ist, hinzu. In der Vätergeschichte ist die Formulierung „Ortsangabe + מן+ “יצאsehr auffällig. Erstmals ist sie in Gen 11,31 und danach in Gen 15; 19 verwendet. Erstaunlicherweise nimmt die Ortsangabe Bezug auf „Babylon“ (Gen 11,31; 15,7) bzw. ‚Ägypten‘ (Gen 19,12.14), wodurch der Redaktor an den zweiten Exodus aus Babylon oder den ersten aus Ägypten erinnern will.
26 Vgl. Gerhard von Rad, Genesis, ATD 2–4, (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1956), 266; Speiser, Genesis, 249; Im Gegensatz dazu behauptet C. Westermann, dass hier keine E-Quelle vorliegt, Westermann, Genesis 12–36, 490. 27 Vgl. Speiser, Genesis, 48; Wöhrle, Fremdlinge im eigenen Land, 29. Die Ortsangabe „Paddan-Aram“ geht auf die Priesterschrift zurück. 28 Vgl. Gordon J. Wenham, Genesis 16–50, WBC 2 (Waco: Word Books, 1987), 268. 29 Vgl. Hans J. Boecker, 1 Mose 25,12–37,1. Isaak und Jakob, ZBAT 1.3 (Zürich: Theologischer Verlag, 1992), 85; Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 128. 30 Vgl. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 8.
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Genesis als Ur-Exodus
Darum ist auch zu fragen, welche Rolle Paddan-Aram in Gen 31 spielt. In der Genesis wird dieser Ort oft im Wechsel mit Haran verwendet, was sie de facto gleichsetzt (Gen 28,5; 29,4). Darüber hinaus ist der Auszug aus Haran auch ein Bindeglied der Erzählungen über Jakob und Abraham, denn beide Ahnväter verlassen Haran, um ein ganz neues Leben zu beginnen (Gen 12,4; 28,10; 29,4ff).31 In Gen 31 ist zudem noch besonders auffällig, dass Jakob über den Strom setzt (V. 21). Weil diese Formulierung im Alten Testament sehr selten verwendet wird und der Strom höchstwahrscheinlich den „Euphrat“ bezeichnen soll,32 evoziert diese Erzählung unter dem Gesichtspunkt der Erzählzeit Erinnerungen an den Exodus aus Ägypten.33 Gen 31 ת־לב ָל ָבן ָה ֲא ַר ִ ֑מּי ֵ וַ יִּ גְ נֹב יַ ֲﬠקֹב ֶא20
Ex 14 וַ יֻּ גַּ ד ְל ֶמלֶ ִמ ְצ ַריִם ִכּי ָב ַרח ָה ָﬠם5
ל־בּלִ י ִהגִּ יד לוֹ ִכּי ב ֵֹר ַ ֽהוּא׃ ְ ַﬠ
ל־ה ָﬠם וַ יֹּאמרוּ ַמה־זֹּאת ָ וַ יֵּ ָה ֵפ לְ ַבב ַפּ ְרעֹה וַ ֲﬠ ָב ָדיו ֶא
ל־א ֶשׁר־לוֹ וַ יָּ ָקם וַ יַּ ֲﬠבֹר ֶאת־ ֲ יִּב ַרח הוּא וְ ָכ ְ ַ ו21
י־שׁ ַלּ ְחנוּ ֶאת־יִ ְשׂ ָר ֵאל ֵמ ָﬠ ְב ֵדנוּ׃ ִ ָﬠ ִשׂינוּ ִכּ
ַהנָּ ָהר
וַ יְ ַחזֵּ ק יְ הוָֹ ה ֶאת־לֵ ב ַפּ ְרעֹה ֶמ ֶל ִמ ְצ ַריִם וַ יִּ ְרדּ ֹף ַא ֲח ֵרי8
ת־פּנָ יו ַהר ַהגִּ ְל ָﬠד׃ ָ וַ יָּ ֶשם ֶא
ְבּנֵ י יִ ְשׂ ָר ֵאל
ישׁי ִכּי ָב ַרח יַ ֲﬠקֹב׃ ִ וַ יֻּ גַּ ד ְל ָל ָבן ַבּיּוֹם ַה ְשּׁ ִל22
וּבנֵ י יִ ְשׂ ָר ֵאל י ְֹצ ִאים ְבּיָ ד ָר ָמה׃ ְ
ת־א ָחיו ִﬠמּוֹ וַ יִּ ְרדּ ֹף ַא ֲח ָריו ֶדּ ֶר ֶ וַ יִּ ַקּח ֶא23
ל־היָּ ם ַ אוֹתם חֹנִ ים ַﬠ ָ יהם וַ יַּ ִשּׂיגוּ ֶ וַ יִּ ְר ְדּפוּ ִמ ְצ ַריִם ַא ֲח ֵר9
יָמים ִ ִשׁ ְב ַﬠת
ל־פּי ַה ִחיר ֹת ִל ְפנֵ י ִ וּפ ָר ָשׁיו וְ ֵחילוֹ ַﬠ ָ ָכּל־סוּס ֶר ֶכב ַפּ ְרעֹה
וַ יַּ ְד ֵבּק אֹתוֹ ְבּ ַהר ַהגִּ ְל ָﬠד׃
ַבּ ַﬠל ְצפֹן׃
Darüber hinaus ist in Gen 31,20–23 das Wortpaar „ברח/ “רדףwichtig. In Gen 31,20–22 findet sich das Wort ( )ברחdrei Mal, das die Handlung Jakobs, besonders sein Fliehen, gut beschreibt. Das Wort wird auch in Gen 16,6 verwendet, wo Hagars Flucht vor Sarai das Thema bildet, was für T. B. Dozeman an Ex 14,5 anknüpft.34 Nachdem Jakobs Flucht Laban bekannt geworden ist, jagte er ihm sieben Tage lang nach (רדף, Gen 31,23), wobei Laban und seine Begleiter wahrscheinlich bewaffnet gewesen sein dürften (vgl. Gen 35,5; 44,4). In Gen 31,20ff. geht es um Flucht und Verfolgung, womit die Verben ברחund רדףeine wichtige Rolle spielen, und diese Wortverbindung ist auch in Ex 14 belegt (V. 5 und 8f.). Folglich
31 Die Ortsangabe „Paddan-Aram“ und der Auszug aus Haran (Gen 12,4) sind auf P zurückzuführen, s. Anm. 25. 32 Vgl. Boecker, 1 Mose 25,12–37,1, 87. 33 Vgl. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 41. 34 Vgl. Dozeman, „The Wilderness and Salvation History in the Hagar Story“, 28.
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Kyunggoo Min
möchte der Redaktor der Vätererzählungen seine Leser dazu anregen, das Thema „Flucht und Verfolgung“ Jakobs als „Prolog“ des späteren Exodus zu verstehen. Außerdem wird die Jakobsgeschichte auch im Kapitel Hosea 12 rezipiert. Hos 12,13a Hos 12,13b1 Hos 12,13b2 Hos 12,14a Hos 12,14b
וַ יִּ ְב ַרח יַ ֲﬠקֹב ְשׂ ֵדה ֲא ָרם וַ יַּ ֲﬠבֹד יִ ְשׂ ָר ֵאל ְבּ ִא ָשּׁה וּב ִא ָשּׁה ָשׁ ָמר ְ וּבנָ ִביא ֶה ֱﬠלָ ה ְיהוָ ה ֶאת־יִ ְשׂ ָר ֵאל ִמ ִמּ ְצ ָריִם ְ וּבנָ ִביא נִ ְשׁ ָמר ְ
Hier repräsentiert Jakob, als der Ahnvater des Volkes, Israel, das dem kanaanäischen Wesen verfallen ist.35 Allerdings sind in Hos 12 zwei Auffälligkeiten zu beobachten. Erstens, der Name Jakobs wird abgeändert. In Hos 12,13a steht der Name Jakob, aber in Hos 12,13b1 hingegen sein späterer Name Israel. Die beiden Namen sind zweifellos vertauschbar. Dennoch ist die Angabe in Hos 12,14a merkwürdig, denn hier verweist die Benennung Israel nicht mehr die Person des Ahnvaters, sondern auf das Volk „Israel“. In Hos 12,13–14 wird Jakob in „Israel“ umbenannt, was es dem Autor im zweiten Schritt ermöglicht, mit dem Personennamen „Israel“ sodann vom Volk „Israel“ in Ägypten zu sprechen. Zweitens, dies nötigt auch dazu, die Ortsangaben damit zu harmonisieren. Nach Hos 12,13a floh Jakob nach „Aram“, was geografisch im Nord-Osten von Israel lokalisierbar ist und wahrscheinlich mit „Paddan-Aram“ in der Genesis gleichzusetzen ist. In Hos 12,14a erfolgt aber nun als Ortsangabe „Ägypten“, was südwestlich von Israel liegt. Auf diese Weise verbindet der Verfasser des Hoseabuches den Ahnvater „Jakob“ mit seiner Nachkommenschaft Israel, wobei Jakobs Flucht vor Laban durch den Auszug seiner Nachkommenschaft aus Ägypten substituiert wird.36 Somit wird im Hoseabuch, worin die Tradition des Nordreichs überliefert wird, die Jakobsgeschichte durch diese Analogie mit dem Exodus neu interpretiert.
3. Fazit Die Interpretation der Genesis stand am Anfang und für lange Zeit im Zentrum der Pentateuchforschung. Mit den Techniken der Literarkritik hat man versucht, ihre Quellen und ihre Komposition zu rekonstruieren. Einen Neuansatz hat die Redaktionsgeschichte ermöglicht, indem man zwischen der Perspektive der Erzählten-Zeit und der Perspektive der Erzählzeit37 differenziert hat. Und die Wahrnehmung ihrer Verschränkungen lässt erkennen, dass es den Erzählern so möglich wird, frühere Ereignisse im Licht späterer Ereignisse zu deuten. Oder man nutzt sie dazu, die Gegenwart in das Gewand der Vergangenheit zu kleiden, um so seine
35 Vgl. Jörg Jeremias, Der Prophet Hosea, ATD 24 (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1983), 157; J. Andrew Dearman, The Book of Hosea, NICOT (Grand Rapids: W. B. Eerdmans, 2010), 313. 36 Vgl. Dearman, The Book of Hosea, 313. 37 Vgl. Otto, Deuteronomium 1–11, Teilbd. 1: 1,1–4,43, 187.
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Genesis als Ur-Exodus
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Leser/Hörer zum richtigen Handeln aufzurufen. In diesem Sinne knüpft dies an das Lexem „Tora“ (Lehren) an. In den Vätergeschichten finden sich oft Formulierungen, die an den Exodus erinnern (Gen 12; 15; 16–21; 19; 31 usw.), und ihre Ortsangaben beziehen sich einerseits auf Mesopotamien (Gen 12; 15) und andererseits auf Ägypten (Gen 19). Folglich ist es legitim, zu behaupten, dass die Exodus-Anspielungen in der Genesis den Exodus quasi vorwegnehmen, ihn aber andererseits erneut zum aktuellen Thema machen, geht es doch in der nachexilischen Zeit des Erzählens um den zweiten Exodus aus Babylon, der sich somit gewissermaßen als der dritte erweist. Dies erlaubt es, die Vätergeschichte der Genesis als Ur-Exodus zu verstehen.
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Von brennenden Büschen und Bergen Die Szenerie der Moseberufung (Ex 3,1–6) und die Horebschilderungen des Deuteronomiums (Dtn 4; 5; 9) als kompositionelle Ankerpunkte Ruth Ebach
Die Theophanie am brennenden Dornbusch eröffnet einen prägenden narrativen Bogen der Exoduserzählung, der, wie in Ex 3,12 angekündigt, mit dem Dienen an diesem Berg enden wird. Dieser Erzählzusammenhang wurde in christlicher und jüdischer Tradition immer wieder in bildlichen Darstellungen in Szene gesetzt, doch ein Detail, besonders der frühen Darstellungen, ist in diesem Zusammenhang auffällig. So lässt sich statt eines brennenden Busches in mehreren Abbildungen ein brennender Berg oder eine brennende Berglandschaft erkennen. Dieser optische Vorverweis auf die Toragabe am Gottesberg geht einher mit einem textinternen Verweissystem, das es im Folgenden genauer in den Blick zu nehmen gilt. Mit diesem Bezugsystem verbindet sich die Frage, wo die Moseberufung – kanonisch und topographisch – an ihr Ziel kommen wird. So kann der Bergverweis in Ex 3 sowohl auf den Sinai als auch den Horeb zielen. Zwar lassen sich diese Orte durchaus gleichsetzen, doch steht die Frage im Raum, ob die Erzählsequenz in der Sinaiperikope des Exodusbuches oder in den Horeberzählungen des Deuteronomiums zu ihrem Abschluss kommt. Der Fokus der folgenden Überlegungen liegt somit weniger auf der (zurzeit) intensiv und kontrovers diskutierten literarischen Zuordnung von Ex 3–4 und seiner literarischen Bestandteile als vielmehr auf der anderen Seite des kompositionellen Bogens, des Ziels der mit der Berufung verbundenen Aufgabe. Somit trägt das Folgende zur regen Diskussion um Pentateuch-übergreifende literarische Bezüge und Redaktionen dar, die vom Deuteronomium her gedacht sind.1
1. Der brennende Berg in bildlichen Darstellungen Die aus dem fünften Jahrhundert n.Chr. stammende Kirchentür der Kirche Santa Sabina in Rom bietet neben der ältesten erhaltenen Abbildung der Kreuzigungsszene eine auffällige Darstellung der Moseberufung. Als kunstgeschichtliche Neuheit besteht die Oberfläche der Tür aus von unten nach oben sortierten Bildfolgen, sodass nicht nur einzelne Aspekte einer biblischen Geschichte dargestellt werden, sondern auch deren dynamische Elemente und ihr
1
Die Überlegungen sind als kleiner Dank für die intensive und vielfältige Unterstützung gemeint, die ich von Reinhard Achenbach seit Beginn meiner ersten eigenen Gedanken zum Deuteronomium erfahren habe.
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Ruth Ebach
Ablauf festgehalten werden.2 Mose wird auf dem Relief zunächst mit den Schafen dargestellt, die er hütet, und zieht sich sodann bei einer Begegnung mit einem Engel die Schuhe aus. Neben dem redenden Gottesboten sieht man nun jedoch gerade keinen brennenden Dornbusch, wie man es von Ex 3–4 her erwarten würde, sondern eine brennende Steinstruktur. Abgerundet wird die szenische Sequenz durch die Übergabe eines Schriftstücks an Mose, das von einer Hand aus dem Himmel gereicht und von diesem mit verhüllten Händen entgegengenommen wird. Mit der Übergabe der Tora weist damit die Szenerie eindeutig über die Berufung des Mose gemäß Ex 3–4 hinaus und auf die Gesetzesgabe am Gottesberg hin. Die brennende steinerne Struktur erklärt sich ebenfalls nicht aus Ex 3–4 und bedarf einer Verbindung mit anderen Textpassagen. So kann man hier entweder einen Altar erkennen3 oder aber, wie etwa von Gisela Jeremias bei der kunstgeschichtlichen Beschreibung der Motive der Holztür vertreten, eine natürliche Steinanhäufung und somit die Darstellung eines Berges.4 Diese Deutung als Berg wird durch weitere bildliche Darstellungen gestützt.5 So findet sich etwa in einer illustrierten Historienbibel (Mscr.Dresd.A.50) die Abbildung Moses, der inmitten eines brennenden Berges steht und dort mit Gott kommuniziert.6 Eine in mehreren Versionen vorliegende Miniatur aus verschiedenen Manuskripten der „Christlichen Topographie“, die in der Tradition mit dem Namen Kosmas Indikopleustes, also dem Indienfahrer, aus dem 6. Jh. verknüpft wurde, stellt ebenfalls eine brennende Bergstruktur als Szenerie der Moseberufung dar.7 Da die Elemente dieser Darstellungen (griechisch) beschriftet sind, ist eindeutig zu erkennen, dass es sich um einen Berg handelt. Abgebildet und bezeichnet sind „Moses, der den Dornbusch sieht“, seine „Sandalen“,8 „Moses“ am „Dornbusch“ und der brennende „Berg“. Auch auf dieser Abbildung ist die Übergabe der Tora aus dem Himmel an Mose festgehalten.9 2 3
4 5 6 7
8 9
Zu den Darstellungen siehe Gisela Jeremias, Die Holztür der Basilika S. Sabina in Rom unter Verwendung neuer Aufnahmen von Franz Xaver Bartl, Bilderhefte des deutschen Archäologischen Instituts Rom 7 (Tübingen: Wasmuth, 1980). Vgl. Helmut Utzschneider, „Die Inszenierung Gottes im Buch Exodus. Beobachtungen zur literarischen und piktoralen Bildlichkeit Gottes,“ in Wege der Freiheit: Zur Entstehung und Theologie des Exodusbuches. Die Beiträge eines Symposions zum 70. Geburtstag von Rainer Albertz, ed. Reinhard Achenbach et al. (Zürich: TVZ, 2014), 35–49, hier 47. Dies würde in der Folge zu einer kultischen Deutung des Objekts im Rahmen von Opferhandlungen führen, die sich durch die Verwendung von עבדin Ex 3,12 durchaus unterstreichen lässt. Vgl. Jeremias, Holztür, 23. Siehe zu dieser Bildtradition insgesamt (auch mit etwas älterer weiterführender Literatur) Alfred Hermann, „Dornstrauch,“ RAC 4: 189–197, besonders 195–196. Diese Historienbibel stammt vermutlich aus Hagenau bei Straßburg. Vgl. zum Ganzen Horst Schneider, Kosmas Indikopleustes: Christliche Topographie – Textkritische Analysen Übersetzung Kommentar (Turnhout: Brepols, 2010), und Maja Kominko, The World of Kosmas: Illustrated Byzantine Codices of the Christian Topography (Cambridge: Cambridge University Press, 2013). Die Abbildung aus dem Codex Sinaiticus Graecus datiert vermutlich ins 11. oder 12. Jh. n.Chr., die des Vaticanus Graecus zwischen das 6. und 8. Jh. und die aus dem Laurentianus etwa ins 10. Jh. Kosmas schildert in seiner Christlichen Topographie die Weltordnung und kommt in diesem Zug auch auf den Exodus zu sprechen, der eine christologische Deutung erfährt. Die Sandalen erinnern graphisch an die deutlich bekanntere Darstellung in der Synagoge von Dura Europos. Die Verbindung einer brennenden Berglandschaft, in der sich Mose die Sandalen auszieht, und der Übergabe der Tora aus dem Himmel findet sich ebenso auf den aus dem 5. Jh. n.Chr. stammenden Mosaiken aus der Kirche San Vitale in Ravenna.
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Von brennenden Büschen und Bergen
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Mit der Verbindung der Szenerien der Toraübergabe und der Berufung am Dornbusch folgen die erwähnten (christlichen) Darstellungen einer Tradition, die sich auch textlich niedergeschlagen hat. So bietet etwa der Targum Pseudo-Jonathan in der ergänzten Wiedergabe von Ex 3,1 schon einen Hinweis darauf, dass am Horeb eine Offenbarung Gottes stattfinden wird. Deutlicher ausgeführt ist die Verbindung in den Sprüchen des Rabbi Elieser. Dort kündigt Gott bei der Moseberufung explizit an, dass er in der Zukunft, wie es gesagt sei, Israel an diesem Ort die Tora geben werde ()ששם אני עתיד ליתן את התורה לישראל.10 Mit diesem Hinweis begründet er die Heiligkeit des Bodens und damit die Anweisung, sich nicht weiter zu nähern und die Schuhe auszuziehen. Die Bezüge zur Toragabe stehen somit in einem breiteren Traditionskomplex, das Element des brennenden Berges wird jedoch durch diese textlichen Quellen noch nicht hinreichend erklärt. So sind der Beginn der Moseberufung und seine Verknüpfungen noch einmal neu in den Blick zu nehmen.
2. Der brennende Berg als Motiv im Pentateuch Die Szenerie der Moseberufung wird zu Beginn wie folgt geschildert: 1
Und Mose hütete das Kleinvieh Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian und trieb das Kleinvieh über die Wüste hinaus und kam an den Gottesberg, an den Horeb. 2Da erschien ihm der Bote Jhwhs in der Feuerflamme in der Mitte des Dornbuschs und er schaute hin und da: der Dornbusch brannte im Feuer und der Dornbusch wurde nicht verschlungen. 3Da sagte Mose: Ich will doch einmal hingehen und diese große Erscheinung will ich betrachten, warum der Dornbusch nicht verbrennt. 4 Da sah Jhwh, dass er sich näherte, um zu sehen, und Gott rief ihm aus der Mitte des Dornbuschs zu: Mose, Mose! Und er sagte: Hier bin ich. 5Da sprach er: Komm nicht näher, zieh deine Sandalen von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, er ist heiliger Boden! Ein Bezug zu einem brennenden Berg ist in der Beschreibung von Ex 3,1–6 zunächst einmal nicht zu erkennen und ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Verlauf der Moseberufung in Ex 3–4 So ist es nötig, den Text mit einem externen Bezugspunkt zu verbinden. Und so kommt Christoph Dohmen in seiner Mose-Darstellung auch vermittelt über den breiten Abschnitt zur Rezeptionsgeschichte unter der Überschrift „Dornbusch und Sinai“ auf die eben thematisierte Tür von Santa Sabina und damit auf die Verknüpfung zum brennenden Gottesberg zu sprechen. Er erkennt durch den brennenden Berg die Verbindung zum Sinai und damit zugleich zur Toraübergabe in Ex 19.11 In dieser Linie liegt auch die Bemerkung Benno 10 Pirqe R. El. Kap. 40. Zum Text siehe Dagmar Börner-Klein, Pirke de-Rabbi Elieser. Nach der Edition Venedig 1544 unter der Berücksichtigung der Edition Warschau 1852, Studia Judaica 26 (Berlin; New York: de Gruyter, 2004), 526–537, zitierte Stelle 530–531. Die Sprüche stammen vermutlich aus dem 8. Jh. n.Chr., nehmen jedoch ältere Traditionen auf. Zur breiten Diskussion um die Datierung siehe a.a.O., XXXIX–XLVIII. Vgl. zur Kombination der Motive, die sich mit Mose als Figur verbinden, auch Kominko, World, 149–157. 11 Christoph Dohmen, Mose: Der Mann, der zum Buch wurde, Biblische Gestalten 24 (Leipzig: EVA, 2 2013), 214–236. Siehe dort auch zu weiteren Beispielen und genauer zum Element der Gesetzesübergabe, das in vielen der Darstellungen verankert ist. Die Verknüpfung mit dem Sinai wird breit vertreten.
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Ruth Ebach
Jacobs, dass Gottes Rufen aus dem Dornbusch, vom Sinai in Ex 19 bzw. 24 und aus dem Zelt der Begegnung in Lev 1 eine Verknüpfung der drei Szenen andeute, die aus der gleichen Feder stammen.12 Zwar leuchtet diese im Allgemeinen so gesehene Bezugnahme auf den ersten Blick durchaus ein, jedoch fallen bei einem zweiten Blick entscheidende Abweichungen zur Beschreibung der Szenerie in Ex 19 auf, die sich auf die Feuererscheinung beziehen. So skizziert Ex 19,18–19 das Geschehen und seine Begleiterscheinungen wie folgt: 18
Und der Berg Sinai war vollständig in Rauch gehüllt, weil Jhwh im Feuer auf ihn herabgestiegen war. Und sein Rauch stieg auf wie der Rauch des Schmelzofens und der ganze Berg bebte stark. 19Und der Hörnerklang wurde immer lauter. Mose redete und Gott antwortete ihm lautstark ()בקול.13 Die Beschreibung entwirft das Bild einer klassischen Theophanie mit Rauch, Erdbeben, lauten Geräuschen und Gott im Feuer und betont die immense Dimension dieser Erscheinung, indem gehäuft Verstärkungen durch כלund מאדverwendet werden. Die Feuererscheinung ist mit Gott selbst verbunden, ein Brennen des Berges wird hingegen nicht beschrieben. Ein solches Phänomen ist jedoch durchaus mit der szenischen Umsetzung der Toraübergabe am Gottesberg verbunden, jedoch nicht nach der Schilderung in der Sinaiperikope, sondern in den deuteronomistischen Varianten. Dtn 5 und 9 beschreiben ausführlich, wie Mose die Tora am Horeb bekam, Dtn 4 nimmt in größerer geschichtlicher Perspektive auf die Szene Bezug.14 Damit wird die Szene schon terminologisch genau an derselben Stelle verortet wie die Moseberufung. Mose kommt nach Ex 3,1 zu dem Gottesberg, dem Horeb (ויבא אל־הר )האלהים חרבה. Versteht man die literargeschichtlich sekundäre Ortsbezeichnung ח ֵֹרב, die die ältere Verortung an den namenlosen Gottesberg ergänzt,15 nicht als Beschreibung der Landschaft als Verwüstung oder Ödnis,16 sondern, wie es etwa auch die griechische Tradition mit
12 13
14 15
16
Argumentiert man über die Feuererscheinung an sich, wie n.a. Bernard P. Robinson, „Moses at the Burning Bush,“ JSOT 75 (1997), 112, so ist die Parallele erkennbar. Doch zeigt der folgende Vergleich zur Darstellung im Buch Deuteronomium, dass in den Horebschilderungen die Verbindung enger gestaltet ist. So Benno Jacob, Das Buch Exodus (Stuttgart: Calwer Verlag, 1997), 46. Die Beschreibung der Antwort בקולstellt zum einen den Bezug zum Klang des Horns am Beginn des Verses dar und betont somit die Stärke der akustischen Erscheinung. Gerade die parallele Darstellung in Dtn 5,22 – siehe dazu im Folgenden – legt es nahe, hier jedoch auch an die göttliche Stimme, die auch Worte artikulieren kann, zu denken. Timo Veijola, Das fünfte Buch Mose (Deuteronomium), ATD 8,1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 136, betont den Unterschied zwischen der Darstellung in Dtn 5 und der analog zu Ex 19,19 formulierten Notiz des Hörens des Klangs in Ex 20,18 und bezieht diese auf den Donner und gerade nicht die Stimme Gottes, die erst in Dtn 5 zum Leitwort werde. Zu den Unterschieden in den Theophanieschilderungen in Dtn 4–5 und Ex 19–24 siehe Lothar Perlitt, Deuteronomium, BKAT 5,5 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2008), 322. Vgl. dazu neben vielen besonders Jan C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung: Untersuchungen zur Endredaktion des Pentateuch, FRLANT 186 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 262–266, der die Ortsangabe als Zusatz kenntlich macht, und Rainer Albertz, Exodus, Band I: Ex 1–18, ZBKAT 2,1 (Zürich: TVZ, 2012), 77, der die Angabe der deuteronomistischen Redaktion zuweist. Siehe dazu Helmut Utzschneider und Wolfgang Oswald, Exodus 1–15, Internationaler Exegetischer Kommentar zum Alten Testament (Stuttgart: Kohlhammer, 2013), 112.118–119, in der Übersetzung und Auslegung, die hier eine Anspielung auf den zerstörten Zion erkennen. Siehe dort auch zu Bezügen zwischen der von ihnen skizzierten und rekonstruierten Exodus-Gottesbergerzählung und der Sinaiperikope. Christoph Berner, Die Exoduserzählung: Das literarische Werden einer Ursprungslegende Israels, FAT
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Von brennenden Büschen und Bergen
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der Wiedergabe Χωρηβ tut, als Name des Berges, ist der Bezug auf den Gottesberg Horeb greifbar.17 Diese Verknüpfung wird jedoch offensichtlicher, wenn die Blickrichtung von den Texten des Deuteronomiums ausgeht.
3. Der brennende Berg in redaktionsgeschichtlicher Perspektive In Dtn 4,11; 5,23 und 9,15 stößt man auf die immer gleich lautende Formulierung „und der Berg brannte im Feuer“ ()וההר בער באשׁ. Auffällig ist, dass die Formulierung des Brennens ( בערim Pt. Qal) kombiniert mit Feuer, in grammatikalisch determinierter Form ()באשׁ, ausschließlich in Ex 3,2 in der Beschreibung des Brennens des Dornbusches und in Dtn 4,11; 5,23; 9,15 als Verweis auf das Brennen des Berges vorkommt. „(Und) der Dornbusch / Berg brannte im Feuer“ Ex 3,2: הסנה בער באשׁ Dtn 4,11; 5,23; 9,15: וההר בער באשׁ Die bereits genannte Feuererscheinung auf dem Sinai in Ex 19 wird nicht durch das Verb בער ausgedrückt, der Zustand des Berges wird zudem nur durch die Raucherscheinung beschrieben. Die Verbindung zwischen Ex 3 und den deuteronomistischen Horebtexten erweckt durch ihre herausragende sprachliche Parallelität redaktionsgeschichtliches Interesse. Fragt man noch breiter nach allen Belegen von בערim Qal im Pentateuch, wird das Spezifische der Verknüpfung deutlicher und damit die Annahme einer bewussten Bezugnahme in redaktionsgeschichtlicher Sicht noch weiter gestärkt. Denn das Verb ist in dieser Form ansonsten ausschließlich an zwei weiteren Stellen belegt:
73 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 75–77, sieht hier ebenfalls die Beschreibung der Gegend als Ödnis gegeben und fasst diese Angabe als ursprüngliche Lokalisierung auf, die erst sekundär durch die Angabe Gottesberg ergänzt worden sei. 17 Zu den Bezeichnungen des Gottesberges als „Ödnisberg“ Horeb siehe auch Reinhard Achenbach, „Grundlinien redaktioneller Arbeit in der Sinai-Perikope,“ in Das Deuteronomium zwischen Pentateuch und Deuteronomistischem Geschichtswerk, ed. Eckart Otto und Reinhard Achenbach (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 56–60. Zu Verknüpfungen zu einer größeren Gottesbergerzählung, die sich von anderen nicht-priesterlichen Texten, die stärker den Sinai in den Mittelpunkt stellen, unterscheidet, und zu Verknüpfungen zur deuteronomischen Erzählung siehe, mit grundlegenden methodischen Überlegungen, David M. Carr, The Formation of the Hebrew Bible: A New Reconstruction (Oxford; New York: Oxford University Press, 2011), 118–124. Die namentliche Anspielung in Ex 3–4 auf den Sinai gestaltet sich zumindest subtiler. So kann sich im Namen für den Dornbusch הסנהnoch eine ältere Ätiologie bewahrt haben, die auf den Sinai hinweist, auch wenn es etymologisch keine Verwandtschaft gibt. Ein kleiner Hinweis auf die Verbindung zwischen dem Sinai und dem Dornbusch findet sich auf der Seite des Deuteronomiums im Josephabschnitt des Mosesegens in Dtn 33,16. An dieser Stelle wird Jhwh als der vom Dornbusch – so im Masoretischen Text – beschrieben, doch wurde vermutlich auch hier der Sinainame ersetzt, der nicht in die übliche deuteronomistische Nomenklatur passte. Die Näherbeschreibung Jhwhs als der vom Sinai ist besonders in den alten Nordreichstraditionen gegeben, vgl. das Deboralied in Ri 5,5.
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1.
Direkt in der Dornbuschszene wird das Verb בערin Ex 3,3 ein zweites Mal verwendet, um das ausbleibende Verbrennen des Busches zu notieren.18 Die Wiederholung des Verbs unterstützt somit seine Memorierbarkeit.
2.
Der zweite Beleg findet sich in Num 11,1.3 in der Tabera-Ätiologie ()תבערה. Die Verwendung des Verbs בערin der Beschreibung eines göttlichen Feuers, das als Gerichtswerkzeug Gottes das Lager bedroht, setzt eine andere Szenerie voraus und dient an dieser Stelle im Besonderen der Namensätiologie des Ortes. Somit kann diese Nennung von den anderen Belegen getrennt werden.
Hat sich somit gezeigt, dass es sich um eine durchaus spezifische Formulierung handelt, gewinnt die Annahme eines schon bei der Abfassung intendierten Textbezuges, der sich nicht erst der kanonischen Rezeptionsperspektive verdankt, an Plausibilität, wenn zudem eine Intention der Verfasser zu erkennen ist. Die beiden älteren, vermutlich exilisch zu datierenden deuteronomistischen Texte, stehen in Dtn 5 und 9. In den rahmenden Erzählteilen um den Dekalog in Dtn 5 ist das Motiv, das Gott aus dem Feuer spricht, genuin verankert und weist in weiten Teilen ähnliche Züge wie die Beschreibung der Sinaitheophanie auf. In der genaueren Beschreibung nach der Übergabe des Dekalogs in Dtn 5,22–24 heißt es dann aber: 22
Diese Worte redete Jhwh zu eurer ganzen Versammlung auf dem Berg aus der Mitte des Feuers, des Gewölkes und des Wolkendunkels mit lauter Stimme19 und fügte nichts hinzu. Und er schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln und gab sie mir. 23Und als ihr die Stimme aus der Dunkelheit hörtet und der Berg im Feuer brannte, da nähertet ihr euch mir, alle Häupter eurer Stämme und eure Ältesten 24und sagtet: Siehe, Jhwh, unser Gott, hat uns seine Herrlichkeit und seine Größe sehen lassen und seine Stimme hörten wir aus der Mitte des Feuers. An diesem Tag sahen wir, dass Gott zum Menschen redet und er (über)lebt. Nach literarkritischen Gesichtspunkten ist die Nennung des brennenden Berges in V. 23 durchaus auffällig. So passt das Motiv des Feuers zwar in den Kontext, sodass kein harter Bruch erkennbar ist, jedoch kommt die Bemerkung, dass der Berg gebrannt habe, im Ablauf und vor allem im Argumentationszusammenhang überraschend.20 Im Gespräch zwischen Mose und dem Volk geht es allein darum, dass die Stimme aus der Mitte des Feuers kommt, wie es auch in der Sinaiperikope geschildert ist. Dass auch der Berg selbst brennt, scheint an 18 Christoph Berner, „Die Gotteserscheinung am brennenden Dornbusch (Ex 3,1–6) als Testfall der Literarkritik,“ BN 181 (2019): 25–45, 36, weist auf die schon öfter gesehene unterschiedliche Verwendung von בערin V. 2 und V. 3 hin. Da in V. 2 das „Brennen“ des Busches mit בערausgedrückt wird und in V. 3 das „Verbrennen“ mit dem gleichen Verb bezeichnet wird, können in seiner Sicht die Verse nicht auf den gleichen Verfasser zurückgehen. Bei der Annahme einer Fortschreibung stellt sich jedoch die Frage, ob ein Bearbeiter in V. 3b, der offensichtlich Bezug auf V. 2 nimmt, tatsächlich das Verb, zu dem er eine Ergänzung machen möchte, unterschiedlich füllen würde. Näher liegt es, die Aspekte des Brennens und Verbrennens in בערmitzuhören, und in der Erzählung selbst die Spezifizierung der Erscheinung, die in V. 2b dadurch kreiert wird, dass der Busch nicht verzehrt wird ()אכל, für die Bedeutungsverschiebung als Begründung heranzuziehen. 19 Zur Übersetzung siehe Perlitt, Deuteronomium, 323. 20 Auch Martin Rose, 5. Mose, Teilband 2: 5. Mose 1–11 und 26–34 Rahmenstücke zum Gesetzeskorpus, ZBKAT 5,2 (Zürich: TVZ, 1994), 436, sieht die Beschreibung des brennenden Berges als Hinzufügung seiner Schicht IV und notiert die genaue Entsprechung zum brennenden Dornbusch.
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dieser Stelle eingeschoben, zumal sich das Volk Mose nähert und auf dem Berg steht. Sowohl in Dtn 5 als auch in der im Folgenden zu betrachtenden Schilderung in Dtn 9 lässt sich die Position des Feuers in der vorliegenden Form schwer fassen. So liegt es etwa in Dtn 5,4 näher, die göttliche Erscheinung und die Toragabe mit dem Feuer zu verknüpfen, dies jedoch nicht mit einem Brennen des Berges zu verbinden (vgl. auch Dtn 9,10).21 Mit Blick auf Dtn 9,15 gewinnt der Eindruck einer nachträglichen Einfügung der Notiz, dass der Berg selbst brannte, an Kontur und Plausibilität.22 Dort kündigt Jhwh Mose im Gespräch auf dem Berg an, dass er das Volk vernichten werde, da sie sich ein Gussbild gemacht haben. Daraufhin heißt es in den Versen 15–17: 15
Und ich wandte mich um und stieg vom Berg und der Berg brannte im Feuer und die zwei Tafeln des Bundes hatte ich in meinen beiden Händen. 16Und ich schaute und siehe, ihr hattet gegen Jhwh, euren Gott, gesündigt und euch ein gegossenes Kalb gemacht! Ihr wart schnell von dem Weg, den Jhwh euch geboten hatte, abgewichen. 17 Und ich packte die beiden Tafeln und warf sie aus meinen beiden Händen und zerbrach sie vor euren Augen.
Mose bekommt die Dekalogtafeln auf dem Berg und steigt mit ihnen vom Berg herunter. Da erblickt er das Volk und das goldene Kalb und zerschmettert die Tafeln. Die Notiz, dass der Berg im Feuer brannte, entspricht in der Formulierung exakt Dtn 5,23 (und 4,11) und kommt zudem wiederum an unerwarteter Stelle, nämlich zu dem Zeitpunkt, als Mose bereits wieder vom Berg herabsteigt. Das ganze vorherige Gespräch mit Gott hatte bereits auf diesem Berg stattgefunden, ohne dass sein Brennen erwähnt oder als Problem für den auf dem Berg stehenden Mose reflektiert worden wäre. Die Partizipialkonstruktion in der Formulierung וההר בער באשׁweist auf einen anhaltenden Zustand hin, der Berg kann somit nicht plötzlich entflammt sein.23 Und so beschreibt etwa Gordon McConville die Notiz in Dtn 9,15 als einen „reminder“. Jedoch wird an dieser Stelle an etwas erinnert, das vorher nicht erwähnt oder narrativ vorbereitet wurde. Zudem müsste auch bei dieser Funktionsbestimmung erklärt
21 Die Herkunft der göttlichen Stimme ist in Dtn 5 insgesamt schwer zu bestimmen und changiert auch in den Varianten des Textes. So spricht Gott nach V. 23 aus der Dunkelheit, nach V. 24 jedoch aus dem Feuer. Dominik Markl, Der Dekalog als Verfassung des Gottesvolkes: Die Brennpunkte einer Rechtshermeneutik des Pentateuch in Exodus 19–24 und Deuteronomium 5, HBS 49 (Freiburg et al.: Herder, 2007), 226, rückt die Darstellung des „Hell-Dunkel-Kontrasts“ zwischen Feuer und Wolkendunkel gerade in Dtn 5,22–23 in den Blick und verweist auf die Stichwortbezüge zwischen den Sätzen und der dennoch gegebenen Vertauschung in der Darstellung. Die Verbindung Gottes mit dem Feuer, das auch die Menschen, die ihn hören, verschlingen kann, ist motivgeschichtlich stimmig, doch bleibt die Verhältnisbestimmung zwischen Dunkelheit, Feuer und Berg im Zusammenspiel der zwei Verse unklar. Perlitt, Deuteronomium, 322, vermerkt, dass das Motiv der Dunkelheit nur an dieser Stelle in der Schilderung vorkomme, „und dort eher irrtümlich, denn Jahwe redet nicht aus der Finsternis, sondern aus dem Feuer heraus“. Bereits in der griechischen Version des Verses wird diese Uneinheitlichkeit ausgeglichen, indem V. 23 vermerkt, dass Jhwh aus dem Feuer spricht: ὡς ἠκούσατε τὴν φωνὴν ἐκ μέσου τοῦ πυρὸς. In dieser Variante ist die Nennung des brennenden Berges dann auch deutlicher in den Kontext eingebunden. 22 Zu Verknüpfungen zwischen Dtn 9–10 und Ex 24–32 siehe Achenbach, „Grundlinien,“ 63–69. 23 Duane L. Christensen, Deuteronomy 1–11, WBC 6A (Dallas: Word Books, 1991), 190, verweist auf diese zeitliche Dimension, wenn er paraphrasiert: „Moses went down from the mountain, which was still burning with fire“ (Hervorhebung i.O.).
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werden, warum es dem Verfasser daran gelegen war, deutlich zu machen, dass der Berg brannte.24 Die Einfügung der Notiz scheint durch die Nennung des Berges, von dem Moses herabsteigt, motiviert zu sein, da sie sich nicht aus dem eigentlichen Erzählstrang in Dtn 9 ergibt.25 Warum sie dennoch in die Erzählung eingefügt wurde, kann erst nach einem Blick auf die letzte Passage erklärt werden, an der die Bemerkung über den brennenden Berg im Deuteronomium vorkommt. In Dtn 4,11 erscheint die kurze Beschreibung wiederum exakt gleichlautend. Doch ist sie und auch die Verortung des göttlichen Sprechens in Bezug auf das Feuer und den Berg weit harmonischer in ihrem Kontext verankert, wie der Ablauf der Verse 10– 14 erkennen lässt: 10
Am Tag, als du vor Jhwh, deinem Gott, am Horeb standst, als Jhwh zu mir sprach: Versammle bei mir das Volk, sodass ich sie meine Worte hören lasse, dass sie es lernen, mich zu fürchten, solange sie auf der Erde leben, und ihre Kinder es lehren. 11 da nähertet ihr euch und standet unterhalb des Berges und der Berg brannte im Feuer bis zum Innersten des Himmels und es herrschte Finsternis, Gewölk und Wolkendunkel. 12Und Jhwh, euer Gott, sprach aus der Mitte des Feuers. Den Klang der Worte hörtet ihr, aber eine Gestalt saht ihr nicht, nur den Klang 13Und er verkündigte euch seinen Bund, den er euch zu tun gebot: die zehn Worte. Und er schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln. 14Und mir gebot Jhwh zu jener Zeit, euch Rechtsvorschriften und Rechtssätze zu lehren, damit ihr sie ausführt in dem Land, in das ihr zieht, um es in Besitz zu nehmen. Das Volk bleibt unterhalb des Berges stehen, denn als sie sich nähern, merken sie, dass der Berg im Feuer brennt. Nur an dieser Stelle ist also durch das abgelehnte Betreten des ganzen Berges die den Berg betreffende Feuererscheinung auch in der ganzen Szenerie eingeholt. Die Beschreibung des Brennens wird in Dtn 4 noch weiter ausgeführt, indem das Innerste des Himmels als Begrenzung angegeben wird. Das Sprechen Gottes aus dem Feuer und in dieser Variante damit auch vom brennenden Berg her mündet in die Übergabe des Dekalogs und der Einsetzung Moses als Gesetzeslehrer. In Dtn 4 ist das Element des brennenden Berges mit dem Sprechen Gottes aus dem Feuer, ohne dass Gottes Gestalt zu sehen wäre, mit der Toraübergabe zu einer stimmigen Gesamtszenerie verbunden. Auf Grund der bisherigen Überlegungen kann die Bemerkung וההר בער באשׁals bewusst benutzte und feststehende Wendung verstanden werden. Denn es handelt sich nicht um die Aufnahme eines allgemeinen Motivs an verschiedenen Stellen, sondern um eine dreifache exakt gleiche Formulierung. Die Nennung nur an diesen Stellen spricht darüber hinaus dafür, dass es sich nicht um eine geläufige Floskel handelt, die zu unspezifisch wäre, um von einer Abhängigkeit der Passagen, in denen sie verwendet wird, auszugehen.26 Und somit lässt sich 24 Vgl. J. Gordon McConville, Deuteronomy, Apollos Old Testament Commentary 5 (Downes Grove: IVP Academic; Nottingham: Apollos, 2002), 184. 25 Eckart Otto, Deuteronomium 1–11, Bd. 2: 4,44–11,32, HThKAT (Freiburg et al.: Herder, 2012), 756, betont hingegen: „Das Motiv des brennenden Berges ist in Dtn 9,15 fester Bestandteil der Erzählung der Horebredaktion.“ Hier ist jedoch zwischen der Notiz, dass der Berg brannte, und dem Element Feuer in der Beschreibung der Szenerie, wie es in Dtn 9,10 ausgedrückt ist, zu unterscheiden. 26 Moshe Weinfeld, Deuteronomy 1–11, AB 5 (New York: Doubleday, 1991), 410, charakterisiert die Wendung hingegen als „Deuteronomic rhetorical phrase“.
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das Phänomen am plausibelsten durch die Annahme einer literarischen Abhängigkeit erklären. Die älteren Beschreibungen in Dtn 5 und 9 gehören zu exilischen deuteronomistischen Redaktionen im Deuteronomium,27 während Dtn 4,1–40 einer nachexilischen Redaktion zuzuschreiben ist, die sich dadurch auszeichnet, dass sie verschiedene Traditionslinien aus dem Deuteronomium und anderen Partien des entstehenden Pentateuch zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenfügt und gerade in Dtn 4 zudem auch Bezüge zu Teilen des deuteronomistischen Geschichtswerks und der Propheten herstellt.28 Die in Dtn 4 greifbare Tendenz, die Berichte aus Dtn 5 und das Sinaigeschehen, wie es in Ex 19 und 24 geschildert wird, aufzunehmen und somit zu verbinden, ist seit langem bekannt und wird etwa von Thomas Krüger und Timo Veijola überzeugend ausgeführt.29 Gerade Krüger hat dabei darauf hingewiesen, dass die Szenerien an Horeb und Sinai, die aber auch in sich nicht widerspruchsfrei sind, in Dtn 4 in den Dimensionen der Nähe und der Distanz und der Begleitumstände ausgeglichen werden. Aus diesem Umstand lässt sich auch das Brennen des ganzen Berges bis in den Himmel erklären, das mit der Feuererscheinung verbunden ist und zugleich erklärt, warum die Israeliten am Fuße des Berges stehen bleiben. Da sich aus dem Vergleich der Einzelstellen ergeben hat, dass die Notiz eher in Dtn 5 und 9 nachgetragen ist, in Dtn 4 aber zum Ablauf gehört, ergibt sich der Schluss, dass die Verfasser von Dtn 4 die Notiz, der Berg habe im Feuer gebrannt, an allen Stellen im Deuteronomium nachgetragen haben, an denen vom Horebereignis und der Toragabe berichtet wird.30 Warum, so stellt sich dann aber die Frage, war dem Verfasser von Dtn 4 das Brennen des Berges derart wichtig, dass er sogar einen leicht sperrigen Erzählablauf in Dtn 5 und 9 in Kauf genommen hat, um die Wendung auch dort zu integrieren? Nimmt man nun hinzu, dass die Formulierung neben diesen drei Passagen im Deuteronomium ausschließlich in Ex 3,2– 27 Nach Otto, Deuteronomium 4,44–11,23, 674–676.943, gehören die Schilderungen in Dtn 5 und 9 in großen Zügen seiner Horebredaktion an, haben aber nachexilische Fortschreibungen erhalten, die an Dtn 4 und die Sinaiperikope angleichen. 28 Zur Kompositionsleistung von Dtn 4 und der Tendenz, harmonisierende Bezüge herzustellen, vgl. insgesamt Ruth Ebach, Das Fremde und das Eigene: Die Fremdendarstellungen des Deuteronomiums im Kontext israelitischer Identitätskonstruktionen, BZAW 471 (Berlin; Boston: de Gruyter, 2014), 263–268. Zu den Bezügen siehe auch die Monographie von Dietrich Knapp, Deuteronomium 4: Literarische Analyse und theologische Interpretation, GTA 35 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1987), der jedoch von einem dreistufigen Wachstum von Dtn 4 ausgeht. Zur Zuordnung zu einer Pentateuchredaktion und der kritischen Auseinandersetzung mit rekonstruierten Stufen in Dtn 4 siehe Eckart Otto, Deuteronomium 1– 11, Bd. 1: 1,1–4,43, HThKAT (Freiburg et al.: Herder, 2012), 532–538.558. Vgl. auch Eckart Otto, „Deuteronomiumstudien II. Deuteronomistische und postdeuteronomistische Perspektiven in der Literaturgeschichte von Deuteronomium 5–11*,“ ZAR 15 (2009), 65–215, 117–118.145, der jedoch in Anschluss an Achenbach die postpriesterschriftliche Sinaiperikope selbst als Reaktion auf Dtn 5 versteht. 29 Siehe Veijola, Buch, 100.104, der in Dtn 4 jedoch verschiedene Redaktionen am Werk sieht, und besonders Thomas Krüger, „Zur Interpretation der Sinai/Horeb-Theophanie in Dtn 4,10–14,“ in Schriftauslegung in der Schrift, FS O.H. Steck, ed. Reinhard G. Kratz et al. (Berlin; New York: de Gruyter, 2000), 85–93. 30 An dieser Stelle weichen die hier vorgestellten Überlegungen aus den genannten Gründen von Ottos Zuordnung ab, der davon ausgeht, der Verfasser von Dtn 4 hätte die ältere Tradition aus Dtn 5 und 9 aufgenommen und erweitert. Vgl. Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, 558–559. In der Rekonstruktion von Veijola, Buch, 100.132.228, gehört die Notiz des brennenden Berges in Dtn 5,23 zu DtrP und in 9,15 und 4,11 zu DtrN. Da er Dtn 4 nicht als literarisch weitgehend einheitlich versteht, entfällt der zusammenbindende Charakter des Kapitels.
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3 vorkommt, legt sich der Schluss nahe, dass der Verfasser von Dtn 4,1–40 genau diesen Text im Blick hatte und damit die Eröffnung der Mosereise bei der Toraübergabe am Horeb enden lässt. In beiden Szenen findet eine Offenbarung aus der Mitte des brennenden Objekts statt ( מתוךEx 3,2; Dtn 4,12 und auch 5,22). Bekommt Mose in Ex 3–4 den Auftrag zur Befreiung und Führung seines Volkes, so erhält er in der Kommunikation mit Gott aus dem Feuer am Horeb die Gebote und somit die Grundlage für ein dauerhaftes Leben in Einklang mit Jhwh durch die von ihm direkt gegebenen Gesetze, wie es Dtn 4,14 als Zielpunkt festhält. Somit wird die Pointe der Verbindung beider Szenen gerade in Dtn 4,10–14 greifbar. Mit der an Ex 3,2 angelehnten Formulierung „und der Berg brannte im Feuer“ in Dtn 4–9 wird somit nicht oder besser nicht nur der Sinai in Ex 19, sondern verstärkt der Horeb in der Erzählung des Deuteronomiums zum Zielpunkt der Moseberufung. Zwar sind beide Orte in der Tradition weitgehend gleichgesetzt, doch ist, wer den Pentateuch als Pentateuch liest, somit erst im Deuteronomium an sein wirkliches Ziel gelangt. Hierbei wird keineswegs ausgeschlossen, dass in Ex 3–4 die Sinaiperikope als Bezugspunkt im Sinn ist,31 vielmehr steht die Praxis im Deuteronomium selbst im Mittelpunkt. Denn durch die sprachlich auffällige Parallele wird die Moseberufung in Dtn 4; 5 und 9 eingespielt und damit in retrospektiver Weise diese Texte als Ende dieser Kompositionslinie stilisiert. Dabei kann im Einklang mit Rainer Albertz32 und Helmut Utzschneider / Wolfgang Oswald,33 die jedoch in der Textzuordnung voneinander abweichen, Ex 3,1–6* – und für die hier vorliegende Untersuchung V. 2 im Besonderen – durchaus als Teil einer älteren Berufungserzählung des Mose angesehen werden, die Dtn 4 literarisch vorausgeht.34 So folgt aus der Beobachtung in Dtn 4–9 nicht oder nicht zwingend, 31 So stehen in diesen Ausführungen auch nicht die Hinweise auf größere Kompositionsaspekte in Ex 3,1– 6 im Zentrum, wie sie etwa in den Versen Ex 3,4b.6a zu finden sind, die den Bezug zur Vätergeschichte erzeugen, und von Albertz, Exodus 1–18, 79–80, der Hexateuchkomposition bzw. von Gertz, Tradition, 254–281, seinem Endredaktor zugeordneten werden. Für eine klassische Aufteilung von Ex 3–4 auf die Quellen J und E hat sich in neuerer Zeit besonders Ludwig Schmidt, „Die Berufung des Mose in Exodus 3 als Beispiel für Jahwist (J) und Elohist (E),“ ZAW 126 (2014), 339–357, ausgesprochen. 32 Vgl. Albertz, Exodus 1–18, 19–21.72–77, der den Grundbestand als eine ältere, noch vorexilische Vorlage versteht, die in der exilischen Exoduskomposition aufgenommen und zum Teil der Erzählung gemacht wurde. 33 Vgl. Utzschneider und Oswald, Exodus 1–15, 46–48.117–119, die die Grundschicht ihrer exilischen Exodus-Gottesberg-Komposition zuschreiben. 34 Auch wenn die nichtpriesterliche Berufungserzählung in Ex 3,1–4,18* als nachpriester(schrift)liche Einfügung eines (älteren) Textes angesehen wird, um die Bezüge zu den Erzvätern und die Nahtstellen zu erklären, wie es besonders Konrad Schmid, Erzväter und Exodus: Untersuchungen zur doppelten Begründung der Ursprünge Israels innerhalb der Geschichtsbücher des Alten Testaments, WMANT 81 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1999), 186–209, aber auch Eckart Otto, „Die nachpriesterschriftliche Pentateuchredaktion im Buch Exodus,“ in Studies in the Book of Exodus: Redaction – Reception – Interpretation, ed. Marc Vervenne (Leuven: Leuven University Press / Peeters, 1996), 61–111, 101–111, der den Text seiner nachpriesterschriftlichen Pentateuchredaktion zuschreibt, stark machen, so bleibt die Möglichkeit, die Nennungen im Deuteronomium derselben späten Redaktionslinie zuzuschreiben. Die Rekonstruktion der textlichen Breite und der Intention dieser übergreifenden Redaktion variiert zwischen den Modellen jedoch entscheidend. Für eine Kritik an einer nachpriesterschriftlichen Ansetzung von Ex 3 – gerade in Auseinandersetzung mit den redaktionsgeschichtlichen Ergebnissen von K. Schmid und J. C. Gertz – siehe Erhard Blum, „Die literarische Verbindung von Erzvätern und Exodus: Ein Gespräch mit neueren Endredaktionshypothesen,“ in Abschied vom Jahwisten: Die Komposition des Hexateuch in der jüngsten Diskussion, ed. Jan Christian Gertz, Konrad Schmid und Markus Witte (Berlin; New York: de Gruyter, 2002), 119–156, 123–140.
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dass die Beschreibung des brennenden Dornbuschs oder Ex 3–4 im Ganzen einer nachpriester(schrift)lichen am Pentateuch orientierten Redaktion zugeschrieben muss, die bereits auf die älteren deuteronomistischen Texte reagiert, wie es Eckart Otto vertritt.35 Der brennende Dornbusches in Ex 3,1–6 kann als Motivgeber für die Aufnahme im Deuteronomium fungieren. Die nachgetragene Bezeichnung Horeb in Ex 3,1, deren deuteronomistische Färbung oft betont wurde,36 kann diese Verbindung zu der in Dtn 4 arbeitenden Pentateuchredaktion vorbereitet haben, doch liegt es noch näher, die Einfügung auf dieselbe zumindest pentateuchisch orientierte Hand zurückzuführen, die in Dtn 4 am Werk ist.37 Dass diese Kompositionsleistung und damit die Verknüpfung der Moseberufung und der Toragabe am Horeb durchaus wahrnehmbar war und ist, zeigen nicht zuletzt die zu Beginn genannten bildlichen Darstellungen. Doch ist die Kompositionsleistung der Pentateuch-übergreifenden Redaktion an dieser Stelle in der aktuellen Diskussion in ihrer literargeschichtlichen Konsequenz noch zu wenig im Blick. So erwähnt etwa Lothar Perlitt, dass die Formulierung in Dtn 4, 5 und 9 das gleiche meine wie in Ex 3,2, zieht aber aus der Parallele keine Schlüsse.38 Benno Jacob notiert die Gleichheit und verweist darauf, dass auch der Berg genau wie der Dornbusch natürlich nicht verbrenne.39 Dominik Markl verweist auf die Verbindung zwischen brennendem Dornbusch und brennendem Berg und auf den Theophaniebezug, der somit in synchroner Perspektive in Dtn 5 eingespielt wird.40 Redaktionsgeschichtliche Schlüsse aus den Parallelen zieht, wie erwähnt, Eckart Otto, der jedoch die Formulierung als in Dtn 5 und 9 ursprünglich ansieht und zudem Ex 3,1–6 selbst der Pentateuchredaktion zuschreibt. Gerade die skizzierte kompositionelle Verklammerung, die mit den bekannten Tendenzen einer Pentateuch-orientierten Redaktion gut zusammen zu denken ist, bietet somit ein verändertes Verständnis der dreifachen Nennung des Motivs des brennenden Berges im Deuteronomium.
35 Otto, „Pentateuchredaktion,“ 107–108, betont, dass durch die Lokalisierung der Dornbuschszene am Gottesberg (Ex 3,1), als heiligem Boden (V. 5), auf dem nach dem Auszug aus Ägypten die Verehrung Gottes durch das Volk stattfinden wird (V. 12), die Verbindung zur Sinaioffenbarung hergestellt wird. Nun sind auch die dtr Horebtexte Reflexionen der Sinaioffenbarung und doch sind die Nennung des Horeb und die Ähnlichkeiten der brennenden Erscheinung eher Verknüpfungen zur Horebszenerie nach Dtn 4; 5 und 9. Zur These des postdeuteronomistisch eingefügten brennenden Dornbusches siehe Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, 558–559. 36 Siehe dazu oben Anm. 15. Jaeyoung Jeon, The Call of Moses and the Exodus Story: A RedactionalCritical Study in Exodus 3–4 and 5–13, FAT II/60 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2013), 137–145.152–154, spricht sich für die Zugehörigkeit der Ortsangabe zur Grundschicht aus, klassifiziert diese jedoch im Ganzen als deuteronomistisch geprägt. 37 Analoges gilt für die ebenfalls als deuteronomistisch klassifizierte und ebenfalls isolierte Nennung des Horebs in der Wassererzählung in Rephidim in Ex 17,6. Zur deuteronomistischen Zuordnung dieses Horebbezugs, der mit Ex 3,1 verbunden ist, siehe Albertz, Exodus 1–18, 283. Auch Peter Weimar, Die Berufung des Mose: Literaturwissenschaftliche Analyse von Exodus 2,23 – 5,5, OBO 32 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1980), 32–33.338–339, denkt an die Endredaktion des Pentateuch als Urheberin der Nennung des Horeb in Ex 3,1, führt aber zugleich die Nennung des Gottesberges auf diese ausgleichende Reaktion zurück. Zur Verbindung mit Ex 17,6 siehe a.a.O., 339. 38 Vgl. Perlitt, Deuteronomium, 321–322, der durch die sprachliche Überschneidung die Deutung des „Brennens im Feuer“ als „lichterloh“ Brennen gestützt sieht. 39 Vgl. Jacob, Exodus, 46. 40 Vgl. Markl, Dekalog, 226.
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Ruth Ebach
Die Analyse der kleinen Formel וההר בער באשׁunterstreicht den Blick auf die Gesamtkomposition. Denn die Redaktion unterstreicht den Zusammenhang der Mose-Erzählungen und sogar darüber hinaus den Zusammenhang der Erzählungen des Pentateuch. So greift Dtn 4 nicht nur auf die Moseberufung zurück, sondern gleich auf den Beginn des Pentateuch. Dabei nehmen die Verfasser die priesterliche Schöpfungstheologie und -sprache aus Gen 1– 2 auf und verknüpfen sie mit dem Verbot der Verehrung anderer Götter, die Kreationen dieses allmächtigen Schöpfergottes sind.41 Die theologische Pointe, die diese Pentateuch-übergreifende Redaktion durch die Verbindung der beiden Szenen setzt, kann noch deutlicher beschrieben werden: Die im sich bildenden Pentateuch vorliegenden Moseerzählungen setzen sich aus unterschiedlichen Einzelbausteinen und Episoden zusammen, die auch jeweils anders nuancierte Mosebilder zeichnen. Indem aber Berufung und Toragabe durch den großen Bogen eng verknüpft werden, werden auch die beiden großen mosaischen Züge harmonisiert. Mose wird zum Befreier des Volkes berufen, der Exodus aus Ägypten steht dabei im Fokus. Am Horeb wird Mose zudem zum Toralehrer, wie Dtn 4 unterstreicht. Die Redaktion hat nicht nur einzelne Züge der mit Mose verbundenen Erzählungen im Blick, sondern kreiert aus diesen Einzelelementen – wie die frühen sequenziellen Darstellungen – ein Gesamtbild, das Schöpfung, Exodus, Toragabe am Horeb und auch die bleibende Nähe Gottes in Gebet und Gesetzesgehorsam (vgl. Dtn 4,6–8) verbindet.
41 Siehe dazu Ebach, Fremde, 275–276. Auf diese Weise wird die Verehrung von bildlich dargestellten Gottheiten und dabei besonders die Astralsymbolik für Israel selbst kategorisch ausgeschlossen, den anderen Völkern jedoch direkt zugeordnet und so harmonisch in die Schöpfungsordnung integriert.
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Putative Kinship between High Priest and King The Marriage of Aaron and Elisheba (Exodus 6:23) and Its Hierocratic Implications Lars Maskow
1. Introduction Reinhard Achenbach1 introduced a pioneering interpretation tool into Old Testament research that he called “Theokratische Bearbeitung”2 (ThB) and which is known in English as Theocratic Revision (ThR)3. Relevant texts could be found in the book of Numbers and have been analysed and documented by Achenbach in the monumental study on the origin of this book. In doing so, Achenbach identified a total of three such ThRs and also suggested a chronological sequence in some instances. Achenbach himself – as Frevel also highlights in this volume – often used the term ThR in the singular. Thus, ThR is, at the same time, an epitome of those texts and adaptations that were written from a certain point of view. As such, it has now also been incorporated into introductory studies (Einleitungswissenschaft).4 It should also be noted that the concept of theocracy was developed by Achenbach in a differentiated relationship to the concept of hierocracy. The reason for preferring the concept of theocracy to that of hierocracy is not only Achenbach’s recourse to Josephus (C. Ap. 2. 165), but also to the priestly restriction by the Torah itself. Inasmuch as the priest, like the postexilic king (cf.
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The awareness that putative kinship relationships are resilient and long-lasting is experienced by all doctoral students who feel spiritually akin to their doctoral supervisors and vice versa. I myself have always been aware of this special relationship during my academic study with Reinhard Achenbach. Writing my dissertation was always, in relation to this kinship, the gift given in return for the experienced support received and out of care for an academic heritage. In this spirit, I dedicate this essay to my Doktorvater (doctoral father) with warm greetings on the occasion of his 65th birthday. Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 124–172, 443– 628. At this point I would like to thank Dr. Julie Davis (Münster) very much for the English proofreading. Hans Walter Dietrich, Hans-Peter Mathys, Thomas Römer and Rudolf Smend, Die Entstehung des Alten Testament (Stuttgart: Kohlhammer 2014), 144–146. Achenbach repeatedly responded to the objection that the term “theocracy” was inappropriate. In future research, it would be important to strictly separate the intensional and the extensional dimensions of the debate.
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Deut 17:14–20), remains restricted by the Torah,5 hegemony is established by transcendence and not by the priest himself.6 The central ideology is essentially based on the idea that Israel was transformed into a holy community (גוי קדושׁ, Exod 19:6) at mount Sinai through the incorporation of the Holiness Code into the Pentateuch. Thereby, the Holiness Code became the benchmark of a holy existence. Within this framework, the high priest is increasingly established as the leader of the community through a series of Fortschreibungen (supplementations) within the book of Numbers. These Fortschreibungen continue from the Pentateuch Redaction. Key texts for the ThR include Num 17:1–15, 16–26*; 18 and 25:6–13 (and 14–18). During his further research, Achenbach was able to find ever more ThR beyond the book of Numbers.7 This article demonstrates that the plausibility of the textual pragmatics of Exod 6:14–27 is best described when it is not only set out from the perspective of a local logic of Fortschreibung, but when it is also classified and interpreted from the perspective of the ThR. The classification of this fragment as ThR is based on the internal logic of the Pentateuch as well as on the reception of the genealogy in the literature of the Old Testament.
2. The genealogical fragment in Exodus 6:14–25 MT
אלה ראשׁי בית־אבתם14 בני ראובן בכר ישׂראל חנוך ופלוא חצרון וכרמי אלה משׁפחת ובני שׁמעון ימואל וימין15 ראובן ואהד ויכין וצחר ושׁאול בן־הכנענית אלה משׁפחת ואלה שׁמות בני־לוי16 שׁמעון לתלדתם גרשׁון וקהת ומררי ושׁני חיי לוי שׁבע ושׁלשׁים בני גרשׁון לבני17 ומאת שׁנה ובני קהת18 ושׁמעי למשׁפחתם עמרם ויצהר וחברון ועזיאל ושׁני חיי קהת שׁלשׁ ושׁלשׁים ומאת
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NRSV (revised) These[8] are the heads of their fathers’ households. The sons of Reuben, Israel’s firstborn, Hanoch and Pallu, Hezron and Carmi, these are the families of Reuben.15 The sons of Simeon, Jemuel and Jamin and Ohad and Jachin and Zohar and Shaul the son of a Canaanite woman, these are the families of Simeon.16 These are the names of the sons of Levi according to their generations, Gershon and Kohath and Merari, and the length of Levi’s life was one hundred and thirty-seven years.17 The sons of Gershon, Libni and Shimei, according to their families.18 The sons of Kohath, Amram and Izhar and Hebron and Uzziel, and the length of Kohath’s life was one 14
Reinhard Achenbach, “Das sogenannte Königsgesetz in Deuteronomium 17,14–20,” ZABR 15 (2009): 216–233. Achenbach, Vollendung, 69, 130–132, 145–146. Note also the formulation “hierokratisch-theokratisch verfaßte […] Judenheit” (Ibid., 628.) See the relevant essays in: Reinhard Achenbach, “The Pentateuch, the Prophets, and the Torah in the Fifth and Fourth Centuries B.C.E.,” in Judah and the Judeans in the Fourth Century B.C.E., ed. Oded Lipschits; Gary N. Knoppers and Rainer Albertz (Winona Lake: Eisenbrauns, 2007), 253–285 as well as ibid, “Der Pentateuch, seine theokratischen Bearbeitungen und Josua – 2 Könige,” in Les dernières Rédactions du Pentateuque, de l’Hexateuque et de l’Ennéateuque, ed. Thomas Römer and Konrad Schmid. (Leuven: Peeters 2007), 225–253. Smr begins with ו-Copulativum, LXX reads καί. Apparently, both witnesses attempted to understand the fragment as a continuation of the preceding one and sought to better integrate it into the context.
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Putative Kinship between High Priest and King
ובני מררי מחלי ומושׁי19 שׁנה אלה משׁפחת הלוי לתלדתם ויקח עמרם את־יוכבד דדתו לו20 לאשׁה ותלד לו את־אהרן ואת־ משׁה ושׁני חיי עמרם שׁבע ובני יצהר21 ושׁלשׁים ומאת שׁנה ובני עזיאל22 קרח ונפג וזכרי ויקח23 מישׁאל ואלצפן וסתרי אהרן את־אלישׁבע בת־עמינדב אחות נחשׁון לו לאשׁה ותלד לו את־נדב ואת־אביהוא את־אלעזר ובני קרח אסיר24 ואת־איתמר ואלקנה ואביאסף אלה משׁפחת ואלעזר בן־אהרן לקח־לו25 הקרחי מבנות פוטיאל לו לאשׁה ותלד לו את־פינחס אלה ראשׁי אבות הלוים למשׁפחתם
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hundred and thirty-three years.[9] 19 The sons of Merari, Mahli and Mushi. These are the families of the Levites according to their generations. 20 Amram married his father’s sister[10] Jochebed, and she bore him Aaron and Moses[11], and the length of Amram’s life was one hundred and thirty-seven years. 21 The sons of Izhar, Korah and Nepheg and Zichri. 22 The sons of Uzziel, Mishael12 and Elzaphan and Sithri.23 Aaron married Elisheba, the daughter of Amminadab, the sister of Nahshon, and she bore him Nadab and Abihu, Eleazar and Ithamar. 24 The sons of Korah, Assir and Elkanah and Abiasaph, these are the families of the Korahites. 25 Aaron’s son Eleazar married one of Putiel’s daughters and she bore him Phinehas. These are the heads of the households of the fathers of the Levites according to their families.
The pericope can be identified easily as a Fortschreibung. Accordingly, there has been widespread agreement on this point for about 150 years. Exod 6:2–9*13 gives an account of the priestly vocation narrative of Moses which is then continued in vv.10–13. Verses 14–27 interrupt the narrative coherence. The genealogy relates the Levitical kinship relationships in particular. Verses 28–30 then create a clear Wiederaufnahme of verses 10–13. While vv. 10–13 establish of Moses’s contradiction of his calling, the rejection of even this contradiction by YHWH is not mentioned until Exod 7:1. Thereby the figure of Aaron is both correlated and subordinated to Moses. In this context, the idea that Moses is God to Aaron and Aaron is a prophet to Moses (Exod 7:1 // Exod 4:16) is often noted and considered a special highlight of this passage. Against this background, the question of Aaron’s precise origin has been raised in the history of the reception of the text. After all, according to Gen 49:8–10, a descendant of Judah would have been predestined to rule. However, vv. 14–27 challenge this very claim.14 They 9 The LXX reads 130 years (ἑκατὸν τριάκοντα). 10 דודהdenotes his father’s sister, as described in Num 26:59. According to Lev 18:14; 20:14, there is an illegitimate relationship to the דודהif she is the wife of the father’s brother. LXX reads θυγατέρα τοῦ ἀδελφοῦ τοῦ πατρὸς αὐτοῦ and makes the aunt a cousin. Obviously, the doubt connected with the ambiguous designation דודה, that Moses and Aaron could be of bastard origin, should be eliminated here. 11 Smr and LXX provide ואת מרים אחתם. The genealogical information is probably taken from Num 26:59. The information appears unexpectedly and does not have any effect at all in the book of Exodus. On the contrary, Miriam is introduced in Exod 15:20 as Aaron’s sister, as if she were not yet. The decision is therefore in favour of lectio brevior. 12 This name is omitted in the LXX. But cf. Lev 10:4 LXX. 13 On the more recent debate about the status of verses 6–8 see Christoph Berner, Die Exoduserzählung. Das literarische Werden einer Ursprungslegende Israels, FAT 73 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 158– 159 and the literature cited there. 14 I consider the fragment itself to be coherent. Indeed, v.16 represents a kind of new beginning (Berner, Exoduserzählung, 165) and v.19b a relative conclusion. (Werner H. Schmidt, Exodus. 1. Teilband,
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include further clarification of information that has already been established, for example, Moses’s Levitical descent (Exod 2:1). The line of the priestly code thus extends from Exod 6:2–12 to Exod 7:1–13, excluding vv. 13–30.15 This article now argues that it is plausible the insertion of the genealogy can be ascribed to ThR. The formulation in vv. 14 ראש בית אבתם, which is uncommon in Genesis and Leviticus and only used in this one instance in Exodus, indicates which stage of development of the genealogy dates from. The phrase is otherwise only found in later parts of the book of Numbers, once in the latter part of the book of Joshua and in Chronicles.16 Apparently, the author of the genealogical fragment refers back to the basic configuration of Gen 46:8–11 (P).17 Exodus 1–6, BKAT 2,1 (Neukirchener Verlag: Neukirchen-Vluyn, 1988), 298). However, these are to be explained in terms of textual pragmatics. If we keep in mind that Judah is also latently present in this pericope, we notice that the passage is about a differentiation of the first four sons of Leah. Furthermore, the material in vv. 14–19a, in a sense, constitute the systematic framework, whereas the information with the greatest communicative value is unfolded through the narrative. Verses 20, 23, and 25 therefore offer the scenic presentation for the connections of Amram, Aaron, and Elisheba in each case. Here, in a way, a classic paradigm of the distinction of Harald Weinrich between the world discussed (besprochene Welt) and the world narrated (erzählte Welt) becomes vivid. Origins can, for example, be preserved in lists. However, they must be originally substantiated by narratives. 15 T. Nöldeke assigns Exod 6:2–13 as well as Exod 6:29, 30–7,7 to the basic layer (Grundschrift) and thus excludes Exod 6:14–28. (Ibid., Untersuchungen zur Kritik des Alten Testaments [Kiel: Schwer’sche Buchhandlung, 1869], 37–38). A. Kuenen assigns the basic stock of Exod 6:2–9.10–12 along with Exod 7:1–7 to the Priestly code but identifies an addendum in Exod 6:13–28, which he assigns to a redactor. (Ibid., Historisch-kritische Einleitung in die Bücher des Alten Testaments hinsichtlich ihrer Entstehung und Sammlung [Leipzig: Verlag von Otto Schulze, 1887], 68). J. Wellhausen excludes the fragment Exod 6:13–28 on the grounds that it is secondary and consideres vv. 29–30 a Wiederaufnahme of vv.12–13. (Ibid., Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments [Berlin: Reimer, 31899], 62) M. Noth excludes vv. 13–30 as they are uncertain. (Ibid., Überlieferungsgeschichte des Pentateuchs [Stuttgart: W. Kohlhammer, 1948], 18.) Cf. Schmidt, Exodus, 293–294; Reinhard G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments. Grundwissen der Bibelkritik (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 244. Even recently, this consensus continues to endure, see: J. C. Gertz (Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung. Untersuchungen zur Endredaktion des Pentateuch, FRLANT 186 [Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 2000], 346) considers the fragment to be an extension of a still independent Priestly code and Exod 4, but also as an instance of post-end-redactional editing. However, this interpretation is based on the complete neglect of the references to the book of Numbers. Thus, the connection between Amram and Jochebed is apparently to be understood in light of Num 26:59. There it becomes clear that the latter is his father’s sister, not his father’s sister-in-law. The mention of Korah in vv. 21,24 presupposes the stage of development in Num 16, where Korah is not only introduced but is also acknowledged as a Levite. Remarkably, Hebron, identified as the third son of Kohath in Exod 6:18, is skipped in v. 22. Apparently, there was no longer any interest in him. This explains the attention on the sons of Uzziel, Mishael, and Elzafan, who only appear again in Lev 10:4. This very late text reports that they (Mishael and Elzafan) had to bury their brothers Nadab and Abihu. (Gertz, Tradition, 251). For further discussion, see also Achenbach, Vollendung, 93–11; Harald Samuel, Von Priestern zu Patriarchen, BZAW 448 (Göttingen: de Gruyter, 2014), 266; and Julia Rhyder, Centralizing the Cult. The Holiness Legislation in Leviticus 17–26, FAT 134 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2019), 163 and the literature cited there. 16 Exod 6:14; Num 7:2; 17:18; Josh 22:14; 1 Chr 5:24; 7:7, 9. 17 Nöldeke Untersuchungen, 33. The origin of the list in Gen 46:8–27 has long been disputed (Wellhausen. Composition, 51). Ede argues that vv. 46:8–11 are already dependent on Exod 6:14–16. (Franziska Ede, Die Josefsgeschichte. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Untersuchungen zur Entstehung von Gen 37–50, BZAW 485 [Berlin; Boston: de Gruyter, 2016], 362–363) It seems to me to be the other way
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To this end, the author brings up the first four sons of Leah again, however, this is not immediately evident as he does not refer to Judah by name. Reuben and Simeon are named in vv. 14–15, obviously without further interest in them. The genealogies adopt the sequence of Gen 46:9–10. However, the names listed now become heads of the particular ראשׁי בית־אבתם. Verses 16–25 present the relationship of the Levites in a differentiated cluster. Thereby vv. 16, 18, and 20 are used, quite obviously, to bridge the 430-year gap of the Egyptian period (Exod 12:41) by mentioning the ages of Levi, Kohath, and Amram. However, the ages of Moses and Aaron in Exod 7:7 must be added to this reference as well. Verses 17–19 cover the already established lines descending from Gershon, Kehat, and Merari taking each one a generation further. The depth to which the genealogical lineages are traced indicates that, from v. 20 onward, it is the internal differentiation of the Kehat lineage that matters. The lineages of Gershon and Merari are omitted in the following text. Indeed, their genealogies are not continued until 1 Chr 6. In Exod 6:14–27, we now observe an anaphoric reference to Gen 46:8–11 as well as a cataphoric reference to figures from the book of Numbers. The succession of Aaron – Elesasar – Pinehas is already anticipated here and Korah is already integrated into the Levitical line. Thus, the hierarchical relation between clerus minor and clerus maior is already established in Egypt, i.e., pre-Sinaitically (cf. Num 16:1; 17:5). This means that three of the tribes cursed according to Gen 49:3–7 are set out in Exod 6:14–27. The tribe of the Levites, in particular, is differentiated here. In contrast, it is, of all things, the Judean lineage that is omitted here.18 Especially against the background of the scheme of Gen 46:8–12, the omission of Judah’s genealogy is now striking. However, the genealogy of Judah is not simply forgotten, but obscured. This means it is indirectly integrated in v. 23 through the marriage between Aaron and Elisheba. This shows that it is not only about Levi here, it is about Levi in relation to his brothers. This point warrants closer analysis. In v. 23 it is written: ת־ﬠ ִמּינָ ָדב ֲאחוֹת נַ ְחשׁוֹן לוֹ לְ ִא ָשּׁה וַ ֵתּ ֶלד לוֹ ֶאת־נָ ָדב ַ ישׁ ַבע ַבּ ֶ ת־א ִל ֱ וַ יִּ ַקּח ַא ֲהר ֹן ֶא ית ָמר ָ ת־א ִ ת־א ְל ָﬠזָ ר וְ ֶא ֶ ת־א ִביהוּא ֶא ֲ וְ ֶא. This over-informative identification of Aaron’s wife, “Elisheba, the daughter of Aminadab, the sister of Nahshon,” is particularly noteworthy. Aaron’s wife is not only introduced by name and placed vertically in the tribal structure in relation to her father, she is also identified horizontally in relation to her brother. This is quite unique in comparison to the other identifications of the Old Testament expressed as לקח ל אשׁה. Obviously, this extra detailed description generates a conversational implicature.19 This around, as Gen 46:8–27 offers a complete list, whereas Exod 6:14–27 only repeats an excerpt. In this context, the significant silence about Judah in particular becomes all the more striking if it is understood as a suppression standing in contrast to Gen 46:12. There is also the mention of Aminadab and Nahshon in Exod 6:23. These two figures, who first appear in Num 1–3 but are not mentioned in Gen 46, seem to identify Exod 6:14–27 as the later text compared to Gen 46. However, they may also be of the same origin in the genealogical systematization. On this debate, see also: Lars Maskow, Tora in der Chronik. Studien zur Rezeption des Pentateuchs in den Chronikbüchern, FRLANT 274 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019), 292 and the literature cited there, as well as Rhyder, Cult, 164 and the literature cited there. 18 Achenbach, Vollendung, 113 and the literature cited there. 19 A conversational implicature is, in short, produced when something more is meant beyond what is said. In the present case, the particular identification of Kehat’s wife indicates that not only her name is significant, but also her exact origin. From a pragmatic point of view, it is particularly striking that the decisive reference to her Judean ancestry is only given indirectly. This is done as there is potential for conflict inherent in this connection. On the interpretation of the conversational implicature, see also:
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is done for the purposes of disambiguation. The reader of this statement shall infer that it is not about just any Aminadab, few of which would be attested in the Old Testament anyway. Rather, it is about a specific Aminadab, namely the one who also has a son named Nahshon. Therefore, the specific origin of the wife is just as important as the origin of the husband. The concordance brings clarity: נחשון בן עמינדבis mentioned again according to the narrative progression in Num 1:7; 2:3; 7:12; 10:14. There he is introduced as chieftain ( )נשׂיאof the tribe of Judah (Num 2:3), and it is evident that he is the most powerful נשׂיאas he reported that mustered a total of 74,600 followers in v. 27 and in Num 2:3. In Num 2:3, it is stated that Judah is placed in the privileged eastern position of the camp. Thus, the fifth and sixth sons of Leah, that is, the tribe of Issachar (55,440 mustered, cf. v. 6) and the tribe of Zebulun (57,400 mustered, cf. v. 8) are also encamped in this position. All three groups are assigned הוּדה ָ ְ ְל ַמ ֲחנֵ ה יand, with 186,400 mustered, this camp is the largest of the three remaining camps located in the south, west, and north. The position in the east is significant insofar as
Fig. 1
the camp of Moses and Aaron is also located there according to Num 3:38 and, consequently, so is the entrance to the אהל מועד. In this context, the phrase יוּמת ָ וְ ַהזָּ ר ַה ָקּ ֵרבindicates a speHerbert P. Grice, Studies in the Way of Words (Cambridge, Mass: Harvard Univ. Press, 1989) as well as Maskow, Tora, 515–542 and the literature cited there.
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cific problem. Those who camp in the east come closest to power. Yet they are, at the same time, consistently threatened with death. Accordingly, in Num 7:12, Nahshon begins the ‘potlatch ritual’ as part of the dedication of the altar, again, signalling his primacy over the other tribes. This impression is confirmed in Num 10:14, as Nahshon first begins when the people leave Mount Sinai. With regard to the marriage between the Levite Aaron and the Judean woman Elisheba (Exod 6:23), it follows that a special form of ‘putative kinship’ is deliberately being constructed here. This apparently involves the linking of the high priesthood with Judah and his claims to leadership. Although the connection is documented cognaticallybilaterally here, the Old Testament genealogy rule still follows the patrilineal model. This means that the Judean lineage is integrated into the Aaronic lineage. However, there are no direct consequences for the Judean lineage. So, while from v. 20 on, the “exclusive Leviticity” is constructed with regard to Aaron and Moses, this is abrogated again in v. 23 for the Aaronid lineage, i.e., for the descent of Nadab, Abihu, Elazar, and Itamar. They are half Levitical and half Judaean in origin. Now it should be noted that neither the Judaean origin of Nahshon nor his נשׂיאtitle is mentioned in Exod 6:14–27. Only the over-informative identification, as well as the lacuna of the fourth son of Leah within the genealogy, indicate that there is an appropriation involved here. Here, appropriation means that the claims of the Nahshon dynasty are also integrated into the Aaronide genealogy. In contrast to the case of Elisheba and Aaron, no offspring of Nahshon are mentioned in the Pentateuch. As a result, the lineage of the high priest becomes the heir to the legacy of the promise of the בית עמינדב. This is clearly demonstrated in the legal regulation presented in Num 36:1–12, according to which daughters are to marry within their בית אבso that the property ( )נחלהof the father will not pass to another tribe should he not have any sons.20 Thus, the idea that transfers can be made through women from one tribe to another via intermarriage is clearly in the background here.21 Furthermore, against this background, the connection between the Judaean-Davidic genealogy and the Levitical-Aaronide genealogy seems to have been made in relation to the claim to power, as Achenbach,22 for instance, assumes.23 Of the four sons of Levi only the line of Elasar is pursued and thus the final target
20 That נחלהdoes not refer to material possessions alone is demonstrated by passages such as Ezek 44:28, according to which the people of Israel possess YHWH himself. 21 Marcel Mauss has described the fact that in exchange between families and tribes the female and male sexes set different gift cycles in motion. In Polynesia, for example, the male goods are called oloa, while the female goods are called tonga. Apparently, according to Num 36, women are in this context predestined to set in motion a cycle of gifts (tonga) that drains goods from their own tribe. (Marcel Mauss, The Gift. The Form and Reason for Exchange in Archaic Societies [London: Routledge, 2002], 11–13). 22 Achenbach, Vollendung, 120–123. 23 Pace Rhyder, “Unity and Hierarchy: North and South in the Priestly Traditions,” in Yahwistic Diversity and the Hebrew Bible, ed. Benedikt Hensel, Dany Nocquet, and Bartosz Adamczewski (Tübingen. Mohr Siebeck, 2020),109–34, here 128. Rhyder states, “it remains somewhat speculative; since the link between Nahshon and the royal house of David is never mentioned in the text of Exod 6:14–27, and Aaron’s sons are not mentioned in 1 Chr 2:3–55”. It must not only be asked how this could have been possible, but also to state that David’s silence, as well as Aaron’s silence, corresponds exactly to the respective literary strategies of the texts. It can also be observed in Chronicles that the priestly line of the Zadokites must first derive their own authority from the kingship of David and Solomon. The collateral campaign to anoint Solomon and Zadok in the same act (1 Chr 29:22) is an example of this.
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of the genealogy emerges clearly.24 At best, all that remains to be said is that no further line is added to the line of Phinehas from the twelve tribes. The exclusive connection between Judah and Levi is thus transferred, unchanged, to Phinehas. Obviously, Num 25:13, where Phinehas is promised a ברית כהנת עולם, is being foreshadowed here. At the same time, the implication of this for the other Levitical lines is that the distinction between clerus maior and clerus minor is not based on the Levitical origin, but on the putative relationship between Levi and Judah, namely through Aaron and Elisheba. The result is the system of putative kinship shown in fig. 1.
3. Putative Kinship The term ‘putative kinship’ has been expressed, primarily, in English as putative kinship, putative descent, putative shared ancestry, or fictive kinship. This refers to a kinship relationship that is not based on genetic descent or identity, but on a particular imagining that one belongs to a certain group that assumes a common ancestry. The fraternal ethos of the book of Deuteronomy, for instance, represents a perfect example of this anthropological-sociological model.25 J. M. Hall situates the notion of ethnicity constructed in this way in the realm of myth when he writes: [I]t must be the myth of shared descent which ranks paramount among the features that distinguish ethnic from other social groups, and, more often than not, it is proof of descent that will act as a defining criterion of ethnicity. This recognition, however, does not vindicate a genetic approach to ethnic identity, because the myth of descent is precisely that a recognition of a putative shared ancestry. The genealogical reality of such claims is irrelevant; what matters is that the claim for shared descent is consensually agreed.26 In essence, Hall traces the concept of ‘putative kinship’ back to Max Weber, who distinguishes between “ethnic membership” and “kinship group”:
24 In contrast to Aaron, whose Judaean wife is also identified, is the case of Korach. He is introduced in v. 24 along with his sons, but without a reference to his wife. As Korach is also of Levitical descent, he was not discredited further. However, his sons are, insofar as they do not have access to the Judaean authority as the sons of Aaron do. This is relevant insofar as the distinction between clerus maior and clerus minor cannot be founded on the characteristic of Levitical-ness alone. 25 For a comprehensive discussion of the background of this ethos in Deuteronomy and its origin in ancient Near Eastern law, see: Eckart Otto, Theologische Ethik des Alten Testaments (Stuttgart: Kohlhammer, 1994), 168–192 sowie Ibid., Deuteronomium 12–34. Erster Teilband: 12, 1–23, 15, HThKAT (Freiburg i. Br.: Herder, 2016), 1349–1373. 26 Jonathan. M. Hall, Ethnic Identity in Greek Antiquity (Cambridge: Cambridge University Press, 1997), 26. According to Hall, part of this ubiquitous kinship or ethnicity construction in antiquity is apparently also the idea of a “primordial homeland”. (Ibid., 36.59.75.) The common origin from a homeland is located in the realm of myth, just like the common descent is. In the Old Testament, the conflation of common descent and common origin is vivid, for example, in Deut 15:3. Here, in the context of the law of interest, the distinction between native and non-native is conceptualized by the terms brother ( )אחand alien ()נכרי. (Cf. Otto, Deuteronomium, 1351–1352 and the literature cited there).
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The belief in group affinity, regardless of whether it has any objective foundation, can have important consequences especially for the formation of a political community. We shall call “ethnic groups” those human groups that entertain a subjective belief in their common descent because of similarities of physical type or of customs or both, or because of memories of colonization and migration; this belief must be important, for the propagation of group formation; conversely, it does not matter whether or not an objective blood relationship exists. Ethnic membership (Gemeinsamkeit) differs from the kinship group precisely by being a presumed identity, not a group with concrete social action, like the latter.27 MacSweeny describes a fundamental paradigm shift in the research field of ethnology from a focus on biological descent to putative kinship relations.28 The heuristic value of this new paradigm is ideally suited for doing justice to the “fluidity” of the priestly genealogy. In the case at hand, we observe the construction of a kinship between the tribes of Judah and Levi, although they are not actually genetically related. In this specific case, this is less a moment of affiliation than one of occupation. It should be noted that putative kinship does not constitute a discourse of descent here, but rather a discourse of hegemony.29 Hunt, therefore, speaks of the genealogies as “tools of legitimation”.30 Accordingly, the clarification of kinship relationships does not suffice as an assurance of descent in the demarcation to the outside world, but as a hierarchical distribution of positions within the community and thus as a demarcation within the inside world.31 It should be noted at this point that the translation of hegemonic discourses into genealogical issues only makes sense if the legitimation of the high priest (Zadokite) is dependent on a hereditary lineage. 27 Max Weber, Economy and Society. An outline of interpretive sociology. Ed. by G. Roth and C. Wittich, (Berkeley and Los Angeles, CA: University of California Press, 1978), 389. (My italics.) On this question, see Naoise MacSweeny, “Beyond Ethnicity: The Overlooked Diversity of Group Identities,” JMedA 22 (2009): 101–126. On the paradigm shift of the kinship sciences, see especially, David M. Schneider, A Critique of the Study of Kinship (Ann Arbor: The University of Michigan Press, 1984). Schneider has highlighted the sociological aspect of kinship. This is often even more important than biological descent. He therefore radically rejects the concept of kinship in its genetic meaning. 28 MacSweeny, “Ethnicity,” 102 as well as the literature mentioned there. Cf. Schneider, Critique, 1984. 29 For a decidedly cultural studies-oriented approach to Old Testament genealogies, see Ulrike Dahm, Opferkult und Priestertum in Alt-Israel. Ein kultur- und religionswissenschaftlicher Beitrag, BZAW 327 (Berlin; New York: de Gruyter 2003), 45–49. She states, “dass rechtliche Entscheidungen, wirtschaftliche Zuständigkeiten, politische und religiöse Vollmachten, soziales Ansehen als deszendenzgruppenabhängig erfahren wurden.” (Ibid., 48) A recent overview of the spectrum of identity-related approaches can be found at Louis Jonker, Defining All-Israel in Chronicles. Multi-levelled Identity Negotiation in Late Persian-Period Yehud, FAT 106 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2006), 16–24. 30 Alice Hunt: Missing Priests. The Zadokites in Tradition and History, LHBOTS 452 (New York; London: T&T Clark, 2006). 31 In this context, Antje Labahn (Levitischer Herrschaftsanspruch zwischen Ausübung und Konstruktion. Studien zum multi-funktionalen Levitenbild der Chronik und seiner Identitätsbildung in der Zeit des Zweiten Tempels, WMANT 131[Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2012]) points to the identity-creating aspect of genealogies from a different perspective. She describes in detail the potential of genealogical connection in Chronicles and demonstrates cogently that there is a tendency to continually incorporate additional groups into the Levitical family trees. At the same time, however, she is wrong in assuming that this very mechanism is an offer to readers to become part of the construction of authority themselves. See also references cited above.
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As has been demonstrated thus far, this kind of relationship, this putative, i.e. fictive, kinship is evident in Exodus 6:23. The consequences of this will now be explained further. The genealogies clearly reflect a struggle over the legitimate rulership in postexilic Judah that took place in late Persian times. Obviously, disputes within the Levitical groups also played a role between priestly and messianic groups as well. The question now arises as to the textual-pragmatic function of the relationship constructed between Judah and Levi.
4. The Assignment of Exodus 6:14–27 to the Theocratic Revision As no actual marriage between Aaron and Elisheba can plausibly be assumed, it seems we have here a social-literary fiction. Nevertheless, it is still necessary to ask what kind of function this relationship fulfils. The question of the textual-pragmatic function is taking shape through the diachronic categorization of the evidence. First of all, we should start at the end of the story of Joseph, according to which Judah receives the sceptre and, thus, the rule over the nations (Gen 49:8–12).32 The gentrification of Judah as the fourth son of Leah results – as is well known – from the failures of Reuben (Gen 35:22), Simeon, and Levi (Gen 34). Gen 49:8 takes up their degradation by referring to Gen 37:7,9,10; 42:6; 43:28. Thus, the motif of proskynesis connects the passages and is ultimately transferred from Joseph to Judah.33 At the same time, the etymology of Gen 29:35 is transformed by Gen 49:8, where it is no longer Leah who praises the Lord, but the brothers of Judah who praise him. Verse 10 is especially relevant for the present context as it states that the sceptre and the scribe will never leave Judah’s feet. Thus, he is promised an eternal dynasty of rulers. Obviously, 2 Sam 7:15 and the promise of Nathan are alluded to here. The meaning of the lexeme שׁילהis currently still disputed, but at the same time, a future messianic perspective is certainly evident, insofar as the nations are also subjected to Judah’s domain. With a view to the continuation of the story following the narrative of Joseph, Judah is then received along with his claim to leadership as made by the ThR. (Cf. Exod 31:2; 35:30; 38:33; Num 1:7.26–27; 2:3 ()נשׂיא לבני יהודה, 9; 7:12; 10:14; 13:6; 34:19.) We have already looked at some of these passages in more detail above. However, it is particularly striking that the passages following Gen 49:10 either completely accept Judah in the leading position or do not discuss it further. It is particularly noticeable, for example, that while the official list in Num 1:5–15, 21–46 begins with Reuben, in Num 2:3, 32 An excellent analysis of the intertextual references of Judah’s statement can be found in Ede, Josephsgeschichte, 459–462. Unfortunately, one seeks in vain for a hypothesis about the textual pragmatics or the Sitz im Leben. 33 The transfer of the claim to power to Judah is initially prepared by a number of secondary additions to the history of Joseph, which, in the course of literary history, greatly enhance Judah’s status vis-à-vis his brothers. The complementary texts Gen 37:26–27 and Gen 44:18–34 in particular, should be acknowledged here. Ede, Josephsgeschichte, 521. The development cannot be outlined in detail here. In any case, it must be stated that Judah is portrayed increasingly positively in the process of development and especially in the Judah saying (Gen 49:8–12). Cf. Ulrike Schorn, Ruben und das System der zwölf Stämme Israels. Redaktionsgeschichtliche Untersuchungen zur Bedeutung des Erstgeborenen Jakobs, BZAW 248 (Berlin; New York: de Gruyter, 1997), 286, who links Judah’s position over Reuben to the loss of the East Jordan territories and likewise correlates the final editing of Gen 49 with that loss.
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the most prominent campsite in the first position in the east is given to Judah.34 Nevertheless, the role of Judah is somehow only told, rather than shown further in a literary sense. The figure of Judah, including his genealogy, is disembodied in a narratological sense after the book of Exodus. It is even undermined to the extent that in Num 13:6; 34:19 Caleb can effortlessly be integrated into the Judean tribe. Now, this literary undermining of the Judahfigure is a consequence of a particular system. The ThR has no actual interest in it anymore. It does not want to draw attention to the history of kingship, but to the high priesthood. It wants to establish the hegemony of the high priest in the postexilic community and to assert his claim to power against opposing forces. For this purpose, it uses the unbroken Judean claim to power and “Levitizes” it. We observe this process precisely in Exod 6:23. Contrary to the process traced earlier, whereby Judah became the heir of the promise, Exod 6:14–27 shows how this claim to power passes over to the previously disavowed Levi.35 For this purpose, Aaron is married to the sister of the Judean נשׂיא. This means, that a part of Judah’s hegemonic dignity is thus integrated into the priestly line through the patrilinear system, indeed it actually constitutes it. At the same time, however, it must be noted that Jacob’s curse on Simeon and Levi in Gen 49:5–7 is revoked, at least with regard to Levi. This is also true in a twofold way for the saying of Levi in Deut 33:8–11. While the curse on Levi is here revoked and turned into a blessing, the curse on Simeon is maintained insofar as he is simply not mentioned anymore. In addition, Judah experiences a clear devaluation compared to Gen 49:8–12.36 This means that Exod 6:14–27 corrects the blessing of Jacob, as does Deut 33:7.8– 11, and must therefore be dated later than Gen 49:8–12. The question of how this tipping point of this anti-Judaean and pro-Levite was reached can only be understood against the background of Ruth 4:18–22 and 1 Chr 2:5.9–12.15.
4.1 Ruth 4:18–22 In Ruth 4:18–22, towards the end of the book, a genealogy is provided to clarify the lineage of Ruth’s son: ואלה תולדות פרץ פרץ הוליד את־18 חצרון וחצרון הוליד את־רם ורם הוליד את־19 עמינדב ועמינדב הוליד את־נחשׁון ונחשׁון20 הוליד את־שׂלמה
18
These are the descendants of Perez. Perez was the father of Hezron, 19 Hezron was the father of Ram, Ram was the father of Amminadab, 20 Amminadab was the father of Nahshon, Nahshon was the father of Salma,
34 Admittedly, this position is exceeded once again by Moses and Aaron in Num 3:38. 35 At this point, Thomas Hieke’s observation has to be taken into consideration. He states that the genealogical system of Genesis does not actually end before Exod 6:14–25. Thus, the system of genealogies is terminated by the culmination of the descent of the high priest. (Thomas Hieke, Die Genealogien der Genesis, HBS 39 [Freiburg i. Br.: Herder, 2003,] 219). “Dahinter steckt zum einen die subtile Botschaft, dass das, was Israel im Innersten zusammenhält, das Priestertum ist.” (Ibid., 224) 36 Otto, Deuteronomium, 2233–2234 and ibid., 2245–2248.
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ושׂלמון הוליד את־בעז ובעז הוליד21 את־עובד ועבד הוליד את־ישׁי וישׁי הוליד את־22 דוד
21
Salma was the father of Boaz, Boaz was the father of Obed, 22 Obed was the father of Jesse, and Jesse became the father of David.
The genealogy in Ruth 4:18–22 continues from Gen 38:29 to 46:12 and presents the tribe of Judah down to Perez.37 The latter becomes the father of Hezron, who in turn becomes the father of Ram. Then Amminadab and his son Nahshon follow him. At this point in the family tree, we are again on the level of Exod 6:23 and Num 1:7 etc. However, the genealogical connection between Perez and Aminadab, which can only be inferred in the Pentateuch, becomes evident here for the first time! The נשׂיאof Judah of the first generation of the desert is now integrated into the family tree of Ruth. However, the phrase נשׂיא בני יהודהis omitted. This is found only in Num 2:3 and 1 Chr 2:10, and indirectly in Num 1:7.38 The aforementioned are now followed by Salma, Boaz, Obed, Jesse, and finally, in the tenth and last position,39 King David. This means that it is not until the book of Ruth that Nahshon is assigned a descendant. At this point, this is precisely what makes the marriage between Aaron and Elisheba in Exod 6:23 invalid, at least with regard to the transferred heritage. It is anything but a coincidence that the Judaean leader became David’s ancestor. With David now listed as the tenth son on the tree, the most important person in the genealogy is finally introduced.40 The “Judaization” is, thereby, also narrowed by the context of the genealogy. The maternal connection between Obed and Ruth is shifted very clearly in verses 16–17, in the direction of the Judaean grandmother Naomi. On the one hand, the child is lifted onto Ruth’s lap, thus declaring Ruth somehow to be the surrogate mother.41 On the other hand, Ruth is declared to be אמנת. Although it is not quite clear what this is supposed to mean. Fischer argues for a translation as “nanny” or “adoptive mother”.42 In any case, the relationship between David and Naomi at the end of the book is even closer than that between David and Ruth.
37 See also the reference to בית פרץand to תמרin Ruth 4:12. It is obvious that this verse is on the same level as the genealogy. However, it is still discussed among scholars whether both texts are secondary or belong to the same layer of the book. 38 LXX reads ἄρχοντα τοῦ οἴκου Ιουδα. It seems that there has been a confusion between ביתand בני, as Num 2:3 shows. As the נשׂיאtitle is very rarely mentioned in the basic layer, it seems to have been transferred directly from Num 1:16; 2:3. 39 On this aspect see: Hieke, Genealogien, 236–237, and the literature cited there. 40 The fact that the tenth position is of outstanding importance has been repeatedly observed. Instead of listing numerous references see: Irmtraud Fischer, Rut, HThKAT (Freiburg i. Br.: Herder 2001), 69.72. 226.258. 41 Cf. the situation in Gen 16:5. 42 Fischer, Rut, 255.
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It is now widely accepted that these verses were added to the book of Ruth at a later date.43 The question of dependence is, nevertheless, controversial.44 In this regard, the correspondence with 1 Chr 2:5, 9–12, 15 is striking. However, it is also striking that Chronicles offers a more comprehensive genealogy. For example, the Perez son חמולis not mentioned at all in Ruth 4. At the same time, Ruth 4:18 provides a significant introduction, again not found in Chronicles: ואלה תולדות...45 Obviously, the author directly followed the ductus of the Priestly writing and continued the תלדות יעקבin Gen 37:2 towards David. (See also Gen 2:4; 6:9; 10:1; 11:10, 27; 25:12, 19; 36:1, 9; Num 3:1.)46 It is also noted in the discussion that it is considered hardly possible that a Moabite origin should be ascribed to David a posteriori. It seems to me – that regardless of whether the genealogy, including vv. 11b and 12, is secondary – the imitation of the Toledoth formula, especially, and the associated connection to Gen 38 is an indication of independence from Chronicles: with dependence on Chronicles this 43 For example, see: Erich Zenger, Ruth, ZBK 8 (Zürich: TVZ 1986), 10–14; C. Frevel, Rut (Stuttgart: Kath. Bibelwerk 1992), 28–30; Jeremy Schipper, Ruth. A New Translation with Introduction and Commentary, AB 7d (New Haven & London: Yale University Press, 2016), and the literature cited there In recent research especially from the field of feminist exegesis, substantial objections to the evaluation of the genealogy as secondary have been raised. Cf. Fischer, Rut, 67–73, and the literature cited there and Andrea Beyer, Hoffnung in Bethlehem. Innerbiblische Querbezüge als Deutungshorizonte im Ruthbuch, BZAW 463 (Berlin; Boston: de Gruyter, 2014), 125–139. 44 The interdependence between Ruth 4:18–22 and 1 Chr 2:5, 9–12, 15 is a controversial point. Some scholars consider 1 Chr 2 the (very late) source and Ruth 4:18–22 an excerpt from it (Ernst Würthwein, Ruth, HAT 1,18 [Tübingen, J.C.B. Mohr, Paul Siebeck, 1969], 24; Oswald Loretz, “Das Verhältnis zwischen Rut-Story und Davidgenealogie im Rutbuch,” ZAW 89 [1977]: 124–126; Zenger, Ruth, 10–11). Others raise doubts. It is inconceivable, “daß man dem größten und gefeiertsten König von Israel, dem Prototyp des Messias, eine moabitische Urgroßmuter angedichtet hätte”, as W. Rudolph correctly states (Ibid., Das Buch Ruth, das Hohe Lied, die Klagelieder [Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1962], 29). Fischer, Rut, 70–72 rejects at least the excerpt hypothesis as unreasonable and, therefore, rejects the dating of Ruth 4:18–22 as later than 1 Chr 2. Frevel (Ruth, 157) also considers Ruth 4 to be the earlier text. For a description of the research positions, see Schipper, Ruth, 186–187. 45 Fischer, Ruth, 70–72. Thomas Willi (Chronik, BKAT XXIV [Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 2009], 89) considers Ruth 4 to be the giving text and 1 Chr 2 to be the receiving text. The latter had further expanded the genealogy, which would not be an untypical procedure for the Chronicler. William Johnstone (1 and 2 Chronicles. Volume 1. 1 Chronicles 1–2 Chronicles 9 Israel’s Place among the Nations, JSOTS 253 [Sheffield: Sheffield Academic Press, 1997], 45) agrees with this position, too. Cf. Ralph Klein (1 Chronicles. A Commentary [Minneapolis Fortress Press, 2006], 88) as well as Frevel, (Ruth, 157), who initially assumes a connection between Ruth and David for the genealogy, which was retrospectively connected to Genesis in order to anchor David in the prehistory (Ibid.). The assumption is not further substantiated, but it would mean that Perez’s genealogy could either have had a literary continuation in the genealogy of the high priest before it was continued Judaean. It could also mean that Perez and Aminadab were initially not directly related apart from their affiliation with Judah. Considering the importance of this opposition, however, there certainly circulated extrabiblical traditions, which means that it is not possible to come to a final conclusion on the issue. Sebastian Grätz (“Zuwanderung als Herausforderung. Das Rutbuch als Modell einer sozialen und religiösen Integration von Fremden im nachexilischen Judäa,” EvT 65/4, [2005]: 294–309) has made it seem plausible that the book of Ruth is also about the question of an integration of strangers in early Hellenistic times and that this is also about a critical examination of the segregation policies demanded by Ezra. Accordingly, he assigns the novella to the milieu of Isa 56:1–7. The observation that the subject of intermarriage is hardly of any importance in Chronicles is a locus classicus of the research of this book. Perhaps this is already rooted in the proselytic narrative formula of the book of Ruth: piety over ancestry. 46 On this aspect, see: Hieke, Genealogien, 235.237.
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would not have been necessary at all. Thus, for the first time in Ruth 4:18–22, the genealogical material known from Gen 38, as well as Num 1:7; 2:3; 7:12, 17; 10:14; and 1 Sam 16, is brought into plausible succession in conjunction with the dating of the plot to the time of judges (Ruth 1:1a). In all likelihood, the connection between Ruth and David also derives from the milieu of the ThR and probably negotiates the issues of hegemony and of proselytising at the same time. The ThR declares (former) strangers who engage themselves in a pious way for YHWH, to be Judaeans. In this context, Caleb and Ruth, for example, or their offspring, can be said to have been made part of the Judaean tribe through different literary strategies (for examples see: Num 13:6; and 1 Chr 2:42). In relation to 1 Chr 2:11 an observation previously made by Eichhorn is relevant: “Ueberall sind der Namen für die langen Reihe von Jahren, welche sie umfassen, viel zu wenige: und wo wir im Stande sind, über die Vollständigkeit Untersuchungen anzustellen [...], da bestätigt dies auf die Erfahrung. So nennt z. B. der Stammbaum Davids (1 Chron II. 11ff.) nur vier Geschlechter von Nachsschon, einem Zeitgenossen Mosis an: und doch hätten von Nachschon bis in einem Zeitraum von 400 Jahren, wenigstens 12 Geschlechter genannt werden sollen.”47 Eichhorn certainly formulates this observation against the background of 1 Kings 6:1 MT, where it is stated that Solomon builds the temple in the 480th year of the exodus from Egypt. However, this seems to be a post-Chronistic gloss in view of 2 Chr 3:2 MT. In any case, it is not recognizable that the Chronicler has a similar comprehensive interest in dating. Thus, he does not take over the ages even in the context of the Genealogische Vorhalle. This is especially true for the ages from Exod 6:12–27. After all, in Exod 6:16, 18, 20 (plus Exod 7:7) the only ages of each lifespan are mentioned, which allow a summation to 430 years in Exod 12:40.48 This means that at the time the genealogical bridge between Perez and David was built in Ruth 4 and later in 1 Chr 2, the dates in Exod 12:40 and 1 Kgs 6:1 were probably not yet integrated.49 Therefore, I date the genealogy to approximately the same date as the dis47 Johann G. Eichhorn, Einleitung in das Alte Testament. Zweiter Teil (Leipzig: Weidmanns Erben und Reich, 1781), 636. Cf. Edward F. Campbell, Ruth: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 7 (New York: Doubleday, 1975), 173. Schipper, Ruth, 187, speaks at this point of a “telescoped genealogy,” which need not necessarily be the case. On this debate, see: ibid., 186–188. Alternatively, one can speak of a “telescoped genealogy” for the account of Josephus. In Ant. 5:336 the line is reduced to Boaz – Obed – Jesse – David. 48 Despite the indications provided by the post-Chronistic addition of the ages in Exod 6:14–27, I refuse a post-Chronistic dating of the entire episode, as only this genealogy explains the origin of Eleazar and Phinehas. Accordingly, it is integral to the system of ThR. On the question of chronology, see also: Raik Heckl, “Ein vollendeter Text für den Surrogat-Tempel. Struktur, Chronologie und Funktion des Pentateuchs im Anschluss an Benno Jacob,” ZABR 22 (2016): 185–221. 49 The consequences reach far beyond the subject matter considered here. It is essential to consider that the chronological data of the book of Judges (Jdg 3:11, 14, 30; 4:3; 5:31; 8:28; 10:2, 3, 8; 13:1; 15:20; 16:31) conflict with the fact that יהונתן בן־גרשׁם בן־מ]נ[שׁהappears as a priest and the account is apparently situated only in the second generation after the exodus. This perspective corresponds even better with the genealogical sequence (שׂלמון, בעז, עובד, ישׁי, )דודin Ruth 4 and 1 Chr 2. At least Sarah Schulz (Die Anhänge zum Richterbuch. Eine kompositionsgeschichtliche Untersuchung von Ri 17–21, BZAW 477 [Berlin; Boston: de Gruyter 2016], 188, 193) suggests that the author of Judg 18:30 may not yet have been aware of the “Richterkorpus”. Nevertheless, obviously the genealogies are not primarily interested in questions of dating. This is made clear by the Levitization of the prophet Samuel (1 Chr 6:18–23), which does not, in any case, fit the generational sequence from Salmon to David.
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course in Num 1:7 and 2:3. However, this should not mean that the genealogy in Ruth 4 is to be considered part of the ThR – quite the contrary. As the ThR chooses a different conclusion than the book of Ruth. If Ruth 4, as “drittem Anhang an das Richterbuch”50 represents a kind of genealogical bridge between the wilderness narrative and Davidic kingship, Exod 6:14– 27 offers the alternative of a rule of a kingdom of priests.
4.2 Chronistic Reception in 1 Chronicles 2:5.9–12.15 Chronicles mentions the genealogy of Judah in 1 Chr 2 after bridging all the ages between Adam and Israel (1 Chr 1:1–34) and presenting the genealogy of Esau (1 Chr 1:35–54). Chronicles continues the narrative of Gen 38 here and unfolds the genealogy of Judah from v. 3. The preliminary target is the genealogy of Chezron in v. 5.51 The core of it is unfolded in verses 9–15. Unlike the book of Ruth, in the book of Chronicles Ram’s brothers Jerahmeel and Chelubai52 are mentioned in addition to Ram’s main line. However, their lines are unfolded just here. First, the Chronicler presents the main line with Ram, Amminadab, and Nahshon and, according to this connection, Nahshon is called Prince of the Judahites as in Num 2:3. This branch is now descended through Salmah, Boaz and Obed to Jesse. Of the latter, seven sons are mentioned, the first two being Abinadab and Shiema and the seventh son being David (v. 15). We know these three names from 1 Sam 16:8, 9, 13, while the intervening names are Chronistic inflections. In 1 Chr 2:10–11, against the background of Num 1:7 and 2:3, Nahshon’s inclusion of the נשׂיאtitle makes him a significant member of David’s family tree. Thus, by establishing a putative kinship with the Judaean royal line in the book of Numbers within the framework of the Aaronide genealogy, the high priest, who traces himself back to Aaron, already participates in David’s kingship before Sinai. Following this motif, not only in the book of Ruth but also in Chronicles, is important because Chronicles, unlike the book of Ruth, has no messianic expectations. While the book of Ruth deals in principle with the theme of the redeemer/messiah David and the expectation of salvation through a Davidic ruler,53 in contrast, Chronicles does take up this expectation in genealogical form. However, it transforms it by placing David (and also Solomon) at the utopian beginning of a pragmatic perspective. The Chronicler was certain that the time of David and Solomon was a time of salvation, but that this time had been lost in the sense it had become a utopian ideal. For the Chronicler, the heirs of the Davidic promise are the Zadokites, who are allotted a
50 On this expression, see: Yair Zakovitch, Das Buch Ruth, Ein jüdischer Kommentar, SBS 177 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1990), 32–34. While the Benjaminite kingship is rejected in Judg 19–21, the “dritte Anhang des Richterbuches” offers an adequate alternative with the lineage of David. Frevel (Ruth, 156) dates the genealogy to the same level as Judg 1:1a and thus sees the embedding of the book of Ruth in the Judges period. In this context, the Davidic end provides a central disposition of hope. 51 For a discussion of the genealogical system, see the instructive analysis by Willi, Chronik, 54–91. 52 Chelubai is consistently identified in research as Caleb. See also the variant reading of the LXX: Χαλεβ as well as v. 18. This inclusion of Caleb in the Judean genealogy is also a legacy of the ThR. 53 Frevel, Ruth, 160–163.
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Lars Maskow
central position in Chronicles (1 Chr 5:27–41).54 In direct connection to Exod 6:14–27, the family tree of Aram is continued here in 1 Chr 5:29. From v. 30 on, the line of Phinehas, with which the fragment in Exod 6:25 ended, is continued until the exile and Zadok is integrated into the family tree (cf. 1 Chr 5:34, 38). The direct connection between Aaron and Zadok is established by the Chronicler in 1 Chr 27:17, where Zadok is specifically exalted over the Levites and thus singled out. In this context, it plays a central role that Zadok, the priest, is anointed together with Solomon (cf. 1 Chr 29:22). The same participation in the royal insignia is found in Num 17:23 where Aaron’s staff is the only one to flourish in relation to the staffs of all the other tribal leaders of the tribes. Thus, the Judaean kingship including its insignia is analogously transferred to the high priest in the ThR and Chronicles.55 Thus, Zadok participates in Solomon’s kingship in a similar way to how Aaron participates in Judah’s leadership: both replace the royal form of leadership and transfer it to the institution of the high priest.56
5. Conclusion In this article I have analysed the ideological background of the marriage between Aaron and Elisheba (Exod 6:23). Starting from the old observation that this genealogy in Exod 6:14–27 is one of the latest additions to the Pentateuch, we have analysed the textual function of v. 23. This consists of establishing a relationship between Aaron and Elisheba, i.e. putative kinship between the hegemonic branch of the Levite family tree and the hegemonic branch of the family tree of Judah, in other words between the high priestly and the royal lineage. As a consequence of this relationship, the saying of Judah in Gen 49:8–12 is obviously revised and Judah’s claim to power is transferred to the high priest. As the Torah does not mention descendants of Nahshon, we have assumed that the inheritance rule of Num 36:1–12 provides a plausible scriptural background for this transmission. Accordingly, the genealogical fragment in Exod 6:14-27 marks the transition from the pre-Chronistic to the Chronistic epoch. In this layer, the primacy of the Zadokite high priest is maintained. This is significant insofar as Aaron was in need of legitimation within the Exodus narrative in the first place. One thinks here of the birth legend of Moses, who experiences a latent identification with Sargon II in Exod 2. Using the ductus of genealogy, the latent identity with a king is now applied to Aaron and his epigones, too. From the perspective of the date of composition, the integration of the Judaean line into the Aaronide line redirects the claim to rule from the royal dynasty to the family of the high priest, who is thus declared to be the supreme נשׂיאof the community. At this point, we should keep in mind that the line of Aminadab and his son Nahshon has – at least in the Pentateuch – no successors other than Elisheba the daughter of Aminadab, the sister of Nahshon. This 54 I have shown elsewhere that this position very much corresponds with the organisation of the camp in Num 2–3 (Cf. Maskow, Tora, 266–268.). 55 See also the mention of the staff of Judah in Gen 38:18, 25. On this transmission, see: Maskow, Tora, 240–333. 56 Of course, even in Chronicles, the kings remain in charge. However, they are increasingly restricted by the divine Torah. This can be seen in disputes between the two camps, especially when the priest increasingly enforce their claim to power (Cf. 2 Chr 26:16–21).
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Putative Kinship between High Priest and King
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means that according to the Torah’s view, the only legitimate dynasty of rulers is precisely that of the Aaronides and not that of the Davidides. Correspondingly, the continuation of the line of Nahshon takes place only outside of the Pentateuch. As exactly this development belongs to the central ideology of the ThR described by Achenbach, I assign the fragment Exod 6:14–27 to this pre-Chronistic and last Priestly editing of the Pentateuch. In this context, it is now necessary to reconsider its Sitz im Buch of Exod 6:14–27. The fragmentary nature of the genealogy, its particular focus on the Levites, and its clear correspondences with 1 Chr 5:27–6:38 indicate that it is Chronistic in origin and refers to them. In this context, it is especially noteworthy that the line of the high priest is continued in 1 Chr 5:27–41, continues toward Zadok. In other words, it serves to legitimize the Zadokite priesthood. The fact that this priesthood not only had to justify its claims to power but also had to defend them, is shown by all the texts that report disputes over power between different groups. Thus, the Davidic-Messianic texts like Ezek 34:23–25 and 37:15–28 apparently challenge the Zadokites’ claim to power. In this situation, Exod 6:23 represents the hierocratic attempt to anchor one’s own genealogy in the exodus generation and to continue it over the desert period right into the land (cf. Josh 24:33). In this process, the line of the childless Judean נשׂיאis then integrated into the high priestly line through his sister in the Pentateuch and the legitimation of power is transferred to the Aaronide priests. It is precisely at this point that Ruth 4:20 takes the competing messianic path by continuing the direct Davidic line through Nahshon’s son Salma.57 Chronicles integrates this approach by making David’s era not the end, but the beginning of a development from which the priesthood, restricted by the Torah, emerges empowered. Furthermore, 1 Chr 29:22 is linked to this process by the collateral campaign, according to which Solomon and Zadok were anointed at the same time. The construction of a putative relationship between Aaron and Elisheba makes Exod 6:14–27 a key text of the ThR. The priests become heirs to the royal promise.58 Thereby, the hierocratic claim is part of a concept that finds its continuation in the book of Chronicles. There as well, the priest in the succession of the Judaean kingship remains restricted by the lex sacra. The local expression of a hierocratic claim is thus recognizably a part of the broader ThR. The book of Chronicles as continuation of the ThR subsequently reveals how this ThR affects the writing of history at the very moment when descendants take over from their fathers. Yes, the father was right, but actually everything was a little bit different.
57 While Hieke (Ibid., Genealogien, 347), referring to Exod 6:14–25; Num 3:1–4 and Ruth 4:18–22, states “eine[..] doppelte[...] Zuspitzung auf das Priestertum [...] und das Königtum [...]” it seems to me that the crucial point of the Pentateuch is precisely a kingdom of priests. A fundamental battle was obviously fought over this, as the alternating model in Ruth 4:18–22 shows by no longer seeking to know anything about any priests. 58 The fact that the transferral of the royal insignia to the priest plays a central role in the development of a hierocratic-theocratic order has been demonstrated by Achenbach not least in his study on Isa 61. To the reception history of this chapter in the reformed tradition, also see the article “Von Transformationen” by S. J. Ihben-Bahl in this volume.
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14 Prosaische Meerwunder-Traditionen Martin Leuenberger
1. Einführung Die Exodus-Landnahme-Erzählung bildet – neben, mit und nach den Erzväter- bzw. Erzmütter-Geschichten – in der Hebräischen Bibel bekanntlich den zweiten Hauptpfeiler der doppelten Ursprungserzählung Israels, wie auch der Jubilar herausgestellt hat1. Die tragende Basis bildet die dramatische Auszugserzählung in Ex 1–14/15, die mythisch grundierte Tradition beinhaltet, literarisch eine imposante Narration darstellt und sich theologisch als schlichtweg zentral gewordene Konzeption charakterisieren lässt. Dabei erreicht die eigentliche Auszugserzählung ihren zweifachen, prosaisch-poetischen Höhepunkt in der Meerwunder-Passage Ex 14f (d.h. Ex 13,17–14,31; 15,1–21), die durch das prägnante Neben- und Nacheinander von Prosa und Poesie, wie es sich vergleichbar nur noch in Ri 4f findet (s. Anm. 2), heraussticht. Die Meerwundertexte in Ex 14f zeichnen sich dabei grundlegend durch ihre gemeinsame Grundkonstellation aus, in der Jhwhs Meerwundertat gegen ,Ägypten‘ zugunsten ,Israels‘ narrativ berichtet und poetisch besungen wird. Die folgenden Überlegungen widmen sich den – in sich vielschichtigen – prosaischen Meerwunder-Traditionen in Ex 14: Im Rahmen eines aktuell einigermaßen breit anerkannten literar- und redaktionsgeschichtlichen Modells (Kap. 2) sollen ihre theologischen Traditionen und Konzeptionen profiliert werden (Kap. 3). Dagegen muss das poetische Siegeslied Mirjams und Moses „anlässlich der Vernichtung der Feinde Israels“ in Ex 152, das im Erzählablauf zwar retardierend, kompositionell aber in einer
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Vgl. Reinhard Achenbach, „Das Exodusbuch als Teil des Hexateuch und des Pentateuch,“ in Wege der Freiheit: Zur Entstehung und Theologie des Exodusbuches: Die Beiträge eines Symposions zum 70. Geburtstag von Rainer Albertz, ed. Reinhard Achenbach et al. (Zürich: TVZ, 2014), 51–72, wo er zu Recht mit dieser bis Jos 24 reichenden hexateuchischen Gesamtperspektive einsetzt. Der folgende Beitrag ist ihm in dankbarem Rückblick auf die gemeinsamen Münsteraner Jahre und mit herzlichen Glück- und Segenswünschen für die Zukunft gewidmet! So Bernd Janowski und Friedhelm Hartenstein, „Psalmen/Psalter, I–III,“ RGG4 6:1761–1177, 1775 (Hartenstein) zu Ex 15 und seiner wichtigsten Strukturparallele in Ri 5 (nach Ri 4), s.a. ausführlich James W. Watts, Psalm and Story: Inset Hymns in Hebrew Narrative, JSOTSup 139 (Sheffield: JSOT Press, 1992).
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Martin Leuenberger
„climactic position“3 die (erzählte) Geschichte theologisch deutet und das Lob Jhwhs angesichts dessen rettenden Handelns zum Ausdruck bringt4, hier aus Umfangsgründen weitgehend ausgeklammert bleiben und kann nur in Kap. 3.4 in einem kurzen Seitenblick zur Sprache kommen5.
2. Zur Eigenart und Literar-/Redaktionsgeschichte von Ex 14 Bei der (bzw. den) Meerwunder-Erzählung(en) in Ex 14 (womit im Folgenden immer abgekürzt auf 13,17–14,31 referiert wird), handelt es sich wie schon kurz erwähnt um den narrativen Höhepunkt der Mose-Exodus-Erzählung im engeren Sinne (Ex 1–14/15): „Erst mit der Rettung am Schilfmeer kommt der Auszug aus Ägypten zum Abschluss“6. Denn inhaltlich erreicht das Israel aus Ägypten befreiende Handeln Jhwhs, in dem sich dieser Israel und Ägypten gegenüber wesenhaft als Retter und Befreier Israels erweist, ja erst jetzt unumkehrbar sein eigentliches Ziel: Jhwhs souveräne Meerwundertat – realisiert mithilfe des Mittlers Mose – konstituiert unter Vernichtung Ägyptens das Gottesvolk Israel grundlegendend in Freiheit7, wie es dann die am Sinai verankerten Lebensordnungen inhaltlich gefüllt absichern. Insofern lässt sich der Sache nach auch von der Seite des Meerwunders aus nachvollziehen, dass der (weit gefasste) Exodus den Inhalt des kanonisch gewordenen Urbekenntnisses Israels schlechthin darstellt. Im Blick auf die Literar- und Redaktionsgeschichte bildet Ex 14, ohne hier näher auf die jetzt vorliegende Endkomposition im Einzelnen eingehen zu müssen8, einen klassischen Ab-
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So statt vieler Samuel D. McBride, „Exodus,“ The Oxford Encyclopedia of the Bible and Theology 1:296– 311, 302, s.a. 305. In dieser Weise ist m.E. der Befund näher zu bestimmen, dass Ex 15 „das Ereignis poetisch noch einmal aufrollt“ (Andreas Michel, „Meerwundererzählung,“ Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet, www.wibilex.de [2008], Kap. 1). Zu den poetischen Meerwunder-Traditionen in Ex 15,1–21 s. Martin Leuenberger, „Meerwunder-Tradition im Moselied: Traditions- und redaktionsgeschichtliche Überlegungen zu Ex 15,1–18,“ in Ein Freund des Wortes, Festschrift Udo Rüterswörden, ed. Sebastian Grätz et al. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019), 196–211 (Lit.). Wie dort in Anm. 1 vermerkt, konzentriert sich der Themenkreis des Meerwunders – im Unterschied zur kanonisch sehr breit gestreuten Exodus/Auszugs-Vorstellung im strengen Sinn – in eminenter Weise auf Ex 14f und wird daneben in der HB nur noch in relativ wenigen, traditionsund vermutlich auch literargeschichtlich jüngeren Stellen rezipiert. So statt vieler Rainer Albertz, Exodus 1–18, ZBKAT 2/1 (Zürich: TVZ, 2012), 229; s. ähnlich bereits Jean-Louis Ska, Le passage de la mer: Étude de la construction, du style et de la symbolique d’Ex 14,1– 31, AnBib 109 (Rom: Biblical Institute Press, 1986), 160f.161f und Jan C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung: Untersuchungen zur Endredaktion des Pentateuch, FRLANT 186 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 189, die neben der Israel-Ägypten-Konstellation auch die Moselinie nachzeichnen. Wie nun genauer herausgearbeitet werden soll, variieren die Erzählprofile und -akzente im Einzelnen ja erheblich; sie bilden aber auf der Endtextebene einen Gesamtkomplex, den man m.E. in dieser Weise umreißen kann (s. dazu bereits Ska, passage, summarisch 151ff). Sie wird neben dem jetzigen Rahmen in 13,17–19.20–22; 14,1f bzw. 14,29.30.31 vorab durch die priesterschriftlichen Jhwhreden an Mose (s.u. 2.2.2) strukturiert (s. zum Ganzen bes. Ska, passage, 24ff; Gertz, Tradition, 193ff; Helmut Utzschneider und Wolfgang Oswald, Exodus 1–15, Internationaler exegetischer
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14
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schnitt für die Modelle der Quellenscheidung bzw. der entstehungsgeschichtlichen Rekonstruktion9. Dies gilt bis in die jüngste Gegenwart hinein, wobei sich hier die Paradigmenverschiebungen bes. in der europäischen Pentateuch-Forschung, die im Folgenden den wesentlichen Diskussionskontext bildet, exemplarisch verfolgen lassen: (1) Demnach funktioniert die Unterscheidung zwischen priesterschriftlicher und nichtpriesterschriftlicher Ebene auch in Ex 14 überzeugend (wie es in kanonischer Perspektive davor der Fall war, danach aber nicht mehr in gleicher Weise gelingt). Die Eigenart der P als Quelle und/oder Redaktion10 sowie die relative Zuordnung zur nichtpriesterschriftlichen (klassisch jhwhistischen) Ebene sind allerdings strittig. Im Folgenden werden in einer grundlegenden Differenzierung, ohne hier eine detaillierte Einzelbegründung vorlegen zu können, eine vorpriesterliche Erzählung, ein quellenhafter P-Bericht sowie spätere Redaktionspassagen angenommen; dies führt m.E. auch traditions- und theologiegeschichtlich zu einer sinnvollen Entwicklung der (prosaischen) Meerwunder-Traditionen (s.u.). (2) Die klassische elohistische Schicht – etwa schon nach M. Noth „nur noch in Fragmenten erhalten“11 – ist in der europäischen und zumal der deutschsprachigen Exegese als Quelle hingegen mit Recht weitgehend aufgegeben worden und wird heute häufig als redaktionelles Textgut eingeschätzt. (3) Im Ergebnis heißt das, dass die Abgrenzung der unterschiedlichen Textebenen in Ex 14 im Prinzip doch eine recht weitgehende Übereinstimmung aufweist12; diesen deutlichen
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Kommentar zum Alten Testament (Stuttgart: Kohlhammer, 2013), 291f; Thomas Römer, Moïse en version originale: Enquête sur le récit de la sortie d’Égypte [Exode 1–15] (Montrouge: Bayard; Genève: Labor et Fides, 2015) 210f und jetzt Werner H. Schmidt, Exodus, BKAT 2,2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019), 574ff). S.u. Anm. 12 und Erhard Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch, BZAW 189 (Berlin; New York: de Gruyter, 1990), 256, nach dem sich hier „literarkritische ,Scheidungen‘ vom Text her geradezu aufzudrängen scheinen“ – und sich auch für seine eigene Bestimmung von ,P‘ als wesentlich erweisen (s. 259ff). So ein – m.E. für Ex 14 allerdings nicht überzeugender – neuerer Trend (s. neben Blum, Komposition, und Albertz, Exodus, jetzt etwa Christoph Berner, Die Exoduserzählung: Das literarische Werden einer Ursprungslegende Israels, FAT 73 [Tübingen: Mohr Siebeck, 2010], 353ff und Utzschneider und Oswald, Exodus 1–15, 297f.325ff). Martin Noth, Das 2. Buch Mose: Exodus: Übersetzt und erklärt, ATD 5 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 51973), 84; s. dagegen neben den Neodocumentarists etwa wieder Axel Graupner, Der Elohist: Gegenwart und Wirksamkeit des transzendenten Gottes in der Geschichte, WMANT 97 (NeukirchenVluyn: Neukirchener Verlag, 2002), 71ff, der 13,17aα2–19; 14,5a.7aα.b.19a.25a (sowie dann evtl. 15,22aα) dem (nur fragmentarisch erhaltenen) Elohisten zuschreibt, oder Schmidt, Exodus, 576ff.619ff. Vgl. zur Rekonstruktion aus neuerer Zeit bes. Thomas Krüger, „Erwägungen zur Redaktion der Meerwundererzählung (Exodus 13,17–14,31),“ ZAW 108 (1996): 519–533 und Jan C. Gertz, „The Miracle at the Sea: Remarks on the Recent Discussion about Origin and Composition of the Exodus-Narrative,“ in The Book of Exodus: Composition, Reception, and Interpretation, VT.S 164, ed. Thomas B. Dozeman et al. (Leiden; Boston: Brill, 2014), 91–120; ders., Tradition, 195ff; Thomas Römer, „Von Moses Berufung zur Spaltung des Meers: Überlegungen zur priesterschriftlichen Version der Exoduserzählung,“ in Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pentateuchdebatte, Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 40, ed. Friedhelm Hartenstein und Konrad Schmid (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2015), 157f; ders., Moïse, 213ff und Schmidt, Exodus, 574ff.587ff; s.a. Berner, Exoduserzählung, 343ff, der nP und P im Kern ähnlich, aber restriktiver umgrenzt und so im Zuge detaillierter Differenzierungen in Ex 14f insgesamt 14 (!) Ebenen mit zusätzlichen Untervarianten unterscheidet (wobei Ebene 7 und 11 nur in Ex 15 auftreten). Mit Ausnahme von Berner stimmen diese Modelle, soweit nicht anders vermerkt, in den im Folgenden einschlägigen Textzuweisungen im Grundsatz
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Martin Leuenberger
Befund gilt es etwa gegenüber A. Michel, nach dem für Ex 13–15 „freilich gegenwärtig relativ wenig Konsens [besteht]“13, festzuhalten. Dieser Sachverhalt betrifft namentlich die konzeptionell wichtigsten Aussagen, in denen die je charakteristischen Meerwunder-Traditionen und deren theologische Profile bes. markant hervortreten und die daher im vorliegenden Zusammenhang vorab interessieren. Dazu sei der einfacheren Orientierung wegen eine Übersetzung der Meerwundererzählung in Ex 13,17–14,31 gemäß dem skizzierten literar- und redaktionsgeschichtlichen Modell, auf dem die folgende traditions- und theologiegeschichtliche Auswertung basiert, vorangestellt14. Redaktion nP (,J‘) P 13,17 Und es geschah, als Pharao das Volk entließ, da führte sie Gott nicht den Weg des Philisterlands, obwohl er der nächste war. Denn Gott sagte: Damit das Volk nicht bereut, wenn sie Krieg sehen, und sie nach Ägypten zurückkehren. 18Und (so) ließ Gott das Volk den Umweg der Wüste zum Schilfmeer machen, und in Kampfordnung zogen die Israeliten hinauf aus dem Land Ägypten15. 19Und Mose nahm die Gebeine Josephs mit sich, denn dieser hatte die Israeliten schwören lassen: Gott wird sich euer gewiss annehmen. Dann nehmt meine Gebeine von hier mit euch hinauf.
überein (ausgeklammert werden zusätzliche Binnendifferenzierung innerhalb der einzelnen Ebenen wie etwa PS), auch wenn dann eben die Eigenart der Textebenen unterschiedlich bewertet werden (s.o.). Radikalere Positionen in die eine oder andere Richtung vermögen hingegen weder methodisch noch inhaltlich zu überzeugen: Einerseits lässt sich vom konkreten Textbefund aus in keiner Weise positiv begründen, dass es in Ex 14 – „[r]eduziert man den Text auf das Allernötigste“ – „Mose (nur V. 13f) und das Meer (nur V. 21.27.30b)“ „dabei nicht [braucht]“ (vgl. Reinhard G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments: Grundwissen der Bibelkritik, Universitätstaschenbücher 2157 [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000], 292), sodass diese Annahme freie Spekulation bleibt. Und zumindest stark zugespitzt ist das Urteil zum Mirjamlied in Ex 15,21, dass es, „für sich genommen (V. 21b), mit dem Exodus gar nichts zu tun hat“ (ebd.). – Umgekehrt bleibt die synthetische Sicht von Samuel T. Loewenstamm, The Evolution of the Exodus Tradition, Translated from the Hebrew by B.J. Schwartz (Jerusalem: Magnes Press, 1992), 234f.251ff, dass zur Meerwunder-Tradition ursprünglich auch die Besiegung des Meers im Sinn der Chaoskampf-Vorstellung gehört habe, traditions- und literargeschichtlich allzu flächig und undifferenziert. 13 So Michel, „Meerwundererzählung,“ Kap. 2.1. 14 Die Anordnung in getrennten Spalten soll verdeutlichen, dass die (ältere) nichtpriesterliche (Normaldruck) und auch die (jüngere) priesterliche Darstellung (Kursivdruck) je für sich quellenhaft verständlich sind und einen vom Erzählthema bestimmten, oft mehr oder weniger ,parallel‘ lesbaren Plot aufweisen; die in den Spalten fett hervorgehobenen Ergänzungen der Redaktion nehmen jeweils in nP und P bestimmte Kommentierungen und Akzentsetzungen vor (s. dazu u. 2.2.3). Daneben finden sich aber bes. an den Randstellen sowie im Mittelteil auch markantere Fortschreibungen, die beide (jetzt ineinander gearbeiteten) Quellen-Fassungen übergreifend interpretieren, was durch die einspaltig zentrierte Textsetzung angedeutet werden soll. Namentlich die durch Unterstreichung markierten Passagen werden auch im europäischen Mainstream der neueren Forschung unterschiedlich beurteilt, wie jeweils in den Anmerkungen in kurzer Auswahl vermerkt wird, ohne im vorliegenden Rahmen überall auf weitere Einzelheiten eingehen zu können. 15 Von Römer, Moïse, 221 P zugeordnet; die militärische Akzentuierung passt aber gut zur R (s.u.), die Utzschneider und Oswald, Exodus 1–15, 305f hier näherhin als Tora-Komposition bestimmen wollen.
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14 20
Und sie brachen von Sukkot auf, und sie lagerten in Etam am Rand der Wüste. 21 Und Jhwh ging vor ihnen her, am Tag16 in einer Wolkensäule, um sie den Weg zu führen17, und in der Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, so dass sie am Tag und in der Nacht gehen konnten. 22Nicht wich die Wolkensäule am Tag und die Feuersäule in der Nacht vor dem Volk.
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14,1
Und Jhwh sprach zu Mose: 2Sprich zu den Israeliten, sie sollen umkehren und lagern vor Pi-Hachirot, zwischen Migdol und dem Meer, vor Baʿal-Zaphon, ihm gegenüber sollt ihr am Meer lagern. 3Und Pharao wird von den Israeliten sagen: Sie irren im Land umher, eingeschlossen hat sie die Wüste. 4Und ich werde das Herz Pharaos verhärten, und er wird ihnen nachjagen. Und ich will mich verherrlichen an Pharao und an seinem ganzen Heer, und die Ägypter sollen erkennen, dass ich Jhwh bin. Und sie machten es so.
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Und dem König von Ägypten wurde gemeldet, dass das Volk geflohen sei. Da wandte sich das Herz Pharaos und seiner Diener gegen das Volk, und sie sagten: Was haben wir da getan, dass wir Israel aus unserem Dienst entlassen haben? 6Und er spannte seinen Streitwagen an, und er nahm sein Volk mit sich. 7Und er nahm sechshundert ausgewählte Streitwagen und alle (anderen) Streitwagen Ägyptens, und Kämpfer waren auf ihnen allen18. [8b] Die Israeliten aber zogen aus mit erhobener Hand. 9Und die Ägypter jagten hinter ihnen nach, und sie holten sie ein, als sie am Meer lagerten, alle Streitwagenrosse Pharaos, seine Reiter und sein Heer, bei Pi-Hachirot vor Baʿal-Zaphon19. [10bα] Da hoben die Israeliten ihre Augen, und siehe, Ägypten rückte hinter ihnen heran20. Da fürchteten sie sich sehr,
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Und Jhwh verhärtete das Herz Pharaos, des Königs von Ägypten, und er jagte hinter den Israeliten nach.
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Und Pharao war nahe herangekommen.
[10bβ2]
und die Israeliten schrien zu Jhwh.
16 So Krüger, „Meerwundererzählung,“ 524f.531 aufgrund der Gegenüberstellung zur folgenden Erläuterung über die Nachtzeit. Sonst wird die Wendung oft im Grundbestand belassen. 17 Etwa von Berner, Exoduserzählung, 343f dem Grundbestand zugewiesen; dann hätte 13,17 darauf Bezug nehmend formuliert. Daher liegt eher an beiden Orten R vor. 18 Auch nach Gertz, Tradition, 215.232 redaktionell, aber nicht genauer einzuordnen. 19 V. 8f(*) wird von Albertz, Exodus 1–18, 236; Römer, „Spaltung,“ 157; Schmidt, Exodus, 609 P zugewiesen (nur für V. 9b Römer, Moïse, 221); dagegen ist V. 9 nach Berner, Exoduserzählung, 345f nachpriesterlich. Für die hier vorgenommene Abgrenzung, die bes. in V. 9aα unsicher bleibt, auch Gertz, Tradition, 215f. 20 Auch zu P geschlagen von Römer, „Spaltung,“ 157 (nicht dagegen der Rest von V. 10; dagegen fehlt V. 10 in P ganz gemäß ders., Moïse, 221).
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Und sie sagten zu Mose: Gab es etwa keine Gräber in Ägypten, dass du uns geholt hast zum Sterben in der Wüste? Was hast du uns da getan, dass du uns herausgeführt hast aus Ägypten? 12Ist nicht dies das Wort, das wir zu dir in Ägypten gesprochen haben: Lass ab von uns, wir wollen Ägypten dienen; denn es ist besser für uns, Ägypten zu dienen, als dass wir in der Wüste sterben21. 13 15 Aber Mose sagte zum Volk: Fürchtet Und Jhwh sagte zu Mose: Was schreist euch nicht! Bleibt stehen und seht die Ret- du zu mir?23 Sprich zu den Israeliten, sie tung Jhwhs, die er für euch heute tun wird. sollen aufbrechen. 16Du aber hebe deinen Stab hoch und strecke deine Hand aus Denn wie ihr die Ägypter heute gesehen haben werdet, werdet ihr sie nie wieder se- über das Meer und spalte es; so werden die Israeliten hineingehen mitten ins Meer hen22. 14Jhwh wird für euch kämpfen, ihr auf dem Trockenland. 17Ich aber, siehe, ich aber sollt euch still verhalten. werde verhärten das Herz der Ägypter, und sie werden hinter ihnen hineingehen; und ich will mich verherrlichen an Pharao und an seinem ganzen Heer, an seinen Streitwagen und seinen Reitern. 18Und die Ägypter sollen erkennen, dass ich Jhwh bin, wenn ich mich verherrliche an Pharao, an seinen Streitwagen und seinen Reitern24. 19 Da brach der Bote Gottes auf, der vor dem Heerlager Israels ging, und er ging hinter sie25; und die Wolkensäule vor ihnen brach auf und stellte sich hinter sie, 20 und sie kam zwischen das Heerlager Ägyptens und das Heerlager Israels. Und es war die Wolke und die Finsternis (dort), und sie erleuchtete die Nacht. Und 21 Und Mose streckte seine Hand aus über so kamen sie einander nicht näher die ganze Nacht. das Meer, [21aβ] [21b] und Jhwh trieb das Meer durch einen und das Wasser spaltete sich. 22Und starken Ostwind während der ganzen die Israeliten gingen hinein mitten ins Nacht zurück und machte (so) das Meer zu Meer auf dem Trockenland, während das ausgetrocknetem Boden, Wasser ihnen eine Mauer zu ihrer Rechten
21 V. 11f wird von Albertz, Exodus 1–18, 236 als nichtpriesterliche Redaktionsformulierung gedeutet, welche eine ältere Schilfmeererzählung aus der Zeit nach Scheschonqs Feldzug (s. 247f) bearbeitet habe; methodisch analog vermutet Schmidt, Exodus, 598f eine JE-Redaktion. 22 Als redaktionell eingeschätzt von Berner, Exoduserzählung, 346. 23 Nicht zu P gehörend nach Römer, „Spaltung,“ 157; ders., Moïse, 221. 24 V. 17bβ.18b.23* bilden nach Gertz, Tradition, 198f.206 einen Nachtrag in P, ebenso für die nachpriesterliche Ära Berner, Exoduserzählung, 360.361f. Dies erscheint – mit Ausnahme von V. 18bα – aufgrund der Nähe zu den Fortschreibungen im nP-Kontext von V. 7.9 plausibel; allerdings deuten m.E. die ausdifferenzierteren Angaben in V. 4.26bβ.28a*, wo (bes. in V. 28a*) eine Ausgrenzung aus P nicht glatt gelingt, auf fließende Übergänge hin. 25 Nach Gertz, Tradition, 218ff.232 wie V. 7. schwer genauer einzuordnen.
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und zu ihrer Linken war. 23Die Ägypter aber jagten (ihnen) nach, und sie gingen hinein hinter ihnen her, alle Rosse Pharaos, seine Streitwagen und Reiter, mitten ins Meer hinein26. 24
Und es geschah zur Zeit der Morgenwache, da blickte Jhwh auf das Heerlager Ägyptens in einer Feuer- und Wolkensäule27, und er verwirrte das Heerlager Ägyptens. 25Und er wendete die Räder ihrer Streitwagen (vom Weg) ab und ließ sie nur mit Mühe vorankommen. Da sagte Ägypten: Ich will vor Israel fliehen, denn Jhwh kämpft für sie gegen Ägypten. [27aβ] und das Meer kehrte beim Anbruch des Morgens in seine Strömung zurück, die Ägypter aber flohen ihm entgegen. Und Jhwh schüttelte (so) die Ägypter mitten ins Meer. [28b] Kein Einziger von ihnen blieb übrig28.
26
Aber Jhwh sagte zu Mose: Strecke deine Hand aus über das Meer, und das Wasser soll zurückkehren über Ägypten, über seine Streitwagen und über seine Reiter. 27 Und Mose streckte seine Hand aus über das Meer, 28
Und das Wasser kehrte zurück und bedeckte die Streitwagen und die Reiter des ganzen Heers Pharaos, die hinter ihnen her in das Meer hineingegangen waren. 29
Die Israeliten aber waren auf dem Trockenland mitten durch das Meer gegangen, während das Wasser ihnen eine Mauer zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken war. 31 Und Israel sah die große Hand, mit der Jhwh an Ägypten gehandelt hatte, und das Volk fürchtete Jhwh, und sie vertrauten auf Jhwh und auf Mose, seinen Diener. 30
Und (so) rettete Jhwh an jenem Tag Israel aus der Hand Ägyptens, und Israel sah Ägypten tot am Ufer des Meers.
3. Die Meerwunder-Traditionen Auf der Basis dieses literar- und redaktionsgeschichtlichen Modells können nun die unterschiedlich ausgeprägten Meerwunder-Traditionen so beschrieben werden, dass sie unter Berücksichtigung ihres mutmaßlichen traditions- und theologiegeschichtlichen Alters und ihrer entsprechenden Funktion im jeweiligen literarischen Kontext verständlich werden.
26 S.o. Anm. 24. 27 So mit Krüger, „Meerwundererzählung,“ 522; genau umgekehrt verteilt Gertz, Tradition, 213f den Textbestand, während Berner, Exoduserzählung, 347f insgesamt eine Fortschreibung vermutet. 28 Gegenüber der klassischen nP-Zuordnung (so etwa favorisiert von Schmidt, Exodus, 604) wird V. 28b von Albertz, Exodus 1–18, 236; Römer, „Spaltung,“ 158; ders., Moïse, 222; Berner, Exoduserzählung, 362 ebenfalls P zugewiesen. Begründet lässt sich eine Entscheidung hier nur schwer treffen, da sich die Aussage an beide Erzählstränge passend anschließt und die totale Vernichtung festhält, was sogar als redaktioneller Akzent denkbar ist (wie z.B. Schmidt, Exodus, 604 Anm. 22 als weniger wahrscheinliche Option erwägt).
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3.1 Nichtpriesterliche Erzählung: Jhwh rettet Israel und schüttelt Ägypten ins Meer Wenn man auf diese Weise einerseits die weitestgehend konsensuell bestimmbare P-Fassung ausgrenzt und andererseits im nichtpriesterlichen Textbestand die mehr oder weniger deutlichen redaktionellen Passagen ausklammert, wie sie sich im Rahmen neuerer Entstehungsmodelle für den Pentateuch und insbes. für Ex 1–15 erheben lassen, dann ergibt sich eine nichtpriesterliche Meerwunderzählung: Sie ist – in einem gut rekonstruierbaren literarischen Kontext – in sich lesbar und verständlich. Und relativ erweist sich dabei die nichtpriesterliche Erzählung zugleich als vorpriesterlich, was hier freilich nur festgehalten, aber nicht umfassend nachgewiesen werden kann. Im Ergebnis besitzt diese älteste Meerwundererzählung somit wie die priesterliche Version einen quellenhaften Charakter; diese beiden Aspekte hat die klassisch ›jhwhistische‹ Zuordnung sachgemäß zum Ausdruck gebracht, auch wenn sich der literarische Zusammenhang dieser Mose-Exodus-Erzählung nach vorne eben nur bis Ex 1/2 und nicht bis in die Gen hinein erstreckt und verfolgen lässt. Kennzeichnend für das Profil dieser nicht- und vorpriesterlichen Meerwundererzählung ist die Rettungstat Jhwhs zugunsten Israels durch die Vernichtung Ägyptens. Dies hält der Schlussvers 14,30 mit dem Leitwort ישׁעin aller Klarheit fest: Jhwh „rettete“ ( ישׁעhi. 14,30, s. שׁוּﬠה ָ ְ י14,13) Israel ein für alle Mal, und zwar näherhin „aus der Hand Ägyptens“. Die Rettung erfolgt mithin paradigmatisch als Vernichtung Ägyptens, wobei Jhwh gemäß der prägnanten Formulierung in 14,27 die Ägypter „mitten ins Meer (“)בּתוֹ ַהיָּ ם ְ 29 „schüttelte ( נערII pi.)“, so wie man ein Kleid oder eine Decke ausschüttelt (s. Neh 5,13; Jes 52,2; Hi 38,13) oder wie ein Baum die Blätter abschüttelt (s. Jes 33,9)30. Diese Ägypten vernichtende Rettungstat geschieht dabei zeitlich – anders als in der P – in der (wie religionsgeschichtlich gut belegt ist) heiklen Übergangsphase am Ende der Nacht, aber noch vor Tagesanbruch (s. 14,21.24.30). Und v.a. geschieht sie sachlich zugunsten Israels, das dieses Ergebnis am Morgen „sieht“ (14,30): Auf der einen Seite erkennt und anerkennt Israel so das rettende Eingreifen Jhwhs, ist auf der anderen Seite jedoch selbst gerade nicht aktiv beteiligt; vielmehr lässt sich in diesem Zusammenhang festhalten, dass Israel – wiederum im Gegensatz zur P – gar nicht durch das Meer hindurchgezogen, sondern passiv an seinem Standort verharrt ist. Die Trockenlegung des Meers dient hier somit einzig dazu, dass Ägypten dorthin fliehen und dann untergehen kann31. Ein Durchzug Israels durch das Meer im strikten Sinne fehlt in dieser Tradition also noch und stellt demnach eine Innovation der P dar. Mit all diesen Zügen hebt die vorpriesterliche Erzählung auf die passiv-statische 29 Dagegen spricht die Redaktion dann in 13,18 vom „Schilfmeer (“)יַ ם־סוּף, ebenso wie in Ex 15 die nachpriesterschriftlichen Einschreibungen in V. 4.22. 30 S. dazu die wichtigsten motivgeschichtlichen Parallelformulierungen mit „(den Bogen) schleudern (“)רמה, „bedecken ( כסהpi.)“, „versenkt werden ( טבעpu.)“, „werfen ( “)ירהu.a., auf welche z.T. seltenen und im Kontext des Meerwunders markanten Formulierungen hier aber nicht breiter eingegangen werden kann. 31 So im Anschluss an Noth, Exodus, 94 etwa Gertz, Tradition, 231 oder Uwe Becker, „Das Exodus-Credo: Historischer Haftpunkt und Geschichte einer alttestamentlichen Glaubensformel,“ in Das Alte Testament – ein Geschichtsbuch?! Geschichtsschreibung oder Geschichtsüberlieferung im antiken Israel, Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 17, ed. Uwe Becker und Joachim Conrad (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2005), 87; s. dazu das aktuelle Referat von Joachim J. Krause, Exodus und Eisodus. Komposition und Theologie von Josua 1–5, VTSup 161 (Leiden; Boston: Brill, 2014), 262ff (Lit.).
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14
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Rolle Israels im Gegenüber zur aktiv-dynamischen Rettungstat Jhwhs ab, wie sich auch an dem hier dominierenden Spannungsbogen von 14,13f zu 14,30 zeigt: Nach dem Auszug der Israeliten (s. 12,37a; 13,20) und der Einholung durch ,den König von Ägypten und sein Volk‘ (14,5ff*) spitzt sich die Lage dramatisch so zu, dass sich die Israeliten „sehr fürchten (ירא “)מאֹד ְ (V. 10bα), aber von Mose dahingehend beruhigt werden, dass sie sich nicht mehr „fürchten“ und sich „still verhalten ( חרשׁhi.)“, weil Jhwh für sie „kämpfen ( לחםni.)“ und Ägypten unüberbietbar besiegen werde (V. 13f). Die Umsetzung dessen wird dann, wie schon erwähnt, in 14,19ff* erzählt und kann in 14,30 abschließend festgehalten werden: Jhwh rettet das passive Israel souverän, indem er Ägypten ins Meer schüttelt. Bezüglich der Konturen der Exodus-Tradition insgesamt ist hier schließlich zu beobachten, dass schon in diesem vorpriesterlichen Erzählzusammenhang Meerwunder und Auszug miteinander kombiniert vorliegen: Das macht konkret vorab die Aufbruchsnotiz in 13,20 (נסע, s.a. 12,37a) deutlich! So sehr man im Blick auf die traditionsgeschichtlichen Anfänge also zwischen beiden Vorstellungen unterscheiden muss, so klar sind hier beide bereits auf der ältesten literarisch greifbaren Ebene miteinander verbunden32.
3.2 Priesterschrift: Jhwh verherrlicht sich an Pharao und seinem Heer Der P-Bericht, der m.E. wie angedeutet ursprünglich ebenfalls selbständig lesbar ist, möglicherweise aber unter Kenntnis der nichtpriesterlichen Version verfasste wurde, strukturiert auch die vorliegende Gesamtkomposition wesentlich und ist anhand des dreimaligen Schemas von Jhwhs Handlungs-Ankündigung und -Ausführung aufgebaut (14,1–10*.15–23*.26– 29*, wobei wohl V. 1–4* und V. 29 einen Rahmen bilden33). Zusammen mit der von Jhwh befohlenen Umkehr auf der Auszugsroute (s. 14,1f als – passabler, wenn auch nicht ganz flüssiger – Anschluss an 12,40fP) und der so resultierenden (religions)geographischen Verortung des Meerwunders „vor Baʿal Zaphon“ (14,2; s.a. V. 9R) macht dieser Aufbau deutlich, dass die Selbstverherrlichung Jhwhs bei der P im Zentrum steht34: Es ist der seit Ex 6,3 auch unter seinem Eigennamen bekannte Jhwh, der „sich verherrlicht ( כבדni.)“ (V. 4.17f) und der sich damit gleichsam coram mundo in seiner unverwechselbaren Wesensart als göttlicher Schöpfer kundtut (s.u.), wie es auch der Gesamtkomposition der P entspricht. Und zwar tut Jhwh dies einerseits konkret „an Pharao (“)בּ ַפ ְרעֹה ְ (V. 4.17f), der für die P als irdischer und verstockter Herrscher den archetypischen Gegenspieler Gottes bildet. Möglicherweise akzentuiert bereits die P mit ausdifferenzierenden Angaben wie etwa „den Streitwagen und den Reitern des ganzen Heers Pharaos (ת־ה ָפּ ָר ִשׁים ְלכֹל ֵחיל ַפּ ְרעֹה ַ ת־ה ֶר ֶכב וְ ֶא ָ “)א ֶ 32 Vgl. für diese ,jhwhistische‘ literarische Version Krüger, „Meerwundererzählung,“ 523; unbeschadet dessen gilt es motiv- und traditionsgeschichtlich zu unterstreichen: „Auszug und Meerwunder waren offenbar (zunächst) zwei verschiedene Überlieferungskomplexe, die erst später zusammengewachsen sind“ (so zu Recht Becker, „Exodus-Credo,“ 85 [s. 86f] im Anschluss an Herbert Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, GAT/ATD Ergänzungsreihe 4/1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 21995), 106.108 u.a.). 33 So für V. 29 etwa auch Albertz, Exodus 1–18, 246 trotz seiner Einschätzung von P als Bearbeitung. 34 S. statt vieler Gertz, „Miracle,“ 100, während die Rettung Israels, das freilich „im souveränen Kalkül Jahwes zu keinem Zeitpunkt des Geschehens ernsthaft bedroht war“ (Krüger, „Meerwundererzählung,“ 521), lediglich eine Implikation darstellt.
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(14,28)35 die militärische Übermacht Pharaos und seiner Armee, die von Jhwh im Meer vernichtet werden. Auf jeden Fall kommt diesem – zeitlich nicht exakt fixierten, aber von der P wohl am helllichten Tag vorgestellten – Vernichtungshandeln mythische Qualität zu, wenn Jhwh einerseits – in Umkehrung seines Schöpfungshandelns – „das Wasser (“)ה ַמּיִ ם ַ über Ägypten „im Meer (“)בּיָּ ם ַ zurückkehren (14,26, s. V. 4.17f.23.28a) und mithin das vor- und gegenweltliche Chaos über es hereinbrechen lässt. Insofern „erhält das Rettungsgeschehen am Meer … eine archetypische prinzipiell-paradigmatische Bedeutung“36. Andererseits führt Jhwh (wie die P wohl neu einführt, s.o.) Israel durch das Meer, das er zum „Trockenland (( “)יַ ָבּ ָשׁה14,16.22.29) macht, und handelt so auch für Israel gleichsam schöpferisch, wie 14,29 abschließend im Rückblick summiert37: „Die Israeliten aber waren auf trockenem Land mitten durch das Meer gegangen, während das Wasser ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken war“. So gewichtig dieses Ergebnis zugunsten Israels ist, so sehr stellt auch dies für die P ,nur‘ eine irdische Konsequenz von Jhwhs Selbstverherrlichung dar, die ihrem im strikten Sinne theo-logischen Anliegen dient. Und dasselbe gilt auch für die schon genannte programmatische Lokalisierung ל ְפנֵ י ַבּ ַﬠל ְצפֹן: ִ „vor/im Angesicht von Ba˓al Zaphon“ (14,2P.9R38), die den dort verehrten ,Gott‘ eben grundsätzlich überbietet.
3.3 Redaktion: Jhwhs Erweiswunder für Israel, das Jhwh – und Mose – fürchtet und vertraut Die mehr oder wenig deutlich erkennbaren redaktionellen Passagen lassen sich im Unterschied zu den beiden bisher beschriebenen quellenhaften Erzählungen nicht selbständig lesen, sondern kombinieren (u.U. mehrstufig) diese beiden Versionen überaus gekonnt und setzen zudem neue theologische Spitzenakzente in der so formierten komplexen Endfassung. Wenn die obige diachrone Analyse einigermaßen zutrifft, so steht dabei die Schilderung als Jhwhs „Erweiswunder für Israel“ im Vordergrund39: Das exponiert schon die Einleitung, wenn der Umweg nun mit der von Gott vorausgesehenen ,Reue ( נחםni.)‘ des Volks über den Auszug begründet wird (13,17f). Diese manifestiert sich dann in der expliziten Kritik an der ,Herausführung ( יצאhi.)‘ aus Ägypten durch Mose (!), welche die breite Volksrede 14,11f formuliert, die sachlich 14,10.13–15nP/P überwölbt. Aufgenommen und vollendet wird diese Hauptlinie schließlich in der Schlussaussage 14,31, indem die Reue über und die Kritik an 35 S.a. die Ausformulierungen der V4.17f.23.26 im P-Kontext, deren literargeschichtliche Zuordnung freilich unsicher bleibt und entsprechend kontrovers diskutiert wird (s.o. Anm. 24). Grundsätzlich ist die Akzentuierung der militärischen Stärke jedoch unstrittig. 36 So Hubert Irsigler, „Israels ›Urgeschichte‹ – ein Mythos? Zur Mythisierung von Geschichte und Historisierung des Mythischen im Alten Testament,“ in Geschichte und Gott: XV. Europäischer Kongress für Theologie, Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 44, ed. Michael Meyer-Blanck und Laura Schmitz (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2016), 233–266, 251 (dort kursiv). 37 Vgl. dazu Römer, „Spaltung,“ 159; ders., Moïse, 222f. 38 So die Zuordnung nach Krüger, „Meerwundererzählung,“ 531f; die Fortsetzung in V. 2bβ wird auch von Gertz, Tradition, 214 als „Zusatz zu P“ durch die „Endredaktion“ bestimmt. 39 So Krüger, „Meerwundererzählung,“ 527 (Hervorhebung M.L.); übernommen von Gertz, Tradition, 232.
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14
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dem Auszug angesichts von Jhwhs Erweiswunder überwunden werden und das Volk Jhwh „fürchtet ( “)יראund auf ihn – ebenso wie auf dessen Diener Mose – „vertraut ( אמן בhi.)“. Hier tritt auch klar hervor, dass es sich – anders als in der P – um ein primär an Israel gerichtetes Erweiswunder handelt. Dabei wird Israel prägnant als Volk Gottes gezeichnet (s. ַﬠםrahmend in 13,17f; 14,31; s.a. 13,22; 14,5b neben 14,5*.13nP und den für die P typischen Israeliten), und es „sieht“ Jhwhs Tat, wie 14,31 in Fortführung von V. 30nP formuliert (s.o.). Dabei wird Jhwhs Tat aber eben auch insofern als Erweiswunder akzentuiert, als es Jhwhs „große Hand“ ist, die an Ägypten gehandelt hat. Diese dtr. Prägung zeigt sich auch (wiederum in Verstärkung der nichtpriesterlichen Fassung) in der Einspielung von Zügen eines Jhwh-Krieges40: Israel „zieht hinauf ( “)עלהin ,Kampfordnung (( ‘)חמשׁ13,18) bzw. „zieht aus („ “)יצאmit erhobener Hand (“)בּ ָיד ָר ָמה ְ (14,8b), aber auch die ägyptischen Feinde werden zugespitzt als militärische Elitetruppen gezeichnet (14,7.9*.23, s.a. V. 17f)41, die aber gleichwohl von Jhwh in die Irre gelenkt werden (14,25a42). Zwei weitere Akzentsetzungen kommen hinzu: Eine offensichtlich hexateuchische Einbindung der Meerwundererzählung nimmt die Erwähnung der Gebeine Josephs vor (13,19), auf die hier nicht näher einzugehen ist43. Und bereits angesprochen wurde die kaum überbietbare Würdigung, die dem Jhwh-Knecht Mose zuteilwird. Wenn das Volk auf ihn wie auf Jhwh vertraut (14,31), so erscheint er „als Offenbarungsmittler par excellence“44, der Jhwhs Auftrag durch Wort (14,13fnP) und Tat (14,16P, redaktionell mit dem Stab in V. 16a* verstärkt) ausführt. An dieser Stelle lässt sich auch gut der konzeptionelle Ausgleich der älteren Quellen nachvollziehen, der auf der Redaktionsebene mehrfach zutage tritt: Neben der Gesamtrahmung sowie der Volksrede in 14,11f (s.o.) gilt es bes. die Wolken- und Feuersäule (13,21f*; 14,20*.24*) zu nennen, welche die beiden älteren Erzählungen miteinander verbindet. Ähnliches trifft wohl auch für die Itinerarergänzung in 14,2bβ zu sowie für die Einfügung des Titels „der König Ägyptens“ (aus 14,5nP) im P-Kontext 14,845 und für das ägyptische Bereuen der ,Entlassung‘ ( שׁלחwie 13,17R) Israels (14,5b), das als übergreifende Erklärung in 14,5anP und in 14,4a.8aP dient. Dieser kunstvolle Ausgleich der vorgegebenen Erzählungen trägt wesentlich zum stimmigen, wenn auch komplexen Gesamtcharakter der vorliegenden Endfassung bei: Sie erhält als an den ägyptischen Elitetruppen demonstriertes Erweiswunder Jhwhs für Israel, das in
40 Vgl. dazu bes. Römer, Moïse, 214ff. 41 S. zu diesem Akzent Berner, Exoduserzählung, 375ff, der literargeschichtlich weiter ausdifferenziert: Markant ist sowohl die Kombination von סוּס, פּ ְרעֹה, ַ ֶר ֶכבund פּ ָרשׁ, ָ die nur in 14,9aβ2.23aβR (sowie dann rezipiert in 15,19) auftritt (s.a. die Auswahl in 14,17b.18bR), als auch die Formulierung mit בחרund ָשׁ ִלישׁ in V. 7R (sonst nur noch in 15,4 kombiniert rezipiert belegt [s. Leuenberger, „Moselied,“ 206 mit Anm. 12]). 42 Einen redaktionellen Zusatz erwägt bereits Noth, Exodus, 93; noch vorpriesterlich setzt ihn Irsigler, „Mythisierung,“ 247 an, postpriesterlich verortet ihn etwa Berner, Exoduserzählung, 378ff. 43 Vgl. dazu nur Blum, Pentateuch, 363ff; Konrad Schmid, Erzväter und Exodus: Untersuchungen zur doppelten Begründung der Ursprünge Israels innerhalb der Geschichtsbücher des Alten Testaments, WMANT 81 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1999), 210ff. 44 Gertz, Tradition, 225; zur kompositionellen Präsentation Moses s. den Hinweis o. Anm. 6. 45 Der ursprünglichen (als Redaktion verstandenen) P ordnet ihn Berner, Exoduserzählung, 357f Anm. 58 zu.
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angemessener Reaktion seinerseits Jhwh fürchtet und auf ihn sowie auf Mose vertraut, von der Redaktion ihre eigene Gesamtdeutung.
3.4 Ausblick auf die poetischen Meerwunder-Traditionen in Ex 15 Aufgrund des jetzt vorliegenden literarischen Konglomerats zur Meerwunder-Thematik in Ex 14f, wie es einleitend skizziert wurde, lohnt sich wenigstens ein kurzer Ausblick auf Ex 15: Hier folgen nämlich unmittelbar auf die drei eben besprochenen prosaisch-erzählenden Meerwunder-Traditionen weitere, nun poetisch ausgeprägte Meerwunder-Traditionen. Sie schließen in der vorliegenden Komposition situativ direkt an Ex 14 an und reagieren darauf mit hymnisch-poetischen Lobpreisungen Jhwhs, die ausführlicher zu untersuchen wären46. Literargeschichtlich ist allerdings auch in Ex 15 mehrfach zu differenzieren, wobei ein großer Konsens darüber besteht, dass der ältere Kern im Mirjamlied Ex 15,21 vorliegt, das Jhwhs ,Erhabenheit ( ‘)גָ אֹה גָּ ָאהpreist, weil er „Ross und seinen Fahrer ins Meer warf (סוּס “)וְ ר ְֹכבוֹ ָר ָמה ַביָּ ם. Eben dies hat das Moselied Ex 15,1–18 bereits in V. 1 wortwörtlich vorweggenommen. Danach weiß es dankend zu bezeugen, dass Jhwh „die Wagen Pharaos und seine Streitmacht ins Meer warf (“)מ ְר ְכּבֹת ַפּ ְרעֹה וְ ֵחילוֹ יָ ָרה ַביָּ ם ַ (V. 4; s. V. 5 und narrativ auch V. 19) und ein den/die Beter rettendes Meerwunder vollbrachte (V. 8–10) – und zwar ohne dass der Auszug selbst explizit anklingt (s. 15,13.16f; יצא/ עלהfehlen, גאלV. 13 und קנהsowie עברV. 16 sind diesbezüglich uneindeutig).
4. Schluss Die Exodus-Erzählung im engeren Sinn läuft in Ex 14(f) auf die Grundkonstellation zu, in der Jhwhs Meerwundertat gegen ,Ägypten‘ zugunsten ,Israels‘ narrativ berichtet und poetisch besungen wird. In Ex 14 sind dabei literar- und redaktionsgeschichtlich Meerwunder-Traditionen zusammengewaschen, die je eigenständige traditionsgeschichtliche und theologische Profile aufweisen und zusammen die jetzt vorliegende, so komplexe wie vielschichtige Erzählung bilden. Es wäre reizvoll und weiterführend, die herausgearbeiteten Meerwunder-Traditionen präziser auf ihre kultur-, religions- und geistesgeschichtlichen Hintergründe zu befragen, um von hier aus die theologischen Profile der verschiedenen Erzählungen genauer verorten zu können. Denn so unumgänglich für die (religions-)geschichtliche Modellbildung im Blick auf die Meerwunder-Traditionen (und auch die Auszugs-Traditionen) die hartnäckige Rückfrage und historisch kontrollierte Spekulation (E.A. Knauf) ist, so sehr gilt es zugleich die traditions- und literaturgeschichtliche Fortwirkungen zu würdigen: Die in die HB eingegangenen Meerwunder-Traditionen überragen die kontingenten historischen Ereignisse haushoch und entwickeln ein gewisses Eigenleben, wie sich gezeigt hat. Sie bleiben aber eben – was für die
46 Vgl. dazu die o. Anm. 2.5 genannte Lit.
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Die Exodus-Erzählung in Ex 14
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israelitische und biblische Theologiegeschichte bezeichnend und theologisch angemessen ist – daran zurückgebunden. In diesem Sinne kann Ex 14 innerhalb des größeren Rahmens der „Exodus macro-tradition“47 paradigmatisch veranschaulichen, wie „Israel’s threatened theopolitical identity“ grundgelegt48 und durch verschiedene Fassungen und Bearbeitungen je neu aktualisiert, transformiert und im Blick auf veränderte Bedürfnisse theologisch profiliert wurde.
47 Brent A. Strawn, „‚With a Strong Hand and an Outstretched Arm‘: On the Meaning(s) of the Exodus Tradition(s),“ in Iconographic Exegesis of the Hebrew Bible/Old Testament. An Introduction to Its Method and Practice, ed. Izaak J. de Hulster et al. (Göttingen; Bristol: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), 103–116, 103. 48 So S. Dean McBride, „Exodus,“ 299.
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Auf dem Weg zum Gottesrecht: Die Theologisierung des Bundesbuches (Ex 20,22–23,33) Konrad Schmid
1. Das biblische Recht als Gottesrecht Es ist ein gesichertes Ergebnis der rechtsgeschichtlichen Forschung an der Hebräischen Bibel, dass das biblische Recht tief im altorientalischen verankert ist und sowohl an dessen Grundvorstellungen als auch an dessen konkreten Ausprägungen partizipiert.1 Doch in einer Hinsicht unterscheidet sich das biblische Recht fundamental von seinen altorientalischen Vorläufern: Es ist als Gottesrecht gestaltet.2 In ihrer vorliegenden Form sind alle drei wichtigen Rechtskorpora der Tora – das Bundesbuch (Ex 20,22–23,33; zur Bezeichnung ספר הבריתvgl. Ex 24,7), das Heiligkeitsgesetz (Lev 17–26) sowie das deuteronomische Gesetz 1
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Vgl. z.B. Eckart Otto, „Die Bedeutung der altorientalischen Rechtsgeschichte für das Verständnis des Alten Testaments,“ ZTK 88 (1991): 139–168; ders., „Biblische Rechtsgeschichte. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung,“ TRev 91, 1995: 283–292; ders., „Das Recht der Hebräischen Bibel im Kontext der altorientalischen Rechtsgeschichte,“ TRev 71, 2006: 389–421; ders., Das Gesetz des Mose (Darmstadt: WBG, 2007); ders., „The Study of Law and Ethics in the Hebrew Bible/Old Testament,“ in Hebrew Bible/Old Testament. The History of Its Interpretation III/2, ed. Magne Sæbø (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), 594–621; Olivier Artus, Les lois du Pentateuque. Points de repère pour une lecture exégétique et théologique, Le Div 200 (Paris: Cerf, 2005); Raymond Westbrook und Bruce Wells, Everyday Law in Biblical Israel. An Introduction (Louisville: Westminster John Knox, 2009); William S. Morrow, An Introduction to Biblical Law (Grand Rapids: Eerdmans, 2017). Zu eng aneinander gerückt werden der Codex Hammurapi und das Bundesbuch bei David P. Wright, Inventing God’s Law: How the Covenant Code of the Bible Used and Revised the Laws of Hammurabi (New York: Oxford University Press, 2009), vgl. dazu Bruce Wells, „The Covenant Code and Near Eastern Legal Traditions. A Response to David P. Wright“ Maarav 13 (2006): 85–118; Eckart Otto, „Das Bundesbuch und der ‚Kodex‘ Hammurapi. Das biblische Recht zwischen positiver und subversiver Rezeption von Keilschriftrecht,“ ZAR 16 (2010): 1–26; Aaron Skaist, „Ancient Near Eastern Law Collections and Legal Forms and Institutions,“ in The Oxford Handbook of Biblical Law, ed. Pamela Barmash (Oxford: Oxford University Press, 2019), 305–318, s. auch Ludger Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch (Ex 20,22–23,33). Studien zu seiner Entstehung und Theologie, BZAW 188 (Berlin: de Gruyter, 1990), 238–252. – Dieser Text ist im Rahmen des ERC Advanced Grants 833222 am Wissenschaftskolleg zu Berlin entstanden. Vgl. Heinz Barta u.a. (eds.), Recht und Religion. Menschliche und göttliche Gerechtigkeitsvorstellungen in den antiken Welten (Wiesbaden: Harrassowitz, 2008); Martha T. Roth, Law Collections from Mesopotamia and Asia Minor, WAW (Atlanta: SBL Press, 21997); Jörg Jeremias, Theologie des Alten Testaments, GAT 6 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), 55; Gary N. Knoppers, „Moses and the Greek Lawgivers. The Triumph of the Torah in Ancient Mediterranean Perspective,“ in Writing Laws in Antiquity. L‘écriture du droit dans l‘Antiquité, eds. Dominique Jaillard und Christophe Nihan (Wiesbaden: Harrassowitz, 2017), 50–77, 59–60.
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(Dtn 12–26)3 – entweder unmittelbar oder mittelbar als Gottesrecht gekennzeichnet. Das Bundesbuch setzt wie folgt ein: Und Jhwh sprach zu Mose ()ויאמר יהוה אל־משׁה: So sollst du zu den Israeliten sprechen: Ihr habt selbst gesehen, dass ich vom Himmel her mit euch geredet habe. Ihr sollt neben mir keine Götter aus Silber machen, auch Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen. (Ex 20,22–23) Es ist Gott selbst, der hier spricht, allerdings nur zu Mose, der wiederum zu den Israeliten sprechen soll. Gottes Offenbarung am Sinai wird in Ex 20,22 als implizites Argument für seine exklusive Verehrung verwendet: Weil das Volk Israel gesehen hat, wie Gott mit ihm vom Himmel her gesprochen hat, kann es für andere Götter (und ihre Bilder) keinen Platz geben. Deshalb wird dieses Verbot in Ex 20,23 allen anderen Rechtssätzen vorangestellt. Oder anders gesagt: Das Bundesbuch verfügt über eine theologische Einleitung. Gleichzeitig wird sogleich klar, dass diese Einleitung durch die Einbindung des Bundesbuches in seinen narrativen Kontext geprägt ist: Dass Gott dem Volk Israel erschienen ist, davon erzählt das vorlaufende Kapitel Exodus 19, nicht aber das Bundesbuch selbst. Das Heiligkeitsgesetz beginnt mit folgender Einführung: Und Jhwh redete zu Mose und sprach ()וידבר יהוה אל־משׁה לאמר: Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und zu allen Israeliten und sage zu ihnen: Dies ist die Sache, die Jhwh geboten hat. (Lev 17,1–2) Auch das Heiligkeitsgesetz ist also Gottesrede, aber in stärker gebrochener Gestalt als das Bundesbuch, denn in seiner Redeanweisung spricht Gott von sich selber bereits in der 3. Person. Mit Lohfink lässt sich diese Technik als „Gotteswortverschachtelung“ bezeichnen:4 Gott spricht zu Mose und lässt ihn seine Rede als Gottesrede ausgeben. Auch hier gilt, dass die theologische Einleitung die Szenerie am Sinai voraussetzt: Mose und Aaron stehen mit dem Volk Israel am Gottesberg und Gott tut nun Mose seine Gesetze kund. Der Gesetzesteil des Deuteronomiums wird in Dtn 12,1 noch distanzierter eingeleitet. Hier handelt es sich von vornherein um Moserede, nicht um Gottesrede. Mose, nicht Gott selbst, spricht zu den Israeliten:
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Vgl. Cynthia Edenburg, „The Book of Covenant,“ in The Oxford Handbook of Biblical Law, ed. Pamela Barmash (Oxford: Oxford University Press, 2019), 157–175; Reinhard Achenbach, „Priestly Law,“ in Barmash (ed.), Handbook, 177–198; Eckart Otto, „Innerbiblische Exegese im Heiligkeitsgesetz Lev 17– 26,“ in ders., Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Schriften, BZAR 9 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), 46–106; Christophe Nihan, From Priestly Torah to Pentateuch: A Study in the Composition of the Book of Lev, FAT II/25 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2006); Anselm C. Hagedorn, „Deuteronomy and the Deuteronomic Reform,“ in Barmash (ed.), Handbook, 199–216; s. auch Jeremias, Theologie des Alten Testaments, 59–64. Vgl. Norbert Lohfink, „Die Gotteswortverschachtelung in Jer 30–31,“ in Künder des Wortes. FS Josef Schreiner, ed. Lothar Ruppert u.a. (Würzburg: Echter, 1982), 105–119, wieder abgedruckt in N. Lohfink, Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur II, SBAB 12 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1991), 107–124.
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Dies sind die Satzungen und Rechte ()אלה החקים והמשׁפטים, die ihr halten und nach denen ihr handeln sollt in dem Land, das Jhwh, der Gott deiner Vorfahren, dir gegeben hat, damit du es besitzt, solange ihr auf dem Erdboden lebt. (Dtn 12,1) Diese Besonderheit ist der literarischen Gestaltung des Deuteronomiums als Abschiedsrede des Mose geschuldet (vgl. Dtn 1,1), in der er die zuvor am Sinai empfangenen Gesetze nun im Ostjordanland an Israel weitergibt.5 Insofern ist das deuteronomische Gesetz zwar über Mose vermittelt, aber doch als von göttlicher Abkunft gekennzeichnet.6 In literaturgeschichtlicher Hinsicht kann man sogar vermuten, dass das deuteronomische Gesetz ursprünglich auch als Gottesrede und unmittelbares Gottesrecht gestaltet war. Darauf könnten Stellen wie Dtn 6,17 und 28,45 hinweisen, in denen Gott explizit als Gesetzgeber vorausgesetzt zu sein scheint, auch wenn die Sachlage hier umstritten bleibt.7 Festzuhalten bleibt jedenfalls: Die Gesetzeskorpora der Tora sind literarisch entweder unmittelbar (Bundesbuch und Heiligkeitsgesetz) oder mittelbar (Deuteronomium) als Gottesrecht gestaltet. So klar der Befund in der vorliegenden Tora ist, so deutlich ist der jüngeren Forschung auch geworden,8 dass diese Gestaltung als Gottesrecht nicht an die Anfänge der rechtsgeschichtlichen Entwicklung der Gesetze im Pentateuch gehört.9 Wenn man, wie heute 5 6 7
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Vgl. Karin Finsterbusch, Deuteronomium. Eine Einführung, UTB 3626 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 199–214. Vgl. zum Verhältnis von Gott und Mose als Gesetzgeber in der Tora und ihrer innerbiblischen Wirkungsgeschichte Knoppers, „Moses and the Greek Lawgivers,“ 63–69; Shuai Jiang, „God’s Law and Theocracy. The Use of ‚YHWH’s Torah‘ in Chronicles,“ ZAW 131 (2019): 444–458. Vgl. Norbert Lohfink, „Das Deuteronomium: Jahwegesetz oder Mosegesetz?,“ ThPh 65 (1990): 387–391 = Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur III, ed. ders., SBAB 20 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1995), 157–165. Vgl. auch Andrew D. H. Mayes, „Deuteronomy: Law of Moses or Law of God?,“ PIBA 5 (1981): 36–54. Das Problem stellt sich anders, wenn man das deuteronomische Gesetz als Fortschreibung in seinem narrativen Kontext bestimmt, vgl. Reinhard G. Kratz, „Der literarische Ort des Deuteronomiums,“ in Liebe und Gebot. Studien zum Deuteronomium. Festschrift für Lothar Perlitt, ed. ders. und H. Spieckermann (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 101–120; vgl. ders., „The Idea of Cultic Centralization and Its Supposed Ancient Near Eastern Analogies,“ in One God – One Cult – One Nation. Archaeological and Biblical Perspectives, ed. ders. und H. Spieckermann (Berlin: de Gruyter, 2010), 121–144. Vgl. vor allem Eckart Otto, Wandel der Rechtsbegründungen in der Gesellschaftsgeschichte des Antiken Israël. Eine Rechtsgeschichte des „Bundesbuches“. Ex XX,22–XXIII,13, StB 3 (Leiden: Brill, 1988); ders., „Vom Profanrecht zum Gottesrecht: Das Bundesbuch,“ TRev 56 (1991): 421–427; ders., Deuteronomium 1,1–4,43, HThKAT (Freiburg i.Br.: Herder, 2012), 231–232; ders., „The Book of Covenant,“ in The Oxford Encyclopedia of the Bible and Law, ed. B. A. Strawn (Oxford: Oxford University Press, 2015), 68–77; Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch; Dominik Markl, „Gottes Gesetz und die Entstehung des Monotheismus,“ in Ewige Ordnung in sich verändernder Gesellschaft? Das göttliche Recht im theologischen Diskurs, ed. M. Graulich und R. Weimann (Freiburg i.Br.: Herder, 2018), 49–67, 53. Cornelis Houtman, Das Bundesbuch. Ein Kommentar, DMOA 24 (Leiden: Brill, 1997), 30–32, hält die Rahmung der Gesetze für sekundär, möchte aber für die Gesetze selbst nicht die Charakterisierung als „profan“ verwenden (31 Anm. 56). Anders noch die klassische Auffassung im Anschluss an Albrecht Alt, Die Ursprünge des altisraelitischen Rechts (Leipzig: Hirzel, 1934). Vgl. in dieser Tradition z.B. Robert Bach, „Gottes Recht und weltliches Recht in der Verkündigung des Propheten Amos,“ in Festschrift für Günther Dehn zum 75. Geburtstag am 18. April 1957, dargebracht von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität zu Bonn, ed. Wilhelm Schneemelcher u.a. (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1957), 23–34; Jörn Halbe, Das Privilegrecht Jahwes Ex 34,10–26. Gestalt und Wesen,
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allgemein anerkannt, davon ausgehen kann, dass die Gesetze nicht von Beginn an in ihre narrativen Zusammenhänge eingebettet waren, sondern vielmehr erst sekundär mit diesen verbunden worden sind, so liegt dieser Schluss ohnehin nahe, denn zumindest die gottesrechtlichen Einleitungen zu den Rechtskorpora im Pentateuch zeigen deutliche Verbindungen in die sie umgebenden Erzählkontexte. Doch der Prozess der Theologisierung des Rechts im Pentateuch ist komplex. Seine Anfänge lassen sich am besten anhand des Bundesbuches (Ex 20,22–23,33) rekonstruieren, wie in diesem Beitrag – in Umrissen – nachzuzeichnen ist.10
2. Der Kern der biblischen Rechtsüberlieferung: Die kasuistischen Gesetze des Bundesbuches und ihr altorientalischer Hintergrund Die Gesetze im literarischen und historischen Kern des Bundesbuches (Ex 21,12–22,19), der durch Ex 20,23.24–26/Ex 23,11–19 und Ex 21,2–11/Ex 22,20–26 den Eindruck einer doppelten Rahmung erweckt,11 sind für sich genommen untheologisch ausgerichtet. Sie gehören in den Zusammenhang einer gemeinorientalischen Rechtstradition, deren Rechtssätze in der üblichen kasuistischen „wenn–dann“-Gestalt formuliert sind (eingeleitet mit כיbzw. für Unterfälle אם, fortgeführt im Imperfekt). Man kann sie “as a provincial reflection of the cuneiform legal tradition” charakterisieren.12 Dies zeigt etwa der Rechtssatz zum Fall eines Herkunft und Wirken in vordeuteronomischer Zeit, FRLANT 114 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1975); Walter J. Kornfeld, „QDŠ und Gottesrecht im Alten Testament,“ in Congress Volume. Vienna 1980, ed. John A. Emerton (Brill: Leiden, 1981), 1–9; Gunter Wanke, „Bundesbuch,“ TRE 7:412–414; Joseph Scharbert, „Jahwe im frühisraelitischen Recht,“ in Gott der einzige, ed. Herbert Haag, QD 104 (Freiburg i.Br.: Herder, 1985), 9–25. 10 Vgl. dazu die Studien von Otto, Wandel der Rechtsbegründungen; ders., Theologische Ethik des Alten Testaments, ThW 3,2 (Stuttgart: Kohlhammer, 1994), 81–116; Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch; Rainer Albertz, „Die Theologisierung des Rechts im Alten Israel,“ in Geschichte und Theologie. Studien zur Exegese des Alten Testaments und zur Religionsgeschichte Israels, ed. ders. (Berlin: de Gruyter, 2003), 187–207; Michael LeFebvre, Collections, Codes, and Torah. The Recharacterization of Israel’s Written Law, LHBOTS 451 (London: T&T Clark, 2006); Reinhard G. Kratz, „Theologisierung oder Säkularisierung? Der biblische Monotheismus im Spannungsfeld von Religion und Politik,“ in Der biblische Gesetzesbegriff. Auf den Spuren einer Säkularisierung, 13. Symposion der Kommission „Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart,“ ed. Okko Behrends (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2006), 43–67, bes. 54–60; ders., Historisches und biblisches Israel. Drei Überblicke zum Alten Testament (Tübingen: Mohr Siebeck, 22017), 111–117; Konrad Schmid, „Divine Legislation in the Pentateuch in its Late Judean and Neo-Babylonian Context,“ in The Fall of Jerusalem and the Rise of the Torah, ed. Peter Dubovský u.a. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 129–153. 11 Vgl. z.B. Kratz, Komposition, 149–150; Edenburg, „The Book of Covenant,“ 158–160. Die Frage der Struktur des Bundesbuches ist allerdings umstritten (vgl. z.B. die Diskussion bei Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 3–37; Houtman, Das Bundesbuch, 9; Rainer Albertz, Exodus 19–40, ZBKAT 2/2 [Zürich: TVZ, 2012], 129–130). Dies hängt mit seiner Entstehungsgeschichte zusammen, in der nicht nur Einzeltexte zu einer bereits bestehenden Sammlung hinzugefügt worden sind, sondern auch neue Gliederungselemente eingetragen worden sind, die zu konkurrierenden Strukturierungssignalen geführt haben. 12 Raymond Westbrook, „Cuneiform Law Codes and the Origins of Legislation,“ in Law from the Tigris to the Tiber. The Writings of Raymond Westbrook, ed. Bruce Wells und Rachel Magdalene (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2009), 92. Vgl. auch Houtman, Das Bundesbuch, 29–30.
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stößigen Rinds aus Ex 21,28–32.13 Diese Bestimmung ist typisch für den literarischen Kern des Bundesbuches (Ex 21,12–22,19), der aus den sogenannten mišpaṭim („Rechtssätzen“) besteht.14 Gott kommt in solchen Bestimmungen explizit nicht vor, auch wenn man gewisse religionsbezogene Anspielungen – wie die Bestimmung, dass das Fleisch des Rindes nicht gegessen werden darf und dass das Tier gesteinigt werden soll, oder die Aussage „Lösegeld für das Leben“ ( – )פדין נפשׁוin diesem Rechtssatz feststellen kann. Doch Gott ist hier nicht Legislator, sondern allenfalls Garant und Hüter der Rechtsordnung. Wie viele andere mišpaṭim in Ex 21,12–22,19 hat Ex 21,28–32 enge Parallelen im Codex Eschnunna (ca. 1770 v.Chr.) wie auch im Codex Hammurapi (ca. 1750 v.Chr.), die ebenfalls diesen Fall des stößigen Rindes – wahrscheinlich “the most celebrated animal in legal history”15 – behandeln.16 Die Rechtsbestimmungen aus dem Bundesbuch und den beiden altorientalischen Codices beziehen sich grundsätzlich auf denselben Rechtsfall. Gleichzeitig ist erkennbar, dass Ausführungen und Detaillierungsgrad deutlich voneinander abweichen. Man kann daraus ableiten, dass bestimmte Fälle als Modellfälle galten, aber in verschiedenen Rechtstraditionen unterschiedlich ausgestaltet werden konnten.17 Der Kern des Bundesbuches umfasst in kompositorischer Hinsicht unterschiedliche Sammlungen und Elemente unterschiedlicher inhaltlicher Prägung und wohl auch von unterschiedlicher Provenienz.18 Als formal und thematisch zusammengehörige Sammlung ist zunächst deutlich erkennbar die Zusammenstellung von Todesrechtssätzen in Ex 21,12–17. Diese Todesrechtssammlung ist in der 3. Person formuliert. Man kann davon ausgehen, dass es sich um traditionelle Bestimmungen handelt, die in einer kleinen Sammlung verschriftet worden sind. Einen Bezug auf Gott gibt es in den Todesrechtssätzen nicht. Lediglich in der Präzisierung Ex 21,13–14 wird „Gott“ explizit erwähnt – auffälligerweise mit dem Artikel kombiniert (– )האלהים, allerdings nicht in einer juridischen Funktion, sondern als Metapher für einen Unfall, der zu dem Todesfall geführt hat („Gott hat es seiner Hand zustoßen lassen“,
13 Vgl. dazu Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 129–162. 14 Vgl. Ralf Rothenbusch, Die kasuistische Rechtssammlung im „Bundesbuch“ (Ex 21,2–11.18–22,16) und ihr literarischer Kontext im Licht altorientalischer Parallelen, AOAT 259 (Münster: Ugarit-Verlag, 2000); Edenburg, „The Book of Covenant,“ 160–163, dort auch zu unterschiedlichen Abgrenzungsmöglichkeiten des „Kerns“. 15 Vgl. Bernard S. Jackson, „Liability for Animals. A Historico-Structural Comparison,“ International Journal of the Semiotics of Law 24 (2011): 259–289, 261; ders., Wisdom-Laws. A Study of the Mishpatim of Exodus 21:1–22:16 (Oxford: Oxford University Press, 2006), 255–270. 16 Für einen Vergleich s. Wells, „The Covenant Code,“ 104–106; Pamela Barmash, The Laws of Hammurabi: At the Confluence of Royal and Scribal Traditions (New York: Oxford University Press, 2021), 258–260. 17 Der Vergleich dieser Beispiele zeigt, dass man sich vor der Annahme hüten muss, das Recht werde im Verlauf der Rechtsgeschichte immer humaner: Während im Codex Eschnunna und im Codex Hammurapi der säumige Besitzer eines stößigen Rindes dem Opfer eine Geldleistung erstatten muss, geht Ex 21,28– 32 davon aus, dass in einem solchen Fall der Besitzer getötet werden kann. Zudem begegnet die tabuartige Vorstellung, dass das Rind gesteinigt wird und sein Fleisch nicht gegessen werden darf, nur in der Tora. Vgl. Konrad Schmid, Theologie des Alten Testaments, NThG (Tübingen: Mohr Siebeck, 2019), 326. 18 Vgl. Otto, Wandel der Rechtsbegründungen; ders., Deuteronomium 1,1–4,43, 231–232. Vgl. auch Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch (dazu Otto, „Vom Profanrecht zum Gottesrecht,“ 421– 427); Yuichi Osumi, Die Kompositionsgeschichte des Bundesbuches Ex 20,22b–23,33, OBO 105 (Fribourg: Universitätsverlag / Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1991); Houtman, Das Bundesbuch.
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entsprechend den im englischen Rechtswesen bekannten “acts of God”, die Ereignisse jenseits menschlicher Kontrollierbarkeit bezeichnen): Hat er ihm aber nicht nachgestellt, sondern hat Gott es seiner Hand zustoßen lassen ()והאלהים אנה לידו, so will ich dir einen Ort bestimmen, wohin er fliehen kann. Wenn aber jemand gegenüber einem andern vorsätzlich handelt und ihn aus einem Hinterhalt umbringt ()וכי־יזד אישׁ על־רעהו להרגו בערמה, sollst du ihn von meinem Altar wegholen, damit er stirbt. Auch wenn dies nicht mit letzter Sicherheit erweisbar ist, so ist doch wahrscheinlich, dass diese Bestimmung auf eine nachgetragene Modifikation der allgemeinen Todesstrafe in Ex 21,12 zurückgeht, die diese mit den Asylregelungen von Dtn 19,1–10, vgl. bes. 19,6, auszugleichen versucht. Die Ausnahmebestimmungen von Ex 21,13–14 versuchen einerseits, die Blutrache einzudämmen, andererseits aber auch die Möglichkeit des Asyls auf nichtintentionale Tötungsakte einzugrenzen. Diese Asylregelungen haben zudem in Num 35,9–29 und Dtn 19,1–13 Eingang in die Rechtsbestimmungen der Tora gefunden.19 In Ex 22,17–19 begegnen, von Ex 21,12–17 textlich abgesetzt, noch einmal drei Todesrechtssätze: Eine Zauberin ()מכשׁפה20 sollst du nicht am Leben lassen. Jeder, der mit einem Tier schläft, muss getötet werden. Wer den Göttern opfert, und nicht Jhwh allein ()בלתי ליהוה לבדו,21 wird der Vernichtung geweiht. Ex 22,17–19 betrifft in seinen Rahmenelementen die religiöse Sphäre, Zaubern und Fremdgötterverehrung sind todeswürdige Vergehen. Die Strafbestimmungen („nicht am Leben lassen“ – „muss getötet werden“ – „wird der Vernichtung geweiht“) sind hier als Klimax gestaltet.22 Diese Trias des Verbots von Magie, Sodomie und Fremdgötterverehrung wurde dann in Dtn 13 aufgenommen.23 Auch wenn die Themen archaisch erscheinen mögen, so begegnet man in Ex 22,17–19 jedoch kaum rechtsgeschichtlichem Urgestein: Der Begriff מכשׁפהweist auf eine Entstehung von Ex 22,17 „nicht vor der Mitte des 7. Jahrhunderts“,24 er besitzt eine akkadische Etymologie und verweist wohl in den Bereich assyrischer Mantik.25 Das Sodomieverbot ist schwierig zu datieren, die thematischen Parallelen in Dtn 27,21 und Lev 20,15 deuten aber in die exilisch-nachexilische Zeit.26 19 Vgl. auch Josua 20,3. Vgl. dazu Martin Staszak, Die Asylstädte im Alten Testament: Realität und Fiktivität eines Rechtsinstituts, ÄAT 65 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2006); Francesco Cocco, The Torah as a Place of Refuge. Biblical Criminal Law and the Book of Numbers, FAT II/84 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016); Finsterbusch, Deuteronomium, 67–69. 20 Eine alternative Deutung vertritt Houtman, Das Bundesbuch, 219–221. 21 Der Satzteil בלתי ליהוה לבדוfehlt im Samaritanus; vermutlich handelt es sich um einen deuteronomistischen Zusatz (vgl. 2Sam 7,4); vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 322. 22 Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 318. 23 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 320. 24 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 329. 25 Die Verbalwurzel כשׁףund Ableitungen davon sind sonst nur in Ex 7,11 (P); Dtn 18,10; Jes 47,9.12; Jer 27,9; Nah 3,4; Mal 3,5; 2Kön 9,22; Mi 5,11; Dan 2,2; 2Chr 33,6 belegt. 26 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 328.
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Exodus 21,12–17 und 22,17–19 wird „gewissermaßen als schützender Rahmen um die aus dem alltäglichen Leben gegriffenen kasuistischen Rechtssätze gelegt“27. Eine zweite, deutlich abgrenzbare Sammlung ist jene des Körperverletzungsrechts in Ex 21,18–32. An den hier verhandelten Fällen wird erkennbar, dass das biblische Recht nicht darauf ausgerichtet ist, für alle denkbaren Streitfälle eine Lösung anzubieten. Eher ist das Gegenteil der Fall: Was dargestellt wird, sind nicht die allgemeinen Fälle, sondern die Spezialfälle. Besonders deutlich ist dies an Ex 21,22 ablesbar: Wenn Männer miteinander raufen und dabei eine schwangere Frau stoßen, so dass sie eine Fehlgeburt erleidet, sonst aber kein Schaden entsteht ()ולא יהיה אסון28, wird der Schuldige mit einer Geldbuße bestraft, so wie der Ehemann der Frau sie ihm auferlegt, und er soll sie vor Richtern bezahlen. Damit dieser Fall zur Anwendung kommt, braucht es zwei raufende Männer sowie eine schwangere Frau in der Nähe. Die Frau muss zudem von dem Gerangel betroffen sein und schließlich sogar noch eine Fehlgeburt erleiden. Es handelt sich also um einen dreifachen Spezialfall, dessen Darstellung in Ex 21,22 – entsprechend demjenigen des stößigen Rindes – sich dem Umstand verdankt, dass in der Rechtsüberlieferung zu Studienzwecken vor allem solche komplizierten Fälle diskutiert wurden. Die Rechtssammlungen dienten nicht der direkten Anwendung der dort gesammelten Bestimmungen, sondern der Rechtsgelehrsamkeit: An ihnen ließen sich exemplarische Wege der Rechtsfindung studieren. Innerhalb der Rechtssätze zu Fällen der Körperverletzungen finden sich keine Nennungen von Gott, sie sind ganz in der 3. Person gehalten. Schließlich ist als dritte Zusammenstellung die Sammlung des Sachenrechts in Ex 21,33– 22,14 zu nennen. Auch diese Rechtssätze sind weitgehend ohne Gottesbezug gestaltet. Die wenigen Ausnahmen dienen nicht dazu, die Gesetzgebung selbst auf Gott zurückzuführen: So denkt etwa Ex 22,8 an ein Ordal29 mit Gott als richtende, nicht gesetzgebende Instanz: Bei jedem Fall von Veruntreuung ()על־כל־דבר־פשׁע, es handle sich um ein Rind, einen Esel, ein Schaf, einen Mantel oder sonst etwas, das abhanden gekommen ist – wenn einer sagt: Das ist es!, soll die Sache der beiden vor Gott kommen (עד האלהים יבא )דבר־שׁניהם. Der, den Gott schuldig spricht, soll dem andern doppelten Ersatz leisten ()אשׁר ירשׁיען אלהים ישׁלם שׁנים לרעהו.30 In Ex 22,9–12 wird der Schwur bei Gott erwähnt (V. 10): Wenn jemand einem anderen einen Esel, ein Rind, ein Schaf oder sonst ein Tier in Obhut gibt, und es stirbt oder bricht sich ein Glied oder wird weggetrieben, ohne dass es jemand sieht, soll ein Schwur bei Jhwh zwischen den beiden ( שׁבעת יהוה תהיה בין )שׁניהםentscheiden, ob der eine sich nicht am Eigentum des anderen vergriffen hat. Und der Besitzer muss es hinnehmen, und der andere braucht keinen Ersatz zu leisten. 27 Reinhard G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments, UTB 2157 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 146. 28 Vgl. Houtman, Das Bundesbuch, 155–156.160. 29 Vgl. Albertz, „Die Theologisierung des Rechts,“ 191. 30 Zur pluralischen Formulierung ירשׁיעןvgl. Houtman, Das Bundesbuch, 200–201.206–207, der an die „Hausgötter“ denkt.
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Wird es ihm aber gestohlen, so muss er dem Besitzer Ersatz leisten. Wird es von einem Raubtier gerissen, so soll er es als Beweis beibringen. Das Gerissene braucht er nicht zu ersetzen. Der Schwur dient der Kompensation der fehlenden Aufklärungsmöglichkeit des geschilderten Falles: Da keine Zeugen zugegen waren, muss der Angeklagte seine Unschuld bei Gott beschwören.31 Der Schwur bei Gott ist also ein Element innerhalb der Rechtsetzung, das dessen grundsätzliche Charakterisierung nicht ändert.
3. Die Theologisierung des Bundesbuches in seinem vorderen Rahmen Wie der Durchgang durch die ältesten Sammlungen des Bundesbuches deutlich gemacht hat, eignet dessen Kern durchaus eine implizite theologische Dimension.32 Die mišpaṭim-Sammlungen in Ex 21,12–17; 21,18–32; 21,33–22,14 kennen und setzen einen Bezug Gottes zum Recht voraus – Gott kann in Ordalen als Richter fungieren oder als Garant bei Schwurleistungen –, doch die Rechtsbestimmungen selbst sind formal von den altorientalischen Schultraditionen der Rechtsüberlieferung bestimmt und werden nicht als Gottesrecht interpretiert. Eine explizite Theologisierung im Sinne einer Rückführung der Gesetze auf Gott selbst findet sich vor allem in den Rahmenpartien des Bundesbuches – in den Einleitungsstücken, aber auch in den hinteren Schlusspartien. Sie sollen im Folgenden getrennt voneinander behandelt werden.
a) Die Einleitung durch das Gesetz zur Sklavenfreilassung (Ex 21,2–11) Eingeleitet werden die mišpaṭim zunächst durch ein umfangreiches Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11, das eine gewisse Eigenständigkeit besitzt.33 Die prominente Funktion am Eingang des Bundesbuches sowie die spezifische Thematik könnten darauf hinweisen, dass diese Rechtsbestimmungen aus theologischen Gründen hier platziert worden sind und möglicherweise mit dem Einbau des „Bundesbuches“ in seinen erzählenden Kontext zusammenhängen: Die Befreiung Israels aus der Sklaverei ist das Thema des Exodusbuches.34 Am Anfang der Gesetzesoffenbarung hat deshalb diese Bestimmung ihren Platz, die für die Ursprünge, aber auch für die Gegenwart Israels von Bedeutung ist.35 Diese Interpretation lässt sich erhärten, wenn man auf die konkrete Formulierung dieses Gesetzes achtet. Es setzt in Ex 21,2 wie folgt ein: 31 Vgl. Johannes Klein, Beschworene Selbstverpflichtung. Eine Studie zum Schwur im Alten Testament und dessen Umwelt, mit einem Ausblick auf Mt 5,33–37, AThANT 105 (Zürich: Theologischer Verlag, 2015). 32 Vgl. dazu Schmid, Theologie des Alten Testaments, 45–52. 33 Zu möglichen Parallelen im Codex Hammurapi (§ 117) vgl. Albertz, Exodus 19–40, 87 Anm. 6. 34 Vgl. Wolfgang Oswald, „Auszug aus der Vasallität. Die Exodus-Erzählung (Ex 1–14) und das antike Völkerrecht,“ TZ 67 (2011): 263–288; Martin Arneth, „Der Exodus der Sklaven,“ KD 59 (2013): 109– 124. 35 Explizit gemacht wird dieser Zusammenhang in der Aufnahme von Ex 21,1–11 in Dtn 15,12–18: „Und du sollst daran denken, dass du Sklave warst im Land Ägypten und dass Jhwh, dein Gott, dich befreit hat. Darum gebiete ich dir heute diese Sache (( “)על־כן אנכי מצוך את־הדבר הזה היוםDtn 15,15).
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כי תקנה עבד עברי שׁשׁ שׁנים יעבד ובשׁבעת יצא לחפשׁי חנם Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst36, soll er sechs Jahre dienen, im siebten aber soll er ohne Entgelt freigelassen werden. Die Anrede an den Sklavenbesitzer in der 2. Person steht „in Spannung zur folgenden Gesetzgebung“,37 die in der 3. Person gehalten ist. „Der Angeredete dürfte kaum ein Interesse haben, einen Sklaven zu erwerben, wenn er weiß, daß er ihn ohne Lösegeld nach einer gewissen Zeit wieder freizulassen hat.“38 Otto erschließt aus der Parallelüberlieferung in Dtn 15,12, dass der Beginn dieses Rechtssatzes wohl gelautet habe:39 כי ימכר איש שׁשׁ שׁנים יעבד ובשׁבעת יצא לחפשׁי חנם Wenn ein Mann sich verkauft, soll er sechs Jahre dienen, im siebten aber soll er ohne Entgelt freigelassen werden. Es wird offenbleiben müssen, ob man tatsächlich eine überlieferungsgeschichtliche Vorstufe zu Ex 21,2 so präzise rekonstruieren kann, doch es ist richtig, dass Ex 21,2–11 in der von Otto genannten Hinsicht uneben ist. Man darf vermuten, dass sowohl der Einsatz mit der Anrede an eine 2. Person sowie die Hervorhebung, dass der künftige Sklave ein „Hebräer“ sei, der Stellung am Anfang des in den narrativen Kontexts der Exoduserzählung eingebundenen Bundesbuches geschuldet sind: Die Israeliten sollen daran erinnert werden, dass sie selber Sklaven in Ägypten waren und aus dieser Sklavenschaft befreit wurden. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass das Gesetz zur Sklavenfreilassung eine gewisse Selbständigkeit besessen hat, doch seine Stellung am Anfang des Bundesbuches und der Ingress des Gesetzes sind ohne die Verbindung des Bundesbuches mit seinem Kontext kaum erklärbar.
b) Die erste Überschrift (Ex 21,1) Leitet schon das Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11 für sich genommen die nachfolgenden mišpaṭim in Ex 21,12–22,19 ein, so ist diesem Gesetz noch eine eigene Überschrift vorangestellt. Sie setzt dabei deutlich die erzählerische Situation am Gottesberg voraus (Ex 21,1): Und das sind die Rechtsbestimmungen, die du ihnen vorlegen sollst (ואלה המשׁפטים )אשׁר תשׂים לפניהם. Die Pronomina „du“ und „ihnen“ beziehen sich auf Mose und das Volk. Man kann diese Überschrift mit dem entsprechend bearbeiteten Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11 – namentlich dessen Umprägung als Anrede an eine 2. Person – auf einer literarischen Ebene ansiedeln.40 Ex 21,1 expliziert, was in der 2. Person von Ex 21,2–11 nur implizit ausgedrückt
36 37 38 39 40
Zur Semantik vgl. Houtman, Das Bundesbuch, 81–82, der statt „verkaufen“ auch „übertragen“ erwägt. Otto, Wandel der Rechtsbegründungen, 34. Ebd. Otto, Wandel, 35. Vgl. z.B. Kratz, Komposition, 149.
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ist: Die nachfolgenden Gesetze werden durch diese Überschrift deutlich auf Gott selber zurückgeführt; in Ex 21,2–11 ist dies nur in der Sprechersituation impliziert. Hervorzuheben an der Überschrift ist der voluntative Charakter der Gesetzgebung. Mose soll Israel die Rechtsbestimmungen „vorlegen“, dieser Ausdruck wird sonst vom Vorsetzen von Speisen gebraucht (vgl. Gen 24,33; 1 Sam 9,24; 28,22). Die Gesetzgebung ist als Angebot charakterisiert, das Israel ergreifen soll, aber auch verwerfen kann.41 Diese Stilisierung passt gut zur Einbettung des Bundesbuches in seinen literarischen Kontext.
c) Das Altargesetz (Ex 20,24–26) Vor Ex 21,1 ist prominent das sogenannte Altargesetz (Ex 20,24–26) platziert. Es ist in der 1. Person formuliert und an eine 2. Person gerichtet und damit explizit als Gottesrecht gestaltet: „Einen Altar aus Erde sollst du mir errichten (( “… )מזבח אדמה תעשׂה־ליEx 20,24). In seiner Fassung, die auch 20,24b umfasst, liefert es einen wichtigen relativen Datierungsanhalt.42 Ex 20,24 scheint vom Kern des deuteronomischen Zentralisationsgesetzes (Dtn 12,13– 14) vorausgesetzt und aufgegriffen worden zu sein:43 Einen Altar aus Erde sollst du mir errichten und darauf deine Brandopfer ()את־עלתיך und Heilsopfer, deine Schafe und Rinder, schlachten. An jedem Ort ()בכל־המקום, an dem ich meines Namens gedenken lassen werde, will ich zu dir kommen und dich segnen. (Ex 20,24)
Achte darauf, dass du deine Brandopfer ( )עלתיךnicht an jedem Ort ( )בכל־מקוםdarbringst, den du siehst, sondern an dem Ort ()במקום, den Jhwh in einem deiner Stämme erwählen wird. Dort sollst du deine Brandopfer ( )עלתיךdarbringen, und dort sollst du alles tun, was ich dir gebiete. (Dtn 12,13–14)
41 Vgl. Albertz, Exodus 19–40, 86. 42 Zu 20,24b vgl. Kratz, Komposition, 147 Anm. 47: „V. 24b ist ein nachträgliches Interpretament, das vielleicht mit der Vorschaltung des Altargesetzes und dem redaktionellen Einbau des Bundesbuchs in den Kontext der Sinaiperikope zusammenhängt. Die Stellung des Altargesetzes und das Interpretament erklären sich am ungezwungensten aus der Korrespondenz mit dem Festkalender in 23,14–17, der an sämtlichen Heiligtümern (Höhen) im Lande galt.“ Zur Literarkritik des Altargesetzes insgesamt HansChristoph Schmitt, „Das Altargesetz und seine redaktionsgeschichtlichen Bezüge,“ in „Einen Altar von Erde mache mir …“ FS Diethelm Conrad, ed. Johannes F. Diehl u.a. (Waltrop: Hartmut Spenner, 2003), 269–282. 43 Vgl. dazu z.B. Bernard M. Levinson, Deuteronomy and the Hermeneutics of Legal Innovation (New York: Oxford University Press, 1997); Joachim Schaper, „Schriftauslegung und Schriftwerdung im alten Israel. Eine vergleichende Exegese von Ex 20,24–26 und Dtn 12,13–19,“ ZAR 5 (1999): 111–132; Eckart Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, HThKAT (Freiburg i.Br.: Herder, 2016), 1158–1159.1166–1167. Vgl. allgemein Jan C. Gertz, „Deuteronomy and the Covenant Code and their Cultural and Historical Contexts. Hermeneutics of Law and Innerbiblical Exegesis,“ ZAR 25 (2019): 187–194.
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Man kann zwar erwägen, ob Ex 20,24 eine Rezeption von Dtn 12,13–14 unter Diasporabedingungen darstellt,44 doch ist diese These wenig plausibel,45 denn die Entstehung der Zentralisierungsforderung des Deuteronomiums, die eine entsprechende alternative Position vorauszusetzen scheint, ließe sich dann ihrerseits kaum erklären. Weiter scheint in Dtn 12,13– 15 bereits eine theologische Interpretation stattgefunden zu haben, denn der Segen geht dem Opfer voran, statt dass er diesem folgt, wie dies in Ex 20,24 der Fall ist: Geopfert wird, was der Opferherr von Gott als Segen erhalten hat (Dtn 12,15). Hält man an der – allerdings umstrittenen46 – spätvorexilischen Datierung des deuteronomischen Gesetzes fest,47 so würde dies bedeuten, dass die gottesrechtliche Prägung von Ex 20,24, möglicherweise bereits als Einleitung einer damaligen Version des Bundesbuches, vordeuteronomisch anzusetzen ist, mithin in das späte 8. oder frühe bis mittlere 7. Jahrhundert v.Chr. gehören dürfte.48
d) Die zweite Überschrift (Ex 20,22) und das Bilderverbot (Ex 20,23) Wie schon die Stellung von Ex 20,22–23 am äußersten Rand des Bundesbuches erwarten lässt, handelt es sich hier um ein fortgeschrittenes Stadium der Überlieferungsbildung: die narrative Einbindung des Bundesbuches in die Exoduserzählung (Ex 21,2–11) wie auch seine Interpretation als Gottesrecht (Ex 20,24–26; 21,1) ist wohl bereits vorausgesetzt. Zusätzlich wird erwähnt, dass Gott „vom Himmel her geredet“ habe. Diese Vorstellung bedingt wahrscheinlich bereits die Zerstörung des Jerusalemer Tempels, nach der sich die Konzeption durchsetzte, dass Gottes Wohnstatt sich nunmehr im Himmel befindet, von wo aus er spricht (vgl. Dtn 4,36).49 Auch die sprachliche Gestaltung „Rede Jahwes an Mose – Befehl der 44 Vgl. Houtman, Das Bundesbuch, 45.68–74; Wolfgang Oswald, Israel am Gottesberg. Eine Untersuchung zur Literargeschichte der vorderen Sinaiperikope, OBO 159 (Fribourg: Universitätsverlag / Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998), 142–143; Christoph Levin, „Das Deuteronomium und der Jahwist,“ in Fortschreibungen. Gesammelte Studien zum Alten Testament, ed. ders. (Berlin: de Gruyter, 2003), 96– 110, 100–101; für das Bundesbuch insgesamt John Van Seters, A Law Book for the Diaspora. Revision in the Study of the Covenant Code (New York: Oxford University Press, 2003). Vgl. zur Diskussion Schmitt, „Das Altargesetz,“ 279. 45 Vgl. Bernard M. Levinson, „Is the Covenant Code an Exilic Composition? A Response to John Van Seters,“ in In Search of Pre-exilic Israel, ed. John Day (Sheffield: Sheffield Academic, 2004), 272–325. 46 Vgl. zum neuen „Kampf um das Deuteronomium“ (Walter Baumgartner, „Kampf um das Deuteronomium,“ TRev NF 1 [1929]: 7–25) im Anschluss an Kratz, „Der literarische Ort des Deuteronomiums,“ 101–120, die Diskussion zwischen Juha Pakkala, „The Date of the Oldest Edition of Deuteronomy,“ ZAW 121 (2009): 388–401; Nathan MacDonald, „Issues in the Dating of Deuteronomy: A Response to Juha Pakkala,“ ZAW 122 (2010): 431–435; Juha Pakkala, „The Dating of Deuteronomy: A Response to Nathan MacDonald,“ ZAW 123 (2011): 431–436. 47 Zu Dtn 12,13–14 als ältestem Teil des Zentralisationsgesetzes vgl. Thomas Römer, „Entstehungsphasen des ‚deuteronomistischen Geschichtswerkes‘„, in Die deuteronomistischen Geschichtswerke. Redaktions- und religionsgeschichtliche Perspektiven zur „Deuteronomismus“-Diskussion in Tora und Vorderen Propheten, ed. Markus Witte u.a. (Berlin: de Gruyter, 2006), 45–70. 48 Vgl. zur Problematik der Datierung der Rechtscorpora Pamela Barmash, „Determining the Date of Biblical Legal Texts,“ in Oxford Handbook, ed. Dies., 233–253. 49 Vgl. Schmitt, „Das Altargesetz,“ 273–274 und allgemein Konrad Schmid, „Himmelsgott, Weltgott und Schöpfer. ‚Gott‘ und der ‚Himmel‘ in der Literatur der Zeit des Zweiten Tempels,“ in Der Himmel, ed.
