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German Pages 280 Year 2003
M I C H A E L TIETZE
Kooperation i m Städtebau
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 902
Kooperation im Städtebau Eine empirische Untersuchung städtebaulicher Verträge im Spannungsfeld funktionaler Differenzierung
Von Michael Tietze
Duncker & Humblot • Berlin
Gedruckt mit Unterstützung der Volkswagen Stiftung, Hannover
Die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10976-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©
Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist aus einem interdisziplinär angelegten Forschungsvorhaben der Technischen Universität Dresden und der Universität Hannover zum Thema „Recht und Stadtentwicklung" hervorgegangen, an dem Wissenschaftler aus den Fachrichtungen Architektur und Städtebau, Geographie und Rechtswissenschaft beteiligt waren. Seine Finanzierung konnte aus Mitteln der Volkswagen-Stiftung Hannover erfolgen. Durch Promotionsstipendien und die Förderung eines mehrtägigen Expertenworkshops zum Ende der zweijährigen Projektlaufzeit wurde nicht nur die Möglichkeit eines konstanten fachübergreifenden Austauschs geschaffen, sondern eine aufwendige empirische Untersuchung überhaupt erst ermöglicht. Dank gebührt deshalb vor allem Herrn Dr. Hagen Hof, der das Projekt bei der Volkswagen-Stiftung betreut und darüber hinaus auch wissenschaftlich begleitet hat. Herrn Prof. Dr. Michael Krautzberger im Ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ist für seine Unterstützung bei der Kontaktaufnahme zu den untersuchten Städten zu danken. Die Entscheidung, städtebauliche Verträge vor dem Hintergrund der Theorie sozialer Systeme zu untersuchen, geht auf Anregungen meines Doktorvaters, Herrn Prof. Dr. Martin Schulte, zurück. Er hat mein Interesse an rechtstheoretischen Überlegungen geweckt und mich ermuntert, neue Wege einer systemtheoretisch informierten Sozialforschung zu beschreiten. Dafür, aber auch für die Möglichkeit, die Arbeit immer wieder im Rahmen gemeinsamer Vorträge und Veröffentlichungen zu hinterfragen und zu festigen, möchte ich mich bedanken. Das Zweit- und Drittgutachten zu dieser Arbeit haben Herr Prof. Dr. Hartmut Bauer und Herr Prof. Dr. Antonis Chanos erstellt. Auch ihnen sei dafür herzlich gedankt. Eine empirische Untersuchung der kommunalen Planungspraxis wäre aber auch ohne die Mitarbeiter in den Bauverwaltungen von Hannover, Leipzig, Magdeburg, Münster und Wolfsburg nicht zu realisieren gewesen. Für ihre durchweg offene und vertrauensvolle Bereitschaft zur Mitwirkung möchte ich mich auch bei Ihnen bedanken. Darüber hinaus haben viele Kollegen und Freunde den Fortgang der Arbeit beobachtet. Ihnen sage ich Dank für die Mühen bei der Durchsicht einzelner Textbestandteile und zahlreiche klärende Gespräche, die mir aus mancher Verlegenheit halfen. Schließlich wäre die Arbeit ohne die Unterstützung und den Rückhalt meiner Freundin und meiner Familie nicht in dieser Form entstanden. Meinen im Bereich Planen und Bauen tätigen Eltern verdanke ich dabei insbesondere das wache Interesse an städtebaulichen Themen. Geduld und Zuneigung, sowie den Blick mit der
6
Vorwort
notwendigen Distanz, hat meine Freundin beigetragen. Ihnen allen sei deshalb die Arbeit in besonderer Weise gewidmet. Dresden, im August 2002
Michael Tietze
Inhaltsübersicht Einleitung
29
Erster Teil Untersuchungsansatz § 1. Mehrperspektivischer Zugang
31 31
I. Kooperation als Ausdruck eines gewandelten Planungsverständnisses
31
II. Kooperation(sprinzip) im Städtebaurecht
36
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
42
I. Forschungsgegenstand
42
II. Forschungsdesign
53
III. Systemtheoretischer Analyserahmen § 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
64 76
I. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur
76
II. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente
85
Zweiter Teil Empirische Erhebung
107
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
107
I. Untersuchungszeitraum
107
II. Untersuchungseinheit
107
8
Inhaltsübersicht III. Erhebungsmethoden
111
IV. Durchführung der Untersuchung
114
§5. Untersuchungsergebnisse
117
I. Stadt Leipzig
117
II. Landeshauptstadt Magdeburg
140
III. Landeshauptstadt Hannover
159
IV. Stadt Münster
179
V. Stadt Wolfsburg
200
Dritter Teil Auswertung §6. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur I. Planerische Entscheidungsprämissen II. Vorhaben-und Erschließungspläne
211 211 211 212
III. Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
219
IV. Entscheidungen über Stellen
227
V. Selbst- und Fremdreferenz politischer Bauleitplanung § 7. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente
229 233
I. Verfahrensbeschleunigung
233
II. Entlastung der Gemeinden
239
III. Planrealisierung
250
Zusammenfassung
257
Literaturverzeichnis
261
Sachwortverzeichnis
277
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
29
Erster Teil Untersuchungsansatz
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang I. Kooperation als Ausdruck eines gewandelten Planungsverständnisses
31
31 31
II. Kooperation(sprinzip) im Städtebaurecht
36
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
42
I. Forschungsgegenstand
42
1. Fragestellung
42
2. Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts
45
a) Vorhaben- und Erschließungsplan
45
(1) Rechtsentwicklung
45
(2) Regelungsgehalt
46
b) Städtebauliche Verträge
47
(1) Rechtsentwicklung
47
(a) Erschließungsvertrag
47
(b) Städtebauliche Verträge
47
(2) Regelungsgehalt
48
(a) Erschließungsvertrag
48
(b) Städtebauliche Verträge
49
(c) Einschaltung eines Dritten § 4 b BauGB
50
10
Inhaltsverzeichnis II. Forschungsdesign
53
1. Theoriegebundener explorativer Forschungsansatz
53
2. Theoretische Grundkonzeptionen
55
3. Einordnung und Konsequenz systemtheoretisch informierter empirischer Sozialforschung
61
III. Systemtheoretischer Analyserahmen
64
1. Kooperation und funktionale Differenzierung
64
2. Strukturelle Kopplungen und Leistungsbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Funktionssystemen
68
3. Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts
71
4. Zusammenfassung und Eingrenzung der Forschungsfragen
75
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen I. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur
76 76
1. Strategieentscheidungen: Planerische Entscheidungsprämissen
77
2. Vorhaben- und Erschließungspläne
78
3. Städtebauliche Verträge (außer DurchführungsVerträge)
79
4. Zuständigkeiten für neue Aufgaben: Entscheidungen über Stellen
81
5. Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung: Selbst- und Fremdreferenz politischer Bauleitplanung
82
II. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente 1. Gesetzgeberische Erwartungen an vertragliche Instrumente des Städtebaurechts
85
85
a) Vorhaben- und Erschließungsplan
85
b) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
87
(1) Erschließungsverträge
87
(2) Städtebauliche Verträge
87
2. Drei Untersuchungsaspekte: Beschleunigung, Entlastung, Planrealisierung
89
3. Beobachtungsleitende Unterscheidungen
91
a) Verfahrensbeschleunigung
91
Inhaltsverzeichnis
11
(1) Vorhaben-und Erschließungsplan
91
(a) Messung der Verfahrensdauer
93
(b) Zurechnung möglicher Beschleunigungseffekte
94
(2) Bauplanungsverträge
96
b) Entlastung der Gemeinden
96
(1) Verfahrensaufwand
96
(2) Erschließung
98
(a) Vertragserfüllung
98
(b) Durchsetzung und Sicherheiten
99
(c) Verwaltungsaufwand
99
(3) Soziale Infrastruktur
100
(a) Vertragserfüllung
101
(b) Durchsetzung und Sicherheiten
101
c) Planrealisierung
102
(1) Herstellung privater Hochbau vorhaben
103
(a) Vertragserfüllung
103
(b) Durchsetzung und Sicherheiten
103
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben
104
Zweiter Teil Empirische Erhebung
107
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
107
I. Untersuchungszeitraum
107
II. Untersuchungseinheit
107
1. Fallstudie
107
2. Auswahl der Untersuchungsstädte
108
3. Feldzugang
110
III. Erhebungsmethoden
111
1. Leitfadenunterstützte Experteninterviews
112
2. Dokumentenanalyse
113
12
Inhaltsverzeichnis IV. Durchführung der Untersuchung
114
1. Vorbereitungsphase
114
2. Untersuchungsphase
114
3. Auswertung und Ergebnisdiskussion
115
§5. Untersuchungsergebnisse
117
I. Stadt Leipzig
117
1. Empirisches Material
117
a) Experteninterviews
117
b) Dokumentenanalyse
117
c) Ergebnisdiskussion
117
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur ...
118
a) Strategieentscheidungen
118
b) Vorhaben-und Erschließungspläne
118
(1) DurchführungsVerträge
118
(2) Plansatzungen
119
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
121
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
123
(1) Bauplanungs- und Planungskostenverträge
123
(2) Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge
124
(3) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
124
(4) Sonstige Verträge
125
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben
125
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung
126
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente .. 127 a) Verfahrensbeschleunigung
127
(1) Vorhaben-und Erschließungspläne
127
(2) Bauplanungs Verträge
129
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen"
129
nsverzeichnis
13
b) Entlastung der Gemeinden
130
(1) Verfahrensaufwand
130
(a) Vorhaben-und Erschließungspläne (b) Bauplanungs-und Planungskostenverträge (2) Erschließung
130 131 131
(a) Erschließungs-und städtebauliche Verträge
131
(b) DurchführungsVerträge
133
(c) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
134
(3) Soziale Infrastruktur
135
(a) Durchführungsverträge
135
(b) Erschließungs-und städtebauliche Verträge
136
c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbauvorhaben
137 137
(a) Durchführungsverträge
137
(b) Erschließungs-und städtebauliche Verträge
138
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben
139
(a) Durchführungsvertrag und Vorhaben-und Erschließungsplan ... 139 (b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge II. Landeshauptstadt Magdeburg 1. Empirisches Material
140 140 140
a) Experteninterviews
140
b) Dokumentenanalyse
141
c) Ergebnisdiskussion
141
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur ... 141 a) Strategieentscheidungen
141
b) Vorhaben- und Erschließungspläne
142
(1) Durchführungs Verträge
142
(2) Plansatzungen
142
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
144
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungs Verträge)
145
(1) Bauplanungs-und Planungskosten Verträge
146
(2) Erschließungs- und städtebauliche Verträge
146
(3) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
147
(4) Sonstige Verträge
148
14
nsverzeichnis d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben
148
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung
149
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente .. 150 a) Verfahrensbeschleunigung
150
(1) Vorhaben-und Erschließungspläne
150
(2) Bauplanungsverträge
152
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen"
152
b) Entlastung der Gemeinden
153
(1) Verfahrensaufwand
153
(a) Vorhaben- und Erschließungspläne (b) Bauplanungs-und Planungskosten Verträge (2) Erschließung (a) Erschließungs- und städtebauliche Verträge
153 153 154 154
(b) Durchführungsverträge
156
(c) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
157
(3) Soziale Infrastruktur c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbau vorhaben
157 158 158
(a) DurchführungsVerträge
158
(b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge
159
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben
159
III. Landeshauptstadt Hannover
159
1. Empirisches Material
159
a) Experteninterviews
159
b) Dokumentenanalyse
160
c) Ergebnisdiskussion
160
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur ... 160 a) Strategieentscheidungen
160
b) Vorhaben-und Erschließungspläne
161
(1) Durchführungs Verträge
162
(2) Plansatzungen
162
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
163
Inhaltsverzeichnis c) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
15 164
(1) Bauplanungs-und Planungskostenverträge
164
(2) Städtebauliche Verträge
165
(3) Erschließungsverträge
165
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben
166
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung
167
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente .. 168 a) Verfahrensbeschleunigung
168
(1) Vorhaben-und Erschließungspläne
168
(2) Bauplanungsverträge
170
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen"
170
b) Entlastung der Gemeinden
170
(1) Verfahrensaufwand
170
(a) Vorhaben- und Erschließungspläne
170
(b) Bauplanungs-und Planungskosten Verträge
171
(2) Erschließung
171
(a) Erschließungsverträge
171
(b) Durchführungsverträge
172
(c) Städtebauliche Verträge
173
(3) Soziale Infrastruktur
174
(a) Durchführungsverträge
174
(b) Städtebauliche Verträge
174
c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbauvorhaben
175 175
(a) Durchführungsverträge
175
(b) Städtebauliche Verträge
176
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben
177
(a) Durchführungsvertrag und Vorhaben- und Erschließungsplan ... 177 (b) Städtebauliche Verträge IV. Stadt Münster 1. Empirisches Material a) Experteninterviews
178 179 179 179
nsverzeichnis
16 b) Dokumentenanalyse
179
c) Ergebnisdiskussion
179
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur ... 179 a) Strategieentscheidungen
179
b) Vorhaben- und Erschließungspläne
181
(1) DurchführungsVerträge
181
(2) Plansatzungen
181
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
182
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
184
(1) Bauplanungs-und Planungskosten Verträge
184
(2) Städtebauliche Verträge
185
(3) Erschließungsverträge
185
(4) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
186
(5) Sonstige Verträge
187
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben
187
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung
188
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente .. 189 a) Verfahrensbeschleunigung
189
(1) Vorhaben-und Erschließungspläne
189
(2) Bauplanungsverträge
190
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen"
191
b) Entlastung der Gemeinden
191
(1) Verfahrensaufwand
191
(a) Vorhaben-und Erschließungspläne
191
(b) Bauplanungs-und Planungskostenverträge
192
(2) Erschließung
192
(a) Erschließungsverträge
192
(b) Städtebauliche Verträge
193
(c) Durchführungsverträge
194
(d) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
195
(3) Soziale Infrastruktur
195
(a) Durchführungsverträge
195
(b) Städtebauliche Verträge
196
nsverzeichnis c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbau vorhaben
17 197 197
(a) Durchführungsverträge
197
(b) Städtebauliche Verträge
198
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben V. Stadt Wolfsburg 1. Empirisches Material
198 200 200
a) Experteninterviews
200
b) Dokumentenanalyse
200
c) Ergebnisdiskussion
201
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur ... 201 a) Strategieentscheidungen b) Vorhaben- und Erschließungspläne
201 201
(1) Durchführungsverträge
201
(2) Plansatzungen
202
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
202
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
203
(1) Bauplanungs-und Planungskosten Verträge
203
(2) Erschließungsverträge
203
(3) Städtebauliche Verträge
204
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben
204
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung
204
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente .. 205 a) Verfahrensbeschleunigung (1) Vorhaben-und Erschließungspläne
205
(2) Bauplanungs Verträge
206
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen"
206
b) Entlastung der Gemeinden
207
(1) Verfahrensaufwand
207
(2) Erschließung
207
(a) Erschließungsverträge
207
(b) Durchführungsverträge
208
(3) Soziale Infrastruktur 2 Tietze
205
208
18
Inhaltsverzeichnis c) Planrealisierung
209
(1) Herstellung privater Hochbauvorhaben
209
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben
209
Dritter Teil Auswertung
§6. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur I. Planerische Entscheidungsprämissen II. Vorhaben-und Erschließungspläne III. Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge)
211
211 211 212 219
1. Bauplanungs- und Planungskostenverträge - ein Phänomen der neuen Bundesländer? 219 2. Erschließungs- und städtebauliche Verträge - Hauptanwendungsfall vertraglicher Instrumente 222 3. Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB - Reaktion auf hohe innerstädtische Investitionsnachfrage 226 IV. Entscheidungen über Stellen V. Selbst- und Fremdreferenz politischer Bauleitplanung