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Weitergabe der Rede an die Israeliten – direkte Jahwerede“ ist typisch für die priesterschriftliche Literatur.50 Ex 20,22–23 ist literarkritisch nicht weiter zu zergliedern.51 Der Text zeigt keine Brüche, und thematisch passen das Reden Gottes vom Himmel her und das Verbot von Götterbildern auf der Erde komplementär zueinander: Und Jhwh sprach zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sprechen: Ihr habt selbst gesehen, dass ich vom Himmel her mit euch geredet habe ()כי מן־השׁמים דברתי עמכם. Ihr sollt neben mir keine Götter aus Silber machen, auch Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen ()לא תעשׂון אתי אלהי כסף ואלהי זהב לא תעשׂו לכם. Auch religionsgeschichtlich weist das Bilderverbot in die Zeit nach der Zerstörung des Tempels.52 Auf der redaktionellen Stufe seiner Einfügung kommt Ex 20,23 eine ähnliche Funktion wie Deuteronomium 4 zu, wo ebenfalls das Bilderverbot ganz im Vordergrund steht und so eine prägnante Generaleinleitung in die deuteronomische Gesetzgebung bietet.53
e) Der vordere Rahmen als ganzer Der vordere Rahmen des Bundesbuches umfasst also Ex 20,22–2324–26; 21,1.2–11. Diese Stücke sind im Wesentlichen drei unterschiedlichen Schichten zuzuweisen, wobei der Text von hinten nach vorne gewachsen ist. Bereits die älteste Einleitung in Ex 21,2–11 setzt die Einbindung in die Exoduserzählung sowie die Interpretation als Gottesrecht zumindest implizit voraus, sie wird in Ex 21,1 dann ausdrücklich gemacht. Das Altargesetz (Ex 20,24–26) wurde programmatisch davor gestellt, in einem weiteren Schritt dürfte die Einleitung um die Kundgabe des Rechts „vom Himmel“ sowie um das Bilderverbot erweitert worden sein.
4. Die Theologisierung des Bundesbuches in seinem hinteren Rahmen Die literarischen Verhältnisse im rückwärtigen Teil des Bundesbuches sind etwas schwieriger einzuschätzen als im vorderen Rahmenteil. Es scheint, als sei das Textwachstum hier – zumindest zum Teil – kleinräumiger und komplexer vonstattengegangen. Doch einige elementare Perspektiven sind gleichwohl erkennbar.
50 51 52 53
Dorothea Sattler und Samuel Vollenweider (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2006), 111–148; Christoph Koch, Gottes himmlische Wohnstatt. Transformationen im Verhältnis von Gott und Himmel in tempeltheologischen Entwürfen des Alten Testaments in der Exilszeit, FAT 119 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018). Schmitt, „Das Altargesetz,“ 273. Schmitt, „Das Altargesetz,“ 274. Vgl. Friedhelm Hartenstein und Michael Moxter, Hermeneutik des Bilderverbots. Exegetische und systematisch-theologische Annäherungen, TLZ Forum 26 (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2016), 115–153. Vgl. Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, 508–592.
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a) Die Sozialgesetzgebung (Ex 22,20–26) und ihr prophetischer Hintergrund Die erste Rahmenpassage, der den Kern der mišpaṭim in Ex 21,12–22,19 im rückwärtigen Teil abschließt, findet sich in Ex 22,20–26.54 Sie setzt ein mit dem Verbot der Unterdrückung der Fremden,55 das durch einen expliziten Verweis auf die Fremdlingschaft Israels in Ägypten ergänzt wird: Einen Fremden sollst du nicht bedrängen noch bedrücken; denn ihr seid auch Fremde gewesen im Land Ägypten ()וגר לא־תונה ולא תלחצנו כי־גרים הייתם בארץ מצרים. (Ex 22,20) Ex 22,20 stellt in dreifacher Weise einen Rückverweis auf das Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11 dar, das den mišpaṭim vorangestellt ist. Zum Ersten wechselt es nach Ex 22,19 in die Anrede an die 2. Person (vgl. Ex 21,2), zum Zweiten nimmt es das Thema des Auszugs aus Ägypten auf und zum Dritten spielt es damit klar auf den narrativen Kontext des Bundesbuches innerhalb der Exoduserzählung an.56 Ex 22,21–23 fährt in der 2. Person Plural fort und ergänzt die Fremdenthematik zur traditionellen Trias der personae miserae, indem nun der Umgang mit Witwen und Waisen behandelt wird:57 Eine Witwe oder eine Waise sollt ihr nicht erniedrigen. Wenn du sie erniedrigst und sie zu mir schreien ()אם־ענה תענה אתו כי אם־צעק יצעק אלי, werde ich ihr Schreien hören ()שׁמע אשׁמע צעקתו, und mein Zorn wird entbrennen, und ich werde euch töten mit dem Schwert, so dass eure Frauen Witwen und eure Söhne Waisen werden. ( וחרה )אפי והרגתי אתכם בחרב והיו נשׁיכם אלמנות ובניכם יתמים Diese Passage benutzt prominent die 1. Person Singular, um von Gott zu reden, wie etwa auch der vordere Rahmen des Bundesbuches, das Altargesetz (Ex 20,24–26). Das Motiv des Schreiens ()צעק, genauer des rechtlich relevanten „Zetergeschreis“,58 bereitet die Abschlussaussage dieses Rahmenteils in Ex 22,26 vor: „wenn er zu mir schreit“ ()כי־יצעק אלי. Die göttliche Strafandrohung „ich werde euch töten mit dem Schwert“ ( )והרגתי אתכם בחרבlenkt thematisch zurück zu den Todesrechtsbestimmungen in Ex 21,12–17, unterscheidet sich aber von ihnen dadurch, dass die Todesfolge hier nicht in einem juristischen Akt vorgestellt wird, sondern offenbar geschichtstheologisch vermittelt gedacht ist: Gott schickt eine 54 Vergleichsweise kleinräumige Wachstumsprozesse in Ex 22,20–26 rekonstruieren Otto, Wandel der Rechtsbegründungen, 38–40; Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 331–359; Kratz, Komposition, 150. 55 Vgl. dazu Markus Zehnder, Umgang mit Fremden in Israel: Ein Beitrag zur Anthropologie des „Fremden“ im Licht antiker Texte, BWANT 168 (Stuttgart: Kohlhammer, 2005), 279–541. 56 Albertz, Exodus 19–40, 115 bringt die Verbindung der Schutzbestimmung gegenüber Fremden mit der Exodustradition und der Flüchtlingsbewegung aus dem Norden nach dem Untergang des Nordreichs nach Juda in Zusammenhang. 57 Vgl. Houtman, Das Bundesbuch, 226–227.237–241; Annette Schellenberg, „Hilfe für Witwen und Waisen. Ein gemein-altorientalisches Motiv in wechselnden alttestamentlichen Diskussionszusammenhängen,“ ZAW 124 (2012): 180–200. 58 Vgl. 2Kön, 4,1; 8,5; Gen 27,34; Jes 5,7 und dazu G. Hasel, Art. זעק, ThWAT III, 628–639, 632; Jan C. Gertz, Das erste Buch Mose (Genesis). Die Urgeschichte Gen 1–11, ATD 1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2018), 168–169.
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Kriegsmacht, die ein entsprechend fehlbares Kollektiv mit dem Schwert töten wird. Mit dieser versteckten Anspielung auf den Untergang Israels59 setzt auch diese Bestimmung, zumindest in der vorliegenden Form, wohl die literarische Einbettung des Kerns des Bundesbuches in die Exoduserzählung voraus. Das nachfolgende Zinsverbot führt das Thema der Sozialgesetzgebung fort: Leihst du Geld meinem Volk, dem Armen, der bei dir ist (אם־כסף תלוה את־עמי את־ )העני עמך, so sei nicht wie ein Wucherer zu ihm. Ihr sollt ihm keinen Zins auferlegen ()לא־תשׂימון עליו נשׁך. (Ex 22,24) Das erste Objekt „meinem Volk“ ( )את־עמיist offenkundig nachträglich vor das ursprüngliche Objekt „dem Armen, der bei dir ist“ ( )את־העני עמךgeschoben worden. Der Grund dafür liegt darin, dass dadurch ein Ausgleich mit den späteren Bestimmungen geschaffen wird, die das Geldverleihen gegen Zinsen nur noch gegenüber Ausländern zulässt (Dtn 23,20–21; Lev 25,36–38).60 Thematisch schlägt dieses Gesetz wiederum einen Bogen zurück zum Gesetz zur Sklavenfreilassung (Ex 21,2–11), da es von vornherein verhindern soll, dass Personen überhaupt in die Schuldsklaverei gelangen. Der Passus Ex 22,20–26 wird abgeschlossen durch eine pfandrechtliche Bestimmung, die sozial motiviert ist. Vor allem aber ist sie theologisch begründet: Nimmst du den Mantel deines Nächsten zum Pfand, sollst du ihm diesen vor Sonnenuntergang zurückgeben ()אם־חבל תחבל שׂלמת רעך עד־בא השׁמשׁ תשׁיבנו לו. Denn er ist seine einzige Decke, die Hülle für seine Haut ()שׂמלתו לערו כי הוא כסותה לבדה הוא. Worin sonst soll er sich schlafen legen? ( )במה ישׁכבWenn er zu mir schreit, werde ich es hören; denn ich bin gnädig ()והיה כי־יצעק אלי ושׁמעתי כי־חנון אני. (Ex 22,25–26) Bemerkenswert ist die Schlussaussage „denn ich bin gnädig“ ()כי־חנון אני,61 die die aus der sogenannten Gnadenformel62 bekannte Gottesprädikation „gnädiger Gott“ ( )חנון אלaufnimmt. Sie entstammt wohl der Psalmentheologie (vgl. Ps 86,15; 103,8; 111,4; 116,5; 145,8) und zeigt, dass die Anfänge der Theologisierung des Bundesbuches traditionsgeschichtlich von der Jerusalemer Kulttheologie63 beeinflusst sind. Besonders wichtig für die theologiegeschichtliche Erklärung der Theologisierung des Bundesbuches ist daneben aber die Rezeption prophetischer Sozialkritik in Ex 22,26. Dass Ex 22,24–26 auf Am 2,6–8 anspielt, ist schon mehrfach gesehen worden:64
59 Vgl. als Bezug auf den Untergang des Nordreichs die prominente Funktion des „Schwert“ ()חרב-Motivs in der Hosea- und Amos-Überlieferung (vgl. z.B. Hos 7,16; 11,6; 14,1; Am 4,10; 7,9.11.17; 9,1.4). 60 Vgl. Albertz, Exodus 19–40, 117, s. auch Otto, Wandel der Rechtsbegründungen, 39, der darauf hinweist, dass die Apodosis an diese Erweiterung nicht angepasst worden ist. 61 Von Matthias Köckert, Leben in Gottes Gegenwart. Studien zum Verständnis des Gesetzes im Alten Testament (Tübingen: Mohr Siebeck, 2004), 173 als „Pointe der ersten Sammlung“ beschrieben und als Indiz einer frühen Theologisierung gewertet, die dem Bundesbuch noch vorausliegt. Albertz, Exodus 19–40, 117, interpretiert Ex 22,26 im Rahmen der Theologisierung des Bundesbuches selbst. 62 Vgl. Hermann Spieckermann, „Barmherzig und gnädig ist der Herr …,“ ZAW 102 (1990): 1–18. 63 Vgl. dazu Schmid, Theologie des Alten Testaments, 363–365. 64 Vgl. John Andrew Dearman, Property Rights in the Eighth-Century Prophets, SBLDS 106 (Atlanta: SBL Press, 1988), 58–59; Levinson, „Is the Covenant Code an Exilic Composition?,“ 297 Anm. 41; Albertz, Exodus 19–40, 117.
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So spricht Jhwh: Wegen der drei Freveltaten Israels, wegen der vier werde ich es nicht abwenden ()לא אשׁיבנו: Weil sie den Gerechten [oder Unschuldigen] für Geld verkaufen und den Armen wegen eines Paars Schuhe ()על־מכרם בכסף צדיק ואביון בעבור נעלים. Im Staub der Erde65 treten sie nach dem Kopf der Hilflosen ()בראשׁ דלים, und die Elenden drängen sie ab ()ודרך ענוים יטו. ... Sie strecken sich aus auf gepfändeten Kleidern ( )ועל־בגדים חבליםneben jedem Altar und trinken den Wein der Gebüßten im Haus ihres Gottes. (Am 2,6–8) Die Verbindung zu Ex 22,24–26 ist zwar vor allem thematischer Art, denn es gibt wenige spezifische Wortverbindungen zwischen der Amosüberlieferung und dem Bundesbuch. Doch die sachliche Zusammenstellung der Schuldsklaverei, der Unterdrückung der Armen sowie der Pfändung von Kleidern ist außerordentlich auffällig, zumal sich eine Rezeption von Am 2,6–8 in Ex 22,24–26 in sachlicher Hinsicht ohne weiteres plausibilisieren lässt: Das Zerbrechen aller Selbstverständlichkeiten, das die Propheten des späten 8. und frühen 7. Jhs. beklagten und im Nachhinein als Gottesgericht über ein gottlos gewordenes Volk erklärten, fängt das Bundesbuch so auf, daß es aus der Klage und Anklage der Propheten positives Gottesrecht ableitet.66 Hinzuzunehmen ist nun noch eine weitere Beobachtung: Am 2,6–8 ist nicht nur eine isolierte Aussage im Amosbuch, sondern ist in Ex 22,24–26 möglicherweise bewusst als (ursprüngliche) Abschlussstrophe der Völkersprüche des Amosbuches (Am 1–2) aufgenommen worden.67 Wie oft nachgewiesen wurde, bestand der originale Zyklus der Völkersprüche aus den paarweise einander zugeordneten Strophen gegen Damaskus (Am 1,3–5) und Gaza (Am 1,6– 8) sowie Ammon (Am 1,13–15) und Moab (2,1–3), während die Israel-Strophe als fünftes Element als sich zuspitzender Abschluss fungiert (Am 2,6–8). Mit dieser Struktur (2+2+1) korrespondieren die Völkersprüche eng dem Zyklus der strukturgleich aufgebauten Visionen in Am 7–9, die sie auch inhaltlich voraussetzen: Die fünfmal im Völkerzyklus refrainartig gebrauchte Wendung „ich werde es nicht abwenden“ (( )לא אשׁיבנוAm 1,3.6.13; 2,1.6) verweist auf das in Am 7–9 begründete Gericht voraus; ohne den Visionenzyklus bleibt das „es“ in Am 1–2 unverständlich.68 65 Vgl. zum Zusatzcharakter dieser Präzisierung Jörg Jeremias, Der Prophet Amos, ATD 24,2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1995), 18 Anm. 1. 66 Kratz, Komposition, 147–148; Albertz, „Die Theologisierung des Rechts,“ 193; s. auch Schmid, Theologie des Alten Testaments, 326. Zu den wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen des 8. und 7. Jahrhunderts v.Chr. s. z.B. Rainer Kessler, Staat und Gesellschaft im vorexilischen Juda. Vom 8. Jahrhundert bis zum Exil, VTSup 47 (Leiden: Brill, 1992); ders., Sozialgeschichte des alten Israel. Eine Einführung (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2006). 67 Vgl. Jeremias, Der Prophet Amos, 3–24. 68 Vgl. ausführlich Jörg Jeremias, „Völkersprüche und Visionsberichte im Amosbuch“ (1989), in ders., Hosea und Amos. Studien zu den Anfängen des Dodekapropheton, FAT 13 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1995), 157–171. Zur Forschungsgeschichte vgl. Reinhard Müller, „Zur Entstehung der Amosvisionen,“ in Fortgeschriebenes Gotteswort. Studien zu Geschichte, Theologie und Auslegung des Alten Testaments, eds. ders. u.a. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 273–293, hier 273–274 Anm. 3–4. Müller selbst sieht den Zyklus der Visionen als gewachsen an, mit der 4. Vision als Kern (281.292–293). Vgl. auch Reinhard G. Kratz, „Die Worte des Amos von Tekoa,“ in Propheten in Mari, Assyrien und Israel, eds. Matthias Köckert und Martti Nissinen (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2003), 54–89, 69–70. Nach ihm war „der historische Amos … kein Gerichtsprophet“ (87).
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Auch eine besondere Auslegungsdynamik im Hoseabuch dürfte für das Bundesbuch von Bedeutung gewesen sein. Im Hoseabuch ist die rechtliche Interpretation des Konfliktverhältnisses zwischen Israel und seinem Volk schon innerhalb des Buches programmatisch ausgeprägt. Die prominenteste Aussage findet sich in Hos 4,1–2:69 Hört das Wort Jhwhs, ihr Israeliten! Jhwh hat einen Rechtsstreit mit den Bewohnern des Landes ()כי ריב ליהוה עם־יושׁבי הארץ, denn es gibt keine Wahrhaftigkeit und keine Treue und keine Gotteserkenntnis im Land (!)כי אין־אמת ואין־חסד ואין־דעת אלהים בארץ Verfluchen und Lügen, Morden, Stehlen und Ehebrechen haben sich ausgebreitet, und Bluttat reiht sich an Bluttat ()אלה וכחשׁ ורצח וגנב ונאף פרצו ודמים בדמים נגעו. Hos 4,1–3 ist ein programmatisches Einleitungsstück, das – wie Jörg Jeremias festhält – „vermutlich nie als mündliches Wort für sich bestanden hat, sondern mit seinem summierenden Charakter … von Anbeginn als Überschrift für Kap. 4–11 gedacht war.“70 Die Unheilsverkündigung in Hosea 4–11 wird durch diesen Vorspann gerichtstheologisch interpretiert:71 „Die Verse 1bβ–2 bilden die Anklageschrift des Prozesses in stichwortartiger Zusammenfassung der Vorwürfe, die Kap. 4–11 im einzelnen ausführen werden.“72 Somit werden zwei theologiegeschichtliche Wurzeln der Theologisierung des hinteren Rahmenteils des Bundesbuches erkennbar: Zum einen die Gerichtsprophetie der Amos- und Hoseaüberlieferung, zum anderen die Jerusalemer Kulttheologie, wie sie sich in einigen Psalmen niedergeschlagen hat. Höchst bemerkenswert ist die sachliche Kombination dieser beiden Stränge, die sowohl geographisch wie auch theologisch eigentlich weit auseinanderliegen.73 Zusammengebracht werden können sie in historischer Hinsicht über die Annahme einer Migrationsbewegung vom Norden in den Süden nach dem Zusammenbruch des Nordreichs 720 v.Chr., deren genaue Interpretation allerdings umstritten ist.74
69 Zu Hos 4,3 vgl. Jörg Jeremias, Der Prophet Hosea, ATD 24,1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1983), 59–60. 70 Jeremias, Der Prophet Hosea, 59. 71 Vgl. dazu Alexandra Grund, „Die Propheten als Künder des Gerichts. Von Schwierigkeiten einer Sprachregelung für die Grundformen prophetischen Redens,“ in Alles in allem. Eschatologische Anstöße. FS J. Christine Janowksi, ed. Ruth Hess und Martin Leiner (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2005), 167–181. 72 Jeremias, Der Prophet Hosea, 60. 73 Anders sah dies Würthwein, der die Vorstellung des Gerichts Jhwhs im Kult verwurzelt sah, vgl. Ps 50, 75, 76, 96–98, vgl. Ernst Würthwein, „Der Ursprung der prophetischen Gerichtsrede,“ ZTK 49 (1952): 1–16; dazu Franz Hesse, „Wurzelt die prophetische Gerichtsrede im israelitischen Kult?“ ZAW 65 (1953): 45–53; Hans Walter Wolff, Amos’ geistige Heimat, WMANT 18 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1964). Die Diskussion wurde de facto durch Hans Heinrich Schmid, „Amos. Zur Frage nach der ‚geistigen Heimat‘ des Propheten,“ in ders., Altorientalische Welt in der alttestamentlichen Theologie (Zürich: TVZ, 1974), 121–144 beendet. 74 Vgl. dazu die Diskussion zwischen Nadav Naʼaman, „Dismissing the Myth of a Flood of Israelite Refugees in the Late Eighth Century BCE,“ ZAW 126 (2014): 1–14 und Israel Finkelstein, „Migration of Israelites into Judah after 720 BCE. An Answer and an Update,“ ZAW 127 (2015): 188–206. Vgl. zusammenfassend Ernst Axel Knauf, „Was There a Refugee Crises in the 8th/7th Centuries BCE?,“ in Rethinking Israel. Studies in the History and Archaeology of Ancient Israel in Honor of Israel Finkelstein, ed. Oded Lipschits u.a. (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2017), 159–172.
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b) Der Schutz der politischen und religiösen Sphäre (Ex 22,27–30) In Ex 22,27–3075 folgen nach einer gewissen Zäsur (V. 26) nun einige Gebote, die die in Ex 22,20–26 eingetragenen Theologisierungen noch stärker akzentuieren. Es ist unklar, ob und gegebenenfalls welche makrostrukturelle Funktion ihnen zukommt.76 Sie zeigen – neben einem politischen – einen kultischen Fokus und scheinen hervorheben zu wollen, dass die Sozialgesetzgebung aus Ex 22,20–26 auch eine kultische Verpflichtung miteinschließt: Gott sollst du nicht schmähen, und einen Fürsten77 in deinem Volk sollst du nicht verfluchen ()אלהים לא תקלל ונשׂיא בעמך לא תאר. Die Fülle deiner Tenne und den Überfluss deiner Kelter sollst du nicht für dich behalten. Den Erstgeborenen deiner Söhne sollst du mir geben. Ebenso sollst du es mit deinem Rind und deinen Schafen halten. Sieben Tage mag es bei seiner Mutter bleiben, am achten Tag sollst du es mir geben. Männer des Heiligen sollt ihr mir sein ()ואנשׁי־קדשׁ תהיון לי. Fleisch von einem Tier, das auf dem Feld gerissen wurde, dürft ihr nicht essen; dem Hund sollt ihr es vorwerfen. (Ex 22,27–30) Hervorzuheben ist die Erwähnung der Dauer von sieben Tagen bei den Erstgeborenen von Rindern und Schafen für den Verbleib beim Muttertier (Ex 22,29); damit wird einerseits auf Ex 21,2–11 zurückgelenkt und anderseits auf Ex 23,10.12 vorverwiesen. Dort ist allerdings keine 7/8-, sondern eine 6/7-Struktur vorfindlich, so dass man Ex 22,29 in dieser Hinsicht keine makrostrukturell gliedernde Funktion zuschreiben sollte. Vielmehr erscheint Ex 22,27– 30 in seinem jetzigen Kontext gerahmt durch die sozialen Gebote in Ex 22,20–26 und Ex 23,1–9.78
c) Der Abschluss des Bundesbuches (Ex 23,1–19) Makrostrukturell relevant hingegen ist der zweite größere hintere Rahmenteil in Ex 23,1–19, der in sich allerdings nicht einheitlich ist. Die genaue literarische Stratifizierung ist hier wie auch sonst in Exodus 20–23 nicht einfach zu erheben, was nicht zuletzt dem Genre der Rechtstexte geschuldet ist. Für die hier verfolgte Fragestellung ist zunächst vor allem der Passus in Ex 23,9 von Bedeutung: Einen Fremden sollst du nicht bedrücken. Denn ihr wisst, wie dem Fremden zumute ist, seid ihr doch selbst Fremde gewesen im Land Ägypten (וגר לא תלחץ ואתם ידעתם )את־נפשׁ הגר כי־גרים הייתם בארץ מצרים. (Ex 23,9) Israel wird hier in der 2. Person Singular angesprochen, wobei rückblickend sein Aufenthalt in Ägypten in Erinnerung gerufen wird. Dadurch wird der Verzicht auf Unterdrückung des Fremden legitimiert. Es liegt auf der Hand, dass Ex 23,9 auf den narrativen Kontext des 75 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 360–377. 76 Vgl. etwa die Gliederungsversuche bei Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 23 oder Albertz, Exodus 19–40, 130. 77 Zur Diskussion um נשׂיאvgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 366. 78 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch, 373.
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Bundesbuches anspielt und literargeschichtlich am einfachsten zu erklären ist, wenn man diesen Text (samt seinen gleichursprünglichen Anteilen im Kontext) mit dem Einbau des Bundesbuches in die Exoduserzählung in Verbindung bringt. Im unmittelbar anschließenden Folgekontext (Ex 23,10–12) finden sich Rechtssätze, die ebenfalls in den vorderen Rahmen zurückverweisen. Wie das Gesetz zur Sklavenfreilassung (Ex 21,2–11) sind die Bestimmungen hier nach einem 6/7-Schema strukturiert: Sechs Jahre sollst du dein Land besäen ( )ושׁשׁ שׁנים תזרע את־ארצךund seinen Ertrag einsammeln. Im siebten aber sollst du es brachliegen lassen und nicht bestellen ()והשׁביעת תשׁמטנה ונטשׁתה, und die Armen deines Volks sollen davon essen. Und was sie übrig lassen, sollen die Tiere des Feldes fressen. So sollst du auch mit deinem Weinberg und mit deinen Ölbäumen verfahren. (Ex 23,10–11) Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun, am siebten Tag aber sollst du ruhen (שׁשׁת ימים )תעשׂה מעשׂיך וביום השׁביעי תשׁבת, damit dein Rind und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Magd und der Fremde aufatmen können. (Ex 23,12) In Ex 23,13b findet sich ein Fremdgötterverbot, das sachlich an Ex 20,23 erinnert: Und den Namen anderer Götter sollt ihr nicht nennen, er soll nicht gehört werden aus deinem Mund ()ושׁם אלהים אחרים לא תזכירו לא ישׁמע על־פיך. Schließlich ist die Festbestimmung in Ex 23,15 zu nennen, die explizit den Auszug Israels aus Ägypten nennt: Das Fest der ungesäuerten Brote sollst du halten; sieben Tage sollst du ungesäuerte Brote essen, wie ich es dir geboten habe, zur festgesetzten Zeit im Ährenmonat, denn in diesem bist du aus Ägypten ausgezogen ()כי־בו יצאת ממצרים. Und nicht mit leeren Händen soll man vor meinem Angesicht erscheinen.
d) Der hintere Rahmen als ganzer Der hintere Rahmen des Bundesbuches umfasst Ex 22,20–26.27–30; 23,1–19. Die literarischen Entstehungsverhältnisse sind nicht klar aufzuhellen, makrostrukturell ist aber erkennbar, dass Ex 22,20–26 einen ersten, Ex 23,1–19 einen zweiten Abschluss bildet. Ex 22,20– 26 ist durch die Verwendung der 2. Person, die Anspielung auf den Auszug Israels aus Ägypten sowie das Thema der Sozialgesetzgebung mit Ex 21,2–11 verbunden. Ex 23,1–19 benutzt in Ex 23,10–12 das 6/7-Schema, das auch aus Ex 21,2–11 bekannt ist, ebenso wird hier explizit der Auszug erwähnt (Ex 23,15), schließlich lenkt das Fremdgötterverbot in Ex 23,13 auf Ex 20,23 zurück.
5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Das Bundesbuch blickt auf eine komplexe und langfristige Entstehungsgeschichte zurück. Deutlich ist, dass ein Kern, bestehend aus Teilsammlungen (Ex 21,12–17.18–32; 21,33– 22,14), mehrfach gerahmt worden ist. Der Kern selbst besitzt eine implizit theologische
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Dimension,79 doch er ist literarisch weder als göttliche Gesetzgebung konzipiert noch wird er als solche präsentiert.80 Um diesen Kern sind verschiedene Rahmenelemente gelegt worden, die von innen nach außen gewachsen zu sein scheinen. Die literarischen Wachstumsschritte sind im vorderen Rahmen besser voneinander zu unterscheiden, gleichwohl finden sich jeweils auch recht deutliche Korrespondenzen mit dem rückwärtigen Bereich. Zunächst ist das Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11 zu nennen. Es ist zwar nicht als Einleitungsstück gestaltet, sondern ist als Gesetz formuliert. Gleichwohl ist deutlich, dass es dem Kern der Teilsammlungen, die mit Ex 21,12 beginnen, programmatisch vorangestellt worden ist und auch formulierungsmäßig – mit dem Beginn in der 2. Person – dieser Position und Funktion angepasst worden ist. Auch wenn es keine narrative Einbindung in den Kontext herstellt, so ist doch wegen seiner Thematik deutlich, dass das Gesetz zur Sklavenfreilassung das Bundesbuch mit der Exoduserzählung in Verbindung bringt – und diese auch literarisch entweder voraussetzt oder selbst schafft. Die Gestaltung dieses Rahmenelements als Gesetz betont die Einheit dieser Einleitung mit dem nachfolgenden Korpus – das literarische Genre bleibt sich gleich. Im hinteren Rahmenteil entspricht Ex 23,10–12 mit seiner 6/7-Struktur dem analog ausgerichteten Gesetz zur Sklavenfreilassung in Ex 21,2–11. Doch es ist nicht zwingend, dass es sich dabei um das gleichursprüngliche hintere Komplement zu Ex 21,2–11 handelt. Dazu passt – zumindest von der literarischen Struktur des Bundesbuches her geurteilt – eher Ex 22,20–26, denn dieses Stück schließt gleich an die letzte Teilsammlung der Kernüberlieferung des Bundesbuches an und bietet mit seiner Umadressierung an eine 2. Person sowie seiner expliziten Aufnahme der Exodusthematik in Ex 22,20 im Rahmen eines Gesetzes ein passendes Gegenstück zu Ex 21,2–11. Die dem Bundesbuch zugrundeliegenden Sammlungen in Ex 21,12–17.18–32; 21,33– 22,14 gehören in den Kontext altorientalischer Rechtsgelehrsamkeit, die auch in Israel rezipiert worden ist. Die im vorderen Teil besser als im hinteren Teil voneinander abgrenzbaren Rahmenelemente zeichnen sich aus durch eine erhöhte Aufmerksamkeit für soziale Probleme 79 In seiner vergleichenden Studie zum Codex Hammurapi und zum Bundesbuch hat David Wright die Auffassung vertreten, die redaktionelle Rahmung des Bundesbuches sei in Analogie zum Rahmen des Codex Hammurapi zu sehen: „Therefore, CC’s portrayal of Yahweh as lawgiver can be considered a response to the whole picture painted in the prologue and epilogue“ (Wright, Inventing God’s Law, 287– 288). Formal mag diese Entsprechung zutreffen, doch es sind auch gewichtige Unterschiede zu benennen. Zum einen existieren zahlreiche Abschriften des Codex Hammurapi ohne dessen Prolog und Epilog, was offenkundig auf Weglassung beruht (vgl. Mervyn E.J. Richardson, Hammurabi’s Laws: Text, Translation and Glossary, BibSem 73 [Sheffield: Sheffield Academic, 2000], 16–19. Siehe auch Dominique Charpin, Writing, Law, and Kingship in Old Babylonian Mesopotamia [Chicago: University of Chicago Press, 2010], 81: „We possess many copies of excerpts from his code, quoted until the Achaemenid period. Let me point out that this was a unique case: no other collection of laws … was re-copied for centuries in that way“. Vgl. auch Victor A. Hurowitz, „Hammurapi in Mesopotamian Tradition,“ in „An Experienced Scribe Who Neglects Nothing“: Ancient Near East Studies in Honor of Jacob Klein, ed. Y. Sefati u.a. [Bethesda, MD: CDL, 2005], 497–532). Die Rahmung des Gesetzeskorpus gehört im Codex Hammurapi – anders als im Bundesbuch – deutlich zur Originalversion. Zum anderen führt die theologische Rahmung des Bundesbuches ein radikal neues Verständnis der Gesetze im Korpus ein, sie werden durch diese Rahmung zu Gottesrecht. 80 Es finden sich vereinzelte Nennungen Gottes (האלהים, אלהיםoder )יהוה. Vgl. im Überblick F.C. Fensham, „The Role of the Lord in the Legal Sections of the Covenant Code,“ VT 26 (1976): 262–274.
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(Sklavenfreilassung, Option für Fremde, Witwen, Waisen und Arme), eine eindringliche Anrede, formuliert in der 2. Person, sowie eine implizite oder explizite Thematisierung des Auszugs Israels aus Ägypten als Motivationsargument zur Befolgung dieser Gesetze. Historisch lässt sich die ausgeprägte Sozialgesetzgebung des erweiterten Bundesbuches mit den politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen des späten 8. und des 7. Jahrhunderts v.Chr. in Verbindung bringen. Unterstützt wird diese Annahme durch die Verbindungen des Rahmens des Bundesbuches mit der Sozialkritik der Prophetenüberlieferung dieser Zeit, vielleicht nicht zufällig besonders der Hosea- und Amosüberlieferung, die beide ursprünglich im Nordreich beheimatet sind. Die Prophetie hat dabei wohl nicht nur das Thema der Sozialkritik begünstigt, sondern auch die Gestaltung als Gottesrede motiviert. Besonders förderlich für eine Rezeption dürfte sich auch erwiesen haben, dass in Texten wie Hos 4,1–3 der Untergang Israels in juristischer Metaphorik, als Gericht Gottes, interpretiert wird. Literarisch deutet die Exodusmotivik auf die (wohl gestufte) Verbindung der Rechtsmaterialien mit der Exoduserzählung hin. Rechtsgeschichtlich lässt sich die Entwicklung vom Kern zu dessen Rahmen als die Uminterpretation von Rechts- zu Gebotssätzen interpretieren. Das überlieferte Recht dient nicht mehr länger bloß als Sammlung von Modellfällen, die in ihrer Komplexität geeignet sind, Leitlinien für juristische Entscheidungen zu liefern, sondern das Recht übernimmt nun die Funktion der sozialen Kohäsion. Damit einher geht dessen Rückführung auf Gott selber als Gesetzgeber, der – häufige – Verzicht auf konkrete Sanktionen (da Gott nicht in das kleinteilige Rechtswesen eingreifen kann) sowie die rhetorische Prägung als Paränese.81 Dieses so erweiterte Bundesbuch gehört nicht mehr ausschließlich in den Bereich der Rechtsgelehrsamkeit, sondern es wird in die Gründungsgeschichte Israels eingestellt und nimmt dort eine prominente Funktion einerseits in ätiologischer, andererseits aber auch in ethischer Hinsicht wahr: Die um das Bundesbuch erweiterte Exoduserzählung ist geeignet, den Untergang zunächst des Nordreichs, dann aber auch des Südreichs zu erklären. Gleichzeitig beinhaltet diese Erzählung eine Gesetzessammlung, die aus der Vergangenheit zur Leserschaft der Gegenwart des Autors spricht und bestimmte Grundregeln des sozialen Zusammenlebens unter den Bedingungen einer teilweisen und später dann auch vollständigen nachstaatlichen Existenz Israels und Judas formuliert. Aufgrund der Nichtexistenz staatlicher Sanktionierungsorgane sind diese Regelungen darauf angewiesen, aus sich selber heraus plausibel zu sein und ohne Androhung von Sanktionen Aussicht auf Befolgung zu haben. This project has received funding from the European Research Council (ERC) under the European Union‘s Horizon 2020 research and innovation programme grant agreement 833222.
81 Diese Tendenz wird im Deuteronomium noch stärker ausgebaut, vgl. Albertz, „Die Theologisierung des Rechts,“ 198; Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, 231–237. Eine damit zusammenhängende Folgeerscheinung ist die Interpretation des Rechtsbruchs als Sünde, vgl. Eckart Otto, „Vom Rechtsbruch zur Sünde. Priesterliche Interpretationen des Rechts,“ JBTh 9 (1994): 25–52.
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Social Cohesion and Sexual Boundaries in Leviticus Bruce Wells
Introduction Different societies regulate sexual practices for different reasons.1 Some recent scholarship has argued that many of the rules in the Pentateuch concerning sexual behavior were instituted (textually, if not in practice) simply as a mechanism to facilitate and even expand the power of male elites in Israelite/Judean society.2 I wish to argue that other factors complicate this picture. In my view, it is reductionistic to set aside any religious or other type of rationale on the part of the text’s authors and claim that they were engaged in nothing more than a power play. In what follows, my claim is that the need for group identity and security is one of the stronger forces driving the sex laws that we find in the Holiness Source (H), mainly in Leviticus 18 and 20. Perhaps this motivation could still be characterized as mere self-interest on the part of the authors, but other explanations strike me as more tenable. For instance, such a motive may have derived from a desire for the common good of their community. Perhaps H’s authors sincerely believed that a community regulated according to the sexual rules delineated in their corpus would be a community that served group interests, pleased the deity, and promoted a healthy form of unity and cooperation. It is my intention here, though, to go only so far as to demonstrate that the dynamics involved in trying to establish the distinctiveness of their group played a central role in how H’s authors put together their texts that sought to regulate sexual behavior within their community. Other biblical legal collections present significantly fewer rules concerning sexual behavior than the number we find in H. In the Covenant Code (CC) in Exod 21–23, one finds only two laws – or about five percent of its approximately forty different casuistic and apodictic laws – relating to sex.3 About thirteen percent of the laws in the Deuteronomic Code (D) govern sexual behavior, although the percentage can vary depending on how one counts the total number of provisions in the code.4 This is a clear increase over CC. When one examines 1 It is a genuine privilege to be able to contribute to this volume in honor of Reinhard Achenbach. He has been, for me, a model of dedicated scholarship as well as a treasured friend and colleague. I wish him many more years of active productivity in the field. 2 See, e.g., Ilan Peled, Law and Gender in the Ancient Near East and the Hebrew Bible (New York: Routledge, 2020), 136. 3 Exodus 22:15–16 and v. 18. My total of forty is a conservative count of the different provisions in Exod 21:2–23:19. The provisions can be counted in different ways, depending on where one decides a new provision begins, and this is not always clear. Still, the numbers I am citing indicate in a general way the relative importance of sex laws in each of the biblical legal collections. 4 I count approximately 85 laws in Deut 12–25. If one counts those that relate to sexual relations liberally (e.g., by including basic marriage rules), then one finds a total of eleven (Deut 21:10–14, 15–17; 22:13–
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the Holiness Source, the ratio is noticeably different yet again. Of the approximately one hundred different provisions in H, there are thirty-two laws that regulate sexual behavior.5 This means that thirty-two percent or nearly one third of H is devoted to this topic, and most of the relevant provisions come in Leviticus 18 and 20. Why did the authors of H devote much more of their text to sexual regulation than the authors of CC and D? Within H’s laws governing sexual behavior and the rhetoric surrounding them, one can detect an effort to define the boundaries of the authors’ community, and it is this effort that seems to underlie the extra attention to sexual behavior. The concern with group identity can be demonstrated with respect to three aspects of H’s list of sexual rules, each of which operates at a particular level of separation. First, H’s authors attribute the sexual acts that they forbid to the prototypical foreigners or outsiders from whom they wish to remain separate – namely, the Egyptians and the Canaanites; this promotes a firm external boundary. Second, the rules themselves take exception to what appear to be fairly longstanding Israelite/Judean traditions, thereby establishing separation very likely with other Israelite/Judean groups living in proximity to H’s community; this creates a boundary with other potential insiders who do not fully qualify for admittance into the community. Third, the prohibitions have chiefly to do with intra- and inter-family relations; this leads to strict boundaries among members of the insider group, and – as we will see – such a focus on shoring up internal boundaries often accompanies efforts to create hard and fast external boundaries. I now consider each of these aspects in turn.
1. Condemnation of Outsiders The text of Leviticus 18 opens with a command to the Israelites not to act according to the behavior of the Egyptians and the Canaanites. Such rhetoric already emphasizes separation. “You are not like the people from your past,” the text implies, “and you are not like the people in your future. You are unique.” The chapter then lays out an extensive list of sexual prohibitions, mostly dealing with incest, and concludes with a grim warning. The Israelites are not to commit any of the prohibited acts – the text calls them “abominations” ( – )תועבותbecause these are the behaviors in which the previous inhabitants indulged and thereby defiled the land (Lev 18:27). The land spewed them out, says the text, and it will do the same to the Israelites. Leviticus 20, which presents punishments for most of the forbidden actions listed in Lev 18, contains a similar admonition (Lev 20:22–23). The language of these texts has led some scholars to presume that H’s authors knew something of the sexual practices of the Egyptians, if not the people whom they were calling Canaanites as well. Eve Feinstein, for example, argues that the authors probably had in mind the Egyptians’ reputation for incest.6 But it remains unclear whether actual Egyptian practices provided the inspiration for this list of taboos. First, the only incest that might have been 21, 22, 23–27, 28–29; 23:1, 18–19; 24:1–4, 5; and 25:5–10), which equals about thirteen percent. 5 I count sixteen separate laws in Lev 18 and eleven separate laws in Lev 20. The laws in Lev 19:20–22, 29; 21:7, 9, and 13–15 should also be included. 6 Eve Feinstein, Sexual Pollution in the Hebrew Bible (New York: Oxford University Press, 2014), 126– 129.
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widely known among non-Egyptians or even the Egyptians themselves before the Greek period would have come from relationships within the royal court (and, perhaps, the priesthood).7 There is little, if any, evidence that incest was practiced regularly or even irregularly among the general populace. Feinstein cites an archive of records that document 46 marriages in a town southwest of modern Cairo; of those 46, seventeen were marriages between siblings.8 This represents a significant percentage, but these records date to Roman-period Egypt and are not terribly helpful for an assessment of what the authors of Leviticus might have known.9 Second, the text stresses the threat posed by Canaanite behavior more than that of the Egyptians. Both groups receive equal time in the text’s introduction, but the conclusion references only the Canaanites. Thus, if we were to expect any set of practices to underlie the prohibitions in Lev 18, it would be those of the Canaanites, and we have no evidence at our disposal to suggest that the Canaanites practiced or were more likely than other groups to practice the behaviors proscribed in the biblical text. The rhetoric of the text is exactly that – rhetoric – not in the sense of colorful turns of phrase that contain little substantive content but in the sense of discourse strategically calculated to convey a point that turns out to be broader and more consequential than the face value of the statement. It is quite clear from a wide range of biblical texts that the Egyptians and the Canaanites, whether separately or together, represent the prototypical enemy of the Israelites. The Egyptians and the Canaanites symbolize anyone or any group from which H’s authors wish their community to disassociate. These people are the outsiders, whom the text defines by the very particular strategy of disparaging them as sexual deviants. If the outsiders are those who practice repulsive sexual behavior, then the insiders are manifestly those who do not. This strategy is known from elsewhere. There is ample evidence to show that, in a number of subsequent historical periods, claims of sexual deviance could be used to cast aspersions on legal, political, and religious opponents. By the time of the Roman period, it had become relatively common to inveigh against one’s enemies, of whatever type, by accusing them of engaging in sexual immorality. One can see this in the NT, where Paul disparages his ideological adversaries along this line in Rom 1. His main concern seems to be idolatry, but he characterizes idol-worshippers as those who participate in unnatural sex acts. The reference to sexual degradation raises the specter of disorder and chaos and implies that everything associated with these reprehensible actions ought to be rejected. Jennifer Wright Knust observes that speaking of one’s enemies in this way creates a dividing line between insiders and outsiders. She writes: Sexual slander … draws boundaries between “us” and “them.” Arguments presented in terms of the bad sexual behavior of a target … served to reinforce boundaries between those associated with the bad behavior and those who claimed that such
7 Carolyn Graves-Brown, review of Incestuous and Close-Kin Marriage in Ancient Egypt and Persia, by Paul John Frandsen, Chronique d'Egypte 87 (2012): 292–296, here 293. 8 Feinstein, Sexual Pollution, 126. 9 In addition, the individuals involved in these marriages were probably Greek; see Graves-Brown, review Incestuous and Close-Kin Marriage (by Frandsen), 293.
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behavior is abhorrent…. By utilizing sexualized discourse to define the contours of their group, Christian authors adopted a common strategy.10 Numerous instances of this phenomenon can also be found in the medieval period. Baldric of Dol, a bishop from the early twelfth century, described the followers of Robert of Arbrissel as “men of every condition, women both servile (pauperes) and noble, widows and virgins, old and young, whores and spurners of men … turning away neither the poor nor the weak, the incestuous nor the depraved, lepers nor the helpless (impotentes).”11 Baldric may or may not have been familiar with the character and behaviors of Robert’s followers, but whether he was mattered little. His goal was to paint them as a nefarious cadre entailing the worst of humanity – hence, his inclusion of groups such as “the incestuous.” The nature of such accusations grew increasingly pointed. According to Robert I. Moore, it was in the thirteenth and fourteenth centuries that “male homosexuals were obviously and easily assimilated to the stereotype of the common enemy along with the Jews, heretics and lepers” and that the charge of sodomy came to be wielded as “a powerful political weapon.”12 It is plausible to infer that a similar dynamic is at work in Leviticus 18 and 20, which slander outsiders as sexual deviants. They are the ones who threaten the social order, the unity, and the distinctiveness (holiness) of the author’s community. Key taboos in H’s laws correspond to general traditions about incest found across the ancient Near East. This is evident from the incest prohibitions contained in the Laws of Hammurabi (LH) and the Hittite Laws (HL). One finds in both of these collections rules against sex between a man and his mother (LH 157; HL 189; cf. Lev 18:7), his stepmother (LH 158; HL 190; cf. Lev 18:8),13 his daughter (LH 154; HL 189),14 and his stepdaughter (HL 195b; cf. Lev 18:17a).15 Given their attestation across Babylonian, Hittite, and Israelite society, these prohibitions appear to represent the foundation of incest laws throughout the ancient Near East. Societies might diverge in their norms concerning other taboos, but those marked by proper order and 10 Jennifer Wright Knust, Abandoned to Lust: Sexual Slander and Ancient Christianity (New York: Columbia University Press, 2006), 9. 11 Quoted in Robert I. Moore, The Formation of a Persecuting Society: Authority and Deviance in Western Europe 950–1250, 2nd ed. (Oxford: Blackwell, 2008), 96. 12 Moore, Formation, 88. Similar accusations appear in the early modern period as well, when bestiality became a symbol for general social disorder and certain sexual vices were associated with being Italian or Catholic or Scottish Presbyterian; see Courtney Thomas, “‘Not Having God before His Eyes’: Bestiality in Early Modern England,” The Seventeenth Century 26 (2011): 149–173, esp. 154–155. 13 In LH, it does not matter whether the father is dead or alive; such relations are entirely forbidden. In HL, however, this pairing is wrong only if the father is still alive. 14 As many have noted, an explicit prohibition on sex with one’s daughter is missing from H, but a number of scholars believe it is implied, as do I; see, e.g., Adrian Schenker, “What Connects the Incest Prohibitions with the Other Prohibitions Listed in Leviticus 18 and 20?” in The Book of Leviticus: Composition and Reception, ed. R. Rendtorff and R. A. Kugler (Leiden: Brill, 2003), 162–185, here 164–165. Taking a slightly different tack, Stiebert holds that H is “focused on threats from other males,” and so fatherdaughter relations did not need to be included” (Johanna Stiebert, First-Degree Incest and the Hebrew Bible: Sex in the Family [New York: Bloomsbury, 2016], 86). 15 Perhaps this rule was not as fundamental to incest law as the other three, given that LH lacks this prohibition, but HL and H are clear in forbidding sex with one’s stepdaughter. Although interpreters will certainly differ on this, that the rule balances out the prohibition on sex with one’s daughter might suggest that it belongs to the set of basic incest laws.
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behavior would proscribe and sanction these particular forms of incest at the very least. Any group whose members participate in sex acts like these lies beyond the pale of acceptability. With the attribution of these sexual practices to their enemies, H’s authors seek to draw an impassable border between their community and those whom they see as dangerous outsiders.
2. Divergence from Tradition A close examination of the specific actions prohibited in Lev 18 and 20 produces a few surprises. Several of the actions are said to have been practiced by some of the most highly revered ancestors in Israelite lore. Previous scholarship has already drawn attention to these, but a review of the tensions between Leviticus and other pentateuchal texts in this regard will prove instructive.16 First, sexual relations between a man and any type of sister (full, half-, or step-) is forbidden by Lev 18:9 and 11, and the text of Lev 20:17 specifies punishment for sex with a full sister or half-sister. Nevertheless, Gen 20 claims that Abraham was legitimately married to his half-sister, Sarah. As is well known, this is one of two different narratives in which Abraham tries to pretend that Sarah is not his wife but his sister. When the deception is uncovered, Abraham excuses himself by saying that Sarah is indeed his sister but that she is only the daughter of his father and not of his mother (Gen 20:12). According to this narrative, it seems quite evident that marriage to a half-sister was permissible within some strains of Israelite/Judean tradition.17 Second, in Gen 29, Jacob marries two sisters, and this would appear to be a violation of Lev 18:18: “You shall not take a wife as a rival to her sister.” This seems to be precisely what Jacob does when he marries Rachel in addition to her sister, Leah. In fact, the story relates that Yahweh recognized that Leah had become the “hated” wife, and, after giving birth to her first child, Leah comforts herself with the hope that “now, my husband will love me.”18 The sisters clearly consider themselves to be rivals for their husband’s love and attention, as well as in their efforts to produce male offspring. The discrepancy between Jacob’s actions and H’s prohibition is not a simple one to resolve. Third, it may well be the case that Judah’s tryst with his daughter-in-law Tamar would have been considered a violation of Lev 18:15 and 20:12. One of the striking aspects of the story in Genesis 38 is that the narrator never condemns Judah’s act and even seems to approve of Tamar’s efforts that led to their relations. To be sure, Judah does not recognize the woman he sleeps with as his daughter-in-law, but, for the authors of Leviticus, ignorance of the law or failing to recognize the exact nature of an act is no excuse. A violation and the
16 See, e.g., Feinstein, Sexual Pollution, 119–121. On the rabbinic discussion of these issues, see Steven Wilf, The Law Before the Law (New York: Lexington, 2008), 85–86. 17 This is confirmed by the story of Amnon and Tamar in 2 Sam 13:1–19. Tamar speaks as if wedding Amnon, her half-brother, would have been perfectly acceptable. 18 See Bruce Wells, “First Wives Club: Divorce, Demotion, and the Fate of Leah in Genesis 29,” Maarav 18 (2011): 101–129.
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accompanying defilement occur regardless of intent.19 It is difficult to reconcile the Genesis narrative with the rules in Leviticus.20 Fourth, the prohibition on sex with the sister of one’s father in Lev 18:12 and 20:19 may stand in tension with the claim, in Exod 6:20 and Num 26:59, that Moses and Aaron’s father, Amram, married his paternal aunt, Jochebed. The general tradition is that Amram was the son of Kohath, who was the son of Levi. The genealogy in Num 26 states that Jochebed was Levi’s daughter and, therefore, the sister of Kohath. This makes the union between Amram and Jochebed a violation of H’s rules. Finally, the law in Lev 20:21 punishes a man for “taking” ( – )לקחi.e., marrying – his brother’s wife and thus stands in tension with the law of levirate marriage in Deut 25:5–10, a text that requires the brother of a man who died without children to marry the widow. The goal of levirate marriage, of course, was to provide offspring that could carry on the name of the deceased. Even though some attempts have been made to reconcile the apparent difference between these laws in Leviticus and Deuteronomy, they have proved unsuccessful.21 H does appear, therefore, to be opposed to levirate marriage. Confirmation of this opposition seems to come in the consequence that the text says will ensue when a man marries his brother’s wife: “they will be childless” (Lev 20:21) This directly counteracts the principal goal of levirate marriage – namely, producing offspring (Deut 25:6). These particular texts suggest that, in its list of sexual prohibitions, H is breaking with other, relatively well-known Israelite/Judean traditions. In fact, according to Eve Feinstein, H’s list of rules is in conflict with all four sources assumed by the Documentary Hypothesis. Abraham’s claim that Sarah is his half-sister comes in source E. Jacob’s marriage to Leah and Rachel is in source J, as is the story about Judah and Tamar. The genealogy that makes Jochebed Amram’s paternal aunt is in P, and the law of the levirate is found in D. In addition, Feinstein points out that Lev 15, from source P, allows a man to purify himself after having sex with a menstruating woman, whereas H, in Lev 18:19 and 20:18, does not. The authors of H include this prohibition as if it is equally as serious as the other taboos, all of which lead to a steady accumulation of impurity. The nature of these prohibitions suggests that H is establishing additional boundaries for its own community. These boundaries are not meant to protect against obvious outsiders; rather, they protect against those who might appear to qualify for insider status but who must be disqualified for reasons that H may or may not be telling us. On the one hand, H’s authors may believe that these would-be insiders should be excluded because they accept traditions condoning behaviors that H is now prohibiting. On the other hand, the authors may wish to exclude them for political or religious reasons and are now condemning these traditions as a pretext for such exclusion. Regardless, these prohibitions constitute a subtle or not-so-subtle attempt to distinguish H’s group from other Israelites or Judeans. Furthermore, by crafting the rhetoric of Lev 18 and 20 as it has, H identifies those who accept these traditions with the
19 Roy Gane, Cult and Character: Purification Offerings, Day of Atonement, and Theodicy (Winona Lake: Eisenbrauns, 2005), 203–204. 20 Jacob Milgrom, Leviticus 17–22: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 3B (New York: Doubleday, 2000), 1544–1545. 21 See the argument in Milgrom, Leviticus 17–22, 1758.
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Egyptians and Canaanites. Such individuals, even if they were of Israelite ancestry, now appear to be qualified as foreigners and sexual deviants. If we add the prohibitions discussed here to the four foundational incest taboos, we arrive at the following list of individuals who are sexually forbidden to a male member of H’s community: mother, step-mother, daughter, step-daughter, sister/half-sister/step-sister, wife’s sister, daughter-in-law, paternal aunt, brother’s wife, and a wife who is menstruating. As noted, the first four would likely have been taboo in most, if not all, ancient Near Eastern societies, whereas traditions concerning the next set prove equivocal.22 In a treaty with Huqqana of Hayasa, the Hittite king Suppiluliuma I claims that his society forbids men to have relations with their sisters but implies that other societies may not follow this same custom, and the LH lack any prohibition to this effect.23 As for the sister of a man’s wife, the HL allow such a marriage under certain circumstances, with the determining factor having to do with geographical location.24 Again, the LH do not have this rule. While H appears to forbid any sort of relations or marriage between a man and his daughter-in-law, both LH and HL permit this pairing in particular situations. For LH, the determining factor is whether or not the man’s son has yet had sex with the woman (LH 155–156); for HL, it is whether the son is still alive (HL 193).25 While LH says nothing about marrying the wife of one’s brother, HL permits this pairing only when it occurs for the purpose of levirate marriage, in much the same say as Deuteronomy does. Finally, neither LH nor HL contains an explicit prohibition on relations with one’s paternal aunt. As should now be evident, unanimity for the rules just mentioned is missing. My argument, then, is that the authors of H incorporated strict taboos on those matters where there may have been more leeway concerning proper behavior primarily for the sake of marking off their community from other Israelite/Judean groups that did not adhere to these rules.
3. Strengthening Internal Boundaries The authors of H’s rules on sexual behavior pushed even further than the extent described thus far. If they had been interested merely in creating a hard boundary between their 22 The prohibition on sleeping with a menstruant is an exception. Since there is very little comparative material for this rule, one cannot say whether a variety of options existed among the customs surrounding the practice. 23 For the relevant portion of the Hittite treaty, see §25 in Gary M. Beckman, Hittite Diplomatic Texts (Atlanta: Scholars Press, 1996), 27; see also the discussion of the treaty in David T. Stewart, “Ancient Sexual Laws: Text and Intertext of the Biblical Holiness Code and Hittite Law,” (PhD diss., University of California, Berkeley, 2000), 322–324. In addition, the Hittite text CTH 445 contains a ritual for a man to purify himself following incest with a daughter, sister, or mother; see Harry A. Hoffner, Jr., “Incest, Sodomy and Bestiality in the Ancient Near East,” in Orient and Occident: Essays Presented to Cyrus H. Gordon on the Occasion of His Sixty-Fifth Birthday, ed. H. A. Hoffner, Jr. (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1973), 81–90, esp. 88–89. 24 See the discussion in Stewart, “Ancient Sexual Laws,” 322. If the two women live in the same locale, relations with the sister is forbidden (HL 191). 25 According to HL 193, the father of the son may marry the latter’s wife as part of the tradition of levirate marriage – in this case, if there is no brother available to marry her. Any relations with her prior to the death of the son would be illegitimate; see Stewart, “Ancient Sexual Laws,” 316.
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community and outsiders, they could have included only the most basic forms of incest and other sexual deviancy, such as adultery, and ascribed these practices to external groups, as they did in any case. If their only additional interest had been in making clear distinctions between their own people and those who might be considered potential insiders, they could have added the extra rules that appear to be in tension with several pentateuchal narratives and the law of levirate marriage in Deuteronomy and then stopped there. But they did not. Instead, they included prohibitions on a man having sex with his granddaughter (Lev 18:10), his maternal aunt (Lev 18:13), the wife of his paternal uncle (Lev 18:14), and his step-granddaughter (Lev 18:17b). These particular prohibitions are not explicitly mentioned in other ancient Near Eastern legal material.26 It is certainly possible that societies in the region assumed, for example, that a man should not have sex with his grandchildren, but I do not know of any instance where they went to the trouble of putting this into writing as H’s authors chose to do. Why was it necessary for H’s authors to establish these additional sexual boundaries?27 According to some sociological research, intense efforts to create clear lines of separation between one’s own group and external groups often result in the creation of stringent rules to govern the behavior of members within one’s group, especially their sexual behavior. For example, Christie Davies points to “hierarchical religious and military organizations,” whose “marked concern with boundaries … inevitably leads to the development or reinforcement of strong taboos against deviant sexual behavior.”28 In addition, Davies contrasts ancient Greek society with what we know of ancient Israel based on a variety of biblical texts. Greek society in the classical period was not centralized and found whatever unity it could mostly through linguistic affinities and geographical proximity. It lacked the social and religious boundaries emphasized in biblical texts for Israelite society. Thus, the Greeks tolerated a broad variety of sexual activity as long as it did “not threaten the survival of the family.”29 Davies argues that “under these circumstances it was impossible for strong sexual taboos to evolve, for there were no rigid boundaries to maintain.”30 Biblical scholars, in writing about Dinah’s sexual relations with Shechem in Gen 34, have noted the issue of boundaries highlighted in this narrative. Tikva Frymer-Kenksy maintains that, in the story, “Shechem has shown its [the family’s] external boundaries to be weak; Dinah has shown its internal order to be chaos.”31 In other words, the narrative seems to 26 The Hittites appear to forbid relations between cousins (see Stewart, “Ancient Sexual Laws,” 324–324) but not these other relationships mentioned in H. 27 For Feinstein, it was “for unknown reasons [that] the Israelite community or some segment thereof seems at some point to have begun to adopt a wider range of sexual prohibitions” (Sexual Pollution, 128). 28 Christie Davies, “Sexual Taboos and Social Boundaries,” American Journal of Sociology 87 (1982): 1032–1063, here 1049. See also the decision to retain strict sexual regulations (including certain colonial laws) in Cyprus due, in large measure it seems, to threats to the country’s autonomy. Some have suggested that Greek Cypriots were “anxious about their identities and boundaries and determined to retain their old laws inflicting penalties on those sexual practices that break boundaries and threaten categories” (Christie Davies and Eugene Trivizas, “The Collapse of the Moral Boundaries of Peripheral Countries,” in Borderlines in a Globalized World: New Perspective in a Sociology of the World-System, ed. G. Preyer and M. Bös [Dordrecht: Kluwer, 2002], 175–88, here 181). 29 Davies, “Sexual Taboos,” 1038–1039. 30 Davies, “Sexual Taboos,” 1040. 31 Tikva Frymer-Kensky, “Virginity in the Bible,” in Gender and Law in the Hebrew Bible and the Ancient
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presume that there is a mutually influential relationship between external and internal boundaries. Concerning this same story, Lyn Bechtel writes that “sexual power leads to salvation, when properly regulated to prevent intrusions that pollute the family/group and extrusions that represent a loss of power. But when unregulated (particularly outside the family or group), it is dangerous, diminishing the power of the group and threatening its longevity.”32 Reining in different types of sexual expression thus becomes part and parcel of establishing a distinct group identity and the necessary boundaries to maintain it. In light of all of this, it seems reasonable to infer that the authors of H felt greater external threats to their community’s identity and distinctiveness than the authors of the other biblical legal collections, given the substantially larger portion of their legal corpus devoted to the regulation of sexual behavior. The concern with external threats on the part of H’s authors thus exerted a strong influence even on what H has to say about sexual boundaries for members of its own community. Although the regulations may have been calculated to function at the rhetorical rather than the practical level, they are still integral to the goal of firmly establishing the necessary degree of separation from other groups.33 If we place H in the early Persian period, as many scholars do, its historical context could well be that of the postexilic community and, even more specifically, that segment of the postexilic community that was made up of returnees or descendants of returnees from the Babylonian exile.34 In the language of Ezra–Nehemiah, H could then be connected to the גולה (or “exile”) community and may even be a direct product thereof. The golah-community wishes to establish an identity that is distinct from the groups of people who were living in the province of Yehud before the returnees arrived back in the land. It characterizes these groups as foreign and claims for itself alone the identity of Israel to the exclusion of many people who were probably as much of Judean descent as the members of the golah-community itself.35 Even if one dates H to the exilic period, these sorts of tensions would still be present. Already in the rhetoric of Ezekiel, one begins to see a distinction between the community in exile and those who remained in the land of Judah: the latter had abandoned the worship of Yahweh, and true Israel was living in Babylonia (Ezek 8–11). Now, in the golahcommunity, true Israel has come home. An important means for reinforcing the community’s distinctiveness is to reject certain traditions that non-exiled Judeans may well have continued to identify with, such as the marriage practices contained in the ancestral traditions. In this
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Near East, ed. V. H. Matthews, B. M. Levinson, and T. Frymer-Kensky (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1998), 90. Lyn M. Bechtel, “What If Dinah Is Not Raped? (Genesis 34)” JSOT 62 (1994): 19–36, here 22–23. Schenker argues that the rules provided group stability but in a more practical way: they aimed at “safeguarding unity, peace and clarity of the parts played by each member of the family” (“What Connects,” 170). I am willing to accept an exilic or early postexilic date. For H as a primarily exilic composition, see David M. Carr, The Formation of the Hebrew Bible: A New Reconstruction (New York: Oxford University Press, 2011), esp. 302–303. For an argument that places H in the postexilic period, see Christoph Nihan, From Priestly Torah to Pentateuch: A Study in the Composition of the Book of Leviticus, FAT 2, 2. Reihe 25 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2007), 548–549. See Herbert Marbury’s description of how biblical rhetoric connects the golah-community with preexilic Israel in order to lend the former much-needed legitimacy (“The Separatist Rhetoric of The Ezra-Nehemiah Corpus: Its Political, Cultic, and Economic Significations,” [Ph.D. diss., Vanderbilt University, 2003], 206–219, esp. 215–216).
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way, traditions that were once acceptable within Judean culture have been castigated as foreign and those who continue to practice them as now rejected by Yahweh. H creates the boundaries, therefore, that it believes will protect the holiness and distinctiveness of its community. It has established a rigid boundary against all those who clearly belong to the category of outsiders. It has also found a way to distinguish its community from the would-be insiders of Israelite/Judean groups deemed to have strayed from the right path or considered to be untrustworthy. Finally, it has instituted a set of rigid sexual taboos that fix in place clear boundaries between group members that will enhance and support the internal cohesion of the community that H seeks to preserve and protect.
Conclusion Every society has rules about sexual behavior. I have yet to hear of a society where individuals can have sex with any other person that they want to. Even in modern societies there are rigorous limits related to age, mental capabilities, blood relation, and consent. Most subcultures, too, have certain norms and expectations around sexual behavior as well. In Scientology, for example, women who reach higher levels within the organization are not supposed to become pregnant in certain situations, and some have reported that those who do are forced or pressured to terminate those pregnancies, even against their will.36 Several fundamentalist Mormon denominations have strict rules to keep their members separate from mainstream culture and impose a range of regulations regarding intra-group sexual practices, including the requirement for their men to have and support multiple wives.37 Pressure to conform to sexual expectations is not confined, however, only to secretive religious groups. The radical left-wing group from the 1960s and 1970s known as the Weathermen (or the Weather Underground Organization), which wanted to overthrow the United States government, believed that their members should engage in the swapping of sexual partners. They called this practice “smash monogamy,” and people were pressured to participate. In her account about her time with the Weathermen, Susan Stern tells about one night when Mark Rudd, one of the leaders of the group, came into the room to have sex with Georgia, her roommate. Georgia tried to fend him off, telling him, “I don’t want you. I want Mike…. I can’t help it. I love him.” Rudd told her, “You have to put the demands of your collective above your love. Nothing comes before the collective.”38 I suspect that all of these groups believe that their rules about sexual behavior are right and important for religious or political reasons. But the need to preserve the identity of the group and sense of intra-group order, however conceived, contributes significantly to the nature and stringency of the rules governing members’ sexual expression.
36 Janet Reitman, Inside Scientology: The Story of America's Most Secretive Religion (New York: Houghton Mifflin Harcourt, 2011), 324–325. 37 See, e.g., https://en.wikipedia.org/wiki/Fundamentalist_Church_of_Jesus_Christ_of_Latter-Day_Saints #Plural_marriage_and_placement_marriage. 38 Allen J. Matusow, The Unraveling of America: A History of Liberalism in the 1960s (New York: Harper, 1984), 340–341.
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It seems as if, for these groups and for the priestly authors of the Holiness Source in Leviticus, a violation of any one of the sexual rules or sexual boundaries winds up being perceived as a threat to all boundaries. This is so for H’s authors because any single violation results in the kind of impurity that could, according to the rhetoric of Lev 18 and 20, lead to their community’s dissolution and expulsion from the land. Group identity and even group existence, then, hinge on the maintenance of these boundaries. Ultimately, then, it is the need for social cohesion defined through external and internal boundaries that may be the greatest driving force behind the rules in these texts.
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Die nachexilische Prophetentheorie im Abschluss der SinaiOffenbarung in Lev 26 und im Abschluss des Pentateuchs in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums in Dtn 28–31* Eckart Otto
Der Jubilar hat vor einigen Jahren noch einmal nachdrücklich die Funktion der Heiligkeitsgesetzgebung in Lev 17–26 in der redaktionellen Formierung des Pentateuchs durch die Pentateuchredaktion unterstrichen, indem er einerseits die Verknüpfung von Lev 26 mit der postpriesterschriftlichen Sabbatgesetzgebung in Ex 31,12–17 und andererseits die Differenz zur post-priesterschriftlichen und post-deuteronomistischen Formierung des Hexateuchs in einer Hexateuchredaktion durch den Aufweis der Differenz zwischen dem mit Lev 26 verknüpften paränetischen Rahmenwerk u.a. in Lev 18,1–6 und dem Abschluss des Hexateuchs in Jos 24,1–28 herausarbeitet.1 Lev 26 als Abschluss der post-priesterschriftlichen Sinai-Offenbarung ist dabei ein Text von herausgehobener Intensität innerbiblischer Rezeptions- und Auslegungsrelationen mit Texten des Deuteronomiums, der Priesterschrift sowie der prophetischen Literatur insbesondere des Buches Ezechiel, was in Bezug auf die intensiven innerbiblischen Auslegungen Lev 26 wie Lev 17–26 insgesamt mit den nachexilischen Fortschreibungen im Deuteronomium, so insbesondere in Dtn 4 und Dtn 28–33 gemeinsam hat. Umso mehr stellt sich die Frage, wie die nachexilische Schriftauslegung in Lev 17–26 mit der im Deuteronomium literarisch verknüpft ist, und welche Perspektiven sich durch diese Verknüpfungen für die jeweiligen Prophetenbuchrezeptionen in Lev 17–26 und im nachexilischen Deuteronomium ergeben. Die Rezeption deuteronomischer und deuteronomistischer Segens- und Fluchmotive in Dtn 28 in Verheißung sowie Drohung in Lev 26 ist vielfach aufgezeigt worden, was an dieser Stelle keines erneuten Nachweises bedarf.2 Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Verknüpfungen von Lev 26 mit den post-deuteronomistischen Fortschreibungen im nachexilischen * 1
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Der Beitrag ist meinem langjährigen Kollegen Reinhard Achenbach gewidmet, der mir in den vielen Jahren der Zusammenarbeit in München und Münster ein verlässlicher Freund wurde. Siehe Reinhard Achenbach, „Das Heiligkeitsgesetz und die sakralen Ordnungen des Numeribuches im Horizont der Pentateuchredaktion,“ in The Books of Leviticus and Numbers, ed. Thomas Römer (Leuven: Peters, 2008), 145–175; cf. auch Walter Groß, Zukunft für Israel, SBS 176 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1998), 85–103 sowie Verf., „Innerbiblische Exegese im Heiligkeitsgesetz Levitikus 17–26,“ in Levitikus als Buch, ed. Heinz-Josef Fabry und Hans-Winfried Jüngling (Berlin: Philo, 1999), 125–196; Christophe Nihan, From Priestly Torah to Pentateuch. A Study in the Composition of the Book of Leviticus, FAT II/25 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2007), 535–545. Siehe u.a. Alfred Cholewiński, Heiligkeitsgesetz und Deuteronomium, AnBib 66 (Rom: Biblical Institute Press, 1976), 310–319.
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Deuteronomium. In der post-deuteronomistisch-nachexilischen Fortschreibung der Rahmung des Deuteronomiums in Dtn 11 ist auffällig, dass Mose in Dtn 11,13–15 vom Kontext mosaischer Rede abweichend JHWH in der ersten Person sprechen lässt. Einen derartigen Wechsel in die erste Person der Gottesrede vollzieht Mose als Ausleger der Sinai-Tora auch in Dtn 7,4–11, doch würde es zu kurz greifen, wollte man darin nur ein Stilmerkmal der Autoren der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums sehen: „Wenn ihr auf meine Satzungen (miṣwotaj) hört, auf die ich heute verpflichte, JHWH, euren Gott, zu lieben und ihm mit eurem ganzen Herzen und eurer ganzen Lebenskraft zu dienen, so werde ich eurem Land Regen geben zu seiner Zeit, Frühregen und Spätregen, und du wirst dein Getreide, deinen Wein und dein Öl ernten. Und ich werde für dein Vieh Gras auf deinem Feld wachsen lassen, sodass du zu essen hast und satt werden kannst“ (Dtn 11,13–15). Diese Verse sind u.a. durch das Motiv des zu seiner Zeit (be‘ittô) gegebenen Regens in Dtn 11, 14 ana- und kataphorisch auf Lev 26,3–4 einerseits und Dtn 28,12 andererseits bezogen. Der literarische Zusammenhang zwischen Dtn 11 und Lev 26 wird dadurch unterstrichen, dass das Lexem jebûl im Pentateuch abgesehen vom Moselied nur in Dtn 11,17 und Lev 26,4.20 belegt ist. Dtn 11,13–15 soll von den Verheißungen und Drohungen in Lev 26,3– 4.14–15 her gelesen werden und gleichzeitig auf Segen und Fluch in Dtn 28 und damit auf die mosaische Prophetie in dem Kapitel vorausweisen, wobei auch Dtn 11,16–17, wie durch die Verwendung des im Pentateuch auffälligen Lexems jebûl angezeigt, von Lev 26,19–20 her gelesen werden soll. Verheißt Lev 26,3–4, JHWH werde Regen zu seiner Zeit geben und so der Erdboden seinen Ertrag, so droht Lev 26,19–20 im Anschluss an Lev 26,14–15, dass JHWH den Himmel wie Eisen und den Erdboden wie Bronze machen werde, womit der deuteronomische Fluchspruch in Dtn 28,23 interpretiert wird.3 Die Motive von Verheißung und Drohung in Lev 26,3–4.16–20 werden in Dtn 11,13–17 zusammengezogen, was zeigt, dass Lev 26 der in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums vorausgesetzte Text ist in dem Sinne, dass wir es hier mit Autoren der literarischen Formierung des nachexilischen Pentateuchs zu tun haben, die dazu anhalten, die Verweise in Dtn 11 auf Dtn 28 im Horizont von JHWHs Verheißungen und Drohungen in Lev 26 zu lesen, die Mose als Erzprophet (Dtn 34,10–12) in Dtn 11 und Dtn 28 in der Rolle eines schriftgelehrten Tradentenpropheten auslegt und in Moab dem Volk verkündet. Auf den engen literarischen Zusammenhang zwischen Lev 17–26 und der nachexilischen Fortschreibung in Dtn 10–11* weist auch, dass nur in Lev 19,33–34 und Dtn 10,18–19 von einer Forderung der Fremdenliebe gesprochen wird und die von der Ägypten-‘aebaed-Motivik unterschiedene Ägypten-gerMotivik im Pentateuch nur im Rahmen der nachexilischen Pentateuch-Formierung im Bundesbuch in Ex 22,20; 23,9, in der Heiligkeitsgesetzgebung in Lev 19,14 und Dtn 10,19 belegt ist.4 Auffällig ist allerdings die intensive Rezeption des Buches Ezechiel in Lev 17–26, sodass 3 4
Siehe Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, HThKAT (Freiburg/Br.: Herder, 2017), 1994–1995.2007– 2008. Alle diese Befunde sprechen in der Summe nicht gerade für eine gesonderte, von der Pentateuchformierung unabhängige „Levitikusredaktion“, wie sie Christophe Nihan („Heiligkeitsgesetz und Pentateuch. Traditions- und kompositionsgeschichtliche Aspekte von Lev 26,“ in Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pentateuchdebatte, ed. Friedhelm Hartenstein und Konrad Schmid [Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2015], 186–218) vorgeschlagen hat.
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Die nachexilische Prophetentheorie
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sich die Frage nach ihrer literarischen und theologischen Funktion gerade in diesen Kapiteln des nachexilischen Abschlusses der Sinai-Offenbarung stellt. Dabei gilt es im Folgenden, auch die nachexilischen Fortschreibungen in Dtn 28–30 als Abschluss des Pentateuchs im Blick zu behalten. In der Heilsverheißung in Lev 26,3–13 werden die zwei redaktionell im Rahmen des Ezechielbuchs aufeinander bezogenen Verheißungen Ez 37,24–285 und Ez 34,23–31 rezipiert6 und dabei ineinandergeschoben und verzahnt, wobei Ez 34,23–31 den Rahmen abgibt, in den die Rezeption von Ez 37,24–28 eingefügt wird, was ein starkes Argument dafür ist, dass diese Verheißungen des Ezechielbuchs jeweils Prätexte für Lev 26 sind und nicht umgekehrt:7 „(Lev 26,3) Wenn ihr nach meinen Geboten lebt und meine Weisungen beachtet und sie tut, (Lev 26,4) dann werde ich euch Regengüsse zu ihrer Zeit geben (wenātattî gišmȇkaem be’ittām) und das Land wird seinen Ertrag geben (wenātenāh hāʹāraeṣ jebûlāh) und die Bäume des Feldes werden ihre Frucht geben (we‘eṣ haśśādaeh jitten pirjô). (Lev 26,5) Und die Dreschzeit wird sich für euch bis zur Weinlese erstrecken und die Weinlese bis zur Aussaat reichen, sodass ihr euer Brot esst bis ihr satt werdet (waʹakaltaem laḥmekaem lāśoba‘). Und ihr werdet sicher im Land wohnen (wîšabtaem lābaeṭaḥ beʹarṣekaem), und ich werde Frieden im Land geben, sodass ihr euch schlafen legt (wenātattî šālôm bāʹāraeṣ ušekabtaem) und es niemanden gibt, der euch Angst macht (weʹȇn maḥarîd). Und ich werde die wilden Tiere aus dem Land austilgen (wehišbattî hajjāh rā‘āh min haʹāraeṣ), und kein Schwert wird durch euer Land ziehen. (Lev 26,7) Und wenn ihr eure Feinde verfolgt, so werden sie vor euch durch das Schwert fallen. (Lev 26,8) Fünf von euch verfolgen hundert und hundert von euch verfolgen zehntausend, und eure Feinde werden vor euch durch das Schwert fallen. (Lev 26,9) Und ich werde mich euch zuwenden und euch fruchtbar und zahlreich machen und ich werde meinen Bund mit euch stärken (wahaqîmotî ʹaet berîtî ʹittekaem). (Lev 26,10) Und ihr werdet noch von dem alten Getreide essen, wenn das alte Getreide für das neue ausgeräumt wird. (Lev 26,11) Und ich setze meine Wohnung in eure Mitte (wenātattî miškānî betôkekaem) und ich werde euch nicht verabscheuen. (Lev 26,12) Und ich werde in eurer Mitte wandeln und ich werde euer Gott sein und ihr werdet mein Volk sein (wehājîtî lākaem leʹlohîm weʹattaem tihejû lî le’ām). (Lev 26,13) Ich bin JHWH, euer Gott (ʹanî JHWH ʹaeloȇkaem), der euch aus dem Land Ägypten herausgeführt hat, damit ihr keine Sklaven seid. Ich habe die Stange eures Jochs zerbrochen (wāʹaešbor moṭot ‘ullekaem) und euch aufrecht gehen lassen.“ Die Autoren von Lev 26 knüpfen in Lev 26,1–2 als Inklusion an Lev 19 an und fassen das Bilderverbot sowie in Anknüpfung auch an Ex 31,13 das Sabbatgebot und das der 5
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Ez 37,24 ist so eng auf Ez 37,25–28 bezogen, dass eine Abtrennung des Verses dem nicht gerecht wird; so mit Christophe Nihan, „Ezekiel 34–37 and Leviticus 26: A Reevaluation,“ in Ezekiel. Current Debates and Future Directions, ed. William A.Tooman and Penelope Barter, FAT 112 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2017), 153–178, hier 155 Anm. 6. Einen Überblick über die Forschungsgeschichte der literarischen Relationierung von Lev 26 mit dem Ezechielbuch gibt Michael A. Lyons, „How Have We Changed? – Older and Newer Arguments about the Relationship between Ezekiel and the Holiness Code,“ in The Formation of the Pentateuch. Bridging the Academic Cultures of Europe, Israel, and North America, ed. Jan C. Gertz et al., FAT 111 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 1055–1074. Die Übereinstimmungen zwischen Lev 26 und Ez 37; 34 sind gekennzeichnet durch Fettdruck für Ez 37,24–28 und Kursivdruck für Ez 34,23–31.
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Achtung vor dem Heiligtum zusammen und formulieren in Anknüpfung an das paränetische Fachwerk von Lev 17–26 in Lev 26,3 als Kondition der folgenden Verheißungen die Forderung des Gebotsgehorsams. Mit Lev 26,4 übernimmt die Rezeption der Ezechiel-Verheißungen die Führung.8 Aus Ez 34,23–31 wird in Lev 26,5 das Motiv der Sättigung übernommen und in Anknüpfung auch an Lev 25,19 formuliert. Daran schließt sich in Lev 26,5f das Motiv des sicheren Wohnens aus Ez 34,25b.27a* an. In Lev 26,6a wird das Motiv des šālôm rezipiert, das durch das Motiv des sicheren Wohnens (ušekabtaem weʹȇn maḥarîd) und das der Vernichtung der bösen Tiere, das an Ez 34,28b anknüpft, gerahmt und so herausgehoben wird. Der Mittelteil von Lev 26,9–11 wird durch Rezeptionen aus Ez 37,24b–28 formiert. Er beginnt mit dem auch in Ez 34 belegten Motiv des Friedensbundes aus Ez 37,26 und wird in Lev 26,11 mit dem Motiv der göttlichen Wohnstatt inmitten Israels fortgesetzt, das zusammen mit dem Bundesmotiv in Lev 26,9 durch die aus Ez 37,27 rezipierte Bundesformel in Lev 26,12b gerahmt und so herausgehoben wird. Die in Lev 26,13 die Heilsverheißungen abschließende Exodusformel wird durch das aus Ez 34,27b übernommene Motiv der zerbrochenen Jochstange erweitert und so ein Rahmen um das Motiv des sicheren Wohnens gebildet. Stellt man sich die Frage, was aus Ez 34,23–31 und Ez 37,24–28 nicht rezipiert, bzw. was umgeformt wurde, so fallen zwei in den Ezechiel-Texten zentrale Motive auf, die konsequent übergangen wurden. Das gilt für das Motiv des zukünftigen Davids, der in Ez 34,23–24 in der Funktion eines Hirten gezeichnet wird, wobei die Hirtenfunktion des kommenden Davids mit der Bundesmotivik verknüpft ist. Ez 34,23–24 ist analog zur zweiseitigen Bundesformel formuliert, woran in Ez 34,25 JHWHs Friedensbund mit seinem Volk mit der zweiseitigen Bundesformel in Ez 34,30 anschließt. Die Bundesmotivik in Ez 34,25–30 ist literarisch fest verknüpft mit den voranstehenden Versen in Ez 34,23–249 als Entfaltung der Segensmitt8
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Wenn Christophe Nihan („Ezechiel 34–37,“169 mit Anm. 62) seine vorhergehenden Interpretationen der Ezechielrezeption in Lev 26 nunmehr mit dem Argument revidiert, der Überschuss des Motivs der gišmȇ berākāh in Ez 34,26b über Lev 26,4 hinaus lasse sich nur mittels der Annahme erklären, das Motiv des von JHWH gespendeten Regens sei in Ez 34 aus Lev 26 rezipiert worden, sodass der Autor in Ez 34 sich genötigt sah, das rezipierte Motiv zu erklären. Doch ist das Motiv keineswegs erklärungsbedürftig, sondern eindeutig. Vielmehr ist die Beobachtung herbeizuziehen, dass in Lev 17–26 konsequent die Verwendung des Lexems brk vermieden wird und damit auch in Lev 26. Dass auch das Motiv der Rettung aus der Hand der hā’obdîm, das mit dem zu Lev 26 parallelen Motiv der zerbrochenen Jochstange verbunden ist, ebenfalls aus Lev 26 stammen soll, obwohl der Wortlaut abweichend ist, es in Ez 34,27 aber ein Fremdkörper bleibe, weil nicht klar sei, wer die Knechtenden seien, ist ein erstaunliches Argument. Warum sollte in Ez 34 ein Motiv aus Lev 26 übernommen worden sein, das ein Fremdkörper bleibt, wenn umgekehrt das Regenmotiv, das in Ez 34 keinerlei Spannung zum Kontext aufweist, als erklärungsbedürftig eingestuft wird. Hier zeigt sich die Unsicherheit des Autors in der Anwendung von Kriterien zur Feststellung der Rezeptionsrichtung, wenn darauf verzichtet wird, das jeweilige theologische Profil der Texte in ihren redaktionellen Kontexten mit in die Betrachtung einzubeziehen. Man wird also bei der Frage, ob das Motiv des sicheren Wohnens in Lev 26,13a in Ez 34,25b.27a.28b aufgeweitet, oder in Lev 26 zusammengefasst wurde, nicht davon absehen dürfen, dass das Motiv in Ez 34,23–31 mit dem des Friedensbundes in Ez 34,25 verknüpft ist, der in Lev 26 zugunsten des Rückbezugs auf den Bundesschluss am Sinai übergangen wurde. Siehe dazu Walther Zimmerli, Ezechiel, BKAT 13,1–2 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1969), 251.843–844, der zurecht die These von Gustav Hölscher (Hesekiel. Der Dichter und das Buch, BZAW 39 [Gießen: Töpelmann, 1924], 171; ähnlich noch wieder Karl-Friedrich Pohlmann, Der Prophet Hesekiel/Ezechiel Kapitel 20–48, ATD 22/2 [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2001], 464.467), neben
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lerschaft des David redivivus als Hirte über Israel.10 Dass die David-Motivik in Ez 34,23–31 fest verankert ist, zeigt sich schon daran, dass im Prätext dieser Verse in Ez 37,24–2811 der David redivivus in Ez 37,25 ebenfalls fest integriert und literarkritisch nicht zu eskamotieren ist, auch wenn im Unterschied zu Ez 34 der kommende David nicht so unmittelbar in die Funktion der Segensmittlerschaft eingebunden ist. Stattdessen wird anders als in Ez 34 die Funktion von JHWHs Heiligtum (miqdāš) inmitten des Volkes und JHWHs Wohnpräsenz (miškān) über dem Volk ins Zentrum gerückt, während David als Diener JHWHs die Aufgabe haben soll, Rechtsfunktionen wahrzunehmen, indem er für die Beachtung von JHWHs mišpāṭîm und ḥuqqîm verantwortlich sein soll. Ez 34 arbeitet dagegen die heilswirksame Funktion des zukünftigen Königs auf Kosten der Zentralstellung des Tempels in Ez 37 heraus. In Ez 34,24 wird der kommende David als Hirte und nāśîʹ in der Mitte des Volkes verheißen, als Amtsträger innerhalb des Friedensbundes in Ez 34,25, den JHWH mit seinem Volk schließen werde. Er wird also mit der Heilswirkung dieses Bundes verbunden sein, das Volk weiden und „die Schafe retten, damit sie nicht mehr zum Raub werden“ (Ez 34,22). Er wird dafür eintreten, dass die Heilsverheißungen des sicheren Wohnens im Lande, des Schutzes vor wilden Tieren und vor Versklavung Wirklichkeit werden. Der Friedensbund werde von Jerusalem ausgehend in seinem Umfeld Fruchtbarkeit und Sicherheit bewirken. Ez 34, 24–28 rezipiert zwar die Motivik des zukünftigen Davids, erweitert sie aber kräftig. In Ez 37 beschränkt sich die Hirtenfunktion des Königs auf seine Rechtsfunktionen, während die zentralen Funktionen der Sicherung der Verheißungen an die dauerhafte Präsenz JHWHs inmitten seines Volkes im Heiligtum gebunden wird. An die Stelle des miqdāšî betôkām in Ez 37,26–27 tritt in Ez 34,24 der nāśîʹ betôkām. Die Ankündigung in Ez 37,27, dass JHWHs miškān ‘alȇhaem sein werde, wird in Ez 34,23 zur Aussage transformiert, dass der David redivivus als ro‘aeh ‘alȇhaem eingesetzt sein werde.12 Mit wahaqimotî ‘alȇhaem ro’aeh ʹaeḥad wird auch die Bundesterminologie von Ez 16,60.62 auf den zukünftigen David übertragen. Wenn in Ez 34 der zukünftige David Platz und Funktion der Segensmittlerschaft übernimmt und damit in Konkurrenz zur Funktion des Heiligtums in Ez 37 tritt, so korrigieren die Autoren von Lev 26,1–13 mit der erneuten Einfügung des Heiligtums in Lev 26,2 und dem Gebot miqdāšî tîrāʹû, das mit dem für Lev 17–26 zentralen Sabbatgebot parallelisiert wird, sowie mit der Verheißung, JHWH werde seine Wohnung inmitten des Volkes (miškān betôkaem) nehmen, was mit der aus Ez 37 rezipierten Bundesformel verbunden wird, die Transformation von Ez 37 in Ez 34. Die priesterlichen Autoren von Lev 26,1–13 geben ihren Adressaten deutliche Hinweise darauf, wie sie die Akzentverschiebungen innerhalb des Ezechielbuchs zwischen Ez 37 und Ez 34 bewerten sollen, indem sie Mose als Erzpropheten gemäß Dtn 34,10–12 klare Position zugunsten von Ez 37 beziehen lassen. Die priesterlichen Autoren von Lev 26 verwahren sich gegen eine messianische Einschränkung der Bindung von JHWHs Segen an dessen Präsenz im Heiligtum. dem göttlichen Hirten in Ez 34,13–15 habe der menschliche David in Ez 34,23 „keinen Platz“, zurückweist. 10 Die LXX steigert die Segensmittlerschaft noch zu einer davidischen Bundesmittlerschaft. 11 Cf. dazu Pohlmann, Hesekiel, 467–468; Nihan, „Ezekiel 34–37,“ 171–175. 12 Christophe Nihan („Ezekiel 34–37,“ 172) will in dem Wechsel von maelaek ‘alȇhaem in Ez 37 zu maelaek betôkam in Ez 34 einen Hinweis auf den Kontrast zwischen einer „vertikalen“ und „horizontalen“ Interpretation der Herkunft des Davivididen sehen. Damit ist der Transformation, die Christophe Nihan als „subtle nuance“ beiseiteschiebt, kaum Genüge getan.
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Für die Autoren von Lev 26 hat das Ezechielbuch durchaus eine Bedeutung, sonst würden sie es nicht rezipieren, sodass man fragen muss, ob es für sie Autorität hat. Sie erkennen theologische Akzentverschiebungen und Differenzen innerhalb des Ezechielbuches, zu denen sie kritisch Stellung nehmen, indem sie mit Texten des Ezechielbuchs gegen Texte eben dieses Buches und also mit Ez 37 gegen Ez 34 argumentieren und im Medium der Textrezeption in Lev 26 Partei ergreifen.13 Die priesterlichen Autoren von Lev 26 wollen sich aber mit der Rezeption von Texten des Ezechielbuchs keineswegs unkritisch der Autorität dieser Texte unterordnen. Im Gegenteil ist ihre eigene Position prinzipiell kritisch gegenüber beiden Texten des Ezechielbuchs, wenn sie in der Rezeption das in beiden Texten nur unterschiedlich gewichtete Motiv des zukünftigen Davids streichen, doch geben sie damit verbunden ihren Adressaten auch kritische Hinweise auf die Akzentverschiebungen im Ezechielbuch. Die Verheißung in Ez 34,23, JHWH werde seinen Knecht als Hirten über Israel einsetzen (wahaqîmotî ‘alaehaem ro’aeh ʹaeḥad), wird in Lev 26,9 zu einer Bundesaussage umgeformt (wahaqîmotî ʹaet berîtî). Verbunden damit ist in Lev 26 eine weitere Transformation der Prätexte in Ez 37 und 34, insofern die Bezeichnung des künftigen Bundes als berît šālôm in Ez 37,26; 34,25 konsequent zugunsten der Bezugnahme auf die pentateuchischen Bundesschlüsse in den Büchern Genesis und Exodus übergangen wird. Wird durch die Anknüpfung an Ez 37 die messianische Verheißung in Ez 34 zugunsten des Heiligtumsfunktion, die mit JHWHs Präsenz inmitten des Volkes verbunden ist, eingeklammert,14 so wird darüber hinaus die Verheißung eines zukünftigen Friedensbundes der Kritik unterzogen zugunsten des bereits mit der Erzvätergeneration geschlossenen Bundes und terminologisch mit wahaqîmôtî ʹaet berîtî auf Gen 17,7.19 angespielt. Wenn diese Terminologie im Ezechielbuch von Ez 16,60.62 auf den kommenden David übertragen wird, so wussten sich die Autoren Lev 26 nicht zuletzt durch das Ezechielbuch berechtigt zu einer Rückabwicklung dieser Uminterpretation von Ez 37 in Ez 34. Wird in Ez 34,26 der Friedensbund als ein ewiger Bund bezeichnet, so kommt für die Autoren von Lev 26 eine solche Qualifizierung nicht einem zukünftigen Bund zu, sondern nur dem bereits geschlossenen Bund, dessen Bundeszeichen mit Lev 24,8 der Sabbat sein soll. Wird also das Motiv des Friedensbundes in der Rezeption in Lev 26 konsequent übergangen, so wird doch an dem von diesem Bund gelösten Motiv des šālôm umso intensiver festgehalten, der als JHWHs Gabe für Israels Gebotsgehorsam verheißen wird (wenātattî šālôm bāʹāraeṣ) und sich in Fruchtbarkeit des Landes und in einem sicheren Wohnen niederschlagen soll. Die Autoren von Lev 26 greifen mit der Rezeption von Ez 37 und 34 so grundlegend in die theologische Substanz beider Texte ein, sodass sich die Frage stellt, warum sie überhaupt 13 Entsprechendes ist auch in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums als Teil des Pentateuchs in Bezug auf das Jeremiabuch zu beobachten; siehe dazu Verf., „Scribal Scholarship in the Formation of Torah and Prophets. A Postexilic Scribal Debate between Priestly Scholarship and Literary Prophecy – The Example of the Book of Jeremiah and Its Relation to the Pentateuch” in The Pentateuch as Torah. New Models for Understanding Its Promulgation and Acceptance, ed. Gary N. Knoppers and Bernard M. Levinson (Winona Lake: Eisenbrauns, 2007), 171–184; Harald Knobloch, Die nachexilische Prophetentheorie des Jeremiabuches, BZAR 12 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009). Hier wie in der Rezeption des Ezechielbuches in Lev 26 geht es auch um die nachexilische Theorie des mosaischen Prophetenamtes im Pentateuch. 14 Man kann durchaus von einer antimessianischen Tendenz der Rezeption von Ez 34 in Lev 26 sprechen; siehe Verf., „Innerbiblische Exegese,“ 182.
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an so entscheidender Stelle des Abschlusses der Sinai-Offenbarung15 diese Texte rezipieren. Die entscheidende Differenz zwischen den ezechielischen Prätexten in Ez 37 sowie 34 und Lev 26 ist die Vorschaltung des Konditionalsatzes in Lev 26,3, der die Verheißung in Ez 37,24 „sie werden nach meinen Rechtssätzen leben (ubemišpāṭaj jelekû) und meine Gebote beachten und sie tun (weḥuqqotaj jišmerû we’aśû ó tam)“ mit dem paränetischen Rahmenwerk der Heiligkeitsgesetzgebung in Lev 22,31 (ušemartaem miṣwotaj wa‘aśîtaem ʹotam) zu einer Bedingung für die Erfüllung der folgenden Verheißungen verknüpft. Die Umformung zu einer Bedingung wird noch dadurch unterstrichen, dass mit Lev 26,1–2 auf die als Diptychon gestaltete Ordnung von Recht und Ethos in Lev 19, die Gebote aus dem Bundesbuch mit solchen aus dem Deuteronomium zusammenführt und ein Hauptpfeiler in der Struktur von Lev 17–26 ist,16 Bezug genommen wird, und die Einhaltung der Tora in ihrer Gesamtheit von Sinai-Tora und ihrer Auslegung im Deuteronomium zur Bedingung der Segensverheißung wird. Die Heilsbedeutung der mosaischen Tora ist der Streitpunkt zwischen den Autoren nachexilischer Tradentenprophetie17 im Ezechielbuch wie im Jeremiabuch und den nachexilische Autoren in Lev 17–26 wie im Deuteronomium als Teil der Tora des Pentateuchs. Ein weiterer, damit verbundener Streitpunkt, so zeigt die Ezechielrezeption in der Heiligkeitsgesetzgebung, ist die Frage, wie sich prophetische Texte, die den Anspruch erheben, Offenbarung JHWHs zu sein, zur mosaischen Vermittlung der Offenbarung in der Tora verhalten, was in Lev 26 anhand der Bundesmotivik durchdekliniert wird, der Frage also, ob noch ein neuer JHWH-Bund über die Bundesschlüsse in Israels Frühzeit hinaus geschlossen werde. In dieser Frage beziehen die priesterlichen Schriftgelehrten in Lev 26 die klare Position, dass es einen neuen Bund in Gestalt eines Friedensbundes jenseits des der Tora nicht geben könne und verweisen auf den Bundesschluss mit Abraham. Diese Diskussion wird in nachexilischer Zeit nicht nur in Lev 17–26 mit der ezechielischen Tradentenprophetie geführt, sondern gleichermaßen mit theologisch entsprechenden Positionen zwischen der jeremianischen Tradentenprophetie und den Autoren nachexilischer Fortschreibung im Deuteronomium als Teil der Tora18. Hier tritt an die Stelle der Verheißung des Neuen Bundes in Jer 31,31–34 die Verheißung der Herzensbeschneidung in Dtn 30,6 im Rahmen der Heilsverheißung in Dtn 30,1–10.19 Wie in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums als Teil des Pentateuchs Mose als Gestalt eines Propheten gezeichnet und die mosaische aller nachmosaischen Prophetie vorgeordnet wird, verfahren die nachexilischen Autoren in Lev 17–26, indem sie in Lev 26, eingeleitet durch Lev 25,1 „und JHWH sprach zu Mose auf dem Berg Sinai“, JHWH Verheißung und Drohung vortragen lassen, die Mose als Ausleger der 15 Siehe dazu Verf., „Das Ende der Toraoffenbarung. Die Funktion der Kolophone Levitikus 26,42 und 27,34 sowie Numeri 36,13 in der Rechtshermeneutik des Pentateuch,“ in Auf dem Wege zur Endgestalt von Genesis bis II Regum. FS Hans-Christoph Schmitt, ed. Martin Beck und Ulrike Schorn, BZAW 370 (Berlin; New York: de Gruyter, 2006), 191–201. 16 Siehe dazu Verf., „Theologische Ethik des Alten Testaments,“ ThW 3/2 (Stuttgart: Kohlhammer, 1994), 235–236.243–248. 17 Zum Begriff der Tradentenprophetie siehe Odil Hannes Steck, Studien zu Tritojesaja, BZAW 203 (Berlin; New York: de Gruyter, 1991), V–VI.26–27.270–277. 18 Siehe Verf., „Jeremia und die Tora. Ein nachexilischer Diskurs,“ in idem, Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Aufsätze, BZAR 9 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), 515–560; Benedetta Rossi, „Conflicting Patterns of Revelation: Jer 31,33–34 and Ist Challenge to the Post-Mosaic Revelation Program,“ Bib 98 (2017), 202–225. 19 Siehe Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, 2073.2076–2077.
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Sinai Offenbarung in Dtn 28–30 auszulegen und in prophetischer Funktion dem Volk vorzutragen hat.20 Im Hintergrund steht dabei die Idee des ezechielischen Wächteramtes in Ez 33, das nach Meinung der Autoren von Lev 26 nur angemessen wahrgenommen wird, wenn der Befolgung der pentateuchischen Tora die Schlüsselstellung für die Zukunft Israels eingeräumt wird. Die Anspielungen in Lev 26 auf Ez 33 sind zahlreich und gezielt gesetzt, um den nachexilischen Adressaten von Lev 26 auch diesen Zusammenhang erkennbar zu machen. Von einem Kommenlassen des Schwertes (bô‘ [Hi] ḥaeraeb ‘al) sprechen Ez 33,2 und singulär im Pentateuch Lev 26,25, von gillûlîm Ez 33,25 und Lev 26,30, von geʹôn ‘oz Ez 33,28 und wiederum im Pentateuch singulär Lev 26,19. Beide Texte schildern in Ez 33,28–29 und Lev 26,30–33 jeweils die Verwüstung des Landes.21 Wenn die nachexilischen Autoren von Lev 26 intensiv prophetische Texte rezipieren,22 machen sie deutlich, dass es ihnen auch darum geht, Moses prophetischer Verkündigung in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums als Auslegung der Sinai-Offenbarung eine der Prophetie von zukünftigem Unheil und Heil Israel zugrundeliegende Offenbarung JHWHs am Sinai zuzuordnen und auf diese Weise Moses Funktion als des Erzpropheten dem Epitaph des Pentateuchs in Dtn 20 Die Auslegung der sinaitischen Tora im Deuteronomium beschränkt sich in nachexilischer Theorie keineswegs nur auf die sinaitischen Gesetze in Bundesbuch und Heiligkeitsgesetzgebung, sondern auf die JHWH–Offenbarung am Sinai insgesamt; siehe dazu Ex 24,12 und Dtn 1,1–5; cf. Verf., „Mose, der erste Schriftgelehrte. Deuteronomium 1,5 in der Fabel des Pentateuch,“ in L’Ecrit et l’Esprit. FS Adrian Schenker, ed. Dieter Böhler et al., (Fribourg: Academic Press / Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2005), 273–284; idem, „Rechtshermeneutik im Pentateuch,“ in idem, Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Aufsätze, BZAR 9 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), (490–514) 498–501.506–507; idem, Deuteronomium 1,1–4,43, HThKAT (Freiburg/Br.: Herder, 2012), 298–328. 21 Dass damit in Lev 26 Lexeme genutzt werden, die im Pentateuch singulär, für das Ezechielbuch aber charakteristisch sind, zeigt, dass Ez 33 Prätext für Lev 26 ist. Die Verknüpfung von Ez 37,24–28 mit Ez 40–48 zeigt u.a. Ez 37,26–27 mit dem Nebeneinander von miqdāšî betôkām und miškānî ‘alȇhaem, die auf das Heiligtum in Ez 48,8–22, das auf dem höchsten Berg über Israel errichtet werden soll (Ez 40,2), ausgerichtet sind. Dass das letztere Motiv in Lev 26 nicht genannt wird, ist kein Hinweis darauf, dass Lev 26 Prätext für Ez 37 ist, sondern zeigt an, dass die Autoren von Lev 26 es mit dem am Sinai errichteten Heiligtum identifizieren und die Motivik eines neuen Heiligtums in Jerusalem, das nach der Katastrophe zu errichten sei, übergehen. Das Ezechielbuch also ist auch an dieser Stelle der Prätext für Lev 26. Das gilt auch gegen Ariel Kopilovitz, „What Kind of Priestly Writings Did Ezechiel Know?,“ in The Formation of the Pentateuch, ed. Jan C Gertz et al., (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 1041–1054. Benjamin Kilchör („Überlegungen zum Verhältnis zwischen Levitikus 26 und Ezechiel und die tempeltheologische Relevanz der Abhängigkeitsrichtung,“ ZAR 24 [2012], 295–306) weist zurecht darauf hin, dass die Argumentation bei Ariel Kopilovitz nicht konstant ist. Seiner Lösung, um eine Rezeption von Lev 26 im Ezechielbuch zu begründen, dass mit Tobias Häner (Bleibendes Nachwirken des Exils. Untersuchungen zur kanonischen Endgestalt des Ezechielbuches, HBS 78 [Freiburg/Br.: Herder, 2014], 278) Lev 26,40–45 und Lev 26,14–38 zu einer einheitlichen Drohrede zusammenzuziehen seien, widerspricht nicht zuletzt der Personenwechsel, der Lev 26,40–45 von der voranstehenden Drohrede abhebt. Nicht die Beziehung zum Ezechielbuch klärt den Aufbau von Lev 26, sondern die nachexilische Fortschreibung des Pentateuchs, die Lev 26 als Abschluss der Sinai Offenbarung mit dem Abschluss des Pentateuchs in Dtn 28–30 verknüpft und von daher strukturiert; siehe im Folgenden. 22 Cf. dazu auch Reinhard Müller („A Prophetic View of the Exile in the Holiness Code: Literary Growth and Tradition History in Leviticus 26,“ in The Concept of Exile in Ancient Israel and Its Historical Context, ed. Ehud Ben Zvi and Christoph Levin [Berlin; Boston: de Gruyter, 2010], 207–228), der die Breite der Rezeption prophetischer Texte in Lev 26 betont. Es gilt an dieser Stelle, die sich daraus ergebenden theologischen Schlussfolgerungen zu ziehen, die über eine Verarbeitung des Exils im Pentateuch hinausgehen.
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34,10–1223 entsprechend zur Geltung zu bringen und im Abschluss der Sinai-Offenbarung zu verankern. Warum aber werden in Lev 26 gerade Ez 37 und 34 so intensiv bis in den Wortlaut hinein rezipiert? Der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage sind die Stellung und Bedeutung dieser Prätexte von Lev 26 in ihren jeweiligen Kontexten im Ezechielbuch. Ez 37,24–28 hatte in der den Autoren von Lev 26 vorliegenden Fassung des Ezechielbuchs seine unmittelbare Fortsetzung im sog. „Verfassungsentwurf“ in Ez 40–4824 und war als Brückentext zu Ez 40– 48 konzipiert worden. Es geht den Autoren von Lev 26 auch darum, zum Abschluss der SinaiOffenbarung Ez 40–48 als Gegenentwurf zur nachpriesterschriftlichen Sinaiperikope Paroli zu bieten. Die Verheißungen in Ez 37,24–28 haben in der Gottespräsenz ihren Höhe- und Zielpunkt und weisen damit auf den Neuen Tempel in Ez 40–43 voraus.25 Durch den Abschluss in Lev 26 wird die Sinai-Offenbarung insgesamt dem „Verfassungsentwurf“ in Ez 40–48 einschließlich der Gesetzessammlung in Ez 44,6–46,18 entgegengesetzt und der Berufung auf einen zukünftigen Friedensbund als Begründung der Gottespräsenz in einem Neuen Tempel die Legitimation entzogen. Stattdessen offenbart JHWH seinem Erzpropheten in Lev 26 Verheißungen und Drohungen, die auf die Sinaitora bezogen sind, die Mose im Land Moab dem Volk mit Dtn 28–30 verkünden und auslegen wird. Wenn in Lev 26 der zukünftige David in Ez 37 übergangen wird, so wird auch dem nāśîʹ in Ez 45–46 die Legitimation entzogen. Dazu aber muss auch Ez 34,23–31 rezipiert werden, um den David redivivus auch hier übergehen zu können. Mit der Ankündigung von Heil und Unheil von schlechten und dem guten Hirten in Ez 34 ist die Einsetzung Ezechiels in das prophetische Wächteramt in Ez 33,1–20 und die Zusage der Verlässlichkeit des Gotteswortes in Ez 33,30–33 verknüpft,26 sodass mit der Rezeption von Ez 34,23–31 auch das Thema des mosaischen Prophetenwortes in den Blick rückt.27 Die Abfolge von JHWHs Segensverheißung, Drohrede und erneuter Segensverheißung in Lev 26 ist auf den ersten Blick ungewöhnlich und folgt zunächst mit der Abfolge von Segensverheißung und Drohrede der Abfolge von Segen und Fluch in Dtn 28, die der nachexilischen Fortschreibung bereits durch das deuteronomistische Deuteronomium vorgegeben 23 Siehe dazu Konrad Schmid, „Der Abschluss der Tora als exegetisches und historisches Problem,“ in idem, Schriftgelehrte Traditionsliteratur. Fallstudien zur innerbiblischen Schriftauslegung im Alten Testament (Tübingen: Mohr Siebeck, 2011), (159–184) 163–166; Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, 2279–2286. 24 Der vorhexaplarische Papyrus 967 schließt Ez 38–39 an Ez 36,16–23 an und hat eine gegenüber MT ursprünglichere Textabfolge bewahrt; siehe dazu Michael Konkel, „Das Ezechielbuch zwischen Hasmonäern und Zadokiden,“ in Juda und Jerusalem in der Seleukidenzeit. Herrschaft – Widerstand – Identität. FS Heinz-Josef Fabry, ed. Ulrich Dahmen und Johannes Schnocks (Göttingen: V&R unipress, 2010), 59–78; idem, „Die Ezechiel–Septuaginta, Papyrus 967 und die Redaktionsgeschichte des Ezechielbuches – Probleme und Perspektiven am Beispiel von Ez 34–43,“ in Das Buch Ezechiel. Komposition, Redaktion und Rezeption, ed. Jan C. Gertz et al. (Berlin; Boston: de Gruyter, 2020), 43–62; cf. aber auch HeinzJosef Fabry, „Ezechiel in Qumran und Masada – Bezeugung und Rezeption,“ in a.a.O., 1–41. 25 Siehe dazu Thilo A. Rudnig, Heilig und Profan. Redaktionskritische Studien zu Ez 40–48, BZAW 287 (Berlin; New York: de Gruyter, 2000), 65–71; Pohlmann, Hesekiel 20–48, 505. 26 Siehe Pohlmann, a.a.O., 456–458. 27 Fragen der Relationierung von mosaischer Tora und Prophetenwort im Pentateuch werden in der nachexilischen, auch mit Lev 26 verknüpften Fortschreibung des Deuteronomiums geklärt. In Lev 26 ist Ez 33 mit Ez 34 verknüpft als Prätext des mosaischen Prophetenamtes im Blick.
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war. Doch darüber hinaus folgt der Drohrede in Lev 26,40–45 verknüpft durch Lev 26,39 eine erneute Heilsverheißung. Diese Abfolge in Lev 26 bedarf der Erklärung, der eine literarkritische Abtrennung von Lev 26,40–45 nicht dienlich ist. Lev 26,1–38.(39) bezieht sich, so die Einleitung in Lev 25,1–2, als JHWH-Rede auf die erzählte Zeit Israels in der Wüste am Sinai, die aber insofern zeitimmanent transzendiert wird, als Mose die Gottesrede vom Sinai erst im Land Moab dem Volk der zweiten Generation kundtun wird. Darüber hinaus erhält Lev 26 durch die Rezeption prophetischer Prätexte eine die erzählte Zeit transzendierende Dimension, die die Situation nach der Zerstörung Jerusalem und des Exils in der Erzählzeit28 in den Blick rückt. Es ist eine der Funktionen der Rezeptionen und Anspielungen auf prophetische Texte in Lev 2629, JHWHs Verheißungs- und Drohrede in Lev 26,1–38 einen Bezug zur nachexilischen Erzählzeit als Referenzzeit zu verleihen, ohne die Situierung am Sinai als erzählte Zeit zu verlassen. Das ändert sich mit Lev 26, (39).40–45. Diese erneute Heilsankündigung hebt sich von der Verheißung in Lev 26,1–13 nicht nur durch den Personenwechsel ab, sondern auch dadurch, dass sie als JHWHs Heilsankündigung nicht an die Bedingung des Gebotsgehorsams gebunden ergeht. Die Abfolge von konditionaler Verheißung und Drohung mit anschließender Heilsverkündigung in Lev 26 entspricht dem Aufbau von Dtn 28–30 in der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums. Auch hier folgt auf Segen und Fluch in Dtn 28,1–45a mit Dtn 28,45b–68 JHWHs Ankündigung des zukünftigen Schicksals des Volkes Israel, das im Gegensatz zu Lev 26,39–45 nicht ein solches des Heils, sondern des Unheils sein werde. Die literarische Verknüpfung von Lev 26 mit Dtn 28,45*–68 ist unübersehbar.30 Wie in Lev 26,39–45 wird auch in Dtn 28, 45*–68 vorausgesetzt, dass die Gebote gebrochen wurden und die Referenzzeit von der erzählten Zeit zur Erzählzeit wechselt, was in Dtn 28 durch die Fabelinkongruenz aufgrund des Motivs der Tora-Rolle in Dtn 28,58 und einen Numeruswechsel angezeigt wird.31 Die Flüche in Dtn 28,15–45* werden in der prophetischen Rede in Dtn 28,45*–68 auf die Katastrophe Jerusalems appliziert. Hier wie dort gilt in der prophetischen Ankündigung das Gebot des Gebotsgehorsams als bereits verletzt und der Bund auf Seiten Israels als gebrochen (Lev 26,15.25), was auch für die nachexilische Fortschreibung im Deuteronomium gilt, wie die Fortsetzung der prophetischen Rede von Dtn 28,45*–68 in Dtn 29,15–30,30 zeigt, die in Dtn 29,24 den Bruch des Bundes auf Seiten Israels konstatiert. Die Abfolge in Dtn 28,45b–68; 29,15–30,20 28 Zur Differenzierung von Erzählzeit und erzählter Zeit siehe Verf., Das Gesetz des Mose (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007), 98–103; zur antiken Literaturtheorie des Pentateuchs im Deuteronomium siehe auch idem, Deuteronomium 1,1–4,43, 258–263. 29 Siehe Jer 4,4–5 (Lev 26,25.41); Jer 8,3 (Lev 26,36.39); Jer 9,25 (Lev 26,41); Jer 11,10 (Lev 26,15); Jer 18,16 (Lev 26,32); Jer 19,9 (Lev 26,29); Jer 34,17 (Lev 26,25–26). Norbert C. Baumgart („Überkommene Traditionen neu aufgearbeitet und angeeignet. Das Heiligkeitsgesetz in Exil und Diaspora,“ BZ 43 [1999], [1–25] 19) weist auf die Nähe von Lev 26 zu Jer 14 hin. Als in Lev 26 rezipierte Prophetentexte sind auch Jes 40,2 (Lev 26,43) und Am 4,6–12 zu nennen; zur Rezeption dieses Textes in Lev 26 siehe John Kessler, „Patterns of Descriptive Curse Formulae in the Hebrew Bible, with Special Attention to Leviticus 26 and Amos 4:6–12,“ in The Formation of the Pentateuch, ed. Jan C. Gertz et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 945–984. 30 Das gilt sowohl für die Motive wie für den Sprachgebrauch. Für die Schilderung der Belagerung Jerusalems in Dtn 28,52–57 und den damit verbundenen Kannibalismus ist Lev 26,29 einschlägig. Das Lexem ʹbd (Hi) „vernichten“ ist als Faktitiv der Drohrede abgesehen von Dtn 7–8 nur in Dtn 28,51.63 und Lev 26,30 belegt. 31 Siehe Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, 2015–2016.
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Die nachexilische Prophetentheorie
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entspricht also insofern der in Lev 26 als auch im nachexilischen Deuteronomium in der prophetischen Rede auf die Unheilsankündigung mit Dtn 30,1–14 eine unbedingte Heilsankündigung folgt, die ebenfalls durch einen Personenwechsel angezeigt auf die Erzählzeit als Referenzzeit bezogen ist. Hier wie dort ergeht die Ankündigung von Heil jenseits der Katastrophe von Exil und Zerstörung Jerusalems, was durch die Anspielungen an prophetische Texte in Lev 26,14–38 angezeigt und durch Dtn 28,45*–68 expliziert wird, sodass Lev 26 auch zur Offenbarungsgrundlage der mosaischen Prophetie in Dtn 4 und 28–30* wird.32 Stellt sich im Deuteronomium die Frage, wo JHWH Mose zu den Inhalten seiner Prophetie in Dtn 4 und 28–30* ermächtigt habe, so ist die Antwort in Lev 26 zu finden. Erst in Dtn 31,16–21 ergreift JHWH wieder das Wort. Die Autoren von Lev 26 und Dtn 31 stellen einen für ihre Adressaten leicht zu erkennenden literarischen Zusammenhang zwischen diesen JHWH–Reden her, indem sie mit hpr ʹaet berîtî ein Lexemgefüge verwenden, dass neben Gen 17,14 nur in Lev 26,15.44 und Dtn 31,16.20 mehrfach verwendet wird. JHWH bestätigt in Dtn 31,16– 21 nicht nur Moses Unheilsprophetie in Dtn 4; 28–29*, sondern auch seine eigene Drohrede in Lev 26,14–38. Auffällig ist in Lev 26,39.41, dass JHWH ankündigt, der Rest (hannišʹārîm) werden ihr unbeschnittenes Herz demütigen. Die Kommentatoren haben sich, sofern sie es nicht gleich übergehen (Martin Noth), mit der Interpretation dieses Motivs schwergetan und sprechen vom unbeschnittenen als einem unsensiblen („thickened“) Herz (Jacob Milgrom), oder sehen darin eine Metapher für die „Abkapselung“ von JHWH (Erhard S. Gerstenberger), oder einen Verweis auf Gen 17 (Thomas Hieke). Doch in Anknüpfung an Jer 9,25 wird mit dem Motiv des unbeschnittenen Herzens in Lev 26,41 die Heilsankündigung der Herzensbeschneidung durch JHWH in Dtn 30,6 im Rahmen der Heilsverheißung in Dtn 30, 1–14 vorbereitet, um so den Abschluss der Sinai-Offenbarung mit dem des Pentateuchs im Deuteronomium zu verknüpfen. Auf dem Hintergrund von Dtn 28–30 löst sich nun auch ein Grundproblem der Interpretation von Lev 26 in Gestalt des Nebeneinanders der Heilsverheißungen in Lev 26,3–13 und Lev 26,39–45. Gegenüber der strahlenden Heilsverheißung von Sicherheit und Fruchtbarkeit im Land in Lev 26,3–13 fehlen in Lev 26,39–45 derartige Züge und beschränkt sich dort die Heilsankündigung darauf, dass JHWH trotz des Bundesbruchs des Volkes seinerseits den Bund nicht auflösen und den Rest des Volkes unbeschnittenen Herzens auch im Feindesland nicht verlassen werde. Dann aber ist, wenn Lev 26,39–45 auf die Erzählzeit als Referenzzeit nachexilischer Adressaten bezogen ist, zu fragen, welche Funktion den Verheißungen in Lev 26,3–13 zukommen soll. Sind sie etwa durch Israels Bundesbruch abgetan, oder dennoch für die nachexilische Zeit gültig? Durch die Verknüpfungen mit der mosaischen Prophetie in Dtn 28–30 wird die Zuordnung von Lev 26,39–45 zu Lev 26,1–13 für die Adressaten verständlich, wird hier doch zwischen der Jetzt-Zeit der nachexilischen Adressaten und der von Mose als Prophet angekündigten zukünftigen Heilszeit unterschieden. Die Jetzt-Zeit als Zeit „zwischen den Zeiten“ nach der Katastrophe und vor der zukünftigen Heilszeit der Herzensbeschneidung in Dtn 30,6 steht unter der paränetisch mit Nachdruck im Deuteronomium
32 Siehe dazu Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, 1999.2011–2019.2048–2052.2061–2074; cf. dazu auch Reinhard Achenbach, „Die Prophezeiungen des Mose in Deuteronomium 28–32,“ ZAR 20 (2014), (147– 179) 167–168.; Thomas Hieke, Levitikus 16–27, HThKAT (Freiburg im Br.: Herder, 2014), 1090.
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vorgetragenen Aufforderung zum Gebotsgehorsam.33 Die nachexilische Redaktion in Lev 26 und Deuteronomium 28–30* ist von der Sorge geprägt, dass Israel nach der babylonischen Katastrophe der Forderung des Gebotsgehorsams erneut nicht folgen könnte. Sie wirkt dem in Dtn 30,19–20 mit der nach der Verheißung in Dtn 30,1–14 mit der zukünftigen Herzensbeschneidung in Dtn 30,6, die allen Gebotsungehorsam aufhebt, erneuerten Paränese entgegen:34 Ich rufe heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch auf. Das Leben und den Tod lege ich vor euch hin, den Segen und den Fluch, sodass du das Leben wählen kannst, damit du und deine Nachkommen leben werden, um JHWH, deinen Gott, zu lieben, auf seine Stimme zu hören und ihm anzuhängen, denn er ist dein Leben und die Länge deiner Tage, um in dem Land zu wohnen, das JHWH deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob zugeschworen hat, es ihnen zu geben (Dtn 30,19–20).
Die auf die Erzählzeit und also unmittelbar auf die Zeit der Adressaten als Referenzzeit bezogene Heilsankündigung von JHWHs Bewahrung des Bundes mit Israel in Lev 26,39–45 entspricht der Situation „zwischen den Zeiten“, in der die nachexilischen Autoren die Gebotsparänese des Deuteronomiums in der Erzählzeit lozieren. Wie dort in Dtn 30,15–20 sind die Adressaten von Lev 26,39–45 noch von der Katastrophe gezeichnet unbeschnittenen Herzens. Auch für sie liegt Dtn 30,6 mit der Beschneidung des Herzens noch in der Zukunft, was ein Licht auch auf Lev 26,1–38 wirft. Der in Lev 26,1–3 am Sinai von JHWH geforderte Gebotsgehorsam ist von Israel im Verheißenen Land nicht erbracht und der Bund gebrochen worden, sodass die Unheilsdrohung in Lev 26,14–38 Realität wurde. Doch nun nach der Katastrophe „zwischen den Zeiten“ vor der Herzensbeschneidung in Dtn 30,1–14 gilt erneut die Forderung des Gebotsgehorsams und haben die Adressaten zwischen Heil und Unheil zu wählen. Erfüllen sie die Forderung des Gebotsgehorsams, gilt ihnen die Heilsverheißung in Lev 26,1–13 und in Dtn 30,1–14. Brechen sie erneut den Bund gilt wieder die Drohung des Unheils in Lev 26,14–38, die eine endgültige sein wird, woran Moses Auslegung von Lev 26 im Deuteronomium in Dtn 28–30 keinen Zweifel lassen wird.35 33 Siehe Verf., Deuteronomium 23,16–34,12, 2051–2077. Das literarische Verhältnis zwischen Lev 17–26 und den nachexilischen Fortschreibungen im Deuteronomium ist keine Beziehung einliniger Rezeption. Lev 17–26 rezipiert das deuteronomistische Deuteronomium wie umgekehrt die nachexilischen Fortschreibungen des Deuteronomiums auf Lev 17–26 Bezug nehmen, wie anhand von Dtn 11 in diesem Beitrag gezeigt wird, was auch für Dtn 12 im Verhältnis zu Lev17 gilt; siehe Verf., Deuteronomium 12,1– 23,15, 1147–1167. Die unterschiedlichen deuteronomistischen und priesterschriftlichen Akzentuierungen der nachexilischen Pentateuchformierung im nachexilischen Deuteronomium und in der nachexilischen Heiligkeitsgesetzgebung erklären sich aus den unterschiedlichen Kontexten ein– und derselben Redaktion. In Lev 17–26 geht es um die Integration der Priesterschrift und ihrer Fortschreibungen in den post–priesterschriftlichen Pentateuch, im Deuteronomium um die Integration des deuteronomistischen Deuteronomiums in den Pentateuch. siehe Verf., „Priesterschrift und Deuteronomium im Buch Levitikus. Zur Integration des Deuteronomiums in den Pentateuch,“ in Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pentateuchdebatte, ed. Friedhelm Hartenstein und Konrad Schmid (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2015), 161–185; idem, „The Integration of the Post-Exilic Book of Deuteronomy into the Post– Priestly Pentateuch,“ in The Post-Priestly Pentateuch. New Perspectives on its Redactional Development and Theological Profiles. FS Jean Louis Ska (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015), 331–341. 34 Zur Strukturierung von Dtn 30 siehe Verf. Deuteronomium 23,16–34,12, 2037–2044.2066–2074. 35 Wird dieser Zusammenhang mit der nachexilischen Fortschreibung des Deuteronomiums in Dtn 28–30* erkannt, entfällt das Hauptargument für eine Abtrennung von Lev 26,40–45 mit dem Argument, dass JHWH in Lev 26,38–39 die totale Vernichtung Israels angedroht habe, so zuletzt Kopilovitz, „Writings,“ 1042–1043.
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Vom Déjà-vu zum Tête-à-Tête? Anmerkungen zum Verhältnis von Numeri und Chronik Christian Frevel
Mit dem Titel „Die Vollendung der Tora“ hat Reinhard Achenbach eine ausgesprochen treffende Charakterisierung des Numeribuches vorgenommen. Diese Formulierung überschreibt zwei Abschnitte in seiner großen und in vielerlei Hinsicht wegweisenden Studie zum Numeribuch. Neben dem Schlussabschnitt trägt auch der vierte Hauptteil den Titel „Die Vollendung der Tora durch die theokratischen Ordnungen Israels“. Darin beschreibt Achenbach die drei ineinandergreifenden Überarbeitungen des Numeribuches, die im 4. Jh. v. Chr. auf die Hexateuch- und Pentateuchredaktion folgen und mehr als ein Drittel des Gesamtbestandes ausmachen.1 Diese theokratische Bearbeitung – und Achenbach spricht von ihr oft im Singular – „formt das Numeribuch um zu einer großen Ursprungslegende einer hierokratisch geführten israelitischen Theokratie“.2 Die Differenzierung der dreigeteilten Bearbeitungen ist nun nicht so zu denken, dass es drei randscharf getrennte Redaktionen waren, die das Numeribuch einer durchgehenden Revision unterzogen haben. Es handelt sich auch weniger um redaktionelle Fortschreibungen in einzelnen Texten als um Phasen, Schübe, in denen „summarische[n] Ergänzungen des Pentateuchs“3 erfolgten. Mehrfach spricht Achenbach hier von Midraschim im Numeribuch. Kernstück ist die Formung „des durch Num 1–10 – 11– 25 – 26–36 im wesentlichen nach-endredaktionell geformten Triptychons […] aller Wahrscheinlichkeit nach nach Esra und vor der Ausformung der Chronik“.4 Eine entscheidende Bedeutung dafür hat die Komposition in Num 16–18, die auf die Gestalt des Hohenpriesters zuläuft: „Die Theokratie der spät-persischen und der hellenistischen Zeit ist durch ihn [den Schlüsseltext Num 16–18, Anm. vom Verf.] und mit ihm geboren. Die Tora kann nun nur noch durch die nötigen Regularien des Sakralrechts bzw. durch die sakralrechtliche Ordnung der um den Kultus konzentrierten Gesellschaft vollendet werden. Dem dient die theokratische Bearbeitung.“5 Diese Überformung der Ursprungserzählung der Tora mit einer hierokratischen Idee findet in der späten Perserzeit statt und ist für Achenbach auch in ihr abgeschlossen: „Die Redaktionsgeschichte des Pentateuchs hat sich in der Achämenidenzeit
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Vgl. Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 638. Achenbach, Vollendung, 632. Achenbach, Vollendung, 628.622. Achenbach, Vollendung, 452–453. Achenbach, Vollendung, 128.
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ereignet.“6 „Als Alexander der Große die Satrapie Transeufratene von den Persern übernahm, war das Gesetz der hierokratisch-theokratisch verfaßten Judenheit, die Mosetora, vollendet.“7 Die Tora kommt über ihre theokratische Verfassung zu einem inneren Abschluss; die eigentliche Finalisierung des Redaktionsprozesses thematisiert Achenbach hingegen kaum. Ganz am Schluss der Untersuchung legt er dann noch einmal einen Akzent auf die Frage des Pentateuchabschlusses, die durch die theokratischen Bearbeitungen aus dem Blick zu geraten drohte. Nachdem er die Übertragung des Motivs der Erstgeburtsabgabe auf die Leviten als Midrasch gekennzeichnet hat und mit dem Initialopfer der Stammesfürsten in Num 7, den Überlieferungen von Num 31, dem Itinerar Num 33,1–49 und den Novellierungen in Num 9 und 36 eine Reihe von in sich sehr disparaten redaktionell letzten Ergänzungen benannt hat, lautet der letzte gewichtige Satz der Untersuchung: „Der Forschreibungsprozeß (sic!) war an eine Grenze geraten und nurmehr im Rahem (sic!) eines Neuentwurfs der Geschichte des Tempels und der Königszeit in den Chronikbüchern möglich. Die Tora war in einem äußeren Sinne vollendet und wurde kanonisch.“8 Hier stellen sich viele Fragen, etwa die, wie Abschluss und Kanonisierung miteinander zusammenhängen und was mit „an eine Grenze geraten“ genau gemeint ist. Vor allem aber ist das angedeutete Verhältnis zur Chronik angesprochen. Die Chronik steht der Tora in einer literargeschichtlichen Sukzession dabei ebenso en bloc gegenüber wie die Kanonisierung dem Abschluss. Für die Kanonisierung ist festzuhalten, dass es nicht den einen Zeitpunkt gibt, an dem Abschluss und Kanonisierung zusammenfallen, sondern der kanonische Prozess komplexer zu konzeptualisieren ist.9 Die Tora ist normative Bezugsgröße lange vor ihrem Abschluss und es gibt keine formale Kanonisierung, die – sei es durch äußeren Einfluss oder eine bewusste Setzung – den kanonischen Status einmalig der Tora zuspräche, sodass er von diesem Zeitpunkt an gilt. Die älteren Konzeptualisierungen dieses Prozesses, die nach der gescheiterten Idee einer persischen Reichsautorisation10 der abgeschlossenen Tora ins Feld geführt wurden, waren mit der Textgeschichte verknüpft und haben entweder die Entstehung der Septuaginta als Übersetzung oder den samaritanischen Pentateuch als Wegmarke genommen, um von einem formalen Abschluss auszugehen. Die jüngere textgeschichtliche Diskussion verbietet eine solche Festlegung, denn weder sind die Septuaginta und der Samaritanus unveränderliche Größen, die einem wie auch immer gearteten Urtext gegenüber gestanden 6 Achenbach, Vollendung, 35. 7 Achenbach, Vollendung, 628. Vgl. ähnlich schon 1972 J. de Vaulx, für den sich die Literargeschichte „peu à peu au lang du ve siècle“ vollzieht und mit Num 9, 15, 27–30, 35–36 endet, Jules de Vaulx, Les Nombres, SBi (Paris: Lecoffre, 1972), 18–19. 8 Achenbach, Vollendung, 633. 9 Olivier Artus, „The Pentateuch: Five Books, One Canon,“ in The Oxford Handbook of the Pentateuch, ed. Joel S. Baden und Jeffrey Stackert (New York: Oxford University Press, 2021), 23–40. 10 S. dazu den Überblick bei Christian Frevel, „Completion, Finalization, Authorization – Why Did the Editing Processes in the Pentateuch Come to an End? – A Conversation with Jean Louis Ska,“ RBA 82 (2020): 321–348. De facto schließt Achenbach die Reichsautorisation ebenfalls aus, wenn er die Pentateuchredaktion in das 4. Jh. datiert und den sich daran anschließenden Redaktionsprozess des Numeribuches bis an das Ende des 4. Jhs. führt. Dagegen will Jonker mit Rekurs auf Erhard Blum weiter an einer modifizierten Form der Reichsautorisation festhalten, Louis C. Jonker, „Holiness and the Levites: Some Reflections on the Relationship between Chronicles and Pentateuchal Traditions,“ in Eigensinn und Entstehung der Bibel, ed. Joachim J. Krause, Wolfgang Oswald und Kristin Weingart (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 457–474, 469–471.
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hätten, noch wird sich bei einer Bewertung der Manuskripttraditionen in Qumran daran festhalten lassen, dass es die eine unveränderlich fertige Tora als proto-masoretischen Text je gegeben hat.11 Im Gegenteil: Die Textgeschichte der einzelnen Rollen verlief keinesfalls linear und gleichgeschaltet, sodass von einer Tora vor der Zeitenwende mit Sicherheit nicht geredet werden kann. Die Endgestalt des Pentateuch, die als Größe noch in den späten 80ern des vergangenen Jahrhunderts ein geschlossenes Gegenüber zur Redaktionsgeschichte bieten konnte,12 gibt es ebenso wenig wie eine Endredaktion oder Schlussredaktion, die genau diese Letztform hergestellt hätte. Der proto-masoretische Text ist nicht in dem Sinne kanonisch, dass er erstens den anderen Textformen immer vorangeht und zweitens eine feste Ausgangsform und Bezugsgröße darstellt. Vielschichtige Angleichungen und Harmonisierungen bestimmen die Textgeschichte, die sich vielfach nicht mehr in ein Stemma auflösen oder überführen lässt. Dabei gestaltet sich der Prozess als komplexe Verschränkung von Textgeschichte und Literargeschichte, die sich nicht als Prozesse gegenüberstehen, sondern mehrdimensional (materialtechnisch, redaktionell, rezeptionsorientiert) überblenden. Man wird beim gegenwärtigen Stand nicht einmal mehr sagen können, dass der Abschluss der redaktionellen Bearbeitungen des Pentateuch die Voraussetzung seiner Kanonisierung war. Wichtig scheint mir, dass der Entwurf der Chronik bei Achenbach dem Numeribuch als Ganzem gegenübergestellt wird.13 Hier hängt naturgemäß vieles an der Datierung der Chronik, deren Verortung inzwischen mehrheitlich weder im Rahmen eines chronistischen Geschichtswerkes (Esra-Nehemia-Chronik) noch Mitte des 5. Jhs. v. Chr. stattfindet.14 Durch die Verschiebung des Pentateuchabschlusses in das 4. Jahrhundert, die durch die Lösung aus einer persischen Reichsautorisation wahrscheinlich wurde,15 rücken Chronik und Numeri jedoch nicht weiter auseinander (s. u.). Es ist klar, dass man sich hier in einem hermeneutischmethodischen Zirkel befindet, weil es für die Datierung beider Literaturwerke nicht wirklich
11 Emanuel Tov, „Textual History of the Pentateuch,“ in Textual History of the Bible, ed. Armin Lange (2020). Letzter Zugriff am 30.04.2021 . 12 S. Jean-Louis Ska, „Quelques remarques sur Pg et la derniere redaction du Pentateuque,“ in Le Pentateuque en question: Les origines et la composition des cinq premiers livres de la Bible à la lumière des recherches récentes, ed. Albert de Pury und Thomas C. Römer (Genève: Labor et Fides, 1989), 95– 125, 95–96. 13 S. auch Achenbach, Vollendung, 115.122–123.137.175 u. ö. 14 S. zum Stand der Diskussion Georg Steins, „Die Bücher der Chronik,“ in Erich Zenger et al., Einleitung in das Alte Testament, ed. Christian Frevel (Stuttgart: Kohlhammer, 2016), 312–330; Louis C. Jonker, Defining All-Israel in Chronicles: Multi-Levelled Identity Negotiation in Late Persian-Period Yehud, FAT 106 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 65–113; Lars Maskow, Tora in der Chronik: Studien zur Rezeption des Pentateuchs in den Chronikbüchern, FRLANT 274 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019), 50–59. Zur Frühdatierung s. Isaac Kalimi, An Ancient Israelite Historian: Studies in the Chronicler, His Time, Place and Writing, SSN 46 (Leiden: Brill, 2005), 41–65. Während sich der Konsens etwa um 300 v. Chr. einpendelt, argumentiert Georg Steins, „Torabindung und Kanonabschluß: Zur Entstehung und kanonischen Funktion der Chronikbücher,“ in Die Tora als Kanon für Juden und Christen, ed. Erich Zenger (Freiburg: Herder, 1996), 213–256, 220–225 für eine Datierung in die frühe Makkabäerzeit. Für die Hasmonäerzeit als Entstehungszeit von Esra, Nehemia (!) und Chronik spricht sich mit vollkommen anderen Gründen Israel Finkelstein, Hasmonean Realities behind Ezra, Nehemiah, and Chronicles: Archaeological and Historical Perspectives, AIL 34 (Atlanta: SBL Press, 2018), aus. 15 S. die Darstellung der Diskussion bei Frevel, „Completion“.
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äußere Ankerpunkte gibt.16 Geht man einmal heuristisch von einer Datierung der Chronik um 300 v. Chr. aus, dann ist in der Tat die Chronik ganz der Tora gegenübergestellt. Lars Maskow stellt allerdings m. E. zu Recht die Frage „ob das, was wir als Grenze verstehen, d. h. ein vor dem literarischen Anfang der Chronik liegender Abschlussvorgang des Pentateuchs, wirklich eine Grenze ist“.17 Er selbst bestätigt aber in seinen Analysen, „dass die chronistische Tora-Rezeption etwa eine Generation nach der letzten der von Achenbach herausgearbeiteten ‚Theokratischen Bearbeitung‘ eingesetzt haben dürfte“.18 Er versteht „die Chronik eher als eine Weiterentwicklung dieser Konzeption […], bei der zwar in kleineren Fortschreibungsprozessen durchaus die Position der Leviten gestärkt wird, dabei aber der Primat des Priestertums unbenommen bleibt“.19 Damit steht er postchronistischen Fortschreibungen im Pentateuch insgesamt skeptisch gegenüber, will allerdings zugestehen, dass es grundsätzlich vereinzelte Fortschreibungen gegeben hat und die „Grenze zwischen Chronik und Pentateuch offenbar in beide Richtungen durchlässig war“.20 Als Beispiele nennt er das allfällige System der Lebensalter in der Genesis oder die Melchisedek-Episode in Gen 14: „Es ist demnach mit post-chronistischen Bearbeitungen des Pentateuchs und auch mit chronistischen Glossen zu rechnen.“21 Im Grunde versteht Maskow die Chronik aber als eine Art fortgesetzte, tora-externe, theokratische Bearbeitung („ein Komplement zu den spät-priesterlichen Texten des Pentateuchs“22). Die Chronik ist „auch eine Fortsetzung der Tora mit literarischen Mitteln“.23
Konkretisierung der Annäherungen bei Hans-Peter Mathys Unter der Voraussetzung, dass Numeri und Chronik eine große Nähe zueinander aufweisen, hat Hans-Peter Mathys in einem mit „Nahe Verwandte“ untertitelten Beitrag neun Bereiche identifiziert, in denen sich diese Nähe konkretisieren lässt. Diese neun Felder liegen auf unterschiedlichen Ebenen, dennoch sind sie auf den ersten Blick sehr naheliegend: „I. Leviten (und Priester) – II. Pesach – III. Zehnter – IV. Tempelfinanzierung – V. Erfassung des Volkes – VI. Keine Kollektivhaftung – VII. Heiliger Krieg – VIII. Land- und Viehwirtschaft – IX.
16 Die Sache wird noch deutlich komplizierter, wenn man von dem weitgehenden Konsens abrückt, nach dem die Chronik einen Werkzusammenhang darstellt, der nicht wie das Numeribuch eine lange Redaktionsgeschichte hat, sondern wenn überhaupt in einem engen Zeitraum entstanden ist. Hier ist allerdings ebenfalls viel Bewegung in der Forschungsgeschichte und besonders die unterschiedlichen Akzentuierungen der Feste und die Organisation des Kultpersonals sind Bereiche, in denen stärker mit redaktionellen Ausgestaltungen gerechnet wird, s. dazu die Bemerkungen bei Antje Labahn, „Chronik / Chronikbücher,“ WiBiLex (2007). Letzter Zugriff am 01.03.2022 . 17 Maskow, Tora, 55. 18 Maskow, Tora, 548. 19 Maskow, Tora, 548. 20 Maskow, Tora, 549. 21 Maskow, Tora, 549. 22 Maskow, Tora, 549. 23 Maskow, Tora, 550.
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Art der Darstellung.“24 Nun spielen diese Felder in beiden Büchern eine sehr unterschiedliche Rolle. Vor allem die ersten fünf ließen sich cum grano salis durchaus auch für das Exodusbuch oder für die Esra-Nehemia-Komposition in ihrer jetzt vorliegenden Form festhalten. Die Frage der „Kollektivhaftung“ ist der Generationenfrage insgesamt eingeschrieben und kaum ein Spezifikum nur der beiden Bücher.25 Sie weist insgesamt ebenso wie die Themenbereiche „Heiliger Krieg“ und „Land- und Viehwirtschaft“ eine geringere Nähe zur Chronik auf. Hier überzeugt nicht alles, was Mathys als „Schnittmenge an gemeinsamen Themen“26 in Numeri und Chronik ins Feld führt. Weiter unten soll an einigen Beispielen jedoch konkretisiert werden, dass der Anstoß, den Mathys mit seiner thematischen Juxtaposition gegeben hat, herausfordert und weiterführt. Aber alleine mit der Identifizierung von thematischer Nähe, die über die „Befindlichkeit der damaligen Zeit“27 Auskunft gibt, kommt man für die Verhältnisbestimmung noch nicht sehr weit und so verwundert es nicht, dass sich Mathys einer diachronen Näherbestimmung nahezu vollständig enthält. Trotz des anregenden thematischen Vergleichs der beiden Bücher quasi in einer lockeren Gesprächsatmosphäre unter Verwandten geht Mathys von dem traditionellen literargeschichtlichen Nacheinander aus. „Vielleicht liegen die beiden Werke nur (gut) hundert Jahre auseinander.“28 Angesichts der jüngeren Pentateuchdiskussion, die die späten Bearbeitungen des Pentateuch nicht mehr schon in der Mitte des fünften Jahrhunderts enden lässt und die Datierung der Chronik in der Spätphase der Perserherrschaft bzw. im Übergang zur hellenistischen Zeit, ist eine Nähe zwischen beiden Büchern erwartbar und keineswegs erstaunlich. Spannend hingegen ist die literarhistorische Bestimmung, da sie eng mit dem Pentateuchabschluss zusammenhängt. Bei genauerem Hinsehen ist die weit verbreitete Grundannahme, die den Pentateuchabschluss als Voraussetzung für die Entstehung werkexterner Fortschreibungen postuliert, kaum noch nachvollziehbar. Das ließe sich am Beispiel der Auflösung der These des deuteronomistischen Geschichtswerks zeigen, wo die Verzahnungen zwischen Josua und Numeri bis in die Spätphasen der literarischen Produktion an beiden Büchern anhalten und im Richterbuch ein „Brückenbuch“ par excellence vorliegt, das nicht erst komplett nach dem Abschluss der Arbeiten am Hexateuch entworfen wurde. Die schon erwähnten Bücher EsraNehemia, die priesterliche und deuteronomistische Linien aufnehmen und in besonderer Weise durch Überblendungen verändern, zeigen in Formation und Fortschreibungen, dass sie den Abschluss der Bearbeitungen des Pentateuch nicht unbedingt voraussetzen. Im Prophetenkorpus, für das die These des literargeschichtlichen Nacheinanders sowieso nie gegolten hat, lassen sich zahlreiche Beispiele finden, in denen eigenständige Weiterentwicklungen zu Pentateuchthemen stattfinden, die dann wieder in späten Bearbeitungen des Pentateuch 24 Hans-Peter Mathys, „Numeri und Chronik: Nahe Verwandte,“ in The Books of Leviticus and Numbers, ed. Thomas Römer (Leuven: Peeters, 2008), 555–578, 556. Nach Abschluss dieses Artikels erschien in dem in Anm. 78 genannten Sammelband unter dem Titel „Numbers and Chronicles: Close Relatives 2“ ein Folgebeitrag von H.-P. Mathys, in dem er seine Beobachtungen ergänzt, aber an der Grundlinie festhält. Interessanterweise greift er dabei auch die Trompeten Num 10,1–10 auf, die unten als Beispiel ausführlicher diskutiert werden. 25 Zur Akzentsetzung der Chronik in Haftungsfragen s. die treffenden Ausführungen bei Steins, „Torabindung,“ 235–239. 26 Mathys, „Numeri,“ 578. 27 Mathys, „Numeri,“ 578. 28 Mathys, „Numeri,“ 555.
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aufgenommen wurden. Warum also sollte das für die Chronik anders sein? Nur weil die Chronik einen eigens akzentuierten Neuanfang setzt, der sich mit der genealogischen Vorhalle 1 Chr 1–9 literarisch in ein Gegenüber zur Tora zu setzen scheint? Die literarische Stilisierung muss jedoch nicht eine literarhistorische Entwicklung spiegeln.
Korach als nachchronistische Änderung im Numeribuch? Ein Gespräch mit Louis C. Jonker In jüngerer Zeit ist Bewegung in die literarhistorische Verhältnisbestimmung von Chronik und Numeri gekommen, die über die Beschreibung vermeintlicher Nähe hinausgeht. Es ist vor allem Louis Jonker, der das Verhältnis in mehreren Aufsätzen thematisiert hat.29 Dabei setzt er sich auch mit der Metaphorik der Genealogie auseinander, die Hans-Peter Mathys durch die Formulierung „nahe Verwandte“ ins Spiel gebracht hat. Spielerisch bringt er stattdessen die reizvolle Metapher von den „falschen Freunden“ ins Spiel.30 Nimmt man diese einmal beim Wort und überdehnt ihre Aussageintention, ergibt sich damit eine interessante Akzentverschiebung. Als „falsche Freunde“ (false friends, faux amis) bezeichnet die Sprachwissenschaft Tautonyme, also (oft im Ursprung verwandte) lexematische oder phraseologische Übereinstimmungen in zwei Sprachen, bei denen die Bedeutung nicht gleich ist (z. B. engl. brief „kurz“ und deutsch Brief [von lat. litera brevis], franz. état „Staat“ und deutsch Etat „Haushalt“). Chronik und Numeri als Fauxamis würden sich auf denselben Ursprung (die Pentateuchtraditionen in Gen-Lev und Dtn) beziehen, aber ihre Bedeutung eigenständig entwickeln und in unterschiedliche Richtungen weiter entfalten. Beide hätten unterschiedliche „Sprachfamilien im Hintergrund“, sodass die Metapher zugleich eine literatursoziologische Aussage zu den unterschiedlichen Trägergruppen von Numeri und Chronik macht. In dieser Metapher gedacht, bewegen sich Chronik und Numeri durchaus nebeneinander, aber doch in unterschiedlichen Kontexten. Eine so weitgehende Applikation der sprachlichen Metapher ist nicht von Jonker intendiert, doch kann seine Studie aufweisen, dass die Frage der literatursoziologischen Kontexte mehr als relevant ist. Reagieren späte Fortschreibungen in Numeri auch auf in der Chronik formulierte Aussagen? Gibt es eine Intersektionalität der beiden Kontexte und Diskurse? Jonkers Stoßrichtung zielt zunächst darauf, das literargeschichtliche Verhältnis eines diachronen Nacheinanders hin zu einer Gleichzeitigkeit mit unterschiedlichem Ausgang der Entwicklung zu öffnen, weshalb ihm die Feststellung einer bloßen Verwandtschaft nicht ausreicht. Er will vielmehr den Blick auf eine gegenseitige Beeinflussung von Numeri und Chronik richten („to investigate the possible bi-directional influence between these books in the
29 Louis C. Jonker, „From Paraleipomenon to Early Reader: The Implications of Recent Chronicles Studies for Pentateuchal Criticism,“ in Congress Volume Munich 2013, ed. Christl M. Maier (Leiden: Brill, 2014), 217–254; Louis C. Jonker, „Within Hearing Distance? Recent Developments in Pentateuch and Chronicles Research,“ OTE 27 (2014): 123–146; Louis C. Jonker, „Numbers and Chronicles: False Friends or Close Relatives?,“ HBAI 8 (2019): 332–377; Louis C. Jonker, „Melting Pots and Rejoinders? The Interplay among Literature Formation Processes during the Late Persian and Early Hellenistic Periods,“ VT 70 (2020): 42–54; Jonker, „Holiness“. 30 Jonker, „Numbers,“ 334.
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late post-exilic phases of literary development“31). Nach ausführlichen Vergleichsstudien kommt er zu dem Schluss, dass Numeri und Chronik in demselben diskursiven Feld verankert sind („that these books must have shared the same conceptual world and discursive context“32), aber zu gleichen Themen unterschiedliche Auffassungen hätten („different points of view on common issues“33). Für ihn sind Chronik und Numeri „indeed relatives, sharing the same socio-historic context and idea-world, and taking part in the same cultic-ideological discourses of the fourth century B.C.E. in Jerusalem. If they are not relatives of the first order, they are at least second cousins“.34 Es würde über Jonkers Intention hinausgehen, wollte man diese Metapher nun „beim Wort“ nehmen und aus dem zweiten Grad der Verwandtschaft ein Auseinanderrücken von Chronik und Numeri ableiten. Im Gegenteil, denn Jonker versucht in seinen wegweisenden Studien die gegenseitige Verschränkung von Numeri und Chronik auch redaktionsgeschichtlich genauer zu bestimmen: Seiner Ansicht nach greift die Chronik in vielen Fällen auf Konzepte, Motive und Phrasen aus Numeri zurück. Die Chronik greife die ältere Ladevorstellung aus Numeri auf und baue sie kultisch konnotiert aus. Auch nehme sie den „Salzbund“ aus Numeri auf, beziehe ihn aber anstatt auf die Priester auf das Königtum. Schließlich sei die Verschiebung des Pessach in 2 Chr 30 aus Numeri aufgenommen. Umgekehrt sei der Bezug von פקדauf die Leviten in Num 3,15–4,26 in der Chronik vorgespurt, was darauf hindeute, dass die theokratische Bearbeitung zumindest in ihren späteren Phasen auf der Chronik aufruht. Am weitesten geht Jonker in Bezug auf die Leviten, wo er Nähe und Distanz feststellt. „The theme’s prominence might indicate that those who were responsible for the finalization of Numbers and those who wrote Chronicles took part in the same cultic-ideological discourses of (probably) the same era.“35 Allerdings stehe die Beteiligung der Leviten am Opfer in 2 Chr 30,17 mit den Andeutungen gleicher Heiligkeit von Leviten und Priestern (2 Chr 30,15; 31,18), die als Gipfel einer Entwicklung in der Chronik zu begreifen seien,36 in schroffem Gegensatz zu der Zurückweisung der Leviten in Num 16. Möglicherweise spiegele sich also in der letzten Phase der theokratischen Bearbeitung eine späte Korrektur der Chronik im Pentateuch: „Numbers 16–18 could then be a post-chronistic attempt to ‚correct‘ the Levitical image of Chronicles, where Levites stand on a par with the rest of the priesthood, and even perform some priestly functions.“37 Diesen in der Übersicht eher en passant gemachten Vorschlag hat Jonker kürzlich weiter mit Bezug auf die Heiligkeitskonzeption zu begründen versucht.38 Die Vermutung ist allerdings nicht so neu. In ihrer Analyse von Num 16–17 hatte auch Katharina Pyschny darauf hingewiesen, dass die „konzeptionelle Nähe zu Num 16,7b–11 und 31 32 33 34 35 36 37 38
Jonker, „Numbers,“ 336. Jonker, „Numbers,“ 370. Jonker, „Numbers,“ 371. Jonker, „Numbers,“ 375. Jonker, „Numbers,“ 373. Vgl. Jonker, „Numbers,“ 366–367. Jonker, „Numbers,“ 373; vgl. ähnlich Jonker, „Holiness,“ 472. Jonker, „Holiness,“ 463–464; Louis C. Jonker, „Holiness and the Levites in MT and LXX Chronicles: An Avenue for Exploring the Theology of LXX Chronicles?,“ in Toward a Theology of the Septuagint: Stellenbosch Congress on the Septuagint, 2018, ed. Martin Rösel und Johann Cook (Atlanta: SBL Press, 2020), 179–200.
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Num 17,16–28“ in der Levitenkonzeption der Chronik „sehr eklatant“39 sei. Daher sei es „durchaus erwägenswert, dass jene in einer (sei es auch nur recht losen) traditionsgeschichtlichen Verbindung zu der Levitenkonzeption der Chronik stehen und von da aus in den Pentateuch eingetragen werden bzw. in ihn hineinstrahlen“.40 Allerdings bleibt Pyschny sehr zurückhaltend bei der Annahme einer literargeschichtlichen Abhängigkeit, weil die Folgen weitreichend sind (s. u.). Mit seiner Hypothese macht Jonker zugleich einen Vorschlag zur Einordnung der Chronik. Sein Ansatzpunkt ist dabei die von Israel Knohl herausgearbeitete Differenz im Verständnis von Heiligkeit in H und P: „However, H also makes an interesting ‚ethical turn‘ which redefined and widened the understanding of holiness in the priestly tradition so that holiness can now also apply to all people, and not only to cultic rituals, places, and personnel.“41 Den entscheidenden Rahmen für seine Hypothese bilden nun aber die damit verbundenen Datierungen. Während er die sog. Holiness-School im Anschluss an Christophe Nihan in die Mitte des 5. Jhs. datiert, setzt er die theokratische Bearbeitung mit Reinhard Achenbach erst im Anschluss daran in das 4. Jh. „Achenbach has argued convincingly that the late theocratic redactions to Numbers were most probably instigated by the emergence of the Holiness legislation as further extension of the priestly strand.“42 Die Forderung der um Korach versammelten Leviten, dass nämlich alle heilig seien (Num 16,3 כי כל־העדה כלם קדשׁים ובתוכם „ יהוהdie gesamte Gemeinde, sie alle sind heilig und YHWH ist in ihrer Mitte“), sei durch die „demokratisierende“ Vorstellung von Heiligkeit angeregt. „The ‚democratising‘ tendency in H would have given the courage to minor groups to also claim holiness for themselves.“43 Während nun aber Achenbach das Verhältnis von theokratischer Bearbeitung und Chronik als ein Nacheinander bestimmt, sieht Louis Jonker ein Neben- oder besser Ineinander der Redaktionsphasen, insofern er die Entstehung der Chronik zwischen die zweite und dritte theokratische Bearbeitungsphase setzt und – anders als Achenbach – Num 16–17.18 zur dritten Bearbeitungsphase rechnet, die auf die Chronik folgt.44 „Chronicles then sparked off a last phase of theocratic redaction to Numbers (Numbers 16–68 [sic!]) which post-chronistically contributed to the conclusion of the book, and thereby the Pentateuch.“45 Seines Erachtens setzt nun Num 16–18 die in 1 Chr 23–27 entfaltete Konzeption des Gegenübers von Leviten und Priestern voraus. Dort würden die Leviten in zwei Gruppen unterschieden, wobei die Aaroniden und ein Teil der Leviten die eine Gruppe und die übrigen Leviten, die nicht durch höherstehende Aufgaben in den Kult eingebunden seien, die andere Gruppe seien. „The second group consists of Levites (the rest of the Levites in the generic sense of the word) 39 Katharina Pyschny, Verhandelte Führung: Eine Analyse von Num 16–17 im Kontext der neueren Pentateuchforschung, HBS 88 (Freiburg: Herder, 2017), 284. 40 Pyschny, Führung, 284. 41 Jonker, „Pots,“ 44. 42 Jonker, „Pots,“ 46. 43 Jonker, „Pots,“ 46. 44 Jonker, „Pots,“ 46: „The last of these phases, which included Numbers 16–68 (sic!), could probably be seen as a postchronistic redaction which was still associated with the theocratic sentiments of the earlier two redactions, but which was influenced by another literary work that emerged in the fourth century BCE, namely the book of Chronicles.“ Achenbach rechnet allerdings die Korach-Schicht, zu der Num 16,1.2a.3.4.5–7a(7b.8–11).16.19–22.24b.27aß.32b zählen, zur Theokratischen Bearbeitung I, vgl. Achenbach, Vollendung, 127.632.638, zur Bestimmung des Umfangs ebd., 79. 45 Jonker, „Pots,“ 49.
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who had to perform the minor tasks of musicians, gatekeepers, commanders, and counselors.“46 In 2 Chr 29–32 nun sei auffallend, dass die Leviten priesterliche Funktionen übernehmen und in 2 Chr 31,18 singulär mit Heiligkeit assoziiert würden. Hier seien die Leviten „on a par“ mit den Priestern und die einzige Differenz sei die Darbringung des חטאת-Opfers, das exklusiv den Priestern vorbehalten sei. Diese Aufwertung der Stellung der Leviten sei von H angeregt oder beeinflusst. „The ‚democratisation‘ of holiness probably gave the Chronicler the courage to develop the profile of the Levites in the direction of the priests, and even to call them holy.“47 Schon die Parallelität der Formulierungen zur Ermutigung zeigt, dass Jonker genau hier die Verbindung zur Korach-Episode sieht. Das „ רב־לכםgenug mit euch“ (Num 16,3.7), das den Leviten vorwirft zu weit gegangen zu sein, reagiere mit schroffer Ablehnung, die mit Num 17 durch die Vorordnung der Aaroniden dann unverrückbar festgeschrieben werde. „This latest redaction of the book of Numbers, which concluded the Pentateuch in the late fourth century BCE, was most probably a push-back against the Levites aspirations as expressed in Chronicles.“48 Damit gewinnt Jonker nicht nur einen Ansatzpunkt zur Verhältnisbestimmung von Chronik und Pentateuch, die über das eingefahrene Nacheinander hinausgeht, sondern auch zur ideologischen Verortung des Pentateuchabschlusses, die seines Erachtens den Heiligkeitsdiskurs im Pentateuch mit einer definitiven Vorordnung der Aaroniden im Priesteramt beende.49 Obwohl es richtig ist, das starre Gegenüber eines abgeschlossenen Pentateuch und einer dazu literargeschichtlich vollständig jenseitigen Chronik aufzubrechen, ist die Idee Jonkers zu Num 16–18 redaktionsgeschichtlich wohl doch zu weitreichend. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Levitenkonzeption im Numeribuch erstens in sich sehr geschlossen ist und sich Num 16 davon nicht stark abhebt und zweitens eine konzeptionelle Nähe zwischen der Levitenkonzeption der Chronik und Numeri besteht, die eher als Akzentsetzung denn als Widerspruch zu fassen ist. Es besteht weitestgehende Einigkeit darüber, dass Num 18 das Arrangement von Num 16 und 17 bereits voraussetzt. In Num 18 ist hingegen wiederum dieselbe Levitenkonzeption wie in Num 3 und Num 8, an der wiederum Num 35 hängt.50 Damit kann der Konflikt in Num 16 im Kontext des Numeribuches nicht einfach redaktionsgeschichtlich als später Zusatz angesehen werden. Zwar ist eine Levitisierung des Konflikts in Num 16,1a*.5a*.6*.7b–
46 47 48 49
Jonker, „Pots,“ 48. Jonker, „Pots,“ 48. Jonker, „Pots,“ 48–49, vgl. Jonker, „Holiness,“ 472: „a backlash against the Holiness Legislation.“ Vgl. schon Jonker, „Numbers,“ 362. Darüber hinaus geht Jonker auf Ez 44,6 ein, das er wegen des רב־ לכםin besonderer Nähe zu Num 16,3.7 sieht und daraus folgert, dass auch Ez 40–48 mit dem Diskurs in Num 16–18 redaktionell eng verschränkt und entsprechend postchronistisch zu datieren sind, vgl. Jonker, „Pots,“ 53. 50 Zu der hier vertretenen Position zur Sonderstellung der Leviten s. Christian Frevel, „‚… dann gehören die Leviten mir‘: Anmerkungen zum Zusammenhang von Num 3; 8 und 18,“ in Kulte, Priester, Rituale: Beiträge zu Kult und Kultkritik im Alten Testament und Alten Orient. Festschrift für Theodor Seidl zum 65. Geburtstag, ed. Stephanie Ernst und Maria Häusl (St. Ottilien: EOS-Verlag, 2010), 133–158; Christian Frevel, Desert Transformations: Studies in the Book of Numbers, FAT 137 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 465–510 und Pyschny, Führung, 215–218.282.
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11.16–17.19–22.24b*.27a*.32bα redaktionell nachgetragen,51 doch ist wichtig zu sehen, dass durch die Verbindung des Konfliktes mit der vorgegebenen 250 Männer-Erzählung weit mehr verhandelt wird als das unbestritten hierarchische Verhältnis von Aaroniden und Leviten. Alle Auseinandersetzung in Num 16 zielt wie die Gesamtkonzeption im Numeribuch nicht auf eine Abwertung der Leviten, sondern nur auf eine Differenzierung im Dienst, für die die generelle Sonderstellung der Leviten den unbestrittenen Ausgangspunkt bildet. Damit wird, wie Pyschny richtig herausstellt, „keinesfalls die Heiligkeit der Gemeinde als solche negiert, sondern vielmehr das Heiligkeitsverständnis der 250 Männer in seiner Opposition zu auserwählten (politischen und kultischen) Führungs- und Mittlerpositionen als unzutreffend charakterisiert“.52 Auch die Chronik betont die Sonderstellung der Leviten im Tempeldienst und ihre Gleichstellung mit den Priestern mit Hinweis auf ihre Heiligkeit (2 Chr 23,6, vgl. 1 Chr 15,12.14; 2 Chr 29,5; 30,15; 31,18; 35,3 u. ö.). Richtig ist allerdings, dass die Leviten in Numeri nicht explizit als „heilig“ ausgewiesen sind, doch gilt das auch für die Priester. Die Sonderstellung der Leviten bleibt auch in Num 16 unberührt. Dass aber bestimmte Funktionen den Priestern vorbehalten bleiben, wird auch in der Chronik nicht in Frage gestellt. Ist es damit wirklich so, dass die Chronik sich im Verlauf der Darstellung von der Subordination zu einer Gleichwertigkeit durchringt, wie Jonker meint („It therefore seems that the relationship between the Aaronide priests and the Levites grows from a position of subordination to a coordinate relationship“53)? Damit stellt sich die Frage, ob die Levitentheologie der Chronik tatsächlich so grundsätzlich verschieden ist und ob tatsächlich die positive Sicht Korachs in der Chronik der kritischen Figur in Numeri vollständig vorausgeht.54 Sicherlich zu überlegen wäre, ob angesichts der drastischen Strafe in Num 16,32 nicht ein Ausgleich zwischen Numeri und Chronik notwendig war,55 damit die Erzählung in Num 16–17 nicht die prominente Rolle der Korachiten in der Chronik vollständig desavouierte. Fazit: Die Korach-Bearbeitung und die Leviten-Konzeption der Chronik liegen sicher nicht sehr weit auseinander, aber es gibt keinen zwingenden Grund, Num 16–18 und damit eine Vielzahl von Texten in der Numerikomposition als nachchronistisch einzustufen. Dabei ist einzugestehen, dass die Datierung beider literarischer Größen die Argumentation zirkulär macht, denn wenn die Chronik extrem frühdatiert wird, würde sich die Einschätzung möglicherweise umkehren lassen, da dann für die späten Redaktionsprozesse im Numeribuch mehr Spielraum bliebe. Solange man aber an einer Datierung der Chronik im Übergang zwischen später Perserzeit und Hellenismus um 300 v. Chr. festhält,56 ist auch an der Numeripriorität für die Levitenkonzeption festzuhalten. 51 S. zur Analyse Pyschny, Führung. Zur vorchronistischen Datierung neben Achenbach auch Jaeyoung Jeon, „The Zadokites in the Wilderness: The Rebellion of Korach (Num 16) and the Zadokite Redaction,“ ZAW 127 (2015): 381–411. 52 Pyschny, Führung, 319. 53 Jonker, „Holiness,“ 466. 54 Dagegen sprechen vielleicht auch Num 26,8–11 und Num 27,3, die eine Differenzierung innerhalb der Korachiten kennen, Pyschny, Führung, 281–282. 55 S. dazu Harald Samuel, Von Priestern zum Patriarchen: Levi und die Leviten im Alten Testament, BZAW 448 (Berlin: de Gruyter, 2014), 184–185. 56 S. dazu den jüngsten Überblick bei Maskow, Tora, 55–59, s. auch Jonker, All-Israel, 66–67, der auch historische Gründe für eine Einordnung in das 4. Jh. v. Chr. nennt. Er bestimmt allerdings das Verhältnis der Levitenkonzeption in Num 16 und 2 Chr 30 anders, s. Jonker, „Holiness,“ 472 (s. dazu u.).
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Drei Beispiele nachchronistischer Fortschreibungen im Numeribuch Unabhängig von der These, dass die Korach-Bearbeitung in Num 16 die Vermittlung von Heiligkeitskonzepten und die Aufwertung der Leviten in der Chronik bereits voraussetze, ist die Öffnung der Schlussphase der Bearbeitung des Pentateuch gegenüber der Chronik richtig, denn „this also allows for the hypothesis that some post-Chronistic editings were done to the 57 Pentateuch and the Deuteronomistic History“. Im Folgenden sollen drei Beispiele diskutiert werden, in denen solche späten nachchronistischen Einschreibungen vielleicht vorliegen. In allen drei Fällen handelt es sich um sehr kleinteilige Ergänzungen, die nahelegen, dass der Bestand des Numeribuches im Ganzen schon mehr oder minder feststand. Es unterstreicht aber gleichzeitig, dass in der Schlussphase der Bearbeitungen an der Tora noch Änderungen vorgenommen worden sind, selbst als diese grundsätzlich schon als Tora „in Geltung“ war. Während die ersten beiden Beispiele bisher nicht in der Forschung diskutiert worden sind, setzt sich das dritte Beispiel mit einer These von Horst Seebass auseinander.
1. Die Verwendung der Trompeten in Num 10,10 Der Abschnitt Num 10,1–10 zur Anfertigung und Verwendung der Trompeten ist ein kompositorisches Gelenkstück, das sowohl thematisch die Brücke zwischen Sinai und Wüstenwanderung bildet als auch weite Bögen schlägt und Exodus und Sinai durch Stichwortverbindungen zusammenbindet. Diese Funktion nimmt vor allem das Gedenken in V. 9–10 auf. Die Perspektive des Gedenkens ist auch in einem der theologisch zentralen Texte der Sinaiperikope präsent, der Schlusspassage des Levitikusbuches Lev 26,42.45. Wie in Num 10,9–10 ist dort Gott Subjekt des Gedenkens. Die Konstituierung eines Klangraums in Num 10,1–10 greift an den Anfang der Sinaiperikope zurück. Der Schall der Trompeten entspricht gewissermaßen den akustischen Begleitphänomenen der Theophanie am Sinai. So wie der immer lauter werdende Schall des Schofar und der Donner (Ex 19,19) dem Volk Gottes Präsenz in Erinnerung brachten, so soll der Schall der Trompeten das Volk bei Gott in Erinnerung rufen. Die Wortwahl ist ungewöhnlich und ruft – wie oft in den späten Texten – durch ein „blended vocabulary“ ein Netzwerk von Bezügen auf. Das Nomen „Freude“ in Verbindung mit dem Kult findet sich abgesehen von Dtn 28,47 erstaunlicherweise nicht im Deuteronomium und auch sonst nicht im Pentateuch. Vor allem in Esra, Nehemia und der Chronik ist es mit dem Kult in besonderer Weise verknüpft. Zusammen mit יוםwie in Num 10,10, also als Synonym für die großen kollektiven Feste, findet sich die Freude in 2 Chr 30,21.23.26, wo von den „sieben Tagen mit großer Freude“ – שׁבעת ימים בשׂמחה גדולהeine Wendung, die auch in Esra 6,22 vorkommt – die Rede ist.58 Die Kombination von Freude ( )שׂמחהund Festzeit 57 Jonker, „Holiness,“ 473. 58 Die Bezüge zwischen 2 Chr 30 und Esra 6,16–22 sind vielfach bemerkt worden. Die Nähe wird auf eine bewusste literarische Beziehung oder auch literarische Abhängigkeit zurückgeführt, s. Georg Steins, Die Chronik als kanonisches Abschlußphänomen: Studien zur Entstehung und Theologie von 1/2 Chronik, BBB 93 (Weinheim: Beltz, Athenäum, 1995), 234–235; Anna M. Bortz, Identität und Kontinuität: Form und Funktion der Rückkehrerliste Esr 2, BZAW 512 (Berlin: de Gruyter, 2018), 159–160.
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( )מועדverbindet Num 10,10 mit Sach 8,19 (an keiner weiteren Stelle kommen diese beiden Nomina zusammen vor). In dem Nachtrag zu den Nachtgesichten59 geht es darum, dass das Fasten im vierten, fünften, siebten und zehnten Monat zur Wonne, Freude und Festzeit wird ()לשׂשׂון ולשׂמחה ולמעדים. „Wo früher Fasten war, werden künftig Feste sein“60 und vielleicht deutet der Text mit der Triade an, dass die großen Wallfahrtsfeste im Hintergrund stehen. Von begleitendem Trompetenschall ist dort allerdings nicht die Rede. Das Blasen der Trompeten ist in Num 10,10 zudem mit dem Erinnern verbunden: „Und sie werden für euch zur Erinnerung sein vor eurem Gott“ ()והיו לכם לזכרון לפני אלהיכם. Es ist unklar, worauf sich das Verb bezieht: die Trompeten, die Opfer, die Feste oder die Trompeten blasenden Priester. Zugleich ist offen, wer Subjekt des Erinnerns ist. Wegen des anschließenden „vor eurem Gott“ wird meist Gott als Subjekt angenommen, der Text ist da aber aus sich heraus nicht klar. Die kurze Passage mit der Gedächtnisfunktion nimmt das Ende von V. 9 wieder auf, wo das Trompetenblasen im Kontext militärischer Aktionen im Vordergrund stand. Dort ist das erinnernde Subjekt eindeutig YHWH: Und wenn ihr in eurem Land in einen Krieg hineinkommt gegen den Bedränger, der euch bedrängt, sollt ihr mit den Trompeten das Signal blasen. Und es wird euer gedacht werden vor YHWH, eurem Gott, und ihr werdet errettet werden vor euren Feinden. Das Modell von Gottes bewahrender Erinnerung, das seine Wurzeln im Gedenken des Bundes in priesterlichen Denklinien hat (Gen 8,1; 9,15; Ex 2,24; 6,5; Lev 26,42.45 u. ö.), wird erst in sehr späten priesterlichen Texten medial weiterentwickelt. Dabei werden unterschiedliche Medien der Erinnerung genannt. In Ex 28,12.29 ist es das hohepriesterliche Ornat mit den Steinen des Efod, das die Israeliten stellvertretend vor YHWH bringt.61 Ebenso deutlich ist die Repräsentationsfunktion für die erwählte Gesamtgemeinde in dem Sühnegeld (כסף )הכפרים, das in Ex 30,16 als Medium der Erinnerung vor YHWH präsent gehalten wird (והיה )לבני ישׂראל לזכרון לפני יהוה. Dazu parallel ist das erbeutete Gold des Midianiterkrieges, das Mose und Aaron als Mittel der Erinnerung ( )זכרון לבני־ישׂראל לפני יהוהin das Zelt der Begegnung bringen (Num 31,54). Sprachlich und sachlich verbindet sich V. 9 mit späten priesterlichen Texten und stellt vermutlich bereits einen Nachtrag zu V. 1–8 dar,62 der die Trompetenpassage mit dem Nachtragskapitel Num 31 verbindet. Darauf deutet auch die Schlussformel am Ende von V. 8 „das soll für euch zur ewigen Satzung für eure Generationen sein“ ()ויהי לכם לחקת עולם לדרתיכם. 59 S. Martin Hallaschka, Haggai und Sacharja 1–8: Eine redaktionsgeschichtliche Untersuchung, BZAW 411 (Berlin: de Gruyter, 2011), 309, der den sekundären Charakter festhält, aber die Fastenfrage etwas früher als das 4. Jh. datiert. Zur Frage der Bearbeitung in Sach 8,18–19 s. schon Wim Beuken, HaggaiSacharja 1–8: Studien zur Überlieferungsgeschichte der frühnachexilischen Prophetie, SSN 10 (Assen: Van Gorcum, 1967), 138–154. 60 Rüdiger Lux, Sacharja 1–8, HThKAT (Freiburg: Herder, 2019), 660. 61 S. Christian Frevel, „On Instant Scripture and Proximal Texts: Some Insights into the Sensual Materiality of Texts and Their Ritual Roles in the Hebrew Bible and Beyond,“ Postscripts 8 (2017): 57–79. 62 Diether Kellermann, Die Priesterschrift von Numeri 1,1 bis 10,10: Literarkritisch und traditionsgeschichtlich untersucht, BZAW 120 (Berlin: de Gruyter, 1970), 144–145; Horst Seebass, Numeri 1. Teilbd.: Numeri 1,1–10,10, BKAT 4,1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2012), 239; schon August Dillmann, Die Bücher Numeri, Deuteronomium und Josua, KEHAT 13 (Leipzig: Hirzel, 1886), 48.634– 638.
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Gegenüber V. 9 hebt sich Num 10,10 stilistisch und inhaltlich noch einmal ab.63 Die rettende Erinnerung ist sonst nicht mit Opfern oder mit anderen Kulthandlungen verbunden. Diese Verbindung findet sich nur in der Chronik. Das legt den Schluss nahe, dass die Passage in Num 10,10 eine redaktionelle Wiederaufnahme von Num 10,9b ist, die erst mit der Einfügung des Trompetenblasens zu den Opfern in Num 10,10 Eingang in den Text gefunden hat. Wenn diese Beobachtung richtig ist, dann handelt es sich bei Num 10,10 um einen nachchronistischen Zusatz. Ob der Schluss von V. 10 – „ich bin YHWH, euer Gott“ – erst im Zuge dieser Erweiterung hinzukam und die kompositionell gliedernde und verankernde Funktion des Abschnitts verstärkt hat (vgl. Num 15,41) oder die V. 9.10abα in den bereits stark verdichteten Abschnitt Num 10,1–8 eingeschrieben wurden, ist schwer zu entscheiden und vielleicht auch nicht entscheidend. Chronistisch ist die assertorische Selbstvorstellung „Ich bin YHWH“ jedoch nicht, sondern sie hat ihre Parallelen in priesterlicher und spät-prophetischer Literatur.
2. Der Salzbund Sowohl in Num 18,19 als auch in 2 Chr 13,5 ist von einem Salzbund die Rede. Hans-Peter Mathys spricht einerseits von einem Zufallsfund und zugleich von der wichtigsten Übereinstimmung zwischen Numeri und Chronik, was nicht so recht zueinander passen will. Das passt aber zu der Forschungslage, die recht ratlos vor der Übereinstimmung zwischen Num 18,19 und 2 Chr 13,5 steht. Denn die beiden Phrasen scheinen sich auf den ersten Blick auf vollkommen unterschiedliche Sachverhalte zu beziehen. כל תרומת הקדשׁים אשׁר ירימו בני־ישׂראל ליהוה נתתי לך ולבניך ולבנתיך אתך לחק־עולם ברית מלח עולם הוא לפני יהוה לך ולזרעך אתך
הלא לכם לדעת כי יהוה אלהי ישׂראל נתן ממלכה לדויד על־ישׂראל לעולם לו ולבניו ברית מלח
Alle Abhebungen von den heiligen Gaben, die die Israeliten für YHWH abheben, gebe ich dir und deinen Söhnen und deinen Töchtern mit dir hiermit, als ewige Satzung. Ein ewiger Salzbund ist es vor YHWH für dich und für deinen Samen mit dir.
Solltet ihr nicht wissen, dass YHWH, der Gott Israels, das Königtum über Israel an David für immer gegeben hat, ihm und seinen Söhnen, einen Salzbund?
Die beiden Stellen stimmen darin überein, dass sie auf Sukzessionen gerichtet sind. Jeweils wird die nachfolgende Generation in den Bund mit hineingenommen und damit die in dem Bund festgeschriebenen Privilegien. Diese hingegen scheinen sich auf den ersten Blick nicht zu decken. Während es bei den Aaroniden um die Finanzierung der Priester geht, ist es bei David das Königtum als Herrschaft. Natürlich kann man die Position einnehmen, dass die
63 So auch Kellermann, Priesterschrift, 145–146, der „den Verfasser von v. 10 in keiner großen zeitlichen Entfernung zum Chronisten“ sieht (ebd., 147).
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beiden Stellen inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, doch erscheint das angesichts der Tatsache, dass auch in der Chronik die Frage eine Rolle spielt, welche politische Macht dem Tempel und seinen Priestern im Staat zukommt, unwahrscheinlich. Beide thematisieren auf unterschiedliche Weise die Implementierung hierokratischer Strukturen, was in der Forschung unter dem Stichwort „Theokratie“ verhandelt wird.64 Auf einer abstrakten Ebene geht es in beiden Fällen um die Organisation der staatlichen Ressourcen, das Erheben von Abgaben und die Verwendung ihres Ertrags im Tempelsystem. Das macht auch der Kontext von 2 Chr 13 deutlich. Es geht um die Reichsteilung und die in Juda konzentrierte und legitimierte Macht. Abija versucht durch eine Rede auf dem Berg Zemarajim ( )צמריםdie Nordstämme zur Umkehr zu bewegen: Hört mich an, Jerobeam und ganz Israel! 5 Solltet ihr nicht wissen, dass YHWH, der Gott Israels, das Königtum über Israel an David für immer gegeben hat, ihm und seinen Söhnen, einen Salzbund? 6 Doch Jerobeam, der Sohn Nebats, der Knecht Salomos, des Sohnes Davids, hat sich erhoben und gegen seinen Herrn rebelliert. 7 Um ihn sammelten sich leere, nichtswürdige Leute, die sich gegen Rehabeam, den Sohn Salomos, stark machten. Rehabeam war jung und zaghaft und nicht stark vor ihnen. 8 Und jetzt sagt ihr, dass ihr euch gegen das Königtum YHWHs, das in der Hand der Söhne Davids liegt, behaupten könnt, weil ihr eine große Menge seid und die goldenen Kälber bei euch habt, die Jerobeam euch zu Göttern gemacht hat. 9 Habt ihr nicht die Priester YHWHs, die Nachkommen Aarons, und die Leviten verstoßen und euch Priester bestellt wie die Völker anderer Länder? Jeder, der mit einem jungen Stier und sieben Widdern kam, um sich seine Hand füllen zu lassen, der wurde Priester der Nichtgötter. 10 Doch unser Gott ist YHWH. Wir haben ihn nicht verlassen. Die Nachkommen Aarons dienen ihm als Priester und die Leviten versehen ihren Dienst. 11 Und Morgen für Morgen und Abend für Abend bringen sie YHWH Brandopfer und wohlriechendes Räucherwerk dar; sie legen die Schaubrote auf den reinen Tisch und zünden den goldenen Leuchter an und dessen Lampen, Abend für Abend. Denn wir erfüllen den Dienst für YHWH, unseren Gott. Ihr aber habt ihn verlassen! 12 Seht: Mit uns an der Spitze sind Gott und seine Priester und die geblasenen Trompeten, um gegen euch Lärm zu blasen. Israeliten! Kämpft nicht gegen YHWH, den Gott eurer Väter; denn es wird euch nicht gelingen. Die Passage wäre ausgesprochen reizvoll für eine ausführliche Diskussion, da sie mehrere Ebenen bedient. Viele Details schlagen terminologische und sachliche Bögen zu Texten in Numeri, unter anderem die Trompeten im Kriegskontext (Num 10,9), der priesterliche Dienst als משׁמרת יהוהoder die subtile Anspielung auf Num 14,41. Eine große Nähe zwischen beiden Konzeptionen ist unverkennbar. Für den Vergleich mit Num 18 ist die Kontextualisierung der Bundesaussage ausgesprochen wichtig. Der Salzbund des davidischen Königtums steht im Dienst der kultischen Ordnung, die als Argument für die Legitimation der Herrschaft dient. Erst die Installation und Organisation des Kultes in Jerusalem, angeführt von den Aaroniden, legitimiert die Herrschaft Judas über Samaria. Markant wird die Rolle des Kultes und der aaronidischen Priester für die dauerhafte Stabilität der Ordnung unterstrichen. 64 Ernst M. Dörrfuß, Mose in den Chronikbüchern: Garant theokratischer Zukunftserwartung, BZAW 219 (Berlin: de Gruyter, 1994), 18–118.
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Decouvrierend ist der Schluss von V. 11, der die Stoßrichtung der Argumentation deutlich macht: כי־שׁמרים אנחנו את־משׁמרת יהוה אלהינו ואתם עזבתם אתו. Das „Wir“ steht gegen das „Ihr“ und es wird kein Zufall sein, dass der Text mit dem שׁמריםauf die Samaritaner anspielt. Das polemische „wir sind Bewahrer/Samarier“ macht deutlich, dass es offenbar um die Auseinandersetzung mit dem Kult auf dem Garizim und die Bestreitung der Legitimation geht.65 Auf die Auseinandersetzung mit dem Norden deutet auch der Ort der Rede Abijas auf dem הר צמרים, das lautlich auf Samaria anspielt. Es verwundert nicht, dass die Textüberlieferung hier uneindeutig ist und die LXX Σομορων wiedergibt. Die masoretische Vokalisation als Dual verstärkt die Assoziation mit dem Doppelberg Ebal und Garizim. Jos 18,22, wo ebenfalls ein Ort צמריםerwähnt wird, den die LXX mit Σεμριμ bzw. Σαρα wiedergibt, bestimmt die Lokalisation, da der Ort dort zum Stammesgebiet Benjamin gerechnet wird und zusammen mit Bet-El genannt wird. Vorgeschlagen werden daher in jüngerer Zeit Rās ez-Zēmara ca. 1 km südwestlich von eṭ-Ṭajjibe oder Rās eṭ-Ṭāhūne zwischen Bet-El und Mizpa.66 Gerade weil der Ort sonst keine Rolle spielt und die Lokalisierung im Grenzgebiet zwischen Benjamin und Efraim unklar bleibt, ist die polemische Assoziation naheliegend, zumal 2 Chr 13,4 den Ort noch durch das hinzugesetzte הרvon Jos 18,22 absetzt. Sei dem wie es sei, die theokratische Option wird in der Rede Abijas klar herausgestellt und sogar recht singulär formuliert: An der Spitze ( )עמנו בראשׁstehen Gott und die Priester (2 Chr 13,12). Wie aber ist nun das Verhältnis von 2 Chr 13 zu Num 18 zu bestimmen? Die präpositionslose Apposition ברית מלחam Schluss des Verses ist wenig fest verankert. Ebenso schließt das die Abgaben näher bestimmende ברית מלח עולם הוא לפני יהוה לך ולזרעך אתךin 18,22 zwar gut an, ließe sich aber auch gut auslassen, weil es außer der Bestimmung als „Salzbund“ keine neue Information bietet. Beiden Stellen würde auf den ersten Blick fast nur die Verbindung miteinander fehlen, wenn der Salzbund ausgelassen wäre. Wenn überhaupt eine Beziehung zwischen den Texten gesehen wird, ist die Abhängigkeitsrichtung meist klar. Die Numeripriorität wird zum Teil mit der Zugehörigkeit zu einer deutlich älteren Tradition von Priestergesetzen begründet.67 Doch selbst wenn erkannt wird, dass Num 18 eine späte Kompilation darstellt, die jenseits der meisten priesterlichen Traditionen entstanden ist, wird das Verhältnis eindeutig zugunsten des höheren Alters von Num 18,19 bestimmt. Als Beispiel sei Sara Japhet zitiert: „Dieser Abschnitt ist eine verblüffende Übernahme von Num 18,19: Dort ist es die Hebe von den Opfergaben, hier das Königtum, das jeweils dem Ahnherrn der erwählten Dynastie (Aaron bzw. David) auf Weltzeit verliehen wird und zwar als ‚Salzbund‘, der an beiden Stellen nicht so sehr als Medium der Verleihung steht, sondern eher als
65 Zur Polemik gegen die Samaritaner in der Chronik, s. den Überblick bei Benedikt Hensel, „The Chronicler’s Polemics towards the Samarian YHWH-Worshippers: A Fresh Approach,“ in The Samaritans in Historical, Cultural, and Linguistic Perspectives, ed. Jan Dušek (Berlin: de Gruyter, 2018), 35–50. Auch Hensel verweist auf die starken Kontraste in 2 Chr 13 als Kennzeichen der Polemik. Die Beobachtungen werden hier durch den Hinweis auf die Textanspielungen ergänzt. 66 Klaus Koenen, „Zemarajim,“ WiBiLex (2015). Letzter Zugriff am 20.05.2021 . 67 Vgl. Jonker, „Numbers,“ 350 mit Verweis auf Achenbach. Miracle Ajah, „An Assessment of the Priestly Emolument in Numbers 18:8–32,“ Scriptura 103 (2010): 107–121, 113.115, der mit Verweis auf George W. Coats und Rolf Knierim, Numbers, FOTL 4 (Grand Rapids: Eerdmans, 2005), 219 auf die mündlichen Vorstufen von Num 18 sogar zu der Annahme vorexilischer Verwurzelung kommt.
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Metapher für eine verpflichtende und abänderliche Regelung.“68 Sicher wird man es nicht sagen können, aber es ist denkbar, dass Num 18,19 den theokratischen Akzent noch weiter Richtung Priester verschiebt. Die Passage in V. 19–20 fasst die Abgaben der V. 8–18 zusammen, geht aber in der Formulierung über den reinen Opferanteil hinaus. Es sind die תרומת (הקדשׁיםbzw. im Sg. תרומהἀφαίρεμα), wobei unklar ist, was damit genau gemeint ist. תרומת־ הקדשׁin Ez 45 und 48 ist der Anteil des Landes, der für das Heiligtum, die Priester und Leviten reserviert bliebt, aber das scheint hier nicht die Bedeutung, auch wenn es um die Provision des Tempelpersonals geht. Denkbar wären die Kopfsteuern, die an das Heiligtum zu entrichten waren, die hier explizit als Ressource den Priestern zusteht. Dann würde V. 19 mit dem Salzbund deutlich über die V. 8–18 hinausgehen. Auch bei der Bedeutung der Metapher vom Salzbund ist viel gerätselt worden, sei es, dass Salz für die unverderbliche Dauer steht69 oder damit eine besondere Bindung ausgedrückt wäre, die auch noch im späteren arabischen Kulturraum mit dem Salz verbunden ist.70 Levine erwähnt die Deutung, dass das Salz als Metapher für Verderbnis und Verwüstung auf die Vertragsflüche beim Bruch des Bundes steht, sieht aber demgegenüber eine Analogie zu Lev 2,13: „What the present verse states is that the entitlements assigned to the priests in vv 8–19 have the same binding force as the rule requiring the salting of sacrifices stated in Lev 2:13. There it is stated emphatically that the salting of sacrifices must never cease!“71 Das ist zwar richtig, aber in Lev 2,13 ist das Salz des Bundes nicht auf die Priester bezogen, sondern Ausdruck des Bundes zwischen Gott und Volk („ מלח ברית אלהיךSalz des Bundes deines Gottes“). Erst in der Tempelrolle wird das zu einer ברית מלח לעולם11Q20 4,24 (und 1Q19 20,13). Horst Seebass führt noch auf eine andere Spur: In Esra 4,14 ist vom מלח היכלאdie Rede, „wo die Metapher ‚Salz des Palastes‘ eine enge Bindung und Verpflichtung zwischen Satrapie und persischem Hof zum Ausdruck bringt“.72 In Esra 4,14 reklamieren die Gegner des Wiederaufbaus, dass der persische Großkönig geschädigt würde, weil dann die Judäer keine Steuern, Abgaben und Zölle mehr entrichten würden. Die Briefabschrift, die in Aramäisch in Esra 4 wiedergegeben ist, lässt nun die Gegner sagen, dass das Salz des Palastes ihr Salz ist ()די־מלח היכלא מלחנא. Die Datierung ist umstritten, doch dürfte inzwischen die Annahme der Authentizität ebenso in der Minderheit sein wie die Frühdatierung im 5. Jh. v. Chr.73 Am anderen Ende der Skala rückt Lisbeth Fried die Dokumente deutlicher in die Nähe hellenistischer Rhetorik, was die Datierung deutlich senkt.74 Die Frage muss hier nicht entschieden 68 Sara Japhet, 2 Chronik, HThKAT (Freiburg: Herder, 2003), 167–168. 69 Ludwig Schmidt, Das vierte Buch Mose: Numeri, 10,11–36,13, ATD 7,2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 81. 70 Heinrich Holzinger, Numeri, KHC 4 (Tübingen: Mohr, 1903), 76, vgl. auch den Verweis auf das arab. milḥat „Bund“ bei Jacob Milgrom, Numbers: The Traditional Hebrew Text with the New JPS Translation = Bam-midbār, The JPS Torah Commentary 4 (Philadelphia: Jewish Publication Society, 1990), 154. 71 Baruch A. Levine, Numbers 1–20: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 4A (New York: Doubleday, 1993), 449. 72 Horst Seebass, Numeri 2. Teilband: Numeri 10,11–22,1, BKAT 4,2 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2003), 233. 73 Zur Diskussion Hugh G. M. Williamson, „The Aramaic Documents in Ezra Revisited,“ JTS 59 (2008): 41–62. 74 Lisbeth S. Fried, „The Artaxerxes Correspondence of Ezra 4, Nehemiah’s Wall, and Persian Provincial Administration,“ in ‚Go Out and Study the Land‘ (Judges 18:2), ed. Aharon Maeir, Jodi Magness, und Lawrence H. Schiffman (Leiden: Brill, 2012), 35–57; Lisbeth S. Fried, „Ezra’s Use of Documents in the
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werden, doch sind zwei Beobachtungen wichtig: Zum einen ist die Assoziation von Salz und Palast auffallend, die sich auch im Salzbund mit David in 2 Chr 13,5 findet, zum anderen übersetzt 3 Esra 2,16 die enigmatische Stelle τα κατά τον ναόν und zeigt damit eine Verschiebung zum Tempel hin an, die wahrscheinlich in das 2. Jh. v. Chr. datiert.75 Beides wiederum passt nun recht genau zu der Verschiebung zwischen 2 Chr 13,5 und Num 18,19, weshalb durchaus möglich ist, dass es sich bei dem priesterlichen Salzbund in Num 18,19 um eine nachchronistische Bearbeitung handelt, die die Linie von 2 Chr 13,5 bzw. der Rede Abijas konsequent zu einer strukturell in der fiskalischen Rolle des Tempels verankerten Hierokratie weiterführt. Vielleicht lässt sich das mit einer Änderung Ptolemaios‘ II. (285/83–246 v. Chr.) verbinden, der in Ägypten in seinem 21. Jahr das Besteuerungssystem umstellt und die Salzsteuer als zentrales Instrument nutzt. „All adults were liable, though the rate for women was at first two-thirds and later one-half that of men. This new tax played an important role in the monetization of the Egyptian countryside and was a central feature in the Ptolemaic system of money taxes in the period 265–217.“76 Vielfach wird dabei herausgestellt, dass die Salzsteuer zunächst wie eine Kopfsteuer („universal capitation charge“) funktionierte, dann aber durch eine Vielzahl von Ausnahmen verwässert wurde.77 Davon geben vielleicht Esra 7,24 und 1 Makk 10,29 Zeugnis. Folgt man Josephus, dann fand eine erhebliche Steuerreduktion unter Antiochus III. (222–187 v. Chr.) statt (Ant. XII.142–145). Die in Num 18,19 erkennbare Verschiebung des „Salzbundes“ hin zur Tempeladministration würde dann vielleicht am ehesten an den Beginn der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts datieren. Die Indizien bleiben zugegeben vage, doch ist die umgekehrte Entstehung, in der der Salzbund den Aaroniden genommen und den Davididen zugesprochen wird, deutlich unwahrscheinlicher.
Context of Hellenistic Rules of Rhetoric,“ in New Perspectives on Ezra-Nehemiah: History and Historiography, Text, Literature, and Interpretation, ed. Isaac Kalimi (Winona Lake: Eisenbrauns, 2012), 11–26. 75 Zur Diskussion und der Frage einer Bearbeitung Dieter Böhler, Die heilige Stadt in Esdras α und EsraNehemia: Zwei Konzeptionen der Wiederherstellung Israels, OBO 158 (Fribourg: Academic Press, 1997), 123. 76 Willy Clarysse, „Salt Tax,“ The Encyclopedia of Ancient History, 6023–6024, 6023. 77 Stefan Pfeiffer, Die Ptolemäer: Im Reich der Kleopatra (Stuttgart: Kohlhammer, 2017), 76.226; Willy Clarysse und Dorothy J. Thompson, Counting the People in Hellenistic Egypt, Cambridge Classical Studies (Cambridge: Cambridge University Press, 2004), II, 36–89 (dort auch zur Vorgeschichte der ἀλική und zur Datierung 264/263–217 v. Chr.); zur Datierung der hauptsächlich aus Elephantine stammenden 320 Ostraka Jos Paulissen und Katelijn Vandorpe, „Dating Early Ptolemaic Salt Tax Receipts: The Egyptian Tax Year,“ ZPE 211 (2019): 145–161, 154–155. Tausende von Siegeln aus Uruk und Seleukia (datiert 249–154 v. Chr.) unterstreichen zusätzlich die Bedeutung der Salzsteuer in hellenistischer Zeit, vgl. Paolo Mollo, „Il problema dell‘ ἀλική seleucide alla luce dei materiali degli archivi di Seleucia sul Tigri,“ in Archives et sceaux du monde hellénistique: Archivi e sigilli nel mondo ellenistico, ed. MarieFrançoise Boussac und Antonio Invernizzi (Athènes: Boccard, 1996), 145–156. Zur Salzsteuer auch Sebastian Grätz, „Esra 7 im Kontext hellenistischer Politik: Der königliche Euergetismus in hellenistischer Zeit als ideeller Hintergrund von Esr 7,12–26,“ in Die Griechen und das antike Israel, ed. Stefan Alkier und Markus Witte (Fribourg: Academic Press, 2004), 131–154, 145; Sebastian Grätz, Das Edikt des Artaxerxes: Eine Untersuchung zum religionspolitischen und historischen Umfeld von Esra 7,12–26, BZAW 337 (Berlin: de Gruyter, 2004), 165.
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3. Die weite Reise als Grund für die Verschiebung des Pessach Das dritte Beispiel für eine literargeschichtliche Verschränkung zwischen Chronik und Numeri stellt die Erweiterung der Pessachordnung und die Feier des Pessach in 2 Chr 30 dar. Auch hier ist eine Interferenz zwischen den Texten erwartbar, aber nicht auf den ersten Blick erkennbar. Wie in den vorhergehenden Fällen ist die Numeripriorität auch nicht aus der Chronik abzuleiten, ja vielleicht nicht einmal gegeben. Beide Narrative betreffen die Verschiebung des Pessach um einen Monat, allerdings aus verschiedenen Gründen. In 2 Chr 30 will Hiskija ein großes Pessach in Jerusalem abhalten und dazu auch die Israeliten aus Efraim und Manasse einladen. Der Text hat viele Facetten, auf die hier nicht eingegangen werden soll.78 Für den vorliegenden Zusammenhang sind lediglich folgende Aspekte wichtig: Das Pessach wird in Verbindung mit dem siebentägigen Mazzot-Fest (2 Chr 30,13.21) als gemeinschaftliches Opferfest einschließlich der Fremden (2 Chr 30,25) in Jerusalem gefeiert. Es zielt auf eine vollständige Versammlung der Kultfähigen und setzt die Beteiligung von Priestern voraus. Nach Beratungen zwischen dem König, seiner Regierung und der Jerusalemer Kultversammlung (2 Chr 30,2) wird das Pessach am vierzehnten Tag des zweiten Monats in Jerusalem gehalten (2 Chr 30,15). Für die Verschiebung um einen Monat werden zwei Gründe genannt: Weil sich nicht genügend Priester geheiligt hatten ( )כי הכהנים לא־התקדשׁו למדיund das Volk zum eigentlichen Termin nicht in Jerusalem versammelt war (והעם לא־נאספו ( )לירושׁלם2 Chr 30,3). Viele – besonders die Teilnehmer aus den nördlichen Stämmen – weisen jedoch auch im zweiten Monat die erforderliche Reinheit nicht auf ()לא הטהרו, sodass sie das Pessach „nicht in der vorgeschriebenen Weise verzehren“ (כי־אכלו את־הפסח בלא ( )ככתוב2 Chr 30,18). Für den Opferakt substituieren die Leviten die fehlende Reinheit und schlachten die Pessach-Lämmer stellvertretend (2 Chr 30,17). Auf den ersten Blick ist eine Verbindung zu Num 9,1–14 nicht erkennbar. Dort wird nämlich nicht das gesamte Pessach verschoben, sondern nur die Feier für diejenigen, die zu dem Zeitpunkt, an dem das Mahl regulär gehalten werden soll, durch Unreinheit ( )טמאverhindert sind ihre „Opfergabe YHWHs“ ( )קרבן יהוהdarzubringen (Num 9,6–7). Die Unreinheit ist durch die Berührung eines Leichnams verursacht. Die Mehrheit feiert hingegen regulär am 14. des ersten Monats (Num 9,1–5). Für die an der Feier Verhinderten befragt Mose den Herrn und aus der Befragung geht folgende Regelung hervor: Jeder, der wegen einer Leiche unrein ist oder auf einer weiten Reise ist, sei es bei euch oder bei euren Generationen, der soll das Pessach für YHWH halten. Im zweiten Monat am vierzehnten des Monats in der Abenddämmerung soll man es halten. Zu ungesäuerten Broten und Bitterkräutern soll man es essen. […] Entsprechend der ganzen Pessachsatzung soll man es machen. (Num 9,10–12) Es ist unbestritten, dass Num 9,6–14 eine Ergänzung zur Pessachordnung bietet, die mit den übrigen Anpassungen von Rechtsfällen in Lev 24,10–23; Num 15,32–36; 27,1–11 und 36,1– 12 zu den späten Ergänzungen im Numeribuch gehört.79 In der angedrohten כרת-Sanktion 78 Vgl. neben den Kommentaren auch Jonker, „Numbers,“ 362–366 und Jaeyoung Jeon und Louis C. Jonker, eds., Chronicles and the Priestly Literature of the Hebrew Bible, BZAW 528 (Berlin: de Gruyter, 2021). 79 S. Frevel, Transformations, 341–342.
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für die Unterlassung der Feier in Num 9,13 sieht Achenbach ein Zeichen der Radikalisierung, die er mit der letzten Stufe der theokratischen Bearbeitung verbindet. „Damit spiegelt der Text der ThB III den gewachsenen Einfluß der hierokratischen Kräfte wider, die es ermöglichten, eine Durchsetzung des Wallfahrtsfestes im gesamten jüdischen Volk in der Tora [zu] fordern und dies für alle Zeiten festzuschreiben.“80 Weil die an der Feier Verhinderten nicht in der Lage seien Num 28,2 zu erfüllen und ihre Opfergabe ( )קרבןan das Heiligtum zu bringen (und die Übereinstimmungen von Num 9,7.13 mit Num 28,2 sind in der Tat signifikant) und genau dafür eine Regelung gefunden werde, sei die Ergänzung der Pessachordnung dem späten Festkalender nachzuordnen. Darin erkennt er nicht nur das Ziel einer „endogenen, hierokratisch regulierten Theonomie“,81 sondern den Übergang von der Tora zum Midrasch: „Insofern stoßen wir hier im Rahmen des Numeribuches in der Endphase der Vollendung der Tora auf den Beginn der Midraschim.“82 Die Neuregelung reagiere auf die am Ende des 5. Jhs. v. Chr. wachsende Diaspora, für die die Feier des Pessach zum Schibbolet der Zugehörigkeit stilisiert werde.83 Zwar steht Num 9 am Ende der Reihe der Ergänzungen der Tora, ist jedoch nicht nachchronistisch. Horst Seebass führen hingegen die Besonderheiten der Passage dazu, sie zusammen mit Num 7 und Num 31 als Nachtrag zu seiner „Buchredaktion“ in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. einzuordnen. Damit wird das Stück nicht nur den übrigen „oracular novellae“ deutlich nachgeordnet, sondern auch der Einzelfallregelung von 2 Chr 30.84 Seebass begründet das mit dem Ritual der Reinigung in Num 19, das in Num 9 vorausgesetzt sei. Auch sei doch überhaupt verwunderlich, dass die Männer vor Mose treten, obwohl sie sich nach Num 5,1–4 doch eigentlich außerhalb des Lagers aufhalten müssten. Wie sich Num 9,6–14 innerhalb des Numeribuches einordnet, wird an anderer Stelle zu klären sein.85 Hier geht es lediglich um das Verhältnis zur Chronik. Es gibt eine Reihe von Übereinstimmungen zwischen der Verschiebung des Pessach bei Hiskija und vor dem Aufbruch vom Sinai, auch wenn die Terminologie im Einzelnen differiert. Auffallend ist vor allem die Verschiebung um genau einen Monat, die in 2 Chr 30,2 eine selbstverständliche Option bildet. Hier scheint die Chronik die Praxis der Verschiebung aus Numeri zu kennen. In der Chronik werden die Gründe der Unreinheit nicht näher spezifiziert, jedenfalls geht es nicht wie in Num 9 um die Berührung von Toten. Vielmehr sind die Gründe für die Verschiebung durch den Kontext bedingt: „Beides schließt an das Vorhergehende an: Die zu geringe Anzahl kultisch verfügbarer Priester erinnert an 29,34, die mangelnde Festgemeinde geht zurück auf 29,3, wo als Anfang von Hiskijas Tätigkeit der erste 80 81 82 83 84
Achenbach, Vollendung, 547. Achenbach, Vollendung, 548. Achenbach, Vollendung, 548. Vgl. Achenbach, Vollendung, 549 mit Verweis auf die Elephantinekorrespondenz. Seebass, Numeri 1, 226–229. „1–14 sind also wohl erst nachchronistisch entworfen (kurz vor 300 v. Chr.), weil dies für die persische Administration wesentlich war“ (ebd., 229). Es ist bezeichnend, dass Horst Seebass das Verhältnis von Chronik und Numeri für einen der zuletzt kommentierten Texte (die Lieferung erschien 2011) umkehrt. In seinem Aufsatz in der FS Boecker war er zumindest explizit noch nicht so weit gegangen, auch wenn er dort schon Num 9,1–14 als einen „Nachtrag zum fertigen Buch“ kennzeichnet, Horst Seebass, „In Martin Noths Gefolge: Der Rechtsfall von Num 9,1–14,“ in Kontexte: Biografische und forschungsgeschichtliche Schnittpunkte der alttestamentlichen Wissenschaft (FS H. J. Boecker), ed. Dieter Vieweger und Kurt Erlemann (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2008), 253–262, 259. 85 S. die Hinweise in Frevel, Transformations, 253–258.
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Monat seines ersten Jahres genannt wird, d. h. die Zeit reichte nicht aus, größere Mengen von Festgästen nach Jerusalem zu bringen. […] Die Gründe, die der Chronist hier anführt, tragen deutlich apologetischen Charakter. Die Verschiebung des Festtermins in den zweiten Monat war nichts Positives, sondern ein Versäumnis, das ausdrücklich gerechtfertigt werden musste.“86 Es ist nun auffallend, dass der Chronist sich nicht des impliziten oder expliziten Rückverweises bedient, um die Verschiebung zu begründen. Völlig richtig merkt aber Sara Japhet an, dass es in Num 9,6–14 um Einzelfallentscheidungen, nicht aber um „eine Verschiebung des Haupttermins für die gesamte Bevölkerung“87 geht, was für Horst Seebass „um Gewaltiges unterschieden“88 gegenüber 2 Chr 30 ist. Damit hat aber für Japhet gegen Seebass „auch die Annahme, daß Num 9,6–13 auf den von Hiskia geschaffenen Präzedenzfall hin formuliert worden sei, wenig für sich“.89 Seebass argumentiert zusätzlich damit, dass Hiskija in seinem Gebet auf die Unreinheit der Teilnehmer aus Manasse, Issachar und Sebulon Bezug nimmt und bittet, YHWH möge all jene entsühnen/versöhnen ( כפרD-Stamm), die bei der Feier der Reinheit des Heiligtums nicht entsprechen (ולא כטהרת הקדשׁ, 2 Chr 30,18–19). „Dagegen findet man in Num 9,1–14 eine für sich selbst schlüssige Lösung bei individuellen Fällen mit zugleich schroffer Betonung, daß alle zum jeweiligen 14.1. Reinen unbedingt das Passa zu feiern hatten. 1–14 sind also wohl erst nachchronistisch.“90 Mir scheint, dass Seebass hier am Schluss seines Kommentierens das Kind ein wenig mit dem Bade ausschüttet. Denn bei der Spätdatierung bleibt nicht nur unberücksichtigt, dass die Beziehungen zwischen 2 Chr 30 und Num 9,1–14 dünn bleiben, sondern auch, dass das Pessach vor dem Aufbruch vom Sinai eine wichtige kompositorische Rolle im Buchaufbau in Analogie zu Ex 12 einnimmt.91 Zumindest Num 9,1–5 dürften daher in die Numerikomposition gehören. Hinzu kommt, dass Num 10,11 mit der Datierung des Aufbruchs die Verschiebung zu berücksichtigen scheint, wenn auch Num 9,1.5 gegenüber Num 1,1 chronologisch einen flashback darstellt. Auch das kann als ein Indiz gewertet werden, dass der Buchkomposition Num 9,1–14 schon vorgelegen hat. Wahrscheinlich ist also in der Tendenz die Verschiebung des Pessachtermins für Individuen in Num 9,6–14 früher als 2 Chr 30, auch wenn sich das nicht stringent nachweisen lässt. Ist damit aber schon über das Verhältnis von Num 9 und 2 Chr 30 alles gesagt? In Num 9 gibt es ein Moment, das in der dortigen Erzählung nicht motiviert ist und möglicherweise von 2 Chr 30 beeinflusst ist. Als Grund für die Verschiebung bringen die Männer in Num 9,6 ausschließlich die kultische Unreinheit vor Mose, nicht aber ihre Abwesenheit zum Festzeitpunkt. Die Antwort, die Mose als Regelung gibt, ist nun in der Erzählung um ein Moment erweitert, das nicht durch den „Fall“ selbst begründet ist, ja ihm eigentlich sogar widerspricht, weil die Männer, die um Klärung gebeten haben, ja vor Ort und nicht auf einer weiten Reise sind. Hinzu kommt, dass der Anschluss der singulären Phrase לכם או לדרתיכם „ihr oder eure Generationen“ in V. 10 nicht nur im Bezug uneindeutig bleibt, sondern auch durch die zweite Oder-Formulierung auffällt. דרותmeint dabei nicht, dass „der Reisende […] 86 87 88 89 90 91
Japhet, 2 Chronik, 386. Japhet, 2 Chronik, 387. Seebass, Numeri 1, 228. Japhet, 2 Chronik, 387. Seebass, Numeri 1, 229. Frevel, Transformations, 67–68.
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den Wohnort der Israeliten verlassen [hat]“,92 sondern unterstreicht nachdrücklich die Forderung, das Pessach auf jeden Fall zu feiern. Es bezieht sich wie auch sonst auf die Dauer der Regelung „für euch und alle euch nachfolgenden Generationen“. Damit könnte sich der Hinweis auf die Entfernung vom Festort, die in Num 9,10.13 ergänzend als Grund genannt wird, erst aus 2 Chr 30 nahegelegt haben.
Auswertung Der Ausgangspunkt waren Überlegungen zum Prozess des Pentateuchabschlusses, der sich hinter der Metapher der „Vollendung“ der Tora verbirgt. Hier hat sich die Diskussion zeitlich und konzeptionell verschoben. War früher vor allem mit Blick auf eine historisierende Lektüre von Esra und Nehemia ein Pentateuchschluss in der Mitte des 5. Jhs. unhinterfragt, wird inzwischen mehr und mehr die späte Perserzeit und der Übergang zwischen Perserzeit und hellenistischer Zeit am Ende des 4. Jhs. in den Blick genommen. Mit der Verschiebung fehlt es den Modellen, die von einer Endredaktion ausgehen, die den Pentateuch formt und zugleich dessen Ergänzungen zum Abschluss bringt, an Plausibilität. Zugleich wird immer deutlicher, dass die Idee einer Promulgation der Tora nicht zureicht, um deren Abschluss zu erklären. Die Finalisierung lässt sich nur als allmählicher Prozess beschreiben, in dem sich Produktion und Rezeption überblenden. Literargeschichte und Textgeschichte sind nicht einander gegenüberstehende Phasen, sondern greifen ineinander, wie die Qumran-Evidenz, aber auch Samaritanus und Septuaginta deutlich zeigen. Vor diesem Hintergrund wird auch das Verhältnis der späten Überarbeitungen des Numeribuches zur Chronik neu bedacht. Modelle, die den finalisierten Pentateuch als Tora zur Voraussetzung für die réécriture der Chronik machen, sind in der jüngsten Diskussion zu Recht aufgegeben worden. Die beiden Literaturwerke rücken vor allem in den nachpriesterlichen Teilen der Tora enger aneinander – ja sie schieben sich übereinander in konzeptioneller, sprachlicher und theologischer Hinsicht. Die Feststellung großer Nähe beider Literaturbereiche, die in der Forschung über Metaphern der Verwandtschaft konzeptualisiert wird, reicht allerdings nicht aus. Daher wurde ein neuer Vorschlag in den Blick genommen, die von Reinhard Achenbach herausgearbeitete letzte theokratische Bearbeitung nachchronistisch zu datieren. Das macht Louis Jonker vor allem an dem hierarchischen Verhältnis der Heiligkeit von Priestern und Leviten fest, das er in Num 16–18 abschließend gegen die Chronik in Stellung gebracht sieht. Zwar ist eine solche Interpretation wegen der großen Nähe zwischen den Konzeptionen möglich, aber nicht wahrscheinlich. Denn an der Zurückweisung levitischer Ansprüche auf das Priesteramt in Num 16 hängt weit mehr im Numeribuch als nur eine Bearbeitungsschicht. Die These setzt zudem mindestens eine moderate Frühdatierung der Chronik voraus, was vor dem Hintergrund der jüngeren Diskussion in Frage steht. Setzt man voraus, dass die Chronik um etwa 300 v. Chr. entstanden ist, ist auch das Numeribuch weitestgehend abgeschlossen. An drei Beispielen wurde dennoch diskutiert, inwieweit nachchronistische Fortschreibungen im Numeribuch plausibel gemacht werden können. Dazu wurde auf die Trompeten beim Opfer Num 10,10, den Salzbund Num 18,19 und die weite Reise als Grund für die Verschiebung des Pessach Num 9,10 geschaut. In allen drei 92 So recht abwegig Kellermann, Priesterschrift, 124.
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Fällen wurde eine sehr kleinräumige Anpassung im Numeritext vorgenommen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Tora vor dem Hintergrund der Chronik zwar bereits weitgehend als abgeschlossen betrachtet wurde, aber – entsprechend der oben angedeuteten Konzeptualisierung – noch minimale Anpassungen vorgenommen wurden. Diese ließen sich jetzt über die Textgeschichte für die hasmonäische Zeit z. B. mit einem Blick auf 4QNumb und andere Texte weiter plausibilisieren. Für Reinhard Achenbach gehörten die theokratischen Bearbeitungen zu Recht mit zur Konzeption des Numeribuches. Dennoch bedarf es weiterer Aufmerksamkeit, wo und wie sich die Ideen des Numeribuches nicht nur aus der Traditionsbildung innerhalb der Tora speisen, sondern auch mit anderen Traditionen aus den anderen Kanonteilen vernetzen. Dass hier die Annahme eines definitiven, punktuellen oder promulgativen Abschlusses nicht zureicht, ist die Leistungsfähigkeit der so treffenden Metapher „Vollendung der Tora“.
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Numbers 14:23 in the LXX: A Hebrew Vorlage or a Greek Creative Work? Jean Louis Ska The book of Numbers has become more central in biblical research on the Pentateuch in the past decades. One of the promotors of this renewed interest is surely Reinhard Achenbach, to whom this short contribution is dedicated with pleasure.1 The problem we would like to treat in this short contribution is one of the many cases in which we find a difference between the Hebrew Masoretic Text (MT) and the Greek translation, the LXX.2 The case we would like to examine more closely is that of Num 14:23, where the LXX contains a long plus.3 The case was studied some twenty years ago by Hans Ausloos who came to the conclusion that “it can be said that the (Vorlage of the) Septuagint of Numbers 14:23 was giving a harmonization of Deut 1:39, making use of a central topic that was already present in Num 14:31.” This means that the plus was present in the Hebrew text translated by the LXX and was not, therefore, the work of this translator.4 This conclusion, however, was contested ten years later by Michaël van der Meer, who adopts the opposite position, “I found that the textual variants in Num and Deuteronomy probably also reflect creative reformulations from the part of the translator, rather than reflections of a different Hebrew Vorlage, and that these interpretative renderings are not restricted to the oldest extant witnesses of the Hebrew Bible.” 5 The two authors adopt different 1
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See especially R. Achenbach, “Die Erzählung von der gescheiterten Landnahme von Kadesch Barnea (Numeri 13–14) als Schlüsseltext der Redaktionsgeschichte des Pentateuch,” ZABR 9 (2003): 56–123; R. Achenbach, Die Vollendung der Tora. Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harassowitz, 2003); R. Achenbach, “Das Heiligkeitsgesetz und die sakralen Ordnungen des Numeribuches im Horizont der Pentateuchredaktion,” in The Books of Leviticus and Numbers, ed. T. Römer, (Leuven: Peeters, 2008), 147–175. For a list of the main differences, see E. Tov, “The Septuagint of Numbers as a Harmonizing Text,” in Die Septuaginta – Geschichte, Wirkung, Relevanz, ed. Martin Meiser et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018), 181–201. For a critical edition of the LXX, see J.W. Wevers, Numeri, Septuaginta Vetus Testamentum graecum, III/1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982). We use the following abbreviations, MT for the Masoretic Text, LXX for the Septuagint, Smr for the Samaritan Pentateuch. H. Ausloos, “LXX Num 14:23: Once More a ‘Deuteronomist’ at Work?” in X Congress of the IOSCS Oslo 1998, ed. B.A. Taylor (Atlanta, GA: SBL Press, 2001), 416–427. M.N. van der Meer, “The Next Generation: Textual Moves in Numbers 14,23 and Related Passages,” in The Books of Leviticus and Numbers, ed. T. Römer (Leuven; Paris; Dudley, MA: Peeters, 2008), 399– 416. In his favor, he quotes G. Dorival, Les Nombres. Traduction du texte grec de la Septante, introduction et notes, La Bible d’Alexandrie LXX 4 (Paris: Le Cerf, 1994), 323: “Cette addition est originale et elle n’est pas empruntée à d’autres passages du Pentateuque, même si quelques expressions rappellent Dt 1,39: mais ils s’agit de simples parallélismes, et non d’emprunts”; Idem, “Les phénomènes d’intertextu-
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methodologies to come to their conclusions. Ausloos compares the different texts, mainly using the tools of text criticism. M.N. van der Meer studies the Greek text “in its own right” before bringing other examples into the discussion. In the same field more recently, Emanuel Tov has published a comprehensive article on the LXX of Numbers where he sides with H. Ausloos rather than with M.N. van der Meer (who is not cited in the bibliography, however).6 Here is E. Tov’s working hypothesis, “It is usually suggested […] that the Greek translator inserted these harmonizations, but I wish to suggest that they were, as a rule, already found in his Vorlage, although this cannot be proven without doubt.”7 We will try to confirm this insight about Num 14:23. First of all, it is useful to understand what is at stake in all these texts in Numbers and Deuteronomy. The problem is raised by the rebellion of the Israelites described in Num 13– 14, the refusal to take control of the land and to settle there. This refusal provokes God’s anger and punishment. The question, however, is to know who will finally enter the land. Are all the Israelites condemned to die in the desert, without any exception? Are there exceptions? And who will be the exceptions? Several answers are given in Numbers.8 God’s first reaction is to wipe out the whole nation and to make of Moses a greater nation (14:12). Moses, however, intercedes, and God agrees with Moses and forgives, but also decides that all those who disobeyed and despised the divine voice will die in the desert. The only exceptions are Caleb and his descendants because “[Caleb] has a different spirit and has followed me fully” (14:22–24; cf. 13:30). According to this verdict, it seems that only Caleb and his offspring will inherit the land. This judgment is corrected in a third divine discourse, in 14:27–35. Besides Caleb there are two more exceptions. Firstly, Joshua will also enter the land (14:30; cf. 14:6–9) and, secondly, the younger generation, “your little ones, whom you said would become a prey, I will bring in, and they shall know the land that you have rejected” (14:31 MT). So much for the book of Numbers in the MT. As we know, these events are recounted again in Moses’s first discourse in Deut 1:19– 46. We have therein some specifications about those who will enter the land despite the people’s rebellion. This time, Caleb (Deut 1:36) as well as Joshua (Deut 1:38) are mentioned with the younger generation (Deut 1:39). Interestingly, there are striking differences in the textual traditions of Deut 1:39 just as in Num 14:23.9 It seems that the problem of who will enter the land was the object of several debates and revisions.
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alité dans le livre des Nombres,” in ΚΑΤΑ ΤΟΥΣ Ο’ – Selon les Septante. Trente études sur la Bible grecque des Septante en hommage à Marguerite Harl, ed. G. Dorival and O. Munnich (Paris: Le Cerf, 1995), 253–285, esp. 266 (van der Meer, “The Next Generation,” 401, notes 6–7); and J.W. Wevers, Notes on the Greek Text of Numbers, SBLSCS 46 (Atlanta, GA: Scholars Press, 1998) 223–224: “This is a creation of the translator, who apparently wanted to be sure that readers would not misunderstand God’s intentions […]” (van der Meer, “The Next Generation,” 402 n. 9). See note 2. Tov, “Septuagint of Numbers,” 183. For more details on this question, see S. Boorer, The Promise of the Land as Oath: A Key to the Formation of the Pentateuch, BZAW 205 (Berlin: Walter de Gruyter, 1992, 2013), 347–352. See especially the exhaustive article by N. Lohfink, “Canonical Signals in the Additions in Deuteronomy 1.39,” in Seeing Signals, Reading Signs: The Art of Exegesis. Studies in Honour of Antony F. Campbell, SJ for his Seventieth Birthday, ed. M.A. O’Brien and H.N. Wallace (London: T&T Clark, 2004), 30–43. We shall come back to this point later on.
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Num 14:23 in the LXX
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The Greek plus in Num 14:23, for instance, corrects the MT, which may give the impression that the unique inheritors of the land will be Caleb and his offspring (14:24). In the LXX, God adds explicitly the younger generation of Israelites to Caleb and his progeny, “but their children which are with me here, as many as know not good or evil, every inexperienced youth, to them will I give the land.”10 In the same way, Deut 1:39 MT makes the clarification that, besides Caleb and Joshua, a whole generation born in the desert will enter the land, “And as for your little ones, whom you said would become a prey, and your children, who today have no knowledge of good or evil, they shall go in there. And to them I will give it, and they shall possess it.”11 Our main question will be that of the Vorlage of Num 14:23 LXX which is very close to the content of Deut 1:39 MT. Most probably we have here a case of harmonization in the LXX of Numbers.12
1. Numbers 14:23 in the Masoretic Text and in the Septuagint Let us start, therefore, with Num 14:23. Here are the MT and the LXX of this verse in a chart. Num 14:23 MT ת־ה ָא ֶרץ ָ ִאם־יִ ְראוּ ֶא ֲא ֶשׁר נִ ְשׁ ַבּ ְﬠ ִתּי ַל ֲאב ָֹתם
אוּה ָ ל־מנַ ֲא ַצי ל ֹא יִ ְר ְ וְ ָכ
Num 14:23 LXX ἦ μὴν οὐκ ὄψονται τὴν γῆν ἣν ὤμοσα τοῖς πατράσιν αὐτῶν ἀλλ᾽ ἢ τὰ τέκνα αὐτῶν ἅ ἐστιν μετ᾽ ἐμοῦ ὧδε ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν πᾶς νεώτερος ἄπειρος τούτοις δώσω τὴν γῆν πάντες δὲ οἱ παροξύναντές με οὐκ ὄψονται αὐτήν
The LXX inserts a plus in the middle of a divine sentence condemning the rebellious and contemptuous people as a whole. The LXX, in this way, corrects a first sweeping statement and anticipates what God will say in 14:31 MT: “But your little ones, whom you said would become a prey, I will bring in, and they shall know the land that you have rejected.” Num 14:23 LXX adds to Num 14:31 MT some expressions to determine with more precision who are the “little ones,” namely “the children who are with me here, as many as know not good or evil, every inexperienced youth” and cancels another precision which is perhaps not necessary in this context, “whom you said would become a prey.” The plus insists on the fact that the little ones who will enter the land were not responsible for the rebellion because they
10 We quote Brenton’s translation, L.C.L. Brenton, The Septuagint with Apocrypha: Greek and English, Companion Texts for Old Testament Studies (London: Samuel Bagster & Sons, 1844, 21851; Grand Rapids, MI: Zondervan, 1982). Cf. A. Pietersma and B.G. Wright, eds., A New English Translation of the Septuagint and the Other Greek Translations Traditionally Included under that Title (Oxford: Oxford University Press, 2007). 11 The English translation are those of the Revised Standard Version (2011) with some slight modifications for the sake of clarity. 12 Tov, “Septuagint of Numbers,” 193–194; Idem, “The Source of Source Criticism: The Relevance of NonMasoretic Textual Witnesses,” chapter 15 in E. Tov, Textual Developments: Collected Essays Vol. 4, VTSup 181 (Leiden: Brill, 2019), 257–277, esp. 274 n. 66.
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were too young to take decisions in this respect. In simple words, they are those who had not yet reached the age of reason.13 Who wrote the plus in Num 14:23? Was it added by the translator or was it already present in the Hebrew text as translated into Greek? This is a difficult question since we can only guess what could have been the Hebrew Vorlage of the LXX in general and in Num 14 in particular. Nonetheless, the retroversion of this Greek text into Hebrew does not create any special difficulty, at least according to E. Tov.14 Here is the text he proposes: כי אם בניהם אשר אתי פה אשר לא ידעו טוב ורע כל נער ורך להם אתן את הארץ. Tov provides us furthermore with four criteria to settle the question of the origin of a harmonization, whether it comes from the Greek translator or from a Hebrew Vorlage:15 (1) The translator’s fidelity to his source since we may assume that a translator generally does not tamper with the text translated. (2) The level of the harmonization – the Greek texts, the source and the harmonized text, do not correspond to each other. So, the Greek translator did not copy another Greek text. (3) The agreement of Smr with LXX. (4) The occasional agreement of LXX with Qumran. In our case, we cannot use criteria (3) and (4), since MT and Smr coincide and there is no real extant Qumran fragment of this text.16 As for criterion (1), Tov considers that the LXX of Numbers is faithful to its sources most of the time. We may add a second argument to this first and rather formal statement. We can feel a certain Semitic flavor in the wording and grammar of the Greek sentence. (1) We have a succession of two relative sentences without coordination, the first introduced by a neutral relative pronoun, ἅ, and the second by a masculine relative pronoun, ὅσοι. The lack of agreement can be easily explained if one supposes that both translate the same Hebrew pronoun אשר. (2) The sentence contains two examples of what grammarians call “casus pendens,” two nominatives, τὰ τέκνα αὐτῶν ( )בניהםand πᾶς νεώτερος ἄπειρος ()כל נער ורך, resumed by a dative demonstrative pronoun, τούτοις in τούτοις δώσω τὴν γῆν ( )להם אתן את הארץat the end of the sentence.17 It would be difficult to find anything similar in Philo’s or Josephus’s works. These features are certainly closer to Semitic than to classical Greek literary sensitivity and also speak in favor of the opinion that there was a Hebrew Vorlage behind the Greek plus in Num 14:23.18
13 Interestingly, the MT is followed by the Targumim Onkelos, Neofiti and Pseudo-Jonathan, as well as by the Vulgate. The LXX represents an independent textual tradition, followed by the Vetus Latina. This is also the case in Num 32:11 and Deut 1:39, as we shall see. 14 Tov, “Septuagint of Numbers,” 193. 15 Tov, “Septuagint of Numbers,” 184–185. 16 The Qumran fragment 7Q4 “is too fragmentary for certain identification” according to specialists in the field. See Ausloos, “LXX Num 14:23,” 418 n. 6; and van der Meer, “The Next Generation,” 400 n. 3, both with bibliography. 17 On casus pendens, see, for instance Joüon § 156. See also the exhaustive article by P. Korchin, “Suspense and Authority amid Biblical Hebrew Front Dislocation,” JHebS 15 (2015): 1–46 and 17–18 about Deut 1:37–39. 18 Tov, “Septuagint of Numbers,” 184.
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Num 14:23 in the LXX
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As for Tov’s second criterion, we need to investigate more fully the content of the Greek plus in Num 14:23. We will examine this Greek plus and the parallel Greek texts in order to determine whether the source of the text is a Hebrew or a Greek one. Here are the texts in question in a chart, the Hebrew of the Masoretic Text, the Greek of the Septuagint, and the retroversion of the Greek plus into Hebrew by E. Tov: MT LXX
Brenton’s translation
LXX plus Tov’s Hebrew retroversion
אוּה ָ ל־מנַ ֲא ַצי ל ֹא יִ ְר ְ ת־ה ָא ֶרץ ֲא ֶשׁר נִ ְשׁ ַבּ ְﬠ ִתּי לַ ֲאב ָֹתם וְ ָכ ָ ִאם־יִ ְראוּ ֶא ἦ μὴν οὐκ ὄψονται τὴν γῆν ἣν ὤμοσα τοῖς πατράσιν αὐτῶν ἀλλ᾽ ἢ τὰ τέκνα αὐτῶν ἅ ἐστιν μετ᾽ ἐμοῦ ὧδε ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν πᾶς νεώτερος ἄπειρος τούτοις δώσω τὴν γῆν πάντες δὲ οἱ παροξύναντές με οὐκ ὄψονται αὐτήν Surely, they shall not see the land, which I swore to their fathers; but their children which are with me here, as many as know not good or evil, every inexperienced youth, to them will I give the land; but none who have provoked me shall see it. ἀλλ᾽ ἢ τὰ τέκνα αὐτῶν ἅ ἐστιν μετ᾽ ἐμοῦ ὧδε ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν πᾶς νεώτερος ἄπειρος τούτοις δώσω τὴν γῆν כי אם בניהם אשר אתי פה אשר לא ידעו טוב ורע כל נער ורך להם אתן את הארץ
Four elements in Num 14:23 LXX are of major importance, (1) the words τὰ τέκνα (“sons”), (2) the expression οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν, “[who] do not know either good or evil,” (3) the syntagma πᾶς νεώτερος ἄπειρος, “every young inexperienced one,” and (4) the final words, τούτοις δώσω τὴν γῆν, “to them I will give the land.” We will compare this text with the probable source of this plus according to a majority of scholars, namely Deut 1:39. Here is the Hebrew text and the Greek translation of the Septuagint.19 Deut 1:39
וְ ַט ְפּ ֶכם ֲא ֶשׁר ֲא ַמ ְר ֶתּם ָל ַבז יִ ְהיֶ ה יכם ֲא ֶשׁר ל ֹא־יָ ְדעוּ ַהיּוֹם טוֹב וָ ָרע ֶ ֵוּבנ ְ ֵה ָמּה ָיבֹאוּ ָשׁ ָמּה וְ ָל ֶהם ֶא ְתּנֶ נָּ ה וְ ֵהם שׁוּה ָ יִ ָיר
καὶ πᾶν παιδίον νέον ὅστις οὐκ οἶδεν σήμερον ἀγαθὸν ἢ κακόν οὗτοι εἰσελεύσονται ἐκεῖ καὶ τούτοις δώσω αὐτήν καὶ αὐτοὶ κληρονομήσουσιν αὐτήν
Other texts are similar, for instance, Num 14:30–31 and 32:11: 14:30–31
ל־ה ָא ֶרץ ֲא ֶשׁר ָ ם־א ֶתּם ָתּבֹאוּ ֶא ַ ִא אתי ֶאת־יָ ִדי ְל ַשׁ ֵכּן ֶא ְת ֶכם ָבּהּ ִכּי ִ נָ ָשׂ יהוֹשׁ ַ ִבּן־נוּן ֻ ִם־כּלֵ ב ֶבּן־יְ ֻפנֶּ ה ו ָ ִא
εἰ ὑμεῖς εἰσελεύσεσθε εἰς τὴν γῆν ἐφ᾽ ἣν ἐξέτεινα τὴν χεῖρά μου κατασκηνῶσαι ὑμᾶς ἐπ᾽ αὐτῆς ἀλλ᾽ ἢ Χαλεβ υἱὸς Ιεφοννη καὶ Ἰησοῦς ὁ τοῦ Ναυη
19 There is a textual problem in this verse. We shall come back to this text at the end of this study.
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וְ ַט ְפּ ֶכם ֲא ֶשׁר ֲא ַמ ְר ֶתּם ָל ַבז יִ ְהיֶ ה ת־ה ָא ֶרץ ֲא ֶשׁר ָ יאתי א ָֹתם וְ יָ ְדעוּ ֶא ִ וְ ֵה ֵב ְמ ַא ְס ֶתּם ָבּהּ
32:11
ִאם־יִ ְראוּ ָה ֲאנָ ִשׁים ָהעֹלִ ים ִמ ִמּ ְצ ַריִ ם ִמ ֶבּן ֶﬠ ְשׂ ִרים ָשׁנָ ה וָ ַמ ְﬠ ָלה ֵאת ָה ֲא ָד ָמה ֲא ֶשׁר נִ ְשׁ ַבּ ְﬠ ִתּי ְל ַא ְב ָר ָהם ְליִ ְצ ָחק א־מ ְלאוּ ַא ֲח ָרי ִ ֹ וּליַ ֲﬠקֹב ִכּי ל ְ
καὶ τὰ παιδία ἃ εἴπατε ἐν διαρπαγῇ ἔσεσθαι εἰσάξω αὐτοὺς εἰς τὴν γῆν καὶ κληρονομήσουσιν τὴν γῆν ἣν ὑμεῖς ἀπέστητε ἀπ᾽ αὐτῆς εἰ ὄψονται οἱ ἄνθρωποι οὗτοι οἱ ἀναβάντες ἐξ Αἰγύπτου ἀπὸ εἰκοσαετοῦς καὶ ἐπάνω οἱ ἐπιστάμενοι τὸ κακὸν καὶ τὸ ἀγαθὸν τὴν γῆν ἣν ὤμοσα τῷ Αβρααμ καὶ Ισαακ καὶ Ιακωβ οὐ γὰρ συνεπηκολούθησαν ὀπίσω μου
(1) The Greek words τὰ τέκνα translate, in many cases, the Hebrew בנים. Interestingly, however, we find different words in the different Greek texts, τὰ τέκνα in Num 14:24, τὰ παιδία in Num 14:31 and πᾶν παιδίον νέον in Deut 1:39. In Num 14:31, however, the Hebrew text uses the collective word טף. The latter word is translated by τὰ τέκνα, for instance, in Deut 2:34, 3:19 [the first part is absent from the LXX], Judg 18:21. It is thus difficult to draw any clear conclusion from this first case. Nonetheless, if the Greek translator had copied Deut 1:39, it would have been more normal to find the expression πᾶν παιδίον νέον in Num 14:23 instead of τὰ τέκνα. The second case brings better results. The Greek short phrase ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν, “[your children] who do not know either good or evil,” has parallels – and therefore possible sources – in Num 32:11 and Deut 1:39. Now, these texts use different Greek formulations to express the same content, Num 14:23
ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν
Num 32:11
οἱ ἐπιστάμενοι τὸ κακὸν καὶ τὸ ἀγαθὸν
Deut 1:39
ὅστις οὐκ οἶδεν σήμερον ἀγαθὸν ἢ κακόν.
There are slight stylistic differences between Num 14:23 and Deut 1:39 in particular, the two texts which are closer to each other. Let us note, for instance, the use of a plural in Num 14:23 (ὅσοι) and of a collective singular in Deut 1:39 (ὅστις); the use of different types of negation (οὐκ… οὐδὲ in Num 14:23 and οὐκ… ἢ in Deut 1:39); the absence of σήμερον in Num 14:23. Moreover, Num 32:11 uses the verb ἐπίσταμαι whereas we find the verb οἴδα in Num 14:23 and Deut 1:39. A translator copying a text or harmonizing two texts is in general more faithful to his or her sources. It is more probable that the Greek translator of Num 14:23 had a Hebrew text before his eyes and less probable that he was inspired by the Greek text of Deut 1:39 in particular. The third case confirms this assumption. Here, the Greek text of Num 14:23 uses a syntagma absent from both Num 32:11 and Deut 1:39 and this is surely one more argument in favor of the existence of a different Hebrew Vorlage. Otherwise, we would have to suppose the existence of a very creative translator. The case in point is the Greek expression πᾶς νεώτερος ἄπειρος, “every young unexperienced youth” (Brenton’s translation). This expression corresponds to the Hebrew syntagma כל נער ורךaccording to Tov. Now, this Hebrew
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Num 14:23 in the LXX
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expression appears three times in the Hebrew Bible, in 1 Chr 22:5 and 29:1 about Solomon and in 2 Chr 13:7 in a slightly different form about Rehoboam. Here are the texts in Hebrew and in the Greek translation, 1 Chr 22:5
ֶ ֹ וַ יּ אמר ָדּוִ יד ְשׁ מֹה ְבנִ י נַ ַﬠר וָ ָר וְ ַה ַבּיִ ת לִ ְבנוֹת לַ יהוָ ה לְ ַהגְ ִדּיל ְל ַמ ְﬠ ָלה ְל ֵשׁם ל־ה ֲא ָרצוֹת ָא ִכינָ ה נָּ א לוֹ ָ וּל ִת ְפ ֶא ֶרת ְל ָכ ְ וַ יָּ ֶכן ָדּוִ יד ָלר ֹב ִל ְפנֵ י מוֹתוֹ
1 Chr 29:1
ל־ה ָקּ ָהל ְשׁ מֹה ַ אמר ָדּוִ יד ַה ֶמּ ֶל ְל ָכ ֶ ֹ וַ יּ ְבנִ י ֶא ָחד ָבּ ַחר־בּוֹ ֱא ִהים נַ ַﬠר וָ ָר דוֹלה ִכּי ל ֹא ְל ָא ָדם ַה ִבּ ָירה ָ ְאכה ג ָ ָוְ ַה ְמּל ִכּי ַליהוָ ה ֱא ִהים
2 Chr 13:7
וַ יִּ ָקּ ְבצוּ ָﬠ ָליו ֲאנָ ִשׁים ֵר ִקים ְבּנֵ י ְב ִליַּ ַﬠל ן־שׁ מֹה ְ ל־ר ַח ְב ָﬠם ֶבּ ְ וַ יִּ ְת ַא ְמּצוּ ַﬠ ־ל ָבב וְ ל ֹא ֵ ְוּר ַח ְב ָﬠם ָהיָ ה נַ ַﬠר וְ ַר יהם ֶ ִֵה ְת ַחזַּ ק לִ ְפנ
καὶ εἶπεν Δαυιδ Σαλωμων ὁ υἱός μου παιδάριον ἁπαλόν καὶ ὁ οἶκος τοῦ οἰκοδομῆσαι τῷ κυρίῳ εἰς μεγαλωσύνην ἄνω εἰς ὄνομα καὶ εἰς δόξαν εἰς πᾶσαν τὴν γῆν ἑτοιμάσω αὐτῷ καὶ ἡτοίμασεν Δαυιδ εἰς πλῆθος ἔμπροσθεν τῆς τελευτῆς αὐτοῦ καὶ εἶπεν Δαυιδ ὁ βασιλεὺς πάσῃ τῇ ἐκκλησίᾳ Σαλωμων ὁ υἱός μου εἷς ὃν ᾑρέτικεν ἐν αὐτῷ κύριος νέος καὶ ἁπαλός καὶ τὸ ἔργον μέγα ὅτι οὐκ ἀνθρώπῳ ἡ οἰκοδομή ἀλλ᾽ ἢ κυρίῳ θεῷ καὶ συνήχθησαν πρὸς αὐτὸν ἄνδρες λοιμοὶ υἱοὶ παράνομοι καὶ ἀντέστη πρὸς Ροβοαμ τὸν τοῦ Σαλωμων καὶ Ροβοαμ ἦν νεώτερος καὶ δειλὸς τῇ καρδίᾳ καὶ οὐκ ἀντέστη κατὰ πρόσωπον αὐτοῦ
Here again we see that the same Hebrew wording is translated in three different ways in these texts, παιδάριον ἁπαλόν (1 Chr 22:5), νέος καὶ ἁπαλός (1 Chr 29:1), νεώτερος καὶ δειλὸς [τῇ καρδίᾳ] (2 Chr 13:7), and that none of these formulae corresponds exactly to πᾶς νεώτερος ἄπειρος in Num 14:23. Once more it is easier to suppose that the Greek translator of Num 14:23 had before his eyes a Hebrew text that he translated according to his own criteria and not in function of another Greek text. The last element in our discussion is the short phrase appearing at the end of the plus in Num 14:23, τούτοις δώσω τὴν γῆν, “to them, I will give the land,” namely to the younger generation born in the wilderness. A similar statement is found in Num 14:31, a text usually attributed to the Priestly writer with a different vocabulary and some differences between the MT and the LXX.20 The wording in Num 14:23, τούτοις δώσω τὴν γῆν, however reflects exactly τούτοις δώσω αὐτήν in Deut 1:39 which, in its turn, translates the Hebrew ולהם אתננה. In this case, the origin of the plus is very clear. To sum up these observations, the Greek plus in Num 14:23 adds an idea present in Num 14:31, namely that the younger generation will not be condemned because of its parents’ 20 The MT says that the younger generation “will know the land” ( )וידעוwhereas the LXX says that “they will inherit the land” (κληρονομήσουσιν). See Ausloos, “LXX Num 14:23,” 426; van der Meer, “The Next Generation,” 404–405 with n. 17 for the commentaries attributing Num 14:31 to the Priestly writer. See, however, Achenbach, “Erzählung,” 102, 120. For a more recent opinion, see S. Boorer, The Vision of the Priestly Narrative: Its Genre and Hermeneutics of Time, SBLAIL 27 (Atlanta, GA: Society of Biblical Literature, 2016), 77 n. 374. A thesis on Numbers 13–14 defended by Bruna Velčić at the Biblicum (Rome), and soon to be published, defends the attribution of 14:31 to the Priestly writer.
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rebellion and will therefore enter the land. The wording, however, is not that of Num 14:31. We have to look at Deut 1:39 to find a very similar phraseology and, for one segment of the sentence, at 1 Chr 29:1 and 22:5 (cf. 2 Chr 13:7). The differences between the Greek texts of Num 14:23 and the supposed Greek sources, however, point towards a different origin. We can conclude, with a certain degree of certainty, that the Greek plus in Num 14:23 is more probably a translation of a Hebrew Vorlage.21
2. Is Num 14:23 LXX the Work of a Greek Translator? This first conclusion is criticized by M.N. van der Meer who defends the opposite position, namely that the Greek plus in Num 14:23 was composed by the LXX translator.22 His main arguments are the following: 1. The Greek clause πᾶς νεώτερος ἄπειρος has no parallel in Deuteronomy [1:39] and can be only a creation by a Greek translator. 2. νεώτερος is present in different books of the Bible, but has no real counterpart in Hebrew which uses other syntagma for a comparative. 3. The word ἄπειρος is very rare in the LXX but appears frequently in Greek literature and Ptolemaic papyri. 4. The relative pronoun ὅσος is much less frequent than the more usual ὅς to render the Hebrew אשר. 5. We find a similar case of harmonization in the Peshitta of Num 14:31, but not dependent on Deut 1:39. There were cases of harmonization in the Pentateuch as late as the second century CE. First of all, it seems that most of the arguments are based on the presupposition that the LXX translators had much freedom and could be “creative” in their work. Recent work in the field tends to prove the opposite, namely that they were most of the time very faithful to their Vorlagen and that we cannot attribute to them much literary sensitivity and creativity. To say it with Tov, “In my view, the LXX has been the object of much abuse in the literary analysis of the Hebrew Bible. Scholars unaware of the intricacies of that translation too quickly ascribe a sensitivity to literary understanding to the translators, while in my view the translators did not think at all in those terms. Greek translators usually limited their exegesis to the word level, and did not address contexts and pericopes.23” Second, most of the arguments are based on the sentence πᾶς νεώτερος ἄπειρος which, as we have seen, corresponds to a Hebrew text present in 1 Chr 22:5; 29:1; and 2 Chr 13:7, and translated in slightly different ways into Greek.24 As for the words νεώτερος, ἄπειρος and the pronoun ὅσος, they are perhaps rarely used, but not completely unknown by the LXX translators. Moreover, this fact means that these 21 As for the plus in Num 14:23 Smr, לתת להם, see Ausloos, “LXX Num 14:23,” 418–419, who sees in it a harmonization with Deuteronomic texts, such as Deut 1:8; 6:10; 10:11; 26:3; 31:7. Cf. 11:9, 21; 30:20; Josh 1:6. 22 See note 5 above. 23 Tov, “Source of Source Criticism,” 258. 24 Pace van der Meer, “The Next Generation,” 403–404.
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Num 14:23 in the LXX
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translators did not copy other Greek texts but used different possible resources of Greek grammar and lexicon each time to translate the Hebrew Vorlage. We may notice that Num 14:23 LXX uses the relative pronoun ὅσοι whereas Deut 1:39 uses ὅστις. How to explain this difference? It seems more reasonable to admit that the pronoun אשרwas present in the two respective Vorlagen and that the translators chose two different possible translations. Finally, the presence of a different type of harmonization in the Peshitta may also prove that there were different textual traditions at the same time, and as late as the second century CE. The harmonization in the Peshitta is not necessarily the work of the Syriac translator, it could have been present in a Hebrew Vorlage as well.25 Moreover, it seems that the text of the Peshitta in Nm 14:31 is identical with the Hebrew text of Deut 1:39.26 To sum up these reflections, there are no cogent arguments to exclude the presence of a Hebrew Vorlage behind the plus in Num 14:23 LXX. On the contrary, we have some confirmation that the different textual traditions tried to solve the same problem in a number of different ways.
3. The Witness of the Vetus Latina Among the several fragments of the Vetus Latina, we find a complete translation of Num 14:23 that corresponds exactly to the LXX of the same verse. The text is found in Codex Lugdunensis of the sixth or seventh century.27 Here are the different texts in a chart: LXX
Vetus Latina
Translation of the Vetus Latina
ἦ μὴν οὐκ ὄψονται τὴν γῆν ἣν ὤμοσα τοῖς πατράσιν αὐτῶν ἀλλ᾽ ἢ τὰ τέκνα αὐτῶν ἅ ἐστιν μετ᾽ ἐμοῦ ὧδε ὅσοι οὐκ οἴδασιν ἀγαθὸν οὐδὲ κακόν πᾶς νεώτερος ἄπειρος τούτοις δώσω τὴν γῆν πάντες δὲ οἱ παροξύναντές με οὐκ ὄψονται αὐτήν Et ideo non uidebunt terram quam iuraui patribus erorum, sed filiis eorum qui sunt mecum hic, qui non nouerunt bonum neque malum, omnes qui iuniores sunt, qui non temptauerunt me, dabo terram: et omnes qui me concitant non videbunt eam. And therefore, they will not see the land that I swore to their fathers, but to their sons who are with me here, who did not know either good or evil, all those who are younger, who did not put me to the test, [to them] I will give the land: and all those who provoked me they will not see it.
25 Pace van der Meer, “The Next Generation,” 406. See E.M. Cook, The Syriac Peshitta Bible with English Translation. Numbers, Surath Kthobh (Piscataway, NJ: Gorgias Press, 2015). 26 According to David Phillips (personal communication), the plus in the Peshitta in Num 14:31, ܕ ܘ , “who today did not know good and evil” is identical with the Peshitta of Deut 1:39, which in its turn is identical with Deut 1:39 MT. I am grateful to David Phillips for this important piece of information. 27 Text taken from the Vetus Latina Database online of the Vetus Latina Institut Beuron. Accessed on 24 April 2021. There is an ancient edition of this manuscript, U. Robert, ed., Version latine du Pentateuque antérieure a Saint Jérôme publiée d’après le manuscrit de Lyon (Paris: Firmin Didot, 1881).
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Jean Louis Ska
The only important difference is the translation of the Greek word ἄπειρος with qui non temptaverunt me, i.e. “who did not tempt me,” “who did not put me to the test.” Most probably the translator based this interpretation on the verb of the same root, πειράζω, “to put to the test,” which is used in the previous verse about the rebellious people (14:22), καὶ ἐπείρασάν με τοῦτο δέκατον, “and they have put me to the test these ten times.” There may have been a slightly different Greek text behind this translation, or the Latin translator interpreted in a particular way the Greek word ἄπειρος. The Vetus Latina coincides with the LXX and confirms the existence of a plus in Num 14:23 at an early stage of the textual tradition. Not much more can be said since the Vetus Latina is a translation from Old Greek texts.
4. Some Observations about Num 32:1128 Num 32:11 provides some more elements to buttress the hypothesis of different Hebrew textual traditions about the generation condemned to perish in the wilderness and the generation that will enter the promised land. Here are the different versions of the text. MT
ִאם־יִ ְראוּ ָה ֲאנָ ִשׁים ָהע ִֹלים ִמ ִמּ ְצ ַריִ ם ִמ ֶבּן ֶﬠ ְשׂ ִרים ָשׁנָ ה וָ ַמ ְﬠ ָלה ֵאת ָה ֲא ָד ָמה ֲא ֶשׁר וּליַ ֲﬠקֹב ִכּי לֹא־ ְ נִ ְשׁ ַבּ ְﬠ ִתּי לְ ַא ְב ָר ָהם ְליִ ְצ ָחק ִמ ְלאוּ ַא ֲח ָרי
LXX
εἰ ὄψονται οἱ ἄνθρωποι οὗτοι οἱ ἀναβάντες ἐξ Αἰγύπτου ἀπὸ εἰκοσαετοῦς καὶ ἐπάνω οἱ ἐπιστάμενοι τὸ κακὸν καὶ τὸ ἀγαθὸν τὴν γῆν ἣν ὤμοσα τῷ Αβρααμ καὶ Ισαακ καὶ Ιακωβ οὐ γὰρ συνεπηκολούθησαν ὀπίσω μου Si uiderint homines isti qui ascenderunt ab Aegypto a uicensimo anno et supra, qui sciebant malum et bonum, terram quam iuraui Abrahe et Isac et Iacob, non enim consecuti sunt post me.
Vetus Latina
Surely none of the men who came up out of Egypt, from twenty years old and upward, shall see the land that I swore to give to Abraham, to Isaac, and to Jacob, because they have not wholly followed me […] Surely these men who came up out of Egypt from twenty years old and upward, who know good and evil, shall not see the land which I swore to give to Abraam and Isaac and Jacob, for they have not closely followed after me […]29. Certainly these men who came up out of Egypt, from twenty years old and upward, who knew good and evil, shall not see the land that I swore to Abraham and Isaac and Jacob, for they have not followed after me.
28 Tov, “The Septuagint of Numbers,” 194. Cf. Wevers, Notes on the Greek Text of Numbers, 532; Ausloos, “LXX Num 14:23,” 422; Dorival, Les Nombres, 536; van der Meer, “The Next Generation,” 406–407. Most commentators consider this plus as an intentional intervention of the Greek translator. This is debatable, however. 29 This is again Brenton’s translation.
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Num 14:23 in the LXX
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We find in the LXX a plus, similar to that of 14:23, and confirmed by the Vetus Latina (Codex Lugdunensis and Codex Monacensis).30 Tov proposes this retroversion of the text into Hebrew, אשר ידעו רע וטוב, which is excellent Hebrew and confirms that this plus comes from a Hebrew Vorlage rather than from a Greek translator, although this is a common opinion among commentators.31 Two peculiarities are observed by Tov. First, the sequence is the opposite of that in Deut 1:39 and Num 14:23. In Num 32:11 we have “evil and good” instead of the more usual sequence, “good and evil.” Secondly, “In the original verse, Deut 1:39, these words refer to the generation of those born in the desert that will reach the promised land, while in the plus in the LXX they refer to the generation of those who left Egypt.”32 They are rightly condemned because they knew how to distinguish good and evil. This plus, absent from the MT, Smr, 4QLev–Num, and from the Targumim (Onkelos, Neofiti, Pseudo-Jonathan), the Peshitta, and the Vulgate,33 applies to the condemned generation the criterion used for sparing the younger generation. Since the adults, from twenty years old and upward and therefore able to carry arms and to go to war (cf. Num 1:3), knew how to choose between good and evil, they are considered responsible for their decisions and must carry their consequences. The knowledge of good and evil evidently calls to mind Gen 2:9, 17; 3:5, 22.34 There is, however, another text that can help understand better this motif, namely Isa 7:15–16,35 where we find, interestingly, again a plus in the LXX, וּבחוֹר ָ אכל ְל ַד ְﬠתּוֹ ָמאוֹס ָבּ ָרע ֵ ֹ ֶח ְמ ָאה ְוּד ַבשׁ י ַבּטּוֹב וּבחֹר ַבּטּוֹב ָ ִכּי ְבּ ֶט ֶרם יֵ ַדע ַהנַּ ַﬠר ָמאֹס ָבּ ָרע יה ָ ֵתּ ָﬠזֵ ב ָה ֲא ָד ָמה ֲא ֶשׁר ַא ָתּה ָקץ ִמ ְפּנֵ י ְשׁנֵ י ְמ ָל ֶכ
He [the Immanuel] shall eat curds and honey when he knows how to refuse the evil and choose the good. For before the boy knows how to refuse the evil and choose the good, the land whose two kings you dread will be deserted.
βούτυρον καὶ μέλι φάγεται πρὶν ἢ γνῶναι αὐτὸν ἢ προελέσθαι πονηρὰ ἐκλέξεται τὸ ἀγαθόν διότι πρὶν ἢ γνῶναι τὸ παιδίον ἀγαθὸν ἢ κακὸν ἀπειθεῖ πονηρίᾳ τοῦ ἐκλέξασθαι τὸ ἀγαθόν καὶ καταλειφθήσεται ἡ γῆ ἣν σὺ φοβῇ ἀπὸ προσώπου τῶν δύο βασιλέων Butter and honey shall he eat, before he knows either to prefer evil or choose the good. For before the child shall know good or evil, he refuses evil, to choose the good; and the land shall be forsaken which thou art afraid of because of the two kings36.
30 Text taken from the Vetus Latina Database online of the Vetus Latina Institut Beuron. Accessed on 24 April 2021. 31 Tov, “The Septuagint of Numbers,” 194 n. 66. Wevers, Notes on the Greek Text of Numbers, 532, Dorival, Les Nombres, 536, and van der Meer, “The Next Generation,” 407, attribute the plus to the LXX. Ausloos, “LXX Num 14:23,” 422, is more prudent: “[…] it is an intentional plus of LXX (’s Vorlage).” 32 Tov, “The Septuagint of Numbers,” 194 n. 66. 33 See van der Meer, “The Next Generation,” 406–407. He does not speak of the Vetus Latina, however. 34 See especially Lohfink, “Canonical Signals,” 40–42. 35 This passage is mentioned by S.R. Driver, A Critical and Exegetical Commentary on Deuteronomy, ICC (Edinburgh: T&T Clark, 1902, repr. 1978), 28. 36 Brenton’s translation.
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Jean Louis Ska
This plus in Isa 7:16 corresponds exactly to the syntagma in Deut 1:39 – ἀγαθὸν ἢ κακὸν – and we find the same essential words in both verses, παιδίον and the verb γινώσκω. Both passages speak of the knowledge of good and evil by small children. It is difficult not to see the similarities between the two texts. How to explain these similarities, however, is not so easy. We can at least say that the correlation between both texts suggests a common idea, namely that small children, at a certain age, do not know exactly how to distinguish good and evil. They cannot be entirely liable for their actions as, for instance, the younger generation of Israelites born in the Sinai desert after the Exodus. As for the Greek text, a retroversion into Hebrew is simple, כי בטרם ידע הנער טוב ורע. As in other cases, this plus could be attributed to the translator. But there is a strong objection against this opinion. The MT is very clear and does not need any clarification. It says that the land will be deserted “before the child knows how to refuse the evil and choose the good,” a formulation which is crystal clear. The plus in the LXX does not add anything to the meaning. Its function must be sought elsewhere and, as suggested by the comparison with Deut 1:39, the syntagma ἀγαθὸν ἢ κακὸν creates an intertextual link between the situation of the Immanuel and that of the younger generation in the wilderness. Can we go further? This is probably left to each reader. We may guess, however, that the future promised to the younger generation of Numbers may be promised in the same way to the Immanuel. As for our main thesis, the parallel between Isa 7:16 and Deut 1:39 is another sign that there existed a certain number of harmonizations between Deuteronomy and Numbers and even some prophetic texts. And there are some good reasons to believe that these harmonizations occurred in Hebrew manuscripts rather than during the work of translation into Greek in Alexandria. This also means that other Hebrew textual traditions existed besides the ProtoMasoretic text.
5. A Few Comments on Deut 1:3937 For most commentators, this text is the source of Num 14:23 LXX. At first sight, the MT seems impeccable. The textual tradition, however, does not confirm this first impression. Here is a chart with the different versions of this verse in the MT, the Smr, the LXX, and the Vetus Latina. MT
יכם ֲא ֶשׁר ֶ ֵוּבנ ְ וְ ַט ְפּ ֶכם ֲא ֶשׁר ֲא ַמ ְר ֶתּם ָל ַבז יִ ְהיֶ ה ל ֹא־יָ ְדעוּ ַהיּוֹם טוֹב וָ ָרע ֵה ָמּה יָ בֹאוּ ָשׁ ָמּה שׁוּה ָ וְ ָל ֶהם ֶא ְתּנֶ נָּ ה וְ ֵהם יִ ָיר
And as for your little ones, whom you said would become a prey, and your children, who today have no knowledge of good or evil, they shall go in there. And to them I will give it, and they shall possess it.
37 See Ausloos, “LXX Num 14:23,” 422–423; van der Meer, “The Next Generation,” 409–411; and especially the full treatment of the case by Lohfink, “Canonical Signals,” 31–43, who is followed by C. McCarthy, Deuteronomy, BHQ 5 (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2007), 53*–54*.
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Num 14:23 in the LXX
Smr
וטפכם אשׁר אמרתם לבז יהיה ובניכם המה יבאו שׁמה ולהם אתננה והם יירשׁוה
LXX
καὶ πᾶν παιδίον νέον ὅστις οὐκ οἶδεν σήμερον ἀγαθὸν ἢ κακόν οὗτοι εἰσελεύσονται ἐκεῖ καὶ τούτοις δώσω αὐτήν καὶ αὐτοὶ κληρονομήσουσιν αὐτήν
Vetus Latina
Et omnis puer novellus, qui ignorat hodie quid sit bonum uel malum, hi entrabunt ibi, et eis dabo illam et ipsi hereditatem eius possidebunt.
Possible original text39
וְ ַט ְפּ ֶכם ֵה ָמּה יָ בֹאוּ ָשׁ ָמּה וְ ָל ֶהם ֶא ְתּנֶ נָּ ה וְ ֵהם שׁוּה ָ יִ ָיר
And as for your little ones, whom you said would become a prey, and your children, they shall go in there. And to them I will give it, and they shall possess it. And every young child who this day knows not good or evil, – they shall enter therein, and to them I will give it, and they shall inherit it.38 And every young child who ignores this day what is good or evil, they shall enter therein, and to them I will give it and they shall take possession of their inheritance. And as for your little ones, they shall go in there. And to them I will give it, and they shall possess it.
To sum up the situation briefly: (1) the sentence ]וטפכם[ אשׁר אמרתם לבז יהיהis missing in some important manuscripts of the LXX40 and in the Vetus Latina41 (cf. Num 14:31 MT). (2) The second part of the sentence is missing in Smr, i.e., Hebrew ובניכם אשׁר לא־ידעו היום טוב ורעor Greek πᾶν παιδίον νέον ὅστις οὐκ οἶδεν σήμερον ἀγαθὸν ἢ κακόν (cf. Num 14:23 LXX). (3) The plus in Num 14:23 LXX is therefore closer to Deut 1:39 LXX than to the Samaritan text of this verse. These differences appear clearly in the table drawn up by N. Lohfink42, Original Hebrew וטפכם
המה יבאו שׁמה
Smr
וטפכם אשׁר אמרתם לבז יהיה ובניכם המה יבאו שׁמה
LXX καὶ πᾶν παιδίον νέον
MT
ὅστις οὐκ οἶδεν σήμερον ἀγαθὸν ἢ κακόν οὗτοι εἰσελεύσονται ἐκεῖ
38 39 40 41
וטפכם אשׁר אמרתם לבז יהיה ובניכם אשׁר לא־ידעו היום טוב ורע המה יבאו שׁמה
Brenton’s translation. See Lohfink, “Canonical Signals,” 34–36. In Vaticanus (B), Coislinianus (M), Coridethianus (Θ), and in the Lucianic and Origenian recensions. In the Codex Lugdunensis. Text taken from the Vetus Latina Database online of the Vetus Latina Institut Beuron (with slight corrections), accessed on 24 April 2021. 42 Lohfink, “Canonical Signals,” 34.
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Jean Louis Ska
ולהם אתננה והם יירשׁוה
ולהם אתננה והם יירשׁוה
καὶ τούτοις δώσω αὐτήν καὶ αὐτοὶ κληρονομήσουσιν αὐτήν
ולהם אתננה והם יירשׁוה
4QDeuth is fragmentary, ]ל[א־ידע היום טוב, but, interestingly, it has the verb in the singular and not in the plural as in the MT, which seems to confirm the reading of the LXX, also in the singular, οἶδεν, in agreement with πᾶν παιδίον νέον ὅστις […].43 This could confirm the presence of the collective noun טףin the Hebrew Vorlage. Usually, commentators attribute these shortenings to the Smr and the LXX.44 Some said that the long and overloaded sentence in the MT was “compressed” by the LXX or by its Vorlage,45 or that the Smr epitomizes an abridged version of the same text.46 This opinion is not entirely convincing. First of all, we may ask ourselves whether a version or a translator would suppress some parts of a divine discourse, moreover in a crucial text, for purely aesthetic reasons. Moreover, can we attribute to the Greek translators a fine literary sensitivity, whereas the LXX abounds in awkward constructions and literal translations? It seems more plausible to admit that the witness of the LXX and the Smr confirm the existence of different, and shorter, versions of this verse.47 The comparative study of these texts is, for Wellhausen, “Ein Beispiel, wie die Textkritik eingreift in die literarische” – “An example of how textual criticism encroaches upon literary criticism.” In this case, we have some clear empirical pieces of evidence that the verse underwent several stages of development. But what are the different stages in the composition of these verses? As in other fields, there is a double difficulty. We do not know in which chronological order the texts can be classified, and we can only guess what the relation between each of them is or could be. With this in mind, this is our proposal. (1) It seems reasonable to suppose that the first text in this derivation is Num 14:20–24 for the simple reason that these verses create the problem that all the other texts endeavor to resolve. In short, will anybody besides Caleb and his progeny enter the promised land? 43 For the text, see J.A. Duncan, “4QDeuth,” in Qumran Cave 4. IX. Deuteronomy, Joshua, Judges, Kings, ed. E. Ulrich et al. (Oxford: Clarendon Press, 1995) 61–70, here 64–65; see Lohfink, “Canonical Signals,” 35. 44 See, for instance, E. Otto, Deuteronomium 1–11, HThKAT (Freiburg i.B.: Herder, 2012), 374. 45 See the authors cited by Lohfink, “Canonical Signals,” 34. He mentions E. König, Das Deuteronomium, KAT (Leipzig: Deichert, 1917) 70; S. Mittmann, Deuteronomium 1,1–6,3 literarkritisch und traditionsgeschichtlich untersucht, BZAW 139 (Berlin: Walter de Gruyter, 1975, 2018), 37 n. 15 and 16. Cf. J.W. Wevers, Notes on the Greek Text of Deuteronomy, SBLSCS 39 (Atlanta, GA: Scholars Press, 1995), 23 (LXX tries to simplify an overfull and tedious text). 46 Lohfink mentions A. Dillmann, Die Bücher Numeri, Deuteronomium und Josua neu bearbeitet, Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zum Alten Testament 13 (Leipzig: S. Hirzel, 1886), 240. 47 This was already proposed by A. Kuenen, “Bijdragen tot de critiek van Pentateuch en Jozua. III. De uitzending van de verspieders,” ThT 11 (1877): 545–566, esp. 557–558 (the expression וטפכם אשׁר אמרתם לבז יהיה, absent from the LXX in Deut 1:39 and identical with Num 14:31, is an “addition,” a “toevoegsel”). Kuenen is followed by J. Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments (Berlin: Reimer, 31889), 338. See also Driver, Deuteronomy, 28: “[…] it is very possible that it [ ]וטפכם אשׁר אמרתם לבז יהיהis a relatively late insertion from Nu. 14:31.” Driver refers to B.W. Bacon, The Triple Tradition of the Exodus: A Study of the Structure of the Later Pentateuchal Books, Reproducing the Sources of the Narrative and Further Illustrating the Presence of Bibles within the Bible (Hartford: The Student Publishing Company, 1894), 188.
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Num 14:23 in the LXX
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(2) The second step can be found in the first version of Deut 1:34–40, especially the short and original version of Deut 1:39 (cf. Lohfink). The main reason is that this text mentions Caleb and Joshua, but with two different roles. Caleb is to inherit the land (Deut 1:36; cf. Num 14:24), and Joshua is to lead the people into the land instead of Moses (Deut 1:37–38). Moreover, the “little ones” ( )טףare to enter the land (Deut 1:39*).48 This is a first answer to the questions raised by Num 14:23–24, adding the “little ones” ( )טףto Caleb and mentioning the role of Joshua. (3) The Priestly writer, independently or in a parallel development, answered the same question in a very similar way. Most probably, both Deut 1:39 and Num 14:31 speak of the return from exile and read in the ancient traditions of the wilderness the present of the early postexilic period. Numbers 14:31 explicitly mentions, moreover side by side, Caleb and Joshua, and the little ones ()טף. (4) Deuteronomy 1:39 was expanded for the first time with the indication that the children were those who did not know how to distinguish good and evil, ובניכם אשׁר לא־ידעו היום טוב ( ורעabsent from Smr and present in LXX). This part was perhaps influenced by Isa 7:15–16. (5) At this stage, the redaction of the Hebrew Vorlage of Num 14:23 LXX, which corresponds to Deut 1:39 in the LXX and which lacks the addition present in Smr took place. (6) We must assume a second intervention in Deut 1:39, when the relative sentence present in the Smr was incorporated into the text ()אשׁר אמרתם לבז יהיה. This sentence probably comes from Num 14:31, attributed to the Priestly writer. (7) Numbers 32:11 LXX applies to the condemned generation the criterion used to distinguish children from adults, namely the knowledge of good and evil. This time, the criterion is used as a positive assertion against those who knew good and evil and, nonetheless, rebelled against God. According to Ausloos and Tov, this text depends on Deut 1:39.49 All in all, however, the same hand could be at work in the LXX’s Vorlage of Num 14:23; 32:11; and Deut 1:39, because, in the three texts, an identical criterion is applied to the younger generation in Num 14:23 and Deut 1:39, and to the older generation in Num 32:11. Moreover, this criterion is part of a plus in the LXX on three occasions, and we find a similar plus in Isa 7:15 LXX. This is a strong indication that we have, in all these cases, a similar intention and the same compositional layer. What is essential, in my view, is that Num 14:23–24 was felt to be a problematic text. There are several attempts to solve this problem, and a visible interchange between the different textual traditions of Numbers and Deuteronomy. The influence, as we have seen, goes in both directions, first from Numbers to Deuteronomy, and back from Deuteronomy to Numbers. The first solutions to the problem posed by the text are proposed by Deut 1:39* (D) and Num 14:31 (P). In our view, a second series of texts belongs to the LXX’s Vorlagen of Num 14:23; 32:11; and Deut 1:39 (without )אשׁר אמרתם לבז יהיה, introducing the criterion of the knowledge of good and evil (cf. Isa 7:15–16). Finally, Deut 1:39 is brought into complete agreement with Num 14:31 and Deut 1:39 Smr ()אמרתם לבז יהיה אשׁר.
48 The asterisk signals that only part of the verse is mentioned. In this case, its short and original version according to Lohfink, “Canonical Signals.” 49 Ausloos, “LXX Num 14:23,” 422; Tov, “Source of Source Criticism,” 274 n. 66.
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Jean Louis Ska
6. Conclusion The observations made in these pages confirm the results of some earlier or more recent studies about the relationship between Exodus–Numbers and Deuteronomy. Usually, Deut 1–3 is supposed to be a summary of previous traditions present especially in Numbers and making Deuteronomy a “preface” to the Deuteronomistic History. This is the well-known view suggested by M. Noth.50 Afterwards, some scholars inverted the theory and made Deuteronomy the source of the narratives in the preceding books of the Pentateuch.51 More recently again, there have been discussions about these chapters, with very different opinions.52 More importantly, however, several studies come to the conclusion that the narratives in Exodus–Numbers were completed to correspond more precisely to the content of Moses’s discourses in Deuteronomy, especially when the corresponding parts were missing in the previous books. This idea was defended, among others, by Blum as early as 1990, especially in the case of Exod 32, God’s discourse and Moses’s intercession (Exod 32:7–14), inspired by the parallel account in Deut 9–10.53 Other studies have gone in the same direction.54 In these pages, we have tried to buttress the latter pieces of research with the help of textual criticism, going back to the Hebrew Vorlage of the LXX. We hope that this will be a worthy contribution to the interpretation of Numbers, and a worthy gift to the recipient of this dedicatory volume.
50 See M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien (Halle/Königsberg: Niemeyer, 1943; repr., Tübingen: Niemeyer, 1957, 1967), 14. The relationship between Numbers and Deuteronomy 1–3 was the object of many studies. See, for instance, L. Perlitt, “Deuteronomium 1–3 im Streit der exegetischen Methoden,” in Das Deuteronomium. Entstehung, Gestalt und Botschaft, ed. N. Lohfink (Leuven: Leuven University Press, 1985), 149–163 = L. Perlitt, Deuteronomium-Studien, FAT 8 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1994), 109–122; T. Veijola, “Principal Observations on the Basic Story in Deuteronomy 1–3,” in “Wünschet Jerusalem Frieden”: IOSOT Congress, Jerusalem 1986, ed. M. Augustin and K.-D. Schunck, (Frankfurt am Main: Peter Lang, 1988), 249–259 = A Song of Power and the Power of Song. Essays in the Book of Deuteronomy, ed. D.L. Christensen (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1993), 137–146. 51 See especially M. Rose, Deuteronomist und Jahwist. Untersuchungen zu den Berührungspunkten beider Literaturwerke, AThANT 67 (Zürich : Theologischer Verlag, 1981); J. Van Seters, The Yahwist: A Historian of Israelite Origins (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2013). 52 See, for instance, and among many others, J.S. Baden, “Deuteronomy Reads the Pentateuch,” BibInt 28 (2020): 1–14; E. Blum, “The Diachrony of Deuteronomy in the Pentateuch: The Cases of Deuteronomy 1–3 and the Prophetic Tent of Meeting Tradition,” in Stones, Tablets, and Scrolls: Periods of the Formation of the Bible, eds. P. Dubovský and F. Giuntoli (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 283–299. 53 E. Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch, BZAW 189 (Berlin: de Gruyter, 1990), 164–207. See also M. Köckert and E. Blum, eds., Gottes Volk am Sinai. Untersuchungen zu Ex 32–34 und Dt 9–10, Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 18 (Gütersloh: Kaiser – Gütersloher Verlagshaus, 2001). 54 See, for instance, A. Rofé, La composizione del Pentateuco. Un’introduzione, Studi biblici (Bologna: Edizioni Dehoniane, 1999), 127–129 (Num 21:33–35 completes the picture of the conquest of Tranjordan on the basis of Deut 3:1–3); U. Fistill, Israel und das Ostjordanland. Untersuchungen zur Komposition von Num 21,21–36,13 im Hinblick auf die Entstehung des Buches Numeri, ÖBS 30 (Frankfurt a.M.: Lang, 2006); L. Lepore, Le astuzie dello scriba. Studio di una tecnica redazionale tardiva di riscrittura. Exempla di [sic] Exodo, Supplementi alla Rivista Biblica 58 (Bologna: EDB, 2015).
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When I met Professor Achenbach for the first time, he had just published Die Vollendung der Tora,1 and our common field of research – the book of Numbers – was the starting point of our conversation. I am happy and honored to participate to this Festschrift with a contribution dealing with the book of Numbers, and more specifically, its last part Num 26–36 It has been underlined often that it is difficult to demonstrate the unity of the book of Numbers. Martin Noth wrote in the introduction of his commentary: “The book lacks unity, and it is difficult to see any pattern in its construction. Seen as a whole, it is a piece of narrative, but this narrative is interrupted again and again by the communication of more or less comprehensive regulations and lists which are only loosely linked to the narrative.2” It is rather obvious to distinguish three parts in the book according to geographical criteria: Desert of Sinai (Num 1–10)3 From Sinai to Moab (Num 11–21) The plains of Moab (Num 22–36)4. Within the third part of the book, chapters 26–36 take on a special status, as they are introduced by the census of the second generation and deal exclusively with that generation, designed to conquer the land according to the promise of Yhwh. The introduction of Numbers (Num 1:1), and its conclusion (Num 36:13) are parallel to those of the book of Leviticus (Lev 1:1 and Num 1:1 ; Lev 27:34 and Num 36:13),5 and frame the book, underlining its connections with the book of Leviticus and, at the same time, its specificity. Nevertheless, it remains delicate to put in light an interpretation of the book fitting
1 Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora; Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3, (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003). 2 Martin Noth, Numbers (London: SCM Press 1968), 1–2. 3 The majority of the commentaries propose a delimitation Num 1:1–10:10 – among the most recent commentaries: Josef Scharbert, Numeri, NEchtB 27 (Würzburg: Echter Verlag, 1992); Horst Seebass, Numeri, BKAT 4, (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2003); Ludwig Schmidt, Das Vierte Buch Mose, Numeri 10:11–36:13, ATD 7 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004); Jacob Milgrom, Numbers, JPS Torah Commentary 4 (Philadelphia: JPS, 1990). 4 Numbers 22:1: ;בערבת מואב מעבר לירדן ירהוNum 26:3, 63: ירדן ירהו- ;בערבת מואב מעבר עלNum 31:12: ירדן ירהו-ערבת מואב אשר על- ;אלNum 33:48; 36:13: ירדן ירהו- ;בערבת מואב מעבר עלNum 33:49–50; 35:1: בערבת מואב. 5 Christophe Nihan, From Priesly Torah to Pentateuch. A Study in the Composition of the Book of Leviticus, FAT II/25 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2007), 69–76.
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with the structure in three parts, based on geographical criteria. And this is all the more difficult since there is a sharp contrast between the first two parts and the book’s last part.
1. The Interpretation of the Structure of the Book of Numbers 1.1 Numbers Part I (Num 1:1–10:36): The Religious and Military Organization of the Community From a literary point of view, a progression can be found in the first part of the book of Numbers (Num 1–10): – The leaders of the tribes take a census of the whole community – ( עדהNum 1). The community of Israel is organized, put in order to prepare the military march (Num 2). – Then, the text deals with the Levites, the laws concerning them specifically are given, and a census is undertaken (Num 3–4). – Chapters 5–6 illuminate laws and rites demanding the intervention of priests. – Finally, chapters 7–8 deal with the sanctuary, describing its consecration. So, a progression community-Levites-priests-sanctuary can be described, corresponding to a hierarchy of holiness. Contrary to the Holiness Code (Lev 17–26), according to which the whole community is responsible for the holiness of Israel, the first part of the book of Numbers echoes and expresses this hierarchy of holiness.
1.2 Numbers Part II (Num 11–21) The specific concern of the second part of the book (Num 11–21) is taken from the narratives recounting the rebellion of all the members of the community, a rebellion against the divine project and against the laws given to Israel: the rebellion of the spies and the heads of the community (Num 13), the rebellion of the whole community (Num 14), the rebellion of the Levites (Num 16), and finally the rebellion of Moses and Aaron themselves (Num 20:1–13). Only two characters remain faithful, Caleb and Joshua, who are related to the two largest tribes in the South and the North: Caleb belongs to Judah, and Joshua to Ephraim. The consequence of the rebellion is the loss of holiness: Num 15:30–31 and Num 15:37–41 give a key of interpretation of the part II of the book: holiness is linked to obedience to the law, and to the behavior of any member of the community of Israel (Num 15:40). The voluntary faults lead their authors to death (Num 15:30–31). Otherwise, the vocabulary of Num 15:37–40 is closely linked to the vocabulary of the post-P narrative of Num 13–14: the use of the verb תורechoes Num 13:2, 17; 14:7, 34, 36, 38, and the word ( זניםNum 15:39) is a clear allusion to Num 14:33 ()זנותיכם. These literary links illustrate the fact that Num 15 expounds the principles according to which the post-P narrative of Num 13–14 can be interpreted. This key of interpretation is valid for all the
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rebellion narratives of Num 13–20, including the narrative describing the punishment of Moses and Aaron in Num 20:1–13. This narrative gives quite a different interpretation of the death of Moses than Deut 1:37 and Deut 34:7: Moses’s death – and Aaron’s death as well – are related by Num 20:12 to the voluntary fault of the leaders of the community, who disobey the Lord’s orders, and fail to believe in God and so to make known the Lord’s holiness: Num 20:12: לא־האמנתם בי להקד׳שני לעיני בני ישראל
1.3 The Specificity of the Last Part of the Book of Numbers (Num 22:1–36:13) and, more Specifically, of Num 26–36 1.3.1 A Series of Connections between Num 26–36 and Num 1–25 The net of relationships linking Num 26–36 to Num 1–25 invite interpreting these chapters in the larger context of the global composition of the book of Numbers: As I. Kislev showed, the census of Num 26 was reworked to be inserted in its actual literary context, explicitly referring to Num 1 (cf. Num 26:63–64) and also preparing the story of the daughters of Zelophehad by introducing this topic in Num 26:33 and preparing as well the story of the sharing of the land (Num 26:52–56).6 As Olson demonstrated,7 the two censuses of Num 1 and Num 26 are essential in the global structure of the book of Numbers. Chapters 1–25 deal with the first generation of the people who left Egypt, and chapters 26–36 deal with the second generation, presented as a paradigm of all further generations. There is an evident connection between Num 1; 13; and 34. According to these three chapters, the heads of the people (ראש: Num 1:16; 13:3; נשיא: Num 1:16; 13:2; 34:18) – one delegate for each tribe – are given three missions: the census of the community (Num 1); the appointment of scouts (Num 13), and the sharing of the land (Num 34). Chapters 26 and 32 refer to the story of disobedience and sin of Kadesh: the conclusion of the census of Num 26 (Num 26:64–65) underlines the death of the whole of the first generation besides Caleb and Joshua (cf. Num 14). And the story of the settlement of two and a half tribes in Transjordan compares these tribes with the sinners of Num 14 (cf. Num 32:6– 15). Finally, the census of the Levites recalls the law of Num 18: the Levites will not receive any patrimony ( – נחלהNum 18:24), so the Levites’ census takes place apart from the census of the twelve other tribes (Num 26:57–62, particularly v. 62).
1.3.2 The Specificity of Numbers 26–36 Nevertheless, a series of observations underline the specificity of Num 26–36: 6 Itamar Kislev, “The Census of the Israelites in the Plains of Moab (Numbers 26): Sources and Redaction,” VT 63 (2013): 236–260; Itamar Kislev, “The Numbers of Numbers. The Census Account in the Book of Numbers,” ZAW 128 (2016): 189–204. 7 Dennis T. Olson, The Death of the Old and the Birth of the New. The Framework of the Book of Numbers and the Pentateuch (Chico, Scholars Press, 1985).
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The use of the vocabulary of patrimony and inheritance is concentrated in chapters 26–36: אחזה: Num 27:4, 7; 32:5, 22, 29, 32; 35:2, 8, 28. נחלה: Num 16:14; 18:20, 21, 23, 24 (2x), 26; 26:53, 54 (2x), 56, 62; 27:7 (2x), 8, 9, 10, 11; 32:18, 19, 32; 33:54; 34:2, 14, 15; 35:2, 8; 36:2 (2x), 3 (3x), 4 (4x), 7 (2x), 8 (2x), 9 (2x), 12. As R. Albertz shows, Num 27–36 is the only place in the Pentateuch where the two words are combined in the expression אחזת נחלהin Num 27:7; 32:32; 35:2.8 Similarly, the topic about drawing lots ( )גורלin the territory for the tribes is found only in chapters 26–36: Num 26:55, 56; 33:54; 34:13; 36:2, 3. The majority of the occurrences of the word – מחנהcamp – are found in the story of the first generation of the people: apart from Num 31:12, 13, 19, 24 the occurrences are concentrated in Num 1–19. At the same time, the topic “holiness” is very rare in the third part of the book of Numbers, contrary to the first two parts.9 If we combine these observations, we reach the conclusion that a new topic – the “property,” “territory,” “patrimony,” “settlement” topic – characterizes the last part of the book of Numbers: Israel is no longer an army on the move, as it was according Num 2 or 10. It becomes a community of farmers settling in the land (Num 32), sharing the territory (Num 34:13ff.), and preparing the worship of Yahweh through the offering of the animals of the cattle (Num 28–29). Nevertheless, a series of connections with the first two parts of the book (see 1) invite interpreting Num 26–36 according to the perspectives of a post-P theocratic theology. Moreover, if the main theme of the third part of Numbers is the settlement of the second generation in the land promised by Yahweh, Num 32 considers another possibility to belong to the community of Israel for those living outside the land. Indeed, the definition of the borders of the land in Num 34:1–12 underline that the Transjordan tribes are considered as living outside the land and represent a different way of belonging to the community of Israel. Furthermore, with regard to an institutional and ideological point of view, chapters 26–36 introduce new issues, concerning the leadership, and the identity of the community of Israel: 1) In the first part of the book, the community of Israel has to be totally obedient to the orders given by God through the leaders Moses and Aaron. On the contrary, in the third part of the book, these orders are sometimes questioned. That leads to a negotiation and eventually to a compromise between the leaders of the people and those who challenge this leadership (Num 32). In other words, after the numerous crises that characterize the destiny of the first generation of the people, the third part of the book of Numbers introduces a new way of ruling the community, allowing dialogue and plurality: the two and half tribes that settle in Transjordan represent a specific reality inside the community of Israel, different from the reality of the nine and a half other tribes. Therefore, this 9.5 / 2.5 scheme illustrates the geographical diversity within the community of Israel. 2) The leadership of Joshua and Eleazar. The book of Numbers deals with three generations of high priests. In the first generation, the high priest Aaron is most often associated 8 Rainer Albertz, “A Pentateuchal Redaction in the Book of Numbers? The Late Priestly Layers of Num 25–36,” ZAW 125 (2013): 220–233. 9 Only eight occurrences of the substantive ( קדשmost of which are concentrated in chapters 28–29) to compare to 44 occurrences in Num 1–25, no use of the adjective קדושto compare to seven occurrences in Num 1–25, one use of the verb קדשto compare to nine occurrences in Num 1–25.
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with the character of Moses. Numbers 20:26–28 mentions his death, due to his disobedience (Num 20:1–13), and the appointment of the high priest Eleazar, whose name is associated either with Moses or with Joshua. The book of Numbers clearly establishes a hierarchy between Moses and Aaron: when these characters are quoted together, Moses is always quoted first. The latest layers of the book of Numbers underline the specific status of the high priest (Num 17:26–36), but compared with Moses Aaron’s role is always secondary. The definition of the specific responsibilities of Joshua and Eleazar is trickier: – First, compared with the first two parts of the book, the insistence on the authority of the priests becomes blurred in Num 26–36. As already underlined, the main issues of Num 26–36 are patrimony and settlement in Transjordan or in the land. The character of Phineas (third generation) is highlighted in Num 31 (Num 31:6), but the main topic of this chapter, which is connected with Num 25, is purity: the community prepares the conquest of the land and must be cleansed from any relationship with idolatrous people. – From a theological point of view, the perpetual covenant granted by Yahweh to Phineas and his descendance confirms the promise of Exod 29:9 in favor of the high priest and of the Aaronide priests.10 Yet, beside the authority of the high priest, the third part of the book of Numbers sets up another kind of authority, that is, Joshua’s authority. On the one hand, according to Num 32:28; 34:17, Joshua is subordinate to Eleazar. But Num 27:18, 22–23 describes Moses’s laying on of hands upon Joshua, and Joshua is only “presented” to Eleazar by Moses and established as the head of the community, succeeding Moses. In Num 27:16–17, the description of his military office, uses royal images and vocabulary:11 ל־בּ ָשׂר ִאישׁ ַעל־ ָ יִ ְפקֹד יְ הוָ ה ֱא ֵהי ָהרוּחֹת ְל ָכ יאם וְ ל ֹא ִת ְהיֶ ה ֲע ַדת יְ הוָ ה ֵ יאם וַ ֲא ֶשׁר יְ ִב ֵ יוֹצ ִ יהם וַ ֲא ֶשׁר ֶ ֵיהם וַ ֲא ֶשׁר יָ ב ֹא ִל ְפנ ֶ ֵ ֲא ֶשׁר־יֵ ֵצא ִל ְפנ17 ָה ֵע ָ ֽדה׃ ין־ל ֶהם ר ֶֹעה ָ ַכּצּ ֹאן ֲא ֶשׁר ֵא. Thus, the narrative of Num 27:12–23 links the characters of Joshua and Eleazar without establishing a clear hierarchy between them. To summarize, the comparison of Num 26–36 with the first two parts of the book of Numbers, leads to put in light four main differences: – The text deals with the second generation, and insists on the death of all the members of the first generation, apart from Caleb and Joshua; – The main topics of Num 26–36 differ from the main issues of the first two parts of the book. The text does not deal principally with holiness, but handles property, settlement, and community organization at the prospect of the conquest of the land; – The community’s governance is no longer exclusively hierocratic: the demand of the tribes of Gad and Ruben leads to a compromise with Moses and Eleazar (Num 32);
10 See Christian Frevel, Desert Transformations, FAT 137 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 487–510, here 500–502. 11 Frevel, Desert Transformations, 415, considers that Joshua’s duty and competences consist only in leading Israel in the military accounts, even if the text uses a “royal metaphor.”
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Finally, beside the high priest Eleazar, the character of Joshua represents a secular authority, the duty of whom is to lead the community, particularly in its military campaigns.
2. The Comparison between Numbers 32 and Deuteronomy 3 as a Key to Understanding the Specificity of Numbers 26–36 The parallelism between Num 32 and Deut 3:12b–20 is obvious, and the question about the relationship between the historiography of Deut 1–3 and the narratives of Numbers is a classical exegetical difficulty, that led to contradictory solutions. Before analyzing Num 32 and illuminating its specificity in comparison with Deut 3:12b–20, let us review the most meaningful hypotheses concerning the relationship between Deut 1–3 and the book of Numbers: – L. Perlitt considered the non-unified stories of the book of Numbers composed before the unified story of Deut 1–3 (his hypothesis is the following one: the narratives of Numbers are mixed with legal traditions, they show a great disorder, and are reread through priestly authors. So, this literary disorder can only precede the historiography of Deut 1–3 unified by its style, its theology and its geography).12 – E. Otto presents a different understanding of Deut 1–3: the author reconstructs in these chapters the introduction of the DtrL layer.13 The rhetoric of Moses’s discourse in this introduction of the book of Deuteronomy makes the second generation of the people the addressees of the book. Their fictional situation could echo the situation of the second generation of those who live in exile and who are waiting to return to the land.14 On the other hand, a Hexateuchal redaction, allowing a compromise between the priestly theology and the Deuteronomist theology, integrates the older narratives of the book of Numbers, particularly in Num 10–14; 20–21; 22–25. So, three layers could be distinguished, according to this hypothesis: older narratives in Numbers; a DtrL layer introducing the book of Deuteronomy, reinterpreting the former traditions of Numbers, and ending in Josh 23; and finally, a Hexateuchal redaction of Numbers. – The solution proposed by R. Achenbach, in Die Vollendung der Tora, fits with Otto’s hypothesis: the Hexateuchal redaction of Numbers integrates older narratives at the same time that it builds a compromise between P and Dtr traditions.15 This redaction is also responsible for a rewriting of Deut 1–3, integrated in this way into the larger context of the Hexateuch.16 – The conclusions of R. Albertz, in his analysis of Num 20–24 do not differ very much from the scheme proposed by Achenbach. The oldest layer corresponds to the bridge 12 Lothar Perlitt, “Deuteronomium 1–3 im Streit der exegetischen Methoden,” in Das Deuteronomium. Enstehung, Gestalt und Botschaft, ed. N. Lohfink (Leuven: University Press, 1985), 149–163. 13 DtrL: Landseroberungserzählung. 14 Cf. Eckart Otto, Gottes Recht als Menschenrecht. Rechts- und literaturhistorische Studien zum Deuteronomium, BZABR 2 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2002), 33–34. 15 Achenbach, Vollendung, 335–344; 352–388. 16 Achenbach, Vollendung, 335–388.
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built between a P Triateuch and D,17 and, according to Albertz, is similar to what Blum called KD.18 Most of the later material is ascribed to a Hexateuchal composition that differs from the narratives of Deut 1–3; indeed, Num 20:14–21 and the stories about Balaam give a negative vision of Edom and Moab.19 According to Albertz, Num 24 is the former conclusion to the book of Numbers, providing a first end to the narrative of the conquest of Transjordan. Numbers 25–36 might have been added later to the book, including the story of the settlement of two and half tribes. According to Albertz, these chapters are substituted for the narratives of conquest and settlement of the book of Joshua. They can be understood only in the context of a Pentateuchal redaction. – As Perlitt, R. Kratz reached the conclusion that the unified narrative of Deut 1–3 was composed later than the parallel stories of the book of Numbers. According to Kratz, Deut 1–3 has the function of creating a connection between the textual material of Exodus–Numbers and the rest of the book of Deuteronomy, and so represents a very late composition.20 Thus, the results of the research are not unanimous, and encourage carrying out a precise analysis of the text.
2.1 The Narrative of Deut 3:12b–20 2.1.1 The Literary Context In Deut 1–3, Moses’s discourse – introduced by Deut 1:1–5 – gathers a series of narratives that build a story that is coherent from a theological point of view: God himself leads the people through different events from Horeb to Moab. Moses helps as intermediary between God and the people, but his behavior has to fit with God’s historical project. As member of the first generation, Moses will have to share its destiny (Deut 1:37–38; 3:23–28). According to this perspective, the project of settlement of two and a half tribes in Transjordan (Deut 3:12b–20) belongs to God’s plan concerning the people.
17 This idea was particularly highlighted by Thomas Römer, “Das Buch Numeri und das Ende des Jahwisten. Anfragen zur ‘Quellenscheidung’ im vierten Buch des Pentateuch,” in Abschied vom Jahwisten. Die Komposition des Hexateuch in der jüngsten Diskussion, ed. J. C. Gertz, K. Schmid, and M. Witte (Berlin: de Gruyter, 2002), 215–231, here 220–231. 18 Cf. Erhard Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch, BZAW 189 (Berlin; New York: de Gruyter, 1990). 19 Rainer Albertz, “Das Buch Numeri jenseits der Quellentheorie. Eine Redaktionsgeschichte von Num 20– 24, Teil I,” ZAW 123 (2011): 171–183; “Teil II,” ZAW 123 (2011): 336–347. 20 Reinhard Kratz, Die Komposition der Erzählenden Bücher des Alten Testaments, (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000),118–138; “Der Literarische Ort des Deuteronomiums,” in Liebe und Gebot: Studien zum Deuteronomium, ed. R.G Kratz and H. Spieckermann (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 101–120; “The Pentateuch in Current Research. Consensus and Debate,” in The Pentateuch. International Perspectives on Current Research, ed. T. B. Dozemann et al. (Tübingen: Mohr-Siebeck, 2011), 31–61, here 39–45.
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2.1.2 A Comparison between Deut 3:12b–20 and Num 32. Literary criticism of Num 32 Num 32:2b, 28 After the introduction of the narrative (vv. 1–2a), verse 2b, mentioning Eleazar and the heads of the community, can be considered as a late insertion, since there is a tension between this list of characters and the singular ךof בעיניךused in v. 5, which presupposes the presence of Moses alone. In the same way, v. 28 could be a late addition that introduces Eleazar and the heads of the community of Israel into the narrative. The character of Eleazar plays a major role in the third part of the book. Citing the heads of the community (v. 2b: ;ראשיםv. 28: )נשיאיםechoes Num 1:4; 13:3; and 34:18 in the context of the sharing out of the land between the tribes. Num 32:6–15 Verse 6–15 are not necessary to make sense of the narrative. This parenetic discourse, as R. Achenbach described it,21 presupposes Num 13–14 in their final compositional form. 1)°Verse 9 mentions the toponym Eshkol, which belongs to the earliest textual layer of Num 13, while v. 13 presupposes the punishment narrated in Num 14:28–35, belonging to the latest layer of the narrative. 2)°Verse 12 links the expressions כלב בן יפנהand (יהושע בן נוןaccording to the usual formula of the post-P text, found in Num 14:30, and in the opposite order in Num 14:6, 38), and at the same time refers to a Kenizzite origin for Caleb, just as in Josh 14:6, 14; 15:17; and Judg 3:9, 11. This verse can be considered a late text. 3)°The rare root הניאhiphil, (also used in Num 30:6, 9, 12) is found in vv. 7 and 9. These remarks lead to considering vv. 7–15 a post-P discourse, written for parenetic purposes, integrating varied literary material – post-P elements, as seen before, and elements harmonizing the text with the narrative of Deut 1, such as the toponym Kadesh-Barnea in v. 8 also used in Deut 1:19; 9:23. – and added to the former narrative of Num 32. Num 32:3, 34–38 Numbers 32:34–38 can be considered as a gloss, giving a list of toponyms. Numbers 32:3 can be interpreted is a short parallel of that list, summarizing it. Num 32:33aβ, 39–42 Num 32:33aβ mentions for the first time in the chapter the half tribe of Manasseh. Indeed, the narrative of Num 32:1–32 only mentions the sons of Gad and the sons of Ruben. Numbers 32:39–42, dealing with the territory of the sons of Manasseh, introduce the character of Makir (32:40) and the sons of Makir (32:39) into the narrative. Makir and the sons of Makir are only mentioned in the last part of the book of Numbers, following the second census (Num 26:29). The introduction of Makir into the narrative of Num 32 harmonizes it with this last part of the book of Numbers. Yet, there is a tension between vv. 40 and 41: according to Num
21 Reinhard Achenbach, Vollendung, 383ff.
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The Specificity of Numbers 26–36
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32:40, Makir settles in Galaad. Numbers 32:41 describes the taking over of this territory by Yair, building a parallel with Deut 3:14. The tension between Deut 3:13–14, on the one hand, and Deut 3:15 (introducing the character of Makir), on the other hand, as well as the tension between Num 32:40 and 32:41, could echo a process of harmonizing of the narratives of Num 32 and Deut 3:12b–20 in the latest phases of their composition.
2.2 Redaction Criticism of Num 32 The literary analysis allows the following proposition: 1)°A former layer builds a narrative, telling the sons of Gad and Ruben’s demand and the dialogue between Moses and these tribes, that leads to an agreement about the attribution of the property ( – נחלהNum 32:18, 32; – אחזהNum 32:5, 22, 29, 32) of the territories of Transjordan (former layer: vv. 1–2a, 4–6, 16–22, 25–27, 29–32). 2)°Verses 2b and 28 introduce the priestly figure of the High Priest Eleazar in the narrative and harmonize it with the post-P composition of the book of Numbers through the introduction of the characters of the ( ראשיםv. 2b) and of the ( נשיאיםv. 28). 3)°Numbers 32:3, 34–38 are post-P supplements providing a list of the settlements of Gad and Ruben. 4)°Numbers 32:6–15 can be considered a later addition. This speech is parallel to Num 26:64–65 and to Num 14:26–27. It underlines the authority of Yahweh over the community of Israel and the responsibility of sinners who abandon the project of Yahweh. 5)°Numbers 32:33aβ, 39–42 introduce the half-tribe of Manasseh, harmonizing the narrative with Deut 3:13. Other clues of a work of harmonization between the narrative of Num 32 and the narrative of Deut 3:12b–20 and – more generally, Deut 1–3 – can be found in Num 32:8 (mentioning Kadesh-Barnea, parallel to Deut 1:19) and Num 32:40–41 (introducing Yair in the narrative). Other tracks of harmonization can be found in Deut 3:15 (introducing the character of Makir in the narrative).
2.3 The Relationship between Deut 3:12b–20 and Num 32 In comparison with Deut 3:12b–20, the specificity of the older narrative of Num 32 consists in highlighting the initiative of the tribes of Gad and Ruben, resulting in the dwelling of these tribes in Transjordan. This settlement in Transjordan is surprising in the context of Num 26– 36, as – according to Num 34:1–12 – the territory allocated to the two tribes remains outside the borders of the land given to Israel. But, contrary to Deut 1–3, where God makes the decisions concerning the destiny of the people, and contrary to the post-P narratives of Num 13–14; 20:1–3, where the initiatives of the community of Israel are condemned and punished, the narrative of Num 32 elucidates a new way of community governance, making room to dialogue and negotiate between the leaders and the people. The possibility of a dialogue between Moses and the tribes of Gad and Ruben and the possibility of a settlement outside the borders of the land as well challenge the hierocratic organization of the community described in the first parts of the book of Numbers. Numbers 32 shares the same issue as the narrative
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of Deut 3:12b–20 – the settlement of tribes in Transjordan – but expounds an original ideology, insisting on the initiative of the tribes, and reacting against the theocratic and hierocratic ideology of the post-P composition of the first two parts of the book of Numbers. The narrative of Josh 22: 9–34, dealing with the issue of the building of an altar by the Transjordanian tribes, presents a negotiation between the priest Phineas and the Transjordanian tribes, the development of which is quite parallel to the negotiation of Num 32. In both cases, the tribes acknowledge the authority of the leaders of the people (Moses in Num 32, Phineas in Josh 22), but they have the initiative of a demand that shifts the former plan foreseen for the community. The question of the socio-historical interpretation of the issue of the older layer of Num 32 – “settlement in Transjordan in the Persian period” – has to be addressed: 1)°The results of recent archaeological diggings attest the existence of new settlements in Moab in the Persian period, and the scenario of two and half tribes dwelling in Transjordan could correspond to this historical reality.22 Numbers 32 could allude to the settlement of Judean groups beyond the Jordan river and require their subordination to the authorities of the community – particularly to the priestly authorities. 2)°Another hypothesis has been evoked by I. Finkelstein and T. Römer with the expression “accumulative memories.”23 The Pentateuch could contain “traces of early traditions” going back to the days of the Northern Kingdom in the early ninth or eighth centuries BCE. These periods correspond to the expansion of the Northern Kingdom to different parts of Transjordan. According to these authors, the narratives of the Pentateuch would play the role of keepers of the former Israelite traditions. Numbers 32:6–15 is a post-P Fortschreibung that brings a new appraisal of the behavior of these tribes, which is now criminalized and compared to the first generation’s behavior, whose members were condemned to death because of their apostasy. Numbers 32:7–15 insists on the contradiction existing between – on the one hand – an organization of the people of Israel focused on the land and conducted by the High Priest accompanied by Moses or his successor Joshua, and – on the other hand – a more decentralized organization conceiving the possibility of living in diaspora, or at least in territories considered as remaining outside the promised land. The Fortschreibung of Num 32 tries to harmonize the narrative of Num 32 with the theocratic ideology of the post-P composition of the book, and the supplements of Num 32:2b, 28, mentioning the high priest Eleazar and the heads of the community, have the same purpose.
2.4 Main Results of the Analysis of Num 32 The analysis of Num 32 brought clues that help to characterize the specificity and the function of chapters 26–36 in the context of the book of Numbers: the older narrative of Num 32 22 Cf. R. Hobson, “Were Persian-Period ‘Israelites’ Bound by Ethnicity of Religious Affiliation? The Case of the Southern Transjordan,” in Religion in the Achaemenid Persian Empire, ed. Diana Edelman et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 36–56. 23 I. Finkelstein and T. Römer, “Early North Israelite ‘Memories’ of Moab” in The Formation of the Pentateuch, ed. J.C. Gertz et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 711–727.
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The Specificity of Numbers 26–36
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introduces plurality in the understanding of the identity of the community of Israel. The community is unified by a common plan – that is, the conquest of the land. But the modes of belonging to this community are diverse (either in the land or in Transjordan). Moreover, beside the organization of the community described by the post-P laws and narratives of Num 1–21, another organization is presented by Num 32, making room for debate between the leaders and the members of the community.
3. Specificity and Function of Num 26–36 in the Book of Numbers 3.1 The Specificity of Numbers 26–36 1) Insistence on “patrimony” and “settlement” The analysis of the vocabulary of the last part of the book of Numbers has shown the importance of the words dealing with “patrimony,” “settlement,” and “inheritance”. This vocabulary unifies chapters 26–36.24 Thus, the content of these chapters deals with the preparation of the conquest, even if the topics treated by the text are quite different from chapter to chapter. Numbers 26–36 is a literary composition gathering diverse materials unified by the common topic “conquest and settlement”: – Num 27:1–11 and 36:1–12 deal with issue of the property of the clans. – The liturgical calendar of Num 28–29, later than the calendar of Lev 23,25 presupposes the settlement in the land, allowing the rearing of cattle that is necessary for the offerings. – Numbers 34 draws the borders of the land and organizes its sharing between the tribes. – Numbers 32 deals with the particular destiny of the tribes of Transjordan. – Numbers 35 organizes the cities for the Levites and the cities of refuge. 2) Considering a diversity of situations Through these different issues, the text considers the diversity of the situations of different communities at the end of the Persian period: – Geographical diversity: Num 26–36 echoes the existence of communities settled in Judea, Transjordan, and probably Samaria. – Diversity in government: beside the strictly theocratic and hierocratic model, Num 26–36 takes into consideration other models (Num 27:12ff.; Num 32), echoing the diversity of the organization of the communities.
24 אחזה: Num 27:4, 7; 32:5, 22, 29, 32; 35:2, 8, 28; נחלה: 26:53, 54 (2x), 56, 62; 27:7 (2x), 8, 9, 10, 11; 32:18, 19, 32; 33:54; 34:2, 14, 15; 35:2, 8; 36:2 (2x), 3 (3x), 4 (4x), 7 (2x), 8 (2x), 9 (2x), 12. 25 See Christophe Nihan, “Israel’s Festival Calendars in Leviticus 23, Numbers 28–29 and the formation of ‘Priestly’ Literature,” in The Books of Leviticus and Numbers, ed. Thomas Römer (Leuven: Peeters, 2008), 177–231.
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3.2 Numbers 26–36 in the Context of the Composition of the Book of Numbers The literary analysis illuminates the originality of chapters 26–36 and concludes that a literary composition gathered these texts that deal with the common issue of patrimony and settlement. Yet, it remains difficult to identify the authors of this composition. Albertz assigns the last part of the book of Numbers to a Pentateuchal redaction – the last chapters of the book replacing the narratives of conquest of the book of Joshua, once the Pentateuch has been delimited without Joshua.26 This hypothesis raises difficulties, as the theology of the last part of the book of Numbers differs greatly from the theology of a Pentateuchal redaction focused on the specific prophetic authority of Moses and of the text of the Pentateuch. The narrative of Num 27:12ff., highlighting the character of Joshua, contests the hierocratic ideology of Num 13–20. And Num 32 questions both the theocratic ideology of Deut 3:12b–20 and the theocratic narratives of Num 13–14 (post-P) and Num 20:1–13 (post-P). Thus, the composition of Num 26–36 can be considered a very late stage in the composition of the book of Numbers. Later, when Numbers is delimitated as one of the five books of the Pentateuch, a work of homogenizing of the book is needed, explaining the Fortschreibungen found – for instance in Num 32:2b, 6–15, 28 – that try to harmonize the text with the post-P theology.
26 R. Albertz, “Das Buch Numeri jenseits der Quellentheorie”; R. Albertz, “A Pentateuchal Redaction in the Book of Numbers? The Late Priestly Layers of Numbers 25–36,” ZAW 125 (2013), 220–233.
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17 Reinhard G. Kratz
Cultic centralization is the book of Deuteronomy’s primary commandment, which prompted its creation and has defined it from the outset. After the centralization of the place of worship in Deut 12, of the tithing in Deut 14, and of the animal first fruits in Deut 15, the cultic legislation is concluded in Deut 16 by relocating the three annual harvest festivals – Mazzot or Pesach-Mazzot (Feast of Unleavened Bread), Shavuot (Feast of Weeks), and Sukkot (Feast of Booths) – to the central sanctuary as prescribed in Deut 12. But like the centralization of the place of worship in Deut 12 (vv. 1–7, 8–12, 13–28), that of the festival calendar in Deut 16 has been passed down in two different versions: a long version in vv. 1–15 and a short version in vv. 16–17. The existence of two versions does not receive much attention in scholarship. Deuteronomy 16:16–17 is usually considered as a summary, appendix, or secondary supplement to the festival calendar in vv. 1–15 that does not contribute much new information. But upon closer inspection, there are significant differences that justify considering them as two distinct versions. Apart from their form and length, they differ particularly in the fact that vv. 1–8 are dealing with Pesach, while v. 16, on the other hand, deals with Mazzot. Although the unleavened bread is also mentioned in vv. 1–8 (vv. 3–4, 8), they are subordinate to the primary ritual, the Pesach sacrifice, and are rather cumbersomely intertwined with them; v. 16 on the other hand, mentions the Mazzot festival but makes no mention of Pesach. Another difference is that Pesach-Mazzot is not referred to as a “feast” ( )חגin vv. 1–8, while Mazzot in v. 16 is explicitly called a “feast” like Shavuot and Sukkot in vv. 9–16. The fact that this difference is not simply a trifle can be seen from the textual history. Thus, in the Samaritan Pentateuch and the Septuagint version of v. 8, for at least the seventh day of Pesach-Mazzot, the term “Feast for YHWH” ( חגinstead of )עצרתhas crept in. Finally, the two versions differ in the fact that the text provides for the participation of the whole family in the pilgrimage festivals for Shavuot and Sukkot in vv. 9–15 while in v. 16 only the men are to appear at the central place of worship; at Pesach-Mazzot in vv. 1–8 nothing is said about the participants. The differences, as in Deut 12, suggest that the two versions of the festival calendar in Deut 16:1–15 and vv. 16–17 do not belong to the same literary level, but may represent competing stages of growth. In any event, the differences between the two versions requires an explanation. I will begin with the short version in Deut 16:16–17 and its Vorlage in Exod 23:14–19, where the literary relations are most clear and for which the esteemed Jubilee–– certainly for good reason––did not (yet) made a classification in his comprehensive table of “(Ur-)Deuteronomium and Its Reworkings”.1 1
Reinhard Achenbach, “The Original Form of Deuteronomy: (Ur-)Deuteronomium and Its Reworkings,”
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Reinhard G. Kratz
1. Deuteronomy 16:16–17 and its Vorlage in Exod 13:14–19 Briefly and concisely, in Deut 16:16–17 the addressed second person singular is asked to “appear before YHWH your God” or “to see the face of YHWH your God”2 three times a year in order to celebrate the three harvest festivals and deliver a gift according to the measure with which YHWH has blessed him. The instruction has its scope in the formula “in the place that He will choose”, which moves the three festivals from the local sanctuaries, where the festivals were usually celebrated, to the central sanctuary. ָכל־3ָשׁלוֹשׁ ְפּ ָﬠ ִמים ַבּ ָשּׁנָ ה יֵ ָר ֶאה ת־פּנֵ י יְ הוָ ה ֱא ֶהי ְ כוּר ֶא ְ ְז ְבּ ַחג ַה ַמּצּוֹת4ַבּ ָמּקוֹם ֲא ֶשׁר יִ ְב ָחר וּב ַחג ַה ֻסּכּוֹת וְ ל ֹא ְ וּב ַחג ַה ָשּׁ ֻבעוֹת ְ ֵר ָיקם׃6ת־פּנֵ י יְ הוָ ה ְ ֶא5יֵ ָר ֶאה
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ְכּ ִב ְר ַכּת7ִאישׁ ְכּ ַמ ְתּנַ ת יָ דוֹ יְ הוָ ה ֱא ֶהי ֲא ֶשׁר נָ ַתן־ ָל ׃
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Three times a year – on the Feast of Unleavened Bread, on the Feast of Weeks, and on the Feast of Booths – all your males shall appear before (or: shall see the face of) YHWH your God in the place that He will choose. They shall not appear before (or: shall not see the face of) YHWH empty-handed, but each with his own gift, according to the blessing that YHWH your God has bestowed upon you.
The form, style, and scope agree with the other cultic commandments of centralization in Deuteronomy, to which there are also close literary connections: 12:13–18; 14:22–29; 15:19– 23.8 “Year after year” the tithe and the first fruits of animals are to be offered at the central sanctuary (14:22; 15:20), the festivals are to take place “three times a year” in 16:16–17. The (older) short formula “in the place that YHWH will choose” is also used in 16:16 as it is in 12:13–14, 14:22, 25–26 (different vv. 23–24), and 15:19–20. The formulation in 16:17b
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in Fortgeschriebenes Gotteswort: Studien zu Geschichte, Theologie und Auslegung des Alten Testaments. Festschrift für Christoph Levin zum 70. Geburtstag, ed. Reinhard Müller et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 93–104, here 103. This contribution would not have been possible without the intensive exchange with Shimon Gesundheit as well as Christoph Berner, Reinhard Müller, and Peter Porzig, whom I thank from the heart for their stimulating and critical comments. The second interpretation as imperfect Qal + nota accusativi is here as in Exod 23:17 (Smr); 34:23–24; Deut 31:11, with accusative object (without nota accusativi) Exod 23:15; Isa 1:12; Ps 42:3 probably the more original reading and as such preferable to the Masoretic vocalization as Nif. + Preposition “with, at” or acc. loci. S (Peshitta) 3. pers. plural in alignment with Exod 23:15; 34:20. Smr (Samaritanus) בחר בו, with Perf. here as in vv. 2, 6–7, 11, 15 and also otherwise in view of the election of Shechem as a sanctuary (Gen 12:6–7; 33:18–20); with בוreferring back to v. 2 in alignment with v. 7; LXX (Septuagint) αὐτὸν κύριος with reference as in Smr and the naming of the subject here as in vv. 2, 15 in alignment with v. 7, without the reference αὐτόν in vv. 6, 11. Smr יראוin alignment with Exod 23:15; 34:20; LXX here as in Exod 23:15; 34:20 2. pers. singular ὀφθήσῃ for the impersonal “he/she”. LXX + τοῦ θεοῦ σου in alignment with vv. 16a, 17 (see also vv. 2, 15). LXX 2. pers. plural τῶν χειρῶν ὑμῶν. See Reinhard G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 124–127; idem, “Die Ursprünge des Buches Deuteronomium,” in Torastudien. Kleine Schriften IV (Tübingen: Mohr Siebeck, in preparation).
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17
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(“according to the blessing that YHWH your God has bestowed upon you”) is reminiscent of 12:15 as well as the condition clause in 14:24b, which is, however, presumably an addition.9 The Vorlage for the centralization of the festivals, as for the rest of the cult legislation in Deuteronomy, is the so-called Covenant Code: Exod 20:24–26; 22:28–29; 23:14–19. Here the cultic laws belong to an editorial layer which frames the collection of impersonal legal clauses (mishpatim) and stylizes them as YHWH’s speech in first-person style. In this way, the law as practiced––presumably recorded for educational purposes––becomes divine law, by which the process of the theologizing of law in biblical tradition begins. YHWH’S speech is addressed to a second person singular, through which essentially every individual among the people or the people as a whole are addressed. In the context of the book of Exodus, where the divine speech was introduced, the contact person is Moses, to whom God’s law is imparted on Sinai in order to hand it down to the people (Exod 20:1 or 20:22a).10 The festival calendar in Exod 23:14–19 is based on old ritual customs and perhaps also on an older, short list of the three annual festivals in the style of the Gezer calendar, which is usually interpreted as a writing exercise.11 However, it is questionable whether such an old list can be reconstructed as a precursor to the version in the Covenant Code. The reconstruction depends on the weight of the stylistic and lexical differences between v. 14 (“Three times a year [ ]שלש רגליםyou shall hold a festival for me [ )”]ליand v. 17 (“Three times a year [ שלש ]פעמיםall your males shall appear before the Lord YHWH [ )”]אל פני האדן יהוהand whether the listing of the three festivals in vv. 15–16 is originally dependent on the verb form “you shall observe” in v. 15 or on the heading in v. 14.12 But since an independent list could hardly have started in v. 15 directly with the nota accusativi “The Feast of Unleavened Bread …” and v. 14 has YHWH as the speaker, in both cases it is probably already at the level of the second person singular-editing of the Covenant Code, which makes YHWH the speaker (vv. 14, 16, 18). That YHWH in characteristic expressions (such as “face of the Lord YHWH”, “house of YHWH”) occasionally speaks of YHWH in the third person (vv. 17, 19) is not impossible, but it may point to the prehistory of the cultic instructions. In particular, the brief instruction on the three annual festivals in v. 17 could be an older, formerly independent formula––with the title “the Lord YHWH” ()האדן יהוה13 rooted in Canaanite tradition, which is adopted in Exod 34:23 and is modified and adapted to the Deuteronomic language in Deut 9 The same is suggested for Deut 13:15 und 16:17b by Timo Veijola, Das 5. Buch Mose / Deuteronomium Kapitel 1,1–16,17, ATD 8 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 273–274, 342. 10 Kratz, Komposition, 139–155, esp. 146–147. See also Matthias Köckert, “Wie kam das Gesetz an den Sinai?,” in Vergegenwärtigung des Alten Testaments: Beiträge zur biblischen Hermeneutik. Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag, ed. Christoph Bultmann u.a. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2002), 13–27. 11 Johannes Renz / Wolfang Röllig, Handbuch der Althebräischen Epigraphik (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1995), 1:30–37; 3:3. 12 See, on the one hand, Ludger Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch (Exod 20,22–23,33): Studien zu seiner Entstehung und Theologie, BZAW 188 (Berlin: de Gruyter, 1990), 402, who classifies v. 14 und (despite the differences) also v. 17 as editorial, on the other hand Shimon Gesundheit, Three Times a Year: Studies on Festival Legislation in the Pentateuch, FAT 82 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2012), 30– 34, who deletes the verb “you should hold” in v. 15 and declares v. 17 as secondary as opposed to vv. 14, 15b (sic). For the Vorlage reconstructed by Schwienhorst-Schönberger in vv. 15–16, however, v. 17 should be added as a summary with YHWH in third person. 13 Cf. also Isa 1:24; 3:1; 10:16, 33; 19:4; without YHWH Mal 3:1.
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16:16. But the clues are insufficient to reconstruct a complete preliminary stage of the entire festival calendar. The present text of Exod 23:14–19 is, however, not a literary unity, but has been glossed in various ways. The syntactically cumbersome instructions in v. 15b (“and none shall appear before my face / and my face is not to be seen with empty hands”)14 interrupts the syntactic connection of the list of festivals in v. 15a and v. 16 as does also the (probably even later) cultic regulation in V. 15a (“seven days you shall eat unleavened bread”). It is difficult to separate the latter from the reference to the commandment previously issued in Exod 13:6 (“as I commanded you”) and the historical contextualization in v. 15b regarding the termination of the Feast of Mazzot (“for in it you went forth from Egypt”), which is in accordance with Exod 13:4. Only the termination למועד חדש האביבitself fits into the context and may be original: “You shall observe the Feast of Unleavened Bread … at the set time of the month/new moon of the Aviv”.15 It dates the “Feast of Unleavened Bread” in the “month” or rather – according to the formulation “at the set time of” and not “at the set time in” – the new moon day at the beginning of the grain harvest with the cutting of the barley in spring. Correspondingly, the other two festivals are also more precisely timed: the “Feast of the Harvest” applies to the “first fruits of your work (of what you sow in the field)” at the end of the grain harvest with the cutting of the wheat in early summer; the “Feast of the Ingathering” festival takes place “at the end of the year (when you gather in the results of your work from the field)” for the fruit harvest and grape harvest in autumn. As in v. 15b, the more detailed explanations of the timing in v. 16aβ and v. 16bβ could also be additions. However, unlike v. 15b, the two sentences follow each other smoothly in terms of syntax and content and are also coordinated in terms of their wording: one focusses on the sowing of the previously mentioned crops in the field, the other on collecting the crops from the field. The two sentences could already have been added in the course of the integration of the older festival calendar in the Book of Covenant by the second singular edition and, thus, belong to the basic literary layer in Exod 23. The enumeration of the three feasts is framed by v. 14 and v. 17 and was supplemented by individual offering provisions in vv. 18–19 – whether in the course of incorporating the feast calendar into the context of the Covenant Code or later. 14 For the grammatical ambiguity, see Georg Beer, Exodus, HAT I,3 (Tübingen: J.C.B. Mohr [Paul Siebeck], 1939), 118. 15 See Christoph Berner, Die Exoduserzählung: Das literarische Werden einer Ursprungslegende Israels, FAT 73 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 302–303, 310 n. 131, who has shown convincingly that חדש here, unlike in Exod 13:4, does not mean “the month,” but the “new moon of the Aviv.” This dating, however, which points to a one-day festival, is in conflict with the seven-day matzo meal, which understands the “new moon” as the “month of the Aviv.” Differently, see Veijola, Das 5. Buch Mose, 334 with reference to Bernard M. Levinson, Deuteronomy and the Hermeneutics of Legal Innovation (Oxford: Oxford University Press, 1997), 78, who translates the phrase in Exod 23:15 with “at the appointed time in the month of Aviv .” This, however, is not there. “In the month of the Aviv” ( )האביב בחדשis found neither in Exod 23:15 nor in Deut 16:1a, but only in Exod 12:4; 34:18; and Deut 16:1b, which speaks – by the way – against treating Deut 16,1a and 1b on the same literary level. If in Exod 23:15 the month were meant, it would have to be said “as his set time in the month of the Aviv” (see Num 9:2–3). Whether “the Aviv” (with article!) is an old, nowhere else documented and exceptionally determined name of a month or the designation of a certain time in spring (cf. Exod 9:31; Lev 2:14), is not clear and can remain open here.
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17
ָשׁ שׁ ְרגָ ִלים ָתּחֹג ִלי ַבּ ָשּׁנָ ה 16שׁמֹר ְ ת־חג ַה ַמּצּוֹת ִתּ ַ ֶא 17 ֹאכל ַמצּוֹת ַ ִשׁ ְב ַﬠת יָ ִמים תּ ית ִ ִַכּ ֲא ֶשׁר ִצוּ אָביב ִ מוֹﬠד ח ֶֹדשׁ ָה ֵ ְל את ִמ ִמּ ְצ ָריִ ם ָ ִכּי־בוֹ יָ ָצ ָפנַ י ֵר ָיקם׃18וְ ל ֹא־יֵ ָראוּ כּוּרי ַמ ֲﬠ ֶשׂי ֵ ִבּ19וְ ַחג ַה ָקּ ִציר ֲא ֶשׁר ִתּזְ ַרע ַבּ ָשּׂ ֶדה אָסף ְבּ ֵצאת ַה ָשּׁנָ ה ִ וְ ַחג ָה ן־ה ָשּׂ ֶדה׃ ַ ת־מ ֲﬠ ֶשׂי ִמ ַ אָס ְפּ ֶא ְ ְבּ ְ ְָשׁ שׁ ְפּ ָﬠ ִמים ַבּ ָשּׁנָ ה ֵי ָר ֶאה ָכּל־ז ׃21־פּנֵ י ָהאָד ֹן יְ הוָ ה ְ 20כוּר ֶאל ב־חגִּ י ַﬠד־בּ ֶֹקר׃ ַ ל־ח ֵמץ ַדּם־זִ ְב ִחי וְ ל ֹא־יָ לִ ין ֵח ֶל ָ ֹא־תזְ ַבּח ַﬠ ִ ל22 ֹא־ת ַב ֵשּׁל גְּ ִדי ַבּ ֲח ֵלב ִאמּוֹ׃ ְ אַד ָמ ְת ָתּ ִביא ֵבּית יְ הוָ ה ֱא ֶהי ל ְ כּוּרי ֵ אשׁית ִבּ ִ ֵר 14 15
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Three times a year you shall hold a festival for Me: You shall observe the Feast of Unleavened Bread – eating unleavened bread for seven days as I have commanded you – at the set time of the new moon of the Aviv, for in it you went forth from Egypt; and none shall appear before my face (or: my face shall not to be seen) empty-handed, and the Feast of the Harvest, of the first fruits of your work, of what you sow in the field; and the Feast of Ingathering at the end of the year, when you gather in the results of your work from the field. Three times a year all your males shall appear before the Lord YHWH. You shall not offer the blood of My sacrifice with anything leavened; and the fat of My festal offering shall not be left lying until morning. The choice first fruits of your soil you shall bring to the house of YHWH your God. You shall not boil a kid in its mother’s milk.
16 LXX second pers. plural φυλάξασθε + ποιεῖν, differently Exod 34:18. 17 LXX second pers. plural ἔδεσθε in alignment with Exod 12:15 (with MT) and in accordance with Exod 13:6 (only LXX), differently Exod 34:18 as well as Deut 16:3a (with MT against Smr, in V. 3b LXX plural against MT and Smr). 18 LXX second pers. singular ὀφθήσῃ, here as in Exod 34:20 und Deut 16:16 (Smr third pers. pl., MT third pers. sg.) for the impersonal “they/he”. 19 LXX + ποιήσεις in alignment with Exod 34:22. 20 Smr אתin alignment with Exod 34:23–24; Deut 16:16. 21 LXX κυρίου τοῦ θεοῦ σου, here and in Exod 34:23 in alignment with Exod 23:24, 26 und Deut 16:16–17 (with vv. 16a, 17, in contrast to v. 16b MT); Smr הארון יהוהin Exod 23:17 and 34:23. 22 LXX + ὅταν γὰρ ἐκβάλω ἔθνη ἀπὸ προσώπου σου καὶ ἐμπλατύνω τὰ ὅριά σου in alignment with Exod 34:24.
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2. The Reformulation of Exod 23:14–17 in Deut 16:16–17 Deuteronomy presupposes the second person singular edition in the Covenant Code and provides a sort of rewriting. What YHWH asks Moses to convey to the people in his first-person speech is also passed on to a second-person singular in Deuteronomy by a speaker who is not YHWH himself, but speaks about YHWH in the third person, and in the process is reinterpreted in terms of centralization. In the literary fiction of the oldest attainable literary level of the book of Deuteronomy, the addressee is Israel (Deut 6:4) and the speaker is Moses (Deut 5:1).23 This process of internal biblical interpretation and updating of the cultic commandments can also be observed in the festival calendar of Deut 16:16–17. Deuteronomy 16:16 quotes Exod 23:17 (“Three times a year all your males shall appear before the Lord YHWH”) almost word for word, and instead of the “I” style first-person heading in Exod 23:14 it is located at the beginning of the list of festivals. The quotation is then expanded to include the centralization formula, which is significant for Deuteronomy, in the (older) short form “in the place that he will choose.” The addition probably also caused one of the two changes in the wording of the quote: the replacement of the preposition ( אל פניExod 23:17) by ( את פניDeut 16:16) – especially with the reading of יראה אתas Qal + nota accusativi – takes the new location in the centralization formula into account, which replaces the general, rather undefined localization “appear before.” The change of the designation of God from האדן יהוהto יהוה אלהיךis an adaptation to the usual Deuteronomic style (cf. Deut 6:4; 12:15, 18, etc.). The designation “YHWH, your God” is used accordingly in Deut 16:17, but it also could have been modeled according to Exod 23:19 if this addition to the festival calendar was already there. In this way, the differences between Exod 23:17 and Deut 16:16 can be fully and plausibly explained. Therefore, the assumption of reverse dependency is not likely, even if Exod 23:17 in comparison with v. 14 differs stylistically from the speech of YHWH and, as Gesundheit suspects,24 could have been supplemented secondarily. However, if Exod 23:17 had been borrowed from Deut 16:16 and accordingly shortened and reformulated, an easily manageable change in the first-person style could also be expected – e.g., by deleting the designations of God and reading אל פניas “before my face” (cf. Exod 23:15b). The quotation from Exod 23:17, expanded by the centralization formula, is followed in Deut 16:16aβ by the list of the three festivals from Exod 23:15–16. The three agrarian festivals, already declared as pilgrimages to unspecified local sanctuaries in Exod 23:17, become pilgrimages to the central cult site of Deut 12:13–14, where the tithe of crops and firstborns (Deut 14:22ff.) and the first fruits of animal origin (Deut 15:19ff. modeled after Exod 22:28– 29; 23:19) are to be delivered. Two of the three names of the festivals change in the course of the reception and reformulation of Exod 23:15–16: the Mazzot festival remains
23 See Reinhard G. Kratz, “The Headings of The Book of Deuteronomy,” in Deuteronomy in the Pentateuch, Hexateuch, and the Deuteronomistic History, ed. Konrad Schmid and Raymond F. Person Jr., FAT II/56 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2012), 31–46 (German version “Die Überschriften des Buches Deuteronomium,” in Torastudien. Kleine Schriften IV [Tübingen: Mohr Siebeck, in preparation]). On the relationship between Deuteronomy and the Covenant Code, see Kevin Mattison, Rewriting and Revision as Amendment in the Laws of Deuteronomy, FAT II/100 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018). 24 Cf. Gesundheit, Three Times a Year, 32–33.
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unchanged, but the “Feast of the Harvest” becomes the “Feast of Weeks” (Shavuot) and the “Feast of the Ingathering” becomes the “Feast of Booths” (Sukkot). I cannot see any deeper meaning behind the name change. While the names used in Exod 23:15–16 refer more to the agricultural occasion, the designations chosen in Deut 16:16 aim at the rite: the termination of weeks between the beginning and the end of the grain harvest on the one hand and on the other living in huts during the harvest and grape harvest.25 The matter of fact usage of the names (here as well as in Exod 34:22 and Deut 16:10, 13) suggests that they, like the designations in Exod 23:15–16, were anchored in custom and were widely known. The specifications given in Deut 16:8–15, apart from the counting of the weeks in v. 9, have nothing to do with the names of the festivals themselves and, therefore, also give no specific clue or reason for the change. In the reverse order of Exod 23:14–17, the list of festivals in Deut 16:16b is concluded with the stipulation encountered in Exod 23:15b before the summary in v. 17 that no one “appears before/shall see the face of YHWH empty-handed.”26 The formulation in Deut 16:16b (MT, differently Smr) takes up the heading from v. 16a with יראה את יהוהand thus forms a nice frame around the list of festivals. This is different in Exod 23:15b, where, as we have seen, the provision is an addition that was inserted secondarily between Mazzot and the two following festivals. The formulation also has a significant difference: instead of “and one shall not appear before / shall not see the face of YHWH” in Deut 16:16, it is stated in Exod 23:15 ולא יראו פני. While the absence of the name of God and the presence of first person construction are due to the context, the construction with the plural “they should be seen/appear” (Nif.) or “they should see” (Qal) without a preposition or nota accusative אתis grammatically ambiguous: “And they shall not appear before my face” or “and my face shall not be seen” or “they shall not see my face.” The fact that the two passages in Exod 23:15b and Deut 16:16b have something to do with each other and are dependent on each other should be undisputed. It is also reflected in the textual history, which tries to find a balance: the Samaritan Pentateuch has in both passages the plural as in Exod 34:20, LXX has the singular and reads ἐνώπιόν μου or ἐνώπιον κυρίου τοῦ θεοῦ σου. However, it is not easy to say in which direction the dependency occurs. The question is decided by where the provision had its original place. In Exod 23:15 (and 34:20) it is amended and related to the Mazzot festival in order to make it clear that this festival, which took place at the beginning of the grain harvest and for which no harvest yields are mentioned in the text, also requires ritual offerings.27 In Deut 25 On the “weeks” see Jer 5:24; Deut 16:9; they probably have something to do with the harvest times mentioned in the Gezer calendar (see n. 11 above), which allows one month each for the barley and wheat harvests. The “huts” originally served as accommodation and protection from the sun (Jonah 4:5) or also as guard posts during the harvest in autumn in the fields (Ruth 3:6–7) and in the vineyards (Judg 9:27; 21:19–21; Isa 1:8) and later acquired a secondary, artificial meaning as a prop in the rite (Lev 23:42; Neh 8:14); already in Deut 16:13 the name “Sukkot” is meaningless, see 4 below. 26 For the inverse or concentric structure, see Levinson, Deuteronomy, 90. 27 Levinson, Deuteronomy, 91–92; Corinna Körting, Der Schall des Schofar: Israels Feste im Herbst, BZAW 285 (Berlin: de Gruyter, 1999), 21. On the controversial question of whether there was something to harvest in the month of Aviv and at the time of the Mazzot festival, see Timo Veijola, “Die Geschichte des Pesachfestes im Lichte von Deuteronomium 16:1–8,” in Veijola, Moses Erben: Studien zum Dekalog, zum Deuteronomismus und zum Schriftgelehrtentum, BWANT 149 (Stuttgart: Kohlhammer, 2000), 131– 152, here 138–140.
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16:16b the general provision applies equally to all three festivals. If the provision, even as an addition, should have first applied to the Mazzot festival and was therefore originally in Exod 23:15, it was a harmonization in Deut 16:16b secondarily applying the addition of the Mazzot festival to all the festivals by transposing and aligning the formulation with Deut 16:16a/Exod 14:17.28 However, the regulation is kept very general and can – or, perhaps, even should – be correlated even in Exod 23:15b not only with Mazzot but also with all three festivals.29 In light of this, the other possibility must also be considered, that Deut 16:16b is the original place of the provision and it was thereafter incorporated in Exod 23:15 and reformulated into a speech of YHWH according to the context – a sort of supplementation to the first-person formulated heading in Exod 23:14 that serves as equivalent to the harvest yields (offerings) mentioned in vv. 15–16 and as a counterpart to Exod 23:17 /Deut 16:16a. Both options seem conceivable to me, but I tend towards the first one, i.e., the borrowing from Exod 23:15b in Deut 16:16. The decisive factor is the plural of the verb form in Exod 23:15b, which, as far as I can see, is not motivated by anything in Exod 23:14–17, while the change to the singular in Deut 16:16b to align with Exod 23:17/ Deut 16:16a can be explained much more easily. The conclusion in v. 17 has no parallel in Exod 23, but it represents a characteristic Deuteronomic formulation that elaborates v. 16b: Nobody should appear empty-handed but “everyone according to what he is able to give”. The specification of the gift in v. 17b (“according to the blessing, that YHWH, your God has bestowed upon you”) has its counterpart in Deut 12:15 and may be original or it may have been added in both places as suggested by some.
3. The Additions in Exod 23:14–19 and Their Relationship to Exod 34 and Deut 16:1–15 The centralized festival calendar in Deut 16:16–17 turns out to be a self-contained, wellcomposed unit, which is completely explained by its Vorlage in Exod 23:14–17 and within the context of the other centralization laws of Deuteronomy. The scope of the reformulation of the Vorlage in Deut 16:16–17 is solely the centralization of the festivals. The reference back to a previous commandment to eat unleavened bread for seven days with a salvation-historical justification in Exod 23:15a and the additional sacrificial regulations in vv. 18–19 from the Vorlage of Exod 23 are not incorporated. The latter are stylized
28 On the process of reinterpretation, see Gesundheit, Three Times a Year, 159–160. The “blatant anthropomorphism” in Exod 23:15, however, is not eliminated by the formulation in Deut 16:16, depending on whether you read Nif. (MT) or Qal. The intermediate step via Exod 34:23, if I have not overlooked anything, is not needed (see below 3). Even if Exod 34 literally adopts the “more archaic” idea of Exod 23:15, it defines the instruction with the offering of the animal and human firstborn, which is to be found neither in Exod 23:15 nor in Deut 16:16, but is due to a reinterpretation of Exod 23:22–29 (centralized and without the human firstborn in Deut 15:19–23, here still )!בכורand the priestly legislation (פטר רחם, )פדהand also occurs in Exod 13,1–2, 11–15; see Gesundheit, Three Times a Year, 17–21. 29 See Körting, Der Schall des Schofar, 24, 36, 49; Gesundheit, Three Times a Year, 18 n. 9, who is even considering the transposition of Exod 23:15b immediately after v. 14 and before v. 15a as an accidental dislocation in the textual history.
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in v. 18 as YHWH’s speech30 and may have already been added to the festival calendar by the second-singular edition of the Covenant Code and found by the author of Deut 16:16–17 but are evidently not relevant to the program of centralization (for the time being). However, it is also possible that the additions in Exod 23:18–19 were added only after the reformulation of verses 14–17 in Deut 16:16–17. In any case, a later development should be presumed for the additions in Exod 23:15a. Without the reference to a previously issued commandment, the allusion to the exodus could perhaps be understood as an initial historization of the Covenant Code when it was incorporated into the narrative of the book of Exodus. But as shown above (under 1) the reference to the previous commandment and the historization of the Mazzot festival with reference to the “time of the new moon / month of the Aviv” cannot be separated from each other. Even without the reference back to the instruction to eat unleavened bread, the question arises as to how the scribe who added the historization knew that the exodus should have taken place “at the time of the new moon / month of the Aviv.” Both can be only explained by knowing the Pesach-Mazzot-Halakha in Exod 12–13. Here you will find not only the exodus dating “in the month of the Aviv” (Exod 13:3–4; cf. 12:3–4) but also the rule “you shall eat unleavened bread for seven days” (13:6 in the singular, 12:15, 18 in the plural).31 The regulation concerning eating Mazzot as such may be older. However, with both, the reference back to an earlier commandment and the dating of the exodus in the “month of the Aviv” (“for in it you went forth from Egypt”; cf. Deut 16:1b), in Exod 23:15 it presupposes the Halakha in Exod 12–13, more specifically 13:3–6, and like these is to be classified as post-Priestly.32 Thus, the additions in Exod 23:15a are not yet presumed in Deut 16:16–17 and are significantly younger than the reformulation and centralization of the festival calendar of Exod 23:14–17 in Deuteronomy. In addition to Exod 23:14–19, the festival calendar in Exod 34:18–26, which has large overlaps with the former, is also often viewed as a Vorlage for the reformulation in Deut 16.33 The relevant portion of Exod 34 is set earlier than Exod 23:14–19 by some and later than it by others, and thus it is dated differently. However, it seems to be settled by now that Exod 34 is at least literarily dependent on Exod 23, and therefore younger, and, moreover, shows strong contacts with Priestly and post-Priestly texts. There are two main reasons for this assessment of the relationship: on the one hand, the expansions that Exod 34 underwent in vv. 19–20, 21, 24 (with the resumption of v. 23) compared to Exod 23:14–19 and the additions made there; on the other hand, the differences in the common text, which show that the
30 The fact that in Exod 23:19 YHWH is spoken of in the third person is explained here (unlike in v. 17) from the fixed expression “house of YHWH (your God)” and is therefore also unproblematic in a speech by YHWH, especially when here, as in v. 17, various local YHWH shrines are in view. 31 For the textual variants that make further adjustments, see n. 17 above. 32 See Berner, Die Exoduserzählung, 293–301 and 302–303, 310, on the relation of the layers op. cit. 335ff. The plural request in Exod 12:17 to “keep” ( )שמרthe commandment of unleavened bread is likely to depend on Exod 23:15 and Deut 16:1. 33 See Eckart Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, HThKAT, III (Freiburg: Herder, 2016), 1374–1416, for Exod 34 as Vorlage esp. 1390; similarly, Eckart Otto, Das Deuteronomium: Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284 (Berlin: de Gruyter, 1999), 324–340. On the question see Gesundheit, Three Times a Year, 147–149.
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additions found in Exod 23:14–19 are already presupposed in Exod 34.34 Following the studies of Gesundheit, Blum, and others, it seems to me inevitable that with Exod 34 one is dealing with a reformulation and reinterpretation of Exod 23:14–19, which already presupposes the Priestly writings and post-Priestly revisions of the Pentateuch. It is therefore very unlikely that Exod 34 is one of the Vorlagen for Deut 16:16–17, though this should not rule out a mutual influence in some instances of Deut 16. The only specific points of contact that connect Deut 16:16–17 with Exod 34 are the choice of the name “Shavuot” in Exod 34:22 and the use of the preposition את פניin Exod 34:23 instead of אל פניin Exod 23:17. But whether these two small and less meaningful details prove an influence of Exod 34 upon the formulation of Deut 1635 seems to me to be questionable, at least for Deut 16:16–17. If the choice of the name for the festival of weeks were influenced by Exod 34, one would expect in Deut 16:16–17 (and v. 13) that the older name “Feast of Ingathering” for Sukkot would also have been retained. Conversely, it seems to me to be clear that Exod 34:22 combines the designations of Shavuot from Exod 23:16 ( )חג הקציר בכורי מעשיךand Deut 16:10, 16 ( )חג ]ה[שבעותwith each other ()חג שבעת תעשה לך בכורי קציר חטים. As far as the preposition is concerned, the change in Deut 16:16a is motivated by the location in the centralization formula and coordinated with v. 16b, whereas it would be unreasonable in Exod 34:23–24 and, therefore, can be explained more easily as an adaptation from Deut 16. Furthermore, the designations of God and their expansion also indicate that Exod 34:23–24 is dependent on Exod 23:17 (האדן יהוה, supplemented by )אלהי ישראלand Deut 16:16–17 ()יהוה אלהיך. Finally, the relationship between Deut 16:16–17 and its immediate context in 16:1–15 must be considered. The main connection is the commandment of centralization, which is encountered throughout and shows that the entire text was formulated for the context of Deuteronomy. The (few) other links with v. 10 (חג שבעות, the blessing of YHWH) and v. 13 ( חג )הסכתas well as the common divine designation יהוה אלהיך, which is used in vv. 1–15 almost in every verse once or twice, are therefore not very significant and can be explained in various ways. More important are the differences that in vv. 1–15 the whole family or household is intended as festival participants but in vv. 16–17 only “all your males” are required, and that in v. 16 the “Feast of Unleavened Bread” is mentioned, as is to be expected according to Exod 23:15 (34:18), whereas in vv. 1–8 there is no mention of a feast, but only of the Pesach sacrifice and of eating unleavened bread. Such differences can only be abrogated with difficulty in order to attribute the two versions of the festival calendar in Deut 16:1–15 and 16:16– 17 to one and the same author.36 For this reason, it was proposed to exclude parts or the whole of Deut 16:16–17 as an addendum which was dependent upon vv. 1–15. Veijola eliminates the list of festivals in v. 16aβ together with the requirements for the Mazzot festival in 16:3–
34 See Gesundheit, Three Times a Year, 12–43; also Erhard Blum, “Das sog. ‚Privilegrecht‘ in Exodus 34,11–26: Ein Fixpunkt der Komposition des Exodusbuches?,” in idem, Textgestalt und Komposition: Exegetische Beiträge zu Tora und Vordere Propheten, ed. Wolfgang Oswald, FAT 69 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 157–176. 35 Gesundheit, Three Times a Year, 149. 36 Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1413.
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4 and the blessing in v. 17b together with vv. 10b, 15b.37 Gesundheit regards vv. 16–17 entirely as an addition which establishes the differences with vv. 1–15 (v. 16) in order to subsequently correct them (v. 17).38 But both proposals are questionable from a literary-critical point of view and fail to adequately explain the contradictions. And so no literary dependence of the formulation in Deut 16:16–17 on vv. 1–15 can be established in this way either. Conversely, the reformulation of the older cultic calendar in Exod 23:14–17 in Deut 16:16–17 can be derived completely from the Vorlage in Exod 13:14–17. The text is complete and comprehensible in and of itself and is in no way dependent upon the prior context of vv. 1– 15. Whether this also applies in the other direction to the many special features in vv.1–15 is to be examined in the following.
4. Shavuot and Sukkot in Deut 16:9–15 The long version of the festival calendar in Deut 16:1–15 not only shows significant differences to the short version in vv. 16–17 but is also inherently unbalanced. At first glance, it is noticeable that the passage about the Pesach sacrifice in vv. 1–8 is completely different from the sections on Shavuot (vv. 9–12) and Sukkot (vv. 13–15). The basic structure of the last two sections consists of: A the instruction to celebrate a precisely timed festival for YHWH (v. 10 “and you shall observe the Feast of Weeks for YHWH your God”, v. 13 “you shall celebrate the Feast of Booths”, taken up in v. 15 “you shall celebrate a festival for YHWH your God”), one seven weeks after the first cut of the grain (vv. 9–10), the other for seven days during the ingathering from the threshing floor and winepress (v. 13);
37 Veijola, Das 5. Buch Mose, 341–342. Veijola explains the contradiction with regard to the festival community in v. 16 with the fact that the author of the basic layer here – unlike in vv. 1–15 (!) – “formulated in close reference to its Vorlage in the Covenant Code (Exod 23:17).” It was only a later editor who deviated from the Vorlage and added the list of festivals without a model in Exod 23:17 in order to mention the name of the Mazzot festival. But one wonders why he did not already enter the term “festival” with his additions in vv. 3–4. Actually, the Vorlage in Exod 23:15b–17 offers a model for the list in Deut 16:16–17, only that the framing sentences that are placed around the list appear in reverse order (see above under 2). Finally, the blessing statement may have been added in all places, but this says nothing about the relationship between vv. 1–15 and vv. 16–17. 38 Gesundheit, Three Times a Year, 161–162. That v. 17 “apparently consists of mitigating these tensions” (tensions that the same supplement in v. 16 created in the first place!) and has the function “to recolor the anomalous element that the obligation to visit falls to the men alone (v. 16), in the light of the main part of the paragraph,” has not revealed itself to me. The tensions exist not only in regard to vv. 16–17 but also vv. 1–8 and arise from the extension of the festival community in vv. 9–15 (which also according Gesundheit are secondary in comparison to vv. 1–8). On the literary relationship between the different parts of Deut 16:1–17 see also Shimon Gesundheit, “Interntertextualität und literarhistorische Analyse der Festkalender in Exodus und im Deuteronomium,” in Festtraditionen in Israel und im Alten Orient, ed. Erhard Blum und Rüdiger Lux, VWGTh 28 (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2006), 190–220. The observation that vv. 2, 5–7 are not tied at all to a Vorlage, vv. 9–15 are only loosely and only vv. 1, 3–4 and 16–17 are closely tied to a Vorlage, is undoubtedly correct. However, it only means that the parts are presumably not on the same literary level, but does not decide on the literary dependencies within vv. 1–17 and the relative chronology to be derived from them.
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B
the subsequent regulation to celebrate the festival with the whole family and all who belong to the household and the local community with joy (v. 11 “You shall rejoice before the YHWH your God”, v. 14 “You shall rejoice in your festival”), namely “in the place that YHWH will choose (to let his name dwell there),” in v. 11 with the long formula, in v. 15 with the short formula; C a blessing statement, which, however, is not formulated identically and is placed in different positions, once between A and B following the “offering your freewill contribution” (v. 10aβb), the other time after A and B in a comment about the crop yields (v. 15b). The uniform structure suggests that, despite slight differences in formulation, the two sections essentially form a literary unity.39 Some have found an addendum in the element C, the irregularly placed statement of blessing.40 Likewise the first half in v. 9a (“You should count seven weeks”) in the redundant (though chiastically structured) introduction in vv. 9–10, which fixes the date of the feast, was suspected to be a Priestly addition.41 I depict the differentiation in the rendering of the text, but I leave it aside in the following since I am not completely convinced by it myself. It has no influence on the thesis of this contribution. Just the allusion to Exodus with the subsequent parenesis to keep the law, which is inserted between the two sections in v. 12––as a kind of focal point––breaks from this framework and therefore seems to be an addition.42 But that does not matter here either, since the whole passage is relatively late, i.e., younger than Exod 23:14–17 and Deut 16:16–17, but, as will be shown, also younger than Deut 16:1–8. ָ ִתּ ְס ָפּר־ל43ִשׁ ְב ָﬠה ָשׁ ֻבעֹת ֶח ְר ֵמשׁ ַבּ ָקּ ָמה ָתּ ֵחל ִל ְספֹּר ִשׁ ְב ָﬠה ָשׁ ֻבעוֹת׃44ֵמ ָה ֵחל ית ַחג ָשׁ ֻבעוֹת ַליהוָ ה ֱא ֶהי ָ וְ ָﬠ ִשׂ
9 10
39 A pre-Deuteronomic Vorlage is reconstructed by Rosario Pius Merendino, Das Deuteronomische Gesetz: Eine literarkritische, gattungs- und überlieferungsgeschichtliche Untersuchung zu Dt 12–26, BBB 31 (Bonn: Hanstein, 1969), 124–149, and Jan Christian Gertz, “Die Passa-Massot-Ordnung im deuteronomischen Festkalender,” in Das Deuteronomium und seine Querbeziehungen, ed. Timo Veijola, Schriften der Finnischen Exegetischen Gesellschaft 62 (Helsinki: Finnische Exegetische Gesellschaft/Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1996), 56–80, here 76–79. It can only be achieved if one assumes the existence of such a Vorlage (see Gertz, “Die Passa-Massot-Ordnung,” 67) and distinguishes solely between older traditions and Deuteronomic redactions. The result is a rather inconsistent text fragment, in which the text must be freely changed or supplemented and which consists of features that are (also) typical of the “Deuteronomic lawmaker” along with features which are claimed to be significant for the Vorlage. 40 See Veijola, Das 5. Buch Mose, 339, 341, who thinks that v. 10aβ (“with a voluntary gift in your hand”) still belongs to the original text. 41 See Veijola, Das 5. Buch Mose, 339; Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1395, 1406–1407. 42 Veijola, Das 5. Buch Mose, 340; Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1396, 1408. The addition takes the terminology from vv. 1, 10, 13 ( שמר+ three times )עשהand applies them to all commandments (את ;)החקים האלהthe historization of the festivals is reminiscent of the reasoning of the Sabbath in Deut 5:15. 43 LXX + ὁλοκλήρους in alignment with Lev 23:15. 44 Smr מהחלךto simplify the syntax.
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יְ הוָ ה ֱא ֶהי ׃47 ַכּ ֲא ֶשׁר יְ ָב ֶר ְכ46 ֲא ֶשׁר ִתּ ֵתּן45 ִמ ַסּת נִ ְד ַבת יָ ְד ִ ְוּבנ ִ אַתּה ָ וְ ָשׂ ַמ ְח ָתּ ִל ְפנֵ י יְ הוָ ה ֱא ֶהי וַ ֲא ָמ ֶת וְ ַה ֵלּוִ י ֲא ֶשׁר ִבּ ְשׁ ָﬠ ֶרי וְ ַהגֵּ ר וְ ַהיָּ תוֹם48 וּב ֶתּ וְ ַﬠ ְב ְדּ ְ וְ ָה ָשׁם׃53 ְשׁמוֹ52 יְ הוָ ה ֱא ֶהי ְל ַשׁ ֵכּן51 ַבּ ָמּקוֹם ֲא ֶשׁר יִ ְב ַחר50 אַל ָמנָ ה ֲא ֶשׁר ְבּ ִק ְר ֶבּ ת־ה ֻח ִקּים ָה ֵא ֶלּה׃ ַ ית ֶא ָ וְ ָשׁ ַמ ְר ָתּ וְ ָﬠ ִשׂ54ית ְבּ ִמ ְצ ָריִ ם ָ ִי־ﬠ ֶבד ָהי ֶ וְ זָ ַכ ְר ָתּ ִכּ וּמיִּ ְק ֶב ׃ ִ ְאָס ְפּ ִמגָּ ְרנ ְ ִשׁ ְב ַﬠת יָ ִמים ְבּ55 ְַחג ַה ֻסּכֹּת ַתּ ֲﬠ ֶשׂה ל 56 אַל ָמנָ ה ֲא ֶשׁר ִבּ ְשׁ ָﬠ ֶרי ׃ ְ וּב ֶתּ וְ ַﬠ ְב ְדּ וַ ֲא ָמ ֶת וְ ַה ֵלּוִ י וְ ַהגֵּ ר וְ ַהיָּ תוֹם וְ ָה ִ ְוּבנ ִ אַתּה ָ ֶוְ ָשׂ ַמ ְח ָתּ ְבּ ַחגּ 58 יְ הוָ ה57שׁר־יִ ְב ַחר ֶ ִשׁ ְב ַﬠת יָ ִמים ָתּחֹג ַליהוָ ה ֱא ֶהי ַבּ ָמּקוֹם ֲא ית אַ ָשׂ ֵמ ַ ׃ ָ ִוּבכֹל ַמ ֲﬠ ֵשׂה יָ ֶדי וְ ָהי ְ בוּאָת ְ ִכּי ְי ָב ֶר ְכ יְ הוָ ה ֱא ֶהי ְבּכֹל ְתּ 49
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11 12 13 14 15
You shall count off seven weeks When the sickle is first put to the standing grain start to count off seven weeks. Then you shall observe the Feast of Weeks for YHWH your God, offering your freewill contribution according as YHWH your God has blessed you You shall rejoice before YHWH your God with your son and daughter, your male and female slave, the Levite in your communities, and the stranger, the fatherless, and the widow in your midst, at the place where YHWH your God will choose to establish His name. Bear in mind that you were slaves in Egypt, and take care to obey these laws. After the ingathering from your threshing floor and your vat, you shall hold the Feast of Booths for seven days. You shall rejoice in your festival, with your son and daughter, your male and female slave, the Levite, the stranger, the fatherless, and the widow in your communities. You shall hold a festival for YHWH your God seven days, in the place that YHWH will choose; for YHWH your God will bless all your crops and all your undertakings, and you shall have nothing but joy.
45 Smr ידיךin alignment with v. 15; 4QDeutc ( מ[תת נדבות ידךsee Ezek 46:5, 11); LXX καθότι ἡ χείρ σου ἰσχύει in alignment with v. 17 (see following note.). 46 LXX ὅσα ἂν δῷ σοι with the Lord and giver of blessings named below as the subject in alignment with v. 17. 47 Smr ;ברכךLXX ηὐλόγησέν, probably in alignment with v. 17; differently v. 15. 48 Smr and LXX here and v. 14 without copula as in Deut 12:12, 18 (vs. MT) and in accordance with Exod 20:10; Deut 5:14. 49 4QDeutc* (first hand) אשר בשערכה, 4QDeutc+ improved by erasure and supralinear continuation in וה[לוי והגר היתום ואלמנה אשר. 50 LXX ἐν ὑμῖν “among you” as in Deut 13:11, 14. 51 Smr ( בחרsee above n. 4). 52 LXX here as in vv. 2, 6 ἐπικληθῆναι “to be called” as elsewhere (cf. 12:5). 53 Smr here as in vv. 2, 6 את שמוto clarify the syntax. 54 Smr and LXX בארץ מצרים, ἐν γῇ Αἰγύπτῳ in alignment with v. 3. 55 With dativus ethicus only here and Exod 34:22 related to Shavuot and the Feast of Ingathering; LXX in Exod 34:22 corrected in ποιήσεις μοι in alignment with Exod 23:14. 56 Smr and LXX without copula. 57 Smr ;בחרLXX + αὐτόν in alignment with v. 7 (see above n. 4). 58 Smr and LXX + אלהיךor ὁ θεός σου in alignment with v. 15a.
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The two sections on Shavuot and Sukkot in Deut 16 also represent a reformulation of the older festival calendar in Exod 23:16. However, unlike Deut 16:16–17, they are not formulated with direct literary borrowings from it, but are only based on the subject matter and reinterpret the festivals. This begins already with the names, which Deut 16:9–15 – as in verses 16–17 – either are taken from religious custom or directly from Deut 16:16 and – beyond the use in vv. 16–17 (!) – provides a new meaning. As Gesundheit has shown, the innovation of the Feast of Weeks in Deut 16:9–10 is that the number of weeks in the harvest time – as in the priestly calendar (Lev 23:15) – is set to exactly seven weeks and thus the date of the Feast of the Harvest in Exod 23:16 – for the sake of centralization – is expressly moved from the beginning (“first fruits”) to the end of the grain harvest. Exodus 34:22 seems to conciliate between the various regulations by declaring the “firsts of your work, of what you sow in the field” (Exod 23:16) as “firsts of the wheat harvest”, and perhaps relies on an older dating.59 Thus, the innovation of Deut 16:9–10 does not consist in the name Shavuot, but in the fixing of its date. The name is rather a “known expression,”60 the original meaning of which – as in v. 16 – is assumed to be known (cf. Jer 5:24) and which is expressly and precisely dated only in Deut 16:9–10, Exod 34:22, and the Priestly calendar of Lev 23. So, one may assume that the use of the name Shavuot in Deut 16:16, which – unlike Deut 16:9– 10 – occurs in the course of the reformulation of Exod 23:14–17, still corresponds to the older “known expression” and that it is taken from here in Deut 16:9–10 with its timing being specified in greater detail and was finally harmonized in Exod 34:22 with the older designation in Exod 23:16 (see above 3). The situation is similar with the Feast of Booths in Deut 16:13, for which Gesundheit has identified an innovation – this time also semantically indicated.61 It consists of the fact that the autumn festival in question and its offerings are postponed from the time of “ingathering” ( )אסףthe still raw agricultural products in Exod 23:16 to the time after processing in “threshing floor and wine press” (also expressed with )אסף. The simple name “Feast of the Harvest” in Exod 34:22 without the further explanations in Exod 23:16 is open to both and could again have been chosen in order to create a balance between the two versions in Exod 23 and Deut 16. Here, too, the innovation does not consist in the use of the name Sukkot itself,62 which refers to the process and time of harvest in the fields and in the vineyards, but can also stand pars pro toto for the entire harvest time until its end,63 as shown not in the least by the scheduling of it at the “end” (Exod 23:16) or the “turn of the year” (Exod 34:22). Rather, the name in Deut 16:13 is deprived of its actual meaning and reinterpreted – again for the sake of centralization – from harvest time to the processing of the field crops in “your threshing floor and your vat.” In Deut 16:16 the name Sukkot stands for itself just like Shavuot, so that here 59 See Gesundheit, Three Times a Year, 25–26, 152–154. Whether the delivery of the “first fruits” in Exod 23:16 and 34:22 means that the festival is actually at the beginning and not always was committed only “beim Abschluss der Getreideernte, wenn der Weizen eingebracht war” (Veijola, Das 5. Buch Mose, 338) and that the innovation in Deut 16:9–10 is based on a (too) literal understanding of the Vorlage, is an open question; see Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1407 on the one hand, 1408 on the other. 60 Gesundheit, Three Times a Year, 152 n. 134 and above n. 25. 61 Gesundheit, Three Times a Year, 154–156. For the Feast of Booths see Körting, Der Schall des Schofar, esp. 52–90. 62 Thus Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1409–1410. 63 Gesundheit, Three Times a Year, 155 as well as n. 25 above.
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too the older meaning is probably intended, and Deut 16:13 represents an innovation, or more correctly said: a clarification both compared to Exod 23:16 ( באספך... )חג האסףas well as to Deut 16:16 ()חג הסכות. However, the reinterpretation of Shavuot and Sukkot in Deut 16:9–15 not only concerns the names and dates of the two festivals, but also their ritual practice and character. A striking feature is the joy of the celebration, which has no point of reference in the Vorlage of Exod 23:14–17, combined with the long list of participants which significantly expands upon “all your males” in Exod 23:17 and Deut 16:16. Both new features are typical of Deuteronomy, but this level of detail can only be found once in the older centralization commandments (12:18), in which otherwise the “joy” (14:26) is encountered only once alongside several shorter lists.64 In comparison to the older centralization laws and Deut 16:16–17, it is noteworthy that in 16:8–15 the (younger) long form (v. 11) is used next to the (older) short form of the centralization formula (v. 15 as in v. 16). Furthermore, it is remarkable that the centralization formula in Deut 16:9–15 does not refer to the celebration of the festival (vv. 10, 13) or to the giving and consumption of the offerings, but instead is related on one instance to the joy of the participants (v. 11), on the other to the seven-day period of the festival practice (v. 15). The difference may appear marginal and functionally the same, but it demonstrates a slight shift in emphasis from the imperative of centralization as such to the side effects and the group of participants. Whereas in 16:16–17 the festivals as such are centralized, in 16:9–15 the “joy” of the extended group of participants from the closest relatives to the personae miserae is centralized. In addition, there is another important detail regarding the formulation in Deut 16:9–15. The fact that the festivals are intended “for YHWH” (vv. 10, 15) is not an innovation, rather it is stipulated by the Vorlage (Exod 23:14), but is emphasized twice. It is accordingly all the more astonishing that in vv. 9, 13 the so-called dativus ethicus תעשה לךis used, and in v. 14 the address “your feast” is mentioned. The dativus ethicus also occurs in the later text Exod 34:22 for both festivals and has brought about an alignment with Exod 23:14 in the Hebrew original or the translation of the Septuagint. Together with the following “your feast,” this emphasizes the importance of the Feast of Booths in particular for the cult participants. While in Deut 16:16–17 the focus is on the festivities as such, in 16:9–15 the focus is on the considerably expanded group of participants and their rejoicing. The third element in the two sections on Shavuot and Sukkot – the blessing statement in Deut 16:10, 15 – may be an addition here and perhaps also in v. 17, but there are also significant differences in comparison with vv. 16–17. Deuteronomy 16:17a (literally “according to the gift of his hand…”) is the direct continuation of the stipulation adopted from the original: “one should not appear empty-handed before the face of YHWH (or: see the face of YHWH).” The formulation of the more specific provision of God’s blessing agrees with the
64 “You and your children and the Levite who is in your gates” (14: 26–27); “The Levite ... and the stranger and the orphan and the widow who is in your gates” (14:29, perhaps added); “You and your house” (15:20; 26:11); “You and the Levite and the stranger who is in your midst” (26:11). Later additions are 12:7, 12 and 5:14; 6:2 (list); 25:7 (joy).
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corresponding statement in Deut 12:15 and refers there to the livestock, in 16:17 to the offerings to the Godhead at all three festivals in general ()מתנה.65 The statement in 16:10 is not only unmotivated and unconnected with the regulations of the Feast of Weeks and interrupts the connection between “you shall observe” and “shall rejoice” (cf. vv. 13–14), but also specifically covers the “freewill contribution” ()נדבה, which is mentioned in Deut 12:17 (and 12:6) as one of the other duties and otherwise enjoys great popularity especially in late, Priestly texts.66 The formulation of the offering seems at first glance to be more or less the same as that in v. 17a and is therefore usually seen by the commentators as on the same literary level. But on closer inspection it becomes apparent that v. 10 is a kind of expansion of the expression כמתנת ידו. The common Aramaic expression *מסה, which is attested only here, is used in the status constructus e in place of th 67מסת preposition “ כcorresponding, according to” or more precisely the whole expression כמתנת in order to insert the nomen regens נדבתinto the construct phrase and to give its nomen rectum ידa new reference word.68 In Deut 16:15 the blessing has been disconnected from the offerings and attached to the provisions for the Feast of Booths, and more specifically to the declaration of joy. The “offering” (v. 17) or “voluntary gift of your hand” (v. 10) has become the “work of your hands,” the yield that YHWH gives through his blessing. The blessing serves as a justification for the joy of the yield given by YHWH. In both places in vv. 10, 15 the blessing is formulated as a promise in the imperfect form, unlike v. 17 and 12:15. The evidence can be interpreted in two ways: either as a summarizing generalization of the more specific, also differently positioned and interpreted statements of vv. 10, 15 in v. 17, or as a secondary specification of the general statements of v. 17 in vv. 10, 15. The decision depends upon where the statement has its original place and which variant can best be derived from the other. Since both the “offering of one’s hand” and the subsequent blessing statement in v. 17 could serve as appropriate fulfillment of v. 16b “not with empty hands” in Deut 16:16–17, whereas both appear quite unexpectedly and in a linguistically secondary form in v. 10 and take on a completely new function and meaning in v. 15, the second possibility, i.e., the dependence of vv. 10, 15 upon v. 17, clearly deserves preference. The provisions on Shavuot and Sukkot in Deut 16:9–15 turn out to be a clearly structured unit, which already presupposes the two festivals, their centralization, and, last but not least, the blessing statement in Deut 16:17b. This unit gives all three components a new dimension and meaning. This means, however, that the Vorlagen for Deut 16:9–15 include not only the older festival calendar in Exod 23:14–17, here vv. (15b) 16–17, but obviously also the festival calendar in Deut 16:16–17, which is solely concerned with the centralization of the three annual festivals. The relative chronology is perhaps also shown in the formulation of the 65 See Ezek 20:26, 31, 39; of the first-fruits and tithes Lev 23:38; Num 18:29; on the expression מתנת ידו “what he is able to give” see מתת ידוin Ezek 46:5, 11. 66 Exod 35:29; 36,3; Ezra 1:4; 8:28, from the sacrifice Ezek 46:12; Ezra 3:5; 2 Chr 31:14; next to the “vows” Lev 7:16; 22:18, 21,23; 23:38; Num 29:39. 67 Or כמסת, LXX καθότι ἡ χείρ σου ἰσχύει, different than v. 17 κατὰ δύναμιν. See Gesundheit, Three Times a Year, 161 n. 153. 68 Cf. ואת תרומת ידכםin Deut 12:6. Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, HKAT I/3,1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21923) even considers that the expression in v. 10 is distorted (entstellt) from כמתנתin v. 17.
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festival determination with the verb עשה, which is a more recent usage.69 There are closer literary relationships in Deut 16:9–15 also with Exod 34:22a, both with regard to the name of the festival of weeks, Shavuot, as well as the formulation with תעשה לך, which is used here – in contrast to Deut 16:10, 13 – not only for the Feast of Booths, but for both Shavuot and Sukkot. This suggests that it is an assimilation, i.e., that it is taken from Deut 16 in Exod 34 and is secondarily related to both festivals.70 As the references to the history of the text in the footnotes document, such harmonization – especially with the Priestly Halakha in Exod 12–13; Lev 23; and Num 28–29 – continued even in the further tradition.
5. Pesach-Mazzot in Deut 16:1–8 Having first analyzed the short version of the festival calendar in Deut 16:16–17 and then the more recent piece of the long version in Deut 16:9–15 on the Feast of Weeks and the Feast of Booths, we now come to the opening piece of the long version on Pesach-Mazzot in Deut 16:1-8. This passage differs not only from the short version of the festival calendar in vv. 16– 17, in which the Pesach is not mentioned, but also from the two sections of the long version in vv. 9–15, both in terms of content and form. This section is particularly complex from a literary point of view, which is why it has always been the focus of research and has determined and overshadowed the explanation of the rest, including the short version in vv. 16– 17. For this reason, I will deal with the section last, since it is to be expected that the previous investigation of vv. 16–17 and vv. 9–15 will shed new light on the many problems of the Pesach-Mazzot provisions in vv. 1–8. Compared to the following two sections in vv. 9–15, the differences in vv. 1–8 catch the eye at first glance. The section is overly long, but all the components that are significant for vv. 9–15 are missing: a feast ()חג, rejoicing at the festival, the group of participants, the offerings, the blessing of YHWH. Instead, the section contains a wealth of sacrificial regulations, dates, and historicizations of Pesach and Mazzot. What unites the section with both vv. 9–15 and vv. 16–17 is the command of centralization, which is issued three times (vv. 2, 5–6, 7) and – unlike in vv. 9–15 and vv. 16–17 – the second time it is also initiated with a prohibition, the exclusion of the Pesach sacrifice in the towns. As in vv. 16–17, but differently from vv. 9– 15, the Pesach regulations are issued for the sake of centralization, except that in this section none of the three festivals mentioned in vv. 16–17, including the consumption of unleavened bread, are relocated, rather explicitly, only the Pesach offering is transferred to the central sanctuary, and––depending on how one understands v. 7b––perhaps also the consumption of unleavened bread together with it (v. 8). These observations lead to the main problem that the section itself raises: the relationship between Pesach and Mazzot. Previous research has already worked through all options pos69 For the sacrifice see Exod 29:36, 38, 39, 41; Lev 5:10; 9:7 etc.; of the Pesach Exod 12:48; Num 9:10, 14; of the Sabbath Exod 31:16; Deut 5:15. The singular formulation with ( תעשה לךv. 13; Exod 34:22) has, as far as I can see, its nearest parallel in the prohibition Exod 20:4 / Deut 5:8; Exod 34:17, in the plural Lev 26:1. 70 Thus also Gesundheit, Three Times a Year, 154 n. 137, who, however, points only to the use of the verb עשהin Deut 16:10 and not to the dativus ethicus in 16:13 and Exod 34:22.
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sible. Some consider the text to be literarily uniform.71 Others find that either only the Mazzot provisions72 or only the Pesach regulations73 are original and the other components are secondary additions. Still others reconstruct a base text that contained both from the beginning.74 In addition, there are the variations resulting from the fact that some expect oral or written precursors, others expect a Deuteronomic base text and more recent additions. In such a convoluted situation, it is advisable to look for solutions that are not based on too many presuppositions or hypotheses and which are plausible based upon the preserved text. Under this prerequisite, it is obvious that there is no other beginning of the text than v. 1. Thus, the possibilities are reduced to those proposals that begin with v. 1 (“Keep the new moon / the month of the Aviv”) and at least contain the Pesach (“and offer a Passover sacrifice to YHWH your God”), be it on its own or in combination with Mazzot in the present text or in a reconstructed form of the text. For the hypothesis that only the regulations for Mazzot are original lacks a point of reference for the twofold “ עליוwith it” in v. 3 and consequently the transition from v. 1 to vv. 3–4. An older, pre-Deuteronomic Vorlage for the “Feast of Unleavened Bread” ( )חג המצותcan only be found in Exod 23:15, but not in Deut 16:1–8 itself! Provided our observations so far are correct it follows, however, that Deut 16:16 is a possibility as an internal Deuteronomic Vorlage. It is also difficult to assume the literary uniformity of the section in Deut 16:1–8. The attempts to find a deliberately arranged structure in it, which could only be explained by the creative will of one author, have not led to convincing results and, in fact, are partially undermined by the proponents of this hypothesis through their own analysis.75 In particular, the historizations (vv. 1, 3 ,6), the redundant centralization requirement (vv. 2, 5–6, 7), and the imbalanced datings (vv. 3, 7–8) raise questions. Moreover, as Berner rightly pointed out,76 one must be aware that in this text, by dating the exodus from Egypt “in the month of the Aviv” (cf. Exod 13:4), one shifts to a post-Priestly level and that the passage Deut 16:1–8, if understood to be literarily uniform, cannot be seen as part of the original, pre-Priestly Deuteronomy. If, therefore, a more complex history of growth is to be expected, the only alternative remains whether the text originally dealt only with Pesach and therefore all the provisions which have a direct or indirect connection with Mazzot are supplementary, or whether the section dealt with both from the outset, even if it was not literarily uniform, but has evolved. To ascertain the answer, it is advisable to keep the question open and first identify those components which are added with a high grade of probability one way or another. 71 Levinson, Deuteronomy, 54–97; Otto, Das Deuteronomium, 324–340. 72 Merendino, Das Deuteronomische Gesetz, 124–149; Gertz, “Passa-Massot-Ordnung,” 78–79; others in Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1388–1389. 73 Veijola, “Die Geschichte des Pesachfestes”; Veijola, Das 5. Buch Mose, 327–338; Gesundheit, Three Times a Year, 96–149; others in Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1385–1387. 74 Berner, Die Exoduserzählung, 304–312; recently also Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1379–80, 1390– 1393; Achenbach, “The Original Form of Deuteronomy,” 103. 75 See already Veijola, “Die Geschichte des Pesachfestes,” 133 n. 11 on Gertz (see above n. 39) and Otto (see above n. 71 on the one hand, n. 74 on the other). Also Levinson, Deuteronomy, 81–89 cannot avoid a literary differentiation, which he explains in terms of Überlieferungsgeschichte, i.e., not on the basis of the text, but on the basis of its freely imagined prehistory (op. cit. 85). 76 Berner, Die Exoduserzählung, 301–302.
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17
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These components undoubtedly include the historizations, which interrupt the literary context in all three places where they occur: – –
–
v. 1b (“For it was in the month of the Aviv, that YHWH your God freed you from Egypt at night”) interrupts the introduction of Pesach in vv. 1a, 2;77 v. 3b (“bread of distress – for you departed from the land of Egypt hurriedly – so that you may remember the day of your departure from the land of Egypt as long as you live”) interrupts the provisions on the eating of leavened and unleavened food for the Pesach offering in vv. 3a ,4a, or 4b;78 v. 6b (“at sundown, the time of day when you departed from Egypt”) interrupts the provisions on slaughtering, cooking, and eating the Pesach offering in vv. 6a, 7.79
As in v. 12, the historizations are all likely to have been added here. Although the reference to the exodus has a model in the older festival calendar of Exod 23:15 (adopted from here and expanded in Exod 34:18, 19–20), here too it is secondary and presupposes the Halakha in Exod 12–13 – as well as many other adjustments in the textual history.80 Two more detailed regulations on the topography and timing of the festival, which have also been supplemented, have the same background. One is the provision in v. 4a (“For seven days no leaven shall be found with you in all your territory”), which, in terms of content, follows v. 3a, but goes beyond it (“in all your territory”), as v. 3b interrupts the meal regulations in v. 3a, 4b and at the same time represents a resumption of v. 3a. Verse 4a has no reference whatsoever in the older tradition and may have been taken from Exod 13:7 (cf. Exod 12:15, 19) and in the course of this or later have been supplemented by the “seven days” – to complete vv. 3a, 4b and align it with Exod 13:6–7.
77 Differently Gesundheit, Three Times a Year, 129–132, who thinks––despite some difficulties–– that Deut 16:1 is literarily uniform. Against the uniformity speaks, however, the different meaning of the expression חדש האביב, which in v. 1a with ( שמור אתas in Deut 5:12; cf. Exod 23,15a) denotes an exact point in time, whereas v. 1b (like Exod 13:4 and 34:18 MT) points to the “month of the Aviv” as the period of the exodus ( יצאHif. as in Exod 13:3). The syntactical position of the time indication “in the night,” which is specifically reminiscent of the Pesach on Exod 12, is also problematic and indicates that it could be an addition to the addition; see Gesundheit, Three Times a Year, 130 n. 72–73, who ultimately decides against the deletion proposed by many commentators. 78 Here and in the following v. 3a always without, v. 3b always with the “bread of distress”, which was probably added later between v. 3a and v. 3b, perhaps together with the sentence “so that you may remember…” in v. 3b (see Veijola, Das 5. Buch Mose, 337). On the excretion of v. 3b and the combination of v. 3aα, 4b on the one hand, v. 3aβ, 4a on the other, see Gesundheit, Three Times a Year, 106–124. 79 See Gesundheit, Three Times a Year, 105 n. 23. 80 Thus Berner, Die Exoduserzählung, 304–307, 312; on Exod 23:15 see above under 3. See also Veijola, Das 5. Buch Mose, 329–38, and meanwhile also Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1391–1394, both of whom, however, retain v. 1b (without “at night”). But even without “at night” (cf. Exod 11:4; 12:8, 12, 29, 42) Deut 16:1b is not (solely) explained by Exod 23:15 (34:18), but just like v. 3b (cf. Exod 12:11; 13:3) from Exod 12–13 (here 13:3–4), as can be seen from the formulation with יצאHif. which has been changed secondarily in LXX and adjusted to the older Vorlage in Exod 23 and Deut 16:3, 6. The explicit reference back “for it was in the month of the Aviv” in Deut 16:1b instead of “for in it” in Exod 23:15 is easiest to explain here, as in Exod 34:18 (MT), with the dependence on Exod 13:4 (see above n. 15 and 77).
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The second addition is the time adjustment of the seven-day matzo meal of Deut 16:3 in v. 8 (“After eating unleavened bread six days, you shall hold a solemn gathering for YHWH your God on the seventh day: you shall do no work.”). The dating is attached to the remark about the end of the Pesach sacrifice in v. 7b (“and in the morning you may start back on your journey home”) and places the Pesach on the first day (v. 4b) and in relationship to the seven days of vv. 3–4. However, it is unclear whether the 6 + 1 days in v. 8 are including Pesach––i.e., the seventh of the seven days in v. 3 is identical with the last of the six days after Pesach on the first day and the festival period is a total of seven days – or whether the “seventh day” in v. 8 should be added to the total of Pesach on the first day and the subsequent six days of the matzo meal. In that latter case – as in the Priestly calendar (Lev 23:5–8; Num 28:16–25) – a total of eight days is planned, with the Pesach at the sanctuary on the first day, six more days of matzo eating in the “tents” and an eighth day of celebration and rest.81 In whatever way one counts, v. 8 is likely to be an addition which, like v. 4a and the historizations in vv. 1, 3b, 6b, presupposes the Priestly and post-Priestly Halakha in Exod 12–13.82 Apart from the hitherto eliminated components (vv. 1b, 3b, 4a, 6b, 8), this section in Deut 16:1–8 deals with the regulations of the Pesach sacrifice, into which a cultic instruction for Mazzot is interwoven in v 3aβ (“for seven days you shall eat unleavened bread”). The section consists of four parts, the first and the last of which are formulated with waw-perfect (perfect consecutivum), the two middle ones are established as prohibitive: A B C D
arrangement of a Pesach sacrifice in vv. 1a, 2; regulations on the consumption of Pesach and Mazzot (keyword )אכלin vv. 3a, 4b; regulations on the location of the Pesach sacrifice in vv. 5–6a; regulations over the preparation and consumption of the sacrifice in this location followed by the dissolution of the festival assembly in v. 7.
What is striking about this structure is that the regulations on the consumption of the offering in B anticipate the statement about preparation and subsequent consumption ( )אכלin D. The relationship between the two statements is not, however, entirely clear, and depends on the meaning of the time specifications in vv. 6–7 (“in the evening,” “in the morning”) and the understanding of v. 7. If one reckons with an older custom of a Pesach sacrifice “in the evening,” v. 7b (“and in the morning you should turn and go to your tents”) can be understood as the conclusion of the celebration the next morning and the verse can easily be understood in connection with the Pesach regulations in vv. 1a, 2, 5–6a.83 However, if one recognizes both the termination in vv. 6–7 (“in the evening,” “in the morning”) along with the instruction in v. 7b to return to the “tents” as an indication of the continuation of the festival activities “in 81 See Gertz, “Passa-Massot-Ordnung,” 64–65; Gesundheit, Three Times a Year, 133–138; Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1392, on the one hand; Veijola, Das 5. Buch Mose, 336–337; Berner, Die Exoduserzählung, 311, on the other. The matter has already led to some confusion and corresponding attempts at harmonization in the text history of Deut 16:8 and Exod 13:6. 82 Thus also Berner, Die Exoduserzählung, 310–311 (with v. 3bα); as well as Gesundheit, Three Times a Year, 118–119, 133ff, 141–142; Veijola, Das 5. Buch Mose, 329–330, 335–336 (both with v. 3aβ); differently Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, who counts vv. 3a, 4a (sic) as part of his Deuteronomic base layer (op. cit. 1390–1391, 1403) and rules out only v. 8 (together with vv. 3b, 6b, etc.) as a late addition (op. cit. 1391–1394). 83 See Gesundheit, Three Times a Year, 103–105.
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17
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your tents”, i.e., either at home or in the camp of the Israelites near the sanctuary, both elements are to be combined with the seven-day consumption of unleavened bread and therefore with vv. 3a, 4b and the times are perhaps even connected with the nocturnal exodus from Egypt in vv. 1b, 3b, 6b.84 The question cannot be answered on the basis of the textual relationships alone, but depends on the understanding of v. 7b and the cultic-historical background of the Pesach ordinance in Deut 16. Anticipating the discussion below (see below under 6), I count v. 7 as part of the Pesach regulations in vv. 5–6a and understand v. 7b as a concluding remark dismissing the participants home after the sacrifice is completed.85 But whatever one decides, the two parts compete with each other in terms of content. The difference is that B addresses the problem of leavened and unleavened in the consumption of the sacrifice, and in this context also prescribes the seven-day consumption of the unleavened bread, while D relates the process of cooking and consumption solely to the Pesach sacrifice discussed in A and C. This corresponds to the fact that the centralization formula used three times is evenly distributed over parts A, C (long form), and D (short form), while it is absent in B. Thus, in some respects, B falls outside the structure of the Pesach regulations.86 This impression is confirmed if one compares the tradition-historical background and origin of the formulations in B (vv. 3a, 4b) with A, C and D (vv. 1a, 2, 5–6a, 7). The introduction in Deut 16:1a, 2, on which everything else depends, with its phrase “keep the new moon of the Aviv,” has as its Vorlage the instruction to keep the festival of Mazzot “at the time of the new moon of Aviv” in Exod 23:15, whereby the dependency is evident even if one understands חדשin these two places not as “new moon,” but “month.” But, differently from the Vorlage, the instruction refers not to the festival of Mazzot but to Pesach. Accordingly, the verses Deut 16:2, 5–6a, 7 also deal exclusively with Pesach, without further borrowing from Exod 23 (or Exod 34), and in a formulation that wholly breathes the spirit of Deuteronomy in terms of language and content and thus represents a freer kind of rewriting of Exod 23.87 Also dependent on vv. 1a, 2 are the cultic instructions in vv. 3a, 4b, which are linked back to the aforementioned Pesach through the double עליוin v. 3a. In these verses, the general rules of sacrifice from Exod 23:18 (Exod 34:25) are taken up and specifically applied to Pesach, a process which either used the corresponding reformulation of “the fat of my festal offering” from Exod 23:18 to “the sacrifice of the Passover” in Exod 34:25 as a model88 or was the motivation for this reformulation in Exod 34. However, unlike the adoption of the dating from Exod 23:15 in Deut 16:1, as has been noted many times, the inclusion of Exod 84 See Levinson, Deuteronomy, 89; Veijola, Das 5. Buch Mose, 333–334; Berner, Die Exoduserzählung, 307–308; Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1394–1395, 1405. 85 On the phrase “turn and go to the tents,” see Josh 22:2; also Judg 19:9; 20:8; 1 Kgs 8:66; 12:16/2 Chr 10:16; “return” Deut 5:30. 86 Cf. Gesundheit, Three Times a Year, 96–166, esp. 108–111, 138ff. 87 The distinction between a “fresh rewrite” (Neugestaltung) and an “intrusive revision” (Umgestaltung) was rightly emphasized by Gesundheit, Three Times a Year, 100–106, 164; Gesundheit, “Interntertextualität und literarhistorische Analyse” who therefore also eliminates v. 1 in toto, thus depriving his base text (vv. 2, 5–7) of a beginning which is preserved in the text (v. 1a) and thus of the crucial punch line, namely the initial, implicit connection between Pesach and Mazzot (see in the following). 88 Thus Gesundheit, Three Times A Year, 111, 113–114, 148–149.
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23:18 does not only make the relation to Pesach explicit. Rather, the Vorlage Exod 23:18a / 34:25a (“You shall not offer the blood of My sacrifice with anything leavened”) was reformulated to the effect that Deut 16:3 (“You shall not eat anything leavened with it”) is not about “sacrificing” (Exod 23:18) or “sacrifice with leavened bread” (Exod 34:25), but about the “eating of leavened food with it (sc. the Passover offering)”. The change is aimed at the following instruction to eat unleavened bread for seven days, which in turn is related back to it by “ עליוwith it,” that is, with Pesach. Whether the seven-day matzo meal is also taken from Exod 23 or Exod 34 depends on whether the additions in 23:15a/34:18 – which depend on Exod 13:4–6 – are already presupposed in Deut 16:3. If this is the case, or if Deut 16:3aβ drew directly from Exod 13:6, it would mean that the instruction is post-Priestly here as it is there.89 Otherwise, Deut 16:3 must have drawn from other sources unknown to us. In any case, the insertion of the syntactically and contextually difficult עליוto fit the context rather suggests that the provision did not originate in Deut 16 but was borrowed from somewhere else and adjusted to the context. Deut 16:4b (“and none of the flesh of what you slaughter on the evening of the first day shall be left until morning”) then leads back to the Pesach sacrifice itself. The formulation takes up Exod 23:18b/34:25b and instead of speaking of the “fat of my festal offering” (Exod 23:18) or “sacrifice of the feast of Passover” (Exod 34:25) it refers back to Deut 16:2 and speaks of the “flesh of what you slaughter,” but without losing sight of the seven-day matzo meal. The dating of Pesach “on the evening on the first day” (of the seven-day matzo meal) is derived from “left lying until morning” ( )ליןin the Vorlage in Exod 23:18b (34:25b).90 A further differentiation between the sacrificial regulations from Exod 23:18 in vv. 3aα, 4b on the one hand and the regulation on consumption of matzo in v. 3aβ on the other hand, is suggestive on tradition-historical, stylistic, and content-related grounds and therefore cannot be completely ruled out. However, the coordinated formulations in vv. 3a, 4b would argue against it.91 For the relationship of vv. 3–4 to its context in vv. 1–2 and 5–7, the question is irrelevant, which is why I neglect it in the following. As a consequence, part B (Deut 16:3a, 4b) falls outside the framework of the four parts of vv. 1–8 also with regard to the origin of its formulations. The text excludes the possibility of an older Mazzot regulation independent of Pesach. B (vv. 3–4) is not independent, but dependent on A (vv. 1–2) and can only be transformed into an independent Mazzot regulation 89 On the post-Priestly classification of the additions in Exod 23:15 see above under 3. In other respects, too, Deut 16:3a, 4b have parallels in the Priestly and post-Priestly Halakha of Exod 12–13: on Deut 16:3aα cf. 13:3, 7, plural 12:15; on Deut 16:3aβ cf. Exod 13:6, plural 12:15; on Deut 16:4b (formulated after Exod 23:18a/34:25a) cf. in terms of content Exod 12:10. 90 The dating “on the first day” in v. 4b is usually eliminated for syntactic reasons and may be secondary; see Veijola, Das 5. Buch Mose, 333. Gesundheit, Three Times a Year, 118–119 connects this dating with the “seven days” in v. 4a which are a plus in comparison with its Vorlage in Exod 13:7 and, therefore, also regarded as an addition. Without the “first day” it remains for the Pesach in relationship to the “seven days” of the matzo meal in v. 3β the time “from the evening … to the morning” in accordance with vv. 6a, 7b. 91 On the further differentiation see Veijola, Das 5. Buch Mose, 333, 335 and Gesundheit, Three Times a Year, 106–111, who connect the insertion of v. 3aβ with v. 4a (as a resumption of v. 3aα) and relocate this insertion to the literary post-history. Differently Levinson, Deuteronomy, 81–89, esp. 87; Berner, Die Exoduserzählung, 308, who argue with the “eating” in V. 3aα and the double עליוagainst the differentiation.
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by massive, arbitrary shortening and reformulation of the text. If one does not liberally ignore the differences that have been demonstrated and also leaves aside the speculations about prehistory in the Überlieferungsgeschichte, the findings can only be explained in two ways: either B (vv. 3a, 4b) is the original continuation of A (vv. 1a, 2) and was supplemented by C and D (vv. 5–6a, 7); or C and D (vv. 5–6a, 7) originally joined A (vv. 1a, 2), and B (vv. 3a, 4b) was secondarily inserted.92 Both possibilities are conceivable. For the following reasons, however, I tend towards the second option, i.e., the assumption of an original text in A, C, and D (vv. 1a, 2, 5–6a, 7) and secondary insertion of B (vv. 3a, 4b): While the main concern of A, C, and D (vv. 1a, 2, 5–6a, 7) is the centralization of the Pesach sacrifice, which already constitutes an innovation, B (vv. 3a, 4b) – with is provisions of sacrifice and eating matzo – adds to this another new aspect that presupposes centralization. Conversely, A, C and D (vv. 1a, 2, 5–6a, 7) make no reference whatsoever to the consumption of matzo at which the formulations in B (vv. 3a, 4b) are directed. The commandment of centralization is the sole focus. If C and D (vv. 5–7) or even just C (vv. 5–6a) were a continuation of A and B (vv. 1a, 2, 3a, 4b) and inserted between vv. 3–4 and v. 8 or between B (vv. 3–4) and D (v. 7),93 the addition after v. 2 (centralization) and v. 3a (“eating”) would lack motivation. Moreover, if verse 7b is aimed at a continuation of the festivities and has to be connected with vv. 3a, 4b, then v. 7b would hang in the air and might have been added rather than jettisoned from its original context in vv. 3–4 by the unmotivated insertion of vv. 5–6. With the introduction שמור את חדש האביב, v. 1a echoes the older Vorlage in Exod 23:15, but immediately refers it explicitly to Pesach. The reception of Exod 23:(15?)18 in vv. 3a, 4b simply runs counter to this. The stipulation of the seven-day consumption of matzo in v. 3a is just as incompatible here as in Exod 23:15a with the dating of Mazzot or Pesach on a fixed date, be it the “month” or – even less likely – the “new moon of the Aviv.” Depending on how one understands v. 7b, this part of the verse also speaks for an addition in vv. 3–4. If one connects v. 7b with vv. 1a, 2, 5–6a, 7a and finds the end of Pesach described therein, it can be explained more easily if it was already there and only had to be balanced by v. 8 after the insertion of vv. 3–4. Finally, another argument should be brought into play, one which results from the previous observations on Deut 16:16–17 and vv. 9–15, but also anticipates further conclusions. If vv. 1–15 are derived from the older festival calendar in vv. 16–17, an addition in vv. 3a, 4b that integrates the Mazzot festival of v. 16 into the older Pesach ordinance fits in much more organically than yet another centralization of Pesach, its preparation, and its consumption in vv. 5–6a, 7, which can already be found in v. 2. Furthermore, it seems plausible that after the reformulation of Exod 23:14–17 in Deut 16:16–17 and the secondary prefixing first of vv. 1– 8 and subsequently of vv. 9–15, the supplemented Vorlage from Exod 23:14–19 and its reformulation in Exod 34 also subsequently influenced Deut 16:1–8 and here vv. 3–4 again.
92 For the first option see Berner, Die Exoduserzählung, 312 (base text v. 1a, 2, 3a, 4b with v. 7); similarly, Achenbach, “The Original Form of Deuteronomy,” 103 (with 4a, without v. 7); for the second option Veijola, Das 5. Buch Mose, 327 (base text in vv. 1–2, 5–6 without v. 7); Gesundheit, Three Times a Year, 108–110, 140–144 (base text vv. 2, 5–7 without v. 1). 93 For the first possibility, see Gottfried Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien zum Deuteronomium, BWANT 93 (Stuttgart: Kohlhammer, 1971), 197; for the second Berner, Die Exoduserzählung, 309.
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After all, it seems to me that the inevitable conclusion is that vv. 3a, 4b (B) are an addition to the older Pesach ordinance in vv. 1a, 2, 5–6a, 7 (A, C, D). The addition was prompted by the festival dating in v. 1a and the connection it establishes with the Mazzot festival – the purpose being the alignment of the (newly created) festival calendar in Deu 16:1–15 with vv. 16–17. Since vv. 3a, 4b may also already presuppose the version in Exod 34:18–25 (v. 25), the Halakha in Exod 12–13 (13:3, 6–7; 12:10, 15), and the additions in Exod 23:15a/34:18 that depend on it,94 this very fact suggests that the addition entered the text together with the historization in v. 1b (cf. Exod 13:4) and v. 6b. In contrast, the additions in vv. 3b, 4a and v. 8 are even younger. The base text in Deut 16:1–8 has thus emerged as the Pesach ordinance in vv. 1a, 2, 5– 6a, 7. If one does not want to be too specific, one can leave it at that. However, it is worth taking a closer look, since this text, too, seems to have literarily grown and been glossed in various ways. The double injunction to offer “a Passover sacrifice to YHWH your God” in vv. 1a, 2 seems redundant und also differs in expression. Thus, it is notable that vv. 1–2 speak of “a passover for YHWH” and only in v. 5 it is said “the passover”, which after v. 1a one would expect already in v. 2. Moreover, v. 1aβγ (“and offer a Passover sacrifice to YHWH your God”) is an interruption between the introduction in v. 1aα (“observe the new moon of the Aviv”) and the addition in v. 1b (“for it was in the month of the Aviv”) and may therefore have been inserted subsequently.95 On the other hand, the repetition of “in the month of the Aviv” in v. 1b (instead of “in it” in Exod 23:15) may indicate that the instruction of v. 1aβγ is already presupposed. In any case, it is likely that v. 1aβγ is a secondary addition. The wording is consistent with the usage in vv. 10, 13, treating Pesach as a feast, whereas in v. 2 it is clearly a sacrifice. For Pesach such wording is attested only in late, Priestly and postPriestly texts.96 Some also remove the subsequent specification of Pesach with “flock and herd” in v. 2 for syntactical reasons,97 but this does not change the character of Pesach as a sacrifice. Verses 5–6a also seem quite redundant after vv. 1aα, 2, which is why one can consider that the verses may have been either added along with v. 7(b) or inserted between vv. 1aα, 2 and v. 7(a).98 The Pesach ordinance in vv. 1aα, 2, 5–6a, 7 was in any case complete before the text was supplemented with vv. (1aβγ?), 8–15 and subsequently the cultic instructions for Pesach-Mazzot (reminiscent of the exodus in vv. 1aβγ?, 1b, 3a, 4b, 6b) and the even more recent additions in vv. 1(aβγ?), 1b (“at night”), 3b, 4a, 8 were incorporated.99
94 If one connects the structure of the seven-day matzo meal in v. 3aβ with v. 4a (see n. 91 above), then in any case it presupposes the Halakha in Exod 12–13 (13:7) (see n. 89 above). On the additions in Exod 23:15 see above under 3. 95 See Merendino, Das Deuteronomische Gesetz, 126–127. 96 See Exod 12:48, as well as Num 9:10, 14; 2 Chr 30:5; in addition Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1392 (read Exod 12:48 instead of 12:18), who, however, does not comment further on this. 97 See Merendino, Das Deuteronomische Gesetz, 128. 98 On vv. 1a, 2 as a base layer see Seitz, Studien, 196–198; for the connection of v. 1a, 2, 7 see Berner, Die Exoduserzählung, 307, who, however, rejects the possibility again. Both consider the connection of vv. 3–4 to vv. 1–2 to be more original than vv. 5–6 or 5–7. 99 With the exception of v. 1a, the result roughly corresponds to the analysis of Gesundheit, Three Times a Year, 140–143, with the exception of v. 1b of the analysis of Veijola, Das 5. Buch Mose, 327, 330ff, although the relationships of the additions differ somewhat.
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The further literary differentiation of the Pesach ordinances in vv. 1a, 2, 5–6a, 7 is mapped in the following textual rendering and taken into account in the further argumentation but plays only a minor role for the proposed thesis. אָבי ִ ָשׁמוֹר ֶאת־ח ֶֹדשׁ ָה ית ֶפּ ַסח ַליהוָ ה ֱא ֶהי ָ וְ ָﬠ ִשׂ יְ הוָ ה ֱא ֶהי ִמ ִמּ ְצ ַריִ ם100 יא ֲ הוֹצ ִ אָביב ִ ִכּי ְבּח ֶֹדשׁ ָה ָליְ ָלה׃ ָשׁם׃105 ְשׁמוֹ104 ְל ַשׁ ֵכּן103 יְ הוָ ה102וּב ָקר( ַבּ ָמּקוֹם ֲא ֶשׁר־יִ ְב ַחר ָ ַליהוָ ה ֱא ֶהי )צֹאן101וְ זָ ַב ְח ָתּ ֶפּ ַסח ָﬠ ָליו ָח ֵמץ106ֹאכל ַ לֹא־ת ־ﬠלָ יו ַמצּוֹת ָ 107ֹאכל ַ ִשׁ ְב ַﬠת יָ ִמים תּ ֶל ֶחם עֹנִ י 109 ֵמ ֶא ֶרץ ִמ ְצ ַריִ ם108את ָ ִכּי ְב ִח ָפּזוֹן יָ ָצ את ֵמ ֶא ֶרץ ִמ ְצ ַריִ ם כֹּל יְ ֵמי ַחיֶּ י ׃ ְ ְל ַמ ַﬠן ִתּזְ כֹּר ֶאת־יוֹם ֵצ ְל ְשׂאֹר ְבּ ָכל־גְּ ֻבלְ ִשׁ ְב ַﬠת יָ ִמים110וְ ל ֹא־יֵ ָר ֶאה ) ַבּיּוֹם ָה ִראשׁוֹן( ַלבּ ֶֹקר׃111ן־ה ָבּ ָשׂר ֲא ֶשׁר ִתּזְ ַבּח ָבּ ֶﬠ ֶרב ַ וְ ל ֹא־יָ ִלין ִמ ְשׁ ָﬠ ֶרי ֲא ֶשׁר־יְ הוָ ה ֱא ֶהי נ ֵֹתן ָל ׃113אַחד ַ חבּ ְ ת־ה ָפּ ַס ַ תוּכל ִלזְ בֹּ ַ ֶא ַ 112לֹא 116 115 114 ֲא ֶשׁר־יִ ְב ַחר יְ הוָ ה ֱא ֶהי ְל ַשׁ ֵכּן ְשׁמוֹ ָשׁם ת־ה ֶפּ ַסח ָבּ ָﬠ ֶרב ַ ִתּזְ ַבּח ֶא ל־ה ָמּקוֹם ַ ם־א ֶ ִכּי ִא את ִמ ִמּ ְצ ָריִ ם׃ ְ מוֹﬠד ֵצ ֵ ְכּבוֹא ַה ֶשּׁ ֶמשׁ יְ הוָ ה ֱא ֶהי בּוֹ118אָכ ְל ָתּ ַבּ ָמּקוֹם ֲא ֶשׁר יִ ְב ַחר ַ ְ ו117וּב ַשּׁ ְל ָתּ ִ 119 ָ ִוּפנ ָ ית ַבבּ ֶֹקר וְ ָה ַל ְכ ָתּ ְלא ָֹה ֶלי ׃
100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119
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LXX second pers. singular active ἐξῆλθες in alignment with Exod 23:15; 34:18 as well as 16:3, 6. LXX τὸ πασχα in alignment with vv. 5–6 and like Exod 12:21. Smr ;בחר בוLXX + αὐτὸν (see above n. 4) Smr and LXX + אלהיךor ὁ θεός σου in alignment with 2a. LXX here and v. 6 as usual ἐπικληθῆναι “to be called” (see above n. 52). Smr here and v. 6 ( את שמוsee above n. 53). Smr second pers. plural as in the following, here in alignment with Exod 12:15. Smr second pers. plural in alignment with Exod 12:15 and like LXX in Exod 23:15 (see above n. 17). LXX here and hereafter in v. 4b second pers. plural ἐξήλθετε, μνησθῆτε, τῆς ἐξοδίας ὑμῶν, τῆς ζωῆς ὑμῶν in alignment with Exod 12:11, 14; 13:3–4. LXX ἐξ Αἰγύπτου, several mss ἐξ Αἰγύπτου νυκτός in alignment with v. 1. LXX without copula οὐκ ὀφθήσεταί, in several mss like MT. Smr בין הערביםin alignment with 12:6. Smr ולא. Smr באחת. Smr במקוםin alignment with vv. 2, 7, 11, 15, 16 etc. for activities at the sanctuary; this is perhaps more original than אלwhich rather fits the verbs of movement (Deut 12:5 etc.). Smr ;בחר1QDeuta + בוlike Sam und LXX in vv. 2, 16, LXX also v. 15 in alignment with v. 7 (see above n. 4). Smr + שם, related to the following to underscore the place or dittography. LXX + καὶ ὀπτήσεις “and you shall roast it” in alignment with Exod 12:8–9. Smr ( בחרsee above n. 4). LXX εἰς τοὺς οἴκους σου, i.e., home.
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122שׂה ֶ ַת ֲﬠ
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ַליהוָ ה ֱא ֶהי ל ֹא121יﬠי ֲﬠ ֶצ ֶרת 8 ִ וּביּוֹם ַה ְשּׁ ִב ַ ֹאכל ַמצּוֹת ַ יָ ִמים תּ120ֵשׁ ֶשׁת ׃123אכה ָ ְָמל Observe the new moon of the Aviv, and offer a passover sacrifice to YHWH your God, for it was in the month of the Aviv, that YHWH your God freed you from Egypt, at night, and slaughter the passover sacrifice for YHWH your God, from the flock and the herd, in the place where YHWH will choose to establish His name. You shall not eat anything leavened with it, for seven days you shall eat unleavened bread with it, bread of distress – for you departed from the land of Egypt hurriedly – so that you may remember the day of your departure from the land of Egypt as long as you live. For seven days no leaven shall be found with you in all your territory, and none of the flesh of what you slaughter on the evening of the first day shall be left until morning. You are not permitted to slaughter the passover sacrifice in any of the settlements that YHWH your God is giving you; but at the place where YHWH your God will choose to establish His name, there alone shall you slaughter the passover sacrifice, in the evening, at sundown, the time of day when you departed from Egypt. You shall cook and eat it at the place that YHWH your God will choose; and in the morning you may start back on your journey home. After eating unleavened bread six days, you shall hold a solemn gathering for YHWH your God on the seventh day: you shall do no work.
6. The Genesis of Deut 16:1–17 in the Context of Cult History Shimon Gesundheit has put forward the hypothesis that the Pesach ordinance in Deut 16:1– 8 was not originally part of the festival calendar but rather a self-contained, independent unit in Deuteronomy, and has provided weighty arguments in favor of it.124 The groundbreaking hypothesis was fully confirmed in our analysis by other means. It is true that all three sections of the long version of the festival calendar in Deut 16:1–15, as well as the short version in Deut 16:16–17, are concerned with the centralization of the cult, which is significant for Deuteronomy. But the differences between the long and the short version of the calendar on 4QDeutc ש[בעתin alignment with Exod 12:15; 13:6; Lev 23:6. Smr חג, LXX ἐξόδιον (only here and Mi 7:15) ἑορτὴ κυρίῳ τῷ θεῷ σου in alignment with Exod 13:6. 4QDeutc + בו. 4QDeutc + ;כלSam כל מלאכה עבדהin alignment with Lev 23:7 and Num 28:18, 25; LXX + πλὴν ὅσα ποιηθήσεται ψυχῇ in alignment with Exod 12:16. 124 Gesundheit, Three Times a Year, 162–166.
120 121 122 123
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the one hand and the difference within the long version between vv. 1–8 and vv. 9–15 proven by Gesundheit on the other hand are so obvious that one can hardly avoid seeing in them indications of a history of literary growth. This almost inevitably leads to the conclusion that the parts did not come from one author, but were created successively. Within the long version of vv. 1–15, the literary relationship is clear and irreversible. Here, vv. 9–15 on Shavuot and Sukkot – together with the additions in vv. 3–4 – continue the pericope on Pesach in vv. 1–8, expanding it into a cycle of the three annual festivals. Previous research has paid little attention to the relationship of both the Pesach ordinance in vv. 1–8 and the supplementations (Fortschreibungen) in vv. 9–15, and indeed of the entire long version with the short version of the festival calendar in vv. 16–17, because the latter verses were regarded, as a matter of course, as a summary of or appendix to vv. 1–15.125 We have, however, found clues that suggest that the short version of the calendar in Deut 16:16– 17 is older than the long version in vv. 1–15 and served as a Vorlage for it. The analysis of vv. 1–15, and namely the isolation of the Pesach ordinance in vv. 1–8 as the oldest literary layer in vv. 1–15, fits surprisingly well with this conclusion and provides a starting point for explaining how the festival calendar of vv. 16–17 came to be elaborated in vv. 1–15. The scope of the older Pesach ordinance in Deut 16:1–8 (vv.1aα, 2, 5–6a, 7) is solely the centralization of the Pesach sacrifice. The rite itself is assumed to be known and is not explained further. In this respect, everything necessary has already been said in vv. 1aα, 2. Everything else in vv. 5–6a, 7 is the implementation of this, and, as shown above could have been added later in whole or in part. The repetition of the commandment of centralization in vv. 5–6a refers to vv. 1aα, 2 in that after the commandment to slaughter “a passover sacrifice to YHWH your God” ( )פסח ליהוה אלהיךit now speaks of “the Passover” ()את הפסח. The passage, however, says nothing new, but merely refines the commandment once again in distinction to the opposite, apparently widespread custom of celebrating Pesach “in your gates,” i.e., in the settlements. Thus, it aligns the ordinance with the fundamental centralization requirement in Deut 12:13–14, 17–18. Only the relative clause in v. 5 (“that YHWH your God is giving you”) adds its own emphasis. It refers to the (imminent) taking of land and at the same time establishes a literary connection with the regulations on the legal system that immediately follow in Deuteronomy: “You shall appoint magistrates and officials for your tribes, in all the gates (settlements) that YHWH your God is giving you” (16:18 + 17:8ff).126 The relative clause belongs to the early historization of Deuteronomy as Moses’s farewell speech (Deut 5:1aα1 + 6:4) between the wilderness wanderings (Num 25:1a) and the conquest of the land (Jos 1:1–2; 3:1), which is already apparent in the imperfect form of the centralization formula “that he will choose.”127 The relative clause is therefore readily deleted,128 but perhaps the whole passage is added in vv. 5–6a.
125 Thus also Gesundheit, Three Times a Year, 157–162, who considers vv. 16-17 as secondary. 126 Referring to the “gates,” the relative clause “which YHWH your God will give you” is attested only in these two places and in Deut 17:2; in 13:13 it is “your cities,” otherwise the land is usually referred to as God’s gift; in 15:7 it is “in one of your gates in your land, which YHWH your God will give you.” 127 See Kratz, “Ursprünge”; idem, “Headings”; idem, “Schittim: Eine narrative Verbindung zwischen Numeri und Josua,” in Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel. Erhard Blum zum siebzigsten Geburtstag, ed. Joachim J. Krause et.al., FAT 136 (Tübingen: Mohr Siebeck 2020), 181–210. 128 Veijola, Das 5. Buch Mose, 333.
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The details of the sacrificial practice in vv. 6a, 7 are also given solely for the sake of centralization. “Cooking” and “eating” in v. 7a, which from syntax and content might once have connected directly to vv. 1aα, 2, correspond to customary sacrificial practice and are transferred to the central sanctuary.129 The appointed times “in the evening” (v. 6a) and “in the morning” in v. 7b, whether they belong to the base layer or to a revision in vv. 5–7, are also communicated only in passing to make it clear that the rite is to be held at the sanctuary from beginning to end and that only afterwards may one go “into your tents,” i.e., home. The appointed times “in the evening” and “in the morning” in vv. 5–7 raise, however, the cultic-historical question as to which rite is presupposed in the Pesach ordinance of Deut 16:1aα, 2, 5–6a, 7. Gesundheit speaks of a “known Pesaḥ tradition.”130 But what is this “known tradition”? The origins, meaning, and customary practice of the Pesach sacrifice are obscure. We know Pesach only from late texts, besides Deut 16 these are Exod 12–13 and the Priestly calendars in Lev 23; Num 28–29; and Ezek 45 as well as some texts in the narrative literature influenced by it (Num 9; Josh 5; 2 Kgs 23; 2 Chr 30; 35; Ezra 6), which already presuppose centralization, historization, and further theological interpretation or promote it themselves. The epigraphic attestation of Pesach in the ostraca of Elephantine, does not help either, since they do not say anything apart from the name. After all, the Elephantine documents – including the famous “Pesach Letter”, more accurately “Mazzot Letter” – do not reveal whether Pesach and Mazzot were already connected in religious practice of the Judeans at Elephantine.131 Usually, the origins of Pesach are derived from the Priestly Halakha in Exod 12:1–12 and the supposedly older, but in fact probably younger, text in Exod 12:21–23 and its continuation in vv. 24–27,132 which locate the bloody, apotropaic rite in the family and homes and date it to the night of the full moon in spring. The Pesach lamb is treated there like a sacrificial animal but slaughtered ( )שחטrather than sacrificed (זבח, but see also Exod 12:27: זבח פסח )הוא ליהוה, roasted in the fire ( )צלי אשrather than boiled ()בשל, and its blood painted on the doorposts of private homes rather than on the altar. If this rite stands in the background, the termination “in the evening” and “in the morning” in vv. 6–7, especially with the historization in v. 6b, would refer to the night of the departure from Egypt, as in vv. 3–4, and the “at night” in v. 1b. However, since the textual basis is very late and the rite is integrated into the biblical history, it is hard to infer any older or even original practice from this singular and less sustained, undoubtedly secondary interpretation of the Pesach and its historical interpretation in Exod 12–13. It is indeed a hitherto unsolved riddle what the Priestly authors and 129 Or is it a polemic against “roasted in the fire” in Exod 12:8–9? In this case, v. 7 would have to be eliminated completely and assigned to the post-Priestly additions. However, it seems to me that the Halakha in Exod 12 is more of a reinterpretation of the Passover sacrifice. 130 Gesundheit, Three Times a Year, 103. 131 See TAD A4.1 as well as the ostraka TAD D 7.6.9–10; 7.24.5 and on this evidence Reinhard G. Kratz, Historisches und biblisches Israel: Drei Überblicke zum Alten Testament (Tübingen: Mohr Siebeck, 2 2017), 192 (English version: Historical & Biblical Israel: The History, Tradition, and Archives of Israel and Judah [Oxford: Oxford University Press, 2015], 141). 132 On the analysis of this text see Jan Christian Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung: Untersuchungen zur Endredaktion des Pentateuch, FRLANT 186 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 29–73, esp. 38ff, 50ff; Gesundheit, Three Times a Year, 44–95, 167–222, esp. 58ff; Berner, Die Exoduserzählung, 246–342, esp. 286ff.
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editors of Exod 12 were thinking in preserving or constructing a rite that runs counter to the priestly ritual theory, especially with regard to the handling of blood.133 In contrast, Timo Veijola has brought back into play an old suggestion of Julius Wellhausen, according to which the Pesach in religious custom – still without any historization or connection to the biblical history – represents the offering of the first-born animals in spring, corresponding to the offering of the agricultural products at the three annual festivals (cf. Gen 4:3–4).134 This fits, as Wellhausen has aptly observed, both with the reflections in various historical interpretations of the Pesach sacrifice and the firstborn in Exod 12–13, Exod 34 (vv. 19–20, 25), and Deut 16 (vv. 1b, 3–4, 6b, 8) and, as Veijola correctly notes, within the immediate context in Deuteronomy itself, where the Pesach is immediately preceded by the centralization of the giving of animal firstlings in Deut 15:19–23. And above all, the proposal fits in perfectly with what else we know about the customary, Israelite-Judean cultic practice or what we can infer from analogies in the history of religion before it was appropriated and reinterpreted by the biblical sacred history. Therefore, it is quite conceivable, if not very likely, that the older Pesach ordinance in Deut 16 had in mind such a sacrifice of animal firstlings, “flock and the herd” (v. 2), which it wanted to move – as a first step of theologizing this religious custom – to the central place of worship. In the same way Deut 12:13–28 did for all sacrifices and offerings of all kinds (vv. 17–18), 14:22–29 specifically for the tithe of the yields from agriculture and animal husbandry, 15:19–23 for the animal firstlings (cf. Exod 22:28–29), and 16:16–17 for the agricultural yields at the three annual festivals (cf. Exod 23:14–17). In this case, the times of day in Deut 16:6a, 7 would not refer to the Pesach at the night of the exodus, but to the date of the sacrifice, which was only secondarily related to the night of the exodus. As is clear from the general regulation in Exod 23:18b,135 sacrificial offerings were generally not to be left overnight, but were to be consumed in the evening or overnight, and this certainly applied also to the offering of the firstborn animal sacrifices. In this respect, Exod 34:25 and Deut 16:4b are not wrong in referring the rule expressly to Pesach. The general custom could have been the starting point for combining the nocturnal killing of the human firstborn when leaving Egypt (Exod 11:4; 12:29ff) with the evening sacrifice of the firstborn animals and nocturnal consumption of the sacrifice (Exod 12:8, 12, 42). If this hypothesis is correct – and more than a well-founded hypothesis is not possible in the question of the origins of the Pesach sacrifice – the position of the Pesach regulation in the context of the centralization requirements of Deuteronomy is very deliberately chosen, even if it is not entirely free from tensions. In a sense, the regulation doubles the centralization of the delivery of animal firstfruits, which suggests that it was inserted secondarily. The use 133 Usually this is explained by the situation of the diaspora, but this does not make sense in view of the Priestly imagination of a temple cult in the desert. One could rather put forward the narrative argument that in Exod 12 the tabernacle was not yet available for a regular sacrifice and therefore one had resorted to the means of adapting the rite uniquely and exceptionally to the context of the exodus narrative and to transfer it to the family. On reconstructing an older rite of Pesach from Exod 12, see Otto, Deuteronomium 12,1–23,15, 1400–1401. 134 Veijola, Das 5. Buch Mose, 330–331 with reference to Julius Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels (Berlin: Reimer, 61905), 84–85. 135 Unless it is a disguised prescription for Pesach derived from Exod 34:25 and Deut 16:1 (so, for example, Beer, Exodus, 120); but see by contrast, Gesundheit, Three Times a Year, 28–31.
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of the (younger) long form of the centralization formula in 16:2, 6–7 and the noticeable redundancy, the stylistic and linguistic borrowings from the main commandment in Deut 12:13–14, 17–18, as well as the mediating position between 15:19–23 and the older festival calendar in 16:16–17 also speak for this assumption. The connection is made by the introduction in 16:1a, borrowed from Exod 23:15, synchronizing Pesach as a rite for the offering of the produce (firstborns) from livestock (15:19ff; 16:2) with the first of the three annual festivals – for the offering of the produce (first fruits) from agriculture – both of which occurred in the spring. The synchronization with the Mazzot festival in v. 16 is probably also the reason that the Pesach ordinance does not speak of a “feast,” even though the phrase “and offer a passover sacrifice to YHWH your God” in v. 1aβγ (added later), which corresponds to vv. 10, 13, might be construed to suggest this. In this way, the Mazzot festival was not “tacitly passed over” and replaced,136 but completed. As far as we can see, for the first time a connection, albeit an indirect one, was made between Pesach and Mazzot, which is reflected in the further interpretation of the cult calendar in Deut 16 itself and which in Priestly literature (Exod 12–13; Lev 23; Num 28–29; Ezek 45) has been formulated in various ways and has then become the rule in religious practice. Originally, it was only a matter of combining the offering of firstlings (animal and agricultural) on the occasion of the Feast of Mazzot; in the further development of the text and the religious practice, it became a new feast, Pesach-Mazzot. The Pesach in Deut 16:1–8 therefore originally had nothing to do with the Pesach as described in Exod 12 and prescribed in the later calendars. Although the beginning with שמור “( את חדש האביבObserve the new moon of the Aviv”) in 16:1aα is reminiscent of the late formulation of the Sabbath commandment in Deut 5:12 (שמור את יום השבת, in modification of זכורin Exod 20:8), this alone is not sufficient to classify even the base version of the Pesach regulation as post-Priestly. Rather, in the connection of Pesach and Mazzot, which is initiated in Deut 16 and has subsequently become established first in biblical tradition and then in religious custom up to the present day, one must probably reckon with an inverse dependency of the Priestly texts on Deut 16. In the course of this process there have been changes in the dating of the festivals. Exodus 12:1 declares the month of the exodus from Egypt to be the “first month” and dates Pesach to the tenth (Exod 12:3) or fourteenth of that month (Exod 12:6), thus probably on the night of the full moon of the (spring) month, which has been the date of the Pesach-Mazzot festival ever since and to this day. How this change came about and what the particulars are can only be guessed. The historization of Pesach and later of Mazzot in Exodus 12–13 can hardly have been the trigger for this, but presupposes the dates of the festivals in order to anchor them subsequently in the historia sacra of the Hebrew Bible. Therefore, a cultic-historical development is probably responsible for the change. One possibility is the adoption of the Babylonian calendar, which starts the year in spring and counts according to months. We do not know exactly what consequences this had for the dating of the annual festivals. However, a glimpse of this development is perhaps provided by the already mentioned Elephantine papyrus, the so-called “Pesach Letter” (TAD A4.1), in which the Judean colony is informed by the Judean envoy Hananiah, with royal authorization, of the date and some provisions for the Feast of Unleavened Bread. The reason for this 136 Veijola, Das 5. Buch Mose, 331–332.
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The Centralization of Festivals in Deuteronomy 16:1–17
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message is not totally clear,137 but from the preserved and legible remains of the fragment it appears that the festival lasts from the fourteenth to sunset of the twenty-first of the month of Nisan, during which nothing leavened may be eaten. The month of Nisan corresponds roughly to the Aviv. The Mazzot festival is no longer on the new moon day (or in general in “the month of the Aviv”), but instead begins on the night of the full moon of the first month (Nisan) and includes seven days of eating unleavened bread. Against the background of the development reflected in the Elephantine document, it becomes understandable that the “new moon of the Aviv” (Exod 23:15; Deut 16:1a) was interpreted (or misunderstood) as the “month of the Aviv” in the course of the historization of the Pesach in Exod 12 and reckoned as the “first month.” Further that the Pesach – in Deut 16 already synchronized with the date of the Mazzot festival, previously celebrated (?) on the tenth of the month – was moved from the “new moon of Aviv” (or “month of the Aviv”) in Exod 23:15 and Deut 16:1a to the new date of the Mazzot festival, the fourteenth of the first month (Nisan). Subsequently, the seven days of eating of unleavened bread was added to Exod 12–13, and the “month of the Aviv” was declared the date of the exodus from Egypt (Exod 13:4–6; Exod 34:18). But probably before that – and even before the cultic-historical development was taken into account in the Priestly literature – or beside it, Deut 16 was further edited. After the older centralization commandments of Deuteronomy had been supplemented by the Pesach in Deut 16, the ordinance was continued by a second step in vv. 9–15 into a full festival calendar, thus integrating Pesach into the calendar of the three annual festivals Deut 16:16–17. The point of reference for the supplementation of vv. 9–15 was the synchronization of Pesach with the Feast of Mazzot in Deut 16:1a. Therefore, it made sense to add the two following festivals, Shavuot and Sukkot, and to elaborate them in the Deuteronomic style. That the connection between Pesach and Mazzot was not forgotten in this supplementation is shown by the introduction to the Feast of Weeks, which, with the determination of time in v. 9 (“When the sickle is first put to the standing grain start to count off seven weeks”), ties in with the date of the Mazzot festival in v. 1a at the beginning of the barley harvest. Furthermore, the secondary supplementation is characterized by the continuous structuring of the text by the (Priestly) formulation “to celebrate a feast (( ”)עשהvv. 1a, 10, 13) with the addition “for YHWH, your God” (vv. 1a, 10; also vv. 2, 15) as well as, of course, the centralization formula, once in the (younger) long form, the other time like v. 7 and v. 16 in the (older) short form (vv. 2, 5–6, 11, 15), which – deviating from vv. 16–17, but also from vv. 1–8––does not refer to the celebration of the feast, but to the joy of the feast or the sevenday duration of the feast. Both the festive joy and the group of participants, as well as the blessing, are elements that go beyond not only the older calendar in Deut 16:16–17, but also beyond the original Pesach regulations in vv. 1–8. The “joy” is likely to tie in with the “food” 137 Usually, one thinks of instruction on the part of the Judean priests in Jerusalem (or Babylonia?) who wanted to bring their colleagues on Elephantine up to speed. Another suggestion worth considering has recently been made by Idan Dershowitz (in TheTorah.com). He reads at the beginning of the relevant passage not “And now, you shall count f[ourteen days in Nisan ...]” but instead “And now, you shall count one more Adar” and explains this with a leap year decreed by the Persian government, thus postponing the Mazzot festival by one month. As captivating as the suggestion is, however, the question arises as to why individual regulations on the Mazzot festival are communicated when it is only a royal decree postponing the festival by one month.
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in v. 7; the wide circle of participants names all who live “within your gates” (settlements) and “in your tents” (vv. 5, 7). “All your males” in v. 16 was then probably understood pars pro toto as all men of cult ability, including their households. The “blessing” in v. 17 is not specified and may have included all crops and livestock yields, before––in addition to the blessing specifically for animal yields in Deut 12:15 ––the yields from agriculture are also specifically attributed to YHWH’s blessing in Deut 16:10, 15. The supplementation (Fortschreibung) in Deut 16:9–15 creates a new festival calendar that places Pesach, synchronized with the Mazzot festival, in the cycle of the three annual festivals and joins the older calendar in Deut 16:16–17 as a résumé––another important step on the way to the later Priestly calendar in Lev 23. The additions in vv. 1b, 3–4, 6b, 8, 12 carry the historization made in Exod 12–13 into Deut 16 and, like the additions in Exod 23:15 and 34:18, 19–20, establish a connection to the exodus as well as, again, to the conquest of the land (“in all your territory” Deut 16:4; Exod 34:24). Most important for the ritual history is the insertion of the seven days of eating unleavened bread in v. 3 as an accompanying act to Pesach ()עליו, to which the general sacrificial regulations of Exod 23:18 and 34:25 (here with mention of Pesach!) are related in Deut 16:3–4 to align Deut 16 with Exod 13:6–7 (as well as Exod 12:15, 18–20). Where the commandment, “Seven days you shall eat unleavened bread,” came from is difficult to say. It is secondary in both Exod 23:15 (34:18) and Deut 16:3 and is also added in Exod 12–13 along with the Mazzot regulations (12:15, 18; 13:6–7). In the more recent festival calendars it is firmly established (Lev 23:6; Num 28:17), and in Ezek 45:21 (read )שבעתit has become the fulfillment of the Pesach. The parallelism of Mazzot and Sukkot in Ezek 45:21, 25 suggests that the seven days in Deut 16:3 were formed by analogy with the seven-day Feast of Booths and the seven weeks between Mazzot and Shavuot and consequently represents a relatively late literary innovation inspired by Deut 16:9–15. But the bulky integration into the context of Deut 16 by the עליוspeaks against this and rather suggests the inclusion and adaptation of a given tradition. Another possibility is that the custom arose sometime in the (later) religious practice (cf. the Elephantine papyrus TAD A4.1) and in the literary tradition the regulation was first included in the reminiscence of the Mazzot festival in Exod 12:34; 13:3–6, evoked by Pesach and firstlings in Exod 12–13 and inserted into the older firstling-pericope. On this basis, all the additions in Exod 23:15 and Deut 16:1b, 3–4, 6b, 8, 12 can be explained as subsequent adaptations of the law. The additions are all post-Priestly and find their continuation in the textual history.
7. Results The result of this investigation of Deut 16:1–17 can be briefly summarized and clearly presented as follows: I. The Vorlage of Deut 16 is the festival calendar in Exod 23:14–17(+18–19) in the context of the second-singular edition of the Covenant Code, minus the additions in v. 15a. In the course of this edition, the three annual agrarian festivals anchored in religious customs have become an order of YHWH, if you will, “the law”. II. The oldest reception of Exod 23 is the centralization of the festival calendar in Deut 16:16–17 within the framework of the oldest accessible literary version of
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Deuteronomy, to which the cultic centralization commandments in Deut 12:13ff; 14:22ff; 15:19ff also belong. Here, the three pilgrimage festivals, which were previously celebrated at the local sanctuaries, are relocated to the central place of worship “chosen” by YHWH, at which––probably on the occasion of the festivals celebrated “three times a year”––the tithe (Deut 14), the animal first fruits (Deut 15) and all other offerings mentioned in Deut 12 are to be offered “year after year”. The names of the festivals Shavuot and Sukkot are explained just as little as in Deut 16:9–15 (with the exception of the dating in v. 9) and Exod 34 and, like the name Mazzot, are therefore likely to be taken from religious customs and widely known. At a subsequent stage of revision, the centralization of the Pesach in Deut 16:1aα, 2, 5–6a, 7 was added, inserted between the commandment about the animal firstlings in 15:19ff and the festival calendar in 16:16–17. Pesach was no festival, but a sacrifice, presumably for the offering of the animal first fruits in spring, and was synchronized by the introduction “Observe the new moon/month of the Aviv” in Deut 16:1a (derived from Exod 23:15) with the first of the three annual festivals in 16:16–17, thus establishing for the first time a connection between Pesach and Mazzot. As far as we can see, the original Pesach ordinance in Deut 16 and the Pesach rite on which it is based have nothing (yet) to do with the Pesach of the sacred history in Exod 12 or an older (?) apotropaic blood rite derived from it. In the next step, the Pesach ordinance in Deut 16:1–8 was supplemented by the two festivals Schavuot and Sukkot in vv. 9–15 and continued into a complete festival calendar, which merges with the older calendar in vv. 16–17, thus making the Pesach sacrifice at Mazzot the first of the three annual festivals. At this or a subsequent stage (VI) v. 1aβγ was also added, thus introducing all three “feasts” with the same wording. The older calendar in vv. 16–17 was taken at this level as a summation of the extended festival calendar in Deut 16:1–17. Based on Deut 16 and Exod 22:28–29, in Exod 12–13 Pesach and the offering of the firstborn were integrated into the sacred history and then supplemented with eating of Mazzot (Exod 12:34; 13:3–6 etc.). For this, the older narrative of the killing of the firstborn in the night before the exodus from Egypt in Exod 11:4; 12:29ff served as link, which thus became the night of Pesach. In this way, the dating of the Pesach-Mazzot festival was changed – due to a misunderstanding and by taking into account a cultic-historical development reflected by the Elephantine papyrus TAD A4.1 – from “(the time of) the new moon of the Aviv” or the rather vague indication of the month (Exod 23:15; Deut 16:1a) to the precise date of the fourteenth day “in the month of the Aviv” as the “first month.” On the basis of the Halakha in Exod 12–13 as well as the (older) additions in Exod 23:18–19, the law has been subsequently linked to the exodus in the additions of Exod 23:15a, in the reformulation of Exod 23:14–19 in 34:18–26 as well as in 16:1b, 3–4, 6b, 8 and was supplemented with provisions about leavened and unleavened foods at the Pesach-Mazzot festival. The Halakha in Exod 12–13 and its repercussions on the law have been reflected in the later Priestly calendars (Lev 23; Num 28–29; Ezek 45), which in turn have again influenced the Halakha in Exod 12–13, resulting in mutual harmonizations that continue throughout the textual history.
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Deuteronomy 23:25–26 in Eastern Mediterranean Legal Context Anselm C. Hagedorn
1. Introduction It is one of the immovable methodological principles of Reinhard Achenbach’s work on the Hebrew Bible that redaction-historical considerations must be seen across the narrow confines of book boundaries and that without the attempt at a historical classification of the postulated layers, any reconstruction of the literary history is lacking an anchor.1 For such an anchor, he regularly looks to the late Babylonian and Persian epochs, supplementing the evidence when necessary with Hellenistic sources.2 In addition, Achenbach recognizes that Greek epigraphical sources can contribute to our understanding of various issues among the biblical legal material and has offered some comparative insights into the concept of purity in texts from the Pentateuch and in the so called “sacred laws” from ancient Greece.3 Despite a certain lack of methodological reflection, Achenbach is correct in his conclusion that “the existence of various concepts of ritual and cultic purity in Eastern Mediterranean societies from the sixth to the second century BCE gives the impression that rules of purity were widely shared and an integrative part of religious convictions and rituals among religious communities in antiquity.”4 He sees such widely shared concerns as being part of a larger common cultural tradition.5 1
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See e.g. Reinhard Achenbach, “Die Tora und die Propheten im 5. und 4. Jh. v. Chr.,” in Tora in der Hebräischen Bibel: Studien zur Redaktionsgeschichte und synchronen Logik diachroner Transformationen, ed. Reinhard Achenbach, Martin Arneth and Eckart Otto, BZABR 7 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2007), 26–71. Reinhard Achenbach, “Von der Monarchie zur Hierokratie: Zur Geschichte der Herrschaft in der Provinz Jehud im 5.–1. Jahrhundert v. Chr.,” in Religion zwischen Mystik und Politik, ed. Ulrich Winkler, Jerusalemer Theologisches Forum 35 (Münster: Aschendorff, 2020), 43–57. Reinhard Achenbach, “Leges Sacrae: Sacred Law in Ancient Greek and Biblical Tradition,” in Grenzüberschreitungen: Studien zur Kulturgeschichte des Alten Orients. Festschrift für Hans Neumann zum 65. Geburtstag am 9. Mai 2018, ed. Kristin Kleber, Georg Neumann, and Susanne Paulus, dubsar 5 (Münster: Zaphon, 2018), 1–17. The term “sacred law” is problematic in itself in regard to ancient Greece (see Robert Parker, “What are Sacred Laws?,” in The Law and the Courts in Ancient Greece, ed. Edward M. Harris and Lene Rubinstein [London: Duckworth, 2004], 57–70), but this is not to deny that there we can find traces of the “sacred” in Greek inscriptions; see Anselm C. Hagedorn, “Sacred Law, Lawgivers and Codification: Perspectives from The Hebrew Bible, Gortyn and Selinus,” in Writing Laws in Antiquity – L’écriture du droit dans l’Antiquité, ed. Dominique Jaillard and Christophe Nihan, BZABR 19 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2017), 117–140 at 124–132. Achenbach, “Leges sacrae,” 13. Cf. the earlier remarks in Otto Kaiser, “Die Bedeutung der griechischen Welt für die alttestamentliche Theologie,” in Zwischen Athen und Jerusalem: Studien zur griechischen und biblischen Theologie, ihrer Eigenart und ihrem Verhältnis, BZAW 320 (Berlin; New York: de Gruyter, 2003), 1–38.