227 229
1. Selbstreferenz politischer Bauleitplanung
229
2. Fremdreferenzen politischer Bauleitplanung
230
§ 7. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente I. Verfahrensbeschleunigung
233 233
1. Vorhaben- und Erschließungspläne - Beschleunigungspotential im Einzelfall 233 2. Bauplanungs Verträge - Vertragseinsatz ohne Beschleunigungsintention
236
3. Politische „Beschleunigungsalternativen"
237
II. Entlastung der Gemeinden
239
1. Verfahrensaufwand
239
nsverzeichnis
19
a) Vorhaben- und Erschließungspläne - Entlastung von Aufgaben und Kosten bei gleichzeitig hohem Betreuungsaufwand 239 b) Bauplanungs- und Planungskostenverträge - Instrumente zur Finanzierung städtebaulicher Planungen 240 2. Erschließung - erfolgreicher Vertragseinsatz bei hoher wirtschaftlicher Anschlußfähigkeit (Baulandnachfrage)
241
a) Erschließungs- und städtebauliche Verträge
241
b) Durchführungsverträge
244
c) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
245
3. Soziale Infrastruktur - Ungewißheit rechtlicher und wirtschaftlicher Anschlußfähigkeit von Folgelastenvereinbarungen III. Planrealisierung
247 250
1. Herstellung privater Hochbau vorhaben - „Absicherung" von Baurechten durch befristete Bauverpflichtungen 250 a) Durchführungsverträge
250
b) Städtebauliche Verträge
251
2. Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben - vielfältige Nutzung vertraglicher Instrumente 253 a) Durchführungsvertrag und Vorhaben- und Erschließungsplan
253
b) Städtebauliche Verträge
255
Zusammenfassung
257
Literaturverzeichnis
261
Sachwortverzeichnis
277
Verzeichnis der Tabellen Tab. 1: DurchfiihrungsVerträge (Leipzig)
119
Tab. 2: Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Leipzig) 120 Tab. 3: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Leipzig)
121
Tab. 4: Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Leipzig)
122
Tab. 5: Bauplanungs- und Planungskostenverträge (Leipzig)
124
Tab. 6: Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge (Leipzig)
124
Tab. 7: Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Leipzig)
125
Tab. 8: Verfahrensdauer in Jahren (Leipzig)
128
Tab. 9: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen (Leipzig)
133
Tab. 10: Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Leipzig) ... 134 Tab. 11: Erfüllung der Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Leipzig)
135
Tab. 12: Erfüllung sozialer Folgelasten Vereinbarungen in Durchführungs Verträgen (Leipzig) 136 Tab. 13: Erfüllung sozialer Folgelasten Vereinbarungen in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen (Leipzig) 137 Tab. 14: Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Leipzig)
138
Tab. 15: Zusätzliche Bindungen in Durchführungsverträgen (Leipzig)
140
Tab. 16: Durchführungsverträge (Magdeburg)
142
Tab. 17: Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplä143 nen (Magdeburg) Tab. 18: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Magdeburg)
144
Tab. 19: Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Magdeburg)
145
Tab. 20: Erschließungs- und städtebauliche Verträge (Magdeburg)
147
Tab. 21: Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Magdeburg)
148
Verzeichnis der Tabellen Tab. 22: Verfahrensdauer in Jahren (Magdeburg)
21 150
Tab. 23: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen (Magdeburg) Tab. 24: Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Magdeburg)
155 156
Tab. 25: Erfüllung der Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Magdeburg) ... 157 Tab. 26: Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Magdeburg) ... 158 Tab. 27: Durchführungsverträge (Hannover)
162
Tab. 28: Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Hannover) 162 Tab. 29: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Hannover) ... 163 Tab. 30: Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Hannover)
164
Tab. 31: Städtebauliche Verträge (Hannover)
166
Tab. 32: Erschließungsverträge (Hannover)
166
Tab. 33: Verfahrensdauer in Jahren (Hannover)
168
Tab. 34: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungsverträgen (Hannover) .. 172 Tab. 35: Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Hannover)
173
Tab. 36: Erfüllung der Erschließungspflichten in städtebaulichen Verträgen (Hannover)
173
Tab. 37: Erfüllung sozialer Folgelasten Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen (Hannover) Tab. 38: Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Hannover) —
174 175
Tab. 39: Erfüllung der Bau Verpflichtungen in städtebaulichen Verträgen (Hannover) ... 176 Tab. 40: Zusätzliche Bindungen in Durchführungsverträgen (Hannover)
177
Tab. 41: Zusätzliche Bindungen in städtebaulichen Verträgen (Hannover)
178
Tab. 42: Durchführungsverträge (Münster) 181 Tab. 43: Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Münster) 182 Tab. 44: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben-und Erschließungsplänen (Münster)
183
Tab. 45: Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Münster) Tab. 46: Städtebauliche Verträge (Münster)
183 185
Tab. 47: Erschließungsverträge (Münster)
186
Tab. 48: Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Münster)
187
Verzeichnis der
ben
Tab. 49: Verfahrensdauer in Jahren (Münster)
189
Tab. 50: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungsverträgen (Münster)
193
Tab. 51: Erfüllung der Erschließungspflichten in städtebaulichen Verträgen (Münster)
194
Tab. 52: Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Münster) ... 194 Tab. 53: Erfüllung sozialer Folgelasten Vereinbarungen in Durchführungsverträgen (Münster)
196
Tab. 54: Erfüllung sozialer Folgelastenvereinbarungen in städtebaulichen Verträgen (Münster)
196
Tab. 55: Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Münster)
197
Tab. 56: Erfüllung der Bauverpflichtungen in städtebaulichen Verträgen (Münster)
198
Tab. 57: Zusätzliche Bindungen in Durchführungsverträgen und städtebaulichen Verträgen (Münster) 199 Tab. 58: Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Wolfsburg) 202 Tab. 59: Erschließungsverträge (Wolfsburg)
204
Tab. 60: Verfahrensdauer in Jahren (Wolfsburg)
206
Tab. 61: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungsverträgen (Wolfsburg).. 208 Tab. 62: Abschluß von Durchführungsverträgen zu Vorhaben- und Erschließungsplänen 214 Tab. 63: In Kraft getretene Plansatzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogene Bebauungspläne 215 Tab. 64: Prozentualer Anteil in Kraft getretener Vorhaben- und Erschließungspläne/ vorhabenbezogener Bebauungspläne an der Gesamtzahl in Kraft getretener Satzungen der verbindlichen Bauleitplanung 217 Tab. 65: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
218
Tab. 66: Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen
219
Tab. 67: Bauplanungs- und Planungskostenverträge (differenziert nach Vertragsgegenständen) 221 Tab. 68: Erschließungs- und städtebauliche Verträge
224
Tab. 69: Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
226
Tab. 70: Verfahrensdauer in Jahren (Median aller im Untersuchungszeitraum in Kraft getretenen Vorhaben- und Erschließungspläne bzw. regulären Bebauungspläne) 234 Tab. 71: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen 243
Verzeichnis der
ben
Tab. 72: Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen
23 245
Tab. 73: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungsverträgen im Bereich § 34 BauGB 246 Tab. 74: Vereinbarungen über Folgemaßnahmen bzw. -kosten der sozialen Infrastruktur in Durchführungs- und (umfassenden) städtebaulichen Verträgen
248
Tab. 75: Erfüllung sozialer Folgelasten Vereinbarungen in Durchführungs- und (umfassenden) städtebaulichen Verträgen 249 Tab. 76: Erfüllung der Bauverpflichtungen (privater Hochbau) in Durchführungsverträgen
251
Tab. 77: Erfüllung der Bauverpflichtungen (privater Hochbau) in städtebaulichen Ver252 trägen Tab. 78: Zusätzliche Bindungen in Durchführungsverträgen
254
Tab. 79: Zusätzliche Bindungen in städtebaulichen Verträgen
255
Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1:
Plansatzungen und Durchführungsverträge (Leipzig)
119
Abb. 2:
Überblick Vertragsabschlüsse (Leipzig)
123
Abb. 3:
Verfahrensdauer in Jahren (Leipzig)
127
Abb. 4:
Plansatzungen und Durchführungsverträge (Magdeburg)
142
Abb. 5:
Überblick Vertragsabschlüsse (Magdeburg)
145
Abb. 6:
Verfahrensdauer in Jahren (Magdeburg)
150
Abb. 7:
Plansatzungen und Durchführungsverträge (Hannover)
161
Abb. 8:
Überblick Vertragsabschlüsse (Hannover)
164
Abb. 9:
Plansatzungen und Durchführungsverträge (Münster)
181
Abb. 10: Überblick Vertragsschlüsse (Münster)
184
Abb. 11: Verfahrensdauer in Jahren (Münster)
189
Abb. 12: Plansatzungen und Durchführungsverträge (Wolfsburg)
201
Abb. 13: Überblick Vertragsschlüsse (Wolfsburg)
203
Abb. 14: Verfahrensdauer in Jahren (Wolfsburg)
205
Abb. 15: Abschluß von Durchführungsverträgen zu Vorhaben- und Erschließungsplänen 213 Abb. 16: In Kraft getretene Plansatzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogene Bebauungspläne 215 Abb. 17: Prozentualer Anteil in Kraft getretener Vorhaben- und Erschließungspläne/ vorhabenbezogener Bebauungspläne an der Gesamtzahl in Kraft getretener Satzungen der verbindlichen Bauleitplanung 216 Abb. 18: Abbruch von Verfahren zu Vorhaben-und Erschließungsplänen
218
Abb. 19: Erschließungs- bzw. städtebauliche Verträge (kumuliert)
225
b . 2 : Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
Verzeichnis der Abbildungen
25
Abb. 21: Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen 242 Abb. 22: Erfüllung der Bau Verpflichtungen in Durchführungs- und städtebaulichen Verträgen 252
Abkürzungsverzeichnis AcP
Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift)
a.E.
am Ende
Alt.
Alternative
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)
Aufl.
Auflage
BauGB
Baugesetzbuch
BauGBMaßnG
Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch
BauR
Baurecht (Zeitschrift)
BauROG
Bau- und Raumordnungsgesetz
BauZVO
Bauplanungs- und Zulassungsverordnung (DDR)
BayVBl.
Bayrische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
BBauBl
Bundesbaublatt (Zeitschrift)
BBauG
Bundesbaugesetz
Bd./Bde.
Band /Bände
Beschl.
Beschluß
B-Plan
Bebauungsplan
BT
Bundestag
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
Drs.
Drucksache
DAB
Deutsches Architektenblatt (Zeitschrift)
ders.
derselbe
dies.
dieselbe(n)
DISP
Dokumente und Informationen zur schweizerischen Orts-, Regionalund Landesplanung (Zeitschrift)
DÖV
Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)
DV
Die Verwaltung (Zeitschrift)
DVB1.
Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)
EV
Erschließungsvertrag
f./ff.
folgende / fortfolgende
Fn.
Fußnote
FS
Festschrift
GB
Geschäftsbereich Vierteljahresschrift für Entscheidungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft
gdi impuls Hrsg.
Herausgeber
Abkürzungsverzeichnis Hs.
Halbsatz
insbes.
insbesondere
i.V.m.
in Verbindung mit
Jura
Juristische Ausbildung (Zeitschrift)
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
JZ
Juristenzeitung
k.A.
keine Angabe
Lfg.
Lieferung
LKV
Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift)
m.N.
mit Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
Nr.
Nummer
NuR
Natur und Recht (Zeitschrift)
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
Planerln
Fachzeitschrift für Stadt-, Regional- und Landesplanung
Raumplanung
Zeitschrift, hrsg. vom Informationskreis für Raumplanung e.V.
Rn.
Randnummer
PVS
Politische Vierteljahresschrift
RuR
Raumforschung und Raumordnung (Zeitschrift)
S.
Satz/Seite
sog.
sogenannt(er)
SoSy
Soziale Systeme (Zeitschrift)
StuG
Städte- und Gemeinderat (Zeitschrift)
StV
Städtebaulicher Vertrag
stw
suhrkamp taschenbuch Wissenschaft
UPR
Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift)
Urt.
Urteil
VB1BW
Baden-Württembergische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
VEP
Vorhaben- und Erschließungsplan
VerwArch
Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)
vgl.
vergleiche
vhw
Volksheimstättenwerk
VOB
Verdingungsordnung für Bauleistungen
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes
WiVerw
Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift)
ZfRSoz
Zeitschrift für Rechtssoziologie
ZfSoz
Zeitschrift für Soziologie
ZG
Zeitschrift für Gesetzgebung
Ziff.
Ziffer
ZUR
Zeitschrift für Umweltrecht
27
Einleitung Die politische Erfahrung, daß „der Städtebau nicht von Bauleitplänen und kommunalen Konzepten, sondern von den Initiativen Privater lebt" 1 , hat die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Privaten wieder verstärkt in den Mittelpunkt wissenschaftlichen Interesses gerückt. So sind neue Formen der „Kooperation im Städtebau" in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema sowohl in den Verwaltungsrechts- als auch den Planungswissenschaften aufgerückt. Die verwaltungsrechtswissenschaftliche Diskussion konzentriert sich dabei unter dem Sammelbegriff der „städtebaulichen Verträge" auf jene vertraglichen Instrumente, die seit 1990 Gegenstand gesetzgeberischer Novellierungen waren. So wurde mit der Bauplanungs- und Zulassungsverordnung, dem Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch und dem Raumordnungsgesetz nicht nur das Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans neu geschaffen, sondern auch die Vielzahl städtebaulich einsetzbarer Vertragstypen neben dem klassischen Erschließungsvertrag hervorgehoben. Im Blickpunkt planungswissenschaftlicher Überlegungen stehen dagegen vor allem informelle Formen einer verstärkten bürgerschaftlichen Beteiligung an kommunalen Planungsprozessen. Während die Praxis solcher Kooperationsprozesse in großem Umfang dokumentiert und ausgewertet wird, fällt im Bereich der Verwaltungsrechtswissenschaften nach wie vor ein weitgehendes empirisches Defizit auf. Zwar beschäftigen sich verwaltungsrechtswissenschaftliche Arbeiten zunehmend mit der dogmatischen Ausformung des öffentlichen Vertragrechts. Wie städtebauliche Verträge in der kommunalen Praxis angewandt werden, ist entgegen zahlreichen Forderungen nach einer stärkeren empirischen Fundierung der Vertragsdogmatik jedoch erst in Ansätzen erforscht. In welchem Umfang nutzen Gemeinden überhaupt die verschiedenen Typen städtebaulicher Verträge? Wann scheitern Verträge? Und: Was können städtebauliche Verträge aus der Sicht der Kommunen tatsächlich leisten? Damit sind Fragen nach der Anwendungspraxis, aber auch den Funktionen vertraglicher Instrumente in der kommunalen Praxis angesprochen. Ihre explorative Erforschung steht im Zentrum der vorliegenden rechtssoziologischen Untersuchung. Dazu geht die Arbeit in drei Schritten vor: Nach einem mehrperspektivischen Zugang (§ 1) zum Thema der Kooperation im Städtebau in den verschiedenen Teilwissenschaften werden im 1. Teil die Konzeption und der theoretische Rahmen der Untersuchung (§2) vorgestellt. In diesem Zusammenhang wird zunächst der For1 Vgl. Krautzberger, Michael: Public Private Partnership - Kooperationsmodelle aus städtebaulicher Sicht, in: StuG 1993, S. 44, 45.
30
Einleitung
schungsgegenstand hinsichtlich bestimmter, empirisch zu untersuchender vertraglicher Instrumente eingegrenzt. Die wissenschaftstheoretische Einordnung des hier gewählten Forschungsansatzes sowie die Bestimmung des theoretischen Bezugsrahmens der empirischen Untersuchung erfolgt im Rahmen der Frage nach dem Forschungsdesign der Studie. Im Anschluß daran wird auf der Grundlage der Theorie autopoietischer Systeme ein empirischer Analyserahmen herausgearbeitet und im Hinblick auf beobachtungsleitende Unterscheidungen (§3) spezifiziert. Entlang des dabei gewonnenen Untersuchungsansatzes dokumentiert der 2. Teil der Arbeit die Ergebnisse der empirischen Beobachtung vertraglicher Instrumente in der Planungspraxis. Zu Beginn wird das empirisch-methodische Vorgehen (§4) mit Blick auf den Untersuchungszeitraum, die Untersuchungseinheit sowie die genutzten Erhebungsmethoden vorgestellt sowie ein Überblick über die tatsächliche Durchführung der empirischen Erhebung gegeben. Daran schließen sich die Untersuchungsergebnisse (§5) aus den untersuchten Städten an. Die Auswertung dieser Untersuchungsergebnisse vor dem Hintergrund des eingangs erarbeiteten systemtheoretischen Analyserahmens ist schließlich Gegenstand des 3. Teils der Arbeit. Dieser konzentriert sich dabei auf die mit dem Einsatz vertraglicher Instrumente einhergehenden Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur (§6) sowie die politischen Leistungserwartungen (§7) an jene Instrumente. Insoweit verfolgt die vorliegende Arbeit nicht nur eine rechtstatsächliche Beschreibung, sondern ebenso eine rechtstheoretische Fundierung vertraglicher Instrumente in der kommunalen Planungspraxis.