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In the following essay we will offer some further evidence how comparable material from Greek inscriptions and literary sources can contribute to our understanding of the legal the material from the Hebrew Bible.6 We will do so in the larger framework of the Mediterranean, an interpretative category that has recently resurfaced in a variety of scholarly discourses in neighboring disciplines.7 As part of a political and cultural debate such resurfacing is hardly surprising, as the Mediterranean offers a viable category of interpretation beyond merely geography. Taking the grammar of the term “Mediterranean” seriously requires recognizing it as a quality rather than an object and as an indicator of place rather the place itself. Scholars ponder over the future of this putative cradle of civilization and meeting ground of the Abrahamic religions and, through it, the capacity for humankind to overcome or remain subject to its self-created differences and divisions.8 Anthropologists have largely abandoned notions of regional and cultural unity and focus instead on constellations of politics and space that are ever-changing, paying attention to shifting modes of interaction. Historians are more reluctant to give up such overarching categories as they recognize a “commonality of culture that can be observed here despite the region’s ethno-culturally fractured nature.”9 It is the intense movement of people and ideas that link the various and often distinct micro-ecologies of the physical environment of the Mediterranean.10 Rather than being a border that cannot be crossed, the sea serves more as bridge between regions and cultures, making the sea simultaneously a place of division and connection.11 Like the Pacific, the Mediterranean Sea is shaped by trade and migration over centuries.12 How much the Hebrew Bible is part of this world, is a matter of debate but the geographical nature of ancient Palestine firmly situates it on the shores of the Mediterranean, 6 Achenbach himself is aware of this potential when he argues that the reconstruction of a base layer of Deuteronomy “leads to the impression that the collection was the basic text of a commitment of members in a legal and religious community that can be compared to the commitments of ancient Greek poleis as we can find them engraved in steles, tablets and walls in Athens, Cretan Gortyn, Cyrene, Chios, Naupaktos etc.”; Reinhard Achenbach, “The Original Form of Deuteronomy: (Ur-)Deuteronomium and Its Reworkings,” in Fortgeschriebenes Gotteswort: Studien zu Geschichte, Theologie und Auslegung des Alten Testaments. Festschrift für Christoph Levin zum 70. Geburtstag, ed. Reinhard Müller, Urmas Nõmmik, and Juha Pakkala (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 93–104 at 94. I find myself in agreement with Achenbach’s assessment of the constitutional character of the beginnings of Deuteronomy but have grown increasingly sceptical of the possibility of the existence of a form of Deuteronomy without the figure of Moses; maybe it is more likely that Deuteronomy, from the beginning, fuses the establishment of a community of citizens based on law with the literary idea of the figure of the lawgiver. 7 Cf. Naor Ben-Yehoyada, Heath Cabot, and Paul A. Silverstein, “Introduction: Remapping Mediterranean Anthropology,” History and Anthropology 31 (2020): 1–21; Brian A. Catlos, “Why the Mediterranean?,” in Can We Talk Mediterranean? Conversations on an Emerging Field in Medieval and Early Modern Studies, ed. Brian A. Catlos and Sharon Kinoshita. Mediterranean Perspectives (Cham: Palgrave Macmillan, 2017), 1–17. 8 Ben-Yehoyada, Cabot, and Silverstein, “Introduction,” 2. 9 Catlos, “Why the Mediterranean?,” 5. 10 Cf. Peregrine Horden and Nicholas Purcell, The Corrupting Sea: A Study of Mediterranean History (Oxford: Blackwell, 2000). 11 Cf. Franco Cassano, “Southern Thought,” Thesis Eleven 67 (2001): 1–10. 12 Cf. Epeli Hau’ofa, “Our Sea of Islands,” The Contemporary Pacific 6 (1994): 147–161.
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Deut 23:25–26 in Eastern Mediterranean Legal Context
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making it part of a geographical area where exchange and movement is possible. The manifold similarities of substantive law from the eastern Mediterranean may point towards a legal koinê,13 making the Greek world part of the interpretative framework of biblical and ancient Near Eastern law.
2. The Law of Deuteronomy 23:25–26 In Deut 23:25–26 we encounter a curious law without analogy in the ancient Near East. In the following we will try to unpack the legal stipulation and offer some comparable material from Greek inscriptions and literary sources.14 ל־כּ ְליְ ֖ ֥ל ֹא ִת ֵ ֽתּן׃ ס ֶ ( ִ ֤כּי ָתב ֹ ֙א ְבּ ֶכ ֶ֣רם ֵר ֔ ֶע וְ ָא ַכ ְל ָ ֧תּ ֲענָ ִ ֛בים ְכּנַ ְפ ְשׁ ֖ ָשׂ ְב ֶ ֑ע וְ ֶ ֽא25) ( ִ ֤כּי ָתב ֹ֙א ְבּ ָק ַ ֣מת ֵר ֔ ֶע וְ ָק ַט ְפ ָ ֥תּ ְמ ִלי ֖ ת ְבּיָ ֶ ֑ד וְ ֶח ְר ֵמ ֙שׁ ֣ל ֹא ָת ִ֔ניף ַ ֖על ָק ַ ֥מת ֵר ֶ ֽע ׃ ס26) (25) If you go into neighbour’s vineyard, you may eat as many grapes as you want until you are full15 but you must not put any in your vessel.16 (26) If you go into your neighbour’s (field of) standing grain,17 you may pluck ears18 with your hand but you must not put a sickle19 to your neighbour’s standing grain.20 13 Cf. Raymond Westbrook, Ex Oriente Lux: Near Eastern Influences on Ancient Greek and Roman Law (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 2015). 14 This is not the place for a detailed methodological reflection on such a comparative enterprise between Biblical and Greek texts; I have addressed the relevant issues in Anselm C. Hagedorn, Between Moses and Plato. Individual and Society in Deuteronomy and Ancient Greek Law, FRLANT 204 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 39–89; see also Eckart Otto, “Recht und Ethos in der ost- und westmediterranen Antike: Entwurf eines Gesamtbildes,” Gott und Mensch im Dialog: Festschrift für Otto Kaiser zum 80. Geburtstag, ed. Markus Witte, BZAW 345/I (Berlin; New York: de Gruyter, 2004), 91–109 and the critical remarks in Michael Gagarin, “Inscribing Laws in Greece and the Near East”, in Symposion 2003: Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte, ed. Hans-Albert Rupprecht, Akten der Gesellschaft für griechische und hellenistische Rechtsgeschichte 17 (Vienna: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2006), 9–20. 15 Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, HKAT I/3.1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21923), 138 wants to regard שבעךas an explanatory gloss to כנפשך. 16 On כליin relation to fruit and wine see Jer 40:10bα: ואתם אספו יין וקיץ ושמן ושמו בכליכם. 17 “ ָק ָמהstanding grain,” “grain still on the stalk” (HALOT, 1107) only in Exod 22:5; Deut 16:9; 23:26; Judg 15:5; 2 Kgs 19:26/Isa 37:27 (here probably to be corrected, to קדיםfollowing 1QIsa to avoid “a strained though possible metaphor”; J.J.M. Roberts, First Isaiah: A Commentary, Hermeneia [Minneapolis: Fortress, 2015], 465); Isa 17:5; Hos 8:7. LXX translates ἐὰν δὲ εἰσέλθῃς εἰς ἀμητὸν τοῦ πλησίον σου using a term (ἄμητος) that generally describes the harvest or crop. 18 מלילהonly here in the Hebrew Bible, but see לחם חדש א[ביבות ומלילות-- ] in 11Q19 19:7. LXX translates στάχυς which is used in Gen 41:5–7, 22–24, 26–27; Job 24:24 to render “( שבלתan ear of corn” HALOT, 1394) the noun is generally thought to be related to middle Hebrew “ מללto rub,” a meaning not attested in Biblical Hebrew. 19 ֶח ְר ֵמשׁonly in Deut 16:9; 23:26 and offered as a conjecture on the basis of LXX (καὶ τὸ δρέπανον αὐτοῦ) for מחרשהin 1 Sam 13:20. 20 The Septuagint transposes v. 25 and v. 26; why this is done is difficult to explain and John William Wevers, Notes on the Greek Text of Deuteronomy, SCS 39 (Atlanta: Scholars Press, 1995), 375 “sees no good reason for the transposition of these verses.” Eckart Otto, Deuteronomium 12–34. Zweiter Teilband: 23,16–34,12, HThKAT (Freiburg i.Br.: Herder, 2017), 1781 offers the intriguing proposal that the erotic
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What exactly is regulated in the preceding laws is difficult to determine and it has, therefore, been questioned whether we have an actual law here.21 I will use the old English colloquial term “scrumping” to depict the facts of the case.22 The word was first used by Reuben Hallam in his 1866 novel Wadsley Jack or, the Humours and Adventures of a Travelling Cutler describing the stealing of fruits (esp. apples) from orchards and the like. A short toime after this, Dick Greasy and Luke Milkcup ax’d me if I’d mak’ one to goa scrumpin’, that is, fetchin’ apples off sumboddy’s trees – a regular practice amang lads. I didn’t much loike it, but they persuaded me to goa.23 A year later the word resurfaces as a title for a watercolour painting depicting three boys looking over a fence at a fruit tree by the British artist Henry Towneley Green (1836–1899). The term, however, does not accurately describe the behaviour regulated, as we seem to be dealing here with theft of comestibles for immediate personal consumption (Mundraub); it thus has to be distinguished from ordinary theft and the law in Deut 23:25–26 makes it clear that actual theft is probably not envisaged.24 In German criminal law the statutory offence of Mundraub was abolished in 1975. Until then the offence was defined as petty larceny of food and drink or other domestic goods for immediate personal consumption or use. According to §370 Para. 1 No 5 StGB a.F Mundraub was punished by a fine up to 500 Deutschmark or six weeks imprisonment. If the offence occurred within the family it was exempt from punishment. Current German criminal law subsumes Mundraub under the category of petty larceny that is only persecuted upon request.25 In English Law the Theft Act 1968 allows the picking of fruit, mush-
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connotation of the lexeme “vineyard” (Song 1:6; 8:11–12) prompted the transposition to create a better connection to Deut 24:1–4. The problem of such a reading is, however, that Deut 24:1–4 lacks any form of even remote eroticism. Gerhard von Rad, Deuteronomy, OTL (London: SCM, 51979), 148 is convinced that the stipulation “is probably intended to express a humane custom rather than a legal rule in the narrower sense of the word.” Similarly, David L. Baker, Tight Fists or Open Hands? Wealth and Poverty in Old Testament Law (Grand Rapids: Eerdmans, 2009), 248 but with no detailed linguistic or legal explanation of the term. Other words are, of course, possible; the English translation of Gerhard von Rad’s commentary on Deuteronomy (see above) uses “pilfering,” and “foraging” might also be used, but the latter is more commonly used in connection to the search for wild food resources of animals. Reuben Hallam, Wadsley Jack or, the Humours and Adventures of a Travelling Cutler (Sheffield: J. Robertshaw, 1866), 17. See Friedrich Horst, “Der Diebstahl im Alten Testament,” in Gottes Recht: Gesammelte Studien zum Recht im Alten Testament, TB 12 (Munich: Kaiser, 1961), 167–175 at 168. On the laws regulating theft in the Laws of Hammurabi see e.g. Bernard S. Jackson, “Principles and Cases: The Theft Laws of Ḥammurabi,” in Essays in Jewish and Comparative Legal History, SJLA 10 (Leiden: Brill 1975), 64–74; David P. Wright, Inventing God’s Law: How the Covenant Code of the Bible Used and Revised the Laws of Hammurabi (Oxford: Oxford University Press, 2009), 230–264, and Pamela Barmash, The Laws of Hammurabi: At the Confluence of Royal and Scribal Traditions (Oxford: Oxford University Press, 2020), 178–183. See §248a StGB: “Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.” The Federal Court of Justice (Bundesgerichtshof) has defined a low value item as costing no more than €25.00; see Thomas Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Beck’sche Kurz-Kommentare 10 (Munich: Beck, 682021), 1731 No. 3a; current (German) jurisdiction, however, seems to move towards
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rooms, and flowers for personal but not for commercial use and defines under the rubric “propery” as follows: “A person who picks mushrooms growing wild on any land, or who picks flowers, fruit or foliage from a plant growing wild on any land, does not (although not in possession of the land) steal what he picks, unless he does it for reward or for sale or other commercial purpose” and clarifies “For purposes of this subsection ‘mushroom’ includes any fungus, and ‘plant’ includes any shrub or tree.”26 Similarly the Scottish Outdoor Access Code allows the picking of berries and mushrooms for personal consumption but again not for commercial proposes.
The law is part of a larger entity in Deuteronomy (Deut 21:10–25:19) that supplements the original kernel of legal stipulations centering on the cultic centralization of worship.27 These additional laws address various social and family concerns and are formulated as individual stipulations. Maybe Deut 23:1 triggered the insertion of Deut 23:2–26.28 Its connection to its immediate context is problematic, as Deut 23:22–24 deals with vows and Deut 24:1–4 with divorce, making a direct link difficult.29 In the larger context of Deut 23:16–26, social stipulations (Deut 23:16–17.20.25–26) are connected with religious ones (Deut 23:18–19.22–24).30 Here Deut 23:16–21 are introduced by prohibitives (לא תסגיר, לא תהיה, לא תביא, )לא תשיך, while Deut 23:23ff. begins with a כי-sentence. The catchword נֶ גֶ ר (“vow”) in Deut 23:19, 22 and the phrase לא תביא/ כי תבאin Deut 23:19 and Deut 23:25–26 connect both series of stipulations. One could further speculate whether the mentioning of “your mouth” in Deut 23:24bβ ( )אשר דברת בפיךat the end of the stipulations regarding vows prompted the addition of 23:25–26 as the aspect of eating is clearly connected to the mouth. The introduction of both stipulations in v. 25 and v. 26 is reminiscent of the historicizing introductions in Deut 17:14 and Deut 26:1, but here points to a behaviour after the entry into the promised land. It is this distant allusion that prompts interpreters to argue for “divine ownership of all property” as the reason for the stipulation and to see farmers as “only stew-
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an increase of this sum to €50.00; see Olaf Hohmann, “§248a,” in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch Vol. 4, ed. Volker Erb and Jürgen Schäfer (Munich: Beck, 2021), 1863–1868. Quoted according to https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1968/60/section/4?view=plain (last accessed, 20 May 2021); cf. §39 BNatSchG, Abs. 3: “Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen” (quoted according to https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__39.html [last accessed 22 May 2021]). See Reinhard Gregor Kratz, The Composition of the Narrative Books of the Old Testament (London: T&T Clark, 2005), 120 and the critical remarks in Eckart Otto, Gottes Recht als Menschenrecht: Rechts- und literaturhistorische Studien zum Deuteronomium, BZABR 2 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2002), 61–62. Different Achenbach, “Original Form,” 98 and in more detail Reinhard Achenbach, “Überlegungen zur Rekonstruktion des Urdeuteronomiums,” ZABR 24 (2018): 211–254 at 217–219, who treats Deut 16:18– 25:10* as part of the Deuteronomic kernel of the book of Deuteronomy; similarly, Bill T. Arnold, “Number Switching in Deuteronomy 12–26 and the Quest for Urdeuteronomium,” ZABR 23 (2017): 163–179. Georg Braulik, Die deuteronomischen Gesetze und der Dekalog: Studien zum Aufbau von Deuteronomium 12–26, SBS 145 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1991), 94–101 in his attempt to structure the legal core of Deuteronomy following the individual commandments of the Decalogue, lumps Deut 23:16– 24:7 together and subsumes these laws under the seventh commandment; followed by Karin Finsterbusch, Deuteronomium: Eine Einführung, utb 3626 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 138–139. Achenbach, “Überlegungen,” 217 n. 21 assigns Deut 23:18–19 and Deut 23: 22–24 to a later theocratic reworking. See Eckart Otto, Das Deuteronomium: Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284 (Berlin; New York: de Gruyter, 1999), 285.
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ards of land owned by YHWH, the divine patron of travellers.”31 This is probably an overinterpretation, as the stipulation is simply “a deuteronomic formulation of an old and established custom.”32 Such interpretation finds support in various instances in Numbers when – as part of failed bilateral agreements with the Edomites and Amorites – Israel promises not to go into fields and vineyards.33 Wisdom literature, however, notes exceptions to this rule when Prov 23:10b explicitly forbids entering the field of orphans ()ובשדי יתומים אל תבא.34 The vineyard has been part of legal stipulations before in Deuteronomy.35 In Deut 20:6, having recently planted a vineyard is a reason for exemption from military service, while Deut 22:9 stipulates that one shall not sow other crops in a vineyard. A little later than our passage (Deut 24:21) it is stated that one should not pick the vineyard over again as these grapes shall be left for the resident alien, orphan, and the widow. This last stipulation may help to illuminate Deut 23:25–26. If other laws specifically regulate the behaviour towards the personae miserae, we can probably assume that the addressed “you” in our passage does not belong to this group but is rather part of the Volksgemeinschaft whom – in the fictitious narrative setting of Deuteronomy – Moses begins addressing in Deut 1:1. Also Deut 24:21 clearly refers to the time of the harvest ()כי תבצר כרמך, while Deut 23:25–26 presupposes that both, the vine and the crops, are still standing as the preposition בindicates. Although the similar phrasing in Deut 16:9b (מהחל חרמש בקמה תחל לספר שבעה )שבעותsuggests that setting of Deut 23:26 is shortly before the harvest. The taking of grapes and some grain is not regarded as a damage to the property of one’s neighbour and thus has to be distinguished from stipulations like Exod 22:4–5, where the (intentional) damage done to a field ( )שדהor a vineyard ( )כרםhas to be compensated. Vineyard and (open) field are mentioned here especially because they represent the two places that are difficult to guard, though texts like Song 1:6 (בני אמי נחרו בי שמני נטרה את )הכרמיםand 2:15 ( – )אחזו לנו שועלים שועלים קטנים מחבלים כרמים וכרמינו סמדרerotic innuendos aside – seem to suggest that vineyards were guarded against intruders. As such, the law prevents passers-by becoming criminals, limits law suits, and ensures generosity. The mentioning of the vessel ( )כליand the sickle ( )חרמשis important in this respect because carrying 31 Ze’ev W. Falk, Hebrew Law in Biblical Times: An Introduction (Winona Lake: Eisenbrauns, 2001), 86; Don C. Benjamin, The Social World of Deuteronomy: A New Feminist Commentary (Cambridge: James Clark & Co, 2017), 162. 32 A.D.H. Mayes, Deuteronomy, NCB (London: Marshall, Morgan & Scott, 21991), 321. 33 See Num 20:17 (נעברה נא בארצך לא נעבר בשדה ובכרם ולא נשתה מי באר דרך המלך נלך לא נטה ימין ושמאול )עד אשר נעבר גבולךand Num 21:22 (אעברה בארצך לא נטה בשדה ובכרם לא משתה מי באר בדרך המלך נלך ;)עד אשר נעבר גבולfor a detailed analysis of both passages as part of a larger redaction-historical framework see Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 335– 344 and Nathan MacDonald, “Deuteronomy and Numbers: Common Narratives concerning the Wilderness and Transjordan,” Journal of Ancient Judaism 3 (2012): 141–165. In Deuteronomy, Israel is instructed to offer payment for food and drink; cf. Deut 2:6 (אכל תשברו מאתם בכסף ואכלתם וגם מים תכרו )מאתם בכסף ושתיתםand Deut 2:28 ()אכל בכסף תשברני ואכלתי ומים בכסף תתן לי ושתיתי רק אעברה ברגלי. 34 Cf. Alexander Rofé, Deuteronomy: Issues and Interpretation, OTS (London; New York: T&T Clark, 2002), 91–92 and Michael V. Fox, Proverbs 10–31: A New Translation with Introduction and Commentary, AB 18B (New Haven; London: Yale University Press, 2009), 730 rightly stresses that a “field untended or unprotected during the owner’s minority would be a tempting target for encroachment.” 35 ֶכ ֶרםoccurs in Deut 6:11; 20:6; 22:9; 23:25; 24:21; 28:30, 39.
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both items transforms the immediate personal consumption to satisfy hunger into a deliberate intention to commit theft.36 The two stipulations appear to regulate aspects of social life by ensuring that a fellow member of the community does not have to go hungry when walking outside or travelling and, at the same time, guarding the property of the neighbour and protecting it from theft. “These statutes are not for the benefit of the wayfarer; it is the property owner whom they see to protect.”37 A last question that needs to be considered is the nature of the status of the person entering the neighbour’s vineyard or field. Deuteronomy 23:25–26 does not specify whether he is a passer-by or a traveller.38 Josephus seems to be thinking of travelers here when he states in Ant. 4.234–237: [234] μηδὲ ὀπώρας ἀκμαζούσης κωλύειν ἅπτεσθαι τοὺς ὁδῷ βαδίζοντας, ἀλλ᾽ ὡς ἐξ οἰκείων αὐτοῖς ἐπιτρέπειν ἐμπίπλασθαι, κἂν ἐγχώριοι τυγχάνωσι κἂν ξένοι, χαίροντας ἐπὶ τῷ παρέχειν αὐτοῖς τῶν ὡραίων μεταλαμβάνειν: ἀποφέρεσθαι δ᾽ αὐτοῖς μηδὲν ἐξέστω. [235] μηδὲ τρυγῶντες ὧν ἂν εἰς τὰς ληνοὺς κομίζωσιν εἰργέτωσαν τοὺς ὑπαντιάζοντας ἐπεσθίειν: ἄδικον γὰρ ἀγαθῶν, ἃ κατὰ βούλησιν θεοῦ παρῆλθεν εἰς τὸν βίον, φθονεῖν τοῖς ἐπιθυμοῦσιν αὐτῶν μεταλαμβάνειν τῆς ὥρας ἐν ἀκμῇ τε οὔσης καὶ σπευδούσης ἀπελθεῖν: [236] ὡς τῷ θεῷ κεχαρισμένον ἂν εἴη, κἂν ὑπ᾽ αἰσχύνης τινὰς ὀκνοῦντας ἅψασθαι λαβεῖν παρακαλῶσιν, ὄντας μὲν Ἰσραηλίτας ὡς κοινωνοὺς καὶ δεσπότας διὰ τὴν συγγένειαν, ἀφιγμένους δ᾽ ἀλλαχόθεν ἀνθρώπους ξενίων τυχεῖν ἀξιοῦντας ὧν ὁ θεὸς καθ᾽ ὥραν αὐτοῖς παρέσχεν. [237] ἀναλώματα γὰρ οὐχ ἡγητέον ὅσα τις κατὰ χρηστότητα παρίησιν ἀνθρώποις λαμβάνειν, τοῦ θεοῦ τὴν ἀφθονίαν τῶν ἀγαθῶν χορηγοῦντος οὐκ ἐπὶ τῷ καρποῦσθαι μόνοις, ἀλλὰ καὶ τῷ τοῖς ἄλλοις μεταδιδόναι φιλοτίμως, καὶ βουλομένου τῷ τρόπῳ τούτῳ τὴν ἰδίαν περὶ τὸν Ἰσραηλιτῶν λαὸν εὔνοιαν καὶ τὴν χορηγίαν τῆς εὐδαιμονίας καὶ τοῖς ἄλλοις ἐμφανίζεσθαι ἐκ πολλοῦ τοῦ περιόντος αὐτοῖς κἀκείνοις μεταδιδόντων. [234] Nor, when the autumn fruit is full ripe should you prevent those walking on the road from touching it, but allow them to fill themselves as if from their own whether they happen to be natives or strangers, rejoicing at allowing them to partake of the fruits of the season; but let it not be permitted to them to carry anything away. [235] Let not the vine-strippers bar those who encounter them from eating from what they are carrying to the wine-presses, for it would be unjust to begrudge the good things that, in accordance with God’s will, have come from our sustenance to those who desire to partake of them, when the season is at its height and is hastening to pass 36 The literature on theft in the Hebrew Bible and beyond is legion; the most detailed study remains Bernard S. Jackson, Theft in Early Jewish Law (Oxford: Clarendon Press, 1972). 37 Rofé, Deuteronomy, 92. 38 Though the commentaries on the synoptic Gospels recognize a situation similar to Deut 23:25–26 (cf. e.g. Michael Wolter, Das Lukasevangelium, HNT 54 [Tübingen: Mohr Siebeck, 2008], 234), the reception of Deut 23:25–26 in e.g. Mark 2:23–28 (on the passage see Adele Y. Collins, Mark: A Commentary, Hermeneia [Minneapolis: Fortress, 2007], 201–203) does not really help to illuminate the problem as the Greek text only states: Καὶ ἐγένετο αὐτὸν ἐν τοῖς σάββασιν παραπορεύεσθαι διὰ τῶν σπορίμων, καὶ οἱ μαθηταὶ αὐτοῦ ἤρξαντο ὁδὸν ποιεῖν τίλλοντες τοὺς στάχυας and then quickly moves to the question of work on the Sabbath. By using παραπορεύομαι the Gospel chose a term which is used in the Septuagint to render ( עברsee, e.g., Deut 2:4, 13–14, 18).
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away. [236] Indeed, it would be pleasing to God if they should invite some people, who hesitated out of shame to touch [the food] – both Israelites, as associates and owners, because of their blood tie, and foreign people who happen to have come from some other place – asking them to accept the gifts that God has provided for them in season. [237] One ought not to consider as expenses that things that someone, out of generosity, permits people to take, since God grants an abundance of good things not for the enjoyment of us alone, but also so that we may share them magnanimously with others, and wishes that in this way the special good will and the supply of happiness that He feels toward the Israelite people may also be shown to others, when from much excess [of ours] they partake of them.39 He expands Deuteronomy’s stipulation by including foreigners and then concludes from the mentioning of grapes etc. in the Deuteronomistic text that the law only applies to harvest time. The aspect of harvest time is taken up by the Rabbis too, when they limit law to workers in fields and vineyards (m. B. Meṣi‘a 7:2–8; y. Ma‘aś. 2:6). Additionally, Josephus introduces voluntary gifts by the owners of the fields and vineyards so that they can share God’s abundance with others. In my opinion, Deut 23:25–26 is not concerned about the character of the person entering the field of his neighbor, since the emphasis is clearly on the responsible use of resources that may be readily available but are nevertheless not for public use.
3. Comparable Evidence from the Eastern Mediterranean As stated above, scholarship on ancient Near Eastern law has yet to discover comparable legal material that offers parallels or interpretive allusions to Deut 23:25–26. In light of this absence, I would like to look west at some laws from ancient Greece that may provide some (remote) parallels to our text from Deuteronomy. I will start in archaic Crete and then move via Thessaly to Attica before arriving at a well-known text from Plato that – since the time of the early church – has always been connected to Deut 23:25–26. We begin our survey of the epigraphic record at archaic Gortyn in Crete, a polis that offers an abundance of legal inscriptions. The law (IC 43Bb = Nomima II.70) is part of an assembly of four small legal stipulations carved into a rectangular block and now found in the northern wall of the Odeion at Gortyn. The laws are generally dated to the beginning of the fifth century BCE. The first two laws seem to belong together as the virtual identical beginning indicates (α̣ ἴ κ’ ἄλος ἀδ|ίκος and α[ἴ] κα δο͂λον ἢ | δόλαν ἀδίκος). Laws three and four differ as they begin with the divine invocation θιοί also found in several other Gortynian and Cretan inscriptions.40 39 English translation according to Louis H. Feldman, Judean Antiquities 1–4: Translation and Commentary, Flavius Josephus Translation and Commentary 3 (Leiden: Brill, 2000), 419–420. 40 In the following inscriptions from Gortyn the same invocation [θιοί] is found: IC IV 43 Ba; IC IV 51; IC IV 64; IC IV 65; IC IV 72.1; IC IV 78; and IC IV 80. For other occurrences in Crete see IC I xvi 26; IC I xvi 32. This invocation is not limited to Crete; see, e.g., IG VII 2789, 2809, 2811–2818, 2820, 3083 (Lebadeia/Boetia); LSCG 96 (Mykonos); on the origin of such invocation see Robert L. Pounder, “The Origin of θεοί as Inscription-Heading,” in Studies Presented to Sterling Dow on His Eightieth Birthday, ed. Kent J. Rigsby, GRBS Monographs 10 (Durham: Duke University Press, 1984), 243–250.
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Our law does not seem to have anything to do with the previous three legal stipulations since it does not contain any punishment but appears to be “une prescription réglementaire” that deals with questions of irrigation.41 That the question how to deal with water was a problem for the Gortynians becomes clear from two other inscriptions (IC IV 52 = Nomima II.90 and IC IV 73a = Nomima II.91) that are both a little bit later than IC IV 43Bb (generally dated around 450 BCE).
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θιοί· το͂ ποταμο͂ αἴ κα κατὰ τὸ μέττον τὰν ῤοὰν θιθῆι ῤῆν [κ]– ατὰ τὸ ϝὸν αὐτο͂, θιθεμένοι ἄ– πατον ἤμην. τὰν δὲ ῤοὰν λείπ̣ – εν ὄττον κατέκει ἀ ἐπ’ ἀγορᾶ– ι δέπυρα ἢ πλίον, μεῖον δὲ μή.
→ ←
Gods! If someone diverts the river’s water at its middle point to flow over one’s own land, he is not to be penalized for the diversion. But he is to leave the flow as large as the bridge by the agora contains or more, but not less.42
IC IV 43Bb states that it is allowed to divert water from the river to irrigate one’s own land, but one has to make sure that enough water reaches the agora, i.e. the public. The river in question, not named in the inscription, is probably the modern Mitropolianos, which ran through Gortyn.43 The lack of a threat of punishment is surprising but probably due to the nature of the resource: it would be very difficult indeed to determine who was the culprit responsible for too little water under the bridge by the agora.44 We see that the stipulation wants to regulate communal life as well as regulating the use of a commodity generally open and accessible to all and therefore difficult to control. A similar stipulation regarding the (modest) use of (public) water is also known from Attica. 1 v. deletus [․․6․․․]Λ․․․Ι̣[․․ κ]α̣ ὶ θ[ύ]εν τ̣[ῆσι] [Νύ]μ̣ φησ̣ ι κατὰ τ̣ὴ̣ν̣ μαντεία[ν τὴ]– [ν ἐ]μ̣ Πυθῶθεν· τελε͂ν δὲ ὀβολὸ[ν τ]– 5 [ὸ]ς πίνοντας το͂ Ἁλυκο͂ το͂ ἐνια̣ [υ]– [τ]ο͂ ἑκάστο ἐς τὰ ἱερὰ τῆσι Νύμ[φ]– [η]σι· ὅστις δ’ ἂν μὴ καταθῆι τὸν ὀ[β]– [ο]λόν, μὴ πινέτω το͂ Ἁλυκο͂· ἐὰν δέ τ̣ ις βιαζόμενος πίνηι, ἀποτίν– 10 ε̣ν πέντε δραχμὰς. ἐάν τις φέρη–
[… and sacrifice to the nymphs according to the oracle in Python. Those who drink from the Halykos well shall pay one obol for each year into the exchequer of the sanctuary of the nymphs. Whoever does not give the obol shall not drink from the Halykos well. If he, however, drinks by using force, he shall pay five drachmae. If somebody carries away water without
41 Henri van Effenterre and Françoise Ruzé (eds.), Nomima: Receuil d’inscriptions politiques et juridiques de l’archaïsme grec II, Collection de l’École Francaise de Rome 188 (Rome: L’erma di Brettschneider, 1995), 256. 42 English translation according to Michael Gagarin and Paula Perlman, The Laws of Ancient Crete c. 650– 400 BCE (Oxford: Oxford University Press, 2016), 310. 43 See Antonio di Vita, “Gortyn,” in The Aerial Atlas of Ancient Crete, ed. J. Wilson Myers, Eleanor E. Myers, and Gerald Cadogan (Berkeley: University of California Press, 1992), 96–103 at 97; Gagarin and Perlman, Laws, 310. 44 Cf. Reinhard Koerner, Inschriftliche Gesetzestexte der frühen griechischen Polis, Akten der Gesellschaft für griechische und hellenistische Rechtsgeschichte 9 (Cologne; Weimar; Vienna: Böhlau, 1993), 402.
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[ι] ἢ ἄγηι το͂ ὕδατος [μὴ] καταθὲς ὀ– β̣ ολόν, το͂ ἀμφορέω̣ [ς] ἑκάστο ὀφε– [ι]λέτω Γ ἱερὰς τα[ῖς] Νύμφαις vv vacat
having paid one obol for each amphora, he shall pay fifty drachmae (for each amphora) dedicated to the nymphs.]
IG I3, 256 (= LSCG 178), a law probably from the Attic deme of Lamptrai, which can be dated to 440–430 BCE, stipulates that members of the deme are allowed to drink from the well Halykos when they pay a modest annual fee of one obol.45 If one, however, wanted to remove larger amounts of water for, e.g., irrigation or to water animals this was equally possible but one was required to pay one obol for each amphora. The forceful drinking of water is punished by a fee of five drachmae. What is meant here is probably that one uses the well without having paid the fee, though ἐὰν δέ τ̣ις βιαζόμενος πίνηι may point to the use of force when gaining access to the well. The same fee is levelled for each amphora removed. The fees are payable to the sanctuary of the nymphs.46 Whether this constitutes an actual “cultic tax” as proposed by Eran Lupu is difficult to determine because the law does not say whether the well Halykos is the only well in the area.47 Again, I would argue that the law regulates the use of a public and readily accessible commodity and wants to stipulate against the egotistical overuse of the water source by individual members of the community. The next rather fragmentary law from Gortyn (IC IV 73a = Nomima II.91) regulates the handling of water in farmlands.
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[— — — — — — — — —] [c. 2 αἴ τίς] κα διαρύει ὔδορ ἐ– ς το͂ γείτονος, προ[ϝείπαντ]– [ι ἄπατον] ἔμεν αἰ μὲ διαρεῖ. αἰ δ’ ἀποϝείπαντος [διαρύοι, δ– αρκνὰν κα]ταστασεῖ κατ’ ἀμέ– ραν ὀττάκιν κα δι[αρύει vac.
If someone leads water across from his neighbour’s (property), if he asks before, he is [not to be liable] unless it flows across (his neighbour’s field?). But if [he leads it across] when he says no, he shall pay [a drachma (?)] per day as long as he leads it across. vac.48
Following Plato’s Laws 844, IC IV 73a is commonly interpreted as allowing a farmer to channel water from a higher field to a lower one. The problem that remains is the question what is actually meant by ὔδορ in line 1. Does the law refer to water from rainfall or to water from irrigation? I think that this problem cannot be solved due to the fragmentary character of the inscription and might not even be the main concern of the stipulation. As has been the case in IC IV 43Bb, the law simply wants to ensure that the relationship between neighbours does not suffer. At the same time, the law provides rules that govern behaviour in areas that
45 See the remarks on the inscription in Reinhard Koerner, “Zu Recht und Verwaltung der griechischen Wasserversorgung nach den Inschriften,” APF 22–23 (1974): 155–202 at 173–174. 46 On the management of water by sanctuaries see Giangiacomo Panessa, “Le risorse idriche dei santuari greci nei loro aspetti giuridici ed economici,” Annali della Scuola Normale Superiore di Pisa: Classe di Lettere e Filosofia III/13 (1983): 359–387. 47 Eran Lupu, Greek Sacred Law: A Collection of New Documents (NGSL), Religions in the Graeco–Roman World 152 (Leiden; Boston: Brill, 2005), 80 48 English translation according to Gagarin and Perlman, Laws, 428.
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can be geographically removed from the everyday course of events as it is probably not envisaged that a Gortynian citizen visits his fields every day. With the following law from Gortyn we move into a slightly different realm, as the law addresses the major topic of the protection of sanctuaries. “[T]here are a great number of inscriptions concerned with the protection of sanctuaries which tend to discuss concrete issues resulting from human activity, both religious and profane, on sanctuary grounds.”49 Also the law is ca. 200 years later than the previous texts (IC IV 186 = LSCG 148 = LGS II, 153). [— — — ῥά]χος καὶ φρύγανα, ἐσπρεμμίττεν δὲ τὰσχίνους· μή, μηδ’ ἐς ἀκάτιον, ἐξῆμεν ξύλα παῖεν ἀλλ’ ἢ ῥάχος κα[ὶ] φρύγανα· αἰ δὲ μή, κύριος ἔστω ὁ παρτυχὼν ἀφελόμε– νος κατὸ ἀρχαῖον. vacat
[... he is not to uproot the mastich, not to transport wood away by boat, or brush or dry branches. If (he does) not (obey), any passer-by will have the authority to turn him in as formerly.50] This law represents an example of a whole series of inscriptions known from Greece that address the problem of the protection of trees and vegetation of sanctuaries.51 “Sanctuary groves and vegetation seem to have been incessantly in danger of damage, probably being regarded as a readily available source for firewood and timber.”52 As the ending clearly states the public is encouraged to help to enforce the law. How badly trees in sanctuaries could have been damaged becomes clear from a stipulation from the oracular sanctuary of Apollo at Korope in Thessaly (LSCG 84 = IG IX/2, 1109): … ἐπεὶ τὰ ὑπάρχοντα δένδρα ἐν τῶι ἱε– ρῶι τοῦ Ἀπόλλωνος τοῦ Κοοπαίου εἰσὶν κατεφθαρμένα, ὑπολαμ– βάνομεν δὲ ἀναγκαῖον εἶναι καὶ συμφέρον γενέσθαι τινὰ πε– ρὶ τούτων ἐπιστροφήν, ὥ[στε] συ̣ ναυξηθέντος τοῦ τεμένου ἐ– πιφανεστέραν γίν[εσθαι τὴν τοῦ] τ[ό]που μεγαλομέρειαν, διὸ καὶ δε– δόχθαι τῆι βουλῆι κα̣ [ὶ τῶι δήμωι τὸν] καθεσταμένον νεωκορεῖν 10 ποιεῖν συμφανὲς [πᾶσιν τοῖς ἀεὶ π]αραγινομένοις εἰς τὸ μηθενὶ ἐξεῖναι τῶν πολ[ιτῶν μηδὲ τῶν ἐν]οικούντων μηδὲ τῶν ἐνδη– μούντων ξένων [δένδρα κόπτειν ἐν τ]ῶι διασαφουμέν τόπωι μηδὲ κο– λούειν, ὁμοίω[ς δὲ καὶ μὴ εἰσβάλλειν θ]ρέμματα νομῆς ἕνεκεν μηδὲ στάσεως· εἰ δ[έ τις κόπτοι, ἀποτίνειν τ]ῆι πόλει δραχμὰς Γ τῷ δὲ προ– 15 σαγγείλα[ντι δίδοσθαι τοῦ εἰσπραχθέ]ντος τὸ ἥμισυ παραχρῆμα παρὰ τῶν ταμι[ῶν·
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49 Lupu, Greek Sacred Law, 22. 50 English translation according to Vassilis Lambrinoudakis, Zoe Sgouleta, and Spyros Petroinakos, “3.b. Consecration, Foundations Rites,” in Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum (ThesCRA) Vol. III (Los Angeles: The J. Paul Getty Museum, 2005), 303–346 at 315. 51 See Marietta Horster, Landbesitz griechischer Heiligtümer in archaischer und klassischer Zeit, RVV 53 (Berlin; New York: W. de Gruyter, 2004), 110–120. 52 Lupu, Greek Sacred Law, 26.
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… As the trees standing in the sanctuary of Apollon Koropaios have been destroyed, we consider it necessary and useful to pay attention to this, so that when the temenos is extended the magnitude of this area is made as evident as possible. Consequently, both the council and the people have decreed that the appointed warden of the temple is to make clear to all present at any time in the shrine that neither citizens, residents nor foreigners staying in the country are allowed to cut or curtail trees in the marked area, likewise that nobody is allowed to bring domestic animals in for grazing or for a fold. In the opposite case, (the transgressor) must be fined fifty drachmas to the city, but half the obtained money must be given forthwith to the informer by the treasurers.53 Only in passing we will note that the inscription states that such laws regarding protection of trees etc. were necessary because the trees were in a pitiful state (δένδρα … κατεφθαρμένα).54 As the inscriptions states that neither citizens, nor residents or foreigners (μηθενὶ | ἐξεῖναι τῶν πολ[ιτῶν μηδὲ τῶν ἐν]οικούντων μηδὲ τῶν ἐνδη-|μούντων ξένων) are allowed to cut down trees in the sanctuary one can assume that this was common practice and the prohibition of animal grazing may add to this view. Again, the overuse of readily available resources needs to be prohibited in order to ensure the magnificence of the oracular shrine and its sanctuary.55 The last of such stipulations regarding the protection of trees within holy precincts comes from Attica and is again concerned with a shrine of Apollo – this time with the sanctuary of Apollo Erithaseos (IG II2 1363 = LSCG 37). The inscription can be dated towards the end of the fourth century BCE and it can be seen as part of a whole series of stipulations from Greece that regulate the use of land of sanctuaries.56 53 English translation according to Aslak Rostad, Human Transgression – Divine Retribution: A study of religious transgressions and punishments in Greek cultic regulation and Lydian–Phrygian propitiatory inscriptions (‘confession inscriptions’) (Oxford: Archaeopress, 2020), 191. 54 On the general issues of protecting the trees of sanctuaries see Borimir Jordan and John Perlin, “On the Protection of Sacred Groves,” in Studies Presented to Sterling Dow on His Eightieth Birthday, ed. Kent J. Rigsby, GRBS Monographs 10 (Durham: Duke University Press, 1984), 153–159. 55 A law from fifth century Paros (LSCG 111 = IG XII 5.108) forbids the cutting of trees in the sanctuary unless it is done for construction works within the holy precinct, and, again, the public is encouraged to report transgressions: - - - - - - -]ος ἐχ[φ]έρ[εν] [μηδὲ . . . . . . ἐξε͂]ν̣αι κόπτεν ὅτ[ο μὴ χρέα πρὸ]ς ̣ τὸ ἱερὸν οι̣[̓ κοδό][μημα· ἢν δέ τ]ίς τι τούτων παρίη[ι] 5 [φηνάτ]ω ὁ θέλων πρὸς θεορ[ὸς καὶ] σχ̣έτω τὸ ἥμισυ· τὸν δὲν[εωκ]όρον ἐξορκ(ό)ντων θεορ[οὶ ἤ]ν τινα ἴδηι κόπτοντα πὰρ τ[ὰ] ἐκγινόμενα κατερε͂ν πρὸς τ10 [ὸ]ς θεορός. A fifth century law from Cos (LSCG 150) levels the hefty fine of 1000 drachmas (χιλίας δραχμὰς ἀποτεισάτω) against anyone who cuts down the cypresses inside the temenos and labels the offender “impious in respect of the shrine” (καὶ τὸ ἱαρὸν ἀσεβείτω; English translation according to Parker, “What are Sacred Laws?,” 58) but, again, allows doing so for public works. At the same time, the law implies that the assembly decreed the law. 56 See also LSCG 91.9–12 = IG XII/9.90 (Tamynai in Euboea). Here a fine of 100 drachmae is imposed for cutting and carrying away wood and the grazing of animals would result in the confiscation of the
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θεοί. ὁ ἱερεὺς τοῦ Ἀπόλλωνος τοῦ Ἐριθασέου π[ρ]– οαγορεύει καὶ ἀπαγορεύει ὑπέρ τε ἑαυτ[οῦ] καὶ τῶν δημ[ο]τῶν καὶ τοῦ δήμου τοῦ Ἀθηνα[ί]– 5 ων μὴ κόπτειν τὸ ἱερὸν τοῦ Ἀπόλλωνος μηδὲ [φ] έρει ξύλα μηδὲ κοῦρον μηδὲ φρύγανα μηδ[ὲ] φυλλό[β]ολα ἐκ τοῦ ἱεροῦ· ἂν δέ τις ληφθεῖ [κ]– όπτων ἢ φέρων τι τῶν ἀ[π]ειρημένων ἐκ τοῦ [ἱ]– εροῦ, ἂν μὲν δοῦλος εἶ ὁ λη[φ]θείς, μαστιγώ[σ]– 10 εται πεντήκοντα πληγὰς καὶ παραδώσει [α]– ὐτὸν καὶ τοῦ δεσπότου τοὔνομα ὁ ἱερεὺς [τ]– ῶι βασιλεῖ καὶ τεῖ βουλεῖ κατὰ τὸ ψήφισ[μ]– α τῆς βουλῆς καὶ τοῦ δήμου τοῦ Ἀθηναίων· ἂν δὲ ἐλεύθερος εἶ, θω̣άσει αὐτὸν ὁ ἱερεὺ[ς] 15 μετὰ τοῦ δημάρχου πεντήκοντα δραχμαῖς καὶ παραδώσει τοὔνομα αὐτοῦ τῶι βασιλ[εῖ] καὶ τεῖ βουλεῖ κατὰ τὸ ψήφισμα τῆς βου[λ]– ῆς καὶ τοῦ δήμου τοῦ Ἀθηναίων. vacat
Gods. The priest of Apollo Erithaseos announces and forbids on behalf of himself and the demesmen and the Athenian People, 5 that in the sanctuary of Apollo there be any cutting or carrying out of the sanctuary of wood or branches with leaves or firewood or fallen leaves; and if anyone is caught cutting or taking any of the forbidden items from the sanctuary, if the person caught is a slave, he will be flogged 10 with fifty lashes of the whip and the priest will hand him over, with the name of his master, to the king and the Council in accordance with the decree of the Athenian Council and People; and if he is a free man, the priest, 15 together with the demarch, will fine him fifty drachmas and will hand over his name to the king and the Council in accordance with the decree of the Athenian Council and People. vacat 57 The law is also concerned with the protection of trees in a sanctuary – this time the sanctuary of Apollo Erithaseos. The stipulation is endorsed by the local priests and the members of the animals: vacat | ἀποτίνειν δὲ ἐὰμ μὲν κείρω[ν] | ἢ φέρων ἁλοῖ, ἑκατὸν δραχμ- | άς· ἐὰν δὲ βόσκων ἢ εἰρελῶν, | στερέσθω τοῦ βοσκήματος. 57 English translation according to https://www.atticinscriptions.com/inscription/IGII2/1362 (Stephen Lambert and Feyo Schuddeboom; last accessed 19 May 2021).
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deme and the people of Athens who most likely frequented the sacred place. The formulation, however, seems to suggest that the sanctuary of Apollo Erithaseos was also visited by “pilgrims” from outside Athens and her deme. The law forbids the cutting down of trees in the sanctuary as well as the removal of wood, twigs, leaves, etc. from it. This distinction is necessary as it implies that even the things on the ground shall not be removed. A reason for the prohibition is not given but one could speculate that the wood is the property of Apollo and thus can only be used by his priests. As is common in several Greek laws, the individual enactment distinguishes between slaves and full citizens as far as the punishment is concerned. The culprit has to be caught in flagrante delicto and – if he is a slave who will then be flogged – his owner bears some responsibility for his behaviour. Whether the owner is then also fined remains unclear as the law only regulates the case that a free person is caught in the act of cutting down wood or carrying twigs, wood, and leaves away. In a final step let us now turn to some literary evidence. A lengthy passage from Book 8 of Plato’s Laws has always been mentioned in connection with Deut 23:25–26.58 As far as I am aware, Eusebius from Caesarea was the first to link Laws 845a5–b7 to Deut 23:25–26 and from here it found its way into the commentaries.59 The passage has to be seen in the larger context of Plato’s regulation of theft – a highly complex issue that cannot be addressed in this essay.60 The passage in Book 8 of the ideal 58 The literature on Plato’s Laws is legion see, e.g., Marcel Piérat, “Retour sur les Lois de Platon,” in Le législateur et la loi dans l’Antiquité: Hommage à Françoise Ruzé, ed. Pierre Sineux (Caen: Presses universitaires de Caen, 2005), 37–48 and Eberhard Ruschenbusch, “Platons Gesetze als Beispiel für ein griechisches Gesetzbuch,” in Σύμμεικτα προς τιμήν Παναγιώτη Δ. Δημάκι Αρχαία δίκαια και κοινωνία – Mélanges en l’honneur Panayotis D. Dimakis, Droits antiques et société (Athens: Sakkulas, 2002), 565– 568. 59 Praeparatio Evangelica XIII 21, 12–13 [Greek text in GCS 43/2]. See, e.g., Jeffrey H. Tigay, Deuteronomy, JPS Torah Commentary (Philadelphia: Jewish Publication Society, 1996), 219. For a comparison between Deuteronomy and Plato’s Laws, see Otto Kaiser, “Das Deuteronomium und Platons Nomoi: Einladung zu einem Vergleich,” in Liebe und Gebot: Studien zum Deuteronomium, ed. Reinhard Gregor Kratz and Hermann Spieckermann, FRLANT 190 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000), 60–79; Eckart Otto, “Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie in Platons NOMOI und in der biblischen Tora des Buches Deuteronomium. Erster Teil: Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie in Platons NOMOI,” ZABR 24 (2018): 255–293 and Eckart Otto, “Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie in Platons NOMOI und in der biblischen Tora des Buches Deuteronomium. Zweiter Teil: Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie Buch Deuteronomium,” ZABR 26 (2020): 161–234. 60 On the problem see Trevor Saunders, “Plato and the Athenian law of theft,” in Nomos: Essays in Athenian Law, Politics and Society, ed. Paul Cartledge, Paul Millet, and Stephen Todd (Cambridge: Cambridge University Press, 1990), 63–82 and David Cohen, Theft in Athenian Law, Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 74 (Munich: C.H. Beck, 1983), 116–130. The rule that seems to govern Plato’s attitude to the picking of fruits is stated clearly in 844e: τῷ μὴ κινεῖν ὅτι μὴ κατέθετο (cf. 913c7–d1 ἃ μὴ κατέθου, μὴ ἀνέλῃ). As a result, any form of taking fruits that do not belong to oneself is regarded as theft. This attitude has a parallel in the Laws of Manu, where we read in Book 8: “(330) For flowers, green grain, shrubs, creepers, and trees, and other unwinnowed (grain), the fine should be five ‘berries’. (331) For winnowed grain, vegetables, roots, and fruits, the fine should be a hundred (pennies) if there is no connection, but half a hundred (pennies) if there is a connection.” A little later, however, Manu decrees “that it is not theft to take roots and fruits from trees, wood in order to make a fire, and grass as fodder to feed cows.” English translation according to Wendy Doniger, The Laws of Manu (London: Penguin, 1991), 187–188.
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constitution for the practical utopia in Magnesia that will be governed by the law fuses regulations about agricultural life with theft from fields and the sharing of fruits. It is in this context that “scrumping” surfaces. Despite the often-quoted parallels to the law in Deut 23:25–26, there are significant differences that matter and indicate that Plato is indeed a forerunner to the interpretation found later in Josephus.61 Scrumping is only allowed for the foreigner who travels in the country:62 ἐὰν δὲ ξένος ἐπιδημήσας ὀπώρας ἐπιθυμῇ φαγεῖν διαπορευόμενος τὰς ὁδούς, τῆς μὲν γενναίας ἁπτέσθω, ἐὰν βούληται, μεθ᾽ ἑνὸς ἀκολούθου χωρὶς τιμῆς, ξένια δεχόμενος, τῆς δὲ ἀγροίκου λεγομένης καὶ τῶν τοιούτων ὁ νόμος εἰργέτω μὴ κοινωνεῖν ἡμῖν τοὺς ξένους· ἐὰν δέ τις ἀίστωρ ὢν αὐτὸς ἢ δοῦλος ἅψηται, τὸν μὲν δοῦλον πληγαῖς κολάζειν, τὸν δὲ ἐλεύθερον ἀποπέμπειν νουθετήσαντα καὶ διδάξαντα τῆς ἄλλης ὀπώρας ἅπτεσθαι τῆς εἰς ἀπόθεσιν ἀσταφίδος οἴνου τε καὶ ξηρῶν σύκων ἀνεπιτηδείου κεκτῆσθαι.
If a foreigner visiting the country wants to eat some fruit as he walks along the roads, he shall help himself (he and one servant) to the quality fruit, if he chooses, without paying for it, as a matter of hospitality; as for the ordinary fruit we referred to, and things of that kind, the law shall prohibit foreigners from sharing these with us. And if one of them helps himself, in ignorance of this rule, either he in person or his slave, then, if it is the slave, they shall punish him with a whipping, and if it is the free man, they shall dismiss him with a rebuke, and instructions by all means to help himself to the rest of the fruit harvest which does not lend itself to storing for the production of raisin wine or dried figs.63
Also certain fruits such as those which are dried, stored or used for wine are excluded. As such the Platonic regulation seems to reflect the common Greek custom of xenophilia.64 The passage in Laws 8 seems to stress that this rule is more of an exception as it is carefully distinguished from other offences that constitute theft.
61 See the detailed discussion of the differences in Eberhard Klingenberg, Platons ΝΟΜΟΙ ΓΕΩΡΓΙΚΟΙ und das positive griechische Recht, Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 17 (Berlin: J. Schweitzer, 1976), 160–164. 62 On the status of foreigners in Plato’s Laws, see Klaus Schöpsdau, “Der soziale und rechtliche Status der Fremden im Staatsentwurf der platonischen Nomoi,” in Xenophobie – Philoxenie: Vom Umgang mit Fremden in der Antike, ed. Ulrike Riemer and Peter Riemer, Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge 7 (Stuttgart: Steiner, 2005), 115–130. 63 Plato, Leg. 8 (845a–b); English translation according to Malcom Schofield and Tom Griffith, Plato – Laws, Cambridge Texts in the History of Political Thought (Cambridge: Cambridge University Press, 2016), 315. 64 Cf. Klaus Schöpsau, Platon Nomoi (Gesetze) Buch VIII–XII, Platon Werke IX/2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011), 230.
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Anselm C. Hagedorn
4. Conclusion In my opinion Deut 23:25–26 is not a stipulation for the needy, as numerous other laws in Deuteronomy address the problem of the so-called personae miserae.65 Rather, the law wants to regulate social relations between neighbors and is therefore to be seen in the context of the Bruderethik of Deuteronomy. The survey of the comparable epigraphic and literary evidence from ancient Greece has shown that it is difficult to uncover exact matches, as the often quoted parallel from Plato’s Laws seems to foreshadow a later interpretative development of the law in Deut 23:25–26. The general concern, however, with the protection of property that is readily available and cannot be guarded successfully is well known to Greek lawgivers. Greek laws seem to focus on the sanctuaries here whose plots of land were used for the scrumping of wood (and also for the grazing of animals). In addition, the polis of Gortyn regulates the use of public water as well as the channelling of water through the field of a neighbor. In my opinion, all these laws – just as Deut 23:25–26 – are concerned with the economic balance, as they ensure that individual members of a society do not take advantage of resources that either belong to a “neighbour” or the divinity or should be available to all. Though a concrete fraternal ethic cannot be detected in Greek law due to the geographically and literarily diverse traditions, we may be able to argue that Greek legal thinking can be seen as intersecting moral and political universes.66 In this respect, Deut 23:25–26 can be illuminated by evidence that appears remote at first sight. At the same time, the biblical text may help to uncover some further aspects of Greek law, since both cultural realms “were part of a network of economic, political and cultural interrelations over a long period from at least the Bronze Age until the Hellenistic and Roman periods.”67
Abbreviations of Greek Inscriptions: IC IG LGS LSCG Nomima
Margarita Guarducci (ed.), Inscriptiones Creticae: Opera et Consilio Friderici Halbherr Collectae I–IV. Rome: La Libreria dello Stato, 1935–1950. Inscriptiones Graece Johannes von Prott and Ludwig Ziehen (eds.), Leges Graecorum Sacrae e Titulis Collectae I–II. Leipzig: Teubner, 1896–1906. Franciszek Sokolowski, Lois sacrées des cites greques. École Française d’Athènes Traveau et Memoires 18. Paris: de Boccard, 21969. Henri van Effenterre and Françoise Ruzé (eds.), Nomima: Receuil d’inscriptions politiques et juridiques de l’archaïsme grec I–II. Collection de l’École Française de Rome 188. Rome: L’erma di Brettschneider, 1994–1995.
65 Against Frank Crüsemann, Die Tora: Theologie und Sozialgeschichte des alttestamentlichen Gesetzes (Munich: Kaiser, 1992), 272–273 and Eckart Otto, Theologische Ethik des Alten Testaments, Theologische Wissenschaft 3/2 (Stuttgart: Kohlhammer, 1994), 188. 66 See, e.g., Vincent Farenga, Citizen and Self in Ancient Greece: Individuals Performing Justice and the Law (Cambridge: Cambridge University Press, 2006). 67 Achenbach, “Leges Sacrae,” 13.
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Gott erkennen nach Deuteronomium 29 Reettakaisa Sofia Salo1
Im kurzen Geschichtsrückblick Dtn 29,1–8 ruft Mose den Israeliten in Erinnerung, was Jahwe für sie getan hat. In nur wenigen Versen wird behandelt, wie Jahwe die Israeliten aus dem Land Ägypten und anschließend vierzig Jahre lang in der Wüste geführt hat. Zuletzt wurde das Ostjordanland erobert und drei Stämmen als Erbteil verteilt. Die geschilderten Ereignisse werden unterschiedlich begründet. Nach V. 8 zielt der Rückblick auf die Heilstaten darauf, dass die Israeliten den Bund mit Jahwe halten und nach den Worten des Bundes handeln. V. 5 verbindet die Wüstenwanderung mit der Gotteserkenntnis der Israeliten, was in einem Widerspruch zu V. 3 zu stehen scheint. Im folgenden Beitrag wird untersucht, ob und wie die Israeliten Jahwe erkennen können, und was die Aussagen über die Gotteserkenntnis innerhalb der Perikope bedeuten.
1. Literarkritische Analyse von Dtn 28,69–29,82 (69) Dies sind die Worte des Bundes, von dem Jahwe Mose befohlen hatte, (ihn) mit den Israeliten im Land Moab zu schließen, neben dem Bund, den er mit ihnen am Horeb geschlossen hatte. (1) Und Mose rief das ganze Israel (zusammen) und sprach zu ihnen: „Ihr, ja ihr habt alles gesehen, was Jahwe vor euren Augen im Land Ägypten dem Pharao und allen seinen Dienern und seinem ganzen Land getan hat – (2) die großen Versuchungen, die deine Augen gesehen haben, jene großen Zeichen und Wunder – (3), ABER JAHWE HAT EUCH WEDER EIN HERZ GEGEBEN, DASS IHR ERKENNEN WÜRDET, NOCH AUGEN, DASS IHR SEHEN WÜRDET, NOCH OHREN, DASS IHR HÖREN WÜRDET, BIS ZU DIESEM TAG. – (4) Und ich3 habe euch vierzig Jahre in der Wüste geführt. Eure Kleider sind an euch4 nicht
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Es ist mir eine große Freude und Ehre, diesen Beitrag Reinhard Achenbach widmen zu dürfen. Mit meinem Versuch, unsere Forschungsinteressen miteinander zu verbinden, möchte ich ihm herzlich für seine Unterstützung und Freundschaft danken: Während der Jahre ist er von einem Doktorvater zu einem Familienmitglied geworden. Legendum: Grundschicht (Bundesschluss + Exodus); erste Erkenntnisfortschreibung (Wüstenwanderung); ZWEITE ERKENNTNISFORTSCHREIBUNG (fehlende Erkenntnis). Fortschreibung (Ostjordanland); weitere Glossierungen. Im Allgemeinen gehe ich davon aus, dass der MT in diesen Versen den ursprünglichen Text enthält. Zu den markantesten Abweichungen in der LXX s. die Anmerkungen z. St. Die LXX hat die Verbform in der 3. m. sg. und harmonisiert dadurch mit dem Kontext. Der Smr und 4QDeutl unterstützen den MT, der die lectio difficilior enthält. Die Wendung מעליכםhat keine Entsprechung in der LXX. Der MT und der Smr bezeugen wahrscheinlich den ursprünglichen Text, denn die LXX übersetzt den Vers auch an anderen Stellen etwas freier. Vgl. John W. Wevers, Notes on the Greek Text of Deuteronomy, SCSt 39 (Atlanta: Scholars Press, 1995), 463.
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verbraucht worden, und deine Sandale ist an deinem Fuß nicht verbraucht worden.5 (5) Brot habt ihr nicht gegessen und Wein oder Bier habt ihr nicht getrunken, damit ihr erkennt, dass ich6 Jahwe, euer Gott bin. – (6) Und als ihr an diesen Ort angekommen wart, sind Sihon, König von Heschbon und Og, König von Baschan hinausgezogen, um uns im Krieg zu begegnen, und wir haben sie geschlagen. (7) Und wir haben ihr Land genommen und es den Rubenitern und den Gaditern und der Hälfte des Stammes der Manassiter zum Erbteil gegeben. (8) So bewahrt die Worte dieses Bundes und handelt danach, damit ihr Erfolg habt mit allem, was ihr tut.“ Wegen der zahlreichen Personen- und Themenwechsel wirkt der Abschnitt Dtn 29,1–8 inkohärent,7 was eine mehrstufige Entstehungsgeschichte wahrscheinlich macht. Nach der Überschrift in Dtn 28,69 und der Redeeinleitung in Dtn 29,1a beginnt die Moserede in V. 1b damit, dass die Israeliten in der 2. m. pl. angeredet werden. Verse 1b–3 beziehen sich auf den Exodus: V. 1–2 schildern die Taten Jahwes im Land Ägypten, welche die Israeliten gesehen haben. Vers 3 thematisiert die fehlende Erkenntnisfähigkeit der Israeliten und erläutert, warum die Erkenntnis über diese Ereignisse ausgeblieben ist. Dadurch, dass die Ereignisse hier nicht nur genannt, sondern in ihrer Bedeutung reflektiert werden, befindet sich V. 3 auf einer anderen Ebene als V. 1b–2.8 Die Wendung „ עד היום הזהbis zu diesem Tag“ unterstreicht die gewonnene zeitliche Distanz zu den Zeichen und Wundern in Ägypten und schließt die thematische Einheit von V. 1–3 als eine Art Schlussformel ab. Auch V. 2 fällt in seinem Kontext auf, denn hier wird Israel in der 2msg angesprochen.9 Bemerkenswert ist die Tatsache, dass laut V. 2 „deine Augen“ die Zeichen und Wunder gesehen haben, was aber im folgenden Vers verneint wird: Jahwe hat den Israeliten – hier wieder in der 2mpl angeredet – keine Augen gegeben, dass sie sehen würden. Im Licht dieser Beobachtungen ist wahrscheinlich, dass Dtn 29,1–3 in drei Stufen entstanden ist. Die Grundschicht kann in V. 1 gefunden werden. Der Vers ist in sich kohärent und fasst die Rettung der Israeliten aus Ägypten als Ganzes zusammen. Vers 2 erweist sich als Glossierung, die mit V. 1 darin übereinstimmt, dass die Israeliten in diesen Versen die Taten Jahwes in Ägypten gesehen haben. Die „großen Versuchungen“ ( )המסות הגדלתund „jene großen Zeichen und Wunder“ ( )האתת והמפתים הגדלים ההםpräzisieren das schlichte „ כל־אשרalles, was“ in V. 1 und füllen es mit mehr Inhalt. Dass die Ereignisse als Versuchungen wahrgenommen werden, setzt den Vers theologisch von V. 1 ab. In V. 1 sind die 5 6 7 8
9
Die LXX hat V. 4bβ in der 2. m. pl., was eine Harmonisierung mit dem Kontext darstellen dürfte. Die LXX verändert mit Ausnahme der Manuskripte 426–707 die 1. sg. in die 3. sg., wobei unterschiedliche Varianten belegt sind. Der Smr, 4QDeutl, Aeth und Arm unterstützen den MT. Vgl. o. Vgl. die zusammenfassenden Bemerkungen in Lothar Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, WMANT 36 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1969), 27 und Eduard Nielsen, Deuteronomium, HAT I/6 (Tübingen: Mohr, 1995), 263. Vgl. Reinhard Müller, „A Heart to Understand: Deuteronomy 29:3 and the Recognition of the Divine,“ in Tzedek, Tzedek Tirdof: Poetry, Prophecy, and Justice in Hebrew Scripture: Essays in Honor of Francis Landy on the Occasion of his 70th Birthday, ed. Andrew C. Gow und Peter Sabo, (Leiden; Boston: Brill, 2017), 211–220, hier 212–213. Auch Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, 2., völlig umgearbeitete Aufl., HKAT 3,1, (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1923), 155; Gustav Hölscher, „Komposition und Ursprung des Deuteronomiums,“ ZAW 40 (1922): 161–255, hier 223(Anm. 2); Nielsen, Deuteronomium, 263 empfinden den Numeruswechsel als störend.
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Taten Jahwes positiv dargestellt, was dem Bild im Buch Exodus entspricht.10 Vers 2 impliziert, dass die Israeliten sich in Ägypten falsch verhalten haben (können), was in der Exoduserzählung nicht thematisiert wird.11 Vers 3 ist durch den inhaltlichen Widerspruch zum vorangehenden Kontext als eine Fortschreibung erkennbar. Durch die Anrede der Israeliten schließt der Vers formal besser an V. 1 als an V. 2 an, was dafür sprechen könnte, dass V. 3 älter als V. 2 sein könnte. Da V. 3 jedoch dem Rest der Perikope widerspricht, ist es wahrscheinlicher, dass V. 3 erst nach V. 2 ergänzt wurde.12 Verse 4–5 setzen sich vom vorangehenden Kontext durch Orts- und Personenwechsel ab. Anstatt der Ereignisse im Land Ägypten wird jetzt die Wüstenwanderung geschildert. In der 1csg spricht Jahwe selbst, was einen Bruch zu V. 1b–3 darstellt. Der Personenwechsel ist nicht eingeleitet worden.13 Verse 4–5 haben einen ähnlichen Aufbau wie V. 1b–3: Beide Abschnitte fangen mit einem Bericht über persönlich erlebte Heilserfahrungen der angeredeten Israeliten an und schließen mit einer reflektierenden Erkenntnisaussage ab.14 Vers 5 unterscheidet sich von V. 3 durch den Erkenntnisgegenstand. Hier sollen die Israeliten Jahwe als ihren Gott erkennen, nicht die Bedeutung seiner Taten. Auch werden hier keine Voraussetzungen der Erkenntnis genannt, und die Israeliten sind wenigstens theoretisch in der Lage, zur Erkenntnis zu gelangen. Die inhaltlichen und formalen Unterschiede lassen vermuten, dass V. 3 und 5 nicht von einer Hand stammen und dass V. 3 später als V. 4–5* ist.15 Innerhalb von V. 4–5 fällt auf, dass V. 4bβ in 2. m. sg. formuliert ist und die Verneinung, das Verb בלהsowie die Präposition מעלwiederholt. Dies könnte auf eine spätere Glossierung hinweisen.16 Nachdem die Erkenntnisformel in V. 5b die Wüstenthematik abgeschlossen hat, setzt V. 6 neu ein mit einem Ortswechsel zu „diesem Ort“ ()המקום הזה. Der literarische Bruch wird untermauert durch die neue Personenkonstellation. Die Könige Sihon und Og werden eingeführt, und Mose spricht über sich selbst und die Israeliten in der 1. c. pl. in V. 6b–7. Vers 6 bezieht sich auf die Eroberung des Ostjordanlandes, und V. 7 erläutert, wie das Gebiet den Stämmen Ruben, Gad und Manasse zugeteilt wurde. Diese Fortschreibung vervollständigt die Etappen des Geschichtsüberblicks und setzt wahrscheinlich V. 4–5 schon voraus. 10 Vgl. Ex 19,4; ähnlich auch Jos 23,3. 11 Vgl. Ez 20,1–9, wo den Israeliten vorgeworfen wird, dass sie den Götzen Ägyptens gedient haben. Dtn 29,2 hat eine wörtliche Parallele in Dtn 7,19 und dürfte davon beeinflusst worden sein (so auch Reginaldo Gomes de Araújo, Theologie der Wüste im Deuteronomium, ÖBS 17 [Frankfurt am Main; Bern; New York; Paris: Peter Lang, 1999], 292; Nielsen, Deuteronomium, 265). Vgl. auch Dtn 7,18 mit Dtn 29,1. Es ist ebenso unwahrscheinlich, dass Jahwe die Ägypter versucht hätte. 12 Vgl. auch die Tatsache, dass V. 2 die Augen nennt und V. 3 Herz, Augen und Ohren. 13 Die Harmonisierungen in der LXX zeigen, dass der unvermittelte Personenwechsel schon in der Antike als problematisch empfunden wurde. 14 Auf eine Parallelität weist auch Norbert Lohfink, „Der Bundesschluß im Land Moab: Redaktionsgeschichtliches zu Dt 28,69–32,47,“ BZ 6 (1962): 32–56, hier 37 hin, auch wenn er dies als eine „bewußte stilistische Technik“ (Anm. 24) bewertet. 15 So auch Thomas Krüger, „Das menschliche Herz und die Weisung Gottes: Elemente einer Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der Tora-Rezeption im Alten Testament,“ in Das menschliche Herz und die Weisung Gottes: Studien zur alttestamentlichen Anthropologie und Ethik, ed. Thomas Krüger, (Zürich: Theologischer Verlag Zürich, 2009), 107–136, hier 124. Zum Bruch zwischen 3.4–5 vgl. auch Müller, „Heart,“ 214. 16 Vgl. Nielsen, Deuteronomium, 265.
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Reettakaisa Sofia Salo
Schwieriger ist es, V. 2 und V. 6–7 in eine Reihenfolge zu bringen, da sie unterschiedliche Vorlagen haben und verschiedene Aspekte zur Sprache bringen.17 Vermutlich sind V. 6–7 jedoch älter als V. 3. Vers 8 redet die Israeliten wieder in der 2. m. pl. an und mahnt sie, die Worte dieses Bundes ( )דברי הברית הזאתzu bewahren, vgl. die Worte des Bundes ( )דברי הבריתin Dtn 28,69.18 Die Konsekutivformen von V. 8 schließen nicht besonders gut an V. 6–7 an, dafür aber an V. 1, der dadurch deutlich als Vorgeschichte des Bundesschlusses hervortritt, oder auch in einer späteren Textfassung an V. 5. In jedem Fall bildet V. 8 in der jetzigen Textfassung den Abschluss des Geschichtsrückblicks, der die Israeliten daran erinnert, dass Jahwe sich in der Vergangenheit mit Erfolg für sie eingesetzt hat und dass es sich dementsprechend lohnt, an seinem Bund festzuhalten und dessen Worte zu bewahren. Gleichzeitig leitet V. 8 über zum Bundesschluss in V. 9–11*.19
2. Dtn 8,1–6* als Hintergrund von Dtn 29,4–5 Dass Dtn 29,4–5 in ihrem Kontext auffallen, ist in der Forschung schon lange gesehen worden. Häufig wird hier eine spätere Fortschreibung postuliert. Die Verse haben ihre nächste Parallele in Dtn 8,1–6*, der zumeist als der gebende Text gesehen wird.20
2.1 Dtn 8,1–621 (1) Das ganze Gebot, das ich dir heute gebiete, sollt ihr bewahren, um (danach) zu handeln, damit ihr lebt und zahlreich werdet und hineingeht und das Land, das Jahwe euren Vätern geschworen hat, in Besitz nehmt. (2) Und denke an den ganzen Weg, auf dem Jahwe, dein Gott, dich in der Wüste geführt hat – dies waren vierzig Jahre22 –, damit du dich demütigst, um dich zu versuchen, um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote 17 Dtn 29,6–7 ist offenbar von Dtn 3,1–13 her inspiriert; vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 155–156; Gomes de Araújo, Theologie, 304–306. Zu Dtn 29,4–5 s.u. 18 Vgl. Eckart Otto, Deuteronomium 12–34: Zweiter Teilband: 23,16–34,12, HThKAT (Freiburg [Br.]: Herder, 2017), 2038. 19 Vgl. auch Otto, Deuteronomium 12–34, 2038. 20 Vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 155–156; Hölscher, „Komposition,“ 223(Anm. 2); Walther Zimmerli, „Erkenntnis Gottes nach dem Buche Ezechiel,“ in Gottes Offenbarung: Gesammelte Aufsätze zum Alten Testament, ed. Walther Zimmerli (München: Kaiser Verlag, 1963), 41–119, hier 66; Reinhard Achenbach, Israel zwischen Verheißung und Gebot: Literarkritische Untersuchungen zu Deuteronomium 5–11, EHS.T 422 (Frankfurt am Main; Bern; New York; Paris: Peter Lang, 1991), 313(Anm. 24).317; Gomes de Araújo, Theologie, 298; Nielsen, Deuteronomium, 105–106.265; Timo Veijola, Das 5. Buch Mose. Deuteronomium. Kapitel 1,1–16,17, ATD 8,1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 221(Anm. 600); Otto, Deuteronomium 12–34, 2030.2055–2056. 21 Legendum: Grundschicht (Israel in der Wüste); Gebotsparänesen und -fortschreibungen; FORTSCHREIBUNG (allgemeine anthropologische Aussage); weitere Glossierungen. Ich gehe im Allgemeinen davon aus, dass der MT in diesen Versen den ursprünglichen Text enthält. Zu den markantesten Abweichungen in der LXX s. die Anmerkungen z. St. 22 Die Wendung fehlt in der LXX und dürfte eine spätere, von V. 4 inspirierte Fortschreibung darstellen. Vgl. Wevers, Notes, 144.
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Gott erkennen nach Deuteronomium 29
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bewahrst oder nicht. (3) Und er demütigte dich und er ließ dich hungern und er gab dir das Manna zu essen, das du nicht kanntest und (das)23 deine Väter nicht gekannt hatten, DAMIT ER DICH ERKENNEN LIEß, DASS DER MENSCH NICHT VOM BROT ALLEIN LEBT, SONDERN VON ALLEM, WAS DER MUND JAHWES HERAUSBRINGT, LEBT DER MENSCH. (4) Deine Kleidung ist an dir nicht verbraucht worden, und dein Fuß ist nicht angeschwollen – dies waren vierzig Jahre –, (5) dass du mit deinem Herzen erkennst, dass Jahwe, dein Gott dich erzieht, wie ein Mann seinen Sohn erzieht, (6) dass du die Gebote Jahwes, deines Gottes bewahrst, um in seinen Wegen zu gehen und ihn zu fürchten. Mit Reinhard Achenbach dürfte die Grundschicht von Dtn 8,1–6 in V. 2a*(ohne זה ארבעים )שנה.3aα*(ohne )אשר לא־ידעת.4a.5 zu finden sein.24 Dieser Text ist an Israel in der 2. m. sg. gerichtet und ermutigt die Israeliten dazu, sich an die Wüstenwanderung zu erinnern (V. 2). Jahwe habe sie dort gedemütigt, um sie zu erziehen (V. 3.5), sie aber auch mit dem Notwendigen versorgt (V. 3–4). Verse 1.6 rahmen die Grundschicht und verbinden diese mit dem Motiv der Gebote Jahwes, welche die Israeliten halten sollen.25 In V. 2b wird unterschiedlich begründet, warum Jahwe Israel in der Wüste geführt hat. Der Ausdruck למען ענתךnimmt den Beginn von V. 3 vorweg und verändert das Subjekt und den Stamm des Verbs.26 Der Rest von V. 2b* übernimmt und verwandelt die Erkenntnisthematik von V. 5, die hier mit den Geboten verbunden wird. Diese Fortschreibung gehört vermutlich zu demselben Kontext wie V. 1 und 6.27 Vers 3b wechselt von einer innerisraelitischen Situation zu einer allgemeinen anthropologischen Aussage und fällt in seinem Kontext zudem durch den Ausdruck „Mund Jahwes“ ()פי־יהוה auf.28 Die Zeitangaben über die vierzig Jahre in V. 2 und 4 sind syntaktisch schlecht angebunden und stellen vermutlich spätere Glossierungen dar.29 Dass die angesprochene Gen23 Der Ausdruck לא ידעת וhat keine Entsprechung in der LXX und sollte wegen einer Parablepsis ausgefallen sein. Vgl. Wevers, Notes, 145–146. 24 Vgl. zusammenfassend Achenbach, Israel, 314.320. August Dillmann, Die Bücher Numeri, Deuteronomium und Josua, KAH 13, 2. Aufl. (Leipzig: Hirzel, 1886), 275 sieht ähnlich die „Grundermahnung des Abschnitts“ u.a. in V. 2–3.5. 25 Dtn 8,1.6 gehören zu gebotsparänetischen Bearbeitungen in Dtn, s. Achenbach, Israel, 309–11.319–320. Auch Steuernagel, Deuteronomium, 81 und Lothar Perlitt, „Wovon der Mensch lebt (Dtn 8,3b),“ in Deuteronomium-Studien, ed. Lothar Perlitt (Tübingen: Mohr, 1994), 74–96, hier 406 (Anm. 13).410 scheiden die Verse aus. Filemon A. Puukko, Das Deuteronomium: Eine literarkritische Untersuchung, BWAT 5 (Leipzig: Hinrichs, 1910), 153–154; Hölscher, „Komposition“, 173; Félix García López, „Yahvé, fuente ultima de vida: Análisis de Dt 8,“ Bib 62 (1981): 21–54, hier 22–6; Nielsen, Deuteronomium, 105; Veijola, 5. Buch Mose, 215 trennen V. 1 von den folgenden Versen, die sie weitestgehend als einheitlich bewerten. 26 So auch Achenbach, Israel, 313. 27 Vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 81; Perlitt, „Wovon der Mensch lebt,“ 409(Anm. 21); Achenbach, Israel, 313. Zur inhaltlichen Problematik bei den Geboten in der Wüste s. auch Eckart Otto, Deuteronomium 1–11: Zweiter Teilband: 4,44–11,32, HThKAT (Freiburg [Br.] / Basel / Wien: Herder, 2012), 899: „8,2b lässt es offen, worin die Prüfung des Volkes bestehen und auf welche Gebote sie sich beziehen soll.“ 28 Vgl. Perlitt, „Wovon der Mensch lebt,“ 407.411.414–415 und im Anschluss an ihn Achenbach, Israel, 315–317. 29 So auch Achenbach, Israel, 313; gegen Otto, Deuteronomium 1–11, 894–895. Bei V. 2 wird die Glossierung durch die lectio brevior der LXX bestätigt.
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eration und ihre Väter das Manna nicht gekannt haben, weicht in Bezug auf den Gebrauch des Verbs ידעvon V. 5 ab und könnte von wesentlich späteren Texten beeinflusst sein.30
2.2 Gemeinsamkeiten von Dtn 8,2–5* und Dtn 29,4–531 Dtn 8,2–5* Und denke an den ganzen Weg, auf dem Jahwe, dein Gott, dich in der Wüste geführt hat. […] Und er demütigte dich und er ließ dich hungern und er gab dir das Manna zu essen, […] Deine Kleidung ist an dir nicht verbraucht worden, und dein Fuß ist nicht angeschwollen […] dass du mit deinem Herzen erkennst, dass Jahwe, dein Gott dich erzieht, wie ein Mann seinen Sohn erzieht. וזכרת את כל הדרך אשר הליכך יהוה אלהיך ]…[ במדבר ]…[ ויענך וירעבך ויאכלך את המן ]…[ שמלתך לא בלתה מעליך ורגליך לא בצקה ]…[ וידעת עם לבבך כי כאשר ייסר איש את בנו יהוה אלהיך מיסרך׃
Dtn 29,4–5 Und ich habe euch vierzig Jahre in der Wüste geführt. Eure Kleider sind an euch nicht verbraucht worden, und deine Sandale ist an deinem Fuß nicht verbraucht worden. Brot habt ihr nicht gegessen und Wein oder Bier habt ihr nicht getrunken, damit ihr erkennt, dass ich Jahwe, euer Gott bin. ואולך אתכם ארבעים שנה במדבר לא בלו שלמתיכם מעליכם ונעליך לא בלתה מעל רגלך׃ לחם לא אכלתם ויין ושכר לא שתיתם למען תדעו כי אני יהוה אלהיכם׃
Dtn 29,4–5 teilt mit Dtn 8,2–5 neben dem Motiv der Wüstenwanderung auch viele lexikalische Parallelen, die für eine literarische Abhängigkeit sprechen. Die Führung in der Wüste wird mit gleichen Vokabeln geschildert ( הלךHifil; )במדבר, beide Texte bringen die Nahrung zur Sprache, und die Wüstenzeit hat ihr Ziel in der Gotteserkenntnis. Besonders bemerkenswert ist die Art, wie über die Kleider der Israeliten gesprochen wird: die eher seltenen Begriffe für die Kleidung ( שמלה/ )שלמהund das Verbrauchen ( )בלהkommen gemeinsam nur an diesen Stellen vor. Dass Dtn 8,2–5 der gebende Text ist, sieht man u.a. daran, dass die vierzig Jahre in Dtn 29,4 schon in ihrem Kontext angebunden sind und eine spätere Stufe der Geschichtsdeutung voraussetzen. Dazu kommt der literarkritisch auffällige Befund in Dtn 29,1–6. Es gilt noch zu fragen, wie die Gotteserkenntnis in Dtn 8,5 zu verstehen ist. Nach Dtn 8,2–5* soll Israel erkennen, dass Jahwe, sein Gott, es in der Wüste geführt hat. Einerseits diente dies der Demütigung Israels, das dadurch seiner eigenen Hilflosigkeit und der Abhängigkeit von Jahwe bewusst werden sollte. Der Hunger wird als Notlage explizit genannt und zugleich als planvolle Tat Jahwes geschildert. Da Jahwe den Hunger mit dem Manna gestillt hat, ist er nicht nur für das Unheil, sondern auch für die Heilserfahrung Israels zuständig. Zudem hat Jahwe sich um die Kleidung der Israeliten gekümmert. 30 Achenbach, Israel, 315. 31 Legendum: Lexikalische und formale Übereinstimmungen (Abweichungen in der Person sind nicht berücksichtigt.); inhaltliche, teilweise lexikalische Übereinstimmungen; Parallele zwischen Dtn 29,4–5 und außerhalb der Grundschicht von Dtn 8,2–5*.
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Im Unterschied zu den klassischen Erkenntnisformeln „ihr sollt erkennen, dass ich Jahwe bin“, bei denen die Erkenntnissubjekte Gott „als Jahwe“ erkennen sollen, thematisiert Dtn 8,5 stärker die Deutung von Ereignissen. Die Frage ist hier nicht, ob Jahwe der Gott Israels ist. Dies scheint vorausgesetzt zu sein, und dementsprechend ist er für das Leid und Wohl Israels in der Wüste zuständig gewesen. Der Wechsel zwischen der Fürsorge und der Demütigung wird in der postulierten Grundschicht nicht mit den Taten der Israeliten begründet, sondern mit dem Ziel Jahwes, sein Volk zu erziehen. Die Verbformen zeigen, dass die Erziehungsmaßnahmen sich nicht nur auf die Wüstengeneration beschränken. Der Ausdruck ‚erziehen‘ ( יסרPiel) mit dem Gedanken, dass ein Mann seinen Sohn erzieht, hat die deutlichsten Parallelen in den Proverbien (19,18; 29,17; 31,1).32 Dass Jahwe die Israeliten erzieht oder züchtigt, kommt in verschiedenen Büchern des Alten Testaments vor. In einigen Fällen wird dies explizit mit dem Fehlverhalten der Menschen begründet, sodass das Verb eher die Bedeutung „bestrafen“ erhält.33 Daneben gibt es verstreute Belege, in denen unterschiedliche Gotteserfahrungen Israels und einzelner Personen damit begründet werden, dass Jahwe sie erziehen will: Dtn 4,36; 8,5; Jes 28,26; Jer 10,24; Hos 7,15; Ps 118,18.34 Dass das Leid eine pädagogische Wirkung haben kann, wird insbesondere in den Elihu-Reden des Hiobbuches ausgeführt. Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass das Erkennen in Dtn 8,5 mit dem Herzen geschehen soll: die Verbindung mit der Präposition עםist nur hier belegt.35 Dass das Herz als Ort des Erkennens gesehen wird, ist im Allgemeinen selten. Einen Bezug auf Jahwe und seine Taten hat dieses Motiv neben Dtn 8,5; 29,3 nur in Jes 44,18; Jer 24,7 und Ps 95,10.36 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Dtn 8,5 Motive aus prophetischen und weisheitlichen Kontexten zu einer einmaligen Aussage über den Zweck der Wüstenwanderung Israels verbindet. Dtn 8,2–5 beschreibt die Wüstenzeit nicht einseitig positiv37 oder negativ,38 sondern sieht gerade in den ambivalenten Erfahrungen den Hintergrund der Gotteserkenntnis.39 Die Erziehung durch Jahwe hat das Ziel, Israel an seine eigene Bedürftigkeit zu erinnern, was im Kontext des Buches schließlich dazu dienen soll, die Bundestreue zu festigen. Bemerkenswert ist zudem, dass alles Leid nicht auf das Fehlverhalten Israels zurückgeführt werden kann: Möglich ist auch, dass die entbehrungsreichen Erfahrungen Israels in verborgenen Plänen Jahwes gründen. 32 Zudem enthält Dtn 1,31 viele lexikalische und inhaltliche Übereinstimmungen mit Dtn 8,5, dürfte jedoch von diesem abhängig sein. Vgl. Achenbach, Israel, 312–313. Deuteronomium 1,31–32 fallen in ihrem Kontext auf, da Jahwe hier die Israeliten trägt und in V. 30.33 als einer, der vor Israel herzieht, dargestellt wird. Der Ausdruck ( )ההלך לפניכםmacht in V. 32 den Eindruck, eine Wiederaufnahme zu sein, der mit der Ergänzung von V. 31–32 zusammenhängt. 33 So in Lev 26,18.28; Jer 30,11; 31,18; 46,28; Ps 6,2; 38,2; 39,12. Vgl. auch den Mann, der seinen Sohn wegen des störrischen Verhaltens züchtigt (Dtn 21,18). 34 Wegen des Parallelismus enthält Ps 16,7 eine ähnliche Thematik. In Ps 94,12 wird das Motiv mit der Tora verbunden. 35 Worauf schon Achenbach, Israel, 317 hingewiesen hat. 36 Josua 23,14 könnte man noch mit einem gewissen Vorbehalt zu diesen Texten zählen. Das Herz findet sich als Ort der Erkenntnis (Verb )ידעzudem in Ex 36,1; 1 Kön 2,44; Prov 14,10; Koh 1,17; 7,22.25; 8,5.16. 37 So in Hos 9,10; 11,1–4; Jer 2,1–3 (Achenbach, Israel, 318). 38 S. vor allem Ez 20. 39 Gegen Gomes de Araújo, Theologie, 270.
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3. Die Erkenntnisformel in Dtn 29,5 Die Fortschreibung in Dtn 29,4–5 ist literarisch von Dtn 8,2–5* abhängig und ergänzt die Grundschicht in Dtn 28,69–29,1.8, indem sie die Erinnerung an die Wüstenzeit und den Gegenstand der Gotteserkenntnis hinzufügt. Die Ergänzung dieser Themen in Dtn 29 erweitert den Geschichtsrückblick um eine weitere Etappe und erklärt, warum Israel die Gebote Jahwes nicht gehalten und seinen Bund gebrochen hat – trotz der Tatsache, dass Jahwe sich schon früher um die Israeliten gekümmert hat und sie seine großen Taten in Ägypten gesehen haben. In Dtn 29,5 wird über die Gotteserkenntnis anders gesprochen als in Dtn 8,5. Hier findet sich eine Erkenntnisformel, die den Abschnitt über die Wüstenzeit formal abschließt und begründet, weshalb es zu der langen Wanderung in der Wüste gekommen ist: Jahwe hat die Israeliten in der Wüste geführt, damit sie erkennen, dass er Jahwe, ihr Gott, ist. Statt der Frage, was die Ereignisse in der Wüste bedeuten, rückt hier stärker die Identität Jahwes und seine Beziehung zu den Israeliten in den Mittelpunkt. Dtn 29,5 hat die längeren Ausführungen über Gotteserkenntnis aus Dtn 8,2–5* mit einer kurzen Formel ersetzt. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass das Erziehungsmotiv weggelassen wurde und dass die Erkenntnisformel zu dieser Zeit schon eine fest etablierte Abschlussformel war. Die Erkenntnisformel in Dtn 29,5 fällt auf. Sie ist der einzige Beleg dieser geprägten Aussage im Deuteronomium und weist im Vergleich zu den übrigen 94 Erkenntnisformeln des Alten Testaments eine bemerkenswerte Form auf.40 Üblicherweise beginnen die Erkenntnisformeln mit einer Verbform in der AK-waw. Eine Formel mit der Konjunktion למעןund einer Verbform in der PK findet sich neben Dtn 29,5 nur in Ex 8,18 und Jes 45,3. Eine weitere Besonderheit ist der doppelte Gottesname ( יהוה אלהיםmit Suffix): entsprechende Formeln kommen in Ex 6,7; 16,12; 29,46; Ez 20,20; 28,26; 34,30; 39,28; Joel 4,17 vor. Einen Bezug zu Ägypten und der Wüstenwanderung haben die Erkenntnisformeln in Ex und in Ez 20,20, sodass die Formel in Dtn 29,5 vermutlich an diesen orientiert ist.41 Mit dem Motiv des Mannas ist Ex 16,12 als Vorbild wahrscheinlich.42 Im Licht dieser Beobachtungen kann vermutet werden, dass Dtn 29,5 einen der jüngsten Belege der Erkenntnisformel enthält. Was führt in Dtn 29,4–5 zur Gotteserkenntnis? Dtn 8,2–5 und 29,4–5 haben gemeinsam, dass die Israeliten durch ambivalente Erfahrungen zur Erkenntnis kommen sollen. Die entbehrungsreichen vierzig Jahre in der Wüste werden jedoch durch die Führung Jahwes und der nicht verbrauchten Kleider und Sandale eher positiv als eine Erfahrung der göttlichen Bewahrung dargestellt. So verweisen auch die fehlenden Grundnahrungsmittel in V. 5 einerseits auf den Mangel und das Murren der Israeliten zurück. Andererseits sind Brot, Bier und 40 Von den 95 Belegen der Erkenntnisformel finden sich 72 im Buch Ezechiel und zehn im Buch Exodus. In weiteren Büchern (Dtn, 1 Kön, Jes, Jer, Joel, Ps) kommt die Erkenntnisformel nur vereinzelt vor. 41 Die Erkenntnisformeln und das Vokabular von Ez 20 fallen im Kontext des Ezechielbuches auf. Dieses Kapitel ist vermutlich insgesamt vom Pentateuch abhängig; vgl. u.a. Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 625–628. Steuernagel, Deuteronomium, 156 verweist bei der Formel pauschal auf Ezechiel und hat offenbar die besondere Form der Erkenntnisformel in Dtn 29,5 nicht erkannt. Gomes de Araújo, Theologie, 300–302 nennt die Priesterschrift und Ezechiel als Hintergrund von Dtn 29,5b. 42 Vgl. auch Gomes de Araújo, Theologie, 301–302; Otto, Deuteronomium 12–34, 2055.
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Wein – allesamt Erzeugnisse der Landwirtschaft – laut der Exoduserzählung von Jahwe überboten worden: statt Brot hat Israel Manna erhalten, außerdem Wasser, das offenbar so sauber war, dass es nicht mit Alkohol gereinigt werden musste. Dadurch, dass die negativen Seiten der Wüstenzeit hier nicht explizit auf Jahwe zurückgeführt werden, bieten Dtn 29,4–5 schließlich ein positiveres Bild über die Ereignisse als Dtn 8,2–5.
4. Fehlende Erkenntnis in Dtn 29,3 Die Erkenntnisaussage in Dtn 29,3 unterscheidet sich stark von Dtn 29,5: die Erkenntnis bleibt aus, was damit begründet wird, dass Jahwe den Israeliten kein Herz gegeben hat. Diese Aussage scheint eine weiter fortgeschrittene Reflexionsstufe als V. 5 vorauszusetzen.43 Sie intensiviert die Erkenntnisthematik und spricht explizit aus, dass Israel nicht zur rechten Erkenntnis über die Taten Jahwes in Ägypten gekommen ist. Im Kontext des Buches stellt dies eine weitere Begründung des Bundesbruchs dar.44 Die Trias Herz, Augen und Ohren erinnert an Jes 6,10 und Jer 5,21, die Dtn 29,3 inhaltlich sehr ähnlich sind.45 In allen drei Versen wird verneint, dass Israel mit dem Herzen erkennen, mit den Augen sehen oder mit den Ohren hören würde. Die Aussagen über das Herz unterscheiden sich jedoch von Dtn 29,3. Jer 5,21 enthält kein Verb, sondern stellt einfach fest, dass das Volk kein Herz und daher keinen Verstand hat ()אין לב.46 Jes 6,10 bezieht sich auf das Verstehen mit dem Verb בין. Dtn 29,3 und Jes 6,10 teilen den Gedanken, dass die fehlende Erkenntnis auf Jahwe zurückgeht. In Dtn hat Jahwe den Israeliten das Herz und dadurch die Möglichkeit zur Erkenntnis noch nicht gegeben; in Jes hat er ihnen das Herz fett gemacht, sodass sie mit dem schon vorhandenen Herzen nichts verstehen konnten. Da Dtn 29,3 trotz dieses Unterschieds theologisch Jes 6,10 am nächsten steht, ist dieser prominente Vers vermutlich vor dem Hintergrund der Fortschreibung in Dtn 29 zu sehen.47 Dass Dtn 29,3 das Verb ביןnicht übernommen hat, dürfte mit dem Kontext der Bearbeitung zusammenhängen.48 Im vorliegenden direkten Kontext gab es schon eine Erkenntnisaussage mit dem Verb ידע, das im größeren Buchkontext vor allem in den vorderen Rahmenkapiteln des Deuteronomiums in Bezug auf Jahwe vorkommt.49
43 Gegen Lohfink, Deuteronomium, 37; Otto, Deuteronomium 12–34, 2055 u.a. 44 Vgl. Müller, „Heart,“ 215–216. 45 So schon Steuernagel, Deuteronomium, 156. Vgl. noch Ez 40,4; 44,5, wo Ezechiel ermuntert wird, sein Herz und seine Augen sowie Ohren zu verwenden. Hier wird offenbar davon ausgegangen, dass er sie „richtig“ gebrauchen kann. 46 Vgl. aber Jer 24,7, wo Jahwe feststellt, dass er den Israeliten ein Herz gibt, dass sie ihn erkennen ( ונתתי )להם לב לדעת אתי כי אני יהוה. 47 So auch Gomes de Araújo, Theologie, 293–294; Nielsen, Deuteronomium, 265; Otto, Deuteronomium 12–34, 2054; Müller, „Heart,“ 214–217. 48 So auch Gomes de Araújo, Theologie, 294. 49 S. Dtn 4,35.39; 7,9; 8,5; 9,3.6; 11,2. Im Vergleich kann beobachtet werden, dass ביןin Dtn nur in 32,7.29 begegnet.
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5. Ergebnis Der Geschichtsrückblick zu Beginn des Bundesschlusses in Moab hat als Ziel, die Israeliten an die Taten Jahwes zu erinnern und sie zum Gesetzesgehorsam zu bewegen. Dabei wird in Dtn 29,5 in Anlehnung an Dtn 8,2–5* auf das Motiv der Gotteserkenntnis zurückgegriffen: Wenn die Israeliten Jahwe als ihren Gott und den Zweck der früheren Ereignisse erkennen und anerkennen, sollte das Halten des Bundes eine Selbstverständlichkeit sein. Da es so nicht gekommen ist, reagiert ein späterer Bearbeiter mit der Fortschreibung in Dtn 29,3: Das Volk Israel konnte doch gar nicht erkennen, da Jahwe ihm die Voraussetzungen noch nicht gegeben hat. Der Vers stellt unter Rückgriff auf Jes 6,9–10 fest, dass man ohne ein Herz nicht zur Erkenntnis kommen kann.
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Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31–34) Zur Rekonstruktion der nicht-priesterlichen Pentateuchredaktion Rainer Albertz
Reinhard Achenbach gehört zu den Mitbegründern einer modernen redaktionsgeschichtlich arbeitenden Pentateuchforschung, die sich aus den Systemzwängen der älteren Quellentheorie befreit hat. Besonders beeindruckt hat er mich mit seiner detaillierten Bearbeitung der jüngsten Partien des Pentateuchs im Numeribuch, die zuvor häufig als späte Ergänzungen der Quellenwerke ausgeschieden wurden und nicht die Beachtung erhalten haben, die sie verdienen.1 So möchte ich meinen geschätzten Münsteraner Kollegen mit einer Untersuchung ehren, die sich den spätesten Partien des Buches Deuteronomium in Kapitel 31–34 zuwendet, dem Buch, an dem Reinhard Achenbach seine Forschungen am Pentateuch begann.2 Es ist immer wieder vermutet worden, dass die poetischen Schlusskapitel des Buches Deuteronomium, das Moselied (Dtn 32) und der Mosesegen (Dtn 33) mit der Entscheidung zusammenhängen, die Gründungsurkunde Israels mit dem Tode des Mose (Dtn 34) enden zu lassen. Mit ihnen sollte der nunmehr von den Geschichtsbüchern abgetrennte Pentateuch einen volltönenden kompositionellen Abschluss erhalten. So schreibt etwa Thomas Römer: „When Deuteronomy was cut off from the following books, new chapters were added: the blessings of Moses in Deut 33, which parallel him with Jacob (Gen 49) and reinforce the structural and narrative coherence of the Pentateuch. … The editors of the Pentateuch inserted perhaps also Deut 32, the ʽsong of Moses’. Since the Pentateuch ended with Moses’ death, Deut 32 offers a summary of the negative coming events in the land, even if these are not part of the / Torah.“3 Allerdings besteht über die literarkritische Abgrenzung und literaturgeschichtliche Zuordnung der verschiedenen Textpartien der Schlusskapitel noch erhebliche Unsicherheit. Nachweislich spielen in ihnen Passagen priesterlicher Herkunft nur eine relativ bescheidene Rolle (Dtn 32,48–52; 34,1*.7–9).4 Einflussreicher waren hier ganz offensichtlich nicht-priesterliche Redaktoren. Darum soll im Folgenden gefragt werden, ob und wieweit sich in der Gestaltung von Dtn 31–34 eine – möglicherweise mehrstufige – nicht-priesterliche 1 2 3 4
Vgl. Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003). Reinhard Achenbach, Israel zwischen Verheißung und Gebot: Literarkritische Untersuchungen zu Deuteronomium 5–11. EHS XIII, 422 (Frankfurt am Main et al.: Peter Lang, 1991). S. Thomas Römer, The So-called Deuteronomistic History: A Sociological, Historical and Literary Introduction (London and New York: T&T Clark, 2009), 181–182; vgl. Rainer Albertz, Pentateuchstudien, ed. Jakob Wöhrle. FAT 117 (Tübingen: Mohr Siebeck 2018), 483. S. unten S. 257–276.
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Rainer Albertz
Pentateuchredaktion (PentRL) greifen lässt. Dabei muss ich mich auf eine Skizze meiner Überlegungen beschränken, da der Raum in dieser Festschrift begrenzt ist.
1. Der deuteronomistische Abschluss des Deuteronomiums Als das Deuteronomium noch als Einleitung des Deuteronomistischen Geschichtswerks (DtrG) fungierte, sah der Abschluss des Buches, der vor allem die Funktion hatte, von der Gesetzgebung zur Mission Josuas überzuleiten, noch recht schlicht und bescheiden aus. Nachdem Mose seine Lehr- und Mahnreden, mit denen er die Offenbarung am Horeb auslegte, abgeschlossen hatte,5 hielt er noch eine Abschiedsrede an das Volk (Dtn 31,1–13). In ihr ermutigte er es kurz vor seinem Tode, die Eroberung des Westjordanlandes unter Leitung Josuas in Angriff zu nehmen, nachdem ihm Gott die Überschreitung des Jordans versagt hatte (V. 1–6), und beauftragte Josua öffentlich mit dieser Aufgabe unter JHWHs Führung (V. 7– 8). Darauf schrieb er die Tora, die er bislang mündlich verkündet hatte, schriftlich nieder (V. 9). Bei ihr kann es sich auf dieser Stufe der Überlieferung nur um das dtn. Gesetz handeln. Mose übergab dieses den levitischen Priestern und Ältesten mit dem Auftrag, es alle sieben Jahr beim Laubhüttenfest vor allem Volk zu verlesen, um unter ihm Gottesfurcht und Gebotsgehorsam zu mehren und so das Leben im verheißenen Land zu sichern (V. 10–13). Nach meiner Meinung gibt es keinen Grund, von der Einschätzung Martin Noths abzuweichen, dass diese Abschiedsrede, jedenfalls in ihrem Grundbestand, vom Deuteronomisten, dem Autor des DtrG stammt.6 Nur kann man fragen, ob die Rede in Dtn 31,13 schon an ihr Ende gelangt ist. Denn da sie als eine Rede an das ganze Volk begonnen hatte (V. 1), kann sie eigentlich nicht gut mit speziellen Anweisungen an eine Gruppe ausklingen. So möchte ich die These vertreten, dass sich der ehemalige Abschluss der Abschiedsrede noch in Dtn 32,45–47 greifen lässt,7 d.h. hinter den Versen, die zwar jetzt als hinterer Rahmen für das Moselied verwandt werden, aber – wie häufig beobachtet – wieder zu einer Mahnung 5 6
7
Lies in Dtn 31,1 mit 1QDeutb und LXX „ ויכל משׁה לדברAls Mose geendet hatte zu reden“. Vgl. Martin Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien: Die sammelnden und bearbeitenden Geschichtswerke im Alten Testament (Tübingen: Niemeyer, 31967), 39–40; so auch etwa Richard D. Nelson, Deuteronomy: A Commentary, OTL (Louisville and London: Westminster John Knox, 2002), 354–356, und viele andere. Die Ansicht von Eckart Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch: Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2000), 175–187, dass Dtn 31,1–8 von der Hexateuch- und V. 9–13 von der Pentateuchredaktion stammen, beruht auf bestimmten Einschätzungen von Parallelen zu, und Abhängigkeiten von anderen Passagen des Dtn, die aber keineswegs zwingend sind. So braucht man die „private“ Ermutigung Josuas durch Mose in Dtn 3,21–22 keineswegs als eine Dublette zu seiner öffentlichen Beauftragung von 31,7–8 zu bewerten, sondern kann darin auch eine Vorbereitung auf letztere sehen, so Otto selber in Eckart Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, HThKAT (Freiburg et. al.: Herder, 2012), 493. Auch die sprachliche Nähe von Dtn 31,12 zu 4,10 kann eine Zuweisung von 31,9–13 zur Pentateuchredaktion kaum tragen, denn erstens bleibt die Zuordnung von Dtn 4 zu dieser unsicher und zweitens ahmt 31,12 eine besondere Stileigentümlichkeit von 4,10 (finales )אשׁרgerade nicht nach. Jedenfalls lässt sich aus dieser unsicheren Beziehung nicht folgern, mit התורה הזאתsei in Dtn 31,9 schon der gesamte Pentateuch gemeint (gegen Otto, Deuteronomiumrahmen, 175–182). Dass Dtn 32,44 von V. 45–47 zu trennen ist, hat schon Willy Staerk, Das Deuteronomium: Sein Inhalt und seine literarische Form (Leipzig: Hinrich’sche Buchhandlung, 1894), 75, erkannt. Dazu s. unten S. 279-280.
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Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31-34)
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zum Gehorsam gegenüber all den Worten der Tora zurücklenken (vgl. כל־דברי התורה הזאת V. 46), von denen schon in 31,12 die Rede war. Auch die Benennung der Adressaten in der Redeeinleitung 32,45 ist mit der von 31,1 identisch ()אל־כל־ישׂראל. Mit ihrer schönen Schlussmahnung: Dtn 32,47
Denn es ist kein leeres Wort für euch, vielmehr ist es euer Leben, und durch dieses Wort werden eure Lebenstage lange währen in dem Lande, in das ihr über den Jordan zieht, um es in Besitz zu nehmen,
klingen diese Verse nach der ernsten Warnung des Moseliedes, wie schon Paul Sanders bemerkte,8 erstaunlich optimistisch; sie wären aber ein passender Schlussakkord für die hoffnungsvolle dtr. Abschiedsrede des Mose nach seiner Gesetzesverkündigung, zumal 32,47 noch einmal Perspektive des gesicherten Lebens im verheißenen Land aus 31,13 aufnimmt. Nach solchen erbaulichen Worten kann sich Mose nun endlich auf den Berg Pisga zum Sterben zurückziehen (Dtn 34,1*.4aα1.b.5–6).9 Er hatte alles, was er tun konnte, zur Sicherung einer heilvollen Zukunft seines Volkes getan.
2. Die Verklammerung des Deuteronomiums mit dem entstehenden Pentateuch durch die spät-deuteronomistische Redaktion (D) In die Abschiedsrede des Mose wurde mit Dtn 31,14–15.23 eine kleine Theophanie-Erzählung eingeschoben, in der JHWH Mose und Josua zum Zelt der Begegnung beordert und höchst persönlich Mose seinen nahen Tod ankündigt, selber die Beauftragung Josuas zu seinem Nachfolger vornimmt und ihm bei der Realisierung der Landverheißung direkt seinen Beistand zusagt. Dass diese Szene einen Fremdkörper im Dtn darstellt, wird selbst von solchen Forschern gesehen, die sich um eine synchrone Auslegung bemühen.10 Nirgends sonst kam im Dtn bisher der אהל מועד, das „Zelt der Begegnung“, vor. Selbst die an sich unspektakuläre Einleitungsformel „ ויאמר יהוה אל־משׁהDa sprach JHWH zu Mose“, die nicht weniger als 64-mal im sonstigen Pentateuch belegt ist, begegnet im Dtn, das sonst konsequent als Moserede gestaltet ist, nur in 31,14 und davon abgeleitet dann in V. 16. Frühere Ausleger meinten, hier ein versprengtes Fragment der Quelle E oder JE zu finden.11 Doch spricht dagegen, dass der jetzt durch eine noch spätere Einfügung abgesprengte V. 23 eindeutig Wendungen aus der dtr. Abschiedsrede des Mose aufnimmt (vgl. V. 7–8).12 Eine bessere 8 So Paul Sanders, The Provenance of Deuteronomy 32, OTS 37 (Leiden et. al.: Brill, 1996), 337–338. 9 Zu dieser Rekonstruktion des dtr. Anteils vgl. Thomas Römer, “Deuteronomium 34 zwischen Pentateuch, Hexateuch und deuteronomistischem Geschichtswerk,” ZAR 5 (1999): 167–178, 173–174. 10 Vgl. z.B. Jean-Pierre Sonnet, The Book within the Book: Writing in Deuteronomy, BibInt 14 (Leiden; New York; Köln: Brill, 1997), 147–148.160–162. 11 Vgl. für viele Gerhard von Rad, Das fünfte Buch Mose: Deuteronomium, ATD 8 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21968), 135. 12 So sind in Dtn 31,23 die Wendungen חזק ואמץund כי אתה תביא את־בני ישׂרעל אל־ארץ אשׁר־נשׁבעתיfast identisch mit den in V. 7 gebrauchten; die Mitseins-Zusage Gottes ואנכי אהיה עמךentspricht der Gewissheit des Mose in V. 8.
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redaktionsgeschichtliche Lösung des Problems hat Erhard Blum damit gefunden, dass er den Einschub auf den spät-deuteronomistischen Redaktor (KD) zurückführte, der über das von ihm geschaffene Motiv eines unkultischen Offenbarungszeltes (Ex 33,7–11; Num 11,14– 17.24b–30; 12,4–8) das Buch Dtn, das eigentlich zum DtrG gehörte, mit dem entstehenden Pentateuch verklammern wollte.13 Hatte dieser Redaktor das Motiv vom Zelt der Begegnung geschaffen, um sicherzustellen, dass Mose auch fernab vom Sinai unmittelbare face-to-faceOffenbarungen von Gott erhalten konnte, so sollte dessen Einfügung in das Dtn demonstrieren, dass Mose auch hier, selbst wenn er außerhalb der Vermittlung seiner Gesetzesoffenbarungen eigenmächtig zu handeln schien, allein den göttlichen Willen eins-zu-eins umsetzte. Weil dieser spät-dtr. Redaktor mit Dtn 31,14–15.23 das Buch Dtn nachweislich in den Pentateuch einbindet, haben Eckart Otto und Reinhard Achenbach ihn schon mit dem Pentateuchredaktor gleichsetzen wollen.14 Dies wäre allerdings nur berechtigt, wenn man die das Buch abschließenden Verse 34,10–12 insgesamt auf ihn zurückführen könnte. Für den V. 10, in dem Mose als unvergleichlicher Prophet gepriesen wird, der so eng mit Gott kommunizierte wie kein Prophet nach ihm, ist das unstrittig, weist dieser Vers doch explizit auf Ex 33,11, die face-to-face-Offenbarung im Zelt der Begegnung, zurück. Doch habe ich andernorts aufgezeigt, dass die Verse Dtn 34,11–12, welche wortreich den Blick auf die magischen Wundertaten des Mose in Ägypten zurücklenken und damit dem Pentateuch eine thematische Abrundung verschaffen, syntaktisch so brüchig an V. 10 angeschlossen sind, dass sie eher auf einen noch späteren Redaktor zurückgehen.15 Der spät-dtr. Redaktor D hat zwar den Tod des Mose zu einer Epochenwende stilisiert und damit erstmals die im Pentateuch erzählten Ereignisse von den dann ab dem Josuabuch geschilderten ein Stück weit qualitativ abgesetzt, aber er hat noch nicht die Abtrennung des Pentateuchs von den Geschichtsbüchern vollzogen. Da er jedoch – wahrscheinlich erstmals – das Buch Dtn in den entstehenden Pentateuch einbezog, sind alle redaktionellen Tätigkeiten, die nach ihm in Dtn 31–34 folgten, schon aus der pentateuchischen Perspektive heraus zu interpretieren.16
13 Vgl. Erhard Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch, BZAW 189 (Berlin und New York: de Gruyter, 1990), 85–88.109. 14 So Otto, Pentateuchrahmen, 187–188; Achenbach, Vollendung, 321–322. 15 Vgl. Rainer Albertz, „Die erstmalige Konstituierung des Pentateuch durch die spät-deuteronomistische Redaktionsschicht (KD bzw. D),“ in „Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel“: Erhard Blum zum siebzigsten Geburtstag, ed. Joachim Krause et al. (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 129–154, hier 138–41. Anders als Blum setze ich die D-Schicht zeitlich erst nach den ersten beiden priesterlichen Bearbeitungen (PB1 und PB2) in den Büchern Gen–Lev an, vgl. a.a.O., 141–143. In Dtn 34 gehört noch V. 4aα2β der D-Schicht an; vgl. die entsprechenden Landverheißungen in Gen 12,7 und Ex 33,1b. 16 So mit Recht Raik Heckl, „Die Präsentation tradierter Texte in Dtn 31 zur Revision der dtr Geschichtstheologie,“ in Deuteronomium – Tora für eine neue Generation, ed. Georg Fischer et al. (Wiesbaden: Harrassowitz, 2011), 227–246, hier 227–228, gegen Eep Talstra, „Deuteronomy 31: Confusion or Conclusion? The Story of Moses’ Threefold Succession,“ in Deuteronomy and Deuteronomic Literature. FS C.H.W. Breckelmans, ed. Marc Vervenne und Johan Lust (Leuven: Leuven University Press and Peeters, 1997), 87–110, hier 87–88.
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Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31-34)
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3. Die Verklammerung des Deuteronomiums mit dem entstehenden Pentateuch durch die spät-priesterliche Redaktion (PB3) Nach dem mutmaßlichen Ende der dtr. Abschiedsrede des Mose wurde in Dtn 32,48–52 noch eine weitere Gottesrede eingefügt, in der Mose von Gott aufgefordert wird, sich unmittelbar auf seinen Tod auf dem Berg Nebo vorzubereiten (V. 49–50). Wenn Mose dabei an den Tod seines Bruders Aaron und ihrer beider Treulosigkeit in Meribat-Kadesch erinnert wird, die zu Gottes Strafankündigung führte, dass er das verheißene Land nicht betreten dürfe (V. 50– 52), dann wird damit eine direkte Verbindungslinie über die Grenzen des Buches Dtn hinweg zu den priesterlichen Erzählungen in Num 20,1–13.22–29 aufgebaut. Was Gott dort angekündigt hat, wird sich jetzt erfüllen. Auch wenn Dtn 32,48–52 den dtr. Kontext voraussetzt und einige wenige dtr. Sprachmerkmale aufweist,17 ist es immer noch die naheliegendste Lösung, den Text dem spät-priesterlichen Bearbeiter zuzuweisen, dem wir auch die genannten Passagen von Num 20 und weite Teile des Numeribuches verdanken und ich PB3 nenne.18 Dagegen ist die ausgeführtere Variante in Num 27,12–23 späteren Ursprungs und wieder von unserem Text abhängig.19 An Num 20,12 lässt sich übrigens nachweisen, dass der PB3 die spät-dtr. D-Redaktion bereits voraussetzt.20 Die bewusst theologische Stilisierung von Dtn 32,48–52 als Gottesrede ist somit wahrscheinlich von Dtn 31,14–15.23 angeregt.21 In ihrer Thematik war jene allerdings stärker festgelegt als diese, denn der göttliche Befehl an Mose, den Berg Nebo zu besteigen, musste eigentlich umgehend vollzogen werden, was dann in den priesterlichen Anteilen der Erzählung vom Tod des Mose in Dtn 34,1*.7–9 auch ausgeführt wird. Wenn in diese enge Geschehensfolge mit dem Mosesegen in Dtn 33 dennoch noch etwas eingeschoben wurde, dann konnte das nur außerhalb der von der Gottesrede vorgezeichneten Erzähllinie geschehen. Mit seinem auf Josua ausgerichteten Erzählabschluss in 34,9 ebnete der PB3 den vom D gesetzten Schlusspunkt in V. 10 wieder ein Stück weit ein.
17 So die in Dtn 32,49.52 gebrauchte partizipiale Konstruktion der Landverheißung (vgl. Dtn 1,20.25; 11,31; 15,7 u.ö.), die in priesterlichen Texten gerne perfektisch formuliert ist (Num 20,12.24; 27,12; vgl. allerdings 13,2) und die Wendung „dorthin wirst du nicht hineinkommen“ in Dtn 32,52, die an Dtn 1,37.38.39 erinnert, während in Num 20,12, von „nicht hineinführen“ die Rede war (vgl. allerdings V. 24). Sofern man die priesterlichen Passagen nicht als Teil eines unabhängigen Quellenwerks, sondern als Bearbeitung versteht, sind solche Angleichungen an den jeweiligen Kontext nicht weiter auffällig. 18 Vgl. Albertz, Pentateuchstudien, 348–350.397–399. Achenbach, Vollendung, 322–24 möchte die Passage ebenfalls der Pentateuchredaktion zuweisen; Otto, Deuteronomiumrahmen, 222–225, denkt eher an die Hexateuchredaktion, bzw. an eine nicht genauer zu bestimmende nachexilische Fortschreibung im Dtn, vgl. Eckart Otto, Deuteronomium 23,16–34,14. HThKAT. (Freiburg et. al.: Herder, 2017), 2171–2173. 19 So auch Achenbach, Vollendung, 323–324, der den Text Num 27,12–23 seiner ersten Theokratischen Bearbeitung zuweist, u.a. weil er Josua der Aufsicht des Hohenpriesters unterstellt. Ich rechne ihn, wie auch sonst den gesamten Abschnitt Num 25–36 der priesterlichen Pentateuchredaktion (PenRP) zu, weil diese hier mit einer aufwändigen Vorbereitung der Landverteilung im Rahmen des Pentateuch eine Art Ersatz für das abgespaltene Josuabuch schafft, vgl. Albertz, Pentateuchstudien, 357–373. 20 Vgl. den Rekurs in Num 20,12 auf das für die D-Redaktion typische Glaubensmotiv (Gen 15,6; Ex 4,1.8.9.31; 14,31; 19,9; Num 14,11). 21 Auch die von priesterlichen Autoren bevorzugte Einleitungsformel für die Gottesrede (וידבר יהוה אל־ )משׁה, die 90-mal im übrigen Pentateuch begegnet, taucht im Deuteronomium in Dtn 32,48 nur dieses einzige Mal auf.
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So hat der PB3 zwar die Verklammerung des Dtn mit den vorangehenden Büchern des Pentateuchs gestärkt, aber ein Pentateuchredaktor war er noch weniger als jener.
4. Der Einbau des Moseliedes; das Werk eines ersten nicht-priesterlichen Pentateuchredaktors (PentRL1)? In die kleine Szene einer göttlichen Offenbarung am Zelt der Begegnung, die der D-Redaktor in Moses Abschiedsrede gesetzt hatte (Dtn 31,14–15.23), findet sich eine längere JHWHRede an Mose eingeschoben (V. 16–22),22 welche auf den Vortrag und die Verschriftung des Moseliedes hinausläuft, das in 32,1–43 in aller Länge zitiert wird. Man hat den Eindruck, dass hier ein Redaktor tätig wurde, in Kenntnis der schon vollzogenen Niederschrift der Tora durch Mose in 31,9 und eingedenk der Kanonformel, dass man eigentlich nichts zu der am Horeb offenbarten Tora hinzufügen oder von ihr wegnehmen dürfe (13,1; vgl. 4,2), sich aufgrund der überraschenden erneuten Gottesoffenbarung am Begegnungszelt legitimiert sah, das Buch Deuteronomium noch um einen gewichtigen Text, nämlich um das Moselied samt einer längeren Einleitung, zu erweitern. Jean-Pierre Sonnet drückt diesen Eindruck treffend mit den Worten aus: „What Deuteronomy 31 tells is thus the story of a process of / completion – a process turned dramatic by the unexpected theophany und the ensuing interpolation of the Song in the already written Torah.“23 Ein solcher ausdrücklich von Gott her legitimierter redaktioneller Erweiterungsprozess ist einzigartig; er dient dem Redaktor dazu, das von ihm neu geschaffene Buchende mit einer speziellen göttlichen Autorisierung auszustatten. In der eingefügten Gottesrede lässt der Redaktor JHWH Mose mitteilen, dass das Volk der Israeliten nach seinem Tod schon bald zu fremden Göttern abfallen und damit den mit ihm geschlossenen Bund brechen würde (Dtn 31,16), nämlich – satt und fett geworden – gleich nach der Einwanderung in das verheißene Land (V. 20). Darum würde sich JHWH zornig von seinem Volk abwenden und schlimme Übel und Nöte über es kommen lassen, selbst dann noch, wenn das Volk erste Schritte der Buße tun würde (V. 17–18). Für diese zukünftige Katastrophe soll Mose – mit Unterstützung von Josua – ein bestimmtes, von Gott mitgeteiltes Lied aufschreiben und so intensiv unterrichten, dass es dann als Zeuge gegen das abtrünnige Israel auftreten könne (V. 19.21). Israel hätte es besser wissen können, nicht etwa JHWH, sondern es selbst war an seinem Unglück schuld! Eilig führt Mose den göttlichen Auftrag aus. Wenn es V. 22 heißt, dass er das Lied nicht nur aufschrieb, sondern auch schon lehrte, dann ist letzteres prospektiv gemeint und drückt hier nur seine Absicht aus.24 Indem der Redaktor nach dieser harten Gerichtsrede die ältere Zusage JHWHs an Josua in V. 23 stehen lässt, will er wohl damit aussagen, dass trotz aller erwarteten Undankbarkeit Israels
22 Der Einschub wird literarkritisch darin erkennbar, dass durch ihn das ungenannte Subjekt von Dtn 31,23 verunklart wird. Von V. 22 her würde man Mose erwarten; aus der Mitseins-Zusage V. 23b wird aber erkennbar, dass JHWH selber das Wort ergriffen hat. 23 S. Sonnet, Book, 159–160. 24 Das impf. cons. kann zuweilen auch eine Absicht ausdrücken, vgl. Otto Eißfeldt, „Die Umrahmung des Mose-Liedes Dtn 32,1–43 und des Mose-Gesetzes Dtn 1–30 in Dtn 31,9–32,47,“ in idem, Kleine Schriften, Bd. III (Tübingen: Mohr Siebeck, 1966), 322–334, hier 327 Anm. 2, und GK § 120–121.
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der göttliche Zorn letztlich begrenzt bleibt; zumindest die Landverheißung wird JHWH getreulich erfüllen. Eigentlich würde man nach Beendigung der Theophanie sogleich die Verkündigung des Liedes erwarten. Es folgt allerdings erst noch eine Moserede an die Leviten (Dtn 31,24–30), die zunächst dem vervollständigten Torabuch ebenfalls eine Zeugenfunktion zuschreibt (V. 24–27) und erst dann auf einen Vortrag des Liedes bei einer Volksversammlung in Gegenwart der Ältesten und Amtsträger hinsteuert (V. 28–30). Wie sich die beiden Liedeinleitungen zueinander verhalten, wird in der Forschung seit langem kontrovers diskutiert. Hier nur soviel: Eine Lösung, einfach beide Reden zusammenzunehmen, kann schlecht erklären, warum in V. 24–27 plötzlich die Tora und nicht das Lied im Mittelpunkt steht. Die älteren Exegeten meinten das Problem einfach dadurch beseitigen zu können, dass sie in V. 24.26 ziemlich willkürlich das störende Wort „ התורהdie Tora“ in „ השׁירהdas Lied“ änderten.25 Aber auch die jüngste Lösung von Petra Schmidtkunz, nur die Verse, die das Lied betreffen, nämlich V. 16–22 und V. 28–30 zu einer Schicht zusammenzuziehen,26 bleibt fragwürdig, weil zwischen V. 27 und 28 kein literarischer Bruch nachzuweisen ist. Im Gegenteil, die rahmende Wendung „ עד תמםbis zu ihrer Vollständigkeit“ in V. 24 und V. 30 weist eher darauf hin, dass die Verse 24–30 als eine literarische Einheit konzipiert worden sind. Zudem spricht die Tatsache, dass die beiden Reden, und zwar wo es um das Lied geht, für die sachlich gleiche Aussage, dass Israel vom Übel betroffen sein wird, unterschiedliche hebräische Wendungen gebrauchen,27 stark dafür, dass sie von verschiedenen Autoren stammen. Den Ausschlag für die literaturgeschichtliche Zuordnung der beiden Reden gibt meiner Meinung nach die Einsicht, dass der Vers Dtn 32,44, der jetzt als Ausleitung des Moseliedes verwendet wird, eigentlich eine offenbar ältere Einleitung zum Lied darstellt,28 die durch die jetzige
25 Vgl. Staerk, Deuteronomium, 75; Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, HKAT I, 3/1. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21923), 163, u.a.; Eißfeldt, “Umrahmung,” 326, ersetzt umgekehrt השׁירה durch התורהin V. 30. Wenn Otto, Deuteronomiumrahmen, 191 Anm. 165, ausführt, schon Steuernagel habe gezeigt, „daß es keinen ausreichenden Grund gibt, Dtn 31,16–22.24–30 auf zwei voneinander getrennte Schichten zu verteilen, sondern beide Abschnitte eine Einheit bilden,“ dann versäumt er, darauf hinzuweisen, dass dessen Einschätzung nicht zuletzt auf einer Textänderung beruht. Vgl. auch Eckart Otto, „Moses Abschiedslied in Deuteronomium 32: Ein Zeugnis der Kanonsbildung in der Hebräischen Bibel,“ in idem, Die Tora: Studien zum Pentateuch: Gesammelte Aufsätze. BZAR 9 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), 641–678, hier 652–654. 26 Vgl. Petra Schmidtkunz, Das Moselied des Deuteronomiums: Untersuchungen zu Text und Theologie von Dtn 32,1–43. FAT II/124 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 317.329–333. Weder ihre Behauptung, dass Dtn 31,16–22 bereits den Abschnitt V. 24–27 inhaltlich voraussetze, noch dass die Zeugenfunktion von der Tora auf das Lied übertragen sei, lässt sich eindeutig begründen. 27 So in Dtn 31,17a.b.21 die Aussage, es werde Israel „ מצאו רעותUnheil finden“, dagegen קראת הרעה „Unheil treffen“ in V. 29. 28 So schon am deutlichsten von Eißfeldt, “Umrahmung,” 327, erkannt. Aber auch wenn Norbert Lohfink, „Zur Fabel in Dtn 31–32,“ in idem, Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomischen Literatur, Bd. IV (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2000), 219–245, hier 221, erwägt, ob Dtn 32,44 dasselbe wie 31,30 aussage, oder „einen zweiten Vortrag des Moseliedes vor einem anderen Publikum“ meine, hat er den Einleitungscharakter des Verses gespürt.
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Leideinleitung nach der Moserede (31,30) verdrängt worden ist, aber einmal direkt hinter 31,23 gestanden haben könnte:29 Dtn 32,44
Da kam Mose und redete alle Worte dieses Liedes in die Ohren des Volks, er und Hosea ben Nun.
Die sonst kaum erklärliche Ortsveränderung des Mose30 wird von der Szene am Zelt der Begegnung her sofort verständlich: Mose kam vom Zelt, das nach Ex 33,7 außerhalb des Lagers aufgebaut werden soll, wieder zurück in die Versammlung des Volkes hinein; auch die Begleitung durch Josua bekommt von daher ihren Sinn: Er war im Zelt der Begegnung anwesend gewesen und war mit dem in Dtn 31,19 verwendeten pluralischen Imperativ vom Redaktor schon stillschweigend an der Verschriftung des Liedes mitbeteiligt worden. Wenn der Redaktor dabei den in Num 13,8.16 von PB3 erfundenen älteren Namen für Josua, nämlich Hosea, mit der Bedeutung „Er hat gerettet“ verwendet, will er wohl das Hoffnungspotential unterstreichen, das in dem folgenden anklagenden Lied auch zum Ausdruck kommt (vgl. 32,36). Damit kann Dtn 31,16–22.(23) + 32,44 als die ursprüngliche Einleitung des Moseliedes 32,1–43* gelten, während die Verse 31,24–30 einer späteren Redaktionsstufe angehören.31 Doch was ist wohl der Grund, warum dieser Redaktor, der sowohl die spät-dtr. als auch eine spät-priesterliche Bearbeitung des werdenden Pentateuch schon voraussetzt, mit derartigem redaktionellen Aufwand und unter Rückgriff auf eine göttliche Autorisierung das Moselied in die Schlusskapitel des Dtn einfügte? Auch wenn er in seiner Einleitung schon auf Begriffe und Wendungen aus dem Lied anspielte,32 griff er wahrscheinlich mit dieser umfangreichen, hymnischen Lehrdichtung (Dtn 32,1–43) einen ihm bereits vorliegenden Text auf,33 der aus nachexilischer Perspektive34 über die Grundlagen des Gottesverhältnis Israels angesichts der erlebten Exilskatastrophe reflektierte. Nach Aussage des Liedes hatte das 29 Dass die LXX vor Dtn 32,44 noch einmal 31,22 wiederholt, zeigt vielleicht an, dass sie noch Manuskripte kennt, in denen die Verse näher beieinanderstanden. Allerdings formulierte sie dann V. 44 – wohl mit Rücksicht auf V. 46 – schon zu einer Verkündigung der Worte des Gesetzes um. 30 Dass die Aussage „ ויבא משׁהDa kam Mose…“ unverständlich oder rätselhaft bleibt, wird von einer Reihe von Auslegern notiert, vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 172; Eduard Nielsen, Deuteronomium. HAT I/6 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1995), 293; Nelson, Deuteronomy, 378, u.a. 31 Ähnlich auch Nelson, Deuteronomy, 356. 32 Vgl. zu 31,16 אלהי נכר32,12 אל נכר, zu 31,17.18 והסתרתי פני32,20 אסתירה פני, zu 31,17 והיה לאכל32,22 ותאכל הארץ, zu 31,20 דשׁן32,15 שׁמן, zu 31,20 ונאצוני32,19 וינאץmit JHWH als Subjekt. 33 So die Einschätzung der Mehrheit der Ausleger, vgl. etwa Steuernagel, Deuteronomium, 164; Sanders, Provenance, 343–348; Nelson, Deuteronomy, 360. Auch Reinhard Achenbach, „Die Prophezeiungen des Mose in Deuteronomium 28–32,“ ZAR 20 (2014): 147–179, 170 Anm. 30, scheint dieser Ansicht zu sein. Während Otto, „Moses Abschiedslied,“ 654–656; idem, Deuteronomium IV: 2104.2163–64, meinte, aus den Anspielungen in den Einleitungsreden schließen zu können, dass der Redaktor das Lied selber für den jetzigen Zusammenhang gedichtet habe, kommt Schmidtkunz, Moselied, 234–258, aufgrund einer neuen ausführlichen Untersuchung der Bezüge zu dem Urteil: „Trotz der äußerlichen Ähnlichkeiten deutet der Sprachgebrauch also darauf hin, dass Lied und Rahmen unterschiedliche Verstehenshorizonte repräsentieren“ (a.a.O., 335). Ihrer Meinung nach erscheint „ein gemeinsamer Ursprung als sehr unplausibel“ (a.a.O., 355). 34 Dass die späte Exilszeit den terminus a quo für die Datierung des Liedes darstellt, zeigt die zentrale Rolle, die das monotheistische Bekenntnis darin spielt, mit deutlichen Anklängen an Deuterojesaja (vgl. Dtn 32,39 mit Jes 41,4; 43,11.13; 48,12).
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seinem Gott untreu gewordene Israel diese Katastrophe nur deswegen überlebt, weil JHWH seinen Beschluss zu dessen totalen Vernichtung, der angesichts der Hybris der Feinde seine alleinige Weltregierung hätte infrage stellen können (V. 26–27), nicht ausführte, sondern stattdessen beschloss (V. 39–42), seine einzigartige Göttlichkeit im Kampf bloß gegen seine Feinde und Hasser, seien sie innerhalb oder außerhalb Israels, durchzusetzen.35 Auch schon dem DtrG war es ja darum gegangen, das Exil aus der anhaltenden Untreue Israels gegenüber JHWH zu begründen und JHWHs Göttlichkeit angesichts der Katastrophe Israels zu verteidigen. So war es wohl eine ganz wesentliche Absicht des Redaktors, die spätere Geschichte von Israels Untreue und Scheitern, welche die Geschichtsbücher erzählt hatten, schon als Zukunftsperspektive in Gründungsgeschichte Israels hineinzuziehen. Dies setzt aber voraus, dass zu seiner Zeit die völlige Abtrennung der Geschichtsbücher vom Pentateuch vollzogen oder zumindest ernsthaft erwogen wurde. Das Moselied ist somit als eine Art von „Ersatz“ für das DtrG im Rahmen des Pentateuchs gemeint. Es soll dessen Absicht, die richtigen Lehren aus der fehl gelaufenen weiteren Geschichte und der Exilskatastrophe zu ziehen, schon in der Gründungsurkunde zur Geltung kommen lassen. Darin besteht die Zeugenfunktion des Liedes, zumal es anders als das DtrG ein Stück weit über die Katastrophe hinausweist, indem es alle Überlebende, die sich zum Gottesvolk zählen, eindringlich mahnt, sorgfältig darauf zu achten, dass sie zu JHWHs Knechten und nicht zu seinen Feinden gehören (V. 43). Die These, dass das Moselied vornehmlich die Funktion hat, das DtrG zu ersetzen, lässt sich noch durch einige motivliche Beobachtungen weiter erhärten: Während das Lied im Rückblick ein sehr eigenes, vom Pentateuch abweichendes Bild von der Gründungsgeschichte Israels entwirft, Exodus und Sinai nicht erwähnt, sondern Israels Erwählung in den Himmel verlegt (V. 8–9) und das Bild eines ungestörten Gottesverhältnisses während der Wüstenzeit zeichnet (V. 10–14), stimmt es im Vorausblick an einem entscheidenden Punkt mit dem DtrG darin überein, dass es den Abfall Israels zu fremden Göttern erst nach der Landnahme beginnen lässt (V. 15–18; vgl. Ri 2 – 2 Kön 25). Wenn aber das Lied weniger eine genaue Zusammenfassung des im Pentateuch geschilderten Geschehens darstellt, sondern ein betont theologischer Ausblick auf das Geschehen in der Zukunft sein soll, das im DtrG in aller Breite aus menschlicher Perspektive erzählt worden ist, dann ist es relativ wahrscheinlich, dass seine Einfügung mit der Konstituierung des Pentateuchs als einem gegenüber dem DtrG unabhängigen Werk zu tun hat. Somit können wir den Redaktor als einen ersten wirklichen Pentateuchredaktor bezeichnen, der angesichts seiner dtr. beeinflussten Sprache eher in einem laizistischen Milieu anzusiedeln ist (PentRL1). Mit dem sprachlich und theologisch eindrucksvollen hymnischen Lehrgedicht verschaffte er dem Pentateuch zugleich einen würdigen Ausklang und einen zur kritischen Selbstprüfung anregenden Ausblick.
35 Mit dieser äußerst knappen Zusammenfassung des Gedankenganges des Liedes folge ich der neusten, meiner Meinung nach zutreffenden Auslegung von Schmidtkunz, Moselied, 48–94. Gegenüber der seit Steuernagel, Deuteronomium, 170–172, vorherrschenden Deutung, dass das Lied auf einen Völkerkampf Gottes hinauslaufe – Otto, Deuteronomium IV, 2195–96, spricht gar von einem „apokalyptischen Völkerkampf“ – kann sie sich auf die Beobachtung stützen, dass in Dtn 32,40–42 nicht von den Feinden Israels, sondern von Gottes Feinden die Rede ist. Dass, wie schon Eduard König, Das Deuteronomium. KAT 3 (Leipzig: Deichtersche Verlagsbuchhandlung Werner Scholl, 1917), 214, annahm, letztlich ein göttliches Reinigungsgericht gemeint ist, das in erster Linie Israel betrifft, wird durch die letzte Aussage des Liedes bestätigt, dass Gott damit den Ackerboden seines Volkes entsühnen werde (V. 43).
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5. Die Vervollständigung des Torabuchs und der Einbau des Mosesegens; das Werk eines zweiten nicht-priesterlichen Redaktors (PentRL2)? Doch mit der Einfügung des Moseliedes waren die Redaktoren, die sich für den kompositionellen Abschluss des Pentateuchs verantwortlich fühlten, offenbar noch nicht zufrieden. Wie die dessen Einleitung verdoppelnde Moserede in Dtn 31,24–30 aufweist, hat es mindestens noch eine weitere Abschlussredaktion aus nicht-priesterlichem Milieu gegeben. Wenn der Autor dieser Rede im Anschluss an die erweiterte Szene von der göttlichen Theophanie am Begegnungszeit noch einmal den Fokus ganz auf die Tora, auf ihre Verschriftung und Funktion ausrichtet (Dtn 31,24–27), um erst danach wieder auf das ihm vorgegebene Lied zurückzulenken (V. 28–30), dann muss er damit ein ihm zentral wichtiges Ziel verfolgt haben. Einerseits griff er damit die dtr. Aussage von der Verschriftung der Tora in V. 9 wieder auf; andererseits betonte er davon abweichend, dass Mose aus der Erfahrung der Gottesoffenbarung heraus „die Worte dieser Tora“ bis „bis zu ihrer Vollständigkeit“ ( עד )תמםin ein Buch geschrieben und damit abgeschlossen habe (V. 24). Erst als vervollständigtes materiales Schriftstück konnte die Tora den Leviten zur Positionierung neben der Bundeslade übergeben, um damit neben seiner primären Funktion der Belehrung auch – wie schon das Lied – eine Zeugenfunktion für die Zukunft übernehmen (V. 25–26). Mir scheint, dass die Dimension der Herstellung eines vollständigen Torabuchs, die hier beschrieben wird, von der bisherigen Forschung noch nicht voll erfasst wurde. Die meisten Exegeten deuten sie vom Kontext her dahingehend, dass Mose das von Gott neu offenbarte Lied (V. 19–21) noch in die schon V. 9 verschriftete Tora aufgenommen habe.36 Dies kann sehr wohl auch gemeint sein, aber die Formulierungen von V. 24 klingen viel allgemeiner, viel grundsätzlicher. Raik Heckl hat darum zurecht die übliche Deutung ein Stück weit ausgeweitet: Insgesamt diene „der nochmalige Verweis auf die Abfassung der Tora in Dtn 31,24 dazu, Form und Umfang des Deuteronomiums ab Dtn 32 zu erklären.“37 Das vervollständigte Torabuch des Mose würde demnach auch schon den Mosesegen in Kap. 33 und vielleicht auch die Erzählung vom Tod des Mose in Kap. 34 umfassen. Mir scheint allerdings auch damit die volle Dimension des in Dtn 31,24 Ausgesagten noch nicht erschlossen. Immerhin erinnert die Wendung עד תמם... כלהan Bemerkungen, mit denen Schreiber in Kolophonen den vollständigen Abschluss ihrer Arbeit notieren.38 Meiner Meinung nach soll in den knappen, aber grundsätzlichen Worten nicht weniger gesagt werden, als dass Mose durch die erneute Theophanie JHWHs im Begegnungszelt befähigt wurde, über das Lied (V. 22) und das Deuteronomium (V. 9) hinaus das vollständige Torabuch, d.h. den gesamten Pentateuch, der ja im Buch Genesis von Ereignissen handelte, die noch vor der Geburt des Mose stattgefunden 36 Vgl. König, Deuteronomium, 205; Martin Rose, 5. Mose. Teilband II: 5. Mose 1–11 und 26–34: Rahmenstücke zum Gesetzeskorpus. ZBKAT 5.2 (Zürich: TVZ, 1994), II:562; Sanders, Provenance, 342; Talstra, Deuteronomy 31, 100; Sonnet, Book, 159–160; Nelson, Deuteronomy, 361–62; Otto, Deuteronomium IV, 2105.2125. 37 S. Heckl, „Präsentation,“ 235. Leider verfolgt Heckl diese richtige Spur nicht weiter, weil er, a.a.O., 236– 239, aus terminologischen Gründen meint annehmen zu müssen, dass es in Dtn 31,9 um den Pentateuch und in V. 24 nur um das Buch Deuteronomium gehe. Doch ist das alles andere als zwingend. Denn mit der Bezeichnung ספר התורה, die in Dtn 31,26 gebraucht ist, wird in Texten, die jünger als das DtrG sind, sehr wohl der gesamte Pentateuch bezeichnet (vgl. Neh 8,3; vgl. 8,1). 38 Vgl. Sonnet, Book, 159.
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hatten, niederzuschreiben. D.h. aber, der zweite nicht-priesterliche Redaktor will in V. 24 kurz davon berichten, wie dank göttlicher Intervention die dtn. Tora von Mose zur pentateuchischen Tora ausgeweitet und damit komplettiert werden konnte. Das neben der Bundeslade deponierte vervollständigte Torabuch (V. 25–26), das Israel auf seinem weiteren Weg begleiten und es vor Widerspenstigkeit gegenüber seinem Gott eindringlich warnen sollte (V. 27), war schon der gesamte Pentateuch. Der Verfasser dieser Verse entpuppt sich damit als Pentateuchredaktor par exellence. Er sei hier darum PentRL2 genannt. Es ist darum kein Zufall, dass dieser Redaktor gegenüber dem Moselied auch inhaltlich die pentateuchische Perspektive dadurch zur Geltung brachte, dass er Mose aus der eigenen Erfahrung heraus feststellen ließ, dass die Untreue Israels gegenüber JHWH keineswegs erst, wie es das Lied (32,15–18) und entsprechend die erste Einleitungsrede (31,16.20) darstellten, nach der Einwanderung in das verheißene Land erfolgte, sondern schon beim Abfall zum Goldenen Kalb in der Wüstenzeit geschehen war. Mit seinem Rückblick (V. 27.29) griff er dazu vornehmlich auf Begriffe der Darstellung in Dtn 9 zurück,39 rief damit aber zugleich auch die Erzählungen von Ex 32–34 in Erinnerung, in denen die Anklage, Israel sei ein halsstarriges Volk ()עם קשׁה־ערף, ein regelrechtes Leitmotiv bildete (Ex 32,9; 33,3.5; 34,9; vgl. Dtn 9,6.13). Die Notwendigkeit der Zeugenfunktion von Tora und Lied wurde damit durch eine genuin pentateuchische Thematik untermauert. Wenn derselbe Redaktor seinen Einschub damit rahmt, dass er auch Mose die Worte des Liedes „bis zu ihrer Vollständigkeit“ ( )עד תמםvortragen lässt (Dtn 31,30), dann spielt er vielleicht darauf an, dass dieses Moselied in verschiedenen Varianten bekannt war und er sich für die vollständige Fassung verbürgen wollte. Schon Petra Schmidtkunz hatte erwogen, ob nicht die in der zweiten Person sing. formulierten Anklagen in 32,14b.15aβ, welche die Erzählung des Liedes sprengen, von dem Redaktor eingefügt wurden, der in seiner Einleitung angekündigt hatte, das Lied würde dem abtrünnigen Volk in sein Angesicht als Zeuge aussagen (31,21).40 Das wäre nach der hiesigen Nomenklatur der PentRL1. Nun sind aber, wie auch Schmidtkunz erneut bestätigte, im Lied auch noch weitere Passagen als Zufügungen verdächtig (bes. V. 30.31.32–33).41 Dem zweiten Pentateuchredaktor wäre davon durchaus die umfangreiche Sodom-Anklage V. 32–32) als Explikation der Frevel Israels (!) zuzutrauen. Auch sie greift ja ein Thema aus dem Pentateuch auf (Gen 19). Indem er schließlich die ältere, noch vom PentRL1 formulierte Liedeinleitung (Dtn 32,44), hinter das Lied verschob, deutete er an, dass Mose und Josua das Lied nicht nur einmal vor den Leitern der Volksversammlung, sondern mehrfach im Volk vortrugen. Der Mosesegen in Dtn 33,1–29, der eindeutig sekundär in den vom PB3 gestalteten Weg des Mose zum Ort seines Sterbens (32,48–52+34,1*) eingeschoben wurde, scheint auf den ersten Blick völlig isoliert dazustehen. Doch sieht man genauer hin, so ergeben sich mehrfache Verknüpfungen hin zum Moselied42 und vielfache Rückverweise in den Pentateuch hinein.43 Schon allein aus der Tatsache, dass der Mosesegen ein Pendant zum Jakobsegen (Gen 39 Vgl. zu Dtn 31,27 ממרים הייתם עם־יהוהgleichlautend 9,24, zu 31,29 וסרתם מן־הדרךähnlich in 9,12.16; vgl. Ex 32,8 u.a.m. 40 Vgl. Schmidtkunz, Moselied, 361–363. 41 Vgl. Schmidtkunz, Moselied, 77–79.361–364 42 Die eigenartige Aussage von Dtn 33,3 ist nur in Rückbezug auf 32,8–9 verständlich; vgl. die Ehrenbezeichnung Jeschurun, die im Pentateuch nur in Dtn 32,15; 33,5.26 vorkommt, u.a.m. 43 S. unten S. 285.
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49,1–28) darstellt, auf den er sich insbesondere in der Josephstrophe explizit zurückbezieht,44 ist schon häufiger vermutet worden, dass Dtn 33 der Pentateuchredaktion zugewiesen werden kann.45 Diese habe mit den beiden Segenstexten am Ende des ersten und den letzten Buches des Pentateuchs einen kompositionellen Rahmen um das ganze Werk herumgelegen wollen.46 Für die genauere literaturgeschichtliche Einordnung des hier tätigen Pentateuchredaktors ist zu berücksichtigen, dass in Dtn 33 die eigentlichen Stammessprüche V. 6–25 durch einen kleinen Hymnus gerahmt sind (V. 2–5+26–29), der seit Carl Steuernagel gerne als spätere Ergänzung von ihnen abgehoben wird.47 Folgt man dieser Einschätzung, dann müsste man vielleicht noch mit einem weiteren nicht-priesterlichen Pentateuchredaktor rechnen. Doch hat schon Gerhard von Rad die Notwendigkeit einer solchen Aufteilung in Frage gestellt,48 und inzwischen hat Hans-Peter Mathys im Gefolge von Raymond Tournay so viele sprachliche Beziehungen zwischen dem Rahmen und den Sprüchen aufgezeigt, dass das Kapitel als literarische Einheit aufgefasst werden kann.49 Dann hätte hier ein Autor unter Verwendung von ihm vorliegenden Hymnen- und Stammesspruchmaterial eine komplexe, volltönende Einheit für den Abschluss des Pentateuchs komponiert. Denn erst der Hymnus und die Sprüche zusammen erreichen den vollen kompositionellen Abschluss. Dass wir es bei diesem Autor von Dtn 33 erneut mit dem PentRL2 zu tun haben, wird aus den folgenden Beobachtungen wahrscheinlich: Hatte dieser schon in Dtn 31,24–27 die überragende Bedeutung, die der PentRL1 dem Moselied für die Zukunft Israels eingeräumt hatte, insofern eingeschränkt, als er erneut die Wichtigkeit der Tora ins Spiel brachte, so ergänzte er hier die Gerichtsperspektive des Liedes, die nur die Möglichkeit des Überlebens nach der Exilskatastrophe aufgezeigt hatte, durch eine facettenreiche Schilderung der großen Heilschancen, die sich Israel nach und trotz der Katastrophe auftun würden. Dank der Fürbitten und guten Wünsche des Mose würde den Stämmen Israels mit Jahwes Hilfe in Zukunft die Möglichkeit zu einem reich gesegneten, gesicherten und ungestörtem Leben erwachsen (33,28). Und hatte der PentRL2 schon in Dtn 31,27.29 auf ein zentrales Ereignis im Pentateuch 44 Vgl. Dtn 33,15 גבעות עולםmit Gen 49,26a und Dtn 33,16 ולקדקד נזיר אחיוmit Gen 46,26b. 45 So schon Filemon A. Puukko, Das Deuteronomium. Eine literarkritische Untersuchung. BWANT 5 (Leipzig: Hinrichs, 1910), 116, sodann Henrik Pfeiffer, Jahwes Kommen von Süden: Jdc 5; Hab 3; Dtn 33 und Ps 68 in ihrem literatur- und theologiegeschichtlichen Umfeld. FRLANT 211 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2005), 185; Martin Leuenberger, Segen und Segenstheologien im Alten Israel: Untersuchungen zu ihren religions- und theologiegeschichtlichen Konstellationen und Transformationen. AThANT 90 (Zürich: TVZ, 2008), 347–350; Römer, Deuteronomistic History, 181–182; s. oben S. 273. 46 Ich konnte jüngst sogar wahrscheinlich machen, dass erst der nicht-priesterlicher Pentateuchredaktor, der die Einleitung zum Mosesegen formulierte (Dtn 33,1), die Stammessprüche, die einmal in Gen 35 gestanden hatten, durch Versetzung nach Kapitel 49 zu einem Sterbesegen Jakobs umgeformt und neu gerahmt hat (49,1b.28bβ), um so eine genaue Entsprechung zum Segen des Mose kurz vor seinem Tode zu schaffen, vgl. Rainer Albertz, Die Josephsgeschichte im Pentateuch. Ein Beitrag zur Überwindung einer anhaltenden Forschungskontroverse. FAT 153 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 143–149. 47 Vgl. Steuernagel, Deuteronomium, 173–175. 48 Vgl. von Rad, Deuteronomium, 149. 49 Vgl. Hans Peter Mathys, Dichter und Beter: Theologen aus spätalttestamentlicher Zeit. OBO 132 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1994), 170–174, und Raymond Tournay, „Le Psaume et les Bénédictions de Moïse (Deutéronome XXXIII),“ RB 65 (1958): 181–213, bes. 202–208.
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Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31-34)
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Bezug genommen, so ließ er Mose in den hymnisch gerahmten Segenssprüchen fortlaufend Erinnerungen an die in ihm erzählte Gründungsgeschichte wachrufen: Der von ihm gestaltete Hymnus räumte der Sinaitheophanie, die im Moselied übergangen worden war, einen gebührenden Platz ein (33,2),50 an die hier Mose zuteil gewordene Berufung erinnerte die Rede vom „Dornbuschbewohner“ (V. 16). Der Levi-Spruch weckte in V. 8 die Erinnerung an Moses Bewährung in Massa und Meriba (Ex 17,1–7) und der Josephspruch in Dtn 33,16 an Josephs Sonderstellung als „Geweihter seiner Brüder“ (Gen 49,26). Und falls man den Lobsatz in Dtn 33,4, dass Mose „uns“ die Tora befahl und diese somit zum stolzen Besitz der Versammlung Israels wurde, nicht als spätere Ergänzung aussondert,51 würde der PentRL2 sogar noch einmal auf seine Szene von des Übergabe des vervollständigten Torabuchs an die Leviten Bezug nehmen (31,24–27). An zwei markanten Punkten zeigt sich, dass auch der Mosesegen mit der Entscheidung zu tun hat, die Gründungsgeschichte Israels auf den Pentateuch zu begrenzen: Indem der PentRL2 im Eingangshymnus schilderte, wie JHWH vom Sinai aus mit seinen himmlischen Heerscharen aufbrach, um in der Versammlung der Stämme Israels zu deren König zu werden (Dtn 33,2–5), spielte er, wie bereits mehrere Exegeten erkannten,52 auf den sog. „Landtag von Sichem“ in Jos 24 an, bei dem die Stämme Jahwe zu ihrem Gott erkoren (vgl. V. 1.15.21– 22). Jos 24 war aber der Abschlusstext des Hexateuchs gewesen, des vorangehenden Versuchs, eine Gründungsurkunde Israels unter Einschluss des Josuabuches zu schaffen.53 Der PentRL2 revidierte diesen Versuch: „Dtn 33,5 verlegt den historischen Anfang der Theokratie vom Abschluss der Landnahme an das Ende der Abschiedsrede des Mose,“ formulierte Henrik Pfeiffer;54 oder um es mit den Worten von Eckart Otto auszudrücken: „Dtn 33,5 weist … auf Jos 24 und holt so den Landtag von Sichem in den Pentateuch.“55 Des weiteren konstatierte der PentRL2, was besonders Henrik Pfeiffer herausstellte,56 im Schlussteil seines Hymnus ausdrücklich, dass JHWH – zur Hilfe Israels am Himmel daher fahrend – dessen Feinde vertrieb und Israel eine sichere und fruchtbare Wohnstätte verschaffte (Dtn 33,26.27b–28). Damit waren, aber ohne dass die Erzählungen von der Eroberung und Verteilung des Landes im Josuabuch noch im Einzelnen nötig wären, die den Vätern gegebenen Landverheißungen schon innerhalb des Pentateuchs erfüllt.57 So konnte, ohne den Verlust eines Teils der 50 Der Begriff „Sinai“ fällt nur hier im ganzen Buch Dtn anstelle der hier sonst üblichen Bezeichnung „Horeb“! 51 Für letzteres plädiert erneut Pfeiffer, Jahwes Kommen, 185–186. Doch wenn man berücksichtigt, dass Dtn 33 ja keine Erzählung von der Segnung der Stämme durch Mose darstellt, sondern sein Vermächtnis, das referiert wird, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass der Hymnus, der Mose in den Mund gelegt wird, auch einen Lobpreis des Volkes über Mose enthält. Otto, Deuteronomium IV, 2242, belässt etwa den Vers im Hymnus. 52 Vgl. Pfeiffer, Jahwes Kommen, 197–199; Leuenberger, Segen, 349–350; Otto, Deuteronomium IV, 2236. 53 Zur These, dass der Pentateuchredaktion eine Hexateuchredaktion voranging vgl. zusammenfassend Albertz, Pentateuchstudien, 449–470. Meiner Ansicht nach ist der Hexateuchredaktor an Dtn 31–34 möglicherweise nur in 34,1bβ–3 beteiligt, vgl. a.a.O., 463. 54 S. Pfeiffer, Jahwes Kommen,199. 55 S. Otto, Deuteronomium IV, 2242. 56 Vgl. Pfeiffer, Jahwes Kommen, 199. 57 Der Hexateuch hatte mit der Beschreibung der Landverteilung an alle zwölf Stämme und dem abschließenden Landtag von Sichem auch den Samariern eine gebührende Rolle in der Gründungsgeschichte Israels zuerkannt, vgl. Albertz, Pentateuchstudien, 469–470. Der PentRL2 zollt den Samariern trotz
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Rainer Albertz
Heilsgeschichte in Kauf zu nehmen, die Gründungsgeschichte Israels in der Tat mit dem Tod des Mose in Dtn 34 abgeschlossen werden. So spricht einiges dafür, dass auch die kompositionelle Abrundung des Pentateuchs in Dtn 34,11–12 vom PentRL2 gestaltet worden ist. Hatte er in Dtn 33,2.4(?) die Bedeutung des Sinai resümierend hervorgehoben, so richtete er in 34,11–12 abschließend noch einmal den Blick zurück auf den Exodus, das zweite Grunddatum der im Pentateuch erzählten Heilsgeschichte, das im Moselied übergangen worden war. In der Einleitung des Mosesegens (33,1) hatte er Mose als „Gottesmann“ ( )אישׁ האלהיםbezeichnet, d.h. mit einem Titel, mit dem gern solche Propheten benannt wurden, die wie etwa der Prophet Elisa nicht nur über mantische, sondern auch magische Fähigkeiten verfügten (2. Kön 4,7.21.40; 5,8; 6,6; 7,1–2; 8,4 u.ö.). Die einzigartigen mantische Qualifikationen des Mose hatte schon der spät-dtr. D-Redaktor in 34,10 abschließend preisend hervorgehoben. Diese Einschätzung bildete ja auch schon die Basis für Moses weitreichende Zukunftsschau, welche der PentRL1 mit Dtn 32 und der PentRL2 in Dtn 33 entwickelten; sie wurde schon von Reinhard Achenbach gebührend gewürdigt.58 Der PentRL2 ging in Dtn 34,11–12 nun aber noch einen Schritt weiter, und pries die großen magischen Wundertaten, die Mose sowohl in den Plagen an Pharao, seinen Knechten und am ganzen Land Ägypten getan (V. 11) als auch vor den Augen Israels, etwa am Schilfmeer, gewirkt hatte (V. 12). Dabei benutze er Formulierungen, die sonst nur für die Beschreibung göttlichen Handelns verwendet werden.59 Gott hatte somit nicht nur mit Mose auf eine besonders intime Weise kommuniziert wie sonst mit keinem anderen Menschen, sondern sich auch mit seiner Macht so eng an Mose gebunden, dass dieser in Ägypten überragende Wundertaten vollbringen konnte, die zur Befreiung Israels führten. Mit dem Tod dieses einzigartigen Gottesmannes hatte der Pentateuch, die Gründungsurkunde Israels, wirklich seinen endgültigen Abschluss gefunden.
6. Zusammenfassung Abschließend seien hier die Ergebnisse der redaktionsgeschichtlichen Untersuchung nur noch einmal tabellarisch zusammengefasst: Redaktionsschicht DtrG
zugewiesene Texte Dtn 31,1–13; 32,45–47; 34,1*.4aα1.b.5–6; Jos 1…
Entstehung um 560 v.Chr.
Ausschlusses des Josuabuches aus der Gründungsurkunde insofern Respekt, als er im Unterschied zum Jakobsegen, der Juda eine Führungsstellung einräumte (vgl. Gen 49,8–12), in dem von ihm formulierten Mosesegen eindeutig die nördlichen Stämme bevorzugt. Vielleicht stammte er aus dem Norden. In jedem Fall wollte er einen für Judäer und Samarier tragbaren Kompromiss! 58 Vgl. Achenbach, „Prophezeiungen,“ 169–179. Auch wenn ich anders als er den Schluss des Moseliedes nicht auf einen Völkerkampf deute, stimme ich seiner Einschätzung zu, dass die Prophezeiungen des Mose – noch mehr in seinen Segenswünschen als in seinem Lied – bereits eine eschatologische Dimension öffnen. 59 Vgl. zu Dtn 34,11 „ אתות ומופתיםZeichen und Wunder“ Dtn 4,34; 26,8; 29,2; Ex 7,3; zu Dtn 34,12 יד „ חזקהstarke Hand“ Dtn 4,34; 26,8; Ex 3,19; 6,1; 13,9 und zu Dtn 34,12 „ מורא גדולgroßer Schrecken“ Dtn 26,8 und pluralisch 4,34.
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Der kompositionelle Abschluss des Pentateuchs (Dtn 31-34)
D PB3 HexR PentRL1 PentRL2
Dtn 31,14–15.23; 34,4aα2β.10 Dtn 32,48–52; 34,1*.7–9 Dtn 34,1bβ–3(?) …………….. Jos 24,1–32 Dtn 31,16–22; 32,44 + Moselied (32,1–43) Dtn 31,24–30; Umstellung von 32,44 hinter das Moselied; 33,1–5.(6–25).26–29; 34,11–12
Mitte 5. Jh. v.Chr. Mitte 5. Jh. v.Chr. um 420 v.Chr. Ende 5. Jh. v.Chr. Anfang 4. Jh. v.Chr.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13): Synchronic Observations, Diachronic Considerations Reinhard Müller The final chapters of Deuteronomy (Deut 31–34) include a commandment, which – in the narrative world of the book – is crucial to the way in which the Mosaic Torah was to be passed on in Israel’s history from generation to generation. In Deut 31, shortly after the opening of the chapter, we are told that Moses wrote down the Torah, handed it over to priests and elders, and commanded them to read it publicly at every seventh Festival of Booths. This brief narration and the instruction it includes (vv. 9–13) form a cornerstone of Deuteronomy’s narrative framework. The position near the end of the Pentateuch increases the weight of the passage. In light of Moses’s impending death, envisaged several times throughout the chapter (vv. 2, 14, 16, 27, 29), the Deuteronomic narrative faces a decisive problem. How could it be ensured that the Torah Moses had proclaimed on this very day would not be forgotten after his death? Deuteronomy 31:9–13 provides an answer to this question. Moses wrote the Torah down, entrusted priests and elders with the scroll, and instructed them to make its content periodically known to the Israelites. This was one of Moses’s last deeds. Readers of Joshua to Kings come across references to the Torah scroll from time to time. Most prominently, Joshua, when being commissioned by Yahweh to lead the people into the land, is instructed to meditate day and night on the book and its message (Josh 1:8). However, references to the book of the Torah are notably rare and parenthetical in the Former Prophets.1 The public reading of the book is mentioned only twice in Joshua to Kings (Josh 8:34–35; 2 Kgs 23:2), and one gets the impression that the practice of reading the Torah every seven years at the Festival of Booths ceased immediately after Joshua’s generation (cf. esp. Judg 2:17). The Torah scroll itself, after having been deposited in Solomon’s temple, “by the side of the ark,” as suggested by Deut 31:26 but not even mentioned in 1 Kgs 8, seems to have fallen into oblivion for centuries. It resurfaces only under Josiah (2 Kgs 22:8), who is the first who is explicitly said to have read the book in public after Joshua (2 Kgs 23:2, although this passage does not speak of “ ספר התורהthe book of the Torah,” like 2 Kgs 22:8, but of ספר “ הבריתthe book of the covenant,” corresponding to Exod 24:7). After the exile, it is Ezra who seems to have renewed this practice, as we are told in Neh 8. Only this time it is explicitly 1
Josh 1:8 (“ ספר התורה הזהthis book of the Torah”); 8:31 (“ ספר תורת משהthe book of the Torah of Moses”), 34 (“ ספר התורהthe book of the Torah”); 23:6 (“ ספר תורת משהthe book of the Torah of Moses”); 24:26 (“ ספר תורת אלהיםthe book of the Torah of God”); 2 Kgs 14:6 (“ ספר תורת משהthe book of the Torah of Moses”); 22:8 (“ ספר התורהthe book of the Torah”), 11 (“ ספר התורהthe book of the Torah”); 23:24 (“ דברי התורה הכתבים על הספרthe words of the Torah that were written in the book”); see Reinhard Achenbach, “The Pentateuch outside the Pentateuch,” in The Oxford Handbook of the Pentateuch, ed. Joel S. Baden and Jeffrey Stackert (Oxford: University Press, 2021), 462–483, here 468–469.
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Reinhard Müller
said, in accordance with Deut 31, that the reading of the book (ספר תורת משה, v. 1) takes place at the Festival of Booths (vv. 13–18). The following observations focus on Deut 31:9–13 itself. How is this passage related to its smaller and larger contexts in Deuteronomy and the surrounding books? What is the structure and logic of the commandment to read the Torah in public every seven years? How can this temporal cycle be explained in relation to the rationale of the instruction? What can be said about the position of the passage in the literary history of Deuteronomy?
1. Synchronic Observations on the Literary Contexts of Deut 31:9–13 Deuteronomy 31 opens the concluding portion of the book, which at the same time closes the entire Pentateuch. The chapter comes right after Moses’s speech in Deuteronomy 29–30 which revolves around Israel’s “entering the covenant” with Yahweh (see Deut 29:11) – a speech that follows the lengthy speech of Deut 5–28 (which is only briefly interrupted by some short narrative elements in ch. 27). Deuteronomy 31 relates to Moses’s preceding speeches in several ways. The narrative situation of Moses standing (or sitting?)2 in front of the Israelites and addressing them with his admonitions is basically the same. The events of chapter 31 take place on the same day as all of Deut 1–34, that is, on the very day of Moses’s death (see Deut 1:3). Particularly the opening of chapter 31 (v. 1) is reminiscent of the introductions of Moses’s speeches in 5:1 and 29:1. But Deut 31 also recounts events that are singular in the book, such as Moses’s act of writing on a scroll (vv. 9, 22, 24), or Yahweh’s epiphany in the tent of meeting (vv. 14–15). In addition, Moses more than once addresses single persons or groups here, and not all Israelites, as in his preceding speeches (Deut 1–4, see 1:1–5; Deut 5–28, see 4:44–5:1; cf. also 27:1, 9, 11; Deut 29–30, see 29:1). In Deut 31, he speaks to Joshua (vv. 7–8), to the priests and elders (vv. 10–13), and to the Levites (vv. 25–29). Furthermore, the middle part of chapter 31 is a large speech by Yahweh to Moses (vv. 14–21), which is exceptional in Deuteronomy (other divine speeches are found only in 32:48–52 and 34:4). Only at the beginning and end of chapter 31, does Moses address all Israel (vv. 1–6 and 30), as in most other parts of the book. Deuteronomy 31 is also exceptional in another perspective. Although the chapter predominantly contains direct speech, like most parts of Deuteronomy, it also comprises a considerable number of short narrative elements (vv. 1, 2*, 7*, 9, 10a, 14*, 15, 16aα, 22, 23*, 24, 25, 30). In fact, apart from the narration of Moses’s death and burial in chapter 34, chapter 31 contains the densest cluster of narrative elements in the book. Deuteronomy 31 is therefore crucial for Deuteronomy’s “fable,” and Norbert Lohfink’s seminal reconstruction of this fable had its natural focus on this chapter.3
2 3
The circumstances of Moses’s proclamations are never illustrated further, which is typical for the scanty character of the framing narration in Deuteronomy. Norbert Lohfink, “Zur Fabel in Dtn 31–32,” in Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur IV, SBAB 31 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2000), 219–245; Norbert Lohfink, “Zur Fabel des Deuteronomiums,” in Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur IV, 247– 263.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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Moses’s act of writing down the Torah according to vv. 9 and 24 (including the prophetic “song” revealed to him by Yahweh according to vv. 19 and 22) is fundamental in this context. In 31:9, readers of Deuteronomy learn that the copy of the Torah that the Israelite king, in much later times, is instructed to draw up for his private use (17:18) is a copy of the scroll that had been inscribed by Moses himself – a scroll that was to be passed on by the Levitical priests from generation to generation (cf. 31:24–26). In a similar vein, the inscription of the Torah on plastered stones that had to be made after Israel’s crossing of the Jordan according to Deut 27:2–8 has to be imagined as a copy of the scroll written by Moses himself (cf. Josh 8:32).4 Furthermore, Deut 31:9 sheds light on the four peculiar metatextual references in chapters 28 and 29 which imply that these passages are found in an existing book: 28:58 28:61 29:20 30:10
כל דברי התורה הזאת הכתובים בספר הזה אשר לא כתוב בספר התורה הזאת הכתובה בספר התורה הזה הכתובה בספר התורה הזה
all the words of this Torah that are written in this book that is not written in the book of this Torah that is written in this book of the Torah that is written in this book of the Torah
Table 1: References to “this Torah” in Deuteronomy.
In light of Deut 31:9, these passages must refer to the book written by Moses himself. To be sure, this does not exclude the notion that the factual scrolls or books in the hands of Deuteronomy’s later readers are copies of the original master-copy once drafted by Moses himself. All these implicit and explicit references to the written Torah occur notably in chapters 17– 30, that is, before Moses’s actual writing of the scroll is recounted in chapter 31. It seems that the references to the scroll in the preceding chapters are addressed to re-readers of Deuteronomy who already know what happened according to Deut 31:9.5 The main topics of Deut 31 are related to the question how Israel will be guided after Moses’s death. Moses announces to Israel that he will be succeeded by Joshua (vv. 1–6), and he commissions Joshua “before the eyes of all Israel” (לעיני כל ישראל, v. 7) to lead the people into the land (vv. 7–8). Moses’s act of writing down the Torah, handing it over to priests and elders (v. 9), and instructing them to read it to “all Israel” every seven years (vv. 10–11) appears as prerequisite for Israel’s obedience to the Torah in the following generations (vv. 12–13). The commissioning of Joshua is reinforced by Yahweh himself in his epiphany in the tent of meeting (vv. 14–15). In this epiphany, Yahweh predicts that the people will leave him and break the covenant (vv. 16–18), and he instructs Moses to write down and teach the Israelites a “song” ( )שירהthat will testify before them as a “witness” ( )עדwhen they are suffering from divine punishment (vv. 19–21). According to this instruction, Moses writes the song down and teaches it to the Israelites (v. 22). Then “he” commissions Joshua
4 5
See Reinhard Müller, “The Altar on Mount Gerizim (Deut 27:1–8): Center or Periphery?,” in Centers and Peripheries in the Early Second Temple Period, ed. Ehud Ben Zvi and Christoph Levin (Tübingen: Mohr Siebeck, 2016), 197–214. Cf. Raik Heckl, “Mose als Schreiber: Am Ursprung der jüdischen Hermeneutik des Pentateuchs,” ZABR 19 (2013): 179–234, here 188.
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to lead Israel into the land (v. 23),6 which resumes Yahweh’s announcement in v. 14. Moses completes the Torah scroll (v. 24) and commands the Levites to deposit it “by the side of” ( )מצדthe ark so that it can become a “witness” ( )עדagainst Israel, since he is aware of Israel’s rebellious nature and expects more rebellion against Yahweh after his death (vv. 26–27). Finally, in light of his knowledge about Israel’s somber future, Moses commands the Levites to assemble the elders of the tribes and the scribes ( )שטריםso that he can “call heaven and earth to witness against them” (vv. 28–29). The chapter is concluded by a brief note (v. 30) stating that Moses proclaimed the שירהto the entire “assembly of Israel” ()כל קהל ישראל, and in the next chapter the song is quoted (32:1–43). Despite the somewhat confusing logic of chapter 31, it is clear that the passage about Moses’s act of writing down the Torah and his command to read it publicly is an important element of the narration, if not its most prominent part. The second half of the chapter seems to merge Moses’s writing of the Torah with his writing of the ( שירהsee vv. 19, 22, 24). In light of the juxtaposition of vv. 22 (Moses’s acts of writing down the song and teaching it to the Israelites) and 24 (the note that Moses completed the writing of the Torah), one even gets the impression that Moses completed the writing of the scroll by writing the שירהat its end, although the text does not explicitly say so. The predictions about Israel’s future disobedience in the second half of the chapter (vv. 16–29) may be regarded as the negative counterpart of the concept according to which Israel’s lasting fear of Yahweh could be guaranteed by the periodical public reading of the Torah. Against the background of vv. 9–13, these predictions seem to imply that the Torah became soon forgotten after Moses’s death because it was no longer publicly read according to his instruction. In sum, Moses’s act of writing down the Torah (v. 9) and the ensuing commandment (vv. 10–13) appear as a decisive component of the “fable” of chapter 31.
2. The Structure of Deut 31:9–13 and Its Motifs Deuteronomy 31:9–13 consists basically of two parts: the short narration of vv. 9–10a and the commandment of vv. 10b–13, which is, as usual, quoted in direct speech.
6
The lacking subject of “ ויצוhe commanded” in v. 23 raises a problem, since the preceding v. 22 has Moses as the subject of the narrative forms. In multiple Greek manuscripts Μωυσῆς is therefore added after the opening verbal predicate, which is an inner-Greek secondary lectio facilior (John William Wevers, Deuteronomium, Septuaginta Vetus Testamentum Graecum 3.2 [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1977], 341 = LXXRa). The verbal forms in the end of v. 23 are however attested by the entire Greek tradition in the third person singular, which suggests that the Greek translator (maybe less likely his Vorlage) in fact took Moses as subject of the opening verbal forms and as speaker of the instruction to Joshua (John William Wevers, Notes on the Greek Text of Deuteronomy, SCS 39 [Atlanta, GA: Scholars, 1995], 504). The MT, by contrast, clearly presupposes that Yahweh is speaking (see esp. v. 23b: ואנכי )אהיה עמך, as secondarily clarified in some Vulgate manuscripts by an added Dominus after the opening verb (see BHQ). In a diachronic perspective, the peculiar transition from v. 22 to v. 23 is a most substantial indication for the composite character of the chapter (see below, section 3).
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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2.1 Deuteronomy 31:9 The opening narration relates three successive acts: Moses writes down the Torah, hands it over to priests and elders, and instructs them about its transmission. All these motifs are exceptional in Deuteronomy. The motif of Moses writing something down is mentioned in the entire book only in chapter 31, and the two following passages in the chapter that mention Moses’s writing point implicitly or explicitly back to v. 9: 31:9 31:22 31:24
... ויכתב משה את התורה הזאת ... ויכתב משה את השירה הזאת ויהי ככלות משה לכתב את דברי התורה הזאת ... על ספר עד תמם
Then Moses wrote down this Torah… Then Moses wrote down this song… And when Moses had finished writing down the words of this Torah on a scroll to their completion…
Table 2: Moses’s Writing in Deuteronomy 31.
Moses’s act of writing down the Torah is reminiscent of the making of another scroll mentioned in Exod 24:4: “ ויכתב משה את כל דברי יהוהAnd Moses wrote down all the words of Yhwh.” The words written down by Moses on this occasion had been communicated to him on Mount Sinai (see Exod 20:21–22), and he had proclaimed them to the people after his encounter with Yahweh (Exod 24:3). The scroll on which these words had been written is in Exod 24:7 called “ ספר הבריתthe book of the covenant.” When the Former Prophets and other biblical books refer to “the book of the Torah” (ספר )התורהor “the book of the Torah of Moses” ()ספר תורת משה7, it is most natural to assume that the book made by Moses according to Deut 31:9, 24 is meant – and not the book of the Sinaitic covenant. “The book of the covenant” ( )ספר הבריתis mentioned only in 2 Kgs 23:2,8 21, but in this case it seems to be identified with the previously mentioned book of the Torah (2 Kgs 22:8, 11). In the Pentateuch itself, the relationship between the two books – the Sinaitic book of the covenant and the Moabitic Torah – remains unclear. The narrative loses track of “the book of the covenant,” and Deut 31 says nothing about how the second, “Moabitic,” scroll is related to the scroll from Sinai. Is it possible to imagine that the scroll, whose existence seems to be implied in Deut 31:9, and which is explicitly mentioned only in v. 24, was the very same as the Sinaitic ?ספר הבריתSuch identification of the two scrolls may seem forced. However, Moses’s two acts of writing (Exod 24:4 and Deut 31:9) are notably parallel, and it is conspicuous how briefly Deut 31:9 refers to Moses’s act of writing and does not even mention the ספרMoses used on this occasion. The lacking reference to a scroll in v. 9 was secondarily added, parallel to v. 24, in parts of the textual transmission, attested by a manuscript from Qumran (4QDeuth) and by the Septuagint. This textual variation indirectly highlights the peculiar brevity of the phrase attested by the Masoretic text of v. 9: ויכתב משה “ את התורה הזאתThen Moses wrote down this Torah.” The second element of v. 9, “ התורה תזאתthis Torah” occurs several times in Deuteronomy (1:5; 4:8; 17:18–19; 27:3, 8, 26; 28:58, 61; 29:28; 32:46); outside the book, it is found only once (Num 5:30). In the narrative world of Deuteronomy, “this Torah” in 31:9 seems to 7 8
Josh 1:8; 8:31, 34; 23:6; 2 Kgs 14:6; 22:8, 11; Neh 8:1, 3; 9:3; 2 Chr 17:9; 25:4; 34:14–15; cf. Josh 24:26; 2 Kgs 23:24; Neh 8:8, 18. With the parallel in 2 Chr 34:30.
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refer back to the preceding speeches Moses gave to Israel on this day.9 A more precise meaning is indicated by the fact that Deut 4:44 opens Moses’s second speech, the main speech of Deuteronomy, with the words “ וזאת התורה אשר שם משה לפני בני ישראלAnd this was the Torah that Moses laid down before the Israelites.” Deuteronomy 31:9 forms a kind of inclusio with 4:44. This implies – at least at first glance – that the Torah Moses wrote down according to 31:9 comprised everything he had proclaimed to Israel according to chapters 5–30. The question what is precisely meant by “this Torah” has been intensely debated for centuries. The medieval commentator Nahmanides stated that it means everything “[f]rom the beginning of Genesis to the last verse in Deuteronomy.”10 This “maximalistic” position was already refuted by Abarbanel, who suggested: “Moses wrote down the books of Genesis, Exodus, and Leviticus at Sinai and added the rest piece by piece, as the divine communications came to him.”11 Modern commentators usually relate “ התורה הזאתthis Torah” to the Deuteronomic admonitions and commandments (Deut 5–30) in particular.12 In light of the relationship between Deut 4:44 and 31:9, it is not easy to dismiss this more “minimalistic” interpretation.13 On the other hand, it should not be overlooked that the Deuteronomic תורה “Torah” becomes transparent to comprise more than that, as indicated particularly by the peculiar reference to Moses’s act of “explaining this Torah” in Deut 1:5.14 As we will see, this is also suggested by particular elements in the commandment of 31:10–13 (see below, section 2.2, on תקראin v. 11 and הקהלin v. 12). After having written down the Torah, Moses hands it over to two groups of functionaries: “ הכהנים בני לויthe priests, the sons of Levi,” and “ כל זקני ישראלall the elders of Israel.” The fact that these two groups are mentioned side by side seems to mirror the legal core of Deuteronomy in which both the Levitical priests and the elders figure prominently; the priests are mentioned predominantly in the first half of the core (Deut 17–19), while elders are mentioned mostly in its second half (Deut 21–25). The expressions in 31:9 are nevertheless exceptional. Deuteronomy usually speaks of “ הכהנים הלוייםLevitical priests,” while the term “ הכהנים בני לויthe priests, the sons of Levi” is found only once more in Deuteronomy (21:5) and nowhere else in the Hebrew Bible. In addition, the priests are described as “ הנשאים את ארון ברית יהוהwho were carrying the ark 9 This is particularly suggested by the reading of v. 1 ויכל משה לדבר את הדברים האלה אל כל ישראל, attested by 1QDeutb, LXX, Aquila, and Theodotion; “this Torah” in v. 9 therefore seems to comprise all the words Moses had spoken to Israel before. On this version and its relationship to the version attested by the MT, וילך משה וידבר את הדברים האלה אל כל ישראל, see below, section 3, with n. 39. 10 מקראות גדולות, The Commentator’s Bible: The Rubin JPS Miqra’ot Gedolot, Deuteronomy ( דבריםed. Michael Carasik; Philadelphia: The Jewish Publication Society, 2015), 208; thus, in recent research, e.g., Raik Heckl, “Augenzeugenschaft und Verfasserschaft des Mose als zwei hermeneutische Konzepte der Rezeption und Präsentation literarischer Traditionen beim Abschluss des Pentateuchs,” ZAW 122 (2010): 353–373. 11 מקראות גדולות, Deuteronomy דברים, 208. 12 See, e.g., August Dillmann, Die Bücher Numeri, Deuteronomium und Josua, Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zum Alten Testament 13 (Leipzig: Hirzel, 1886), 387; Jean-Pierre Sonnet, The Book within the Book: Writing in Deuteronomy, BibInt 14 (Leiden: Brill, 1997), 248; Dominik Markl, Gottes Volk im Deuteronomium, BZABR 18 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2012), 165. 13 See, e.g., Carl Steuernagel, Das Deuteronomium, HKAT I/3.1 (2nd ed.; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1923), 161. 14 See Eckart Otto, Deuteronomium, 4 vols., HTKAT (Freiburg im Breisgau: Herder, 2012–2017), 4.2111.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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of the covenant of Yhwh.” This refers back to Deut 10:8 where this function is introduced ()בעת ההוא הבדיל יהוה את שבט הלוי לשאת את ארון ברית יהוה. Deuteronomy 31:9 seems to combine the motif of the Levites carrying the ark with the concept of a Levitical priesthood in Deuteronomy’s core. However, the motif of the ark remains peculiar, since it plays only a marginal role in Deuteronomy.15 Reinhard Achenbach drew attention to the fact that the expression “ ארון ברית יהוהthe ark of the covenant of Yahweh” is not deeply embedded in the Pentateuch and the Former Prophets; notably it is most often attested in Chronicles. Achenbach explains the term as a combination of the priestly ark (“ ארן העדתthe ark of the testimony,” Exod 25:22; see 25:10–22; 37:1–9; 40:3, 5, 20–21) with the renewal of the covenant according to Exod 34 (see esp. “ דברי הברית עשרת הדבריםthe words of the covenant, the ten words,” in Exod 34:28), which is associated with the motif of the tablets being stored in the ark (cf. Deut 10:1–5 with Exod 25:16, 21; 40:20).16 The Torah that is introduced in Deut 4:44 comprises the Ten Commandments (5:6–21),17 but the written Torah document of Deut 31:9 is entrusted to Levitical priests who are carrying in the ark tablets on which the text of these commandments is also written. The Torah scroll written by Moses becomes therefore physically connected with the text of the divinely given “ten words” written on the tablets according to Exod 34:28. The priestly carriers of the ark may symbolize that the Ten Commandments can be perceived as the very core of the Mosaic Torah. The second group of functionaries to whom Moses entrusts the written Torah are called “ כל זקני ישראלall the elders of Israel.” This designation and the related concept of authority is likewise exceptional in Deuteronomy. The expression כל זקני ישראלrefers to a comprehensive body of Israelite representatives, whose significance goes beyond Deuteronomy’s laws where the elders are only mentioned as representatives of single towns.18 This large council is mentioned mostly outside Deuteronomy, always at crucial points of the narrative (Exod 3:16; 12:21; 18:12; 24:1; Lev 9:1; Num 11:16, 30; and Deut 27:1; outside the Pentateuch: 1 Sam 8:4; 2 Sam 5:3; 1 Kgs 8:3). All of these passages ascribe to the Israelite elders an important role in representing and governing the people. Deuteronomy 31:9 implies that the transmission of the Mosaic Torah became a crucial task of the elders, if not their most important responsibility.
2.2 Deuteronomy 31:10–13 Moses instructs the priests and elders how to renew, time and again, the knowledge of the Torah among the Israelites. Apart from the brief introduction in v. 10a, which clarifies that Moses’s instruction has the status of a commandment (“ ויצו משה אותם לאמרAnd Moses commanded them”), the instruction consists of the following parts. Verses 10b–11a contain a series of temporal and local adverbial phrases specifying the periodic date and the place at which the Torah shall be read, and v. 11b mentions the act of public reading itself. Verse 12a 15 Apart from Deut 10:8 and 31:9, 25–26, only in Deut 10:1–5. 16 Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 190–191. 17 Achenbach, Die Vollendung der Tora, 191. 18 Deut 19:12; 21:2–4, 6, 19–20; 22:15–18; 25:7–9.
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commands to “assemble the people,” which is slightly awkward after v. 11b, since this commandment is the logical prerequisite for the public reading of the Torah. Verses 12b–13 speak about the purpose of the reading, in the context of which v. 13 focuses particularly on the children among the listeners. According to vv. 10b–11a, the public reading shall take place at the end of (every) seven years, at the time appointed for the year of debt remission, during the Festival of Booths, when all Israel comes to 19 the face of Yahweh your God at the place that he 20 …
מקץ שבע שנים במעד שנת השמטה בחג הסכות בבוא כל ישראל לראות את פני יהוה אלהיך במקום אשר בחר
The idea of a recurring event is borrowed from the law of the שמטהin Deut 15, as indicated by the first two clauses in 31:10b which comprise phrases of Deut 15:1 (“ מקץ שבע שניםat the end of seven years”) and 15:9 (“ שנת השמטהthe year of debt remission”). The cycle of seven years is combined with the annual Festival of Booths according to Deut 16:13.21 Thus, the event of reading shall take place at every seventh Festival of Booths after seven years have passed.22 It is peculiar that the text does not say anything about the meaning of this date. By linking the reading of the Torah with the commandment of debt remission, the text may emphasize the social dimension of the Torah, and in this perspective the law of the שמטהcan be read pars pro toto for all social instructions of the Torah. However, Deut 31:9–13 does not give any weight to this perspective. It seems that it was predominantly the seven-year-cycle of Deut 15:1 that inspired the scheduling of the reading to “the year of debt remission” (Deut 19 Here and in ten related passages of the HB an original qal has to be assumed instead of the Masoretic nifʽal because of the object ()את פני יהוה אלהיך, see BHQ 101*. The tradition of reading a reflexive form to avoid the anthropomorphism and the contradiction with Exod 33:20 must be rather old since it is attested indirectly already by the LXX; it is also found in the reading tradition of Smr, the Targumim, the Peshitta, and the Vulgate. 20 The reading of Smr “ בחרhe has chosen” (or “he will have chosen,” see Udo Rüterswörden, Deuteronomium, BKAT V,3.1 [Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2011], 15), commonly taken as a “sectarian change” (thus still BHQ), is also attested by several Bohairic, Sahidic, and Vetus Latina manuscripts that probably witness the OG reading; Adrian Schenker, “Le Seigneur choisira-t-il le lieu de son nom ou l’a-t-il choisi?,” in Scripture in Transition: Essays on Septuagint, Hebrew Bible, and Dead Sea Scrolls, ed. Anssi Voitila and Jutta Jokiranta, JSJSup 126 (Leiden: Brill, 2008), 339–51. The textual evidence militates against a sectarian change and may even indicate that this tradition represents the original reading of the formula; Stefan Schorch, “The Samaritan Version of Deuteronomy and the Origin of Deuteronomy,” in Samaria, Samarians, Samaritans: Studies on Bible, History and Linguistics, ed. József Zsengellér, Studia Judaica 66 / Studia Samaritana 6 (Berlin: de Gruyter, 2011), 23–37, here 31– 32; Jan Dušek, Aramaic and Hebrew Inscriptions from Mt. Gerizim and Samaria between Antiochus III and Antiochus IV Epiphanes, CHANE 54 (Leiden: Brill, 2012), 90; Müller, “The Altar on Mount Gerizim,” 198 n. 5; Otto, Deuteronomium, 3.1132–1134. 21 Cf. Otto, Deuteronomium, 4.2116–2117. 22 Both texts are somewhat ambiguous how the year of the שמטהis in fact counted: Is it the eighth year, as suggested by the verbatim meaning of “ מקץ שבע שניםat the end of seven years,” or is it the seventh year, as stated explicitly in 15:9 ?שנת השבע שנת השמטהThe latter shows how the phrase מקץ שבע שניםwas actually understood in this case, see Timo Veijola, Das 5. Buch Mose: Deuteronomium, Kapitel 1,1– 16,17, ATD 8,1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004), 312, n. 1101.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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31:10). Simultaneously, the public reading of the Torah in every seventh year may allude to another cycle of seven – more precisely: to another cycle of six plus one, namely that of the Sabbath. In this perspective, the year of the reading of the Torah may be perceived as echoing Israel’s resting on the Sabbath. This is supported by the fact that Deut 31:12 refers to “your alien who is in your gates” ()גרך אשר בשערך, which is verbatim in parallel with the Sabbath commandment (Exod 20:10 / Deut 5:14). This also fits in with an implicit emphasis on the social dimension of the Torah. However, as we will see, the primary goal of the cycle of seven years lies probably on another level and is linked to the didactic dimension of the public reading. The annual scheduling of the reading to the festival of booths is related to the festival calendar in Deuteronomy 16. According to Deut 16:15, on this annual occasion the Israelites stay seven days at the central sanctuary.23 This implies that – in contrast to the somewhat artificial situation of Moses’s Deuteronomic farewell speech(es) on the day of his death – the Torah should be read on more than one day (cf. Neh 8:18). It can be suspected that the concept of reading the Torah on several days is didactic in nature. The specifications in v. 11a resemble the summary of the festival calendar in Deut 16:16. They stress that the reading has to be done when all Israel is present at the place chosen by Yahweh. This is the situation in which the public reading of the Torah has to be staged. In this context, the phrase “ כל ישראלall Israel” (instead of “ כל זכורךall your males” in 16:16) bears considerable weight. It resumes the references to “all Israel” in the introductions of Moses’s speeches in Deut 1:1; 5:1; and 29:1 (cf. 31:1, 7; 32:45). Already this element suggests that the public reading of the Torah reenacts the situation of Moses’s farewell speeches. This impression is deepened by the following instruction. Verse 11b contains the commandment to read the Torah in public. It is the logical axis of the passage. The instruction itself is conspicuously formulated in the second person singular “ תקראyou shall read,” which may suggest that every single priest and elder shall read to a smaller group of listeners.24 This may be also implied when v. 12 specifies the listeners as “the men and the women and the little ones, and your alien who is in your gates”; this enumeration suggests that the groups that listen to the Torah are gathered as families or local communities. At the same time, תקראin v. 11 echoes two Pentateuchal events: first, Moses’s proclamation of his main speech in Deut 5:1 (“ ויקרא משה אל כל ישראלand Moses called to all Israel,” cf. the following phrase in 5:1 “ אשר אנכי דבר באזניהם היוםwhich I am speaking in your ears today”), second, and perhaps even more importantly, Moses’s reading of the ספר הבריתat Sinai according to Exod 24:7 (“ ויקח ספר הברית ויקרא באזני העםAnd he took the book of the covenant and read it in the ears of the people”). Thus, the reading of the Torah simultaneously reenacts Moses’s speeches at Mount Sinai and in the plains of Moab.25 This is reinforced by the instruction of v. 12 “ הקהל את העםassemble the people,” since the 23 This is in contrast with Pesach-Mazzot, which is, according to Deut 16:1–8, celebrated only one night at the central sanctuary and the following six plus one days at home (see esp. v. 7). 24 Notably, 4QDeutb, LXX, and Targum Pseudo-Jonathan attest the 2nd person plural, which may be not only a harmonization to the usual style (BHQ) but also a clarification of the reference to all priests and elders (Otto, Deuteronomium, 4.2090). SP has יקרא, which may not be due to a graphic error (thus BHQ) but a deliberate change into the unpersonal niphal form which guarantees that the instruction is also applicable after the narrated time (Otto, Deuteronomium, 4.2090). 25 Otto, Deuteronomium, 4.2117.
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imperative הקהלclearly refers back to Deut 4:10 where Yahweh is said to have commanded Moses to assemble the people at Mount Horeb (“ הקהל לי את העםassemble the people for me”). Thus, the priests and elders, who are instructed to read the Torah, take on Moses’s role, and the listeners re-experience the situation of the Horeb revelation when Yahweh proclaimed his commandments to the people. The concluding clauses of the instruction in vv. 12b–13 are related to the particular didactics of Deuteronomy.26 According to this concept, listening and learning leads to fearing Yahweh, which is in effect nothing other than faithfully observing and doing his commandments. In the background is again Deut 5:1, which contains the perhaps most prominent admonition “to learn” and “to observe to do” the commandments in Deuteronomy: ולמדתם אתם “ ושמרתם לעשתםand you shall learn them and observe to do them.” More conspicuous is the conclusion of Deut 31:9–13 in v. 13. The focus on the “children who have not known” ( )ובניהם אשר לא ידעוseems to take up the topic of the son’s question in Deut 6:20–25, although there are no explicit links with this text. At the same time, the phrase ובניהם אשר לא ידעוruns parallel to Deut 1:39 which refers to the young children “who do not yet know good and evil” and therefore cannot be punished for Israel’s lack of trust in Yahweh.27 Deuteronomy 31:13 implies that the children, by “learning to fear Yhwh” when listening to the Torah, are gaining a knowledge they did not possess before. In this context, the crucial passage of Deut 4:10 is invoked again; the combination of שמעand למדwith ליראהis notably only found in Deut 4:10 and 31:13, and also the phrase “ כל הימים אשר אתם חיים על האדמהall the days that you are alive upon the ground” connects Deut 31:13 with 4:10 ( כל הימים אשר הם חיים “ על האדמהall the days that they are alive upon the ground”). This emphasizes how fundamental the periodical reading of the Torah is. It is the prerequisite for Israel’s “life” on the divinely given אדמה. Verse 13 also suggests what the cycle of seven years is primarily about. If the Torah is read in every seventh year, the newborn children, who are not able to comprehend the reading (see “ הטףthe little ones” in v. 12), will be among the audience a second time at an age when they are able to ask and learn.28
3. Perspectives on the Literary History of Deut 31:9–13 The complex and partly confusing logic of Deuteronomy 31 suggests that the chapter was written by more than one hand.29 Particularly toward the end of the chapter, textual divergences and content-related inconsistencies indicate substantial literary growth, which seems to have been primarily related to the process of incorporating the song of Moses (32:1–43) into the book.30 Deuteronomy 31:9–13, by contrast, does not reveal knowledge of the song. 26 27 28 29
See Markl, Gottes Volk im Deuteronomium, 164–174. Notably lacking in Smr, which may attest a more original lectio brevior. Markl, Gottes Volk im Deuteronomium, 173. See the overview of the history of research and Otto’s own position in Otto, Deuteronomium, 4.2097– 2106. 30 Cf. exemplarily the reconstructions by Richard D. Nelson, Deuteronomy: A Commentary, OTL (Louisville, KY: Westminster John Knox, 2002), 354–357; Harald Samuel, Von Priestern zum Patriarchen: Levi und die Leviten im Alten Testament, BZAW 448 (Berlin: de Gruyter, 2014), 45–62; Otto,
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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The passage therefore does not seem to belong to the youngest parts of chapters 31–32. This is supported by the fact that most of the following text in chapter 31 (vv. 14–30) directly or indirectly refers to and presupposes Moses’s writing of the Torah in 31:9.31 Deuteronomy 31:24–26 explicitly refer to Moses’s writing of the Torah and mention a further instruction given by Moses to the Levites: ויצו משה את הלוים נשאי ארון25 ויהי ככלות משה לכתב את דברי התורה הזאת על ספר עד תמם24 לקח את ספר התורה הזה ושמתם אתו מצד ארון ברית יהוה אלהיכם והיה שם בך26 ברית יהוה לאמר לעד 24 When Moses had finished writing down in a book the words of this Torah to the very end, 25 Moses commanded the Levites who carried the ark of the covenant of Yahweh, saying, 26 Take this book of the Torah and put it beside the ark of the covenant of Yahweh your God; let it remain there as a witness against you. This passage seems to have been secondarily severed from 31:9–13 when vv. 14–23 (which seem inconsistent in themselves, as particularly indicated by the beginning of v. 23) were added. Verses 14–23 revolve around Yahweh’s theophany in the tent of meeting (vv. 14–15), Moses’s song (vv. 16–22), and Yahweh’s command and promise to Joshua (v. 23). Verses 24–26, by contrast, seem unaware of these themes. Apart from that, the peculiar position and content of 31:24–26 suggest that this passage is already secondary in relation to 31:9–13.32 Three arguments point in this direction. First, v. 24 (“ ויהי ככלות משה לכתב את דברי התורה הזאת על ספר עד תמםWhen Moses had finished writing down in a book the words of this Torah to the very end”), which reads remarkably cumbersome, would find a more logical place immediately after v. 9. The verbose resumption of parts of v. 9 (“ ויכתב משה את התורה הזאתThen Moses wrote down this Torah”) in v. 24 and the illogical position of this verse (apart from the interrupting vv. 14–23) suggest that it was written by another hand than v. 9.33 Second, the motif of the carriers of the ark in v. 25 differs subtly from v. 9. While v. 9 speaks about “ הכהנים בני לוי הנשאים את ארון ברית יהוהthe priests, the sons of Levi, who carried the ark of the covenant of Yahweh,” according to v. 25 the ark is carried by Levites who are here conspicuously not called priests: הלוים נשאי ארון “ ברית יהוהthe Levites who carried the ark of the covenant of Yahweh.” Third, Moses’s instruction to these Levites in v. 26 (לקח את ספר התורה הזה ושמתם אתו מצד ארון ברית יהוה “ אלהיכםTake this book of the Torah and put it beside the ark of the covenant of Yahweh
Deuteronomium, 4.2104–2106; Petra Schmidtkunz, Das Moselied des Deuteronomiums: Untersuchungen zu Text und Theologie von Dtn 32,1–43, FAT II,124 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 327–334. 31 I.e., 31:16–23 (it is inconceivable that the writing of the שירהpreceded the writing of the Torah), vv. 24– 27, 28–30 + 32:1–43, 44–47. 32 E.g., Otto, Deuteronomium, 4.2105; Schmidtkunz, Das Moselied des Deuteronomiums, 317. 33 Pace Samuel, Von Priestern zum Patriarchen, 47, who postulates an original continuation of v. 9aα in v. 25, based primarily on interpreting v. 24 as a Wiederaufnahme of v. 9* in the context of the addition of v. 9aβb–13. However, there are no clear arguments why v. 10 would not have been drafted as the original continuation of v. 9. Furthermore, v. 24 does not seamlessly continue the narration after the instruction of vv. 10–13, and it is therefore difficult to imagine that v. 24 was drafted by the same hand as vv. 10–13. Finally, v. 25 is difficult to be read as a seamless continuation of v. 9aα since the subject משה “Moses” in v. 25 would not be necessary immediately after v. 9aα.
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your God”) could also be expected already in or immediately after v. 9, but there nothing is said about where the book should be kept. It is difficult to imagine how the peculiar command to put the book “beside” ( )מצדthe ark could have been practically executed in this very situation. The command in v. 26 seems to aim at a temporary or permanent placing of the ark, and one may think of the final placing of the ark in Solomon’s temple (1 Kgs 8:6). After the ark had been placed in the inner sanctum of the temple, it is in fact conceivable that the Torah scroll written by Moses was somehow deposited by its side. To be sure, nothing is said about this in 1 Kgs 8, and the scroll of the Torah is not even mentioned. At the same time, the command to put the book beside the ark may allude to the fact that the ark was already filled, namely with the tablets of the covenant which Moses had put there (Deut 10:5). In other words, the instruction in Deut 31:26 may imply that the Torah scroll could not also be stored in the ark since there were already the tablets. When 31:9 refers to “the ark of the covenant of Yahweh” ()ארון ברית יהוה, this reference may likewise imply that the tablets of the covenant were stored in the ark. However, when 31:9 relates that Moses gave “this Torah” to priests and elders, the question of where the book should be kept is not in view. The main purpose of 31:24–26 seems to be the idea that the Torah scroll that was deposited beside the ark became a witness against Israel, which is justified in v. 27 by Moses’s statement about Israel’s rebellious and stubborn character. Therefore, it can be assumed that vv. 24–27 were added after vv. 9–13 in order to introduce these topics, which allude to the fact that the Israelites soon after Moses’s death rebelled against Yahweh and did not follow the commandments of the Torah. In light of the probable secondary character of 31:24–27 in relation to 31:9–13, it may be asked whether the reference to the ark could have been an original part of v. 9. On the one hand, the apposition “ הנשאים את ארון ברית יהוהwho carried the ark of the covenant of Yahweh,” which seems to explain the role of “ הכהנים בני לויthe priests, the sons of Levi,” accords with 10:8, where the carrying of the ark is mentioned as the primary task of the tribe of Levi.34 On the other, it is conspicuous that 10:8, like 31:25, does not explicitly call the Levites priests, although their further functions “to stand before Yahweh, minister to him, and bless in his name” may be regarded as priestly tasks. The expression “ הכהנים בני לויthe priests, the sons of Levi,” is notably found only a second time in the Hebrew Bible, namely in Deut 21:5 – a passage where the ark is not mentioned. This peculiar expression seems to vary the more broadly attested term “ הכהנים הלויםthe Levitical priests,” which occurs five times in Deuteronomy (17:9, 18; 18:1; 24:8; 27:9).35 Furthermore, one may ask whether Deut 31:9, by relating Moses’s act of handing over the Torah to priests and elders, did imply from the outset that “the priests, the sons of Levi” were at this very moment carrying the ark. “Der Umstand, daß die Priester auch die Lade tragen, ist mit der Übergabe der Tora nicht unmittelbar assoziiert.”36 Rather, the extremely brief narration of 31:9 suggests that both priests and elders, when receiving the Torah from Moses, were forming a larger group that had gathered for this 34 It may be suspected that the task of carrying the ark, preceding the threefold task of standing before Yahweh, ministering to him, and blessing in his name, was in 10:8 added secondarily. 35 Outside Deuteronomy also in Josh 3:3; 8:33; Jer 33:18; Ezek 43:19; 44:15; Ezra 10:5; Neh 10:29, 35; 11:20; 1 Chr 9:2; 2 Chr 5:5; 23:18; 30:27. 36 Achenbach, Die Vollendung der Tora, 191.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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occasion. The carrying of the ark (which cannot have been done by a larger number of priests) is not entirely fitting in with this scene. It is therefore imaginable that the phrase הנשאים את “ ארון ברית יהוהwho carried the ark of the covenant of Yahweh” was inserted later, possibly after 31:24–26 had been added, and inspired by this addition.37 Apart from the single motif of the carrying of the ark in 31:9, the passage 31:9*–13 appears as coherent. The text of these verses does not contain clear traces of further editorial activity. As we have seen, the awkward and slightly redundant wording of vv. 10b–11 is related to the passages on which these phrases are modelled. This wording does not justify further literary critical considerations.38 In relation to the preceding verses 1–8, it has to be noted that 31:9–13 neither explicitly refer to Moses’s near death, nor to Joshua’s appointment as Moses’s successor – themes around which vv. 2–8 revolve. In particular, the silence about Joshua in 31:9–13 (see also vv. 24–30, and cf., by contrast, vv. 14, 23) is conspicuous. In this context, it may be crucial that 1QDeutb, LXX, Aquila, and Theodotion read in 31:1 “ ויכל משה לדבר את כל הדברים האלה אל כל ישראלAnd Moses finished speaking all these words to all Israel” (parallel to 32:45), which can be understood as stating that Moses just had fully completed his speech. The Masoretic reading וילך משה וידבר את הדברים האלה אל “ כל ישראלAnd Moses went and spoke these words to all Israel,” by contrast, seems to introduce that Moses added further words to Israel in vv. 2–6 and in 31:30–32:43 (by proclaiming the song of Moses). This suggests that the reading attested by MT (and Smr, Vulgate, Peshitta, and Targumim) is a lectio facilior.39 After 31:1 according to 1QDeutb, LXX etc., Moses’s writing down of the Torah in 31:9 appears, on the one hand, as a rather natural continuation. This could indicate that vv. 2–8, which may have been partly borrowed from Josh 1:1–6, were added secondarily between vv. 1 and 9: ויכל משה לדבר את כל הדברים האלה אל כל ישראל1 ויכתב משה את התורה הזאת9 1 And Moses finished speaking all these words to all Israel. 9 Then Moses wrote down this Torah … On the other hand, the unneccesary repetition of the name “ משהMoses” suggests that vv. 9*– 13 were added already by a second hand after v. 1 (txt. emd.). This is particularly commended by the unprepared introduction of the term Torah in v. 9. In other words, “ התורה הזאתthis Torah” can be read as a secondary interpretation of the more unspecific expression כל הדברים “ האלהall40 these words.” 37 Cf. the observations by Samuel, Von Priestern zum Patriarchen, 48, on the relationship between the expressions “ הלוים נשאי ארון ברית יהוהthe Levites who carried the ark of the covenant of Yhwh” in v. 25 and “ הכהנים בני לוי הנשאים את ארון ברית יהוהthe priests, the sons of Levi, who carried the ark of the covenant of Yhwh” in v. 9; but see his different literary critical model for vv. 9–13, 24–25 (see above, n. 33). 38 See the discussion by Samuel, Von Priestern zum Patriarchen, 48–49; pace, e.g., Steuernagel, Das Deuteronomium, 159–160. 39 Thus, e.g., Lohfink, “Zur Fabel in Dtn 31–32,” 224, 239–40; Nelson, Deuteronomy, 353; Otto, Deuteronomium, 4.2088–2089; pace BHQ 134*. 40 According to 1QDeutb, LXX, Vulgate, and Peshitta (see BHQ), lacking in MT. To be sure, one may inter pret the additional כלas a typical addition (thus BHQ), but it should be noted that it does not really fit to
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In sum, Deut 31:9–13 seems to have been inserted in its place earlier than most other parts of the chapter. The opening of ch. 31, v. 1 (LXX etc.), could have been its sole original core. It may have been part of an early frame of Moses’s speech to Israel, as the close similarity to the fundamental opening in 5:1 (“ ויקרא משה אל כל ישראל ויאמר אלהםAnd Moses called to all Israel, and said to them”) suggests.41 On a second level, vv. 9*–13 were probably added to v. 1. All further material in chapter 31 seems to have been inserted later than 31:9–13. In terms of tradition history, the observations on phraseology and motifs of Deut 31:9– 13 have brought a two-sided result. On the one hand, the passage about Moses’s writing of the Torah and his instruction to read it recurrently in public is closely related to other crucial parts of Deuteronomy. Stylistically, 31:9–13 can be called a “Deuteronomistic” text. The Torah that is written down by Moses is prima vista nothing other than the Deuteronomic Torah introduced by Deut 4:44; the seven-day event within a seven-year cycle is inspired by Deut 15 and 16; and the didactic concept of learning to observe the commandments is, at least in general, a Deuteronomic one. Thus, it was not misleading that Lothar Perlitt in his groundbreaking study of the covenant theology evaluated Deut 31:9–13 as an “early-Dtr” text.42 On the other hand, Deut 31:9–13 contains motifs that lie clearly at the fringes of Deuteronomy or go beyond the horizon of the book. Perlitt was also right in emphasizing the unique character of this passage.43 In terms of literary history, most of these motifs seem to be of relatively late origin. This holds particularly true for the Israelite elders that are instructed to cooperate with the priests in keeping the Torah document. The seven-year-cycle with the seven-day-festival may implicitly be related to the Sabbath, and the Sabbath commandment seems to have been already known to the author of our passage, as 31:12 suggests. The strong literary links to Deut 4 make the Torah written down by Moses transparent for comprising more than the Deuteronomic Torah alone. The Moabitic Torah incorporates the Decalogue, and it can also be seen as a continuation of the Sinaitic ספר הברית. Therefore, when the written Torah is read in public, not only is Moses’s farewell speech to Israel re-enacted (Deut 5:1), but simultaneously also Israel’s encounter with Yahweh at Mount Horeb (Deut 4:10). Accordingly, Eckart Otto even spoke of the “post-Dtr” character of Deut 31:9–13.44 While Otto ascribed the passage to his Pentateuch-redaction, his student Reinhard Achenbach modified this model by ascribing the passage to an earlier Hexateuch-redaction.45 Admittedly, the coherence of these overarching redactions lies beyond the scope of this article. What has
41
42 43 44 45
the rather short continuation of Moses’s words that follows in 31:2–8; thus, it is imaginable that כלbelonged to the more original text and was secondarily removed when 31:1 was reworked in light of the added material in chs. 31–32. Cf. Reinhard G. Kratz, “The Headings of the Book of Deuteronomy,” in Deuteronomy in the Pentateuch, Hexateuch, and the Deuteronomistic History, FAT II,56 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2012), 31–46, who reconstructs ויקרא משה אל כל ישראל ויאמר אלהםin 5:1* as the oldest heading of Moses’s speech and thus as an indispensable part of Deuteronomy’s narrative frame. Lothar Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, WMANT 36 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1969), 118. Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, 116 with n. 1. Eckart Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch: Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2000), 184; cf. Otto , Deuteronomium, 4.2102–2103. Achenbach, Die Vollendung der Tora, 142, with n. 6.
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The Seven-Year Cycle of Reading the Torah (Deut 31:9–13)
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become evident here is that Deut 31:9–13 is conceptually unique. Furthermore, it is probable that this passage, in spite of its late elements, also does not belong to the youngest parts of Deuteronomy, particularly in Deut 31–34. It seems evident that the author of Deut 31:9–13 has conceived the idea of a written Torah scroll based on the motif of the ספר הבריתin Exod 24:7. Furthermore, he developed a concept how this document could be made periodically known to the Israelites. These motifs find a notably marginal echo in the Former Prophets, which is contrasted by their clear resonance in Neh 8. Apart from the literary contexts, the concept unfolded in Deut 31:9–13 of how knowledge of the Torah can be transmitted through the ages may have had some real didactic backgrounds, although these cannot be illuminated so far because of lacking primary evidence. In any case, it is certain that the impact of Deut 31:9–13 on the development of the idea of a sacred book around which all religious activity revolves cannot be overestimated.
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Formen der Partizipation in der Kultgemeinde* Zu den sogenannten Kultteilnehmerlisten im Deuteronomium Katharina Pyschny
1. Einleitende Bemerkungen Wer ist im Alten Testament in welcher Form am Kult beteiligt? Auch nach rund 200 Jahren historisch-kritischer Bibelforschung geht eine eindeutige Antwort auf diese Frage keinesfalls leicht von der Hand. Dies hängt mit der Multidimensionalität und Komplexität der Frage zusammen, die sich zudem nicht allein auf der Grundlage der alttestamentlichen Texte beantworten lässt. Vielmehr erfordert sie eine weitaus breitere und umfassendere historische, näherhin sozial-, literatur-, religions- und theologiegeschichtliche Perspektivierung – allesamt Forschungsfelder, die in den letzten Dekaden erheblichen Umbrüchen und Neujustierungen unterworfen waren. Selbst wenn man vorerst die alttestamentlichen Texte als Ausgangspunkt wählt, ist man nicht nur mit notorisch schwierigen und forschungsgeschichtlich kontroversen Problemen wie der Datierung und dem Historizitätsgrad der Texte konfrontiert, sondern auch mit einem eklatanten Informationsdefizit. Denn während alttestamentliche Texte oftmals recht detailliert von kultischen sowie rituellen Handlungen und Vollzügen erzählen und manches Mal auch das beteiligte Kultpersonal mehr oder minder klar bezeichnen, lässt sich Ähnliches für die (weiteren) am Kult beteiligten Personengruppen nicht gerade behaupten. In der Regel machen kultische und rituelle Vorschriften im Alten Testament überhaupt nicht explizit, an wen genau sie sich richten und welche Personen(gruppen) an den Vollzügen mitbeteiligt sind oder gar an ihnen partizipieren könnten. Eine bemerkenswerte Ausnahme in dieser Hinsicht stellen die sog. Kultteilnehmerlisten im Deuteronomium dar, die kultische Vollzüge ausdrücklich mit scheinbar klar definierten Personen(gruppen) in Verbindung bringen. Es lässt sich deshalb nicht des Eindrucks erwehren, dass das Deuteronomium anders über Partizipation und Teilhabe am Kult1 zu reflektieren scheint, als es beispielsweise die priesterlichen Texte im Pentateuch tun. Die wohl bekannteste Kultteilnehmerliste ist im Dekalog im Kontext des Sabbatgebots zu finden. Sie bietet nicht nur die allumfassendste Variante dieser listenartigen Notizen, sondern stellt zudem – in einer synchronen Perspektive – ihren allerersten Beleg dar: * 1
Der vorliegende Beitrag geht auf einen Vortrag an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zurück und wurde für die Druckfassung geringfügig überarbeitet. Er ist mit Dank und in kollegialer Verbundenheit Reinhard Achenbach gewidmet. Kult wird im vorliegenden Beitrag nicht nur auf Opferkult enggeführt, sondern bezieht sich auf die Gesamtheit der Formen religiöser Verehrung, die im Deuteronomium mit dem ָמּקוֹםals kultischem Zentrum in Verbindung stehen. Vgl. dazu Katharina Pyschny, „From Core to Centre: Issues of Centralization in Numbers and Deuteronomy,“ HBAI 8 (2019): 287–312.
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Katharina Pyschny
Dtn 5,142 שׁוֹר ְ ְ־וּב ֶתּ וְ ַע ְב ְדּ ־וַ ֲא ָמ ֶת ו ִ ְוּבנ ִ אכה ַא ָתּה ָ ָל־מל ְ יעי ַשׁ ָבּת ַליהוָ ה ֱא ֶהי ל ֹא ַת ֲע ֶשׂה ָכ ִ וְ יוֹם ַה ְשּׁ ִב ל־בּ ֶה ְמ ֶתּ וְ גֵ ְר ֲא ֶשׁר ִבּ ְשׁ ָע ֶרי לְ ַמ ַען יָ נוּ ַ ַע ְב ְדּ וַ ֲא ָמ ְת ָכּמוֹ ׃ ְ מ ְר וְ ָכ ֹ ֽ וַ ֲח und der siebte Tag ist ein Sabbat für YHWH, deinen Gott. Nicht sollst du tun irgendeine Arbeit: du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren, damit dein Sklave und deine Sklavin ruhen wie du. In den 90er und 00er Jahren standen die Kultteilnehmerlisten als Forschungsgegenstand insbesondere in der katholischen alttestamentlichen Wissenschaft über das höchst sensible und bis heute aktuelle Problem der Beteiligung von Frauen am Kult hoch im Kurs (s.u.). In der neueren Deuteronomiumforschung stellen sie allerdings eher einen Nebenschauplatz dar.3 Dabei sind es gerade Impulse aus der neueren Deuteronomiumforschung und dem wissenschaftlichen Œuvre Reinhard Achenbachs, die meines Erachtens einen erneuten Blick auf die Kultteilnehmerlisten lohnenswert machen. Im Folgenden seien aus diesen neueren Entwicklungen exemplarisch zwei Aspekte herausgegriffen, die den Rahmen der vorliegenden Überlegungen abstecken und gleichzeitig wichtige definitorische und methodische Voraussetzungen transparent machen: (1) Die Interpretation der Kultteilnehmerlisten und die Forschungsdiskussion der 90er und 00er Jahre um die Beteiligung von Frauen am Kult waren sichtlich von einer historisierenden Perspektive auf die sog. Kultzentralisation geprägt. Dies lässt sich am Beispiel von zwei konkreten und gegensätzlichen Positionierungen aus der katholischen alttestamentlichen Wissenschaft veranschaulichen. So konstatierte Eleonore Reuter 1993 in ihrer Dissertation zur Kultzentralisation: „Neben unbestreitbaren Bemühungen im Dtn um die ‚Emanzipation der Frau‘ … hat sich die Kultzentralisation eher restriktiv auf die kultische Beteiligung der Frau ausgewirkt“.4 Während hier einer als historische Realität verstandenen Kultzentralisation eine restriktive Auswirkung auf die Beteiligung der Frau unterstellt wird, lässt dieselbe für Georg Braulik in einem viel beachteten Aufsatz mit dem Titel „Durften auch Frauen in Israel opfern?“ erwarten, „daß auch die Möglichkeiten der Frau bei liturgischen Vollzügen neu bestimmt wurden.“5 Doch ist gerade die Historizität einer joschija2 3
4 5
Bei den Übersetzungen biblischer Texte handelt es sich, wenn nicht anders ausgewiesen, um eigene Arbeitsübersetzungen. Um nur ein Bespiel aus der aktuellen Forschungsdiskussion zu nennen, sei auf einen aktuellen Aufsatz von Beth Alpert Nakhai über Frauen in der Religion Israels hingewiesen, in dem die Kultteilnehmerlisten nur kurz gestreift werden: „From here on, women were included in the injunction to celebrate pilgrimage festivals and share in sacral meals, not only within their communities but also in the Temple precinct (Deut 12:12, 18; 14:22–26; 15:19–23; 16:9–15).“ See Beth Alpert Nakhai, „Women in Israelite Religion: The State of Research Is All New Research,“ Religions 10 (2019), 5. Eleonore Reuter, Kultzentralisation: Entstehung und Theologie von Dtn 12, BBB 87 (Frankfurt a. M.: Hain, 1993), 151. Georg Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern? Beobachtungen zur Sinn- und Festgestalt des Opfers im Deuteronomium,“ in Studien zum Deuteronomium und seiner Nachgeschichte, Georg Braulik, (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2001), 59–90, hier 72–73. Der Aufsatz wurde in einer kürzeren Version bereits im Jahre 1992 veröffentlicht. Vgl. Georg Braulik, „Haben in Israel auch Frauen geopfert? Beobachtungen am Deuteronomium,“ in Zur Aktualität des Alten Testaments. Festschrift für Georg Sauer zum 65. Geburtstag, ed. Siegfried Kreuzer und Kurt Lüthi (Frankfurt a. M.: Lang, 1992), 19–28.
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nischen oder hiskijanischen Kultzentralisation in der jüngeren Forschung zurecht zunehmend fraglich geworden6 und kann daher auch nicht als ein adäquater Interpretationsschlüssel für die Kultteilnehmerlisten dienen. Vielmehr stellt sich zunächst die Frage nach dem Verständnis und der literarischen Funktion der Kultteilnehmerlisten im Kontext der Textwelt des Deuteronomiums. Diese Textwelt ist zwar nicht unabhängig vom historisch Gewesenen und dann Gewordenen, aber sie ist keineswegs damit identisch. (2) In der älteren Deuteronomiumforschung wurde nicht selten ein recht enges Kultverständnis an die Texte herangetragen, das Kult als eine gegenüber Gott geschuldete Haltung versteht und ihn zudem auf eine bestimmte rituelle Handlung begrenzt.7 An dieser wird dann die rituelle Wirksamkeit festgemacht, so dass die ausführende Person eben dieser Handlung als das eigentliche und einzige Subjekt des kultischen Vollzugs gilt. Formen von Partizipation sind hier naturgemäß begrenzt und auch nicht wirklich im Blick. Dass ein solches Kultverständnis für das Deuteronomium viel zu kurz greift, weil es beispielsweise den Aspekt der Festfreude unterbestimmt, haben diverse Studien der neueren Forschung überzeugend herausgearbeitet.8 Ruhend auf und in Erweiterung dieser Arbeiten wird im Folgenden Kult im Deuteronomium als ein Raum strukturierendes Gabe-Konzept verstanden, in dem die Gabe keinesfalls auf Materielles begrenzt ist. Kult ist ein Begegnungs- und Beziehungsgeschehen, in dem Performanz und Responsivität eine wichtige Rolle spielen. Dabei haben kultische Vollzüge insbesondere im Deuteronomium eine identitätsstiftende Funktion. Im gemeinschaftlichen kultischen Vollzug an der von YHWH erwählten Stätte konstituiert sich Israel als das Volk Gottes. Im deuteronomischen Zentralisationsprogramm wird Israel über diverse kultische Vollzüge und damit verbundene Abgaben unwiderruflich an die von YHWH erwählte Stätte, das kultische Zentrum, gebunden.9 Die Frage nach Formen kultischer Partizipation im Deuteronomium ist also auch angesichts dieses Verständnisses von Kult und Gemeinde von Neuem aufzurollen. Vor diesem forschungsgeschichtlichen Hintergrund wird im Folgenden ein exegetischer Streifzug durch die Kultteilnehmerlisten im Deuteronomium unternommen. Die Leitfrage lautet: Wer wird im Deuteronomium an kultischen Vollzügen beteiligt? Es versteht sich von selbst, dass diese Frage sich nicht allein auf der Grundlage der Kultteilnehmerlisten beantworten lässt, sondern einer umfangreicheren Frageperspektive bedürfte, die aus Platzgründen nicht in diesem Rahmen erfolgen kann. Mit den Kultteilnehmerlisten wird also nur ein kleines Puzzleteil eines größeren Ganzen herausgegriffen. Dabei gliedern sich die folgenden Ausführungen in vier Argumentationsschritte: Nach ein paar wenigen grundlegen6 7 8
9
Aus der Fülle an Literatur sei exemplarisch auf die differenzierte Darstellung bei Christian Frevel, Geschichte Israels, 2. Aufl., Kohlhammer Studienbücher Theologie 2,2 (Stuttgart: Kohlhammer, 2018) verwiesen. Vgl. auch die kritischen Anmerkungen zur Opferhermeneutik und Opferterminologie bei Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern?,“ 62. Aus der Fülle der Literatur sei exemplarisch nur auf Eckart Otto, Das Deuteronomium: Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284 (Berlin: de Gruyter, 1999; repr., 2014); Georg Braulik, „Die Freude des Festes: Das Kultverständnis des Deuteronomium – die älteste biblische Festtheorie,“ in Studien zur Theologie des Deuteronomiums, ed. Georg Braulik (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1988), 161–218; Norbert Lohfink, „Opferzentralisation, Säkularisierungsthese und mimetische Theorie,“ in Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur 3, ed. Norbert Lohfink (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1995), 219–260 verwiesen. Vgl. dazu ausführlicher Pyschny, „From Core to Centre.“
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Katharina Pyschny
den Beobachtungen zu den Kultteilnehmerlisten und einer Bestandsaufnahme werden sie in ihrer Kurz- und Langform ausführlich in den Blick genommen. Der Beitrag wird mit einer Synthese beschlossen, die anhand von drei Schlaglichtern – Partizipation und Kultverständnis, Partizipation von Frauen am Kult, Israel in der produktiven Spannung von Kollektivität und Individualität – das bibeltheologische Potenzial des vorliegenden Themas skizziert.
2. Die Kultteilnehmerlisten im Deuteronomium 2.1 Grundlegendes zu den Kultteilnehmerlisten Im Deuteronomium finden sich insgesamt zehn Textstellen, in denen die Teilnahmeberechtigten bzw. -verpflichteten bei kultischen Vollzügen explizit aufgezählt werden. Diese sog. Kultteilnehmerlisten variieren im Hinblick auf ihre Ausführlichkeit und Wortwahl. Sieht man von der eingangs zitierten Liste in Dtn 5,14 ab, sind alle Belege auf das Ur-Deuteronomium (Dtn 12–26) begrenzt und stehen in Verbindung mit unterschiedlichen kultischen Vollzügen. Grammatisch handelt es sich bei den Kultteilnehmerlisten um eine syndetische Aneinanderreihung von zwei bis neun Gliedern im Kontext jussivisch formulierter Kultvorschriften: Stelle 5,14
Glieder 9
Kontext Sabbatgebot
12,7 12,12
2 6
Zentralisationsgebot Zentralisationsgebot
12,18
6
Zentralisationsgebot
14,26 15,20 16,11
2 2 9
Zehntgebot Erstlingsgebot Wochenfest
16,14
9
Laubhüttenfest
Übersetzung … du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren … … ihr und eure Häuser … … ihr und eure Söhne und eure Töchter und eure Sklaven und eure Sklavinnen und der Levit in euren Toren … … du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und der Levit in deinen Toren … … du und dein Haus. … du und dein Haus … … du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und der Levit in deinen Toren und der Fremdling und die Waise und die Witwe in deiner Mitte … … du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und der
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Formen der Partizipation in der Kultgemeinde
26,11
3
Erstlingsfrüchte
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Levit und der Fremdling und die Waise und die Witwe in deinen Toren. … du und der Levit und der Fremdling in deiner Mitte.
Die Kultteilnehmerlisten lassen sich grob in eine Kurzform mit zwei oder drei sowie eine Langform mit sechs oder neun Gliedern einteilen. Diese Unterscheidung liegt auch der Gliederung des vorliegenden Beitrags zugrunde.
2.2 Die Kurzform der Kultteilnehmerlisten Die kürzeste Liste von Teilnahmeberechtigten bzw. -verpflichteten findet sich an zwei Belegstellen in singularischer (Dtn 14,26; 15,20) und an einer in pluralischer Formulierung (Dtn 12,7). Die gängigste Variante besteht aus zwei Gliedern und lautet wörtlich übersetzt „du und dein Haus“ ( ית ֶ וּב ֵ )א ָתּה ַ bzw. „ihr und eure Häuser“ (יכם ֶ וּב ֵתּ ָ )א ֶתּם. ַ 10 Dabei umfasst der Begriff ַבּיִ תFrank-Lothar Hossfeld zufolge alle, „die in einem Haushalt, unter einem Dach zusammenleben und eine geschlossene Wohngemeinschaft bilden“.11 Die Größe dieser kleinsten Einheit des sozialen Systems, ob Kleinfamilie oder extended family, kann durchaus variieren. Sie schließt in jedem Fall die Großeltern väterlicherseits, Eltern, Kinder (d.h. unverheiratete Töchter, Söhne und Schwiegertöchter), Enkel sowie andere im Hausstand Abhängige mit ein.12 Durch das enklitische Personalpronomen ist das zweite Glied auf den Adressaten zu- bzw. hingeordnet. Zunächst ist festzuhalten, dass die Anrede in grammatischer Hinsicht männlich konstruiert ist: nämlich mit dem singularischen und pluralischen selbstständigen Personalpronomen im Maskulinum (א ָתּה/ם ַ )א ֶתּ. ַ Doch wer genau ist mit dem angesprochenen ‚Du‘ bzw. ‚Ihr‘ gemeint? Zurecht hat Karin Finsterbusch herausgestellt, dass „dieses ‚Du‘ ebenso wie das ‚Ihr‘ nicht nur geschlechtsspezifisch, sondern auch geschlechtsneutral oder inklusiv gebraucht werden“ kann.13 Der Text selbst bietet letztendlich drei Verstehensmöglichkeiten: die Interpretation als (a) pater familias, (b) pater familias inklusive seiner Ehefrau und (c) Israel als Kollektiv. Im Folgenden sollen all diese Verstehensmöglichkeiten kurz durchgespielt werden, bevor auf die literarischen Kontexte der Kultteilnehmerlisten in der Kurzform eingegangen wird. Es sei ausdrücklich herausgestellt, dass die folgenden Ausführungen keinesfalls auf eine umfassende oder vereindeutigende Beantwortung der Frage nach kultischer Beteiligung abzielen.
10 Drei Glieder finden sich nur in der ohnehin singulären Teilnehmerliste in Dtn 26,11, in der der Adressat einzig mit dem Leviten und dem Fremden genannt ist. 11 Frank-Lothar Hossfeld, „Die alttestamentliche Familie vor Gott,“ in Freude am Gottesdienst: Aspekte ursprünglicher Liturgie, ed. Josef Schreiner (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1983), 217–228, hier 218. 12 Vgl. Angelika Berlejung, „Familie/Eltern,“ HGANT 185–189. 13 Karin Finsterbusch, „Frauen zwischen Fremdbestimmung und Eigenständigkeit: Genderrelevantes in den Gesetzestexten der Tora,“ in Tora, ed. Irmtraud Fischer, Mercedes Navarro Puerto und Andrea TaschlErber, Bd. 1,1 von Die Bibel und die Frauen: Eine exegetisch-kulturgeschichtliche Enzyklopädie, ed. Irmtraud Fischer et al. (Stuttgart: Kohlhammer, 2010), 375–400, hier 388.
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Vielmehr geht es um das Ausloten der Formen von Partizipation, die der Text unter bestimmten hermeneutischen Setzungen zulässt oder ggf. ausschließt. (a) Die erste Verstehensmöglichkeit sieht einzig den israelitischen Vollbürger angesprochen, also einen freien israelitischen Mann, der Grundbesitz hat und Haupt einer Familie ist. Eine solche Interpretation entspricht dem sog. Gemeindegesetz in Dtn 23,2–9, welches zu definieren sucht, wer Zugang zur Kultgemeinschaft Israels und damit auch zu den politisch bestimmenden Gremien hat.14 „Die entscheidenden Gesichtspunkte sind physische Integrität, historische Berührungen mit Israel in der Vergangenheit und genealogische bzw. ethnische Nähe zu Israel“15 – und für die hiesige Fragestellung noch entscheidender: Das Gemeindegesetz ist ausschließlich männlich konzipiert.16 Insofern überrascht es kaum, dass ein Großteil der älteren und jüngeren Forschung das angesprochene ‚Du‘ bzw. ‚Ihr‘ mit dem israelitischen Vollbürger identifiziert.17 Aus einer sozialgeschichtlichen Perspektive stellt dies in der Tat die plausibelste Option dar. Insofern wäre die freie Israelitin zwar nicht angesprochen, aber in dem zweiten Glied, der Familie, implizit miteingeschlossen. (b) Die zweite Interpretationsmöglichkeit versteht das angesprochene ‚Du‘ bzw. ‚Ihr‘ als generisches Maskulinum, in dem der israelitische Vollbürger und die israelitische Vollbürgerin gleichermaßen inkludiert sind.18 Georg Braulik drückt es wie folgt aus: „Sie wird … deshalb nicht erwähnt, weil sich das ‚Du‘ zu Beginn der Liste in gleicher Weise auf den Mann wie auf die Frau als Adressaten der Weisung bezieht. Das Deuteronomium wünscht dieselbe Wertschätzung beider Geschlechter und erläßt auch eine Reihe von Einzelbestimmungen zugunsten einer ‚Frauenemanzipation‘.“19 Dass die Kultteilnehmerlisten die Frau nicht explizit benennen, begründet Georg Braulik damit, dass das Deuteronomium hier bewusst anders formuliert. Einerseits soll für Mann und Frau der gleiche Rechtsanspruch fixiert werden, das Opferritual zu leiten, andererseits sollen „aber die noch unselbstständigen Söhne und Töchter sowie das Gesinde von diesem Vorrecht“20 ausgeschlossen werden. Eine solche Differenzierung zwischen kultischer Leitungsfunktion und Teilhabe am Kult wird im Deuteronomium zumindest nicht explizit entfaltet und erscheint auch leicht widerständig zu der sozialintegrativen Funktion des Kultes, die mit den Kultteilnehmerlisten ausgedrückt werden soll (s.u.). Auch die Hypothese, der Adressat gehöre gar nicht zur eigentlichen Liste und diese sei
14 Markus Zehnder, „Fremder (AT),“ WiBiLex, https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/18557/. 15 Zehnder „Fremder (AT).“ 16 Damit ist nicht notwendigerweise auch gesagt, dass die hier vorgestellte Versammlung YHWHs ausschließlich aus Männern besteht, sondern vorerst nur, dass die Textlogik auf Männer ausgerichtet ist. Dies wird insbesondere an V. 2 ersichtlich, wo eindeutig von Verletzungen männlicher Genitalien die Rede ist. Für eine detaillierte Analyse des Gemeindegesetzes s. Ruth Ebach, Das Fremde und das Eigene: Die Fremdendarstellungen des Deuteronomiums im Kontext israelitischer Identitätskonstruktionen, BZAW 471 (Berlin: de Gruyter, 2014), 69–103. 17 Vgl. beispielsweise Frank-Lothar Hossfeld, Der Dekalog: Seine späten Fassungen, die originale Komposition und seine Vorstufen, OBO 45 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982), 44: „Beginn mit Anrede an den freien Vollbürger (‚Du‘) ….“ Zehnder, „Fremder (AT)“ formuliert etwas vorsichtiger, aber dennoch entschieden: „gemeint ist wohl der grundbesitzende israelitische Vollbürger.“ 18 Vgl. Otto, Das Deuteronomium, 336. 19 Braulik, „Freude des Festes,“ 162. 20 Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern?,“ 85.
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syntaktisch als eine Parenthese zu verstehen,21 kann angesichts der syndetischen Verbindung zwischen dem Adressaten und dem zweiten Glied nicht ganz überzeugen. Grundsätzlich ist ein inklusives Verständnis des Adressaten sprachlich möglich, doch wird man exegetisch ernst nehmen müssen, dass eine gleichberechtigte Teilhabe am Kult von Mann und Frau im Deuteronomium zumindest nicht explizit gemacht wird. Der Textbefund erscheint mir sichtlich überstrapaziert, wenn Georg Braulik unter anderem22 ein potentielles generisches Maskulinum zu einer expliziten Gleichstellungsstrategie deklariert: „Es (das Deuteronomium, KP) emanzipiert die freie Frau aus ihrer Vertretungsrolle in einem gesellschaftsbedingten Vorrecht des Familienoberhauptes und hebt sie als im Kult Gleichberechtigte auf die Ebene ihres Mannes. Sie erhält, unabhängig von ihrer Familiensituation das Recht, wie der freie Mann das Opferritual zu leiten.“23 So zustimmungswürdig und wünschenswert diese Aussage in einem modernen Wertesystem auch ist, lässt sie sich nur schwer mit der Breite der alttestamentlichen Überlieferungen und ihren patriarchalen Kontexten in Einklang bringen. Georg Brauliks Verständnis der Kultteilnehmerlisten scheint derweil stärker von der deuteronomischen Theologie des Volkes herzukommen. Eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau im Kult widerspräche dem deuteronomischen Ethos der Geschwisterlichkeit und kann daher auch nur schwerlich in den Kultteilnehmerlisten ausgedrückt sein. Doch ist zumindest zu differenzieren, dass ein generisches Maskulinum zwar die Teilhabe der Vollbürgerin am Kult anzeigen könnte, damit aber nicht unbedingt gleich auch eine gleichberechtigte Leitungsrolle im Kontext kultischer und ritueller Vollzüge angezeigt sein muss.24 (c) Die dritte Verstehensweise sieht in dem Adressaten das Volk Israel als Kollektiv angesprochen. Diese Interpretationslinie entspricht am Ehesten der Kommunikationssituation des Deuteronomiums in seiner Endgestalt, das sich als große Abschiedsrede des Mose an der Schwelle zum Verheißenen Land an ganz Israel wendet. Um es mit den Worten von JeanPierre Sonnet auszudrücken: „Deuteronomy presents itself as a sequence of master speeches by Moses, in each case pointed out by a deictic expression” (vgl. Dtn 1,1; 4,44–45; 28,69; 33,1).25 All diese Verse stellen explizit heraus, dass die von Mose vermittelten Worte sich an ganz Israel richten (כּל־יִ ְשׂ ָר ֵאל, ָ )בּנֵ י יִ ְשׂ ָר ֵאל. ְ Auch Ruth Ebach führt in ihrer Dissertation aus, dass die männliche grammatikalische Festlegung des ‚Du‘ dem Verständnis als corporate personality und Kollektivbegriff geschuldet ist: „So wie eine Gruppe aus Männern und Frauen im Hebräischen einen maskulinen Plural bekommt, so auch die auf ein einzelnes ‚Du‘ reduzierte Gruppe. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass die Frauen immer mit im Blick
21 Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern?,“ 85 22 In methodischer Hinsicht ist herauszustellen und ernst zu nehmen, dass Georg Braulik seine Hypothese nicht nur auf der Grundlage der Kultteilnehmerlisten entwickelt, sondern viel breiter angesetzt hat (vgl. Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern?“). Da eine Auseinandersetzung mit all seinen hoch differenzierten Argumenten den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen würde, stehen seine Überlegungen zu den Kultteilnehmerlisten im Vordergrund. 23 Braulik, „Durften auch Frauen in Israel opfern?,“ 84 (Hervorhebung im Original). 24 Eine Art Mittelposition vertritt hingegen Karin Finsterbusch, die in den deuteronomischen Familiengesetzen primär den israelitischen Mann angesprochen sieht, aber neben diesem exklusiven Sprachgebrauch im deuteronomischen Gesetzt auch einen inklusiven findet, den sie unter anderem an den Kultteilnehmerlisten festmacht. Vgl. Finsterbusch, „Frauen,“ 391–393. 25 Jean-Pierre Sonnet, „The Fifth Book of the Pentateuch: Deuteronomy in Its Narrative Dynamic,“ JAJ 3 (2012): 197–234, hier 198.
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sind, sondern dass das ‚Du‘ selbst erst einmal keine geschlechtliche Fokussierung hat“.26 Diese Lösung besticht durch ihre Differenzierung und das dynamische bzw. kontextgebundene Verständnis des Adressaten, denn „als relationaler Begriff zeigt die jeweilige Situation und Aufgabe an das ‚Du‘ und Israel an, wer in den Blick genommen wird“.27 Damit läge zwar kein inklusiver, aber zumindest ein geschlechtsneutraler Sprachgebrauch vor. Doch wie ist das zweite Glied der Kultteilnehmerliste zu verstehen, wenn ganz Israel bereits über das erste Glied angesprochen ist? In dem Fall wäre das zweite Glied der Liste kein zusätzliches, grammatisch gleichwertiges Glied zum ersten, sondern gewissermaßen dessen Konkretisierung. ית ֶ וּב ֵ und יכם ֶ וּב ֵתּ ָ würden dann das gesamte Volk Israel in seiner sozialen Ausdifferenziertheit in Familienverbände bezeichnen. Das Durchspielen der unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten hat aufscheinen lassen, dass keine von ihnen absolut gesetzt, aber keine per se ausgeschlossen werden kann. Vielmehr bewegen sie sich auf unterschiedlichen Argumentationsebenen und entfalten schon dadurch je eigene Plausibilitätsgrade. Deutlich dürfte geworden sein, dass sich die Frage nach der kultischen Beteiligung der Frau im Deuteronomium auch nicht alleine an der Problematik des generischen Maskulinums festmachen lässt. Gänzlich unabhängig davon, welcher dieser Interpretationsmöglichkeiten man den Vorzug geben möchte, lässt sich vorläufig festhalten, dass sich die semantischen Verschiebungen im Falle der zweigliedrigen Kultteilnehmerliste vergleichsweise in Grenzen halten. In jeder hermeneutischen Spielart bietet die Liste eine kurze, aber durchaus allumfassende Charakterisierung Israels bzw. des Familienverbandes. Ihre Kürze und relative Abstraktheit scheint auf Vollständigkeit abzuzielen. Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man einen kurzen Seitenblick auf den unmittelbaren Kontext der Belege miteinschließt.28 In Dtn 12,7 folgt die Kultteilnehmerliste unmittelbar auf die umfangreichste Opferliste innerhalb des Deuteronomiums,29 die sich numerisch in drei Einheiten gliedert: Brand- und Schlachtopfer (יכם ֶ יכם וְ זִ ְב ֵח ֶ – )עֹ ֵתregelmäßig sowie gesetzlich vorgeschriebene Abgaben und besondere, unregelmäßige Kontributionen (רוּמת יֶ ְד ֶכם ַ יכם וְ ֵאת ְתּ ֶ – )וְ ֵאת ַמ ְﬠ ְשׂר ֵֹתGelübde, freiwillige Gaben und Erstlinge (וּבכֹר ֹת ְבּ ַק ְר ֶכם וְ צ ֹאנְ ֶכם ְ יכם ֶ )וְ נִ ְדב ֵֹת.30 Einer allumfassenden Opferliste entspricht also eine allumfassende, wenn auch kurz gehaltene Charakterisierung der Kultteilnehmer. Diese sind aufgefordert, am Zentralheiligtum ein Mahl vor YHWH zu halten und sich über den ganzen Ertrag ihrer Hände zu freuen, mit dem YHWH sie gesegnet hat. Eine Verbindung von Mahl und Festfreude findet sich auch in Dtn 14,26, wo die singularisch formulierte zweigliedrige Kultteilnehmerliste im Kontext einer Ausnahmeregelung bezüglich der Abgabe des Zehnten situiert ist. Wenn der Weg zum Zentralheiligtum zu lang und der Zehnte zu schwer ist, dann muss er nicht in Naturalien erbracht werden, sondern kann ‚versilbert‘ werden und am Zentralheiligtum zum Kauf von Zutaten für ein üppiges Mahl verwendet werden. Der Text formuliert wie folgt: „Und gib das Silber für alles, was du ( )נַ ְפ ְשׁ begehrst, für Rinder und für Kleinvieh und für Wein und für starkes Getränk, und für alles, 26 27 28 29
Ebach, Das Fremde und das Eigene, 134–135. Ebach, Das Fremde und das Eigene, 135. Im Folgenden werden exemplarisch Dtn 12,7 und Dtn 14,26 herausgegriffen. Vgl. Udo Rüterswörden, Deuteronomium: 1. Lieferung (12,1–13,1), BKAT 5/3,1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2011), 16: „Die Liste der Opfer in V. 6 ist mir ihren sieben Gliedern die längste, nicht nur in Dtn 12, sondern im gesamten Deuteronomium.“ 30 Vgl. Rüterswörden, Deuteronomium, 16.
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was du ( )נַ ְפ ְשׁwünschst. Und iss vor YHWH, deinem Gott, und freue dich, du und dein Haus“. Es wird also nicht nur die Verbindung zwischen dem Zehntem und dem Selbstgeernteten aufgebrochen, sondern auch herausgestellt, dass es primär um das „Dass“ – und eben nicht das „Wie“ – der Darbringung geht.31 Im gleichen Zuge wird das Mahl sichtlich individualisiert, indem die konkrete Ausgestaltung des Mahls sich nach den Bedürfnissen des Einzelnen richtet. Zudem wird Terminologie verwendet, die die Ganzheitlichkeit des Menschen einspielt. Dies gilt nicht nur für die beiden Verben אוהund שׁאל, sondern insbesondere für das Lexem נֶ ֶפשׁ. Die Semantik von נֶ ֶפשׁist sehr vielfältig und durch mehrere miteinander zusammenhängende, aber keineswegs gleichwertige oder gar identische Bedeutungen charakterisiert.32 Als anatomischer Begriff bezeichnet נֶ ֶפשׁden Rachen, die Kehle oder den Hals (Jona 2,6; Ps 69,2; Spr 23,2) und kann damit auch die Speise- bzw. Luftröhre meinen.33 Insofern kann es einerseits elementare Lebensbedürfnisse wie Hunger oder Durst (Dtn 23,25) ausdrücken, wobei gleichsam das Stillen emotionaler Sehnsüchte wie Gier, Begier und Verlangen im Blick sein kann.34 Andererseits verweist ( נֶ ֶפשׁvgl. die verbale Verwendung נפשׁ Niph‘al [„aufatmen“35]) auf die Atmung als lebenserhaltendes Prinzip (2 Sam 16,14) und kann in vielen Kontexten über die reine Körpersemantik hinaus als Inbegriff des (unversehrten und gesunden) Lebens und der Vitalität verstanden werden.36 Darüber hinaus gilt die נֶ ֶפשׁ in der Anthropologie des Alten Testaments als „Sitz und Akt … seelischer Empfindungen und Gemütszustände“.37 Insofern wird mit dem hebräischen Lexem נֶ ֶפשׁein Begriff verwendet, der nicht nur Leben(skraft) in einem abstrakten, allgemeinen Sinne, sondern vielmehr das Leben des Individuums38 (als Person) meint – dem will schließlich auch die Übersetzung mit dem selbstständigen Personalpronomen Rechnung tragen – und gleichsam Aspekte von Biographie, Identität, Status und performativer Präsenz umfasst.39 Dtn 14,26 sieht also im 31 Zurecht hebt Eckart Otto hervor, dass die deuteronomische Theorie der Zehntinstitution nicht auf ein giftexchange-system zwischen YHWH und Israel abzielt, „sondern auf die horizontale Integration der Adressaten des Deuteronomiums durch ein Programm der Bruderethik“ (Eckart Otto, Deuteronomium 12– 34, 2 Bd., HTKAT (Freiburg i. Br.: Herder, 2016–2017), 1317). 32 Vgl. Norbert Kilwing, „ נֶ ֶפשׁund ΨYXH: Gemeinsames und Unterscheidendes im hebräischen und griechischen Seelenverständnis,” in Studien zu Psalmen und Propheten: Festschrift für Hubert Irsigler, ed. Carmen Diller et al. (Freiburg i. Br.: Herder, 2010), 377–401, hier 386. 33 Vgl. Hans Walter Wolff, Anthropologie des Alten Testaments: Mit zwei Anhängen neu herausgegeben von Bernd Janowski (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2010), 34–35. 34 Vgl. Martin Rösel, „Die Geburt der Seele in der Übersetzung: Von der hebräischen näfäsch über die psyche der LXX zur deutschen Seele,“ in Anthropologische Aufbrüche: Alttestamentliche und interdisziplinäre Zugänge zur historischen Anthropologie, ed. Andreas Wagner (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2009), 151–170, hier 154. 35 Vgl. Walter Dietrich und Samuel Arnet, ed., Konzise und aktualisierte Ausgabe des Hebräischen und Aramäischen Lexikons zum Alten Testament (Leiden: Brill, 2013), 359. 36 Vgl. Christian Frevel und Oda Wischmeyer, Menschsein: Perspektiven des Alten und Neuen Testaments, NEB, Themen 11 (Würzburg: Echter, 2003), 29–30. 37 So Wolff, Anthropologie, 43 mit einer ausführlichen Auflistung diverser mit נֶ ֶפשׁverbundener Emotionen. 38 Vgl. Bernd Janowski, „Die lebendige næpæš: Das Alte Testament und die Frage nach der ‚Seele,‘“ in Gott – Seele – Welt: Interdisziplinäre Beiträge zur Rede von der Seele, ed. Bernd Janowski und Christoph Schwöbel (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Theologie, 2013), 12–43, hier 24. 39 Vgl. dazu Christian Frevel, „Struggling with the Vitality of Corpses: Understanding the Rationale of the Ritual in Numbers 19,“ in Les vivants et leurs morts: Actes du colloque organisé par le Collège de France, Paris, les 14–15 avril 2010, ed. Jean-Marie Durand, Thomas Römer und Jürg Hutzli, (Fribourg:
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wahrsten Sinne des Wortes ein Festmahl vor, das nicht nur der „Stabilisierung des Familienzusammenhalts“40 dient und existentielle Bedürfnisse stillt, sondern vielmehr den Menschen in und durch Gemeinschaft vor Gott belebt. Kultische Vollzüge schaffen somit soziale Kohäsion und ebendiese sozialintegrative Funktion des Kultes wird nun in der Langform der Kultteilnehmerliste verstärkt, indem sie auf Personen außerhalb des Familienverbandes ausgeweitet wird.
2.3 Die Langform der Kultteilnehmerlisten Das, was in den zweigliedrigen Listen unter ַבּיִ תsubsummiert worden ist, wird in den sechsund neungliedrigen Kultteilnehmerlisten nun explizit ausdifferenziert. Beide Varianten sind jeweils zweimal belegt, wobei die sechsgliedrigen Listen auf Dtn 12 und die neungliedrigen auf den Festkalender in Dtn 16 entfallen. Die sechsgliedrigen Kultteilnehmerlisten benennen neben dem Adressaten Söhne und Töchter, Sklaven und Sklavinnen sowie den Leviten als Kultteilnehmer. Dabei kann der hebräische Begriff ֵבּןnicht nur den leiblichen Sohn bezeichnen, sondern wird gelegentlich auch in einem erweiterten Sinne zur Bezeichnung von Kindern, Enkeln oder auch Nachkommen in Richtung eines sozialen, nicht-leiblichen Sohnschaftsverhältnisses verwendet. Die Liste führt zudem explizit die weibliche Entsprechung ַבּתauf, die in der Regel die unverheiratete Tochter, also eine noch in der Verfügungsgewalt ihres Vaters oder Bruders stehende Frau meint. Neben den geschlechtlich explizit differenzierten Kindern des Adressaten werden im Folgenden analog auch dessen Sklaven und Sklavinnen aufgeführt. Dabei wird mit den Lexemen ֶﬠ ֶבדund ָא ָמהeine im Alten Testament gängige Sklaventerminologie verwendet, die jedoch semantisch viel breiter ist als das deutsche „Sklave, Sklavin“ vermuten lässt.41 ֶﬠ ֶבדkann in einem allgemeinen Sinne jede Person bezeichnen, die (physische) Arbeit ausführt: „Diener“, „Knecht“, „Arbeiter“ usw. Semantisch ist es oft nicht möglich, randscharf zwischen sozialen und rechtlichen Aspekten zu unterscheiden. Das liegt unter anderem daran, dass sich das Leben eines einfachen Lohnarbeiters mit Blick auf die prekären Arbeitsverhältnisse im Alten Orient de facto nicht wesentlich von dem eines Sklaven unterschieden hat. Erschwerend kommt hinzu, dass ֶﬠ ֶבדanalog zu dem akkadischen Äquivalent einen konkreten Sozialstatus bezeichnen kann oder aber Statusdifferenzen bzw. Aspekte sozialer Hierarchien auszudrücken sucht, die nicht notwendigerweise mit Sklaverei als solcher zu tun haben müssen. Die Sachlage wird umso komplexer, wenn man das weibliche Äquivalent in die Überlegungen miteinbezieht. Das Alte Testament kennt mindestens zwei Begriffe, die eine Sklavin bezeichnen können: ִשׁ ְפ ָחהund א ָמה. ָ In Dtn 12,12.18 wird ָא ָמהverwendet, was einer GrundUniversitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012), 199–226, hier 200 und Christian Frevel, „Person – Identität – Selbst: Eine Problemanzeige aus alttestamentlicher Perspektive,“ in Anthropologie(n) des Alten Testaments, ed. Jürgen van Oorschot und Andreas Wagner, (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2015), 63–87, wo נֶ ֶפשׁals Stellvertreterkonzept für Person bzw. Personalität entfaltet wird. 40 Otto, Deuteronomium 12–34, 1316. 41 Für das im Folgenden zugrunde liegende Verständnis von Sklaverei vgl. Katharina Pyschny, „Eine Strategie zur Begrenzung der Schuldsklaverei in Israel: Die Verknüpfung von Sklavenfreilassungsgebot und Eherecht in Ex 21,2–11,“ in Sexualität und Sklaverei, ed. Irmtraud Fischer und Daniela Feichtinger, (Münster: Ugarit-Verlag, 2018), 173–201.
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tendenz des Deuteronomiums entspricht, wo ִשׁ ְפ ָחהüberhaupt nur an einer Stelle (Dtn 28,68) belegt ist. Beide Begriffe bezeichnen eine Sklavin, und nur wenn ָא ָמהfür eine Ehefrau verwendet wird, ist damit ein Unterschied im Sozialstatus (innerhalb des Familienverbandes) gegenüber einer ִשׁ ְפ ָחהangezeigt. Als Ehefrau kann die ָא ָמהHaupt- oder Nebenfrau sein, sie verbleibt dessen ungeachtet im Sklavenstatus – was sie von der freien Ehefrau unterscheidet –, kann aber durchaus einen hohen Sozialstatus erreichen, wie außerbiblische Evidenz belegt.42 In den Kultteilnehmerlisten sind mit ֶﬠ ֶבדund ָא ָמהalso Personen im Blick, die in einer permanenten oder zeitlich begrenzten ökonomischen Abhängigkeit zum pater familias stehen. Sie sind zu einem gewissen Grad in ihren Rechten eingeschränkt und das betrifft insbesondere ihre Freizügigkeit. Der pater familias verfügt über alle oder auch nur einige spezifische Aspekte ihres Lebens, wie zum Beispiel ihre Arbeitskraft. Als Arbeiter*innen sind diese Personen in die Hausgemeinschaft eingegliedert, wobei eine gewisse Autonomie in ausgewählten Lebensbereichen nicht per se ausgeschlossen ist. Mit der Reihung „Adressat – Söhne und Töchter – Sklaven und Sklavinnen“ wird demnach der Familienverband in seiner geschlechtlichen und sozialen Ausdifferenzierung eingespielt. Gleichzeitig wird die Teilhabe am Kult auf Personen außerhalb des Familienverbandes erweitert. In den sechsgliedrigen Listen betrifft dies den Leviten. Anders als die Familienmitglieder steht er ohne enklitisches Personalpronomen. Vielmehr wird der Bezug zum Adressaten mit dem Relativsatz „in deinen/euren Toren“ ausgedrückt.43 Mit שׁ ַﬠר, ַ das auf die Stadttore anspielt, ist im Deuteronomium ein räumliches Gegenüber zum kultischen Zentrum ausgedrückt.44 Der Bezug zu den anderen Kultteilnehmern ergibt sich also über die Ortsansässigkeit des Leviten. Begründet wird seine Beteiligung mit seiner Besitzlosigkeit. Da Leviten keinen Erbanteil erhalten haben – und ganz konkret ist hier Grundbesitz von Land gemeint –, können sie sich nicht selbst versorgen. In der Textwelt des Deuteronomiums wird dieses Problem durch das Zentralisationsprogramm nur noch verschärft, denn es macht die Leviten als ortsansässige Kultfunktionäre letztendlich unnötig und verbannt sie in die Arbeits- und Einkommenslosigkeit. In der Beteiligung des Leviten am Kult wird demnach eine Verantwortung Israels bzw. jedes einzelnen Israeliten gegenüber den sozial Schwachen deutlich.45 Bemerkenswert ist, dass die Kultteilnehmerlisten nicht von levitischen Priestern ()הכּ ֲֹהנִ ים ַה ְלוִ יִּ ם, ַ sondern von dem Leviten ()הלֵּ וִ י ַ sprechen. Zurecht hat Harald Samuel in seiner Dissertation darauf hingewiesen, dass sich hier terminologisch auch eine Konsequenz des 42 Vgl. beispielsweise zu den Elephantine-Papyri Arndt Meinhold, „Scheidungsrecht bei Frauen im Kontext der jüdischen Militärkolonie von Elephantine im 5. Jh. v. Chr.,“ in „Sieben Augen auf einem Stein“ (Sach 3,9): Studien zur Literatur des Zweiten Tempels. Festschrift für Ina Willi-Plein zum 65. Geburtstag, ed. Friedhelm Hartenstein und Michael Pietsch (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2017), 247–259. 43 In der dreigliedrigen Liste von Dtn 26,11 werden der Levit und der Fremde „in deiner Mitte“ ( )בּ ִק ְר ֶבּ ְ verortet. 44 Vgl. dazu Pyschny, „From Core to Centre.“ 45 Für Harald Samuel, Von Priestern zum Patriarchen: Levi und die Leviten im Alten Testament, BZAW 448 (Berlin: de Gruyter, 2014), 141 geht es bei dem Leviten im Gegensatz zu den personae miserae nicht primär um den Aspekt der Versorgung, sondern er gerät in Hinsicht der Festfreude in den Blick: „… die Versorgung ist dabei allenfalls ein implizierter Nebenaspekt.“ Eine solch klare Trennung von Festfreude und Versorgung lässt sich meines Erachtens weder im Deuteronomium noch angesichts des ganzheitlichen Menschenbildes im Alten Testament ziehen. Gerade im Deuteronomium umfasst die Festfreude am kultischen Zentrum auch Aspekte der Versorgung.
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Zentralisationsprogramms zeigen könnte: „Nur am Zentralheiligtum sind Leviten auch faktisch Priester, ansonsten sind sie ‚nur‘ Leviten und somit allenfalls potentiell Priester“.46 Wie dem auch sei, bei ַה ֵלּוִ יscheint es sich am ehesten um eine Funktions- bzw. Statusbezeichnung zu handeln, die nicht geschlechtlich differenziert. Das bedeutet keinesfalls, dass die Versorgung der Frau oder Familie eines Leviten hier nicht im Blick wäre, sondern vielmehr, dass ihre Versorgung vermutlich in Übereinstimmung mit den patriarchalen Kontexten der Texte als über den Mann sichergestellt gedacht wird. Für das Deuteronomium sind kultische Vollzüge also keinesfalls nur eine Familienangelegenheit, sondern strahlen in die gesellschaftlichen Randzonen Israels hinein. Genau dieser Aspekt wird in den neungliedrigen Kultteilnehmerlisten umso stärker herausgehoben, wenn die sogenannten personae miserae, die Fremden, Witwen und Waisen, explizit in die am Zentralheiligtum versammelte Gemeinschaft integriert werden. Analog zu dem Leviten stehen die personae miserae ohne enklitisches Personalpronomen. Deren Bezug zum Adressaten wird vielmehr mit der nachgeschobenen Apposition „in deiner Mitte“ ( )בּ ִק ְר ֶבּ ְ ausgedrückt, womit ein gesamtgesellschaftliches Setting vorausgesetzt wird. Die personae miserae (und ihre Versorgung) werden also nicht einem einzelnen Patron – in einem altorientalischen Kontext üblicherweise dem König – zugeordnet, sondern der gesamten Gesellschaft Israels.47 Bei der ersten Personengruppe der personae miserae, dem גֵּ ר, handelt es sich nicht um einen Ausländer im allgemeinen Sinne. Vielmehr bezeichnet das Substantiv „einen Menschen, der sich nicht an seinem Heimatort aufhält, sondern Schutz an einem anderen Ort sucht“.48 Insbesondere in der deuteronomischen Sozialgesetzgebung gilt der גֵּ רals hilfsbedürftig, weil er keinen eigenen Landbesitz hat und auch nicht in ein verwandtschaftliches Hilfesystem eingebunden ist. Damit ist er in seiner Versorgung existentiell gefährdet und letztendlich von den Israeliten abhängig. Bemerkenswert ist, dass der גֵּ רim gesamten Deuteronomium geschlechtlich nicht spezifiziert oder ausdifferenziert wird.49 Das Verb גוּרhingegen wird gleichermaßen für Männer und Frauen verwendet. Zurecht hat Ruth Ebach darauf hingewiesen, dass ein weiblicher גֵּ רdeswegen keinerlei Erwähnung findet, weil es sich bei einer Frau, die sich alleine bzw. selbstständig (d.h. ohne einen Mann) von ihrem Heimatort entfernt, in der Regel um eine Witwe gehandelt haben dürfte, die in der deuteronomischen Sozialgesetzgebung als solche schon Berücksichtigung findet.50 Dass die Kultteilnehmerliste in Dtn 16,11.14 (s.u.) den גֵּ רnicht geschlechtlich ausdifferenziert, jedoch explizit Sklaven und Sklavinnen nennt, weist für sie auf einen inklusiven Gebrauch des גֵּ ר-Begriffs hin.51 Man wird also das grammatische Genus auch in diesem Fall zumindest nicht überbewerten
46 Samuel, Von Priestern zum Patriarchen, 142 (Hervorhebung im Original). 47 Vgl. Ebach, Das Fremde und das Eigene, 44 und Markus Zehnder, Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien: Ein Beitrag zur Anthropologie des „Fremden“ im Licht antiker Quellen, BWANT 168 (Stuttgart: Kohlhammer, 2005). 48 Ebach, Das Fremde und das Eigene, 39. 49 Das trifft sich mit der Beobachtung, dass auch keine Herkunft oder kulturelle Prägung genannt wird. Vgl. Ebach, Das Fremde und das Eigene, 46. 50 Ebach, Das Fremde und das Eigene, 46. 51 Ebach, Das Fremde und das Eigene, 47.
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können. Zu erwägen wäre auch, dass גֵּ רzuvorderst auf einen (geschlechtsneutralen) Sozialstatus abhebt.52 Die darauffolgend erwähnten Witwen ( ) ַאלְ ָמנָ הsind hingegen geschlechtlich enggeführt, da verwitwete Frauen zwar sozial unabhängig sind, aber – im Gegensatz zu verwitweten Männern – angesichts fehlender sozialer und ökonomischer Schutzräume in ihrer (eigenständigen) Versorgung gefährdet sind.53 Das Gleiche gilt auch für minderjährige und damit versorgungsbedürftige Söhne und Töchter, die durch den Tod ihres Vaters als verwaist gelten ( )יָ תוֹםund als letztes Glied der personae miserae auch in die Langform der Kultteilnehmerlisten integriert werden. Während sich die semantischen Verschiebungen im Falle der Kurzform der Kultteilnehmerliste vergleichsweise in Grenzen halten, wendet sich das Blatt signifikant bei der Langform. Denn insbesondere wenn der Adressat ausschließlich mit dem pater familias gleichgesetzt wird, kommen Fragen rund um die kultische Beteiligung der freien israelitischen Frau auf. Während sie als Ehefrau des Familienoberhaupts in der zweigliedrigen Liste als Mitglied des Familienverbandes miteingeschlossen ist, findet sie in der geschlechtlich und sozial ausdifferenzierten Liste keine ausdrückliche Erwähnung. Ist also die verheiratete Frau von der Teilnahme am Kult ausgeschlossen? Ein aktiver oder gar grundsätzlicher Ausschluss der verheirateten Frau vom Kult erscheint angesichts der Beteiligung von Töchtern und Sklavinnen sehr unwahrscheinlich. Auch Textstellen wie Dtn 31,9–13, wo dem Volk Israel für das Sabbatjahr vorgeschrieben wird, am Laubhüttenfest zur Verlesung der Tora an die erwählte Stätte zu kommen, schließen ein solches Verständnis aus.54 Denn hier sind Frauen explizit in V. 12 genannt55, und dafür, dass die israelitische Vollbürgerin nur alle sieben Jahre zur erwählten Stätte kommen soll, gibt es im Deuteronomium zumindest keine ausdrücklichen Hinweise. Andererseits darf man sich auch keine Illusionen über die vergleichsweise starren und stark patriarchal geprägten Geschlechterrollen in der Umwelt des Alten Testaments und den daraus insbesondere für die Ehefrau resultierenden Belastungen machen.56 Zurecht hat Marie-Theres Wacker darauf hingewiesen, dass die verheiratete Frau vermutlich angesichts Schwangerschaft, Stillzeit und Verantwortung für Kleinvieh nicht zur Teilnahme an kultischen Vollzügen verpflichtet ist.57 Damit ist eine wichtige Differenzierung eingeführt: Die Ehefrau ist nicht vom Kult ausgeschlossen, sondern ist „nur“ nicht dazu verpflichtet. Doch 52 Wobei damit nicht ausgedrückt werden soll, dass Bezeichnungen eines Sozial- oder Rechtsstatus nicht auch geschlechtsspezifisch sein können (vgl. die Anmerkungen zu den Sklaven und Sklavinnen). 53 Vgl. Angelika Berlejung, „Witwe,“ HGANT 462–464. 54 Vgl. auch Finsterbusch, „Frauen,“ 392. 55 Die Formulierung von Dtn 31,12 ist für die Thematik durchaus interessant, denn dort heißt es: „Versammle das Volk – die Männer und die Frauen und die Kinder und deinen Fremden in deinen Toren …“. Möglicherweise wird das, was in den Kultteilnehmerlisten unter dem ‚Du‘ subsummiert ist, nun in „Männer und Frauen“ ausbuchstabiert. Söhne und Töchter wären dann unter den Kindern gefasst. Den גֵּ רausgenommen werden die personae miserae nicht explizit aufgeführt, vermutlich, weil Witwen und Waisen bei den zuvor genannten Gruppen mitinbegriffen sind, und in dem hiesigen Kontext ggf. nur die Zugehörigkeit des גֵּ רstrittig gewesen ist. Vgl. Otto, Deuteronomium 12–34, 2117. 56 Vgl. Reuter, Kultzentralisation, 150–51. 57 Vgl. Marie-Theres Wacker, „Feministisch-theologische Blicke auf die neuere Monotheismus-Diskussion,“ in Der eine Gott und die Göttin: Gottesvorstellungen des biblischen Israel im Horizont feministischer Theologie, ed. Marie-Theres Wacker und Erich Zenger (Freiburg i. Br.: Herder, 1991), 17–48, hier 37.
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wirkt sich die Nichteinbeziehung der verheirateten Frau in diese Verpflichtung nichtsdestotrotz zu ihrem Nachteil aus, insofern sie ggf. nicht an den kultischen Vollzügen partizipieren kann. Von daher muss die Aussparung verwundern. In der expliziten Beteiligung von Töchtern und Sklavinnen lässt das Deuteronomium zwar eine emanzipatorische Tendenz erkennen, doch diese bricht die im Hintergrund liegenden patriarchalen Gesellschaftsstrukturen nicht grundsätzlich auf. Vielmehr könnte die Aussparung der Ehefrau – wenn man dieses Problem nicht über ein inklusives Verständnis des Adressaten auflöst – unter den hier skizzierten Voraussetzungen ein Bewusstsein um die realen Lebensumstände von Frauen im antiken Israel spiegeln. Diese Erklärung ist grundsätzlich möglich, wenn auch letztendlich spekulativ. Zu bedenken ist ferner, dass das Deuteronomium Frauen wohl kaum als Frauen interessieren,58 sondern hier andere Parameter und Agenden leitend sind (Kultverständnis, Ethos der Geschwisterlichkeit usw.). Blickt man zudem auf den unmittelbaren Kontext der neungliedrigen Kultteilnehmerlisten, dann wird ersichtlich, dass gerade im Falle der neungliedrigen Listen nicht nur Genderaspekte zum Tragen kommen, sondern insbesondere der sozialintegrative Charakter kultischer Vollzüge im Vordergrund steht. Das freudige Zusammenkommen am Zentralheiligtum sprengt geschlechtliche, soziale und regionale Grenzen. Dabei lassen sich auch zunehmend Individualisierungstendenzen im Kontext religiöser Verehrung ausmachen. Im Kontext der Regelungen zum Wochenfest in Dtn 16,9–12 wird der Adressat aufgefordert, nach dem Einbringen der Ernte das Wochenfest vor YHWH zu feiern. Anlass ist der in der erfolgreichen Ernte persönlich erfahrene göttliche Segen. Dass kultische Vollzüge hier besonders situations- und menschenbezogen vorgestellt werden, wird daran ersichtlich, dass die zu erbringende Gabe dem freien Ermessen des Einzelnen überantwortet und ausdrücklich in ein Entsprechungsverhältnis zum erfahrenen Segen gebracht wird.59 Im Vordergrund des Festes steht die gemeinsame Freude vor Gott, an der nicht nur der Familienverband, sondern auch die personae miserae partizipieren. Begründet oder motiviert werden die sozialen Anliegen des Wochenfestes mit der Erinnerung an die Sklavenexistenz Israels. Aus der eigenen sozialen Marginalisierung in Ägypten erwächst eine besondere Verantwortung für den Schutz gesellschaftlicher Randgruppen. Beim zweiten Erntefest, dem Laubhüttenfest, wird sogar gar keine Gabe an Gott erwähnt und ausschließlich die Festfreude am Zentralheiligtum fokussiert. Diese wird in Dtn 16,15b mit einer nachgeschobenen und mit Gottes Segen begründeten Mahnung herausgestellt: „Sieben Tage sollst du vor YHWH, deinem Gott, das Fest feiern an dem Ort, den YHWH erwählen wird; denn YHWH, dein Gott wird dich segnen in all deinem Ertrag und in allen Werken deiner Hände, und du sollst nur fröhlich sein“. Dabei handelt es sich nicht um eine Freude zugunsten Gottes oder um eine, die auf die Erlangung der göttlichen Gunst abzielt. Vielmehr geht es um einen freudigen Ausdruck über die bereits erfahrene Zuwendung YHWHs, der seinen Grund und seine Grenze im göttlichen Segen hat. Im gemeinschaftlichen kultischen Vollzug kommen also unterschiedliche Statusgruppen der israelitischen Gesellschaft zusammen. Sozialunterschiede werden zwar nicht gänzlich aufgehoben, aber ihnen wird durch Formen der Partizipation am Kult sichtlich entgegengewirkt. Dabei lassen die Kultteilnehmerlisten durchaus ein Bewusstsein um genderspezifische Probleme erkennen, das aber nicht immer im Zentrum ihrer literarischen Funktion zu stehen scheint. 58 Vgl. Finsterbusch, „Frauen,“ 392. 59 Vgl. zum Folgenden auch Katharina Pyschny, „Segen/Fluch,“ HAA (im Druck).
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3. Auswertende Schlussbemerkungen Der exegetische Survey der sog. Kultteilnehmerlisten des Deuteronomiums hat einen Einblick in eine programmatische Textwelt gewährt, deren im Hintergrund stehende patriarchale Gesellschaftsstruktur einen radikalen Gegensatz zu modernen Gesellschaften markiert. Von daher sind die alttestamentlichen Texte weit davon entfernt unmittelbar normative Figurationen für Geschichte oder Gegenwart bieten zu wollen oder gar zu können. Dennoch hat sich am Beispiel der Frage nach kultischer Partizipation gezeigt, dass sich in den alttestamentlichen Schriften durchaus auch Fragen unserer heutigen Gesellschaft wiedererkennen lassen, ohne dass sie uns Lösungen im 1:1-Format bieten würden. Gerade das Ausloten verschiedener Interpretations- und Verstehensweisen der Kultteilnehmerlisten hat deutlich werden lassen, dass die Normativität alttestamentlicher Texte nicht in eindeutigen Vorgaben besteht, denn die Texte selbst formulieren nicht eindeutig! Vielmehr setzen sie die Normativität des Diskurses. Dabei ist mit Blick auf die Frage nach kultischer Partizipation gerade in dem hier vollzogenen hermeneutischen Ausloten ein bibel-theologisches Potential zu erkennen, das abschließend schlaglichtartig in drei Punkten skizziert werden soll: (1) Partizipation und Kultverständnis: Es dürfte deutlich geworden sein, dass Formen von Partizipation im Kontext von Religion nicht unabhängig vom Kultverständnis sind. Was zunächst – gerade im Hinblick auf die Antike – als eine recht banale Erkenntnis erscheinen mag, entwickelt im Kontext gegenwärtiger Debatten um Partizipationsmöglichkeiten in der Katholischen Kirche noch einmal eine ganz andere Aussagekraft. Sie sensibilisiert uns dafür, dass die ekklesiologische und/oder pastorale Verfasstheit der Kirche nicht getrennt von den konkreten kultischen bzw. liturgischen Vollzügen im Gottesdienst betrachtet werden kann. Das Deuteronomium jedenfalls denkt anders über Partizipation nach, weil es ein anderes Kultverständnis hat als beispielsweise die priesterlichen Texte des Pentateuch. Dabei ist gar nicht so sehr das Zentralisationsprogramm wirksam, sondern es sind vor allem zwei Aspekte, die im Deuteronomium partizipative Vorstellungen beflügeln: erstens ein Verständnis von Kult als einem Raum strukturierenden Gabe-Konzept, das Performanz und Responsivität/Reziprozität inkludiert, und zweitens die sozialintegrative Funktion von religiösen Vollzügen und Praktiken.60 (2) Sozialintegrative bzw. -kohäsive Funktion von Religion: Wenn Kult als ein Begegnungs- und Beziehungsgeschehen gedacht wird, in dem es zuvorderst um Responsivität geht, hat das auch Konsequenzen für eine kultische Beteiligung von Frauen. Denn dann ist es theologisch nicht mehr hinreichend, dass die Frau im Kult durch das Familienoberhaupt vertreten wird. Genau diese Tendenz scheinen die Listen durch die geschlechtliche Ausdifferenzierung anzudeuten, auch wenn sie das patriarchal geprägte Geschlechtergefälle nicht gänzlich aufbrechen. Somit lässt sich die Frage nach der kultischen Beteiligung der Frau nicht allein an dem Problem des generischen Maskulinums oder inklusiver Sprache beantworten, auch wenn eine interdisziplinär ausgerichtete historische Genderlinguistik durchaus zu einer Klärung beitragen könnte. Insbesondere wäre noch einmal neu nach den Bedingungen und Kriterien zu fragen, unter denen ein Maskulinum als geschlechtsexklusiv, -neutral oder -inklusiv zu verstehen ist. Auch wenn das Deuteronomium kein ausgeprägtes Interesse an
60 Beide Aspekte sind aber auch nicht unabhängig vom Zentralisationsprogramm.
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Katharina Pyschny
Frauen als Frauen spiegelt, deutet sich in einigen Passagen doch die Erkenntnis an, dass die religiöse Identität Israels nur mit einer aktiven Beteiligung von Frauen zu konstituieren und zu sichern ist. Doch beschränkt sich diese integrative oder kohäsive Funktion des Kultes nicht nur auf die Kategorie „Geschlecht“, sondern ist insbesondere auch mit Blick auf den Sozialund Rechtsstatus wirksam. Indem alle sozialen Glieder Israels in der Festfreude am Zentralheiligtum zusammenkommen, werden die sozialen Unterschiede zwar nicht gänzlich aufgehoben,61 aber im performativen kultischen Vollzug letztendlich irrelevant. Um es pointiert mit den Worten Norbert Lohfinks auszudrücken: „Nirgendwann und nirgendwo kann Israel dichter es selbst sein“.62 (3) Israel als Kollektiv und Individuum: Formen der kultischen Partizipation sind im Deuteronomium schließlich nicht unabhängig von der Konzeptionalisierung Israels in der produktiven Spannung von Kollektivität und Individualität. Gerade an der hermeneutischen Offenheit des angesprochenen „Du“ bzw. „Ihr“, aber auch in den individualisierenden Tendenzen bei kultischen Vollzügen ist deutlich geworden, wie stark Israel zwischen Kollektiv und Individuum oszilliert. Dabei handelt es sich um eine Konzeption, die kein diametrales Gegenüber zwischen kollektiver und individueller Perspektive spiegelt, sondern vielmehr den Kern der religiösen Identität in der Relationalität des Individuums zum Kollektiv sieht. Es ist gerade dieses Mit- und Zueinander von kollektiver und individueller Perspektive, das den Diskurs um kultische Partizipation im Deuteronomium wesentlich mitbestimmt.
61 Insofern handelt es sich letztendlich nicht um eine egalitäre Gesellschaft, wie es Lohfink, „Opferzentralisation,“ 243 anzudeuten scheint: „… Alle Glieder Israels sind beisammen, ohne daß es einen sozialen Unterschied gäbe.“ 62 Lohfink, „Opferzentralisation,“ 243.
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The Divine Victory of Gibeon and Deliverance of the Gibeonites Josh 10:1–15 Reconsidered Dany Nocquet
Introduction This study aims at understanding the place of the strange narrative of the miracle of Gibeon in the book of Joshua and the reasons for its redaction, placed as it is after the extraordinary story of the cunning of the Gibeonites, saving their lives from the Israelites and building an alliance with Joshua.1 As in Josh 9:1, Josh 10:1 reminds us of the victories of Joshua in Jericho and Ai, and the great fear of the king of Jerusalem resembles that of the kings of Canaan: thus the story of Josh 10:1–15 has to be read as a new narrative in the continuity of Josh 9:1– 27. In chapter 9, the inhabitants of Gibeon saved their lives thanks to their cleverness against the irresistible power of the Israelites.2 Not only did they save their lives from the Canaanite coalition, but they also gained a new function as wood-cutters and drawers of water, and a new social status as servants of the Yahweh’s altar. After the great defeat of Gibeon’s enemies and the miracle, Josh 10:16–43 describes the slaughter of the five Amorite kings in the cave of Maqqeda3 and the conquest of the southern part of Canaan from Gibeon.4 Joshua 11 recounts again the continuity of the conquest of the north of Canaan. The rescue of the Gibeonites and the miracle of Gibeon in Josh 10:1–15 are precisely placed between the first emblematic battles of Jericho and Ai, and the global conquest of Canaan.5 1
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It is a real pleasure and honor to offer to Reinhard Achenbach my thoughts about the miracle of Gibeon and to share some ideas about my reading of the text of Josh 10. I am infinitely grateful for his inspiring and essential work as an Old Testament scholar. I am also very grateful to Pascale Renaud-Grosbras who has reviewed the English version of this article. Dany Nocquet, “La guerre n’est pas une fatalité. Hommage à l’intelligence gabaonite: Jos 9,” ETR 94/1 (2019): 73–94. In this contribution, I try to show how the text of Josh 9 goes beyond the torah and the laws of war in Deut 20 (and Deut 7), making the law of the ḥerem ineffective. The text shows how war is not a fatality, presenting Joshua – curiously – at Israel’s origin as the first savior of a foreign people. Joshua 9 is interpreted as a post-Dtr writing, coming probably from the province of Samaria in the Persian period. Joshua 10:23–46 relates to the slaughter of the kings, enemies of the Gibeonites in 10:16–27, and the total destruction of the cities mentioned in Josh 10:1–5, and those of Livna, Gezer, and the conquest of the Negev in Josh 10:28–46. Baruch Margalit, “The Day the Sun Did Not Stand Still: A New Look at Joshua x 8–15,” VT 42/4 (1992): 466–491 (466–476), distinguishes Josh 10:1–15 from 10:16–27, as two early independent units. For him, Josh 10:1–15 is a typical narrative of the wars of Yahweh. Particularly, the border territories of the north of Israel: Israel Finkelstein, “A Corpus of North Israelite Texts in the Days of Jeroboam II?,” HBAI 6/3 (2017): 262–289 (284–285).
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Dany Nocquet
1. Reading Josh 10:1–15 Joshua 10:1–15 first describes the fear of the kings of southern Canaan,6 led by the king of Jerusalem, not only due to Joshua’s victories in Jericho and Ai but also because of the alliance between the Gibeonites and Israelites. At the narrative’s center stands the story of the divine victory against the Jerusalemite coalition besieging the city of Gibeon. This victory is underlined through the miracle of Gibeon with the cosmic participation of the sun and the moon. Josh 10:1–7 Josh 10:8–11 Josh 10:12–15
The fear of the kings before Joshua and Gibeon, and the Gibeonites’ call for help Yahweh announcing the victory of Gibeon to Joshua and the divine deliverance The miracle of Gibeon and the greatness of Joshua
1.1 Joshua 10:1–7 In these verses, the first actor is Adoni-zedek, king of Jerusalem.7 The name Adoni-zedek is only used in the book of Joshua, but it does recall the name of another king, Adoni-bezeq, who is imprisoned and punished by the Judeans in Jerusalem in Judg 1:5.8 In Josh 10:1, Jerusalem is mentioned for the first time in the Hebrew Bible. In this context, is it possible to interpret this mention as an ironic or a critical one? Jerusalem is presented in Josh 10 as the main place of the opposition to Israel entering Canaan, resisting Joshua and Yahweh.9 By comparison to Josh 9:1, the opposition to Joshua is now concentrated in Jerusalem and the cities in the south of Canaan. Besides, the victory over Jerusalem and its allies is decisive for the continuation of the conquest of all Canaan. In this regard, it is interesting to note that the fear of the king of Jerusalem and his call upon other kings bring the victories of Joshua in Jericho and Ai and the peaceful alliance between Gibeon and Israel close together. Verse 1 sums up the story of Josh 9, insisting on peace and the integration of the Gibeonites in the midst of Israel with the sentence: “and how the inhabitants of Gibeon had made peace with Israel, and being in their midst.” כי השלימו ישבי נבעון את־ישראל ויהיו בקרבם. The last sentence of v. 1 reminds of the tension between Joshua 9 and the Deuteronomistic laws of Deut 20:10– 20 and Deut 7:1–4: Josh 9 is twisting and limiting the law of the ḥerem.10 Inhabitants of 6 The translation and history of the text are provided in the appendix. 7 The expression “king of Jerusalem,” מלך ירושלם, is peculiar to this text: Josh 10:1, 3, 5, 23. It is found also in Josh 12:10 and 2 Sam 19:35. Scholars have not paid much attention to this expression nor to the fact that the city is called Jebus in others biblical texts. As we will see, the mention of Jerusalem as the place of a total opposition against the entrance of Joshua could be interpreted as a critical one. 8 According to Hartmut N. Rösel, Joshua, Historical Commentary on the Old Testament (Leuven; Paris; Walpole, MA: Peeters, 2011), 164–165, this name connects this story with Judg 1:4–7 and Gen 14:18. Judges 1:4–7 relates the victory of Judah over Adoni-bezeq, the leader of Cananaite kings fighting Israel, in Bezeq. Leading Adoni-bezeq to Jerusalem, the king is punished by the Judeans. Could Judg 1:4–21 be a way of reconsidering and correcting the place and the image of Jerusalem contrary to Josh 10:1–27? 9 Carolyn Pressler, Joshua, Judges, and Ruth, Westminster Bible Companion, (Louisville; London; Westminster: John Knox Press, 2002), 80. 10 About the notion of ḥerem, Jannic A. de Prenter, “The Contrastive Polysemous Meaning of חרםin the Book of Joshua. A Cognitive Linguistic Approach”, in The Book of Joshua, ed. Ed Noort (Leuven; Paris; Walpole, MA: Uitgeverij Peeters, 2012), 473–488 (483–485, 488).
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The Divine Victory of Gibeon and Deliverance of the Gibeonites
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Canaan, as foreigners destined for annihilation, have been saved and integrated into Israel under the leadership and authority of Joshua.11 In vv. 2–3, the kings’ fear is not only due to the military forces of Joshua, but also to the town of Gibeon, described in the MT as a powerful royal city:12 “because (Gibeon) was one of the royal cities, and because it was greater than Ai, and all her men were mighty warriors.” כאחת ערי הממלכה וכי היא גדולה מן־העי וכל־אנשיה גברים. The sentence is strange, for there is no mention of a king of Gibeon in Josh 9, and the decision to surrender before Israel seems a democratic one. The city is more powerful than the city of Ai and is inhabited by giborîm. In this way, the Gibeonites are compared to the Israelites, also qualified as powerful warriors, giborîm, v. 7.13 The Gibeonites, as well as the powerful Israelites, belong to the same dangerous entity in Canaan. This is the reason why the king of Jerusalem is gathering a coalition of five kings, five cities of the south of Canaan. The names of those sites reflect the area and the territory of the kingdom of Judah.14 The sites of Jerusalem, Hebron, and Lachish are well known; the place called Yarmouth, according to Josh 15:35, is situated in the vicinity of Azekah and Soco. The site of Eglôn (only mentioned in Joshua) might be near Lachish or Hebron: Josh 10:36–37 and 15:39.15 The call of v. 4 highlights the leadership of the king of Jerusalem, but even more so the greatness and importance of Gibeon. Gibeon is the unique city against which the kings are waging a war because of a peace treaty with the Israelites: the city of Gibeon has to be defeated in order to stop the Israelites’ invasion of Canaan. The gathering of the kings in v. 5 focuses on Gibeon’s strategic importance. The city itself is the target of a siege by the coalition: “and let us strike Gibeon,” ונכה את־גבעון. Surprisingly, Josh 10:5 also describes the five kings as “Amorite kings,”16 מלכי האמרי, using a particular denomination for the Transjordanian kings of Og and Sihon. In the biblical tradition, the title of “Amorite king” is mainly ascribed to Sihon, king of Hesbon in the Transjordanian region. The Amorites are a Transjordanian people fighting against Moses and the Israelites.17 According to Deut 3:8, this victory becomes the model for engagement and it ushers the entry into Canaan.18 This perspective is developed in Joshua. Is the aim of this 11 Nocquet, “La guerre n’est pas une fatalité,” 73–85. 12 This mention is missing in the LXX. We have seen how in Gibeon the decision concerning the use of a cunning method is a collective one. 13 André Wénin, “Josué 1–12 comme récit”, in The Book of Joshua, ed. Ed Noort (Leuven; Paris; Walpole, MA: Peeters, 2012), 109–135 (116–117). See also 1 Sam 27:5. 14 Volkmar Fritz, Das Buch Josua (Tübingen: J.C.B. Mohr, P. Siebeck, 1994), 109, remarks that the number “five” is tied to the story of the death of the five kings hanged in five trees, Josh 10:26–27. Rösel, Joshua, 161, notes that the list of Josh 10:3, 5, 23 is different from the one in Josh 10:28–39. 15 Rösel, Joshua, 162–63, 166; E. Axel Knauf, Josua, (Zürich; Theologischer Verlag Zürich, 2008), 98–99, gives the etymology of the names in use, insisting upon the Jerusalemite supremacy over this mountainous region until the end of the second millennium BCE. 16 The formula is used nine times in Joshua: Josh 2:10; 5:1; 9:10; 10:5–6; 12:2; 13:10, 21; 24:12. 17 Sihôn, “Amorite king,” Num 21:21, 26, 34; 32:33; Deut 1:4; 3:2; 4:46; Josh 10:5 12:2; 13:10, 21; Judg 11:19; 1 Kgs 4:19; Ps 135:11; 136:19. 18 The title of Amorite king is normally reserved for the Tranjordanian kings, distinct from the Canaanite kings. The mention “all the Amorite kings” is only found in Josh 5:1 and 10:6. The title of “the two Amorite kings” is shared by Og, king of Bashan in Deut 3:8; 4:47; 31:4. In the same way, Josh 2:10; 9:10; 24:12.
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mention to demonstrate that the battle of Gibeon has to be compared to the confrontation led by Moses against the kings of the Transjordanian region? Is this mention legitimizing the absolute necessity of violence against the coalition of the kings of southern Canaan, as described in the following story? The Amorite kings, “living on the mountain,” כל־מלכי האמרי – ישבי ההר19 a difficult localization to interpret – seem to refer to the symbolic, mythological figure of a tremendous and definitive opposition to Israel according to Josh 13:6. It is astonishing and remarkable that this absolute opposition is now led by the Jerusalemite coalition. This is a way to reinforce the negative aspect of this coalition. The Gibeonites’ call for help to Joshua is a gesture opposite to that of the call for the king of Jerusalem. The expression, “Don’t slack your hand from your servants,” אל־תרף ידיך מעבדיך, is unique. The two other uses of the verb rph refer to Jerusalem or Judah.20 This call encouraging Joshua to act illustrates the solidity of the alliance between Gibeonites and Israelites. Regardless, the call reveals the Gibeonites’ total integration into Israel, and henceforth their unity with the Israelites. Joshua agrees to their request immediately and raises his army and all of Israel to help Gibeon and deliver its inhabitants. As Joshua saved the Gibeonites from the hands of the Israelites, Josh 9:26, Joshua will deliver them from the threat of the Amorite kings.
1.2 Joshua 10:8–11 The vocabulary describing the sudden coming of Joshua,21 פתאם, the encouraging call, “don’t fear,” אל־תירא, and the divine military action confusing the enemies before Israel, “YHWH confused them before Israel,” ויהמם יהוה לפני ישראל, comprises expressions that belong to salvation oracles and the deliverance stories of Exod 14:13; Num 21:34.22 These parallels are intentional and significant: the verb hmm – underlining the confusion and disorder of the kings of Canaan before Gibeon – is also used to announce the defeat of the Egyptians in Exod 14:24 and the defeat of the Canaanite army of Sisera in Judg 4:15.23 YHWH is the unique subject of this verb, which is a strong indication that the divine action to save the Gibeonites is comparable to the salvation of the Israelites from the Egyptians and from the Canaanites. Here though, the account focuses on YHWH saving a foreign people, the Gibeonites; this salvation only concerns Gibeon and not the Israelites. In other words, YHWH is the savior of the Gibeonites. The story enhances the equality of those two peoples united by an alliance and a peace treaty. The description of the defeat uses typical and well-known vocabulary in stories of salvation: “big defeat,” מכה־גדולה, pursuing them into…,” בנסם.24 The victory takes 19 20 21 22 23
Josh 10:6; 13:6; Judg 1:9. Zeph 3:16 and 2 Chr 15:7. Josh 11:7. See also Jer 42:11; Ezek 2:6; Josh 8:18; 21:44; and 23:9. Exod 23:27; 1 Sam 7:10; 2 Sam 22:15, Isa 28:28; Ps 18:15; 144:6: Knauf, Josua, 99; Pressler, Joshua, Judges, and Ruth, 80; Margalit, “The Day the Sun Did Not Stand Still,” 475–476. 24 Big defeat: Deut 28:59; Judg 11:33; 15:8; 1 Sam 6:19; 19:6; 23:5; 1 Kgs 20:21; 2 Chr 28:5. “Pursuing until” (rdph ‘d) is often used to indicate a global victory: Gen 14:14, 15; Deut 1:44; 11:4; 28:22, 45; Josh 2:16; 7:25; 8:24; 10:10; 11:8; Judg 4:16; 9:40; 20:43; 1 Sam 7:11; 17:52; 2 Sam 2:24; 22:38; Psa 18:38; 2 Chr 14:12.
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place from Gibeon to the south “along the way that goes up to Bethhoron,” דרך מעלה בית־ הרון, at the border of the Shephelah plains.25 Verse 11 emphasizes the divine involvement in the deliverance of Gibeon by use of a cosmic phenomenon, rather than military force by the Israelite army. The falling of “large stones from the sky,” אבנים גדולים מן־השמים, increases the defeat of the enemies of Gibeon. Such cosmic divine participation in the salvation of the Gibeonites is again similar to the salvation of the Israelites with the parting of the sea in Exod 14 and also with the sending of a curse in Deut 28:24.26 The defeat of the Amorite kings at Gibeon is more imputable to YHWH than to the military force of the Israelite army.27 Therefore, Gibeon of Canaan enjoys an exceptional salvation, just as the Israelites did when they left Egypt. The end of the story with its cosmic miracle illustrates and strengthens this comparison.28 Such a connection with the exodus narrative is used to highlight the victory of Gibeon as a founding time for the Israelite entrance into Canaan. The cosmic miracle at the end of the story serves this purpose.
1.3 Joshua 10:12–15 The Masoretic text contains some difficulties of interpretation:29 is the order to the sun and the moon given by Joshua or by YHWH? “… and he said in the sight of Israel, Sun, stand you still on Gibeon; You, Moon, in the valley of Aijalon,” ויאמר לעיני ישראל שמש בגבעון דום וירח בעמק אילון. The LXX solves the difficulty, clearly making Joshua the subject of this verb and thus the one who gives the order.30 The uncertainty leads to a double identification. First, the reader may identify the sun, the moon, and YHWH: v. 14 mentions that YHWH has heard the voice of Joshua, just as the sun and the moon listened to Joshua’s order to stand still.31 The second identification is the one between YHWH and Joshua due to a great proximity between them: an identification that enhances his standing as Moses’s successor.32 The cosmic miracle does not directly affect the battle of Gibeon, since the besieging army is totally destroyed by YHWH,33 but the purpose of the miracle of Gibeon and the valley of Aijalon is to delay the sunset in order to ensure victory on this day “until the nations had avenged themselves of their enemies”, עד־יקם גוי איבוי. This single sentence is intentionally vague about the identity of the nation benefiting from this exceptional arrest of the daytime: this nation could be the Gibeonites as well as the Israelites, or the two peoples together, thereby increasing their unity. The astral participation in the victory at Gibeon could be an 25 Rösel, Joshua, 167: the name Maqqeda could be an addition preparing the story of Josh 10:16–23. 26 There is a typical use of the stereotypical expression for divine intervention, “from the sky,” from where YHWH is sending fire, rain and blessings, 2 Kgs 10:12, 14; Deut 26:15; 28:14. 27 Ludger Schwienhorst-Schönberger, “Josua 6 und die Gewalt,” in The Book of Joshua, ed. Ed Noort (Leuven; Paris; Walpole, MA: Peeters, 2012), 433–471 (450). 28 There is a game of alliteration between “hail,” bârâd, and “sword,” ḥérév. 29 Rösel, Joshua, 169–72. 30 Rösel, Joshua, 169, interprets the uncertainty as being originally the order of YHWH addressing the sun. 31 According to Knauf, Josua, 100, the text presupposes a monotheistic understanding of YHWH. 32 Rösel, Joshua, 169. 33 Knauf, Josua, 100–101, notes the significance of these divinities as war divinities in the seventh century BCE; Rösel, Joshua, 169–170, thinks that these verses were initially part of an old poetic story and notes the difficulty in recognizing who is ordering the sun.
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allusion to the Israelite victory against the Canaanite chief Sisera.34 The cosmic dramatization of the day for Gibeon, with celestial bodies, could also refer to a “day of YHWH” in the book of Joel. Joel 3:2 describes the “day of YHWH” as the destruction of Jerusalem in which we find the same sentence about the uniqueness of the day “before it and after it,”35 כיום ההוא לפניו ואחריו. The miracle’s function is essentially to emphasize the uniqueness of the day for Gibeon, legitimizing the annihilation of the enemies of the Gibeonites, allies of the Israelites.36 The single mention of the “book of Jashar,” 37 על־ספר הישר, is difficult to interpret and may also have a literary function so as to insert this event into a specific textual tradition that recounts the most significant events in the history of Israel. Could this textualization be an artifice to recognize the legitimacy of what is happening in Gibeon, as a founding event for a new period in Israel? Indeed, the miracle of Gibeon is the beginning of a new military campaign, leading Israel to the entrance into Canaan: Josh 10:16–11:23 tells of the conquest of the whole territory of Canaan. Verse 14 highlights the surprising proximity between YHWH and Joshua, going so far as to imply the divinization of Joshua: he is put on a level with YHWH who “has heard the voice of a man,” לשמע יהוה בקול איש. Such a position is similar to that of Moses: Deut 34:12 assigned the divine wonder of YHWH to Moses. In this way, Joshua is constructed as a figure as important as Moses himself and not only as a follower of Moses, thus accomplishing the torah: Josh 1:7–8, 16–18 and Judg 2:7. At the end of the verse, the sentence “for the LORD fought for Israel,” כי יהוה נלחם לישראל, a partial reference to Exod 14:14, 25 and the deliverance from Egypt,38 reveals the crucial importance of Joshua and the victory of Gibeon for the entrance into Canaan and Israel’s continuity, because this victory is to be compared to the deliverance from the house of slavery. This expression implies that the Gibeonites truly belong to Israel, for only the deliverance of Gibeon has to do with the war and the miracle. The return to Gilgal seems strange. This verse has a literary function to end the text and to indicate its unity before the beginning of a new story and the massacre of the kings in the cave of Maqqeda.39 Through the treaty with the Gibeonites and the appearance of YHWH at Gibeon, Israel now has the possibility to enter the whole of Canaan. Gibeon appears essential 34 There is a possible link with the victory against Sisera; Fritz, Josua, 111, proposes this link with Judg 5:12–17, 19–30. 35 The expression is to be found in Joel 2:3 for the “day of YHWH,” which is described as universal with cosmic participation of the sky, the sun, and the moon: Joel 2:10. According to Hab 3:11, the image of the sun and moon standing still are the sign of the divine power of YHWH as a climatic divinity, Margalit, “The Day the Sun Did not Stand Still,” 480–481. 36 According to John S. Holladay, “The Day(s) The Moon Stood Still,” JBL 87 (1968), 166–197 (166–178), and Fritz, Das Buch Josua, 111–112, there is a connection with the song of Deborah, Judg 5:20. The end of chapter 10 makes a connection between this devastation and the massacre of the five kings in the cave of Maqqeda and gives the list of Joshua’s conquests. Pressler, Joshua, Judges, and Ruth, 81; Rösel, Joshua, 171–172, gives details about a possible historical explanation such as a meteor shower and underlines the divine participation and non-contradiction between the just god and the avenger god. 37 Joshua 10:13; 2 Sam 1:18; 1 Kgs 8:53 (LXX). Sirach 46:4 mentions the miracle and divine act of Joshua. 38 This sentence is to be found in a comparable formulation in Josh 10:42. About “YHWH is fighting,” see Exod 14:14, 25. 39 Jan Alberto Soggin, Joshua. A Commentary; transl. R. A Wilson, (London: SCM Press, 1988), 96, suggests that this return to Gilgal makes no sense. This is the reason why the LXX does not mention it. But for Soggin, this is the lectio difficilior which has to be kept. All of Joshua’s wars begin and return to Gilgal since Josh 7. Rösel, Joshua, 172, sees an addition in connection with Josh 10:43.
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and central as a strategic place for the conquest. The divine battle and the miracle of Gibeon in Josh 10:1–15 confirm the aim and purpose of Josh 9:1–27 in which Gibeon and the Gibeonites are now integrated as part of Israel. The salvation of Gibeon ascertains the salvation of Israel. Fighting against Gibeon and the Gibeonites is the same as fighting against Israel and the Israelites: these are two nations but one people. Joshua 10:1–15 confirms the ethnic diversity and plural unity of Israel as early as the beginning of its history in Canaan with Joshua.
2. Historical Evaluation of Josh 10:1–15 The story of Josh 10:1–15 is often read as containing literary traditions based on an old historical collection linked with the region of Beth-Horon, as the only access to the mountains of the area.40 Historical studies of Josh 10:1–15, showing the links with ancient Near Eastern literature and Deuteronomistic writing, suggest different dates for its redaction and attempt to trace this document’s aim in the larger context of the conquest by Joshua.41
2.1 Joshua 10:1–12: “Divine War” and Deuteronomistic Writing Most studies have shown that conquest accounts in Josh 5–11 have numerous parallels in ancient Near Eastern literature, especially Neo-Assyrian conquest accounts.42 In this context, Oeste shows how Josh 10:1–15 borrows the typology of the coming of a “divine warrior,” building up the account according to this model: 1. Battles were divinely instigated, often via the use of oracles or omens; 2. Intervention of the divine warrior through cosmic or natural phenomena – often inducing confusion and fear among an army’s enemies – proved decisive in securing a positive outcome in a given battle; 3. While the decisive blow was struck by the divine warrior, battles were generally fought with the assistance of human warriors who trusted in the might of the divine warrior;
40 Rösel, Joshua, 163. 41 Ian D. Wilson, “Conquest and Form: Narrativity in Joshua 5–11 and Historical Discourse in Ancient Judah,” HTR 106/3 (2013), 309–329 (310), questions the passage in this way: “Therefore, in this study I view the document as a source for the community that gave rise to and subsequently read the document, that is, as a source for knowledge of discourses in the document’s primary milieu.” 42 Mario Liverani, transl. Viviane Dutaut, La Bible et l'invention de l'histoire. Histoire ancienne d'Israël, (Montrouge Cedex: Bayard, 2008), 196–198; Mahri Leonard-Fleckman, “Stones from Heaven and Celestial Tricks: The Battle at Gibeon in Joshua 10,” CBQ 79/3 (2017), 385–401 (387–390), making a summary of the latest research, shows how Römer and Knauf are reading the conquest development of Joshua in the Neo-Assyrian context: Thomas Römer, The So-Called Deuteronomistic History. A Sociological, Historical and Literary Introduction, (London; New York: T & T Clark, 2005), 83–86; Knauf, Josua, 25, 102. According to K. Lawson Younger Jr. (1990), Ancient Conquest Accounts. A Study in Ancient Near Eastern and Biblical History Writing, (Sheffield: JSOT Press, 1990, 261–63, Josh 2–12 could reflect a larger period than the Neo-Assyrian empire.
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4.
The battle strategy could, on occasion, be set out by the divine warrior.43
Following this proposal, the account of Josh 10:7–14 reflects this model: 1. YHWH’s oracle announces the victory; 2. YHWH’s intervention throws the Amorite kings into confusion, throwing big stones from the heavens on the enemies in order to annihilate them; 3. Human participation in the battle: the Israelite army in pursuit of the enemies of Gibeon; 4. Divine participation in the battle strategy through the miracle of Gibeon. YHWH has heard Joshua ordering the sun and the moon to stand still. The divine intervention of YHWH through the cosmic phenomenon of big stones falling from the heavens can also refer to the Neo-Assyrian document of “the king’s letter,” describing the divine intervention of the god Adad for the Assyrian victory: The rest of the people who have fled to save their life… Adad, the violent, son of Anu, the valiant, shouts a big cry against them; and with a cloud of torrential rain and stones from the heavens, he completely annihilates the rest.44 Joshua 10:1–15, as part of the conquest accounts, is mainly assigned to the Deuteronomistic History of the late monarchic period of Judah because of the link with ancient Near Eastern literature.45 The date of these conquest accounts would be the era of King Josiah, hidden under the name of Joshua.46 For Knauf, the conquest accounts of Joshua were the conclusion of an exodus narrative which is unthinkable without the narrative of the entrance of Israel into Canaan of Josh 6–10.47 This exodus narrative, as a northern epic, was adopted in Judah around 600 BCE to claim the sovereignty of Judah over Benjamin.48 In this perspective, Blum links part of these verses of Josh 10 to an old story,49 as does Wilson. For this last scholar, these conquest accounts date from the seventh century BCE, and “offer a window into the historical consciousness of Judean society, how Judeans thought about history.” However, he questions the fact that Judah doesn’t play a central role in the conquest, but underlines the direct link with the ending monarchy of Judah:
43 Gordon Oeste, “‘A Day Like No Other’ in the Context of Yahweh War: Joshua 10:14 and the Characterization of Joshua,” JETS 57/4 (2014), 689–702 (691–694). 44 According to Thomas Römer, transl. Françoise Smyth, La première histoire d’Israël. L’École deutéronomiste à l’œuvre, (Genève: Labor et Fides, 2007), 91. 45 Wilson, “Conquest and Form,” 311–312; Römer, The So-Called Deuteronomistic History, 81–90; Rösel, Joshua, 165; Leonard-Fleckman, “Stones from Heaven and Celestial Tricks,” 387–390, mentions – with Kratz – the possibility that Josh 10:12–14 could be older and pre-Deuteronomistic. 46 Römer, La première histoire d’Israël, 91, 95. 47 Ernst Axel Knauf, “Die Adressatenkreise von Josua,” in The Book of Joshua, ed. Ed Noort (Leuven; Paris; Walpole, MA: Peeters, 2012), 189; Knauf, Josua, 17–18. 48 I. Finkelstein, “A Corpus of North Israelite Texts in the Days of Jeroboam II?,” 262–289 (284–285). 49 Erhard Blum, “Überlegungen zur Kompositionsgeschichte des Josuabuches,” in The Book of Joshua (Leuven; Paris; Walpole, MA: Peeters, 2012), 137–157 (154–155).
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this story would have functioned as an epic narrative, seeking to establish continuity within the minds of its readership between the seventh century and one of the “golden ages” of Israelite history.50 Thus, one of the purposes of this account would be a call for absolute obedience towards God, on whom Judah is dependant, in order to strengthen the initiation of Josiah’s reform.51 In the perspective of an apology of the reign of Josiah, the long conquest accounts of the book of Joshua could be read as taking control of Benjamin. In Josh 9 particularly, the position of the Gibeonites as slaves would strengthen this interpretation of the conquest of Benjamin by Josiah. This position of Gibeonites is to be read as a fulfilment or continuation of 1 Kgs 9:20–21 where all non-Israelite populations are condemned to slavery. Thus, the tradition of Josh 9:1–10:15 where the Gibeonites submitted themselves to Joshua is interpreted within the context of the tradition of voluntary submission in Neo-Assyrian texts.52 However, such an interpretation is not easy to follow for two reasons. First, the theme of the conquest of the land of Benjamin in Josh 9:1–10:15 is not emphasized as an important issue. Second, this interpretation does not explain the “miracle of Gibeon” nor why the text of Josh 10 underlines the opposition of Jerusalem (as “Amorite”) to Joshua’s entrance. At the time of Josiah’s rule, Jerusalem was in the process of becoming the main and centralized place for the cult of YHWH, so that in that period it seems astonishing to write a text relating the radical opposition of the king of Jerusalem to Joshua’s conquests. This contradiction undermines the possibility of a link between Josh 10:1–15 and Deuteronomistic History.
2.2 The Day of Gibeon in Josh 10:13–15 and the “Day of YHWH”? These parallels with ancient Near Eastern literature still leave open the question of the interpretation of the miracle of the sun and the moon standing still upon Gibeon and the valley of Aijalon, as well as an understanding of the position of Joshua.53 Various interpretations of the miracle are proposed. According to Römer, the immobilization of the sun and the moon and their domination by Joshua underline the Deuteronomistic theology.54 This miracle would indicate the superiority of YHWH over the divinities of the Assyrian pantheon to which the sun and moon belong. Such a position would appear in tension with the exclusiveness of Deuteronomistic theology. The position presupposes a pantheon where YHWH is also ordering the divinities of the sun and the moon through Joshua. Taylor proposes reading the text as an indication of the old identification between YHWH and the sun. Such an identification 50 Wilson, “Conquest and Form,” 313–315, adds that this non-preeminent position of Judah is connected with the presence of many northern Israelites in Judah after the fall of Samaria. 51 As Deuteronomistic writers are transforming the old accounts coming from northern Israel, Finkelstein, “A Corpus of North Israelite Texts in the Days of Jeroboam II,” 287–289. 52 Römer, La première histoire d’Israël, 91, 95. 53 Oeste, “A Day Like No Other,” 697–699; Margalit, “The Day the Sun Did Not Stand Still,” 466–491. Such an appearance would also be comparable to the Iliad in which Agamemnon prays to Zeus not to let the sun descend before the end of the victory of the Achaeans; cf. Soggin, Joshua, 92–93; Rösel, Joshua, 170. 54 Römer, La première histoire, 95–96. In the same direction, Knauf, Josua, 100–101, emphasizes the significance of these divinities in the seventh century, legitimizing a right royal power, Psa 72:5, 17.
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can be sustained in the story because Joshua is described as asking the sun in v. 12, and YHWH is listening to Joshua in v. 14. The difficulty of this interpretation is that the moon and its role are not taken into account. The mention of the moon would then be considered as an addition. This is why Holladay has proposed considering the simultaneous appearance of the sun upon Gibeon in the east, and the moon on the valley of Aijalon in the west, as geographical references to astronomical signs.55 Margalit also suggest an interesting way to understand the miracle of Gibeon, bringing together the day of Gibeon and the day of YHWH. He insists upon the proximity of the poetic part of Josh 10:13 with Hab 3:11, where we find the association of three terms: “sun, moon and stand still.” Hab 3:11 The sun and moon stood still in the sky. At the light of your arrows as they went. At the shining of your glittering spear. שמש ירח עמד זבולה לאור חציך יהלכו לנגע ברק הניתך Instead of reading the miracle as the stopping of the sun’s movement, Margalit proposes reading it as the interruption of the brightness of the celestial bodies, “daytime darkness,” referring to the climatic and stormy appearance of YHWH. The day of YHWH as a day of darkness presents YHWH as the creator of light and underlines YHWH’s sovereignty over celestial bodies.56 Thus, the symbolic connection between the day of YHWH and the day of Gibeon would be a late addition upon the tradition of a divine warrior in favor of Israel, enhancing the new position of Joshua.57 According to Oeste, there are two ways in which the astonishing position of Joshua is highlighted. First, the demand of Joshua follows the unilateral initiative of YHWH, sending stones from the heavens upon the enemies of Gibeon. Second, Joshua’s query introduces a chronological separation in YHWH’s action between the sending of the stones and the stopping of the sun and the moon. The purpose of this chronological break is to increase Joshua’s role and to preserve the reality of YHWH’s victory.58 The uniqueness of these verses is less directed toward the miracle itself than toward the new position of Joshua using the divine prerogatives of YHWH as divine warrior, as we have seen. Could this promotion of Joshua be a way to say, not only that the deliverance of Gibeon is decisive and essential for the conquest of all of Canaan, but also that the conquest is to be ascribed to Joshua, the Ephraïmite?59
55 Holladay, “The Day(s) The Moon Stood Still,” 166–178. 56 Cf. Isa 13:10; 60:19; Ezek 32:7; Joel 2:10, 31; 3:15. 57 Margalit, “The Day the Sun Did not Stand Still,” 479–481, also connects the “day of YHWH” with the “wars of YHWH” as an eschatological motive. 58 Oeste, “A Day Like No Other,” 700–702. 59 Finkelstein, “A Corpus of North Israelite,” 284–285, sees here the trace of an old conquest narrative dating from Jeroboam II’s monarchy over Judah. Zev Israel Farber, “Timnat Ḥeres and the Origins of the Joshua Tradition,” in The Book of Joshua, ed. Ed Noort, 301–11 (306–307), sees a link between the battle of Aijalon and the town of Timnat-Serah/Heres, Josh 19:49–50, because the place is granted to Joshua in the Ephraimite mountains. This site would also be connected to an old legend around Joshua as a Ephraimite hero, who has conquered Mount Heres from the Amorites, Judg 1:35. Mount Heres could have been the place of a solar cult, permitting the possible connection with Josh 10:12–13.
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Indeed, the traditions of Joshua describe Joshua as a figure from the north, according to Josh 19:50 and 24:30. These mentions belong to late additions to the book of Joshua.60 Concerning the link with Deuteronomistic History, we should consider in what way Josh 10:1–15 is using a typical Deuteronomistic style of writing.61 Fritz distinguishes two levels of redaction in Josh 10:1–15. The first one is the level of DtrH re-working of old traditions: typical Deuteronomistic sentences can be found here, such as “people of war,” עם־המלחמה (Josh 8:1, 3, 11; 10:7; 11:7), as well as the theme of a sudden attack (Josh 10:9a, 11; and 11:7). The expression “great slaughter,” מכה־גדולה, (Josh 10:10), is also a Deuteronomistic expression to confirm the victory. According to Fritz, the aim of the late additional explanations is to enhance the fact that YHWH is using cosmic violence to insure the victory of Israel. If this account contains Dtr sentences in Josh 10:3–4a, 8–11, it is also important to recognize how the rest of this passage is distant from a pure Deuteronomistic theology. The art of dealing with the sun and the moon is different from the way celestial bodies are treated in Deuteronomistic theology, where the sun and moon are considered foreign divinities belonging to foreign nations, therefore to be expelled from Israel. Furthermore, the mention of the two divinities often comes with the mention of the “army of heavens,” or with the stars. In Josh 10:12–13, the sun and moon are alone as celestial bodies and their function is tied to the length of the day. Such a function presupposes a theology of creation and of the universality of YHWH.62 As mentioned above, the use of Jerusalem as opposing Joshua’s entrance into Canaan at the end of the seventh century BCE seems difficult to imagine, especially as the expression “king of Jerusalem” is specific to this text, and not used in the rest of the Deuteronomistic History. It therefore seems as though the consensus about Josh 10:1–15 as a conquest narrative belonging only to a first level of the Deuteronomistic History of the end the Judean monarchy should be emended. Furthermore, according to Wilson, the whole account of Josh 5–11 does not belong to the Deuteronomistic History at the end of the monarchic era of Judah.63 Liverani also thinks that the conquest account of Josh 5–11 is more reflective of the ideology of returnees at the end of the exile of the sixth century BCE.64 We should also pay attention to Josh 10:1–15 as the continuation of Josh 9 and to the Wiederaufnahme between Josh 9:1–2 and Josh 10:1: Josh 9:1–2 1 It happened, when all the kings who were beyond the Jordan, in the hill-country, and in the lowland, and on all the shore of the great sea in front of Lebanon, the Hittite, and the Amorite, the Canaanite, the Perizzite, the Hivite, and the Jebusite, heard of
Josh 10:1 1 Now it happened, when Adoni-zedek king of Jerusalem heard how Joshua had taken Ai, and had utterly destroyed it; as he had done to Jericho and her king, so he had done to Ai and her king; and how the
60 Blum, “Überlegungen zur Kompositionsgeschichte des Josuabuches,” 146–148. 61 Fritz, Das Buch Josua, 109, ascribed a first level of redaction to DtrH: Josh 10:1a, 2a, 3–6, 7abα, 8, 9a, 10, 12–15, and a redactional addition in Josh 10:1b, 2b, 7bβ, 9b, 11. 62 Fritz, Das Buch Josua, 109, also interprets the poem with the sun standing still in the framework of a theology of creation: YHWH, as creator, can influence the movement of celestial bodies. 63 For Wilson, “Conquest and Form,” 313, Josh 5:2–12; 8:30–35 are not Dtr. 64 Liverani, La Bible et l’invention, 388–391.
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it; 2 that they gathered themselves together, to fight with Joshua and with Israel, with one accord.
inhabitants of Gibeon had made peace with Israel, and were among them.
These remarks lead to a renewed understanding of the whole narrative of Josh 9:1–10:15 in its final stage as a late development of the first conquest accounts of the book of Joshua. Furthermore, the following story of Josh 10:1–15 with the massacre of the cave of Maqqeda, does not concern the deliverance of the Gibeonites, since the city of Gibeon is never mentioned later in the text. As we have seen, the theme of the “five kings” threatening Gibeon come from the narrative of the cave of Maqqeda.65 The repetition of vv. 15 and 43, mentioning the return of Joshua to Gilgal, heightens the difference between this account and the rest of the narrative in Josh 10:16–43. In the same way, Gray already considered Josh 9:1–10:15 as an independent tradition, telling a unique story that is not mentioned otherwise in the rest of the book of Joshua.66 Therefore, Josh 10:1–15* in its final stage has to be considered as a new narrative extending Josh 9:1–27 and its theology of alliance between Gibeonites and Israelites. If we have to take into account the reference to the voluntary submission of kingdoms and cities to Assyrian sovereignty67 and the story of Gibeon following the destruction of Jericho and Ai as the submission of Benjamin, it is necessary to underline the specificity of Josh 9:1–10:15* in the book of Joshua. Joshua 9* is less concerned with the territorial conquest of Benjamin than with the issue of the relationships between Israel and foreign nations, a more typical postexilic issue. Joshua 9 offers a new literary and theological development, as we have seen, twisting the law of war of Deut 20:10–20 and the law of exclusiveness of Deut 7:1–4 and showing their limits.68 Joshua 10:1–15* in its final stage, fulfilling the theology of Josh 9, describes the continuity of the integration of the Gibeonites by the divine action of YHWH, who is totally involved in rescuing Gibeon and saving its inhabitants: a divine action decisive for the eisodos into the whole of Canaan. Joshua 10:1–15* has to be read as a first Deuteronomistic account, continuing Josh 9:1 in Josh 10:3–4a, 8–11, introducing the massacre of the cave of Maqqeda in Josh 10:16–43. But it is also necessary to consider the call for help of the Gibeonites and the cosmic miracle of Gibeon, Josh 10:1–2, 4b–7, and 12–15, as a late addition in the Persian Period.69 The aim of this development, through Josh 9:1–10:15*, is to enhance the great significance of a northern place such as Gibeon and its inhabitants for the eisodos into Canaan, the building of Israel, and Israel’s identity as a mixed population since its origin.70
65 For Rösel, Joshua, 162–164, the two accounts have been harmonized during the establishment of the final text. 66 John Gray, Joshua, Judges, Ruth, (Grand Rapids: Eerdmans, 1986), 42–43. But Gray estimates that this whole narrative comes from the monarchic period before its integration in Deuteronomistic History. 67 Römer, La première histoire, 91. 68 Nocquet, “La guerre n’est pas une fatalité,” 73–94. 69 Joshua 10:3–4a, 8–11 was the first account continuing Josh 8 into Josh 9:1, ending with the conquest of Canaan in Josh 10:16–11:23. 70 For further research, the whole story of Josh 9:1–10:15 has to be read in connection with the account of 2 Sam 21:1–14 and the massacre of the sons of Saul by the Gibeonites.
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The Divine Victory of Gibeon and Deliverance of the Gibeonites
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3. Conclusion This study attempted to show how Josh 10:1–15 presupposes an old Deuteronomistic tradition and its theology. At the same time, this narrative – through its vocabulary and the uniqueness of some expressions – indicates proximity with exilic and postexilic prophecy. The “milieu” of its final writing cannot be situated already at the end of the monarchical period under King Josiah. In fact, Josh 10:1–15 in its final form was written as a continuation of Josh 9:1–27 to insure the participation of the Gibeonites in the settling of Israelites in Canaan, in the south just as in the north, making the day of Gibeon a unique one, similar to the day of the exodus and the day of YHWH. Joshua 10:1–15, highlighting Gibeon and idealizing the figure of Joshua, stands in continuity with Josh 9. Joshua 9:1–10:15 as a narrative unit offers an alternative to the Canaanite genocide. The account of the cleverness of the Gibeonites and of the deliverance of Gibeon illustrates the possibility of a peaceful cohabitation and the decisive contribution of Gibeonites to the Israelite entry into Canaan. Such a theology, as an alternative to Deuteronomistic exclusiveness, accords with the time of the Persian period and pax persica, a typical mark of which is the acceptance of ethnic plurality. Therefore, Josh 9:1– 10:15* in its final form ironically presents Jerusalem as the opponent of Joshua, enhancing the roles of Gibeon as a city of Benjamin (originally from the north, Israel) and of Joshua as an Ephraimite hero, and would thus have to be ascribed to the work of the Samarian community of Mount Garizim in the Persian period.71 The account of Josh 9:1–10:15, nuancing Deuteronomistic ideology, introduces a new clue of interpretation within the conquest accounts of the book of Joshua, presenting him as the savior of a Yahwistic Gibeon.
Appendix First Deuteronomistic Account Additions Following Josh 9 Josh 10:1 Now it happened, when Adoni-zedek72 king of Jerusalem heard how Joshua had taken Ai, and had utterly destroyed it; as he had done to Jericho and her king, so he had done to Ai and her king; and how the inhabitants of Gibeon had made peace with Israel,73 and were among them; 2 that they feared greatly, because Gibeon was a great city, as one of the royal cities,74 and because it was greater than Ai, and all the men of it were mighty. 3 Therefore Adoni-zedek king of Jerusalem sent to Hoham king of Hebron, and to Piram king of Jarmuth, and to Japhia king of Lachish, and to Debir king of Eglon, saying, 4 Come up to me, and help me,
71 72 73 74
Nocquet, La Samarie et la Diaspora, 12–23, 341–343. LXX: Adoni-Bezek, according to Judg 1:5–7. LXX adds: “with Joshua.” Gibeon as a royal city is missing in the old LXX.
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Dany Nocquet
and let us strike Gibeon; for it has made peace with Joshua and with the children of Israel. 5 Therefore the five kings of the Amorites, the king of Jerusalem, the king of Hebron, the king of Jarmuth, the king of Lachish, the king of Eglon, gathered themselves together, and went up, they and all their hosts, and encamped against Gibeon, and made war against it. 6 The men of Gibeon75 sent to Joshua to the camp to Gilgal, saying, Don’t slack your hand from your servants; come up to us quickly, and save us, and help us: for all the kings of the Amorites that dwell in the hill-country are gathered together against us. 7 So Joshua went up from Gilgal, he, and all the people of war with him, and all the mighty men of valor. 8 Yahweh said to Joshua, don’t fear them: for I have delivered them into your hands; there shall not a man of them stand before you. 9 Joshua therefore came on them suddenly; for he went up from Gilgal all the night. 10 Yahweh confused them before Israel, and he killed them with a great slaughter at Gibeon, and chased them by the way of the ascent of Beth Horon, and struck them to Azekah, and to Makkedah. 11 It happened, as they fled from before Israel, while they were at the descent of Beth Horon, that Yahweh cast down great stones from the sky on them to Azekah, and they died: they were more who died with the hailstones than they whom the children of Israel killed with the sword. 12 Then spoke Joshua to Yahweh in the day when Yahweh76 delivered up the Amorites before the children of Israel;77 and he78 said in the sight of Israel,79 Sun, stand you still on Gibeon; You, Moon, in the valley of Aijalon. 13 The sun stood still, and the moon stayed, Until the nation had avenged themselves of their enemies. Isn’t this written in the book of Jashar?80 The sun stayed in the midst of the sky, and didn’t hurry to go down about a whole day. 14 There was no day like that before it or after it, that Yahweh81 listened to the voice of a man: for Yahweh fought for Israel. 15 Joshua returned, and all Israel with him, to the camp to Gilgal.
75 76 77 78 79 80 81
LXX: “the inhabitants.” Old LXX: “God.” The word “children” is missing in the LXX. LXX: “Joshua.” The sentence “in the sight of Israel” is missing in the LXX. The sentence “Isn’t this written in the book of Jashar?” is not in the LXX. Again Old LXX: “God.”
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14–19: Some Thoughts J. Cornelis de Vos
1. Introduction The story about Caleb, Othniel, and Achsah in Josh 15:13–19 is a Fremdkörper within its context. Joshua 15 describes the territory of the tribe of Judah, first its borders and then a list of its towns. In between these non-narrative texts, a narrative text – henceforth “the Caleb story” – occurs. Almost all critical exegetes agree that the Caleb story was secondarily inserted into Josh 15. Thus, Caleb, Othniel, and Achsah are formally connected to the territory of Judah, and therewith to the tribe of Judah. Joshua 15:13 even states this explicitly: “he gave to Caleb son of Jephunneh a portion among the Judeans.” In other texts in the Hebrew Bible, Caleb is equally connected to Judah, e.g., within the book of Joshua in 14:6–15, which is also a Fremdkörper. Sometimes he is portraited as a Judean, sometimes not, and sometimes he seems to be Judean and non-Judean at the same time. All this has been observed by many. In this contribution, I will take the Caleb story of Josh 15:13–19 as a point of departure to propose a model for the redaction history of Josh 14–19. Therefore, I will deal with this and other texts about Caleb and his kinship and pose two questions, (1) does Caleb and/or his family belong to Judah? If yes, how, and if no, to which other ethnical group or groups? As Caleb is described as a strong man, as a man of war in Joshua, the next question is, (2) does Caleb and/or his family receive territory within the area of Judah, or does he / do they conquer it? After having analysed these questions, I will propose a reconstruction of the historical connections between Caleb cum suis and the tribe of Judah. With the aid of the historical reconstruction, I will give a possible rationale for the insertion of two Caleb traditions, 14:6–15 and 15:13–19, into the book of Joshua.
2. Joshua 15:13–19 2.1 Judah or Caleb? Formally, the territory of Caleb, Othniel, and Achsah belongs to Judah as stated above. It appears within the description of the territory of Judah as an enclave, “a portion within the Judeans” ( ;חלק בתוך בני יהודהv. 13). The “portion” is no נחלה, no inheritance. נחלהis in general reserved to the “canonical” twelve and, from 15:1 onwards, to the “canonical” nine
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and a half Cisjordanian tribes of Israel in Josh 15–19.1 Thus, in Josh 15 the חלקof Caleb is part of the נחלהof the tribe of Judah (15:20).
2.2 Land Division or Conquest? Although Caleb receives ( ;נתן לכלב15:13) a portion among the Judeans, v. 14 portrays a conquest. Caleb “drove out” ( )ירשthe three sons of the legendary Anak from Hebron. A closer look at v. 13 reveals that the subject of נתןis lacking. We must reach as far back as to 14:13 to find Joshua as the last human subject. However, it is not likely that he serves as subject also in 15:13, especially after the description of the boundary of Judah, 15:1–12, where no human agent appears at all. Many consider “according to the command of Yahweh to Joshua” ( ;אל פי יהוה ליהושע15:13aβ) as an indication that Joshua is the subject of נתן.2 In that case, however, it would have been easy for an author to have included Joshua as subject of נתן.3 My hypothesis is that the vague introduction of giving, of who gives territory to Caleb, has to do with two circumstances, (1) that Caleb does not belong to Judah and (2) that he does not receive but conquers his territory. The next three verses, 15:15–17, are far from peaceful. Caleb went up against the inhabitants of Debir (v. 15) but does not take it himself. Instead, he promises his daughter Achsah as a trophy for the one who “attacks” ( נכהhiphil) and “takes” ( )לכדDebir (v. 16). Othniel, the son of Kenaz, the brother of Caleb “takes” ( )לכדit, and Caleb gives him his daughter Achsah as wife (v. 17). This is, contrary to 15:13, a real gift although quite misogynistic from a modern perspective.4 The remainder of the Caleb story, vv. 18–19, relates how Achsah takes the initiative – her fresh husband Othniel disappears from the stage – and succeeds in urging her father to give her the “upper” and the “lower ponds” for the “Negev-land” that her father had given her (v. 19). To summarize: (1) That Caleb receives land, here within Judah, is loosely connected to the distribution of land to the Cisjordanian tribes. (2) The connection of Caleb to Judah exists in a formal respect but is very thin. (3) The portrait of a giving of land to Caleb is equally thin. Caleb and Othniel conquer their territory. Only Achsah receives land, though from her father Caleb.
1
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Joshua 14:2 (9.5 [Cisjordanian] tribes of Israel), 3 (2x) (2.5 Transjordanian tribes); 15:20 (Judah); 16:5, 8 (Ephraim); 16:9 (Manasseh); 17:14 (Joseph); 18:2, 4 (seven remaining tribes); 18:20, 28 (Benjamin); 19:1, 2, 8, 9 (Simeon); 19:10, 16 (Zebulun); 19:23 (Issachar); 19:31 (Asher); 19:39 (Naphtali); 19:41, 48 (Dan); 19:49, 51 (Israel); cf. 17:3, 6 (daughters of Zelophehad belonging to the tribe of Manasseh); 18:7 (Levites: no inheritance); different: 14:9, 13, 14 (Caleb) and similarly 19:51 (Joshua). See, e.g., NRSV. On the exceptional spelling אל פי, see J. Cornelis de Vos, Das Los Judas: Über Entstehung und Ziele der Landbeschreibung in Josua 15, VTSup 95 (Leiden, Boston, MA: Brill, 2003), 120. Joy A. Schroeder, “The Assertiveness of Achsah: Gender and Intertextuality in the Reception History of Caleb’s Daughter,” in Judges, Gender, and Intertextuality, ed. Shelley J. Birdsong, J. Cornelis de Vos and Hyun C. P. Kim (Atlanta, GA: SBL, 2022 [forthcoming]).
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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3. Joshua 14:6–15 3.1 Judeans or Caleb? Joshua 14:6–15 is also a story about Caleb but here without the tales about Othniel and Achsah. The situation with respect to Caleb is like the one in Josh 15:13–19: (1) Caleb belongs to Judah, and he does not belong to Judah; (2) Caleb receives territory, and he conquers territory. Formally, Caleb belongs to Judah because Josh 14:1–5 introduces a land division to the Cisjordanian “canonical” tribes only. Therefore, the pericope starts with “the Judeans came to Joshua” (14:6α) That is all we read about the Judeans. From 14:6aβ up to 14:12 Caleb is the acting person. The transition from 14:1α to 14:1β is rigorous: “Then the people of Judah came to Joshua at Gilgal; and Caleb son of Jephunneh the Kenizzite said to him.” The only further connection of the Caleb story to Judah is its position before chapter 15 that deals with the territory of Judah. Everything else points to a non-Judean origin for Caleb. As in 15:13 Caleb is presented as the son of Jephunneh, beyond 15:13 he is labeled a Kenizzite. This connects him to Othniel. Othniel, Caleb’s son-in-law, is always called “son of Kenaz” in the Hebrew Bible.5 His father Kenaz, in turn, belongs to the clans of Esau according to Gen 36:15. Below, we will deal with this ethnic connection of Caleb, Othniel, and Achsah to Kenaz. For now, it suffices to maintain that Caleb most probably was of non-Judean origin.
3.2 Joshua or Caleb? Joshua plays hardly any role in 14:6–15.6 In 14:6aα he is passively the one to whom the Judeans come. Then a speech by Caleb follows directed to Joshua (14:6aβ–12) who, again, is passive. The speech is a reference to the time Caleb was one of the spies (Num 13–14; Deut 1:22–45).7 However, instead of mentioning Joshua, who according to Num 13–14 was his fellow faithful spy, Caleb refers to Moses several times (vv. 6, 7, 9, 10, 11). Only in verse 13 is Joshua active. He blesses Caleb and gives him Hebron as an inheritance. Verses 14 and 15 are learned notes in which neither Joshua nor Caleb play any role. A closer look at the speech of Caleb reveals a self-assured speaker. He claims land that Moses and Yahweh had promised him and his progeny (vv. 9, 12). The formula מלא אחרי יהוה, literally “to fill up completely after Yahweh,” thus, “to follow Yahweh completely” (vv. 8, 9, 14) is used with one exception (Num 32:11) only for Caleb in the Hebrew Bible.8 The faith of Caleb in the spy story is heavily stressed by this formula. In addition to this, Caleb speaks about “my God,” ( אלהיv. 8), and that directed to Joshua. Is Yahweh not the God of Joshua? Noteworthy 5 6 7 8
Joshua 15:17; Judg 1:13; 3:9, 11; cf. 1 Chr 4:13. Pace Martin Noth, Das Buch Josua, 2nd ed., HAT 1/7 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1953), 83. On Num 13–14 and Deut 1:19–46, see the meticulous analysis by Reinhard Achenbach, “Die Erzählung von der gescheiterten Landnahme von Kadesch Barnea (Num 13–14) als Schlüsseltext der Redaktionsgeschichte des Pentateuchs,” ZABR 9 (2003): 56–123. See further Num 14:24; Deut 1:36; cf. Num 32:11; 1 Kgs 11:6.
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is further the remark of Caleb to Joshua “you heard on that day that the Anakites were there…” (v. 12). According to Num 13–14 on a synchronic level, Joshua had not heard this but had seen it as one of the spies. Besides, the story is geographically inconsistent. According to 14:6aα, the setting is in the camp at Gilgal (probably ḫirbet el-mefğir, grid reference 193.143) near the Jordan. “Give me this hill country” (v. 12), which turns out to be the hill country of Hebron (vv. 13–14), does not fit the Jordan setting. To summarize: Joshua 14:6–15 is a story about Caleb situated in the hill country of Hebron, not about Judah or Joshua in Gilgal who only appear in a very thin varnish.
3.3 Land Division or Conquest? Although Josh 14:6–15 is situated within the part about the land division (chs. 13–21 or rather 14–19) not much in this story points to a division of land. In v. 9 Caleb refers to the oath of Moses to him: “surely, the land on which your foot shall trodden shall be an inheritance for you and your progeny for ever.” “ לך תהיהit shall be yours” could point to a gift of land but does not exclude a conquest. Clearer is the gift of land in vv. 12 and 13. In v. 12, Caleb says to Joshua “give me ( )תנה ליthis hill country,” and v. 13 reports that Joshua gives ( )ויתןhim Hebron. The rest of the story, however, makes a conquest by Caleb highly likely although the conquest is nowhere stated explicitly. In v. 11 Caleb boasts that he is strong even at the age of 85 and that he can wage war (מלחמה, )לצאת ולבוא.9 Verse 12 reports about the Anakites, known as “giants” (see also v. 15) with great fortified cities. But if Yahweh is with Caleb, he can drive them out ( ירשhiphil). And according to the conclusion in v. 15 “the land had rest from war” ()הארץ שקטה ממלחמה.
4. Who Lived Where and When? In the following I will deal with the areas described in Josh 14:6–15 and 15:13–19 and will reconstruct a history of its inhabitants that – due to the sparsity of sources – must remain tentative.
4.1 The Hill Country and the Negev of Caleb Caleb is too strongly connected to Hebron and its surroundings that his reminiscence could be erased. He occurs there where Judah is. However, as we have seen, Caleb seems to supplant Judah and/or the Judeans which suggests that the tales about Caleb were originally nonJudean and secondarily “Judahized.” This not only applies to Josh 14:6–15 and 15:13–19 but
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On בוא – יצאsee Anton van der Lingen, “BWʾ–YṢʾ (‘to Go out and to Come in’) as a Military Term,” VT 42.1 (1992): 59–66.
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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also to the latter’s parallel Judg 1:10–1510 and to Num 13–14, where Caleb is a representative of the tribe of Judah (13:6). Even in the late writings of Chronicles the memory of Caleb and his family resides in the genealogies where they are simply listed as belonging to Judah (1 Chr 2:18–50; 4:11–23; see also 6:39–44).11
4.2 Kiriath-arba/Hebron and the Anakites A comparison of the Caleb stories with other stories about the conquest of Hebron shows beyond doubt that it was neither Judah (Judg 1:10–11) nor Joshua (Josh 10:36–37; 11:21) but Caleb who conquered Hebron.12 From there Caleb drove out the Anakites. These Anakites were legendary in the Hebrew Bible and known to be (very) tall (though Lothar Perlitt has argued that they grew taller and taller in the imagination),13 and their towns were strong and fortified. Whether or not the Anakites really inhabited Hebron and other towns formerly and whether Caleb and his men really drove out these Anakites is of secondary interest.14 The message of the text is that Caleb was that strong that he could even beat the Anakites and capture one of their towns. The message is also that Hebron has a long history reaching back to a legendary past. The notion that another name of Hebron is Kiriath-arba fits this scheme.15 This name is probably the earlier name of Hebron (Josh 14:15; Judg 1:10) although the list of returnees to Judah after the capture of Babylon mentions Kiriath-arba without equating it with Hebron (Neh 11:25).
4.3 Caleb, Kenaz, and Edom Caleb, Othniel, and Kenaz are akin. Othniel is either – as the son of Kenaz, who is the (younger) brother of Caleb – a nephew of Caleb (Josh 15:17 MT; Judg 1:13) or a cousin of Caleb (Josh 15:17 OG). In any case, Kenaz is the family link between Caleb and Othniel. As
10 See besides the harsh transition from Josh 14:6aα to 6aβ the equally harsh transition from Judg 1:10–11 (Judah) to 12–15 (Caleb). See also de Vos, “The Caleb-Achsah Episode – Judges 1:10–15,” in Judges, Gender, and Intertextuality, ed. Birdsong, de Vos, and Kim. 11 On the genealogies of Caleb in 1 Chr 2 and 4, see Robert North, “Caleb,” BeO 8 (1966): 167–171. 12 Pace Gili Kugler, “Who Conquered Hebron? Apologetic and Polemical Tendencies in the Story of Caleb in Josh 14,” VT 67.4 (2017): 167–171. 13 Lothar Perlitt, “Riesen im Alten Testament: Ein literarisches Motiv im Wirkungsfeld des Deuteronomismus,” NAWG (1990): 1–52. 14 One can only speculate about the historicity of the Anakites. That they were strong and tall makes us ponder about a connection with Goliath and the Philistines (1 Sam 17; in the OG, however, Goliath is not that tall). Joshua 11:21–23 says that the Anakites were beaten in the hill country but not in Gaza, Gath, and Ashdod, towns were the Philistines settled. If the Anakites were a sea people like the Philistines, they might have settled in the coastal area and might have marched from there into the hill country to capture strongholds there. 15 Joshua 15:13, 54; 20:7; 21:11; Gen 23:2; 35:27. See also the note that Hebron was built seven years before Zoan in Egypt in Num 13:22. On the name Kiriath-arba, see Edward Lipiński, “ʿAnaq – Kiryat ʾArbaʿ – Hébron et ses sanctuaires tribeaux,” VT 24.1 (1974): 41–55.
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stated above, Othniel is – with one exception – always rendered as “son of Kenaz.”16 Kenaz, in turn, appears in Gen 36:15 as a descendant of Esau and thus as Edomite.17 The names and places in this chapter point to a connection of the Edomites with the (southern) Negev. Genesis 36:15 designates Kenaz as אלוף קנז, which could mean “the clan of Kenaz” or “the chief Kenaz.”18 We can thus surmise that Kenaz was the head of the Kenazites, an Edomite clan. What about Caleb? Caleb appears as son of Jephunneh, the Kenazite (Num 32:12; Josh 14:6, 15; cf. Gen 15:19). Taking this information together we may assume that Caleb, Othniel, Kenaz, and Jephunneh were Edomites and probably chiefs of Edomite clans.
4.4 Debir and Othniel Othniel took Debir. And, like Hebron, Debir also has an ancient name, Kiriath-sepher, “City of the Book” (Josh 15:15).19 Debir can be identified with ḫirbet er-rabūd (grid 151.093) or tell bēt mirsim (grid 141.096), both not far from Hebron which would fit the narrative logic of the Caleb story. Whereas the origin of the name of Caleb is not ascertained, the origin of the name Othniel is likely to be southern Canaanite or even Edomite.20 And this would fit to an origin of the Edomite chiefdoms in the (southern) Negev.
4.5 The Negev of Caleb and Achsah The story of Achsah, the daughter of Caleb who became wife of Othniel constitutes the genealogical link between the two Edomite clans. Caleb and Othniel were connected to towns, Achsah is connected to a field ( ;שדה15:18). Joshua 15:18–19 plays with the contrast between arid and humid. Elsewhere I have defended that ותצנח מעל החמורmeans “she [Achsah] spits from her donkey.”21 And in verse 19 Achsah asks her father for a ברכהwhich vocalized as ברכה ָ means “blessing” and as ברכה ֵ means “pond.” Then Achsah says to her father Caleb 16 Joshua 15:17; Judg 1:13; 3:9, 11; 1 Chr 4:13; the exception: 1 Chr 27:15. 17 On Gen 36, see Christian Frevel, “Esau, Der Vater Edoms“ (Gen 36,9.43): Ein Vergleich der EdomÜberlieferungen in Genesis und Numeri vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung,” pages 329– 364 in The Politics of the Ancestors: Exegetical and Historical Perspectives on Genesis 12–36, ed. Mark G. Brett and Jakob Wöhrle (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018); less convincing is the stress on the otherness of Edom by Dustin Nash, “Edom, Judah, and Converse Constructions of Israeliteness in Genesis 36,” VT 68.1 (2018): 111–128. 18 On אלוף, see Manfred Weippert, Edom: Studien und Materialien zur Geschichte der Edomiter auf Grund schriftlicher und archäologischer Quellen (Tübingen, 1971) (unpublished diss.), 453–456, who pleads for the latter meaning. 19 Both Debir and Kiriath-sepher gave rise to speculation and allegorizing. Cf. Danna N. Fewell, “Deconstructive Criticism: Achsah and the (E)Razed City of Writing,” in Judges and Method: New Approaches in Biblical Studies, ed. Gale A. Yee, Biblical studies (Minneapolis, MN: Fortress, 1995), 119–145. 20 For southern Canaanite, cf. Alexander Sima, “Nochmals zur Deutung des hebräischen Namens ʿOṯnīʾēl,” BN 106 (2001): 47–51; differently Michael Streck and Stefan Weninger, “Zur Deutung des hebräischen Namens ʿOṯnīʿēl,” BN 96 (1999): 21–29. For Edomite, cf. Ernst A. Knauf and Sultan Maáni, “On the Phonemes of Fringe Canaanite: The Case of Zerah-Uḏruḥ and 'Kamâs̆ḫaltâ',” UF 19 (1987): 91–94. 21 De Vos, Los Judas, 122–124; see also de Vos, “Caleb-Achsah Episode.”
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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ארץ הנגב נתתניwhich can mean “you gave me arid/Negev land” or “you gave me away [to Othniel] as arid/Negev land.”22 This Edomite “Negev” might be historically reliable. First Samuel 30:14 reports that Amalekites had made a raid “on the Negev of the Cheretites, that which belongs to Judah, and on the Negev of Caleb.” The last “Negev” could be the Negev of Achsah. Geographically, this Negev of Caleb/Achsah probably was at the southeast of the hill country, an arid region.
Map 1: The southern Judean hill country and the northern Negev.23
5. Edomites and Judahites 5.1 Edomites Advancing Northward The Edomites were in the area described above, which is biblically known as part of the tribe of Judah. It can be surmised that they came from the south and settled in the northern Negev and the southern hill country.24 I suppose that the historical background of the spy story is not about twelve Israelite spies who spy out the land of Israel but about Caleb who conquers 22 Richard D. Nelson, “What Is Achsah Doing in Judges?,” in The Impartial God: Essays in Biblical Studies in Honor of Jouette M. Bassler, ed. Calvin J. Roetzel (Sheffield: Sheffield Phoenix Press, 2007), 12–22, here 19–20. 23 The maps were drawn in QGIS 3.18.2-Zürich [https://qgis.org/de/site/] using maps from the Ancient World Mapping Center [https://awmc.unc.edu/wordpress/]. 24 Detlef Jericke, Die Landnahme Im Negev, ADPV 20 (Wiesbaden: Harrassowitz, 1997).
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Hebron and the surrounding area. Of course, he performed a spy mission before the attack. From Kadesh (Num 13:26) a spy mission was useless. It took days to reach Hebron and days to return to Kadesh/Kadesh-barnea.25 In the meantime, the report of the situation in and near Hebron was obsolete. The reference to Kadesh, however, is considered by most scholars to be secondary. Though, on their way from the south via the “Negev of Caleb,” Caleb could spy out Hebron and its region in a one-night tour. And we dare not forget that Caleb is pictured as a strong man, a man of war in the Hebrew Bible who suppresses Judah on the redaction-historical level, so that it is historically reliable that he took Hebron in reality.26 When did Caleb, or better the Edomites, advance to the north? On the one hand, the stories with their Anakites and older town names seem to be old as stated above. But this can be a deliberate historization to give the story the nimbus of antiquity. We know, on the other hand, that the Edomites advanced to the north in the wake of the Neo-Babylonian offensive against the kingdom of Judah.27 The best proof for an Edomite territory in the southern hill country and northern Negev is the name and area of the Persian province Idumea that extended from Beth-zur to the north of Hebron to the south of Beersheba, precisely the area described in the Caleb stories. If the designation “Idumea” points to its inhabitants, the Edomites, we have a clear match of territory and inhabitants.28 The origin of the Edomites is not certain. Nevertheless, it is likely that they were involved in the copper production in the area of wādi fēnān, el-meneʿiye/Timna, and at the Gulf of Aqaba from the second half of the twelfth until the first half of the eighth centuries.29
25 For a historical reconstruction of both names, see Achenbach, “Erzählung,” 62–63 n. 33. 26 On the archaeology of ğebel/tell er-rumēde, see Avi Ofer, “‘All the Hill Country of Judah’: From a Settlement Fringe to a Prosperous Monarchy,” in From Nomadism to Monarchy, ed. Israel Finkelstein and Nadav Naʾaman (Jerusalem: Yad Izhak Ben-Yvi; Israel Exploration Society; Washington: Biblical Archaeology Society, 1994), 92–121; Ofer, “The Highland of Judah During the Biblical Period [Hebr.]” (Ph.D. thesis, Tel Aviv University, 1993); Ofer, “Tell Rumeideh – 1984,” Excavations and Surveys in Israel 3 (1984): 94–95; Ofer, “Tell Rumeideh (Hebron) – 1985,” Excavations and Surveys in Israel 5 (1985): 92–93; Ofer, “Tell Rumeideh (Hebron) – 1986,” Excavations and Surveys in Israel 6 (1987): 92– 93; Ofer, “Excavations at Biblical Hebron [Hebr.],” Qad 22 (1989): 88–93. 27 This must not necessarily have been offensive, as Jakob Wöhrle, “Edom / Edomiter,” Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (Wibilex), https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/16831/ has argued; see also Nadav Na'aman, “Judah and Edom in the Book of Kings and in Historical Reality,” in New Perspectives on Old Testament Prophecy and History: Essays in Honour of Hans M. Barstad, ed. Rannfrid I. Thelle, Terje Stordalen and Mervyn E. J. Richardson, VTSup 168 (Leiden, Boston: Brill, 2015), 197–211, here 197. 28 Alternatively, but less convincing, “Idumaea” could go back to אדמה, “earth/soil.” For an overview, see Ulrich Hübner, “Idumea,” in ABD 3:381–383, here 382. 29 Na’aman, “Judah and Edom,” 201–205.
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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Map 2: Copper production in the southern Araba and the wādi fēnān area
The Edomites, who are connected to the southern Araba in the Bible and the Negev highland up to Kadesh-barnea, profited from the withdrawal of Egypt from Canaan in the second half of the twelfth century by delving copper themselves that was needed to produce bronze. The so-called Negev fortresses, from the eleventh to tenth centuries, found in exactly this area might prove that nomads, likely Edomites, settled there temporarily.30 Hardly any people settle in such an arid zone without gaining profit from it. Only after the Neo-Assyrians and, later, the Neo-Babylonians had gained control over the Levant, they probably moved to the Cisjordanian plateau south of the wādi el-ḥesā/Sered where they settled.31 From the seventh century onwards, we have archaeological and inscriptional evidence for Edomites who settled in the northeastern Negev. So-called Edomite pottery and/or
30 Israel Finkelstein, “The Iron Age ‘Fortresses’ of the Negev Highlands: Sedentarization of the Nomads,” TA 11 (1984); A. Faust, “The Negev ‘Fortresses’ in Context: Reexamining the ‘Fortresses’ Phenomenon in Light of General Settlement Processes of the Eleventh–Tenth Centuries B.C.E.,” JAOS 126 (2006): 135–160. 31 P. Bienkowski, “The Edomites: The Archaeological Evidence from Transjordan,” in You Shall Not Abhor an Edomite for He Is Your Brother: Edom and Seir in History and Tradition, ed. D. V. Edelman, ABS 3 (Atlanta, GA, 1995), 41–92; see also the still invaluable analysis by Weippert, Edom, 394–401.
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inscriptions with the name of the principal Edomite god Qos were unearthed at, among others, ḥōrbat qiṭmīt (156.066), ḫirbet el-ms̆ās/tel māsos (146.069), tell ʿarāʿir/ḥōrbat ʿAroʿer strata II and III (147.062), tell el-milḥ/tel malḥata (152.069), and ḫirbet ġazze/ḥōrbat ʿuza (165.068).32 Especially ḥōrbat qiṭmīt, where a shrine and inscriptions with Qos were found, is clearly Edomite.33 Ḫirbet el-ms̆ās/tel māsos III shows occupation by semi-nomads already in the Iron Age I.34 Of course, the occupation could be by every possible nomadic group of the Negev.35 What it shows is that semi-nomads could settle, return to being nomads, and resettle. They could build own villages or settle near other ones.36 Probably Edomites and Judeans, or groups that became known as Judeans, lived next to each other. For some reason, Judeans left the southern Negev where they had a range of forts and withdrew to the north. In the wake of this, which started even before the Neo-Babylonian invasion of Judah, the Edomites moved northwards.
5.2 Hebron, David, and Judah As Hebron is known as the town where David was crowned “king” of Judah (and later of Israel),37 there was a tight connection between Hebron and the Judean David and thus between David and the inhabitants of Hebron, either historically or in retrojection. During the monarchy, the Calebites lived in the area that is called Judah.38 This is the reason why Caleb is Judahized time and again but in most cases not at the cost of the memory of an independent history.
6. Possible Redaction History of Joshua 14–19 To reconstruct a redaction history of Joshua 14–19, ideally all texts that contain the Caleb story must each be analysed literary-critically and then compared to each other in a diachronic way. Which layer/s of text 𝑥 depends on which layer/s of text 𝑦? Limitations on space preclude scrutinizing all possible dependencies. Therefore, I take the two Caleb stories in the book of Joshua as a point of departure and look from there to the dependencies in the respective texts in Numbers and Deuteronomy. 32 Cf. Itzhaq Beit-Arieh, “Qitmit, Ḥorvat,” in NEAEHL (1993), 3:1230–1233; Aharon Kempinski, “Masos, Tel,” in NEAEHL (1993): 3:386–9; Avraham Biran, “Aroer (in Judea),” in NEAEHL (1993) 1:89–92, here 90–91; and Moshe Kochavi, Iris Eldar, and Yaacov Baumgarten, “Malḥata, Tel,” in NEAEHL (1993), 3:934–939, here 936. 33 Beit-Arieh, “Qitmit,” 1231–1233. 34 Kempinski, “Masos.” 35 Aharon Kempinski, “Is Tel Masos an Amalekite Settlement? A Challenge to Professor Kochavi,” BAR 7.3 (1981): 52–53. 36 See the modern analogy in Israel / Palestine territories that Bedouins also have their camps near towns. 37 The designation “chief” for David is historically probably better than “king” as a kingdom connected with a state administration emerges as late as with Omri. See Christian Frevel, Geschichte Israels, Kohlhammer-Studienbücher Theologie 2 (Stuttgart: Kohlhammer, 2016), 95. 38 Cf. also 1 Sam 25, which relates the marriage between David and Abigail, the widow of the Calebite Nabal.
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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6.1 Joshua 14:6–15 The setting in Gilgal and the agency of Joshua, verses 6a and 13, have hardly anything to do with the Caleb story as has become clear: verses 13–15a connect to 15:13–14, and 15b is a Wiederaufnahme of 11:23. The core legend can thus be found within verses 6b–12.39 In his speech, Caleb relates a setting in Kadesh-barnea where Moses had spoken to him. Out of a strategical perspective, leaving Kadesh-barnea to spy out Hebron and its area is awkward as stated above. It takes even more days to march up with warriors against Hebron than for a spy mission to Hebron. And, indeed, Caleb marched up against Hebron as the implicit markers in 14:6–10 point to a conquest of Hebron by Caleb, not to a gift of Hebron by Joshua. Is Kadesh-barnea an interpolation? In v. 11, the sending of Caleb by Moses goes without mentioning Kadesh-barnea. However, this is a repetition of v. 7 and that a sending is related without specifying the point of departure (vv. 6, 7) would be awkward. If an earlier point of departure was not exchanged (this is possible in the process of reécriture),40 it is likely that Kadesh-barnea belonged to the core narrative. Thus, the author/editor of 6b–12 must have used a tradition in which Kadesh-barnea was tied to the spy narrative.41 Most of the content and language of Josh 14:6–15 reminds of the spy story in Deuteronomy 1:19–46. In Deut 1, Caleb appears as the only faithful good spy without Joshua. This seems to be the case in the core narrative of Josh 14:6–15 too. In both stories the point of departure for spying out the land is Kadesh/Kadesh-barnea (Josh 14:6, 7; Deut 1:2, 19, 46), whereas the point of departure in Num 13–14 is the wilderness of Paran. The only reference to Kadesh in the latter story (Num 13:26) is a later insertion as almost all assume.42 Beyond this, there are a couple of words and phrases that Josh 14:6–15 and Deut 1 have in common: רגלpi. “to spy out” (Josh 14:7, 9; Deut 1:24) – which is missing in Num 13–14; שוב דבר (hiphil) “to bring back a report” (Josh 14:7; Deut 1:22, 25; Num 13:26); את לב43מסס/מסה ( העםhiphil) “to make the heart of the people melt” (Josh 14:8; Deut 1:28); מלא אחרי יהוה, “to follow Yahweh completely” (Josh 14:8, 9, 14; Deut 1:36; Num 14:21). “So now give me this hill country of which Yahweh spoke on that day” (Josh 14:12) refers to “I will give the land on which he set foot” (Deut 1:36). It is Moses who says this, though he quotes Yahweh. The only difference as regards content is that in Josh 14 Caleb refers to “this hill country,” whereas in Deut 1 it is about “the land on which he set foot.” We may surmise that a redactor worked on Josh 14:6–15, aligning it with Deut 1:22–45. There is hardly anything that reminds of the spy story of Num 13–14 except that Caleb occurs there as a faithful spy.44 The only verses in Num 13–14 that show words that also occur in Josh 14 and Deut 1 are Num 13:26 and 14:21. But “Kadesh-barnea” is secondary in 13:26,
39 Pace Volkmar Fritz, Das Buch Josua, HAT 1/7 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1994), 152–154. 40 Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora, BZABR 3 (München: Harrassowitz, 2003), passim. 41 Within Joshua the only other occurrence of Kadesh-barnea is in 15:3 as fixed point in the southern border of Judah. But in the Judaean town list, Josh 15:21–62, it does not occur. 42 Achenbach, “Erzählung,” 78–123. 43 מסהhiphil (Josh 14:8) is an Aramaic form for מססhiphil (Deut 1:28). See Ernst A. Knauf, Josua, ZBKAT 6 (Zürich: Theologischer Verlag, 2008), 139. 44 Against Fritz, Buch, 151; and Trent C. Butler, Joshua 13–24, 2nd ed., WBC 7b (Grand Rapids, MI: Zondervan, 2014), 86.
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and 14:21 belongs to an interpolation 14:11b–22*.45 So, the connection of Josh 14:6–15 to Deut 1 is almost exclusive at the costs of Num 13–14 – though not exclusive regarding the book of Numbers. Numbers 32:8–13 and Josh 14:6–15 also have a couple of elements in common: the full name form “ כלב בן יפנה הקנזיCaleb the son of Jephunneh the Kenazite” (Josh 14:6, 14; Num 32:12 †); the numbering of years (Josh 14:7, 10; Num 32:11, 13)46; Kadesh-barnea as point of departure for spying out the land (Josh 14:6; Num 32:8); and “to follow Yahweh completely” (Josh 14:8, 9, 14; Num 32,12). Besides, איש האלהיםas a label for Moses (Josh 14:6) occurs only in late texts (Deut 33:147; Ezra 3:2; 1 Chr 23:14; 2 Chr 30:16). Psalm 90 with its mentioning of “Moses, the man of God” probably also belong to a late layer.48 In the Deuteronomistic History איש האלהיםoccurs to denote prophets. This makes it likely that Moses is implicitly designated as a prophet also in Josh 14:6 and Deut 33:1.49 To call Moses a “man of God” is, thus, a late phenomenon. How can Num 32:8–13 and Deut 1:22–45 be dated? That Deut 1:22–45 belongs to the framework of the Deuteronomic law, Deut 12–26, is clear. Numbers 32 probably contains old material, but as a text it is one of the latest texts in the Pentateuch. The part about Caleb, Num 32:8–12, does not belong to the old material as it refers in a retrospect to grown traditions about the spy mission. Caleb and Joshua occur together implicitly as good spies (Num 32:12), whereas Joshua as a spy – and thereafter a faithful good spy – is secondary in Num 13–14 and does not occur in Deut 1. The point of departure for the spy mission is Kadesh/Kadesh-barnea (Num 32:8) which is secondary in both Num 13–1450 and Deut 1. As many have pointed out the whole part Num 32:6–15 or 7–15 is probably an insertion.51 This is a further argument for a late date of the Caleb legend in Num 32 too.52 Against an all too late date speaks that – different from Num 13:2, 17 where the spies must spy out the land of Canaan, according to Deut 1 and older layers in Num 13–14 – it is only the land ( ;את הארץNum 32:8) on the hills (Num 13:17b; 14:40 etc.; hills of the Amorites: Deut 1:7, 19–20) up to the Wadi Eshcol (Num 13:23–24; 32:9; Deut 1:24) that they should spy out. If my supposition is correct that Num 32:8–12 presupposes the spy stories 45 Achenbach, “Erzählung,” 63, 112–118. 46 Forty years in the desert until the first sinful generation would have died corresponds to the age of Caleb (Josh 14:7), and the age of Caleb in Josh 14 after forty and five years makes 85 after the spy story (14:10). 47 Eckart Otto, Deuteronomium 12–34, HThKAT (Freiburg, Basel, Wien: Herder, 2017), 2238: “nachexilische Fortschreibung.” 48 Psalm 90, the only Psalm of Moses, introduces together with Ps 91 and 92 the fourth book of Psalms. 49 For the literary dependencies of the texts in question, see Eckart Otto, “The Suffering Prophet in Deuteronomy and Psalm 90–92,” in Propheten Der Epochen, ed. Viktor Kókai Nagy and László S. Egeresi, AOAT 426 (Münster: Ugarit-Verlag, 2015), 137–149. 50 Itamar Kislev, “Joshua (and Caleb) in the Priestly Spies Story and Joshua’s Initial Appearance in the Priestly Source: A Contribution to an Assessment of the Pentateuchal Priestly Material,” JBL 136.1 (2017): 39–55; Ed Noort, “De naamsverandering in Num 13:16 als facet van het Jozuabeeld,” in Profeten en profetische geschriften, ed. Florentino García Martínez, C. H. J. de Geus, and A. F. J. Klijn (Kampen: Kok, 1985), 55–70. 51 Horst Seebass, Numeri, BKAT 4,3 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2007), 328–329, who lets the insertion start with v. 7. 52 Besides, “this land” does not fit the Transjordan setting of the remainder of Num 32.
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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Num 13–14 and Deut 1, it cannot have used the latest version of Num 13–14 with its wholeCanaan perspective. That the insertor would have left this perspective out deliberately is unlikely as Num 32:8–15 functions as an example of and a warranty against unfaith that lurks at the tribes of Reuben and Gad who do not seem to be willing to cross the Jordan and fight with their fellow Israelites (Num 32:5–7). Would Num 13–14 have offered a whole-Canaan perspective, the insertor of Num 32:8–12 would probably have adopted it as it would have made the sin even greater than the sin of not marching up against the land only up to Wadi Eshcol. Joshua 14:6–15, thus, has strong connections with Num 32:8–15 besides Deut 1. I suppose that Josh 14 used Num 32 and Deut 1, not vice versa. I will deal with the question why the author of Josh 14, then, did not count Joshua among the faithful spies as does Num 32:12 below.
5.3 Joshua 15:13–19 The Caleb story in Josh 15 also relates, beyond 14:6–15, a story about Othniel and his taking of Debir, as well as a story about Achsah and water ponds in Negev-land. It was probably a story that could not be missing in descriptions about the area in and around Hebron (see above), as the similar text in Judg 1:10–15 betrays. Joshua 15:13–19 is an interpolation within the boundary description of Judah, and 15:20 is a variegated Wiederaufnahme of 15:12 as Erasmus Gaß has argued.53 Joshua 15:13–19 describes three areas, Hebron, Debir, and Negev, which also occur in Josh 11:21–23, the first conclusion of the conquest of the land (when we consider Josh 14:15 as the second). I suppose that Josh 15:13–19 relates historical facts in reverse order: Edomites came from the south and moved to the north, up from the Negev (Achsah), conquered Debir (Othniel), and Hebron (Caleb). At a certain point in history the northern Negev was inhabited by Calebites, the Negev of Caleb (1 Sam 30:14). From there it was easy and expedient to spy out “the land,” “the hills,” “the hills of the Amorites” via Hebron up to Wadi Eshcol. Subsequently, the Edomite clans marched up against Debir and Hebron and conquered both. This might not only have been the historical background of Josh 15:13–19 and 14:6–15 where Caleb and the contiguous clans appear as strong men of war but also of Num 13–14 where only Caleb, and secondarily Joshua, believe they can conquer “the land.” Could the story of the successive conquest of the southern Judean hill country have been a model for Josh 11:21–23? If we erase the pan-Israelite perspective ( ומכל הר ישראלin v. 21; בני ישראלin v. 22; and לישראל למחלקתם לשבטיהםin v. 23b), it looks as if the text is about Caleb’s, not about Joshua’s conquest (underlined are the parallels to Caleb stories): Josh 11:21–23 ויבא יהושע בעת ההיא21 ויכרת את הענקים מן ההר מן חברון מן דבר מן ענב ומכל הר יהודה
Parallels in Caleb stories ענקים/ענק: Num 13:22, 28, 33; Deut 1:28; Josh 14:12, 15; 15:13–14; Judg 1:20
53 Erasmus Gaß, Die Landverteilung im Josuabuch, FAT 132 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2019), 49–50, at 50 n. 179; against de Vos, Los Judas, 124–125.
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J. Cornelis de Vos
ומכל הר ישראל עם עריהם החרימה יהושע לא נותר ענקים בארץ בני ישראל22 רק בעזה בגת ובאשדוד נשארו ויקח יהושע את כל ההר ככל אשר23 דבר יהוה אל משה ויתנה יהושע לנחלה לישראל כמחלקתם לשבטיהם והארץ שקטה ממלחמה
הר: Num 13:17, 29; 14:40, 44, 45; Jos 14:12; cf. הר האמרי: Deut 1:7 חברון: Num 13:22; Josh 14:13–15; 15:13; Judg 1:20 דבר: Josh 15:15; Judg 1:11 ענב: cf. Num 13:20, 23 והארץ שקטה ממלחמה: Josh 14:15
It is widely accepted among critical scholars that local skirmishes in and near the area of the tribe of Benjamin were a historical background of Josh 1–12. This was amplified by a panIsraelite perspective, the conquest of the south (Josh 10) and the conquest of the north (Josh 11:1–20). The conclusion of this, in the meantime, pan-Israelite conquest was Josh 11:21– 23, modelled after the conquest by Calebite clans, the only probably historically reliable conquest beyond the Benjaminite skirmishes. In the past, I argued that Josh 11:21–23 constitutes the end of DtrL.54 If my reconstruction so far is correct, DtrL must have known the Calebite traditions concerning the southern hill country of Judah, either orally and/or literarily. It is even possible that the promise in Josh 1:4, כל מקום אשר תדרך כף רגלכם בו לכם נתתיו, which also belongs to DtrL, originally belonged to Caleb since the promises to the Israelite (Cisjordanian) tribes and Caleb are quite similar: ( הארץ אשר דרכה רגלך בה לך תהיה לנחלהJosh 14:6: Moses to Caleb); ולו אתן את הארץ ( אשר דרך בהDeut 1:36: Yahweh via Moses about Caleb). In successive redactional phases, the second half of the book of Joshua developed, probably independent of the first half and mainly in interaction with the book of Numbers, also regarding its literary growth.55 I will not deal with this in detail here but will only point to the function of the Caleb stories within the redactional process. For a detailed analysis of Josh 13–19, I refer to the recent study by Erasmus Gaß, whom I follow to a great extent.56 Gaß proposes that a border system as found within Josh 15–19 was originally a supplement to Num 34:2–12, that describes the borders of the Cisjordanian Canaan.57 And indeed, especi54 De Vos, Los Judas, 283–89; the label “DtrL” (L for Landeroberungserzählung) stems from Norbert Lohfink, “Kerygmata des Deuteronomistischen Geschichtswerks,” in Die Botschaft und die Boten, ed. Jörg Jeremias and Lothar Perlitt (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1981), 87–199. 55 This is the conclusion of the meticulous study by Erasmus Gaß, “Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte im Josuabuch (Jos 15–19),” in Die Landverteilung im Josuabuch: Eine literarhistorische Analyse von Josua 13–19, by Erasmus Gaß, FAT 132 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2019), 22–81. 56 Gaß, Landverteilung. 57 Gaß, “Sprachliche Besonderheiten,” 49–60; the idea of the border system as a supplement to Num 34 goes back to Enzo Cortese, Josua 13–21, OBO 94 (Fribourg: Universitäts-Verlag; Vandenhoeck & Ruprecht, 1990). Because of verbal parallels to Num 34:2–12, this border system originally consisted, according to Gaß, of only of seven tribes: Judah (Josh 15:2–12, 20), Ephraim (16:5–8), Benjamin (18:12– 20), Zebulon (19:10b–14, 16*), Issachar (19:18*, 22*, 23*), Asher (19:25*, 26*–28*, 31), and Naftali (19:33–34, 39). In a secondary stage it was enlarged by the “border descriptions” of Reuben, Gad, and Manasseh, which are hardly border descriptions. I do not think, Gaß is correct in his reconstruction of an original seven-tribe system. The border descriptions of Zebulon, Issachar, and Asher are hard to distil from town lists – see the many asterisks – and are fragmentary. The description of the southern (Josh 15:2–4), eastern (15:5a), and western border of Judah (15:12a) was developed in conjunction with the
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ally Josh 15–19 must be seen in conjunction with the latest part of Num, Num 26–36, which is also chronologically late. As I have argued elsewhere, the introduction of a division of the land by lot ( )גורלcomes from the hand of a later redactor, both in Joshua and Numbers.58 Since the lot expresses the will of Yahweh, this can be attributed to what Reinhard Achenbach labels a theocratic redaction (theokratische Bearbeitung).59 This theocratic redaction took place, with Achenbach, after the Hexateuchal and the Pentateuchal redactions and reconnected the Pentateuch with the book of Joshua after the Pentateuchal redaction had cut the Pentateuch off from Joshua. Except for details in the attribution to layers and redactions I agree with this overall concept for the genesis of the Pentateuch and the book of Joshua. How do the Caleb stories fit into this redaction-historical reconstruction? The faithfulness of Caleb to Yahweh fits excellently in the thought of a theocratic redaction. Joshua 14:6–15 with its threefold occurrence of “ מלא אחרי יהוהto follow Yahweh completely” stresses the faith of Caleb. As stated above, this formula occurs with one exception only regarding Caleb. For other people it only appears in the negative (Num 32:11; 1 Kgs 11:6). In Num 32:11, this “not following Yahweh completely” becomes the ground for the men in the age of twenty and older to not seeing the land. Numbers 32:12 then states the exception of Caleb, and here also Joshua. Now, the only one and – at a later stage – the only two who were older than twenty and would nevertheless see the land dared not remain absent in the book of Joshua. Joshua himself already appeared in Josh 1–11*. But at the time that the Pentateuch redaction cut off the book of Joshua from the Hexateuch, the supplement to Num 34:2–12, in some stage of its redactional process, had to be moved to the book of Joshua. The Pentateuch had become, in short, the law of God mediated by Moses outside of the land and – in Deuteronomy – directly before the gates to the land for the next generation.60 Law and promise in the Pentateuch had to correspond to execution and fulfilment in the land. Therefore, the promise, Num 34:2–12, could remain in the Pentateuch, the fulfillment of that promise had to move to the second part of the book and became the description of the tribal areas in Cisjordanian Israel (Josh 15–19*) after the successful conquest. The theocratic redaction inserted the Caleb story in 14:6–15 before the description of the “canonical” tribes. To connect it loosely to the first part of Joshua, it became some sort of land gift by Joshua in the camp at Gilgal. By this it formed a hinge between Josh 1–11* and 15–19*, a story about land division and implicitly about conquest.61 Therefore, the formula והארץ שקטה ממלהמהin 11:23 had to be repeated. At the same time, the Caleb story in Josh 14 corrected the conquest summary in 11:21–23 by implicitly stating that it was not Joshua
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respective border descriptions of Canaan (Num 34:3–5, 12a, 6). The other “border” descriptions were probably made of town lists and did not exist before as independent border descriptions (see Hartmut N. Rösel, Joshua, Historical Commentary on the Old Testament [Leuven, Paris, Walpole, MA: Peeters, 2011]). In my opinion, there were originally only border descriptions of the Judean and the Benjaminite borders. See Michaël N. van der Meer, Ed Noort, and J. Cornelis de Vos, Joshua, 2 vols., IECOT (Stuttgart: Kohlhammer, [in preparation]). De Vos, Los Judas, 254–279. Achenbach, Vollendung, 443–628. This is the so-called Moab-redaction; see Eckart Otto, Deuteronomium 1–11 (Freiburg, Basel, Wien: Herder, 2012), 239–241, and passim. Thereby condoning that Hebron is captured twice (Josh 11:21) or even thrice (10:36–37).
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but Caleb who had conquered the areas described there – apart from the pan-Israelite area beyond the southern hill country. This is also a characteristic of the theocratic redaction: it reduces the role of Moses and his successor Joshua.62 That this redaction was also responsible for the insertion of the Joshua section at the end of chapter 19 (19:49b–50), thus framing the tribal area descriptions with the two heroes of the spy mission, is possible (like in Num 32:12). Deuteronomy 1:36 knows nothing about Joshua being a spy, nor does Josh 14:6–15, nor does Josh 19:49b–50. Thus, the profile of Caleb remains more positive than the profile of Joshua in chapters 14–19.
7. Conclusions The story about Caleb in Josh 14:6–15 and the one about Caleb, Othniel, and Achsah in Josh 15:13–19 are Fremdkörper within their context. Joshua 14–19 describes the division of the conquered land to the Cisjordanian Israelite tribes. Caleb and his kin, Othniel and Achsah, were not Israelite, were probably Edomite, and in both stories the agents conquer their area. In 15:13–19 this is told explicitly, in 14:6–15 implicitly. However, conquest belongs to the first part of Joshua not to the part about the division of the land (Josh 13–19 or 13–21). Both texts were inserted secondarily. The reason for that was that the conquest of the area in question was so strongly connected to Caleb and his family that one could not ignore it. Caleb cum suis, or better Edomite semi-nomadic clans came from the southern Negev and moved to the north over time. Archaeology and inscriptions tell that they settled in the northeastern Negev from the seventh century onwards. This area might be equated with the Negev of Caleb (1 Sam 30:14) and alluded to in the story about the Negev-land of Achsah the daughter of Caleb (Josh 15:19). From there they marched up into the southern hill country against Debir. This is reflected in the story about Othniel and his capture of Debir in Josh 15:15–17. And finally, they captured Hebron and its surroundings, as reflected in both 14:6–15 and 15:13–14. The story in 15:13–19 thus relates the trek of the Edomites in inverse order, from north to south. A redactor inserted Josh 14:6–15 to align it with the spy stories in Deut 1:19–46 and Num 32:8–13. This redactor connected the Caleb story in Josh 14 loosely with the first part of the book of Joshua by setting the stage in the camp of Gilgal and mentioning Joshua. The importance of Joshua was thereby diminished to a high degree. Caleb is the acting person for the most part and Joshua is mostly passive. The faith of Caleb is expressed by using מלא אחרי “ יהוהto follow Yahweh completely” almost at the cost of the faith of Joshua. The redaction responsible for this “move” is probably tantamount to what Reinhard Achenbach calls the theocratic redaction (theokratische Bearbeitung). In this process the importance of Moses and his successor Joshua was diminished. Faith in Yahweh was also possible and applauded for non-Israelites. This goes hand in hand with the notion that the Israelite God was a universal God that could be served by non-Israelites (cf. Isa 45:1–8). The same or another redactor inserted Josh 15:13–19 within the border description of the tribe of Judah (15:1–12, 20) as the area of the Calebites/Edomites was within the area that 62 Joshua hardly plays any role at all in Josh 14–22. In Josh 14:1, he is responsible for the division of the land as second after the priest Eleazar (sic).
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Caleb and the Redaction History of Joshua 14-19
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became biblically known as part of Judah. Again, this story diminished the importance of Joshua implicitly. I assume that the conclusion of the conquest of the land in Josh 11:21–23 was modeled after the conquest by the Calebites/Edomites. If we subtract the pan-Israelite elements from Josh 11:21–23, the areas conquered according to this text seem to be the counterpart of the areas conquered in Josh 15:13–19. This latter text says indirectly: It was not Joshua who had beaten the legendary Anakites from the hill country, Hebron, Debir (and Anab) (Josh 11:21) but Caleb, Othniel, and Achsah, or – in general – Edomite clans. As the God of Israel is “with Caleb” (Josh 14:12) and Caleb “followed Yahweh completely,” this “foreigner” could conquer area within Israel.
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Die Landnahmekonzeptionen des Josua- und Richterbuches im Licht der Pentateuchüberlieferung: Eine überlieferungskritische Skizze Raik Heckl
1. Zur Begründung der Vorgehensweise In meiner Dissertation habe ich mich ausgehend von einer literarischen Analyse und der Bestimmung der Intention von Dtn 1–3 mit der Frage beschäftigt, ob der Abschnitt einen literarischen Zusammenhang eröffnet, der bis zum zweiten Buch der Könige reicht. Dabei handelt es sich um die einflussreiche These Martin Noths, wonach ein dtr Geschichtswerk als ein zusammenhängendes Epos aus verschiedenen Überlieferungen und mit Blick auf das Deuteronomium geschaffen worden sei.1 In der zweiten Hälfte des 20. Jh. wurde sie zunächst durch die Annahme verschiedener redaktionsgeschichtlicher Thesen zugespitzt. Man vermutete mehrere durchlaufende Schichten, die den Zusammenhang des Werkes jeweils verstärkt und eigene Akzente gesetzt hätten.2 Ich habe mich seiner Zeit besonders mit der These, dass das Deuteronomium erst durch eine spätere dtr Schicht (DtrN) mit dem Geschichtswerk verbunden worden sei, auseinandergesetzt.3 Die von mir herausgearbeiteten, eigenständig auf die direkt nachfolgende Verkündigung des dtn Gesetzes ausgerichtete Struktur und Intention von Dtn 1–3 widersprechen dem grundsätzlich. In der weiteren Diskussion hat sich seit der Jahrhundertwende eine Tendenz herausgebildet, die den ursprünglichen Gesamtzusammenhang zwischen Dtn 1 und 2 Kön 25 infrage stellt.4 Allerdings werden nach wie vor Thesen vertreten, die genau diesen „Werkzusammenhang“ zu beweisen suchen und auch wieder die Zugehörigkeit von Dtn 1–3 behaupten. Letzteres geschah unlängst in der Studie über den Anfang des Josuabuches von J.J. Krause in 1 2 3
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Martin Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien (Halle: Max Niemeyer, 1943), 3–18. Vgl. zu den Thesen Otto Kaiser, Einleitung in das Alte Testament, 5., grundlegend überarbeitete Auflage (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1984), 172–178. Besonders Timo Veijola, „Principal Observations on the Basic Story in Deuteronomy 1–3,“ in A Song of Power and the Power of Song (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1993), 137–146, 144; Arnold N. Radjawane, Israel zwischen Wüste und Land: Studien zur Theologie von Deuteronomium 1–3 (Diss: Mainz, 1972), 231; Kaiser, Einleitung, 176. Noth selbst hat sich an diesem Punkt nicht festgelegt. Er nahm an, dass Dtn 1–3 nicht die Einleitung des dtn Gesetzes, sondern des DtrG sei. Vgl. Noth, Studien, 14. Gleichzeitig schreibt er ebd., 16: „Das deuteronomische Gesetz übernahm Dtr im Wesentlichen bereits in der Form, in der es uns heute in Dtn. 4,44–30,20 vorliegt.“ Thomas Römer, Jean-Daniel Macci, Christophe Nihan, eds., Einleitung in das Alte Testament: Die Bücher der Hebräischen Bibel und die alttestamentlichen Schriften der katholischen, protestantischen und orthodoxen Kirchen (Zürich: TVZ, 2013), 311–314.
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Anschluss an die Thesen von E. Blum.5 Infrage gestellt werden diese Thesen vor allem durch abweichende redaktionskritische Überlegungen, wie zuletzt einerseits das Gegenüber der Thesen zum Übergang von Josua zu Richter im Sammelband von H. Samuel und C. Berner6 sowie die Auseinandersetzung von R.G. Kratz mit den Thesen von Krause und Blum gezeigt hat.7 Die Diskussion dreht sich vor allem um die Frage, welchem literarischen Werk die Priorität zukommt, einer Vorstufe unseres Pentateuchs, die auch eine Landnahme einschloss (Hexateuch) oder dem dtr Geschichtswerk. Eines der offensichtlichsten und wichtigsten Probleme der alttestamentlichen Traditionsund Literargeschichte, ist die Existenz von unterschiedlichen Konzeptionen der Landnahme in den Büchern Numeri, Deuteronomium, Josua und Richter. Vor allem das sogenannte negative Besitzverzeichnis am Anfang des Richterbuches (Ri 1,1–2,5) widerspricht der Darstellung der Landnahme im Josuabuch sowohl im Ergebnis der Landnahme wie in ihrer Konzeption: Am Anfang des Richterbuches wird auf eine Landnahme einzelner Stämme verwiesen, während nach der Konzeption des Josuabuches von Jos 1–12 das Land vollständig unter Leitung Josuas in einem kriegerischen Akt des ganzen Volkes eingenommen wird. Allerdings finden sich auch im nachfolgenden Josuabuch Tendenzen, die den Aussagen am Anfang des Richterbuches entsprechen. Denn die Einzelerzählungen in Jos 1–8 beziehen sich primär auf die Region des Stammes Benjamin. Damit fügt sich, dass in Ri 1,1–2,5 Benjamin nur damit erwähnt wird, dass es Jerusalem nicht erobern konnte (Ri 1,21). Außerdem widerspricht die Eröffnung des zweiten Teiles des Buches Jos 13–20, die zu einer Konzeption wie in Ri 1–2 hinführt, den vorangehenden Behauptungen einer vollständigen Einnahme des Landes (Jos 10,40–41; 11,16.23). Die Einnahme des Landes durch die Stämme nach Ri 1–2 erinnert an die Landgabe an die Stämme im Josuabuch.8 Die einfachste Annahme ist m.E. angesichts der Überlieferungslage, dass Josua und Richter 1–2 sich in ihren Konzeptionen unabhängig entwickelt bzw. weiterentwickelt haben. Eine nachträgliche Harmonisierung hat die Unterschiede erkennbar gelassen. All das spricht gegen die Existenz eines DtrG ausgehend vom Beginn des Josuabuches.
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Joachim J. Krause, Exodus und Eisodus: Komposition und Theologie von Josua 1–5, VTSup 161 (Leiden: Brill, 2014), schlussfolgert aufgrund fehlender literarischer Querbezüge zum Schluss des Numeribuches „dass das dtr Dtn und die in Jos 1 anhebende Josua-Erzählung in einem Werkzusammenhang stehen“, was die DtrG-Hypothese stütze. Derselbe Passus findet sich in seiner Zusammenfassung ebd., 413. Die These ist vorformuliert bei Erhard Blum, „Pentateuch – Hexateuch – Enneateuch?: Oder: Woran erkennt man ein literarisches Werk in der Hebräischen Bibel?,“ in Textgestalt und Komposition: Exegetische Beiträge zu Tora und Vordere Propheten, ed. Wolfgang Oswald und Erhard Blum (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 396–397. Vgl. Christoph Berner, und Harald Samuel, eds., Book-Seams in the Hexateuch I: The literary transitions between the books of Genesis/Exodus and Joshua/Judges, FAT 120 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018). Vgl. Reinhard G. Kratz, „Schittim: Eine narrative Verbindung zwischen Numeri und Josua,“ in Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel: Erhard Blum zum siebzigsten Geburtstag, ed. Joachim J. Krause, Wolfgang Oswald und Kristin Weingart (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020); weiter: Sarah Schulz, „The Literary Transition between the Books of Joshua and Judges,“ in Book-Seams in the Hexateuch, ed. Christoph Berner und Harald Samuel, 257–280; Christian Frevel, „On Untying Tangles and Tying Knots in Joshua 23–Judges 3:6: A Response to Erhard Blum, Reinhard G. Kratz und Sarah Schulz,“ in BookSeams in the Hexateuch, ed. Christoph Berner und Harald Samuel, 281–294. Es gibt Übereinstimmungen wie den Bericht von der Eroberung Hebrons durch Kaleb in Jos 14–15 und Ri 1,12–20, was aber Jos 10,36–39 widerspricht.
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Landnahmekonzeptionen
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Die ältere These, dass das Josuabuch zunächst noch in den Zusammenhang der Pentateuchüberlieferung gehört hat und erst später mit dem Richterbuch und damit dem Fortgang des Fadens, der von den weiteren dtr Geschichtsbüchern verfolgt wird, verbunden worden ist, ist von hier die wahrscheinlichste entstehungsgeschichtliche Hypothese. An diesem Punkt fügt sich meine Arbeit mit jener von R. Achenbach, der ebenfalls nicht von einem durchlaufenden dtr Geschichtswerk, sondern von mehr oder weniger unabhängigen und teilweise einzeln redigierten Büchern in den vorderen Propheten ausgegangen ist.9 In diesem Beitrag möchte ich nun nicht noch einmal den Übergang vom Josua- zum Richterbuch reflektieren, sondern ausgehend von meinen Beobachtungen zur Formulierung der Landnahmekonzeption in Dtn 1–3 als einer eigenständigen und auf das Deuteronomium bezogenen Komposition zentrale Passagen des Josuabuches in den Blick nehmen, um so Hinweise darauf zu erhalten, ob das dtr Deuteronomium und das Josuabuch ursprünglich zu einem „Werkzusammenhang“ gehört haben können und wie sich der Anfang des Richterbuches zum dtr Josuabuch verhält.
2. Dtn 1–3 und Num 21 Dtn 1–3 bezieht sich noch nicht auf den priesterlich abgeschlossenen Tetrateuch zurück. Der Abschnitt dient dazu, das Deuteronomium nicht nur einzuleiten, sondern seine Existenz zu begründen. Die Hauptthese meiner Dissertation war es, dass das Deuteronomium in Dtn 1–3 als Ätiologie erklärt, wie und warum das Deuteronomium existiert. So leitet Dtn 1–3 zum Deuteronomium hin und begründet es als Moses Verkündigung mit der beginnenden Landnahme angesichts von Moses bevorstehenden Tod. Diese literarische Absicht wird durch die Gegenüberstellung zweier voneinander unterschiedener Landnahmekonzeptionen, einer gescheiterten Landnahme und dann einer beginnenden und erfolgreichen Landnahme hergestellt.10 9 Vgl. Reinhard Achenbach, „Pentateuch, Hexateuch und Enneateuch: Eine Verhältnisbestimmung,“ in ZAR 11 (2005): 122–154, 131. 10 Siehe dazu Raik Heckl, Moses Vermächtnis: Kohärenz, literarische Intention und Funktion von Dtn 1– 3, ABG 9 (Leipzig: EVA, 2004) 441–447 (zusammenfassend). Zustimmend: Jan C. Gertz, „Kompositorische Funktion und literarhistorischer Ort von Deuteronomium 1–3,“ in Die deuteronomistischen Geschichtswerke: Redaktions- und religionsgeschichtliche Perspektiven zur „Deuteronomismus“-Diskussion in Tora und Vorderen Propheten, ed. Markus Witte, Jan C. Gertz und Konrad Schmid (Berlin; New York: de Gruyter, 2006), 103–123, 104–105. Blum, Pentateuch – Hexateuch, 400, lässt nur eine „(eher implizite) Hinführung auf die ‚erneute‘ Mitteilung des Gotteswillens“ gelten, obwohl Dtn 1–3 konzeptionell unmittelbar auf die Fortsetzung der Rede des Mose in der Verkündigung des Mose hinführt und die weitere Landnahme nur in Aussicht gestellt wird nach Moses Tod. Er resümiert: „In seinen Hauptschichten, m.E. einschließlich der nachexilischen Ebene von Dtn 4, präsentiert sich das Deuteronomium nicht nur als eigenständige Tora-/Bundes-Urkunde, sondern es erweist sich als der autarke Anfang eines Werkes, zu dem wenigstens *Jos, m.E. darüber hinaus ein Grundbestand in *Ri–*Kön angehörte“ (ebd., 400– 401). Während Blum hier vage formuliert und vernachlässigt, dass am Ende des letzten Jahrhunderts noch diskutiert wurde, ob das Deuteronomium erst sekundär in den dtr Zusammenhang von Dtn 1–3; 31; Jos 1 eingefügt worden ist, hat Krause, Exodus, 98, behauptet, dass der Zusammenhang zwischen Dtn 3; 31; Jos 1 „eine Darstellung der Nachfolge Moses durch Josua von einer Hand“ sei.
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Raik Heckl
Im Hintergrund der in Dtn 1–3 entwickelten Landnahmekonzeption steht Dtn 7, wo Jhwh die Vertreibung der Vorbevölkerung des Landes zusagt und den Israeliten den Besitz des ganzen Landes verheißt. Dieses Konzept wird in Dtn 1–3 abgewandelt. Mose kann die Landnahme des Gebietes westlich des Jordans nicht anführen; daher wird Josua zum Nachfolger eingesetzt, und die Verkündigung des Deuteronomiums wird Mose nach seinem Tod vertreten. Ähnlich hat R. Achenbach in seiner Dissertation die Intention von Dtn 5–11 beschrieben.11 Auch wenn er an anderer Stelle in Bezug auf Dtn 1–3 annahm, dass mit Dtn 1–3 ein eigenes Geschichtsbild geschaffen werde, das nicht der Fortschreibung des Deuteronomiums diente,12 was implizit meine These der Hinleitung zur Verkündigung des dtn Gesetzes ausschließt, weiß ich mich mit ihm darin verbunden, dass Dtn 1–3 ein eigenständiges Geschichtskonzept entwickelt, das einerseits die Existenz der Pentateuchüberlieferung und verschiedener Landnahmeüberlieferungen und insbes. das Josuabuch bzw. eine ältere Fassung desselben voraussetzt.13 Im Geschichtskonzept von Dtn 1–3 wird mit einem Generationenwechsel während der Wüstenwanderung argumentiert. Im Verlaufe von 40 Jahren sind andere verwandte Völker in ihr ebenfalls von Jhwh bestimmtes Territorium gekommen (Dtn 2,5.9.19). Damit ist unmittelbar die Thematisierung von Moses Tod verbunden, der aufgrund seines Alters zur Wüstengeneration gehört.14 Israel kann also nur den verbleibenden Anteil des Landes in seinen Besitz nehmen. Der begrenzte Umfang der Landnahme und auch die Rolle Josuas dürften von vornherein überlieferungsgeschichtlich festgestanden haben. Denn die aus der Numeriüberlieferung ausgelassenen Inhalte – z.B. die Bileamperikope und eine Auseinandersetzung mit den Moabitern – gehen von dem Faktum aus, dass die Edomiter, Moabiter und Ammoniter bereits ein Territorium besitzen, das für die Landnahme nicht infrage kommt. Damit verfolgt Dtn 1–3 die hermeneutische Strategie, zwischen dem universalen Anspruch von Dtn 7 (siehe auch Dtn 20) und den bereits in der Pentateuchüberlieferung und in weiteren geschichtlichen Überlieferungen über die Gebiete anderer Völker und somit abweichenden Darstellungen zu vermitteln. Unterschieden wird zwischen verwandten Völkern15 und den Völkern, die zu Kanaan gerechnet werden, was die Gebiete der Könige Sihon von Heschbon und Og von Baschan betrifft. Unabhängig von der Absicht, die Koexistenz mit den verwandten Völkern im Ostjordanland zu begründen, wird gegenüber den literarischen Quellen, die in Dtn 2–3 verarbeitet werden, zugespitzt. Dies betrifft nicht die Frage nach der Einnahme der Territorien im Ostjor11 Vgl. Reinhard Achenbach, Israel zwischen Verheißung und Gebot: Literarkritische Untersuchungen zu Deuteronomium 5–11, EHS.T 422 (Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris: Lang, 1991), 396. 12 Vgl. Achenbach, Pentateuch, 131. 13 Vgl. Achenbach, Pentateuch, 129–130. 14 Dies wird spätestens mit Dtn 31,2 explizit, ist aber impliziert in Dtn 1,37 sowie in Moses erfolgloser Bitte, das Land betreten zu können (Dtn 3,23–25). Vgl. dazu Heckl, Moses Vermächtnis, 453. Der Gedanke, dass Mose in Dtn 1–3 „das personifizierte dtn Gesetz“ (ebd., 459) ist, und dass die Verkündigung der Tora seine Person ablöst, wird in der Pentateuchredaktion weiter ausgedeutet, indem Moses Tod eine offenbarungsgeschichtliche Wende ist. Siehe dazu Eckart Otto, „Rechtshermeneutik im Pentateuch,“ in Ders., Die Tora: Studien zum Pentateuch; gesammelte Schriften (Wiesbaden: Harrassowitz, 2009), 490– 514, 507–508. 15 Vgl. dazu Heckl, Moses Vermächtnis, 249.
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dangebiet, sondern die Frage, wie sich die Einnahme des Territoriums vollzogen hat. Angewendet wird das in Dtn 7,1–6 thematisierte Gebot, die kanaanäischen Völker zu vertreiben bzw. zu vernichten, auf die Einnahme der Städte Sihons und Ogs. Es ist insbesondere die Hinzufügung der Bannthematik, worin sich Dtn 2–3 gegenüber der in Num 21,21–35 greifbaren Vorlage auszeichnet. Meiner Ansicht nach ist diese Zuspitzung im dtr Konzept von Dtn 1–3 in der Rezeption von Dtn 7 begründet. Sie steht im Dienste einer geschichtstheologischen Interpretation der Überlieferung.16 Beide Textkomplexe, Dtn 1–3 und Dtn 7, verfolgen die Absicht, die Legitimität des Landbesitzes Israels für die Zukunft festzuschreiben, indem ein Anfang postuliert wird, der den späteren Besitz unanfechtbar macht. Ähnliches finden wir außerbiblisch in der Inschrift der Meschastele aus dem 9. Jh. v. Chr.17 Auch in ihr gibt es vermeintliche Widersprüche zwischen der Behauptung der Vernichtung und einer vorausgesetzten Koexistenz mit der überwältigten Bevölkerung. Die Rede von der Vernichtung der Vorbevölkerung dient in der Monumentalinschrift dazu, den Neuanfang Moabs in den Territorien, die zuvor Israel gehörten, zu dokumentieren.18 Meiner Ansicht nach ist die Verwendung dieser hermeneutischen Strategie im dtr Konzept des Deuteronomiums in Dtn 7 und Dtn 1–3 der Reflexion der eigenen Existenz unter der Herrschaft der Großreiche der Assyrer und Babylonier geschuldet. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Dtn 2–3 bes. in 2,24–25 überspielt einen Auftakt des Krieges mit Verhandlungen und macht aus einem Defensivkrieg einen gezielten Angriffskrieg. Der Text sucht also, die Überlieferung dem Ideal von Dtn 7 anzunähern. Demgegenüber sind Dtn 7, aber auch Dtn 20,15–18 als unrealistisches bzw. besser: als nie realisiertes Ideal formuliert. Als Teil des dtr Deuteronomiums soll mit dieser Argumentation die Nichteinhaltung des gegen die Kanaanäer gerichteten Vertreibungsgebotes die Katastrophe des Exils erklären. Dieser Aspekt hat sich dann literarisch bspw. in der Konzeption des Gegenübers von gescheiterter und gelingender Landnahme in Dtn 1–3 niedergeschlagen.
3. Josua 9–12 als Kern der dtr Landnahmekomposition Der Abschnitt Jos 9–12 schließt die Einnahme des Gebietes westlich des Jordans ab. Er folgt auf eine Reihe von Einzelerzählungen, die vor allem das Gebiet des Stammes Benjamin betreffen.19 Damit hat er eine ähnliche Funktion wie Dtn 2–3, das sich an die Rekapitulation der Kundschaftergeschichte und Wüstenwanderung anschließt. Jos 9–12 lässt sich grob in folgende vier Abschnitte gliedern: 1. Der Bundesschluss mit den Gibeoniten (Jos 9,1–27), 2. Die Eroberung des Südens (Jos 10,1–43), 3. Die Eroberung des Nordens (Jos 11,1–14), 4. Zusammenfassung der Landnahme (Jos 11,15–12,24). An die Erzählung vom Bundesschluss mit den Gibeoniten schließt sich als direkte Folge erzählerisch die Auseinandersetzung mit den Königen des Südens an. Der Kriegszug gegen die Könige 16 Vgl. dazu ausführlich Raik Heckl, „Sakralisierung des Krieges im Alten Testament?,“ in Heiliger Krieg, ed. Manuel Vogel (Tübingen: Mohr Siebeck, 2022), in Druck. 17 Siehe dazu Heckl, Sakralisierung (weitere Literatur dort). 18 Die Auseinandersetzung zwischen Jiftach und den Moabitern (Ri 11) mit dem Rückverweis auf Dtn 2–3 beweist, dass die Unterstreichung der Legitimität des Landbesitzes primäre Intention von Dtn 2–3 ist. 19 So schon Martin Noth, Das Buch Josua, 3. Auflage der 2., verbesserten Auflage, HAT 7 (Tübingen: Mohr, 1971), 12.
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des Nordens und die Einnahme der jeweiligen Gebiete resultiert aus den vorangehenden Eroberungen. Der zusammenfassende Abschnitt umreißt das Gebiet und schließt zunächst mit der Notiz, dass jeder Stamm sein Territorium erhalten habe und das Land nun vom Krieg zur Ruhe gekommen sei (11,23). Eine Liste der besiegten Könige (Kap. 12) beleuchtet das noch einmal aus einer anderen Perspektive, wobei eine Reihe von Namen bereits in den Einzelerzählungen erwähnt worden sind. Erzählerisch bestimmt die Erzählung über den Bundesschluss mit den Gibeoniten (Jos 9) die Kapitel Jos 9–12 insgesamt. M. Noth hat Jos 9 noch für eine ältere, vom dtr Verfasser übernommene ätiologische Überlieferung gehalten, die die Stellung von gibeonitischen Familien an einem Heiligtum in Gilgal erkläre.20 Noth nahm an, dass der Dtr nur die Figur des Josua (d.h. Jos 9,3.8–10) eingefügt habe.21 Freilich lässt sich die Erzählung, die mit einem Gegensatz von fernen und nahen Völkern spielt, nicht damit erklären, dass „das Verschonen und Lebenlassen von Kanaanäern und Kanaanäerstädten im israelitischen Bereich als etwas eigentlich nicht Statthaftes betrachtet wird“22. Das Kapitel orientiert sich in seiner vorliegenden Gestalt ohne Zweifel an Dtn 20,15–1823 und an Dtn 7,1–6.24 Wenn dem so ist, dann wird auch die Ätiologie in Jos 9,27 nicht auf ein vorstaatliches Heiligtum in Gilgal gerichtet sein, sondern auf den Tempel von Jerusalem, was aufgrund des abschließenden Gebrauchs der Zentralisationsformel evident ist.25 Was die Rolle der Gibeoniten betrifft, so ist abgesehen von 2Sam 21 von ihrer besonderen Rolle in den Königebüchern nicht die Rede und auch von anderen fremden Holzhauern und Wasserschöpfern fehlen Informationen, wohl aber kritisiert Ez 44,6–9 die Übertragung von Tempeldiensten an Fremde, was nach dem Exil offenbar als ausgeschlossen gilt.26 20 Vgl. Noth, Josua, 54; so auch noch: Jörn Halbe, „Gibeon und Israel: Art, Veranlassung und Ort der Deutung ihres Verhältnisses in Jos. IX,“ VT 25 (1975), 613–41, 638–640; Volkmar Fritz, Die Entstehung Israels im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr., BE(S) 2 (Stuttgart: Kohlhammer, 1996), 33 (mit Verweis auf 2Sam 21,1–14); Claus Westermann, Die Geschichtsbücher des Alten Testaments: Gab es ein deuteronomistisches Geschichtswerk?, TB 87 (Gütersloh: Kaiser Gütersloher Verlagshaus, 1994), 51. 21 Siehe Noth, Josua, 55. 22 Ebd., 53. 23 Vgl. Matthias Ederer, Das Buch Josua, NSKAT 5,1 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2017), 158; Ernst Axel Knauf, Josua, ZBK 6 (Zürich: TVZ, 2008), 92; Hartmut N. Rösel, Joshua, HCOT (Leuven: Peeters, 2011), 143. 24 Dtn 7 ist implizit aufgrund des Verweises auf das Handeln an Sihon und Og im Blick, wird aber in Jos 11,12 explizit auf ein Gebot des Mose zurückgeführt, was einen expliziten Verweis auf Dtn 7 (so Knauf, Josua, 115), aber auch auf Dtn 20,15–18 darstellt. 25 Aufgrund der durchgehenden dtr Themen halte ich die Annahme einer Hinzufügung (so Rösel, Joshua, 156) wegen dieses Anachronismus’ für abwegig. Die determinierte Rede vom Altar Jhwhs setzt die Existenz von nur einem Heiligtum ebenso voraus wie die Auseinandersetzung um den Altar am Jordan in Jos 22,9–34. 26 Vgl. zu dieser Thematik Raik Heckl, Mose und Aaron als Beamte des Gottes Israels: Die Entstehung des biblischen Konzepts der Leviten, VTSup 190 (Brill: Leiden, 2022), 35. Spannend ist, dass M. Haran aufgrund von Jos 9,2–27 und im Anschluss an b. Yebam. 78b–79a die Netinim mit den Gibeonitern verbindet. Siehe Menahem Haran, „The Gibeonites, the Nethinim and the Sons of Solomons Servants,“ in VT 11 (1961): 159–169, 161.164–166. Ich danke L. Maskow für den Hinweis. Haran (ebd., 166) sieht auch den Zusammenhang mit Ez 44. Wenn sich Harans Überlegung verifizieren ließe, würde das erklären, warum man auf die Leviten mit ähnlichen Formulierungen verweist, es aber unterlässt, sie mit den Netinim zu identifizieren. Siehe dazu Heckl, Leviten, 281. Vgl. zur Diskussion über die Netinim weiter Christian Frevel, „‚… dann gehören die Leviten mir‘: Anmerkungen zum Zusammenhang von Num 3; 8
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Man hat über M. Noths Sicht hinaus versucht, literarkritisch eine ältere Erzählung zu rekonstruieren, die die Deuteronomismen nicht enthielt.27 Entscheidend ist aber, dass die List der Gibeoniten vor allem mit dem Verweis auf die fehlende Befragung Jhwhs als hermeneutischer Trick erkennbar ist, der eine abweichende Überlieferung mit den Regeln des Deuteronomiums in Einklang bringen soll. Die Strategie ist deswegen durchsichtig,28 weil der resultierende Bundesschluss damit gerechtfertigt wird, dass man die vermeintlichen Beweise der Gibeoniten akzeptiert, aber Jhwh nicht befragt habe (9,14). Meiner Ansicht nach spricht das für die Existenz einer Bundesschlusserzählung in einer verarbeiteten Quelle, in der das Vernichtungsgebot noch keine Rolle spielte, was sich bspw. auch in der Notiz zeigt, dass nur die Gibeoniten Frieden mit den Israeliten gemacht hätten (11,19). Eine Rekonstruktion der Vorlage wäre nur aussichtsreich, wenn die dtr Verfasser gezwungen gewesen wären, den Wortlaut in einem ergänzten Text für die Literarkritik erkennbar zu lassen. Man kann allerdings aufgrund der Argumentation und aufgrund von Spannungen Eckpunkte der Vorlage bestimmen: So ist die Ätiologie des Dienstes am Tempel ein Inhalt, der zur verarbeiteten Erzählung gehört haben dürfte.29 Auch die Unterwerfung der Gibeoniten mit dem Ausruf עבדיך אנחנוwird in der Vorlage eine Rolle gespielt haben. Dies dürfte mit der elliptischen Formulierung באו עבדיך לשם יהוה אלהיךin V. 9 zusammengehört haben. Schon M. Noth hat die weitreichende Formulierung wahrgenommen und daher paraphrasierend mit „auf den berühmten Namen Jahwes, deines Gottes, hin“30 übersetzt. In der Formulierung klingt die Absicht, Jhwh zu verehren, an (vgl. Jes 60,9; Ps 122,4), sodass sich die Einsetzung der Gibeoniten in den Tempeldienst von Anfang an andeutet (9,27). Dass dort die Zentralisationsformel gebraucht ist, gleichzeitig ein Gegensatz zu den nachexilischen Bestrebungen, Fremde aus dem Kult herauszuhalten besteht, spricht dafür, dass die dtr Erzählung mit einer älteren Praxis im Rahmen der verarbeiteten Überlieferung umgeht. Die unterschiedlichen literarkritischen Reduktionen des Kapitels haben die hermeneutische Strategie als solche wahrgenommen, doch abgesehen von dem auffälligen
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und 18,“ in Kulte, Priester, Rituale: Beiträge zu Kult und Kultkritik im Alten Testament und Alten Orient. FS T. Seidl, ed. Stephanie Ernst und Maria Häusl (St Ottilien: EOS Verlag, 2010), 133–158, 147. Volkmar Fritz, Das Buch Josua, HAT I, 7 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1994), 101, hat beispielsweise eine Fülle der Probleme an den deuteronomistischen Redaktor verwiesen, doch belässt er die List der Gibeoniten, die ohne den Bezug auf Dtn 20,15–18 unverständlich wäre. Anders als Fritz und auch Noth hat Knauf, Josua, 90–91, angenommen, dass ursprünglich nur Jos 9,3b, der Verweis auf den Fall Jerichos und die Unterwerfung sowie der Friedensschluss (9,6a.11b.15a) hinzugehört hätten. Eine solche Literarkritik streicht offenbar alles, was nicht passt, in der Annahme, dass die antiken Autoren immer ihre Vorlage zugänglich ließen. Knaufs Analyse missachtet aber gerade bei 9,15a, dass der Friedensschluss ebenfalls direkt mit dem Kriegsgesetz in Dtn 20 zusammenhängen dürfte. So Ederer, Josua, 159, nach dem der Trick der Gibeoniten „für die Lesenden somit offenkundig ist“, während dies „von den Israeliten in ihrer Antwortrede (Jos 9,7) zumindest als – durchaus plausible – Möglichkeit angenommen“ wird. An dieser Stelle kann ich nicht die Wundergeschichte der vom Himmel fallenden Steine und das Verweilen von Sonne und Mond behandeln (Jos 10,11–14), wofür auf die Quelle des ספר הישרverwiesen ist. Eine alte Tradition wird an der Stelle oft vermutet. Vgl. Knauf, Josua, 98; Kristin de Troyer, „‚Is this not Written in the Book of Jashar?‘: Extra-Biblical Books in the Bible.“ in The Land of Israel in Bible, History, and Theology: Studies in Honour of Ed Noort, ed. Jacques van Ruiten und J. Cornelis de Vos (Leiden, Boston: Brill, 2009), 50; Rösel, Joshua, 172. Noth, Josua, 52.
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Nebeneinander des Handelns Josuas und „der Fürsten der Gemeinde“31, ist das Kapitel inhaltlich nur insofern zu beanstanden, als die von den Gibeoniten gewählte List, die Kenntnis von Dtn 20 voraussetzt. Deutliche Spannungen ergeben sich dagegen im nachfolgenden Kontext. Warum der Bundesschluss, der die Verschonung der Gibeoniten festschreibt, zugleich auch den Beistand der Israeliten für sie sicherstellt, ist in der jetzigen Abfolge ebenso unklar wie die Feststellung, dass keine anderen Bewohner des Landes Frieden mit den Israeliten machten (11,19), obwohl jeweils in Kap. 10 und 11 die Vernichtung der Bevölkerung und der Vollzug des Bannes in den Blick genommen wird, wobei es sich hier wie in Dtn 2–3 um eine abschließend angefügte Thematik handeln muss.32 Ebenso eine Spannung stellt es dar, dass trotz der Argumentation mit Dtn 20 und 7 die Ätiologie auf eine Praxis am Tempel zielt. Dass trotz Dtn 7 und 20 die Gibeoniten eine kultische Bedeutung erhalten, widerspricht dem dtr Konzept von Dtn 7 massiv. Wie Dtn 1–3 behauptet Jos 9–12 eine vollständige Einnahme einer Reihe von Territorien. Wie die Konzeption von der Einzelerzählung über die List der Gibeoniten eingeführt wird, zeigt meiner Ansicht nach deutlich, dass wir ganz ähnlich wie in Dtn 2–3 den Versuch vor uns haben, das Ideal von Dtn 7, d.h. die vollständige Einnahme des Landes, mit einer abweichenden Überlieferung vereinbar zu machen. Eine weitere konzeptionelle Parallele ist, dass das aus Num 21,21 übernommene Friedensangebot mit Dtn 2,24– 25 hermeneutisch integriert wird, was parallel zu dem Bundesschluss mit den Gibeoniten aus der Vorlage von Jos 9 steht. Spannenderweise wird mit dem Konzept des Bundesschlusses in Jos 9 zugleich der Topos der Unterwerfung mit dem Aufruf zum Frieden rezipiert (Dtn 2,26b33). Gleichwohl versucht man in der Darstellung der Landnahme von Jos 9–12 dieses Ideal und dieses Konzept mit den Überlieferungen insofern zu verbinden, als man dennoch eine umfängliche Einnahme des Landes und einen unangefochtenen Besitz des Landes in der Josuazeit postuliert. Hier zeigt sich eine entscheidende Differenz zwischen dem dtr Deuteronomium und dem dtr Konzept der Landnahme in Jos 9–12. Während Dtn 1–3 Gesetze des Deuteronomiums in Gestalt des Mose vorab realisiert und als Moserede auch formal auf die Verkündigung des dtn Gesetzes zuläuft, entschuldigt Jos 9–12 „den Verbleib von Nichtisraeliten im Lande“34 und die Nichteinhaltung des Banngebotes und verfolgt die Absicht, die Besetzung des Landes zu dokumentieren und seine Legitimität zu sichern. Ein Widerspruch entsteht sowohl zu Jos 7, wo der Bann eine große Rolle spielt, aber auch dazu, dass der Vollzug des Bannes in Jos 11,13–15 im Bergland nicht vollzogen wird und dies dennoch angeblich dem Gotteswillen entspricht (V. 15). Obwohl beide Textkomplexe suchen, die Überlieferung mit dem dtr Ideal zu vereinbaren, gehen sie also unterschiedliche Wege. Meiner Ansicht nach sind das Argumente dafür, dass wir in Jos 9–12 eine von Dtn 1–3 abweichende Konzeption vor uns haben und nicht einen 31 Der Begriff נשיאי העדהkommt im Numeribuch in den spätesten Texten des Pentateuchs vor. Das kann auch dafür sprechen, dass man diese Terminologie hier noch einmal eingefügt hat. Vgl. z.B. Jos 17,4. 32 Das Fehlen der Thematik in Num 21,21–35 beweist dies für Dtn 2–3, und auch in Jos 10,1–15 fehlt das Thema zunächst. Vgl. Kang, Sa-Moon, Divine War in the Old Testament and in the Ancient Near East, BZAW 177 (Berlin: de Gruyter, 1989). 33 Ich vermute, dass dieses Motiv an beiden Stellen aufgrund der Rezeption von Dtn 20,10–18 verwendet wird. Vgl. dazu Heckl, Moses Vermächtnis, 423. 34 Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), 577.
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übergreifenden Werkzusammenhang, der einerseits Dtn 7 und Dtn 20 andererseits Dtn 1–3 einschließt. Das Ganze dient dazu, eine Landnahmeüberlieferung mit dem Ideal des Deuteronomiums zu verbinden und gleichzeitig eine erfolgreiche Einnahme des Landes und die unhinterfragte Legitimität des Landes angesichts der Auseinandersetzungen um die Großreiche der Assyrer und Babylonier und den Verlust von Territorien, Autonomie und Eigenständigkeit am Ende der Eisenzeit zu kompensieren.
4. Der Verweis der Gibeoniten auf das Deuteronomium Die Gibeoniten kommen nach Jos 9,6 in das Lager der Israeliten und bitten diese, einen Bund mit ihnen zu schließen. Sie unterwerfen sich gegenüber Josua mit dem Ausruf עבדיך אנחנו (V.8) und geben vor, aus einem fernen Land gekommen zu sein. Dies begründen sie mit dem Handeln Jhwhs in Ägypten und an den Königen Sihon und Og. Nach Aufdeckung der List rechtfertigen sie ihr Handeln außerdem mit ihrer Furcht, denn Jhwh habe Mose dazu aufgefordert, den Israeliten das ganze Land zu geben, und er werde die Einwohner des Landes vertilgen (V. 24). Die Argumentation unterscheidet sich vom Auftakt der Einheit, wo es heißt, dass die Gibeoniten gehört hätten, wie Josua mit Ai verfahren sei (V. 3). Die Reden der Gibeoniten beziehen sich auf Ereignisse, von denen sie nach der Logik des Textes nichts wissen können, es sei denn bei der vorangehenden Verlesung der Tora handelt es sich konzeptionell um eine Verlesung des Deuteronomiums oder des Pentateuchs. Dieser synchrone Aspekt wird in der LXX dadurch verstärkt, dass der Altarbau (MT: 8,30–35) direkt vor der Erwähnung der Gibeoniten platziert wird.35 Der Verweis auf das Handeln Jhwhs muss sich ungeachtet ihres anachronistischen Hintergrundwissens allerdings auf Dtn 2–3 beziehen. Mit dem Verweis auf die Aufforderung Jhwhs an Mose kommt das Deuteronomium in größerem Umfang in den Blick. Mose als Knecht Jhwhs begegnet dort nur in Dtn 34,5, worauf sich auch der häufige weitere Gebrauch dieses Epithetons im Josuabuch (1,1.13.15; 8,31.33 u.ö.) bezieht. Ein an Mose gerichteter Befehl, den Israeliten das Land zu geben, findet sich explizit nicht, wohl aber wird aufgrund des Verweises auf Sihon und Og die einleitende Jhwh-Rede (Dtn 1,6–8) mit der Zusage des Landes und die Gottesrede am Anfang der Landnahme Dtn 2,24–25 im Blick sein. Die Terminologie für die Vertreibung der Vorbevölkerung ולהשמיד אל כל ישבי הארץfindet sich nur in den späteren Glossierungen in Dtn 2,12.22, aber auch in Dtn 7,21–24. Außerdem ist, wie bereits festgestellt ein Bezug auf Dtn 20,15 und insgesamt auf das Kriegsgesetz vorhanden.36 Die in verschiedene Richtungen gehenden 35 M.E. dient die Platzierung des späten Abschnittes Jos 8,30–35 als Erklärung für das weitgehende Hintergrundwissen der Gibeoniten. Der Abschnitt spricht wie Dtn 27,4 (MT) vom עיבל, aber ohne die dort zum ursprünglichen Wortlaut הר גריזיםführenden Varianten. Zu dem Abschnitt und seiner ursprünglichen Platzierung siehe Raik Heckl, „Eine Kultstätte auf dem Ebal?: Josua 8,30–35 und der Streit mit Samaria um die Auslegung der Tora,“ ZDPV 129 (2013), 79–98, 95–96. 36 So Eckart Otto, Deuteronomium 1-11, HThKAT (Freiburg: Herder, 2012), 848. Die offenkundige Parallelität von Dtn 29 und Jos 9 ist wahrscheinlich durch eine spätere Bearbeitung des Deuteronomiums zustande gekommen. Vgl. Otto, ebd. Ederer, Josua, 161, vermutet zwar eine Anspielung auf Dtn 29, doch ist diese nicht einsichtig. Eher handelt es sich doch um eine Selbstverständlichkeit, dass die Ausstattung
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Rezeptionen zeigen, dass wir es mit einer literarischen Bezugnahme zu tun haben, die das Deuteronomium als abgeschlossenes Buch rezipiert. Da mit dem Hörensagen der Gibeoniten argumentiert wird und auf einer späteren Stufe die Verlesung der Tora auf dem Ebal damit verbunden wird, ist es ausgeschlossen, dass wir uns im dtr Zentrum des Josuabuches in einem direkten Werkzusammenhang mit dem noch im Entstehen begriffenen Deuteronomium befinden. All das bestätigt, dass das dtr Josuabuch in Jos 9–12 eine gegenüber Dtn 1–3 und dem Deuteronomium jüngere Komposition ist.
5. Resümee Ich habe in diesem Beitrag bewusst nicht den Weg eingeschlagen, nach Übereinstimmungen oder Abweichungen in Formulierungen im Deuteronomium und im Josuabuch sowie im Numeribuch zu suchen, um die Frage nach dem Verhältnis der Komplexe zu beantworten. Stattdessen habe ich zentrale Aspekte der Intention verglichen. Das Ergebnis ist eine überlieferungskritische Skizze, anhand derer sich aber eine Antwort auf die Eingangsfrage ergibt. Jos 9–12 verfolgt natürlich ebenso wie Dtn 7, aber auch Dtn 2–3 die Absicht, die Legitimität des Landnahmegebietes, des eroberten Gebietes, festzuhalten und den Besitz eines umfänglichen Territoriums am Anfang der Geschichte zu behaupten. Das ist der Grund, warum gegenüber der Vorlage die Bannthematik eingefügt ist. Doch wird in Dtn 2–3 die dtn Tora verwirklicht, während in Jos 9–12 die Nichteinhaltung der Tora entschuldigt wird und der Bann trotz eines Rückverweises auf die Tora nicht vollständig vollzogen wird. Es ergibt sich, dass das Josuabuch, wenngleich es ähnlich wie Dtn 2–3 ältere Überlieferungen verarbeitet, die sicher einst ebenso mit der Pentateuchüberlieferung verbunden waren (Hexateuchzusammenhang), als eigenständiges dtr Buch konzipiert ist. Offenkundig sucht man eine dem Resümee in Ri 1–2 entsprechende Vorstufe der Überlieferung zu einer triumphalen Landnahme auszuformulieren. Das Ergebnis steht in einer Spannung zu den Rekapitulationen der Landnahme, die wir am Anfang des Richterbuches finden, wie sie überlieferungskritisch wahrscheinlich im Hintergrund des uns vorliegenden Josuabuches gestanden haben.
und Verpflegung auf einer weiten Reise leiden, gegen die Dtn 29,4–5 setzt, dass Jhwh trotz der langen Reise dafür gesorgt habe, dass die Bekleidung gehalten hat.
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Contrasting Mentions of Zion in Asaph Psalms* Sophie Ramond
It has often been noted that the Asaph Psalms share both literary and thematic common characteristics. In this regard, Suzan Gillingham notes a specific use of the Zion tradition. She states that the Asaph Psalms, provide important insights into the way the Zion tradition has been edited into the collection: here we find a number of psalms which give indications of an origin in the Northern kingdom, and the accepted view is that the group as a whole was integrated into the Psalter of the Second Temple from an earlier northern provenance.1 She also observes that these psalms often echo national defeats and that the image of Zion falls within a military and warlike context, quite different from the worship-centred context of the Korah Psalms or the Psalms of Ascent. She discerns the presence of the Zion tradition in all the psalms of the collection, apart from Psalms 75 and 81; but she observes that the latter form a pair with texts in which this tradition is the most evident. Her conclusion is the following: “it is clear that, in the editing of the psalms at least, the Zion tradition is a central feature in this whole collection.”2 More specifically, a conflict appears throughout the collection between faith in God’s presence in Zion and the experience of divine judgment on Israel. These findings do not imply that the psalms were composed at the same time or in the same context. Nevertheless, they call for clarification regarding the said tradition and regarding the differentiated use of the reference to Zion in the Asaph Psalms. In the latter, Zion is explicitly named in Psalms 74, 76, and 78. These three texts will therefore be used as a case * 1
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It is a pleasure and an honor for me to write these considerations in homage to Reinhard Achenbach. They are a sign of my gratitude for his work, but also for his welcome and all the collaborations between our two institutions. S. Gillingham, “The Zion Tradition and the Editing of the Hebrew Psalter,” in Temple and Worship in Biblical Israel, ed. John Day, LHBOTS 422 (London: Bloomsbury, 2005), 308–341 (324). On the northern origin of the psalms see M.J. Buss, “The Psalms of Asaph and Korah,” JBL 82 (1963): 382–392; H.P. Nasuti, Tradition history and the psalms of Asaph, SBLDS 88 (Atlanta: Society of Biblical Literature, 1988); G.A. Rendsburg, Linguistic Evidence for the Northern Origin of Selected Psalms, SBLMS 43 (Atlanta: Society of Biblical Literature), 1990; K. Seybold, E. Zenger, Neue Wege der Psalmenforschung, Herders biblische Studien (Freiburg; Basel; Wien: Herder, 1995); M. Millard, Die Komposition des Psalters. Ein formgeschichtlicher Ansatz, FAT 9 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1994), 89– 103; M.D. Goulder, The Psalms of Asaph and the Pentateuch, JSOTS 233 (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1996); W. Houston, David, Asaph and the Mighty Works of God. Theme and Genre in the Psalm Collections, JSOT 20 (1995): 93–111; D.C. Mitchell, The Message of the Psalter, JSOTS 252 (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1997), 90–107. Gillingham, “Zion Tradition,” 325.
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study: the aim will be to analyse the references to Zion and their literary contexts, to put them in the context of the process of the successive revisions of each psalm, to try to define the purpose and function of each of them.
1. Protest for the Sacking of Zion Psalm 74 denounces the incomprehensible character of the divine action: YHWH has destroyed what he had established of old. He is called to remember the “congregation” which he has purchased ()קנה, the “tribe” of his “inheritance” that he has redeemed ()גאל, and Mount Zion where he has dwelt (v. 2). The mention of the Mount of Zion, in v. 2c, has received several explanations. According to Beat Weber in particular, it would belong to the primitive text and would emphasize that God established God’s dwelling there, but without originally referring to the ruin of Jerusalem. Verses 5–6, which depict the destruction of carved work and their smashing like the smashing of trees in a forest, as well as the plural of “( מועדmeeting places”) in v. 8, would refer to the destruction of Israel’s holy places by Assyrian troops in the second half of the eighth century and to the installation of Assyrian cult symbols (cf. 2 Kgs 17:29–33). Lastly, like Psalms 76 and 78, Psalm 74 should be attributed to northern kingdom circles who had taken refuge in Jerusalem. Originally deploring the fall of Samaria and the destruction of its religious sites, the psalm was readily suitable to a Judean rereading in the Neo-Babylonian period.3 Representing another point of view, Erich Zenger believes that the primitive psalm (without vv. 2c, 9c, 19–21) probably dates from the sixth century and echoes the shock experienced when the Temple of Jerusalem and other sanctuaries in Judah were destroyed. The reference to Zion in v. 2c, which breaks the bicola frame of the text, is interpreted as being a gloss that clarifies v. 2ab; it also plays a part in the composition of the Asaph psalms. Verses 19–21 would also be a secondary addition.4 The second hypothesis seems more likely. The description of vv. 9–11 matches well what happened under the Babylonian domination. It presupposes the burnt sanctuary, which is evidenced as having occurred during the events of 587 BCE. (cf. 2 Kgs 25:9). The plural of מועדin v. 8 can be understood as a reference to non-sacrificial Yahwist places of worship that still existed in the Neo-Babylonian period beside the temple,5 perhaps even to sites of ritual lamentation.6 As in Lam 2:6–7, 9 and Ezek 7:26, verse 9 mentions that there are no longer prophets and that no one can explain the misfortunes that befall the people nor envisage their termination. In this context, the verb “to reject” ()זנח, in the first verse, underlines the harshness of a situation experienced as the paradoxical revocation of the protection once offered by YHWH. This situation is, moreover, dramatized by the interruption of the lament: a proclamation of God’s deeds (vv. 12–17) opposes God’s victory over chaos and his enthronement as king over creation to the sacking of the land and the desecration of the temple. 3 B. Weber, “Zur Datierung der Asaph-Psalmen 74 und 79,” Bib 81 (2000): 521–532 (523–528, 530–531). 4 F.-L. Hossfeld and E. Zenger, Psalmen 101–150, Übersetzt und ausgelegt, HThKAT (Freiburg; Basel; Wien: Herder, 2008), 361. 5 A. Gelston, “A note on Psalm LXXIV 8,” VT 34 (1984): 82–87. 6 R. Albertz, Israel in Exile. The History and Literature of the Sixth Century B.C.E, Studies in Biblical Literature 3 (Leiden: Brill, 2004), 143.
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This resumption of the Canaanite tradition of the storm god’s kingship and of the battle against the sea, which underlies the representation of YHWH as a “baal,” could vouch for the use of northern originated traditions in Judean compositions. In addition, it is possible that these verses formed an independent Baalic veneration of the god of Israel and that they were subsequently integrated between vv. 1–11 and v. 18 of the psalm. Thus, v. 18 is ultimately a call that is consistent with the questioning of v. 11 (“Why do You withdraw your hand, even your right hand? […]”: “Remember this, O Lord, that the enemy has reviled, and a foolish people has spurned your name.” Verse 11 asks why God acts in such a way as to be, himself, affected by it; verse 18 emphasizes the blasphemy and outrage against God. Between the lamentation of vv. 1–11 and the call to God to save his people in vv. 18–23, the portrayal of the divine deeds supports the conviction that God could master the enemies who blaspheme and oppress God’s people and that God could restore the temporal and spatial order of the world that events, including the desecration of the sanctuary, have jeopardized. Another element of dramatization results from the fact that the first two verses of the psalm contain an allusion to the exodus and take up, in a very concise manner, a pattern present in Exodus 15: the battle of YHWH against enemies, followed by a solemn procession of the victorious people towards the holy mountain where the divinity lives. Actually, a number of terms can be found in Exodus 15, which relates that YHWH guides the people he has redeemed ( )גאלto his holy habitation (v. 13); it is the people he has purchased (קנה, v. 16) and that he is bringing to “the mountain his inheritance” (נחלה, v. 17). In the psalm, however, God seems to have left the mountain where he lived, since v. 3 invites him to turn his footsteps toward the “endless ruins,” Jerusalem destroyed, and toward the “sanctuary” that the enemy has damaged. The density of the complaint that this psalm makes heard in a situation of hardship still suffered suggests a dating in the sixth century. It depicts a world upside down (mundus inversus),7 in which the divine action remains unfathomable and incomprehensible. It questions the discord between a past in which Israel experienced divine benevolence – the exodus and procession to the holy mountain where God dwells – and a present of violence and chaos, the most troubling fact of which is the sacking of the temple. It thus depicts the suffering of those who saw first-hand the devastation of the land and the ruin of the temple. It seems to reflect a popular piety that blames God for the excess of disasters suffered. The hypothesis put forward here is that during the Neo-Babylonian period, in the midst of the turmoil, those who remained in the country demonstrated literary creativity for both political and religious purposes: at a distance from the strategies of the Judean scribes who saw history as based on a sin-punishment relationship, by refusing to submit to the dominant Deuteronomistic ideology, this psalm expresses the opinion of the “people of the land” who refused to bear the weight of a deemed undeserved guilt. Thus, it shows that, among the literate elite, protesters may have refused to rebuild national cohesion by submitting to the dominant ideology that justified the punitive divine action. In its own way, it thus contributed to ensuring the social cohesion of the groups that remained in Judah.8
7 A. Basson, “‘Only ruins remain’. Psalm 74 as a Case of Mundus Inversus,” OTE 20 (2007): 128–137. 8 S. Ramond, “La voix discordante du troisième livre du Psautier (Psaumes 74, 80, 89),” Bib 96 (2015): 39–66.
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Psalm 74 has, however, presumably been modified. Indeed, there is evidence that vv. 19– 21 are a later addition:9 the vocabulary used in these verses is absent from the rest of the psalm. The themes of the desecration of the land and of the sanctuary, of YHWH’s enemies, no longer appear. Instead, v. 20 introduces an unexpected reference to the covenant, with an unusual formulation ( )לברית חבטwhich seems to call God to respect his obligations. The idea that the land is full of violence suggests the fault of the people, as in Ezek 7:23; 8:17. If this is the case, the “oppressed,” the “poor,” and the “unfortunate” of vv. 19–20 are the victims not of foreign oppressors but of the powerful in Israel. The insertion of these verses probably corrects the overall tone of the psalm by making Israel bear some responsibility for the situation of chaos and violence and by introducing a penitential note fairly close to Deuteronomistic theology. In the second half of the sixth century or at the beginning of the fifth century, the addition of these verses could have aimed to devitalize the subversive and protest potential of the original text and to transform it into a “proto-form” of penitential prayer, in the words of Mark Boda.10 If this proposition is correct, in its rewriting, Psalm 74 would bear the mark of what William S. Morrow has called “the eclipse of a biblical tradition.”11 The sixth century BCE was certainly a fertile ground for the composition not only of national laments that responded to a social need, but also for hidden polemics.12 These polemics dealt with the representation of the divinity, the divinity’s way of governing the world, the nature of God’s relationship with the people, Israel’s link to its land…, so many questions coming from an emerging culture that was searching for its identity during a period of upheaval. Thereafter, the accusation of God that characterizes Psalm 74, but also Psalms 80 and 89, did not meet with the same broad approval as Deuteronomistic theology. For this reason, penitential prayers supplanted these psalms of collective lament. Finally, Psalm 74 preserves the trace of the integration and use of the northern acclamation to the Baal-God in a Judean composition, of the mark of polemics of the Neo-Babylonian period and of the eclipse of a tradition of which, despite everything, it gives a glimpse.
2. Evocation of the Sparing of Zion In Psalm 76, the reference to Zion appears in the first verses: “His tent is in Salem; his dwelling place also is in Zion. There He broke the flaming arrows, the shield and the sword and the weapons of war” (vv. 2–3). The terminology in v. 3 is, however, peculiar, with – on the one hand – the mention of שׁלםand – on the other hand – the use of terms that elsewhere designate the dens of wild animals ( סךin Jer 25:38; Ps 10:9; Job 38:40 and מענהin Amos 3:4; Nah 2:13; Ps 104:22; Job 37:8; 38:40). Various hypotheses have been put forward, such as: שׁלםwould refer to a northern locality13 and Judah and Zion would have replaced the 9 M. Emmendörffer, Der Ferne Gott. Eine Untersuchung der alttestamentlichen Volksklagelieder vor dem Hintergrund der mesopotamischen Literatur, FAT 21 (Tübingen: Mohr Siebeck, 1998), 98–99. 10 M.J. Boda, Praying the Tradition, BZAW 277 (Berlin: de Gruyter, 1999), 27. 11 W.S. Morrow, Protest against God. The Eclipse of a Biblical Tradition, Hebrew Bible Monographs 4 (Sheffield: Sheffield Phoenix Press), 2006. 12 Y. Amit, “The Sixth Century and the Growth of Hidden Polemics,” in Judah and the Judeans in the NeoBabylonian Period, ed. O. Lipschits, M. Oeming, (Winona Lake: Eisenbrauns, 2003), 135–151. 13 The LXX has ἐν εἰρήνῃ (“in peace”) for בשׁלם.
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mentions of Bethel and Garizim;14 the psalm would evoke, like Ps 78:56–68, a relocation of God’s dwelling place from Shiloh, near Salem, to Jerusalem.15 But these hypotheses, whose common point is to determine that Salem cannot designate Jerusalem, are based either on the presupposition that Psalms 73–83 constitute a coherent whole providing a cultic response to the Assyrian invasion or that Psalms 76 and 78 (which do not use the same vocabulary) have been artificially aligned. The curious designations of God’s dwelling place are, for their part, evaluated as an implicit use of the metaphor of the lion.16 In v. 5, the expression “from the mountains of prey”17 (from which God shines) would fall within the same semantic field because the term “( טרףprey”) is derived from a root that relates to plucking or tearing and is often associated with lion imagery (Gen 49:9; Num 23:24; Isa 5:29; 31:4; Ezek 19:3, 6; 22:25; Amos 3:4; Nah 2:13–14; Job 4:11; 38:39; Ps 104:21).18 Widely used in Egyptian and Assyrian literatures to describe kings19 or in ancient Near Eastern iconography to depict deities,20 this imagery influenced the biblical representation of God. In the psalm, the warlike representation of God fits in with the observation that “the god-as-lion image frequently occurs in the context of violent, militaristic/war imagery.”21 In a small literary composition, it can be useful to pay attention to all the images playing in the same register. In this psalm, the image of the lion is prolonged by the solar representation of God, and the association of these two images, well attested in Egyptian and Assyrian iconography,22 is part of the characterization of God as a warrior. The solar representation of God appears from the acclamation of v. 5: “( אתה נאורyou are resplendent”), which is echoed, by way of alliteration, in v. 8: “( אתה נוראyou are to be feared”); the same participle of ירא is taken up in v. 13, and v. 12 adds that we must fear ( )למראGod. All these attributes ultimately suggest how God makes himself known ( ;נודעv. 2). Therefore, שׁלםevoking the name of a solar Canaanite deity (Jerusalem originally meaning “foundation of Salem”) is perhaps to be read in connection with this solar representation of God. The two cola of v. 3 would be two parallel expressions, שׁלםreferring then to Jerusalem. The psalm draws the effects of God’s action on enemies who have become his prey. They have been plundered (hithpolel of ;שׁללcf. Isa 59:15) and are unable to fight (v. 6). The text 14 Goulder, Psalms of Asaph, 85–90. 15 R.R. Cargill, Melchizedek, King of Sodom. How Scribes Invented the Biblical Priest-King (Oxford: Oxford University Press, 2019), 50–61. 16 W.A.M. Beuken, “God’s presence in Salem. A Study of Psalm 76,” in Loven en geloven; opstellen van collega’s en medewerkers aangeboden aan Nic. H. Ridderbos ter gelegenheid van zijn vijf en twintigjarig ambtsjubileum als hoogleraar aan de Vrije Universiteit te Amsterdam, ed. N.H. Ridderbos (Amsterdam: Ton Bolland, 1975), 135–150 (139). 17 The LXX has ὀρέων αἰωνίων (“everlasting mountains”). It has been proposed to correct the MT and to read ( עדמהררי־עדBDB 383) instead of עדמהררי־טרףor to read טרף מאריה, “more majestic than a tearing lion” (HALOT 2,380). 18 B.A. Strawn, What is stronger than a lion? Leonine Image and Metaphor in the Hebrew Bible and the Ancient Near East, OBO 212 (Fribourg: Academic Press, 2005), 337–339. 19 B.A. Strawn, “Whence Leonine Yahweh? Iconography and the History of Israelite Religion,” in Images and Prophecy in the Ancient Eastern Mediterranean, ed. Martti Nissinen and Charles E. Carter (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2009), 51–85. 20 Strawn, What is stronger than a lion, 187–217. 21 Strawn, What is stronger than a lion, 207. 22 Hossfeld and Zenger, Psalmen 51–100, 393–394.