Erster Teil
Untersuchungsansatz § 1. Mehrperspektivischer Zugang I. Kooperation als Ausdruck eines gewandelten Planungsverständnisses Fragen der Kooperation im Städtebau betreffen aus raumplanungswissenschaftlicher Sicht 1 den Bereich der Stadtplanung als einen räumlich spezifizierten Teilbereich der Raumplanung2. Dementsprechend geht es, wenn im folgenden von Planungswissenschaft gesprochen wird, genau genommen um Stadt-Planungswissenschaft. Stadtplanung bezeichnet die vorausschauende Lenkung der räumlichen Entwicklung einer Stadt3. Ansätze zu einer wissenschaftlichen Theorie der Stadtplanung verstehen sich dabei als „eine systematische Aufbereitung von Beobachtungen und Erfahrungen, die sich auf die Entwicklung der Städte, auf die Methodik und Inhalte möglicher Steuerungsmaßnahmen und deren Auswirkungen beziehen"4. Auf diesem Weg wird ein steuerungsorientiertes „Planungsverständnis" gewonnen, das in der Proklamation der sog. „Entwicklungsplanung" Mitte der 60er Jahre einen Höhepunkt fand 5. Infolge der nicht zu überwindenden praktischen Schwierigkeiten 6 dieses auf Gesellschaftssteuerung angelegten Planungsmodells 1 Raumplanung hat sich mittlerweile als eigenes wissenschaftliches Fach etabliert, wenngleich die Schwierigkeiten der Selbstbeschreibung der Disziplin nicht zu verkennen sind, vgl. dazu die Beiträge in Schmals, Klaus M. (Hrsg.): Was ist Raumplanung?, 1999; insbes. Bremm , Heinz-Jürgen: Was ist Raumplanung? Nun ist das Geheimnis, was Raumplanung ist, gelüftet, ebd., S. 331 ff. 2 Vgl. nur Lendi, Martin: Rahmenbedingungen räumlicher Planung. Rechtliche Grundlagen, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Methoden und Instrumente räumlicher Planung, Handbuch, 1998, S. 23, 26. 3 Vgl. Albers , Gerd: Stadtplanung, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung, 1995, S. 899. 4 Vgl. Albers , Gerd: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung, 2. Aufl., 1992, S. 18. 5 Vgl. zur Entwicklung des „Planungsverständnisses" Albers, Gerd: Über den Wandel des Planungsverständnisses, in: Raumplanung 61 (1993), S. 97 ff.; Seile, Klaus : Phasen oder Stufen? Fortgesetzte Anmerkungen zum Wandel des Planungsverständnisses, in: Raumplanung 71 (1995), S. 237 ff.; Harlander, Tilmann: Stadtplanung und Stadtentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Entwicklungsphasen seit 1945, in: DISP 132 (1998), S. 4 ff. 6 Vgl. dazu Ganser, Karl: Instrumente von gestern für die Städte von morgen?, in: ders. (Hrsg.): Die Zukunft der Städte, 1991, S. 54, 57 ff.; Walter Siebel spricht von einem unter-
32
1. Teil: Untersuchungsansatz
wird seit Beginn der 70er Jahre - mit dem B i l d des „perspektivischen Inkrementalismus" 7 - eine Rückkehr zu einer „Planung der kleinen Schritte" festgestellt, allerdings ohne das Bemühen um eine ganzheitliche Sichtweise völlig aufzugeben 8 . Entsprechend sind seither verschiedenste Weiter- und Neuentwicklungen stadtplanerischer Theorieansätze vorzufinden 9 . Für die vorliegende Arbeit ist in diesem Zusammenhang einem „Wandel des Planungsverständnisses" hin zu kooperativen Planungsansätzen nachzugehen, der seit Beginn der 90er Jahre zunehmend breiteren Raum in der stadtplanerischen Diskussion einnimmt 1 0 . Die Anstöße dieses Wandels werden einerseits Veränderungen des gesellschaftlichen Umfelds von Planung in sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zugeschrieben und andererseits auf planerische Erfahrungen aus dem gescheiterten Modell der Entwicklungsplanung zurückgeführt 11 . Soziale Veränderungen i m planerischen Umfeld beträfen vor allem eine zunehmende Ausdifferenzierung von Lebensstilen, die neue integrative Aufgaben an Stadtplanung unter Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen stellten (z. B. Entgegenwirken von Segregation, Umbau benachteiligter Quartiere) 12 . I m politischen Bereich seien es die zustellten „Gott-Vater-Modell", siehe ders.: Künftige Perspektiven der Stadtentwicklung, in: Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung / Landesgruppe Niedersachsen-Bremen (Hrsg.): Planung oder Anpassung? Fragen an künftige Stadt- und Regionalplanung. Bericht Nr. 11 der Landesgruppe Niedersachsen-Bremen, 1989, S. 83, 91 f. 7 Begriffsprägend Ganser, Karl: Instrumente von gestern für die Städte von morgen?, in: ders. (Hrsg.): Die Zukunft der Städte, 1991, S. 54, 59. 8 Vgl. Seile, Klaus, Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 43 ff.; Albers, Gerd: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung, 2. Aufl., 1992, S. 45 ff. 9 Vgl. dazu Schönwandt, Walter L.: Sieben Planungsmodelle, in: Raumplanung 93 (2000), S. 292 ff.; zu verschiedenen Strömungen siehe auch Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl. 1996, S. 2 ff. !0 Vgl. Keller, Donald A. /Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte. Ausschnitte eines Werkstattgespräches über den Wandel im Planungsverständnis, in: DISP 126 (1996), S. 37 ff.; Buchmüller, Lydia/Keller, Donald A./Koch, Michael/Schumacher, Fritz/Seile, Klaus: Planen Projekte Stadt? Weitere Verständigungen über den Wandel in der Planung, in: DISP 141 (2000), S. 55 ff., wobei neben „Kooperation (der verschiedenen Akteure)" weitere „Schlüsselbegriffe" den Wandel kennzeichneten, nämlich „Komplexität (der Aufgaben)", „Konzentration (der Planung auf Projekte)" und „Kompetenz (der Planerinnen und Planer); ferner Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem Weg zum kooperativen Handeln, 2. Aufl., 1996, insbes. S. 15 ff. u. 61 ff.; siehe auch Stierand, Rainer: Neuorientierung in der Planungstheorie?, in: Raumplanung 61 (1993), S. 141 ff. 11 Siehe dazu und zum folgenden Albers, Gerd: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung, 2. Aufl. 1992, S. 265 ff.; Keller, Donald A. /Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), S. 37, 39 ff.; Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 17 ff.; ders.: Planung und Kommunikation. Anmerkungen zur Renaissance eines alten Themas, in: DISP 129 (1997), S. 40, 42 f.; vgl. ferner Mäding, Heinrich: Entwicklungsperspektiven für die Stadt - Trends und Chancen, in: ders. (Hrsg.): Zwischen Uberforderung und Selbstbehauptung - Städte unter dem Primat der Ökonomie, 1999, S. 19 ff.; Winkel, Rainer: Planung im Wandel, in: Planerln 2001, S. 7 ff. 12
Zur Integrationsproblematik vgl. insbes. Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter: Die Politik der Festivalisierung und die Festivalisierung der Politik, in: dies. (Hrsg.): Festivalisie-
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang
33
nehmende Finanzknappheit der Kommunen sowie die Bewältigung sensibler Politikfelder (z. B. ökologische Stadterneuerung), die eine aktivierende Beteiligung der Stadtbewohner und kommunikative Überzeugungsarbeit in den Mittelpunkt von Planung rückten 13. Schließlich erforderten auch die Besonderheiten der wirtschaftlichen Entwicklung (z. B. Flächenkonversion, Infrastrukturumbau, Wohnungsbedarf) Veränderungen im planerischen Instrumentarium. Dabei sei aus dem Ansatz der umfassenden Entwicklungsplanung der Anspruch geblieben, mit Planung mehr als nur einen Rahmen für eine ansonsten nicht steuerbare Entwicklung zu setzen14. Dieses „Mehr" lasse sich nach den Erfahrungen aus den 70er Jahren aber nicht über die traditionellen Rechtspläne erreichen: sie veränderten keine Realität, wenn potentielle Bauherren aus ökonomischen oder anderen Gründen nicht bauen wollten, sie hinderten Betroffene nicht an langfristigen politischen oder rechtlichen Blockaden der Plansatzungen, sie aktivierten nicht Bewohner zur Beteiligung an einer ökologischen Stadterneuerung usw. Diese, auch unter den Stichworten des „Vollzugsdefizits" oder des „Steuerungsversagens" umschriebenen Probleme, ließen sich - so die Konsequenz - nur durch eine Verständigung bzw. ein planerisches Zusammenwirken mit den zahlreichen gesellschaftlichen Akteuren lösen, wofür die traditionellen Planungsverfahren mit linearen Abstimmungsund Beteiligungsprozessen und langen Aufstellungsdauern jedoch nicht mehr angemessen seien15. Den Ansatzpunkt der planungstheoretischen Überlegungen zu kooperativen Verfahrensansätzen bildet demnach das traditionelle Planungsverständnis. Planen wird traditionell verstanden als „eine Abbildung der gegenwärtigen und der zukünftigen Realität sowie des Weges dorthin. Planen in diesem Sinn schließt aber die Planimplementation, das Beschreiten des Weges, nicht ein." 16 So impliziere bereits der Begriff der „Bau-leit-planung" die Trennung zweier Subjekte - ein das Baugeschehen leitendes und ein zweites, das zum oder beim Bauen geleitet werden solle 17 . Die Konzeption einer kooperativen Planung setzt nun an, diese Trennung aufzuheben und das Defizit reiner „Angebotsplanung" durch eine Zusammenarbeit der Gemeinden mit anderen - privaten - Akteuren zu überwinden. Kooperative Planung rung der Stadtpolitik. Stadtentwicklung durch große Projekte, Leviathan Sonderheft 13/ 1993, S. 7, 23 f. 13 Siehe dazu Fassbinder, Helga: Offene Planung als praxisorientiertes Zukunftskonzept, in: Seile, Klaus (Hrsg.): Planung und Kommunikation. Gestaltung von Planungsprozessen in Quartier, Stadt und Landschaft, 1996, S. 143, 144. 14 Vgl. Albers, Gerd: Wie sähe heute das Gründungskonzept einer Raumplanungsfakultät aus? - Betrachtungen eines Dortmunder „Gründervaters", in: Schmals, Klaus M. (Hrsg.): Was ist Raumplanung?, 1999, S. 28, 32 f. 15 Vgl. Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 20 ff.; Albers, Gerd: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung, 2. Aufl., 1992, S. 271 f. 16 Vgl. Königswieser, Roswita/Lutz, Christian: Planung - Korsett oder Experiment? Thesen und Beispiele aus systemischer Sicht, in: gdi impuls 3/1993, S. 48, 53; ebenso Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 83. 17 Siehe zu dieser Interpretation Seile, Klaus: ebd., S. 84 f.
3 Tietze
34
1. Teil: Untersuchungsansatz
- so der zentrale Ansatz - wird verstanden als das „Planen in einem ,intermediären Bereich' zwischen Staat, Markt und privaten Haushalten" 1 8 . Es geht mit anderen Worten um ein Zusammenwirken von „Akteuren aus verschiedenen Sphären". Diese „Sphären" werden als „selbstaktive Felder" wahrgenommen, die nach eigenen, von der Planung zu berücksichtigenden Zielen und Operationsweisen agieren. Planung verändere sich damit von einem zentralen Entscheidungsprozeß innerhalb des politisch-administrativen Systems hin zu einem Entscheidungsprozeß außerhalb des politisch-administrativen Systems, der von Akteuren aus verschiedenen Sphären getragen und gestaltet werde. Als Bezugspunkt kooperativer Veränderungen stehen damit nicht das rechtlich programmierte Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung, sondern neue Kooperationsansätze i m Vordergrund, die das rechtsförmliche Planaufstellungsverfahren ergänzen, jedoch nicht ersetzen sollen 1 9 . Das betrifft maßgeblich entscheidungsvorgelagerte Meinungsbildungsprozesse, in denen auf einen Konsens hinsichtlich des zu lösenden Sachthemas hingearbeitet werde 2 0 . In den Planungswissenschaften wird
Vgl. dazu Sander, Ralf: Stadtteilforen in Berlin. Ein Beitrag zur neuen Planungskultur?, in: DISP 134 (1998), S. 20 f.; Bischoff, Ariane/Seile, Klaus/Sinning, Heidi: Informieren, Beteiligen, Kooperieren. Kommunikation in Planungsprozessen, 2. Aufl., 1996, S. 11; Buchmüller, Lydia/Keller, Donald A./Koch, Michael/Schumacher, Fritz/Seile, Klaus: Planen Projekte Stadt?, in: DISP 141 (2000), S. 55 ff.; Keller, Donald A./Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), S. 37, 41; Seile, Klaus: Planung und Kommunikation, in: DISP 129 (1997), S. 40, 41; ders.: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 61 ff.; ders.: Neue Bilder vom Planen?, in: Brech, Joachim (Hrsg.): Neue Wege in der Planungskultur, 1993, S. 274, 275 f.; Sinning, Heidi: Verfahrensinnovation kooperativer Stadt- und Regionalentwicklung, in: RuR 3 (1995), S. 169; Stein, Ursula: Raumplanung zwischen Staat, Markt und Gesellschaft, in: RuR 5 (1995), S. 393; Fassbinder, Helga: Offene Planung als praxisorientiertes Zukunftskonzept, in: Seile, Klaus (Hrsg.): Planung und Kommunikation. Gestaltung von Planungsprozessen in Quartier, Stadt und Landschaft, 1996, S. 143, 147 u. 150 ff.; Rau, Petra: Struktur ist das „Dazwischen" - Überlegungen zu einer offenen Planungskultur, in: Brech, Joachim (Hrsg.): Neue Wege in der Planungskultur, 1993, S. 388 ff. 19 Vgl. Keller, Donald A. /Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), S. 37, 45 mit dem Hinweis auf die Funktion von „Regelplanung" als rechtliche „Protokolle"; Seile, Klaus: Phasen oder Stufen? Fortgesetzte Anmerkungen zum Wandel des Planungsverständnisses, in: Raumplanung 71 (1995), S. 237, 242; ders.: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 92; zum Zusammenspiel „regulativ bzw. diskursiv dominierter Instrumentenprofile" jüngst Hüchtker, Sibille /Scholz, Brigitte/Seile, Klaus/Sinning, Heidi /Sutter-Schurr, Heidi: Freiraum - Siedlung - Kooperationen, Erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu den Arbeits- und Organisationsformen nachhaltiger Entwicklung, in: Raumplanung 89 (2000), S. 55 ff. 20
Vgl. Heibrecht, Ilse: Die halbe Innovation. Diskursive Planung benötigt Öffentlichkeiten, in: Seile, Klaus (Hrsg.): Planung und Kommunikation. Gestaltung von Planungsprozessen in Quartier, Stadt und Landschaft, 1996, S. 153, 157. Kritisch zur Praktikabilität planerischer „Konsensmodelle" Wegener, Michael: Raumplanung als Systemrationalität - oder die Rettung der Raumplanung durch die Ökologie, in: Schmals, Klaus M. (Hrsg.): Was ist Raumplanung?, 1999, S. 165, 168 f.; Probleme am praktischen Beispiel zeigen Kreisl, Peter /Mussei, Christine /Schotte, Klaus: Die Wiedergründung der Unterneustadt in Kassel. Planung
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang
35
daher von kooperativer Planung (bereits) dann gesprochen, „wenn wichtige Planungsentscheidungen nicht allein zwischen Entscheidungsträgern und Fachleuten vorbereitet werden, sondern wenn gesellschaftliche Akteure hinzugezogen werden und in Form von Gesprächen und Aushandlungsprozessen an der Entscheidungsvorbereitung beteiligt werden" 21 . Legt man die Unterscheidung von rechtsförmlichen und informellen Verfahren an, beziehen sich die planungswissenschaftlichen Kooperationsüberlegungen damit maßgeblich auf einen informellen politischen Bereich vor oder neben dem rechtsförmlichen Planaufstellungsverfahren 22. Parallel zu diesem durch die Kooperation von Akteuren aus verschiedenen gesellschaftlichen Sphären geprägten Planungsverständnis und den damit einhergehenden Erwartungen einer verbesserten planerischen Steuerungsfähigkeit läßt sich noch eine weitere Diskussionsebene planungswissenschaftlicher Stellungnahmen nachzeichnen. Dabei handelt es sich um sozialpsychologisch orientierte 23 Überlegungen zu kooperativen Verhaltens- und Verhandlungsformen, die nicht selten (latent) mit einer deliberativ-demokrati sehen Neuorientierung von Planung24 unterlegt werden. Die Rede ist von einer Vielzahl als „nicht hierarchisch", „dialogisch", „offen" und „konsensorientiert" beschriebenen kooperativen Verfahrensformen 25. Diese werden im wesentlichen kommunalen Foren, Werkstätten, Runden Tischen sowie Mediations- und Moderationsverfahren zugeordnet, wobei die Übergänge begrifflich als auch in der praktischen Handhabe fließend sind 26 . Auch im Zusamund Bau eines Stücks Stadt als kooperativer Prozeß?, in: Raumplanung 78 (1997), S. 159, 162 auf. 21 Vgl. Kreisl, Peter /Mussei, Christine / Schotte, Klaus: ebd., S. 159, 163. 22
Vgl. die Einschätzung von Sinning, Heidi: Verfahrensinnovation kooperativer Stadtund Regionalentwicklung, in: RuR 3 (1995), S. 169, 175; Zlonicky, Peter, in: Keller, Donald A./Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), S. 37,40; ebenso Kreisl, Peter/Mussei, Christine/Schotte, Klaus, ebd., S. 159,160 u. 163; auch im Rahmen der Stellungnahmen der Planerverbände zur BauGB-Novelle 1998 nimmt die Bedeutung der informellen Planungsebene ein starkes Gewicht ein, vgl. die Stellungnahme der Planerverbände zum BauGB, in: Raumplanung 76 (1997), S. 81, 84; Boeddinghaus, Gerhard: Planungsrechtsnovelle 1997. Positionen der Planerverbände, in: BBauBl 1996, S. 256, 259. 23
Siehe zu dieser Perspektive Beck, Dieter: Kooperatives Verwaltungshandeln aus der Sicht der Sozialpsychologie, in: Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, 1995, S. 329 ff. sowie Benz, Arthur: Der Beitrag der Spieltheorie zur Analyse kooperativen Verwaltungshandelns, ebd., S. 297 ff.; einflußreich auf die Diskussion auch Axelrod, Robert: Die Evolution der Kooperation, (nunmehr) 4. Aufl., 1997. 24 Vgl. zur Rezeption „deliberativer" bzw. „zivilgesellschaftlicher" Theorieansätze in den PlanungsWissenschaften Schmals, Klaus M.: Rauplanung im Umbruch - Von der technokratischen zur zivilgesellschaftlichen Raumplanung?, in: ders. (Hrsg.): Was ist Raumplanung?, S. 7, 13 ff.; siehe auch die Analyse von Lanz, Stephan: Demokratische Stadtplanung in der Postmoderne, 1996, insbes. S. 47 ff., 165 ff. u. 193 ff. 25 Vgl. nur die Übersicht zu „Merkmalen der Kooperation" bei Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl. 1996, S. 80; siehe auch Speer, Albert: Städtebau und Architektur zwischen Staat und Investoren, in: DAB 1 /1992, S. 70, 71 f. 26 Vgl. den Überblick bei Sinning, Heidi: Verfahrensinnovation kooperativer Stadt- und Regionalentwicklung, in: RuR 3 (1995), 169 ff.; zu einzelnen kooperativen Verfahrensformen 3*
36
1. Teil: Untersuchungsansatz
menhang mit speziellen Organisationsformen zur Vermittlung zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen „Sphären" („intermediäre Organisationen", lokale Partnerschaften, verschiedene Formen der Anwaltsplanung)27 finden sich entsprechende Überlegungen wieder. Zusammenfassend kann damit innerhalb der Stadt-Planungswissenschaft ein „Wandel des Planungsverständnisses" hin zu kooperativen Verfahrensansätzen festgestellt werden, der in ganz unterschiedlicher Diktion und aus verschiedensten Perspektiven diskutiert wird 2 8 . In enger Anlehnung an die allgemeine politikwissenschaftliche Problemstellung staatlicher Steuerung29 steht dabei die Frage kooperativer Planung als neuem Modus politischer Steuerung von Stadtentwicklung im Vordergrund, an die sich sozialpsychologische Überlegungen zur Ausgestaltung kooperativer Planungsprozesse, aber auch normative Erwartungen an eine deliberativ-demokratische Erneuerung von Planung anknüpfen.