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qualifies them as “( אבירי לבstouthearted”), which on the one hand equates them with animals (cf. the use of אבירin Ps 22:13; 50:13; 68:31), and on the other hand as “( אנשׁי חילwarriors”), an expression which evokes a context of war. The emphasis is on divine power, with chariot and horse being cast into a deep sleep at the sole rebuke ( )גערהof God. Here the text is close to Isa 30:16–17 which envisages a warlike retreat in front of a threatening enemy. Thus, by using – at the linguistic level – representations of the deity common in the ancient Near East, the psalm suggests the warlike power of a God who fights enemies, who are depicted as both animals and warriors, and makes them retreat. Verses 6–7 underline the radical impotence into which the enemies are plunged: they “sank into sleep” ( )שׁנתם נמוand “were cast into a deep sleep” ()נרדם. As Corinna Körting points out, the parallel between Salem and Zion, as well as the use of the preposition ב, do not allow us to assume that the psalm’s perspective is that of the election of Zion as the place from which God exercises his power over the world.23 The focus of the text is rather that Salem / Zion is the place where God both has his den and acts. Verse 4 states that it was “there” ( )שׁמהthat God smashed the weapons of war, using a verb (שׁבר, “to break in pieces”) that extends the metaphor of the lion. The playing with alliteration between “( שׁםhis name”), ( שׁלםSalem), “( שׁמהthere”), reinforces the picture: like a lion, God has his lair in Salem / Zion and there he puts an end to the war, שׁלםintroducing a play on words with the adjective meaning “complete, safe.” This is how God makes Himself known in Judah / Israel and how he is, there, resplendent and majestic (v. 5). Verses 8–12 introduce a legal dimension and evoke God’s anger and a divine sentence (vv. 8–9). Then, the reaction to the divine judgment is evoked: “the earth feared and was still.” Verse 10b states that the divine judgment is “to save all the humble of the earth.” The mention of “all the humble of the earth” in a psalm that essentially depicts God’s warlike action and its effects on enemies is, however, curious. Perhaps, incidentally, v. 10a should be linked to v. 9, the temporal proposition then describing the silence of the earth. The very difficult and much discussed v. 1124 seems to state that human wrath [which God fights] glorifies God and that God girded himself with the rest of the wrath [he fights].25 Introduced by a כי, it provides an answer to the question in v. 8 (“who may stand in your presence?”) and explains why God is terrifying and why the earth is terrified (vv. 8–9). Verse 12 is – in many ways – curious: it is the only verse in the psalm with the tetragrammaton; the expression למוראis strange and is not used elsewhere in the Psalter. However, the double ל in the psalm seems to suggest that “( מוראterror”) qualifies God as in Isa 8:13;26 the verse alternates an imperative in the second person plural and a jussive in the first person; it is not clear to what the expression “( כל־סביביוall around him”) refers; although there is frequent reference to making and fulfilling vows in biblical texts, the expression שׁי יבלis only used elsewhere in Ps 68:30 and in Isa 18:7, where it refers to presents offered in tribute by foreign 23 C. Körting, Zion in den Psalmen, FAT 48 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2006), 115. Contra Hossfeld and Zenger, Psalmen 51–100, 394. 24 J.A. Emerton, A Neglected Solution of a Problem in Psalm Lxxvi 11, VT 24 (1974): 136–146; R.J. Tournay, “Psaume LXXVI, 11: Nouvel essai d’interpretation,” in Studia Hierosolymitana. In onore del Bellarmino Bagatti, ed. B. Bagatti et al., II. Studi esegetici 2 (Jerusalem: Franciscan Printing Press, 1976), 20–26. 25 The LXX has “for the wrath of man will confess thee and what remains of thought will make thee glad.” 26 The LXX contains τῷ φοβερῷ, which seems a reading of נוֹרא. ָ
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kings or nations in Jerusalem / Zion. In the continuity of v. 10, it is perhaps possible to read v. 12a as an exhortation addressed to the humble to fulfil their vows of thanksgiving; v. 12b would express the wish that the vanquished enemies bring a gift to the terrifying God27 Verse 13 would explain the divine judgment: that God terrifies the kings of the earth makes the terror experienced by the earth concrete. It thus extends the answer to the rhetorical question in v. 8: no one will stand before this terrifying God (same niphal participle of )ירא, for he reveals himself as such to the kings of the earth.28 Although the difficulties of the text make any attempt to reconstruct its redactional history conjectural, it is possible that vv. 10b* and 12b* are a secondary addition. If this hypothesis is correct, the primitive text of Psalm 76 elaborates the representation of a warrior God, whose military violence, put at the service of his justice, is exercised against mighty enemies. It is in Salem / Zion that God reveals himself as a divinity, making warrior enemies retreat. It is therefore probable that the early psalm dates from the Neo-Assyrian period. The addition of vv. 10b* and 12b* introduces, alongside the evocation of God’s victory in Zion, the perspective of God’s action on behalf of the humble of the land. It is perhaps the result of a late revision of the entire Psalter to make it a book of instruction and piety, by a group considering themselves as ענוים.29
3. Partisan debate about Zion The scenario unfolded by Psalm 78 is quite different. It opens with a prologue stating the desire to propose a divine teaching, then it unfolds into two historical recitations. The evocation of the election of Judah, Mount Zion, and David is the climax of the text and its final point (vv. 68–72). Several scholars agree, however, that the verses evoking the plagues of Egypt are a secondary addition, which takes up and develops the historical recitation of the first part of the psalm.30 The formula in v. 41 could signal the insertion of this new development by indicating that the fathers “again tempted God” ()ױשובו וינסו אל, where vv. 18 and 56 mention the same behavior without precision of repetition. The recitation of the wonders that God performed in the land of Egypt by splitting the sea for his people to pass through and leading them into the desert, as well as of the rebellion of the people and the correlative divine anger (vv. 12–37), would thus be interrupted by the recitation of the plagues of Egypt, of the people’s march through the desert to the “holy land” (vv. 41–55*). By juxtaposing 27 Seybold, “Jerusalem in the View of Psalm 76,” in The Centrality of Jerusalem. Historical Perspectives, ed. Marcel Poorthuis and Chana Safrai (Kampen: Kok Pharos, 1996), 7–14, suggests that למוראbe a reference to Moriah (cf. Gen 22:2). The psalm would invite the inhabitants of the North to sacrifice to Jerusalem. 28 But there are no hints that point to the prospect of a restoration of Zion. Contra Hossfeld and Zenger, Psalmen 101–150, 399. 29 C. Levin, “Das Gebetbuch der Gerechten: Literargeschichtliche Beobachtungen am Psalter,” ZThK 90 (1993): 355–381. 30 Hossfeld and Zenger, Psalmen 101–150, 423; M. Witte, “From Exodus to David – History and Historiography in Psalm 78,” in History and identity. How Israel’s Later Authors Viewed its Earlier History, ed. N. Calduch-Benages and J. Liesen, (Berlin; New York, 2006), 22–23; K. Weingart, “Juda als Sachwalter Israels Geschichtstheologie nach dem Ende des Nordreiches in Hos 13 und Ps 78,” ZAW 127 (2015): 440–458.
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these two recitations the chronological order of the facts reported is deconstructed. As the passage of the sea (vv. 13 and 53) and the sojourn in the desert (vv. 15–22, 23–31, and 52– 54) are recounted twice, the logics of display change: the first recitation (vv. 12–40) is built on an interplay of divine actions, of rebellions of the people and of divine punishments; the second (vv. 41–55*) follows the pattern, also present in Exodus 15 and Psalm 74, of God’s fight against the Egyptians, followed by a solemn procession of the victorious people to the holy mountain where the divinity dwells (vv. 44–51, 52–54).31 From v. 56 onwards the psalm resumes the account of the rebellions of the fathers (vv. 56–57), after God had driven out the nations before them (v. 55ab). The divine punishment is expressed in terms of the rejection of Israel (v. 59) and of the handing of the people over to their enemies (vv. 62–66). The text introduces, however, the theme of idolatry with the mention of high places and idols by which God is provoked (v. 58). Although there are no lexical links with other sections of the psalm, the theme of worship nevertheless connects v. 58 with vv. 54 and vv. 68–69: because of the people’s idolatry, God moves from one mountain to another, tackles the high places, and builds his sanctuary. More broadly, the text refers not only to the rejection of Israel (v. 59b) and to the forsaking of Shiloh (vv. 60–61) but also to the choice of the tribe of Judah, Mount Zion, and David (vv. 67–72). If the mention of the fact that God hears, is irritated (vv. 21, 59, 62), and rejects Israel fits well with the perspective of the first recitation, the theme of idolatry introduces a dimension that was absent in it. It is therefore possible that in its final part the psalm was also subject to a process of redactional reworking, at least within vv. 55c*, 58, 60–61*, 67–72*.32 Whereas, being consistent with the first recitation, the original text insists on the rebellion of the people and on the correlative – but this time definitive – divine punishment, the rewriting introduces, with the theme of idolatry, the contrasting lots of Shiloh and of the sanctuary built on Mount Zion. The evocation of God’s fight against the enemies and of the solemn procession of the victorious people towards the holy mountain is thus extended in the mention of the provocation of the people by idolatrous practices and of the subsequent divine punishment, God leaving the sanctuary of Shiloh. While Jeremiah 7, with which the psalm dialogues,33 warns that the fate of the temple of Jerusalem will be the same as that of the sanctuary of Shiloh, the psalm states that the fate of Jerusalem and Judah will be the same as that of Israel and Shiloh. If this hypothesis is correct, the first version of the psalm may have emerged after the fall of the Northern Kingdom in 722 or shortly after Sennacherib’s withdrawal of the siege of Jerusalem in 701. It narrates the wondrous works God has done, from the exodus to the coming into the land, that the ancestors did not recognize. Precisely because they did not trust in God’s wonders (v. 32), nor in God’s covenant (v. 37), nor even in God himself (v. 22), and because they rebelled (vv. 17, 40, 56) and put him to the test (vv. 18, 56), the punishment fell 31 R.J. Clifford, “In Zion and David a New Beginning. An Interpretation of Psalm 78,” in Traditions in Transformation. Turning Points in Biblical Faith, ed. B. Halpern and J.D. Levenson (Winona Lake: Eisenbrauns, 1981), 129–137. 32 Generally, studies set the addition in vv. 40–51 (and v. 55c; Hossfeld and E. Zenger, Psalmen 51–100, 425), in vv. 43–51 (and v. 55c; Witte, “From Exodus to David,” 24.), or even in vv. 43–55 (Weingart, “Juda als Sachwalter Israels,” 449–450). The underlying pattern of vv. 44–55, previously mentioned, pleads for the attribution of all these verses to the same hand. 33 A. Berlin, “Psalms and the Literature of Exile,” in The Book of Psalms. Composition and Reception, ed. P.W. Flint and P.D. Miller (Leiden; Boston: Brill, 2005), 81–82.
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upon them. The fall of the Northern Kingdom is depicted in vv. 59, 62–66, or at least in vv. 62–64, depending on whether vv. 65–66 is interpreted as indicating that the people themselves are struck as an enemy by God or as referring to the fact that Judah was spared. The latter is not explicitly named but it must learn from the past. The rewriting of the psalm evokes the plagues, through which God fights against the Egyptians, and a solemn procession of the victorious people towards the holy mountain. It hardens the divine punishment against the Northern Kingdom, henceforth more specifically named “tribe of Ephraim” or “tent of Joseph” (v. 67), and is undoubtedly responsible for the insertion of vv. 9–11 which, although they break the logic of the prologue (cf. the mention of “the ancestors” in vv. 8 and 12), serve as a junction between the two recitations. The rejection of the tribe of Ephraim and of the tent of Joseph is opposed to the election of the tribe of Judah, of Zion, and David. In the first recitation, v. 21 stated that God’s anger was kindled against Israel and Jacob, both names being here synonymous with Ephraim. It is then possible to conceive that Jacob-Israel whom God instructed (v. 5) and whom David is to shepherd (v. 71) also designates the non-Judean territory of the north. In other words, the last verses would affirm the choice of Judah, Zion, and David to govern all Israel, the Judean territory as well as the non-Judean territory. Now a similar perspective emerges in some prophetic texts (Hos 2:1–3; Isa 11:13; Jer 3:18), in which the reconciliation between Judah and Israel is linked with the return of Ephraim to God (Hos 3:5; Jer 3:12–13; 31:6, 18–21; Ezek 37:23– 24) and requires the recognition of David as sole ruler (Hos 3:4–5; Jer 23:5–6; 30:8–9; Ezek 37:15–28). Within the framework of rival attempts to elaborate Israelite identity,34 and in line with prophetic thinking, the rewriting of the psalm seeks to invite the population of the north to recognize Judah as heir of its traditions, to accept the temple of Jerusalem and the authority deriving from David. Eventually, at the end of the fourth or at the beginning of the third century, it builds an identity of Israel centered on Jerusalem, by including in its definition those who agree to join with its point of view. From a psalm that denounced the unfaithful actions of a people, whom God had then punished by the hand of the Assyrians, the text came to propose a rhetorical construction of the past with the aim of establishing a “dialogue,” at the least partisan, between Judeans and Samarians. The point being made here deserves to be compared with research on other corpora. Joshua 18 mentions the shrine of Shiloh and tells how Israel set up the tent of meeting there (cf. Ps 78:60). Joshua 24 is about the covenant pact established between God and the people at Shechem. But the LXX of this chapter contains Silo (Σηλω) where the MT names Sichem (vv. 1 and 25). Ville Mäkipelto demonstrates that, in this chapter, Sichem is without doubt “the earlier reading, which has been changed to Shiloh due to harmonization with Josh 18– 22 and anti-Samaritan motivations.”35 Josh 24:26 MT names the shrine of YHWH, which would have been linked to Shechem as in other texts of the Pentateuch (Gen 12:6–7; 30:20; 35:1–5). The mention of this sanctuary no longer appears in the LXX, which Mäkipelto explains as follows: 34 Cf. G.N. Knoppers, “Revisiting the Samarian Question in the Persian Period,” in Judah and the Judeans in the Persian Period, ed. O. Lipschits and M. Oeming (Winona Lake: Eisenbrauns, 2006), 265–290 (279). 35 V. Mäkipelto, Uncovering Ancient Editing. Documented Evidence of Changes in Joshua 24 and Related Texts, BZAW 513 (Berlin; Boston: de Gruyter, 2018), 71.
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A Hebrew editor could have wanted to make sure that the important chapter was not used to legitimize the holy place of the Samaritans in Sichem. Such a removal would have most probably taken place already in the editing of the Hebrew Vorlage of Old Greek36 Josh 24. This possible motivation for an omission is strengthened by the reading present in SamJosh that the stone was put “in the place of the sanctuary of YHWH at the foot of Mt. Gerizim”. In this way, SamJosh illustrates that imagining a sanctuary at Shechem was indeed easily, through a minor addition, transformable into a Samaritan reading.37 In sum, the scene described in Josh 24 would have been originally located in the sanctuary of Shechem, then would have been rewritten to take place in Shiloh. The MT would preserve the oldest version of Josh 24, while OG would reflect an anti-Samaritan correction, probably already existing in its Vorlage. If this hypothesis is correct, it tends to confirm the partisan debate underlying the rewriting of Psalm 78. Thus, Psalms 74 and 78 take up a pattern present in Exodus 15, the struggle of YHWH against enemies, followed by a solemn procession of the victorious people towards the holy mountain where the divinity dwells. But the first, while it perhaps incorporates a originally northern acclamation to the Baal God, is a Judean composition of which the primitive text disagrees with the dominant theology of the Neo-Babylonian period. Produced by a literate elite who had remained in the land, it refused to rebuild national cohesion by adhering to the dominant ideology which justified the divine way of acting. Its rewriting (the addition of vv. 19–21) attenuates its dimension of protestation against God. The polemic of Psalm 78 is different: if the primitive text denounced the unfaithful action of the people and their punishment by the Assyrian attack, its rewriting made it be part, however, at the end of the fourth or at the beginning of the third century, of rival attempts to elaborate Israel’s identity. It urges the people of the north to recognize Judah as heir to its traditions, to accept the temple of Jerusalem and the authority referring to David. In this respect, the psalm is part of a polemic of which the books of the former and latter prophets bear traces. It is possible that, thus composed, it was part of partisan Judean writings, which insisted on the central place of Zion, or possibly were reacting to the pro-Samaritan features of the Pentateuch. It is ill-founded to interpret Psalm 76 in light of Psalm 78, and to see in it the attempt of Asaphite circles to assure the inhabitants of the ancient Northern Kingdom of the legitimacy of the cult of Zion and of Judah’s claim to govern all Israel.38 The primitive text of Psalm 76, which elaborates the representation of a warrior God fighting mighty enemies, seems to refer to the fact that Zion was spared in Neo-Assyrian times. The prospect of divine action on behalf of the humble of the land (the addition of vv. 10b* and 12b*) could be linked to a late revision marking the entire Psalter. In any case, the dominant representation of this text is that of a solar deity, a God-as-lion acting in Zion.
36 The assumed original wording of the LXX. 37 Mäkipelto, Uncovering Ancient Editing, 111–112. 38 Contra B. Weber, “‘In Salem wurde sein Versteck...’. Psalm 76 im Licht literarischer und historischer Kontexte neu gelesen,” BN 97 (1999): 85–103 (93–94).
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Ultimately, from the last quarter of the eighth century to the beginning of the third century BCE, the functions played by the reference to Zion in these texts cannot be reduced into one another: if in its oldest form, it elaborates the representation of a warrior deity repelling enemies; when it evokes the divine election it participates in the drama of protests against the sacking of the temple of Jerusalem; or it serves partisan debates.
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The High Priest in the Septuagint: A Reexamination Christophe Nihan
1. Introduction Over the last two decades several studies have been devoted to the high priest in the Hebrew Bible,1 but no comparable treatment appears to exist for this figure in the Greek translations of the Bible (LXX). Occasionally, however, scholars have argued that these translations had introduced additional references to the high priest in various passages; yet the nature, purpose, and coherence of such additions remain largely unclear. In several instances, these additional references to the high priest in LXX have been interpreted as implying a critique of this figure, which could reflect conflicts surrounding this institution in the Hasmonean period. Another approach has been offered by van der Kooij in a number of essays devoted to the social, political, and religious realities reflected by the Greek translations, where he argues that LXX would evince a trend to elevate the high priest to the rank of main leader of the Jewish community.2 In particular, van der Kooij observes that this conclusion is supported by other traditions about the Jews written in Greek from approximately the same period, such as the Letter of Aristeas, or the so-called “Jewish excerpt” in Book 40 of Diodorus Siculus’s Library (traditionally ascribed to Hecateus of Abdera, although this ascription has been growingly questioned).
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See, especially, Deborah Rooke, Zadok’s Heirs: The Role and Development of the High Priesthood in Ancient Israel, Oxford Theological Monographs (Oxford: University Press, 2000); James C. VanderKam, From Joshua to Caiaphas: High Priests after the Exile (Minneapolis: Fortress Press; Assen: Van Gorcum, 2004); Maria Brutti, The Development of the High Priesthood during the pre-Hasmonean Period. History, Ideology, Theology, JSJSup 108 (Leiden; Boston: Brill, 2006). While they occasionally refer to passages in LXX concerning the high priests of Jerusalem, none of these monographs discuss the evidence provided by the Greek translations of the Hebrew Bible specifically. See, especially, Arie van der Kooij, “The Greek Bible and Jewish Concepts of Royal Priesthood and Priestly Monarchy,” in Jewish Perspectives on Hellenistic Rulers, ed. Tessa Rajak et al. (Los Angeles; London: University of California Press, 2007), 255–264; Arie van der Kooij, “The Septuagint of the Pentateuch,” in Law, Prophets, and Wisdom: On the Provenance of Translators and their Books in the Septuagint Version, ed. Johann Cook and Arie van der Kooij (Leuven; Paris; Walpole, Ma: Peeters, 2012), 15–62; Arie van der Kooij, “The Pentateuch in Greek and the Authorities of the Jews,” in TextCritical and Hermeneutical Studies in the Septuagint, ed. Johann Cook and Hans-Josef Stipp (Leiden/Boston: Brill, 2012), 3–20. For further references to scholars who identify additional references to the high priest in LXX, see below.
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The topic is of importance, despite the fact that it has not received much attention beyond the circle of LXX specialists. Especially for the Early Hellenistic period, sources about the high priests are few,3 so that the possibility of identifying further information about this institution in the Greek translations of the Hebrew Bible in LXX cannot be neglected. While a full treatment of this topic is beyond the scope of the present essay, and would arguably require a monograph, the following discussion will focus on some key passages in LXX where additional references to the high priest have been proposed by scholars, specifically in the books of Exodus, Isaiah, and Ezekiel (in this order). Although such discussion can only be provisional, we will see that it already forces us to complicate the picture previously advanced by scholars like van der Kooij. It is both a pleasure and an honor to dedicate this short study to my friend and colleague Reinhard Achenbach, whose own work on the high priest in the book of Numbers has been instrumental for scholarship on that book.4 Before I begin, some methodological comments are in order. In essence, the following discussion relies on comparing documented variants in the Greek manuscripts of the Hebrew Bible which may potentially concern the high priest. Such variants, however, usually remain very difficult to evaluate. In order to make a case that a new reference to the high priest has been introduced in the Greek translation, several assumptions need to be made. In particular, it must be assumed that the variant is intentional – not merely the result of a textual accident – and that the variant was introduced at the stage of the Greek translation and not previously found in the Hebrew Vorlage used by the Greek translator. Furthermore, because of the considerable complexities of the Greek tradition itself for any given book, even in those cases where it does appear possible to prove these points, it remains to be seen at which precise stage of the Greek translation and its transmission in Antiquity the reference to the high priest was introduced. Finally, a further issue concerns whether the variant identified can be connected to other significant alterations and/or revisions in the Greek tradition in which it was introduced or whether it represents an isolated phenomenon. These methodological issues should not be taken to mean that the search for variants concerning the high priest in the LXX is irrelevant or pointless. But they do already indicate that this discussion requires considerable methodological caution before any comprehensive argument can be made.
2. Exodus 23 LXX: The High Priest as an Angel? We may begin with the case of Exod 23:20–23, because it exemplarily illustrates in a sense some of the methodological issues raised by this discussion. The passage is located at the beginning of the lengthy paraphrase that concludes the Covenant Code, Exod 23:20–33, and introduces the figure of the Angel ( )מלאךwho is sent by the deity to lead Israel out of the
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Besides the so-called “Jewish excerpt” in Diodorus, Library 40.3.1–8 (apud Photius) as well as the Letter of Aristeas, the main sources consist of Josephus’s Antiquities, especially Book 12, Ben Sira, as well as 1 and 2 Maccabees. For a helpful review of these and other sources, see, especially, Brutti, Development, 3–55. See Reinhard Achenbach, Die Vollendung der Tora: Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZABR 3 (Wiesbaden: Harassowitz, 2003), esp. 130–172 and 443–628.
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wilderness. The Greek text follows the edition of Göttingen by John Wevers,5 except for the long plus in v. 22, reproduced here within brackets, which follows the Vaticanus (B) and to which I will return below.6 The Hebrew text follows the Masoretic Text (MT), which is itself close to the Samaritan Pentateuch (Smr) except for some variants.7 The translation of the Greek text follows NETS, with some modifications. Exod 23:20–23 MT (≃ Smr) הנה אנכי שׁלח מלאך לפניך לשׁמרך בדרך20 ולהביאך אל־המקום אשׁר הכנתי׃ השׁמר מפניו ושׁמע בקלו אל־תמר בו21 כי לא ישׂא לפשׁעכם כי שׁמי בקרבו׃ כי אם־שׁמע תשׁמע בקלו ועשׂית כל אשׁר22 אדבר ואיבתי את־איביך וצרתי את־צרריך׃
כי־ילך מלאכי לפניך והביאך אל־האמרי23 והחתי והפרזי והכנעני החוי והיבוסי והכחדתיו׃
20 I am sending an Angel before you, to guard you on the way 5
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Exod 23:20–23 LXX 20 Καὶ ἰδοὺ ἐγὼ ἀποστέλλω τὸν ἄγγελόν μου πρὸ προσώπου σου ἵνα φυλάξῃ σε ἐν τῇ ὁδῷ ὅπως εἰσαγάγῃ σε εἰς τὴν γῆν ἣν ἡτοίμασά σοι 21 πρόσεχε σεαυτῷ καὶ εἰσάκουε αὐτοῦ καὶ μὴ ἀπείθει αὐτῷ οὐ γὰρ μὴ ὑποστείληταί σε τὸ γὰρ ὄνομά μού ἐστιν ἐπ᾿ αὐτῷ 22 ἐὰν ἀκοῇ ἀκούσῃς τῆς φωνῆς μου καὶ ποιήσῃς πάντα ὅσα ἂν εἴπω σοι [καὶ φυλάξητε τὴν διαθήκην μου ἔσεσθέ μοι λαὸς περιούσιος ἀπὸ πάντων τῶν ἐθνῶν ἐμὴ γάρ ἐστιν πᾶσα ἡ γῆ ὑμεῖς δὲ ἔσεσθέ μοι βασίλειον ἱεράτευμα καὶ ἔθνος ἅγιον ταῦτα τὰ ῥήματα ἐρεῖς τοῖς υἱοῖς Ισραηλ Ἐὰν ἀκοῇ ἀκούσητε τῆς φωνῆς μου καὶ ποιήσῃς πάντα, ὅσα ἂν εἴπω σοι] ἐχθρεύσω τοῖς ἐχθροῖς σου καὶ ἀντικείσομαι τοῖς ἀντικειμένοις σοι 23 πορεύσεται γὰρ ὁ ἄγγελός μου ἡγούμενός σου καὶ εἰσάξει σε πρὸς τὸν ᾽Αμορραῖον καὶ Χετταῖον καὶ Φερεζαῖον καὶ Χαναναῖον καὶ Γεργεσαῖον καὶ Ευαῖον καὶ Ιεβουσαῖον, καὶ ἐκτρίψω αὐτούς 20 And look, I am sending my Angel before you, to guard you on the way
John W. Wevers, ed., Exodus, Septuaginta Vetus Testamentum Graecum 2/1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1991), 271–273. While some decisions in this reconstruction are debatable, such as the choice to read the singular form ἀκούσῃς at the beginning of v. 22 instead of the plural ἀκούσητε attested by B and other manuscripts, in general those decisions do not impact the issue at hand here. For the discussion of those variants that have a direct impact on the present discussion, such as the long plus in v. 22 corresponding to Exod 19:5–6, see below. For further variants within the Greek tradition for this passage, see Wevers, Exodus, 272. For the present discussion, it is of particular interest to note that some Samaritan manuscripts, such as MS 6, preserve a reading with an additional pronominal suffix in v. 20 (מלכי, “my Angel”) and 22 (קולי, “my voice”), thereby highlighting the role of the deity. On this phenomenon, which is also reflected in the LXX of Exod 23, see below.
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and to bring you to the place that I have prepared. 21 Take heed on his account and listen to his voice; do not rebel against him, for he will not bear your transgression, for my Name is in him. 22 But if you listen attentively to his voice and do all that I say,
then I will be an enemy to your enemies and an adversary to your adversaries. 23 Indeed, my Angel will go before you, and bring you to the Amorites, the Hittites, the Perizzites, the Canaanites, the Hivites, and the Jebusites, and I will exterminate them.
and bring you into the land that prepared for you. 21 Mind yourself, listen to him and do not disobey him: for he will not hold back from you, for my Name is upon him. 22 But if you listen attentively to my voice and do all that I tell you, [and keep my covenant, you shall be to me a people special above all nations, for the whole earth is mine; and you shall be to me a royal priesthood, and a holy nation: these words you shall say to the sons of Israel. But if you listen attentively to my voice and do all that I tell you,] then I will be an enemy to your enemies and will resist those who resist you. 23 Indeed, my Angel will go and lead you, bringing you to the Amorite, the Hittite, the Perizzite, the Canaanite, the Gergesite, the Hivite, and the Jebusite, and I will destroy them.
Before I turn to the figure of the Angel, a few remarks regarding the Greek translation are in order. As is the case with the Greek translation of Exodus in general, the LXX of Exod 23:20– 23, which is primarily represented here by Vaticanus (B), is a relatively literal translation of the Hebrew preserved (with minor variants) in MT and Smr, which presents nonetheless some differences. Some of these differences are clearly exegetical in nature: they apparently seek to clarify the text, and were presumably introduced by the translator. At the end of v. 20, LXX renders אל־המקום אשׁר הכנתwith εἰς τὴν γῆν, ἣν ἡτοίμασά σοι, presumably so as to make clear that the “place” toward which the angel will lead the Israelites is none other than the promised “land.” In v. 21, the Hebrew expression השׁמר מפניו, which is a hapax in the Hebrew Bible, is translated into Greek with πρόσεχε σεαυτῷ, an idiom which usually renders the more common expression השׁמר לךin Hebrew.8 In v. 22, the protasis ועשׂית כל אשׁר אדבר, “if you do all that I say,” is replaced with the clause καὶ ποιήσῃς πάντα, ὅσα ἂν ἐντείλωμαί σοι, “if you do all that I command you,” presumably in order to emphasize the formal aspect of the divine imperative. Another set of exegetical changes found in LXX appears to reflect a reinterpretation of the roles of the angel and the deity, to which I will return in more detail below. Finally, a more substantial variant is preserved in several manuscripts at v. 22. This variant comprises a long plus, which corresponds almost verbatim to Exod 19:5–6. The scribal technique consisting in expanding a text of the Torah by another passage from the same 8
See Gen 24:6; Exod 10:28; 19:22; 34:12, and on this Arie van der Kooij, “LXX Exodus 23 and the Figure of the High Priest,” in On Stone and Scroll, Essays in Honour of Graham Ivor Davies, ed. James K. Aitken, Katherine J. Dell and Brian A. Mastin (Berlin; Boston: de Gruyter, 2011), 541–542.
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Torah is well documented, especially in the Dead Sea Scrolls.9 What remains unclear, however, is at which stage that plus was introduced in the Greek text of Exod 23. In an essay from 2011, van der Kooij argued that LXX has subtly, but nonetheless decisively, reinterpreted the figure of the angel, in order to suggest identification of this figure with the high priest of Jerusalem.10 His argument is based on various observations, which may be summarized as follows.11 (1) The main argument for identifying the angel of Exod 23 with the high priest has to do with the statement found in v. 21 LXX, according to which the divine Name is “upon” the angel (ἐπ᾿ αὐτῷ), and no longer “within him” ( )בקרבוas in the Hebrew. For van der Kooij, this refers to the tetragrammaton inscribed on the golden diadem worn by the high priest according to Exod 28:36 and 39:30 (MT).12 (2) According to van der Kooij, other variants in Exod 23 LXX can be understood as referring to the high priest. In particular, in v. 21 the rendering “for he will not hold back from you” (οὐ γὰρ μὴ ὑποστείληταί σε) for MT “for he will not bear (i.e., forgive) your transgression” indicates that the angel is assigned a role of judge in the Greek translation, which is compatible with other traditions representing the high priest of Jerusalem with judicial functions.13 Likewise, van der Kooij also remarks that in v. 23 the Hebrew idiom הלך+ לפניך, “to walk before” or “in front of,” is rendered in Greek with a participle used substantively, ἡγούμενός σου, “the one who leads you” or “your leader,” which would refer to a human rather than a divine leader.14 (3) Finally, the long plus preserved in v. 22 LXX reproduces Exod 19:5–6 and its concept of a “kingdom of priests” (βασίλειον ἱεράτευμα), which would point to the fact that the Greek translator interpreted Exod 23 in a theocratic perspective.15 What are we to make of these arguments? In principle, the intriguing interpretation advanced by van der Kooij is possible. There is some evidence suggesting that, in the Second Temple period, eminent priestly figures, including the high priest, could be identified as “messengers” (the basic meaning of Greek ἄγγελός) of the deity.16 Some Jewish traditions, such as T. Levi 4:2–6, also indicate that eminent priestly figures could be identified with angelic beings, although such traditions are arguably fewer than it has sometimes been
9 For this phenomenon in the “expansionist” versions of the Pentateuch in Qumran, such as the so-called pre-Samaritan versions, see, e.g., Sidnie White Crawford, “The Pentateuch as Found in the Pre-Samaritan Texts and 4QReworked Pentateuch,” in Changes in Scripture, Rewriting and Interpreting Authoritative Traditions in the Second Temple Period, ed. Hanne von Weissenberg, Juha Pakkala, and Marko Marttila (Berlin; New York, de Gruyter, 2011), 123–136. 10 Van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 537–549; compare also van der Kooij, “Pentateuch in Greek,” 13–17. 11 The following summary is based on van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 541–546. 12 Van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 543–545. 13 Van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 545, where he primarily refers to passages where the high priest and/or priests in general are described as experts in the interpretation of the Law; cf. Sir 45:17; Jub. 31:15; Let.Aris. §§ 128–169. 14 Van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 545–546. 15 Van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 546–548. 16 See, especially, Diodorus 40.3.5. in the case of the high priest of Jerusalem. This notion is already found in Mal 2:7, although the reference there is to the “priest” in general rather than the high priest specifically (who is never mentioned in that book).
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claimed. On closer examination, however, there are several issues with the proposed identification of the angel with the high priest in Exod 23 LXX. To begin with, the main argument adduced by van der Kooij, regarding the phrase τὸ γὰρ ὄνομά μού ἐστιν ἐπ᾿ αὐτῷ, “for my Name is upon him” in v. 21 LXX, is inconclusive in my view. Van der Kooij is correct that the notion that the high priest “bears” upon himself the divine name is presented in several Greek Jewish traditions of the Second Temple period as a key feature of the high priest, especially in the Letter of Aristeas17 as well as in Josephus.18 Nonetheless, it is dubious that the phrase “my name is upon him” (τὸ ὄνομά μού ἐστιν ἐπ᾿ αὐτῷ) in Exod 23:21 LXX may effectively refer to the high priest. To begin with, this expression is never used in LXX, or even for that matter in other Greek traditions, to designate the high priest of Jerusalem. Moreover, van der Kooij seems to have missed the meaning of this expression in the context of Exod 23 LXX. Elsewhere in the Septuagint, the expression τὸ ὄνομά (with YHWH as subject) + ἐπί + object is used on several occasions to render the Hebrew idiom “to call ( )קראthe Name ( )שםof YHWH upon ( )עלX,” where X generally stands for an entity such as the temple of Jerusalem, the city, or its inhabitants.19 In the Hebrew Bible, this expression always means that the corresponding entity is placed under the authority and protection of YHWH, the deity being represented by its name. The same notion seems to be operative in Exod 23:21 LXX, and accounts for the use of this idiom in the Greek translation at this place. With the expression “my name is upon him,” the Greek translator emphasizes the fact that the angel himself is subordinated to YHWH and is protected by him. As such, the fact that the divine name is “upon” the angel in LXX rather than “within him” as in MT and Smr may be related to a broader trend in Exod 23 LXX. As already observed by John Wevers, the Greek translation of the paraenesis concluding the Covenant Code in 23:20–33 shows a tendency to separate more carefully between the deity and the angel, as well as to highlight the subordination of the latter to the former.20 In v. 20, where the angel is introduced for the first time, he is not presented simply as “an angel” ( )מלאךas in MT but as “my angel” (τὸν ἄγγελόν μου). In v. 21, where MT asserts that the angel will “bear” ( )נשאthe transgressions of the people, presumably meaning in this context that he will forgive them, LXX states on the contrary that he will “not hold back from you” (οὐ γὰρ μὴ ὑποστείληταί σε): as such, the idea that the angel would have himself the power to forgive the transgressions of the Israelites has been removed in LXX. In v. 22, MT states that the people must listen to “his voice” ()קלו, which in context appears to refer to the voice of the angel; but LXX changes the suffixed pronoun to the first person singular, “my voice” (τῆς ἐμῆς φωνῆς), now referring to the voice of the deity. A portion of these changes, which tend to highlight the subordination of the angel to YHWH, are also reflected in Smr,21 which means that they are part of a more general trend in the early Jewish reception of Exod 23. The 17 Let. Aris. § 98. 18 See B.J. 5, 235; Ant. 3, 178. 19 With קראniphal, see 2 Sam 6:2; 12:28; 1 Kgs 8:43; Isa 4:1; 63:19; Jer 7:10, 11, 14, 30; 14:9; 15:16; 25:29 MT (= 32:29 LXX); 32:34 MT (= 39:34 LXX); 34:15 MT (= 41:15 LXX); Amos 9:12; Dan 9:18, 19; 2 Chr 6:33; 7:14. With the verb שים, see Num 6:27. In LXX, see also Pss. Sol. 9:9. 20 John W. Wevers, Notes on the Greek Text of Exodus, SBLSCS 30 (Atlanta: Scholars Press, 1990), 370– 371; see further Hans Ausloos, “The Septuagint Version of Exod 23:20–33: A ‘Deuteronomist’ at Work?,” JNSL 22 (1996): 89–106, here 101–102. 21 See above, note 7.
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transformation of the expression “my name is within him” into “my name is upon him” highlights the distinction between the angel and the name and arguably reflects the same trend: in the Greek version, the name is not a propriety of the angel; instead, the angel is placed under the name’s authority and protection.22 Interestingly enough, the Greek translation of Exodus takes place in a historical context characterized by the emergence of speculations on the identity of the divine name.23 In this regard, the LXX of Exod 23 seems to differ from other Jewish traditions like the Enoch traditions, which identify the divine name with one of the angels in the heavenly court, such as Michael,24 Yahoel,25 or Metatron.26 In any event, the previous discussion clearly implies that there is no ground to assume that the expression “my name is upon him” in Exod 23:21 LXX was chosen by the Greek translator because it referred to the high priest of Jerusalem. Consequently, the whole idea that the LXX of Exod 23 would interpret the angel leading the people into the wilderness as a reference to the high priest is unwarranted. The other arguments raised by van der Kooij are likewise questionable. The fact that LXX renders MT “for he will not bear (i.e., forgive) your transgression” with “for he will not hold back from you” (οὐ γὰρ μὴ ὑποστείληταί σε) in v. 21 is unlikely to point to the high priest. The basic meaning of the verb ὑποστέλλω is “to withdraw,” “to hold back” (see, typically, Hag 1:10 LXX). As noted above, the use of this form in v. 21 must presumably be related to the trend in LXX to restrict the role of the angel, who no longer has the power and authority to “forgive” the Israelites, as is the case in MT. The exact meaning of the phrase “he will not hold back from you” in LXX is somewhat elusive. Presumably, it implies that the angel will judge the people for their transgressions,27 a conclusion which is also supported by the use of this verb in Deut 1:17, the law on judges; in another passage, Job 13:8 LXX, this verb is similarly used in a judicial context. However, in Deut 1:16–19 there is no indication that the judges appointed by Moses are priests (on the contrary, they appear to represent a discrete elite group or class); and conversely, the verb ὑποστέλλω does not occur in any of the passages in LXX which refer to the judicial function of priests, such as Deut 17:8–13 for instance. As such, it seems rather difficult to conclude that the use of this verb in Exod 23:21 LXX should be taken as a reference to the high priest. The argument based on the use of the participial form ἡγούμενός in v. 23 is likewise problematic. It is correct that, outside of the book of Exodus, when this form is used as a substantive it usually denotes a human leader, especially a royal figure, and that it does not appear to be used for divine agents. However, van der Kooij errs in assuming that the participial form in Exod 23:23 LXX corresponds to a substantive; the syntax of the Greek in this passage suggests that it is more likely to be a verbal form meaning “leading you,” or even “preceding you,” as noted by some authors. A. Le Boulluec and P. Sandevoir conclude from this that the form ἡγούμενός in 23:23 LXX is exegetical and serves to explicate the description found in 22 Both Wevers, Notes, 370, and Ausloos, “Septuagint Version,” 102, interpret the expression in the same way, as reflecting the general tendency in LXX to restrict the role of the angel. 23 See on this for example Charles A. Gieschen, Angelomorphic Christology. Antecedents and Early Evidence, AGJU 42 (Leiden: Brill, 1998), 76–78. 24 1 En. 69:15. 25 Apoc. Ab. 10:3–8. 26 3 En. 12:5–13:1. 27 Wevers, Notes, 370.
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the Hebrew.28 Furthermore, the same construction occurs a little further in the Greek translation of Exod 23, at 23:27, where the subject of the verb ἡγέομαι is this time φόβος, referring here to the “terror” which is sent by the deity to defeat the peoples in the land and which represents again a nonhuman, divine agent. Therefore, the argument according to which the participle form ἡγούμενός in 23:23 LXX must necessarily refer to a human agent – such as the high priest of Jerusalem – is erroneous and must be rejected. What remains, therefore, is the argument based on the long plus found in v. 22, which reproduces Exod 19:5–6 and its reference to the “kingdom of priests” (βασίλειον ἱεράτευμα). As a matter of fact, this might be the strongest argument for the view that LXX would project a “theocratic” perspective (in the sense in which Josephus uses this term29) into the text of Exod 23. On closer examination, however, there are two issues with this assumption. First, we do not know when, precisely, this plus was introduced into the Greek text. Wevers considered that this plus did not belong to the Old Greek, although it must have been introduced before Origen’s Hexapla.30 Van der Kooij is correct that Wevers’s arguments to this effect are not very strong, but this observation in and of itself does not yet prove that the passage is original to the Greek translation of Exodus (as van der Kooij himself fairly admits). Furthermore, it is also far from certain that the Greek translator of Exodus understood the phrase βασίλειον ἱεράτευμα in 19:5–6 as referring to a theocratic government of sorts.31 All that can be said with some certainty is that the scribe (or the copyist) who introduced this plus was seeking to cross-reference Exod 19:5–6 and Exod 23:20–23, but it remains difficult to determine what goal he was pursuing in doing so.32 Moreover, and perhaps even more importantly, there is no connection between the reference to Exod 19:5–6 and the angel himself. On the contrary, the beginning of v. 22 in the Greek is characterized by the transformation of the reference to the “voice” of the angel (thus MT) into the voice of the deity (“my voice,” thus LXX), with the result that the angel has completely been removed from v. 22, the immediate context for the plus preserved in the Greek tradition. This observation contradicts the assumption that the plus would be meant to emphasize the role of the angel.33 All in all, the notion that the reference to Exod 19 in the plus found in 23:22 LXX should support the identification of the angel with the high priest from the time of the earliest translation of Exodus into Greek seems unwarranted: we do not know when this plus was introduced (although, as 28 Alain Le Boulluec and Pierre Sandevoir, La Bible d’Alexandrie. 2. L’Exode (Paris: Éditions du Cerf, 1989), 240. 29 C. Ap. 2.165. For a recent and helpful commentary on this complex passage in the broader context of Josephus’s latest work, see John M.G. Barclay, Against Apion. Translation and Commentary, FJTC 10 (Leiden; Boston: Brill, 2007), 261–263. 30 For a justification of this position, see John W. Wevers, Text History of the Greek Exodus, MSU 21(Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1992), 246. 31 See on this for instance the remarks by William Horbury, “Monarchy and Messianism in the Greek Pentateuch,” in The Septuagint and Messianism, ed. Michael A. Knibb (Leuven; Paris; Walpole, Ma: Peeters, 2006), 79–128, esp. 91. 32 Among other possibilities, the repetition of Exod 19:5–6 in Exod 23 may have been motivated by the fact that the two passages are introduced by the same protasis, which is only found once otherwise in Exodus, at Exod 15:26. 33 Cf. van der Kooij, “LXX Exodus 23,” 540–541, who merely refers to the mention of the angel in v. 20– 23, but does not discuss the fact that the role of the angel has been diminished in the Greek text, nor that the angel has been omitted from v. 22.
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noted above, it is rather unlikely to be original), nor the exact reasons for cross-connecting Exod 23 with Exod 19.
3. The High Priesthood in Isaiah LXX: On Isa 22:15–25 and 9:5–6(6–7) We may now turn to the Greek translation of Isaiah, which has played an important role in the discussion on the high priest in LXX. Especially van der Kooij has argued in several publications that the Greek translator of Isaiah would manifest a significant interest for the priesthood in general and the high priest in particular, and would have introduced various references to the priestly institutions in the translation of the book. One text, in particular, plays a key role in van der Kooij’s argument regarding the LXX of Isaiah, namely, Isa 22:15– 25. This text follows the oracle against Jerusalem in Isa 22:1–14, and consists of two main parts: first, an oracle against Shebna (Somnas in Greek), in vv. 15–19; and second, an oracle in favor of Eliakim, in vv. 20–25. The Greek text reproduced here follows the Göttingen edition by Joseph Ziegler.34 The translation of MT is adapted (with substantial changes) from the NRSV and NETS, the translation of the Greek from NETS. Isa 22:15–19 MT כה אמר אדני יהוה צבאות15 לך־בא אל־הסכן הזה על־שׁבנא אשׁר על־הבית׃ מה־לך פה ומי לך פה כי־חצבת לך פה קבר16 חצבי מרום קברו חקקי בסלע משׁכן לו׃ הנה יהוה מטלטלך טלטלה גבר ועטך עטה׃17 צנוף יצנפך צנפה כדור אל־ארץ רחבת ידים18 שׁמה תמות ושׁמה מרכבות כבודך קלון בית אדניך׃ והדפתיך ממצבך וממעמדך יהרסך׃19 15 Thus says the Lord, YHWH-of-hosts: Come, go to this steward, to Shebna, who is over the palace, and say to him: 16 What (rights) do you have here, and who belongs to you, that you have cut out a tomb here for yourself,
Isa 22:15–19 LXX 15 Τάδε λέγει κύριος σαβαωθ Πορεύου εἰς τὸ παστοφόριον πρὸς Σομναν τὸν ταμίαν καὶ εἰπὸν αὐτῷ 16 Τί σὺ ὧδε καὶ τί σοί ἐστιν ὧδε ὅτι ἐλατόμησας σεαυτῷ ὧδε μνημεῖον καὶ ἐποίησας σεαυτῷ ἐν ὑψηλῷ μνημεῖον καὶ ἔγραψας σεαυτῷ ἐν πέτρᾳ σκηνήν 17 ἰδοὺ δὴ κύριος σαβαωθ ἐκβαλεῖ καὶ ἐκτρίψει ἄνδρα καὶ ἀφελεῖ τὴν στολήν σου 18 καὶ τὸν στέφανόν σου τὸν ἔνδοξον καὶ ῥίψει σε εἰς χώραν μεγάλην καὶ ἀμέτρητον καὶ ἐκεῖ ἀποθανῇ καὶ θήσει τὸ ἅρμα σου τὸ καλὸν εἰς ἀτιμίαν καὶ τὸν οἶκον τοῦ ἄρχοντός σου εἰς καταπάτημα 19 καὶ ἀφαιρεθήσῃ ἐκ τῆς οἰκονομίας σου καὶ ἐκ τῆς στάσεώς σου 15 This is what the Lord Sabaoth says: Go into the chamber of the temple, to Somnas the treasurer, and say to him: 16 Why are you here? What do you have here, that you have cut out a tomb here for yourself, and made for yourself a tomb on the height, and inscribed a tent for yourself
34 Joseph Ziegler, Isaias, Septuaginta Vetus Testamentum Graecum 14 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1939), 198–200.
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cutting a tomb on the height, and carving a habitation for yourself in the rock? 17 Look! YHWH is about to throw you far away violently, o man! He will wrap you up tightly, 18 He will wind you up tightly into a ball and throw you into a wide, open land. There you shall die, and there your splendid chariots shall lie – disgrace to your master’s house!35 19 I will remove you from your office, he (YHWH) will throw you down from your position.
in the rock? 17 Look now, the Lord Sabaoth will cast forth and wipe out a man, and he will take away your robe 18 and your glorious crown, and throw you into a great and immeasurable land, and you will die there; and he will bring your fair chariot to disgrace, and the house of your ruler to something which is trampled down, 19 and you shall be removed from your office and from your position.
Isaiah LXX is a relatively nonliteral translation into Greek, which often comprises substantial exegetical elements.36 This is also the case for Isa 22:15–19 LXX, which contains several variants when compared to MT. A portion of these variants concerns the way in which Shebna (or Somnas) is characterized in the Greek. In MT, Shebna is introduced as the steward of the palace: הסכן )…( אשׁר על־הבית, literally: “the official (…) who is over (= responsible for) the house (= palace)” (v. 15b). The prophet Isaiah receives the order to go to him and announce him that he has been “thrown away” (v. 17) by YHWH, who will replace him by with Eliakim.37 The description of this figure is somewhat different in the Greek, and confers to Somnas new features, some of which are more distinctively priestly. According to v. 15 LXX, Somnas is present in the παστοφόριον, a Greek term which typically refers to a chamber in the temple.38 And in the Greek version of vv. 17–18, he wears a “dress” (στολή) as well as a “crown” (στέφανος). Both terms are absent from the Hebrew, and the relationship between the two texts is admittedly somewhat unclear at this place. It is probable that the Greek text did not read the word צנוףat the beginning of v. 18, as in MT, but צניף, as in 1QIsaa, and that the translator understood this term to refer to some kind of diadem or a crown.39 At any rate, 35 It is unclear whether the last clause of this verse refers to Shebna or to the chariots (as LXX already understood). The translation I have adopted here is as close to the Hebrew as possible and allows for both readings. 36 For this characterization of Isaiah LXX, see already Isaac L. Seeligmann, The Septuagint Version of Isaiah: A Discussion of its Problems, JEOL (Leiden: Brill, 1948); and more recently for instance Ronald L. Troxel, LXX-Isaiah as Translation and Interpretation: The Strategies of the Translator of the Septuagint of Isaiah, JSJSup 124 (Leiden; Boston: Brill, 2008). 37 On Eliakim and Shebna in Isaiah, see further Isa 36:3, 11, 22; and 37:2. 38 See, especially, in LXX Jer 42:24; 1 Chr 9:26; 23:28; and more generally on this term in Greek the detailed study by Anna Passoni Dell’Acqua, “Ricerche sulla versione dei LXX e i papiri. I. Pastophorion,” Aeg 61 (1981): 171–211. 39 For this suggestion, see already Arie van der Kooij, Die alten Textzeugen des Jesajabuches: Ein Beitrag zur Textgeschichte des Alten Testaments, OBO 35 (Fribourg: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1981), 57. For צניףas a head ornament, such as a diadem or a turban, compare Isa 3:23; 62:3; Zech 3:5; Job 29:14 (van der Kooij, Textzeugen des Jesajabuches, 57 erroneously adds to this list Lev 16:4). Although the Hebrew term צניףis usually not rendered in LXX with the Greek word στέφανος, there is at least one occurrence, in Sir 40:4, where this equivalence appears to be documented.
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it is clear that the terms στολή and στέφανος refer to ceremonial items, which can be worn by both royal and priestly figures.40 In the latter case (i.e., when worn by priestly figures), it is always the high priest of Jerusalem, specifically, who wears these items.41 Because the Greek translator locates Somnas in one of the chambers of the temple, it is likely that he identifies him in this case with the high priest of Jerusalem, as van der Kooij, in particular, has argued in various publications.42 This conclusion is supported by the existence of a late antique tradition, already identified by van der Kooij, which is reflected in Eusebius’s commentary on Isaiah as well as in the Targum of Isaiah,43 and which explicitly identifies Shebna/Somnas with a high priest. Furthermore, it is of interest to observe that the terms στολή and στέφανος are repeated in the Greek translation of the next oracle (Isa 22:20–25), which concerns Eliakim this time. In effect, where MT promises to Eliakim that he will wear the “tunic” and the “belt” previously worn by Shebna (Isa 22:21), LXX preserves a different reading: Isa 22:21a MT והלבשׁתיו כתנתך ואבנטך אחזקנו וממשׁלתך אתן בידו I will clothe him (Eliakim) with your robe and bind your sash on him, I will fortify him, and I will place your power in his hand.
Isa 22:21a LXX καὶ ἐνδύσω αὐτὸν τὴν στολήν σου καὶ τὸν στέφανόν σου δώσω αὐτῷ καὶ τὸ κράτος καὶ τὴν οἰκονομίαν σου δώσω εἰς τὰς χεῖρας αὐτοῦ I will clothe him (Eliakim) with your dress, I will give him your crown, and I will place in his hands your power as well as your office.
Isaiah LXX thus reads στολή and στέφανος where MT has כתנתand אבנט. The translation of the Hebrew term כתנת, “tunic,” with the Greek word στολή is already unusual in and of itself, as כתנתis elsewhere typically rendered with χιτών.44 Furthermore, it is impossible that the term στέφανος, which refers in Greek to a crown, was chosen to render the Hebrew אבנט, “belt,” as their meaning is entirely different. It seems clear, therefore, that the Greek does not 40 Arie van der Kooij, “Wie heisst der Messias? Zu Jes 9,5 in den alten griechischen Versionen,” in Vergegenwärtigung des Alten Testaments. Beiträge zur biblischen Hermeneutik. Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag, ed. Christoph Bultmann et al. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2002), 161, argues that διάδημα would be the term used for the crown of kings, whereas στέφανος would be typically used for high priests. He is correct that the Greek term διάδημα seems to be exclusively used for royal figures in LXX. Yet the opposite does not appear to be true, and in several cases it seems clear that στέφανος must in fact designate a royal rather than a priestly crown; see, e.g., 2 Sam 12:30; 1 Chron 20:2; Esth 8:15, etc. Nonetheless, the point remains that στέφανος can also be used for the head ornament of high priests; see the references provided in the following note. 41 See, especially, Sir 45:10–12; 50:11–12, and see further 1 Macc 10:20; 13:37; 2 Macc 14:4. 42 For this suggestion, see already Arie van der Kooij, Textzeugen des Jesajabuches, 57: “Die Wortwahl in LXX Jes 22,15.17 weist somit darauf hin, dass der Autor der LXX Jes Sebna/Somnas als einen Hohepriester betrachtet” (emphasis original); further van der Kooij, “Messias,” 156–169, here 161–62. 43 Van der Kooij, “Messias,” 161–62. Additionally, van der Kooij argues that the term ταμίας, which is used in 22:15 LXX to describe Somnas, would denote a temple treasurer specifically. Although this meaning is possible in Greek, it is unclear whether this is the sense of ταμίας in the context of 22:15 or whether the term means more generally “treasurer” (for instance of the palace) or even “steward.” 44 Cf. Gen 3:21; 37:3, 23, 31, 32, 33; Exod 28:4, 39, 40; 29:5.8; 39:27; 40:14; Lev 8:7.13; 10:5; 16,4, etc.
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render the Hebrew literally at this place, but deliberately replaces the word pair כתנת and אבנטin MT with στολή and στέφανος. Presumably, this is in order to connect the oracle about Eliakim more closely with the previous oracle, since the same word pair στολή/στέφανος was already used in vv. 17–18 to describe the attributes of Shebna/Somnas. This conclusion accounts for a further change introduced in the Greek: according to v. 21 LXX, Somnas will not only receive the “power” or the authority of Somnas ( =ממשלהκράτος), but also his οἰκονομία; the word was already used by the Greek to translate the Hebrew term ( מצבwith the meaning of “office”) used for Shebna in v. 19, and therefore furthers the connection between the two oracles in the Greek. The exegetical tendency underlying these changes in the Greek is manifest: since Eliakim will replace Somnas, he will receive both the attributes and the administrative functions of the latter. Furthermore, as already observed by van der Kooij, since LXX already identifies Somnas with the high priest of Jerusalem, it is likely that the conference of Somnas’s attributes and functions to Eliakim indicates that the latter is likewise identified as a high priestly figure in the LXX of Isaiah.45 Van der Kooij’s argument, however, goes further. Since the sequel of the oracle in v. 22 announces that Eliakim will receive the “glory” of David (cf. καὶ δώσω τὴν δόξαν Δαυιδ αὐτῷ),46 he concludes that the LXX of Isaiah reinterprets Eliakim as a figure combining royal and priestly offices. On the basis of this reading, van der Kooij suggests that the messianic figure announced in Isa 9:5–6 (9:6–7 in Greek) should be identified as a high priest with a royal status.47 Isa 9:5–6 MT
כי ילד ילד לנו5 בן נתן לנו ותהי המשרה על שכמו ויקרא שמו פלא יועץ אל גבור אביעד שר שלום׃ למרבה המשרה ולשלום אין קץ6 על כסא דוד ועל ממלכתו להכין אתה ולסעדה במשפט ובצדקה מעתה ועד עולם קנאת יהוה צבאות תעשה זאת׃
Isa 9:6–7 LXX48 6 ὅτι παιδίον ἐγεννήθη ἡμῖν υἱὸς καὶ ἐδόθη ἡμῖν οὗ ἡ ἀρχὴ ἐγενήθη ἐπὶ τοῦ ὤμου αὐτοῦ καὶ καλεῖται τὸ ὄνομα αὐτοῦ Μεγάλης βουλῆς ἄγγελος ἐγὼ γὰρ ἄξω εἰρήνην ἐπὶ τοὺς ἄρχοντας εἰρήνην καὶ ὑγίειαν αὐτῷ 7 μεγάλη ἡ ἀρχὴ αὐτοῦ καὶ τῆς εἰρήνης αὐτοῦ οὐκ ἔστιν ὅριον ἐπὶ τὸν θρόνον Δαυιδ καὶ τὴν βασιλείαν αὐτοῦ κατορθῶσαι αὐτὴν καὶ ἀντιλαβέσθαι αὐτῆς ἐν δικαιοσύνῃ καὶ ἐν κρίματι
45 Van der Kooij, Textzeugen des Jesajabuches, 59–60; further van der Kooij, “Messias,” 160–161. 46 This appears to be an explicative rendering of MT’s somewhat cryptic formulation in v. 22a, ונתתי מפתח בית דוד על שכמו, “I will place the key to the house of David upon his shoulder.” Compare, e.g., Rodrigo F. de Sousa, Eschatology and Messianism in LXX Isaiah 1–12, LHBOTS 516 (New York/London: T&T Clark, 2010), 109 n. 26. 47 Van der Kooij, “Messias,” 160–163; compare also van der Kooij, “Zur Theologie des Jesajabuches in der Septuaginta,” in Theologische Probleme der Septuaginta und der hellenistischen Hermeneutik, ed. Henning G. Reventlow, Veröffentlichungen der wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 11(Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1997), 9–25. 48 Greek text according to Ziegler, Isaias, 155–156. The translation from the Greek is adapted from NETS.
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The High Priest in the Septuagint
5 For a child was born to us, a son was given to us, and the dominion shall be upon his shoulder; and one will call his name “Wonderful Counsellor, Mighty God, Everlasting Father, Prince of Peace.” 6 There shall be no limit to the increase of his dominion and of peace; (He will rule) upon David’s throne and over David’s kingdom, establishing it and strengthening it by promoting justice and fairness, from this time forward and forevermore. The zeal of Yhwh-of-Hosts will do this.
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ἀπὸ τοῦ νῦν καὶ εἰς τὸν αἰῶνα χρόνον ὁ ζῆλος κυρίου σαβαωθ ποιήσει ταῦτα 6 For a child was born to us, a son was given to us, on whose shoulder the rule was established; and his name is called “Messenger of Great Counsel,” “for I will bring peace upon the rulers, peace and health to him.” 7 His sovereignty is great, and to his peace there is no boundary; (he will rule) upon the throne of David and his kingdom, to establish it and to sustain it with righteousness and with judgment from now and until eternity. The zeal of the Lord Sabaoth will do these things
In this reading, the messianism of Isaiah would be reinterpreted in the Greek tradition as a priestly messianism specifically, and the oracle of Isa 22:20–25 would be a key text supporting this reinterpretation within the Greek tradition. This is a provocative and ambitious reading of Isaiah LXX, but it is not without difficulties, and has already been criticized, in particular by Rodrigo Fernando de Sousa in his monograph on “eschatology” and “messianism” in the Greek translation of Isaiah.49 To begin with, van der Kooij assumes that the reading of Isa 22:20–25 LXX would reflect a broader tradition within Second Temple Judaism, according to which the descendants of Aaron should be identified with the Davidic kings. However, the existence of this tradition is dubious, and its identification depends mainly on one passage of Sirach, 45:23–25, which in my opinion cannot bear the weight of this argument.50 The fact that Sir 45:23–25 parallels the line of Phinehas (cf. Num 25) with the line of David does not allow for the conclusion that the two lines were considered identical; more likely, it is a way to emphasize the point that both royal and priestly lines (and not the royal line alone) are constitutive for the identity of the Jewish community. Moreover, the notion that the royal or messianic figure announced in 9:5–6(6–7) would be identified with a high priest in the Greek text of Isaiah is not obvious. Van der Kooij lays much weight on the fact that the expression פלא יועץ אל גבור, “Wonderful Counsellor, Mighty God,” is rendered in Greek with Μεγάλης βουλῆς ἄγγελος, “Messenger of Great Counsel.” 49 See de Sousa, Eschatology and Messianism, 105–118. 50 Van der Kooij’s argument follows here the argument previously proposed by Pancratius C. Beentjes, Jesus Sirach en Tenach (Nieuwegein: Selbstverlag, 1981), 190. For a different explanation of this passage, see for example Saul Olyan, “Ben Sira’s Relationship to the Priesthood,” HTR 80 (1987): 261–286. Compare also the critical comments by de Sousa, Eschatology and Messianism, 109–110.
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However, the term ἄγγελος itself does not point automatically to a high priest.51 As noted by de Sousa, the fact that ἄγγελος appears to correspond to Hebrew אל, a term normally used for superhuman (“divine”) beings in the Hebrew Bible,52 indicates that the figure announced in this oracle is not a mere human being but a heavenly one.53 Furthermore, while van der Kooij’s interpretation assumes the interconnection between 9:5–6(6–7) and 22:20–25, the two passages do not appear to be lexically connected. The only connection in MT is the reference to the Davidic rule being placed “on the shoulder” (cf. 9:5; 22:22), but precisely, this expression has been changed in the Greek rendering of the second passage, so that the reference to the “shoulder” has actually been omitted from 22:22 LXX (!). Based on these findings, there does not seem to be any cogent reason to assume that the royal figure described in Isa 9:6–7 LXX is a high priest, nor that this oracle shares any privileged connection with 22:20–25 in the Greek translation of Isaiah.54 All in all, therefore, van der Kooij’s assumption that the oracle in Isa 9:5–6(6–7) LXX would refer to a priestly figure remains possible in principle, but apart from the use of the term ἄγγελος (which, in itself, is not decisive), there does not appear to be positive evidence to support this view. Van der Kooij is arguably right that Isa 22:20–25 LXX introduces the perspective of a dual figure enjoying both royal and priestly roles. But the question of whether, and to what extent, this perspective is pursued elsewhere in Isaiah LXX remains open and would deserve a renewed discussion. To conclude: It is very likely that the Greek translation of Isa 22 seeks to identify the official Shebna/Somnas with the high priest of Jerusalem. Furthermore, in light of the emphasis placed by LXX on the notion that Eliakim will take over both the attributes and the functions of Somnas, it is also likely that the Greek translator likewise identified this figure with a high priest of Jerusalem. In this case, therefore, we have evidence for the introduction of new references to high priests in the LXX of Isaiah, as already argued by van der Kooij. While the reference to Somnas is exclusively polemical, the description of Eliakim is more ambivalent: as in MT already, Eliakim temporarily receives Davidic rulership (v. 22), but is eventually rejected by the deity (v. 25). In this regard, it appears that the Greek rendering of Isa 22:15–25 accomplishes two things simultaneously: it uses the polemics against Shebna and Eliakim against the high priests of its time; and it introduces the concept of a figure combining priestly and royal roles. Such reuse of oracular materials is not exceptional in Isaiah LXX, but corresponds on the contrary to the actualizing perspective which has long been identified as a defining feature of this translation.55 Furthermore, if one accepts the thesis that the translation of Isaiah took place in Egypt in the second century BCE, under the 51 See van der Kooij, “Messias,” 161–162, referring to Mal 2:7 and Diodorus, Library, 40.3.5. 52 As argued by various authors, it is likely that ἄγγελος corresponds to Hebrew אל, whereas βουλή would correspond to יועץ. On this issue, see, e.g., van der Kooij, “Theologie,” 17; further de Sousa, Eschatology and Messianism, 107. 53 Cf. de Sousa, Eschatology and Messianism, 113–118. Admittedly, the reference to the birth of a child at the beginning of the oracle (9:6 LXX) complicates the matter. 54 Van der Kooij, “Messias,” 163, further suggests identifying the “messenger” with the Teacher of Righteousness in Qumran. However, this remains largely speculative. For a discussion pointing out the difficulties with this view, see already de Sousa, Eschatology and Messianism, 110–113. 55 See, especially, Arie van der Kooij, “Isaiah in the Septuagint,” in Writing and Reading the Scroll of Isaiah. Studies of an Interpretive Tradition. Volume Two, ed. Craig C. Broyles and Craig A. Evans (Leiden; New York; Köln: Brill, 1997), 513–529.
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patronage of the Oniads after their expulsion from Jerusalem,56 the critique of the high priest which surfaces in Isa 22 LXX makes perfect sense: Somnas and, presumably, Eliakim are apparently identified here with the high priests who replaced the Oniad dynasty in Jerusalem. More precisely, van der Kooij already argued that Somnas would stand for Menelaus in Isaiah LXX, whereas Eliakim would have been logically identified with his successor Alkimos.57 While this identification must necessarily remain hypothetical, there is much to be said for this interpretation. On the other hand, and contrary to van der Kooij’s assumption, however, it is unlikely that this conception is continued in Isa 9:6–7 LXX. There is no evidence that 9:6–7 LXX refers to a priestly messiah, and moreover there is no obvious connection between this text and 22:20–25. While this conclusion does not yet preclude the possibility that other passages in Isaiah LXX are consonant with the conception of a priestly messiah introduced in 22:20–25, in the present state of the discussion the question of whether other passages in Isaiah LXX document a form of “priestly” messianism comparable to Isa 22:20–25 must remain open.
4. Ezekiel 21:30–32(25–27) and 28:11–19 Besides the Greek translation of Isaiah, the LXX of Ezekiel is another prophetic book in which additional references to the high priest haver occasionally been identified. In the limits of the present essay, I will discuss two key passages in particular, Ezek 21:30–32 MT (21:25– 27 LXX) and 28:11–19.
4.1. Ezekiel 21:30–32(25–27)58 Ezek 21:30–32 MT ואתה חלל רשׁע נשׂיא ישׂראל30 אשׁר־בא יומו בעת עון קץ׃
Ezek 21:25–27 LXX 25 καὶ σύ βέβηλε ἄνομε ἀφηγούμενε τοῦ Ισραηλ οὗ ἥκει ἡ ἡμέρα ἐν καιρῷ ἀδικίας πέρας 26 τάδε λέγει κύριος
56 For this view, see already Seeligmann, Septuagint Version, 85–86 and passim; and more recently the detailed discussion offered by van der Kooij, “Septuagint of Isaiah,” on this issue. Furthermore, indirect evidence for this theory is also provided by Josephus and the Rabbis, who connect Onias’s temple with Isaiah’s prophecy: see b.Men. 109b; y. Yoma 6.3, and on this for instance Meron M. Piotrkowski, Priests in Exile: The History of the Temple of Onias and Its Community in the Hellenistic Period, SJ 106 (Berlin: de Gruyter, 2019), 336 with n. 40. 57 Cf. van der Kooij, Textzeugen des Jesajabuches, 58 and 60. 58 Greek text according to Joseph Ziegler, Ezechiel, Seputaginta Vetus Testamentum Graecum 16 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1952), 184–185, except for the readings ἀφείλου and ἐπέθου in v. 26. Ziegler reads ἀφελου and ἀπόθου, as in MT, but this reading is actually supported by a minority of manuscripts only. For the priority of the readings ἀφείλου and ἐπέθου, see Johan Lust, “Messianism and Septuagint,” in Congress Volume. Salamanca 1983, ed. John A. Emerton (Leiden: Brill, 1985), 174–191, here 187. On the significance of this variant, see the discussion below. The translation of the Greek text is partly based on John W. Olley, Ezekiel. A Commentary based on Iezekiēl in Codex Vaticanus, SCS (Leiden/Boston: Brill, 2009), 129–130.
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כה אמר אדני יהוה31 הסיר המצנפת והרים העטרה זאת לא־זאת השׁפלה הגבה והגבה השׁפיל׃ עוה עוה עוה אשׂימנה32 גם־זאת לא היה עד־בא אשׁר־לו המשׁפט ונתתיו׃
30 As for you, sacrilegious and evil prince of Israel, your day arrives when the crime is at its end. 31 Thus speaks the Lord YHWH: Everything will change: what is low will be elevated, what is elevated will be brought low. 32 I will make a ruin of it, a terrible ruin; there will be none like it, until he comes whose right it is; to him I will give it.
Ἀφείλου τὴν κίδαριν καὶ ἐπέθου τὸν στέφανον αὕτη οὐ τοιαύτη ἔσται ἐταπείνωσας τὸ ὑψηλὸν καὶ τὸ ταπεινὸν ὕψωσας 27 Ἀδικίαν ἀδικίαν θήσομαι αὐτήν, οὐδ᾿ αὕτη59 τοιαύτη ἔσται, ἕως οὗ ἔλθῃ ᾧ καθήκει, καὶ παραδώσω αὐτῷ.
And you, profane, lawless leader of Israel, whose day has come, the time of an end to injustice, 26 thus says the Lord: You have seized the turban, and put on the crown; it shall not be as such60. You have brought low what was elevated, and elevated what was low. 27 Injustice, injustice I will make it. It shall not be as such. Until he comes to whom it belongs, and I will give (it) over to him.
This oracle is addressed to the “prince of Israel” ( ;)נשׂיא ישׂראלas is generally recognized, this must be Zedekiah, the last king of Jerusalem.61 YHWH announces that his end has come (v. 30), and that he will lose his royal attributes, the turban ()מצנפת, probably denoting here a royal tiara, and the crown (( )עטרהv. 31). Zedekiah’s loss of his royal status is logically accompanied by a time of social and political upheaval (“Everything will change: what is low will be elevated, what is elevated will be brought low,” v. 31b), and of destruction (v. 32a), until the arrival of another figure, to whom YHWH will give the kingdom of Judah (v. 32b). Presumably, the reference in MT is to the king of Babylon, who was already the subject of the previous oracle (21:23–29).62 The Greek translation of this passage presents 59 B reads here οὐαὶ αὕτη, but the reading οὐδ᾿ αὕτη is supported by several important witnesses, including P. 967, A, and Q. While the possibility that B’s reading is earlier here cannot be entirely excluded, this does not impact the following discussion. 60 On the problem raised by the feminine pronoun here and in v. 27, see the discussion below. 61 See, e.g., Franz Sedlmeier, Das Buch Ezechiel. Kapitel 1–24, NSKAT 21 (Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk, 2002), 307–308. 62 F or this view, see, e.g., Karl-Friedrich Pohlmann, Der Prophet Hesekiel/Ezechiel. Kapitel 25–48, ATD 22,2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2001), 321–322; for a different view, compare Sedlmeier, Ezechiel 1–24, 308. In my opinion, a reference to the king of Babylon is more likely than a reference to a messianic figure (as argued for example by Sedlmeier), especially if one accepts the view that 21:30– 32 belongs to the early oracles found in the book. For the present argument, however, this issue is not decisive.
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The High Priest in the Septuagint
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some interesting variations. In general, the Greek translation of Ezekiel tends to follow the word order of MT fairly closely,63 but can evince more freedom at the level of the lexicon used. This is also the case with this oracle. A first significant variant can be found in v. 26a (MT v. 31a), where LXX renders the two imperatives in MT with verbs in the indicative; instead of MT’s order “Take off the turban, remove the crown!” LXX reads: “You have seized (?) the turban and put on the crown” (Ἀφείλου τὴν κίδαριν καὶ ἐπέθου τὸν στέφανον). In the context of the oracle, and without any further indication, we should assume that the subject is the leader of Jerusalem. The change in the Greek has substantial implications: v. 26a no longer foretells the judgment inflicted on Jerusalem’s leader, as in MT, but states the nature of his crime.64 If the translation of the verbal form ἀφαιρέω with “you (sg.) have seized” is correct, the Greek may have here in view the illegitimate appropriation of the royal attributes.65 The use of the direct address is further continued in v. 26b (MT v. 31b), which reads in the Greek: “You have brought low what was elevated, and elevated what was low” (ἐταπείνωσας τὸ ὑψηλὸν καὶ τὸ ταπεινὸν ὕψωσας). Here again, as in v. 26a, the statement no longer describes the nature of the judgment inflicted by the deity, but of the crimes imputed to the leader. In an earlier study from 1985, J. Lust had already argued that the Greek version no longer referred to Zedekiah but rather to a priestly figure.66 He has been occasionally followed, especially by John W. Olley in his commentary on the Greek text of Ezekiel in the Vaticanus (B) manuscript.67 Lust’s argument is primarily based on two observations. First, the LXX of Ezek 21 uses the adjective βέβηλος in v. 25 to translate the Hebrew ;ח ָלל ָ this usage of βέβηλος occurs only in two other passages of Ezekiel LXX, at 22:26 and 44:23, which concern the responsibility of the priests toward sancta. Secondly, the addressee of the oracle is accused in the Greek text to have seized the κίδαρις, a term which elsewhere in the Greek tradition almost exclusively refers to a priestly turban. According to Lust, the Greek text could refer in a polemical way to the Maccabean leader Jonathan Maccabeus, who was established by the Seleucid king Alexander Balas as ἀρχιερεύς of the Jewish ethnos (1 Macc 10), and therefore combined royal and priestly roles. The formulation of v. 26a in the Greek, “You have seized the turban and put on the crown,” would accordingly refer to the illegitimate appropriation of both priestly and royal attributes by Jonathan.68 An alternative view, which builds on Lust’s theory but ultimately contradicts it, was advanced by van der Kooij.69 While van 63 As shown, in particular, by G. Marquis, “Word Order as a Criterion for the Evaluation of Translation Technique in the LXX and the Evaluation of Word-Order Variants as Exemplified in LXX-Ezekiel,” Text 13 (1986): 59–84. Marquis’s study has been largely followed since then. For a recent reassessment of translational techniques in Ezekiel LXX, see also Timothy Mackie, Expanding Ezekiel. The Hermeneutics of Scribal Addition in the Ancient Text Witnesses of the Book of Ezekiel, FRLANT 257 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), 32–40. 64 As correctly pointed out, e.g., by Olley, Ezekiel, 379. 65 Olley, Ezekiel, 379. 66 Lust, “Messianism and Septuagint.” 67 Olley, Ezekiel, 380. 68 Similarly Olley, Ezekiel, 379–380. 69 Arie van der Kooij, “The Septuagint of Ezekiel and Hasmonaean Leadership,” in Interpreting Translation, Studies on the LXX and Ezekiel in Honour of Johan Lust, ed. Florentino García Martínez and Marc Vervenne (Leuven; Paris; Dudley: Peeters, 2005), 437–446, here 438–440; further, and with a more detailed analysis, Arie van der Kooij, “The Septuagint of Ezekiel and the Profane Leader,” in The Book of
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der Kooij accepts the notion that LXX, in this oracle, refers to contemporary political events, he notes that the reference to a priestly figure is not particularly likely or convincing in the context of the oracle. In his view, the language used by LXX still points to Zedekiah as the “evil” and “profane” leader mentioned at the beginning of the oracle, although it could also suggest associations with foreign rulers such as Antiochus IV; the new leader announced at the end of the oracle, v. 27b (MT v. 32b) should be identified for its part with a Maccabean or Hasmonean leader: “It is plausible to assume that this passage actually was meant to legitimize the Maccabean rulership.”70 As this brief survey of scholarly opinions already suggests, while the variants present in LXX are unmistakable their assessment is a more complicated affair. Lust’s arguments for identifying the addressee of the oracle with the high priest of Jerusalem may seem sound at first sight, but they are far from decisive on closer examination. The fact that חללis translated with βέβηλος in v. 25 LXX does not say much. The translation of the root חללwith βεβηλόω and its derivatives is perfectly standard in the LXX of Ezekiel, and occurs no fewer than 27 times in total. That 21:25 LXX uses the adjective form βέβηλος as in 22:26 and 44:23 is not necessarily meaningful. Already in MT, these three passages are the only ones where חללI “to profane, desecrate” is not used as verbal form: in 21:30 (LXX 21:25) it is used as an adjective ()ח ָלל, ָ whereas in 22:26 and 44:23 it is used substantively. In other passages of Ezekiel where the adjective form ָח ָללis used, it does not mean “profane” but rather “pierced” or “slain,” and therefore presumably corresponds to חללII, not חללI.71 Furthermore, both the adjective and the substantive form of חללI“to profane, desecrate” would be rendered in Greek with the same form: βέβηλος. In other words, the fact that this form occurs in all three passages can be explained on mere lexical and grammatical grounds. It does not require us to assume that LXX was trying to read 21:25 in light of other passages of Ezekiel that are concerned with the priesthood and its transgressions, such as 22:26 and 44:23. Lust’s second argument is likewise open to debate. In and of itself, the observation that the term κίδαρις in LXX consistently denotes a priestly turban is entirely correct.72 However, this is already the case for the term used in MT, מצנפת, which likewise usually denotes a turban worn by priests.73 Moreover, the translation of מצנפתwith κίδαρις is not uncommon in LXX.74 Admittedly, the reason why MT uses the term מצנפתto describe the royal apparatus of Zedekiah is not entirely clear.75 But at any rate, the occurrence of the term κίδαρις in Ezek 21:25 LXX
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Ezekiel and Its Influence, ed. Henk Jan de Jonge and Johannes Tromp (Aldershot/Burlington: Ashgate, 2007), 43–52. Van der Kooij, “Hasmonean Leadership,” 440. See Ezek 6:4, 7, 13; 9:6; 11:6, 7; 21:19, 34; 26:15; 28:8, 23; 30:4, 11, 24; 31:17, 18; 32:20, 21, 22, 23, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32; 35:8. In all these passages, the adjective ָח ָללcan only mean “pierced” or “slain,” not “profane.” Cf. Exod 28:4, 39, 40; 29:9; 36:35; Lev 8:13; 16:4; Zech 3:5; Ezek 44:18; further Sir 45:12; Jdt 4:15. The only exception would be 1 Esd 3:6, where the word κίδαρις is used to denote the (royal) turban worn by Zerubbabel. Cf. Exod 28:4, 37, 39; 29:6; 39,28, 31; Lev 8:9; 16:4. See Exod 28:4, 39; Lev 16:4. This point has not received much attention from commentators of Ezekiel in general; compare, e.g., Pohlmann, Ezechiel 20–48, 321; or Sedlmeier, Ezechiel 1–24, 308. Walther Zimmerli, Ezechiel. 1. Teilband: Ezechiel 1–24, BKAT 13,1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1969), 493–494, who followed
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The High Priest in the Septuagint
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cannot be used as an indication that the Greek translator was trying to identify the addressee of the oracle with a priestly figure. More recently, Olley added a further argument in support of Lust’s theory. Building on an observation already made by Lust,76 he notes that the Greek consistently uses the feminine singular for the pronouns found in v. 26b and 27 (MT v. 31b–32). In his view, this phenomenon indicates that these pronouns must refer to the term κίδαρις, which is the last feminine word occurring in v. 26a. He translates accordingly v. 26b–27 as follows: “Thus says the Lord, You have taken off the turban and put on the crown: it (turban) will not be as it was. Injustice, injustice, injustice I will make it (turban). Woe, it will be so until he comes to whom it fits and I will hand over to him.”77 In this understanding, the term κίδαρις, which typically denotes a priestly turban, now occupies a much more central place in the Greek version of the oracle, which Olley interprets in the sense that Ezek 21:25–27 LXX is primarily concerned with the future of the priesthood and (high) priestly leadership: “the passage is far more concerned with the ‘turban’ than with the ‘crown’. It is the ‘turban’, the priestly office, that is meant to be ‘high’, not the ‘royal honour’. The ‘turban’ has been put aside, but in the future Lord will ‘hand over’ to the one ‘to whom it belongs.’”78 – see v. 27b (MT v. 32b). The idea that the feminine pronouns in vv. 26b and 27 should refer to the term κίδαρις is in fact not new,79 but whether it is convincing is another matter. The resulting translation may be somewhat awkward, but it is not absurd.80 If the Greek translator seeks to criticize the Hasmonean priesthood, then the rendering proposed by Olley makes sense: the priesthood (signified here by the turban) was seized illegitimately (v. 26a), and as result it “will not be as it was,” namely, it has lost its status or dignity (v. 26b) and has become tainted with the unlawfulness implicitly ascribed by the translator to the Hasmonean rulers (v. 27a); in the future, however, another priest will come who will be deserving to wear it again (v. 27b). A point that Olley does not address, however, is that the use of feminine pronouns is not an innovation by the Greek translator, but is already found in MT. As a matter of fact, the Greek translation of 21:26b–27a LXX looks like a very literal rendering of the Hebrew, as the following comparison shows: αὕτη οὐ τοιαύτη ἔσται in V. 26b renders literally the nominal sentence זאת לא־זאתin MT (where זאתis also feminine); Ἀδικίαν ἀδικίαν θήσομαι αὐτήν in v. 27a (31a) renders word for word MT ( עוה עוה עוה אשׂימנהwhere the femine pronominal suffix arguably refers to Jerusalem); and οὐδ᾿ αὕτη τοιαύτη ἔσται at the beginning of v. 27b, where the feminine pronoun appears for the last time, is again a literal rendering of the corresponding phrase גם־זאת לא היהin MT. Furthermore, one needs to keep in mind that the feminine pronoun, in Greek, can also be used as indefinite pronoun (“it”),81 exactly as the pronoun זאת
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Martin Noth’s earlier suggestion, argued that the turban- מצנפתwas initially a royal attribute which was later appropriated by the high priest. Lust, “Messianism and Septuagint,” 190. Olley, Ezekiel, 129–130. His translation follows the Vaticanus (B), which reads οὐαὶ αὕτη instead of οὐδ᾿ αὕτη; see on this above, note 60. Olley, Ezekiel, 379–380. For this view, see already Laurent Monsengwo-Pasinya, “Deux textes messianiques de la Septante: Gn 49,10 et Ez 21,32,” Bib 61 (1980): 357–376, here 369; further Lust, “Messianism and Septuagint,” 189. For a different view, see van der Kooij, “Profane Leader,” 50 n. 26, who considers that this translation “does not make much sense.” This point is also noted by van der Kooij, “Profane Leader,” 50 n. 26.
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in Hebrew. Therefore, while the rendering proposed by Olley is possible, it is not necessary; the Greek translation may simply be understood as a very literal rendering of the Hebrew, which respects both the genre of the pronouns and the word order found in the Hebrew. In this case, the use of the feminine pronoun in 21:26b–27 LXX does not refer to the term κίδαρις in v. 26a, and the theory that the Greek translator would reinterpret the oracle in order to highlight the political authority of the priesthood is unwarranted. All in all, there appears to be very little basis for the view that the Greek translation of Ezek 21:25–27 has introduced additional references to priesthood and the high priest of Jerusalem. The main arguments adduced by Lust, the translation of ָחלָ לwith βέβηλος in v. 25 and of מצנפתwith κίδαρις in v. 26, have both been shown to be perfectly logical renderings, which cannot be taken to indicate that the Greek translator sought to impose a new meaning on its Hebrew Vorlage. The reading proposed by Olley, which interprets the feminine pronouns in vv. 26b–27 as referring to the “turban” mentioned in v. 26a is intriguing and would make sense as a critique of the Hasmonean priesthood. But it corresponds again to a very literal rendering of the Hebrew text in these verses, so that the assumption of a new interpretation of the oracle in the Greek text cannot be proven either. As a matter of fact, the Greek text as it stands makes good sense as a critique of Zedekiah, as van der Kooij has already argued, and there is no need to assume that the Greek translator had a different addressee in mind. Even the reproach addressed to the leader of Jerusalem that he has “seized the turban and put on the crown,” which represents the main innovation found in the Greek text, can be understood as a critique of Zedekiah. One may note, besides, that such a critique of Zedekiah as an usurper is entirely at its place in the context of the book of Ezekiel, where Jojachin is consistently represented as the last legitimate ruler of the Davidic dynasty.82 Whether the Greek translator of Ezek 21:25–27 was simultaneously trying to apply this oracle to the situation of his own time, in the second century BCE, as van der Kooij argued, is more difficult to decide. While a reference to currents figures or events in the translation is certainly possible, van der Kooij’s arguments in this regard are not particularly strong or compelling.83 If I understand his view correctly, Ezek 21:25–27 LXX identifies the “profane” ruler as Zedekiah (like MT already) through the use of βέβηλος. However, it would also simultaneously refer to foreign rulers accused of desecrating the temple of Jerusalem, such as Antiochus IV (2 Macc 5:16) and Ptolemy IV (3 Macc 2:2, 14). Although van der Kooij is not entirely clear on this point, the connection between Zedekiah and these rulers appears to reside in the relationship between the accusation of profanation and the illegitimate nature of their rulership. He translates the statement in v. 26a LXX as follows: “You have taken off the turban, and put on the crown,” and interprets it in the sense that Zedekiah, the profane and unjust ruler mentioned in v. 25, would have taken off the “turban” from the head of the chief priest of Jerusalem in order to put the crown on his own head. For the Greek translator, this action would somehow signal the termination of the Davidic dynasty as the legitimate rulers of Israel, as well as the transfer of native rulership to another line of priestly rulers, to be identified with the Maccabeans. Van der Kooij thus concludes: “The underlying ideology 82 As is already shown by the fact that the chronology of the book is consistently established in reference to Jojachin, and not to Zedekiah. 83 See van der Kooij, “Profane Leader,” 49–50, and more succinctly van der Kooij, “Hasmonean Leadership,” 439–440.
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of LXX-Ezek 21:25–27 seems to be that the house of David has ended with Zedekiah, and that the Maccabean leaders should be regarded as the legitimate and rightful rulers of Israel. If so, our passage testifies to a actualizing reapplication of an ancient prophecy, Ezek 21:30– 32, which was read as a prediction of Maccabean leadership.”84 It is questionable, however, whether the evidence provided by the Greek text can actually support this claim. First, as discussed above, the rendering of חללwith βέβηλος is a perfectly standard translation. It does not require to be explained through reference to contemporary discourses on foreign rulers in the second century BCE. To be sure, there is no need to exclude the possibility that the word βέβηλος was also chosen because it conveyed connotations of such foreign rulers, but the evidence mentioned is not particularly impressive, especially if we keep in mind that 3 Maccabees is from a later period (presumably from the first century BCE). Secondly, van der Kooij’s reading of v. 26a is problematic. It implies that the “turban” and the “crown” would refer to two different figures – respectively the chief priest of Jerusalem and Zedekiah himself. But this is not particularly obvious. A simpler and more evident reading is that both the turban and the crown are associated with Zedekiah himself, as in MT already. As argued above, it is perfectly possible to interpret the statement of v. 26a, Ἀφείλου τὴν κίδαριν καὶ ἐπέθου τὸν στέφανον, as meaning “You have seized the turban, and put on the crown.” Furthermore, van der Kooij’s understanding of v. 26a implies that Zedekiah needed to destitute the chief priest of Jerusalem in order to seize the power; one cannot but wonder how the Greek translator would have come to this idea, which (as far as I know) is not mentioned in the Hebrew Bible or in any Second Temple tradition for that matter. Thirdly, and lastly, there is no indication that the figure announced in v. 32(27) was understood in LXX as a priestly figure specifically. It seems likely that LXX no longer understood this figure as referring to the king of Babylon, as in MT,85 but to a messianic figure of sorts.86 But whether this figure was endowed with royal or priestly traits, or a combination of both, can simply not be decided on the basis of the text that we have. Overall, there have been various attempts to identify an “actualizing” dimension in the Greek translation of Ezek 21:30–32(25–27), which would reapply this oracle to the situation of the Maccabean conflict in the second century BCE, either in order to criticize the Maccabeans (Lust, Olley) or on the contrary to legitimize them (van der Kooij). All these approaches are based on two observations mainly, the use of the term βέβηλος to characterize the impious ruler of Israel in v. 30(25) and the term κίδαρις (“turban”) to denote one of his attributes. As the previous analysis has shown, however, both terms are in fact literal translations of the corresponding Hebrew terms found in MT, and cannot therefore document a distinct interpretive strategy on the part of the Greek translator. Apart from this, there is no evidence that the Greek translation of Ezek 21:30–32(25–27) refers to the Maccabean context, whether negatively or positively. The only clear interpretive element in the translation concerns the change from the imperative to the indicative in the first half of v. 26a, and from the first to the second person singular in the second half of the same verse. As argued above, these changes reflect an explicative comment, which seeks to provide the ground for the rejection 84 Van der Kooij, “Profane Leader,” 50–51. 85 See above, page 396 with note 62. 86 For this understanding of Ezek 21:32 (27) in LXX, see, e.g., Monsengwo-Pasinya, “Deux textes messianiques.”
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of the ruler mentioned in v. 25; namely, the ruler illegitimately seized the attributes of power (“You have seized the turban, and put on the crown”), and reversed the social and political order (“You have brought low what was elevated, and elevated what was low”). Such explicative comments can perfectly be applied to Zedekiah himself, who seems to be identified in LXX as the “profane” and “lawless” leader of Israel, as in MT already. In short, while the possibility that other passages in Ezekiel LXX document a trend toward actualizing the prophecies found in the Hebrew Vorlage(n) of this book – although to what extent remains open to discussion – , this does not appear to be the case for the oracle in 21:30–32(25–27).
4.2. Ezekiel 28:11–19 The oracle in Ezek 28:11–19 is another passage of the book in which a reference to the high priest has sometimes been identified. I have discussed this oracle at some length elsewhere87 and will focus here on the alleged evidence supporting a reference to the high priest in the Greek version. The oracle is addressed to the king of Tyre, who is described at the beginning as a “cherub”88 placed inside the divine garden ( )גן־אלהיםand covered with precious stones (v. 13). In MT, the number of these stones is nine; in all the Greek witnesses, however, there are not nine but twelve stones. Furthermore, their enumeration matches exactly the previous enumeration found in Exod 28:17–20, which describes the stones on the breastpiece of the high priest Aaron.89 Finally, some Greek manuscripts, like especially the Alexandrinus (A) and the Vaticanus (B), introduce a reference to the “gold” and the “silver” (καὶ ἀργύριον καὶ χρυσίον) in the middle of the list, between the sixth and the seventh stone. This mention, however, is missing in P. 967, and represents in all likelihood a later development within the Greek tradition.90 Ezek 28:13 MT אדם פטדה ויהלם תרשׁישׁ שׁהם
Ezek 28:13 P. 967 σάρδιον καὶ τοπάζιον καὶ σμάραγδον καὶ ἄνθρακα καὶ σάπφειρον
Ezek 28:13 Vaticanus σάρδιον καὶ τοπάζιον καὶ σμάραγδον καὶ ἄνθρακα καὶ σάπφειρον
Exod 28:17–20 LXX 17 σάρδιον τοπάζιον καὶ σμάραγδος 18 ἄνθραξ καὶ σάπφειρος
87 See Christophe Nihan, “Le pectoral d’Aaron et la figure du grand prêtre dans les traditions sacerdotales du Pentateuque,” in Congress Volume Stellenbosch 2016, ed. Louis C. Jonker, Gideon R. Kotzé and Christl M. Maier (Leiden; Boston; Brill, 2017), 23–55, here 40–46. 88 The form at the beginning of v. 14 must be interpreted as an archaic form of the second person singular independent pronoun: see on this my discussion in Nihan, “Pectoral d’Aaron,” 41–42, with additional scholarly references. 89 On this text, and its place in the description of the vestments of the high priest in Exod 28, see Nihan, “Pectoral d’Aaron,” 33–40. 90 See on this especially Hector M. Patmore, Adam, Satan, and the King of Tyre: The Interpretation of Ezekiel 28:11–19 in Late Antiquity, Jewish and Christian Perspectives Series 20 (Leiden/Boston: Brill, 2012), 155–158.
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The High Priest in the Septuagint
וישׁפה ספיר נפך וברקת
καὶ ἴασπιν καὶ λιγύριον καὶ ἀχάτην καὶ ἀμέθυστον καὶ χρυσόλιθον καὶ βηρύλλιον καὶ ὀνύχιον
καὶ ἴασπιν καὶ ἀργύριον καὶ χρυσίον καὶ λιγύριον καὶ ἀχάτην καὶ ἀμέθυστον καὶ χρυσόλιθον καὶ βηρύλλιον καὶ ὀνύχιον
καὶ ἴασπις 19 λιγύριον ἀχάτης καὶ ἀμέθυστος 20 χρυσόλιθος καὶ βηρύλλιον καὶ ὀνύχιον
The list of precious stones in Ezek 28:13 MT, P. 967 and LXX, as well as in Exod 28:17–20 LXX.91
A few scholars, such as P.-M. Bogaert, have occasionally argued that the list of twelve stones in the Greek text would be original, whereas the shorter Hebrew list would represent a secondary abridgment.92 Yet this view is hardly likely, not the least because it is at pains to explain why the Hebrew tradition preserved in MT would have shortened the original list. It is much more likely that the longer list found in the Greek text of Ezek 28 represents a case of secondary alignment with Exod 28:17–20 LXX, as it is generally agreed in recent studies. A number of scholars have concluded from this alignment with Exod 28 LXX that the Greek translation of Ezek 28 would seek to identify the king of Tyre with the high priest of Jerusalem. For instance, Johan Lust, in his classical essay on “messianism” in Ezekiel LXX, already concluded that the prince of Tyre in the Greek translation, is “to be identified with the prince-high priest in Jerusalem.”93 More recently, the same point was made by Hector Patmore in his comprehensive study of the various ancient versions of Ezek 28:11–19.94 According to Patmore, the fact that the earliest version of the list in the Greek tradition, corresponding to P. 967, has already been aligned with the Greek text of Exod 28 LXX points to a “a clear and unequivocal reference to the High Priest.”95 Van der Kooij, for his part, takes a further step.96 Building on the assumption that the alignment of the list of precious stones with Exod 28:17–20 appears to identify the king of Tyre with the high priest of Jerusalem, he also observes that the Hebrew title of the king of Tyre, מלך, is translated in Ezek 28 LXX with ἄρχων, rather than with βασιλεύς. Based on this observation, he suggests that the title 91 Because of the significant uncertainties surrounding the identification of the precious and semi-precious stones mentioned in these lists, I refrain here from providing a translation. For an attempt toward such an identification, see Wolfgang Zwickel, “Die Edelsteine im Brustschild des Hohenpriesters und beim himmlischen Jerusalem,” in Edelsteine in der Bibel, ed. Wolfgang Zwickel (Mainz am Rhein: P. von Zabern, 2002), 50–70. For a helpful discussion on the methodological issues involved with such specialized lexicon, see, especially, James A. Harrell, “Old Testament Gemstones A Philological, Geological, and Archaeological Assessment of the Septuagint,” BBR 21 (2011): 141–171. 92 See Pierre-Maurice Bogaert, “Montagne sainte, jardin d’Eden et sanctuaire (hiérosolymitain) dans un oracle d’Ezéchiel contre le prince de Tyr (Ez 28.11–19),” in Le mythe, son langage et son message, ed. Henri Limet and Julien Ries (Louvain-la-Neuve: Centre d’Histoire des Religions, 1983), 131–153, here 136–140 and 146–147. See, especially, the critique by Jean-Marcel Vincent, “Éz 28,11–19 – un détournement d’oracle?,” Transeu 23 (2002): 89–100. 93 Lust, “Messianism and Septuagint,” 190. 94 Patmore, Adam, Satan. 95 Patmore, Adam, Satan., 156. 96 See van der Kooij, “Septuagint of Ezekiel,” 440–445.
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ἄρχων in Ezekiel LXX would typically be used to denote the high priest of Jerusalem as ruler of the Jewish ethnos, and proposes to identify additional references to this figure in the other occurrences of ἄρχων in Ezekiel LXX, including the Davidic oracles in 34:24–25 and 37:26– 27. As is immediately obvious, these interpretations have far-reaching consequences (especially in the case of van der Kooij’s argument). Yet it is questionable whether the proximity between the list of precious or semi-precious stones in Ezek 28 LXX and Exod 28 LXX can actually bear the weight of such arguments. We may begin this discussion with van der Kooij’s suggestion. While the possibility that the title ἄρχων could occasionally refer to a priestly ruler of Jerusalem cannot be excluded, some significant methodological caution is required. To begin with, the translation of מלךwith ἄρχων is not exceptional in LXX.97 While the precise semantics of the terms ἄρχων and βασιλεύς in the Greek translation is a complex issue, there may be several reasons behind the fact that the title מלךis rendered in Ezek 28:12 with ἄρχων. In particular, we need to consider the fact that ἄρχων is already used in the previous oracle (28:2) to translate Hebrew נגיד, “leader, ruler.” Presumably, the Greek seeks here to harmonize the titles given to the ruler of Tyre. Furthermore, a closer look at the use of the term βασιλεύς in Ezekiel LXX, when used for foreign kings, tends to be reserved by the translator for the rulers of empires, such as the kings of Babylon and of Egypt;98 alternatively, albeit less frequently, it can also be used for the rulers of other kingdoms, but then always in a collective sense, to denote not one but several foreign rulers.99 For a single ruler of a small kingdom, such as the king/ruler of a Phoenician city like Tyre, the Greek text of Ezekiel tends to prefer ἄρχων. The translation of מלךwith ἄρχων in Ezek 28:12 LXX is therefore entirely consistent with this pattern, and cannot be taken as evidence that the translator is referring to the ruler of Tyre as a high priest. The discussion of van der Kooij’s interpretation of ἄρχων in Ezek 34:23–24 and 37:24–25 would require a longer discussion. In my view, as I have argued elsewhere,100 there is no reason to assume that the Greek text refers to anything other than a Davidic ruler, especially since the Greek text, just like MT already, explicitly refers in both contexts (Ezek 34 and 37) to “David” as the beneficiary of the oracle. Even more modest reconstructions based on the assumption that the Greek version of Ezek 28:11–19 refers or alludes to the high priest of Jerusalem run into substantial difficulties. Patmore’s study from 2012, which provides a helpful and comprehensive analysis of the main ancient versions of Ezek 28:11–19, illustrates these difficulties.101 Patmore starts from the assumption that the identity of the list of precious stones in the version of Ezek 28:13 97
In the Pentateuch, this is especially the case in Deuteronomy: see Deut 17:14, 15 (so-called “law of the king”); 28:36; 33:5. It is also implied in the rendering of “Molech” ( )מלךwith ἄρχων in Lev 18:21 and 20:2–5. Given the importance of LXX of the Pentateuch, and of Deuteronomy in particular, for the translation of Ezekiel (see further below, n. 107), it is likely that this rendering of מלךwith ἄρχων could serve as a precedent for Ezek 28:12 and similar passages. 98 See Ezek 17:12, 16; 19:9; 21:24(19), 26(21); 24:2; 26:7; 29:18, 19; 30:10, 24, 25; 32:11, for the king of Babylon; 29:2; 30:21; 31:2; 32:2, 31, for the king of Egypt (Pharaoh). 99 See Ezek 27:33, 35; 28:17; 32:10, where the reference is always in the plural. 100 On Ezek 34:23–24 and 37:24–25 in the Hebrew and Greek texts, see my discussion in Christophe Nihan, “The nāśî’ and the Future of Royalty in Ezekiel,” in History, Memory, Hebrew Scriptures. A Festschrift for Ehud Ben Zvi, ed. Ian D. Wilson and Diana Edelman (Winona Lake: Eisenbrauns, 2015), 229–246. 101 See Patmore, Adam, Satan, 155–158.
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preserved by P. 967 with the LXX of Exod 28:17–20 presumably signals that the ruler of Tyre has been identified with the high priest of Jerusalem. According to him, the expansion preserved in Alexandrinus and Vaticanus, which supplement the list of twelve precious stones with a reference to “silver and gold” (καὶ ἀργύριον καὶ χρυσίον) between the sixth and seventh stones (see above), would build on this identification in order to develop a polemics against the high priest Menelaus. Patmore interprets the addition of this motif as a reference to the oracle in Dan 11:38, according to which king Antiochus IV will pay homage to gods with “gold, silver, precious stones and valuable gifts.”102 Furthermore, Patmore suggests connecting this reference with the tradition in 1 Maccabees according to which Antiochus IV, helped by Menelaus, plundered the temple of Jerusalem and took away “the silver and the gold,” along with the vessels and the treasures.103 As Patmore himself fairly admits, the whole reconstruction is however very speculative.104 The connection with Dan 11:38 is vague at best, and there is no need to presume a connection with this passage in order to account for the addition of “silver” and “gold” to the list of precious stones in Alexandrinus and Vaticanus. The connection with 1 Macc 1:23 and Antiochus’s plunder of the Jerusalem temple is no less hypothetical, especially since the expression ἀργύριον καὶ χρυσίον, or variants thereof, occurs no fewer than eleven times in 1 Maccabees alone. Furthermore, Menelaus himself is not mentioned in the account of 1 Macc 1:20–23 (nor in the rest of the book of 1 Maccabees, for that matter), and based on the parallel account in 2 Macc 4, the nature of his involvement in the plunder of the temple remains unclear. As a matter of fact, if the reference to 1 Maccabees is helpful at all to understand this addition in a portion of the Greek tradition of Ezekiel, it is because it suggests that in the second century BCE the expression ἀργύριον καὶ χρυσίον had become a kind of fixed phrase to denote wealth and economic power. Presumably, this is the reason why at some point this expression was introduced in some Greek versions of the list of precious stones found in Ezek 28:13.105 In light of the difficulties faced by these theories, one needs in my opinion to reconsider the assumption that the alignment of the list of precious stones in Ezek 28:13 LXX with the list in Exod 28:17–20 LXX must necessarily indicate an identification of the king of Tyre with the high priest of Jerusalem. Two additional observations need to be taken into account here. First, in light of the harsh judgment against the ruler of Tyre found in the oracle of 28:11– 19, any identification or even association of this figure with the high priest of Jerusalem would necessarily involve a polemic against the latter. While this is possible, it seems surprising, to say the least, that the Greek translator of Ezekiel would specifically use the twelve stones ornamenting the breastplate of the high priest in order to develop such polemics, since 102 103 104 105
Patmore, Adam, Satan, 157–158. See 1 Macc 1:20–23: καὶ ἔλαβεν τὸ ἀργύριον καὶ τὸ χρυσίον. Patmore, Adam, Satan, 157–158 and 178. Patmore, Adam, Satan, 178. Alternatively, corruption of the text during its transmission could be considered. However, as cogently argued by Patmore, Adam, Satan, 157, this might explain the addition reference to “silver,” but not to “gold.” Johan Lust, “The Septuagint of Ezekiel according to Papyrus 967 and the Pentateuch,” ETL 72 (1996): 131–137, here 133–134, argued that the reference to “silver and gold” would have been introduced in order to obscure the reference to the high priest in the earlier version represented by P. 967. However, this explanation does not seem very plausible.
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we have evidence that in the Hellenistic and early Roman periods this object was considered in various Greek-Jewish traditions – such as the Greek Ben Sira, the Letter of Aristeas, and Philo – as a symbol par excellence of the power and authority divinely conferred to the high priest.106 The fact that this notion is documented in various Greek traditions from the second and first centuries BCE suggests that it enjoyed a broad reception in the Jewish communities both inside and outside of Israel, and that it was presumably known to the Greek translator(s) of Ezekiel. Secondly, and related to this, we also need to take into account the possibility that the alignment of the list of twelve precious stones with the Greek text of Exod 28:17–20 merely reflects the authority of the latter text at the time of the translation of Ezekiel into Greek. In particular, the mention of “every precious stone” (MT: כל אבן יקרה, LXX: πᾶν λίθον χρηστὸν) at the beginning of Ezek 28:13 may have led the translator to consider that the list of nine stones in MT was in fact incomplete, and to supplement it in light of the fuller list of twelve stones found in Exod 28:17–20. This explanation is all the more likely since, as shown by Emmanuel Tov and others, the Greek version of Ezekiel seems to have been significantly influenced by the LXX of Exodus.107 Besides, exactly the same phenomenon can be observed in the Greek versions of Zech 3, where the terms used for the vestments of the high priest Joshua have been partly aligned with the terms used in Exod 28.108 If this conclusion is correct, the addition of the mention of “silver and gold” at a later stage within the transmission of the Greek tradition would simply continue this trend of continuously improving and perfecting the list of precious stones in Ezek 28 LXX. To summarize: despite the common assumption that the alignment of the list of precious stones in Ezek 28:13 LXX with the twelve precious stones listed in Exod 28:17–20 would reflect an attempt to identify the ruler of Tyre with the high priest, the various attempts that have been made to pursue this line of interpretation are problematic. A critique of the high priest centered on the breastplate ornamented with precious and semi-precious stones would significantly depart from the attitude that can be observed in other Jewish traditions written in Greek from the second and first century BCE, such as Greek Ben Sira, the Letter of Aristeas, and Philo, and is therefore rather unlikely. More probably, the alignment that can be observed between Ezek 28:13 and Exod 28:17–20 in the Greek tradition reflects the authority of the description of the high priest’s breastplate at the time of the Greek translation. 106 See Sir 45:7 (ms B); Let. Aris. §96–99; Philo, QE 2. 107–123; Spec. 1.84–97; Mos. 2.109–135. On these sources, see especially Natalio Fernández Marcos, “Rewritten Bible or Imitatio? The Vestments of the High-Priest,” in Studies in the Hebrew Bible, Qumran, and the Septuagint Presented to Eugene Ulrich, ed. Peter W. Flint et al. (Leiden; Boston: Brill, 2006), 321–336. See also my discussion in Nihan, “Pectoral d’Aaron,” 24–25. 107 See on this Emmanuel Tov, “The Impact of the Septuagint Translation of the Torah on the Translation of the Other Books,” in The Greek and Hebrew Bible: Collected Essays on the Septuagint, ed. Emanuel Tov (Leiden: Brill, 1999), 183–194. 108 See on this Patricia Ahearne-Kroll, “LXX/OG Zechariah 1–6 and the Portrayal of Joshua Centuries after the Restoration of the Temple,” in Septuagint Research: Issues and Challenges in the Study of the Greek Jewish Scriptures, ed. Wolfgang Kraus and R. Glenn Wooden (Atlanta: Society of Biblical Literature, 2006), 179–192, here 182–183; Christophe Nihan, “Between Continuity and Change: The High Priest Joshua in Zechariah 3,” in Tradition(en) im alten Israel: Konstruktion, Transmission und Transformation, ed. Ruth Ebach and Martin Leuenberger (Tübingen: Mohr Siebeck, 2019), 277–301, here 288–289.
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The High Priest in the Septuagint
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5. De-emphasizing the High Priest: Zechariah 6 LXX Before concluding this essay, one last passage that deserves a brief discussion is Zech 6 LXX, because in this case the role of the high priest has arguably not been increased. On the contrary, it has been de-emphasized. With the “priestly” traditions of the Pentateuch, the book of Zechariah, or more precisely its first part, chs. 1–8, represents one of the main traditions about the high priest in the Hebrew Bible. If there really was a trend in LXX to highlight the status and significance of the high priest, as van der Kooij claims, one would certainly expect this trend to be also reflected in the Greek translation of Zechariah. However, this is far from being the case. The issue has recently been the subject of a detailed study by Patricia AhearneKroll, who concludes that the high priest is an important figure in the LXX of Zechariah, but not more so than in MT of this book.109 In my opinion, this conclusion is entirely correct for Zech 3 LXX. As I have argued elsewhere, while the Greek text of Zechariah introduces some significant variants there is no evidence for an increased role of the high priest in the Greek translation of this chapter.110 In the case of Zech 6, however, which is the other passage in Zechariah where the high priest is expressly mentioned, the situation is somewhat different. In general, the Greek translation of Zechariah can be described as relatively literal, especially at the level of syntax, although it occasionally contains exegetical variants.111 This description applies in the case of the short oracle preserved in Zech 6:12–13, which forms the core of the account in Zech 6:9–15 and foretells the coming of the “shoot” ()צמח. Verse 12, which introduces the figure of the shoot and the motif of the rebuilding of the temple, is translated very literally in LXX, which does not preserve any significant variant with regard to MT in this verse. The situation is distinct, however, in the case of v. 13, which describes the roles assigned to the shoot (v. 13a) and to the “priest” standing next to him. Zech 6:13 MT והוא יבנה את־היכל יהוה והוא־ישׂא הוד וישׁב ומשׁל על־כסאו והיה כהן על־כסאו ועצת שׁלום תהיה בין שׁניהם׃ It is he who will rebuild the temple of YHWH; he will bear royal majesty, and sit upon his throne to rule. There will be a priest on his throne, and a council of peace will be between the two of them.
Zech 6:13 LXX112 καὶ αὐτὸς λήμψεται ἀρετὴν καὶ καθίεται καὶ κατάρξει113 ἐπὶ τοῦ θρόνου αὐτοῦ καὶ ἔσται ὁ ἱερεὺς ἐκ δεξιῶν αὐτοῦ καὶ βουλὴ εἰρηνικὴ ἔσται ἀνὰ μέσον ἀμφοτέρων He will receive virtue, and sit to govern from his throne. The priest will be on his right side, and there will be a peaceful council between the two of them.
109 Ahearne-Kroll, “LXX/OG Zechariah 1–6.” 110 See Nihan, “Zechariah 3.” 111 See now especially the study by Gunnar Magnus Eidsvåg, The Old Greek Translation of Zechariah, VTSup 170 (Boston; Leiden: Brill, 2016). 112 Greek text according to Joseph Ziegler, Duodecim prophetae, 2nd, revised edition, Septugainta Vetus Testamentum Graecum 13 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1967), 303. 113 The alternative reading κατάξει found in some manuscripts is a mistake; see on this, e.g., Eidsvåg, Old Greek, 207.
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A detailed discussion on the meaning of this oracle is beyond the scope of the present essay, but a few brief comments are nonetheless in order. There is a broad consensus that “Shoot” refers to a royal figure belonging to the Davidic line. The term צמחconnects the oracle of Zech 6 with the earlier oracle of Jer 23:5–6, which already announces a future Davidic king. Furthermore, the description of his rule in Zech 6:13a contains clear allusions to a royal rule, as all the verbs used in this half-verse are typically used to describe royal actions: (re)building the temple, bearing “majesty” ()הוד, and sitting on the throne to rule ()משׁל.114 Verse 13b, for its part, appears to refer to a second figure standing beside Shoot, which is identified with a “priest” ( )כהןin MT (on the article in LXX, see below). While there have been attempts to identify “Shoot” and this priest as one and the same figure,115 this reading seems to be openly contradicted by the final sentence in v. 13, stating that there will be a “council of peace between the two of them” ()ועצת שׁלום תהיה בין שׁניהם. The reference to a second, priestly figure next to Shoot seems, therefore, to be the only possible interpretation. While the identity of this priestly figure is not specified, the most logical referent for kohēn is the high priest Joshua, who was already mentioned previously in v. 11.116 Furthermore, the formulation of v. 13bα in MT, והיה כהן על־כסאו, apparently indicates that the high priest Joshua enjoys its own throne alongside Zemah.117 The two versions of this verse (MT and LXX) present some significant differences. First, the Greek text does not reproduce the reference to the rebuilding of the temple at the beginning of v. 13: והוא יבנה את־היכל. Since this phrase repeats the end of v. 12, it may have been intentionally omitted because it was considered unnecessarily redundant after v. 12; or it may have fallen out accidentally (parablebsis) at some point during the transmission of the text.118 For the present discussion, this point does not appear to be relevant. Secondly, the Greek text replaces the reference in the Hebrew to Shoot “bearing majesty” ( )הוד נשאwith a reference to “receiving virtue” (λήμψεται ἀρετὴν). Thirdly and lastly, the priestly figure is referred to
114 In particular, the expression “to sit on his throne to rule” ( )וישׁב ומשׁל על־כסאוis already used in Jer 22:30 with regard to Jojachin. The “bearing” of “majesty” is presented as royal attribute in descriptions like Ps 21:6 and 45:4. On the expression הוד נשאand its royal connotations, compare for instance Carol L. Meyers and Eric M. Meyers, Haggai, Zechariah 1–8. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 25B (Garden City N.Y.: Doubleday, 1988), 358–359. 115 Most recently Al Wolters, Zechariah, HCOT (Leuven; Paris; Walpole: Peeters, 2014). 116 Cf., e.g., David L. Petersen, Haggai and Zechariah 1–8: A Commentary (London: SCM Press, 1985), 278. 117 Admittedly, this is not the only possible interpretation of the Hebrew, especially because of the ambiguity of the Hebrew preposition על. Nonetheless, this reading is suggested in particular by the obvious parallel between this clause and the previous one at the end of v. 13a, where על־כסאוclearly means “on his throne” in reference to Zemah. Most likely, the same clause has the same meaning in v. 13b, this time in reference to the priest Joshua. For this view, see also, e.g., Robert Hanhart, Dodekapropheton 7.1. Sacharja 1–8, BKAT 14,7.1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1998), 410. 118 So for instance Hanhart, Dodekapropheton, 410. While his argument is entirely reasonable, one should note that the tendency to omit redundant segments is documented elsewhere in LXX of the Twelve Minor Prophets and apparently belongs to a trend in this translation; see, especially, Jan Joosten, “A Septuagintal Translation Technique in the Minor Prophets. The Elimination of Verbal Repetitions,” in Interpreting Translation, Studies on the LXX and Ezekiel in Honour of Johan Lust, ed. Florentino García Martínez and Marc Vervenne (Leuven; Paris; Dudley: Peeters, 2005), 217–223. Thus, the possibility of a deliberate omission cannot be entirely ignored either.
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The High Priest in the Septuagint
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as “the priest,” with the article (ὁ ἱερεὺς),119 in LXX; also, it is no longer described as sitting on a throne ()על־כסאו, as in MT, but as standing “on the right (side)” of Shoot (ἐκ δεξιῶν αὐτοῦ). This latter set of variants is especially interesting for the present discussion, and deserves some further comments. The fact that in MT the high priest Joshua apparently sits on his own throne has been variously interpreted. Contrary to what has sometimes been argued, this feature does not automatically imply that the high priest enjoys the same standing as the royal figure, Shoot, described in the first half of the verse (v. 13a); in particular, it is striking to observe that all the verbs describing rulership in v. 13a are exclusively associated with Shoot, whereas none is linked to Joshua.120 What the description of MT does suggest, however, is that the high priest is not far beyond the royal figure in terms of his status and dignity, and presumably takes the second place after Shoot. In fact, as various authors have suggested, the reference to the “peaceful council” ( )עצת שׁלוםbetween these two figures at the end of v. 13 may actually indicate that the possibility of a conflict or rivalry between the two leaders is real. Things are different, however, in LXX. On the one hand, LXX clarifies the reference to the high priest by adding the determinative before ἱερεὺς; the resulting expression, ὁ ἱερεὺς, corresponds to the short title, הכהן, which is given to the high priest in several passages of the Hebrew Bible.121 On the other hand, the LXX of Zech 6:13 has eliminated the reference to the “throne,” so that the high priest is merely said to be standing “at the right” of Shoot. The origin of these changes in the Greek text is not entirely clear. The introduction of the article before “priest” may go back to the Vorlage of the translator,122 but this is difficult to establish for the change from על־כסאוto ἐκ δεξιῶν αὐτοῦ. Possibly, the Greek translator of Zechariah may have used the ambiguity of the Hebrew phrase, על־כסאו, by interpreting the preposition עלwith the meaning “next to, against” rather than “upon,” and by understanding the suffixed pronoun third masculine singular as referring to Shoot, rather than to the high priest. At any rate, the result is that the Greek translation of Zech 6 now highlights more clearly not only the identity of the priest associated with Shoot (namely, the high priest of Jerusalem), but also the fact that he is inferior to, and consequently subordinated to, Shoot himself. In the Greek version of Zech 6, any idea of a possible rivalry between Shoot and the high priest has been removed.
6. Conclusion: The High Priest in the LXX and in Other Greek Traditions The previous discussion has focused on selected passages in LXX which, in the scholarly discussion, have been claimed to introduce additional references to the high priest. While the corpus studied here remains limited by necessity, and would require a more comprehensive study, it allows nonetheless for some provisional conclusions. 119 While a few manuscripts do not have the article, this most likely represents a secondary alignment with the Hebrew, see for example Hanhart, Dodekapropheton, 410. 120 The contrast is patent and can only mean that the government of the province is into the hands of Shoot, whereas Joshua has a much more subordinated role. From this perspective, the whole theory of a “diarchy,” or joint government, in the province of Yehud during the Persian period is clearly misconstrued. 121 Especially so in Chronicles: see 1 Chr 16:39; 24:6; 2 Chr 22:11; 23:8, 9, 14; 24:2, 20, 25; 34:14, 18. 122 So Hanhart, Dodekapropheton, 410.
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(1) Several of the alleged additional references to the high priest in LXX have proved to be problematic. In the case of Exod 23:20–23 and Ezek 21:30–32(25–27), there does not appear to be any evidence supporting the claim that the Greek translators of these passages would have introduced a reference to the high priest. In the case of Ezek 28:11–19, the alignment of the list of precious or semi-precious stones in v. 13 LXX with the description found in Exod 28:17–20 LXX is unmistakable, but as argued above it seems unlikely that this phenomenon points to the identification of the king of Tyre with the high priest of Jerusalem. (2) The only exception, among the texts studied here, concerns Isa 22:15–25 LXX. In this case, van der Kooij’s argument that the Greek translator of Isaiah identified Shebna/Somnas and Eliakim with high priests of Jerusalem in the Maccabean period, presumably Menelaus and Alkimos respectively, is supported by textual evidence and seems likely. This conclusion can be related to the nature of the Greek translation of Isaiah, which is characterized by its tendency to actualize the prophecies associated with “Isaiah” for its own time, and presumably also to the origins of this translation. If one accepts the view that the Greek translation of Isaiah took place in Egypt under the patronage of the Oniads, the presence of a polemic against the high priests who replaced the Oniads in Jerusalem is not difficult to understand. (3) The materials surveyed here suggest that the question of the political roles ascribed to, or associated with, the high priest of Jerusalem calls for a balanced assessment. On the one hand, the text of Isa 22:20–25 LXX, which identifies Eliakim with a high priest and confers to him Davidic rulership (v. 22), appears to acknowledge the possibility for the high priest to take over royal roles and privileges. However, as in MT already, Eliakim is eventually rejected by the deity (v. 25), and it remains unclear whether, and to what extent, this perspective is continued elsewhere in the LXX of Isaiah. Van der Kooij’s attempt to identify the royal or messianic figure announced in Isa 9:5–6(6–7 with a high priest is not supported by textual evidence and remains therefore entirely hypothetical. Outside of Isaiah, van der Kooij’s suggestion to identify various leaders in the LXX, such as the angel of Exod 23:20– 23 or the messianic ruler in Ezek 21:32(27), with the high priest of Jerusalem, are likewise unconvincing. Furthermore, we need to take into account other passages, such as Zech 6:13, where the political role of the high priest appears on the contrary to have been de-emphasized in regard to MT. (4) Returning to the issue raised at the onset of this essay: the example of Isa 22 LXX confirms that the Greek translation of the Bible can occasionally provide additional evidence on the high priests of the Hellenistic period. However, such evidence is arguably more limited than it has sometimes been claimed and requires, in addition, to be handled with considerable methodological caution. As the previous analysis has shown, the findings regarding the high priest in Isaiah LXX cannot be generalized to other books; a differentiated approach is required. Likewise, the fact that other Greek traditions from the late Hellenistic period, such as the Letter of Aristeas or Diodorus (Library 40.3, 5–6a) present the high priest as the leader of the Jewish community does not imply that this notion must also be present in the LXX. While Isa 22 LXX may indicate that the notion of the high priest as local ruler or dynast was not entirely unknown to at least some of the Greek translators, the previous analysis does not support the view that these translators had anything resembling a theocratic program.
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Die „Nation“ in der Bibel Kosellecks Begriffsgeschichte und biblische Übersetzungsgeschichte* Dominik Markl
Nationalismen haben die politische Geschichte seit dem 19. Jahrhundert wesentlich mitgeprägt. Während das politische Phänomen des Nationalismus nicht vom Gebrauch des Begriffs „Nation“ abhängt, bezeichnet dieser im Deutschen heute meist das von nationalistischen Bewegungen angestrebte Ziel: ein durch ethnische, kulturelle und sprachliche Gemeinsamkeiten vereinigtes Staatsvolk, das durch rechtliche Verfassung in einem Staatsterritorium konstituiert ist. Diese Bedeutung hat „Nation“ erst im Lauf einer langen Begriffsgeschichte angenommen. Die Geschichte der Nationalismen zeigt, dass Nationen nicht etwa natürlich gegeben, sondern konstruierte und imaginierte politische Gemeinwesen sind.1 Angesichts der politischen Bedeutung der „Nation“, deren Verhältnis zu regionalen und globalen Herausforderungen die Gestaltung politischer Herausforderungen auf absehbare Zukunft hin mitbestimmen wird, bleibt auch die vertiefte Erforschung der kulturhistorischen Entwicklung von Nationalismen von Relevanz. In diesem größeren Horizont fragt der folgende Beitrag danach, wie der Begriff „Nation“ in Übersetzungen der Bibel Eingang gefunden hat.2 Begriffsgeschichte, Übersetzungsgeschichte und Sozialgeschichte fließen dabei ineinander. In dieser komplexen Gemengelage kann im Folgenden nicht mehr als eine Sondage gesetzt werden. Die Darstellung geht von Reinhard Kosellecks historischer Methode der Begriffsgeschichte und ihrer Anwendung auf natio und seine Derivate aus, umreißt sodann deren Gebrauch in ausgewählten Bibelübersetzungen, um schließlich die Ergebnisse im Hinblick auf das Verhältnis von Begriffs- und Übersetzungsgeschichte auszuwerten.3
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Reinhard Achenbach hat die sozialgeschichtliche Erforschung des Alten Testaments insbesondere in seinen literar- und rechtsgeschichtlichen Arbeiten sowie in seinen Beiträgen zum Exzellenzcluster „Religion und Politik“ an der WWU Münster produktiv vorangetrieben. Dieser Artikel sei ihm mit Hochachtung zugeeignet. Eine erste Fassung wurde bei der Online-Konferenz „Exodus Motifs in the Old Testament and Hebrew Literature“ vorgetragen (University of Pretoria, Department of Old Testament and Hebrew Scriptures, 9.–11. September 2020). Eric J. Hobsbawm, Nations and Nationalism since 1780: Programme, Myth, Reality (Cambridge: Cambridge University Press, 1990); Benedict Anderson, Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism (London: Verso, ³2006). Zu der hier nicht diskutierten Fragestellung, ob die Rezeption politischer Konzeptionen aus der Bibel die Entwicklung neuzeitlicher Nationalismen beeinflusst haben könnte, siehe Dominik Markl, „Does Deuteronomy Promote a Proto-Nationalist Agenda?,“ in Political Theologies in the Hebrew Bible, hg. Mark Brett und Rachelle Gilmore, JAJS (Paderborn: Brill, im Druck). Kosellecks begriffsgeschichtlicher Ansatz wurde in der Bibelwissenschaft bisher kaum angewandt.
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1. Begriffsgeschichte nach Koselleck: natio und seine Derivate Die extremen Nationalismen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machten die kritische historische Erforschung nationalistischer Bewegungen notwendig. Bedeutsame Beiträge publizierten etwa Carlton Hayes und Hans Kohn in den 1920er bis 40er Jahren.4 Während des Zweiten Weltkriegs verfasste der wie Kohn in die USA emigrierte Guido Zernatto5 eine engagierte, knappe Geschichte des Begriffs „Nation“.6 Als methodischer Zugang der Geschichtswissenschaft wurde Begriffsgeschichte im deutschsprachigen Raum vor allem von Reinhard Koselleck (1923–2006) geprägt.7 Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte sind nach Koselleck wechselseitig aufeinander bezogen, wobei Begriffsgeschichte die sprachlichen Möglichkeitsbedingungen sozialen Handelns untersucht.8 Von seinem freiwilligen Wehrmachtseinsatz und aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, suchte auch Kosellecks historische Arbeit nach „einer Erklärung dessen, was geschehen war“.9 Der Versuch einer Antwort zeigt sich in dem achtbändigen Werk Geschichtliche Grundbegriffe (im Folgenden GG),10 wobei dem Eintrag „Volk, Nation, Nationalismus, Masse“11 eine besondere Rolle zukommt. Mit 250 Druckseiten ist es der umfangreichste Eintrag des gesamten Werkes.12 Drei Autoren wurden für geschichtliche
4 Carlton J. Hayes, Essays on Nationalism (New York: The Macmillan Company, 1926); idem, The Historical Evolution of Nationalism (New York: R.R. Smith, 1931); Hans Kohn, The Idea of Nationalism: A Study on its Origins and Background (New York: Macmillan, 1944). 5 Hans Kohn (* 1891) stammte aus Prag, emigrierte Mitte der 20er Jahre nach Palästina und Mitte der 30er Jahre in die USA; siehe Romy Langeheine, Von Prag nach New York. Hans Kohn. Eine intellektuelle Biographie (Göttingen: Wallstein Verlag, 2014). Guido Zernatto (* 1903) hatte in verschiedenen politischen Ämtern in Österreich gewirkt (1934–1938), bevor er emigrieren musste. Er lehrte Politikwissenschaft an der Fordham University von 1941 bis zu seinem frühen Tod 1943. 6 Guido Zernatto, „Nation: The history of a word,“ trans. Alfonso G. Mistretta, The Review of Politics 6 (1944): 351–366. Der Artikel war als Kapitel des Buchmanuskripts The Future of Nations geschrieben worden. 7 Zum methodischen Zugang siehe Reinhart Koselleck, Begriffsgeschichten (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006); idem, The Practice of Conceptual History: Timing, History, Spacing Concepts, trans. Todd Samuel Presner et al., Cultural Memory in the Present (Stanford: Stanford University Press, 2002); idem, Sediments of Time: On Possible Histories, trans. und ed. Sean Franzel und Stefan-Ludwig Hoffmann (Redwood City: Stanford University Press, 2018); zur Rezeption und Weiterentwicklung siehe z.B. Hans Joas und Peter Vogt, ed., Begriffene Geschichte: Beiträge zum Werk Reinhart Kosellecks (Berlin: Suhrkamp, 2011); Jan-Werner Müller, „On Conceptual History,“ in Rethinking Modern European Intellectual History, ed. Darrin McMahon und Samuel Moyn (Oxford: Oxford University Press, 2014), 74–93; Mario Wimmer, „Conceptual History: Begriffsgeschichte,“ International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences 4 (2015), 548–553; Ernst Müller und Falko Schmieder, Begriffsgeschichte und historische Semantik: Ein kritisches Kompendium (Berlin: Suhrkamp, 2016); iidem, Begriffsgeschichte (Hamburg: Junius, 2020); Willibald Steinmetz, Michael Freeden und Javier Fernández-Sebastián, eds., Conceptual History in the European Space (New York: Berghahn Books, 2017). 8 Reinhard Koselleck, „Sozialgeschichte und Begriffsgeschichte,“ in ders., Begriffsgeschichten, 9–31. 9 Ivan Nagel, „Der Kritiker der Krise,“ in Joas/Vogt, eds., Begriffene Geschichte, 94–102, hier 95. 10 Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, eds, Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, 8 Bände (Stuttgart: Klett-Cotta, 1972–1997). 11 GG 7 (1992), 141–431. 12 Der zweitlängste Eintrag zu „Staat und Souveränität“ hat nur etwa den halben Umfang: GG 6:1–154.
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Die „Nation“ in der Bibel
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Großepochen gewonnen.13 Koselleck selbst rahmte den Artikel durch eine Einleitung und abschließende Abschnitte zur jüngsten Begriffsgeschichte des 19. und 20. Jh.,14 wobei er die Begriffsgeschichte mit den „vier Hypothesen“ von Demokratisierung, Politisierung, Ideologisierung und Verzeitlichung in Beziehung setzte.15 Die Prominenz dieses Eintrags von monographischer Länge ist in seiner sachlichen Brisanz begründet: Die Begriffsgeschichten von ‚Volk‘, ‚Nation‘ – und auch von ‚Masse‘ – sind samt ihren sprachlichen Äquivalenten und Nachbarbegriffen zentral für die abendländische und – inzwischen – für die ganze Weltgeschichte. Denn diese Begriffe verweisen auf die Selbstorganisation und Selbstwahrnehmung politischer Handlungseinheiten sowie auf die jeweils davon ausgeschlossenen anderen Handlungseinheiten oder Fremdgruppen.16 Zudem findet Koselleck in der Geschichte der Begriffe eine Ätiologie der Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Denn im 19. Jahrhundert lag die eigentliche Brisanz und Neuheit ... in der politisierten Differenzbestimmung von (Staats-)‚Volk‘ und (Sprach-)‚Nation‘, in der wechselseitigen Politisierung beider – bisher getrennten – Begriffe. ... Mit diesem ‚Nationalprinzip‘ hat Bluntschli auf den Begriff gebracht, was seit der Mitte des 19. Jahrhunderts unlösbare Konflikte und in unserem Jahrhundert Katarakte von Katastrophen auslösen sollte.17 Vehement weist Koselleck auf die politische Brisanz der scheinbaren Allerweltsworte „Volk“ und „Nation“ im Zusammenhang der sozialen und politischen Geschichte hin, und seine Analyse gewinnt höchste Energie bei der Kritik nationalsozialistischer Sprachverwendung.18 Die Begriffsgeschichte des Lateinischen natio und ausgewählter Derivate19 soll hier in aller Kürze, im Hinblick auf ihre Relevanz für ihr Verhältnis zur biblischen Übersetzungsgeschichte nachgezeichnet werden. Das Lateinische natio ist eine Nominalbildung des Verbum nascor, „geboren werden“, und bedeutet ursprünglich „Geburt“.20 Erst sekundär weitete sich
13 Fritz Gschnitzer übernahm das Altertum (GG 7:151–171), Karl Ferdinand Werner das Mittelalter (171– 281) und Bernd Schönemann die Frühe Neuzeit und das 19. Jh. (281–380). 14 GG 7:142–151 und 380–431. Zur Entstehung und Bedeutung des Eintrags siehe Christof Dipper, „Die ‚Geschichtlichen Grundbegriffe‘: Von der Begriffsgeschichte zur Theorie der historischen Zeiten,“ Historische Zeitschrift 270 (2000): 281–308, hier 296. 15 Siehe besonders GG 7:147–149. 16 GG 7:142. 17 GG 7:388–389. Der Verweis bezieht sich auf Johann Caspar Bluntschli, „Nation und Volk, Nationalitätsprincip,“ in Deutsches Staats-Wörterbuch 7, ed. idem und K. Brater (Stuttgart: Expedition des StaatsWörterbuchs, 1862), 152–160. 18 Siehe bes. GG 7:412–420. 19 Neben den romanischen Sprachen sowie Englisch, Deutsch und Niederländisch haben Derivate von natio Eingang in zahlreiche weitere Sprachen gefunden, z.B. Polnisch nacja, Russisch und Bulgarisch нация etc. 20 Die Bedeutung „Geburt“ ist in einer Inschrift des 3. Jh. v.Chr. sowie bei Varro (Res rusticae 2.6.4) bezeugt: Svetlana Kočovska-Stevović, „On the Roman Concept of Natio,“ Colloquia Humanistica 5 (2016): 1–18, hier 5.
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die Bedeutung auf eine Gruppe von Menschen gemeinsamer Herkunft aus.21 Während das politisch organisierte Volk im lateinischen Sprachgebrauch als populus bezeichnet wird – etwa in der Formel populus senatusque romanus – sind gens und natio ethnische Größen.22 Natio wird nicht vom römischen Volk ausgesagt, sondern von Gruppen fremder Herkunft, und es kann einen komischen oder gar verächtlichen Beiklang haben.23 Gens ist gegenüber natio der weitaus häufigere Ausdruck; die Verwendung von natio erklärt sich teils aus stilistischen Gründen, „etwa das Streben nach Abwechslung im Ausdruck oder nach der Häufung von Synonymen.“24 Wenn die beiden Ausdrücke einander gegenüber stehen, bezeichnet gens ein Gesamtvolk, natio partikulare Stämme.25 Natio „wird mit Vorliebe auch dort gebraucht, wo vom Zusammenleben von Volksteilen verschiedener Herkunft die Rede ist oder – ein verwandter Gedanke – auf der bunten Vielfalt der Völker der Ton liegt.“26 Im Mittelalter bedeutete natio weiterhin häufig „Herkunft“.27 Der Wortgebrauch für regionale Gruppen in der Fremde lebte an mittelalterlichen Universitäten weiter, wo nationes studentische Landsmannschaften bezeichneten, ohne dass die regionalen Größen mit modernen Nationen vergleichbar wären – sie waren je nach Universität flexibel definierbar.28 Eine gewisse Politisierung des Begriffs trat mit seiner Verwendung auf Konzilien ein, da die kirchlichen Vertreter weltlicher Fürsten dort gruppiert als nationes die Funktion von Abgesandten, Repräsentanten hatten.29 Als Elite von Repräsentanten ist nation im mittelalterlichem Französisch sowie bei Montesquieu und vereinzelt noch bis ins 19. Jh. bezeugt.30 Ausgehend vom Französischen sind Derivate von natio auch im Englischen verwendungsähnlich zu „Volk“ seit dem Mittelalter bezeugt.31 Im Deutschen hingegen, wo Nation mindestens bis ins 19. Jh. als Fremdwort empfunden wurde,32 ist die Bedeutungsgeschichte des Wortes komplex. Das Fremdwort nacio(n) 21 Kočovska-Stevović, „Natio,“ 6. 22 GG 7:164–165. 23 Zernatto, „Nation,“ 352; Kočovska-Stevović, „Natio,“ 7 und 11, gibt die verächtliche Konnotation mit dem Englischen „breed“ wieder. 24 GG 7:169. 25 GG 7:169; Kočovska-Stevović, „Natio,“ 9. 26 GG 7:170. 27 GG 7:214–216. 28 GG 7:231–232; Zernatto, „Nation,“ 353–356. Zu ‚Nationen‘ als Landsmannschaften unter Kaufleuten siehe Herfried Münkler, „Nation als politische Idee im frühneuzeitlichen Europa,“ in Nation und Literatur im Europa der Frühen Neuzeit: Akten des 1. Internationalen Osnabrücker Kongresses zur Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, ed. K. Garber (Tübingen: Niemeyer, 1989), 56–86, 60–61. 29 GG 7:233–234; Zernatto, „Nation,“ 361. 30 Zernatto, „Nation,“ 361–362. 31 Das Oxford English Dictionary listet Belege ab 1330 für die Bedeutung „A large aggregate of communities and individuals united by factors such as common descent, language, culture, history, or occupation of the same territory, so as to form a distinct people.“ Das Dictionnaire de l’Académie française definiert nation schon in der ersten Auflage (1694) in staatstheoretischem Sinn: „Tous les habitants d’un mesme Estat, d’un mesme pays, qui vivent sous mesmes loix, & usent de mesme langage &c.“ Im Deutschen findet sich eine vergleichbare Definition erst in Christian Ludwig, Teutsch-Englisches Lexicon (Leipzig: Johann Friedrich Gleditsch, ²1745), 1314, Eintrag Nation: „ein volck, so einerlei sprache, gesetze und regierung hat.“ 32 Das Grimm’sche Wörterbuch behandelt in den 1880er Jahren „Nation“ „voller Vorbehalt gegen das Fremd- bzw. Lehnwort,“ während „Volk“ während des Ersten Weltkriegs mit 17 Spalten gewürdigt wird: GG 7:391.
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Die „Nation“ in der Bibel
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erscheint hier seit dem 15. Jh. in offiziellen Dokumenten in Wendungen wie das Römische rych, der Kayser, die Fürsten und alle Dutsche nacio,33 wobei hier die aristokratische Repräsentanz und nicht etwa das Volk gemeint ist. In der Titulatur Römisches Reich Teutscher Nation sowie in Luthers Schrift „An den Christlichen Adel deutscher Nation“ verweist Nation als abstrakter Begriff auf geographische Herkunft mit sprachlicher Gemeinsamkeit, nicht auf Zugehörigkeit zum Volk, das dem Adel gegenübergestellt, „anbefohlen“ ist.34 Eine Ausweitung der Semantik zeigt sich, wenn sich Ulrich von Hutten 1520 an das vatterlandt Teütsch nation in irer sprach wendet und dabei alle Stände im Blick hat.35 Während sich deutsches Nationalbewusstsein unter den konfessionellen Konflikten und besonders im 30jährigen Krieg kaum entfalten konnte, entwickelte der Begriff Nation im „barocken Sprach- und Kulturpatriotismus“ Relevanz und diente auch in der zweiten Hälfte des 18. Jh. als „geistig-kulturelle Bezugsgröße“ in Begriffen wie Nationaltheater und Nationalerziehung.36 Die Rolle der nation als politischer Grundbegriff in der Französischen Revolution37 wurde für Deutschland indirekt – durch Abgrenzung und Nachahmung zugleich – vorbildhaft. Vermerkt Lessing 1768, dass „wir Deutsche noch keine Nation sind“,38 klingt darin schon jene Zielvorstellung an, die für das 19. Jahrhundert prägend wird. Zwar ist „Volk“ der politische Leitbegriff – „in polemische[r] Zuspitzung gegen das französische ‚nation‘“,39 doch auch die „scheinbar vorpolitische ‚Sprachnation‘ übt unmittelbar eine politische Funktion aus, gegen die französische (Staats-)Nation gerichtet, das (noch nicht existierende) ‚deutsche Volk‘ zur Einheit aufrufend.“40 Die politische Maxime der Zusammenführung von Sprachnation und Staatsvolk wird charakteristisch für den „Nationalismus“ – ein Begriff, der „im Deutschland der zwanziger Jahre voluntaristisch aufgegriffen und aggressiv aufgeladen“ wurde.41 Trotz ihrer unrühmlichen Karriere während der NS-Zeit blieben Volk und Nation freilich auch nach 1945 Grundbegriffe, die unter den politischen Voraussetzungen der Bundesrepublik und der DDR im staatsrechtlichen und politischen Diskurs unterschiedlich weiter verwendet wurden.42
33 Abschied geistlicher Kurfürsten, ca. 1452–1454; dazu und für weitere Belege siehe GG 7:285. 34 Dies zeigt sich deutlich in der Formulierung, Hie solte nw deutsche Nation, Bischoff und Fursten, sich auch fur Christen leut halten und das volck, das yhn befolen ist ... beschirmen (zitiert nach GG 7:294). Reinhard Koselleck, „Deutschland – eine verspätete Nation?,“ in idem, Zeitschichten: Studien zur Historik (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2000), 359–379, hier 364: „Es war also eine Herrschaftselite, die erst im 15. Jahrhundert den Namen einer deutschen Nation auf sich zog und die auch Luther angesprochen hatte: als Adelsnation, um sie auf christliche Erziehung zu verpflichten.“ 35 GG 7:289. 36 GG 7:305–309. 37 GG 7:321–325; Elisabeth Fehrenbach, „Nation,“ in Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680–1820, Heft 7, ed. Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt (München: Oldenbourg, 1986), 75– 107. 38 Zitiert nach GG 7:149. 39 GG 7:391. 40 GG 7:148. Zu „‚Nation‘ als vorstaatlicher, ‚Volk‘ als politischer Begriff“ siehe auch ebd. 382–389. 41 GG 7:148 und ausführlicher 398–402. 42 GG 7:420–431.
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2. Zur biblischen Übersetzungsgeschichte von Bezeichnungen für „Volk“ Auf dem Hintergrund der soeben skizzierten Begriffsgeschichte soll im Folgenden nach der biblischen Verwendung von Bezeichnungen im semantischen Feld von „Volk“ und der Geschichte ausgewählter Übersetzungen gefragt werden – besonders im Hinblick darauf, wie natio und dessen Derivate in Übersetzungen verwendet wurden. Die Darstellung des hebräischen und griechischen Sprachbefundes konzentriert sich daher auf Aspekte, die für spätere Übersetzungen bedeutsam sind. Für „Volk“ verfügt die Hebräische Bibel über die beiden Hauptbegriffe ‘am und gōj.43 ‘am ist mit 1868 Belegen mehr als dreimal so häufig verwendet als gōj (561 ×).44 ‘am bezeichnet die Großfamilie, Sippe,45 und hat sich von hier aus auf die Bedeutung „Volk“ erweitert, was wiederum die Konzeption des Volkes als große, verwandtschaftlich verbundene Gruppe impliziert. Nach Wolfgang von Soden habe im Alten Orient nur Israel einen Volksbegriff ausgebildet ..., der durch seine Geschichte bestimmt ist. Überall sonst werden die Menschen nur nach ihrer Herkunft aus einem bestimmten Land oder ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gekennzeichnet, sofern man nicht schlicht nur von Menschen spricht. 46 Der Gedanke der geschwisterlichen Gleichheit der Israeliten ist in der deuteronomischen Konzeption Israels sogar normativ entworfen.47 Für gōj, meist als „Volk“ oder „Nation“ übersetzt, sind sowohl die Etymologie als auch die nähere Begriffsbestimmung unklar.48 Zuweilen wird vorgeschlagen, verwandtschaftliche Beziehung sei weniger impliziert als bei ‘am, sodass territoriale oder politische Vergemeinschaftung im Vordergrund stünden,49 doch lassen sich dafür kaum schlagende Beweise anführen.50 Eine unterscheidende Übersetzung von „Volk“ für ‘am und ‚Nation, Bevölkerung, Staat‘ für gōj sind“ daher „kaum befriedigend und können nur vom Kontext her oder mit einer Erläuterung versehen als angebracht bezeichnet 43 Bei qāhāl und ‘ēdā steht semantisch die politische Versammlung im Vordergrund. 44 Vgl. die statistische Tabelle bei Alexander R. Hulst, Art. „עם/‘ גויam/gōj,“ THAT 2 (1984) 290–325, 293– 294. 45 Belege für die Bedeutung „Verwandtschaft“ führt Hulst, עם/גוי, 296–298 an. 46 Wolfgang von Soden, Einführung in die Altorientalistik (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1985), 13. 47 Norbert Lohfink, „Das deuteronomische Gesetz in seiner Endgestalt – Entwurf einer Gesellschaft ohne marginale Gruppen,“ Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur III, SBAB 20 (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1995), 205–218 [= BN 51 (1990), 25–40]. Selbst der König darf sich nicht über seine „Geschwister“ erheben (Dtn 17,20): Reinhard Achenbach, „Das sogenannte Königsgesetz in Deuteronomium 17,14–20,“ ZAR 15 (2009): 216–233, bes. 231. 48 Hulst, „עם/גוי,“ 293; Ronald E. Clements, Art. „גוי,“ ThWAT 1 (1973), 965–973, hier 966–967. 49 Ephraim A. Speiser, „‚People‘ and ‚Nation‘ of Israel,“ JBL 79 (1960) 157–163, argumentierte – trotz zahlreicher gültiger Einzelbeobachtungen – die Verheißungszusage an die Erzväter, ein großes gōj zu werden, beziehe sich auf „stability of nationhood in a land specifically designated for that purpose“ (163). Dem jedoch widerspricht Gen 46,3, wonach Israel schon in der Fremde Ägyptens, ohne jegliche staatliche Verfassung und ohne Staatsterritorium zum großen gōj werden soll. 50 In Gen 12,3 bezieht sich das göttliche Versprechen an Abraham, ihn zu einem „großen gōj“ zu machen, auf das Abstammungsverhältnis (zu vergleichbaren Verwendungen von gōj in „Verheißungsaussagen“ siehe Hulst, „עם/גוי,“ 310–315). Eine Konstruktion von gōj als Gruppen gemeinsamer Abstammung zeigt sich auch in der Völkertafel (Gen 10, vgl. besonders zusammenfassend V. 32).
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werden.“51 Auch hinsichtlich der Anwendung beider Begriffe auf „Israel“52 oder andere „Nationen“ zeigt die Hebräische Bibel – im Gegensatz zu späterem Sprachgebrauch in Qumran und dem rabbinischen Hebräisch53 – keine strikte Präferenz.54 Selbst in den für die theologische und politische Konzeption kollektiver Identität Israels so prägenden Texten wie den Bundesschlüssen am Sinai (Ex 19–24) und in Moab (Deuteronomium) können beide Begriffe sowohl für Israel als auch für andere Völker stehen. Am Sinai wird Israel zu Jhwhs Juwel unter allen Völkern (‘amîm) und zum „heiligen gōj“ (Ex 19,5–6). In umgekehrtem Sprachgebrauch kann Israel als „heiliges ‘am“ gegenüber allen gōjîm auftreten (Dtn 26,19). Die anderen Völker (‘amîm) werden, so kündigt Mose an, Israel als weises und verständiges Volk (‘am) und als „großes gōj“ anerkennen (Dtn 4,6–8). Auch die Außenperspektive scheint also beide Begriffe beinahe synonym auf Israel anwenden zu können. Den Exodus beschreibt Mose als göttliches Entreißen eines gōj aus der Mitte eines anderen, sodass die Antagonisten Israel und Ägypten mit demselben Terminus bezeichnet sind (Dtn 4,34). Solch geradezu systematische Vermischung legt Übersetzungen nicht nahe, in der Anwendung von Volksbegriffen streng zwischen Israel und den anderen Völkern zu unterscheiden. Die Septuaginta zeigt hier eine neue Tendenz. Das griechische Vokabular stellte drei Hauptbegriffe für das semantische Feld um „Volk“ bereit: δῆμος, ἔθνος und λαός. Arnold Ehrhardt schrieb zum Befund der LXX: Was zunächst Laos angeht, so erscheint es ... auf den ersten Blick höchst merkwürdig, daß man gerade auf dieses Wort zurückgriff, um damit, unter fast völligem Ausschluß der Worte Demos und Ethnos, das ‚auserwählte Volk Gottes‘ zu bezeichnen... In der hellenistischen Epoche wurde ja Laos selber, und noch viel mehr der Plural Laoi, dafür verwendet, um damit die armen Leute, das niedere Volk, zu bezeichnen.55 Als Hauptgrund für diese Wahl sah Ehrhardt die übliche Verwendung von δῆμος56 für die Bezeichnung der Griechen und von ἔθνος für „die Barbaren oder, vom jüdischen Standpunkt 51 Hulst, „עם/גוי,“ 293. 52 Zur Problematik der Bezeichnung siehe Jean Louis Ska, „Why is the Chosen People Called Israel and Not Judah?,“ in Yahwistic Diversity and the Hebrew Bible: Tracing Perspectives of Group Identity from Judah, Samaria, and the Diaspora in Biblical Traditions, ed. Benedikt Hensel, Dany Nocquet und Bartosz Adamczewski, FAT II 120 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2020), 151–167. 53 Siehe Federico Dal Bo, Art. „ גויgôj,“ in ThWQ 1 (2011) 586–588; Reinhard Feldmeier, „The ‚Nation‘ of Strangers: Social Contempt and its Theological Interpretation in Ancient Judaism and Early Christianity,“ in Ethnicity and the Bible, ed. Mark G. Brett (Leiden: Brill, 1996), 241–270. 54 Zwar überwiegt für gōj bei weitem der pluralische Gebrauch (78 %), während ‘am meist im Singular vorkommt (88 %), sodass sich gōj häufig auf andere Völker bezieht, doch bezeichnet etwa das Deuteronomium die Fremdvölker 33x als gōjîm und 25x als ‘amîm, sodass auch diesbezüglich nicht von einem semantischen Spezifikum die Rede sein kann. 55 Arnold A.T. Ehrhardt, Politische Metaphysik von Solon bis Augustin: Erster Band: Die Gottesstadt der Griechen und Römer (Tübingen: Mohr Siebeck, 1959), 136–137. Ehrhardt war zur Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland gezwungen worden; seine an der University of Manchester angesiedelten Forschungen zur politischen Ideengeschichte standen unter dem Zeichen seines biographischen Schicksals, wie das Vorwort zu erkennen gibt: „Meinen lieben Lehrern in Basel, Karl Ludwig Schmid und Karl Barth, danke ich die Anregung mich von den Quellen her von dieser Not zu befreien“ (vii). 56 In der LXX dient das mit 135 Belegen (davon 122x in Num und Jos) relativ selten verwendete Wort δῆμος vor allem zur Übersetzung von משפחה. Anna Passoni dell’Acqua, „Precisazione sul valore di DEMOS nella versione dei LXX,“ RivBib 30 (1982): 197–214, bes. 202.
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aus gesehen, die Heiden.“57 Obwohl LXX ἔθνος häufig für gōj, λαός für ‘am verwendet,58 tendiert sie auch dazu, Israel als λαός zu bezeichnen (ergänzt in Ex 19,5), die Fremdvölker hingegen als ἔθνη – in der Übersetzung sowohl von gōjîm als auch ‘amîm.59 Unter Rückgriff auf die Konvention der LXX tendieren auch die neutestamentlichen Schriften zu diesem Sprachgebrauch.60 Das sich für Nicht–Juden öffnende entstehende Christentum stand somit vor der konzeptuellen Herausforderung, sich als λαός jenseits ethnischer Kriterien zu verstehen.61 Hieronymus – dessen Übersetzung hier aufgrund ihres Einflusses als Bibel der Westkirche für ein Jahrtausend von besonderem Interesse ist62 – übersetzte die Schriften des Tanach aus dem Hebräischen, teils unter Berücksichtigung der griechischen Texttradition.63 Im semantischen Feld um „Volk“ bieten sich im Lateinischen vor allem populus, gens und natio an. Bevorzugt erscheinen in der Vulgata64 populus (1.884 ×, häufig für ‘am Singular) und gens (716 ×, häufig im Plural für gōjîm bzw. ἔθνη), während natio vergleichsweise spärlich gebraucht wird (67 ×, davon 59 × im Plural). Die einzige Stelle, wo sich natio im Singular auch auf Israel beziehen kann (Dtn 4,7) erklärt sich als stilistische Variation.65 Die Formulierungen nec est enim alia natio tam grandis gegenüber quae est enim alia gens sic inclita in v.7–8 (jeweils für )מי גוי גדולfolgen der Maxime variatio delectat.66 Dieser Befund zeigt, dass natio ganz entsprechend dem Lateinischen Sprachgebrauch deutlich weniger häufig als populus und gens sowie mit Bezug auf andere Völker verwendet ist. Als Selbstbezeichnung eignet sich natio nach dem Sprachgefühl des Hieronymus für Israel ebenso wenig wie für das römische Volk. 57 Ehrhardt, Politische Metaphysik, 138. Ebd. vermutet der Autor: „Daneben dürften sich aber die Juden bei der Wahl von Laos auch in der Demut gefallen haben, das Wort, das die Armen und Entrechteten bezeichnete, zu ihrem nationalen Panier zu erheben.“ 58 Marguerite Harl, La Genèse, La Bible d’Alexandrie 1 (Paris: du Cerf, 1986), 58–59. Dabei kann also ἔθνος auch Israel bezeichnen, wie in Ex 19,5 (ἔθνος ἅγιον). 59 Im Buch Deuteronomium steht ἔθνος im Plural für gōjîm (Dtn 4,27.38; 7,1².22; 8,20; 9,1 etc), aber auch für ‘amîm (2,25; 4,6.19.27; 6,14; 7,6.7².14.16.19 etc). 60 See Ceslas Spicq, „λαός,“ in idem, TLNT, trans. und ed. James D. Ernest (Peabody, MA: Hendrickson, 1994), 2:371–374. 61 Denise K. Buell, Why This New Race? Ethnic Reasoning in Early Christianity (New York: Columbia University Press, 2005); zu Justin auch Manuel Vogel, „Ein Streit nicht nur um Worte: Begriffsgeschichtliche Beobachtungen zu frühchristlichen Strategien der Exklusion,“ in Juden – Heiden – Christen? Religiöse Inklusionen und Exklusionen im Römischen Kleinasien bis Decius, ed. Stefan Alkier und Hartmut Leppin (Tübingen: Mohr Siebeck, 2018), 43–69, bes. 59–61. 62 Die altlateinischen Übersetzungen wären aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit und der unzureichenden Editionslage nur schwierig zu analysieren. Ihr Einfluss nahm nach Hieronymus deutlich ab. 63 Zu Hieronymus und seiner Übersetzungsarbeit siehe bes. Alfons Fürst, Hieronymus: Askese und Wissenschaft in der Spätantike (Freiburg i. Br.: Herder, ²2016); Adam Kamesar, „Jerome,“ in The New Cambridge History of the Bible: Volume 1: From the Beginnings to 600, ed. James Carleton Paget und Joachim Schaper (Cambridge: Cambridge University Press, 2013), 653–675. 64 Die Zahlen beziehen sich im Folgenden – wie auch sonst in diesem Artikel – auf die Vorkommen in den Büchern der Hebräischen Bibel sowie im Neuen Testament. 65 In Dtn 4,6 ist zweifach populus verwendet, in 4,6 und besonders im parallel formulierten V. 8 gens. Die anderen Singularstellen sind entweder distributiv (mit omnis: Ps 147,20; Apg 2,5; Offb 5,9), beziehen sich auf Herkunft (Alexandrinus natione: Apg 18,24) und gemeinsame Abstammung (Ps 73,15) oder haben negative Konnotationen (Est 3,6; Phil 2,5). 66 Vgl. auch gentem de medio nationum für גוי מקרב גויin Dtn 4,34.
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In neuzeitlichen französichen und englischen Bibelübersetzungen lassen sich Derivate von natio schon früh nachweisen. In den Übersetzungen von Jacques Lefèvre d’Étaples (1530)67 und Pierre Robert Olivétan (1535)68 dürfte das Wort recht selten gebrauch sein, deutlich häufiger schon in der Bible de Castellion (1555).69 In Tyndale’s New Testament (1534) erscheint nacion 55 ×, in Miles Coverdales Übersetzung (1535) ist es in regelmäßigem Gebrauch. Dessen Wiedergabe von Dtn 4,6–7 zeigt die Variation zwischen nacion, folke und people: for that is youre wysdome and vnderstondinge in the sight of all nacions [‘amîm], which wha they haue herde all these ordinaunces, shall saye: O what a wyse and vnderstondinge folke [‘am] is this? and how excellent a people [gōj]? For where is there so excellent a nacion [gōj] ... Demgegenüber hebt sich Martin Luthers Übersetzung ab, in die das Wort nation keinen Eingang gefunden hat.70 Luther verwendet gewöhnlich volck zur Wiedergabe von ‘am und gōj, wobei leut zur Variation dienen kann, wie etwa in Dtn 4,6–7: Denn das ist ewer weyßheit und verstand vor allen völckern [‘amîm]/ wenn sie hören werde alle dise sitten/ das sie werde sagen/ Ey welch weyse und verstendige leut [‘am] sind das und eyn trefflich volck [gōj]/ Denn wo ist so ein trefflich volck [gōj]...71 Gründe für das Fehlen des Wortes nation – das Luther in anderen Schriften verwendete – lassen sich nur vermuten. Einerseits dürfte nation für Luthers Sprachgefühl semantisch nicht als Alternative zu volck geeignet gewesen sein, da es noch vor allem für die „Adelsnation“ verwendet wurde. Zugleich ist möglich, dass nation zu stark den Geruch der lateinischen Gelehrtensprache trug, den Luther vermied, da er die Bibel für die mutter ihm hause und den gemeinen man auff dem marckt ... klar und gewaltiglich verteutschen wollte.72 Obwohl die mangelnde Unterscheidung zwischen ‘am und gōj als übersetzerisches Defizit erscheinen konnte, fand Nation auch in späteren Revisionen der Lutherübersetzung kaum Verwendung.73 Wie außergewöhnlich diese Leerstelle im Vokabular der Lutherübersetzung ist, zeigt sich besonders im Vergleich mit anderen Übersetzungen. In der folgenden Tabelle ist die Anzahl
67 Gen 10,5: en leurs nations, nach der Vulgata: in nationibus suis. 68 Gen 10,5: isles des natiōs. 69 Bei der Wiedergabe des fünfmaligen Auftretens von ‘am/gōj in Dtn 4,6–8 hat Lefèvre d’Étaples einmal nulle autre nation (4,7), Olivétan kommt ohne nation aus, Castellion hingegen verwendet viermal nacion. 70 Stichproben lassen vermuten, dass auch die Mentelin-Bibel von 1466 kein Derivat von natio verwendet. 71 Zitiert nach der Erstausgabe von Luthers Übersetzung des Pentateuch (Wittenberg: Melchior Lotter, 1523). 72 Aus dem „Sendbrief vom Dolmetschen“ zitiert nach Wilhelm Schmidt, Geschichte der deutschen Sprache: Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. Teil 2: Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch und Frühneuhochdeutsch (Stuttgart: S. Hirzel, 112013), 129–130. Zu Luthers Übersetzungsprinzipien siehe Werner Besch, Luther und die deutsche Sprache: 500 Jahre deutsche Sprachgeschichte im Lichte der neueren Forschung (Berlin: Erich Schmidt, 2014), bes. 43–45. 73 1912 wies die Lutherübersetzung noch keine, 1984 nur elf Belege von Nation auf.
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der Belege für natio in der Vulgata jener für dessen Derivate in einer Auswahl von englischen und deutschen Übersetzungen gegenübergestellt.74 Übersetzung
Jahr ca. 420
natio* in der Hebräischen Bibel 60
natio* im Neuen Testament 7
Vulgata Englische Übersetzungen Geneva Bible King James Version American Standard Version Jewish Publication Society New Kings James Version
gesamt 67
1599 1611 1901 1917 1982
372 413 569 567 529
59 68 69 68
431 481 638 597
Deutschsprachige Übersetzungen Luther 1545 Elberfelder Bibel 1905 Einheitsübersetzung 1980 Revidierte Elberfelder 1993 Luther 1984
0 540 59 546 4
0 165 8 163 7
0 705 67 709 11
Drei Beobachtungen seien hervorgehoben. Erstens zeigt sich in den englischen Übersetzungen von der Geneva Bible über die King James Version zu Übersetzungen um 1900 eine deutliche Steigerung der Belege für nation, was auf eine stetige Normalisierung des Wortgebrauchs hinweisen könnte, sowie auf eine zunehmend konsequente Wiedergabe von gōj durch nation, die sich in ca. 550 Belegen in den Büchern der Hebräischen Bibel spiegelt. Zweitens zeigt die Normalisierung der Verwendung von nation in englischen Übersetzungen eine Entsprechung in der Elberfelder Bibel, während die Lutherübersetzung auch in revidierten Versionen bei der Vermeidung von Nation bleibt. Die Einheitsübersetzung zeigt eine sehr eingeschränkte Verwendung von Nation.75
3. Zum Verhältnis von Begriffs- und Übersetzungsgeschichte Die soeben durchgeführte Sondage zur Verwendung von natio und ausgewählter Derivate in der Übersetzungsgeschichte der Bibel lassen sich hinsichtlich des Verhältnisses von Begriffsund Übersetzungsgeschichte auswerten. Grundlegend ist die Feststellung, dass der Wandel der Übersetzungen den Wandel des Gebrauchs und der Bedeutung von Begriffen abbilden. Zugleich reflektieren Veränderungen im sozialen und politischen Vokabular in Übersetzungen die Entwicklung politischer Diskurse. War natio für Hieronymus kaum mehr als ein 74 Die Statistik wurde mit Hilfe des Programms Bibleworks erstellt. 75 Trotz der ähnlichen Frequenz von natio in der Vulgata und Nation in EÜ, scheint EÜ in der Wortwahl nicht durch die Vulgata beeinflusst zu sein.
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ausnahmsweise zur Variation von gens heranzuziehendes Vokabel, führte die begriffliche Karriere von Nation bis zum 19. Jh. zu seiner rund zehnmal so häufigen Verwendung im Englischen und Französischen sowie – verspätet – auch in der Elberfelder Bibel. Die negative Evidenz des Wortes in der Lutherübersetzung weist darauf hin, dass die Normalisierung der Verwendung von natio* für ‚Volk‘ im Deutschen gegenüber dem Englischen und Französischen erst später eingetreten sein dürfte. Zugleich zeigt die Kontinuität der Lutherübersetzung bis zur Gegenwart in ihrer Vermeidung von Nation, wie Übersetzungen, die selbst Autorität gewonnen haben, sprachkonservierend wirken und daher begriffsgeschichtliche Veränderungen nur begrenzt abbilden können. Bedeutsame Übersetzungen wie LXX, Vulgata, Lutherübersetzung oder King James Version hatten selbst erheblichen Einfluss auf die Begriffsgeschichte ihrer jeweiligen Sprachen76 aufgrund der hohen diskursiven Präsenz biblischer Texte – besonders in der frühen Neuzeit – in Katechesen, Predigten, wissenschaftlichen und politischen Disputationen etc. Der häufige Gebrauch von nation in englischen Bibelübersetzungen seit dem 16. Jh. verlieh dem Begriff in England und den USA einen religiösen Beiklang,77 der im politischen Diskurs teils bis heute weiterwirkt – während ein solcher Beiklang im Deutschen völlig fehlen dürfte. Hier ist im religiösen Kontext vom Gottesvolk die Rede, während Nation ganz als Begriff der säkularen politischen Sprache klingt. Übersetzungen wirken so als vermittelndes Zwischenglied in der Rezeption der Bibel in der politischen Ideengeschichte. Wenn laut der King James Version Israel am Sinai zur holy nation wurde (Ex 19,6), war damit ein Identifikationspotential für England und die USA als entstehende Nationen geboten.78 Umgekehrt führte der nationalistische Diskurs im Frankreich des 19. Jh. zu neuen Konnotationen, wenn etwa in französischen Übersetzungen von Dtn 4,6 gefragt wird, wer die grande nation sei, der Gott nahe ist. Die konstante Rede der Lutherübersetzung vom Volk hingegen eignete sich nicht weniger zur religiösen Imprägnierung nationalistischen Gedankenguts, da dieses im Deutschen als völkische Ideologie zum Ausdruck kam.79 So schreibt Koselleck zur Entwicklung der NS-Sprache: Quer durch allen Verfassungswandel kristallisieren sich am Begriff ‚Volk‘ im Deutschen immer neue Erwartungen an, auch ein religiöser Überhang der Erlösungs- und 76 Zur sprachgeschichtlichen Bedeutung der Lutherübersetzung siehe Schmidt, Geschichte der deutschen Sprache, 127–132; Besch, Luther und die deutsche Sprache, bes. 81–95; zur Wirkungsgeschichte der King James Version z.B. Gordon Campbell, Bible: The Story of the King James Version 1611–2011 (Oxford: Oxford University Press, 2010). 77 Mary Anne Perkins, Nation and Word: 1770–1850: Religious and Metaphysical Language in European National Consciousness (Aldershot: Ashgate Publishing Limited, 1999), bes. 155–174; Anthony D. Smith, Chosen Peoples: Sacred Sources of National Identity (Oxford 2003). 78 Eran Shalev, „The Bible and the Founding of the Nation,“ in The Oxford Handbook of the Bible in America, ed. Paul Gutjahr (Oxford: University Press, 2017), 346–357; idem, American Zion: The Old Testament as a Political Text from the Revolution to the Civil War (New Haven: Yale University Press, 2013). 79 Zum Beitrag von Bibelwissenschaftlern zu völkischer Ideologie siehe Cornelia Weber, Altes Testament und völkische Frage: Der biblische Volksbegriff in der alttestamentlichen Wissenschaft der nationalsozialistischen Zeit, dargestellt am Beispiel von Johannes Hempel, FAT 28 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2000), bes. 75–85, zu ‚völkischer‘ Exegese; zum historischen Kontext: Roland Kurz, Nationalprotestantisches Denken in der Weimarer Republik: Voraussetzungen und Ausprägungen des Protestantismus nach dem Ersten Weltkrieg in seiner Begegnung mit Volk und Nation (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2007).
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Befreiungsbedürftigkeit mit daraus folgendem Sendungsbewußtsein. So weist selbst die moderne Verzeitlichung unseres Volksbegriffs zurück in die theologische ‚Vorgeschichte‘ des ‚Gottesvolks‘.80 Zu fragen wäre, inwiefern die Begriffswahl durch politische Faktoren mit motiviert sein kann, etwa wenn die niederländische Bibelübersetzung (Statenvertaling, 1637) nur 38 Belege für natie aufweist, die Afrikaans Bibel von 1953 hingegen 563 Vorkommen von nasie (Revision 1983: 601 ×). Vertiefte Reflexion auf das Verhältnis von Begriffs- und Übersetzungsgeschichte könnte die wechselseitige Relevanz der beiden Felder sowohl für begriffsgeschichtliche Forschung als auch für Übersetzungsstudien und Übersetzende zeigen. Die Geschichte biblischer Übersetzungen könnte als zusätzliche, bisher nur wenig berücksichtigte Quelle für begriffsgeschichtliche Studien dienen. Begriffsgeschichtliche Untersuchen wiederum können Übersetzerinnen und Übersetzer der Bibel für die semantische Komplexität politisch-sozialer Grundbegriffe sensibilisieren.
80 GG 7:149.
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Vom despektierlichen Schimpfwort zum Ausdruck stolzen Elitebewusstseins in den „Diaspora-Novellen“ über Abraham, Joseph und Moses: ( ִﬠ ְב ִריʿibrî, Hebräer) in diachroner Perspektive Oded Lipschits
Der Begriff ʿibrî kommt im Alten Testament 34-mal vor,1 meistens (18-mal) im männlichen Plural (ʿibrîm), aber auch viermal im weiblichen Plural (ʿibriyyôt), 10-mal im männlichen Singular (ʿibrî) und zweimal im weiblichen Singular (ʿibriyyâ). Er bezeichnet in vordavidischer Zeit immer das Volk Israel oder die Angehörigen dieses Volkes und wird traditionell mit „Hebräer“ (Singular und Plural) übersetzt. Nur einmal ist der Begriff ֶא ֶרץ ָה ִﬠ ְב ִריםauf das Land Israel gerichtet; es dürfte sich um eine spätzeitliche ethnische Assoziation für den Begriff ʿibrî handeln.2 Etwa 40% der Belege für den Begriffs ʿibrî (14 Mal) finden sich im Buch Exodus, hauptsächlich in der Beschreibung von Mose und der Exodus-Geschichte (Ex 1, 15.16. 19; 2,6.7. 11,13; 3,18; 5,3; 7,16; 9,1.13; 10,3), aber auch einmal im Rahmen der Gesetze über „hebräische Sklaven“ (21,2), in direktem Zusammenhang mit dem dreimaligen Auftreten dieses Titels bei Jeremia (34,9 [zweimal].14) und im Deuteronomium (15,12 [zweimal]). In der Genesis erscheint er 6-mal, hauptsächlich (5-mal) in der Josephsgeschichte (39,14.17; 40,15; 41,12; 43,32) und auch einmal in Gen 14,13, wo Abraham ʾabrām hāʿibrî genannt wird. Es erscheint auch achtmal in 1 Samuel (4,6.9; 13, 3.7.19; 14,11.21; 29,3)3 und einmal in Jona (1,9).
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Dies ist neben der einen Gelegenheit, bei der ʿibrî als Personenname erscheint – einer der Söhne von Merari (1 Chr 24,27). Man sollte ein zusätzliches Auftreten in der LXX und dem Smr von Ex 1,22 hinzufügen, und vgl. Klaus Koch, „Die Hebräer vom Auszug aus Äִgypten bis zum Großreich Davids,“ VT 19 (1969): 40. Außerdem liest die LXX in Num 24,24 Ἐβραίους für Eber. Siehe Lauren Monroe, „Stripping off the Robe. New Light on ‚Joseph the Hebrew‘ and the bet-yosef,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 71–72, n. 46. Schon Stade, Wellhausen und andere erklärten diesen Begriff als Bezeichnung für diejenigen, die von „der anderen Seite“ des Jordans kamen, wobei sie davon ausgingen, dass er den Israeliten erst von den Kanaanitern gegeben wurde, nachdem sie nach Palästina gekommen waren. Siehe z. B. Samuel R. Driver, The Book of Genesis with Introduction and Notes (London: Methuen & Co., 1913), 138. Der Text von 1 Sam. 13: 3 sollte in Übereinstimmung mit der Fassung der LXX geändert werden. Vgl. Samuel R. Driver, Notes on the Hebrew Text of the Books of Samuel (Oxford: Oxford University Press, 1913), 98. Der Text in 13,7 sollte als Verfälschung behandelt werden. Siehe: Driver, Notes, 99–100, aber
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Die Bedeutung dieser Verteilung des Begriffs ʿibrî im Alten Testament besteht darin, dass er hauptsächlich in der Beschreibung zweier historischer Perioden in vordavidischer Zeit auftaucht, als Israel unter der Herrschaft anderer Nationen stand: Ägypten und die Philister. Er wurde immer neben den üblichen Begriffen „Israel“ / „Söhne Israels“ verwendet und erscheint meist in ungünstigen Kontexten.4 Mehr noch, dieser Begriff wird im Text gewöhnlich entweder von den Ägyptern (Gen 39,14.17; 41,12; Ex 1,16; 2,6), von den Philistern (1 Sam 4,6.9; 13,3.19; 14,11; 29,3), oder vom Erzähler, der sich auf Israeliten im Kontext von Ägyptern und Philistern gegenüber Israeliten bezieht (Gen 4,15; Ex 1,19; 2,7; 3,18; 5,3; 7,16; 9,1.13; 10,3). Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass ( ִﬠ ְב ִריʿibrî) sich von dem Begriff Ḫabiru / ʿapiru aus dem späten dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. ableitet (oder davon beeinflusst wurde), der hauptsächlich aus den Archiven von Ugarit, Alalach und el-Amarna bekannt ist. In der Regel wird er zur negativen Beschreibung einer landlosen sozialen Klasse von „Geächteten“ gebraucht,5 auch wenn dieser Begriff in der hebräischen Bibel als ethnischer Begriff für das Volk Israel verwendet wurde, in der Regel so, wie er von Ausländern (Ägyptern oder Philistern) beschrieben wurde. Viele Gelehrte folgten dieser Linie und interpretierten ʿibrî als Appellativum, nicht als Gentilicium, als Bezeichnung für einen rechtlichen oder sozialen Status.6 Wie Beattie und Davies sehr deutlich gezeigt haben,7 besteht das Problem darin, dass diese Hypothese vollständig von einer etymologischen Verwandtschaft eines Begriffs aus
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siehe auch: Norman K. Gottwald, The Tribes of Yahweh: A Sociology of the Religion of Liberated Israel, 1250–1050 B.C.E (New York: Orbis, 1979), 423. Siehe: Nadav Na'aman, „Habiru and Hebrews: The Transfer of a Social Term to the Literary Sphere,“ JNES 45 (1986): 278–280; Derek R. G. Beattie / Philip R. Davies, „What Does Hebrew Mean?,“ JSS 56 (2011): 76; Christoph Berner, „Hebrew, Hebrews,“ EBR 11: 676. Siehe die Diskussion und die umfangreiche Bibliographie in Claus Westermann, Genesis 12–36 – A Commentary (englische Übersetzung der deutschen Fassung von 1981 [Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1985]), 97–98; Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 271–272; idem., „Ḫabiru-Like Bands in the Assyrian Empire and Bands in Biblical Historiography,“ JAOS 120 (2000): 622; Niels P. Lemche, „Ḫabiru, Ḫapiru,“ ABD 3: 6–10; Daniel Fleming, The Legacy of Israel in Judah's Bible: History, Politics, and the Reinscribing of Tradition (New York: Cambridge University Press, 2012), 264–269; idem., „The Amorites,“ in The World Around the Old Testament: The People and Places of the Ancient Near East, ed. Bill T. Arnold und Brent A. Strawn (Grand Rapids, MI: Baker Academic, 2016), 23–26. Siehe auch z.B. David N. Freedman und B. E. Willoughby, „' ִﬠ ְב ִריibrî,“ TDOT 10: 430–445; Rainer Albertz, History of Israelite Religion in the Old Testament Period, Volume I: From the Beginnings to the End of the Monarchy (Louisville: Westwinster/John Knox Press, 1994), 45, und Anm. 26, 258. Brevard S. Childs, The Book of Exodus: A Critical, Theological Commentary (Philadelphia: Westminster, 1974), 468; Niels P. Lemche, „The ‚Hebrew Slave‘. Comments on the Slave Law Ex. XXI 2–11,“ VT 25 (1975): 136, 138; Bernard S. Jackson, „Biblical Laws of Slavery: A Comparative Approach,“ in Slavery and Other Forms of Unfree Labour, ed. Léonie. J. Archer (London: Routledge, 1988), 92. Lipiński zum Beispiel interpretiert ebed ibrî als Bezeichnung für einen Israeliten mit niedrigem sozialem Status, der zum Sklaven geworden war. Siehe: Edward Lipiński, „L'‚Esclave Hébreu‘„ VT 26 (1976): 120–124. Gegen diese Interpretation siehe Beattie und Davies, „What Does Hebrew Mean?,“ 76, die in diesem Zusammenhang behaupten, dass „Hebräisch nicht dasselbe ist wie Israelit“. Siehe kürzlich die Diskussion von Monroe, „Stripping off the Robe,“ 71–72. Siehe Beattie and Davies, „What Does Hebrew Mean?,“ 76.
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dem 2. Jahrtausend (Ḫabiru / ʿapiru) 8 mit dem biblischen Begriff 'ibrî abhängt,9 obwohl es doch einen großen Unterschied im Gebrauch dieser beiden Begriffe gibt.10 Außerdem gibt es eine große zeitliche Lücke zwischen der Zeit, in der diese beiden Begriffe von mesopotamischen und ägyptischen Schreibern in der mittleren und späten Bronzezeit verwendet wurden, und den biblischen Schreibern, die Hunderte von Jahren später arbeiteten. Alle Gelehrten, die die Identität der beiden Begriffe akzeptierten, mussten also davon ausgehen, dass der Begriff Hunderte von Jahren überlebte, ohne dass uns ein Hinweis oder eine Verwendung bekannt ist, und dass sich der Begriff am Ende des Prozesses von einer sozialen Bezeichnung in einen ethnischen Begriff verwandelte. Na'aman hat sehr deutlich gezeigt, dass es im Alten Testament in den Geschichten von Davids Aufstieg zur Macht Erinnerungen an das Ḫabiru- / ʿapiru-Phänomen gab, mit einigen sehr ähnlichen Verwendungen des Begriffs „Hebräer“ (Singular und Plural).11 Auch in wenigen anderen biblischen Texten, die höchstwahrscheinlich auf alten Erinnerungen beruhen, gibt es offenbar authentische genaue Beschreibungen von "Ḫabiru-ähnlichen" Banden (vor allem in der Jephta-Geschichte in Richter 11), mit Einzelheiten über die Hintergründe der Flucht dieser Menschen, über das Auftauchen der Ḫabiru-Banden, über ihre Überlebensmethoden und über die Art und Weise, wie sie wieder in die israelitische Gesellschaft integriert wurden. Na'aman behauptet, dass in dieser ersten Phase, als das Phänomen der Migration in der wachsenden israelitischen Gesellschaft noch üblich war, die Bezeichnung „Hebräer“ noch als soziales Ethnonym verwendet wurde, um die entwurzelten Israeliten zu bezeichnen, die gezwungen waren, ihre Häuser und Familien zu verlassen. Auf literarischer Ebene wurde sie dann zu einem abwertenden Begriff, den die Philister zur Beschreibung der Israeliten verwendeten.12 Wenn die Philister diesen Begriff in direkter Rede verwenden, ist er Teil der Verallgemeinerung für alle Israeliten, parallel zu „Israel“ und sogar zu „ganz Israel“ (1 Sam 4,5–6.9, 13,19; 14,11; 29,1–3). Das einzige Mal, dass der Erzähler diesen Begriff in 1 Samuel verwendet (14,21), steht er jedoch in einem anderen Zusammenhang.13 Auf der Grundlage der LXX-Version von 1 Samuel 14 hat Na'aman den Text folgendermaßen rekonstruiert: im Gegensatz zu der Verallgemeinerung in den „Zitaten“, die im Text von 1 Samuel den Philistern zugeschrieben werden, bezieht sich dieser Abschnitt, der die Botschaft des Erzählers wiedergibt, auf zwei verschiedene Gruppen: die Hebräer, die im Lager der Philister dienten, und die Israeliten, die sich nach 1 Sam 13,6 auf dem Berg Ephraim versteckten (daher auch der Irrtum der Philister in 14,11, die wieder zwischen „Israel“ und „Hebräern“ wechseln). Wie Na'aman 8 Vgl. zuletzt Monroe, „Stripping off the Robe,“ 71–72, und vgl. dazu Fleming, The Legacy of Israel, 264– 269; Ibid., „The Amorites,“ 23–26, mit weiterer Literatur. 9 So bereits Manfred Weippert, The Settlement of the Israelite Tribes in Palestine: A critical survey of recent scholarly debate (London: Naperville, Ill., A.R. Allenson, 1971), 74–82, und Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 278. 10 Schon Greenberg hat in seiner Erörterung des Ḥabiru-Hebräer-Problems richtig festgestellt, dass „keine Schriftstelle einen ausdrücklichen Grund dafür liefert, den Geltungsbereich von 'ibrî über Israeliten hinaus zu erweitern“. Siehe: Moshe Greenberg, The Ḫab/piru (New Haven: American Oriental Society, 1955), 198. Vgl. zu Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 278. 11 Siehe: Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 279–281, mit weiterer Literatur. Vgl. zu Na'aman, „Ḫabiru-Like Bands,“ 622–623. 12 Vgl. Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 287 13 Siehe auch: Beattie und Davies, „What Does Hebrew Mean?,“ 76.
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es sehr klar ausdrückt: „Der Erzähler hat die beiden Gruppen genau definiert und damit deutlich gemacht, dass der Unterschied nicht nur literarischer Natur ist“.14 Dies steht in deutlichem Kontrast zu der Verachtung der Philister für die israelitischen Aufstände; die Philister bezeichnen den gesamten israelischen Feind spöttisch als „Hebräer“, und es sind nur die Philister, die diesen abwertenden Namen verwenden, um ihre Rivalen, die Israeliten, zu verunglimpfen. Ich stimme Na'aman zu, dass diese Verwendung des Begriffs „Hebräer“, als er auf einzelne Gruppen der Israeliten beschränkt war, die entweder Migranten oder Sklaven waren, später in Gebrauch kam und die Zeit widerspiegelt, als die Vertrautheit der Schriftgelehrten und der führenden städtischen Teile der Gesellschaft mit dem Phänomen des Ḫabiru / ʿapiru völlig aus der alltäglichen Realität verschwunden war. Dieser Sprachgebrauch kann nicht nur die Verwendung dieses Begriffs in 1 Sam 14,21 erklären, sondern auch das Auftauchen dieses Begriffs im Rahmen des biblischen Gesetzes, wenn der Ausdruck „hebräischer Sklave“ Israeliten bezeichnet, die versklavt wurden (Ex 21,2 Dtn 15,12; Jer 34,9.14). 15 Die nächste Phase der Bedeutungsentwicklung des Begriffs „Hebräer“ in der biblischen Literatur, die etwa 20 der 34 Belege umfasst, vollzieht sich jedoch meiner Meinung nach noch später, nämlich in der persischen Zeit:16 Der Begriff wurde jetzt als Teil einer späten redaktionellen Schicht verwendet, die drei verschiedenen „Diaspora-Novellen“ hinzugefügte, die sich mit drei verschiedenen großen Figuren der Nationalgeschichte17 befassten: Abraham, Joseph und Moses.18 Der Begriff „Hebräer“ hat die Funktion eines weiteren Verbindungselements zwischen diesen historischen Figuren, die als Identifikationsfiguren für verschiedene Gruppen dienten und19 die wichtigsten und bedeutungsvollsten Ereignisse in der Geschichte der Nation zwischen Ägypten und dem Land Israel darstellten, bevor sich die Söhne Israels in ihrem Heimatland niederlassen konnten: Abraham, der gerade aus Ägypten heraufzog (Gen 13,1) und als der erste „Hebräer“ galt, der in Hebron lebte, der die „hebräische“ Präsenz im Lande begründete und gegen fremde Mächte kämpfte; Josef, der im Exil zum Symbol für Erfolg, Reichtum und Führerschaft wurde, der aber auch die Gefahr verkörperte, eine so erfolgreiche Figur zu sein, die vom Wohlwollen fremder Herrscher abhängig war, fern von seinen Brüdern und seiner Familie; und schließlich Mose, der im Palast des
14 Vgl. Na'aman, „Habiru and Hebrews,“ 279. 15 Vgl. John Van Seters, „Law of the Hebrew Slave: A Continuing Debate,“ ZAW 56,4 (2006): 485–504, mit weiterer Literatur. 16 Diese Annahme steht im Einklang mit dem Vorschlag von Beattie und Davies, „What Does Hebrew Mean?,“ 71–83, und der Behauptung von Berner, „Hebrew, Hebrews“ 11: 679, dass der Gebrauch des Wortes ‘ibrî in den letzten Abschnitten des Pentateuch und in der Redaktionsgeschichte der Samuelbücher seinen Höhepunkt erreicht. 17 Zur Definition dieser Literaturgattung siehe: W. Lee Humphreys, „Novella,“ in Saga, Legend, Tale, Novella, Fable: Narrative Forms in Old Testament Literature, ed. George W. Coats (Sheffield: JSOT Press, 1985), 85. Siehe auch: Volker Glissman, „Genesis 14: Eine Diaspora-Novelle?,“ JSOT 34 (2009): 35– 39. 18 Zu Jona 1,9 als „umgekehrte Diasporanovelle“ siehe: Roger Syren, „The Book of Jonah – A Reversed Diasporanovella?,“ SEÅ 58 (1993): 7–14. 19 Vgl. Thomas Römer, „Abraham and Moses, a (not so) Friendly Competition,“ in And God Saw that It Was Good (Gen 1:12) – The Concept of Quality in Archaeology, Philology and Theology, ed. Filip Čapek and Peter Sláma (Münster: LIT Verlag, 2020), 99–109.
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Pharaos aufwuchs, fern von seinem Volk, und der spät den Weg zurück zu seinen Brüdern fand und den Exodus Israels aus Ägypten zurück in sein Heimatland anführte. Die Beschreibung Abrahams in Gen 14,13 als ʾabrām hāʿibrî ist einzigartig20 und hat keine andere Parallele in der Abrahamsgeschichte.21 Diese sehr eigenständige und späte Geschichte hat die22 Gelehrten herausgefordert, die sich nicht entscheiden konnten, wie sie sie „irgendeiner bekannten Quelle“ zuordnen sollten.23 Der Charakter dieser Geschichte als „Diaspora-Novelle“24 beinhaltet die Begegnung Abrahams mit dem Priesterkönig von Schalem, ein judäischer Zusatz, der in der patriarchalischen Tradition einen Bezug zu Jerusalem herstellen und wahrscheinlich auch ein theokratisches Ideal legitimieren will.25 Der Titel „Hebräer“ kennzeichnet Abraham, der gerade aus Ägypten heraufzog und sich in Hebron niederließ, als einen Fremden in seinem Land (der von den in Hebron lebenden Ausländern unterstützt wird, wie Gen 14,13 berichtet) und verbindet diese „Novelle“ mit den „Novellen“ von Joseph und Moses, um den Kreis dreier wichtiger Figuren in der Geschichte der Nation zwischen Ägypten und Israel zu schließen. Die Verwendung des Begriffs ʿibrî ist in der Josephsgeschichte (Gen 39,14.17; 40,15; 41,12; 43,32) als Teil dieser „Diaspora-Novelle“, die eine postexilische jüdische Identität26 20 Siehe: Gordon J. Wenham, Genesis 1–15 (Dallas: Word Books, 1987), 313. 21 Zur Stellung von Gen 14 im Abraham-Zyklus siehe: John A. Emerton, „Some Problems in Genesis XIV,“ in Studies in the Pentateuch. Supplements to Vetus Testamentum XLI, ed. John A. Emerton (Leiden: Brill, 1990), 73–102; Jan A. Soggin, „Abraham and the Eastern Kings: On Genesis 14,“ in Solving Riddles and Untying Knots. Biblical Epigraphic, and Semitic Studies in Honor of Jonas C. Greenfield, ed. Ziony Zevit, Seymour Gitin und Michael Sokoloff (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1995), 283–291. Für weitere Literatur siehe: Nadav Na'aman, „Abraham’s Victory over the Kings of the Four Quadrants in Light of Darius I’s Bisitun Inscription,“ TA 42 (2015): 74, 83. Zu V. 13 siehe insbesondere Gerhard von Rad, Genesis – A Commentary (London: Bloomsbury, 1961), 174. 22 Vgl. Wenham, Genesis 1–15, 304–307. Zur Datierung von Gen 14 in die Perserzeit siehe Glissman, „Genesis 14,“ 34–45; Alon Wagner, Genesis 14: Its Literary Growth, its Messages, and their Historical Contexts (MA thesis, Tel Aviv University, Tel Aviv, 2014). 23 Siehe: Westermann, Genesis, 188. 24 Siehe: Glissman, „Genesis 14“, 37–38. Siehe auch: Hermann Gunkel, Genesis (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1966), 289–290. 25 Siehe: Gard Granerød, Abraham and Melchisedek. Scribal Activity of Second Temple Times in Genesis 14 and Psalm 110 (Berlin – New York: de Gruyter, 2010); Oded Lipschits, Thomas Römer und Herve Gonzalez, „The Pre-Priestly Abraham-Narratives from Monarchic to Persian Times,“ Sem 59 (2017): 264. 26 Zur Definition von Gen 39–40 als „Diaspora-Novelle“, siehe: Arndt Meinhold, „Die Gattung der Josephsgeschichte und des Estherbuches: Diasporanovelle I,“ ZAW 87/3 (1975): 306–324; idem, „Die Gattung der Josephsgeschichte und des Estherbuches: Diasporanovelle II,“ ZAW 88/1 (1976): 72–79; Horst Seebass, „Zur Quellenscheidung in der Josephsgeschichte,“ in Joseph: Bibel und Literatur; Symposion Helsinki, Lathi 1999, ed. Friedemann W. Golka und Wolfgang Weiss (Oldenburg: BIS Verlag, 2000), 29; Eli Yassif, The Hebrew Folktale: History, Genre, Meaning (Bloomington, IN: Indiana University Press, 2000): 27; Konrad Schmid, „Die Josephsgeschichte im Pentateuch,“ in Abschied vom Jahwisten: Die Komposition des Hexateuch in der jüngsten Diskussion, ed. Jan C. Gertz, Konrad Schmid und Markus Witte (Berlin: Walter de Gruyter, 2002), 111; idem, „Sapiential Anthropology in the Joseph Story,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 103, Anm. 1; Reinhard G. Kratz, The Composition of the Narrative Books of the Old Testament (London: T&T Clark, 2005), 279; Bernd U. Schipper, „Joseph, Ahiqar, and Elephantine: The Joseph Story as Diaspora Novella,“ Journal of Ancient Egyptian Interconnections 18 (2018): 79–80; idem, „Joseph in Egypt. A Critical Evaluation of the Classical Parallels and a New
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konstruiert 27und sich auch auf „die starke Rivalität zwischen den Brüdern um den Erstgeborenenstatus“ konzentriert, wichtig und wesentlich.28 Meiner Meinung nach deutet dies darauf hin, dass der Autor das Ziel verfolgte, die Bedeutung des Begriffs „Hebräer“ von den Randgruppen der Gesellschaft auf die lokalen Eliten Israels im Exil zu übertragen.29 Der Autor dieser „Novelle“ wollte zeigen, dass die Diaspora-Elite (ob in Babylon oder Ägypten), die mit der lokalen Regierung in Verbindung steht, gut in Kultur, Verwaltung und Wirtschaft der lokalen Reiche integriert ist und von sich selbst und anderen als dem Rest des Volkes überlegen angesehen wird, mit den „Hebräern“ identifiziert werden kann, die in allen anderen Beschreibungen die Randgruppen der Gesellschaft sind. Die fünf Vorkommen des Begriffs „Hebräer“ in der „Diaspora-Novelle“ Josephs thematisieren das große Potenzial, das eine im Exil lebende Elite hat, zu wirtschaftlicher und politischer Größe aufzusteigen und zu großen Leistungen und Erfolgen zu gelangen, aber auch die Gefahr, dass jemand, dessen Erfolg von seinen Verbindungen zu den Herrschern der Reiche abhängt, alles auf einmal verlieren kann. Die ersten beiden Zitate (Gen 39,14.17) können auf Situationen der Hilflosigkeit der Exilantenelite hinweisen, deren enge Verbindungen zu den Herrschern der jeweiligen Reiche dazu führen können: als Exilanten können sie zwar zu Größe aufsteigen, sie können aber auch all ihre Errungenschaften verlieren und sogar in Gefangenschaft geraten und ihr Leben verlieren. Die Beschreibung von Joseph als ַ ֣נ ַﬠר ִﬠ ְב ִ ֗רי ֶ ֚ﬠ ֶבד ( ְל ַ ֣שׂר ַה ַטּ ָבּ ִ֔חיםGen 41,12), bevor er zu enormer Größe aufstieg, zur wichtigsten Figur in Ägypten nach dem König wurde, eine Frau aus dem lokalen Adel heiratete, ein reicher Mann Interpretation,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 160. Siehe aber die Kritik von Glissman, „Genesis 14,“ 37, Nr. 18. 27 Siehe: Thomas Römer, The So-Called Deuteronomistic History: A Sociological, Historical and Literary Introduction (London and New York: T&T Clark, 2007), 177 Anm. 29; idem, „The Joseph Story in the Book of Genesis: Pre-P or Post-P?,“ in The Post-Priestly Pentateuch: New Perspectives on Its Redactional Development and Theological Profiles, ed. Federico Giuntoli and Konrad Schmid (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015), 192; Bernhard Lang, „Joseph the Diviner: Careers of a Biblical Hero,“ in Hebrew Life and Culture: Selected Essays of Bernhard Lang, ed. Bernhard Lang (Oxford: Routledge, 2008), 103. Siehe zuletzt: Franziska Ede, „Die Josephsgeschichte: Diaspora-Novelle – Patriarchatsgeschichte – Exodus-Erzählung. Teil I,“ in Die Josephsgeschichte zwischen Ägypten und Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 5–22; Reinhard G. Kratz, „Die Josephsgeschichte: Diaspora-Novelle – Patriarchengeschichte – Exodus-Erzählung Teil II: Historische Betrachtungen,“ in Die Josephsgeschichte zwischen Ägypten und Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 23–34; Samuel Arnet, „Aspects of Jewish Identity in the Joseph Story,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 75–84; Safwat Marzouk, „Forced Migration and Reconciliation in the Joseph Narrative,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid und Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 85–102, mit weiterer Literatur. Für einen anderen Ansatz, siehe: Erhard Blum und Kristin Weingart, „Die Josephsgeschichte: Diaspora-Novelle oder nordisraelitische Erzählung?,“ ZAW 129/4 (2017): 501–521, mit weiterführender Literatur. 28 Wie Richard J. Clifford, „Genesis 37–50: Joseph Story or Jacob Story,“ in The Book of Genesis: Composition, Reception, and Interpretation, ed. Craig A. Evans, Joel N. Lohr, and David L. Petersen (Leiden: Brill, 2012), 214. Zur zentralen Stellung des Konflikts zwischen Joseph und seinen Brüdern in dieser Geschichte siehe auch W. Lee Humphreys, Joseph and His Family: A Literary Study (Columbia, SC: University of South Carolina, 1988), 32–67. 29 Zum altorientalischen Hintergrund dieser Interpretation siehe auch Monroe, „Stripping off the Robe,“ 72, mit weiterer Literatur.
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wurde und zwei Söhne hatte, als er erst 30 Jahre alt war, bezeugt das genaue Gegenteil: die Fähigkeit der hebräischen Elite, im Exil gut zu leben und zu wachsen und die größtmöglichen Leistungen zu erzielen. Josephs Klage im Gefängnis (Gen 40,15) ist das einzige Beispiel in Gen 39–41, in dem seine Erfahrung in Ägypten mit Begriffen wie Zwang und Niedergeschlagenheit verbunden wird. Außerdem ist der Verweis auf das „( ֶא ֶרץ ָה ִﬠ ְב ִריםLand der Hebräer“) einzigartig im Alten Testament und spiegelt wahrscheinlich eine späte ethnische Assoziation für den Begriff „Hebräer“. Gleichzeitig spiegelt die Passivkonstruktion גֻּ נֹּב גֻּ נַּ ְב ִתּיein Diasporainteresse an Josephs Umzug nach Ägypten ohne die Vermittlung seiner Brüder in Kanaan wider, auch nach der Integration Josephs in die Familie Jakobs.30 Die in Gen 43,32 beschriebene Situation spiegelt die Situation in der Diaspora wider: Josef, der die Diaspora repräsentiert, befindet sich zwischen seinen Brüdern und den Ägyptern. Diese Verse können daher die Tatsache widerspiegeln, dass die Integration in eine andere Kultur ihre Grenzen hat.31 Von den 13 Vorkommen des Begriffs „Hebräer“ in der Exodusgeschichte32 stehen vier der ersten fünf Vorkommen im weiblichen Plural (ʿibriyyôt) (Ex 1,15.16.19; 2,7). Nach Römer scheint ein späterer Redaktor die Geschichte in Ex 1,15–19, 21 (und 2,1–10; 4,24–26) eingefügt zu haben, um einen Prolog zu Moses Geburtserzählung zu schaffen. Dabei betonte er die Rolle der ausländischen Frauen bei der Rettung des hebräischen Volkes.33 In dieser Geschichte erscheint der Begriff „Hebräer“ nur einmal in der männlichen Einzahl (ʿibrî), als Mose sieht, wie ein Ägypter einen seiner Brüder erschlägt (Ex 2,11). Die Rolle dieses Zitats besteht darin, Mose, der im Palast des Pharaos lebt, mit seinen Brüdern in Verbindung zu bringen, deren Name in der ganzen Geschichte „die Söhne Israels“ lautet. Es ist nicht klar, woher Mose wusste, dass sie seine Brüder sind, aber die Verbindung zwischen ihnen wurde hergestellt, als er den Ägypter tötete, der einen „hebräischen Mann“, einen seiner Brüder, schlug und dessen Leiche im Sand vergrub. Neben zwei Fällen, in denen der Begriff „Hebräer“ im Plural Maskulinum (ʿibrîm) steht und auf Mose als eines der Hebräerkinder (Ex 2,6) und auf die beiden hebräischen Völker (V. 13), in 6 weiteren Malen, wenn der Begriff „Hebräer“ im Plural Maskulinum steht, beschreibt er Jhwh als den Gott dieses Volkes – den Gott der Hebräer – יְ הוָ ה ֱא ֵהי ָה ִﬠ ְב ִריםoder ( יְ הוָ ה ֱא ֵהי ָה ִﬠ ְב ִריִּ יםEx 3,18; 5,3; 7,16; 9,1.13; 10, 3).34 Das Volk selbst wird „die Söhne Israels“ genannt. In diesem Zusammenhang schließe ich mich der Idee von Jaeyoung Jeon an35, dass diese Verse Teil einer breiteren späteren Redaktionsschicht sind, die den Zweck hat, die Berufungserzählung von Moses erster Konfrontation mit dem Pharao in Exodus 5 (3,18; 5,3) zu verbinden und das Motiv der Zerstörung Ägyptens einzuführen (3,21–22; 11,1–3; 12,35–36). Am Ende des Exodus30 Vgl. Monroe, „Stripping off the Robe,“ 71–72, Nr. 46. 31 Vgl. Thomas Römer, „How ‚Persian‘ or ‚Hellenistic‘ is the Joseph Narrative?,“ in The Joseph Story between Egypt and Israel, ed. Thomas Römer, Konrad Schmid and Axel Bühler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 44, mit weiterer Literatur. 32 Vgl. Rainer Albertz, Exodus, Band I: Ex 1–18 (Zürich: TVZ, 2012), 50. 33 Zum Aufbau und Zweck dieses Abschnitts, einschließlich der Identifizierung der Hebammen als ägyptische Frauen, siehe: Albertz, Exodus, 40–52; Römer, „Mose und die Frauen,“ 73–86. 34 Van Seters bemerkte das Auftauchen eines neuen Beinamens Gottes, „Gott der Hebräer“, nur in Verbindung mit Pharao. Siehe: John Van Seters, The Life of Moses: The Yahwist as Historian in Exodus-Numbers. Louisville: Westminster John Knox, 1994: 49. Siehe auch die Anmerkung von Jaeyoung Jeon, The Call of Moses and the Exodus Story – A Redactional-Critical Study in Exodus 3–4 and 5–13 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2013), 211. 35 Siehe: Jeon, The Call of Moses.
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Prozesses schreibt diese Schicht das Fest der ungesäuerten Brote und die Gesetze über das Erstgeburtsopfer ein (13,3–16). 36 Zusammenfassend scheint mir, dass die erste und wahrscheinlich sehr frühe Verwendung des Begriffs „Hebräer“ (Singular und Plural) auf tatsächlichen Erinnerungen an das Ḫabiru / ʿapiru-Phänomen beruhte. Die nächste Phase der Verwendung dieses Begriffs in der biblischen Literatur entwickelte sich jedoch erst während der persischen Periode, als er als Teil einer späten redaktionellen Schicht verwendet wurde, die drei verschiedenen „Diaspora-Novellen“ hinzugefügt wurde und sich mit drei verschiedenen Figuren in der Geschichte der Nation befassten: Abraham, Joseph und Moses. Es diente der literarischen Absicht des späten Herausgebers, diese drei Figuren zu verbinden und einen Kreis von zwei Ereignissen des „Exodus“ zu markieren. Dieser letzte Schritt, der den Begriff „Hebräer“ von seiner ursprünglichen Bedeutung trennte, ebnete den Weg für die fortgesetzte Verwendung des Ethnikon „Hebräer“ in der Zeit nach dem Alten Testament, in der alle Spuren der ursprünglichen Bedeutung der Bezeichnung verschwanden.
36 Zur allmählichen literarischen Entwicklung des ersten Teils der Mosegeschichte siehe: Jeon, The Call of Moses. Nach dem Vorschlag von Koch und Schmid denke ich auch, dass das Auftauchen des Ausdrucks ( ִﬠ ְב ִריʿibrî) im Exodus das Bewusstsein des Erzählers und seinen Versuch widerspiegelt, zu reflektieren, dass die Größe, die aus Ägypten auszog, nicht einfach mit „Israel“ identisch war, und vielleicht die Aussage in Ex 12:38, dass während des Exodus גם־ﬠ ֶרב ַרב ָﬠ ָלה ִא ָתּם ֵ ְ( וmit der Bedeutung, dass zusammen mit den „Söhnen von Israel“ auch „viele Mischlinge“ mit ihnen hinaufzogen) soll ein Wortspiel zwischen ֵﬠ ֶרב ַרבund ִﬠ ְב ִריsein; vgl. Koch, „Die Hebräer,“ 54; Konrad Schmid, Genesis and the Moses Story – Israel’s Dual Origins in the Hebrew Bible (Winona Lake, In: Eisenbrauns, 2010), 123–124.
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Creation, Sabbath, and Calendar in the Book of Jubilees Lutz Doering
The Book of Jubilees is regularly referred to in discussions about the group of texts labelled “Rewritten Scripture.”1 Indeed, the book rewrites the material (den Stoff) of Gen 1 to Exod 24 with a few glimpses even beyond. In so doing, it deploys a specific understanding of creation and time, especially as far as the Sabbath and calendar are concerned – calendar here being understood both with respect to its astronomical properties and as recurrent cycle of festivals. In this paper, I shall (1) look at the narrative setting of Jubilees, as well as discuss (2) the way Jubilees shapes the creation account, (3) the way the book links the sabbath with creation, and (4) the role calendar and chronology play in this, before (5) ending with a brief conclusion about the historical context of such a presentation.
1. The Narrative Setting of the Book of Jubilees The narrative setting of the Book of Jubilees is at Mt. Sinai. Jubilees 1:1–4 is clearly modelled on Exod 24:12–18.2 Although recent scholarship has renewed debate about the originality of parts of chapter 1 of Jubilees,3 this or a frame very similar to this is in my view necessary for 1
2 3
For two recent examples, reflecting on, and contributing to, methodological debate on “Rewritten Scripture” and “rewriting,” see E. Mroczek, The Literary Imagination in Jewish Antiquity (New York: Oxford University Press, 2016), 139–155; M. Zahn, Genres of Rewriting in Second Temple Judaism: Scribal Composition and Transmission (Cambridge: Cambridge University Press, 2020), 98–136. Cf. in greater detail L. Doering, “The Reception of the Book of Exodus in the Book of Jubilees,” in The Book of Exodus: Composition, Reception, and Interpretation, ed. T. B. Dozeman, C. A. Evans & J. N. Lohr (Leiden: Brill, 2014), 485–510 (485–490). C. Hempel, “The Place of the Book of Jubilees at Qumran and Beyond,” in The Dead Sea Scrolls in Their Historical Context, ed. T. Lim (Edinburgh: T&T Clark, 2000), 179–96 (189–90); E. J. C. Tigchelaar, “The Qumran Jubilees Manuscripts as Evidence for the Literary Growth of the Book,” RevQ 26/104 (2014): 579–94 (585–86); cf. M. Monger, “4Q216 and the State of Jubilees at Qumran,” RevQ 26/104 (2014): 595–612 (605–06). More recently, Monger has suggested that the first sheet of 4Q216 lacked one column, viz. Jub. 1:15b–25; see his “The Development of Jubilees 1 in the Late Second Temple Period,” JSP 27 (2017): 83–112. Moreover, Monger now assumes that 4Q216 contained no more than two sheets and ended at Jub. 2:24; see his “4Q216; A new Material Analysis,” Sem 60 (2018): 309–333. See my critical remarks in L. Doering, “Torah and Temple in Judean Pseudepigrapha: From Jubilees to Fourth Ezra and Second Baruch,” in Torah, Temple, Land: Constructions of Judaism in Antiquity, ed. M. Witte, J. Schröter & V. Lepper, TSAJ 184 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 137–155 (140 n. 13). For other reasons C. Berner, Jahre, Jahrwochen und Jubiläen: Heptadische Geschichtskonzeptionen im Antiken Judentum, BZAW 363 (Berlin: De Gruyter, 2006), 239–54, assumes a Grundschrift (159–152 BCE) that was first supplemented by Jub. 23:14–31; 50:5, then by 1:5–26, and finally by references to the eschatological sanctuary in 1:4, 27–29; 4:26 (and perhaps 15:33).
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the setting that Jubilees claims.4 This setting modelled after Exod 24 suggests that God, as it were, had already spoken the ten commandments (cf. Exod 20:2–17) when Jubilees commences. There is a further reflection of this reception in Jubilees: The date on which Moses is called up on the mountain is the sixteenth of the third month (Jub. 1:1); according to the 364-day calendar propagated in Jubilees, this is the day after the Festival of Weeks. Admittedly, it is only in rabbinic texts that this festival is named the “festival of Torah giving” (b. Pes. 58b) and that the giving of the ten commandments on it is explicitly mentioned (S.O.R. 5). But some earlier texts do associate the Festival of Weeks with the covenant,5 and according to Exod 19:1, the Israelites arrive in the desert of Sinai in the third month / on the third new moon (ישׁי ִ ) ַבּח ֶֹדשׁ ַה ְשּׁ ִלafter the exodus from Egypt. Jubilees seems to be an early implicit witness to the association of the giving of the ten commandments and the covenant with the Festival of Weeks (= the fifteenth of the third month). Also relevant for the setting of Jubilees is that according to Exod 24:12 Moses was given several written items:6 MT speaks of “the tablets of stone and the law and the commandments, which I have written to teach them.” Interpreting this plurality of items, a rabbinic tradition in b. Ber. 5b relates the “tablets” to the Decalogue, the “law” to the Pentateuch, the “commandments” to the Mishnah, the phrase “I have written” to the Prophets and Writings, and “to teach them” to the Gemarah. This is of course a distribution that Jubilees does not and cannot share; it therefore proceeds differently but equally makes recourse to several items. It first says that God gave Moses “the two stone tablets of the law and the commandments” (Ethiopic: kel’ē ṣelāta ’ebn za-ḥegg wa-za-te’zāz; Jub. 1:1). Most likely, this refers to the Torah, called “the book of the first law” (maṣḥafa ḥegg za-qadāmi) in Jub. 6:22. Jubilees 1:4 then continues to say that God “showed” Moses “what (had happened) beforehand as well as what was to come” and that he “related to him the divisions of all the times – both of (or: for) the law and of (or: for) the testimony.”7 This might be seen as shorthand for the contents of the Book of Jubilees itself.8 The multiplicity of items communicated to Moses on Mt. Sinai inserts the Book of Jubilees itself into the narrative. 4 5
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Similarly, J. C. VanderKam, Jubilees: A Commentary on the Book of Jubilees, 2 vols., Hermeneia (Minneapolis: Fortress, 2018), 6 n. 21, 25–28. Cf. Ps.-Philo, Lib. Ant. Bibl. 23:2 (Joshua makes a covenant on the sixteenth of the third month); further 1QS 1:16–2:25a, which has been interpreted as a covenant renewal ceremony at the Festival of Weeks by Mathias Delcor, “Das Bundesfest in Qumran und das Pfingstfest,” in Religion d’Israël et Proche Orient Ancien: Des Phéniciens aux Esséniens, ed. M. Delcor (Leiden: Brill, 1976), 281–297 (288–293). Cf. Sejin Park, Pentecost and Sinai: The Festival of Weeks as a Celebration of the Sinai Event, LHBOTS 342 (London: T&T Clark, 2008). Jubilees 6:1–22 maintains the aspect of covenant in the Festival of Weeks in the context of the Noah narrative. Cf. James L. Kugel, A Walk through Jubilees: Studies in the Book of Jubilees and the World of its Creation, JSJSup 165 (Leiden: Brill, 2012), 19–20. Ethiopic: wa-la-ḥegg wa-la-sem‘. The Hebrew original behind this double expression is תורהand תעודה. In the Hebrew text corresponding to Jub. 1:4 in 4Q216 i 11, the first term is preserved as [לתור]ה, thus without preceding waw, which could also mean “for.” In 4Q216 i 12, the second term has been restored by the editors, but in 4Q216 iv 4, corresponding to Jub. 1:26, the first letters can be read: [( ולתעו]דהJames C. VanderKam & Jozef T. Milik, in Harold Attridge et al., Qumran Cave 4: VIII. Parabiblical Texts, Part 1, DJD 13 [Oxford: Clarendon Press, 1994], 5, 11). The double expression goes back to Isa 8:16, 19–20. According to C. Werman, “The תורהand the תעודהEngraved on the Tablets,” DSD 9 (2002): 75–103, the bipartite phrase reflects the presence of both halakhic materials and the “preordained march of history” in Jubilees (84–85). In contrast, Kugel, A Walk through Jubilees, 3–4, treats “law” and “testimony”
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Creation, Sabbath and Calendar in the Book of Jubilees
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In doing so, Jubilees exemplifies that divine “Law” in its entirety is more than the Pentateuch, “the book of the first law,” and comprises additional laws communicated to Moses by the angel of presence that are preserved in Jubilees itself and thus complement the Pentateuch.9 This setting at Sinai allows Jubilees to rewrite the whole material of Gen 1 to Exod 24, as it were, with the hindsight of the communication of the Law at Mt. Sinai. It thereby solves the problem of where the Law was at creation and in the period before Sinai, and in what ways the patriarchs in Genesis related to the Law. Jubilees inserts a number of laws right from the beginning and through the period of the patriarchs, such as the Sabbath law (to be communicated to Israel at Mt. Sinai [Jub. 2:24b–33; 50:6–12]), the purification periods of the parturient (exemplified at the Protoplasts [3:8–14]), the celebration of various festivals (such as the Festival of Weeks, by Noah [6:20–22]; of Tabernacles, by Abraham [16:20–31]; the Day of Atonement, connected with lament for Joseph [34:18–19]; and Passover, at the first Passover [49:7–13]) as well as other laws (e.g., regarding second tithe and cattle tithe, by Levi [32:10–15]). Jubilees also reworks the Genesis material in order to show that Israel is not the result of a universal vision of humanity gone awry; rather, Israel was on God’s mind already on Creation Sabbath (Jub. 2:19–24a), and its election is intimately related to the Law, especially the keeping of the Sabbath. There is some biblical precedent on which Jubilees could capitalise for its rewriting, and that is the placement and wording of the Sabbath commandment in Exod 31:12–17. This text, equally situated on Mt. Sinai, inculcates Israel with Sabbath observance, but it provides also a creation summary, and it demands capital punishment for the Sabbath transgressor. It seems as if this was a starting point for Jubilees’ own much more elaborate presentation of creation, Sabbath, commandment and punishment.10 We shall next look at how creation and Sabbath are connected in Jubilees.