II. Kooperation(sprinzip) im Städtebaurecht Die rechtswissenschaftliche Behandlung kooperativer Ansätze im Bereich des Städtebaus vollzieht sich vor dem Hintergrund einer sich seit Anfang der 90er Jahre abzeichnenden Neuorientierung der „Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft" 30. Verwaltungsrechtswissenschaft könne sich danach nicht auf einen rechtsdogmatischen Ansatz der Ausformung rechtlicher Regeln, Institute siehe ferner Bischoff, Ariane/Seile, Klaus/Sinning, Heidi: Informieren, Beteiligen, Kooperieren, 2. Aufl., 1996, S. 73 ff.; Adam, Brigitte: Mehr als Interessenmanagement. Zur Rolle alternativer Entscheidungsverfahren in der räumlichen Planung, in: Raumplanung 71 (1995), S. 243 ff.; Frey, Christian/Kronenberg, Ingo: Mediation - der Anfang vom Ende der Raumplanung, in: Schmals, Klaus M. (Hrsg.): Was ist Raumplanung?, 1999, 263 ff. 27 Vgl. wiederum Bischoff, Ariane/Seile, Klaus/Sinning, Heidi: ebd., S. 81 ff. 28 Einem „ausgeprägten Verständigungsbedarf über die Prämissen, Gegenstände, Bewertungsmaßstäbe, theoretische Bezüge und Sichtweisen" sehen auch Keller, Donald A. /Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), 37, 38 f. 29 Zu expliziten Bezügen vgl. Oertzen, Susanna von: Planung im entzauberten Staat, in: Raumplanung 61 (1993), S. 104 ff.; Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl. 1996, S. 36; Keller, Donald A. /Koch, Michael/Seile, Klaus: Planung und Projekte, in: DISP 126 (1996), S. 37, 39. 30 Vgl. Schuppert, Gunnar Folke: Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schmidt-Aßmann, Eberhard / Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 65 ff.; für einen Überblick statt vieler Hoffmann-Riem, Wolf gang: Tendenzen der Verwaltungsrechtsentwicklung, in: DOV 1997, S. 433 ff.; Schmidt, Reiner: Die Reform von Verwaltung und Verwaltungsrecht, in: VerwArch 91 (2000), S. 149 ff.; Trute, Hans-Heinrich: Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht: Einige Leitmotive zum Werkstattgespräch, in: DV, Beiheft 2, Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, 1999, S. 9 ff.; Voßkuhle, Andreas: Die Reform des Verwaltungsrechts als Projekt der Wissenschaft, in: DV 32 (1999), S. 545 ff.; ders.: „Schlüsselbegriffe" der Verwaltungsrechtsreform, in: VerwArch 92 (2001), S. 184 ff.
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang
37
und Prinzipien beschränken, sondern müsse sich genauso mit den Wirksamkeitsbedingungen des Rechts beschäftigen 31 . Ausgehend von einer „Realanalyse von Staat und Gesellschaft" soll der so gewählte Steuerungsansatz durch „Verknüpfung mit juristischem Systemdenken" seine „erkenntnisfördernde, rationalisierende und anleitende Kraft i m rechtswissenschaftlichen Kontext" entfalten 32 . Dabei bedient man sich einer „Mischung aus den systemtheoretisch infizierten Steuerungsmodi des ,reflexiven Rechts 4 bzw. der ,(dezentralen) Kontextsteuerung' mit Ansätzen der modernen Institutionen- und Diskurstheorie sowie nicht zuletzt einem Stück amerikanischer ,Common-Law-Tradition'" 3 3 . Ein „differenziert-integratives Methodenverständnis" soll es jedoch erlauben, „Theorie, Dogmatik, Geschichte und moderne Sozial Wissenschaft zusammenzuführen, ohne die Eigenständigkeit jeder dieser Betrachtungsweisens zu negieren" 3 4 . Als „Impulsgeber und Erkenntnisrahmen" einer solcherart rezeptionsoffenen Verwaltungsrechtswissenschaft fungieren eine Vielzahl sog. „Schlüsselbegriffe" 35 , die anhand von „Referenzgebieten" 36 des 31 Auslöser dieser erweiterten Blickrichtung waren politikwissenschaftliche Implementationsstudien in den 70 / 80er Jahren, die zu einer verwaltungs(rechts)wissenschaftlichen Neuentdeckung und -bewertung rechtlicher „Völlzugsdefizite" und „informalen Verwaltungshandelns" führten; vgl. Voßkuhle, Andreas, VerwArch 92 (2001), S. 184, 185 f. 32 Vgl. Voßkuhle, Andreas, DV 32 (1999), S. 545, 549 ff., wobei die Differenz von sozialwissenschaftlicher (empirischer) und rechtsdogmatischer (normativer) Beobachtung des Rechts ignoriert zu werden scheint, dazu bereits Röhl, Klaus F.: Das Dilemma der Rechtstatsachenforschung, 1974, S. 189 ff. 33
Vgl. Voßkuhle, Andreas, VerwArch 92 (2001), S. 184, 214. Vgl. ders.: ebd., S. 184, 195. Von einer „fehlenden theoretischen Fundierung" spricht ders. dagegen noch in: Die Reform des Verwaltungsrechts als Projekt der Wissenschaft, in: DV 32 (1999), S. 545, 549. Kritische Stimmen, die eine Disziplinen-, Theorien- und Methodenverwischung hinterfragen, mehren sich: Möllers, Christoph: Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methoden- und Richtungsstreit?, in: VerwArch 89 (1999), 187, 203 ff.; Krebs, Walter: Sozialwissenschaften im Verwaltungsrecht: Integration oder Multiperspektivität, in: DV, Beiheft 2, Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, 1999, S. 127 ff.; Schmidt, Reiner: Die Reform von Verwaltung und Verwaltungsrecht, in: VerwArch 91 (2000), S. 149, 168; Schulte, Martin: Wandel der Handlungsformen der Verwaltung und der Handlungsformenlehre in der Informationsgesellschaft, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, 2000, S. 333, 343 f. Grundsätzliche Kritik auch bei Lepsius, Oliver: Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik, 1999, (pointiert) S. 52, allerdings mit der zweifelhaften Unterstellung einer systemtheoretischen Verwurzelung der aktuellen Reformdiskussion; in diese Richtung allerdings nunmehr Vesting, Thomas: Kein Anfang und kein Ende. Die Systemtheorie des Rechts als Herausforderung für Rechtswissenschaft und Rechtsdogmatik, in: Jura 2001, S. 299, 304 f. 34
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Vgl. nur Voßkuhle, Andreas: „Schlüsselbegriffe" der Verwaltungsrechtsreform, in: VerwArch 92 (2001), S. 184, 196 ff.; unter Betonung der Brücken- bzw. Verbundfunktion für die Verwaltungs- und Verwaltungsrechtswissenschaft Schuppert, Gunnar Folke: Schlüsselbegriffe der Perspektivenverklammerung von Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaft, in: DV, Beiheft 2, Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, 1999, S. 103 ff. 3 6 Zum Arbeiten in Referenzgebieten siehe Voßkuhle, Andreas, DV 32 (1999), S. 545, 551 f.; Groß, Thomas: Die Beziehungen zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen Verwaltungsrecht, in: DV, Beiheft 2, Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, 1999, S. 57 ff.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
besonderen Verwaltungsrechts in einem dialektischen Prozeß aus Induktion und Deduktion Konkretisierung erfahren sollen. Als ein solcher zentraler Schlüsselbegriff dient der Gedanke der Kooperation* 1. Was sich hinter den verschiedenen Konzepten kooperativen Verwaltungshandelns i m einzelnen verbirgt, ist auch innerhalb der Verwaltungsrechtswissenschaft nur schwer auszumachen 38 . In der Diskussion, insbesondere wenn sie sich nicht auf ein bestimmtes verwaltungsrechtliches Referenzgebiet konzentriert, wird auf die Unterscheidungen bzw. Entwicklungen von „einseitig hoheitlichem" zu „kooperativem" Handeln, von „nicht konsensorientiertem" zu „konsensualem" Entscheiden sowie von „rechtsförmlichem" zu „informellem" Verhalten zurückgegriffen, ohne daß klare Abgrenzungen oder Zuordnungen erzielt werden konnten 3 9 . Als Grundkonsens setzt sich zunehmend ein weites Verständnis durch, das unter Kooperation „ i n Abgrenzung zum einseitig-hoheitlichen Staatshandeln schlechthin jede Form des Zusammenwirkens von Staat und Gesellschaft" subsumiert 40 . Es gehe, so die meist ohne nähere Präzision eingenommene - akteurszentrierte - Perspektive, um
37 Vgl. stellvertretend für die Vielzahl der Beiträge Ritter, Ernst-Hasso: Der kooperative Staat, in: AöR 104 (1979), S. 389 ff.; Kunig, Philip/Rublack, Susanne: Aushandeln statt Entscheiden?, in: Jura 1990, S. 1 ff.; Dose, Nicolai: Die verhandelnde Verwaltung, 1997; ders.: Kooperatives Recht, in: DV 27 (1994), S. 91 ff.; Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, 1995; Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Der kooperative Staat, 1995; Benz, Arthur: Kooperative Verwaltung, 1994; Schneider, Jens-Peter: Kooperative Verwaltungsverfahren, in: VerwArch 87 (1996), S. 38 ff.; Depenheuer, Otto: Der Gedanke der Kooperation von Staat und Gesellschaft, in: Huber, Peter M. (Hrsg.): Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1999, S. 17 ff.; Gusy, Christoph: Kooperation als staatlicher Steuerungsmodus, in: ZUR 1/ 2001, S. 1 ff. 38 Korrespondierende Schlüsselbegriffe sind jene der „Deregulierung", „Privatisierung", „Ökonomisierung", „regulierten Selbstregulierung", „Prozeduralisierung" und „Verantwortungsteilung, vgl. den Überblick bei Voßkuhle, Andreas, VerwArch 92 (2001), S. 184, 207 ff. mit umfassenden Nachweisen. Erhellend zur (beschränkten) rechtsdogmatischen Leistungsfähigkeit des Begriffs der „Verwaltungsverantwortung" z.B. Röhl, Hans Christian: Verwaltungsverantwortung als dogmatischer Begriff?, in: DV, Beiheft 2, Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, 1999, S. 33 ff. 39
Vgl. nur Benz, Arthur: Kooperative Verwaltung, 1994, S. 34 ff.; Schulze-Fielitz, Helmuth: Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, in: Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, 1995, S. 225 ff.; Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger: Kooperatives Recht: Norm und Praxis, ebd., S. 11, 18. Umfassend zum Bereich des informellen Verwaltungshandelns und dessen dogmatischer Einordnung Schulte, Martin: Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995; Bohne, Eberhard: Der informale Rechtsstaat, 1981. 40 Vgl. Voßkuhle, Andreas: Das Kooperationsprinzip im Immissionsschutzrecht, in: ZUR 1/2001, S. 23, 25 m.N. Ähnlich Gusy, Christoph: Kooperation als staatlicher Steuerungsmodus, in: ZUR 1/2001, S. 1,2. Deutlich zur Notwendigkeit einer Unterscheidung von verwaltungswissenschaftlichem und juristischem (i.e. rechtsdogmatischem) Kooperationsbegriff Depenheuer, Otto: Der Gedanke der Kooperation von Staat und Gesellschaft, in: Huber, Peter M. (Hrsg.): Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1999, S. 17, 20 ff.; ferner Koch, HansJoachim: Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht - ein Mißverständnis?, in: NuR 2001, S. 541 ff.
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang
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„das Zusammenwirken von staatlichen, halbstaatlichen und privaten Akteuren" 41 . Festeren Grund erreicht man erst, wenn man sich dem hier relevanten Referenzgebiet des Städtebaurechts zuwendet, wo mit besonderem Nachdruck eine Entwicklung vom imperativen hin zu einem kooperativen Städtebaurecht ausgemacht wird 42 . Von einigen Autoren wird das „Kooperationsprinzip" sogar zu einem „systemprägenden Leit- und Strukturprinzip" des Städtebaurechts erhoben 43. Im Mittelpunkt stehen dabei neben „institutionalisierten" Formen von Public Private Partnership 44 und einer latenten Debatte um bürgerschaftliche Beteiligungsformen 45 41
Vgl. zu einer „notwendig" akteurspezifischen Perspektive eines Verwaltungskooperationsrechts nur Schuppen, Gunnar, Folke: Verwaltung und Verwaltungsrecht im kooperativen Verwaltungsstaat, in: Bauer, Harmut/Huber, Peter M./Popowska, Bozena/Rabska, Teresa/ Szewczyk, Marek (Hrsg.): Ius publicum im Umbruch, 2000, S. 131, 148. 42 Vgl. Busse, Jürgen: Kooperatives Recht im Bauplanungsrecht, in: Dose, Nicolai / Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, 1995, S. 131 ff.; Erbguth, Wilfried: Bauleitplanung und private Investitionen - Städtebauliche Verträge, Vorhaben- und Erschließungsplan, BauROG 1998, in: Bauer, Hartmut/Hendler, Reinhard /Huber Peter M./Popowska, Bozena/Rabska, Teresa (Hrsg.): Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 211 ff.; Faber, Angela: Selbstregulierung und Kooperation bei der Bauleitplanung (Vorhaben- und Erschließungsplan § 12 BauGB), in: Erbguth, Wilfried / Oebbekke, Janbernd /Rengeling, Hans-Werner/Schulte, Martin (Hrsg.): Planung, FS für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, 2000, S. 425 ff.; Stich, Rudolf: Die Rechtsentwicklung von der imperativen zur kooperativen Städtebaupolitik, in: Streich, Bernd/Kötter, Theo (Hrsg.): Planung als Prozeß - von klassischem Denken und Zukunftsentwürfen im Städtebau. FS für Klaus Borchard zum 60. Geburtstag, 1998, S. 285 ff.; Stollmann, Frank: Verwaltung und Wirtschaft - Kooperationsformen im Städtebaurecht, in: WiVerw 2000/2, S. 126 ff. 43 Vgl. Kahl, Wolf gang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DOV 2000, S. 793, 796; vom „Kooperationsprinzip im Städtebaurecht" spricht, wenn auch am Rande, ebenfalls Hoppe, Werner, in: ders. / Grotefels, Susan: Öffentliches Baurecht, 1995, § 5 Rn. 174 (Fn. 588). Zum „Prinzip eines Vorrangs des Vertrages vor Rechtsformen einseitig hoheitlichen Verwaltungshandelns" im Städtebaurecht siehe auch Krebs, Walter, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 77, 87; ähnlich Ohms, Martin: Städtebauliche Verträge statt planerischer Festsetzungen - Vorrang konsensualer Instrumente in der Bauleitplanung, in: BauR 2000, S. 983 ff.; zurückhaltend dagegen Mehde, Veith: Vertragliche Absprachen im Baurecht - Rechtliche Perspektiven eines privat-öffentlichen Interessenausgleichs, in: BauR 2002, S. 876, 882 f. 44 Vgl. zum „Modebegriff 4 nur Budäus, Dietrich/Eichhorn, Peter (Hrsg.): Public Private Partnership, 1997. Public Private Patnerships in Form organisatorischer Zusammenschlüsse öffentlicher und privater Akteure in sog. gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften haben sich zunächst in anderen Bereichen kommunaler Verwaltung (Versorgungswirtschaft, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft) etabliert und finden nunmehr auch im Bereich des Städtebaus wachsende Beachtung. Vgl. Heinz, Werner (Hrsg.): Public Private Partnership - ein neuer Weg zur Stadtentwicklung?, 1993; Krautzberger, Michael: Public Private Partnership - Kooperationsmodelle aus städtebaulicher Sicht, in: StuG 1993, S. 44 ff.; Heinz, Werner/Scholz, Carola: Public Private Partnership im Städtebau, 1996; Böhm, Bettina: Öffentlich-private Partnerschaften in der kommunalen Stadtentwicklung, 1999. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive jüngst Kyrein, Rolf: Baulandentwicklung und Baulandrealisierung in Public Private Partnership, 2000. 45
Dabei geht es um (neue?) Formen der politischen Beteiligung von Bürgern auch außerhalb der rechtsförmlichen Beteiligungsverfahren (vgl. nur Hill, Hermann: Integratives Ver-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
die städtebaulichen Vertragsinstrumente 46. Bei diesen handelt es sich um sachgebietsspezifische Ausprägungen des Verwaltungsvertrages, der seinerseits als „Ausdrucksform" oder sogar „Prototyp" des kooperativen Staates angesehen w i r d 4 7 . Konkrete Anknüpfungspunkte innerhalb des allgemeinen Städtebaurechts bieten nach temporären Vorgängerregelungen 48 - nunmehr die in § 4 b BauGB vorgesehene „Einschaltung eines Dritten" sowie die verschiedenen Formen der „Zusammenarbeit mit Privaten" 4 9 i m vierten Abschnitt des BauGB. Dort finden sich differenzierte Regelungen zum städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB) sowie zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Kombination aus Vorhaben- und Erschließungsplan, Durchführungsvertrag und Plansatzung (§ 12 B a u G B ) 5 0 . M i t jenen waltungshandeln - neue Formen von Kommunikation und Bürgermitwirkung, in: DVB1. 1993, S. 974 ff.) wie z. B. das nach wie vor diskutierte Modell der Planungszelle, vgl. Dienel, Peter: Die Planungszelle - Eine Alternative zur Establishment-Demokratie, 4. Aufl., 1997 u. neuerdings Losch, Bernhard/Gottmann, Jörg: Bürgerbeteiligung nach Schöffenmodell, in: DÖV 2000, S. 372 ff., sowie Planungs- und Sanierungsbeiräte, Anwaltsplanung, Gemeinwesensarbeit, Bürgerinitiativen und -foren u. a.; vgl. dazu in Reminiszenz an die Aktualität in den 70er Jahren Hendler, Reinhard: Die bürgerschaftliche Mitwirkung an der städtebaulichen Planung, 1977, S. 117 ff. sowie die entsprechenden Überlegungen aus dem Bereich der Planungswissenschaften. 46 Dazu bereits 1988 umfassend Schmidt-Aßmann, Eberhard/Krebs, Walter: Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, (nunmehr) 2. Aufl., 1992; siehe auch Krebs, Walter, in: Hill, Hermann: Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 77 ff.; Schmidt-Aßmann, Eberhard: Verwaltungsverträge im Städtebaurecht, in: Lenz, Werner (Hrsg.): FS für Konrad Geizer zum 75. Geburtstag am 27. Oktober 1991, 1991, S. 117 ff.; Stich, Rudolf: Die heutige Bedeutung vertraglicher Regelungen zwischen Gemeinden und Investoren für die städtebauliche Entwicklung, in: DVB1. 1997, S. 317 ff.; Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Verträge in Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen, in: BauR 1996, S. 1 ff.; Stüer, Bernhard: Möglichkeiten vertraglichen Handelns im Bauplanungsrecht, in: Ziekow, Jan (Hrsg.): Bauplanungsrecht vor neuen Herausforderungen, 1999, S. 45 ff. 47 Siehe Burmeister, Joachim: Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993), S. 190, 205 („Prototyp"); Krebs, Walter, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, ebd., S. 248, 255 („Ausdrucksform"); vgl. auch die gleichnamigen Begleitaufsätze von Kunig, Philip, DVB1. 1992, S. 1193 ff.; Lecheler, Helmut, BayVBl. 1992, S. 545 ff. Siehe ferner Bauer, Hartmut: Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts, in: Merten, Detlef / Schmidt, Rainer /Stettner, Rupert (Hrsg.): Der Verwaltungsstaat im Wandel. FS für Franz Knöpfle, 1996, S. 12 ff.; ders.: Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte bei der Gestaltung von Kooperationsverträgen nach Public Private Partnership, in: DÖV 1998, S. 89 ff.; Lorz, Alexander: Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, in: DÖV 2002, S. 177 ff.; Maurer, Hartmut: Der Verwaltungsvertrag - Probleme und Möglichkeiten, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 15 ff.; jüngst wird das Interesse am Verwaltungsvertrag dokumentiert durch Gurlit, Elke: Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000 u. Schlette, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000. 48 Vgl. die entsprechenden Regelungen der BauZVO (DDR) sowie des BauGBMaßnG, die weitgehend in das BauGB in der Fassung der Bekanntmachung v. 27. 8. 1997 Eingang gefunden haben. 49 Vgl. die Überschrift des 4. Abschnitts des 1. Teils im 1. Kapitel des BauGB „Zusammenarbeit mit Privaten; vereinfachtes Verfahren".