2. Creation and Sabbath in the Book of Jubilees In the Book of Jubilees, the Sabbath is mentioned upfront as the ultimate target of creation. Thus, the angel of the presence, instructed by God, tells Moses, “Write all the words about the creation – how on the sixth day the Lord God completed all his works, everything that he had created, and kept sabbath on the seventh day. He sanctified it for all ages and set it as as “sources” of Jubilees and unconvincingly posits for the latter a “Book of Warning” from which Jubilees allegedly drew. It should be noted that the terms “first law” and “testimony” occur also with respect to the Sabbath (2:24, 33), where they relate to a single legal theme rather an entire book. 9 Cf. J. C. VanderKam, “Moses Trumping Moses: Making the Book of Jubilees,” in The Dead Sea Scrolls: Transmission of Traditions and Production of Texts, ed. Sarianna Metso, Hindy Najman, and Eileen Schuller (Leiden: Brill, 2010), 25–44. VanderKam even suggests that, since the first set of tablets given to Moses were shattered following the incident of the Golden Calf (Exod 32:19–30) and replaced by a second pair during Moses’s second stay on the mountain (34:1–27), Jubilees, set during Moses’s first stay on the mountain (24:12–18) notionally “precedes” the Pentateuch. But the phrase “the book of the first law” (Jub. 6:22) appears to speak against drawing this consequence. However, it is clear that Jubilees attempts to set “itself” along the Mosaic Torah in its staging of the communication of the Law at Mt. Sinai. 10 Cf. O. H. Steck, “Die Aufnahme von Genesis 1 in Jubiläen 2 und 4. Esra 6,” JSJ 8 (1977): 154–182 (160); Doering, “The Reception of the Book of Exodus in the Book of Jubilees,” 491–493.
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a sign for all his works” (Jub. 2:1).11 Already here, we can see that Jubilees accords with the textual tradition of the Samaritan Pentateuch, the Septuagint, and the Peshitta for Gen 2:2, according to which God completed his works on the sixth rather than the seventh day, as in MT. This most likely reflects an early rigorist understanding of the Sabbath: God does not complete anything on the Sabbath but rather celebrates the completion of the works by day six on the seventh day.12 This is of course also reflected in the narrative of the creation itself: “He finished all his works on the sixth day: everything in heaven, on the earth, in the seas, in the depths, in the light, in the darkness, and in every place” (2:16). The Sabbath is then the culmination of creation week (2:17–18), and we shall show later in this paper how the author connects angels, Israel, and God in the keeping of the Sabbath. So far, it has become clear that “the writer envelops the creation in words about the sabbath.”13 However, the number seven appears already at the end of the account of day one (Jub. 2:2–3): For on the first day he created the heavens that are above, the earth, the waters, and all the spirits who serve before him, namely, the angels of the presence; the angels of holiness; the angels of the spirits of fire; the angels of the spirits of the winds that blow; the angels of the spirits of the clouds for darkness, ice, hoar-frost, dew, snow, hail, and frost; the angels of the thunder; and for the angels of the winds […]; and the angels of the spirits for cold and heat, for winter and summer, and for all the spirits of his creatures that he made in the heavens and that he made on the earth, and in every (place). [There were also] the depths, darkness and dawn, light and evening that he prepared through his knowledge. 2:3 Then we saw his works and blessed him regarding all his works; we offered praise before him because he had made seven great works on the first day. First of all, as has already been observed by, e.g., O. H. Steck and J. C. VanderKam, Jubilees takes the whole of Gen 1:1–5 as relating to day one of creation.14 Thus, according to Jubilees, heaven and earth were created already on day one. This requires subsequent shifts in the account of days two and three of creation. In addition, the mention of God’s spirit in Gen 1:2 apparently suggested to the author of Jubilees to elaborate on the creation of various classes of angels. According to Jubilees, the classes of angels have different tasks, and while the lower classes keep the earth, wind, and weather running permanently, the two higher classes serving before God are valued to keep Sabbath with him. Notable is also the lack of Tohu wa-Bohu in Jubilees’ rewriting, eliminating the potential notion that the “formless void”
11 Italics: text preserved in 4Q216 (4QJuba) col. v. The translations from Jubilees follow those of VanderKam in his commentary. 12 With J. B. Schaller, “Gen 1.2 im antiken Judentum. Untersuchungen über Verwendung und Deutung der Schöpfungsaussagen von Gen 1.2 im antiken Judentum,” (ThD diss., Göttingen, 1961), 2, 207 n. 9; VanderKam, Jubilees, 176, 192. 13 J. C. VanderKam, “Genesis 1 in Jubilees 2,” DSD 1 (1994): 300–321 (305). 14 Steck, “Aufnahme,” 157, 166–167; VanderKam, “Genesis 1,” 306 ; idem, “Made to Order: Creation in Jubilees,” in Jewish and Christian Cosmogony in Late Antiquity, ed. Cosmogony L. Jenott & S. Kattan Gribetz, TSAJ 155 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2013), 23–38 (27).
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Creation, Sabbath and Calendar in the Book of Jubilees
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might have preceded creation. Further, the Jubilees creation account emphasises God’s sole agency in creation and excludes any assistance in it, for example by a mediator of creation.15 The claim that “seven great works” were made on the first day suggests that some connection between the number seven (and thus perhaps the Sabbath) and day one of creation should be established. However, it is difficult to identify these seven works. The Ethiopic text lists the following: heavens above, earth, water, all spirits serving before him (then elaborated broadly), depths, darkness, light, dawn, and evening. This however amounts to nine items. For the fragmentary Hebrew text, the editors have reconstructed for the second half of the statement: “the dep[ths], darkness and dawn and [light and evening” (4Q216 v 9f.). Cana Werman in her Hebrew commentary on Jubilees, following a suggestion by Menahem Kister, decides against the order of the Hebrew fragment and further suggests detaching “dawn and evening” from the works of creation because they mark the boundaries between darkness and light.16 Both Epiphanius and Syncellus preserve Greek extracts from Jubilees; Epiphanius ends here with the phrase “the light of day and of dawn” (τὸ φῶς ἡμέρας τε καὶ ὄρθρου), whereas Syncellus has “spirit / wind and light and night-day” (πνεῦμα καὶ φῶς καὶ νυχθήμερον).17 Therefore, the precise identification of the seven works remains unsure, though the following might be suggested: (1) heavens, (2) earth, (3) waters, (4) spirits, (5) depths, (6) darkness, and (7) light.18 Interestingly, also Philo of Alexandria knows of seven works of creation on the first day (Opif. 29): (1) the incorporeal heaven, (2) the invisible earth, (3) darkness, (4) depths, (5) water, (6) spirit, and (7) light. It is possible that in Jubilees we have a reflection of the Pythagorean idea of the coincidence of one and seven, as is attested for around the same time as Jubilees in Aristobulus, Frg. 5 (apud Eusebius, Praep. ev. 13.12.9): …God, who made and furnished the whole universe, also gave us as a great day of rest – because of the toilsome life everyone has – the seventh day, but which, in the real sense, might also be called first, that is the beginning of light through which all things are seen in their entirety. More than a century later, the link between one and seven is also represented by Philo (Opif. 100; Leg 1:15; Post. 64; Deus 11; Her. 170, 216; Mos. 2:210; Decal. 102, 159; Spec. 2:56f., 150). At Leg. 1:15, Philo attributes to Pythagoreans the comparison of the hebdomad with “the ever-virgin and motherless [Athena / Nike]”; at Opif. 100, however, he attributes this view to “other philosophers” and claims that the Pythagoreans likened the hebdomad “to the Director of the universe,” who, in the words of Philolaus of Croton, “is one, always existent, abiding, unchanged, himself identical to himself and different from all others.” However we 15 Cf. VanderKam, Jubilees, 177–178. As to classes of angels, VanderKam notes: “The text of Jubilees does not say explicitly that there were seven kinds of angels, but that seems the most likely number although a variety of textual variants make it difficult to be certain” (178); cf. his suggestion in idem, “Genesis 1,” 306–307. 16 C. Werman, The Book of Jubilees: Introduction, Translation, and Interpretation (Jerusalem: Yad BenZvi, 2015), 147 n. 19, 153–154. (Hebrew). She thereby essentially arrives at the result already suggested by R. H. Charles, The Book of Jubilees or the Little Genesis (London: A. & C. Black, 1902), 11 n. 17 Epiphanius, De mensuris et ponderibus 22; Syncellus, Ekloge chronographica 1 (15). p. 3.3–7. 18 Cf. also VanderKam, Jubilees, 177, although he gives the last two as “darkness/dawn” and “light/evening.” And cf. the overview in VanderKam, Jubilees, 186.
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should understand these differences of attribution, it is nevertheless likely that there was an early Pythagorean tradition linking one and seven. If Jubilees knew about this tradition, it might point to more robust links of this text with the Hellenistic world, which might shed additional light on the ideological options this text proposes.19 As to day two of creation, Jubilees knows of only one work, namely, God’s making a firmament between the waters. Since according to Jubilees the heavens were already created on day one, this text has to differentiate between the heavens and the firmament. Day three differs from Gen 1 in that the earth, again, has already been created on day one. Therefore, God first commands the waters to gather at one place on earth, so that the dry land should appear. God then creates places in which the water is collected, namely the various seas and rivers, the diverse water reservoirs, and the dew. God further creates on day three “the seed that is sown – with each of its kinds – all that sprouts, the fruit trees, the forests, and the Garden of Eden” (2:7) – in contrast with Gen 1:11–13, where it is the earth that brings forth vegetation. As James VanderKam has argued, Jubilees might here critically engage with Greek or Hellenistic notions of cosmogony.20 Moreover, the author of Jubilees understood the entry of the Protoplasts into the Garden of Eden as a sequel to creation (Jub. 3, see presently) and not, like Gen 2, as a competing creation account. At the end of day three, “four great types” made on this day are mentioned, although it is difficult to establish them precisely. Potential candidates are the land, the bodies of water, the plants, and the Garden of Eden, or if we take into account that the land was already made on day one, the bodies of water, the plants, the trees, and the Garden of Eden.21 For day four, Jubilees mentions explicitly “the sun, the moon, and the stars” (2:8). Precedence is given to the sun, which is appointed “as a great sign above the earth for days, Sabbaths, months, festivals, years, Sabbaths of years, jubilees, and all cycles of the years. 2:9 It separates between light and darkness and (serves) for well-being so that everything that sprouts and grows on the earth may prosper” (2:8–9). Here, the sun is highlighted as the motor behind the calendar. Jubilees provides us with a specifically “solarised” variant of the 364-day calendar.22 While we shall come back to this issue later, it should be noted that Jubilees apparently makes the organisation of time subject to the creation of the sun. Although we do not know how the author imagined the delineation of days one to three without the sun being in existence, it is clear that the time units relevant for Israelite life are enabled only by the creation of the sun. Consequently, the 364-day calendar starts on a Wednesday, the fourth day of the week. Day five is largely presented as in Gen 1, but the sun is emphasised as having shone over the created beings for their well-being, and the impression from Gen 1:20 that God told the waters to bring forth swarms of living creatures is avoided in a way similar to Jubilees’
19 Cf. J. Ben-Dov, “Time and Natural Law in Jewish-Hellenistic Writings,” in The Construction of Time in Antiquity: Ritual, Art, and Identity, ed. idem & L. Doering (New York: Cambridge University Press, 2017), 9–30 (16–17). 20 Cf. VanderKam, “Made to Order,” 32–33, 35–38, who points to Hesiod, Theog. 116–117, or Plato, Tim. 41–42. 21 Cf. VanderKam, Jubilees, 188. Werman, Jubilees, 155, lists the bodies of water, seed, plants, and trees. 22 Cf. J. Ben-Dov & S. Saulnier, “Qumran Calendars: A Survey of Scholarship 1980–2007,” CBR 7 (2008), 124–168 (137–138).
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Creation, Sabbath and Calendar in the Book of Jubilees
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attempt to rob the earth of all creational agency.23 On day six, God creates the land animals and the cattle, as well as the human being as one man and one woman. There is no reference to the imago Dei here, which follows at Jub. 6:8 in the context of the prohibition of shedding human blood told to Noah. Similarly, the assignment of food is only mentioned in Jub. 6:6– 8. According to Steck, these shifts can be explained by the author’s emphasis on the work of creation vis-à-vis the Sabbath.24 In Jub. 2:15, a total of twenty-two works is counted for creation week. This number will play a role shortly in the continuation, and this continuation concerns the relation between Sabbath and Israel.
3. Sabbath, Election, and Commandment The section following the creation account in Jubilees deals with the Sabbath, Israel’s election, and its obligation to keep the Sabbath. In this respect, the Hebrew fragment of 4Q216 has clarified the structure of this section: 4Q216 vii 17 reads: הר ֯א ֯ש]ונה ׄ זואת התעודה והתורה “this is the testimony and fir[st] law.” This phrase in Jub. 2:24b opens the section about the specific communication of the Sabbath commandment aimed at Israel, Jub. 2:24b–33, whereas 2:17–24a deals with Creation Sabbath, and here specifically God’s communication with the higher angels about keeping Sabbath and his intention to elect Israel.25 Let us first look at 2:17–24a. Verse 17 speaks about the gift of the Sabbath to the higher angels. The Hebrew fragment corresponding to this text, different from the Ethiopic text, has a clear reference to God’s resting on this day ( ;אשר שבת ב]ו4Q216 vii 6). Both versions, however, mention the aim of this gift: “so that work should be done for six days […] and that 23 Cf. VanderKam, “Made to Order,” 33–34, who suggests that this may betray again engangement with competing cosmogonies, e.g., Enuma Elish, which was recounted in Greek by Berossus, or notions of water in some Pre-Socratics (36–37). 24 Steck, “Aufnahme,” 170–171. 25 In my note, “Jub 2,24 nach 4QJuba VII,17 und der Aufbau von Jub 2,17–33,” BN 84 (1996), 23–28, I was misled by the editio princeps of 4Q216 (J. C. VanderKam & J. T. Milik, “Jubilees,” in H. Attridge et al., Qumran Cave 4. VIII: Parabiblical Texts, Part I, DJD 13 [Oxford: Clarendon Press, 1994], 1–185 [19]) into reading וזאתat Jub. 2:24b, for which I looked for parallels indicating the beginning rather than the closure of a section. The first letters of this word are not entirely clear (see now https://www. deadseascrolls.org.il/explore-the-archive/image/B-361542, accessed 15 March 2022) but I now accept that the reading זואתis more likely; cf. now VanderKam, Jubilees, 173; E. Qimron, The Dead Sea Scrolls: The Hebrew Writings, Vol. 2 (Jerusalem: Yad Ben-Zvi, 2013), 227. However, the structural insights of my earlier note remain valid, as also phrases beginning with זאתclearly function as introductions, not conclusions, e.g., at Gen 17:10; Exod 12:43. Jub. 2:24b–33 focus on the communication of the Sabbath commandments; that vv. 30b–32 refer back to Creation Sabbath as underlining the reason for the commandments does not mitigate against distinguishing between this section and vv. 17–24a, which deal with Creation Sabbath, as also explained in the following; pace VanderKam, Jubilees, 193 n. 89. Monger now thinks that Jub. 2:24b–33 was missing from an early form of Jubilees, since it is lacking in his reconstruction of 4Q216 and is partially only attested in 4Q218; see Monger, “4Q216” and idem, “The many Forms of Jubilees: A Reassessment of the Manuscript Evidence from Qumran and the Lines of Transmission of the Parts and the Whole of Jubilees,” RevQ 30/112 (2018), 191–211 (203, 208–209), though this remains doubtful, see my comments in the article given in n. 3. Kugel, A Walk through Jubilees, 25–37, thinks that Jub. 2:24–33 (including the phrase attested in 4Q216!) was interpolated, but the reasons he adduces for this theory are weak; cf. VanderKam, Jubilees, 204–205.
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we should keep Sabbath from all work on the seventh day.” This is repeated in 2:18: “He told us – all the angels of the presence and all the angels of holiness, these two kinds, – to keep Sabbath with him in heaven and on earth.” Thus, the perspective on sabbatical rest is widened beyond the Genesis account to include the highest angels in communion with God. In addition, the next couple of verses speak of Israel’s election already on the first Sabbath, on Creation Sabbath. Thus, the angel says according to Jub. 2:19–20: He said to us: “I will now separate a people for myself among my nations. They, too, will keep Sabbath. I will sanctify a people for myself and will bless them {as I sanctified the Sabbath day. I will sanctify them for myself; in this way I will bless them.}26 They will be my people and I will be their God. 2:20 I have chosen the descendants of Jacob as a treasured people from all the nations. I have recorded them as my firstborn son and have sanctified them for myself throughout the ages of eternity. I will tell them about the seventh day so that they may keep Sabbath from all their work on it.” Furthermore, the next two verses clarify that Israel is equally destined for observing the Sabbath in community with the angels (and with God) “to eat, drink, and bless the Creator of all as he had blessed them and sanctified them for himself as a treasured people out of all the nations” (2:21); and verse 22 explicitly speaks of God’s commandments rising as a fine fragrance. Thus, in contrast to P, the author of Jubilees does not merely insert the sign of God’s resting on the first Sabbath as an opportunity for later imitatio Dei. Rather, God’s election of Israel and its future obligation to keep Sabbath are intimately related to one another. In this, Jubilees creates a community of three participants to sabbatical rest: God himself, the two highest classes of angels (as we have already seen), and Israel. This demonstrates that Israel appears on a very high level in Jubilees: The people of Israel enjoys the community of God and of only the highest classes of angels. Israel is elected and destined for Sabbath observance on Creation Sabbath. Jubilees underlines this in 2:23 with a parallelisation between the 22 works of creation until the seventh day and the 22 generations from Adam to Jacob, so that both the seventh day and Jacob are holy and blessed, and both are destined for one another. Highlighting the normative, legal character of the Sabbath, 2:24b–33 (with fragmentary attestation of Jub. 2:26–27 in 4Q218 [4QJubc]) deal with a first communication of Sabbath laws to the Israelites by the angel of presence, which is matched by a second one in the final chapter of the book. The former subsection starts with a creation summary and a first announcement of the death penalty for the Sabbath transgressor (2:25), which is closely modelled on Exod 31:12–17. This is followed by a general command to Moses to proclaim the Sabbath commandment to the Israelites (2:26–28) as well as another command to Moses to tell the Israelites the law relating to this day, which includes a first list of Sabbath laws (prohibitions of preparing anything to be eaten or drunk; drawing water; and transporting goods into, out of, and between houses: 2:29–30a – two further lists will be provided in chapter 50, the last chapter of the book). The section is rounded off by a concluding reference to the Sabbath: the angels have kept it before the Sabbath commandment was proclaimed among human beings; among the latter, only Israel is dignified through keeping the Sabbath; and 26 The Hebrew does not have enough space for these words; but it may have lost text through parablepsis; cf. VanderKam, Jubilees, 172.
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Creation, Sabbath and Calendar in the Book of Jubilees
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God blessed the Sabbath more than any other day (2:30b–32). A subscription concludes the section: “This law and testimony were given to the Israelites as an eternal law throughout their history” (2:33). Insofar as the Sabbath takes up the rhythm of Creation Week, Sabbath-keeping Israel shares in the foundational temporal structure; one might say, it partakes in “whatever binds the world’s innermost core together” (was die Welt im Innersten zusammenhält).27 This perspective is further elaborated in chapter 3, according to which the Protoplasts observe the purification periods for a boy and a girl before being introduced into the Garden of Eden, pictured as a holy place requiring ritual purity. We might wonder about why the Protoplasts themselves should wait for the completion of the purification periods – it normally applies to the mother – but then there is no mother there in this particular case. On the other hand, Luke 2:22 ὅτε ἐπλήσθησαν αἱ ἡμέραι τοῦ καθαρισμοῦ αὐτῶν might in fact suggest that both the parturient and the child had to wait for the completion of the purification period. Thus, the Book of Jubilees portrays the Protoplasts, the first two human beings, as Torah-keeping Israelites.28
4. The 364-Day Calendar and the Chronology of the Book As has already become clear, the Book of Jubilees advocates a version of the 364-day calendar. It does so with a solar focus, excluding any function of the moon for calendrical purposes. By this it represents the exception rather than the rule among 364-day calendars texts.29 The calendar texts from Qumran as well as the Astronomical Book of Enoch assign a certain function to the moon and synchronise 30-day months with lunar months. Nothing like this takes place in the Book of Jubilees. We have already seen that Jub. 2:9 calls the sun “a great sign above the earth for days, Sabbaths, months, festivals, years, Sabbaths of years, jubilees, and all the cycles of the years.” In Jub. 6:32–38 Moses is commanded to inculcate the Israelites with the 364-day calendar. The passage announces, “There will be people who carefully observe the moon with lunar observations because it is corrupt (with respect to) the seasons and is early from year to year by ten days” (6:36). This will disturb the whole year and the festival calendar; it will lead to mixing up holy days with profane ones, and festivals with Sabbaths, which are strictly separated in the 364-day calendar. As we can see, the entire system of time reckoning is attributed to the sun in Jubilees. It is unclear whether the author(s) were aware of the fact that, ironically, this calendar fell short of the true solar year by about 1.25 days. It is debated in scholarship whether this calendar was or could have been practiced, either at the Jerusalem Temple before the adoption of a lunisolar reckoning or in dissident and later sectarian communities (for whose formation calendrical disputes are often seen as crucial). There are scholars who suggest that even if it was used it would have been difficult 27 J. W. von Goethe, Faust I, Scene 1: “Night.” 28 Cf. L. Doering, “Purity and Impurity in the Book of Jubilees,” in Enoch and the Mosaic Torah: The Evidence of Jubilees, ed. G. Boccaccini & G. Ibba (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2009), 261–275 (262– 264, 274–275); VanderKam, Jubilees, 214–218. 29 See Ben-Dov and Saulnier, “Qumran Calendars,” 125, 137–138; J. Ben-Dov, Head of All Years: Astronomy and Calendars at Qumran in their Ancient Context, STDJ 78 (Leiden: Brill, 2008), 283–286.
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to practice it for an extended period of time, since already after twenty-five years this calendar would have run short of the true solar year by more than a month, which would have been palpable in terms of the natural seasons to which the agricultural festivals of Israel were tied. Alternatively, some scholars suggest a mode of intercalation, usually by inserting complete weeks. As of yet, however, no convincing intercalation scheme has been identified in the texts, although intercalation on an ad hoc basis is not inconceivable and has some parallels elsewhere.30 Thus, at this point it is not fully clear how heptadic theory and lived timekeeping were coordinated. According to Jub. 6:35, the solar calendar of 364-days is ordained on the heavenly tablets, which in Jubilees is claimed to be one source on which the whole book is based.31 Thus, we see here, at the very least in the ideology of Jubilees, a close connection between the structure of creation, time reckoning, and the celebration of Sabbaths and festivals, which all follow the hallmark of the seven and its multiples.32 In addition, Jubilees also uses a chronological system that is heptadic in structure. As is well known, Jubilees and some other texts, like the Enochic Apocalypse of Weeks (1 En. 93:3–10; 91:11–17), Daniel 9:24–27 and T. Levi 16–17, use the term “jubilee” not in the sense of the fiftieth year but rather as for a 49-year period. As VanderKam writes in a German article, the chronological system reflects what K. Koch has called the Sabbatstruktur der Geschichte: “Die ganze Heilsgeschichte entspricht dem Modell, das Gott in der Schöpfungswoche festgesetzt hat.”33 Thereby the author asserts that history is sensibly structured and proceeds towards a target, like any week proceeds towards the Sabbath. However, the notion of the fiftieth year is not absent: the fiftieth jubilee is the culmination of the entire system, in which the exodus from Egypt and the entry into the land of Israel are dated. This shows some analogy with the Festival of Weeks, which is itself a festival based on the heptad and is celebrated after seven complete weeks have elapsed according to the 364-day calendar. According to VanderKam, the whole nation regains freedom and their own land in the fiftieth year, just as is the case for each individual in this year.34 Close to the end of the book, there is a preview of a future in which “the jubilees will pass by until Israel is pure of every sexual evil, impurity, contamination, sin, and error. Then they will live confidently in the entire land. They will no longer have any satan or any evil one. The land will be pure from that time until
30 See the discussion by Ben-Dov and Saulnier, “Qumran Calendars,” 146–152, who critically review the attempts by U. Gleßmer of basing an intercalation on the otot list in 4Q319, and Ben-Dov, Head of All Years, 18–20, who suggests an ad hoc intercalation like in Rome during the Julian reform. 31 Cf. F. García Martínez, “The Heavenly Tablets in the Book of Jubilees,” in Studies in the Book of Jubilees, ed. M. Albani, J. Frey & A. Lange (Tübingen: Mohr Siebeck, 1997), 243–260. 32 Ben-Dov, Head of All Years, 61–62, points out that Jubilees in its narratives never emphasises the Sabbath and concludes that Jubilees merges older calendrical concepts (like in the Astronomical Book or the Aramaic Levi Document) in which the days of the week did not constitute a central element of calendar construction and the heptadic principle was related to other phenomena, such as lunar cycles. However, in the final form of Jubilees there is a clear link between calendar structure and the Sabbath, which are both based on seven. 33 J. C. VanderKam, “Das chronologische Konzept des Jubiläenbuches,” ZAW 107 (1995): 80–100 (97). VanderKam’s reference is to K. Koch, “Sabbatstruktur der Geschichte. Die sogenannte Zehn-WochenApokalypse (1Hen 93,1–10; 91,11–17) und das Ringen um die alttestamentlichen Chronologien im späten Israelitentum,” ZAW 95 (1983): 403–430. 34 VanderKam, “Das chronologische Konzept,” 97–99.
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eternity” (Jub. 50:5). It is unclear how many Jubilees this book expects for the future.35 However, the book expresses the hope that the heptadic structure of creation, time, practice, and history continues into the future and will lead to life in eternal purity.
5. Conclusion The strong connection between creation, time, and the election of Israel suggests that the Book of Jubilees wishes to strengthen Israelite identity. It does so by presenting Israelites completely at home in the world, giving Israel a firm place in it, even presenting the world and its temporal structure as being created for the sake of Israel. Only Israel is allowed to enjoy company with God and the highest angels on the Sabbath. Calendar and chronology have a Sabbatical (heptadic) structure. The Protoplasts observe the purification period of the parturient for a male and a female child and hence are styled like Israelites. Outside the creation narrative, the two highest classes of angels (the same as those who are entitled to keep Sabbath) have been in a status of being circumcised “from the day of their creation” (Jub. 15:27), and only Isaac and his descendants, the Israelites, are valued with a covenant-relevant circumcision on (or by) the eighth day (15:11–14, 25–26, 28–30), while later circumcision does not result in membership in the covenant – hence, no “conversion” is possible according to Jubilees.36 All of this suggests that Jubilees reacts to severe challenges to, and uncertainties about, Israel’s identity. We are hardly misled in assuming that these challenges and uncertainties have to do with developments and transformations during the Hellenistic period: debates about positive and natural law,37 engangement with arithmology and cosmogonies,38 the possibilities of changing and adopting identities,39 and the relationship between the global and the local. While the precise place of Jubilees within the second century BCE remains debated – shortly before the Maccabean revolt, around the middle of the second century or further towards the later decades of the century40 – the Book of Jubilees responds to these changes with a non-sectarian, ethnos-orientated programme of renewal for Israel. In that sense, the presentation of creation, Sabbath, and calendar provides a people challenged in the
35 Cf. VanderKam, “Das chronologische Konzept,” 100: The author never discloses whether he expects another cycle of fifty Jubilees. 36 Cf. M. Thiessen, Contesting Conversion: Genealogy, Circumcision, and Identity in Ancient Judaism and Christianity (New York: Oxford University Press, 2011), 67–86. 37 Cf. C. Hayes, What’s Divine about Divine Law: Early Perspectives (Princeton: Princeton University Press, 2015), esp. 54–89. 38 See above, section 2. 39 Cf. S.J.D. Cohen, The Beginnings of Jewishness: Boundaries, Varieties, Uncertainties, HCS 31 (Berkeley: University of California Press, 1999). 40 See now the review in VanderKam, Jubilees, 31–38, who concludes (37–38): “It is likely that Jubilees was written at some point between c. the 170s (or even 164) and c. 125 BCE (the upper date limit for the earliest copy). It is difficult to be more precise than that.” However, within this range he prefers a date “not too far from the 160s – perhaps the 150s.”
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Hellenistic commonwealth with a firm home in a re-interpreted world, in which Israel takes central stage.41
41 VanderKam, Jubilees, 40, suggests that the author might write against the stance attributed in 1 Macc 1:11 to “certain renegades”: “Let us go and make a covenant with the gentiles around us, for since we separated from them many disasters have come upon us.”
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Das Ende eines Mythos Der Südwesten Jerusalems im archäologisch-theologischen Diskurs Dieter Vieweger, Katja Soennecken, Jennifer Zimni
1. Der Zionsberg Im Südwesten der Heiligen Stadt erhebt sich einer der geschichtsträchtigsten Hügel Jerusalems – der Zionsberg. Mit diesem Ort verbinden sowohl Juden und Christen als auch Muslime bedeutende religiösen Traditionen. Flankiert vom Hinnom-Tal, liegt der heutige Zionsberg südwestlich außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer Jerusalems. Seinen Namen erhielt der Hügel erst durch einen Irrtum: Auf der Suche nach der in der biblischen Überlieferung genannten ‚Burg Zion‘, einer Jebusiter-Festung, die durch König David erobert worden sein soll (1 Chr 11,5), entschied sich der berühmte jüdische Schriftsteller Flavius Josephus für den höchsten der drei Jerusalemer Berge, den Südwesthügel (Bell. Iud. V 4,137). Ursprünglich war mit Zion allerdings der Südosthügel, die heutige Davidsstadt/Silwān, gemeint, wo Jerusalem im 18. Jh. v. Chr. von den Jebusitern gegründet worden war. Nach dem Bau des Ersten Tempels durch Salomo (ca. 950 v. Chr.) ging der Begriff Zion auf den nördlich der Wohnstadt gelegenen Tempelberg über. Selbst die archäologischen Ausgrabungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die die heutige Davidsstadt korrekt identifizierten, konnten den Namen Zion nicht wieder an seinen ursprünglichen Ort zurückbringen, da religiöse Traditionen, wie das Grab Davids und der Abendmahlssaal, inzwischen fest am historisch nicht korrekten Ort verehrt wurden.
2. Das Ausgrabungsprojekt des DEI Die Ausgrabungen des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI) in Jerusalem geben Einblicke in die Jahrtausende alte Geschichte des antiken wie des modernen Zionsberges. Seit 2015 gräbt das DEI unter der Leitung von Dieter Vieweger auf dem südlichen Abhang des Zionsberges und konnte in drei verschiedenen Arealen dessen antike Besiedlung erforschen (Abb. 1 und 2). Ein Ziel des Grabungsprojekts war die Klärung der Verläufe der Stadtmauern durch die verschiedenen historischen Epochen. Der Zionsberg liegt erst seit der ayyubidischen Zeit außerhalb des befestigten Stadtgebietes. Schon seit Beginn der archäologischen Forschung in der Heiligen Stadt wird dort besonders die Frage nach dem Verlauf der eisenzeitlichen Mauer heftig diskutiert. Unter König Hiskia im 8. Jh. v. Chr. flohen viele Bewohner des ehemaligen Nordreichs nach Süden und siedelten sich möglicherweise in Jerusalem an, wodurch die Stadt in ihrer
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Größe stark anwuchs. Dies und der allgemeine wirtschaftliche Aufstieg der Stadt machten sowohl den Ausbau des Wassersystems (‚Hiskia-Tunnel‘) als auch eine Erweiterung der Stadtmauer nötig. Doch kamen bisher eindeutige archäologische Zeugnisse dieser Mauer aus dem 8. Jh. v. Chr. nur in der Davidsstadt/Silwān, in der Davidszitadelle1 und im jüdischen Viertel2 ans Licht. Ihr südlicher Verlauf blieb Gegenstand vieler Spekulationen und war bisher archäologisch nicht nachweisbar.
Abb. 1: Der Zionsberg von Süden gesehen mit dem Gelände den Ausgrabungsarealen des DEI im Vordergrund und der Dormitio-Abtei im Hintergrund. © BAI/DEI
Zwar hat Yehiel Zelinger (Israel Antiquities Authority) südlich des DEI-Areals einen Teil einer frühen Stadtmauer ausgegraben (1998–2018), doch musste er offen lassen, ob es sich
1
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Amit Re’em, „First and Second Temple Period Fortifications and Herod’s Palace in the Jerusalem Kishle Compound,“ Ancient Jerusalem Revealed. Archaeological Discoveries, 1998–2018, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2019), 136–144; C.N. Johns, „The Citadel. Jerusalem: Summary of the Work since 1934,“ QDAP 14 (1950): 121–190. Nahman Avigad und Hillel Geva, „Iron Age II Strata 9–7,“ in Jewish Quarter Excavations in the Old City of Jerusalem, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2000), 44–82.
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dabei tatsächlich um Relikte der Eisenzeit handelt oder vielmehr um ein Stück der hasmonäischen Stadtbefestigung.3 Bargil Pixner, Doron Chen und Shlomo Marglit vermuteten in den 1980er Jahren, auf ein Segment der eisenzeitlichen Mauer im DEI Grabungsareal gestoßen zu sein.4 Diese Aussage wurde durch Ausgrabungen des DEI im Sommer 2020 überprüft.
Abb. 2: Der Zionsberg mit den Ausgrabungsarealen des DEI © BAI/DEI
3 4
Yehiel Zelinger, „The Line of the Southern City Wall of Jerusalem in the Early Periods,“ in Ancient Jerusalem Revealed. Archaeological Discoveries, 1998–2018, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2019), 279–288. Doron Chen, Shlomo Margalit, und Bargil Pixner, „Mount Zion: Discovery of Iron Age Fortifications Below the Gate of the Essenes,“ in Ancient Jerusalem Revealed, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society, 1994), 76–81.
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2.1 Forschungsgeschichte Die archäologische Forschung des südlichen Abhangs des Zionsberges begann im 19. Jahrhundert mit Henry Maudsley und wurde von Charles Warren sowie Charles W. Wilson fortgesetzt.5 Maudsley untersuchte in den Jahren 1873–1874 den Felsvorsprung entlang des südwestlichen Hügels. Seine Untersuchungen umfassten auch das Gelände der ehemaligen Gobat-Schule (heute: Jerusalem University College). Lieutenant Claude R. Conder fasste Maudsleys Funde in seinem Bericht an den Palestine Exploration Fund im Jahr 1875 zusammen.6 Darin kam er zu dem zutreffenden Schluss, dass der bearbeitete Abschnitt des Felsvorsprungs entlang des Geländes der Gobat-Schule und des anglikanisch-preußischen Friedhofs das Fundament einer historischen Stadtbefestigung Jerusalems gewesen sein muss.7 Wenig später wurde das Gelände von Frederick Bliss und Archibald Dickie mit Tunneln und Schächten archäologisch untersucht. Als sie dabei auf Toranlagen stießen, öffneten sie diesen Bereich trichterförmig nach oben. Die bereits erwähnten Ausgrabungen unter Bargil Pixner, Doron Chen und Shlomo Margalit folgten fast 100 Jahre später (in den 1970er und 1980er Jahren) den Erkundungen der beiden Vorgänger am gleichen Ort. Ihre Forschungen waren von einem vordefinierten religiösen Interesse am frühen Christentum und den Essenern geprägt; ebenso ihre Deutungen. So wollte Pixner einerseits ein ‚Viertel der Essenerʻ auf dem Zionsberg rekonstruieren, andererseits ein von ihm gefundenes Mauerstück der eisenzeitlichen Stadtmauer des berühmten Hiskia zuweisen.8
2.2 Die Arbeiten des DEI Das Grabungsprojekt des DEI umfasste bis 2020 drei Areale. Die Areale I und III liegen im Bereich des anglikanisch-preußischen Friedhofs östlich der antiken Stadtmauern, wobei Areal I das flächenmäßig größte Ausgrabungsgebiet darstellt. Areal II befindet sich auf dem Plateau oberhalb des Friedhofs auf einem Gelände des griechischen Patriarchats (‚Griechischer Gartenʻ). 2.2.1 Areal I Das Areal I wurde im Jahr 2015 gereinigt und von 2016 bis 2020 archäologisch untersucht. Die von Bliss und Dixie sowie Pixner, Chen und Margalit ergrabenen Strukturen wurden so 5 6 7 8
Charles W. Wilson, Ordnance Survey of Jerusalem (London: H.M Stationary Office, 1865). Claude R. Conder, „The Rock Scarp of Zion,“ PEF 8 (1875): 81–89. Für eine Zusammenfassung der Geschichte des Friedhofs siehe: Brian Schultz, The Jerusalem Protestant Cemetery on Mount Zion. The Archaeological Remains and the Archaeological-Geographical Contributions of People Buried There (Jerusalem: Jerusalem University College, 1998). Frederick J. Bliss, „Second Report on the Excavations in Jerusalem,“ PEF 26 (1894): 243–257; Frederick J. Bliss, „Third Report on the Excavations in Jerusalem,“ PEF 27 (1895): 9–25; Frederick J. Bliss, Excavations at Jerusalem 1894–1897 (London: Committee of the Palestine Exploration Fund, 1898); Bargil Pixner, Doron Chen, und Shlomo Margalit, „Mount Zion: The Gate of the Essenes Re-Excavated,“ ZDPV 105 (1989): 85–95; Doron Chen, Shlomo Margalit und Bargil Pixner, „Mount Zion. Discovery of Iron Age Fortifications below the Gate of the Essenes,“ in Ancient Jerusalem Revealed, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society 1994), 76–81.
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wieder sichtbar gemacht. Insgesamt konnten Strata der hellenistischen, römischen, byzantinischen bis hin zur ayyubidischen Zeit ausgegraben werden. In byzantinischer und römischer Zeit befanden sich am Hang Wohnhäuser (gut situierter, aber keineswegs reicher Stadtbürger), Straßen und Kanalsysteme. Ein byzantinischer Wohnkomplex wurde in den letzten Jahren ausgiebig erforscht. Letzterer wurde zum Teil auf einer frührömischen Straße gegründet, die ihren Anfang unterhalb des Tores nahm. Die byzantinische Straße folgte dem Verlauf der römischen und nutzte erneut deren Abwassersystem; war allerdings um einige Meter erhört und leicht nach Nordwesten versetzt. Generell ist die Bautätigkeit durch eine stete Wiederverwendung älterer Mauerzüge und Baumaterialien geprägt. Diese starke Überbauung erschwert eine Analyse der frührömischen und hellenistischen Schichten, die von den nachfolgenden Siedlungsschichten stark in Mitleidenschaft gezogen wurden.9
Abb. 3: Übereinanderliegende Torschwellen aus frührömischer, hadrianischer und byzantinischer Zeit © BAI/DEI
Das Areal I wird von den drei Toren beherrscht (Abb. 3): Das jüngste stammt aus der byzantinischen Zeit (vermutlich Mitte 5. Jh. n. Chr.; Eudokia) (Abb. 3.3). Das mittlere, ein freistehendes Bogenmonument, wird aufgrund eines Münzfundes und der Keramikfunde in die 9
Die modernen und spätislamischen Schichten sind von Verfüllung und Terrassierungsarbeiten am Berg geprägt, während die umayyadischen Phasen in Areal I in erster Linie industriellen Charakter aufweisen.
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hadrianische Zeit datiert (um 135 n. Chr.; Abb. 3.2), während das jüngere nach dem Ausweis der Keramikfunde aus der Zeit Herodes‘ d. Gr. (37–4 v. Chr.; Abb. 3.1) stammt.10 2.2.2 Areal II Das Areal II befindet sich im sogenannten ‚Griechischen Gartenʻ, westlich der DormitioAbtei. Hier wurde in den Jahren 2017 und 2018 auf einer Fläche von ca. 150 m2 eine reiche Villa der byzantinischen Zeit im gegenüber Areal I erhöht liegenden Areal ausgegraben. Obwohl viel von der ursprünglichen Bausubstanz fehlt, ist die Anlage noch gut erkennbar. Ein herausragendes Zeugnis der ehemals reichen Innenausstattung ist in gut erhaltenes Fußboden-Mosaik.11
Abb. 4: Mosaik der byzantinischen Villa in Areal II © BAI/DEI
10 Pixner, Chen, und Margalit, „Gate of the Essenes,“ 85–95. 11 Dieter Vieweger et al., „DEI Excavations on the Southwestern Slope of Mount Zion (2015–2019),“ AA 2020/1, § 1–76, https://doi.org/10.34780/aa.v0i1.1020.
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2.2.3 Areal III Im Jahr 2019 folgte zwischen den beiden Arealen die Öffnung von Areal III, nahe einer im Friedhof befindlichen Doppelmiqvenanlage.12 Hier wurden Reste der ayyubidischen Ummauerung des Zionsberges (Turm, Mauerreste und Trockengraben) sowie reich ausgestattete frührömische Häuser (der Besiedlung bis zum Jahr 70 n. Chr.) ausgegraben. In den Jahren 2021 und 2022 sollen Bereiche um das Bet Joseph (Dormitio-Abtei) als Areal IV und V in Zusammenarbeit mit der israelischen Antikenbehörde archäologisch erschlossen werden.
3. Die Suche nach den Stadtmauern In Areal I konnten verschiedene Stadtmauern identifiziert werden. Die jüngste stammt aus byzantinischer Zeit, darunter befindet sich eine Stadtmauer aus frührömischer-herodianischer Zeit und schließlich leicht nach Nordosten versetzt eine hellenistisch-hasmonäische Stadtmauer. Aus hadrianischer Zeit war keine Mauer zu erwarten – zu dieser Zeit besaß Jerusalem keine Stadtmauer, sondern wurde durch die 10. Legion geschützt. Hadrian errichtete verschiedene Bogenmonumente, die heute noch unter dem Damaskustor, im russisch-orthodoxen Bereich nahe der Grabeskirche (‚Gerichtstorʻ) und mit dem Ecce-Homo-Bogen zu sehen sind.
12 Lea-Estelle Thierry und Dieter Vieweger, „Die Doppelmiqwen-Anlage im anglikanisch-preußischen Zionsfriedhof von Jerusalem,“ ZDPV 135 (2019): 32–41.
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3.1 Byzantinische Zeit Die byzantinische Stadtmauer ist verbunden mit der obersten Torschwelle sowie mit den obersten Lagen des Turmes. Das jüngste Tor war samt eines gewaltigen Turms mit der gut erhaltenen oberen Mauerstruktur verbunden. Zwischen Torschwelle und Turm ist eine spätere Reparaturschicht zu sehen, die vermutlich in die Zeit der sassanidischen Eroberung der Stadt im Jahr 614 n. Chr. zu datieren ist.
Abb. 5 Byzantinische Stadtmauer mit Tor (links oben) und Turm (unten) © BAI/DEI
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3.2 Frührömisch-herodianische Zeit Die herodianische Mauer mit dem berühmten ‚Essenertorʻ13 hatte vermutlich denselben Verlauf wie die byzantinische Stadtmauer (Abb. 6). Sie ist mit einigen Steinschichten auf dem südwestlichen Turmeck noch gut sichtbar vertreten.
Abb. 6 Herodianische Stadtmauer mit Tor (links oben) und Turm (unten) © BAI/DEI
13 Joseph. Bell. Iud. V, 145.
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3.3 Hellenistisch-hasmonäische Zeit Die älteste Mauer dieses Bereiches liegt nördlich der eben beschriebenen Stadtmauern (Abb. 7) und wurde angesichts des Baustils und der Keramikfunde sowie von OSL- und C14-Daten in die hellenistische Zeit (3./2. Jh. v. Chr.) datiert. Sie besteht aus massiven Quadern, die in der Läufer- und Bindertechnik verbaut wurden, sowie aus etwas kleineren Steinen, die in den abgearbeiteten Felsen als Fundament gelegt wurden. Die Bauweise der Mauer ist mit anderen hellenistischen Fortifikationen wie zum Beispiel in Samaria/Sebaste14 aus dem 4./3. Jh. v. Chr. vergleichbar.
Abb. 7 Hellenistische Stadtmauer © BAI/DEI
14 John W. Crowfoot, Kathleen M. Kenyon, und Eleasar L. Sukenik, Samaria-Sebaste – Reports of the Work of the Joint Expedition in 1931–1933 and of the British Expedition in 1935: The Buildings of Samaria (London: Palestine Exploration Fund, 1942).
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3.4 Eisenzeit Auf der Suche nach dem bisher unbekannten Verlauf der Stadtmauer des 8. Jh. v. Chr. folgte das DEI den Arbeiten von Pixner, Chen und Margalit. Aufgrund unzureichender Dokumentation und Publikation, war dessen Interpretation nie unbestritten. Zwar hatte er eisenzeitliche Keramik des 8. Jh. v. Chr. veröffentlicht, doch deren Zusammenhang mit der vorgefundenen Mauer auf dem Zionsberg nicht dokumentiert. Die archäologische Beweisführung für seine These stand noch aus.
Abb. 8 Hasmonäische Kasemattenmauer mit Turm (im Bild unten) © BAI/DEI
Pixner beschrieb die von ihm in einer Länge von ca. 2 m gefundene Mauer mit einem für die Eisenzeit typischen Aufbau: an beiden Außenseiten eine Reihe großer Felsblöcke, der Zwischenraum sei mit kleineren Steinen verfüllt gewesen. Das südwestliche Gesicht der Mauer meinte er in direktem Anschluss an den Turm gefunden zu haben – der nordöstliche Abschluss liege unter den jüngeren Mauern. Die Verfüllung schien er entfernt zu haben, um die Mauer zu datieren.
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Um an unberührte Grabungsfläche zu gelangen, trug das DEI-Team ein 12 m2 großes Areal in eine Tiefe von 5,50 m ab – angrenzend an die von Pixner ergrabene Stadtmauer. Was dabei zum Vorschein kam, war eine Kasemattenmauer (Abb. 8), bestehend aus nebeneinanderliegenden Räumen. Diese konnten in Friedenszeiten zur Vorratslagerung genutzt und in Kriegszeiten mit Erde und Steinen gefüllt werden, um so einen massiven Wall zum Schutz der Stadt zu schaffen. Die 2,40 m breite Konstruktion war direkt auf dem Felsen gegründet und stand noch etwa 70 cm an. Ihre ehemalige ‚Verfüllung‘ wurde von Pixner jedoch in den 80er Jahren nicht entfernt – wie man bisher (aufgrund fehlender Grabungsbeschreibungen) meinte. Die verschiedenen losen Steine, die auch die folgenden Aufsichten zeigen, und von Pixner als dessen Mauerverfüllung angesehen wurden, werden durch eine Erdschicht von der eigentlichen Kasemattenmauer getrennt. Sie selbst war im Inneren leer. Eine solche Konstruktion war bereits von Bliss und Dickie vor über 100 Jahren im katholischen Friedhof (östlich unserer Grabungsstelle) aufgefunden15 worden. Allerdings konnte ihr Fund damals zeitlich nicht weiter eingeordnet werden. Tatsächlich fand Pixner (und auch das DEI in Areal I) verstreut Scherben der Eisenzeit II16 – was entweder für eine Nutzung des Bereichs als Wohnbereich oder aber höchstwahrscheinlich für eine landwirtschaftliche Nutzung außerhalb der befestigten Stadt während dieser Epoche spricht. Zwar kam selbst im Bereich der fraglichen Mauern Keramik aus der Eisenzeit II zum Vorschein, jedoch nur in geringen Mengen von < 10 % aller Scherben. Außerdem ist zu beachten, dass stets die jüngsten Scherben in den Mauern und deren Fundamentgräben das Bauwerk datieren. In diesem Fall dominierten Scherben der hellenistischen Zeit den Befund und sogar das Mauerfundament. Aufgrund dessen datiert das DEI diese Mauer vorläufig ins 2./1. Jh. v. Chr. und somit in die hasmonäische Zeit.17 Zu dieser Mauer gehörten die unteren Lagen des unmittelbar angrenzenden Turms18 sowie möglicherweise ein weiterer Turm und ein Torbereich westlich der heute bekannten Tore. Die aufgefundene hasmonäische Fortifikation und deren zahlreiche (Wieder-)aufbauphasen und Zerstörungen werden auch in den schriftlichen Quellen gespiegelt: Eine erste Befestigung durch die hasmonäischen Herrscher in Jerusalem wird bereits Judas Makkabäus zugeschrieben (166–160 v. Chr.).19 Nach der Zerstörung im Jahr 163 v. Chr. durch Antiochus V.20 ließ Judas‘ Nachfolger Jonathan (160–143 v. Chr.) die Stadt laut schriftlicher Überlieferung ebenfalls mit einer Quadersteinmauer befestigen.21 Sein Werk sei durch Simon vollendet worden22 und 141 v. Chr. wurde diese Stadtmauer sogar noch weiter ausgebaut.23
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Bliss, Excavations at Jerusalem, Pl. IV Die Ausgrabungen anderer Archäologen auf dem Südwesthügel Jerusalems zeigen dieselben Daten. Die Ergebnisse der OSL Datierungen bekräftigen diese Datierung. Seine unterste Steinreihe weicht von der des byzantinischen Turms um ca. 25 Grad ab. 1 Makk 4,60. 1 Makk 6,62. 1 Makk 10,10–11; 1 Makk 12,36–37. 1 Makk 13,10. 1 Makk 14,37.
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Diese Stadtbefestigung wurde auch von Flavius Josephus erwähnt, der sie als ‚Erste Mauer‘ bezeichnet24, diese jedoch fälschlicherweise bereits mit David und Salomo in Verbindung bringt. Seine ungenaue Beschreibung des Mauerverlaufs bietet keine genauen topographischen Anhaltspunkte, um ihren Verlauf zu rekonstruieren.
4. Zusammenfassung und Bedeutung für den archäologisch-theologischen Diskurs Zwar widerlegen die Forschungen des DEI die Ausdehnung der eisenzeitlichen ummauerten Stadt auf dem südlichen Zionsberg, doch bleibt die Frage nach der Größe des Stadtgebiets weiter bestehen. Unumstritten ist, dass die alttestamentliche Stadt des 8. Jh. v. Chr. unter König Hiskia ummauert war. Sie war größer als die heutige Davidstadt, die bereits im 18. Jh. v. Chr. angelegt (Jebusiter) und im 10. Jh. v. Chr. laut biblischer Überlieferung von David erobert wurde. Die Stadt des 8. Jh. v. Chr., die König Sanherib belagerte, muss die vor den Assyrern geflüchteten Israeliten aus dem Nordreich mit eingeschlossen haben. Die Bibel berichtet in 2 Kön 20,20, dass Hiskia den Wassertunnel unter der Davidstadt gebaut habe und damit das Trinkwasser in die (ummauerte) Stadt gebracht habe. Auch von einer Belagerung Jerusalems durch den assyrischen Großkönig Sanherib wird dort in 2 Kön 18 und 19 berichtet–was notwendigerweise eine ummauerte Stadt voraussetzt. Diese Belagerung wird in assyrischen Quellen bestätigt: Hiskia von Juda jedoch, der sich nicht unter mein Joch gebeugt hatte – 46 mächtige ummauerte Städte sowie die zahllosen kleinen Städte ihrer Umgebung belagerte und eroberte ich durch das Anlegen von Belagerungsdämmen, Einsatz von Sturmwiddern, Infanteriekampf, Untergrabungen, Breschen und Sturmleitern. … Ihn (scil. Hiskia) selbst schloss ich gleich einem Käfigvogel in Jerusalem, seiner Residenz, ein.25 Die tatsächliche Größe des ummauerten eisenzeitlichen Jerusalems wird in der Forschung seit langem diskutiert (Abb. 9). Hierbei lassen sich zwei große Richtungen der Interpretation unterscheiden: die „Neu-Minimalisten“26, die davon ausgehen, dass sich das biblische Jerusalem nur über den östlichen Hügel (den Bereich der heutigen Davidsstadt/Silwān) sowie einen kleinen nördlichen Bereich des Südwesthügels ausdehnte. Auf der anderen Seite stehen die „Maximalisten“27, die den gesamten Südwesthügel eingeschlossen sahen. Beide Gruppen berufen sich im Wesentlichen auf den Bericht von Flavius Josephus bzw. im Fall der „Maximalisten“ auf die Beschreibungen Nehemias.
24 Joseph. Bell. Iud. V, 142–145. 25 Dritter Feldzug Sanheribs nach Rykle Borger, Der dritte Feldzug Sanheribs, TUAT I/4 (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1984), 388–391. 26 Michael Avi-Yonah, Kathleen M. Kenyon, und Nahman Avigad. Der ursprüngliche Ansatz der „Minimalisten,“ dass das biblische Jerusalem nur auf den Bereich der Davidsstadt/Silwān zu beschränken sei, ist spätestens durch die Ausgrabungen von Nahman Avigad 1969 im Jüdischen Viertel und die Entdeckung der „breiten Mauer“ widerlegt und wird nicht mehr vertreten. 27 Hillel Geva, Benjamin Mazar.
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Die „Minimalisten“ geraten in Erklärungsnot, wenn es zu dem Bereich des Teichs Siloah kommt: wie konnte dieser wichtige Bereich der Wasserversorgung außerhalb der ersten Stadtmauer geschützt werden? War er separat ummauert oder unterirdisch angelegt? Die „Maximalisten“, die durch die vermeintliche Entdeckung der hiskianischen Stadtmauer durch Pixner argumentative Bestätigung erhielten, scheitern an belastbarem archäologischem Material aus der Eisenzeit auf dem Zionsberg.28 Nach den Grabungen des DEI im Jahr 2020 muss man von der „Maximaltheorie“ folglich Abstand nehmen und eine flächenmäßig geringere Ausdehnung Jerusalems zur Eisenzeit annehmen. Der genaue Verlauf muss in Zukunft allerdings noch nachgewiesen werden. Aufgrund der Entdeckung der „breiten Mauer“ und der Reste im „Kishle-Compound“ muss zumindest ein Teil des Südwesthügels in der späten Eisenzeit Teil der ummauerten Stadt gewesen sein. Es kann gut möglich sein, dass nur der nördliche Teil des Hügels (das jüdische Viertel) oder sein östlicher Teil im ummauerten Stadtgebiet lag.29 Zwei den Höhenlinien von Jerusalem folgende mögliche Mauerverläufe werden in Abb. 9 dargestellt. So ist nun zwar mit den Ausgrabungen des DEI der Mythos der eisenzeitlichen Stadtmauer auf dem Zionsberg widerlegt. Doch die Frage nach deren exaktem Verlauf bedarf weiterer Feldforschungen.
Abb. 9 An den topografischen Verhältnissen in Jerusalem ausgerichtete Lösungsmöglichkeiten © BAI/DEI
28 Zur Diskussion siehe: Hillel Geva, „Summary and Discussions of Findings from Areas A, W and X-2,“ in Jewish Quarter Excavations in the Old City of Jerusalem II. The Finds from Areas A, W and X-2, ed. Hillel Geva (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2003), 501–552. 29 Ein solcher Ansatz wurde bereits u.a. von M. Broschi und Dan Bahat vertreten.
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Khirbet Qeiyafa Ostracon – A Prophetic Text? Yosef Garfinkel
1. Introduction1 Khirbet Qeiyafa is a 2.3-hectare city, built on top of a hill overlooking the Valley of Elah, along which runs a major route leading from Jerusalem to the coastal plain. It is located on the border with Philistia, opposite Tell es-Safi (biblical Gath). The site was encircled by heavy fortifications of extraordinary strength, including a casemate city wall and two gates (Fig. 1).
Fig. 1: Aerial view of Khirbet Qeiyafa, looking north, by Skyview
1
It is my pleasure to dedicate this article to Prof. Dr. Reinhard Achenbach, who contributed much to the discussion on the Khirbet Qeiyafa ostracon. I wish to thank Shmuel Ahituv for his comments on an earlier version of this text.
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Yosef Garfinkel
The city was destroyed shortly after it was built, and in each building we uncovered rich assemblages of diverse finds: pottery, animal bones, stone tools, metal objects, cultic paraphernalia, seals, and inscriptions.2 The city has been radiometrically dated by C14 analysis to the first quarter of the tenth century BCE.3 The sudden destruction of the city and its abandonment for centuries have left us a crystal-clear archaeological picture of the early 10th century BCE in Judah and beyond. An outstanding and enigmatic discovery is the Khirbet Qeiyafa ostracon, discovered in 2008 (Figs. 2–3). A year later it was published in Hebrew and English by Misgav, Garfinkel, and Ganor.4 These publications includes notes and comments by three well experienced West Semitic epigraphers: Ahituv, Demsky, and Yardeni.5 In the following years this inscription has attracted much attention, and some fifteen different articles have been published on this poorly understood text. The publications of Lipiński, Rollston, Ralph and Buchanan, Zilberg, and Sass dealt mainly with the writing in the context of the early tenth century BCE.6 Yardeni, Millard, Richelle, and Levy and Pluquet suggested that the writing includes a list of names.7
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Yosef Garfinkel and Saar Ganor, Khirbet Qeiyafa Vol. 1. Excavation Report 2007–2008 (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2009). Yosef Garfinkel, Igor Kreimerman and Peter Zilberg, Debating Khirbet Qeiyafa: A Fortified City in Judah from the Time of King David (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2016). Yosef Garfinkel, “Khirbet Qeiyafa in the Shephelah: Data and Interpretations,” in Khirbet Qeiyafa in the Shephelah. Papers Presented at a Colloquium of the Swiss Society for Ancient Near Eastern Studies Held at the University of Bern, September 6, 2014, ed. Silvia Schroer and Stefan Münger (Fribourg: Academic Press, 2017), 5–59. Yosef Garfinkel, Katharina Streit, Saar Ganor, Michael G. Hasel and Paula J. Reimer, “King David’s City at Khirbet Qeiyafa: Results of the Second Radiocarbon Dating Project,” Radiocarbon 57 (2015): 881–890. Haggai Misgav, Yosef Garfinkel, and Saar Ganor, “The Khirbet Qeiyafa Ostracon,” New Studies in the Archaeology of Jerusalem and its Region 3 (2009): 111–123 (Hebrew). Haggai Misgav, Yosef Garfinkel, and Saar Ganor “The Ostracon,” in Khirbet Qeiyafa Vol. 1. Excavation Report 2007–2008, ed. Yosef Garfinkel and Saar Ganor (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2009), 243–257. Shmuel Ahituv, “The Khirbet Qeiyafa Inscription – Response C,” New Studies in the Archaeology of Jerusalem and its Region 3 (2009): 130–132 (Hebrew). Aaron Demsky, “The Enigmatic Inscription from Khirbet Qeiyafa – Response B,” New Studies in the Archaeology of Jerusalem and its Region 3 (2009): 126–129 (Hebrew). Ada Yardeni, “Further Observations on the Ostracon,” in Khirbet Qeiyafa Vol. 1. Excavation Report 2007–2008, ed. Yosef Garfinkel and Saar Ganor (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2009), 259–260. Edward Lipiński, “Najstarsza inskrypcja hebrajska,” Studia Judaica 14 (2011):143–50 (Polish). Christopher A. Rollston, “The Kirbet Qeiyafa Ostracon: Methodological Musings and Caveats,” TA 38 (2011): 67–82. K. Ralph Hawkins and Shane Buchanan, “The Khirbet Qeiyafa Inscription and 11th–10th Century BCE Israel,” Stone-Campbell Journal 14 (2011): 219–234. Peter Zilberg, “The Debate on Writing and Language,” in Debating Khirbet Qeiyafa: A Fortified City in Judah from the Time of King David, ed. Yosef Garfinkel, Igor Kreimerman, and Peter Zilberg (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2016), 157– 172. Benjamin Sass “The Khirbet Qeiyafa Ostracon in its Setting,” in Khirbet Qeiyafa in the Shephelah. Papers Presented at a Colloquium of the Swiss Society for Ancient Near Eastern Studies Held at the University of Bern, September 6, 2014, ed. Silvia Schroer and Stefan Münger (Fribourg: Academic Press, 2017), 87–111. Ada Yardeni, “Further Observations.” Alan Millard “The ostracon from the days of David found at Khirbet Qeiyafa,” TynBul 62 (2011): 1–14. Matthieu Richelle, “Quelques nouvelles lectures sur l’ostracon de Khirbet Qeiyafa,” Sem 57 (2015): 147–162. Eythan Levy and Frédéric Pluquet, “Computer experiments on the Khirbet Qeiyafa ostracon,” Digital Scholarship in the Humanities 32 (2017): 816–836.
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Khirbet Qeiyafa Ostracon – A Prophetic Text?
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Demsky suggested a writing exercise by unskilled person.8 Galil presented a very ambitious reading including a plea for the poor and the widow.9 This reading attracted some attention but is not widely accepted.10 Shea and Puech presented other ambitious readings, suggesting that the text includes some historical implication.11
Fig 2: Photograph of the Khirbet Qeiyafa Ostracon taken at the Megavision laboratory.
Fig. 3. Drawing of the Khirbet Qeiyafa ostracon by Ada Yardeni.
8 Aaron Demsky, “An Iron Age IIA alphabetic writing exercise from khirbet Qeiyafa,” IEJ 61 (2012): 186– 199. 9 Gershon Galil, “The Hebrew Inscription from Khirbet Qeiyafa/Neṭa‛im: Script, Language, Literature and History,” UF 41 (2009): 193–242. 10 Bob Becking and Paul Sanders, “Plead for the Poor and the Widow. The Ostracon from Khirbet Qeiyafa as Expression of Social Consciousness,” ZABR 17 (2011): 133–148. Reinhard Achenbach, “The Protection of personae miserae in Ancient Israelite Law and Wisdom and in the Ostracon from Khirbet Qeiyafa,” Sem 54 (2012): 93–125. 11 William H. Shea, “The Qeiyafa Ostracon: Separation of Powers in Ancient Israel,” UF 41 (2009): 601– 610. Émile Puech, “L’ostracon de Khirbet Qeyafa et les débuts de la royauté en Israël,” RevBib 117 (2010): 162–184.
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In any case the reading and meaning of the ostracon remain without scholarly consensus about its nature. This is in sharp contrast to the second Khirbet Qeiyafa inscription, incised into the soft clay of a storage jar before firing. In this text every preserved word is clear, and it clearly presents the name ʾIšbaʿal son of Bedʿ.12 Here I will argue that the enigmatic character of the ostracon is not accidental, but an inherited aspect of the text. The ostracon is a trapezoid-shaped, modified body sherd of a large jar and its maximum measurements are 15 cm by 16.5 cm. It was uncovered on the floor of a room near the western gate of the city.13 According to the petrographic examination by Ben-Shlomo, the vessel was locally made in the vicinity of the site.14 The script of the inscription, that is the shape of the letters, is Canaanite script (so-called “Proto-Canaanite” script). The text is written on the inner, concave face of the sherd, perpendicular to the striations left by turning on a potter’s wheel. The upper side of the ostracon is broken, with only the lower part of the letters intact. It is possible that another line of text is missing. The writing is in black ink and consists of five lines of text with about 57 letters, and four straight separating lines The text is incoherent for a number of reasons: 1. Possibly the beginning, a line or two, is missing. 2. Some of the clear signs do not represent known letters, so their decipherment is not clear. 3. Occasionally large spaces are found, probably where letters have faded out completely. 4. As I will argue below, part of the incoherent nature of the text is inherent in the message itself.
2. The Text Here I present the basic reading of Misgav, with a few changes based on suggestions made by other scholars. Following Yardeni and Demsky I accept the reading שפטat the end of the second line. Following Yardeni I accept the word חרםat the beginning of the fifth line. Following Ahituv I accept the reconstruction א]ש[םat the beginning of the fourth line.15 In the fourth line, between נקםand מלךthere are three letters which remained unexplained: יבד. Yardeni cautiously suggested that this is a case of transposed letters and read ביד, meaning: in the hand of. I suggest seeing here a case of defective spelling for the word יאבד, which means: will be lost. This gives us the phrase יאבד מלךlike יאבד לב מלךin Jer 4:9 and ואבד מלך עזהin Zech 9:5. A missing aleph is a phenomenon known in ancient West Semitic inscriptions, and will be discussed below. The last word of the inscription, at the end of the fifth line, was read by Misgav and Ahituv as מגרת. This word appears in the Bible in both the singular feminine מגרהand the feminine plural מגרות. It is referred to as a working tool (large saw?) used in stone masonry for the final preparation of ashlars blocks in the context of building the palace of Solomon 12 Yosef Garfinkel, Mitka R. Golub, Haggai Misgav and Saar Ganor, “The ʾIšbaʿal Inscription from Khirbet Qeiyafa,” BASOR 373 (2015): 217–233. 13 Garfinkel and Ganor, Khirbet Qeiyafa, Fig. 14:1. 14 David Ben-Shlomo, “Petrographic Analysis of Iron Age Pottery,” in Khirbet Qeiyafa Vol. 1. Excavation Report 2007–2008, ed. Yosef Garfinkel and Saar Ganor (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2009), 163. 15 Ahituv, “Khirbet Qeiyafa Inscription.”
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Khirbet Qeiyafa Ostracon – A Prophetic Text?
(1 Kgs 7:9). מגרותis mentioned twice as an instrument of forced labor (torture) imposed by King David upon the Ammonites (2 Sam 12:31; 1 Chr 20:3). In our inscription too, the word מגרתmay have the connotation of hard labor and torture, as it appears after חרםand יאבד. All three biblical uses of the word appear in texts relating to the tenth century BCE. It is noteworthy that in the Mishnah, ca. twelve centuries later, מגירה/ מגרהis mentioned often as an instrument for cutting (mSheviit 4:6; mShabbat 17:2; mBesa 4:3; mHullin 1:2). In mKelim it is described as having teeth (13:4; 14:3). When letters with no clear meaning are removed, and three reconstructed letters are added, we are left with the following wording: … do not do, but worship … judge… gods judge .. ….. master (or the god Ba‘al) ….. [in] guilt and revenge a king will be lost destruction/death (taboo) …. saws (forced labor, torture)
... ועבד א,אל תעש .. אלם שפט...... שפט ..... בעל........ א]ש[ם ונקם י)א(בד מלך מגרת.... חרם
3. Omitted Aleph The core of the new suggestion is to see a missing aleph in the word יבדand read the word יאבד. Omitting the letter aleph is a phenomenon known in ancient West Semitic inscriptions, as discussed by Avigad.16 He noted that aleph is sometimes omitted in personal names in West Semitic seals. In this way he read the name חאבas אחאב. Engraving on a seal required well-trained scribal knowledge and planning of the carefully incised seal. Thus, the missing aleph cannot be considered as a scribal mistake, but as legitimate way to elide it. This phenomenon is also attested in the Balaam plaster inscription from Tell Deir ‘Alla.17 As summarized by Ahituv in line 2 (combination I) the text says “man has not se[en]” אש [ לר]אהand is read as [אש ל)א(ר]אה.18 In the same way, in line 3 (Combination I) the text says “he did not ea[t]” וליכלand is read as ול)א( י)א(כל. In this well written inscription, on a plastered wall of a temple, the scribe omitted the letter aleph three times. As in the engraved seals, this cannot be considered as a scribal mistake.
4. Discussion Various interpretations had been put forward as to the character of the Khirbet Qeiyafa ostracon, however, they do not explain the various anomalous characteristics of the text. Based on the following three arguments it can be seen as a record of a prophetic message: 16 Nahman Avigad, “Two Ahab Seals,” BIES 17 (1952): 47–48 (Hebrew). 17 Jacob Hoftijzer and Gerrit van der Kooij, Aramaic texts from Deir ‘Alla (Leiden: Brill, 1976). Jo Ann Hackett, The Balaam Text from Deir ‘Alla, HSM 31 (Chico, Cal.: Scholars Press, 1984). Shmuel Ahituv, Echoes from the Past: Hebrew and Cognate Inscriptions from the Biblical Period (Jerusalem: Carta, 2008), 433–465. 18 Ahituv, Echoes, 438.
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4.1 An Incoherent Text One of the main characteristics of prophetic utterance is that it is performed in an altered state of consciousness, propelling the mind into hallucinations and various stages of trance.19 The person in trance loses various abilities, such as balance, a sense of distance, and communication. S/he often mumbles unclear words. Thus, a primary recording of a prophetic event results in incoherent texts, without clear or formalized sentences. While in a trance, the person is not able to write his prophecy, and it is doubtful if s/he was even able to remember what was said during the event. People with prophetic abilities were not necessary literate, thus, the recording of the message must have been performed by a second person, a scribal counterpart.
4.2 Tone and Structure of Text Although it is possible that we do not have the original beginning of the inscription, the general tone of the text is clearly imperative and warning. It starts with the imperative: אל תעש, that is: do not do. It continues with the word עבדwhich can be understood as the imperative for work or worship. The words ( א]ש[םguilt), ( נקםrevenge), ( יאבדwill be lost), ( חרםdestruction/killing, taboo) and ( מגרתtorture instruments) in the second part of the inscription bear a terrifying message. A rhetorical structure which contains an imperative message in the first half and warnings and vows in its second half is very typical of prophecy. The people in the audience are first required to do something, and if they do not, various punishments will befall them.
4.3 Elaborate Vocabulary The inscription includes an elaborate vocabulary, using the words ( שפטjudge or to judge), ( מלךking), ( עבדworship), ( נקםrevenge), ( יאבדwill be lost), ( חרםdestruction/killing, taboo) and ( מגרתtorture instruments). This vocabulary is not typical of daily correspondence between individuals or even of basic administration dealing with tax collection or the organization of manpower. The existence of prophets and prophecy is well documented in the West Semitic cultural milieu. Already in the Middle Bronze Age city of Mari, dozens of prophecies were recorded and sent to the king.20 Prophecy in this period is also known from the city of Aleppo in
19 Arnold M. Ludwig, “Altered States of Consciousness,” in Altered States of Consciousness, ed. Charles, T. Tart (New York: Wiley, 1969), 9–22. Erika Bourguignon, ed., Religion, Altered States of Consciousness, and Social Change (Columbus: Ohio State University Press, 1973). 20 See, for example, Abraham Malamat, “A Forerunner of Biblical Prophecy: The Mari Documents,” in Ancient Israelite Religion: Essays in Honor of F.M. Cross, ed. Patrick D. Miller, Paul D. Hanson, and Dean S. McBride (Philadelphia: Fortress Press, 1987), 33–52; Abraham Malamat, “The Secret Council and Propetic Involvement in Mari and Israel,” in Storia e tradizioni di Israele. Scritti in onore di J. Alberto Soggin, ed., Daniele Garrone and Felice Israel (Brescia: Paideia, 1991), 185–190.
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Khirbet Qeiyafa Ostracon – A Prophetic Text?
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Syria.21 An interesting case dated to the Iron Age is the tradition of Balaam son of Beor in Numbers Chapters 22–24. Besides the biblical tradition mentioning this prophet, archaeological excavations at Tell Deir ‘Alla uncovered a large inscription, written on plaster, mentioning his name and prophetic activity.22 The phenomenon of prophecy in the ancient Near East and the biblical tradition had been discussed intensely by many scholars.23 The title הנבאis also mentioned on the Lachish Ostracon no. III.24 A number of studies have been devoted to this prophet.25 In the Lachish ostracon we observe correspondence between a few state officials, all referred to by their names and sometime by their title. The ostracon also mentions an anonymous prophet, who sent a letter to one of the officials. Only the first word of the prophecy is mentioned: השמר, translated by Ahituv as “be on guard.”26 While the Lachish ostracon only mentions a message sent by a prophet, it is possible that the Khirbet Qeiyafa ostracon contains an actual message itself. A similar interpretation had been suggested for the Ḥorvat ʿUza Ostracon 1, bearing a damaged inscription missing its top.27 Nevertheless, this is clearly not a list of names, but a literary composition. There is, however, no agreement on the nature of its content, purpose, or genre. It has been suggested that the ostracon was part of a literary legal document,28 a
21 Abraham Malamat, “A new Prophetic Message from Aleppo and its Biblical Counterpart,” in Understanding Poets and Prophets – Essays in Honour of G.W. Anderson, ed. Graeme A. Auld (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1993), 236–241. 22 Jacob Hoftijzer and Gerrit van der Kooij, Aramaic Texts. Jo Ann Hackett, Balaam Text. 23 See, for example, Robert R. Wilson, Prophecy and Society in Ancient Israel (Philadelphia: Fortress Press, 1973). Simon B. Parker, “Possession Trance and Prophecy in Pre-Exilic Israel,” VT 28 (1978): 271–285. Hans M. Barstad, “No prophets? Recent Developments in Biblical Prophetic Research and Ancient Near Eastern Prophecy,” JSOT 18 (1993): 39–60. Ehud Ben-Zvi and Michael H. Floyd, Writings and Speech in Israelite and Ancient Near Eastern Prophecy (Atlanta: Society of Biblical Literature, 2000). Martti Nissinen, ed., Prophecy in its Ancient Near Eastern Context: Mesopotamian, Biblical, and Arabian Perspectives (Atlanta: Society of Biblical Literature, 2000). David Aberbach, Imperialism and Biblical Prophecy, 750–500 BCE (London: Routledge, 2002). John Kaltner and Louis Stulman, eds., Inspired Speech: Prophecy in the Ancient Near East Essays in Honor of Herbert B. Huffmon (London: T & T Clark, 2004). Ronald L. Troxel, Prophetic Literature: From Oracles to Books (Malden, MA: WileyBlackwell, 2011). Robert P. Gordon and Hans M. Barstad, eds., “Thus Speaks Ishtar of Arbela”: Prophecy in Israel, Assyria, and Egypt in the Neo-Assyrian Period (Winona Lake: Eisenbrauns, 2013). Jonathan Stökl and Corrine L. Carvalho, eds., Prophets Male and Female: Gender and Prophecy in the Hebrew Bible, the Eastern Mediterranean, and the Ancient Near East (Atlanta: Society of Biblical Literature, 2013). 24 Ahituv, Echoes, 63. 25 See, for example, Hans M. Barstad, “Lachish Ostracon III and Ancient Israelite Prophecy,” Eretz-Israel 24 (1993): 9–12. Simon B. Parker, “The Lachish Letters and Official Reactions to Prophecies,” in Uncovering Ancient Stones: Essays in Memory of H. Neil Richardson, ed. Lewis M. Hopfe (Winona Lake: Eisenbrauns, 1994), 65–78, and discussions therein. 26 Ahituv, Echoes, 69. 27 Itzhaq Beit-Arieh, “A Literary Ostracon from Ḥorvat ʿUza,” TA 20 (1993): 55–65. Ahituv, Echoes, 173– 177. 28 Itzhaq Beit-Arieh, “Epigraphic Finds,” in Ḥorvat ʿUza and Ḥorvat Radum: Two Fortresses in the Biblical Negev, ed. Beit-Arieh Itzhaq (Tel Aviv: Institute of Archaeology, Tel Aviv University, 2007), 127.
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wisdom poem,29 a divorce case,30 or an incantation.31 Four other scholars understood the inscription as a prophecy: Cross, Davies, Becking and Moies.32 The most recent analysis of Moies concludes: “The textual discourse of this ostracon was seen to intersect with a specific dimension of authority and with the relations of a specific mode of production, namely, prophets and the scribal genre of prophecy. While the tools of linguistic anthropology cannot help us better decipher the physical inscription, with its faded and illegible words, they can help us decipher its social meaning and the power of a curse in an epigraphic prophetic text in ancient Judah”.33 The belief that a prophetic message is a direct link with the gods gave it tremendous importance and consequently such messages have been extensively recorded in the Mari correspondence, in large sections of the Hebrew Bible, in the Tell Deir ‘Alla inscription, the Ḥorvat ʿUza Ostracon, and now at Khirbet Qeiyafa. The location of the Khirbet Qeiyafa prophetic text in a fortified city, near the city gate, may be used as another indication for understanding this find. In the late eleventh to early tenth centuries BCE most of the sites in Judah were not yet fortified. Thus, this site clearly functioned as a regional center for economic, administrative and military activity. Such centers, which drew visitors from large distances, were sites for prophetic performances, as can be seen in the case of Amos, who came to Bethel specifically for the prophetic performances (Amos 7:13). It is possible that these events took place near the gate, the center of activity in Iron Age cities. The Khirbet Qeiyafa ostracon is dated to the late eleventh through early tenth centuries BCE. It thus may be the earliest example of a recorded prophetic message in Judah. It could also represent the beginning of the literary tradition that later led to such books as Amos, Isaiah, and the other prophets, as well as most of the Hebrew biblical narrative.
29 André Lemaire, “Epigraphie palestinienne: Nouveaux documents II – Décennie 1985–1995,” Hen 17 (1995): 221–222. Graham Davies, “Some Uses of Writing in Ancient Israel in the Light of Recently Published Inscriptions,” in Writing and Ancient Near Eastern Society, Papers in Honour of Alan R. Millard, ed. Piotr Bienkowski, Christopher Mee, and Elizabeth Slater (London: T & T Clark, 2005), 137– 138. Victor Sasson, “An Edomite Joban Text with a Biblical Joban Parallel,” ZAW 117 (2005): 601–615. Nadav Na’aman, “A Sapiential Composition from Ḥorvat ʿUza,” HBAI 2 (2013): 223. 30 Davies, “Some Uses,” 138. 31 Rainer Albertz, “Family Religion in Ancient Israel and Its Surroundings,” in Household and Family Religion in Antiquity, ed. John Bodel and Saul M. Olyan (Oxford: Blackwell, 2008), 107 n. 29. 32 Frank M. Cross, “An Ostracon in Literary Hebrew from Ḥorvat ʿUza,” in The Archaeology of Jordan and Beyond: Essays in Honor of James A. Sauer, ed. Lawrence E. Stager, Joseph A. Greene and Michael D. Coogan (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2000), 111–113. Davies, “Some Uses,” 158. Bob Becking, “Does Wisdom Come from Edom? Remarks on an Ostracon from Ḥorvat ʿUza,” in Weisheit und Schöpfung: Festschrift für James Alfred Loader zum 65. Geburtstag, ed. Stefan Fischer and Marianne Grohmann (Frankfurt: Peter Lang, 2010), 39. Isaac Moies, “An Unrecognized Prophetic Ostracon from Ḥorvat ʿUza,” JAOS 140 (2020): 593–614. 33 Moies, “An Unrecognized,” 612.
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Zu einigen Aspekten des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. Hans Neumann
Politische Geschichte und gesellschaftliche Entwicklung im alten Mesopotamien vollzogen sich stets im Kontext und in Auseinandersetzung mit den benachbarten Gebieten Vorderasiens, was eine gegenseitige Beeinflussung in kultureller wie auch politisch-sozialer Hinsicht einschloss. Deutlich wird dies insbesondere anhand der Quellen aus dem 2. und 1. Jahrtausend v. Chr., wonach Mesopotamien mehrfach sowohl Zentrum und Ausgangspunkt expansiver, weite Teile Vorderasiens erfassender Machtpolitik babylonischer und assyrischer Territorialstaaten und Imperien als auch Drehscheibe eines interregionalen Handels- und Wirtschaftsverkehrs mit einem sich damit verbindenden Kultur- und Wissenstransfer gewesen ist. Voraussetzung dafür stellten Entwicklungen dar, die wir bereits für das 3. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien und den angrenzenden Gebieten konstatieren können. Es geht hier insbesondere um die Herausbildung und Konsolidierung von größeren Territorialstaaten in der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr., die in ihrer regionalpolitischen Bedeutung und ihrem machtpolitischen Anspruch wie auch strukturell-administrativ durchaus als frühe Imperien, als ,Imperien gemäß ihrer Zeit‘, zu charakterisieren sind.1 Konkret handelt es sich dabei um das vom 24.–22. Jahrhundert v. Chr. existierende Reich von Akkade und den im 21. Jahrhundert v. Chr. die Geschichte Mesopotamiens und angrenzender Gebiete prägenden Staat der Könige der III. Dynastie von Ur.2 Erwachsen aus den in frühstaatlicher Zeit entstandenen politischen Strukturen und sozioökonomischen Bedingungen im Süden Mesopotamiens in der ersten Hälfte und der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. stehen die Reiche von Akkade und Ur für die Überwindung eines Systems von rivalisierenden und miteinander um die
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Vgl. dazu Hans Neumann, „Altorientalische ‘Imperien’ des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr. Historische Voraussetzungen und sozioökonomische Grundlagen,“ in Imperien und Reiche in der Weltgeschichte. Epochenübergreifende und globalhistorische Vergleiche, Bd. 1, ed. Michael Gehler und Robert Rollinger (Wiesbaden: Harrassowitz, 2014), 33–64. Zur Geschichte und Politik der Akkade-Dynastie und der III. Dynastie von Ur sowie zu den jeweiligen sozioökonomischen und geistig-religiösen Grundlagen ihrer Herrschaft vgl. (mit Literatur) Walther Sallaberger und Aage Westenholz, Mesopotamien. Akkade-Zeit und Ur III-Zeit, OBO 160/3 (Freiburg Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1999); zur Akkade-Zeit vgl. jetzt auch Benjamin R. Foster, The Age of Agade. Inventing Empire in Ancient Mesopotamia (London/New York: Routledge, 2016).
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Vorherrschaft kämpfenden Stadtstaaten,3 und zwar als sich verstetigende historische Tendenz, wie der Blick auf die folgenden beiden Jahrtausende v. Chr. anschaulich zeigt.4 Sowohl für die ausgehende frühdynastische Zeit um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. mit ihrer aufgesplitterten Staatenwelt in Mesopotamien als auch für die Periode der Reiche von Akkade und Ur III lassen sich vielfältige, allerdings je nach geographischen, politischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen unterschiedlich intensiv und spezifisch ausgerichtete interregionale Beziehungen und Kontakte nachweisen. Diese betrafen – von Mesopotamien aus gesehen – im allgemeinen zum einen den östlichen und südöstlichen Bereich, namentlich Elam und dessen Nachbargebiete im Iran und darüber hinaus,5 sowie die sich mit den topographischen Bezeichnungen Magan, Meluḫḫa und Dilmun verbindende Region des Persischen Golfes – worunter im einzelnen Teile der Ostküste der Arabischen Halbinsel, das Industalgebiet sowie Bahrain zu verstehen sind6 –, zum anderen den nordsyrischen Bereich7 bis zum Osttigrisgebiet.8 Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang der für das rohstoffarme Mesopotamien lebensnotwendige Handelsverkehr, begleitet von einem interregionalen kulturellen Austausch.9 Sowohl im Zusammenhang mit den Handelsbeziehungen als auch im Kontext der jeweiligen machtpolitischen Ambitionen gab es natürlich auch Kontakte im politischen Bereich, deren Art und Umfang dabei von den (sich im Laufe der Zeit unterschiedlich gestaltenden) 3
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Vgl. zu den entsprechenden politischen und sozioökonomischen Entwicklungen Josef Bauer, Robert K. Englund und Manfred Krebernik, Mesopotamien. Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit, OBO 160/1 (Freiburg Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998) sowie Reinhard Dittmann und Gebhard J. Selz eds., unter Mitarbeit von Ellen Rehm, It’s a Long Way to a Historiography of the Early Dynastic Period(s), AVO 15 (Münster: Ugarit-Verlag, 2015). Vgl. dazu, insbesondere auch unter geschichtswissenschaftlichem Aspekt, Hans Neumann, „Zur Problematik des subjektiven Faktors im Prozeß politischer Umwälzungen in Mesopotamien gegen Ende des 3. Jahrtausends v. u. Z.,“ ArOr 60 (1992): 234–250. Vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen bei Daniel T. Pott, The Archaeology of Elam. Formation and Transformation of an Ancient Iranian State, Second Edition (Cambridge: University Press, 2016), 79–147; Piotr Steinkeller, „The Birth of Elam in History,“ in The Elamite World, ed. Javier Álvarez-Mon, Gian Pietro Basello und Yasmina Wicks (London; New York: Routledge, 2018), 177–202; vgl. darüber hinaus (mit Literatur) auch Hans Neumann, „Remarks on the History of West Iran in the Context of its Relations with Mesopotamia in the late 3rd and early 2nd Millennium BC (according to the cuneiform sources),“ in Iran and its histories: From the Beginnings through the Achaemenid Empire, Proceedings of the First and Second Payravi Lectures on Ancient Iranian History, UC Irvine, March 23rd, 2018, & March 11th–12th, 2019, ed. Touraj Daryaee und Robert Rollinger (Wiesbaden: Harrassowitz, 2021), 99110. Zu Dilmun, Magan und Meluḫḫa im 3. und frühen 2. Jahrtausend v. Chr. vgl. zuletzt zusammenfassend Steffen Laursen und Piotr Steinkeller, Babylonia, the Gulf Region, and the Indus. Archaeological and Textual Evidence for Contact in the Third and Early Second Millennia B.C., MC 21 (Winona Lake: Eisenbrauns, 2017). Vgl. Horst Klengel, Syria c. 3000–300 B.C. A Handbook of Political History (Berlin: Akademie Verlag, 1992), 21–38 (Quellen und Literatur). Vgl. Simone Mühl, Siedlungsgeschichte im mittleren Osttigrisgebiet. Vom Neolithikum bis in die neuassyrische Zeit, ADOG 28 (Wiesbaden: Harrassowitz, 2013), 128–151; Massimo Maiocchi, „History and Philology,“ in Tigridian Region, ed. Elena Rova (Turnhout: Brepols, 2019), 355–371. Vgl. dazu im einzelnen Timothy Potts, Mesopotamia and the East. An Archaeological and Historical Study of Foreign Relations ca. 3400 – 2000 BC, Oxford University Committee for Archaeology. Monograph 37 (Oxford: Institute of Archaeology, 1994); Conrad Schmidt, „Überregionale Austauschsysteme und Fernhandelswaren in der Ur III-Zeit,“ BaghM 36 (2005): 7–151.
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Aspekte des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien
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politisch-sozialen Verhältnissen in Mesopotamien selbst wie auch in den benachbarten Gebieten bzw. Kontaktzonen abhingen. Insbesondere mit der Herausbildung und Konsolidierung größerer Territorialstaaten in Mesopotamien entwickelte sich ein reger politisch-diplomatischer Verkehr, der in engem Zusammenhang mit den militärischen Unternehmungen der Könige von Akkade und Ur III zu sehen ist. Die entsprechenden Feldzüge waren insbesondere darauf gerichtet, die Handelswege und den Zugang zu den Rohstoffquellen zu sichern, wobei Territorien- und Beutegewinne wie auch die Tributerhebung selbstverständlicher Teil dieser Strategie waren. Zudem sollten die (im einzelnen natürlich fließenden) Grenzen des jeweiligen Reiches militärisch einigermaßen stabil und die Randgebiete möglichst in Abhängigkeit oder zumindest in Loyalität gehalten werden. Das sich damit verbindende politischdiplomatische Instrumentarium beinhaltete sowohl vertragliche Vereinbarungen und politisch motivierte Heiraten zwischen den Angehörigen der jeweiligen Herrscherhäuser von Akkade und Ur III und ihrer Partner als auch die mehr oder weniger kontinuierliche interregionale Kommunikation im Rahmen eines regen Botenverkehrs sowie den Austausch von Gesandtschaften.10 Mit Blick auf die hier zunächst nur angedeuteten politisch-diplomatischen Mittel und Verfahren im Rahmen der interregionalen Beziehungen der Reiche von Akkade und Ur III sei darauf hingewiesen, dass diese nicht voraussetzungslos ihren Eingang in das politische Handeln der jeweiligen Herrscherhäuser fanden. Bereits die Fürsten der sog. altsumerischen Stadtstaaten nutzten das ganze Spektrum politisch-diplomatischer Möglichkeiten zur Regelung ihrer Beziehungen und Konflikte untereinander. Davon zeugt nicht zuletzt der sumerischsprachige Text der sog. Geierstele des Herrschers von Lagaš E’anatum (um 2470 v. Chr.) aus Ĝirsu,11 wonach dieser in der Folge seines Sieges über den Fürsten von Umma jenem eine Grenzvereinbarung aufgezwungen hatte.12 Für Dietz Otto Edzard stellt der Text somit „de[n] älteste[n] uns bezeugte[n] «Staatsvertrag»“ dar.13 Auch wenn man dieser Einschätzung aus verschiedenen Gründen so nicht folgen möchte,14 lässt sich doch sagen, dass das 10 Vgl. dazu (mit Literatur) bereits Hans Neumann, „Bemerkungen zum Problem der Fremdarbeit in Mesopotamien (3. Jahrtausend v. u. Z.),“ AoF 19 (1992): (266–275), 267–268. 11 Zu diesem Herrscher vgl. im einzelnen Josef Bauer, „Der vorsargonische Abschnitt der mesopotamischen Geschichte,“ in Mesopotamien, ed. Bauer, Englund und Krebernik (431–585), 456–466. 12 Zum Text auf der Stele vgl. Douglas R. Frayne, Presargonic Period (2700–2350 BC), RIME 1 (Toronto/Buffalo/London: University of Toronto Press, 2008), 126–140. 13 Dietz Otto Edzard, Geschichte Mesopotamiens. Von den Sumerern bis zu Alexander dem Großen (München: C.H. Beck, 2004), 55; explizit in diesem Sinne auch Kenneth A. Kitchen und Paul J.N. Lawrence, Treaty, Law and Covenant in the Ancient Near East, Part 3: Overall Historical Survey (Wiesbaden: Harrassowitz, 2012), 9. 14 Zunächst einmal handelt es sich hier um ein Steinmonument, das mit Frayne, Presargonic Period, 126, E’anatum „had erected … to commemorate his victory over the ruler of the neighbouring city-state of Ĝiša (Umma)“, wobei dessen Aufstellung (im Tempel?, Frayne, ebd., „in the sacred city-quarter of Ĝirsu“) gewiss auch die Sicherung der territorialen Vereinbarung durch die Götter zum Ziel hatte; vgl. in diesem Zusammenhang auch Susanne Paulus, Die babylonischen Kudurru-Inschriften von der kassitischen bis zur frühneubabylonischen Zeit. Untersucht unter besonderer Berücksichtigung gesellschaftsund rechtshistorischer Fragestellungen, AOAT 51 (Münster: Ugarit-Verlag, 2014), 43–44 mit Anm. 149. Die Auffassung von Daniel Lau, „Die ‚Geierstele‘ als luhmannsches Medium zur Legitimation des königlichen Herrschaftsanspruchs,“ in Materiality of Writing in Early Mesopotamia, ed. Thomas E. Balke und Christina Tsouparopoulou (Berlin; Boston: de Gruyter, 2016), (241–255), 243–244, dass es „nicht unwahrscheinlich (sei), dass der ursprüngliche Standort der ,Geierstele‘ oder einer Kopie an dieser
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Monument zumindest einen solchen reflektiert, rechtsgültig bekräftigt durch den Eid des besiegten Herrschers von Umma.15 Allerdings war der hier dokumentierten Konfliktlösung durch Vertrag16 nach gewonnener Schlacht keine allzu lange Dauer beschieden, denn bereits einige Jahre später unter den Nachfolgern von E’anatum brachen die Konflikte wieder auf und Mitte des 24. Jahrhunderts v. Chr. musste sich der König Urukagina17 von Lagaš (ca. 2324–2315 v. Chr.)18 dem Fürsten Lugalzagesi von Umma endgültig geschlagen geben.19 Ein weiterer sumerischer Text, eine Bauinschrift auf mehreren Tonnägeln aus Badtibira, bezeugt den Abschluss eines Freundschafts-Paktes zwischen Enmetena (um 2430 v. Chr.), dem Herrscher von Lagaš,20 und Lugalkinešdudu von Uruk21 mit den Worten:22 Der (Göttin) Inana (und) dem (Gott) Lugalemuš hat Emetena, der Fürst von Lagaš, das Emuš, ihren geliebten Tempel, gebaut (und diese) Tonnägel für jeden von ihnen bestimmt. Enmetena, der das Emuš gebaut hat, – sein (persönlicher) Gott ist Šulutul. Damals (haben) Enmetena, der Fürst von Lagaš, und Lugalkinešdudu, der Fürst von Uruk, Bruderschaft geschlossen.23 Der Fürst von Lagaš hatte über Badtibira die Vorherrschaft ausgeübt und – nach Ausweis einer anderen Inschrift – für den Bau des Emuš, des gemeinsamen Tempels von Inana und
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Grenze zwischen zwischen Lagaš und Umma lag“ (sozusagen als ‚Grenzstele‘) und sie später (intakt oder zerstört) „von ihrem Standort an der Grenze zwischen Lagaš und Umma aus fortbewegt wurde“, verkennt dagegen den Charakter derartiger Monumente und die Intention ihrer Aufstellung. Vgl. in diesem Sinne auch Amnon Altman, Tracing the Earliest Recorded Concepts of International Law. The Ancient Near East (2500–330 BCE), Legal History Library 8 (Leiden; Boston: Martinus Nijhoff Publishers, 2012), 20–21; Neal A. Huddleston, „Arbitrating the Ebla Treaty Tradition: A Discourse Analytic Approach,“ Studia Eblaitica 3 (2017): (97–140), 97 Anm. 2. Zu den (keilschriftlichen) Staatsverträgen als „Mechanismen der Konfliktlösung“ bzw. „der Konfliktbewältigung“, gerichtet auf „(vorläufige) Konfliktbeendigung und Vermeidung zukünftiger Konflikte“, vgl. Guido Pfeifer, „Konfliktlösungsmechanismen in altvorderasiatischen Staatsverträgen,“ ZAR 19 (2013): 13–21. Die Lesung des PN entspricht der Konvention. Zum Problem der Lesung und Bedeutung des Herrschernamens vgl. ausführlich Ingo Schrakamp, „Urukagina und die Geschichte von Lagaš am Ende der präsargonischen Zeit,“ in It’s a Long Way, (303–386), 304–310. Zu den absoluten Daten nach der sog. Mittleren Chronologie vgl. Walther Sallaberger und Ingo Schrakamp, „Philological Data for a Historical Chronology of Mesopotamia in the 3rd Millennium,“ in History & Philology, ed. Walther Sallaberger und Ingo Schrakamp (Turnhout: Brepols, 2015), (1–136), 136. Zur Geschichte des Grenzkonflikts zwischen Lagaš und Umma und zu seiner durch den Text der Geierstele bezeugten (vorläufigen) Beilegung vgl. Jerrold S. Cooper, Reconstructing History from Ancient Inscriptions: The Lagash-Umma Border Conflict, SANE 2/1 (Malibu: Undena Publications, 1983); zu den militärischen Auseinandersetzungen zur Zeit des Urukagina vgl. Schrakamp, „Urukagina,“ 355–371. Zu diesem Herrscher vgl. Bauer, „Der vorsargonische Abschnitt,“ 469–473. Zu diesem König zuletzt Walther Sallaberger, „Uruk in der Frühen Bronzezeit: Zu dessen Königen und Göttern und zur Lage von Kulaba,“ in Uruk – Altorientalische Metropole und Kulturzentrum, ed. Margarete van Ess (Wiesbaden: Harrassowitz, 2021), (343–372), 349. Zum Text und zu den bislang bekannten Exemplaren (mit Literatur) vgl. Frayne, Presargonic Period, 200–202. Zur vorliegenden Übersetzung vgl. Hans Neumann, „Texte des 3. Jt. v. Chr. in sumerischer, akkadischer und hurritischer Sprache,“ in Staatsverträge, Herrscherinschriften und andere Dokumente zur politischen Geschichte, TUAT.NF 2, ed. Bernd Janowski und Gernot Wilhelm (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2005), (1–26), 10.
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Aspekte des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien
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Lugalemuš, Arbeitskräfte aus Uruk, Larsa und Badtibira ausgehoben. Nach Abschluss der Arbeiten wurden diese Arbeitskräfte wieder von ihrer Dienstverpflichtung befreit, was möglicherweise mit einer Schwächung der Macht des Fürsten von Lagaš in der südwestlich von Badtibira gelegenen Region insbesondere von Uruk zu tun hatte. Dies könnte die Voraussetzung für die hier dokumentierte „Bruderschaft“ zwischen Enmetena und Lugalkinešdudu gewesen sein. Die vertragliche Abmachung erfolgte offensichtlich auf paritätischer Grundlage,24 was auf die gestärkte Position des Lugalkinešdudu von Uruk gegenüber Enmetena hinweist.25 In den Kontext der macht- und handelspolitischen Auseinandersetzungen der nordsyrischen Staatenwelt um 2400 v. Chr., vor allem mit Blick auf die entsprechenden Ambitionen und Handlungen der politischen Elite des am mittleren Euphrat gelegenen Mari,26 sind einige den internationalen Verkehr betreffende Texte aus den staatlichen Archiven des nordsyrischen Ebla (Tell Mardīḫ) zu stellen. Die entsprechende Dokumentation zeigt, dass man das gesamte zur Verfügung stehende politisch-diplomatische Instrumentarium im Bereich des interregionalen und zwischenstaatlichen Verkehrs kannte und interessengeleitet zur Vermeidung zukünftiger Konflikte anzuwenden verstand.27 In diesem Rahmen kam dem Austausch von Gesandtschaften mit den entsprechenden Implikationen, insbesondere verbunden mit der Übermittlung von Freundschaftsgeschenken, eine große Bedeutung zu. Darauf weist z.B. das aus dem Palastarchiv in Ebla überlieferte Schreiben TM.75.G.234228 bezüglich entsprechender Kontakte zwischen den Königshäusern von Ḫamazi (vielleicht in Obermesopotamien bzw. östlich des Tigris gelegen)29 und Ebla
24 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Altman, Tracing, 22: „such a ‚brotherhood‘ denotes the conclusion of a parity treaty, it also signified a higher degree of diplomatic relations, one that required a special agreement between the would-be ‚brothers‘ to such a promotion of their relations“. 25 Zum möglichen historischen Hintergrund der Inschrift vgl. Cooper, Reconstructing History, 31–32; Bauer, „Der vorsargonische Abschnitt,“ 471; vgl. auch Amanda H. Podany, Brotherhood of Kings. How International Relations Shaped the Ancient Near East (Oxford: University Press, 2010), 33. 26 Vgl. dazu Klengel, Syria 3000 to 300 B.C., 28–29; Alfonso Archi und Maria Giovanna Biga, „A Victory over Mari and the Fall of Ebla,“ JCS 55 (2003): 1–44 (mit der in Anm. 1 notierten Literatur); Walther Sallaberger, „From Urban Culture to Nomadism: A History of Upper Mesopotamia in the Late Third Millennium,“ in Sociétés humaines et changement climatique à la fin du troisième millénaire: une crise a-t-elle eu lieu en Haute Mésopotamie?, Actes du Colloque de Lyon, 5–8 décembre 2005, ed. Catherine Kuzucuoğlu und Catherine Marro (Paris: De Boccard, 2007, (417–456), 422–423; Alfonso Archi, Ebla and Its Archives, Studies in Ancient Near Eastern Records 7 (Boston; Berlin: de Gruyter, 2015), 3–12; ders, „The Chronology of Ebla and Synchronisms with Abarsal, Tuttul, Nagar and Nabada, Mari, Kish,“ in History & Philology (163–179), 176–178. 27 Zu dem sich in den Texten widerspiegelnden geographischen Horizont von Ebla vgl. Maria Giovanna Biga, „The Geographical Scope of Ebla: Commerce and Wars. Some Remarks,“ in History & Philology, 181–190; vgl. Im vorliegenden Zusammenhang jetzt auch Giacomo Benati und Marco Bonechi, „The Fiscal Capacity of the Ebla State in the Early Bronze Age: Taxation and Political Structure,“ in Economic Complexity in the Ancient Near East. Management of Resources and Taxation (Third – Second Millennium BC), ed. Jana Mynářová and Sergio Alivermini (Prague: Charles University, 2020), (37–68), 51–55. 28 Ediert von Pelio Fronzaroli, Testi di cancelleria: I rapporti con le città (Archivio L. 2769), ARET 13 (Roma: Missione Archeologica Italiana in Siria, 2003), 30–34 (Nr. 3) mit Taf. IV (Kopie) und Taf. XXXV–XXXVI (Foto). 29 Zu Ḫamazi vgl. Marco Bonechi, I nomi geografici dei testi di Ebla, RGTC 12/1 (Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert, 1993), 174; Piotr Steinkeller, „The Historical Background of Urkesh and the Hurrian
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hin. Das mehrfach behandelte und kontrovers diskutierte Dokument30 vermerkt dabei u.a. ausdrücklich (IV 6–VI 1): „Irkab-Damu, der König von Ebla, ist der Bruder von Zizi, des Königs von Ḫamazi. Zizi, der König von Ḫamazi, ist der Bruder von Irkab-Damu, des Königs von Ebla“. Politisch-historischer Hintergrund derartiger Freundschaftsbekundungen dürfte das Bestreben Eblas unter dem König Irkab-Damu im 24. Jahrhundert v. Chr. gewesen sein, mit Ḫamazi eine Allianz zu bilden, die sich wahrscheinlich vor allem gegen die hegemonialen Bestrebungen des am mittleren Euphrat gelegenen Mari richtete.31 Letzteres scheint auch für entsprechende Aktivitäten in bezug auf Nagar (Tell Brāk) im Ḫābūr-Gebiet sowie Kiš in Babylonien zu gelten.32 Nach dem (vorläufigen) militärischen Sieg Eblas über Mari33 verheiratete der König Iš’ar-Damu von Ebla seine Tochter Kešdut mit einem Sohn des Herrschers von Kiš, womit er die Verbindung zwischen beiden Dynastien zu stärken suchte.34 Die Texte zeigen ein vitales Interesse des Königshauses von Ebla an der Euphratregion und den jenseits davon gelegenen Gebieten, und zwar der aus Mesopotamien kommenden Handelsroute folgend.35 Entsprechend wichtig waren in diesem Zusammenhang für Ebla natürlich alle Nachrichten über politisch-militärische Vorgänge und Ereignisse aus jenen Gebieten, die im politisch-geographischen Horizont der Ebla-Politik angesiedelt waren und worüber die Verwaltungstexte in vielfältiger Weise Auskunft geben.36 Ein spezieller Text, TM.75.G.2561,37 betrifft die Beziehungen von Ebla und Adu38, und zwar gleichfalls im Kontext der machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Ebla und Mari. Auch wenn der eigentliche Hintergrund und Zweck dieses Archivdokuments nicht
30
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36 37 38
Beginnings in Northern Mesopotamia,“ in Urkesh and the Hurrians. Studies in Honor of Lloyd Cotsen, ed. Giorgio Buccellati and Marilyn Kelly-Buccellati (Malibu: Undena Publications, 1998), (75–98), 79– 85. Zuletzt ausführlich Marco Bonechi, „Chi scrisse cosa a chi. Struttura e prosopografia di 75.2342 = ARET XIII, 3, la ‘Lettera da Ḫamazi’ eblaita,“ in: Libiamo ne’ lieti calici. Ancient Near Eastern Studies Presented to Lucio Milano on the Occasion of his 65th Birthday by Pupils, Colleagues and Friends, ed. Paola Corò, Elena Devecchi, Nicla De Zorzi, and Massimo Maiocchi with the collaboration of Stefania Ermidoro and Erica Scarpa (Münster: Ugarit-Verlag, 2016), 3–27. Vgl. in diesem Sinne Steinkeller, „The Historical Background,“ 81–82. Vgl. Sallaberger, „From Urban Culture to Nomadism,“ 422; Archi, „The Chronology of Ebla,“ 175–176. Drei Jahre nach dem militärischen Erfolg über Mari (vgl. Archi und Biga, „Victory,“ 13–16) wurde Ebla zerstört, und zwar von Mari; vgl. ebd. 29–35. Vgl. dazu im einzelnen Archi und Biga, „Victory,“ 26–29; Archi, „The Chronology of Ebla,“ 178–179; zu den „politischen Ehen“ in Ebla vgl. Frauke Weiershäuser, Die königlichen Frauen der III. Dynastie von Ur, Göttinger Beiträge zum Alten Orient 1 (Göttingen: Universitätsverlag, 2008), 266–268. Vgl. Klengel, Syria 3000 to 300 B.C., 26; Walther Sallaberger, „Nagar in den frühdynastischen Texten aus Beydar,“ in Languages and Cultures in Contact. At the Crossroads of Civilizations in the Syro-Mesopotamian Realm, Proceedings of the 42th RAI, ed. Karel van Lerberghe and Gabriella Voet (Leuven: Peeters, 1999), (392–407), 394–396. Vgl. Walther Sallaberger, „Nachrichten an den Palast von Ebla. Eine Deutung von níĝ-mul-(an),“ in Semitic and Assyriological Studies Presented to Pelio Fronzaroli by Pupils and Colleagues, ed. Paolo Marrassini (Wiesbaden: Harrassowitz, 2003), (600–629), 616–619. Ediert und ausführlich besprochen von Fronzaroli, Testi di cancelleria, 191–200 (Nr. 19) mit Taf. XXVII–XXVIII (Kopie) und LIX–LX (Foto). Zu Adu s. Bonechi, I nomi geografici, 23–24; Archi, Ebla and Its Archives, 8 „possibly Tell Malḥat adDārū, 70 km north of Der-ez-Zor“.
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eindeutig zu bestimmen sind – die Meinungen39 reichen hier von einer Charakterisierung des Textes als ein „documento di spionaggio politico“40, über „a memorandum of the ruler of ÉDUki about an exchange with a messenger from Mari designed for the ears of the ruler of Ebla“41 und ein „report sent by an Eblaite diplomat to his government on negotiations between an official from Mari and the King of the city of Hadu“42 bis zu „un protocole en vue d’un accord officiel entre ’Adu et Ébla“43 – wird anhand einiger Textpassagen doch deutlich, dass hier mit diplomatischen Mitteln versucht wurde, die Position von Ebla gegenüber Mari im Rahmen des bestehenden Machtgefüges zur Zeit des Irkab-Damu44 zu stärken, indem man einen (vielleicht erneuten) (Bündnis-)Vertrag mit Adu zu schließen beabsichtigte.45 Ein als ‚Staatsvertrag’ zu kennzeichnender Text – und zwar der erste seiner Art in der Reihe altorientalischer Staatsverträge46 – liegt mit der mehrkolumnigen Tafel TM.75.G.242047 aus Ebla vor und war bereits mehrfach Gegenstand philologisch-kulturhistorischer Analysen und weiterer fachwissenschaftlicher Betrachtungen.48 Der Text dokumentiert einen – zum Teil allerdings immer noch schwer verständlichen und an einigen Stellen sogar unklaren – Vertrag zwischen Ebla und Abarsal, der Hauptstadt eines regionalen Fürstentums (möglicherweise Tell Ḫuēra),49 ohne dass wir allerdings die näheren historischen Zusammenhänge kennen. Die vertraglichen Bestimmungen – nach moderner Zählung über 40 Paragraphen – zeigen in der Mehrzahl der Fälle eine bevorzugte Stellung von Ebla gegenüber Abarsal. Nur zum geringen Teil tragen die Bestimmungen paritätischen Charakter.
39 Bereits thematisiert von Lucio Milano, „Le dossier éblaïte sur l’affaire de ’Adu,“ Eothen 10 (1999): (133– 148), 133–134. 40 Giovanni Pettinato, „Dieci anni di studi epigrafici su Ebla,“ in Ebla 1975–1985. Dieci anni di studi linguistici e filologici, Atti del convegno internazionale (Napoli, 9–11 ottobre 1985), ed. Luigi Cagni (Napoli: Istituto Universitario Orientale, 1987), (1–35), 28. 41 Wolfgang Heimpel, „Rezension zu Giovanni Pettinato, Ebla: Nuovi orizzonti della storia, Milano 1986“, JAOS 109 (1989): (120–123), 122. 42 Jan Gerrit Dercksen, „Rezension zu Manfred Krebernik, Die Personennamen der Ebla Texte, Berlin 1988,“ BiOr. 47 (1990), (433–445), 444. 43 Milano, „Le dossier éblaïte,“ 147. 44 Vgl. dazu Milano, „Le dossier éblaïte,“ 143; vgl. auch Archi und Biga, „Victory,“ 9–10. 45 Vgl. dazu die ausführliche Argumentation von Milano, „Le dossier éblaïte,“ 133–148; vgl. auch Archi und Biga, „Victory,“ 15–16. 46 Zu den keilschriftlichen Staatsverträgen Mesopotamiens und Nordsyriens vgl. den Überblick bei Hans Neumann, „Keilschriftliche Staatsverträge Mesopotamiens und Nordsyriens“, DNP 16 (2003): 321–327, Gary Beckman, „Hittite Treaties and the Development of Cuneiform Treaty Tradition,“ in Die deuteronomistischen Geschichtswerke. Redaktions- und religionsgeschichtliche Perspektiven zur „Deuteronomismus”-Diskussion in Tora und Vorderen Propheten, ed. Jan Christian Gertz, Doris Prechel, Konrad Schmid und Markus Witte (Berlin; New York: de Gruyter, 2006) 279–301 sowie Jesper Eidem, „Staatsvertrag (treaty). A. 3.-2. Jahrtausend,“ RlA 13 (2011–2013): 38–40 und Simo Parpola, „Staatsvertrag (treaty). B. Neuassyrisch,“ ebd. 40–45 (jeweils mit Literatur); zuletzt Klaas R. Veenhof, „New Mesopotamian Treaties from the Early Second Millennium BC from kārum Kanesh and Tell Leilan (Šehna),“ ZAR 19 (2013): 23–57. 47 Ediert und ausführlich kommentiert von Fronzaroli, Testi di cancelleria“, 43–76 (Nr. 5) mit Taf. VII–IX (Kopie) und XXXIX-XLI (Foto). 48 Vgl. zuletzt mit den entsprechenden Literaturnachweisen Huddleston, „Arbitrating the Ebla Treaty Tradition,“ 97–140. 49 Vgl. die Diskussion bei Archi, „The Chronology of Ebla,“ 171–172.
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Den einzelnen Vertragsbestimmungen vorangestellt ist eine Präambel, in der es um die Fixierung des jeweiligen territorialen Besitzes geht, was vertragsrechtlich grundlegend war. Es folgen unter anderem Regelungen hinsichtlich der Jurisdiktion der Vertragspartner gegenüber Bewohnern des jeweils anderen Staates, und zwar mit entsprechender Auslieferungspflicht und ausdrücklicher Strafhoheit der jeweils anderen Seite gegenüber deren eigenen Bürgern. Im einzelnen heißt es (mit den wahrscheinlichen Ergänzungen):50 (§ 1) Wer auch immer den König verflucht oder die Götter verflucht oder das Land verflucht, wird sterben. (§ 2) Wenn es ein angesehener Mann aus Abarsal ist, muss Ebla (ihn) ausliefern; wenn es ein angesehener Mann aus Abarsal ist, [wird] Abarsal (selbst) [(ihn) sterben (lassen)]. (§ 3) [Wenn es ein angesehener Mann aus Ebla ist,] muss [Abarsal] (ihn) ausliefern; wenn es ein angesehener Mann aus Ebla ist, wird Ebla (selbst) (ihn) sterben (lassen). Handelsrechtlicher Natur sind die Bestimmungen über die Verköstigung von Karawanen bzw. (Handels-)Reisenden sowie deren Reisebeschränkung bzw. –freiheit: (§ 6) Die Karawane, die gekommen ist, wird sich 20 Tage lang aufhalten (und) Reiseproviant verzehren; willst du aber [– es spricht hier immer der König von Ebla zu Abarsal –], dass sie sich (länger) aufhält, wirst du (ihr) den Reiseproviant geben (= verauslagen). (§ 8) Der Karawane, die ein Geschenk erhalten hat, wird Reiseproviant nicht gegeben; sie wird (ohne Reiseproviant) zurückkehren. (§10) Der König von Abarsal soll in (seinem) Lande die Reisenden mit Wasser ausstatten entsprechend ihrer Nachfrage; wenn er es nicht gibt, wird er den Eid gebrochen haben (= vertragsbrüchig sein). (§ 18) Ohne meine (= des Königs von Ebla) Erlaubnis wirst du niemanden zu (meinem) Lande reisen lassen; (wenn) du [aber (jemanden) reisen lässt], wirst du den Eid gebrochen haben; (wenn) ich es (aber) anordne, werden sie reisen. Der Vertrag enthält darüber hinaus die Fixierung einer (fern-)handelsrechtlichen Bevorzugung von Ebla gegenüber Abarsal sowie die Zusicherung der Rückkehrsicherheit für Kaufleute beider Seiten: (§ 22) Ebla übt gegenüber Abarsal (das Recht des) Fernhandel(s) aus, Abarsal übt gegenüber Ebla nicht (das Recht des) Fernhandel(s) aus. (§ 24) Was die Kaufleute aus Ebla anbelangt, (so) wird Abarsal (sie) (unbehelligt) zurückkehren lassen.
50 Zur Übersetzung (mit den sachlichen und philologischen Anmerkungen) vgl. Neumann, „Texte des 3. Jt. v. Chr.,“ 4–9.
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(§ 25) Was die Kaufleute aus Abarsal anbelangt, (so) wird Ebla (sie) (unbehelligt) zurückkehren lassen. Geregelt wird auch die Informationspflicht Abarsals in Bezug auf Ebla-feindliche Aktivitäten: (§ 20) Betreffs schlechter Absichten, von denen du hörst, lass schleunigst Boten gehen (= informiere umgehend). (§ 21) Während du auf einem langen Wege liegst (= dich auf einer weiten Reise befindest), [brauchst du keine Boten gehen zu lassen]; (wenn) du (aber) anwesend bist (und) du hörst schlechte Absichten, lässt (aber) keine Boten gehen, wirst du den Eid gebrochen haben. Auch die im Vertrag darüber hinaus genannten (und hier nicht in extenso ausgeführten) Bestimmungen und (Straf-)Tatbestände betreffen stets das Verhältnis der Untertanen beider Seiten zueinander sowie die Rechtssicherheit insbesondere von Eblaitern auf dem Gebiet von Abarsal. In diesem Zusammenhang wird auch ein Verbot des (staatlichen) Zugriffs auf das Vermögen auf dem Territorium von Abarsal verstorbener Eblaiter verfügt, das eine Erstattung für Begräbnisauslagen der anderen Seite ausschließt. Konkret heißt es hierzu: (§ x+2) (Wenn) an irgendeinem Ort die Reisenden (von Ebla) zu Tode gekommen sind (und) [(ihre) Maultie]re sind beschlagnahmt worden, (so) dürfen [die Maultiere] nicht zum Verkauf ge[br]acht werden; [...], Silber, Rinder, Schafe, Sohn, Tochter, Ehefrau, Gefäß aus Buchsbaum(holz) dürfen zum Verkauf nicht gegeben werden. (§ x+3) Und du darfst (darüber) nicht verfügen, (indem) du sagst: für das Bier (und) für die Nahrung der Toten habe ich das Silber empfangen (und) habe ich die R[i]nder (und) die Schafe empfangen. Das mit den Vertragsbestimmungen geregelte Verhältnis zwischen den Bewohnern von Ebla und Abarsal in der vorliegenden Art und Weise dürfte sich in erster Linie aus den handelspolitischen Aktivitäten beider Seiten hergeleitet haben, so wie wir es ja zum Teil auch aus späteren Quellen des 2. Jahrtausends v. Chr. kennen. Abschließend heißt es im vorliegenden Vertrag: (§ x+1) … So (spricht) der König von Ebla zu Abarsal: … (§ x+4) All diejenigen, die mit bösen Absichten handeln, wird das Wort des Sonnengottes (sowie das der Götter) Hadda (und) Kakkab, (wenn sie ihrer) ansichtig werden, sogleich umkommen lassen. Für ihre Karawanen, die auf Reise gehen, wird niemand Wasser zum Trinken bringen, verweigernd (zugleich) eine Unterkunft. Was dich betrifft, (falls) du (mit) böse(n Absichten eine) Reise unternimmst, wirst du den Eid gebrochen haben,
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mit Pelio Fronzaroli vielleicht „a last warning not to undertake any military expedition against Ebla,“51 in jedem Fall aber die notwendige Absicherung des Vertrages durch Androhung göttlicher Strafe für den Fall des Eidbruchs enthaltend. Etwa in dem historischen Zeitraum, in dem der Vertrag zwischen Ebla und Abarsal entstanden war, kam es in Mesopotamien zu den bereits eingangs angedeuteten politisch-sozialen Umbrüchen, die sich in der Herausbildung eines größeren Territorialstaates – des Staates von Akkade – manifestierten. Begründet wurde dieser von Sargon (akk. Šarru-kīn) (2324– 2285 v. Chr.), der von der noch nicht lokalisierbaren Residenz Akkade in Mittelmesopotamien aus seine siegreichen Feldzüge unternahm und durch die er ein Reich von bislang unbekannten Ausmaßen schuf. Allerdings war der durch militärische Expansion errichtete Staat von Akkade keineswegs stabil. Dies zeigt sich in besonderer Weise zu Beginn der Regierungszeit des vierten AkkadeHerrschers Narām-Sîn (2261–2206 v. Chr.), als der König sich nämlich einer gewaltigen Aufstandsbewegung gegenübersah, die er allerdings in mehreren Schlachten innerhalb eines Jahres niederzuschlagen vermochte. In der Folge gab er dem Staat von Akkade nicht nur seine einstmalige Größe wieder zurück, sondern führte das Reich sowohl mittels seiner militärischen Macht als auch durch kultisch-religiöse und administrative Maßnahmen zu einem noch nie dagewesenen Höhepunkt seiner Entwicklung.52 Begleitet und ergänzt wurden die hier nur angedeuteten militärischen Unternehmungen der Akkade-Könige durch politisch-diplomatische Aktivitäten. So schloss Narām-Sîn einen Vertrag mit einem elamischen König, dessen Name auf der sich heute im Louvre befindenden Tafel (Sb 8833) zwar nicht erhalten ist, in dem man aber den König Ḫita von Awan vermutet, was jedoch nach wie vor sehr unsicher bleibt. Der in altelamischer Sprache überlieferte und in Teilen immer noch schwer verständliche Text stammt aus Susa in Elam,53 wobei Paläographie und Syllabar nach Aage Westenholz „mark the tablet as a product of the royal chancallery at Akkade, and no doubt an Akkadian version is waiting to be excavated there“.54 Mit guten Gründen kann man annehmen, dass der Vertrag in der frühen Regierungszeit des
51 Pelio Fronzaroli, „Cuneiform tablet with a treaty with Abarsal,“ in Art of the First Cities. The Third Millennium B.C. from the Mediterranean to the Indus, ed. Joan Ruz und Ronald Wallenfels (New York: The Metropolitan Museum of Art; New Haven; London: Yale University Press, 2003), (463–464), 464. 52 Vgl. zu diesen (und weiteren) historischen Entwicklungen in der sog. Akkade-Zeit mit ihren jeweiligen sozioökonomischen Implikationen die oben Anm. 1–2 notierte Literatur sowie im vorliegenden Zusammenhang jetzt auch Ingo Schrakamp, „Ressourcen und Herrschaft. RessourcenKulturen im Reich von Akkade (2300–2181 v. Chr.),“ in ResourceCultures. Sociocultural Dynamics and the Use of Resources – Theories, Methods, Perspectives, ed. Anke K. Scholz, Martin Bartelheim, Roland Hardenberg und Jörn Staecker (Tübingen: Universität, 2017), 81–132. 53 Zum Text vgl. vor allem Walther Hinz, „Elams Vertrag mit Narām-Sîn von Akkade,“ ZA 58 (1967): 66– 96; Heidemarie Koch, „Texte aus Iran,“ in Staatsverträge, (283–306) 283–287; Kenneth A. Kitchen und Paul J.N. Lawrence, Treaty, Law and Covenant in the Ancient Near East, Part 1: The Texts (Wiesbaden: Harrassowitz, 2012), 43–52; Foster, The Age of Agade, 172–173; vgl. darüber hinaus auch Altman, Tracing, 34–36 und Potts, The Archaeology of Elam, 100–101. Wegen der historischen Unsicherheiten und insbesondere „due to the enormous linguistic difficulties presented by this text“ hat sich jüngst allerdings Steinkeller, „The Birth of Elam,“ 189 mit Anm. 22, gegen die Interpretation des vorliegenden Textes als Vertrag ausgesprochen. 54 Aage Westenholz, „The Old Akkadian Period: History and Culture,“ in Sallaberger und Westenholz, Mesopotamien (17–117), 92.
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Narām-Sîn aufgesetzt wurde, wobei jedoch die konkreten historischen Umstände nicht klar sind. Der als Erklärung einseitig vom elamischen König aus formulierte Text beginnt mit der Anrufung einer langen Liste von Schwurgöttern, von denen die meisten – über 25 – im elamischen, fünf im sumerisch-akkadischen Pantheon jeweils im weitesten Sinne zu verorten sind. Inhaltlich geht es dann um die Bereitstellung von elamischen Hilfstruppen, dem wohl eine Sendung mit diplomatischen Geschenken seitens des Akkade-Königs vorausgegangen war. So heißt es im Text unter anderem (mit den wahrscheinlichen bzw. möglichen Ergänzungen): (III 6–9) Mein (= des Königs) Feldherr wird den Herrn (von Akkade) vor Feindestaten be[schützen]!55 ... (18–23) Seine Gabe wurde empfangen; seine Gabe soll das [elamische] Untertanenvolk als Bundesgenosse des Narām-Sîn beschützen!56 ... (VI 20–28) Böses für Akkade soll mein (= des Königs) [Feldherr] mit dem Heer abwehren?, vertreiben?, ein feindliches Volk soll er nicht [schonen].57 Zugleich versicherte der elamische König, keine irgendwie geartete Opposition gegen Narām-Sîn zuzulassen, den Vertrag in jeder Hinsicht zu verteidigen und Standbilder des Akkaders in Ehren zu halten. Die zweifach im Text formulierte Kernaussage lautet: „NarāmSîns Feind ist auch mein Feind, Narām-Sîns Freund ist auch mein Freund“.58 Nach Walther Hinz handelt es sich hier um einen Bündnis-, nicht um einen Unterwerfungsvertrag, was für ihn ganz offensichtlich Parität zwischen den Vertragspartnern impliziert: „Nicht ein besiegter Elamer wurde von Narām-Sîn zu einem Vertrag gezwungen, sondern ein König von Awan ging als umworbener Partner ein Bündnis ein mit dem Beherrscher von Akkade.“59 Auch Aage Westenholz sieht in dem vorliegenden Vertrag eine Vereinbarung „between kings of equal status – or almost equal“.60 Demgegenüber hat jüngst Benjamin R. Foster dafür plädiert, dass der Vertrag eher „in the style of a loyalty oath imposed by a lord upon a subordinate“ verfasst worden sei.61 Auf Grund der für uns unklaren politischen Situation, in der der Vertrag aufgesetzt wurde, wie auch bedingt durch die nach wie vor existierenden Unsicherheiten im Verständnis des fragmentarischen elamischen Textes lässt sich dies nicht abschließend entscheiden. Letzteres hat auch damit zu tun, dass unsicher bleibt, inwieweit der Vertrag zusätzlich belegt, dass Narām-Sîn eine Tochter des elamischen Königs geehelicht hatte, es hier also auch um eine diplomatische Heirat ging.62 Dass derartiges durchaus im altakkadischen Herrscherhaus Praxis war, zeigt das Beispiel der Prinzessin Tar’am-Akkade, der Tochter des 55 56 57 58 59 60 61
Vgl. Koch, „Iran,“ 285 mit Anm. 40. Vgl. Hinz, „Elams Vertrag,“ 75–76. Vgl. Hinz, „Elams Vertrag,“ 79; Koch, „Iran,“ 286. III 10–17 und nach Hinz, „Elams Vertrag,“ 76 und 91 wohl auch III 24–IV 6. Hinz, „Elams Vertrag,“ 76; vgl. auch ebd. 95. Westenholz, „The Old Akkadian Period,“ 92. Foster, The Age of Agade, 172; vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch Amnon Altman, „How Many Treaty Traditions Existed in the Ancient Near East?,“ in Pax Hethitica. Studies on the Hittites and their Neighbours in Honour of Itamar Singer, ed. Yoram Cohen, Amir Gilan und Jared L. Miller (Wiesbaden: Harrassowitz, 2010), (17–36), 19. 62 Vgl. Hinz, „Elams Vertrag,“ 85–86 und 96; Foster, The Age of Agade, 173.
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Narām-Sîn, die als Ehefrau eines hurritischen Königs (endan) von Urkeš (Tell Mawzān) im obermesopotamischen Ḫābūr-Gebiet thronte und gewiss für Stabilität in den diplomatischen Beziehungen zwischen Akkade und dem hurritischen Siedlungsgebiet im Norden sorgen sollte. Möglicherweise ging es konkret um das Schmieden einer Allianz gegen die Achse Ebla-Nagar in Nordsyrien, wie Giorgio und Marilyn Kelly-Buccellati vermuten.63 Ähnliche Intentionen dürften für die Verheiratung einer akkadischen Prinzessin mit einem Angehörigen des Fürstenhauses von Mari am mittleren Euphrat ausschlaggebend gewesen sein.64 Inwieweit ein Sohn des Narām-Sîn mit einer Tochter des Herrschers des im südöstlichen Iran gelegenen Marḫaši verheiratet war,65 muss dagegen unsicher bleiben, da die hierfür als Beleg herangezogenen sog. Zwiebeltexte aus Nippur, in denen Nahrungsmittelausgaben u.a. auch im Zusammenhang mit diplomatischen Missionen verzeichnet werden, in dieser Hinsicht nicht eindeutig zu interpretieren sind. Nach dem Zusammenbruch des Reiches von Akkade im 22. Jahrhundert v. Chr. kam es um 2100 v. Chr. im Süden Mesopotamiens erneut zur Herausbildung eines größeren Territorialstaates, des Reiches der Könige der sog. III. Dynastie von Ur. Mit der erneuten Reichsbildung in Mesopotamien unter Ur-Namma (2110–2093 v. Chr.) war gleichzeitig eine wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Reorganisation der zusammengefassten Gebiete verbunden, womit der König die Grundlage für eine Reichsverwaltung schuf, deren Basis ein in Provinzen unterteiltes Staatsgebiet war. Unter dem Sohn und Nachfolger des Ur-Namma, Šulgi (2092–2045 v. Chr.), erfolgten die weitere Konsolidierung des Verwaltungsapparates sowie der Ausbau und die Sicherung der Verkehrs- und Handelswege. Zahlreiche (expansive und befriedende) militärische Unternehmungen der Ur III-Herrscher richteten sich auf die nördlich und nordöstlich gelegenen Grenzgebiete des Reiches. Die Expansionsrichtung und Einflusszonen reichten dabei weit nach Nordmesopotamien hinein. Im Osten gehörte das Gebiet von Elam mit der Stadt Susa zum Ur III-Reich.66 Unter Šū-Sîn (2035–2027 v. Chr.), dem vierten König der Ur III-Dynastie erfolgte die Fertigstellung der wohl bereits unter Šulgi begonnenen „Martu-Mauer, (namens) ‚Die die (Tidnum-)Nomaden fernhält’“. Das Bauwerk diente dem Schutz Süd- und Mittelmesopotamiens gegen einfallende Martu-Nomaden (Amurriter), die von Norden her in den babylonischen Raum drängten.67
63 Vgl. Giorgio Buccellati und Marilyn Kelly-Buccellati, „Tar’am-Agade, Daughter of Naram-Sin, at Urkesh,“ in Of Pots and Plans. Papers on the Archaeology and History of Mesopotamia and Syria presented to David Oates in Honour of his 75th Birthday, ed. Lamia al-Gailani Werr et al. (London: Nabu Publications, 2002), 11–31, hier vor allem 13–16; vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch Sallaberger, „From Urban Culture to Nomadism,“ 431–433. 64 Vgl. Foster, The Age of Agade, 22. 65 Vgl. Aage Westenholz, The ‚Akkadian‘ Texts, the Enlilemaba Texts, and the Onion Archive, OSP 2 = CNI Publications 3 (Copenhagen: Museum Tusculanum Press, 1987), 97; ders., „The Old Akkadian Period,“ 102 mit Anm. 470; Piotr Steinkeller, „Marhaši and Beyond. The Jiroft Civilization in a Historical Perspective,“ in ‘My Life is like the Summer Rose’. Maurizio Tosi e l’Archeologia come modo di vivere. Papers in Honour of Maurizio Tosi for his 70th Birthday, ed. Carl C. Lamberg-Karlovsky et al. (Oxford: Archaeopress, 2014), (691–707), 692. 66 Vgl. dazu jetzt auch Katrien De Graef, „Susa in the Late 3rd Millennium: From a Mesopotamian Colony to an Independent State (MC 2110–1980),“ in History & Philology, 289–296. 67 Zu den historischen Entwicklungen und Bedingungen in der sog. Ur III-Zeit mit ihren jeweiligen sozioökonomischen Implikationen vgl. die oben Anm. 1–2 notierte Literatur.
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Aspekte des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien
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Eng verbunden mit den jeweiligen militärischen Unternehmungen wie auch mit weitergehenden militärstrategischen und handelspolitischen Optionen waren die in den Quellen mehrfach nachweisbaren politischen Heiraten, wie sie oben bereits für Ebla und die AkkadeZeit thematisiert werden konnten. Geographisch orientierte sich die entsprechende Heiratspolitik der Ur III-Könige an den Grenzregionen des Reiches und den wiederum daran angrenzenden Fremdländern, und zwar vom Nordwesten bis in den südöstlichen Bereich hinein, womit „die geographische Gliederung der diplomatischen Heiraten von Ur III … ein geradezu komplementäres Bild zu den militärischen Unternehmungen“ zeigt.68 Diese Politik begann bereits unter Ur-Namma, der einen Sohn – wahrscheinlich Šulgi – mit einer Prinzessin von Mari am mittleren Euphrat verheiratet hatte. Šulgi wiederum gab mehrere Töchter in die Ehe mit ausländischen Fürsten, so z.B. Kunšī-mātum nach Simānum am oberen Tigris nördlich von Ninive und Liwwir-miṭṭašu nach Marḫaši im südöstlichen Iran. Zwei weitere Töchter verheiratete Šulgi mit dem Herrscher von Anšan im Iran bzw. mit dem König von Pašime, das an der Nordostküste des Persischen Golfes lag. Auch Šū-Sîn verheiratete eine Tochter nach Anšan, und Ibbi-Sîn (2026–2003 v. Chr.), der letzte König der III. Dynastie von Ur, gab die Prinzessin Tukīn-ḫaṭṭi-migrīša dem Fürsten von Zabšali im Nordwestiran zur Frau. Umgekehrt scheint z.B. Šulgi mit Šulgi-simtum später eine Prinzessin aus Ešnuna geheiratet zu haben, was gewiss auch mit der strategischen Bedeutung des Dijāla-Gebietes zu tun hatte. Diese wie auch andere Beispiele69 zeigen, dass das Ur III-Königshaus bestrebt war, mittels seiner diplomatischen Heiratspolitik zum einen die an das Reich angrenzenden Gebiete möglichst an sich zu binden bzw. in militärischer Ruhe zu halten und zum anderen auch die Rohstoff- und Luxusgüterzufuhr aus den entsprechenden Gebieten abzusichern. Letzteres ist besonders für Marḫaši im Südostiran anzunehmen.70 Wie allerdings z.B. die überlieferten Feldzüge des Šulgi gegen Anšan71 und des Šū-Sîn gegen Simānum72 nach den jeweiligen heiratspolitischen Maßnahmen verdeutlichen, waren die politischen Heiraten nicht immer eine Garantie für den damit bezweckten diplomatischen Erfolg. Insgesamt aber dürften die dynastischen Eheschließungen doch ein probates und erfolgreiches Mittel der auswärtigen Politik der Könige von Ur gewesen sein. Zwar sind uns aus der Ur III-Zeit keine Staatsverträge überliefert, jedoch enthalten die Verwaltungstexte insbesondere aus Ĝirsu und Umma wie auch aus Puzriš-Dagān in Südmesopotamien zahlreiche Hinweise auf einen regen interregionalen Boten- und Gesandtschaftsverkehr. Zum einen geht es dabei um die Verköstigung von Boten, die über verschiedene Wegstationen ins Ausland reisten, zumeist in die östlich von Mesopotamien gelegenen
68 Walther Sallaberger, „Ur III-Zeit,“ in Sallaberger und Westenholz, Mesopotamien, (121–390), 161. 69 Vgl. dazu im einzelnen Wolfgang Röllig, „Heirat, politische,“ RlA 4 (1972–1975): (282–287), 283; ders., „Politische Heiraten im Alten Orient,“ Saeculum 25 (1974): (11–23), 13–14; und im vorliegenden Zusammenhang vor allem Sallaberger, „Ur III-Zeit,“ 159–161 (mit Literatur); vgl. darüber hinaus jetzt noch ders., „From Urban Culture to Nomadism,“ 433; Weiershäuser, Die königlichen Frauen, 261–264. 70 Zur handelspolitischen Bedeutung von Marḫaši vgl. Piotr Steinkeller, „The Question of Marḫaši: A Contribution to the Historical Geography of Iran in the Third Millennium B.C.,“ ZA 72 (1982): (237–265), 246–255. 71 Vgl. Sallaberger, „Ur III-Zeit,“ 158; Potts, The Archaeology of Elam, 129. 72 Vgl. Sallaberger, „From Urban Culture to Nomadism,“ 441–444.
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Gebiete,73 zum anderen um die Ausgabe bzw. den Austausch von Geschenken anläßlich der Anwesenheit von fremden Boten bzw. Gesandten in Babylonien.74 Bestandteil so mancher dieser diplomatischen Aktivitäten dürften gewiss auch Verhandlungen gewesen sein, die zu Verträgen geführt haben bzw. führen sollten, aber das lässt sich zur Zeit (noch) nicht nachweisen. Die von den in diplomatischer Mission reisenden auswärtigen Gesandten überbrachten Gastgeschenke waren zum Teil exotischer Natur. Auf ein derartiges Geschenk weist etwa eine in altbabylonischer Kopie vorliegende Weihinschrift des Königs Ibbi-Sîn aus Ur (UET VIII 37) hin, die lautet:75 Dem (Gott) Nanna, dem ungestümen Jungstier des (Gottes) An, dem Herrn, dem erstgeborenen Sohn des (Gottes) Enlil, seinem Herrn, (hat) Ibbi-Sîn, Gott seines Landes, mächtiger König, König von Ur, König der Vier Weltgegenden, (von) dem gesprenkelten Meluḫḫa-’Hund’, der ihm [aus] Ma[rḫ]aši als (diplomatisches) Geschenk gebracht worden ist, dieses Bildnis hergestellt. Für [sei]n Leben hat er (es) [ge]weiht. Dieses gesprenkelten ‚Hundes‘ Name [i]st: „Er hat fürwahr [g]epackt!“. Die Weihinschrift bezieht sich also auf das Bildnis (akk. tamšīlum) eines Tieres, das der König hat anfertigen und dem Gott Nanna in Ur hat weihen lassen. Der Originaltext war gewiss auf der (nicht mehr erhaltenen) Tierfigur angebracht gewesen. Vorlage war ein wohl von Gesandten aus dem bereits erwähnten, im südöstlichen Iran gelegenen Marḫaši dem König als Gastgeschenk überbrachter ‚gesprenkelter Hund‘ (ur-GÙN), in dem man mit großer Wahrscheinlichkeit einen Leoparden zu sehen hat und dessen Ursprungsgebiet – wie hier angegeben – sich in dem in Nordwestindien zu lokalisierenden Meluḫḫa befand.76 Der Verkehr mit ‚Ausländern‘ – und darin eingeschlossen auch jener im Rahmen der diplomatischen Kontakte – erforderte natürlich entsprechende Sprachkenntnisse, was mit der Hinzuziehung von Dolmetschern (sum. eme-bal) verbunden war. Personen mit derartigen Kompetenzen sind in den Texten seit der Akkade-Zeit bezeugt.77 Der König Šulgi sah sich übrigens – wenn man insbesondere den überlieferten Königshymnen Glauben schenken darf – für sein diplomatisches Agieren in Bezug auf seine eigenen persönlichen Voraussetzungen im vorliegenden Zusammenhang gleichfalls in bester Weise ausgebildet und gerüstet,78 nicht
73 Vgl. dazu (mit Literatur) Sallaberger, „Ur III-Zeit,“ 295–315. 74 Vgl. Paola Paoletti, Der König und sein Kreis. Das staatliche Schatzarchiv der III. Dynastie von Ur, BPOA 10 (Madrid: Consejo Superior de Investigaciones Científicas, 2012), 326–327 und 333–338, auch zum geographischen Horizont der Ur III-Außenpolitik; zu letzterem vgl. auch Marcel Sigrist, Drehem (Bethesda: CDL Press, 1992), 364–365; Sallaberger, „From Urban Culture to Nomadism,“ 435–441. 75 Zum Text (mit Literatur) und zur vorliegenden Übersetzung vgl. Hans Neumann, „Sumerische Inschriften: 1. Inschriften des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr.,“ in Grab-, Sarg-, Bau- und Votivinschriften, TUAT.NF 6, ed. Bernd Janowski und Daniel Schwemer (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2011), (1– 17), 12–13. 76 Vgl. dazu im einzelnen Steinkeller, „The Question of Marḫaši,“ 253 mit Anm. 60–61. 77 Vgl. Neumann, „Fremdarbeit,“ 270 mit Anm. 24–28. 78 Vgl. zusammenfassend Géza Komoróczy, „Die Königshymnen der III. Dynastie von Ur,“ AcOrHu 32 (1978): (33–66), 49–60; Konrad Volk, „Methoden altmesopotamischer Erziehung nach Quellen der altbabylonischen Zeit,“ Saeculum 49 (1996): (178–216), 202–203.
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Aspekte des staatsvertraglich basierten diplomatischen Verkehrs in Vorderasien
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zuletzt auf Grund der literarisch tradierten Behauptung, er habe mehrere Sprachen beherrscht.79 Im Rahmen von Überlegungen zu Diplomatie und zwischenstaatlicher Vertragstätigkeit im alten Vorderasien muss auch auf den Zusammenhang von diplomatischem Handeln und Spionage hingewiesen werden. Wie wir aus der Geschichte (und nicht zuletzt auch aus jüngster Zeit) wissen, sind diplomatische Aktivitäten und geheimdienstliche Operationen nicht nur sehr wohl miteinander vereinbar, sondern wurden und werden tatsächlich auch häufig in Einheit betrieben. Das bezieht sich sowohl auf die Aufklärung im Zusammenhang mit der Vorbereitung diplomatischer Aktivitäten sowie der Absicherung bestehender diplomatischer Beziehungen als auch – und dies ganz besonders – auf die Spionage im Zuge der Vorbereitung, Durchführung und Abwehr von Militäraktionen. Die Spionage war daher auch in der altorientalischen Welt genauso ein Mittel der Herrschaftssicherung und der Machterweiterung, wie dies historisch in der Regel für diplomatische Bemühungen im Zusammenspiel mit militärischer Gewaltausübung gilt.80 Die entsprechende Nachrichtenübermittlung – offizieller wie auch geheimer Natur – scheint dabei nicht selten durch Kaufleute erfolgt zu sein, denn diese waren natürlich hervorragend sowohl für diplomatische Missionen als auch für Aufgaben im Rahmen der Nachrichtenbeschaffung geeignet. Sie kannten sich mit den Verhältnissen in fremden Gebieten aus, sprachen mehrere Sprachen und konnten auf vielfältige Weise Informationen auf offiziellem wie auch unauffällig auf inoffiziellem Wege erlangen. Abgesehen von eigener diplomatischer Kompetenz reisten mit den Karawanen (der Kaufleute) zudem auch diverse Boten in diplomatischer Mission wie auch als Übermittler brisanter politischer Informationen, wie uns etwa die altbabylonischen Texte aus Mari aus der Zeit der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. lehren.81 Die Korrespondenz aus den Palastarchiven von Mari lässt zudem deutlich werden, dass als Quelle für die Erlangung von politisch-militärischen und anderen, den jeweiligen Partner/Gegner interessierenden Informationen nicht selten auch Vertrauenspersonen dienten, die die Herrscher an den verschiedenen Königshöfen in ihren Diensten wussten.82 Etwa eintausend Jahre nach dem Ende des durch die Palastarchive von Mari 79 Vgl. Šulgi B (ETCSL 2.4.2.02 [ergänzend Jeremiah Peterson, Sumerian Literary Fragments in the University Museum, Philadelphia, BPOA 9 (Madrid: Consejo Superior de Investigaciones Científicas, 2011), 153–157], Z. 206–220; dazu im vorliegenden Zusammenhang auch Komoróczy, „Königshymen,“ 52. 80 Vgl. die entsprechende Thematisierung der Spionage im alten Vorderasien bei Hans Neumann, „Nachrichtenwesen. I. Alter Orient,“ DNP 8 (2000): 665–666, und Pierre Vallat, „Espionnage“, Dictionnaire de la Civilisation Mésopotamienne, ed. Francis Joannès (Paris: Robert Laffont, 2001), 310–311. 81 Vgl. Jack M. Sasson, From the Mari Archives. An Anthology of Old Babylonian Letters (Winona Lake: Eisenbrauns, 2015), 159–164, insbesondere auch mit Anm. 103, sowie 129 Anm. 22. Zu den interregionalen Beziehungen und zur Diplomatie in Vorderasien zur Zeit der Mari-Korrespondenz vgl. Bertrand Lafont, „Relations internationales, alliances et diplomatie au temps des royaumes amorrites,“ Amurru 2 (2001): 213–328. 82 Vgl. z.B. in Bezug auf die Beziehungen zwischen Zimrī-Lîm von Mari und Ḫammu-rāpi von Babylon im 18. Jh. v. Chr. Horst Klengel, König Hammurapi und der Alltag Babylons (Zürich: Artemis & Winkler, 1991), 55 mit Anm. 23–25; vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch Jack M. Sasson, The Military Establishments in Mari, StPohl 3 (Roma: Pontifical Biblical Institute, 1969), 38–40; Jean-Marie Durand, „Espionnage et guerre froide: la fin de Mari,“ in Florilegium marianum. Recueil d’études en l’honneur de Michel Fleury, ed. Jean-Marie Durand (Paris: Société pour l’étude du Proche-Orient Ancien, 1992), 39–52.
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dokumentierten historischen Zeitabschnitts sind es Teile der neuassyrischen königlichen Korrespondenz aus dem 8. und 7. Jh. v. Chr., die wiederum einen authentischen Eindruck von den sich mit den politisch-diplomatischen Beziehungen und militärischen Konflikten verbindenden nachrichtendienstlichen Aktivitäten (hier der Assyrer) im Alten Vorderasien in anschaulicher Weise vermitteln.83 Auch wenn für das 3. Jt. v. Chr. das hier nur angedeutete Beziehungsgeflecht von Diplomatie und Spionage bislang keine direkten Belege vorliegen,84 darf man im Grundsatz gewiss auch insbesondere für die Zeit der frühen Territorialstaaten von Akkade und Ur III in Mesopotamien (mit entsprechenden Erfahrungen aus der Zeit davor) ähnliche Mechanismen und Aktivitäten im Bereich der Informationsbeschaffung vermuten. Die Vorbereitung und Ausfertigung von vertraglichen Vereinbarungen, verbunden mit politischen Heiraten und dem Austausch von Gesandten erforderten im Kontext des bestehenden (offiziellen wie inoffiziellen) Nachrichtenwesens auch in diesen Zeiten eine Praxis, die wir heute inhaltlich als ‚geheimdienstliche Operationen‘ charakterisieren würden.85 Wie bereits betont, hatte die Diplomatie im 3. Jahrtausend v. Chr. in ihrer historischsozialen Bedingtheit immer auch mit Machtpolitik zu tun, d.h., dass Diplomatie im Rahmen des interregionalen und zwischenstaatlichen Verkehrs – wie später auch – in der Regel der Sicherung und dem Ausbau von politischer Herrschaft und auch ökonomischer Dominanz diente, was natürlich zu Lasten anderer Staaten, Regionen oder Völkerschaften ging, wobei Ausmaß und Möglichkeiten der entsprechenden Machtsicherung von der Stärke und den Interessen der jeweiligen Partner abhingen. Damit eng verbunden war stets die militärische Option, der man im Übrigen nicht selten den Vorrang vor diplomatischen Bemühungen gab, zumindest dann, wenn man sich seines Erfolges durch Anwendung militärischer Gewalt sicher wähnte. Somit waren vertragliche Vereinbarungen in der Folge militärischer Auseinandersetzungen wie auch der Bruch diplomatisch ausgehandelter Verträge bei Bestehen entsprechender innen- wie außenpolitischer Voraussetzungen auch im 3. Jahrtausend v. Chr. ein nur allzu bekanntes Phänomen.
83 Vgl. dazu im einzelnen (mit Literatur) zuletzt Peter Dubovský, Hezekiah and the Assyrian Spies. Reconstruction of the Neo-Assyrian Inelligence Services and its Significance for 2 Kings 18–19, BibOr 49 (Roma: Editrice Pontificio Istituto Biblico, 2006); ders., „Sennacherib’s Invasion of the Levant Through the Eyes of Assyrian Intelligence Services,“ in Sennacherib at the Gates of Jerusalem. Story, History and Historiography, ed. Isaac Kalimi und Seth Richardson (Leiden; Boston: Brill, 2014), 249–291. 84 Vgl. in diesem Zusammenhang allerdings die oben mit Anm. 36 thematisierte Nachrichtenübermittlung im Rahmen der politisch-diplomatischen Aktivitäten von Ebla. 85 Darauf könnten auch Teile der altbabylonisch literarisch überlieferten Königskorrespondenz der Ur IIIHerrscher hinweisen. Vgl. dazu die Überlegungen bei Hans Neumann, „Altorientalische Städte und Markt (unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse im ausgehenden 3. Jahrtausend v. Chr.),“ in Market(s) – Market Buildings – Market Squares, ed. Kerstin Droß-Krüpe und Kai Ruffing (im Druck). Zur Königskorrespondenz vgl. Piotr Michalowski, The Correspondence of the Kings of Ur. An Epistolary History of an Ancient Mesopotamian Kingdom, MC 15 (Winona Lake: Eisenbrauns, 2011).
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Vom Talmud Bavli zum Talmud Batli – Talmudparodien als Fortschreibung rabbinischer Tradition und Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen Regina Grundmann
Der babylonische Talmud als das monumentale, normative und für das jüdische Selbstverständnis zentrale Hauptwerk der jüdischen Traditionsliteratur ist seit dem 14. Jahrhundert auch Gegenstand innerjüdischer Parodien. Talmudparodien stellen ein originelles Spiel mit den hermeneutischen Diskursformen des Talmuds dar, wodurch die talmudische Tradition dynamisch weiterentwickelt und fortgeschrieben wird. Insgesamt geben die Talmudparodien auf prägnante Weise Aufschluss über das religiöse, kulturelle und politische Selbstverständnis sowohl des jeweiligen Autors als auch der Bevölkerungsgruppen, religiösen Strömungen oder politischen Parteien, die Gegenstand der Parodien sind. Zudem erweisen sich die Parodien nicht nur als bedeutende religions- und kulturgeschichtliche Zeugnisse, sondern auch als historische Dokumente der Lebensumstände jüdischer Gemeinden in West- und Osteuropa, in Nordamerika, sowie zunächst im Jischuw und anschließend im Staat Israel. Auch im Hinblick auf die viel diskutierte Frage, ob religiös-normative Texte parodiert werden dürfen, lässt dieses Genre im Hinblick auf das Judentum wichtige Rückschlüsse zu. Paradigmatisch lassen sich an dem Genre für die moderne jüdische Kulturgeschichte Dynamiken von Tradition und Innovation hinsichtlich des Verhältnisses von Religion und Politik untersuchen. Trotz der zentralen religions- und kulturgeschichtlichen Bedeutung ist das Genre der Talmudparodien bislang noch weitestgehend unerforscht.1 1
Die 1907 von Israel Davidson vorgelegte Studie Parody in Jewish Literature, in der Davidson alle ihm bekannten, von jüdischer Seite verfassten parodistischen Texte auflistet, verfolgt ein primär bibliographisches Interesse. Seiner Arbeit liegt kein klarer Parodie-Begriff zu Grunde, was zu einer disparaten Textauswahl führt. Vgl. Israel Davidson, Parody in Jewish Literature, (New York: Columbia University Press, 1907). David Stern konstatierte daher 2004 zu Recht: „Parody may be the last virgin territory in the study of classical Hebrew literature, one of the few realms in Jewish literary tradition as yet unsullied by scholarly hands.“ (David Stern, „The Alphabet of Ben Sira and the Early History of Parody in Jewish Literature,“ in The Idea of Biblical Interpretation. Essays in Honor of James L. Kugel, ed. Hindy Najman und Judith H. Newman (Leiden: Brill, 2004), 423–448, hier 423). Im Hinblick auf das Genre der Talmudparodien sind bislang nur wenige Einzelanalysen vorgelegt worden. Vgl. Dagmar Börner-Klein, „Gerson Rosenzweigs Massekhet Amerika – Eine Talmudparodie,“ Frankfurter Judaistische Beiträge 25 (1998): 147–162; Alan Cook, The Sweet Satirist of Israel: An Annotated Translation of Gerson Rosenzweig’s Talmud Yankee. Rabbinic Thesis (Cincinnati: Hebrew Union College – Jewish Institute of Religion, 2003); Diana Sprick, „Rabbinische Literatur parodiert und für die Moderne satirisch bearbeitet. Abraham Kotlars ‚Massekhet Derekh Erez HaChadascha‘,“ Trumah 15 (2005): 149–162; Peter J. Haas, „Masekhet Purim,“ in Jews and Humor, ed. Leonard J. Greenspoon, (Indiana: Purdue University Press, 2011), 55–66; Ephraim Nissan, „The Sweat of the (Low) Brow: New York Immigrant Life in Gerson
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Im Folgenden sollen, ausgehend von einer kurzen Skizzierung der historischen Entwicklung des Genres, anhand von zwei Werken – Massekhet Prohibition (1929) und Masechet Zoom (2020) – Aufbau, Intention und Funktion der Talmudparodien sowie religions- und kulturgeschichtliche Kontexte exemplarisch aufgezeigt werden. Zu Grunde gelegt wird dabei Linda Hutcheons weit gefasste Definition von ‚Parodie‘ als „repetition with difference“2 bzw. als verfremdete Nachahmung. Im Hinblick auf das Genre der Talmudparodien besteht die Verfremdung in einer „semantischen Transformation“3, in einer „antithematischen Behandlung“4. Durch die daraus entstehende Inkongruenz von Prä- und Paratext werden im Genre Effekte der Komik erzielt.
1. Von Massekhet Purim zu Masechet Corona ̶ Entwicklung des Genres vom Mittelalter bis in die Gegenwart Die Anfänge des Genres der Talmudparodien liegen im 14. Jahrhundert. Um 1320 verfasste der aus Südfrankreich stammende Gelehrte Kalonymos ben Kalonymos die erste Talmudparodie mit dem Titel Massekhet Purim, die als Unterhaltung zu Purim dienen sollte. Im talmudischen Stil lässt Kalonymos ben Kalonymos in dieser Parodie auf unernste Weise verschiedene Rabbinen über das Essen und Trinken zu Purim diskutieren. Die zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert verfassten Parodien haben primär die zu Purim ausdrücklich erlaubte Trunkenheit zum Gegenstand. Im 19. Jahrhundert, das für die jüdische Gemeinschaft durch tiefgreifende soziale Umbrüche geprägt war, erfährt der inhaltliche Fokus dieses Genres eine maßgebliche Erweiterung. Seit dieser Zeit wird das Genre im Wesentlichen für Gesellschaftskritik und –satire, für Kritik an religiösen Inhalten und innerjüdische Polemiken genutzt. Die thematische Spannbreite der ab dem 19. Jahrhundert verfassten Talmudparodien ist groß: Überliefert sind u.a. in Form und Stil des Talmuds abgefasste Parodien über die Lebensumstände der jüdischen Bevölkerung im zaristischen Russland, über das kommunistische Russland (z.B. Talmud Bolshevi, „Der bolschewistische Talmud“, 1923), über das Leben jüdischer Immigranten in den USA Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts (z.B. Talmud Yankee, 1909), über die amerikanische Gesellschaft zur Zeit der Prohibition, über die
2 3 4
Rosenzweig’s Satire. Facets of his Talmudic Parody Tractate America,“ Israeli Journal of Humor Research 1 (2012), 29–85; Regina Grundmann, „Lies nicht ‚mit Frieden‘, sondern ‚mit dem Saloon‘! Die Talmudparodie ‚Massekhet Prohibition‘ als kreativer Umgang mit religiösen Diskursformen,“ in Neues finden – Neues schaffen. Betrachtungen zu Kreativität in Wissenschaft und Kunst, ed. Dominik Höink, Christian Hornung und Anne Sanders (Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2016), 69–86. Im Rahmen des von der Verfasserin geleiteten Projekts Polemik, Gesellschafts- und Religionskritik in Talmudparodien des 19. bis 21. Jahrhunderts des Exzellenzclusters Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation werden erstmals die Funktionen des Genres der Talmudparodien in ihren jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Kontexten und seine zentrale religions- und kulturgeschichtliche Bedeutung systematisch und umfassend untersucht. Linda Hutcheon, A Theory of Parody. The Teachings of Twentieth-Century Art Forms (New York: Methuen, 1985), 32. Gérard Genette, Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2015), 42. Theodor Verweyen und Gunther Witting, Die Parodie in der neueren deutschen Literatur. Eine systematische Einführung (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1979), 125.
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Vom Talmud Bavli zum Talmud Batli
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israelische Gesellschaft in den 1950er Jahren sowie gegen den Chassidismus oder das Reformjudentum gerichtete Parodien. Die Texte imitieren den babylonischen Talmud in formaler, sprachlicher, inhaltlicher und hermeneutischer Hinsicht, oftmals bis in kleinste Details. Die Parodisten benutzen die Sprachen ihrer Vorlage, d.h. Mischna-Hebräisch und die aramäische Kommentarsprache des Talmuds. Zusätzlich werden u.a. modernhebräische, jiddische, englische, französische und slawische Wörter und Formulierungen verwendet. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts blüht das Genre erneut auf. Die gegenwärtigen, in den USA und Israel verfassten Talmudparodien haben einen expliziten politischen Fokus: Sie befassen sich mit den Wahlen in den USA und Israel (z.B. Massekhet Beḥirot, „Traktat Wahlen“, 2020) und mit Politikern wie Donald Trump, Benjamin Netanyahu oder Arye Deri (z.B. Massekhet Fake News, 2016). Darüber hinaus sind auch das Leben in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft sowie das moderne urbane Leben in seinen vielen Facetten Gegenstand von Parodien, etwa in pseudo-talmudischen Traktaten zu Thanksgiving und Weihnachten sowie zu Diäten und Dating (z.B. Masechet Chopsticks, 2012). Zuletzt ist COVID-19 als aktuelles Thema aufgegriffen worden, so etwa in Masechet Corona (2020) und Masechet Zoom. Ein grundlegender Wandel innerhalb des Genres ist an der Wahl der Sprache zu erkennen. Seit Ende der 1990er Jahre werden Talmudparodien vermehrt auf Englisch verfasst oder es werden den hebräisch-aramäischen Texten Erläuterungen auf Englisch hinzugefügt. Das Aufkommen der neuen Medien, das die Rezeption der jüdischen Traditionsliteratur insgesamt nachhaltig beeinflusst hat, führte auch dazu, dass die aktuellen Parodien überwiegend an verschiedenen Orten des Internets wie Blogs und Mailinglisten veröffentlicht werden. Ein Großteil der im Internet publizierten Texte orientiert sich auch weiterhin an dem klassischen Parodie-Format, dessen Grundlage wiederum das klassische Talmud-Layout ist, während ein kleinerer Teil, insbesondere die kürzeren, oftmals über Mailinglisten veröffentlichten Parodien diesem Layout nur noch zum Teil oder gar nicht mehr folgen. Die Autoren der Talmudparodien entstammen in der Regel dem orthodoxen Milieu und haben eine traditionelle Yeshiva-Ausbildung erhalten. Die aktuellen Parodien werden überwiegend von Autoren aus dem breiten orthodoxen Spektrum von charedisch bis modernorthodox geschrieben, wobei gegenwärtig Parodien auch von Repräsentanten des Conservative Judaism/Masorti verfasst werden. Ein in der Gegenwart neues Phänomen im Hinblick auf das Genre stellt das Verfassen von Talmudparodien durch Frauen dar. Dass es sich bei den Texten um Parodien des babylonischen Talmuds, des Talmud Bavli, handelt, die selbst keine religiöse Normativität beanspruchen, verdeutlichen bereits die Titel der Parodien. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das von Gerson Kiss verfasste Massekhet Prohibition, „Traktat Prohibition“, wird auf der Titelseite wortspielerisch als Traktat des Talmud Batli, also eines fiktiven „Ungültigen Talmuds“, vorgestellt. Auch der mitabgedruckte Kommentar zum Talmud Batli soll nicht ernst genommen werden: Es handelt sich dabei nach Kiss’ Angaben nicht um den Perush ha-Kuntres, den Raschi-Kommentar, sondern um den „Perush ha-Kundes“, d.h. den „Witzbold-Kommentar“. Zur Unterscheidung von den traditionellen Tosafot bezeichnet Kiss seine Zusätze als „Tosefet Ḥadashot“, als „Hinzufügung von Neuigkeiten“. Gleichzeitig gibt es auch die Tendenz, die Parodien als Wiederentdeckung authentischer Traktate zu fingieren, wobei durch den Titel und die Inhalte die Ironie für die Leser*innen offenkundig ist. So stellen Rick Brody und Rachel Kobrin ihrem auf Englisch verfassten Masechet Chopsticks (2012) als Erläuterung voran: „A lost Talmudic tractate has
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been discovered that answers age-old rabbinic questions about the appropriate way for Jews to fully accomplish the obligations associated with eating Chinese food on December 24th/25th.“5 Rick Dinitz präsentiert seine 1997 veröffentlichte, ebenfalls auf Englisch verfasste Parodie Mishnah Hodu. Excerpts from Tractate Thanksgiving als „Newly-translated fragments from the Chelm Genizah“6. Um die Texte als solche als Parodien erkennen und die einzelnen parodistischen Elemente identifizieren und einordnen zu können, müssen die Leser*innen dieser Texte über annähernd dieselben Kenntnisse der rabbinischen Literatur verfügen wie die Verfasser*innen. Die hebräisch-aramäischen Parodien richten sich damit an ein in sozio-religiöser Hinsicht klar einzugrenzendes Zielpublikum. Die auf Englisch verfassten Parodien bedienen hingegen ein breiteres Publikum, indem sie zwar auch ein profundes inhaltliches Vorwissen voraussetzen, aber keine Sprachkenntnisse. Mit ihrer Veröffentlichung von zwei unterschiedlichen Versionen von Masechet Chopsticks werden die möglichen unterschiedlichen Vorkenntnisse der Leser*innen der Parodien von Rick Brody und Rachel Kobrin spielerisch aufgegriffen und humorvoll-didaktisch thematisiert. Es existiert eine erweiterte Fassung, der, einem Beipackzettel gleich, der Hinweis vorangestellt ist: „Warning: May require actual Talmudic experience!“ sowie eine einfachere, „more ‚userfriendly‘“ Version.7 Die Leserin/der Leser kann entsprechend entscheiden, welchem Adressatenkreis sie/er sich selbst zurechnet und an den beiden verschiedenen Versionen seine Talmudkenntnisse spielerisch erproben.
2. Massekhet Prohibition Die von Gerson Kiss verfasste Parodie Massekhet Prohibition wurde 1929 in New York veröffentlicht.8 Gegenstand der Parodie ist, wie der Titel unschwer vermuten lässt, die Zeit der Prohibition in den USA. Thematisiert werden die Folgen des nationalen Alkoholverbots und die gesellschaftlichen Diskurse in den 1920er Jahren. Kiss’ Parodie erweist sich als bitterböse Gesellschaftssatire. Der Autor thematisiert nicht nur Ereignisse innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in den USA zu jener Zeit, sondern zeichnet ein gesamtgesellschaftliches Tableau: Den Leser*innen wird eine Gesellschaft vor Augen geführt, in der jeder – unabhängig von seinem sozialen Status, seiner Konfession oder seiner politischen Ausrichtung – trickreich versucht, das Alkoholverbot zu umgehen, bis hin zu den Gesetzgebern selbst.9 Was macht
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https://kidmoot.wordpress.com/2012/12/25/masechet-chopsticks/ [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022]. http://www.ottmall.com/mj_ht_arch/v28/mj_v28i56.html [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022]. Zu Chełm als dem Schilda der ostaschkenasischen Folklore vgl. Edward Portnoy, „Wise Men of Chelm,“ The YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe 2:2027. https://kidmoot.wordpress.com/2012/12/25/masechet-chopsticks/ [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022]. Über den Autor selbst ist kaum etwas bekannt. Die hebräische Schreibweise des Nachnamens, Kisch, deutet darauf hin, dass der Verfasser möglicherweise aus Ungarn stammte. Vgl. hierzu Grundmann, „Die Talmudparodie ‚Massekhet Prohibition‘,“ 70. Zu Massekhet Prohibition als Gesellschaftskritik vgl. ausführlich Grundmann, „Die Talmudparodie ‚Massekhet Prohibition‘,“ 82–85.
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diesen Text zur Parodie, und spezifisch zur Talmudparodie? Was sind ihre charakteristischen Elemente?
2.1 Das Druckbild und die Hypertextualität Ein wesentliches parodistisches Element ist das Druckbild von Massekhet Prohibition: Formal imitiert der Text das charakteristische Layout des babylonischen Talmuds und die ihm eigene Hypertextualität. Die einzelnen Textteile einer Talmudseite - Mischna, Gemara, Raschi-Kommentar und Tosafot - werden sowohl in ihrer Genre-Eigenart als auch in ihrem Gesamtzusammenhang nachgeahmt. Dem Layout der traditionellen Druckausgaben folgend sind in der Seitenmitte der Parodie eine Pseudo-Mischna und eine Pseudo-Gemara eingesetzt. Der ‚Talmud‘-Text von Massekhet Prohibition wird eingerahmt durch den „Perush ha-Kundes“ („Witzbold-Kommentar“), Kiss’ Parodie des Raschi-Kommentars, der in Raschi-Schrift abgedruckt ist, und durch die „Tosefet Ḥadashot“, die „Hinzufügung von Neuigkeiten“, Kiss’ Parodie der Tosafot, die ebenfalls in Raschi-Schrift abgedruckt ist. Selbst die Punktuationsweise des Raschi-Kommentars und der Tosafot wird in der Parodie übernommen. Die Parodie erschöpft sich aber nicht im Formalen: Kiss parodiert darüber hinaus auch die Funktion, die den einzelnen Textteilen im Prätext zukommt. So wird in Massekhet Prohibition das Verhältnis von Mischna und Gemara bis in das kleinste Detail imitiert. Massekhet Prohibition enthält insg. 13 ‚Mischnajot‘, die dann in der Pseudo-Gemara nach dem Muster der traditionellen rabbinischen Hermeneutik kommentiert werden. Als Beispiel soll der Anfang der Parodie dienen: Massekhet Prohibition beginnt mit einer PseudoMischna, nach der alle trinken: Alle trinken und ihr Trinken ist rechtens. Sowohl Männer als auch Frauen [trinken], Und Dienstboten und Hausmädchen [„Knechte und Mägde“], Rabbi Shatyan [Trinker]10 sagt: Auch ein Taubstummer, ein Schwachsinniger und ein Minderjähriger. Gemara: Worauf bezieht sich der Gelehrte, dass er lehrt: Alle trinken usw.? Das ist offenkundig. Rav Gargeran [Säufer] sagte: Der Gelehrte bezieht sich auf die Vereinigten Staaten, auf die Zeit des Prohibitionsgesetzes.11 An diesem Abschnitt lassen sich zentrale Charakteristika von Massekhet Prohibition festmachen. Deutlich wird, dass der Autor auf halachische Termini und Diskurse zurückgreift und diese in einen säkularen Rechtskontext, die Prohibitionsgesetzgebung, überträgt, wobei durch den halachischen Prätext der säkulare Rechtskontext wiederum religiös aufgeladen 10 Zu den parodistischen Elementen von Massekhet Prohibition gehören auch die mehrheitlich fiktiven, sprechenden Namen, die prägnant die Aussage ihrer jeweiligen Diskussionsbeiträge resümieren, etwa Rav Shatyan, Rav Bakbuk, Rav Kosa, Rav Saloona, und Rav Bootleg. 11 Gerson Kiss, Massekhet Prohibition (New York: o.A., 1929), 5. Vgl. b. Ḥul 2a.
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wird. So werden Personengruppen, die im Prätext von bestimmten rituellen Handlungen ausgeschlossen sind – wie der Taubstumme, der Schwachsinnige und der Minderjährige – in der Pseudo-Mischna von Massekhet Prohibition gerade nicht vom Trinken ausgeschlossen. Dies impliziert, dass es bei dem Trinken von Alkohol zur Zeit der Prohibition keine Ausgeschlossenen gibt und eben alle trinken. Durch den halachischen Subtext wird der Alkoholkonsum selbst damit auch zu einem rituellen Akt stilisiert. Unter Rückgriff auf talmudische Standardformulierungen wird die Aussage der Pseudo-Mischna im Einzelnen in der Pseudo-Gemara kommentiert und das in der Pseudo-Mischna nicht näher spezifizierte ‚Trinken‘ explizit auf den Alkoholkonsum während der Prohibition bezogen. Die Aussage der Pseudo-Mischna, dass „alle trinken“, wird in der Pseudo-Gemara illustriert, indem jeweils Paare von Repräsentanten verschiedener gesellschaftlicher Gruppen angeführt werden, die trotz des staatlichen Verbots Alkohol konsumieren. Auch die Funktion des Raschi-Kommentars und der Tosafot im Verhältnis zur Gemara sind Gegenstand der Parodie. Massekhet Prohibition ist in Mischna-Hebräisch und Aramäisch verfasst. An Stellen, in denen es um zeitgenössische Erscheinungen der Prohibitionsgesetzgebung und deren Folgen geht, verwendet Kiss statt der modernhebräischen Ausdrücke Entsprechungen aus der aramäischen Kommentarsprache des Talmuds, die zum Teil in dem Pseudo-Raschi-Kommentar der Parodie erklärt und ins Amerikanische übersetzt werden. Auf diese Weise wird das Bekannte verfremdet und in einem neuen Gewand präsentiert. Das Weiße Haus etwa bezeichnet Kiss in der Pseudo-Gemara nicht als ‚‘הבית הלבן, sondern als ‚‘ביתא חיורא. Der Pseudo-Raschi-Kommentar von Massekhet Prohibition erklärt ‚ביתא ‘חיוראals „ein Gebäude in Washington, in dem alle Präsidenten wohnen und das in der Fremdsprache [ ]בלע״זWhite House genannt wird“.12 Darüber hinaus werden in der PseudoGemara von Massekhet Prohibition verwendete Begriffe, die dem Leser ohne Weiteres geläufig sind, in dem Pseudo-Raschi-Kommentar wie unbekannte Wörter behandelt, die der Erklärung bedürfen. So wird z.B. das Wort ‚Prohibition‘ in dem Pseudo-Raschi-Kommenar mit „Trockenheit [ “]יבשתerläutert, die ‚Vereinigten Staaten‘ als „Staaten, die sich vereinigt haben und man nennt sie Amerika“. ‚Der Präsident‘ [ ]נשיאwird in dem Pseudo-Raschi-Kommentar erklärt als „der Staatspräsident; in der Fremdsprache [ ]בלע״זPresident“.13 Kiss’ Parodie der Tosafot ergänzen den Kerntext des Pseudo-Talmuds durch scharfsinnige Kommentare und Diskussionen. So wird in den Pseudo-Tosafot z.B. die in der Pseudo-Gemara aufgeworfene Frage, ob der Präsident der Vereinigten Staaten Woodrow Wilson ein Trinker sei, diskutiert. Gegen den in der Pseudo-Gemara dafür vorgebrachte Beleg, dass Wilson neun Wagen mit Spirituosen aus dem Weißen Haus fortgebracht hätte, wird der Einwand erhoben, dass der Präsident den Alkohol nicht zwangsläufig für sich selbst verwendet haben muss, sondern dass auch seine Verwandten und Gäste ihn getrunken haben könnten.14
12 Kiss, Massekhet Prohibition, 5. 13 Kiss, Massekhet Prohibition, 5. 14 Vgl. Kiss, Massekhet Prohibition, 5.
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2.2 Talmudische Hermeneutik Das Prinzip der „repetition with difference“, das Hutcheon als Essenz des Parodistischen hervorgehoben hat,15 tritt auch in prägnanter Weise in Kiss’ differenzierter Parodie der talmudischen Hermeneutik hervor. Dabei lassen sich verschiedene Muster unterscheiden, die sich auch in anderen Talmudparodien finden. a) Kiss parodiert die rabbinische Exegese, indem er die Middot, die klassischen Auslegungsregeln, anwendet: Z.B. wird in der Pseudo-Gemara nach talmudischem Modell im Falle eines unklaren Wortes die Frage nach der Bedeutung des Wortes ‚Likör‘ gestellt. Diese Frage wird von Rav Shatyan, Rav Trinker, unter Anwendung der hermeneutischen Regel des Al-Tiqre (Lies nicht x, sondern y) damit beantwortet, dass Likör zu den Getränken gehöre, die zu Purim getrunken würden, was er über ein Zitat aus Ester 8,16 nachweist: Und dieses sind die Getränke, die wir zu Purim trinken, da geschrieben steht: Den Juden wurde Licht und Freude, Fröhlichkeit und Ehrung [ ]ויקרzuteil. (Est 8,16) Lies nicht ‚wikar‘ []ויקר, sondern ‚Likör‘ []ליקר.16 Unter Anwendung derselben hermeneutischen Regel legt Rabbi Shatyan z.B. ebenso den Vers Ps 29,11 Er wird seinem Volk Kraft geben und sein Volk mit Frieden ( )בשלוםsegnen aus: „Lies nicht „mit Frieden (“)בשלום, sondern „mit dem Saloon (“)בסלון17. Unter Anwendung der Middot wird in Massekhet Prohibition auch bewiesen, dass selbst die Mitglieder des Ku-Klux-Klan trinken: Über sie [die Mitglieder des Ku-Klux-Klan] sagt die Schrift: Ihr Weg soll finster und schlüpfrig [ ]חלקלקותsein. (Ps 35,6) Lies nicht ( חלקלקותschlüpfrig), sondern ( קלוקלוקלנתKlu-Klu-Klanisch). Und woher ist zu belegen, dass sie trinken? Es gibt eine Wortanalogie []גזרה שוה: Hier wird gesagt: Ihr Weg [ ]דרכםsoll finster sein usw. (Ps 35,6) Und dort wird gesagt: Die Kelter trat ich []דרכתי. (Jes 63,3) So wie dort von Wein die Rede ist, so auch hier.18 b) Parodien spezifischer Mischna-Stellen Zudem werden in Massekhet Prohibition spezifische Mischna-Stellen parodiert, etwa einer der loci classici der rabbinischen Literatur, Mischna Berakhot 1,1:
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Hutcheon, A Theory of Parody, 32. Kiss, Massekhet Prohibition, 6. Kiss, Massekhet Prohibition, 40. Kiss, Massekhet Prohibition, 18. Kiss verballhornt an dieser Stelle Ku-Klux-Klan zu Klu-Klu-Klan.
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Massekhet Prohibition Von wann an beginnt man zu trinken?
Mischna Berakhot 1,1 Von wann an rezitiert man das Schma am Abend?
Von Sonnenaufgang bis zum Sichtbarwerden der Sterne. Und die streng Orthodoxen trinken bis Mitternacht.
Von der Stunde an, in der die Priester hineingehen, um ihre Hebe zu essen, bis zum Ende der ersten Nachtwache, Worte Rabbi Eliesers.
Rabbi Shatyan [Trinker] sagt: Von Sonnenaufgang bis zum Aufsteigen der Morgenröte.
Und die Weisen sagen: Bis Mitternacht.
Und die Weisen sagen: Von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang.19
Rabban Gamliel sagt: Bis die Morgenröte aufsteigt.
c) Parodien spezifischer Talmud-Stellen Auch spezifische Talmud-Stellen werden parodiert, etwa die Auslegung von Ester 8,16 in Megilla 16b: Massekhet Prohibition
Babylonischer Talmud Megilla 16b Den Juden wurde Licht und Freude, Fröhlichkeit und Ehrung zuteil (Est 8,16)
Und weiter legte Rav Shakhran [Trunkenbold] aus:
Rav Jehuda sagte:
Warum steht geschrieben Den Juden wurde Licht [ ]אורהund Freude []שמחה und Fröhlichkeit [ ]ששוןund Ehrung [ ]ויקרzuteil? Licht [ – ]אורהdas ist Branntwein, denn wer ihn in sein Inneres herabfließen lässt, dessen Augen werden leuchten []יאירו.
Licht – das ist die Tora. Und so sagt [der Bibelvers]: Denn eine Leuchte ist das Gebot, und die Tora ist Licht. (Spr 6,23)
Freude [ ]שמחה- das ist der Wein, denn es gibt nur im Wein Freude,
Freude – das ist ein Feiertag. Und so sagt [der Bibelvers]:
19 Kiss, Massekhet Prohibition, 16.
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wie es heißt: Wein erfreut [ ]ישמחdas Herz des Menschen. (Ps 104,15)
Freue dich an deinem Fest. (Dtn 16,14)
Fröhlichkeit [ ]ששוןgleicht Freude, da sie [im Bibelvers] nebeneinander geschrieben sind.
Fröhlichkeit – das ist die Beschneidung. Und so sagt [der Bibelvers]: Froh bin ich über dein Wort. (Ps 119,162)
Und Ehrung [ – ]ויקרwie wir gesagt haben.20
Und Ehrung – das sind die Tefillin. Und so sagt [der Bibelvers]: Und alle Völker der Erde werden sehen, dass der Name des Ewigen über dir gerufen wird, und sie werden sich vor dir fürchten. (Dtn 28,10)
Die Prätexte (Tora, Mischna, Gemara) werden an diesen Stellen der Parodie prägnant greifbar und das Prinzip der „repetition with difference“21 besonders deutlich. Die neuen Inhalte, mit denen der Autor die der Vorlage entnommenen Textgerüste füllt, sind den Inhalten der Prätexte diametral entgegengesetzt: Religiöse Inhalte werden durch nichtreligiöse Inhalte ersetzt, wobei der religiöse Gesamtkontext der durchschimmernden Prätexte die nichtreligiösen Inhalte religiös auflädt.
3. Masechet Zoom Als zweites Beispiel soll das englischsprachige Masechet Zoom fungieren, das 2020 anonym im Internet veröffentlicht wurde. Es handelt sich um einen kurzen, lediglich zwei ‚Mischnajot‘ umfassenden Text. Die Parodie greift ein mit Ausbruch der Covid19-Pandemie gesamtgesellschaftlich relevant gewordenes Thema auf, dessen halachische Implikationen in zahlreichen Responsa diskutiert worden sind, wie etwa die Frage, ob „Zoom Minyanim“ halachisch zulässig sind. Die zentralen parodistischen Elemente, die für Massekhet Prohibition und auch zahlreiche weitere Talmudparodien charakteristisch sind, finden sich in adaptierter Form auch in dieser Parodie, wobei diese im Vergleich zu Massekhet Prohibition auf Grund ihrer Sprache, ihres Adressatenkreises und ihres Umfangs insgesamt nicht an die Komplexität von Massekhet Prohibition heranreicht. Ein augenfälliges parodistisches Element ist auch bei diesem Text das Druckbild: In Masechet Zoom sind dem Layout der traditionellen Druckausgaben folgend in der Seitenmitte eine Pseudo-Mischna und eine Pseudo-Gemara eingesetzt. Der ‚Talmud‘-Text von Masechet Zoom wird eingerahmt durch den „Rash“, die Parodie des Raschi-Kommentars auf der rechten Seite, und die „Tosaflu“, die Parodie der Tosafot auf der linken Seite. Die wortspielerische Verballhornung des Raschi-Kommentars und der
20 Kiss, Massekhet Prohibition, 6. 21 Hutcheon, A Theory of Parody, 32.
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Tosafot greift subtil den Pandemie-Gesamtkontext der Parodie auf: Ausschlag (Rash)22 als ein Covid 19-Symptom und der subtile Hinweis auf die Grippe (Flu) als Anspielung auf die Diskussionen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Covid 19 und Influenza. Auch Masechet Zoom parodiert die Funktionen, die den einzelnen Textteilen im Prätext zukommen. Die Parodie des Verhältnisses von Mischna und Gemara soll am Beispiel des Anfangs der Parodie deutlich gemacht werden: Mishnah We are not obligated to make an appearence on Zoom. But Rabbi Matzleimah [Kamera] says, ʽOne who uses all the features of Zoom is considered praiseworthy.ʼ Gemara One who uses all the features of Zoom is considered praiseworthy – because every feature is supported by Scripture. How so? The Holy One used the option to turn the camera off, as it is written: You cannot see My face. [Ex 33,20] And Rav Pirsum [Öffentlichkeit] said, ʽThe Holy One also used speaker view, as it is written: You yourselves saw that I spoke to you. [Ex 20,19] Further, Abraham was the first to use gallery view, as it is written: And he raised his eyes and saw three men arrayed before him. [Gen 18,2] Ezra was the first to screen-share, as it is written: Ezra opened the scroll in the sight of all the people. [Neh 8,5]23 Auch wenn die Parodie auf Englisch verfasst ist, erkennt der Leser unmittelbar den rabbinischen Duktus sowie den Rückgriff auf talmudische Standardformulierungen und rabbinische Hermeneutik. Der humoristische Effekt besteht darin, dass verschiedene Zoom-Funktionen aus der Hebräischen Bibel abgeleitet und so pseudo-halachisch legitimiert werden. Halachische und profane Diskurse werden von dem Verfasser symbiotisch miteinander in Verbindung gesetzt: Der Autor greift auf halachische Termini und Argumentationsmuster zurück und überträgt diese in einen alltäglichen, profanen Kontext, wodurch dieser wiederum religiös aufgeladen wird. In der Parodie des Raschi-Kommentars werden einzelne, vermeintlich schwierige und unbekannte Wörter und Ausdrücke näher erläutert. So wird „Make an appearence“ erklärt als „This refers specifically to appearing with the face visible.“24 Die Funktion der Tosafot parodierend, bieten die „Tosaflu“ einen auf die Rolle des ‚Host‘ abzielenden Metakommentar zum Kerntext des Pseudo-Talmuds:
22 Zudem klingt auch das Adjektiv rash, ‚voreilig‘, an. 23 https://www.reddit.com/r/ReformJews/comments/jffwfx/masechet_zoom [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022]. Nach diesem Muster werden in der Pseudo-Gemara auch noch die weiteren wichtigsten Funktionen von Zoom ausgelegt. 24 https://www.reddit.com/r/ReformJews/comments/jffwfx/masechet_zoom [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022].
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All the Features of Zoom Our Mishnah talks of many features of Zoom, but why does it not speak of those features which only the host is empowered to use? Is one who disables chat and removes ove[r]bearing participants from the Zoom not also considered praiseworthy? No. For is the Eternal One not rightly called the Lord of Hosts? Just as a slave should not pray as they have a master between themselves and the Holy One, so too should a Zoom host not use their power as they are not the ultimate Host. Rather, they must remember their place, show humility and give thanks that their power is limited.25 Das satirische Sezieren des pseudotalmudischen Kerntextes ist nicht nur unterhaltsam, sondern betont darüber hinaus im polysemen Spiel unmissverständlich Gottes Erhabenheit über allen „Hosts“, wodurch der Verfasser im Bewusstsein der Gratwanderung, die ein derartiger Text darstellen kann, verdeutlicht, mit der Parodie selbst keine blasphemischen Absichten zu verfolgen. Für den unbekannten Parodisten ist die Talmudparodie insgesamt ein adäquates Mittel zur Bewältigung der Herausforderungen der Pandemie. Letztlich wird mit dieser Parodie auf humorvolle und originelle Weise die Botschaft vermittelt, dass die talmudische Tradition Antworten auf Fragen und Herausforderungen der Gegenwart geben kann und daher immer aktuell und lebendig bleiben wird.
4. Talmudparodien als Weiterentwicklung und Fortschreibung talmudischer Tradition Talmudparodien sind in der Gegenwart ein besonders beliebtes Genre, das innerhalb des gesamten Spektrums der jüdischen Orthodoxie und in geringerem Maße auch von Anhängern der Masorti-Denomination genutzt wird, um zu aktuellen, primär politischen und gesellschaftlichen Fragen und Entwicklungen Stellung zu beziehen. Die Funktion der Parodien ist eine doppelte: Mit diesen Texten bringen die Autoren ihre Identifikation mit dem tatsächlichen Talmud, mit der gegenwärtigen charedischen Kultur und Weltanschauung und den ihr eigenen Kommunikationsformen zum Ausdruck. Für die Verfasser sind die Parodien eine Form von Gegenwartsbewältigung. Zugleich dienen sie durch das aktive Praktizieren rabbinischer Hermeneutik in durch die Tradition vorgegebenen Formen und Sprachen auch der religiösen Selbstvergewisserung. Die Funktion der Parodien besteht keineswegs darin, ihren Prätext, den babylonischen Talmud, in Frage zu stellen, ihn zu verspotten, zu verzerren, zu konterkarieren, umzukehren oder gar subversiv zu zerstören. Die Autoren stellen sich mit ihren Parodien nicht gegen die rabbinische Tradition, sondern gerade in die rabbinische Tradition. Indem sie die rabbinische Hermeneutik praktizieren, sich an überlieferten religiösen Diskursformen orientieren und das der jüdischen Traditionsliteratur eigene Intertextualitätssystem fortschreiben, fügen sich die Parodien für die Autoren konsequent und bruchlos in die talmudische Tradition ein. Aus der Sicht der Autoren sind die Parodien der jüdischen Tradition inhärent und stellen eine konsequente Weiterentwicklung und Fortschreibung der
25 https://www.reddit.com/r/ReformJews/comments/jffwfx/masechet_zoom [Zuletzt abgerufen am 24. Februar 2022].
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Traditionsliteratur dar. Damit widersprechen Talmud Bavli und Talmud Batli einander nicht und sind nicht dichotomisch voneinander abzugrenzen. Zugleich lässt sich ein Teil der Parodien auch den in der orthodoxen und charedischen Welt zu beobachtenden Versuchen eines Outreach in anders-denominationelle Strömungen des Judentums sowie in das säkulare Judentum zuordnen. Englische Erklärungen zu dem hebräisch-aramäischen Text, englische Paraphrasen des Textes oder das Verfassen der gesamten Parodie auf Englisch sollen dazu beitragen, die talmudische Tradition gerade auch denjenigen Leser*innen näher zu bringen, die nicht in der Lage sind, eine hebräisch-aramäische Parodie ohne Weiteres zu lesen. Diesem Zielpublikum sollen der Reichtum und die Aktualität der talmudischen Tradition vermittelt und die talmudische Tradition als zentrales Identifikationsmoment in der Gegenwart erfahrbar gemacht werden. Das übergeordnete Ziel der gegenwärtigen Talmudparodien ist damit die (Neu-)Entdeckung des Prätextes selbst. Die gezielte Nutzung der neuen Medien bei der Verbreitung der Texte ist im Kontext der gegenwärtig feststellbaren Popularisierungstendenzen der jüdischen Traditionsliteratur insbesondere innerhalb des US-amerikanischen Judentums zu sehen, die sich u.a. an der Entwicklung neuer halachischer Formate und an dem grundlegenden Wandel des Responsa-Genres26 ebenso zeigen wie an den Weiterentwicklungen des bekannten orthodoxen Daf Yomi-Programms zum Talmudstudium. Diese Entwicklungen stellen u.a. Reaktionen auf Veränderungen innerhalb der US-amerikanischen Religionslandschaft und der zunehmenden Globalisierung religiöser Rechtsdiskurse dar, die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden kann. Nicht zuletzt möchten die Parodisten mit ihren Texten im Rahmen der durch die Tradition vorgegebenen Möglichkeiten aber auch unterhalten und so mit ihren Leser*innen die Freude an der rabbinischen Hermeneutik teilen. Entsprechend stellte Kiss seinem Text als Motto voran: „Über das Lachen sagte ich: sinnlos []מהולל. (Koh 2,2) Lies nicht [ מהוֹﬥﬥsinnlos], sondern [ מהוּﬥﬥgepriesen].“27
26 Vgl. Regina Grundmann, „‚Und der Wähler wähle!‘ Semantiken und Narrative des Entscheidens in Responsa des orthodoxen Judentums im 20. Jahrhundert,“ in Semantiken und Narrative des Entscheidens, ed. Philipp Hoffmann-Rehnitz, Tim Rojek und Susanne Sprekelmeier (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2021), 433-447, hier 445–447. 27 Kiss, Massekhet Prohibition, 3.
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Von Transformationen Königsherrschaft, Priestertum und Prophetie nach Jes 61 in reformierter Auslegung als Perspektive für gemeindliche Aufbrüche Sabine Joy Ihben-Bahl
Dieser dezent auf den Titel eines Aufsatzes des zu Ehrenden hinweisende Beitrag1 greift die in der gemeindlichen Praxis zu beobachtenden, von Gemeindegliedern an ihre Kirche erhobenen Forderungen nach sozialpolitischem Engagement und ethischer Richtungsweisung auf und will sie zugleich bestärken. In vielen Gemeinden, zumindest in den reformierten, in denen sich die hier schreibende Gratulantin bewegt, wird zunehmend die Forderung laut, dass „die“ Kirche wieder „mehr tun“ sollte – und dies meint im Zweifelsfall auch eine stärkere Positionierung in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft, wobei der Fokus oft auf sozialpolitischen oder ökologischen Themen liegt. Ein „Bekenntnis“ wird gefordert und dies entsteht – in bester reformierter Tradition – aus einem Bekenntnisbegehren, das zwar aus drängenden gesellschaftsrelevanten Fragen heraus geboren wird, jedoch viel grundsätzlicher die Frage nach dem guten Zusammenleben des Geschöpfs mit und inmitten der gesamten Schöpfung stellt. Das (Auf-) Begehren geht zuweilen noch immer mit der glaubenden Erkenntnis einher, dass Gottes Wort für diese grundlegende Frage Wahres, da Immer-gütiges zu sagen hat: Verbum Dei manet in aeternum. Der Ruf nach Bekenntnis(sen) bzw. nach einer sich gegen Missstände auflehnenden und damit bekennenden Kirche wird z.B. in Taufgesprächen hörbar. Die Kirche sollte, so erfährt man dann, als Akteurin erkennbar sein, die handelt, sich politisch äußert – ja, prophetisch mahnt, wenn Unrecht in der Gesellschaft in seinen unterschiedlichen Facetten offenkundig werde. Sollte das Taufbegehren von Eltern, die ihr Kind taufen lassen wollen, generell nicht mit „niederen Gründen“, die nichts mit einem tiefergehenden Verständnis der Glaubensgemeinschaft zu tun hätten, abgetan werden,2 zeigt sich z.B. ganz konkret bei der Suche nach dem Taufspruch für das Kind oft ein dezidiert theologisches bzw. theologisch-ethisches Reflexionsvermögen, so dass die Forderung nach einer handelnden Kirche daher zuweilen in dem Taufwort, mit dem sie dem zukünftigen Gemeindeglied ein richtungsweisendes Wort mitgeben wollen, eine Entsprechung findet. In der Konsequenz kann das dann z.B. heißen, 1
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Reinhard Achenbach, „König, Priester und Prophet. Zur Transformation der Konzepte der Herrschaftslegitimation in Jes 61,“ in Tora in der Hebräischen Bibel. Studien zur Redaktionsgeschichte und internen Logik diachroner Transformationen, BZAR 7, ed. Reinhard Achenbach, Martin Arneth und Eckart Otto (Wiesbaden: Harrassowitz, 2007), 196–244. Vgl. Christian Grethlein, „Zur gegenwärtigen Taufpraxis in den evangelischen Kirchen,“ in Taufe, Tdt 5, ed. Markus Öhler (Tübingen: Mohr Siebeck, 2012), 177–208, 185.
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dass Eltern sich nicht davor scheuen, ihrem Kind Verse mit ethischer Zuspitzung – u.a. in Form paulinischer oder johanneischer Paränesen – mitgeben zu wollen.3 Der dem Zuspruch inhärente Anspruch darf innerhalb der emotional gefestigten Grundüberzeugung der bedingungslosen Annahme des Kindes, in der ein Theologe eine rechtfertigungstheologische Grundwahrheit entdecken kann, durchaus wieder laut werden und der Taufspruch gerne zum ethischen Handeln auffordern – so dass die vor Fußverletzungen schützenden Engel im Taufspruch-Ranking zuweilen einen Schritt zurücktreten. Konkrete Tat wird also angemahnt bzw. der Bau an einem Raum Kirche, von dem Gerechtigkeit ausstrahlt und der auf einem ethischen Fundament gründet, das zuweilen auch die großen biblischen Propheten gießen dürfen. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn die Kirche auf Synoden etc. bezüglich ihrer angestrebten Transformationsprozesse in irgendeiner Form mit ihrem „Wächteramt“ argumentiert. Diese Form von kirchlicher Selbstprädikation kommt damit der „ursprünglichen“ Prophetie recht nahe, d.h. den Prophetengestalten, die nie die Geschichte überblicken konnten, geschweige denn wollten, doch sich stets als sozial-politisches oder auch religiös-politisches Korrektiv betätigt und Entscheidungen der Regierungen im Horizont ihres Gottesbildes hinterfragt und auch verurteilt haben. Ihre Worte wurden in den Fortschreibungsprozessen4 schriftgelehrter Kreise diskutiert und in einer Weise aktualisiert, dass sie überhaupt erst zur immerwährenden Wahrheit eines nie endenden Auftrags – sprich: Prophetie – werden konnten.5 Ein stärkeres „Bekenntnis“ wird also eingefordert und gerade in Gemeinden reformierter Prägung können Prämissen der eigenen Tradition freigelegt werden, die diesem Bedürfnis entsprechen: Auch reformiertes Bekennen will immer-gültige Wahrheiten aktualisieren. Konfessionell ist daher ein Grundstein gelegt, auf dem immer wieder aufgebaut werden kann – nicht zuletzt auch durch die theologischen Reflexionen bezüglich des königlichen, priesterlichen und prophetischen Amts innerhalb der Lehre des dreifachen Amts Christi, das in der Reformationszeit insbesondere von Johannes Calvin in einer Weise ekklesiologisch ausgearbeitet wurde, dass es noch heute richtungsweisend sein kann: Vom Amt Christi führt der Weg notwendig zum Auftrag der Christ*innen, oder: Es wird notwendig Folgen für die Gemeinde haben, wenn einer auftritt, der den Geist Gottes hat, da er mit diesem gesalbt ist; wenn einer den Raum bereitet, den die anderen zum Heilsraum ausgestalten können. Dieser Gedanke soll nun begründet werden, indem zunächst die ursprüngliche Bezugsgröße in den Blick genommen wird, d.h. die drei zentralen alttestamentlichen Ämter und zwar in der sie vereinenden Gestalt, wie sie sich in Jesaja 61 findet, und von der die
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Dies ist die Erfahrung der Verfasserin des Beitrags, die sich auch im Gespräch mit anderen Liturg*innen bestätigte. Zum Begriff und zur Bedeutung der Fortschreibung für den theologischen Diskurs, vgl. u.a. Wolfgang Lau, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56–66. Eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten elf Kapiteln des Jesajabuches, BZAW 225 (Berlin: de Gruyter, 1994), 9–10. Vgl. Jörg Jeremias, „Das Rätsel der Schriftprophetie,“ ZAW 125 (2013): 93–117, 106–107 (H.i.O.): „Alle Prophetenbücher kommen schon von der Erfüllung der prophetischen Gottesworte her. Sie müssen daher – zumindest grundsätzlich – um die in ihnen verbürgte Wahrheit nicht mehr kämpfen; sie ist vielmehr Voraussetzung der Absicht, die Botschaft eines Propheten als Ganzheit zu dokumentieren.“ S. 1.2 in diesem Beitrag.
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reformatorische Theologie ihren Ausgangspunkt nimmt.6 In einem nächsten Schritt soll Jes 61 ins Gespräch mit dessen Auslegung durch Johannes Calvin gebracht werden, der das Kapitel im Horizont einer Soteriologie auslegt, die zwar Christi Ämter im Hintergrund jeder erlösenden Befreiungserfahrung erkennt, und dennoch versucht, Prophet und (Schrift-) Prophetie – u.a. in fast historisch-kritisch anmutender Textanalyse – gerecht zu werden. Die „Transformationen“, die die „gesalbten Ämter“ in Jes 61 erfahren haben, können in Verknüpfung mit der Auslegung durch den Reformator – so die These dieses Beitrags – bedeutsam werden, wenn „Kirche“ sich reformieren oder transformieren will.
1. Jes 61 – Wer ist er? 1.1 Die Fragestellung Wer der Gesalbte aus Jes 61 ist, fragt sich die alttestamentliche Forschung immer wieder und in der Tat kommen einige in Frage, wenn die bedeutenden, heilsbringenden Gestalten betrachtet werden, die im gesamten Buch Jesaja auftreten: Frau Zion, der/die Gottesknecht(e), davidischer Spross, Kyros – alle erscheinen zunächst als respektable Kandidat*innen für die Person, die hier von ihrem Auftrag spricht. Dieser ist vielfältig: Der Geist-Begabte verkündigt die frohe Botschaft, er heilt, verkündigt Gefangenen Freiheit, löst „Gebundene“ und tröstet. Das Stellenprofil des Gesalbten ist so umfangreich, dass Skepsis geboten ist, das Amt auf einen einzelnen der genannten Kandidaten leichtfertig übertragen zu wollen – zumindest wird ihnen dieses komplexe Aufgabenfeld ansonsten nicht zugeschrieben. Doch auch wenn von den dezidiert jesajanischen Anwärter*innen abgesehen und vom „traditionellen“ Salbungsamt ausgegangen wird, ist es problematisch, eines auszumachen, da hier jedem einzelnen Amt schlichtweg zu viel aufgebürdet wird: Der König kann in der Tat die Befreiung Gefangener veranlassen,7 doch trösten – das ist Sache des Priesters; das „Verbinden der Herzen“ ist eine genuin priesterliche und schwerlich königliche oder prophetische Aufgabe8 und man wird keinen Propheten finden, der gesalbt ist.9 Ämtergrenzen werden offensichtlich verwischt und Ämterfunktionen miteinander vermischt – bzw. vielleicht werden sie auch „transformiert“: Der These Reinhard Achenbachs zufolge wird hier von einem Amt gesprochen, das die einzelnen Ämterbeschreibungen übersteigt und dadurch erst kreiert wird; das eine ganz neue Herrschaftsform verheißt oder womöglich auch vorschlägt: Da ist die Hoffnung, dass sich jetzt, (lange) nach dem Exil und im Aufbau des neuen Zusammenlebens eine Herrschaftsform etabliert, für die diese Gestalt einsteht. Sie könnte als Priesterkönig mit prophetischen Anteilen10 beschrieben werden, so dass Jes 61 womöglich einen Legitimationstext für das Hohepriesteramt11 bzw. für jemanden darstellt, „der gewisse Elemente der königlichen 6 Vgl. zum Triplex munus Christi innerhalb der reformierten Tradition Matthias Freudenberg, Reformierte Theologie: Eine Einführung (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2011), 171–186. 7 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 200. 8 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 223–224, der hierin den Zuspruch der Vergebung und die Aufgabe des Priesters in seiner Fürbitte erkennt. 9 Auch bei Elisa ist das anders, vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 202. 10 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 243. 11 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 244.
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Herrschaftsprivilegien im Rahmen der Selbstbestimmung der jüdischen Religionsgemeinschaft des Zweiten Tempels zur Darstellung bringen konnte […].“12 Doch was genau soll der prophetisch redende Priesterkönig durchsetzen, was keinem anderen Gesalbten möglich ist?
1.2 Die Frage nach einer tragenden Gerechtigkeit als Kulminationspunkt von Jes 60–62 im Horizont des gesamten Jesajabuchs Ob der Gesalbte aus Jes 61 nun als ein Amtsinhaber verstanden werden kann, den es geben sollte oder zumindest könnte, inwieweit er mit der Gruppe verschmolzen ist, die er repräsentiert – der Gesalbte und daher Geist-Begabte ist unbenommen einer, der verschiedene Funktionen in sich vereinen muss, da er für eine Gerechtigkeit einsteht, die frühere Vorstellungen von Gerechtigkeit übersteigt, indem sie in jener miteinander kombiniert, synthetisiert und dadurch transformiert werden. Um diese These zu erläutern, soll zunächst ein kurzer und – aus der Sicht des Geehrten – sicherlich grober Blick auf die gegenwärtige Jesajaforschung geworfen werden. Beuken und Berges bündeln das Grundinteresse der Jesajaforschung darin, dass die Betrachtung des Gesamtentwurfs im Zentrum stünde, so dass es längst nicht mehr um einzelne historische Prophetengestalten gehe, sondern das prophetische Buch als ein Werk gelten darf, das sich insbesondere in den Kapiteln 40–66 als schriftgelehrte Prophetie par excellence präsentiert.13 Statt einer klaren und mit Propheten oder Prophetenkreisen verbundenen Unterscheidung von Proto-, Deutero- und Tritojesaja ist daher von Phasen innerhalb dieser „Schreibtischprophetie“ auszugehen,14 wobei die grundsätzliche Unterteilung von drei Abschnitten 1–39, 40–55 und 56–66 noch immer in vielen Konzeptionen eine große Rolle spielt. Das Kapitel 61 kann nun innerhalb eines zusammengehörigen Abschnitts 60–62 verortet werden, der mit Steck plausibel als Fortschreibung von Jes *40–55 und damit wiederum als ältester Teil von 56–66 ausgemacht werden kann,15 der zwischen 515 und 445 v. Chr. und
12 Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 208. 13 Als Werk schriftgelehrter Prophetie ist es Ausdruck und Ergebnis differenziert geführter theologischer Diskurse, die dadurch überhaupt erst zur Prophetie im Sinne der Gewährung wahrer und ewig gültiger Worte in schriftlicher Form wurden. Vgl. Ulrich Berges und Willem A. M. Beuken, Das Buch Jesaja. Eine Einführung (Göttingen: UTB, 2016), 9–17. Das (neue) Verständnis für das Gesamtwerk führt nach Beuken und Berges auch dazu, dass in methodischer Hinsicht die „[d]ie einst so hitzig geführte Debatte um die Vorherrschaft synchroner und diachroner Methoden […] der Einsicht gewichen [ist], dass beide Ansätze ihre Berechtigung in den biblischen Büchern selbst haben.“ Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 10. Vgl. auch Lau, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56–66, 4–8. S. erneut Anm. 5. 14 Lau, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56–66, 12. 15 Steck zufolge gehört 61 zum Komplex Jes *40–55.60–62 als der erste Fortschreibungsteil, der den Anfang des Corpus propheticum bildet. Vgl. Odil Hannes Steck, Der Abschluß der Prophetie im Alten Testament. Ein Versuch zur Frage der Vorgeschichte des Kanons, BThSt 17 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1991), 80. S. zu seiner Theorie der drei Fortschreibungsphasen, Steck, Der Abschluß der Prophetie im Alten Testament, 25–30.
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damit nach der Einweihung des Zweiten Tempels und vor dem Bau der Stadtmauer zu datieren ist.16 Innerhalb des gesamten Buchs zeichne sich der Gesamtkomplex Jes 40–66 als schriftgelehrte Prophetie dadurch aus, dass eine Vielfalt komplexer theologischer Themen und prophetischer Traditionen tiefgehend reflektiert worden ist: Schöpfung, Väter, Exodus, Jeremia oder „deuteronomische Worttheologie“ fänden sich hier ebenso wie „Jerusalemer Topoi“ (etwa David und Zion17), „die priesterschriftliche Verknüpfung von Schöpfung und Geschichte“ und eine Psalmentradition, die Zion als ihr Zentrum kennt.18 Traditionelle Theologumena wurden über einen langen exilisch-nachexilischen Zeitraum reflektiert, was oft zu tiefgreifender Kritik derselben geführt hat: So wird die frühere Theologie der Zionspsalmen in der Weise aufgenommen, dass die mit Zion verbundene Heilsgewissheit nunmehr abgelehnt wird: Es gibt keinen Heilsautomatismus, auch kein durch einen bestimmten Ort garantiertes Heil, sofern diejenigen, die sich nach Zion aufmachen, nicht Gerechtigkeit üben. Gerade in den Kapiteln 60–62, in deren Mitte sich auch unser Gesalbter vorstellt, wird die Zionstheologie in einer Weise verarbeitet, dass eine unauflösbare Interdependenz von Zion und Gerechtigkeit19 behauptet und mit dieser zugleich eine Gerechtigkeitskonzeption vorgestellt wird, die alle früheren Konzeptionen, die sich in ihren unterschiedlichen Dimensionen im Jesajabuch selbst finden, hinter sich lässt und damit eine endlich tragende Gerechtigkeit begründet. John N. Oswalt zufolge kann das gesamte Jesajabuch u.a. über die Frage nach dieser „righteousness“ erklärt werden: thematisiere 1–39 zuvorderst die menschliche und 40–55 die Gerechtigkeit Gottes, enthalte 56–66 einen Gerechtigkeitsbegriff, der als „synthesis“ der ersten beiden verstanden werden könne.20 Im Einzelnen: Die Frage menschlicher Gerechtigkeit, die in 1–39 dezidiert eingefordert wird, wird ab Jes 40 verlassen, so dass Gottes Gerechtigkeit in den Fokus rückt: Gerechtigkeit könne als dessen Eigenschaft als befreiender Gott betrachtet werden und repräsentiert zugleich einen Gerechtigkeitsbegriff, der immer ein „Mehr“ impliziert, da Gerechtigkeit sich als grace darstellt, wie es sich am Bundesgedanken bewahrheitet: Würde ein Bundespartner den Bund brechen, dürfe man ihn auflösen – das tue Gott aber gerade nicht, so dass Gerechtigkeit innerhalb der bundestheologischen Verheißung hier mit Errettung gleichzusetzen sei.21 Die zwei unterschiedlichen Gerechtigkeitsformen werden in einem letzten Schritt miteinander verbunden, so dass eine Gerechtigkeit erscheint, die Menschen im Lichte der Gerechtigkeit Gottes ausüben: Gerechtigkeit zu üben offenbart Gottes Gerechtigkeit, die anwesend ist22 und Jes 60–62 kann diesen Zustand als Herrlichkeit Zions plausibilisieren.23 Zion wird reich – der Reichtum besteht in „Frieden“ und 16 Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, die sich auch bei der Datierung an Steck ausrichten, 23 u. 204–205. 17 Was das „Hauptthema“ von Jes 55–66 sei, vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 45, und hier bedeutsam wird. S. bes. 1.3. 18 Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 16–17. 19 Vgl. u.a. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 23.205.207 u. 211. 20 Vgl. John N. Oswalt, „Isaiah 60–62. The Glory of the Lord,“ CTJ 40 (2005): 95–103, 97. 21 Mit „deliverance“, vgl. Oswalt, „Isaiah 60–62,“ 97. 22 Vgl. Oswalt, „Isaiah 60–62,“ 97–98 . Die Synthese und damit die Lösung für die beiden Gerechtigkeitskonzepte findet sich für Oswalt in Jes 56,1 formuliert. Vgl. ebd. 23 So ist m.E. die Intention von Oswalts Beitrag zu deuten. Seine Entdeckungen bezüglich des theologisch begründeten chiastischen Stils von Jes 56–66, womit er auch die Zentralstellung von Jes 60–62 aufweisen will, kann hier leider nicht ausgeführt werden. Vgl. Oswalt, „Isaiah 60–62,“ 98–103.
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„Gerechtigkeit“, die hier von JHWH gesetzt werden und die jeden materiellen Reichtum, den die Völker nach Zion tragen könnten, übersteigen.24 Zion ist die lichtdurchflutete Stadt (Jes 60), in der Gerechtigkeit herrscht, da Gott diese begründet. Dass es jedoch hell ist und bleibt und auf die Nationen ausstrahlt, obliegt zugleich denjenigen, die für Gerechtigkeit einstehen werden, d.h. den „Eichen der Gerechtigkeit“ (v3), die dann auch „Priester-des-HERRN“ (Jes 61,6) genannt werden können.25 Es geht also um eine neue und vielversprechende Gerechtigkeitsform, über die sich nun auch unser Geistbegabter besser verstehen lässt, der sich in der Tat nicht leichtfertig als eine im Jesajabuch auftretende Person zu erkennen gibt, sondern als eine Gestalt, die diese Gerechtigkeit in ihren unterschiedlichen Dimensionen verkörpert.
1.3 Königlicher, priesterlicher und prophetischer Anteil an der neuen Gerechtigkeit Es scheint sich als eine Kernbotschaft von Jes 60–62 im größeren Zusammenhang der Theologie der letzten Fortschreibungsphase des Jesajabuchs herauszukristallisieren, dass Gerechtigkeit als menschliche Verpflichtung gegenüber einer Gott-gewollten und durch ihn erst begründeten Gerechtigkeit verstanden werden kann. Diese muss ausgeübt werden, wenn es Zukunft für und auf und mit Zion geben soll. Damit ist jedoch immer noch nicht verständlich, warum das im prophetischen Reden Kundgetane auch königliche und priesterliche Elemente beinhalten bzw. warum es die Synthese der gesalbten Ämter geben muss, die jedes einzelne von ihnen übersteigt. Um hier klarer zu sehen, soll das Königsamt in jesajanischer Theologie intensiver betrachtet werden, welches auch exemplarisch für die Transformationsprozesse der anderen Ämter steht.26 Gerechtigkeit zu üben ist dezidiert Aufgabe des Königs und tatsächlich erweist sich der in Jes 61 Sprechende als König,27 wie an einigen der genannten Aufgaben ersichtlich wird. Doch die Durchsetzung von Gerechtigkeit in der Form, wie ein irdischer König sie leisten kann, reicht nicht aus, um ein Leben unter dem Vorzeichen einer solchen Gerechtigkeit zu leben, die wahre Gerechtigkeit ist. – Das ist eine (Zions-)theologische Konsequenz der nachexilischen Zeit. Damit übt dieser König zugleich Kritik an früheren Herrschaftsformen und „transformiert“ diese. Es braucht das personifizierte Königliche – oder einfacher: einen König –, der sich überhaupt nur deshalb mit Gerechtigkeit kleiden kann, da ein anderer König vorausgeht: Die Königsherrschaft Gottes ist ein zentraler Topos jenes Kapitels, der wiederum auf das gesamte Jesajabuch verweist: Da ist ein Königtum Gottes im Blick, wie es auch zum Reichsgott Assur gehört, das jedoch von JHWH als König übertroffen wird, insofern dieser König König über die gesamte Schöpfung und die ganze Geschichte ist.28 Er ist der König, 24 Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 205–206, hier auf Jes 60 bezogen. 25 Vgl. Oswalt, „Isaiah 60–62,“ 102: „God will have restored glory to his people because he wants to display his ethical character in them. God will display this righteousness in his people before all the nations.“ Ebd. 26 Und die hier nicht genauer beleuchtet werden können. 27 Im Blick auf die Rede vom Königtum bzw. Gott als König wird notwendig auch hier der Blick auf das ganze Jesajabuch geweitet. Der Begriff fällt hier nämlich nicht einmal dezidiert. 28 Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 37–38.
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der Gerechtigkeit durchsetzt, indem er gerechtes Handeln und zwar im Sinne eines sozialethischen Wandels fordert, in der die soziale Anerkennung des Anderen ein zentraler Aspekt ist. Die in Jes 61,1 erwähnten Elenden ענויםmüssen endlich Recht erfahren, indem ihre durch die nachexilische Situation bestimmte soziale Benachteiligung beendet wird – insbesondere die zu einem großen gesellschaftlichen Problem gewordene Schuldsklaverei.29 Eine Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit, wie sie mit dem Sprecher aus Jes 61 auftritt, wird dann, so die heilsversprechende Perspektive, letztlich auch die Annahme der Gerechtigkeitskonzeption durch die Völker zufolge haben, die sich ja deshalb überhaupt zur lichterfüllten Stadt aufmachen, in der Gott Wohnung genommen hat – bzw. ständig nimmt.30 Die nachexilische Gemeinde, die von einem König JHWH regiert wird, darf durchaus Gottes Herrlichkeit erwarten, wenn sie den „Imperativ des gerechten Handelns“ ausführt.31 Die Armut muss angegangen werden, damit letztlich „[d]em Exodus aus der Fremde […] eine Befreiung aus wirtschaftlicher Unterdrückung folgen [kann]“.32 Es braucht das Königliche im Königtum Gottes – aber nicht weniger das Priesterliche: Neben Gerechtigkeit und Heil sei die „Sorge um einen gottgefälligen Kult“ zentral33 und so nennt der Sprecher aus Jes 61 zusammen mit dem Amtsgeschäft des Königs auch priesterliche Funktionen sein eigen – das Heilen der gebrochenen Herzen (62,1) als „Wiederherstellung des Selbstbewusstseins“ z.B. –34 und legt den Kopfschmuck „nach Priesterart“ (61,10 ZB) an, wenn er sich gewandet. Überhaupt ist die Beschreibung der Investitur, die laut Achenbach starke Parallelen zur mesopotamischen aufweise, letztlich Symbol der „Verwirklichung der göttlichen Gerechtigkeit“35: „Der Rechtsakt v1–3, der in der Ausstattung der in ihre Rechte neu eingesetzten ehemals Gedemütigten mit neuen Gewändern kulminiert (v3), findet in dem Symbol des Gewandes des Verkünders als Würdesymbol zur Inwerksetzung der Gerechtigkeit (v. 10–11) seine Entsprechung.“36 Der Priesterkönig, der – trotz mangelnder Prophetenmerkmale –37 prophetisch redet, indem er Heil verkündet und dies zugleich an sozialethische Forderungen bindet, die zum Programm der Durchsetzung der göttlichen Gerechtigkeit gehören, ist also angemessen gekleidet und damit vor den geistigen Augen derjenigen erkennbar, die hier angesprochen werden. Die Angesprochenen wiederum sind nicht von der Gestalt zu trennen: Der gesalbte Geist-Begabte aus Jes 61 legt den Grund dafür, dass sie eine Identität annehmen können, zu der maßgeblich die Ausübung (sozialer) Gerechtigkeit gehört, so dass dies in ihren Aufgabenbereich als 29 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 225–226, mit Bezug auf Neh 5,2–5. 30 Vgl. auch Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 205–206. 31 Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 41. Hier zeigt sich die kritische Auseinandersetzung mit der Jerusalemer Elite. Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 40. 32 Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 208. 33 Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 210–211. Hier wird auch Jes 62 bzw. die Verknüpfung von 61 und 62 über 61,10–11. einbezogen. Vgl. ebd. S. Sandra Labouvie, Gottesknecht und neuer David. Der Heilsmittler für Zion und seine Frohbotschaft nach Jesaja 60–62, FB 129 (Würzburg: Echter Verlag, 2013), 325. 34 Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 237. 35 Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 197. 36 Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 197. 37 So sind keine Prophetenspruchformeln erkennbar. Vgl. Andrea Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt. Exegese und Theologie von Jes 60–62, BBB 175 (Göttingen: V&R uni-press, 2015), 199.