§ 1. Mehrperspektivischer Zugang
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sowie § 4 b BauGB hat der Gesetzgeber Anregungen der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs aufgegriffen, die von dieser unter dem Gesichtspunkt der „Kooperation" diskutiert worden sind 5 1 . In der rechtswissenschaftlichen Bearbeitung jener städtebaulichen Vertragsinstrumente lassen sich maßgeblich drei Diskussionsfelder unterscheiden, wobei dogmatische Fragestellungen regelmäßig i m engen Kontext mit verwaltungswissenschaftlichen Überlegungen zu Aufgaben und Funktionen der Instrumente wiederzufinden sind 5 2 . Einmal geht es um eine (kostenentlastende) Verlagerung der vorbereitenden Planungstätigkeit der Gemeinden auf Rechtssubjekte des Privatrechts. Solche Möglichkeiten einer „Verfahrensprivatisierung" 53 ergeben sich insbesondere i m Rahmen der Einschaltung eines Dritten nach § 4 b BauGB, mittels städtebaulicher Verträge über die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB sowie i m Rahmen der Erarbeitung des Vorhaben- und Erschließungsplans gemäß § 12 BauGB. Als Anknüpfungspunkt für einen zweiten Diskussionsbereich dient ebenfalls § 4 b BauGB, allerdings unter dem speziellen Gesichtspunkt der „ M e d i a t i o n " 5 4 . Bei dem dabei an50 Anknüpfungspunkte für Kooperation bieten neben diesen expliziten „neuen" Regelungen natürlich auch solche außerhalb des Ersten Teils im Ersten Kapitel des BauGB, vgl. etwa den Erschließungsvertrag § 124 BauGB, Sanierungsträgervertrag § 157 BauGB, Entwicklungsträgervertrag § 167 BauGB etc. 51 Vgl. Bundesministerium ßr Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, Dritter Abschnitt. Kooperation, Rn. 137 ff. 52 Exerziert wird ein solches („differenziert-integratives"?) Vorgehen etwa bei Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793 ff., der neben einer Analyse der „positiven und negativen gesetzlichen Vorgaben sowie der verwaltungswissenschaftlichen Funktionen des Verwaltungsvertragsrechts" einen „Beitrag zu der in der Literatur mit Recht eingeforderten Herausbildung bereichsspezifischer Verwaltungskooperationsrechtsdogmatiken" leisten will. 53 Vgl. dazu Koch, Hans-Joachim: (Verfahrens-)Privatisierung im öffentlichen Baurecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schneider, Jens-Peter (Hrsg.): Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 170 ff.; Reidt, Olaf: § 4 b BauGB - Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, in: NVwZ 1998, S. 592 ff.; Stollmann, Frank: Die Einschaltung Dritter im neuen Städtebaurecht, in: NuR 1998, S. 578 ff.; Franckenstein, Georg Freiherr von und zu: Public Private Partnership in der Bauleitplanung, in: UPR 2000, S. 288 ff.; zur dogmatischen Einordnung verschiedener Privatisierungsformen siehe Bauer, Hartmut: Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff.; Burgi, Martin: Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999; Di Fabio, Udo: Privatisierung und Staatsvorbehalt, in: JZ 1999, S. 585 ff.; mit verwaltungswissenschaftlichem Schwerpunkt Hoffmann-Riem, Wolfgang: Verfahrensprivatisierung als Modernisierung, in: DVB1. 1996, S. 225 ff. 54
Vgl. dazu Battis, Ulrich, in: ders. / Krautzberger, Michael / Lohr, Rolf-Peter: BauGB, 7. Aufl., 1999, § 4 b Rn. 1 ff.; Hadlich, Wolfgang/Rennhack, Michael: Mediation im öffentlichen Baurecht - Chancen einer neuen Planungskultur, in: LKV 1999, S. 9 ff.; Holznagel, Bernd: Mediation im Umwelt- und Planungsrecht, in: Jura 1999, S. 71 ff.; Köster, Bernd: Mediation in der Bauleitplanung?, in: DVB1. 2002, S. 229 ff.; Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 4 b Rn. 4; Stüer, Bernhard/Rüde, Stephan: Neue Aufgabenfelder für Rechtsanwälte? - Media-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
gesprochenen Einsatz eines Dritten als sog. Verfahrensmittler in den Beteiligungsverfahren nach §§ 3 bis 4 a BauGB handelt es sich um einen Spezialfall einer Verfahrensprivatisierung, die mittels Einschaltung eines Dritten eine verbesserte Interessenberücksichtigung im Planverfahren erreichen will. Diese soll zu einer breiteren politischen Akzeptanz der Planentscheidung beitragen, womit sich seinerseits Erwartungen an eine Beschleunigung und Kostensenkung des Planverfahrens verbinden. Der dritte Schwerpunkt betrifft schließlich die Uberwindung der traditionellen Trennung von Planungsebene und Verwirklichungsebene, also die Überwindung von „Angebotsplanung"55. Im Vordergrund stehen dabei einerseits die Verbesserung des Planvollzuges durch Einbindung der potentiell Bauwilligen von der Erschließung bis zur Umsetzung und andererseits die dabei erwarteten Entlastungseffekte für die Gemeinde. Hierbei spielen Vertragsgestaltungen über die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, solche zur Sicherung und Förderung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB, Kostenübernahmeverträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB sowie wiederum der Durchführungsvertrag im Sinne des § 12 BauGB eine Rolle.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen I. Forschungsgegenstand 1. Fragestellung
Vor dem Hintergrund der vielfältigen, unter dem Stichwort der „Kooperation" in den Planungs- und Verwaltungsrechtswissenschaften diskutierten Verfahrensansätze soll für den Fortgang der Untersuchung eine Konzentration auf jene (rechtstion im öffentlichen Baurecht, in: DVB1. 1998, S. 630 ff.; Wagner, Volkmar/Engelhardt, Matthias: Mediation im Umwelt- und Planungsrecht als Alternative zur behördlichen oder gerichtlichen Streitentscheidung, in: NVwZ 2001, S. 370 ff. Zur Dogmatik des § 4 b BauGB siehe aber insbes. Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Der Dritte im Baugesetzbuch, in: BauR 1998, S. 899 ff. 55 Vgl. Busse, Jürgen: Kooperatives Recht im Bauplanungsrecht, in: Dose, Nicolai / Voigt; Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, 1995, S. 131 ff.; Erbguth, Wilfried: Bauleitplanung und private Investitionen - Städtebauliche Verträge, Vorhaben- und Erschließungsplan, BauROG 1998, in: Bauer, Hartmut /Hendler, Reinhard/Huber, Peter M./Popowska, Bozena/Rabska, Teresa (Hrsg.): Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 211 ff.; Grigoleit, Joachim: Normative Steuerung von kooperativer Planung, in: DV 2000, S. 79, 89 ff.; Koch, Hans-Joachim: (Verfahrens-)Privatisierung im öffentlichen Baurecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schneider, Jens-Peter: Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 172; Spannowsky, Willy: Der Planer als Rechtsgestalter, in: DÖV 1996, S. 1017, 1019.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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förmlichen) vertraglichen Instrumente des Städtebaurechts erfolgen, für die sich der Sammelbegriff der „städtebaulichen Verträge" eingebürgert h a t 5 6 . Während für den Bereich informeller, verfahrensvorgelagerter bzw. -begleitender Kooperationsansätze durch die stete planungswissenschaftliche Rückkopplung mit der Planungspraxis umfangreiches empirisches Material vorliegt 5 7 , gewinnt die empirische Fundierung vertraglicher Instrumente in der Verwaltungsrechtswissenschaft erst in jüngerer Zeit an Bedeutung 5 8 . Unter dem Einfluß der programmatischen Forderung nach einem stärkeren „Realitätsbezug der Rechtswissenschaft" 59 befassen sich lediglich einige neuere Arbeiten (auch) mit der (Rechts-)Praxis verwaltungsvertraglichen Handelns. Dabei handelt es sich entweder um deskriptive Untersuchungen, die „ein möglichst umfassendes B i l d vom derzeitigen Stand des öffentlich-rechtlichen Vertrages in der Verwaltungspraxis zeichnen und die für künftige Arbeiten notwendigen empirischen Grundlagen bereitstellen" w o l l e n 6 0 , oder um „primär dogmatisch ausgerichtete Arbeiten", denen an „einer einigermaßen 56
Des Sammelbegriffs bedient sich auch der Titel der vorliegenden Arbeit. Zu Zwecken der nachfolgenden empirischen Untersuchung wird die Bezeichnung „städtebauliche Verträge" jedoch in einem noch darzulegenden engeren Sinne verwandt. 57 Vgl. jüngst die umfassende Untersuchung von Seile, Klaus (Hrsg.): Arbeits- und Organisationsformen für eine nachhaltige Entwicklung, 4 Bde., 2000; ferner Hammerbacher, Ruth/Claus, Frank: Beteiligungs- und Dialogprozesse setzen sich durch. Ergebnisse einer Befragung, in: Raumplanung 99 (2001), S. 301 ff. Zahlreiche weitere Studien und Berichte z. B. in Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, 2. Aufl., 1996, S. 108 ff.; Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (Hrsg.): Wer plant die Stadt? Wer baut die Stadt?, Bericht zur Jahrestagung 2000 in München, 2000; sowie ferner neuere Beiträge von Stein, Ursula/Trommer, Sigurd: Regionale Kooperationsprozesse: Synergien mit Planungskultur und Baukultur, in: Planerln 2001, S. 20 ff.; Kotzke, Gabriele: Kooperative Planung ein Thema auch bei Nachverdichtungsvorhaben, ebd., S. 24 ff.; Schmitz, Andreas/Pätz, Andreas: Lebendige Städte bauen. Bürgerbeteiligung im Rahmen der Gestaltung des öffentlichen Raumes - Ansatz, Ergebnisse und Evaluation eines Prozesses, in: Raumplanung 89 (2000), S. 67 ff.; Kleine-Limberg, Wolfgang: Bebauungsplanung im Dialog, ebd., S. 72 ff.; Sander, Ralf: Stadtteilforen in Berlin. Ein Beitrag zur neuen Planungskultur, in: DISP 134 (1998), 20 ff.; Ibert, Oliver: Risiken und Nebenwirkungen der Bürgerbeteiligung, in: RaumPlanung 82 (1998), 145 ff.; Kreisl, Peter/Mussei, Christine / Schotte, Klaus: Die Wiedergründung der Unterneustadt in Kassel, in: Raumplanung 78 (1997), 159 ff. 58 Vgl. die Hinweise auf empirischen Forschungsbedarf bei Bauer, Hartmut: Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, in: DÖV 1998, S. 89, 92; Dose, Nicolai: Kooperatives Recht, in: DV 27 (1994), S. 91, 96 f. u. 102; Möllers, Christoph: Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methoden- und Richtungsstreit?, in: VerwArch 89 (1999), S. 187, 204; Müller, Thomas P: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 186; Voßkuhle, Andreas: Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, in: VerwArch 85 (1994), S. 567, 576 ff. 59 Explizit Schiene, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 236. 60 Vgl. Maurer, Hartmut/Bartscher, Bruno: Die Praxis des Verwaltungsvertrages im Spiegel der Rechtsprechung, 2. Aufl., 1997, S. 7 - eine Untersuchung, die gemeinsam mit Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997 (ohne Einbeziehung der Vertragspraxis der neuen Bundesländer) das Projekt „Der Verwaltungsvertrag in der Praxis" am Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz dokumentiert.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
verläßlichen empirischen Basis für einige allgemeine Aspekte behördlichen Vertragshandelns" gelegen i s t 6 1 . Für den Bereich vertraglicher Instrumente i m Städtebaurecht kann bislang nur auf eine 1995 publizierte Untersuchung zurückgegriffen werden, die auf wenigen Seiten einen „ersten" Uberblick über „Regelungsbereiche und Zielsetzungen" des seinerzeit „neuen" Instrumentariums städtebaulicher Verträge vermittelt 6 2 . Daneben wird der Bereich vertraglicher Instrumente i m Städtebau lediglich von zwei jüngeren rechtspolitisch orientierten Untersuchungen tangiert, die ebenfalls keine tiefergehenden Aussagen zur städtebaulichen Vertragspraxis treffen 6 3 . Nach nunmehr über zehnjähriger Existenz ausdifferenzierter rechtlicher Regelungen zu städtebaulichen Verträgen erscheint es deshalb angezeigt, sich in systematischer Weise sowohl der Anwendung dieser Instrumente in der kommunalen Planungspraxis als auch einer Uberprüfung der mit jenen Instrumenten verbundenen funktionalen Erwartungen 64 empirisch zuzuwenden. Dabei erfolgt eine Konzentration auf den Erschließungsvertrag als „Klassiker" des städtebaulichen Vertragsrechts, die „neuen" städtebaulichen Verträge nach § 11 BauGB sowie das Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans i m Sinne des § 12 BauGB, ohne damit die Vielzahl weiterer „gesetzlich gewünschter", wenn nicht sogar explizit i m Städtebaurecht „vorgesehener" Verträge zu verkennen 6 5 . Geht man vom bisherigen Diskussionskontext aus, dürfte als HauptanwenVgl. Schiene, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 242. (Hervorhebung des Verf.) 62 Vgl. Bunzel, Arno / Coulmas, Diana /Metscher, Walter /Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 1995, S. 9 ff. u. 29 ff., eine Studie, die sich neben „empirischen Grundlagen" vor allem auf dogmatische Fragen der „neuen" städtebaulichen Verträge konzentriert. 63
Vgl. Bundsministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Baulandbereitstellung. Rechtstatsachenforschung zur Entwicklung, Erschließung und Finanzierung von Bauland, 2000 sowie Lorenz, Sabine /We grich, Kai/Wollmann, Hellmut: Kommunale Rechtsan Wendung im Umbruch und Wandel. Implementation des Städtebaurechts in Ost- und Westdeutschland, 2000. Weitere Umfragen, Praxisberichte, Expertengespräche bzw. -einschätzungen sowie einschlägige Einzelaussagen anders gelagerter empirischer Untersuchungen werden an entsprechender Stelle berücksichtigt. 64 Vgl. die Unterscheidung verschiedener „Funktionen" bei Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 799 ff., der (wenig trennscharf) zwischen „Flexibilitäts- und Feinsteuerungsfunktion", „Komplexitätsbewältigungsfunktion", „Implementations- und Effektivitätsfunktion", „Effizienzfunktion", „Entlastungsfunktion", „Akzeptanz- und Rechtsfriedensfunktion" und „Offenlegungsfunktion" differenziert. Ebenfalls „Funktionen städtebaulicher Verträge" unterscheidet Spannowsky, Willy: Städtebauliche Verträge als Instrumente zur Bewältigung komplexer städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedemutzung von Brachflächen, in: UPR 1996, 201, 203. Bei Nicolai, Helmuth von /Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 20 f. u. 86 f. werden verschiedene „Vorteile" für die Gemeinde aufgelistet. Zu kommunalen „Zweckmäßigkeitserwägungen" siehe schließlich Stollmann, Frank: Verwaltung und Wirtschaft - Kooperationsformen im Städtebaurecht, in: WiVerw 2000, S. 126, 138 f. 65 Vgl. die Terminologie von Krebs, Walter, in: Hill, Hermann: Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 77, 78 ff. Ein Überblick findet sich bei Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 11 Rn. 27 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
45
dungsfeld dieser Instrumente der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben begründende Bereich der verbindlichen Bauleitplanung gemäß §§ 8 ff. BauGB gelten. Hier fungieren jene als sog. „planbezogene" Instrumente 66, wobei sich die Zusammenarbeit mit den privaten Vertragspartnern allein auf die Vorbereitung und Umsetzung der Bauleitpläne, nicht jedoch auf die Planentscheidung selbst bezieht67. Über den Bereich der Bauleitplanung hinaus wird insbesondere der Einsatz von Erschließungsverträgen - vereinzelt - auch im Zusammenhang mit § 34 u. § 35 BauGB angesprochen68.
2. Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts a) Vorhaben- und Erschließungsplan (1) Rechtsentwicklung Das Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans wurde erstmalig zum 31. 7. 1990 für das Gebiet der DDR in § 55 BauZVO 69 - beschränkt auf dringliche Vorhaben - normiert. Durch den Einigungsvertrag 70 ist diese Reglung für das Gebiet der neuen Bundesländer in § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BauGB übernommen worden. Geltung für die gesamte Bundesrepublik erlangte die Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan ab 1. 5. 1993 als § 7 BauGBMaßnG71 befristet bis zum 31. 12. 1997. Seit 1. 1. 1998 ordnet sich das Instrument gemäß § 12 BauGB 72 in Form eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans in das bestehende Plansystem der verbindlichen Bauleitplanung ein.
66 Siehe zur Planbezogenheit städtebaulicher Verträge insbes. Brohm, Winfried: Öffentliches Baurecht, 2. Aufl. 1999, § 7 Rn. 8; ders.: Grundfragen städtebaulicher Verträge, in: Bauer, Hartmut /Breuer, Rüdiger/Degenhart, Christoph / Oldiges, Martin (Hrsg.): 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, 2000, S. 457 u. 472 ff. 67 Vgl. zur Planungshoheit der Gemeinde statt vieler Krautzberger, Michael, in: Battis, Ulrich / Krautzberger, Michael / Lohr, Rolf-Peter: BauGB, 7. Aufl., 1999, § 1 Rn. 18. 68 Vgl. Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 76 Rn. 170; Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999, S. 182 f.; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wekker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 149 f. 69 Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung) v. 20. 6. 1990, GBl. (DDR) I, S. 739. 70 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands v. 31. 8. 1990, Kap. XIV, Abschn. I I 1, BGBl. II, S. 889,1122 ff. 71 Änderung des BauGBMaßnG durch das Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz) v. 22. 4. 1993, BGBl. I, S. 466. 7 2 Bau- und Raumordnungsgesetz BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
(2) Regelungsgehalt Das Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans kann als eine „Paketlösung" von Bauleitplanung und städtebaulichem Vertrag angesehen werden, die drei Elemente verbindet: Erstens den durch den Vorhabenträger zu erstellenden Vorhaben- und Erschließungsplan, zweitens den Durchführungsvertrag zwischen Gemeinde und Vörhabenträger, in dem sich der Vorhabenträger zur Umsetzung des Planes und zur Tragung von Planungs- und Erschließungskosten verpflichtet, und schließlich drittens die Plansatzung der Gemeinde, die (nunmehr) in Form eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens festsetzt 73. Planung nach dem Modell des Vorhaben- und Erschließungsplans ist damit zunächst auf die Initiative eines Investors ausgerichtet. Dieser legt der Gemeinde einen Plan für ein bestimmtes städtebauliches Projekt vor, in dem die Durchführung und die Erschließung dargelegt werden. Der Plan ist anschließend mit der Gemeinde abzustimmen, bevor der Vörhabenträger einen Antrag auf die Einleitung des gemeindlichen Bebauungsplanverfahrens für sein Vorhaben stellt. Die Einleitung des Planaufstellungsverfahrens setzt voraus, daß der Vörhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und zur Erschließung bereit und in der Lage ist und sich vertraglich gegenüber der Gemeinde zur fristgerechten Realisierung sowie zur Kostentragung verpflichtet hat (Durchführungsvertrag). Der Durchführungsvertrag stellt dabei einen Spezialfall eines städtebaulichen Vertrages dar, der den Vorhaben- und Erschließungsplan mit dem (vorhabenbezogenen) Bebauungsplan „verklammert". Der vom Vorhabenträger ausgearbeitete und mit der Gemeinde abgestimmte Vorhaben- und Erschließungsplan geht sodann mit dem Satzungsbeschluß in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein.
73
Vgl. zur Rechtslage nach § 12 BauGB Glombik, Sabine: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan, in: LKV 1999, S. 392 ff.; Grziwotz, Herbert: Einführung in die Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht. 5. Teil. Vorhaben- und Erschließungsplan, Public Private Partnership, in: JuS 1999, S. 245 ff.; Menke, Reinard: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan, in: NVwZ 1998, S. 577 ff.; Reidt, Olaf: Der „neue" Vorhaben- und Erschließungsplan / vorhabenbezogene Bebauungsplan nach dem BauROG, in: BauR 1998, S. 909 ff.; Stich, Rudolf: Vorhabenbezogene Bebauungspläne mit Vorhaben- und Erschließungsplan, in: WiVerw 1997/1, S. 22 ff.; Thurow, Birgitta: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan - ein zukunftsweisendes Planungsinstrument?, in: UPR 2000, S. 16 ff.; Turiaux, André: Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391 ff.; Wirth, Axel: Der Bauherr als Baubehörde: Chancen des Vorhaben- und Erschließungsplans, in: BauR 1999, S. 130 ff. sowie die Nachw. in Fn. 90. Zur Entstehungsgeschichte und Rechtslage nach § 55 BauZVO bzw. § 7 BauGBMaßnG: Weidemann, Clemens/Deutsch, Markus: Der Vorhaben- und Erschließungsplan, in: NVwZ 1991, S. 956 ff.; Pietzcker, Jost: Der Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 55 BauZVO, in: DVB1. 1992, S. 658 ff.; ders.: Der Vorhaben- und Erschließungsplan, 1993; Jade, Henning: Vorhaben- und Erschließungsplan, 1993; Birk, Hans-Jörg: Der Vorhaben- und Erschließungsplan: praxisbedeutsame Schwerpunkte, in: NVwZ 1995, S. 625 ff.; Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
47
b) Städtebauliche Verträge (1) Rechtsentwicklung (a) Erschließungsvertrag Die seit 1986 auf dem Gebiet der alten Bundesländer bestehende Regelung des Erschließungsvertrages gemäß § 124 Abs. 1 BauGB 74 , die dort auf weitreichenden historischen Vorbildern 75 aufbauen kann, fand für das Gebiet der DDR erstmalig im Zuge der Herstellung der Währungs- und Wirtschaftsunion in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauZVO Eingang76. Nach dessen einigungsbedingter Überleitung 77 durch § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 11 BauGB erfolgte mit dem Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetztes78 zum 1.5. 1993 eine bundeseinheitliche Neuregelung des Erschließungsvertragsrechts, bei der zugleich einzelne Bestimmungen nach restriktiven Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts der gesetzlichen Klarstellung unterzogen wurden 79. Gegenstand eines Erschließungsvertrages können seither gemäß § 124 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. BauGB auch nach Bundesoder Landesrecht nicht beitragsfähige Anlagen sein; ferner muß die Gemeinde nicht mehr 10% des beitragsfähigen Erschließungsaufwands selbst tragen, § 124 Abs. 2 S. 3 BauGB. Die Novellierung des BauGB 80 zum 1.1. 1998 erbrachte insoweit keine Veränderungen. (b) Städtebauliche Verträge Innerhalb des Städtebaurechts hat der Bundesgesetzgeber bereits 1986 im Kontext des Erschließungsvertrages explizit in § 124 Abs. 2 BauGB auf die Zulässigkeit „sonstiger" städtebaulicher Verträge hingewiesen, von einer konkreteren rechtlichen Ausgestaltung jedoch abgesehen81. Eine detaillierte Regelung er-
74 Baugesetzbuch BauGB v. 8. 12. 1986, BGBl. I, S. 265. 75
Vgl. zur Vörgängerregelung des § 123 Abs. 3 BBauG (Bundesbaugesetz v. 23. 6. 1960, BGBl. I, S. 341) und deren historischen Vorläufern Ernst, Werner, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy/Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 124 Rn. 2. 76 Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung) v. 20. 6. 1990, GBl. (DDR) I, S. 739. 77 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands v. 31. 8. 1990, BGBl. II, S. 889 ff. 7 8 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22.4.1993, BGBl. I, S. 466. 79 Vgl. BVerwG, Urt. v. 17. 10. 1984 -8 C 52.83-, NJW 1985, S. 642 (Gemeindeanteil); BVerwG, Urt. v. 23. 8. 1991 -8 C 61.90-, NJW 1992, S. 1642 (Beschränkung auf beitragsfähige Erschließungsanlagen). so Bau- und Raumordnungsgesetz BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081.
8i Baugesetzbuch BauGB v. 8. 12. 1986, BGBl. I, S. 265. Der Verzicht auf eine detaillierte Kodifikation beruhte seinerzeit auf ungeklärten rechtsdogmatischen Fragen und rechtspolitischen Gründen, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung über das Baugesetzbuch, BT-Drs.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
fuhr der städtebauliche Vertrag erstmalig auf dem Gebiet der DDR in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauZVO 82 . Die Gemeinde hat danach die Möglichkeit, „die Vorbereitung und Durchführung anderer städtebaulicher Maßnahmen [zu] übertragen oder hierüber andere Vereinbarungen [zu] treffen (städtebaulicher Vertrag)". Diese Regelung wurde durch den Einigungsvertrag 83 für das Gebiet der neuen Bundesländer in § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 11 BauGB übernommen, während auf dem Gebiet der alten Bundesländer weiterhin der lediglich deklaratorische Hinweis des § 124 Abs. 2 BauGB Anwendung fand. Eine bundeseinheitliche Regelung erfolgte erst mit Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetztes84 zum 1. 5. 1993, das den städtebaulichen Vertrag in fortentwickelter Form in § 6 BauGBMaßnG verankerte. Nach dem Auslaufen dieser bis zum 31. 12. 1997 befristeten Regelungen fand der städtebauliche Vertrag durch die Novellierung des BauGB 85 zum 1.1. 1998 in materiell kaum veränderter Form in § 11 BauGB Eingang. Zum selben Zeitpunkt wurde mit § 4 b BauGB zusätzlich eine Regelung geschaffen, nach der einem Dritten die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten im Sinne der §§ 3 - 4 a BauGB übertragen werden kann 86 .
(2) Regelungsgehalt (a) Erschließungsvertrag Durch einen Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde die erstmalige Erschließung eines bestimmten Baugebiets auf einen Dritten übertragen. Gegenstand des Erschließungsvertrages ist die Durchführung der Erschließung samt einer Kostenübernahme durch den Erschließungsträger, während die Erschließungslast bei der Gemeinde verbleibt. Die übertragene Erschließung 10/4630, S. 59 sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (16. Ausschuß), BT-Drs. 10/6166, S. 148 f. Die Rechtsprechung erkennt jedoch seit langem an, daß städtebauliche Verträge keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedürfen und zulässig sind, soweit sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen, vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 6. 7. 1973 - I V C 22.72-, E 42, S. 331, 335. 82 Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung) v. 20. 6. 1990, GBl. (DDR) I, S. 739. 83 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands v. 31. 8. 1990, BGBl. II, S. 889 ff. 84 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22. 4.1993, BGBl. I, S. 466. S5 Bau- und Raumordnungsgesetz BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081. 86 Siehe zur „Beauftragung fachlich geeigneter Personen" bereits die Regelung des § 2 Abs. 3 S. 2 BBauG, die - obwohl 1987 nicht in das BauGB übernommen - an der Rechtslage nichts geändert hatte, vgl. Bielenberg, Walter, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 2 Rn. 63, sowie die äquivalenten temporären Regelungen für die DDR in § 2 Abs. 4 BauZVO (mit Überleitung für die neuen Bundesländer nach § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB).
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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(§ 123 Abs. 1 BauGB) umfaßt dabei die Herstellung als auch die Erweiterung und Verbesserung von Erschließungsanlagen. Unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff der Erschließungsanlagen werden alle Anlagen verstanden, die eine bauliche Nutzung der Grundstücke im Sinne der §§ 30 ff. BauGB ermöglichen 87. Dazu gehören insbesondere die in § 127 Abs. 2 (Straßen, Wege, Plätze, Immissionsschutzanlagen) und 4 (Elektrizität, Gas, Wärme, Wasser, Abwasser) genannten Anlagen, Anlagen zur Abfallbeseitigung sowie Kinderspielplätze, jeweils unabhängig davon, ob es sich um beitragsfähige oder nicht beitragsfähige Anlagen handelt. Abzugrenzen ist der Erschließungsvertrag gemäß § 124 Abs. 1 BauGB insbesondere von Werkverträgen über Erschließungsarbeiten gemäß §§631 ff. BauGB, Vörfinanzierungsverträgen, in denen sich die Gemeinde zur Erstattung der dem Erschließungsträger entstehenden Kosten verpflichtet (sog. „unechte" Erschließungsverträge), und Folgekosten Verträgen 88 über die Tragung kommunaler Erschließungskosten im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 89 . Jene sind mit Ausnahme der unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB subsumierbaren Folgekostenverträge nicht Gegenstand der Untersuchung. (b) Städtebauliche Verträge Die umfassende Zulässigkeit städtebaulicher Verträge 90 ist nunmehr „auf mittlerer Konkretisierungsebene" 91 in § 11 BauGB an zentraler Stelle geregelt. Neben besonderen Zulässigkeitsanforderungen in § 11 Abs. 2 u. 3 BauGB liefert Abs. 1 S. 2 eine gegenstandsorientierte Vertragstypologie, die drei vertragliche Kategorien unterscheidet: sog. Bauplanungs- und Baureifmachungsverträge zur „Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten" (Nr. 1), sog. Baurealisierungsverträge zur „Förderung und Sicherung 87 Vgl. nur Ernst, Werner, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy/Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 123 Rn. 4 ff. 88 Inwieweit die vertragliche Kostenübemahme für bereits kommunal hergestellte beitragsfähige Erschließungsanlagen von einer möglichen Sperrwirkung des Erschließungsbeitragsrecht ausgeschlossen wird, ist dogmatisch auch nach der Novellierung des BauGB zum 1. 1. 1998 umstritten geblieben: die vertragliche Kostenübernahmemöglichkeit bejahend Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999, S. 172 ff., verneinend dagegen Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 69 Rn 150 ff., jeweils m. N. 89 Siehe dazu Lohr, Rolf-Peter, in: Battis, Ulrich / Krautzberger, Michael / Lohr, Rolf-Peter: BauGB, 7. Aufl., 1999, § 124 Rn. 2. 90 Vgl. dazu insbes. Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999; Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999. Auf die Rechtslage nach BauZVO und BauGBMaßnG gehen die Vörauflagen ein. Siehe ferner Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/ Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999. Die weitere, überaus zahlreiche Aufsatzliteratur, die sich schwerpunktmäßig mit einzelnen dogmatischen Fragen städtebaulicher Verträge beschäftigt, wird an relevanter Stelle nachgewiesen. 9
1 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 50.