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„Priester-des-HERRN“ fallen wird38 und mit vv10f ist nun die „Zionsgemeinde der Gerechten“ im Fokus: Die Gestalt Zion kündet in der Nachfolge des Knechts die Heilswende nicht nur an, vielmehr personifizieren die Gerechten auf dem Zion die Ankunft des Heils. Anders gesagt: ohne die konkrete Befreiung aus wirtschaftlichen Nöten der nachexilischen Zeit wird das Licht nicht über dem Zion aufgehen, wird es kein Priestertum des Gottesvolkes inmitten der Völker geben!39 Die Gestalt aus Jes 61 mit ihrer „Fülle von Referenzen“40 steht womöglich auch für die Legitimation nachexilischer Priesterschaft, aber für eines steht sie in jedem Fall: für soziale Gerechtigkeit und Engagement für dieselbe, da sie letztlich Ausdruck der göttlichen Gerechtigkeit ist und auf diese Weise Gott auf Zion seinen Platz finden und Zion selbst hell strahlen lässt. Sie steht für eine Gegenwart, in der die sozialen Abgründe in der Mitte des 5. Jahrhunderts angegangen werden sollten, damit eine Zukunft möglich ist, die von Heil erfüllt ist. Dem kann nur mit Dank und Lob (61,10) angemessen begegnet werden, mit einem Lobgesang, der irgendwann auf „alles“ Fleisch ausstrahlen wird.41 Für Andrea Spans, die, wie zuvor Steck, den – aus soteriologischer Perspektive – multitalentierten Sprecher als eine Sprecherin identifiziert, d.h. als „Stadtfrau Zion“ (Jes 60), die als Königin etc. aktiv wird,42 wird diese grundlegende Botschaft, die ausgehend von Jes 60,17–2243 und 61 im Zentrum von Jes 60–62 und letztlich im größeren Horizont des Jesajabuchs ab dem 40. Kapitel steht, durch das spielerische Changieren zwischen dem Ort Zion und der Stadtfrau Zion, d.h. Gelände und Gestalt ausgestaltet: Erst über das ausgebaute Wechselverhältnis von Gelände und Gestalt passt zusammen, was sonst nur unverbundene 38 Sie sind „Priester-des-HERRN“ (v6), wenn oder vielmehr, weil sie Gerechtigkeit üben. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 208–209. 39 Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 210, bei ihnen eben in Fortsetzung des Gottesknechts, der zuvor für das Volk Israel stand, vgl. ebd. Die Wächter aus Jes 62, die vielleicht an das vorstaatliche Amt des Mazkir erinnern sollen, verstehen sich dann womöglich als diejenigen, die das „sozialethische[] Programm“ „als vom König JHWH Beauftragte“ durchsetzen wollen. Vgl. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 213. Und mit Spans: Die Gesalbte hat „Gestaltungshoheit“, gründet damit aber eine „Gesellschaftsordnung, die die Fremden als Teil einer sozialen Hierarchie ausweist, an deren Spitze aber die Adressaten als Priester Jhwhs stehen.“ Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 251. 40 Die „Produkt schriftgelehrter Arbeit“ sind, Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 209. 41 Für Oswalt ist 60–62 nicht nur Höhepunkt des Buches, sondern Höhepunkt der Geschichte „when God’s saving purposes will have finally been realized and ‚all flesh will come and worship before me‘ (66:22).“ Oswalt, „Isaiah 60–62,“ 103. 42 Vgl. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 216. Über die Zuordnung muss hier kein Urteil gefällt werden. Achenbach findet sie problematisch und widerlegt sie in mehreren Schritten. Vgl. Achenbach, „König, Priester und Prophet,“ 203–207. 43 Jes 60,17–22 sei ihr zufolge nicht nötig für Jes 60,1–16, aber eben für Jes 61: Es gehe um die „Verfasstheit der Gesellschaft in Zion“, die aufgenommen werde; die Verfasstheit, die „in Jes 61 anhand einer Selbstdarstellung der Stadtfrau und als sozialethische Agenda breit entfaltet wird.“ Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 279. Gegen Steck, auf deren Konzeption sie grundsätzlich aufbaut, sei 60,17–22 unbedingt notwendig, um den „Übergang vom sich im Außenraum der Stadt konstituierenden Heilsgelände zur Gestaltung des Gemeinwesens im Binnenraum zu bewerkstelligen“. Ebd.
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utopische Vorstellungen wären: Zionsgemeinde und Völkerwallfahrt, Kult und kultkritische Kulttransformation, Gerechte und Gerechtigkeit.44 Letztlich findet sich das alles an einem Ort, der eben kein „Nicht-Ort“ ist,45 da die Gerechten ihn mit Gerechtigkeit formen. Gelände und Gestalt lassen auf diese Weise die notwendige Zusammengehörigkeit von Innen und Außen verstehen, in der sozialpolitische Veränderungen und eine gerechte Gesellschaftsordnung als realisierbar erscheinen: Die Bewegung vollzieht sich von einer äußeren Befreiung aus der Schuldknechtschaft zu einem damit verbundenen Statuswechsel auch in der inneren Verfassung; sie vollzieht sich in einer befreiten Gemeinde der Armen und Gebrochenen, die deshalb kein inner circle bleiben, sondern die Gerechtigkeit, die ihnen zuteilwird, auf die Völker ausstrahlen.46 Es ist ein Unternehmen, das innerhalb seiner Prophetie Königtum und Priestertum verheißt, gerade weil sie zugleich kritisches Korrektiv von früherem Königtum und Priestertum ist. Für dieses komplexe Unternehmen braucht es bereits aus literarischen Gründen den Vielseitigen bzw. die Vielseitigen: den Gesalbten als König, Priester und Propheten und die Gemeinde, die dafür einstehen wird und die daher ebenso an den Attributen Anteil hat und sie verkörpert. Dieses Unternehmen kann Johannes Calvin nur begrüßen.
2. Der gesalbte Geistträger in der Auslegung Johannes Calvins 2.1 Von der Frohbotschaft für die Heimgesuchten „[D]aß Jesaja ganz eigentlich vom Evangelium redet“47, ist für Johannes Calvin unmissverständlich deutlich, wenn er Jes 61 kommentiert. Hier werde Gottes Gesetz offenbar, zeige damit die Grenzen für die „übermütigen“48 auf, was es zugleich zum Evangelium für die werden lässt, die wissen, dass sie nichts haben. Sie sind es, „die […] Mut von neuem fassen [sollen] und sich emporzurichten lernen“49: Es sind die Armen – Calvin möchte eher mit „Heimgesuchte“ als „Sanftmütige“ übersetzen –50, die zugleich um ihre Armut wissen und „die in ihrem völligen Verlassen- und Verstoßensein auch vor sich selber arm sind“.51 Hat
44 Vgl. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 220. Zur notwendigen Wechselwirkung von innerer Verfasstheit und äußerer Gestaltung für eine gesellschaftliche Revolution, die Spans in dem Spiel von Gelände und Gestalt erkennt, s. folgende Beobachtungen: Einmal ist es der Schmuck des Geländes (60), ein anderes Mal der Kopfschmuck der Menschen (61), Umwälzung wird einmal an der Stadt, die nicht mehr leer ist (60) gezeigt, und dann am Menschen selbst, „an Leib und Seele“ (61); 61 spricht von „Priestern JHWHs“, was die Zion-JHWH-Beziehung ausdrückt, in 60 geht es um die Stadt und ihr Verhältnis zu JHWH, vgl. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 205. 45 Vgl. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 204. 46 Zum Verhältnis von Binnenraum und Außenraum, innerer Verfasstheit und – durch das gerechte Zusammenleben – anziehender Außenwirkung der sozialpolitischen Agenda in Jes 60–62 in Spans Konzeption, vgl. insgesamt Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 199–228. 47 Johannes Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 2. Hälfte, Auslegung der Heiligen Schrift, Bd. 7 (übersetzt von Wilhelm Boudriot; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1949), 538. 48 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538. 49 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538. 50 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538. 51 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538.
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die Beschreibung der inneren Armut bei Calvin als Teil seiner rechtfertigungstheologischen Auslegung den selbstzerknirschenden Charakter der Selbsterkenntnis des vor Gott Schuldiggewordenen im Hintergrund, spricht er damit dennoch einen Aspekt an, den auch die heutige Jesaja-Exegese betont: Die Botschaft richte sich an die, die nicht nur wirtschaftlich arm sind, sondern sich auch arm fühlen. Es geht aber auch um eine Armut i.S. einer Demut gegenüber Gott, ein Wissen um den Stand vor Gott des Wesens, das endlich ist und schuldig werden kann und wurde.52 Ein bedeutendes Element von Jes 61 gilt daher dem Statuswechsel (s.o.), den auch Calvin in seiner Auslegung immer wieder hervorhebt. Auch hat er ein Gespür für die literarische Gestaltung von diesem „ganzheitlichen“ Statuswechsel, der in einem nächsten Schritt eine ganze Gesellschaft verändern kann: So hebt Calvin bei der Auslegung von Jes 61,3 das Wortspiel von „Zier“ und „Asche“ ( )פאר תחת אפרhervor, da durch diese kluge „Buchstabenvernetzung“ eindrücklich der Wandel angezeigt werde.53 Anhand der Reflexion über die ענויםkann Calvin also das, was der Gesalbte mitbringt, uneingeschränkt als Evangelium verstehen: Die Verheißung von Freiheit bestätigt den Charakter der frohen Botschaft, denn – so Calvins prägnante Zusammenfassung der christlichen Botschaft – „Christi Gnadentat“ mache doch die Armen und Gefangenen frei und Freiheit werde als Evangelium bekannt!54 Bei der Auslegung von Jes 61 hat Calvin stets die Gemeinde im Fokus. Hier, wie auch in Jes 60 werde die „Wiederbringung der Gemeinde“55, ihre Aufrichtung und Ausbreitung verheißen. Grundsätzlich verortet Calvin diese Hoffnungsperspektive in „Christi geistliche[m] Reich“, denn eine Gegenwart, in der das Heil in dieser Abgeschlossenheit zugegen sei, kann ihm zufolge nicht gemeint sein, habe es doch nie eine Zeit gegeben, in der es den Juden in der beschriebenen Weise gut ergangen wäre.56 Dennoch werde für die in Jes 61 Angesprochenen etwas kundgetan, das damals galt, aber nicht weniger der christlichen Gemeinde heute gelte: Es gibt Trost. „Man soll ganz sicher sein: es kommt so!“57 Trost gibt es für die Gemeinde, da eine Heilszusage eingelöst ist, die sich auch für die Angesprochenen in Jes 60f findet: Die Gemeinde wird Bestand haben. Dasselbe, was hier den Juden gesagt werde, geht auch uns an: „Nämlich, wir mögen noch so schmal und wenig sein und scheinbar schon dem Untergang verfallen, so kann mitnichten die Gemeinde darum untergehen, nein, muß sich gewaltig mehren und ausbreiten.“58
52 Vgl. Labouvie, Gottesknecht und neuer David, 147–148. Auch Lau erkennt eine doppelte Bedeutung des Armseins: die Gruppe der „Jahwetreuen“, die „geistig“ arm sind, und i.S. der sozialen Armut. Vgl. Lau, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56–66, 73–74. Dennoch sollte die innere Verfasstheit nicht nur auf geistige Armut bezogen und damit übersehen werden, dass es auch um das äußere, aber eben auch innere Leid durch Schuldknechtschaft geht. Vgl. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 218. Oder anders gesagt: Schuldknechtschaft zerbricht auch die Herzen. 53 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 540. 54 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538. 55 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537. 56 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 517. 57 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 540. 58 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 535.
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2.2 Und der Gesalbte? Kommt Calvin auf die Gestalt in Jes 61 zu sprechen, ist hervorzuheben, wie er sich trotz der christologischen Perspektive einen „historisch-exegetischen Blick“ aneignet und in gewisser Weise bewahrt: Für ihn hat die Passage zum „Geist des Herrn“ in Jes 61,1 – nicht wie für andere Ausleger, die hier aufgrund von Lk 4,17ff sofort Christus als Sprecher identifizieren würden –, zunächst einfach eine Art Scharnierfunktion hinsichtlich der thematischen Verknüpfung der Kapitel 60 und 61: Der Satz sei als eine Art „Siegel“ zu verstehen, der das „Vorherige bestätige“ – und zwar „die Wiederbringung der Gemeinde“.59 Der Sprecher der ersten Verse von Jes 61 muss deshalb nicht Christus selbst sein, denn, auch wenn es letztlich auf ihn zuläuft, konstatiert Calvin: „Doch dem widerspricht nicht, daß dieser Ausspruch auch auf die anderen Propheten paßt“.60 Der, der so spricht, tut dies in einer Weise wie auch andere Propheten Gottes: „Sie haben ja doch nicht im eigenen, privaten Namen geredet, wenn sie diese Vollmacht für sich in Anspruch nahmen, und haben ganz vor allem auf Christi Amt vorausgewiesen, dessen Sache ist, dergleichen nicht nur zu verkünden, sondern auch zu erfüllen.“61 Christus sei „sämtlicher Propheten Haupt“, die Propheten seien zusammen mit den Aposteln davon abgeleitet und jeder habe „seine Sonderaufgabe in Verkündung seiner Gnadentaten“.62 Der Reformator macht es sich also tatsächlich nicht weniger leicht als heutige Exeget*innen, wenn sie dem Sprechenden eine konkrete Person zuordnen. Auch der Priester, der sich im Sprecher zu Wort meldet, wird von Calvin nicht sofort mit Christus identifiziert. Hier ist der reformatorische Exeget erneut vorsichtig: Wenn er 61,10 bedenkt, so steht bei ihm der „Mantel“ als Symbol des unauflösbaren Zusammenhangs von Heil und Gerechtigkeit im Vordergrund,63 wogegen ein „Verweis auf Christi Hohepriestertum“ nicht zu finden sei – das wäre hier gar nicht so „tiefsinnig“ gedacht.64 Im Zentrum stehe vielmehr die Brautmetaphorik, mit der die „erneute gnadenhafte Annahme“ des Volkes durch den „Ehemann“ wie in Hos in den Blick genommen werde, wobei sich die endgültige Annahme der Gläubigen aber erst mit Christi Wiederkunft vollziehe.65 Unmissverständlich geht es nach Calvin also um die „Wiederbringung der Gemeinde“. Diese ist allerdings innerhalb der Theologie Calvins nicht zu verstehen, wenn die göttliche Gerechtigkeit und – nicht minder – das Engagement für dieselbe außer Acht gelassen werden. Dass es um göttliche Gerechtigkeit in all ihren Dimensionen geht, zeige auch die Erwähnung des „Tages der Rache“ (61,2), denn Calvin zufolge kann Gott nur retten, wenn er sich als „gerechter Richter“ offenbart, der Gerechtigkeit gegenüber „den Gottlosen“ übt, so wie die
59 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537–538. Zu Christus als Sprecher vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 536–537. 60 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537. 61 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537. 62 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537. 63 Calvins Betonung erhält durch die gegenwärtige Exegese neue Strahlkraft: S. Achenbachs Überlegungen zu den soteriologischen Aspekten des „Mantels“ als Teil der „transzendenten Symbolik“ (mit Blick auf Jes 59,17) und als Priestergewand, Ders., „König, Priester und Prophet,“ 236. 64 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 547 zur Aussage „er hat mich geschmückt“: „und deshalb philosophieren hier manche über Christi Hohepriestertum“, aber ihm zufolge sei „des Propheten Rede nicht so tiefsinnig“. 65 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 547–548.
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Ursache der Befreiung allein in seiner Barmherzigkeit begründet sei.66 Auch mit der Aussage „Denn ich, der Herr, liebe das Recht“ (61,8 ZB) – und Calvin übersetzt hier משׁפטmit „Gericht“ – sieht er die Aussage bekräftigt, dass Heil nicht ohne Gerechtigkeit realisiert werden könne.67 „Gericht“ ist ihm zufolge dabei „alles, was recht und billig ist“ und damit auch jeden „falschen Gottesdienst“ sanktioniert, der Opfer statt Barmherzigkeit vollziehe, was bis heute eine Gefahr für die Gemeinde darstelle. Gerechtigkeit – und das heißt auch die Kenntnis der Bedeutung der zweiten Gesetzestafel – muss in der gesamten Lebensgestaltung erkennbar sein.68 Gott wird „Wegleiter“ sein, vom Geist Gottes kann sie sich leiten lassen.69
2.3 Salbung und Auftrag – Konsequenzen für den aktiven Sprecher und seine aktiven Hörer*innen Um den Zusammenhang zwischen der Verkündigung des Evangeliums, die zugleich die göttliche Gerechtigkeit ins Recht setzt, und das ihr entsprechende rechte Handeln zu plausibilisieren, ist es auch für Calvin höchst bedeutsam, dass ein Sprecher auftritt, der sich durch die Verknüpfung von Geist und Salbung auszeichnet: Salbung rüste den vom Geist Berufenen aus und zwar mit einer „Kraft“ analog zu den paulinischen Charismen.70 Dass eine Salbung notwendig sei, habe außerdem die Geschichte derjenigen evident gemacht, die sich fälschlich auf den Geist berufen wollten: Würde in Jes 61 daher „nur“ von der Geist-Begabung gesprochen werden, würde das noch nicht erklären, dass es sich hier um ein besonderes Amt handle, das der Sprecher innehabe71 – nur weil er von Gott gesalbt ist, ist er kein „Privatmann“ mehr. Er ist gesandt und nur deswegen dürfe er den Armen ihre Freiheit verkünden, das Evangelium predigen, und gerade deswegen „hat man ihn zu hören, nicht als Privatmann, sondern als amtlichen Botschafter, vom Himmel ausgegangen“.72 Für Calvins Erörterung der gesalbten Ämter,73 welche insbesondere in Institutio II ausgearbeitet und auch in den ihm nachfolgenden Generationen reformierter Theologie bedeutend werden, ist es charakteristisch, dass die ganze Gemeinde an den Ämtern Christi teilhat, was 66 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 539. 67 Und heutige Exeget*innen könnten ihm zustimmen. S. u.a. Berges und Beuken, Das Buch Jesaja, 39: „JHWH, der Gott, der sich Israel auserwählt hat und ihm treu bleibt, obwohl dieses Volk ihn verschmäht (1,4; 5,19.24; 30,11; 31,1), offenbart sein Engagement in Gericht und Heil bzw. besser: in einem Heil, das durch die Schule des Gerichts hindurch gegangen ist (10,20; 41,14; 43,14; 48,17; 54,5; 55,5). Diese notwendige Verbindung heißt ‚ צדקהGerechtigkeit‘. Sie betrifft die sozialen Verhältnisse in Israel (29,19), aber auch die Beziehung zu den Völkern (49,7; 60,9.14). Die Verwirklichung dieses Heiles zeichnet JHWH aus und wird letztendlich zu seiner Anerkennung führen (12,6; 29,23; 37,23; 41,16.20).“ 68 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 545. 69 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 546. 70 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537. 71 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 537–538. 72 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 538. 73 Auf die in diesem Beitrag leider nicht eingegangen werden kann, um sich ganz der Analyse von Calvins Jesaja-Auslegung zu widmen. Calvin arbeitet die drei Ämter Christi in seiner Institutio systematisch auf, vgl. Johannes Calvin, Unterricht in der christlichen Religion. Institutio Christianae Religionis, nach der letzten Ausgabe von 1559 übersetzt und bearbeitet von Otto Weber. Im Auftrag des Reformierten Bundes bearbeitet und neu herausgegeben von Matthias Freudenberg (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2 2009), 263–268 (Inst. II,15).
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auch seine Auslegung von 61,3 andeutet: Die „Bäume der Gerechtigkeit“ stellen für Calvin ein weiteres gelungenes Bild für die „Wiederbringung des Volkes“ dar. Sie erfahren ihm zufolge zwei Formen der „Pflanzung“: Zum einen die Erwählung und zum anderen die Berufung, durch die sie „neue Kreaturen“ werden: Zwar seine Pflanzung heißen wir, sofern er uns von Anfang an erwählt hat; doch gibt es auch noch eine zweite Pflanzung, die der ersten nachfolgt, nämlich die Berufung, da wir durch den Glauben in Christi Leib hineingegliedert werden. Das bringt der Herr zuwege durch Menschentätigkeit und durch den Dienst am Evangelium; doch ist es gänzlich ihm dann zuzuschreiben, weil er alleine das Gedeihen gibt (1. Kor. 3, 7).74 Auch die Partizipation am Priestertum als eine reformierte und überhaupt als eine reformatorische Prämisse ist für Calvin in Jes 61 vorgezeichnet: Dass nun von „Priestern“ gesprochen werde, erläutert Calvin dahingehend, dass das Volk nunmehr einen anderen „Status“ habe als zuvor: War es zuvor schon erwählt, hat es nun Anteil am Priestertum und zwar erstmals jeder Einzelne und nicht nur eine Gruppe von Leviten.75 Als Priester haben sie eine Aufgabe, in die Calvin wiederum die ganze christliche Gemeinde miteinbeziehen kann: Priester sollen Gehorsam gegen Christus opfern.76 Dem, der „sich als ewige Erlösung dargebracht“ habe, würden dann wiederum die Priester zur Seite gestellt, die als „Diener am Wort“ besonders dazu berufen seien, mit dem „Schwert des Wortes“ zu kämpfen.77 Grundsätzlich eignet dieses Amt aber der ganzen Gemeinde, wie es auch Aufgabe der ganzen Gemeinde ist, sich der Gerechtigkeit zu verschreiben: „Bäume der Gerechtigkeit heißen ihm die Leute, an denen Gottes Gerechtigkeit sich widerspiegelt oder ihres Herzenstandes Richtigkeit.“78 Calvins Auslegung zeigt eindrücklich, warum es einen besonders ausgewiesenen Sprecher in Jes 61 braucht, den Geist-Begabten, da Gesalbten, der den Armen Freiheit verkündet, da es doch wahr ist: Der Glaubende kann begründet hoffen, dass es Evangelium ist, was hier – durch die Salbung und Geist-Begabung legitimiert – verkündigt wird. Das Ziel ist darin zu sehen, dass Gerechtigkeit herrscht – und der „Zweck der Gerechtigkeit“ sei ja letztlich, „daß Gott die Ehre gegeben werde“.79
3. Transformationen Es ist keine Zukunftsvision, keine Utopie, wenn von der Durchsetzung von Gerechtigkeit die Rede ist. Das Utopische liegt nicht im Interesse von Jes 61 und auch nicht im schrift74 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 540–541. Auch hier zeigt sich ein exegetisches Verständnis Calvins, das heute bestätigt wird: die Rede von den „Bäumen“ bzw. „Eichen der Gerechtigkeit“ und der „Pflanzung“ gibt es nur hier. Durch das Passivum divinum wird die durch JHWH begründete „neue Existenz“ der Angesprochenen angezeigt und der Titel zu ihrem „Ehren- und Heilstitel“, Labouvie, Gottesknecht und neuer David, 155. 75 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 543. 76 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 543. 77 Vgl. Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 543–544. In der Auslegung von Jes 62 beschäftigt sich Calvin hingegen stärker mit dem Vergleich des hier sprechenden Propheten und der Aufgabe von Pastoren. 78 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 541. 79 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 548, H. SJIB.
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prophetischen Gesamtwerk Jesajas. Sozialpolitische Strukturveränderungen und religiösethischer Gesinnungswandel sind möglich – und Schuldknechtschaft kann man abschaffen. Ebenso wenig liegt es in Calvins Interesse, Gerechtigkeit und damit die Frohbotschaft in eine weit entfernte Zeit zu verschieben: Gott rettet jetzt, daher kann sich die Gemeinde ihm bereits jetzt in der Durchsetzung von Gerechtigkeit zugesellen – und ihm damit die Ehre geben. Laut darf sie dabei werden, wenn sie den Wurzelgrund für ihren Einsatz nennt – wäre es doch „mehr denn unbillig, zu Gottes Gnadentaten stumm zu bleiben“.80 In dem, der in Jes 61 spricht, findet eine „Rollenakkumulation“ statt,81 die es auf literarischer Ebene plausibel macht, wie menschliche und göttliche Gerechtigkeit sich berühren, so dass der enge individuelle wie auch gemeindliche Rahmen durchbrochen wird. Eintragen konnte die reformatorische Theologie in diese Gestalt auch Christus. Dezidiert in der reformierten Theologie zeigt sich seit ihren Anfängen ein starkes Interesse einerseits daran, alle drei salbungspflichtigen, durch Gottes Geist realisierten Ämter auf den zu übertragen, der im Horizont der christlichen Wirklichkeitsbeschreibung befreit, und andererseits daran, den Anteil der Gemeinde an ihnen zu sehen, da sie handlungsfähig ist und bei sozialpolitischen oder religiösen Missständen Korrektiv sein muss – ja, letztlich, befreit, wo Menschen gefesselt sind, seien es ihre Herzen oder Hände. Da dieses Theologumenon tradiert und weitergedacht wurde, konnte es der (reformierten) Kirche immer wieder ihren im Evangelium begründeten Auftrag in Erinnerung rufen, an der Realisierung von Freiheit zu arbeiten, sie zu gestalten, wobei sich unterschiedliche Vorstellungen über die Größe des menschlichen Anteils entwickelten.82 Der Grundstein ist mit Jes 61 gelegt, so dass auch die Hoffnung gut begründet ist, dass Kirche, die sich „verändern“ will, ihr Potenzial nach wie vor aus ihm schöpfen kann. Weiß die Kirche grundsätzlich um ihr prophetisches Amt, so dass sich Jesaja 61 (und zuweilen auch das jesajanische oder ezechielsche Wächteramt) in ihr zu Wort meldet, ist ihr damit zugleich in Erinnerung gerufen, dass die, die prophetisch reden, auch Priester sind und so an einem Königtum Gottes mitwirken können.83 Dies wird allerdings nicht möglich sein, ohne zugleich zu reflektieren, was falsche Prophetie, ungerechte Regierung oder ein abgöttischer Kult ist, der, wenn er nicht in jedem Menschen den Priester erkennt, auch Gott nicht die Ehre geben kann.84 Gerne sprechen wir von „Gemeindeaufbau“ und bemühen das ekklesiologische Bild von Christus als „Eckstein“. Der grundsätzliche Wille zum „(Um-)Bau“ kann daher nur von der Bautätigkeit des Geistbegabten in Jes 61,4 (und auch in Jes 60,10) profitieren, die für das
80 Calvin, Auslegung des Propheten Jesaja, 548. 81 Vgl. u.a. Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 209 (mit Verweis auf Felber). 82 Zur wirkungsstarken Neuentdeckung im 20. Jahrhundert vgl. Freudenberg, Reformierte Theologie, 181– 184. Dies ging in der reformierten Orthodoxie z.T. jedoch mit problematischen Tendenzen einher, so dass „der einzelne Christ nicht mehr nur Teilhaber, sondern gleichsam zum Repräsentanten der Amtstätigkeit Christi wurde“, Freudenberg, Reformierte Theologie, 180. 83 Oder, mit Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 261: „Die königlich nach außen wirkende Gestalt (vgl. Jes 60,1–3) bedarf einer nach außen wirksamen Gesellschaftsordnung, deren Glieder königliche Züge tragen.“ 84 Oder, mit Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 251: „Das Gruppenprofil dieser Jhwh-Priester wird in einer subtil vorgebrachten Kultkritik geschärft […]“.
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oben beschriebene Anliegen des Kapitels besonders einprägsam ist, insofern hier ein Bau beschrieben wird, der sich dadurch auszeichnet, dass er nicht einfach eine Aktivität im Raum, sondern Ausdruck eines sozialen Prozesses [ist], der den Raum konstituiert. So wird in Jes 60,10 eine räumliche Grenze des Heilsgeländes zwar markiert, soziale Grenzziehungen werden jedoch insofern aufgehoben, als es die Fremden sind, die diese für das Zentrum notwendige Grenzen errichten und damit Zentralität überhaupt erst sichtbar markieren. Demgegenüber bildet das Bauen in Jes 61,4 insofern einen sozialen Prozess innerhalb der Zionsgemeinde ab, als es das Ende einer sozioökonomischen Unrechtssituation besiegelt.85 Über die Grenzen eines engen Baus hinweg, an dem nur wenige mitarbeiten, bietet dieses Bild Potenzial für neue Ansätze religiös-politischen und sozialpolitischen Engagements einer Kirche, die immer Gefahr läuft, nur in den Grenzen zu bauen, die sie sich selbst gesetzt hat und damit den Raum kleiner macht, als er sein müsste. Doch das Bild vom Bau scheint abstrakt, „Transformation“ ein abstraktes Wort und eine Kirche, die sich transformieren will, noch nicht klar in ihrem Auftrag. Auch hier kann Jes 61 in eine richtige – da evangeliumsgerechte – Richtung weisen. Es sagt konkret: Es gibt noch viele ענוים, Unterdrückte und Heimgesuchte, Geschundene an Leib und Seele. Möglichkeiten, ihnen in ihren unterschiedlichen Bedürfnissen zur Freiheit zu verhelfen, werden „der“ Kirche, „der“ Gemeinde, uns schon einfallen – ausgerüstet sind wir dazu.
85 Spans, Die Stadtfrau Zion im Zentrum der Welt, 227.
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„Dixit Dominus“ Profil und Diffusionen lutherischer Psalmenhermeneutik ausgehend von auslegungsgeschichtlichen Beobachtungen zu Psalm 110 Patrick Bahl
Luthers mehrfach wiederholte, außerordentliche Wertschätzung des 110. Psalms als „furnemeste[n]“1 und „Heubtpsalm von unserm lieben Herrn Jhesu Christo“2 hat in der lutherischen Exegese des 16. und 17. Jahrhunderts auf vielfältige Weise nachgehallt: Die syntaktische Eigenart, messianologische Andeutungsfülle und dichte Bildersprache des Psalms führten in Reformation, Orthodoxie und Pietismus nicht nur zu mannigfaltigen ekklesiologischen, christologischen und eschatologischen Auslegungsansätzen, sondern trugen sogar maßgeblich zur Konstituierung und Konsolidierung der lutherischen Psalmenexegese und Homiletik bei.3 Wenn diese Studie die auslegungsgeschichtliche4 Karriere von Psalm 110 und damit
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WA 38; 54,28: „[…] Und ist des Psalmen nichts gleich jn der gantzen Schrifft, und wird billich als der furnemeste angezogen Christlichen glauben zu bestetigen […].“ WA 41; 79,24–29: „DIs ist der rechte, hohe Heubtpsalm von unserm lieben HErrn Jhesu Christo gemacht, darin beide, seine person, wer er sey, nemlich beide, Davids verheissener Son nach dem fleisch und Gottes ewiger Son, dazu ein ewiger Koͤnig und Priester, Und seine Aufferstehung, Himelfart und gantzes Reich so klar und gewaltiglich beschrieben wird, daß des gleich nirgend jnn der Schrifft des Alten Testaments zu lesen ist.“ Die Auslegungsgeschichte des 110. Psalms ist vergleichsweise gut erforscht, allerdings kaum über die Reformation hinausgehend. Vgl. etwa Görge K. Hasselhoff, „Calvin, Psalm 110 und Melchisedek: Auslegung und Quellen von Hieronymus bis Bucer“ in Calvin und seine Wirkungen: Vorträge der 7. Emder Tagung zur Geschichte des Reformierten Protestantismus, ed. Matthias Freudenberg (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2009), 115–127; Gerhard Langer, „Abraham zur Rechten Gottes. Der Ps 110 in der rabbinischen Tradition,“ EvT 59 (1999): 252–266; Bruce MacNair, „Luther, Calvin and the exegetical tradition of Melchisedec,“ Review & Expositor 101 (2004): 747–761; G. Sujin Pak, The judaizing Calvin: sixteenth-century debates over the Messianic Psalms (Oxford: Oxford University Press, 2010); Robert Kolb, „The doctrine of Christ in Nikolaus Selnecker’s interpretation of Psalms 8,22 and 110“ in Biblical interpretation in the era of the Reformation. FS Steinmetz, ed. Richard A. Muller (Grand Rapids: Eerdmans, 1996), 313–332; Ulli Roth, Die Grundparadigmen christlicher Schriftauslegung im Spiegel der Auslegungsgeschichte von Psalm 110 (Münster: LIT, 2010), bes. 151–171; Karin Bornkamm, „Teilhaben an Christi Thronen zur Rechten Gottes: ein Scholion Luthers zu Psalm 110,1–2“ in Kirche in der Schule Luthers. FS Heubach, ed. Bengt Hägglund und Gerhard Müller (Erlangen: Martin-Luther-Verlag, 1995), 23–36. Auslegungsgeschichte befasst sich mit historischen Interpretationsvorgängen und untersucht auf drei Ebenen die Interaktion zwischen Ausleger und (biblischem) Text: Auf der ersten Ebene fragt sie nach dem theologischen Vorverständnis des Auslegers, auf der zweiten nach seiner Methodik, Hermeneutik und seinem historischen und kritischen Bewusstsein und auf der dritten nach der Reaktion auf bzw. nach
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exegetische Zugänge aus den drei genannten, wenn auch nicht trennscharf voneinander abgrenzbaren kirchenhistorischen Epochen in den Blick nimmt, steht weniger der entwicklungsgeschichtliche Aspekt im Vordergrund, sondern vielmehr die Frage nach dem theologischen Profil und dem hermeneutischen Spektrum lutherischer Psalmenhermeneutik. Dass sich die Untersuchung hier auf die Auslegung nur eines der vielen, aus dem Text hervorstechenden Reizpunkte konzentriert, nämlich auf die des Priestertums „nach der Ordnung Melchisedeks“ (Ps 110,4: „tu es sacerdos in aeternum secundum ordinem Melchisedech“ / אתה־ )כהן לעלם על־דברתי מלכי־צדק, verdankt sich einer Spur, die der Jubilar in seinem Münsteraner Probevortrag König, Priester und Prophet – Zur Transformation der Konzepte der Herrschaftslegitimation in Jesaja 61 (publ. 2007) aufgenommen hat. Während Reinhard Achenbach damals angedeutet hat, dass Psalm 110 nicht nur biblische Auslegungsprozesse dokumentiert, sondern auch zwischen- und außerkanonische provoziert hat,5 erweist die folgende Untersuchung historischer Deutungen der Melchisedek-Reminiszenz im 16. und 17. Jahrhundert die Varianz der Kommunikationsformen lutherischer Exegese wie auch die konzeptionelle Fülle christologischer Psalmenhermeneutik.
1. Zwischen Dialektik und Rhetorik – Philipp Melanchthons Auslegung von Ps 110 in den Elementa Rhetorices und im Commentarius Mit den Elementa Rhetorices (1530) legt Philipp Melanchthon (1497–1560) einen vom reformatorischen Geist geprägten Gesamtentwurf der Rhetorik vor, in dem er sich nicht nur – analog zu den großen, antiken Schulrhetoriken Ciceros und Quintilians – mit der Produktion von Predigt, Gerichts- und Lobrede, sondern auch mit der exegetischen Analyse biblischer Texte befasst.6 Neben dem Römerbrief zieht Melanchthon in den Elementa Rhetorices vor allem die Psalmen hinzu, um einerseits Redegenera und -dispositionen distinkt zu unterscheiden und um andererseits gelungene Mischformen auszuweisen und den engen Zusammenhang zwischen der dialektisch-wissenschaftlichen Durchdringung eines theologischen Topos und dessen rhetorischer Ausgestaltung in der Predigt zu untermauern: Sachlicher Kern jeder kirchlichen Rede – sei sie ihrem Typus nach lobend oder tadelnd (genus demonstrativum),
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der Interaktion mit Reizpunkten im Text, d.h. solchen interpretationsoffenen Erzählmomenten oder Argumentationsaspekten, an die sich weitreichende und kontroverse exegetische Interpretationsoperationen anlagern. Vgl. Reinhard Achenbach, „König, Priester und Prophet. Zur Transformation der Konzepte der Herrschaftslegitimation in Jesaja 61“ in Tora in der Hebräischen Bibel: Studien zur Redaktionsgeschichte und synchronen Logik diachroner Transformationen, , ed. Reinhard Achenbach, Martin Arneth und Eckart Otto (Wiesbaden: Harrassowitz, 2007), 196–244, hier 242–244. Vgl. zu Melanchthons Psalmenauslegung die systematisch angelegte Studie von Seongmin Ryu, Dulcissimae Carmina Ecclesiae. Theologie und Exegese des Psalmenkommentars Melanchthons, Refo500 Academic Studies 54 (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 2019); Timothy J. Wengert, „Philip Melanchthon on Bible Translation and Commentaries,“ LQ 33 (2019): 26–45; John R. Schneider, „The Hermeneutics of Commentary. Origins of Melanchthon’s Integration of Dialectic into Rhetoric“ in Philip Melanchthon (1497–1560) and the Commentary, ed. Timothy J. Wengert und M. Patrick Graham (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1997), 20–48; Hansjörg Sick, Melanchthon als Ausleger des Alten Testaments, BGBH 2 (Tübingen: Mohr Siebeck 1959); Karl Heinrich Cornill, Melanchthon als Psalmenerklärer (Königsberg: Hartungsche Buchdruckerei, 1897).
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anempfehlend oder abratend (deliberativum) oder aber auf die Lehrstreitigkeiten (iudicale) bezogen – müsse das genus didaskalikon sein, welches traditioneller Weise auf die Belehrung zielt und damit eigentlich in der Dialektik beheimatet ist.7 Wer etwa in seiner Predigt das Gesetz loben wolle, müsse zunächst den Gesetzesbegriff im Modus des didaskalikon definieren und diese Definition sodann zur rhetorischen Amplifikation treiben. Dialektische Wahrheitssuche und rhetorische Gestaltung begrenzen sich also gegenseitig, die Dialektik erscheint jedoch als Initialmethode sowohl der Sondierung einer Predigt als auch der Erschließung des biblischen Textes selbst. Als einen mustergültigen Vertreter der für die Predigt typischen Mischform von didaskalikon und demonstrativum nennt Melanchthon Ps 110: Der Psalm Dixit Dominus wird diesem Genus mit Recht zugeordnet [recte in hoc genere ponetur], er lobt nämlich Christus, und diese Lobrede ist eigentlich eine Art Definition [definitio quaedam est], denn sie beschreibt die Person Christi; erinnert an seine Aufgaben; stellt heraus, [110,1] dass er der Herr ist, der zur Rechten Gottes sitzt, d.h. mit gleicher Macht zusammen mit Gott herrscht; [110,2] fügt hinzu, wo er erscheinen wird, nämlich in Zion; [110,3] dass er seine Feinde überwinden wird; [110,4] dass er auch Priester sein wird, sagt sie [die Lobrede], durch den Gott sich mit uns versöhnen wird. Und er fügt hinzu, von welcher Art der künftige Priester sein wird, nämlich ein ewiger, nicht ein levitischer, sondern einer, der segnet, der die Vergebung der Sünden ankündigt. [110,5f] Schließlich beschreibt er Strafen für die Ungläubigen, die sich diesem Herrn widersetzen. [110,7] Am Ende weist er darauf hin, dass auch der Herr selbst das allgemeine Elend auf sich nehmen wird, aus dem er dennoch wiederaufleben wird.8 Sofern man den Psalm als „eine Beschreibung Christi“ verstehe und „seine einzelnen Teile“ auf die „dialektischen Definitionen“ beziehe, würde er „völlig“ verstanden werden können, so dass man „aus den Definitionen der einzelnen Teile alles leicht illustrieren und amplifizieren kann“.9 Wie die Pendelbewegung zwischen dialektisch-theologischer Definition christologischer Topoi und der Erklärung des Textes konkret vonstattengehen soll, macht Melanchthon im Verlauf der Elementa Rhetorices und im Zusammenhang mit seiner Kritik am vierfachen Schriftsinn deutlich. Vor allem die Rede von Christus als „ewigem Priester nach der Ordnung Melchisedeks“ (110,4) habe man in der scholastischen Exegese gründlich verkannt. So sei die literale Auslegung der Stelle – man bezieht den Vers auf den historischen David, der nach seinem Herrschaftsantritt das israelitische Priesteramt reformiert habe –10 nicht haltbar, weil David zwar priesterliche Reformen angestoßen habe, jedoch keineswegs selbst Priester gewesen sei.11 Die allegorische Auslegung wiederum habe den Vers – ausgehend von Gen 14,18, wo Melchisedek den vorbeiziehenden Abraham mit Brot und Wein 7 Vgl. Philipp Melanchthon, Elementa Rhetorices. Grundbegriffe der Rhetorik, Bibliothek der seltenen Texte. Bd. 7, ed. Volkhard Wels (Berlin: Weidler, 22001), 32–33. 8 Vgl. Melanchthon, Elementa, 34. In der obigen Übersetzung sind die einzelnen Bezugsverse eingetragen, worauf Melanchthon selbst verzichtet. Diese und folgende Übersetzungen berücksichtigen die Übersetzung von Wels, orientieren sich aber enger am Wortlaut und Satzbau des lateinischen Textes. 9 Melanchthon, Elementa, 34. 10 Melanchthon, Elementa, 194. 11 Melanchthon, Elementa, 194.
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bewirtet – gemeinhin auf das Abendmahl bezogen, was allerdings – so Melanchthons Kritik – eine überspezifizierte, weil allein auf sakramentaltheologische Implikationen enggeführte Deutung gewesen sei.12 In Abgrenzung zu diesen scholastischen Fehlversuchen erklärt der Reformator seine eigene exegetische Methode – wiederum exemplarisch an Ps 110: Zu Anfang ist die ganze narratio durchzugehen und die Umstände sind zu untersuchen, d.h. wer spricht und über welche Person gesprochen wird. Hier [in Ps 110] erfahren wir, dass die meisten Satzglieder nicht David betreffen, sondern einen immerwährenden König, der eine Art neues Priestertum verrichtet an Stelle des alten levitischen. Daher ist festzustellen, dass dieser Psalm über den einen und einzigen Christus spricht und der literale bzw. historische Sinn in diesem Vers das Priestertum Christi betrifft [erit de Christi sacerdotio]. Wer [den Psalm] nun erklären will, ziehe nicht Allegorien hinzu, sondern beziehe diese Sache [hanc causam] bzw. den literalen Sinn über das Priesteramt Christi auf die Loci communes und spreche über diese der Ordnung nach gemäß der dialektischen Regeln: Was das Priestertum ist; was das Priestertum Christi ausrichtet; dass wir durch unsere Gerechtigkeit, unsere Opfer, unseren Gottesdienst Gott nicht versöhnen können, sondern dass er uns, versöhnt durch das Opfer Christi, Gerechtigkeit, Frieden und ewiges Leben gibt. Auf diese Weise hilft der durch die Definition des Priesteramtes erhellte Literalsinn den verständigen Geistern – und bei den Loci communes ist eine Auswahl heranzuziehen, [d.h.] wo man die Sache auf das Evangelium beziehen muss, wo auf den Dekalog und die Sittengesetze. Denn das eine ziemt sich bei dem einen Argument [das andere bei dem anderen]; die äußersten Loci sind aber das Gesetz oder der Dekalog und das Evangelium, zwischen denen sich diejenigen bewegen müssen, die die Schrift auslegen.13 Die dialektisch-definitorische Auslegungsmethode vermittelt demnach zwischen den theologischen Loci und dem Literalsinn des biblischen Textes und beruht auf einer syllogistischen Grundstruktur. Um zu demonstrieren, dass in besagtem Psalm einzig von Christus die Rede sein kann, entwickelt Melanchthon mehrere „ratiocinatio[nes]“14 bzw. Enthymeme15, die ihre argumentative Kraft aus der Definition des Priesters beziehen.16 Das zeigt etwa der zweite Syllogismus, der sich auf Ps 110,4 und damit auf Melchisedek bezieht: 1. Obersatz: Ps 110,4 spricht davon, dass der angesprochene „Herr“ (Ps 110,1) auf ewig Priester nach der Ordnung Melchisedeks sei. 2. Untersatz: Hebr 7,25ff spricht von Christus als ewigem Hohepriester, der den Vater wahrhaftig versöhnt. Schlussfolgerung: Also ist in Ps 110,4 vom versöhnenden Amt Christi die Rede.
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Melanchthon, Elementa, 196. Melanchthon, Elementa, 198. Melanchthon, Elementa, 206. Melanchthon, Elementa, 132. Die hier genannten stellen jedoch keine allgemeinen Beispiele für biblische Enthymeme dar, wie es etwa Wels in seiner kommentierten Übersetzung der Elementa nahelegt (vgl. Melanchthon, Elementa, 206– 209).
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Es handelt sich also um eine schrift- und Loci-immanente Form der Psalmenauslegung, bei der durch eine logische Verbindung zweier sich gegenseitig auslegenden Schriftstellen „per gradus a priore ad posteriorem“17 eine Gedankenbewegung zustande kommt. Den Text auf die Loci zurückzubeziehen bedeutet also nichts anderes als den Literalsinn des Textes auf ein Ordnungssystem zurückzuführen, das sich selbst gerade nicht als dogmatische Überformung der Schrift, sondern als abstrahierende Kategorisierung biblischer Theologie verstanden wissen will. In der Auslegung erweisen sich die Loci als das, als das sie Melanchthon immer verstanden wissen wollte: als Sammlungsorte für Schriftstellen, die sich in Anbetracht des gesamtbiblischen Horizonts und in Erwägung der theologischen Leitidee der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium gegenseitig erschließen.18 Die rhetorisch-dialektische Erschließungsmethode bleibt auch in Melanchthons Psalmenkommentar (1548–1553) dominant.19 Dass ihm Ps 110 auch hier nach wie vor als rhetorischer Musterpsalm gilt, ist schon allein daran erkennbar, dass im ausgreifenden Vorwort auf den Psalm, welches den fortlaufenden Kommentar abrupt unterbricht, die distinkten Unterscheidungskategorien aus den Elementa Rhetorices nicht nur erneuert, sondern auch näherhin bestimmt werden.20 Den Skopus des Psalms entwickelt Melanchthon nunmehr aus einer markanten temporalen Doppelstruktur: Das alte Priestertum ist zusammen mit dem heidnischen Götzenkult überwunden. Das neue, ewige Priestertum mit seinem erlösenden, ein für alle Mal für das Heil des Menschen vollzogenen Opfer ist Hoffnungsperspektive der Kirche, die von Gott als coetus aus dem Menschengeschlecht erwählt wird, um sich als eine heilige Versammlung zu konstituieren, in der das klerikale, kultische Priestertum zugunsten des Priestertums der Gläubigen, d.h. eines partizipativen Priestertums überwunden worden ist: Der ganze Psalm Dixit Dominus ist eine Erzählung [narratio], nämlich eine Weissagung und Erklärung der Verheißung über den kommenden Messias, [d.h.] wer er ist, wo er sich dem Menschengeschlecht zeigen wird, von woher er seine Lehre auf alle Völker streut, wie beschaffen sein Reich und wie beschaffen sein Priestertum ist. […] Diese Verheißung möge vom Glauben angenommen werden, gemäß dem Ausspruch im zweiten Psalm, dessen argumentum dasselbe ist: Selig sind die, die auf ihn trauen, oder gemäß dem Ausspruch des Johannes: Wer an diesen Messias glaubt, hat ewiges Leben.21 Schon in dieser „summa“ deutet sich der markante Wechsel von Definition und Amplifikation an, wie ihn Melanchthon in den Elementa Rhetorices für die Predigt gefordert hatte: Die dialektisch-definitorische Explikation bezieht sich auf die Christologie, die rhetorisch-affirmative Applikation auf die Kirche und das Glaubensleben. Die erste wird durch indikativische, die zweite durch adhortative und jussive Verbformen repräsentiert. 17 Melanchthon, Elementa, 208. 18 Vgl. Philipp Melanchthon, Loci communes 1521, Lateinisch-deutsch, übers. v. Horst Georg Pöhlmann, ed. Lutherisches Kirchenamt der Vereinigten Ev.-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 21997), 12–25. 19 Hier zitiert und übersetzt nach CR 13, 1017–1244. 20 Vgl. CR 13, 1151: „Sie [die Psalmen] können aber auf das Genus demonstrativum oder das didaskalikon und auf den status finitivus bezogen werden, wie hier gefragt wird, wer der Messias ist, wie beschaffen sein Priestertum und seine Herrschaft sein wird.“ 21 CR 11, 1151.
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In den dialektisch-definitorischen Passagen kommen nun jene Syllogismen zum Tragen, die Melanchthon bereits in den Elementa eingekreist und mit deren Hilfe er den dialektischen Anspruch der Predigt unterstrichen hatte, im Kommentar rückt allerdings das Versöhnungswerk Christi ins Zentrum der Auslegung, wobei sich insbesondere hinsichtlich des Melchisedek-Syllogismus mehrere markante Erweiterungen und Ausdifferenzierungen identifizieren lassen: 1. Melanchthon verweist nun auf den engen Zusammenhang von König- und Priestertum (vgl. Ps 110,1–4.6) und damit auf das zweifache Amt Christi.22 2. Dass der Psalm die Gläubigen der Wahrhaftigkeit der Rechtfertigungsverheißung versichert, welche keine anderen Formen der Gerechtigkeit und Offenbarung neben sich duldet,23 zeigt Melanchthon zum einen in formaler Hinsicht, wenn er die Eidesleistung in Ps 110,4 („Der Herr hat geschworen“) und damit Gott als den „sprechenden und verheißenden Gott“24 exponiert, zum anderen in intertextueller Hinsicht, indem er auf die in ähnlicher Weise akzentuierte Erklärung in Ez 18,23 („dicit Dominus Deus“) verweist, so dass die Rede vom Priesteramt nach Melchisedek über das Moment der Selbstbegrenzung und -bindung Gottes in der Schwurformel auf den Rechtfertigungsakt hin zugespitzt wird. 3. Eine deutliche Erweiterung der Auslegung aus den Elementa Rhetorices zeigt sich auch in der typologischen Gegenüberstellung der levitischen Priester und des Priesters der Ordnung nach Melchisedek, v.a. hinsichtlich der Unterscheidung von Zeitlichkeit und Ewigkeit: Indem der Psalm auf die extraordinäre, der Gründung des levitischen Priestertums vorgeordnete Ordnung Melchisedeks zielt, weist er zugleich auf den Ewigkeitsanspruch dieses Priestertums hin.25 4. Melanchthon versteht Ps 110,4 als subtilen Hinweis auf die Altehrwürdigkeit des Priesters von Salem (nach Gen 14), den er wiederum mit Sem identifiziert und damit als Zeugen der Urgeschichte von der Sintflut über den Turmbau bis zur Erweckung des babylonischen Königs erachtet.26 Im Schatten Morias, wo Melanchthon die Kreuzigung Jesu verortet,27 habe Melchisedek unzählige Kalamitäten ertragen und den Niedergang des Menschengeschlechts mitansehen müssen.28 5. Noch stärker als jene passionstheologische Parallelität erweist sich die Segnung Abrahams als Vorverweis auf die im Opfer Christi vollzogene und verheißene Rettung des Menschen, wie sie nach Ps 44 und Jes 61 von Gott selbst in Auftrag gegeben,29 nach Jes 61 im Evangelium zu Gehör gebracht wird,30 nach Jes 53, Joh 17, Röm 8 und Hebr 10 in der Versöhnung
22 Vgl. CR 13, 1155: „Vorher hat er über die Herrschaft gesprochen, dass der Herr mit göttlicher Macht herrschen wird, und hat gesagt, wo er die Anfänge der Herrschaft offenbaren wird, nämlich in Zion. Nun aber fügt er über das Priestertum hinzu: Du bist Priester etc.“ 23 CR 13,1155: „[…] damit wir überaus sicher festhalten, dass die Verheißungen für uns sicher sind, dass er sich wahrhaftig uns Elender annehmen will, uns die Sünden wegnimmt, und Gerechtigkeit und ewiges Leben gewährt, wie andernorts der Schwur wiederholt wird […].“ 24 CR 13,1155. 25 CR 13, 1155f: „Du bist Priester. Er unterscheidet das Priesteramt des Messias vom levitischen Priesteramt nach zwei Unterschieden, der Ewigkeit und dem Priesteramt Melchisedeks.“ 26 CR 13, 1156. 27 Vgl. zur Namensethymologie und geografischen Verortung Salems und Morias CR 13, 1156. 28 Vgl. CR 13, 1156: „[…] lasst uns unser Elend duldsam ertragen, und deren Milderung erbitten, wie uns die göttliche Stimme gelehrt hat: Betet, damit ihr den angerückten Kalamitäten entfliehen könnt. Ich habe gesagt, wer und wo Melchisedek gewesen ist, jetzt lasst uns über das Priestertum sprechen.“ 29 Vgl. CR 13, 1157. 30 Vgl. CR 13, 1157.
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mit Gott zu ihrem Ziel kommt,31 von Christus selbst nach Joh 17, Röm 8 und Jesaja 15 fortwährend als intercessor von Gott erbeten wird32 und zuletzt nach Joh 11, Hebr 5 und Ps 2 von den Gläubigen angenommen werden soll.33 Insofern unterscheidet sich der ewige Hohepriester Christus vom „typicus sacerdos“34, da er „den Segen anstimmt, wie Melchisedek Abraham segnet“35. Diese mannigfaltigen christologisch-soteriologischen Kerndefinitionen des Priesteramtes Christi überführt Melanchthon schlussendlich in eine ekklesiologische Affirmation und rhetorische Amplifikation: Komme die Bezeichnung Priester „zu aller erst und prinzipiell“ Christus zu, seien die Gläubigen oder „einzelnen Glieder“ Priester qua Teilhabe und Diener dieses Priesters.36 Die ekklesiologische Zuspitzung zielt damit auf die Tröstung, wie sie allein der Hohepriester spendet und wie sie sich von Joh 16 her nahelegt.37 Melanchthon entwickelt in seinen Elementa Rhetorices eine literal-dialektische Methode der Bibelexegese, die auf der dialektischen Basis der ratiocinatio und im Horizont des biblischen Kanons operiert. An Ps 110 wird diese Methode begründet und paradigmatisch vorgeführt, an der Auslegung der Rede vom Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks in Ps 110,4 zeigen sich ihre Valenzen und ihre texterschließenden Potentiale: Indem Melanchthon den intertextuellen Bezug zwischen Gen 14 und Ps 110,4 ausleuchtet und motivische Parallelen zwischen dem Priesterkönig von Salem und Christus begründet, generiert er die ekklesiologische Schlussfolgerung eines partizipativen Priestertums.
2. Zwischen literaler Auslegung und frommer applicatio – Johann Arndts Predigtreihe zu Ps 110 Dass sich in Johann Arndts (1555–1621) gewaltiger, 451 Predigten umfassenden Psalmenpostille (1617) die Doppeltendenz der lutherischen Homiletik ihrer Zeit paradigmatisch erweist,38 zeigt sich bereits in ihrer Vorrede, in der sich der Lüneburger Superintendent einer-
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Vgl. CR 13, 1157. CR 13, 1157f. CR 13, 1158. CR 13, 1159. CR 13, 1160. CR 13, 1157. CR 13, 1157. Vgl. zu Arndts biblischer Exegese und Predigtweise Werner Anetsberger, Die Theologie Johann Arndts in seinen Predigtwerken (München: Utz, 2001), hier bes. die Forschungsgeschichte (13–63) und die Untersuchung der Psalmenpostille selbst (216–296). – Anetsberger datiert die Predigten in die Zeit zwischen 1595 und 1606 (vgl. 223); vgl. zur orthodoxen Homiletik Johannes Wallmann, „Prolegomena zur Erforschung der Predigt im Zeitalter der lutherischen Orthodoxie,“ ZTK 106 (2009): 284–304; Albrecht Beutel, „Lehre und Leben in der Predigt der lutherischen Orthodoxie. Dargestellt am Beispiel des Tübinger Kontroverstheologen und Universitätskanzlers Tobias Wagner (1598–1680),“ ZTK 93 (1996): 419–449; Martin Schian, Orthodoxie und Pietismus im Kampf um die Predigt. Ein Beitrag zur Geschichte des endenden 17. und des beginnenden 18. Jahrhunderts, Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus 7 (Gießen: A. Töpelmann, 1912), bes. 34–78; Konrad Hammann, „‚Die Allerseligste Vorbereitung zum seligen
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seits auf die Predigt und die Sakramente als die „zwey eusserliche[n] Mittel“39 verpflichtet, durch welche Gott die Kirche sammelt und erbaut, diesen äußerlichen notae ecclesiae aber andererseits die Merkmale der „innerliche[n] Gestalt der Kirchen“40 zur Seite stellt, d.h. die „innerliche wahre Erkentnis Gottes / der lebendige Glaube / Liebe / Hoffnung / Gebet / Andacht / Gottesfurcht / wahre Busse / Verschmehung der Welt / Verleugnung sein selbst […] Summa das gantze Reich Gottes / Gerechtigkeit / Friede / Freude im H. Geist / das gantze geistliche Leben vnd Wandel im Himmel […]“41. Diese innerliche Gestalt der Kirche sieht Arndt im Psalter zur Entfaltung gebracht, sei dieser doch „anders nichts / als eine Beschreibung des Reichs Christi mit allen seinen Wolthaten / vnd ein lebendig Contrafect der Kirchen Gottes / vnd eine stetige Weissagung vom Zustand der streitenden Kirchen vnd jhrer Verfolgung vnter dem Antichristischen Haufen“42. Aus dieser Dialektik von äußerlichem Predigtwort und innerlicher Andacht ergibt sich für Arndt die wesentliche Interpretationslinie zur Erschließung des Psalters: Er muss sich auf den „gantzen geistlichen innerlichen Menschen“43 beziehen, genauer: auf die Beziehung der Gläubigen zu Christus. In seiner Vorrede erinnert Arndt daran, dass die Predigt der Sprache, Sinnlichkeit und Imaginationskraft des Psalters entsprechen und die geistliche Interaktion zwischen Psalmenwort und Predigthörern zu Wege bringen muss: Ewer L.[ieben] haben gehöret / woher dem Psalter als der geistlichen Harffen Davids sein lieblicher Klang vnd sein edeler Geruch als des H. Geistes Würtzgertlein kömpt. I. weil er ist ein kleine Bibel vnd Lustgarten des heiligen Geistes. 2. weil er so tröstlich weissaget von Christo. 3. weil der H. Geist sondere Wort im Psalter braucht. 4. weil er ist ein lebendiges Bilde der Kirchen. 5. weil aller Menschen Hertz darin abgemahlet ist 6. weil er ist die rechte Creutzpractica vnd Betekunst. 7. Weil jhn vnser HErr Jesus Christus vnd der H. Geist in den Aposteln so ein gewaltig Zeugnis gib.44 Der hier farbenfroh ausgemalte Übergang zwischen der Auslegung und der frömmigkeitspraktischen Anwendung des Psalmenwortes, zwischen seiner Explikation und Applikation bestimmt nun alle in der Postille versammelten Predigten. Arndt widmet jedem Psalm mehrere Wochentagspredigten, die zwar jeweils eine geschlossene homiletische Einheit im gängigen, orthodoxen Predigtschema bilden,45 darüber hinaus aber mit- und untereinander zu kleineren Anthologien verbunden sind und übergeordneten Deutungsperspektiven folgen. So auch die Predigtreihe zu Ps 110: Die Eröffnungspredigt nennt die Disposition der verhandelten Lehrpunkte und paraphrasiert den Psalm in einem ersterklärenden Durchgang, wobei die
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Sterben‘. Kontinuität und Wandel lutherischer Frömmigkeit und Sterbekultur vom 16. bis zum 18. Jahrhundert im Spiegel der Göttinger Leichenpredigten,“ Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 101 (2003): 117–164, vgl. v. a. 139–147. Johann Arndt, Ausslegung des || gantzen || Psalters Davids || des Koniglichen Propheten […] (Jena 1617), a3r. Arndt, Ausslegung, a3v. Arndt, Ausslegung, a3v. Arndt, Ausslegung, a4r–a4v. Arndt, Ausslegung, a4v. Arndt, Ausslegung, 2v. Vgl. zur Predigtdisposition in der Orthodoxie Patrick Bahl, Der Pfarrer bei Gottfried Arnold – Gottfried Arnold als Pfarrer. Eine Untersuchung seiner Pastoraltheologie, seines Predigt- und Sakramentsverständnisses, BHT (Mohr Siebeck: Tübingen 2022, im Druck), Kapitel II.2.2.2.
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Paraphrase vor allem darauf zielt, die wesentliche christologische Prämisse der Auslegung zu erschließen: In Ps 110 spricht Gott, verbunden in der Liebe des Heiligen Geistes, mit seinem Sohn (Ps 110,1: „Der HERR sprach zu meinem HErrn“). Dieses heimliche Gespräch sei vom Psalmendichter David belauscht und niedergeschrieben worden. Die Predigten wollen nun versuchen, jenes Gespräch zu transkribieren, um den „Verstand“ der Worte annähernd nachzuvollziehen.46 In der zweiten und dritten Predigt werden „[s]echs Eigenschafften / der Heeligkeit vnsers Ehren- und Gnadenkönigs“47 dargelegt, es wird also das Königtum Christi erschlossen, während die vierte Predigt vom Hohepriesteramt handelt. Die fünfte Predigt folgt dem Modus der „allegatio“, verortet also die Auslegung des Psalms im gesamtbiblischen Horizont und stellt zum Zwecke der Immunisierung der Hörer gegen die Glaubensanfechtung unter dem schillernden Titel „DE VICTORIA VERBI DEI. Daß GOttes Wort von Anfang der Welt wider alle Feinde vnd Verfolger den Sieg behalten habe / vnd werde auch vberwinden biß ans Ende der Welt“48 allerhand biblische Parallelstellen zu Ps 110 zusammen. Die Bedeutung des ewigen hohepriesterlichen Amts „nach der Ordnung Melchisedeks“ (Ps 110,4) erörtert Arndt in zwei Zusammenhängen, einmal in der ersten Predigt, der Paraphrase. Hier erinnert Arndt an die Etymologie des Namens „Melchisedek“ – „König der Gerechtigkeit“ – und an die seiner Residenz – „Salem“, d.h. Frieden –: Melchisedek übe ein für das Alte Testament einzigartiges Königtum aus, welches – gewissermaßen an Mose vorbei – unmittelbar auf Christus verweist, der seinem Volk durch sein Selbstopfer bleibende Gerechtigkeit und bleibenden Frieden schenkt.49 Zugleich macht Arndt in diesem Zusammenhang – man denke hier an die erwähnte Interdependenz von äußerlichen und innerlichen notae ecclesiae – auf die abendmahlstheologischen Konnotationen aufmerksam, wogegen sich Melanchthon noch verwehrte: Christus „lehret vns / segnet vns / bittet für vns / vnd gibt sich im H. Abendmahl vns zur Speise und zum Tranck“50. Diese Ersterschließung hallt nun in der vierten Predigt wider, in der sich Arndt dem Hohepriestertum Christi ausführlich widmet. Schon im exordium wird die in Gen 14 geschilderte Begegnung des Priesterkönigs mit Abraham als Schlüsselszene für die Interpretation von Ps 110 und damit die Bedeutung der Segnung der Gläubigen durch Christus in den Fokus gerückt. Die fünfteilige Disposition der Predigt orientiert sich an Ps 110,4–7 und kreist die verschiedenen Attribute des Priestertums Christi – unter Berücksichtigung von Gen 14 wie auch des Hebräerbriefes – ein, wobei die beiden ersten Erklärungen zur eigentlichen Auslegung des Hohepriesteramts hinführen, während die beiden letzten die vorgängigen Erklärungen auf die Gläubigen applizieren. So befasst sich Arndt im ersten Teil der Predigt mit dem Zusammenhang der beiden Ämter Christi, wie er dem Psalm inhärent sei: Warum spricht David zuerst vom König-, dann erst vom Priestertum Christi? Arndt meint, dass diese Disposition den Sündern zugutekommen solle, die sich vor der gewaltigen, entgrenzten Herrschaft Christi des Himmelskönigs fürchten würden, so dass David „dem hohen maiesteti-
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Arndt, Ausslegung, 629v. Arndt, Ausslegung, 631v–633r. Arndt, Ausslegung, 635v. Vgl. Arndt, Ausslegung, 630v. Vgl. Arndt, Ausslegung, 630v.
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schen Namen auch freundliche vnd troͤstlich Namen / den Namen eines ewigen Hohenpriesters“ beilege, würde doch der Priester von allen gerne aufgenommen und willkommen geheißen, „weil die Seligkeit der Leute mit troͤsten / beten vnd opffern befoͤrdert wird“.51 Mit diesem akkommodativen Akt korrespondiert nach Arndt aufs Engste die Schwurformel in Ps 110,4,52 welche die Wahrhaftigkeit des rechtfertigenden Handelns Gottes bekräftige.53 Das Heilshandeln Gottes konkretisiert sich auch in der zweiten Eigenschaft des Hohepriesters, seiner Ewigkeit: Das Hohepriesteramt Christi erstrecke sich in Überhöhung und Überwindung des alttestamentlichen Priesterdiensts und in Anbetracht von Hebr 7 auf das Opfer – Christus bringe das „allerheiligste Opffer“ dar, „dadurch er vns Gott vollkoͤmlich geheiliget hat / Hebr 10“ – und den Segen – insofern er den Fluch von der Menschheit nehme und versöhne, da er „der Gerechtigkeit Gottes gnug gethan / den Todt gelitten / das Gesetz erfuͤllet / vnd den allervollkomnesten Gehorsam seinem himlischen Vater geleistet“.54 Opfer und Segen seien dabei zeitlich entgrenzt und würden den Gläubigen allzeit zugutekommen. Von diesen beiden Eigenschaften aus wird die typologische Bedeutung des Priesteramtes Melchisedeks erschlossen: In mehrerlei Hinsicht deute er auf Christus voraus. 1. Von ihm werde in Gen 14 nicht gesagt, woher er stammt und wie es mit ihm ausgeht, er habe also keinen Anfang und kein Ende – wie Christus.55 2. Er erquicke den vom Gefecht ermüdeten Abraham und sein Volk – ganz wie Christus die Gläubigen, „wenn wir müde seyn von dem hefftigen Streit / Suͤnde / Todt / Teuffel / Helle / Welt / Fleisch vnd Blut / Tyrannen / Ketzer / Feinde Christi / etc.“56. 3. Er vereinige, wie Arndt bereits in der ersten Predigt angedeutet hat, beides in sich: die Königsherrschaft über die Stadt Salem und das Priestertum. Selbiges tut Christus. 4. Abraham habe an Melchisedek den Zehnten entrichtet und damit die Ergebenheit aller Propheten, Erzväter und Priester gegenüber dem Messias vorweggenommen. 5. Im Vergleich des Priestertums nach Melchisedek mit dem aaronitischen Priestertum werde die Universalisierung des Priesteramts Christi antizipiert: Christus als Hohepriester sei nicht an die Wiederholung des blutigen Tieropfers gebunden, müsse nicht für eine priesterliche Sukzession sorgen, weil er unsterblich sei, könne auch nicht für seine eigene Sünde Satisfaktion leisten, weil er keine habe, und richte sich mit seinem Priestertum nicht an ein einzelnes Volk.57 Was das aaronitische Priestertum nur annäherungsweise – unter dem Schatten der Typologie – vollzogen habe, würde Christus wahrhaftig tun: die ewigen Güter austeilen.58 Die Darlegung dieser Typologie steht nicht ohne Grund im Zentrum der fünften Predigt, denn sie erschließt den Universal- und Ewigkeitsanspruch des Hohepriesteramts Christi, den Arndt mit der vierten und fünften Eigenschaft auf seine gläubigen Hörer appliziert: Erachtet 51 Arndt, Ausslegung, 633v. 52 Arndt, Ausslegung, 633v. Arndt legt die Paraphrase Gott in den Mund: „[…] vnd gleich wie mich nicht gerewen sol dieses meines Eydes / so sols auch euch ewig nicht gerewen / wenn jhr diesem ewren Hohenpriester gleubet / denn durch sein Opffer / vnd durch kein anders sollet jhr mir geheiliget / gesegnet / erloͤset / vnd ewiglich versoͤhnet seyn“. 53 Arndt begründet (Arndt, Ausslegung, 633v) diese Wahrhaftigkeit mit Hebr 3, Gen 22, Jes 45 und Tertullian (Tert. paen. 8): „O beatos, quorum causa Deus jurat, o nos infelices & maledictos, si nec Deo juranti credimus“. 54 Arndt, Ausslegung, 634r. 55 Vgl. Arndt, Ausslegung, 634v. 56 Arndt, Ausslegung, 634v. 57 Vgl. Arndt, Ausslegung, 634r. 58 Arndt, Ausslegung, 634r.
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Arndt die vierte Eigenschaft des Hohepriesters in der Vertilgung der Sünde, der Bewahrung der Seele vor Höllenqualen und der Revision des göttlichen Urteils, insofern der Hohepriester den ganzen Sturzbach am Wegesrand getrunken (Ps 110,7), d.h. nicht nur den bitteren Kelch für sich geleert hat wie die Heiligen, sondern für alle Zeit und damit für die gesamte Menschheit,59 sieht er dessen fünfte Eigenschaft in der zeitlichen und örtlichen Entgrenzung des Amtes im Himmel: Von der Rechten Gottes aus betet und segnet der Hohepriester, sendet den Heiligen Geist und gibt sich selbst in Brot und Wein dar.60 In Arndts Postille meldet sich der für die Homiletik seiner Zeit charakteristische Wechsel von Explikation und Applikation zu Wort: Die innige, an den Affekten der Hörer ausgerichtete, typologische Auslegung des Hohepriesteramts nach der Ordnung Melchisedeks hält die Waage zwischen einer grundständigen exegetischen Erschließung des Textes in seinem bibeltheologischen Horizont und der erbaulichen Applikation des Textes auf die Gläubigen: Die Illustration und Ausgestaltung der Überzeitlichkeit des Melchisedek-Narrativs dienen der Tröstung der angefochtenen Predigthörer.
3. Zwischen Lektüre und Gottesschau – die radikalpietistische Paraphrase von Ps 110 aus dem Umfeld Gottfried Arnolds Gottfried Arnold (1666–1714) kann zweifellos als der schillerndste und produktivste Vertreter des sog. Radikalen Pietismus gelten.61 Berühmt-berüchtigt ist er für die aufsehenerregenden historischen Schriften seiner separatistischen Schaffensphase, in denen er die lutherische Kirche seiner Zeit ihres geistlichen Verfalls und ihres Totalitarismus überführen wollte.62 Dass er in seinen späteren, brandenburgischen Jahren als kirchenleitender Pfarrer zahllose Predigten und Bibelmeditationen publiziert und differenzierte, homiletische Konzepte entwickelt hat, ist von der Forschung bisher wenig beachtet worden.63 In seine Evangelienpostille von 1706 ist auch die Geheime und || Innige || Betrachtungen || über die || Psalmen Davids / || Vornehmlich || Auff den innern Menschen || gerichtet eingeflossen, die – Arnolds eigenen Angaben zufolge – jedoch nicht von ihm selbst stammt, sondern von einem anonymen Autor, hinter dem die Forschung häufig Johanna Eleonora Peterson oder die Schwiegermutter
59 Arndt, Ausslegung, 635r. 60 Vgl. Arndt, Ausslegung, 635r. 61 Vgl. exemplarisch den jüngsten Artikel von Lothar Vogel, „Gottfried Arnold“ in Pietismus Handbuch, ed. Wolfgang Breul (Tübingen: Mohr Siebeck, 2021), 138–146 (hier auch weitere Forschungsliteratur). 62 Vgl. hierzu exemplarisch Wolfgang Breul, „Vom schnellen Ende der ‚ersten Liebe‘. Die Reformation in Gottfried Arnolds Unparteiischer Kirchen- und Ketzerhistorie“ in Das Bild der Reformation in der Aufklärung, ed. Wolf-Friedrich Schäufele und Christoph Strohm (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2017), 235–251 und Jürgen Büchsel, „Vom Wort zur Tat: Die Wandlungen des radikalen Arnold. Ein Beispiel des radikalen Pietismus“ in Gottfried Arnold (1666–1714). Mit einer Bibliographie der ArnoldLiteratur ab 1714, ed. Dietrich Blaufuß und Friedrich Niewöhner (Wiesbaden: Harrassowitz, 1995), 145– 164. 63 Vgl. Bahl, Der Pfarrer bei Arnold, Kapitel II.2.
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Arnolds, Margaretha Susanna Sprögel, vermutet hat.64 Hier soll die Verfasserfrage nicht erneut diskutiert werden, zielführender ist es, zu bedenken, inwiefern die Betrachtung den Überlegungen Arnolds zur Predigt des Alten Testaments wie auch der quietistischen Lesepsychologie, die Arnold genau rezipiert hat, entgegenkommt bzw. mit beidem korreliert. Arnolds Homiletik zielt im Allgemeinen auf die Predigt Christi als „GOttes Krafft und Gottes Weißheit“65, d.h. als eines lebendigen Wesens, das in den Seelen der Gläubigen unmittelbar seine Wirksamkeit entfaltet, wie auch auf die Neuerschließung des Begriffs „Evangelium“ im Sinne einer göttlichen Wirklichkeit, in die Prediger und Gläubige gleichermaßen gestellt sind,66 wobei die biblischen Texte nicht als Richtschnur einer dogmatischen Erschließung von Predigtgegenständen in Frage kommen, sondern vielmehr als Resonanz- und Sprachräume der intersubjektiv kaum zu vermittelnden Gotteserfahrung des gläubigen Individuums. Diese Homiletik bezieht sich auch auf die Texte des Alten Testaments, wie Arnold in der Vorrede auf seine Genesis-Postille von 1707 ausdrücklich unterstreicht: Auch im Alten Testament ließen sich Zeugnisse „aus dem Geist der warheit“67 finden, die es wert und würdig seien, zur Sprache gebracht und ausgelegt zu werden. So würden sich auch in den Genesistexten Grundmomente einer Glaubenserfahrung artikulieren, welche sich – ohne sie an sich für defizitär zu erklären oder in einem Verheißungs- und Erfüllungsschema zu desavouieren – auf die Wirksamkeit Christi in der Seele zurückführen oder auf diese zuspitzen lassen. Nur ein Beispiel: Mit der Abfolge von Schlaf, Himmelsleitertraum und dem Aufwachen Jakobs in Bet-El (Gen 28) drückt sich nach Arnold die Erfahrung aus, dass der Mensch zuerst passiv werden und sich aller Affekte entledigen müsse, bevor Gott sich ihm mitteilt.68 Zweifellos ereigne sich diese Selbstmitteilung im „licht der klarheit GOttes in dem angesicht JEsu Christi“69, Jakobs (vorchristliche) Gotteserfahrung wird jedoch nicht disqualifiziert, sondern als Ausdruck einer ungerichteten Gottessuche ernsthaft gewürdigt.70 Auf die zur Privatlektüre bestimmte Psalmenbetrachtung von 1706 dürfte neben dieser christozentrischen Homiletik die mystisch-quietistische Lesepsychologie gewirkt haben, die von einem Ideal des betrachtenden Lesens ausgeht: Nach Madame Guyon, deren Traktate Arnold selbst tw. heraus-
64 Vgl. Ruth Albrecht, Johanna Eleonora Petersen. Theologische Schriftstellerin des frühen Pietismus, AGP 45 (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2005), 34–35, Anm. 109. 65 Gottfried Arnold, Die Geistliche || Gestalt || Eines || Evangelischen || Lehrers || Nach dem Sinn und Exempel || Der Alten || Auff vielfältiges Begehren || Ans Licht gestellet || von || Gottfried Arnold (Halle: Verlegung des Wäysen-Hauses 1704), 346. 66 Vgl. Arnold, Gestalt, 359–360: „So nun das Evangelium eine wirckliche Krafft aus GOtt ist / so hat ein Lehrer ja wohl zuzusehen / daß er mit dem Leben GOttes und seines Sohnes wahrhafftige Gemeinschafft kriege. Denn also wird er auch andern verkündigen / was er selbst gesehen und gehöret hat in der Bekannt= und Gemeinschafft mit dem Vater und Sohn.“ 67 Gottfried Arnold, Das wahre || Christenthum || Altes Testaments || im heilsamen Gebrauch || der vornehmsten Sprüche aus dem || ersten Buch Mosis: || nebenst || einigen Predigten || über || sonderbaren Materien / || wie auch einer || Fortsetzung Gottesgelehrter || Rathschläge und Antworten / || ans Licht gestellet || von Gottfried Arnold / Insp. (Frankfurt a. M.: Thomas Fritsch 1707), a2r. 68 Vgl. Arnold, Christenthum, 488: „Aber man muß erst recht auffwachen / wie Jacob von seinem schlaff / d.i. nüchtern werden von allen frembden und ungöttlichen dingen / die da Gottes heilige mittheilung hindern. Denn solche leute können freylich die göttliche gnade nicht gewahr werden / die in ihren affecten und begierden ersoffen beiben / daß keine warheit bey ihnen platz findet.“ 69 Arnold, Christenthum, 489. 70 Vgl. Arnold, Christenthum, 486.
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gegeben hat, ist ein solches Lesen „nichts anders dann einige kräfftige Wahrheiten / zur Betrachtung und Ausübung vor sich nehmen“71. Statt viel zu lesen,72 müsse man, wie die Biene den Nektar der Blume aussaugt, die gelesenen Heilstatsachen meditieren, d.h. den Lesevorgang an sich zum Anlass für die Kontemplation nehmen,73 welche ihrerseits wiederum nicht an die Lektüre gebunden sei, sondern eine „dazu erwehlte[] Stunde“74 und eine Konzentration des Gemüts erfordere. Das betrachtende Lesen verlangt also immer die Distanzierung vom Gelesenen und von den eigenen Verstandesaktivitäten, bis sich der Leser „durch die Wirckung des lebendigen Glaubens in die Gegenwart GOttes gestellet hat“75. Vor dem Hintergrund der Homiletik Arnolds und der quietistischen Lesepsychologie leuchten die im Titel der Betrachtung genannten Attribute unmittelbar ein: Mit „geheim“ kommt das Anliegen der mystischen Verinnerlichung des Gelesenen, mit „innig“ der von Arnold präferierte Verkündigungsmodus einer zierlichen, auf die meditative, metatextuelle Ebene verweisenden Paraphrase und mit dem „gerichtet auf“ der Referenzpunkt der Auslegung zum Ausdruck: Nicht das Verstehen des Textes, sondern das Verstehen der Gotteserfahrung des Menschen im Spiegel des biblischen Textes ist Gegenstand der Auslegung. Diesem Anliegen entspricht nun auch die eigentliche Vorrede zur Psalmenbetrachtung, deren Verfasserschaft ebenso im Unklaren bleibt wie die der Betrachtung selbst. Sie ist als „Vorbereitung“ zur Lektüre der Paraphrasen ausgewiesen und stimmt insofern mit Arnolds bibelhermeneutischen Erwägungen überein, als die Psalmen durchweg als Ausdrucksformen eines Gesprächs „der Seele […] mit GOttes Geist“76 verstanden werden, welches den Leser wiederum dazu anregen soll, die verborgene Wirksamkeit Gottes in seiner Seele zu reflektieren.77 Beschrieben werden verschiedene, psychologische Prozesse, die sich in Anbetracht der Psalmenlektüre einstellen können, sei es die Vergeistigung aller äußerlichen Anfechtungen oder die Überwindung der aufwallenden Affekte, in den Worten der Vorrede: „Salomonis wollüste“78. Der „rechte schlüssel Davids“ sei „CHRISTI Geist selber und sein lebendig wort / womit er die begierde der gläubigen auffschleusst / nach ihm zu hungern“.79
71 Jeanne-Marie Bouvier de La Motte Guyon, Etliche vortreffliche || Tractätlein || aus der Geheimen || GOttes=Gelehrtheit: || Nehmlich || I. Der Madame Guion || Kurtzes und sehr leichtes Mittel zu beten [...] und ietzo nebst einem historischen || Vorbericht […], (ed. Gottfried Arnold; Frankfurt a. M.: Johann Christoph König, 1701), 59 72 Guyon, Tractätlein, 60: „Nicht die Vielheit des Lesens nützet Vortheil / so sehr / als die Art des Lesens.“ 73 Vgl. Guyon, Tractätlein, 60. 74 Guyon, Tractätlein, 61. 75 Guyon, Tractätlein, 61. 76 Gottfried Arnold, Die Evangelische Botschafft || Der || Herrlichkeit GOttes || in || Jesu Christo / || nach denen ordentlichen || Sonn= und Fest=Tags=Evangelien || vorgetragen / || Aus denen alten Kirchenlehrern erläutert / und nebenst || einigen andern geistlichen reden / || Wie auch Kurtzen betrachtungen über den Psalter || auf begehren ans licht gestellet || von || Gottfried Arnold / || Kön. Preuß. Inspectore zu Werben (Frankfurt a. M.: Thomas Fritsch, 1706), 1339. 77 Arnold, Botschafft, 1339–1340: „Unterdessen wird dadurch nicht geläugnet / daß nicht auch die gebete aus den psalmen könten gebraucht werden / wenn sich von aussen feinde finden: nur daß es im rechten sinn des Geistes geschehe. Solches ist aber / daß wird den schlüssel Davids suchen / der die versöhnung und vorbitte JESU allezeit fest gründe / und daß der mensch wohl forsche / was in ihm darwider vor grimm zum verderben über andere auffsteige / ob es nicht sein eigen feuer der natur sey.“ 78 Arnold, Botschafft, 1339. 79 Arnold, Botschafft, 1341.
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Dieser Hermeneutik folgt nun auch die Paraphrase von Psalm 110, wobei sich hier eine eschatologische Vorstellung in den Vordergrund drängt, die in besonderer Weise dem radikalen Pietismus zu eigen ist: die der Apokatastasis Panton.80 [Ps 110,1] JEhova spricht zu JEsu meinem HErrn: Setze dich zu meiner rechten / versoͤhne und bringe alles wieder zurecht / was in der Natur abtruͤnnig und feindselig worden ist. Beherrsche alle meine geschoͤpffe in dir / denn sie sind dein / und aller grimm und stoltz soll sich zu deinen fuͤssen in deine demuth und sanfftmuth beugen / dir unterthan zu werden und durch dich mich anzubaͤten. Alles hoffaͤrtige soll beschaͤmet werden vor der herrschafft und uͤberwindung / die in dem demuͤthigen lamm eroͤffnet wird. Ja der stoltz soll in seinem eigenen zorn=feuer selbst verbrennen. [2] Also wird Jehovah das scepter auß zion senden / der held wird auß seinen neugebornen kindern hervorgehen / daß alles feindselige und stoltze sich unter ihn beuge / und dem lamm ehre und anbetung gebe. [3] Alle voͤlcker sollen dir ein willig opffer werden / und dein angesicht suchen / und in dir genesen / auch dich in heiligkeit anbaͤten. Also werden dir deine Kinder gebohren werden / wie der thau auß der morgenroͤthe / wie die tropffen im regen und im meer / wie der sand am ufer / und wie die sterne am himmel. [4] Der in JEsu versoͤhnende geist setzet hinzu: Jehovah hat geschworen und es wird ihn nicht gereuen / sondern soll in die wahre erfuͤllung gehen. Denn due JEsus in Jehovah bist der einige wahre Hohepriester biß in ewigkeit / das einmal vollguͤltige versuͤhn=opffer vor alle gefallene in der gantzen welt. In dir soll alles wiederbracht werden / was verloren war. [5] Jehovah ist der gerechte starcke / der die koͤnige der boßheit zubrechen und zu nicht machen wird in seinem zorn.
80 Die Apokatastasis wird vor allem von den Petersens vertreten und verteidigt. Vgl. Albrecht, Petersen, 271–301; doch auch Arnold kommt in seinen Predigten gelegentlich auf die Apokatastasis zu sprechen, vgl. etwa die Wochenpredigt zu Gen 14 in Arnold, Christentum, 223: „Denn so viel wir Christi geist / oder Christum im geist haben / anziehen und behalten; so viel haben wir erlösung und seligkeit / nicht mehr oder weniger. Sintemal es in dem werck unserer herwiederbringung endlich und vornemlich allein ankömmt auf diejenigen würckungen JEsu Christi / die er in iedem hertzen besonders ausrichten muß. Und hierinnen liegt der gantze grund / warum die warheit in der schrifft auch ins besondere die sonst allgemeinen schätze des heils denen gäubigen und auserwehlten beylegt / weil nemlich diese allein in der that sich von dem H. Geist recht von der welt aussondern / erwehlen und erlösen lassen: da es die andern wegwerffen“. In dieser Predigt geht Arnold auch auf Ps 110 ein (235): „Und so segnet dich der Sohn dem HErrn / als seinem Vater / mit allem / was du bist / und GOtt hat ehre wiederum von dir / seiner erneuerten creatur. Diese benedeyung aber und auffopfferung hat kein auffhören: es gereuet auch den HErrn nicht; denn er hats mit einem eyd beschworen; das wird ihn gereuen / wie der 110 Ps. sagt“.
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[6] Ja er selbst wird richten und grosse schlachten thun / und den boßhafftigen und wiederwaͤrtigen umbringen mit dem schwerd seines mundes / daß das haupt der boßheit über alle landes selbst verderbe. [7] Er selbst wird trincken und anziehen die krafft und grosse macht seiner staͤrcke zum gerechten sieg auff dem wege zur erloͤsung. Darum wird er das haupt seiner macht empor heben / daß ihm nichts wiederstehen / sondern alles sich vor ihm beugen und ihn anbeten soll. Denn des HErrn mund hats zum HErrn und Heyland der gantzen creatur geredet / und er wird’s auch treulich halten.81 Es handelt sich bei der Paraphrase von Ps 110 um ein besonders eindrückliches Dokument radikalpietistischer Frömmigkeit, alttestamentlicher Hermeneutik und quietistischer Lesepsychologie: Sie zielt auf die mystische Verinnerlichung, indem in die ihr zugrunde liegende Luther-Übersetzung Anknüpfungs- und Überstiegspunkte eingewoben sind, anhand derer der Leser – vom Psalm ausgehend und von ihm abstrahierend – das Wirken Christi als Allversöhner und Allherrscher in seiner eigenen Seele wahrnehmen, meditieren und internalisieren soll. Dazu universalisiert der bzw. die Paraphrasierende den Psalm durch die betonte Verwendung von Pronominaladjektiven und Indefinita („alle“) (im Text kursiv). Die eschatologischen Elemente und die Rede von der Wiederbringung (fett gedruckt) werden durchweg psychologisiert, d.h. auf das Seelenleben des Lesers, insbesondere die innerseelischen Widerstände der Seele gegen eine solche Allherrschaft zurückprojiziert (unterstrichen). Die Paraphrase ebnet damit den Weg vom biblischen Text zur Gottes- und Seelenschau und instruiert den Leser dazu, sich selbst im Lichte der Herrschaft Jesu über die Schöpfung zu prüfen. Insbesondere in der Paraphrase von Vers 4, der Rede vom Priesteramt Melchisedeks, laufen diese Linien zusammen, insofern hier der Ewigkeitsanspruch der Herrschaft Christi individualisiert und seiner radikalen Zukünftigkeit enthoben wird. Im Akt des Lesens selbst, wohl gemerkt: des kontemplativen, achtsamen, nach Innen gerichteten Lesens, veranschaulicht, ja realisiert sich die hohepriesterliche Herrschaft Christi.
4. Zwischen Garten, Stadt und Firmament – Konturen und Diffusionen lutherischer Psalmenhermeneutik im Spiegel der Auslegungsgeschichte von Ps 110 Hier wurden drei Zugänge zu Psalm 110 und insbesondere zur Auslegung des „Hohepriesteramts nach der Ordnung Melchisedeks“ (Ps 110,4) aus Reformation, lutherischer Orthodoxie und (Radikalem) Pietismus skizziert, um die Konturen lutherischer Psalmenhermeneutik zu erschließen. Diese drei Zugänge repräsentieren spezifische Perspektiven auf den Psalter, die einander keineswegs ablösen, sondern vielmehr ergänzen. Der wissenschaftliche Zugang, wie er in Melanchthons Psalmenkommentar anschaulich wurde, ist von der Rhetorik und Dialektik, d.h. vom universitären Schulbetrieb bestimmt. Er beruht auf einer Loci-basierten
81 Arnold, Botschafft, 1499–1500.
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Methode, anhand derer der Textbefund und der – nach theologischen Loci geordnete – gesamtbiblische Horizont in ein sich gegenseitig auslegendes Verhältnis gesetzt werden. Dass das Priesteramt Melchisedeks auf Christus verweisen muss, erschließt Melanchthon anhand verschiedener Momente der Ähnlichkeit – Passion, Segen und Gemeinschaftsstiftung – und in Anwendung syllogistischer Schlussfolgerungen. Der predigende Zugang, verkörpert in der Psalterpostille Johann Arndts, ist von der formalisierten Homiletik des ausgehenden 16. Jahrhunderts und der im Gottesdienst situierten Oszillation zwischen Exegese und Verinnerlichung geprägt. Arndts Auslegungen operieren in einem homiletischen Spannungsfeld von explikativer Literalexegese und applikativer Erbauung und rücken die Vermittlung der Gnadentaten Christi in ihr Zentrum, wobei die Rede vom Priesteramt nach Melchisedek als Hinweis auf die Ewigkeit und Allgemeingültigkeit dieser Zueignung verstanden wird. Der paraphrasierende Zugang in den Psalmenmeditationen aus dem Umfeld des (radikal)pietistischen Kirchenkritikers und Pfarrers Gottfried Arnold folgt einer christozentrischen Homiletik und dem Ansatz mystisch-quietistischer Lesekontemplation und ergibt sich aus der persönlichen, meditativen Begegnung von Text und Leser. Hier wird die Herrschaft des Priesterkönigs Christus konsequent entgrenzt: Die Rede von Melchisedek begründet die mystische Herrschaft Christi in der Individualseele und die Antizipation der eigentlich endzeitlich gedachten Apokatastasis. Gewiss zeigt sich von Auslegung zu Auslegung eine zeit- und gattungsbedingte Individualisierung, Enthistorisierung und Destabilisierung des literal-exegetischen Ansatzes: Tendiert die akademische Auslegung in die ekklesiologische Affirmation, zielt die Psalmenpredigt auf die Annahme der Wohltaten Christi durch die einzelnen Hörer, während die zur Privatlektüre gedachte Paraphrase Achtsamkeit für die individuale Herrschaft des Pantokrators in der Seele des Menschen schaffen möchte. Trotz ihres unterschiedlichen Sitzes im Leben – universitärer Lehrbetrieb, Gottesdienst, Privatlektüre – repräsentieren die drei Zugänge jedoch eine typisch lutherische Hermeneutik, insofern das pro me der Heilstat Christi und damit die glaubenerweckende Valenz der Melchisedek-Allusion im Fokus steht, während (naheliegende) abendmahlstheologische Reflexe, die sich aus der intertextuellen Nähe von Gen 14 und Ps 110,4 ergeben, deutlich gedämpft werden: Die Auslegung der Melchisedek-Reminiszenz bezweckt durchweg die Vergegenwärtigung des Heilshandelns Christi an den Gläubigen. Nicht nur die exzeptionelle Ehrwürdigkeit des Psalters und seine unterhinterfragbare Bedeutung für den christlichen Gottesdienst wie auch die private Frömmigkeit, sondern auch der Umstand, dass die christliche, auch die reformatorische und nachreformatorische Exegese eine Spezialhermeneutik des Psalters entwickelt, methodologisch ausdifferenziert und technisch verfeinert hat, hat sich seit alters her in verschiedenen Allegorien ausgedrückt: Eine Stadt mit verriegelten Häusern82 erfordert einen Bund mit vielen Schlüsseln, ein blühender Lustgarten83 botanisches Fachwissen wie auch die Gabe liebevoller Achtsamkeit, das Arzneikästchen84 (selbst)diagnostische Verständigkeit, das davidische Harfenspiel85 eine ihm 82 83 84 85
Hilar. tract. psal. instr. 24 (CSEL 22;18,18–19,5). Athan. Ep. Marcell. 2. 30 (PG 27,11–12.41–42). Nicetas, De vtilitate hymnorum, V (Ed. Turner; JThS 24; 1923; 233–252, hier 235,9–236,22). Hesychius, ἐπίγραμμα ἱστορίας εἰς τὸ ψαλτήριον (Ed. Mercati, Note die letteratura biblica e cristiana antica [StT 5], 1901, 155–168, hier 167,13–168,10).
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entsprechende Musikalität. Gäbe es – in Anbetracht der erwogenen lutherischen Zugänge – ein Bild, das dem „Heubtpsalm“ Ps 110 angemessen wäre? Gelesen werden sollte er jedenfalls unter dem Firmament seiner Ausleger, vor dem Panorama seiner vielfältigen, innerbiblischen Verschränkungen, in Hochachtung seiner poetischen Kraft und vielleicht in Erwägung seines besonderen Charakters als einer belauschten Unterhaltung zwischen Gott und seinem Gesandten. Möchte man also ein treffendes Bild für den lutherischen „Heubtpsalm“ finden – naheliegend wäre vielleicht die sommerabendliche Causerie auf einer blühenden Altane über den Zinnen einer prächtigen Stadt.
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Stellenregister* Altes Testament Gen 12–15.................................................. 7.10 Gen 12 ................................................ 10.69.73 Gen 12,1–10.................................................. 19 Gen 12,4 .................................................. 68.71 Gen 12,6–11.................................................... 6 Gen 12,6–7............................................. 12.371 Gen 12,7 ....................................................... 11 Gen 12,8 ....................................................... 10 Gen 12,10–20................................................ 19 Gen 12,10...................................................... 68 Gen 12,16...................................................... 19 Gen 13 .................................................. 7.10.11 Gen 13,1 ................................................ 19.420 Gen 13,3 ......................................................... 6 Gen 13,10...................................................... 69 Gen 13,12........................................................ 6 Gen 13,18................................................... 9.10 Gen 14 .................. 3.166.508.509.511.512.518 Gen 14,1–15,6................................................. 9 Gen 14,13.......................................... 6.417.421 Gen 14,15........................................................ 3 Gen 14,17................................................... 6.11 Gen 14,18.................................................... 505 Gen 14,20........................................................ 2 Gen 15 ............................................ 1–12.70.73 Gen 15,3 ....................................................... 21 Gen 15,4 ....................................................... 21 Gen 15,7 .................................................. 68.70 Gen 15,9–10.................................................. 10
Gen 15,13–16................................................ 67 Gen 15,13 ..................................................... 68 Gen 15,18 ..................................................... 65 Gen 15,19 ................................................... 340 Gen 16–21 .................................................... 73 Gen 16 .................................................... 13–24 Gen 16,6 ....................................................... 71 Gen 16,21 ..................................................... 67 Gen 17 ........................... 13–24.27.31.35.37.60 Gen 17,1–8 .............................................. 27.41 Gen 17,2–6 ................................................... 28 Gen 17,7–8 ................................... 28.30–32.43 Gen 17,7 ...................................... 29.30.37.156 Gen 17,8 ....................................................... 60 Gen 17,9–14....................................... 27.40–45 Gen 17,12 ..................................................... 42 Gen 17,14 ................................................... 161 Gen 17,15–22........................................... 27.30 Gen 17,15–21................................................ 43 Gen 17,19 ......................................... 30.37.156 Gen 17,23–27..................................... 27.40–45 Gen 17,27 ................................................ 37.42 Gen 18 .......................................................... 19 Gen 18,2 ..................................................... 484 Gen 18,9 ....................................................... 53 Gen 18,13 ..................................................... 53 Gen 18,20 ..................................................... 69 Gen 19 .............................................. 70.73.283 Gen 19,1–11.................................................. 68
*Das
Register listet antike und mittelalterliche Quellen auf. Wenn Aufsatztitel Bibelstellen (im Umfang von höchstens vier Kapiteln) enthalten, sind diese im Register fettgedruckt. Verse, die dieser Stelle integral sind, werden nicht eigens im Register verzeichnet. Bei Aufsätzen, die die durchschnittliche Länge deutlich überschreiten, sind auch die einzelnen Gliederungspunkte jeweils im Fettdruck ins Register aufgenommen worden. Die Abkürzungen im Register folgen in der Regel dem Abkürzungsverzeichnis der RGG4.
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Stellenregister
Gen 19,12–14................................................ 68 Gen 19,12................................................. 68.70 Gen 19,14...................................................... 70 Gen 19,15...................................................... 50 Gen 19,23...................................................... 55 Gen 20 ........................................................ 143 Gen 20,6 ....................................................... 15 Gen 20,12.................................................... 143 Gen 20,17...................................................... 15 Gen 21 .................................................... 13–24 Gen 22,1 ....................................................... 15 Gen 22,3 ....................................................... 15 Gen 22,9 ....................................................... 15 Gen 22,14...................................................... 55 Gen 22,17...................................................... 23 Gen 23 ............................................................ 9 Gen 23,2 ....................................................... 60 Gen 23,19...................................................... 60 Gen 24,23............................................... 53.128 Gen 24,47...................................................... 53 Gen 24,49...................................................... 53 Gen 24,67...................................................... 62 Gen 25–32..................................................... 58 Gen 25 ....................................................... 9.24 Gen 25,8 .................................................... 9.60 Gen 25,12...................................................... 99 Gen 25,19–34................................................ 19 Gen 25,19...................................................... 99 Gen 25,21–26................................................ 60 Gen 25,27–34................................................ 63 Gen 25,28...................................................... 62 Gen 26,14–15................................................ 38 Gen 27 ................................................ 19.59.60 Gen 27,1–45.................................................. 60 Gen 27,1 ....................................................... 59 Gen 27,2 ....................................................... 59 Gen 27,4 ....................................................... 59 Gen 27,10...................................................... 59 Gen 27,40–45........................................... 62.63 Gen 27,40................................................. 61.64 Gen 27,41–45................................................ 61 Gen 27,42–45................................................ 64 Gen 27,45................................................. 61.62
Gen 27,46–28,5............................................. 60 Gen 28 ........................................................ 514 Gen 28,4 ....................................................... 60 Gen 28,5 ....................................................... 71 Gen 28,7 ....................................................... 70 Gen 28,10 ........................................... 61.64.71 Gen 28,11–22................................................ 49 Gen 28,13 ..................................................... 61 Gen 28,15 ..................................................... 70 Gen 28,19 ................................................ 48.54 Gen 29 ........................................................ 143 Gen 29,4 ....................................................... 71 Gen 29,15 ..................................................... 53 Gen 29,18 ..................................................... 70 Gen 29,35 ................................................ 53.96 Gen 30,1–8 ................................................... 18 Gen 30,20 ................................................... 371 Gen 30,43 ..................................................... 52 Gen 31 ..................................................... 70.73 Gen 31,3 ....................................................... 70 Gen 31,13 ..................................................... 70 Gen 31,20–23................................................ 71 Gen 31,28 ..................................................... 59 Gen 32,3 ....................................................... 49 Gen 32,4–22.................................................. 60 Gen 32,6 ....................................................... 52 Gen 32,14 ..................................................... 49 Gen 32,18 ..................................................... 53 Gen 32,21 ..................................................... 52 Gen 32,22 ..................................................... 49 Gen 32,23–33.......................................... 47–58 Gen 32,29 ..................................................... 58 Gen 33,10 ..................................................... 57 Gen 33,12–17................................................ 57 Gen 34 ........................................................ 146 Gen 35 .......................................................... 61 Gen 35,1–5 ................................................. 371 Gen 35,5 ....................................................... 71 Gen 35,6 ....................................................... 49 Gen 35,18 ..................................................... 53 Gen 35,22 ..................................................... 96 Gen 35,27–29................................................ 60 Gen 35,29 ..................................................... 59
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Stellenregister Gen 36,1 ....................................................... 99 Gen 36,7 ....................................................... 60 Gen 36,9 ....................................................... 99 Gen 36,15............................................. 337.340 Gen 37,1 ....................................................... 60 Gen 37,2 ....................................................... 99 Gen 37,7 ....................................................... 96 Gen 37,9 ....................................................... 96 Gen 37,10...................................................... 96 Gen 37,16...................................................... 53 Gen 37,35...................................................... 62 Gen 38,12...................................................... 62 Gen 38,29...................................................... 98 Gen 39–41................................................... 423 Gen 39,14...................................... 417.418.421 Gen 39,17...................................... 417.418.421 Gen 40,15...................................... 417.421.423 Gen 41,12............................... 417.418.421.422 Gen 42,6 ....................................................... 96 Gen 43,7 ....................................................... 53 Gen 43,23.................................................... 423 Gen 43,28...................................................... 96 Gen 43,32............................................. 417.421 Gen 44,4 ....................................................... 71 Gen 46 .......................................................... 61 Gen 46,8–11.................................................. 90 Gen 46,9–10.................................................. 90 Gen 46,12...................................................... 98 Gen 48 .......................................................... 59 Gen 49 ........................................................ 273 Gen 49,1–28........................................ 283–284 Gen 49,3–7.................................................... 91 Gen 49,5–7.................................................... 97 Gen 49,8 ....................................................... 96 Gen 49,8–10.................................................. 89 Gen 49,8–12...................................... 96.97.102 Gen 49,26.................................................... 285 Gen 49,29...................................................... 60 Gen 49,33...................................................... 60 Gen 50,10–11................................................ 64 Ex 1–14................................................ 105.106 Ex 1–15................................................ 112.417 Ex 1,15–19 .................................................. 423
523
Ex 1,15–16 .................................................. 423 Ex 1,16................................................. 417.418 Ex 1,19.......................................... 417.418.423 Ex 1,21........................................................ 423 Ex 2–3.................................................. 356.357 Ex 2,1–10 .................................................... 423 Ex 2,1............................................................ 90 Ex 2,6............................................ 417.418.423 Ex 2,7............................................ 417.418.423 Ex 2,11 ........................................................ 423 Ex 2,19........................................................ 356 Ex 2,20.......................................................... 53 Ex 2,23–25 .................................................... 31 Ex 2,24.............................................. 38.39.174 Ex 3–4................................................. 75.76.77 Ex 3,1–6.................................................. 75–86 Ex 3,1............................................................ 77 Ex 3,11 .......................................................... 68 Ex 3,12.......................................................... 75 Ex 3,16........................................................ 295 Ex 3,18.......................................... 417.418.423 Ex 3,21–22 .................................................. 423 Ex 3,22.......................................................... 53 Ex 4,16.......................................................... 89 Ex 4,24–26 ............................................. 58.423 Ex 4,27–28 .................................................... 58 Ex 5 .......................................................... 423 Ex 5,3............................................ 417.418.423 Ex 6,2–12 ...................................................... 90 Ex 6,2–9........................................................ 89 Ex 6,2–8................................................... 31.35 Ex 6,4....................................................... 32.60 Ex 6,5.......................................................... 174 Ex 6,6–7........................................................ 68 Ex 6,7..................................................... 36.270 Ex 6,10–13 .................................................... 89 Ex 6,12–27 .................................................. 100 Ex 6,13–30 .................................................... 90 Ex 6,14–27 .................... 88.89.91.93.96.97.102 Ex 6,14–25 .............................................. 88–89 Ex 6,14.......................................................... 90 Ex 6,16–25 .................................................... 90 Ex 6,20........................................................ 144
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524
Stellenregister
Ex 6,23 .................................................. 87–103 Ex 6,28–30 .................................................... 89 Ex 7,1–13 ...................................................... 90 Ex 7,1............................................................ 89 Ex 7,2............................................................ 67 Ex 7,16 .......................................... 417.418.423 Ex 8,18 ........................................................ 270 Ex 9,1............................................ 417.418.423 Ex 9,13 .......................................... 417.418.423 Ex 10,3 .......................................... 417.418.423 Ex 10,4 .......................................................... 67 Ex 11,1–3 .................................................... 423 Ex 11,4 ................................................. 241.245 Ex 11,13 ...................................................... 417 Ex 12–13 ............................... 221.240–243.245 Ex 12 ............................................ 241.242.245 Ex 12,3–4 .................................................... 221 Ex 12,3 ........................................................ 242 Ex 12,6 ........................................................ 242 Ex 12,8 ........................................................ 241 Ex 12,15................................................. 42.231 Ex 12,17........................................................ 68 Ex 12,19................................................. 42.231 Ex 12,21–23 ................................................ 240 Ex 12,21...................................................... 295 Ex 12,27...................................................... 240 Ex 12,29............................................... 241.245 Ex 12,35–36 ................................................ 423 Ex 12,37...................................................... 113 Ex 12,40............................................... 100.113 Ex 12,41........................................................ 91 Ex 12,42...................................................... 241 Ex 12,43–45 .................................................. 44 Ex 12,44........................................................ 44 Ex 12,48–49 .................................................. 44 Ex 12,48........................................................ 44 Ex 13–15 ..................................................... 108 Ex 13,3–16 .................................................. 424 Ex 13,3–4 .................................................... 221 Ex 13,4–6 ............................................. 234.243 Ex 13,4 ................................................. 216.230 Ex 13,6–7 ............................................. 231.244 Ex 13,6 ................................................. 216.234
Ex 13,7........................................................ 231 Ex 13,14–17 ................................................ 223 Ex 13,15...................................................... 216 Ex 13,17–14,31 ..................... 105.106.108–111 Ex 13,17–18 ......................................... 114.115 Ex 13,17........................................................ 67 Ex 13,20...................................................... 113 Ex 14 ...................................... 71.105–117.325 Ex 14,5–9 ...................................................... 71 Ex 14,5..................................................... 67.71 Ex 14,13...................................................... 324 Ex 14,14...................................................... 326 Ex 14,17...................................................... 220 Ex 14,25...................................................... 326 Ex 15 .............................. 105.106.116.365.372 Ex 15,1–21.................................................. 105 Ex 15,1–18.................................................. 116 Ex 15,13...................................................... 365 Ex 15,21...................................................... 116 Ex 16,3.......................................................... 69 Ex 16,12...................................................... 270 Ex 16,14–27 ................................................ 102 Ex 17,1–7 .................................................... 285 Ex 18,12...................................................... 295 Ex 19–24..................................................... 411 Ex 19–20..................................................... 231 Ex 19 .......................... 77.78.79.83.84.120.383 Ex 19,1........................................................ 426 Ex 19,5–6 ............................... 378.379.382.411 Ex 19,5........................................................ 412 Ex 19,6................................................... 88.415 Ex 19,18–19 .................................................. 78 Ex 20,1........................................................ 215 Ex 20,2–17.................................................. 426 Ex 20,10...................................................... 297 Ex 20,19...................................................... 484 Ex 20,20–23 ................................................ 404 Ex 20,21–22 ................................................ 293 Ex 20,22–23,33 ................................... 119–138 Ex 20,22....................................... 129–130.215 Ex 20,23.............................................. 129–130 Ex 20,24–26 ................................. 128–129.215 Ex 21–23..................................................... 139
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Stellenregister Ex 21,1 ................................................ 127–128 Ex 21,2–11 .......................................... 126–127 Ex 21,2 ................................................. 417.420 Ex 22,4–5 .................................................... 252 Ex 22,20–26 ........................................ 131–135 Ex 22,20...................................................... 152 Ex 22,27–30 ................................................ 135 Ex 22,28–29 ........................... 215.218.241.245 Ex 23 ...................... 216.233.244.379–381.383 Ex 23,1–19 .......................................... 135–136 Ex 23,9 ........................................................ 152 Ex 23,14–19 ........................... 213.215.216.222 Ex 23,14–17 .......... 218–221.223.224.226–228. 235.241.244 Ex 23,14................................. 216.218.220.227 Ex 23,15–16 ......................................... 218.219 Ex 23,15................. 218–222.230.233.235.236. 242–245 Ex 23,16............................................... 222.226 Ex 23,17................................... 55.216.218.222 Ex 23,18–19 ................................................ 216 Ex 23,18........................................ 233.234.241 Ex 23,19...................................................... 218 Ex 23,20–23 .......................... 376–378.380.382 Ex 23,20...................................................... 380 Ex 23,21............................................... 380.381 Ex 23,22...................................................... 380 Ex 23,23............................................... 379.381 Ex 23,27...................................................... 382 Ex 24 .................................. 78.83.425.426.427 Ex 24,1 ........................................................ 295 Ex 24,3 ........................................................ 293 Ex 24,4 ........................................................ 293 Ex 24,7 ............................ 119.289.293.297.303 Ex 24,12–18 ................................................ 425 Ex 24,12............................................... 297.426 Ex 25,10–22 ................................................ 295 Ex 25,16...................................................... 295 Ex 25,21–26 ................................................ 295 Ex 25,22...................................................... 295 Ex 28 .......................................................... 400 Ex 28,17–20 ........................... 396.399.400.404 Ex 28,36...................................................... 379
525
Ex 29,9........................................................ 205 Ex 29,45–46 .................................................. 35 Ex 29,45........................................................ 36 Ex 29,46...................................................... 270 Ex 31,12–17 ......................................... 427.432 Ex 31,14........................................................ 42 Ex 32–34..................................................... 283 Ex 32 .......................................................... 200 Ex 32,2.......................................................... 96 Ex 32,7–14 .................................................. 200 Ex 32,9........................................................ 283 Ex 32,14–19 ................................................ 217 Ex 33,1.......................................................... 61 Ex 33,3........................................................ 283 Ex 33,5........................................................ 283 Ex 33,7–11 .................................................. 276 Ex 33,7........................................................ 280 Ex 33,20................................................. 55.484 Ex 34 ..................................... 222.241.245.295 Ex 34,9........................................................ 283 Ex 34,18–26 ......................................... 221.245 Ex 34,18................................. 222.231.234.243 Ex 34,20...................................................... 219 Ex 34,22................................. 219.222.226.229 Ex 34,23–24 ................................................ 222 Ex 34,23...................................................... 215 Ex 34,24...................................................... 244 Ex 34,25................................. 233.234.241.244 Ex 34,28...................................................... 295 Ex 35,30........................................................ 96 Ex 37,1–9 .................................................... 295 Ex 38,33........................................................ 96 Ex 39,30...................................................... 379 Ex 40,3........................................................ 295 Ex 40,5........................................................ 295 Ex 40,20–21 ................................................ 295 Ex 40,20...................................................... 295 Lev 1,1 ........................................................ 201 Lev 2,13 ...................................................... 178 Lev 7,20–21 .................................................. 42 Lev 7,25 ........................................................ 42 Lev 7,27 ........................................................ 42 Lev 9,1 ........................................................ 295
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526
Stellenregister
Lev 15 ......................................................... 144 Lev 17–26 .................... 26.33.119.151.152.202 Lev 17,1–9 .................................................... 34 Lev 17,1–2 .................................................. 120 Lev 18 .................................... 139.140.144.149 Lev 18,7 ...................................................... 142 Lev 18,8 ...................................................... 142 Lev 18,9 ...................................................... 142 Lev 18,10 .................................................... 146 Lev 18,11 .................................................... 142 Lev 18,12 .................................................... 144 Lev 18,13 .................................................... 146 Lev 18,14 .................................................... 146 Lev 18,15 .................................................... 143 Lev 18,17 ............................................. 142.146 Lev 18,18 .................................................... 143 Lev 18,19 .................................................... 144 Lev 18,27 .................................................... 140 Lev 19 ......................................................... 153 Lev 19,2 ........................................................ 34 Lev 19,14 .................................................... 152 Lev 20 .................................... 139.140.144.149 Lev 20,7 ................................................. 34.142 Lev 20,12 .................................................... 143 Lev 20,15 .................................................... 124 Lev 20,18 .................................................... 144 Lev 20,19 .................................................... 144 Lev 20,21 .................................................... 144 Lev 20,22–23 .............................................. 140 Lev 20,26 ...................................................... 34 Lev 21,6–8 .................................................... 34 Lev 22,31 .................................................... 157 Lev 23 ............... 211.226.229.240.242.244.245 Lev 23,6 ...................................................... 244 Lev 23,14 ...................................................... 42 Lev 23,15 .................................................... 226 Lev 23,21 ...................................................... 42 Lev 23,28–30 ................................................ 42 Lev 24,1–28 ................................................ 151 Lev 24,8 ...................................................... 156 Lev 24,9 ........................................................ 34 Lev 24,10–23 .............................................. 180 Lev 25,1–2 .................................................. 160
Lev 25,1 ...................................................... 157 Lev 25,5–8 .................................................. 232 Lev 25,19 .................................................... 154 Lev 25,36–38 .............................................. 132 Lev 26 ................. 26.27.33.34.37.38.40.43–45. 151.152 Lev 26,3–13 .................................. 34–35.39.40 Lev 26,3–4 .................................................. 152 Lev 26,9–12 ............................................. 36.37 Lev 26,9 ........................................................ 37 Lev 26,11 ...................................................... 36 Lev 26,12 ...................................................... 36 Lev 26,14–15 ......................................... 38.152 Lev 26,15 ...................................................... 38 Lev 26,25 ...................................................... 38 Lev 26,40–45 ...................................... 38.39.40 Lev 26,42 ................................... 38.39.173.174 Lev 26,44 ...................................................... 39 Lev 26,45 ........................................ 39.173.174 Lev 27,34 .................................................... 201 Num 1–25 ................................................... 203 Num 1–21 ................................................... 211 Num 1–19 ................................................... 204 Num 1–10 ..................................... 163.201.202 Num 1 ......................................................... 203 Num 1,1–10,36 ........................................... 202 Num 1,1 ...................................................... 201 Num 1,4 ...................................................... 208 Num 1,5–15 .................................................. 96 Num 1,7 ................................ 92.96.98.100.101 Num 1,16 .................................................... 203 Num 1,21–46 ................................................ 96 Num 1,26–27 ................................................ 96 Num 2,3 ................................ 92.96.98.100.101 Num 2,6 ........................................................ 92 Num 2,8 ........................................................ 92 Num 2,9 ........................................................ 96 Num 3,1 ........................................................ 99 Num 3,15–4,26 ........................................... 169 Num 4,28 ............................................. 209.212 Num 5,1–4 .................................................. 181 Num 5,30 .................................................... 293 Num 7 ......................................................... 181
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Stellenregister Num 7,12 ..................................... 92.93.96.100 Num 7,17 .................................................... 100 Num 9 .................................................. 181.240 Num 9,1–14 ......................................... 180.182 Num 9,6–14 ................................................ 181 Num 9,6–13 ................................................ 182 Num 9,6–7 .................................................. 180 Num 9,7 ...................................................... 181 Num 9,10–12 .............................................. 180 Num 9,10 .................................................... 183 Num 9,13 ............................................... 42.181 Num 10–14 ................................................. 206 Num 10,1–10 .............................................. 173 Num 10,9 .................................................... 176 Num 10,10 .................................... 174.175.183 Num 10,14 ................................... 92.93.96.100 Num 11–25 ................................................. 163 Num 11–21 .......................................... 201.202 Num 11,1 ...................................................... 80 Num 11,3 ...................................................... 80 Num 11,5–6 .................................................. 69 Num 11,14–17 ............................................ 276 Num 11,16 .................................................. 295 Num 11,24–30 ............................................ 276 Num 11,30 .................................................. 295 Num 12,4–8 ................................................ 276 Num13–20 ........................................... 203.212 Num 13–14 .................... 202.209.338.339.345. 346.347 Num 13 ....................................................... 203 Num 13,2 ............................................. 203.346 Num 13,3 ............................................. 203.208 Num 13,6 ................................... 96.97.100.339 Num 13,8 .................................................... 280 Num 13,16 .................................................. 280 Num 13,17 .................................................. 346 Num 13,23–24 ............................................ 346 Num 13,26 ........................................... 342.345 Num 13,30 .................................................. 186 Num 14 ....................................................... 202 Num 14,6–9 ................................................ 186 Num 14,11–22 ............................................ 346 Num 14,12 .................................................. 186
527
Num 14,20–24 ............................................ 198 Num 14,21 ........................................... 345.346 Num 14,22–24 ............................................ 186 Num 14,23 .......................................... 185–200 Num 14,26–27 ............................................ 209 Num 14,27–35 ............................................ 186 Num 14,30 .................................................. 208 Num 14,31 ............................. 185.191.192.193 Num 14,40 .................................................. 346 Num 14,41 .................................................. 176 Num 15,30–31 ............................................ 202 Num 15,30 .................................................... 42 Num 15,32–36 ............................................ 180 Num 15,37–41 ............................................ 202 Num 15,39 .................................................. 202 Num 16–18 ................................... 163.170.172 Num 16–17 ................................... 169.170.172 Num 16 ....................................................... 171 Num 16,1 ............................................... 91.171 Num 16,3 ............................................. 170.171 Num 16,5 .................................................... 171 Num 16,6 .................................................... 171 Num 16,7–11 ................................ 169.171.172 Num 16,16–17 ............................................ 172 Num 16,19–22 ............................................ 172 Num 16,24 .................................................. 172 Num 16,27 .................................................. 172 Num 16,32 .................................................. 172 Num 17 ....................................................... 171 Num 17,1–15 ................................................ 88 Num 17,5 ...................................................... 91 Num 17,26–36 ............................................ 205 Num 17,16–28 ............................................ 170 Num 17,16–26 .............................................. 88 Num 17,23 .................................................. 102 Num 17,27–28 .............................................. 60 Num 18 ............................. 88.170.171.176.177 Num 18,19 ............................. 175.178.179.183 Num 18,22 .................................................. 177 Num 18,24 .................................................. 203 Num 19,13 .................................................... 42 Num 19,20 .................................................... 42 Num 20–24 ................................................. 206
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Stellenregister
Num 20–21 ................................................. 206 Num 20 ....................................................... 277 Num 20,1–13 .................. 202.203.205.212.277 Num 20,1–3 ................................................ 209 Num 20,3 ...................................................... 60 Num 20,12 .................................................. 277 Num 20,14–21 ............................................ 207 Num 20,22–29 ............................................ 277 Num 20,24 .................................................... 60 Num 20,26–28 ............................................ 205 Num 20,26 .................................................... 60 Num 20,29 .................................................... 60 Num 21,21–35 ............................................ 357 Num 21,12–23 ............................................ 277 Num 21,21 .................................................. 360 Num 21,34 .................................................. 324 Num 22–36 ................................................. 201 Num 22–25 ................................................. 206 Num 22–24 ................................................. 457 Num 22,1–36,13 ......................................... 203 Num 23,22 .................................................... 68 Num 24 ....................................................... 207 Num 25–36 ................................................. 207 Num 25 ....................................................... 387 Num 25,6–13 ................................................ 88 Num 25,13 .................................................... 94 Num 25,14–18 .............................................. 88 Num 26–36 ........................... 163.201–212.349 Num 26 ....................................................... 203 Num 26,29 .................................................. 208 Num 26,33 .................................................. 203 Num 26,52–56 ............................................ 203 Num 26,57–62 ............................................ 203 Num 26,59 ............................................. 89.144 Num 26,63–64 ............................................ 203 Num 26,64–65 ..................................... 203.209 Num 27,1–11 ....................................... 180.211 Num 27,12–23 ............................................ 205 Num 27,12 .................................................. 211 Num 27,13 .................................................... 60 Num 27,16–17 ............................................ 205 Num 27,18 .................................................. 205 Num 27,22–23 ............................................ 205
Num 28–29 .............. 204.211.229.240.242.245 Num 28,2 .................................................... 181 Num 28,16–25 ............................................ 232 Num 28,17 .................................................. 244 Num 30,6 .................................................... 208 Num 30,9 .................................................... 208 Num 30,12 .................................................. 208 Num 31 ......................................... 164.174.181 Num 31,2 ...................................................... 60 Num 31,12 .................................................. 204 Num 31,19 .................................................. 204 Num 31,24 .................................................. 204 Num 31,54 .................................................. 174 Num 32 ........... 203–206.208.210–212.346.347 Num 32,2 ...................................... 209.210.212 Num 32,3 ............................................. 208.209 Num 32,5–7 ................................................ 347 Num 32,5 .................................................... 209 Num 32,6–15 ........... 203.208.209.210.212.346 Num 32,7–15 ....................................... 210.346 Num 32,8–15 .............................................. 347 Num 32,8–13 ....................................... 346.350 Num 32,8–12 ....................................... 346.347 Num 32,8 ............................................. 209.346 Num 32,11 ........ 189.190.194.199.337.346.349 Num 32,12 ...................... 340.346.347.349.350 Num 32,16 .................................................. 346 Num 32,18 .................................................. 209 Num 32,22 .................................................. 209 Num 32,28 ........................................... 205.210 Num 32,29 .................................................. 209 Num 32,32 .................................................. 209 Num 32,33 .................................................. 208 Num 32,34–38 ..................................... 208.209 Num 32,39–42 ............................................ 208 Num 32,40–41 ............................................ 209 Num 32,40 .................................................. 209 Num 32,41 .................................................. 209 Num 33,1–49 .............................................. 164 Num 34 ................................................ 203.211 Num 34,1–12 ....................................... 204.209 Num 34,2–12 ....................................... 348.349 Num 34,17 .................................................. 205
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Stellenregister Num 34,18 ........................................... 203.208 Num 34,19 ............................................... 96.97 Num 35 ....................................................... 211 Num 35,9–29 .............................................. 124 Num 35,9–24 .............................................. 124 Num 36,1–12 ........................... 93.102.180.211 Num 36,13 .................................................. 201 Dtn 1–3 ........... 200.206.207.209.353.355–357. 360–362 Dtn 1 ..................................... 345.346.347.353 Dtn 1,1–5 ............................................. 207.290 Dtn 1,1 ................................... 121.252.297.311 Dtn 1,5 ................................................. 293.294 Dtn 1,16–19 ................................................ 381 Dtn 1,17 ...................................................... 381 Dtn 1,19–46 ................................................ 350 Dtn 1,19 ............................................... 208.209 Dtn 1,22–45 .................................. 337.345.346 Dtn 1,22 ...................................................... 345 Dtn 1,24 ...................................................... 345 Dtn 1,28 ...................................................... 345 Dtn 1,34–40 ................................................ 199 Dtn 1,36 ................................. 186.345.348.350 Dtn 1,37–38 ......................................... 199.207 Dtn 1,39 ........... 185-187.189.190.192.196.197. 199.298 Dtn 2–3 ................................................ 360.362 Dtn 2,5 ........................................................ 356 Dtn 2,9 ........................................................ 356 Dtn 2,12 ...................................................... 361 Dtn 2,22 ...................................................... 361 Dtn 2,24–25 .................................. 357.360.361 Dtn 2,26 ...................................................... 360 Dtn 2,34 ...................................................... 190 Dtn 3,8 ........................................................ 323 Dtn 3,12–20 ........................................ 206–210 Dtn 3,13–14 ................................................ 209 Dtn 3,13 ...................................................... 209 Dtn 3,14 ...................................................... 209 Dtn 3,15 ...................................................... 209 Dtn 3,23–28 ................................................ 207 Dtn 4 ............................................... 75–86.161 Dtn 4,2 ........................................................ 278
529
Dtn 4,6–8 .................................................... 411 Dtn 4,6–7 .................................................... 413 Dtn 4,6 ........................................................ 415 Dtn 4,7 ........................................................ 412 Dtn 4,8 ........................................................ 498 Dtn 4,10 ............................................... 298.302 Dtn 4,34 ...................................................... 411 Dtn 4,36 ............................................... 129.269 Dtn 4,44–51 ................................................ 290 Dtn 4,44–45 ................................................ 311 Dtn 4,44 ........................................ 294.295.302 Dtn 4,46 ........................................................ 68 Dtn 5–30 ..................................................... 294 Dtn 5–28 ..................................................... 290 Dtn 5–11 ..................................................... 356 Dtn 5 ...................................................... 75–86 Dtn 5,1 ................................... 218.290.297.298 Dtn 5,3 .......................................................... 69 Dtn 5,6–21 .................................................. 295 Dtn 5,14 ........................................ 297.306.308 Dtn 6,4 ........................................................ 218 Dtn 6,17 ...................................................... 121 Dtn 6,20–25 ................................................ 298 Dtn 7 .............................. 356.357.360.361.362 Dtn 7,1–6 ............................................. 357.358 Dtn 7,1–4 .................................................... 322 Dtn 7,4–11 .................................................. 152 Dtn 7,21–24 ................................................ 361 Dtn 8,1–6 ............................................ 266–267 Dtn 8,2–5 ............................... 268.269.270.272 Dtn 8,5 ................................................. 269.270 Dtn 9 ...................................................... 75–86 Dtn 9,23 ...................................................... 208 Dtn 10–11 ................................................... 152 Dtn 10,1–5 .................................................. 295 Dtn 10,5 ...................................................... 300 Dtn 10,8 ............................................... 295.300 Dtn 10,18–19 .............................................. 152 Dtn 10,19 .................................................... 152 Dtn 11 ......................................................... 152 Dtn 11,13–17 .............................................. 152 Dtn 11,13–15 .............................................. 152 Dtn 11,16–17 .............................................. 152
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530
Stellenregister
Dtn 11,17 .................................................... 152 Dtn 12–26 ............................................ 120.346 Dtn 12 ............................................. 11.213.314 Dtn 12,1 ............................................... 120.121 Dtn 12,6 ...................................................... 228 Dtn 12,7 ........................................ 308.309.312 Dtn 12,12 ............................................. 308.314 Dtn 12,13–28 .............................................. 241 Dtn 12,13–18 .............................................. 214 Dtn 12,13–14 ................. 128–129.214.218.239 Dtn 12,13 .................................................... 245 Dtn 12,15 ................. 129.215.218.220.228.244 Dtn 12,17–18 .............................................. 239 Dtn 12,17 .................................................... 228 Dtn 12,18 ...................................... 218.308.314 Dtn 13 ......................................................... 124 Dtn 13,1 ...................................................... 278 Dtn 14 .................................................. 213.245 Dtn 14,22–29 ....................................... 214.241 Dtn 14,22 ............................................. 218.245 Dtn 14,24 .................................................... 215 Dtn 14,25–26 .............................................. 214 Dtn 14,26–27 .............................................. 227 Dtn 14,26 ............................... 308.309.312.313 Dtn 15 .................................... 213.245.296.302 Dtn 15,1 ...................................................... 296 Dtn 15,9 ...................................................... 296 Dtn 15,12 ............................................. 127.420 Dtn 15,13–19 .............................................. 347 Dtn 15,19–23 ................................ 214.241.242 Dtn 15,19 ............................................. 218.245 Dtn 15,20 ...................................... 214.308.309 Dtn 15,35 .................................................... 323 Dtn 16 ........................................... 297.302.314 Dtn 16,1–17 ........................................ 213–145 Dtn 16,9–12 ................................................ 318 Dtn 16,9 ...................................................... 252 Dtn 16,11 ............................................. 308.316 Dtn 16,13 .................................................... 296 Dtn 16,14–27 .............................................. 308 Dtn 16,14 ............................................. 316.483 Dtn 16,15 ............................................. 297.318 Dtn 16,16 .................................................... 297
Dtn 17–30 ................................................... 291 Dtn 17–19 ................................................... 294 Dtn 17,8–13 ................................................ 381 Dtn 17,9 ...................................................... 300 Dtn 17,14–20 ................................................ 88 Dtn 17,17 .................................................... 251 Dtn 17,18–19 .............................................. 293 Dtn 17,18 .................................................... 291 Dtn 18,1 ...................................................... 300 Dtn 19,1–13 ................................................ 124 Dtn 19,1–10 ................................................ 124 Dtn 19,6 ...................................................... 124 Dtn 20 ........................................... 356.360.361 Dtn 20,6 ...................................................... 252 Dtn 20,10–20 ....................................... 322.332 Dtn 20,15–18 ....................................... 357.358 Dtn 20,15 .................................................... 361 Dtn 21–25 ................................................... 294 Dtn 21,5 ............................................... 294.300 Dtn 21,10–25,19 ......................................... 251 Dtn 22,9 ...................................................... 252 Dtn 23,1 ...................................................... 251 Dtn 23,2–26 ................................................ 251 Dtn 23,2–9 .................................................. 310 Dtn 23,16–26 .............................................. 251 Dtn 23,16–17 .............................................. 251 Dtn 23,19 .................................................... 251 Dtn 23,20–21 .............................................. 132 Dtn 23,20 .................................................... 251 Dtn 23,22–24 .............................................. 251 Dtn 23,22 .................................................... 251 Dtn 23,24 .................................................... 251 Dtn 23,25–26 ...................................... 247–262 Dtn 23,25 .................................................... 313 Dtn 24,1–4 .................................................. 251 Dtn 24,8 ...................................................... 300 Dtn 24,21 .................................................... 252 Dtn 25,5–10 ................................................ 144 Dtn 25,6 ...................................................... 144 Dtn 26,1 ...................................................... 251 Dtn 26,11 .................................................... 309 Dtn 26,19 .................................................... 411 Dtn 27 ......................................................... 290
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Stellenregister Dtn 27,1 ............................................... 290.295 Dtn 27,2–8 .................................................. 291 Dtn 27,3 ...................................................... 293 Dtn 27,8 ...................................................... 293 Dtn 27,9 ............................................... 290.300 Dtn 27,11 .................................................... 290 Dtn 27,21 .................................................... 124 Dtn 27,26 .................................................... 293 Dtn 28–33 ................................................... 151 Dtn 28–31 ........................................... 151–162 Dtn 28,10 .................................................... 483 Dtn 28,24 .................................................... 325 Dtn 28,45 .................................................... 121 Dtn 28,47 .................................................... 173 Dtn 28,58 ............................................. 291.293 Dtn 28,61 ............................................. 291.293 Dtn 28,69–29,8 .................................... 263.270 Dtn 28,69 ...................................... 264.266.311 Dtn 29 ................................................. 263–272 Dtn 29–30 ................................................... 290 Dtn 29,1 ............................................... 290.297 Dtn 29,15–30,20 ......................................... 160 Dtn 29,20 .................................................... 291 Dtn 29,28 .................................................... 293 Dtn 30,1–10 ................................................ 157 Dtn 30,10 .................................................... 291 Dtn 31–34 ............................. 273–287.289.303 Dtn 31–32 ................................................... 299 Dtn 31 .................................................. 289.290 Dtn 31,1–6 .................................................. 291 Dtn 31,1 ............................................... 290.297 Dtn 31,2 ............................................... 289.290 Dtn 31,7–8 .................................................. 291 Dtn 31,7 ............................................... 290.297 Dtn 31,9–13 ................................. 289–303.317 Dtn 31,13 .................................................... 298 Dtn 31,14 ...................................... 289.290.292 Dtn 31,14–15 .............................................. 291 Dtn 31,14–20 .............................................. 299 Dtn 31,15 .................................................... 290 Dtn 31,16–29 .............................................. 292 Dtn 31,16–18 .............................................. 291 Dtn 31,16 ............................................. 289.290
531
Dtn 31,19–21 .............................................. 291 Dtn 31,19 .................................................... 292 Dtn 31,22 ............................................ 290–293 Dtn 31,23 ............................................. 290.292 Dtn 31,24 ............................................ 290–293 Dtn 31,24–26 ...................................... 299–301 Dtn 31,25 ............................................. 290.300 Dtn 31,26–27 .............................................. 292 Dtn 31,26 ............................................. 289.300 Dtn 31,27 ............................................. 289.300 Dtn 31,28–29 .............................................. 292 Dtn 31,29 .................................................... 289 Dtn 31,30–32,43 ......................................... 301 Dtn 31,30 ............................................. 290.292 Dtn 32,1–43 ......................................... 292.298 Dtn 32,45 ............................................. 297.301 Dtn 32,46 .................................................... 293 Dtn 32,48–42 .............................................. 290 Dtn 32,50 ...................................................... 60 Dtn 33 ........................................................... 59 Dtn 33,1 ...................................................... 346 Dtn 33,8–11 .................................................. 97 Dtn 34 ......................................................... 290 Dtn 34,4 ...................................................... 290 Dtn 34,5 ...................................................... 361 Dtn 34,8 ........................................................ 64 Dtn 34,10–12 ................................ 152.155.158 Dtn 34,12 .................................................... 326 Jos 1–12 ............................................... 348.354 Jos 1–11 ...................................................... 349 Jos 1–8 ........................................................ 354 Jos 1,1–6 ..................................................... 301 Jos 1,1–2 ..................................................... 239 Jos 1,1 ......................................................... 361 Jos 1,7–8 ..................................................... 326 Jos 1,8 ......................................................... 289 Jos 1,13 ....................................................... 361 Jos 1,15 ....................................................... 361 Jos 1,16–18 ................................................. 326 Jos 3,1 ......................................................... 239 Jos 5 .......................................................... 240 Jos 5–11 ............................................... 327.331 Jos 5,5 ........................................................... 68
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Stellenregister
Jos 6–10 ...................................................... 328 Jos 7 .......................................................... 360 Jos 8,1 ......................................................... 331 Jos 8,3 ......................................................... 331 Jos 8,11 ....................................................... 331 Jos 8,31 ....................................................... 361 Jos 8,32 ....................................................... 291 Jos 8,33 ....................................................... 361 Jos 8,34–35 ................................................. 289 Jos 9 ................ 321.322.329.331.332.358.360 Jos 9–12 ................................. 357.358.360.362 Jos 9,1–10,15 ................................ 329.332.333 Jos 9,1–27 .............................. 321.327.332.357 Jos 9,1–2 ..................................................... 331 Jos 9,1 ........................................... 321.322.332 Jos 9,3 ......................................................... 358 Jos 9,6 ......................................................... 361 Jos 9,8–10 ................................................... 358 Jos 9,14 ....................................................... 359 Jos 9,26 ....................................................... 324 Jos 9,27 ................................................ 358.359 Jos 10 ............................................ 328.348.360 Jos 10,1–43 ................................................. 357 Jos 10,1–15 ......................................... 321–334 Jos 10,7 ....................................................... 331 Jos 10,16–11,23 .......................................... 326 Jos 10,16–43 ........................................ 321.332 Jos 10,36–37 ........................................ 323.339 Jos 10,40–41 ............................................... 354 Jos 11 ................................................... 321.360 Jos 11,1–20 ................................................. 348 Jos 11,1–14 ................................................. 357 Jos 11,7 ....................................................... 331 Jos 11,13–15 ............................................... 360 Jos 11,15–12,24 .......................................... 357 Jos 11,16 ..................................................... 354 Jos 11,19 .............................................. 359.360 Jos 11,21 ..................................................... 339 Jos 11,21 ..................................................... 351 Jos 11,21–23 ................................ 347–349.351 Jos 11,23 ....................................... 349.354.358 Jos 12 .......................................................... 358 Jos 13–21 .................................................... 338
Jos 13–20 .................................................... 354 Jos 13–19 ............................................. 348.350 Jos 13,6 ....................................................... 324 Jos 14–19 ...................................... 335.344.350 Jos 14 ................................................... 347.350 Jos 14,1–5 ................................................... 337 Jos 14,6 .................................. 208.340.346.348 Jos 14,6–15 ............. 335.337.338.345.346.347. 349.350 Jos 14,7 ....................................................... 346 Jos 14,12 .............................................. 345.351 Jos 14,13 ..................................................... 336 Jos 14,14 ..................................................... 208 Jos 14,15 .............................................. 339.340 Jos 15–19 ............................................. 336.348 Jos 15 ................................................... 335.336 Jos 15,1–12 .......................................... 336.350 Jos 15,1 ....................................................... 335 Jos 15,13 .............................................. 335.336 Jos 15,13–14 ............................................... 345 Jos 15,13–19 .......................... 335.337.338.351 Jos 15,15–17 ........................................ 336.350 Jos 15,15 .............................................. 336.340 Jos 15,17 .............................................. 208.339 Jos 15,18–19 ........................................ 336.340 Jos 15,18 ..................................................... 340 Jos 15,19 ..................................................... 350 Jos 15,20 .............................................. 347.350 Jos 18–22 .................................................... 371 Jos 18 .......................................................... 371 Jos 18,22 ..................................................... 177 Jos 19,49–50 ............................................... 350 Jos 19,50 ..................................................... 331 Jos 22 .......................................................... 210 Jos 22,9–34 ................................................. 210 Jos 23 .......................................................... 206 Jos 24 ............................................ 285.371.372 Jos 24,26 ..................................................... 371 Jos 24,30 ..................................................... 331 Jos 24,33 ..................................................... 103 Ri 1–2 .................................................. 354.362 Ri 1,1–2,5 ................................................... 354 Ri 1,5 .......................................................... 322
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Stellenregister Ri 1,10–15 ........................................... 339.347 Ri 1,10–11 .................................................. 339 Ri 1,10 ........................................................ 339 Ri 1,13 ........................................................ 339 Ri 2–2 Kön 25............................................. 281 Ri 2,7 .......................................................... 326 Ri 4,15 ........................................................ 324 Ri 6,22–23 .................................................... 57 Ri 6,22 .......................................................... 57 Ri 8,8–9 ........................................................ 55 Ri 8,17 .......................................................... 55 Ri 9,9 ............................................................ 53 Ri 9,13 .......................................................... 53 Ri 12,4–5 ...................................................... 53 Ri 13,22–23 .................................................. 57 Ri 13 ............................................................ 57 Ri 14,6 .......................................................... 51 Ri 18,21 ...................................................... 190 1 Sam 4,5–6 ................................................ 419 1 Sam 4,6 ............................................. 417.418 1 Sam 4,9 ............................................ 417–419 1 Sam 8,4 .................................................... 295 1 Sam 9,24 .................................................. 128 1 Sam 12,31 ................................................ 455 1 Sam 13,3 ........................................... 417.418 1 Sam 13,6 .................................................. 419 1 Sam 13,7 .................................................. 417 1 Sam 13,19 ......................................... 417.419 1 Sam 14,11 ........................................ 417–419 1 Sam 14,21 .................................. 417.419.420 1 Sam 16,8 .................................................. 101 1 Sam 16,9 .................................................. 101 1 Sam 16,13 ................................................ 101 1 Sam 28,22 ................................................ 128 1 Sam 29,1–3 .............................................. 419 1 Sam 29,3 ........................................... 417.418 1 Sam 30,14 .................................. 341.347.350 2 Sam 5,3 .................................................... 295 2 Sam 7,15 .................................................... 96 2 Sam 10,2–3 ................................................ 62 2 Sam 11,27 .................................................. 64 2 Sam 12,24 .................................................. 62 2 Sam 13,39 .................................................. 62
533
2 Sam 16,14 ................................................ 313 2 Sam 17,24 .................................................... 6 2 Sam 21 ..................................................... 358 1 Kön 6,1 .................................................... 100 1 Kön 7,9 .................................................... 455 1 Kön 8 ................................................ 289.300 1 Kön 8,3 .................................................... 295 1 Kön 8,6 .................................................... 300 1 Kön 9,20–21 ............................................ 329 1 Kön 11,6 .................................................. 349 2 Kön 4,7 .................................................... 286 2 Kön 4,21 .................................................. 286 2 Kön 4,40 .................................................. 286 2 Kön 5,8 .................................................... 286 2 Kön 6,6–7 ................................................ 286 2 Kön 7,1–2 ................................................ 286 2 Kön 8,4 .................................................... 286 2 Kön 17,29–33 .......................................... 364 2 Kön 18 ..................................................... 449 2 Kön 19 ..................................................... 449 2 Kön 20,20 ................................................ 449 2 Kön 22,8 ........................................... 289.293 2 Kön 22,11 ................................................ 293 2 Kön 23 ..................................................... 240 2 Kön 23,2 ........................................... 289.293 2 Kön 25 ..................................................... 353 2 Kön 25,9 .................................................. 364 Jes 1–39 ............................................... 490.491 Jes 6,9–10 ................................................... 272 Jes 6,10 ....................................................... 271 Jes 7,15–16 .......................................... 195.199 Jes 7,16 ....................................................... 196 Jes 8,13 ....................................................... 368 Jes 9,5–6 ............................... 383.386–388.404 Jes 9,6–7 ..................................................... 389 Jes 11,13 ..................................................... 371 Jes 12–13 .................................................... 245 Jes 18,7 ....................................................... 368 Jes 22 ............................................ 388.389.404 Jes 22,1–14 ................................................. 383 Jes 22,15–25 ................................. 383.388.404 Jes 22,15–19 ....................................... 383–384 Jes 22,17–18 ............................................... 386
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534
Stellenregister
Jes 22,20–25 .................. 383.385.387–389.404 Jes 22,21 ..................................................... 385 Jes 28,26 ..................................................... 269 Jes 30,16–17 ............................................... 368 Jes 33,9 ....................................................... 112 Jes 40–66 .................................................... 491 Jes 40–55 ............................................. 490.491 Jes 40 .......................................................... 491 Jes 44,18 ..................................................... 269 Jes 45,1–8 ................................................... 350 Jes 45,3 ....................................................... 270 Jes 52,2 ....................................................... 112 Jes 53 .......................................................... 508 Jes 56–66 ............................................. 490.491 Jes 59,15 ..................................................... 367 Jes 60–62 ............................... 490.491.492.494 Jes 60 ............................................ 492.494.496 Jes 60,9 ....................................................... 359 Jes 60,10 ..................................................... 500 Jes 60,17–22 ............................................... 494 Jes 61 ............... 488.489.490.492.493.494.496. 498.499.500.501.508 Jes 61,1 ................................................ 493.497 Jes 61,2 ....................................................... 497 Jes 61,3 ................................................ 496.499 Jes 61,4 ....................................................... 500 Jes 61,6 ....................................................... 492 Jes 61,8 ....................................................... 498 Jes 61,10 ....................................... 493.494.497 Jes 62,1 ....................................................... 493 Jes 63,3 ....................................................... 481 Jer 3,12–13.................................................. 371 Jer 3,18 ....................................................... 371 Jer 4,9 ......................................................... 454 Jer 5,21 ....................................................... 271 Jer 5,24 ....................................................... 226 Jer 10,24 ..................................................... 269 Jer 23,5–6............................................. 371.402 Jer 24,7 ....................................................... 269 Jer 25,38 ..................................................... 366 Jer 31,6 ....................................................... 371 Jer 31,18–21................................................ 371 Jer 31,31–34................................................ 157
Jer 34,9 ................................................ 417.420 Jer 34,14 ..................................................... 420 Ez 7,23 ........................................................ 366 Ez 7,26 ........................................................ 364 Ez 8–11 ....................................................... 147 Ez 8,17 ........................................................ 366 Ez 16,60 ...................................................... 155 Ez 16,62 ...................................................... 155 Ez 18,23 ...................................................... 508 Ez 20,20 ...................................................... 270 Ez 21 .......................................................... 391 Ez 21,23–29 ................................................ 390 Ez 21,25–27 ......................................... 392.394 Ez 21,25 ............................................... 391.392 Ez 21,26–27 ......................................... 393.394 Ez 21,26 ............................................... 391.395 Ez 21,30–32 ................... 389–390.392.395.404 Ez 21,30 ............................................... 390.292 Ez 21,31 ............................................... 390.391 Ez 21,32 ............................................... 395.404 Ez 22,26 ............................................... 391.392 Ez 28 .......................................................... 400 Ez 28,2 ........................................................ 398 Ez 28,11–19 .................. 389–390.396–399.404 Ez 28,12 ...................................................... 398 Ez 28,13 .............................................. 396–400 Ez 28,26 ...................................................... 270 Ez 33 .......................................................... 158 Ez 33,2 ........................................................ 158 Ez 33,25 ...................................................... 158 Ez 33,28–29 ................................................ 158 Ez 33,28 ...................................................... 158 Ez 34 ............................................ 155.156.158 Ez 34,23–31 ........................... 153.154.155.158 Ez 34,23–25 ................................................ 103 Ez 34,23–24 ......................................... 154.398 Ez 34,23 ............................................... 155.156 Ez 34,24–25 ................................................ 398 Ez 34,24 ...................................................... 155 Ez 34,25–30 ................................................ 154 Ez 34,25 .............................................. 154–156 Ez 34,27 ...................................................... 154 Ez 34,30 ............................................... 154.270
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Stellenregister Ez 37 ............................................ 155.156.158 Ez 37,15–28 ......................................... 103.371 Ez 37,23–24 ................................................ 371 Ez 37,24–28 ........................... 153.154.155.158 Ez 37,24–25 ................................................ 398 Ez 37,24 ...................................................... 157 Ez 37,25 ...................................................... 155 Ez 37,26 ...................................................... 156 Ez 37,26–27 ......................................... 155.398 Ez 39,28 ...................................................... 270 Ez 40–48 ..................................................... 158 Ez 44,6–46,18 ............................................. 158 Ez 44,6–9 .................................................... 358 Ez 44,23 ............................................... 391.392 Ez 45 ..................................... 178.240.242.245 Ez 48 .......................................................... 178 Hos 2,1–3 .................................................... 371 Hos 3,4–5 .................................................... 371 Hos 3,5 ........................................................ 371 Hos 4–11 ..................................................... 134 Hos 4,1–2 .................................................... 134 Hos 4,1–3 .................................................... 134 Hos 7,15...................................................... 269 Hos 12,4–5 ............................................... 53.58 Hos 12,13 ...................................................... 72 Hos 12,14 ...................................................... 72 Jo 3,2 .......................................................... 326 Jo 4,17......................................................... 270 Am 1–2 ....................................................... 133 Am 1,3 ........................................................ 133 Am 1,6–8 .................................................... 133 Am 1,13–15 ................................................ 133 Am 2,1–3 .................................................... 133 Am 2,6–8 .................................................... 133 Am 3,4 ........................................................ 366 Am 7–9 ....................................................... 133 Am 7,13 ...................................................... 458 Jon 1,9......................................................... 417 Jon 2,6......................................................... 313 Nah 2,13 ..................................................... 366 Hab 3,11...................................................... 330 Hag 1,10 ..................................................... 381 Sach 1–8 ..................................................... 401
535
Sach 3 .................................................. 400.401 Sach 6 ................................................. 401–403 Sach 6,9–15 ................................................ 401 Sach 6,12–13 .............................................. 401 Sach 6,13 ............................... 401.402.403.404 Sach 8,19 .................................................... 174 Sach 9,5–6 .................................................. 454 Ps 10,9 ........................................................ 366 Ps 22,13 ...................................................... 368 Ps 29,11 ...................................................... 481 Ps 35,6 ........................................................ 481 Ps 36,7–8 ...................................................... 53 Ps 46,8–12 .................................................. 368 Ps 50,13 ...................................................... 368 Ps 68,30 ...................................................... 368 Ps 68,31 ...................................................... 368 Ps 69,2 ........................................................ 313 Ps 73–83 ..................................................... 367 Ps 74 ..................................... 363.364.366.372 Ps 74,2 ........................................................ 364 Ps 74,5–6 .................................................... 364 Ps 74,19–21 ................................................ 366 Ps 75 .......................................................... 363 Ps 76 ....................... 363.364.366.367.369.372 Ps 76,2–3 .................................................... 366 Ps 76,3 ........................................................ 366 Ps 76,5 ........................................................ 367 Ps 76,8 ........................................................ 367 Ps 76,10 ...................................................... 372 Ps 76,12–13 ................................................ 367 Ps 76,12 ...................................................... 372 Ps 78 .............................. 363.364.367.369.372 Ps 78,8 ........................................................ 371 Ps 78,9–11 .................................................. 371 Ps 78,12–40 ................................................ 370 Ps 78,12–37 ................................................ 369 Ps 78,12 ...................................................... 371 Ps 78,13 ...................................................... 369 Ps 78,18 ...................................................... 369 Ps 78,41–55 ................................................ 369 Ps 78,41 ...................................................... 369 Ps 78,53 ...................................................... 369 Ps 78,56–68 ................................................ 367
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536
Stellenregister
Ps 78,56 ............................................... 369.370 Ps 78,60 ...................................................... 371 Ps 78,62–66 ................................................ 371 Ps 78,65–66 ................................................ 371 Ps 78,67–72 ................................................ 370 Ps 78,67 ...................................................... 371 Ps 78,68–72 ................................................ 369 Ps 78,68–69 ................................................ 370 Ps 80 .......................................................... 366 Ps 81 .......................................................... 363 Ps 86,15 ...................................................... 132 Ps 89 .......................................................... 366 Ps 90 .......................................................... 346 Ps 95,10 ...................................................... 269 Ps 100,2 ........................................................ 55 Ps 103,8 ...................................................... 132 Ps 104,15 .................................................... 483 Ps 104,22 .................................................... 366 Ps 110 ................................................. 503–519 Ps 111,4....................................................... 132 Ps 114,1 ........................................................ 68 Ps 116,5 ...................................................... 132 Ps 118,18..................................................... 269 Ps 119,162................................................... 483 Ps 122,4 ...................................................... 359 Ps 145,8 ...................................................... 132 Hi 13,8 ........................................................ 381 Hi 37,8 ........................................................ 366 Hi 38,13 ...................................................... 112 Hi 38,40 ...................................................... 366 Hi 42,5 .......................................................... 55 Spr 6,23....................................................... 482 Spr 19,18..................................................... 269 Spr 23,2....................................................... 313 Spr 23,10..................................................... 252 Spr 29,17..................................................... 269 Spr 31,1....................................................... 269 Ru 4,18–22....................................... 97–98.100 Hld 1,6 ........................................................ 252 Hld 2,15 ...................................................... 252 Koh 2,2 ....................................................... 486 Klgl 2,6–7 ................................................... 364 Klgl 2,9 ....................................................... 364
Est 8,16 ................................................ 481.482 Dan 9,24–27................................................ 434 Dan 11,38.................................................... 399 Esr 4 .......................................................... 178 Esr 4,14 ....................................................... 178 Esr 6 .......................................................... 240 Esr 6,22 ....................................................... 173 Esr 7,24 ....................................................... 179 Neh 5,13 ..................................................... 112 Neh 8 ................................................... 289.303 Neh 8,5 ....................................................... 484 Neh 8,18 ..................................................... 297 Neh 11,25.................................................... 339 1 Chr 1–9 .................................................... 168 1 Chr 1,1–34 ............................................... 101 1 Chr 1,35–54 ............................................. 101 1 Chr 2,5 ........................................... 97.99.101 1 Chr 2,9–12 ..................................... 97.99.101 1 Chr 2,10–11 ............................................. 101 1 Chr 2,10 ..................................................... 98 1 Chr 2,11 ................................................... 100 1 Chr 2,15 ......................................... 97.99.101 1 Chr 2,18–50 ............................................. 339 1 Chr 2,42 ................................................... 100 1 Chr 4,11–23 ............................................. 339 1 Chr 5,27–6,38 .......................................... 103 1 Chr 5,27–41 ............................................. 102 1 Chr 5,29 ................................................... 102 1 Chr 5,34 ................................................... 102 1 Chr 5,38 ................................................... 102 1 Chr 6 .......................................................... 91 1 Chr 6,39–44 ............................................. 339 1 Chr 11,5 ................................................... 437 1 Chr 15,12 ................................................. 172 1 Chr 15,14 ................................................. 172 1 Chr 20,3 ................................................... 455 1 Chr 22,5 ............................................ 191.192 1 Chr 23–27 ................................................ 170 1 Chr 27,17 ................................................. 102 1 Chr 29–32 ................................................ 171 1 Chr 29,1 ............................................ 191.192 1 Chr 29,22 .......................................... 102.103 2 Chr 2 ........................................................ 100
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Stellenregister 2 Chr 3,2 ..................................................... 100 2 Chr 13,2–12 ............................................. 176 2 Chr 13,4 ................................................... 177 2 Chr 13,5 ............................................ 175.179 2 Chr 13,7 ............................................ 191.192 2 Chr 13,12 ................................................. 177 2 Chr 23,6 ................................................... 172 2 Chr 29,3 ................................................... 181 2 Chr 29,5 ................................................... 172 2 Chr 29,34 ................................................. 181 2 Chr 30 ........................................ 169.180.240 2 Chr 30,2 ............................................ 180.181
537
2 Chr 30,3 ................................................... 180 2 Chr 30,13 ................................................. 180 2 Chr 30,15 ................................... 169.172.180 2 Chr 30,17 ................................................. 169 2 Chr 30,18–19 ........................................... 182 2 Chr 30,18 ................................................. 180 2 Chr 30,21 .......................................... 173.180 2 Chr 30,23 ................................................. 173 2 Chr 30,26 ................................................. 173 2 Chr 31,18 .......................................... 169.172 2 Chr 35 ...................................................... 240 2 Chr 35,3 ................................................... 172
Neues Testament Lk 2,22 ........................................................ 433 Lk 4,17 ........................................................ 497 Joh 16.......................................................... 509 Joh 17................................................... 508.509 Röm 8 .................................................. 508.509
1 Kor 3,7 ..................................................... 499 Hebr 7 ......................................................... 512 Hebr 7,25 .................................................... 506 Hebr 10 ....................................................... 508
Apokryphen und Pseudepigraphen Sir 45,23–25................................................ 387 III Esr 2,16 .................................................. 179 I Mak 1,20–23............................................. 399 I Mak 1,23................................................... 399 I Mak 10 ..................................................... 391 I Mak 10,29................................................. 179 II Mak 4 ...................................................... 399 II Mak 5,16 ................................................. 394 III Mak 2,2 .................................................. 394 III Mak 2,14 ................................................ 394 Arist ................................................... 375.404 Jub 1,1–4..................................................... 425 Jub 1,1......................................................... 426 Jub 1,4......................................................... 426 Jub 2,1......................................................... 427 Jub 2,2–3..................................................... 428 Jub 2,7......................................................... 430 Jub 2,8–9..................................................... 430 Jub 2,8......................................................... 430 Jub 2,9.................................................. 430.433
Jub 2,15....................................................... 431 Jub 2,16....................................................... 428 Jub 2,17–24................................................. 431 Jub 2,17–18................................................. 428 Jub 2,18....................................................... 432 Jub 2,19–24................................................. 427 Jub 2,19–20................................................. 432 Jub 2,21....................................................... 432 Jub 2,23....................................................... 432 Jub 2,24–33................................... 427.431.432 Jub 2,24....................................................... 431 Jub 2,26–28................................................. 432 Jub 2,29–30................................................. 432 Jub 2,30–32................................................. 433 Jub 2,33....................................................... 433 Jub 3 .......................................................... 430 Jub 3,8–14................................................... 427 Jub 6,6–8..................................................... 431 Jub 6,8 ........................................................ 431 Jub 6,20–22................................................. 427 Jub 6,22....................................................... 426
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Stellenregister
Jub 6,32–38................................................. 433 Jub 6,35....................................................... 434 Jub 6,36....................................................... 433 Jub 15,11–14 ............................................... 435 Jub 15,25–26 ............................................... 435 Jub 15,27..................................................... 435 Jub 15,28–30 ............................................... 435 Jub 16,20–31 ............................................... 427 Jub 32,10–15 ............................................... 427 Jub 34,18–19 ............................................... 427
Jub 49,7–13................................................. 427 Jub 50 ......................................................... 432 Jub 50,5....................................................... 435 Jub 50,6–12................................................. 427 1Hen 91,11–17............................................ 434 1Hen 93,3–10.............................................. 434 TLevi 4,2–6 ................................................ 379 TLevi 16–17 ............................................... 434
Alter Orient Bauinschrift Badtibira ................................. 462 Gilgamesch altbab. Fassung. Z196–240 ....... 51 HL 189 ........................................................ 142 HL 190 ........................................................ 142 HL 193 ........................................................ 145 HL 195b ...................................................... 142 KBo 21,34 I 59 – II 3 .................................... 52 LH 154 ........................................................ 142 LH 155–156 ................................................ 145 LH 157 ........................................................ 142 LH 158 ........................................................ 142 Narām-Sîn von Akkade ............................... 468 Narām-Sîn von Akkade 18–23 .................... 469 Narām-Sîn von Akkade III 6–9 ................... 469 Narām-Sîn von Akkade VI 20–28 ............... 469 TM.75.G.2342 ............................................ 463 TM.75.G.2342 IV 6–VI 1 ........................... 464
TM.75.G.2420 ............................................ 465 TM.75.G.2420 §1–3 ................................... 466 TM.75.G.2420§6 ........................................ 466 TM.75.G.2420 §8 ....................................... 466 TM.75.G.2420 §10 ..................................... 466 TM.75.G.2420 §18 ..................................... 466 TM.75.G.2420 §20 ..................................... 467 TM.75.G.2420 §21 ..................................... 467 TM.75.G.2420 §22 ..................................... 466 TM.75.G.2420 §24 ..................................... 466 TM.75.G.2420 §25 ..................................... 467 TM.75.G.2420 §x+1 ................................... 467 TM.75.G.2420 §x+2 ................................... 467 TM.75.G.2420 §x+3 ................................... 467 TM.75.G.2420 §x+4 ................................... 467 TM.75.G.2561 ............................................ 464 UET VIII 37................................................ 472
Elephantine TADAE A4.1 ....................................... 242.244
Qumran 1Q19 20,13 ................................................. 178 4QDeuth ...................................................... 198 4QNumb ...................................................... 184 4Q158 Fr. 1–2 ............................................... 58 4Q216 ......................................................... 431
4Q216 v 9f .................................................. 429 4Q216 vii 17 ............................................... 431 4Q216 vii 6 ................................................. 431 4Q218/4QJubc............................................. 432 11Q20 4,24 ................................................. 178
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Stellenregister
539
Antike Autoren Diodor 40 .................................................... 375 Diodor 40.3,5–6 .......................................... 404 Eus.Praep. XIII 21,12–13 ........................... 260 Eus.Praep. XIII 12,9 ................................... 429 IG I3, 256 (=LSCG 178) ............................. 256 IG II2 1363 = LSCG 37 .............................. 258 LGS II, 153 ................................................. 257 LSCG 148 ................................................... 257 LSCG 84 = IG IX/2,1109............................ 257 Plato Nom. 8 ............................................... 261 Plato Nom. 844 ........................................... 256 Plato Nom. 845a5–b7 ................................. 260 Flav.Jos.Ant. IV.234–237 ............................ 253 Flav.Jos.Ant. XII.142–145 .......................... 179
Flav.Jos.Bell V.4,137 .................................. 437 Flav.Jos.Apion. 2,165 ................................... 87 Philo decal. 159 .......................................... 429 Philo decal. 102 .......................................... 429 Philo Deus 11 .............................................. 429 Philo her. 170 .............................................. 429 Philo her. 216 .............................................. 429 Philo legat 1:15 ........................................... 429 Philo Mos. 2:210......................................... 429 Philo opif. 100 ............................................ 429 Philo opif. 29 .............................................. 429 Philo post. 64 .............................................. 429 Philo spec. 150 ............................................ 429 Philo spec. 2:56–57..................................... 429
Antike Inschriften Gortyn IC IV 73a = Nomima II.91 ............. 256 Gortyn IC 43Bb = Nomima II.70 ................ 254 Gortyn IC IV 186 ........................................ 257
Gortyn IC IV 43Bb .............................. 255.256 Gortyn IC IV 52 = Nomima II.90 ............... 255 Gortyn IC IV 73a = Nomima II.91 ............. 255
Rabbinische Texte Ber 1,1 ................................................. 481.482 mBez 4,3 ..................................................... 455 mBM 7,2–8 ................................................. 254 mChul 1,2 ................................................... 455 mKel 13,4 ................................................... 455 mKel 14,3 ................................................... 455
mShab 17,2 ................................................. 455 mShevi 4,46 ................................................ 455 yMaas 2.6 .................................................. 254 bBer 5b ....................................................... 426 bMeg 16b .................................................... 482 bPes 58B ....................................................... 42
Reformatorische Schriften Commentarius ........................................... 504 CR 11, 1151 .............................................. 507 CR 13, 1017–1244 .................................... 507 CR 13, 1151 .............................................. 507 CR 13, 1155–1157 .................................... 508 CR 13, 1157–1160 .................................... 509
Elementa Rhetorices.......................... 504–507 Loci Communes ........................................ 507 WA 38........................................................ 503 WA 41........................................................ 503 WA 54,28................................................... 503 WA 79,24–29............................................. 503
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541
Autorenregister Aberbach, David ......................................... 457 Achenbach, Reinhard ............... 11.13.16.18.20. 27.41.59.65.75.76.79.81.83.87.88.90.91. 93.103.105.120.139.151.161.163.164. 170.172.177.181.183.185.191.201.206. 208.213.230.324.247.248.251.252.263. 266–270.273.276.277.280.286.289.295. 300.302.305.321.337.342.345.345.349. 350.355.356.360.363.376.405.410.451. 453.487.489.490.493.494.504 Adamczewski, Bartosz...................... 11.93.411 Addis, W. H. ................................................. 63 Ahearne-Kroll, Patricia ........................ 400.401 Ahituv, Shmuel ............... 451.452.454.455.457 Aitken, James K. ......................................... 378 Ajah, Miracle .............................................. 177 Albani, Matthias ......................................... 434 Albertz, Rainer............... 32.41.67.76.78.84.85. 88.105.106.107.109.110.111.113.122. 125.126.128.131.132.133.135.138.204. 206.207.212.273–287. 364. 418.423.458 Albrecht, Ruth ..................................... 514.516 al-Gailani Werr, Lamia................................ 470 Alivermini, Sergio ...................................... 463 Alkier, Stefan ....................................... 179.412 Alt, Albrecht ............................................... 121 Altman, Amnon...................... 462.463.468.469 Álvarez-Mon, Javier ................................... 460 Amit, Yairah ......................................... 366.438 Anbar, Moshe.................................................. 2 Anderson, Benedict.............................. 405.457 Anetsberger, Werner ................................... 509 Archer, Léonie J. ......................................... 418 Archi, Alfonso ............................. 463.464.465. Arndt, Johann........................ 510.511.512.513. Arnet, Samuel ...................................... 313.422 Arneth, Martin .................. 16.126.247.487.504
Arnold, Bill T. ............................................. 251 Arnold, Gottfried ......................... 510.513–518 Artus, Olivier ........................ 119.164.201–212 Attridge, Harold ................................... 426.431 Augustin, Matthias...................................... 200 Auld, Graeme A. ......................................... 456 Aurelius, Erik...................................... 49.53.57 Ausloos, Hans ................ 185.186.188.191.192. 194–196.199.380.381 Avigad, Nahman ........................... 438.449.455 Avi-Yonah, Michael .................................... 449 Azize, Joseph ................................................ 52 Bach, Robert ............................................... 121 Baden, Joel ...... 1.26.32.34.60–64.163.200.289 Bagatti, Bellarmino ..................................... 368 Bahat, Dan .................................................. 450 Bahl, Patrick ...................................... 503–519 Baker, David L. ........................................... 250 Balke, Thomas E. ........................................ 461 Ball, Charles J. .............................................. 47 Barclay, John M. G. ................................... 382 Barmash, Pamela ............ 119.120.123.129.250 Barstad, Hans M. ................................. 342.457 Barta, Heinz ................................................ 119 Bartelheim, Martin ...................................... 468 Barter, Penelope .......................................... 153 Basello, Gian Pietro .................................... 460 Basson, Alec ............................................... 365 Bauer, Josef......................................... 460–463 Baumgart, Norbert C. ................................. 160 Baumgarten, Yaacov ................................... 344 Baumgartner, Walter ................................... 129 Bautch, Richard J .......................................... 40 Beattie, Derek R. G. ............................. 418.419 Bechtel, Lyn M. .......................................... 147 Becker, Uwe ........................................ 112.113 Becking, Bob ....................................... 453.458
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Autorenregister
Beckman, Gary .................................... 145.465 Beentjes, Pancratius C. ............................... 387 Beer, Georg .......................................... 216.241 Behrends, Okko .......................................... 122 Beit-Arieh, Itzhaq ................................ 344.457 Ben Zvi, Ehud ................... 33.158.291.398.457 Benati, Giacomo ......................................... 463 Ben-Dov, Jonathan ........................ 430.433.434 Benjamin, Don C. ....................................... 252 Ben-Shlomo, David .................................... 454 Ben-Yehoyada, Naor ................................... 248 Berges, Ulrich .............................. 490–494.498 Berlejung, Angelika ............................. 309.317 Berner, Christoph .................. 13–24.80.89.107. 109–111.115.214.216.221.229. 230–232.234–236.240.354.418. 420.425 Beuken, Willem A. M. ........................ 174.367. 490–494.498 Beutel, Albrecht .......................................... 509 Beyer, Andrea ............................................... 99 Bienkowski, Piotr ................................ 343.458 Biga, Maria Giovanni ......................... 463–465 Biran, Avraham ........................................... 344 Birch, Bruce C. ............................................. 65 Birdsong, Shelley J. ............................. 336.339 Blaufuß, Dietrich ........................................ 513 Blenkinsopp, Joseph ........................... 14.41.66 Bliss, Frederick J. ................................ 440.448 Blum, Erhard ........................... 17.22.26.28.29. 34.36.44.47.49.52.58.62.66.67.69–71. 84.107.115.164.200.207.221–223. 239.276.328.331.354.355.422 Bluntschli, Johann Caspar........................... 407 Bo, Frederico Dal........................................ 411 Boccaccini, Gabriele ................................... 433 Boda, Mark J............................................... 366 Bodel, John ................................................. 458 Boecker, Hans J. .............................. 70.71.181 Bogaert, Pierre-Maurice.............................. 397 Böhler, Dieter....................................... 158.179 Bonechi, Marco .................................. 462–464 Boorer, Suzanne ................................... 186.191
Borger, Rykle .............................................. 449 Börner-Klein, Dagmar ........................... 77.475 Bornkamm, Karin ....................................... 503 Bortz, Anna M. ........................................... 173 Bös, Mathias ............................................... 146 Botterweck, Johannes G. ......................... 29.55 Bourguignon, Erika..................................... 456 Boussac, Marie-Françoise........................... 179 Bouvier d. La Motte Guyon, Jeanne-Marie .............................................. 515 Braulik, Georg ................ 251.305.307.310.311 Brenton, Lancelot Charles Lee ................... 187 Brett, Mark G. .............. 39.41–44.340.405.411. Breul, Wolfgang .......................................... 513 Broschi, Magen........................................... 450 Broyles, Craig C. ........................................ 388 Bruce, Frederick F......................................... 56 Brueggemann, Walter ................................... 65 Brunner, Otto .............................................. 406 Brutti, Maria ........................................ 375.376 Buccellati, Giorgio ............................... 464.470 Buchanan, Shane ........................................ 452 Büchsel, Jürgen ........................................... 513 Buell, Denise K........................................... 412 Bühler, Axel ................................. 417.421–423 Bultmann, Christoph ............................ 215.385 Buss, Martin J. ............................................ 363 Butler, Trent C. ........................................... 345 Cabot, Heath ............................................... 248 Cadogan, Gerard ......................................... 255 Cagni, Luigi ................................................ 465 Calduch-Benages, Nuria ............................. 369 Calvin, Johannes ............ 488.489.495–500.503 Campbell, Edward F. ................................. 100 Campbell, Gordon....................................... 415 Čapek, Filip ................................................ 420 Carasik, Michael ......................................... 294 Cargill, Robert R......................................... 367 Carr, David M. ........................ 51.59.61.79.147 Carter, Charles E. ........................................ 367 Cartledge, Paul............................................ 260 Carvalho, Corrine L. ................................... 457 Cassano, Franco .......................................... 248
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Autorenregister Catlos, Brian A............................................ 248 Charles, Robert Henry ................................ 429 Charpin, Dominique ................................... 137 Chen, Doron........................... 439.440.442.447 Childs, Brevard S. ....................................... 418 Cholewinski, Alfred .................................... 151 Christensen, Duane L. ............................ 81.200 Clarysse, Willy............................................ 179 Clements, Ronald E. ................................... 410 Clifford, Richard J. .............................. 370.422 Clines, David J. A. ..................................... 5.66 Coats, George W. ................................. 177.420 Cocco, Francesco ........................................ 124 Cohen, David .............................................. 260 Cohen, Shaye J.D. ....................................... 435 Cohen, Yoram ............................................. 469 Colenso, John W. .......................................... 49 Collins, Adele Y. ......................................... 253 Collon, Dominique ....................................... 51 Conder, Claude R. ....................................... 440 Conrad, Joachim ......................................... 112 Conze, Werner ............................................ 406 Coogan, Michael D. .................................... 458 Cook, Alan .................................................. 475 Cook, Edward M. ........................................ 193 Cook, Johann ....................................... 169.375 Cooper, Jerrold S. ................................ 462.463 Cornill, Karl Heinrich ................................. 504 Corò, Paolo ................................................. 464 Cortese, Enzo .............................................. 348 Crawford, Sidnie White .............................. 379 Cross, Frank Moore ............................. 456.458 Crowfoot, John W. ...................................... 446 Crüsemann, Frank ....................................... 262 Dahm, Ulrike ................................................ 95 Dahmen, Ulrich........................................... 159 Daryaee, Touraj........................................... 460 Davidson, Israel ......................................... 475 Davies, Christie........................................... 146 Davies, Graham ................................... 378.458 Davies, Philip R. .............................. 5.418–420 Davis, Julie ................................................... 87 Day, John ............................................. 129.363
543
de Geus, Cornelis Hendrik Jan.................... 346 de Graef, Katrien ........................................ 470 de Hulster, Izaak J. ...................................... 117 de Jonge, Henk Jan ..................................... 392 de Prenter, Jannic A. ................................... 322 de Pury, Albert ............................................ 175 de Sousa, Rodrigo F. ........................... 386–388 de Vos, J. Cornelis ....................... 335–351.359 De Zorzi, Nicla ........................................... 464 Dearman, J. Andrew .............................. 72.132 Delcor, Mathias........................................... 426 Dell, Katherine J. ........................................ 378 Dell’Acqua, Anna Passoni ................... 384.411 Demsky, Aaron ................................... 452–454 Dercksen, Jan Gerrit ................................... 465 Dershowitz, Idan ......................................... 242 Devecchi, Elena .......................................... 464 di Vita, Antonio........................................... 255 Diehl, Johannes F. ....................................... 128 Dietrich, Hans Walter............................. 87.313 Diller, Carmen ............................................ 313 Dillmann, August ................... 49.59.60.63.124. 198.267.294 Dipper, Christof .......................................... 407 Dittmann, Reinhard..................................... 460 Doering, Lutz ...................................... 425–436 Dohmen, Christoph .................................. 31.77 Doniger, Wendy .......................................... 260 Donner, Herbert .......................................... 113 Dorival, Gilles ....................... 185.186.194.195 Dörrfuß, Ernst M. ....................................... 176 Dozeman, Thomas B.................. 67.71.107.425 Driver, Samuel R. ............... 63.64.195.198.417 Droß-Krüpe, Kerstin ................................... 474 Dubovský, Peter............................ 122.200.474 Duncan, Julie A........................................... 198 Durand, Jean-Marie ............................. 313.473 Dušek, Jan............................................ 177.296 Ebach, Ruth ............... 75–86.310–312.316.400 Ede, Franziska .................................. 90.96.422 Edelman, Diana V. ........................ 210.343.398 Edenburg, Cynthia ........................ 120.122.123 Eder, Christian .............................................. 51
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Autorenregister
Ederer, Matthias ............................ 358.359.361 Edzard, Dietz Otto ...................................... 461 Egeresi, László S. ....................................... 346 Ehrhardt, Arnold A. T. ......................... 411.412 Ehrlich, Arnold B. .................................... 54.62 Eichhorn, Johann G. ................................... 100 Eidem, Jesper .............................................. 465 Eidsvåg, Gunnar Magnus ............................ 401 Eißfeldt, Otto ....................................... 278.279 Eldar, Iris .................................................... 344 Elliger, Karl ........................................ 26.34.54 Emerton, John A. ................... 122.368.389.421 Emmendörffer, Michael .............................. 366 Englund, Robert K. .............................. 460.461 Erb, Volker .................................................. 251 Erlemann, Kurt ........................................... 181 Ermidoro, Stefania ...................................... 464 Ernest, James D. ......................................... 412 Ernst, Stephanie ................................... 171.359 Evans, Craig A. ............................. 388.422.425 Fabry, Heinz-Josef ..................... 26.33.151.159 Falk, Ze’ev W. ............................................ 252 Farber, Zev Israel ........................................ 330 Farenga, Vincent ......................................... 262 Faust, Avraham ........................................... 343 Fehrenbach, Elisabeth ................................. 409 Feichtinger, Daniela .................................... 314 Feinstein, Eve ................. 140.141.143.144.146 Feldman, Louis H. ...................................... 254 Feldmeier, Reinhard .................................... 411 Fensham, Frank Charles ............................. 137 Fernández-Sebastián, Javier ........................ 406 Fewell, Danna N. ........................................ 340 Finkelstein, Israel .......... 134.165.210.321.328– 330.342.343 Finsterbusch, Karin ........ 121.124.251.309.311. 317.318 Fischer, Georg ............................................. 276 Fischer, Irmtraud ........................ 98.99.309.314 Fischer, Stefan ............................................ 458 Fischer, Thomas .......................................... 250 Fishbane, Michael ......................................... 68 Fistill, Ulrich............................................... 200
Fleming, Daniel ................................... 418.419 Flint, Peter W. ...................................... 370.400 Floyd, Michael H. ....................................... 457 Foster, Benjamin R. ..................... 459.468–470 Fox, Michael V............................................ 252 Frandsen, Paul John .................................... 141 Franzel, Sean .............................................. 406 Frayne, Douglas R. .............................. 461.462 Freeden, Michael ........................................ 406 Freedman, David Noel ........................... 29.418 Fretheim, Terence E. ................................ 65.66 Freudenberg, Matthias ........... 489.498.500.503 Frevel, Christian .......... 17.87.99.101.164–184. 205.307.313.340.344.354.358 Frey, Jörg .................................................... 434 Fried, Lisbeth S........................................... 178 Fritz, Volkmar ................ 323.326.331.345.358. 359.407 Fronzaroli, Pelio .......................... 463–465.468 Frymer-Kensky, Tikva ......................... 146.147 Fürst, Alfons ............................................... 412 Gafus, Georg ................................................. 19 Gagarin, Michael .......................... 249.255.256 Galil, Gershon ............................................. 453 Gane, Roy ................................................... 144 Ganor, Saar .......................................... 452.454 Garber, Klaus .............................................. 408 García Martínez, Florentino ... 346.391.402.434 Garfinkel, Yosef .................................. 451–458 Garrone, Daniele ......................................... 456 Gaß, Erasmus ....................................... 347.348 Gehler, Michael .......................................... 459 Gelston, Anthony ........................................ 364 Genette, Gérard ........................................... 476 Gerleman, Gillis ............................................ 29 Gerstenberger, Erhard S. ........................ 37.161 Gertz, Jan Christian ............... 4.5.58.66.67.78. 84.90.106.107.109–115.128.131. 153. 158–160.207.210.224.229.230.232.240. 355.421.465 Gese, Hartmut .......................................... 26.54 Gesundheit, Shimon ...... 214.215.218.220–223. 225.226.228.229–236.238.240.241
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Autorenregister Geva, Hillel ........................... 438–440.449.450 Géza, Komoróczy ....................................... 472 Gieschen, Charles A. ................................... 381 Gilan, Amir ................................................. 479 Gillingham, Susan....................................... 363 Gilmore, Rachelle ....................................... 405 Gitin, Seymour............................................ 421 Giuntoli, Frederico..................... 14.41.200.422 Glissman, Volker ................................. 420–422 Golka, Friedemann W. ................................ 421 Golub, Mitka R. .......................................... 454 Gomes de Aráujo, Reginaldo 465.466.469–471 Gordon, Robert P. ....................................... 457 Gottwald, Norman K................................... 418 Goulder, Michael D. ............................ 363.367 Gow, Andrew C. ......................................... 254 Graham, M. Patrick..................................... 504 Granerød, Gard ........................................... 421 Grätz, Sebastian ......................... 16.99.106.179 Graulich, Markus ........................................ 121 Graupner, Axel .................................... 1.47.107 Graves-Brown, Carolyn .............................. 141 Gray, John ................................................... 332 Greenberg, Moshe....................................... 421 Greene, Joseph A. ....................................... 458 Greenspoon, Leonard J. .............................. 475 Grethlein, Christian..................................... 487 Gribetz, S. Kattan ....................................... 428 Grice, Herbert P. ........................................... 92 Griffith, Tom ............................................... 261 Grohmann, Marianne ................................. 458 Groß, Walter...................... 26–28.39.42.43.151 Grund, Alexandra ........................................ 134 Grundmann, Regina ............................ 475–486 Grünwaldt, Klaus ........................... 13.33.41.44 Grypeou, Emmanouela ................................... 3 Gschnitzer, Fritz.......................................... 407 Gunkel, Hermann ............... 47.50.56.59.63.421 Gutjahr, Paul ............................................... 415 Gzella, Holger ............................................... 58 Haag, Herbert .............................................. 122 Haas, Peter J. .............................................. 475 Hackett, Jo Ann.................................... 455.457
545
Hagedorn, Anselm C. .............. 58.120.247–262 Hägglund, Bengt ......................................... 503 Halbe, Jörn ........................................... 121.358 Hall, Jonathan M........................................... 94 Hallam, Reuben .......................................... 250 Hallaschka, Martin ..................................... 174 Hamilton, Victor P.................................... 68.69 Hammann, Konrad...................................... 509 Hamori, Esther J. .......................................... 51 Häner, Tobias .............................................. 158 Hanhart, Robert ................................... 402.403 Hanson, Paul D. .......................................... 456 Haran, Menahem ........................................ 358 Hardenberg, Roland .................................... 468 Harl, Marguerite .................................. 186.412 Harrell, James A. ........................................ 397 Harris, Edward M. ...................................... 247 Hartenstein, Friedhelm ......... 105.107.130.152. 162.315 Hasel, Michael G. ................................ 131.452 Hasselhoff, Görge K. .................................. 503 Hau’ofa, Epeli ............................................. 248 Häusl, Maria ........................................ 171.359 Hawkins, Ralph K....................................... 452 Hayes, Carlton J. .................................. 406.435 Hecker, Karl .................................................. 51 Heckl, Raik ................... 100.276.282.291.294. 353–362 Heimpel, Wolfgang ..................................... 465 Hempel, Charlotte ................................ 415.425 Hensel, Benedikt ........................ 11.93.177.411 Hermisson, Hans-Jürgen ..................... 49.53.56 Hess, Ruth................................................... 134 Hesse, Franz................................................ 134 Hieke, Thomas ............... 37.39.97–99.103.161 Hinz, Walther ....................................... 468.469 Hobsbawm, Eric J. ...................................... 405 Hobson, Russell .......................................... 210 Hoffmann, Stefan-Ludwig .......................... 406 Hoffmann-Rehnitz, Philipp ......................... 486 Hoffner, Harry A. ........................................ 145 Hoftijzer, Jacob .................................... 455.457 Hohmann, Olaf ........................................... 251
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Autorenregister
Höink, Dominik .......................................... 476 Holladay, John S. ................................. 326.330 Hölscher, Gustav .................... 154.264.266.267 Holzinger, Heinrich...................... 47.52.64.178 Hopfe, Lewis M. ......................................... 457 Horbury, William ........................................ 382 Horden, Peregrine ....................................... 248 Hornung, Christian ..................................... 476 Horst, Friedrich ........................................... 250 Horster, Marietta ......................................... 257 Hossfeld, Frank-Lothar ................ 309.310.364. 367–370 Houston, Walter ......................................... 363 Houtman, Cornelis ......... 121–125.127.129.131 Hübner, Ulrich ............................................ 342 Huddleston, Neal A. ............................. 462.465 Hulst, Alexander G. ............................. 410.411 Humphreys, W. Lee ............................. 420.422 Hunt, Alice .................................................... 95 Hupfeld, Hermann ........................................ 52 Hurowitz, Victor A. ..................................... 137 Hutcheon, Linda .................... 475.476.481.483 Hutzli, Jürg ................................................. 313 Ibba, Giovanni ............................................ 433 Invernizzi, Antonio ..................................... 179 Irsigler, Hubert .............................. 114.115.313 Israel, Felice................................................ 456 Jackson, Bernard S................. 123.250.253.418 Jacob, Benno...................... 27.53.77.78.85.100 Jaillard, Dominique.............................. 119.247 Janowski, Bernd ............... 55.105.313.462.472. Japhet, Sara .................................. 177.178.182. Jenott, Cosmogony L. ................................. 428 Jeon, Jaeyoung .................. 85.172.180.423.424 Jepsen, Alfred ................................................. 9 Jeremias, Gisela ............................................ 76 Jeremias, Jörg .................. 72.119.120.133.134. 348.488 Jericke, Detlef ............................................. 341 Jiang, Shuai................................................. 121 Joas, Hans ................................................... 406 Johns, Cedric Norman................................. 438 Johnstone, William ....................................... 99
Jokiranta, Jutta ............................................ 296 Jonker, Louis C. ....... 95.164.165.168–173.177. 180.183.396 Joosten, Jan ............................. 26.28.33.39.402 Jordan, Borimir ........................................... 258 Jüngling, Hans-Winfried ................... 26.33.151 Junker, Hubert............................................... 55 Kaiser, Otto ................. 2.3.54.247.249.260.353 Kalimi, Isaac ................................. 165.178.474 Kaltner, John ............................................... 457 Kamesar, Adam........................................... 412 Kang, Sa-Moon........................................... 360 Kearney, Peter J. ........................................... 66 Kellermann, Diether ..................... 174.175.183 Kelly-Buccellati, Marilyn .................... 464.470 Kempinski, Aharon ..................................... 344 Kenyon, Kathleen M............................ 446.449 Kessler, John ............................................... 160 Kessler, Martin ............................................... 2 Kessler, Rainer ............................................ 133 Kilchör, Benjamin ....................................... 158 Kilwing, Norbert ......................................... 313 Kim, Hyun C. P. ................................... 336.339 Kinoshita, Sharon ....................................... 248 Kislev, Itamar....................................... 203.346 Kiss, Gerson ................................ 477–483.486 Kitchen, Kenneth A. ............................ 461.468 Kleber, Kristin ............................................ 247 Klein, Johannes........................................... 126 Klein, Ralph .................................................. 99 Klengel, Horst ........................ 460.463.464.473 Klijn, Albertus Frederik Johannes............... 346 Klingenberg, Eberhard ................................ 261 Knapp, Dietrich ............................................ 83 Knauf, Ernst A. ............... 17.19.20.22.116.134. 323–325.327–329.340.345.358.359 Knibb, Michael A........................................ 382 Knierim, Rolf .............................................. 177 Knobloch, Harald........................................ 156 Knohl, Israel ...................... 26.28.34.42.44.170 Knoppers, Gary N ........ 40.88.119.121.156.371 Knust, Jennifer Wright ......................... 141.142 Koch, Christoph .......................................... 130
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Autorenregister Koch, Heidemarie ................................ 468.469 Koch, Klaus .................................. 417.424.434 Kochavi, Moshe .......................................... 344 Köckert, Matthias .......... 1–4.9.28.30.41.44.49. 52.53.58.132.133.200.215 Kočovska-Stevović, Svetlana .............. 407.408 Koenen, Klaus ............................................ 177 Koerner, Reinhard ................................ 255.256 Kohn, Hans ................................................. 406 Kolb, Robert ............................................... 503 Kominko, Maja ........................................ 76.77 König, Eduard............................................. 281 Konkel, Michael ......................................... 159 Kopilovitz, Ariel .................................. 158.162 Korchin, Paul .............................................. 188 Kornfeld, Walter J. ...................................... 122 Körting, Corinna .................... 219.220.226.368 Koselleck, Reinhart....................... 406.407.415 Kotlars, Abraham ........................................ 475 Kotzé, Gideon R. ........................................ 386 Kratz, Reinhard G ....... 2.13.15.16.19.26.83.90. 108.121.122.125.127–129.131.133.207. 213–245.251.260.302.328.354.421.422 Kraus, Wolfgang ......................................... 400 Krause, Joachim J. ................. 13.26–29.33–37. 41–43.112.164.239.276.353–355 Krebernik, Manfred ...................... 460.461.465 Kreimerman, Igor ....................................... 452 Kreuzer, Siegfried ....................................... 306 Krüger, Thomas .......... 26.83.107.109.111.113. 114.265 Kuenen, Abraham .................................. 90.198 Kugel, James L. ............................ 426.431.475 Kugler, Gili ................................................. 339 Kugler, Robert A. ........................................ 142 Kuzucuoğlu, Catherine ............................... 463 Labahn, Antje......................................... 95.166 Labouvie, Sandra .......................... 493.496.499 Lafont, Bertrand.......................................... 473 Lamberg-Karlovsky, Carl C. ....................... 470 Lambert, Stephen ........................................ 259 Lambrinoudakis, Vassilis ............................ 257 Lang, Bernhard ............................. 165.166.422
547
Lange, Armin .................................. 49.165.434 Langer, Gerhard .......................................... 503 Lau, Daniel ................................................. 461 Lau, Wolfgang .............................. 488.490.496 Laursen, Steffen .......................................... 460 Lawrence, Paul J. N. ............................ 461.468 Le Boulluec, Alain ............................... 381.382 LeFebvre, Michael ...................................... 122 Lefèvre d’Étaples, Jacques ........................ 413 Leiner, Martin ............................................. 134 Lemaire, André ........................................... 458 Lemche, Niels P. ......................................... 418 Leonard-Fleckman, Mahri ................... 327.328 Lepore, Leonardo........................................ 200 Lepper, Verena ............................................ 425 Leppin, Hartmut.......................................... 412 Leuenberger, Martin ...... 105–117.284.285.400 Levin, Christoph .......... 3.9.16.18–20.22.33.41. 47–58.68.129.158.214.248.291.369 Levine, Baruch A. ....................................... 178 Levinson, Bernard M. ...... 66.128.129.132.147. 156.216. 219.229.230.232.234. Levy, Eythan ............................................... 452 Liesen, Jan .................................................. 369 Lim, Timothy .............................................. 425 Limet, Henri................................................ 397 Lindström, Fredrik ........................................ 49 Lipiński, Edward .......................... 339.418.452 Lipschits, Oded ......... 88.134.366.371.417–424 Liverani, Mario .................................... 327.331 Loewenstamm, Samuel T. ........................... 108 Lohfink, Norbert ....... 4.26.35–37.120.121.186. 195–200.265.271.279.290.301.307.320. 348.410 Löhr, Max ..................................................... 41 Lohr, Joel N. ........................................ 422.424 López, Félix García .................................... 267 Loretz, Oswald.............................................. 99 Ludwig, Arnold M ...................................... 456 Ludwig, Christian ....................................... 408 Lundbom, Jack.............................................. 29 Lupu, Eran ........................................... 256.257
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Autorenregister
Lust, Johan ............. 142.276.391.393–395.397. 399.402 Lüthi, Kurt .................................................. 306 Lux, Rüdiger ................................. 174.223.306 Lyons, Michael A. ....................................... 153 Maáni, Sultan .............................................. 340 Macci, Jean-Daniel ..................................... 353 MacDonald, Nathan ........................ 28.129.252 Mackie, Timothy ......................................... 391 MacNair, Bruce ........................................... 503 MacSweeny, Naoise ...................................... 95 Maeir, Aharon ............................................. 178 Magdalene, Rachel ..................................... 122 Magness, Jodi ............................................. 178 Maier, Christl M .................................. 168.396 Maiocchi, Massimo .............................. 460.464 Mäkipelto, Ville ................................... 371.372 Malamat, Abraham .............................. 456.457 Marcos, Natalio Fernández ......................... 400 Margalit, Baruch ............. 321.324.326.329.330 Margalit, Shlomo ................... 439.440.442.447 Markl, Dominik ... 81.85.121.294.298.405–415 Marquis, Galen ........................................... 391 Marrassini, Paolo ........................................ 464 Marro, Catherine ......................................... 463 Martínez, Florentino García .. 346.391.402.434 Marttila, Marko ........................................... 379 Marzouk, Safwat ......................................... 422 Maskow, Lars ............ 87–103.165.166.172.358 Mastin, Brian A. .......................................... 378 Mathys, Hans-Peter................. 87.166–168.284 Matthews, Victor H. ................................... 147 Mattison, Kevin .......................................... 218 Matusow, Allen J. ....................................... 148 Maul, Stefan M. ............................................ 51 Mayes, Andrew D. H. .......................... 121.252 Mazar, Benjamin ......................................... 449 McBride, Samuel Dean ................ 106.117.456. McCarthy, Cormac ...................................... 196 McConville, Gordon ................................ 81.82 McKenzie, John L. ................................... 47.52 McMahon, Darrin ....................................... 406 Mee, Christopher ........................................ 458
Meinhold, Arndt................................... 315.421 Meiser, Martin ........................................... 185 Melanchthon, Philipp............ 504–509.511.518 Merendino, Rosario Pius.............. 224.229.236. Metso, Sarianna .......................................... 427 Meyer-Blanck, Michael .............................. 114 Meyers, Carol L. ......................................... 402 Meyers, Eric M. .......................................... 402 Michalowski, Piotr...................................... 474 Michel, Andreas ................................... 106.108 Milano, Lucio ...................................... 464.465 Milgrom, Jacob .......... 26.28.30.37.39.144.161. 178.201 Milik, Jozef T. ...................................... 426.431 Millard, Alan ....................................... 452.458. Millard, Matthias ........................................ 363 Miller, Jared L. ........................................... 469 Miller, Patrick D. ................................. 370.456 Millet, Paul ................................................. 260 Misgav, Haggai .................................... 452.454 Mistretta, Alfonso G. .................................. 406 Mitchell, David C. ...................................... 363 Mittmann, Siegfried .................................... 198 Moies, Isaac ................................................ 458 Mollo, Paolo ............................................... 179 Monger, Matthew Phillip ..................... 425.431 Monroe, Lauren .................... 417–419.422.423 Monsengwo-Pasinya, Laurent.............. 393.395 Moore, Robert I. ......................................... 142 Morrow, William S. ............................. 119.365 Moxter, Michael.......................................... 130 Moyn, Samuel ............................................. 406 Mroczek, Eva .............................................. 425 Mühl, Simone ............................................. 460 Müller, Ernst ............................................... 106 Müller, Gerhard .......................................... 503 Müller, Hans Peter ........................................ 10 Müller, Jan-Werner ..................................... 406 Müller, Reinhard ........ 13.17.33.34.49.133.158. 214.248.264.265.271.289–303 Muller, Richard A. ...................................... 503 Münger, Stefan ........................................... 452 Münkler, Herfried ....................................... 408
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Autorenregister Munnich, Olivier......................................... 186 Myers, Eleanor E. ....................................... 255 Myers, J. Wilson ......................................... 255 Mynářová, Jana ........................................... 463 Na’aman, Nadav .................................. 419.420 Nagel, Ivan.................................................. 406 Nagy, Viktor Kókai ..................................... 346 Najman, Hindy..................................... 427.475 Nakhai, Bernd ............................................. 306 Nash, Dustin ............................................... 340 Nasuti, Harry P. ........................................... 363 Naumann, Thomas ........................................ 19 Nelson, Richard D. ............... 274.280.282.298. 301.341 Neumann, Georg ......................................... 247 Neumann, Hans................................... 459–474 Neumann-Gorsolke, Ute ............................... 51 Newman, Judith H. ..................................... 475 Nielsen, Eduard..................... 264–267.271.280 Niewöhner, Friedrich .................................. 513 Nihan, Christophe ................... 26.28.34.37–39. 119.120.147.151–155.170.201.211.247. 353.375–404 Nissan, Ephraim .......................................... 475 Nissinen, Martti ............................ 133.367.457 Nocquet, Dany ................... 11.93.321–333.411 Noegel, Scott B. .............................................. 5 Nöldeke, Theodor ......................................... 90 Nõmmik, Urmas .................................... 50.248 Noort, Ed ........ 359. 322.323.325.328.330.349 North, Robert .............................................. 339 Noth, Martin ........... 35.37.47.49.52.68.90.107. 112.115.161.200.201.274.337.353. 357–359 Nötscher, Friedrich ....................................... 55 O’Brien, Mark A. ........................................ 186 Oeming, Manfred ................................. 366.371 Oeste, Gordon ..................................... 327–330 Ofer, Avi ..................................................... 342 Öhler, Markus ............................................ 487 Olivétan, Pierre Robert .............................. 413 Olley, John W. ....................... 389.391.393–395 Olson, Dennis T. ......................................... 203
549
Olyan, Saul M. ................................ 42.387.458 Osumi, Yuichi ............................................. 123 Oswald, Wolfgang ..................... 78.84.99.106– 108.126.129.164.221.354. Oswalt, John N. ............................ 491.492.494 Otten, Heinrich ............................................. 52 Otto, Eckart.......... 16.26.34.37.39.47.54.65.69. 72.79.82–85.90.94.97.119–123.127. 128.130–132.138.151–162.198.206. 221–224.226.229–232.236.240.247. 249.251.260.262.265.267.270.271.274. 276–282.285.294.296–299.301.302.307. 313.314.317.346.349.353.356.361.487. 504 Paget, James Carleton ................................. 412 Pak, G. Sujin ............................................... 503 Pakkala, Juha ................................ 129.248.279 Panessa, Giangiacomo ................................ 256 Paoletti, Paola ............................................. 472 Parker, Simon B. ...................... 50.247.258.457 Parpola, Simo.............................................. 465 Patmore, Hector M.............................. 396–399 Paulissen, Jos .............................................. 179 Paulus, Susanne ................................... 247.461 Peled, Ilan ................................................... 139 Perkins, Mary Anne .................................... 415 Perlin, John ................................................. 258 Perlitt, Lothar........... 78.80.81.85.121.200.206. 207.264.267.302.339.348 Perlman, Pauls ..................................... 255.256 Person Jr., Raymond F. ............................... 218 Petersen, David L................................. 402.422 Peterson, Jeremiah ............................... 473.513 Petroinakos, Spyrus .................................... 257 Pettinato, Giovanni ..................................... 465 Pfeifer, Guido ............................................. 462 Pfeiffer, Henrik ............................... 58.284.285 Pfeiffer, Stefan ....................................... 85.179 Phillips, David ............................................ 193 Piérat, Marcel ............................................. 260 Pietersma, Albert ........................................ 187 Pietsch, Michael.......................................... 315 Piotrkowski, Mereon M. ............................. 389
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Autorenregister
Pixner, Bargil ........... 439.440.442.447.448.450 Pluquet, Frédéric ......................................... 452 Podany, Amanda H. .................................... 463 Pohlmann, Karl–Friedrich............ 154.155.159. 390.392.507 Poliakoff, Michael B. .................................... 51 Poorthuis, Marcel........................................ 369 Porzig, Peter................................................ 214 Pott, Daniel T. ............................................ 460. Potts, Timothy............................... 460.468.471 Pounder, Robert L. ...................................... 254 Prechel, Doris ............................................. 465 Pressler, Carolyn ........................... 322.324.326 Preyer, Gerhard ........................................... 146 Procksch, Otto .............................................. 47 Puech, Émile ............................................... 453 Puerto, Mercedes Navarro .......................... 309 Purcell, Nicholas ......................................... 248 Puukko, Filemon Antti ......................... 267.284 Pyschny, Katharina .............. 169.170–172.305. 307.314.315.318. Qimron, Elisha ............................................ 431 Radjawane, Arnold N.................................. 353 Rajak, Tessa ................................................ 375 Ramond, Sophie.......................................... 365 Re’em, Amit................................................ 438 Rehm, Ellen ................................................ 460 Reichardt, Rolf............................................ 409 Reimer, Paula J. .......................................... 452 Reitman, Janet ............................................ 148 Rendsburg, Gary A. ........................... 2.5.8.363 Rendtorff, Rolf............................................ 142 Renz, Johannes ........................................... 215 Reuter, Eleonore .................................. 306.317 Reventlow, Henning G. ............................... 386 Rhyder, Julia ....................................... 90.91.93 Richardson, Mervyn E. J...................... 137.342 Richardson, Seth ......................................... 474 Richelle, Matthieu....................................... 452 Ridderbos, Nic H. ....................................... 367 Riemer, Peter .............................................. 261 Riemer, Ulrike ............................................ 261 Ries, Julien.................................................. 397
Rigsby, Kent J. ..................................... 254.258 Robert, Ulysse ............................................ 193 Roberts, Jimmy Jack McBee....................... 249 Robinson, Bernard P. .................................... 78 Roetzel, Calvin J. ........................................ 341 Rofé, Alexander ............................ 200.252.253 Röllig, Wolfgang .................................. 215.417 Rollinger, Robert ............................ 51.459.460 Rollston, Christopher A. ............................. 452 Römer, Thomas ................... 31.66.67.68.87.88. 107–111.114.115.129.151.165.167. 185.207.210.211.273.275.284.313. 327–329.332.353.411.417.420–423 Rooke, Deborah .......................................... 375 Rose, Martin ................................... 80.200.282 Rösel, Hartmut N. ........................ 322.323.325. 326–329.332.349.358.359 Rösel, Martin ...................................... 169.313. Rossi, Benedetta ......................................... 157 Rostad, Aslak .............................................. 258 Roth, Martha T. ........................................... 119 Roth, Ulli .................................................... 503 Rothenbusch, Ralf....................................... 123 Rova, Elena................................................. 460 Rudd, Mark ................................................. 148 Rudnig, Thilo A. ......................................... 159 Rudolph, Wilhelm .................................... 52.99 Ruffing, Kai ................................................ 474 Rüger, Hans Peter ......................................... 26 Rupp, Ernest G. ............................................ 56 Ruppert, Lothar........................................... 120 Ruprecht, Hans–Albert ............................... 249 Ruschenbusch, Eberhard............................. 260 Rüterswörden, Udo ................. 16.106.296.312. Ruwe, Andreas .............................................. 34 Ruz, Joan .................................................... 468 Ruzé, Françoise ............................ 255.260.262 Ryu, Seongmin ........................................... 504 Sabo, Peter .................................................. 264 Sæbø, Magne .............................................. 119 Safrai, Chana .............................................. 369 Sallaberger, Walther ............. 459.462–464.468. 470–472
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Autorenregister Samuel, Harald ......... 90.172.298.299.301.315. 316.354 Sanders, Anne ............................................. 476 Sanders, Paul ......................... 275.280.282.453 Sandevoir, Pierre .................................. 381.382 Sarna, Nahum ............................................... 63 Sass, Benjamin ............................................ 452 Sasson, Jack M............................................ 473 Sasson, Victor ............................................. 458 Sattler, Dorothea ......................................... 130 Saulnier, Stéphane......................... 430.433.434 Saunders, Trevor ......................................... 260 Scarpa, Erica ............................................... 464 Schäfer, Jürgen ............................................ 251 Schäfers, Kirsten ...................................... 13.17 Schaller, John Berndt .................................. 428 Schaper, Joachim ................................. 128.412 Scharbert, Joseph ................................. 122.201 Schäufele, Wolf–Friedrich .......................... 513 Schellenberg, Annette ................................. 131 Schenker, Adrian .................... 142.147.158.296 Schiffman, Lawrence H. ............................. 178 Schipper, Bernd U....................................... 421 Schipper, Jeremy .................................... 99.100 Schmid, Hans Heinrich ................................. 73 Schmid, Konrad ............... 4.14.41.66.66.67.84. 88.107.115.122.123.126.129.132. 133.152.159.162.207.218.355.417. 421–424.465 Schmidt, Conrad ......................................... 460 Schmidt, Ludwig................... 54.67.84.178.201 Schmidt, Werner H............... 65.89.90.107.109. 110.111 Schmidt, Wilhelm ................................ 413.415 Schmidtkunz, Petra ............... 279–281.283.299 Schmieder, Falko ........................................ 406 Schmitt, Eberhard ....................................... 409 Schmitt, Hans-Christoph .............. 128–130.157 Schmitz, Laura ............................................ 114 Schneemelcher, Wilhelm ............................ 121 Schneider, David M. ..................................... 95 Schneider, Horst............................................ 76 Schneider, John R. ...................................... 504
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Schnocks, Johannes .................................... 159 Schofiels, Malcolm ........................................... Scholz, Anke K. .......................................... 468 Schöpsdau, Klaus........................................ 261 Schorch, Stefan ..................................... 10.296 Schorn, Ulrike ........................................ 96.157 Schrakamp, Ingo .................................. 462.468 Schreiner, Josef ........................................... 309 Schroeder, Joy A. ........................................ 336 Schroer, Silvia............................................ 452. Schröter, Jens .............................................. 425 Schuddeboom, Feyo ................................... 259 Schuller, Eileen ........................................... 427 Schultz, Brian ............................................. 440 Schulz, Sarah ....................................... 100.354 Schunck, Klaus–Dietrich ............................ 200 Schwemer, Daniel ....................................... 472 Schwienhorst–Schönberger, Ludger .......... 119. 121–124.131.135.215.325 Schwöbel, Christoph ................................... 313 Sedlmeier, Franz .................................. 390.392 Seebass, Horst ............. 30.41.173.174.178.181. 182.201.346.421 Seeligmann, Isaac L. ............................ 384.389 Sefati, Yitzhak............................................. 137 Segal, Michael ......................................... 53.58 Seitz, Gottfried..................................... 235.236 Selz, Gebhard J. .......................................... 460 Seybold, Klaus ..................................... 363.369 Sgouleta, Zoe .............................................. 257 Shalev, Eran ................................................ 415 Shea, William H. ......................................... 453 Shectman, Sarah ...................................... 26.34 Sick, Hansjörg............................................. 504 Sigrist, Marcel ............................................ 472 Silverstein, Paul A. ..................................... 248 Sima, Alexander.......................................... 340 Simpson, Cuthbert A. ......................... 60–62.64 Sineux, Pierre.............................................. 260 Ska, Jean Louis ......... 1.2.106.162.164.165.411 Skaist, Aaron ............................................... 119 Skinner, John ...................................... 47.59.63 Sláma, Peter ................................................ 420
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Autorenregister
Slater, Elizabeth .......................................... 458 Smend, Rudolf ............ 23.47.53.56.87.215.385 Smith, Antony D. ................................. 406.415 Soggin, Jan Alberto ................ 326.329.421.456 Sokoloff, Michael ....................................... 421 Sonnet, Jean–Pierre......... 275.278.282.294.311 Spans, Andrea ....................... 493–496.500.501 Speiser, Ephraim A. ............... 59..63.68.70.410 Spicq, Ceslas ............................................... 412 Spieckermann, Hermann ........ 121.132.207.260 Sprick, Diana .............................................. 475 Spurling, Helen ............................................... 3 Stackert, Jeffrey .............................. 32.164.289 Staecker, Jörn .............................................. 468 Staerk, Willy ........................................ 274.279 Stager, Lawrence E. .................................... 458 Staszak, Martin ........................................... 124 Steck, Odil Hannes ............ 26.83.157.427.428. 431.490.491.494 Steinkeller, Piotr ................... 460.463.464.468. 470–472 Steinmetz, Willibald.................................... 503 Steins, Georg................................. 165.167.173 Stern, David ................................................ 475 Stern, Susan ................................................ 148 Stemberger, Günther ....................................... 3 Steuernagel, Carl............ 228.249.264.266.267. 270.271.279–281.284.294.301 Stewart, David T. ................................. 145.146 Steymans, Hans Ulrich ....................... 33.37.51 Stiebert, Johanna ......................................... 142 Stipp, Hermann-Josef........................ 26.42.375 Stökl, Jonathan............................................ 457 Stordalen, Terje ........................................... 342 Strawn, Brent A. .................... 117.121.367.418 Streck, Michael ........................................... 340 Streit, Katharina .......................................... 452 Strohm, Christoph ....................................... 513 Stulman, Louis ............................................ 457 Sukenik, Eleasar L. ..................................... 446 Syren, Roger ............................................... 420 Talstra, Eep .......................................... 276.282 Taschl-Erber, Andrea .................................. 309
Taylor, Bernard A,................................ 185.329 Thelle, Rannfrid I,....................................... 342 Thierry, Lea-Estelle .................................... 443 Thiessen, Matthew ...................................... 435 Thomas, Courtney....................................... 142 Thompson, Dorothy J. ................................ 179 Thompson, Thomas L. .................................. 67 Tigay, Jeffrey H. ......................................... 260 Tigchelaar, Eibert J. C. ............................... 425 Todd, Stephen ............................................. 260 Tooman, William A. .................................... 153 Tournay, Raymond ............................... 284.368 Tov, Emanuel ................ 165.185–190.192.194. 195.199.400 Trivizas, Eugene ......................................... 146 Tromp, Johannes ......................................... 392 Troxel, Ronald L. ................................. 384.457 Tsouparopoulou, Christina ......................... 461 Utzschneider, Helmut .......... 76.78.84.106–108 Vallat, Pierre ............................................... 473 van der Kooij, Arie .............. 375.376.378–389. 391–395. 397. 398. 401.404 van der Kooij, Gerrit ............................ 455.457 van der Lingen, Anton ................................ 338 van der Meer, Michaël N. ............ 185.186.188. 191–196.349 van Effenterre. Henri ........................... 255.262 van Lerberghe. Karel .................................. 464 van Oorschot, Jürgen .................................. 314 van Ruiten, Jacques .................................... 359 van Seters, John ..................... 129.200.420.423 VanderKam, James C. .................. 382.426–436 Vandorpe, Katelijn ...................................... 179 Veenhof, Klaas R. ....................................... 465 Veijola, Timo .............. 78.83.200.215.216.219. 222–224.226.230–236.239.241.242.266. 267.296.353 Velčić, Bruna .............................................. 191 Vervenne, Marc ........................ 84.276.391.402 Verweyen, Theodor ..................................... 476 Vieweger, Dieter .................... 181.437.442.443 Vincent, Jean-Marcel .................................. 397 Voet, Gabrriella ........................................... 464
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Autorenregister Vogel, Lothar .............................................. 513 Vogel, Manuel ...................................... 357.412 Vogt, Peter .................................................. 406 Voitila, Anssi ............................................... 296 Volk, Konrad ............................................... 472 Vollenweider, Samuel ................................. 130 Volz, Paul ...................................................... 52 von Goethe, Johann Wolfgang .................... 433 von Rad, Gerhard ............. 3.31.47.48.52.63.70. 250.275.284.421 von Soden, Wolfram .............................. 10.410 von Weissenberg, Hanne ............................. 379 Wacker, Marie-Theres ................................. 317 Wagner, Alon .............................................. 421 Wagner, Andreas .................................. 313.314 Wagner, Tobias............................................ 509 Wagner, Volker ............................................. 34 Wahl, Harald ................................................. 62 Wallace; Howard N. .................................... 186 Wallenfels, Ronald ...................................... 468 Wallmann, Johannes ................................... 509 Watts; James W. .......................................... 105 Weber, Beat .......................................... 364.372 Weber, Cornelia .......................................... 415 Weber, Max .............................................. 94.95 Wehmeier, Gerhard ....................................... 50 Weiershäuser, Frauke ........................... 464.471 Weimann, Ralph.......................................... 121 Weimar, Peter................................. 14.15.47.85 Weinfeld, Moshe ...................................... 26.82 Weingart, Kristin............. 164.354.369.370.422 Weingreen, Jacob .......................................... 56 Weippert, Manfred ........................ 340.343.419 Weiss, Wolfgang ......................................... 421 Wellhausen, Julius ................ 1.25.33.50.52.60. 65.90.198.241.417 Wells, Bruce .................... 119.122.123.139.143 Wels, Volkhard ..................................... 505.506 Wengert, Timothy J. .................................... 504 Wenham, Gordon J. ............................... 70.421 Wénin, André .............................................. 323 Weninger, Stefan ......................................... 340 Werman, Cana............................... 426.429.430
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Werner, Karl Ferdinand............................... 407 Westbrook, Raymond.................... 119.122.249 Westenholz, Aage ........................ 459.468–471 Westermann, Claus ......... 1.2.3.29.30.59.62.68. 70.358.418.421 Wevers, John William ........... 185.186.194.195. 198.249.263.266.267.292.377.380–382 Wicks, Yasmina........................................... 460 Wilf, Steven ................................................ 143 Wilhelm, Gernot ......................................... 462 Willi, Thomas ........................................ 99.101 Williamson, Hugh G. M.............................. 178 Willoughby, Bruce E................................... 418 Wilson, Charles W. ..................................... 440 Wilson, Ian D. .............................. 327–331.398 Wilson, Robert R. ....................................... 457 Wilson, Woodrow ....................................... 480 Wimmer, Mario........................................... 406 Wimmer, Stefan ............................................ 19 Winkler, Ulrich ........................................... 247 Wischmeyer, Oda ........................................ 313 Witte, Markus ............ 3.4.84.129.179.207.249. 355.369.370.421.425.465 Witting, Gunther ......................................... 476 Wöhrle, Jakob ........... 13.16.25.32.33.41.58.69. 70.273.340.342 Wolff, Hans Walter .................... 49.58.134.313 Wolter, Michael........................................... 253 Wolters, Al .................................................. 402 Wooden, R. Glenn ....................................... 400 Wright, Benjamin G. ................................... 187 Wright, David P............................. 119.137.250 Würthwein, Ernst ................................... 99.134 Yardeni, Ada ................................. 452.453.454 Yassif, Eli .................................................... 421 Yee, Gale A. ................................................ 340 Yoreh, Tzemah L. ........................................... 1 Younger Jr., K. Lawson............................... 327 Zahn, Molly M. ...................................... 58.425 Zakovitch, Yair ........................................... 101 Zehnder, Markus ........................... 131.310.316 Zelinger, Yehiel .................................... 438.439
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Autorenregister
Zenger, Erich ............ 99.165.317.363.364.367. 368.369.370 Zernatto, Guido .................................... 406.408 Zevit, Ziony ................................................ 421 Ziegler, Joseph .................. 55.383.386.389.401
Ziemer, Benjamin ......................................... 13 Zilberg, Peter .............................................. 452 Zimmer, Frank .............................................. 22 Zimmerli, Walter ....... 25.26.68.69.154.266.392 Zsengellér, József........................................ 296
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