4 Tietze
50
1. Teil: Untersuchungsansatz
der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele" (Nr. 2) und sog. Folgelastenverträge zur „Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen" (Nr. 3) 9 2 . Bauplanungsverträge dienen einer Übertragung der Ausarbeitung städtebaulicher Planungen (§11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a.E. BauGB), weshalb bisweilen auch von „Planausarbeitungsverträgen" gesprochen wird 9 3 . Diese Vertragsgestaltungen sind von Werkverträgen (§§ 631 ff. BauGB) zu unterscheiden, bei denen die Gemeinde Planungsleistungen auf eigene Kosten an private Planungsbüros vergibt. Im Rahmen von Baureifmachungsverträgen übernimmt der Investor die Beseitigung von Hindernissen, die der Umsetzung der Planung entgegenstehen; §11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. BauGB nennt dafür exemplarisch die Grundstücksneuordnung und die Bodensanierung. Baurealisierungsverträge betreffen in exemplarischer Aufzählung die Grundstücksnutzung, den Ausgleich naturschutzrechtlicher Eingriffe sowie Wohnraumbindungen zugunsten bestimmter Bevölkerungsgruppen, § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Im Rahmen von Folgelastenverträgen nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB werden schließlich durch das Bauvorhaben verursachte Kosten oder sonstige Aufwendungen wie z. B. Planungskosten, Kosten des naturschutzrechtlichen Ausgleichs oder Kosten sozialer Infrastruktureinrichtungen auf den Investor übertragen. Die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge bleibt gemäß § 11 Abs. 4 BauGB von dieser Typologie unberührt. (c) Einschaltung eines Dritten §4 b BauGB Dogmatische Unklarheit wirft der Regelungsgehalt des § 4 b BauGB im systematischen Zusammenhang mit dem in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB normierten Bauplanungsvertrag auf 94 . Gemäß § 4 b BauGB kann die Gemeinde „die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach §§ 3 bis 4 a BauGB auf einen Dritten übertragen". Dabei soll der Dritte im Rahmen der ihm übertragenen Verfahrensschritte in Anlehnung an vornehmlich in den USA und Japan entwickelte Mediationsmodelle die Funktion eines unabhängigen „Projektmittlers" übernehmen 95 . Abgesehen von der Ausfüllung dieser rechtspolitischen Vorstellungen 96 er92 Vgl. die inzwischen verbreitete Terminologie von Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 117 Rn. 284 ff.; ebenso Nicolai, Helmuth von/ Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 30 ff. 93 So etwa Schiene, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 273. 94
Entsprechendes gilt für das Verhältnis zu § 12 BauGB. 5 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 47. Zur verwaltungswissenschaftlichen Debatte vor Einführung des § 4 b BauGB vgl. Holznagel, Bernd: Mediation im Verwaltungsrecht, in: Breidenbach, Stephan/Henssler, Martin (Hrsg.): Mediation für Juristen, 1997, S. 147 ff.; Kostka, Dieter: Öffentliches Konfliktmanagement. Praktische Beispiele in der Diskussion, in: DV 1993, S. 87, 99 ff.; Brohm, Winfried: Verwaltungshandeln mit Hilfe von Konfliktmittlern, in: DVB1. 1990, S. 321 ff.; Hoffmann-Riem, Wolf gang / Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, 2 Bde., 1990; Passavant, Oliver: Mittlerunterstützte Kooperation in komplexen Verwaltungsprojekten, in: DÖV 1987, S. 516 ff. 9
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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gibt sich das dogmatische Problem, auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Umfang Verfahrensschritte durch einen planbegünstigten Vertragspartner vorbereitet bzw. durchgeführt werden dürfen. Modifiziert also § 4 b BauGB die Regelungen des Bauplanungsvertrags gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB? Dafür ist maßgeblich, welche Personen als „Dritte" im Sinne des § 4 b BauGB anzusehen sind. Da sich weder aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des § 4 b BauGB eindeutige Hinweise ergeben, ist entscheidend auf den systematischen Regelungskontext abzustellen97. § 4 b BauGB regelt Beteiligungsverfahren nach §§ 3 - 4 a BauGB im Zusammenhang der „Allgemeinen Vorschriften" zur Aufstellung von Bauleitplänen (Erster Abschnitt des BauGB). An besonderer Stelle (Vierter Abschnitt: „Zusammenarbeit mit Privaten") stehen dagegen die Vorschriften über städtebauliche Verträge mit privaten Investoren. Insoweit muß von unterschiedlichen personalen Regelungsbereichen beider Normen ausgegangen werden 98: § 4 b BauGB betrifft den (begrenzt) unabhängigen Interessenmittler, der im Auftrag und auf Kosten der Gemeinde tätig wird. § 11 BauGB ist demgegenüber lex specialis für die Übernahme von Verfahrensschritten durch einen planbegünstigten Vertragspartner auf eigene Kosten. Nach diesem Verständnis stehen Verträge nach § 4 b BauGB nicht im Normzusammenhang städtebaulicher Verträge gemäß §§ 11 u. 12 BauGB. Sie werden deshalb im Rahmen der vorliegenden Untersuchung - ebenso wie Werkverträge zwischen Kom96 Vgl. dazu Battis, Ulrich, in: Battis, Ulrich / Krautzberger, Michael / Lohr, Rolf-Peter: BauGB, 7. Aufl., 1999, § 4 b Rn. 2 f. mit Hinweisen auf die (bereits in der Gesetzesbegründung erwähnte) „Eigenart des deutschen Verwaltungsverfahrens". Explizite Skepsis - zur Kompatibilität des amerikanischen Konzepts der Konfliktmediation durch einen unabhängigen Dritten und der in § 4 b BauGB vorgesehenen Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten durch einen von der Gemeinde beauftragten Dritten - bei Köster, Bernd: Mediation in der Bauleitplanung?, in: DVB1. 2002, S. 229 ff.; Stüer, Bernhard/Rüde, Stefan: Neue Aufgaben für Rechtsanwälte? - Mediation im öffentlichen Baurecht, in: DVB1. 1998, S. 630, 631 (Tagungsbericht). Mit weit gefaßtem Mediationsverständnis dagegen Hadlich, Wolf gang/Rennhack, Michael: Mediation im öffentlichen Baurecht - Chancen einer neuen Planungskultur, in: LKV 1999, S. 9, 10; Wagner, Volkmar/Engelhardt, Matthias: Mediation im Umwelt- und Planungsrecht als Alternative zur behördlichen oder gerichtlichen Streitentscheidung, in: NVwZ 2001, S. 370, 372. 97 Vgl. dazu mit umfassender Herleitung Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Der Dritte im Baugesetzbuch, in: BauR 1998, S. 899 ff. 98 Ebenso Schmidt-Eichstaedt, Gerd: ebd., S. 903; Franckenstein, Georg Freiherr von und zu: Public Private Partnership in der Bauleitplanung, in: UPR 2000, S. 288, 290; Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 11 Rn. 126; Wagner, Jörg: Bauleitplan verfahren - Änderungen durch die BauGB-Novelle 1998, in: BauR 1997, S. 709, 716. Anders, mit sich überschneidendenden personalen Regelungsbereichen: Stollmann, Frank: Die Einschaltung Dritter im neuen Städtebaurecht, in: NuR 1998, S. 578, 580. Dogmatisch unklar: Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 117 Rn. 287; Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/ Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999, S. 79; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 31 f.; Reidt, Olaf: § 4 b BauGB - Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, in: NVwZ 1998, S. 592, 593. 4*
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1. Teil: Untersuchungsansatz
munen und privaten Planungsbüros über die Erbringung von Planungsleistungen - nicht untersucht. Der zulässige Umfang der Tätigkeit eines planbegünstigten Vertragspartners ergibt sich infolge dieser Auslegung allein aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB. Der dort geregelten „Durchführung städtebaulicher Maßnahmen" und insbesondere der „Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen" kann nur schwerlich ein Ausschluß der „Durchführung" von Verfahrensschritten entnommen werden". Die Tätigkeit eines planbegünstigten Vertragspartners findet ebenso wie die eines Dritten i.S. des § 4 b BauGB - und insoweit besteht i m Ergebnis Einigkeit - (erst) unter Beachtung der Planungshoheit der Gemeinde ihre Grenze 1 0 0 . Diese wird überschritten, wenn durch die Vorbereitung und insbesondere die Durchführung von Verfahrensschritten die Verantwortung der Gemeinde für das Planaufstellungsverfahren - und damit für eine sachgerechte Abwägung bei der Planentscheidung - verletzt wird. So darf sich die Gemeinde nicht den Vorarbeiten des Dritten bzw. Vertragspartners gänzlich unterordnen und nur noch als „Vollzugsinstanz" in Erscheinung treten. Wann und wodurch diese gemeindliche „Letztverantwortung" bei den einzelnen Maßnahmen des Vertragspartners gewahrt wird, bleibt dabei unter Verweis auf den Einzelfall dogmatisch jedoch unsicher 1 0 1 . 99 Der Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a.E. BauGB bietet keinen Anhaltspunkt für entsprechende Einschränkungen. Auch der systematische Blick auf die Erarbeitung des Vorhaben- und Erschließungsplans durch den Vorhabenträger in § 12 BauGB sowie Telos und Entstehungsgeschichte sprechen gegen eine einschränkende Auslegung; vgl. SchmidtEichstaedt, Gerd: Der Dritte im Baugesetzbuch, in: BauR 1998, S. 899, 903; Oerder, Michael: Städtebaulicher Vertrag nach dem Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, in: NVwZ 1997, S. 1190, 1191; ebenso die ganz herrschende Meinung zur Vorgängernorm des § 6 BauGBMaßnG, siehe stellvertretend Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy/Bielenberg, Walter: BauGB, 55. Lfg., Stand Februar 1997, § 6 BauGBMaßnG Rn. 33 m. N. Anders: Reidt, Olaf: § 4 b BauGB - Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, in: NVwZ 1998, 592, 593 (§ 11 BauGB betreffe nicht „Verfahrensschritte innerhalb des Planaufstellungsverfahrens"); ebenso Nicolai, Helmuth von /Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 31; Franckenstein, Georg Freiherr von und zu: Public Private Partnership in der Bauleitplanung, in: UPR 2000, S. 288, 291 (Umkehrschluß aus § 12 BauGB). 100 Vgl. mit Blick auf § 2 Abs. 1 BauGB und § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 3. Hs. BauGB Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Der Dritte im Baugesetzbuch, in: BauR 1998, S. 899, 904 ff.; Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: BauGB, 65. Lfg., Stand November 2000, § 11 Rn. 127. Zu einer einschränkenden Auslegung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a.E. BauGB unter (dogmatisch unbefriedigender) Vermengung mit § 4 b BauGB: Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999, S. 79 f.; Stollmann, Frank: Die Einschaltung Dritter im neuen Städtebaurecht, in: NuR 1998, S. 578, 581; Wagner, Jörg: Bauleitplanverfahren - Änderungen durch die BauGB-Novelle 1998, in: BauR 1997, S. 709, 717. 101 Zur „Letztverantwortung" BT-Drs. 13/6392, S. 47. Darf der Dritte beispielsweise eigenständig im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange über die Fristverlängerung des § 4 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BauGB entscheiden? Ablehnend Stollmann, Frank: Die Einschaltung Dritter im neuen Städtebaurecht, in: NuR 1998, 578, 580; zustimmend Reidt, Olaf: § 4 b BauGB - Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, in: NVwZ 1998, 592; in „ver-
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II. Forschungsdesign 1. Theoriegebundener explorativer Forschungsansatz Herkömmlich werden - orientiert an Forschungszielen - verschiedene Typen empirischer Studien unterschieden: explorative, deskriptive, hypothesenprüfende und evaluative Untersuchungen 102. Explorative Untersuchungen dienen der empirischen Erforschung relativ unbekannter sozialer Bereiche, über deren soziale Struktur nur unspezifische Vermutungen vorliegen. Deskriptive Studien zielen hingegen weniger auf die Erforschung sozialer Zusammenhänge und Verhaltensursachen als vielmehr auf eine möglichst „repräsentative" Feststellung der Verteilung sozialer Aktivitäten, Einstellungen und sonstiger Variablen. Im Mittelpunkt hypothesenprüfender Forschungen steht die empirische Falsifikation von Theorien und Hypothesen über soziale Zusammenhänge. Als Ziele von Evaluationsstudien, ein Sonderfall hypothesenprüfender Forschung, werden schließlich die Ermittlung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit politischer, sozialer oder rechtlicher Maßnahmen bezüglich bestimmter Erfolgskriterien und die Abschätzung unbeabsichtigter Nebenfolgen angesehen. Hier ist auch der Bereich der sog. Rechtstatsachenforschung einzuordnen. Im Anschluß an Nußbaum wird darunter „die systematische Untersuchung der sozialen, politischen und anderen tatsächlichen Bedingungen, aufgrund derer einzelne rechtliche Regelungen entstehen, und die Prüfung der sozialen, politischen und sonstigen Wirkungen jener Normen" verstanden 103. Daraus ist heute unter verschiedenem Namen 104 , jedoch mitunter kaum unterscheidbaren Fragestellungen eine rechtspolitisch 105 dominierte Forschungsrichtung entstanden106, für die das bindlicher Absprache mit der Gemeinde" Wagner, Jörg: Bauleitplan verfahren - Änderungen durch die BauGB-Novelle 1998, in: BauR 1997,709, 717. 102 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 30 ff. 103 Vgl. Nußbaum, Arthur: Die Rechtstatsachenforschung, in: AcP 154 (1955), S. 453, 462. 104 Zu einzelnen Forschungsschwerpunkten von „Rechtsprechungsanalyse", „Justizforschung", „Implementationsforschung", „Evaluationsforschung", „Gesetzgebungslehre" siehe den Systematisierungsversuch bei Voßkuhle, Andreas: Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, in: VerwArch 85 (1994), S. 567, 571 ff.; zur Einbindung von „Rechtswirkungsforschung" u. „Gesetzesfolgenabschätzung" in die Rechtstatsachenforschung vgl. Strempel, Dieter: Perspektiven der Rechtswirkungsforschung, in: ZG 1998, S. 116, 121 f. ios Häufig wird trotz politikwissenschaftlicher Fragestellung (irreführend) von einer „juristischen Rechtstatsachenforschung" gesprochen, vgl. nur Brohm, Winfried: Gesetzesvollzug als Handlungsobjekt?, in: Heinz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtstatsachenforschung heute, 1985, S. 103, 110; Voßkuhle, Andreas: Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, in: VerwArch 85 (1994), S. 567, 569 f.; kritisch zum „Ineinander von Beschreibung und Bewertung" auch Möllers, Christoph: Theorie, Praxis und Interdisziplinärst in der Verwaltungsrechtswissenschaft, in: VerwArch 93 (2002), S. 22, 38. 106 Der aktuelle Forschungsstand spiegelt sich umfassend wieder bei Lübbe-Woljf, Gertrude/Hof, Hagen (Hrsg.): Wirkungsforschung zum Recht I. Wirkungen und Erfolgsbedingun-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
Bemühen um „die Lösung von konkreten Rechtsgestaltungs- und Anwendungsfragen" zulasten eines „tiefer gehenden rechtssoziologischen Anspruchs auf eigenes Erkenntnisinteresse bzw. den Entwurf eigenständiger Theoriekonzepte" im Vordergrund steht 107 . Der vorliegende Forschungsansatz will sich nicht auf eine rechtspolitische Perspektive beschränken lassen, sondern strebt - unter rechtsdogmatischer Anknüpfung an bestimmte Rechtsinstrumente - eine rechtssoziologische Untersuchung eines bestimmen politischen Praxisfeldes - der kommunalen Bauleitplanung - an. Dabei werden zwei Erkenntnisinteressen im Hinblick auf die zu untersuchenden kooperativen Verfahrensansätze kombiniert. Während in Bezug auf die Frage der Anwendungspraxis ein explorativer Charakter dominiert, ist die Untersuchung funktionaler Erwartungen an kooperative Rechtsinstrumente bedingt vergleichbar mit evaluierenden Studien, da hier eine Konzentration auf bestimmte innerhalb der Verwaltungs(rechts)wissenschaft diskutierte „Funktionen" kooperativer Rechtsinstrumente erfolgt, ohne jedoch die dort bestimmende rechtspolitische Perspektive übernehmen zu wollen. Zur Analyse dieser beiden Fragenstellungen soll nicht nur auf einen allgemeineren „Assoziationsrahmen" 108, sondern - im Sinne einer „theoriegebundenen Politikanalyse" - auf einer ausgearbeiteten Theorie aufgebaut werden. Damit ist ein Forschungsansatz bezeichnet, der „Politik auf der Grundlage einer Theorie und der für diese charakteristischen Fragestellungen, Konzepte und Hypothesen analysiert" 109 . Der Vorteil einer solchen Anbindung der empirischen Analyse an einen Theoriekomplex besteht vor allem darin, mittels der elaborierten theoretischen Vorgaben die Komplexität der empirisch zu untersuchenden Phänomene reduzieren und strukturieren zu können. Einer „Forschung im Rahmen einer Theorie" geht es also vorliegend nicht um die Prüfung (oder Generierung) theoretischer Hypothesen, sondern um den Rückgriff auf bereits in Form einer Theorie vorliegende Instrumente der Beobachtung und Interpretation empirischer Phänomene110. gen von Gesetzen, 1999; Hill, Hermann/Hof, Hagen (Hrsg.): Wirkungsforschung zum Recht III. Verwaltung als Adressat und Akteur, 2000; Schulte, Martin/Hof, Hagen (Hrsg.): Wirkungsforschung zum Recht II. Folgen von Gerichtsentscheidungen, 2001. Für den Bereich des Städtebaurechts vgl. bereits Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung: Rechtstatsachenforschung im Städtebaurecht, Informationen zur Raumentwicklung, Heft 1.1982. 107 Vgl. Voßkuhle, Andreas: Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, in: VerwArch 85 (1994), S. 567, 569 f. (Hervorhebung M.T.); Erhellend dazu Wolff, Stephan: Pointierte Zusammenfassung: 10 Thesen zur Wirkungsforschung aus Sicht eines sozial wissenschaftlichen Beobachters, in: Lübbe-Wolff, Gertrude / Hof, Hagen (Hrsg.): Wirkungsforschung zum Recht I. Wirkungen und Erfolgsbedingungen von Gesetzen, 1999, S. 495 ff. 108 Siehe zu einer im Bereich verwaltungsrechtlicher Forschung nicht selten anzutreffenden „methodologischen Unbekümmertheit bei der Erhebung und im Umgang mit dem empirischen Material" Voßkuhle, Andreas: Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, in: VerwArch 85 (1994), S. 567, 578; kritisch auch Möllers, Christoph: Theorie, Praxis und Interdisziplinärst in der Verwaltungsrechtswissenschaft, in: VerwArch 93 (2002), S. 22, 34 ff. 109 Vgl. Prittwitz, Volker von: Politikanalyse, 1994, S. 224 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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2. Theoretische Grundkonzeptionen Ausgehend von den in den Verwaltungsrechts- und Planungswissenschaften bei der Behandlung kooperativer Verfahrensansätze angelegten politikwissenschaftlichen Bezügen stößt man auf der Suche nach den sich dahinter verbergenden Theorieansätzen zunächst auf eine allgemeine und umfängliche Steuerungsdiskussion. Im Rahmen derer kann für die Zwecke der vorliegenden Recherche allerdings nicht bei der Frage nach den „Voraussetzungen wirksamer politischer Steuerung" 111 (Steuerungstheorie) stehengeblieben werden, sondern ist danach zu fragen, welches analytische 112 Instrumentarium die dabei herangezogenen Theorieansätze für die hier verfolgten empirischen Zwecke bereithalten. Politikwissenschaftliche Steuerungsüberlegungen basieren entweder - in ihrer konventionellen Form - auf einer handlungs- bzw. akteurstheoretischen Konzeption 1 1 3 oder greifen auf einen systemtheoretischen Ansatz sozial wissenschaftlicher (nicht steuerungsorientierter) Provenienz zurück. Dabei halten die Vertreter eines handlungs- bzw. akteurstheoretischen Ansatzes auch in der Fassung der „neuen Theorie politischer Steuerung" dem Anspruch nach an der besonderen Funktion des politisch-administrativen Systems fest, „Steuerung im Sinne einer absichtsvollen Beeinflussung sozialer Prozesse" zu betreiben 114. Im Hintergrund steht dabei nach wie vor die Vorstellung vom Staat als gesellschaftlicher Steuerungsinstanz und Garant öffentlicher Wohlfahrt 115 . Unter dem Einfluß systemtheoretischer Überlegungen wird lediglich von der Gleichsetzung von politischem Steuerungs110 Vgl. die Nähe zu dem bereits von Arend Lijphart entwickelten Ansatz einer interpretativen Fallstudie („interpretative case study"): „In these studies, a generalization is applied to a specific case with the aim of throwing light in the case rather than of improving the generalization in any way." Ders.: Comparative Politics and the Comparative Method, in: The American Political Science Review 65 (1971), S. 682, 692; im Sinne einer „theoriegeleiteten Interpretation" auch Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse, 7. Aufl., 2000, S. 52. 111 Vgl. Mayntz, Renate: Politische Steuerung. Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie (1996), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und methodologische Überlegungen, 1997, S. 263. 112 Mit dem Begriff „analytisch" begibt sich die vorliegende Arbeit auf die Suche nach einem Bezugsrahmen empirischer Forschung, dies freilich jenseits der Differenz synthetischer und analytischer Sätze, wie sie in der philosophischen Tradition Verwendung findet. Vgl. hierzu Quine, Willard v. O.: Theorien und Dinge, 1985, S. 89, 94. 113 Unter dem Begriff der Handlungs- bzw. Akteurstheorie werden mit Dietmar Braun jene Ansätze zusammengefaßt, „die die funktionale Differenzierung als wichtiges Moment politischen Handeln betrachten, Systeme aber in erster Linie als Handlungssysteme verstehen und damit individuelle und korporative Akteure zum Fokus ihrer Analyse machen", vgl. Braun, Dietmar: Die politische Steuerung der Wissenschaft: ein Beitrag zum „kooperativen Staat", 1997, S. 36 Fn. 13. (Hervorhebung des Verf.) 114 Vgl. Mayntz, Renate: Politische Steuerung. Aufstieg, Niedergang und Transformation einer Theorie (1996), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und methodologische Überlegungen, 1997, S. 263, 275 u. 283 ff. U5 Siehe dazu nur Mayntz, Renate: ebd., S. 265 u. 283.
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handeln und Gesellschaftssteuerung Abschied genommen: das bedeute, „daß es zwar Steuerung in der funktional differenzierten Gesellschaft gibt, aber keine politische Steuerung der Gesellschaft". So verstandene Steuerung als Kombination politisch-administrativer Steuerung und gesellschaftlicher Selbstregelung konzentriert sich deshalb auf „steuernde Eingriffe in die Machtbeziehungen zwischen den Teilsystemen", die in Form von „Netzwerken" oder „Verhandlungssystemen" ins Zentrum des Forschungsinteresses rücken 116 . Geht man dagegen von einem auf Kommunikation basierenden systemtheoretischen Ansatz aus, bliebe - bei stringenter sozialwissenschaftlicher Betrachtung - kein Raum für eine „besondere" Steuerung anderer Systeme durch das politische. Nach systemtheoretischem Verständnis sind soziale Systeme gleichermaßen operativ geschlossen und damit von außen weder erkennbar noch steuerbar 117. Will man - politikwissenschaftlich motiviert - gleichwohl das Ziel, „eine brauchbare' Rationalität des Gesamtsystems ... zu fördern" 118 , nicht aufgeben, kann Steuerung nur bei der kognitiven Offenheit sozialer, ihre Umwelt beobachtender Systeme ansetzen. Steuerung zielt dann als (reflexive) „Kontextsteuerung" auf Veränderungen von Differenzen in der Umwelt sozialer Systeme, die innerhalb des zu steuernden Systems systemeigene Differenzänderungen auslösen sollen (infolge der operativen Geschlossenheit des Systems aber nicht müssen)119. Demzufolge richtet auch dieser steuerungsorientierte Forschungsansatz auf systemtheoretischer Basis die Aufmerksamkeit darauf, wie die Beziehungen zwischen dem politischen und anderen Systemen so gestaltet wer-
116 Vgl. Mayntz, Renate: ebd., S. 263, 284 f.; dies.: Policy-Netzwerke und die Logik von Verhandlungssystemen (1993), ebd., S. 239 ff.; Scharpf, Fritz W.: Verhandlungssysteme, Verteilungskonflikte und Pathologien der politischen Steuerung, in: Schmidt, Manfred G. (Hrsg.): Staatstätigkeit, PVS-Sonderheft 19/1988, S. 61, 68 ff. 117
Siehe dazu jüngst Schulte, Martin: Paradigmenwechsel in der umweltpolitischen Planung, in: Erbguth, Wilfried/Oebbecke, Janbernd/Rengeling, Hans-Werner/Schulte, Martin (Hrsg.): Planung. FS für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, 2000, S. 153, 163 im Anschluß an Luhmann, wenn man Steuerung als die Bestimmung eines Systemzustandes von außen definiert; anders, wenn Steuerung lediglich als Minderung einzelner Differenzen verstanden wird, vgl. Luhmann, Niklas: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 3. Aufl., 1999, S. 324 u. 345 ff.; ders.: Steuerung durch Recht? Einige klarstellende Bemerkungen, in: ZfRSoz 1991, S. 142, 144; ders.: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 400 ff.; Kritisch aus den Reihen der Akteurstheorie Mayntz, Renate: Politische Steuerung und gesellschaftliche Steuerungsprobleme (1987), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und methodologische Überlegungen, 1997, S. 186, 198 ff.; Scharpf, Fritz W.: Politische Steuerung und Politische Institutionen, in: PVS 30/1989, S. 10, 18. Iis Vgl. Willke, Helmut: Ironie des Staates: Grundlinien einer Staatstheorie polyzentrischer Gesellschaft, 1996, S. 198 f. 119
Vgl. Teubner, Gunther/Willke, Helmut: Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche Selbststeuerung durch reflexives Recht, in: ZfRSoz 1984, S. 4 ff.; Teubner, Gunther: Recht als autopoietisches System, 1989, S. 81 ff.; Willke, Helmut: Entzauberung des Staates. Überlegungen zu einer sozietalen Steuerungstheorie, 1983; ders.: Systemtheorie entwickelter Gesellschaften, 2. Aufl., 1993, S. 55 ff. u. 111 ff.; ders.: Ironie des Staates: Grundlinien einer Staatstheorie polyzentrischer Gesellschaft, 1996, S. 198 ff.; ähnlich Bendel, Klaus: Funktionale Differenzierung und gesellschaftliche Rationalität, in: ZfSoz 22 (1993), S. 261, 268 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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den können, daß es gezielt zu relevanter Differenzerzeugung kommt. Dabei wird wenig theoriekonsistent und mit begrifflichen Überschneidungen zur akteursorientierten Betrachtungsweise 120 - auf „intermediäre Instanzen", „Verhandlungssysteme" und „intersystemische Diskurse" zurückgegriffen 121. Diese sollen als „Einrichtungen der intersystemischen Abstimmung und Koordination ... Orte und Verfahren bezeichnen, über welche die wechselseitige Intransparenz operativ geschlossener Funktionssysteme durch ,dritte Instanzen' überspielt werden kann" 1 2 2 . Ungeachtet der behandelten Steuerungsperspektive stellt sich die Frage, welchen analytischen Bezugsrahmen ein akteurs- und handlungsorientierter bzw. ein systemtheoretischer Theorieansatz zum Zwecke einer empirischen Analyse vertraglicher Kooperationsinstrumente bereitstellen kann. Seitens der akteurs- und handlungsorientierten Konzeptionen fungieren vornehmlich die Begriffe des „Netzwerks" bzw. des „Verhandlungssystems" als Anknüpfungspunkte 123. Ein Netzwerk- bzw. Verhandlungsansatz liegt - neben weiteren politikanalytischen Teilkonzeptionen124 - auch dem „Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus" zugrunde, der das „vorläufige Ergebnis (des) Bemühens (darstellt), einen ,maßgeschneiderten' Ansatz für die Untersuchung der Problematik von Steuerung und Selbstorganisation auf der Ebene ganzer gesellschaftlicher Teilbereiche zu entwikkeln" 1 2 5 . Es geht hierbei namentlich um ein „analytisches" Forschungsprogramm,
120 Kritisch zu einer „Verwischung" theoretischer Ansätze auch Ronge, Volker: Politische Steuerung - innerhalb und außerhalb der Systemtheorie, in: Dammann, Klaus / Grunow, Dieter/Japp, Klaus P. (Hrsg.): Die Verwaltung des politischen Systems, 1994, S. 53, 60 Fn. 3. Siehe zu einer beide Ansätze verbindenden „akteurstheoretischen Differenzierungstheorie" nur Braun, Dietmar: Die politische Steuerung der Wissenschaft: ein Beitrag zum „kooperativen Staat", 1997, S. 29 ff., die deutlich zu Lasten der begrifflichen Präzision geht. 121 Vgl. Willke, Helmut: Systemtheorie entwickelter Gesellschaften, 2. Aufl., 1993, S. 120; ähnlich mit „(inter)systemischen Diskursen" arbeitend Bendel, Klaus: Funktionale Differenzierung und gesellschaftliche Rationalität, in: ZfSoz 22 (1993), S. 273 u. Eichmann, Rainer: Systemische Diskurse, in: Glagow, Manfred/Willke, Helmut/Wiesenthal, Helmut (Hrsg.): Gesellschaftliche Steuerungsrationalität und partikulare Handlungsstrategien, 1989, S. 55, 59 (unter expliziter Anlehnung an das Habermas'sehe Konzept lebensweltlicher Diskurse). 122 Vgl. Willke,
Helmut: ebd., S. 120
123 Diese Begriffe werden allerdings nicht einheitlich gebraucht. „Netzwerke" bezeichnen sowohl neue Formen der Politiksteuerung als auch Methoden der Strukturbeschreibung, vgl. Pappi, Franz Urban: Policy-Netze. Erscheinungsformen moderner Politiksteuerung oder methodischer Ansatz?, in: Héritier, Adrienne (Hrsg.): Policy-Analyse, PVS-Sonderheft 24/ 1993, S. 89 ff. Klare Abgrenzungen zu den oftmals in einem Atemzug genannten „Verhandlungssystemen" sind nicht ersichtlich. 124 Vgl. den Überblick über verschiedene Modelle bei Görlitz, Axel/Burth, Hans-Peter: Politische Steuerung, 2. Aufl., 1998, S. 150 ff. und die verschiedenen Beiträge in Héritier, Adriennne (Hrsg.): Policy-Analyse, PVS-Sonderheft 24/1993. Insbes. zur wohlfahrtsökonomischen Perspektive der Netzwerk- bzw. Verhandlungsanalyse bei Fritz W. Scharpf unter Rückgriff auf Public-Choice- und Spieltheorie vgl. Benz, Arthur/Scharpf, Fritz W./Zintl, Reinhard: Horizontale Politikverflechtung. Zur Theorie von Verhandlungssystemen, 1992, S. 11 ff. sowie S. 51 ff.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
das mit einem „Gerüst relativ allgemeiner Kategorien ... der Erfassung und Ordnung empirischer Tatbestände" dienen w i l l 1 2 6 . Dabei wird eine Doppelperspektive auf Akteure und Institutionen vorgeschlagen, die das Zusammenspiel von akteursspezifischen Handlungsorientierungen (kognitive und motivationale Aspekte) 127 mit den von Institutionen (Verhaltens- und Verfahrensnormen; Regeln zur Verfügung über finanzielle, rechtliche, personelle, technische und natürliche Ressourcen; Relationsregeln zwischen den Akteuren) bestimmten Handlungsstrukturen und -restriktionen zu erfassen sucht. Auch das Innenverhältnis von Einzelakteuren zu korporativen Akteuren, die ihrerseits den institutionellen Rahmen für das Handeln ihrer Mitglieder prägen, soll dabei im Wege einer „binnenorientierten Mehrebenenanalyse" Berücksichtigung finden. Ein Blick auf die empirische Handhabbarkeit dieses Forschungsansatzes mache nach eigener Einschätzung allerdings regelmäßig eine Konzentration auf die Organisationsebene notwendig; auch seien Schwierigkeiten bei der Ermittlung akteursspezifischer Handlungsorientierungen nicht zu verkennen; wiewohl schließlich die übergroße Komplexität der vorfindbaren Realstrukturen zu vereinfachenden Reduktionen auf abstrahierte Grundformen sozialer Handlungskoordination zwinge 128 . Der - wohlgemerkt analytische Ansatz zum Zwecke empirischer Forschung - laufe deshalb „Gefahr, durch die Integration institutionalistischer und handlungstheoretischer Perspektiven überkomplex zu werden und praktisch zu einer Art historischer Rekonstruktion zu zwingen." 129 Bereits diese Selbstbeschränkungen müssen Zweifel an der analytischen Leistungsfähigkeit eines Ansatzes des akteurszentrierten Institutionalismus zum Zwecke einer empirischen Analyse wecken, die in besonderem Maße auf eine theoretische Reduktion der empirisch zu beobachtenden Komplexität angewiesen ist 1 3 0 . Ein stringentes begriffliches Instrumentarium läßt der vorgestellte For125 Vgl. Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W.: Der Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus, in: dies. (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung, 1995, S. 39 ff., wobei neben der Netzwerkanalyse auf spieltheoretische Ansätze zurückgegriffen wird. 126 Vgl. Mayntz, Renate / Scharpf Fritz W.: ebd., S. 39, wo allerdings bald der einschränkende Hinweis folgt, daß der akteurszentrierte Institutionalismus „kein Erklärungsmodell, sondern bestenfalls eine Forschungsheuristik (biete)." 127 „Kognitive Orientierungen" betreffen die „Wahrnehmung der Handlungssituation und ihrer kausalen Struktur, der verfügbaren Handlungsoptionen und der erwartbaren Ergebnisse", während sich „motivationale Aspekte" auf die „handlungsleitenden Interessen, Normen und Identitäten" konzentrieren. Vgl. Mayntz, Renate/Scharpf Fritz W., ebd., S. 53 f. 128 Vgl. Mayntz, Renate/Scharpf Fritz W.: ebd., S. 50, 53 u. 61.
1 29 Vgl. Mayntz, Renate/Scharpf Fritz W.: ebd., S. 66 (Hervorhebung durch M.T.); Kritisch auch Beyme, Klaus von: Regierungslehre zwischen Handlungstheorie und Systemansatz, in: Hartwich, Hans-Hermann/Wewer, Göttrik (Hrsg.): Regieren in der Bundesrepublik III. Systemsteuerung und „Staatskunst", 1991, S. 19, 26: „Nicht geleugnet werden kann, daß handlungstheoretische Ansätze sich in der bloß deskriptiven Nachzeichnung einer Situationslogik zu verlieren drohen." (Hervorhebung des Verf.) 13° Anschaulich zu den Problemen der Komplexitätsreduktion eines (neueren) Netzwerkansatzes im empirischen Einsatz auch Sabotier, Paul A.: Advocacy-Koalitionen, Policy-
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schungsansatz jedenfalls nicht erkennen. Das dürfte weitgehend mit einem nach wie vor unzureichend geklärten Verständnis der Grundbegriffe dieses und ähnlicher Ansätze - „Akteur" und „Handlung" 131 - sowie einer wenig konturierten Implementation der Theorie sozialer Systeme132 in akteursgeprägte Theoriemuster zusammenhängen133. Soziale Phänomene werden dabei lediglich als (wie auch immer) 1 3 4 aggregierte Produkte der Handlungen von Akteuren unter Bezugnahme auf deren Motive („Handlungsorientierungen") und den jeweiligen HandlungskonWandel und Policy-Lernen: Eine Alternative zur Phasenheuristik, in: Héritier, Adriennne (Hrsg.): Policy-Analyse, PVS-Sonderheft 24/1993, S. 116, 126 f.: Dort wird die festgestellte Notwendigkeit, „schmalere und theoretisch zweckmäßige Kategorien (der enorm großen Zahl beteiligter Akteure) zu aggregieren", mit dem „Konzept der ,Advocacy-Koalition'" angegangen, das alle Personen zusammenfassen soll, „die ein spezifisches ,belief system' teilen - d. h. ein Set von grundlegenden Wertvorstellungen, Kausalannahmen und Problemperzeptionen - und die über längere Zeit einen durchschnittlichen Grad an koordinierten Handlungen aufweisen." 131
Stellt der „Akteur" eine ontologische oder eine Zurechnungskategorie dar? Unklar Fritz W. Scharpf, der davon spricht, „daß es in der Realität doch (individuelle oder »korporative') Akteure (sind),... die miteinander kommunizieren", vgl. ders.: Pathologien der politischen Steuerung, in: PVS-Sonderheft 19/1988, S. 61, 65 (Hervorhebung M.T.); für Renate Mayntz sind „auf bloße Kommunikation verkürzte soziale Systeme" ihres „sozialen Substrats beraubt", da „Kommunikationen ... allemal von sozial Handelnden (erzeugt werden)", vgl. dies.: Politische Steuerung und gesellschaftliche Steuerungsprobleme (1987), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung: theoretische und methodologische Überlegungen, 1997, S. 186, 199. Die soziologische Tradition begreift das Individuum dagegen bereits seit Max Weber als Zurechnungseinheit, vgl. ders.: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hrsg. von Johannes Winckelmann, 7. Aufl., 1988, S. 439; Niklas Luhmann spricht - polemisch, wenngleich treffend - vom „Animismus der Handlungstheorien", die „auf einem ganz unscharfen (gewissermaßen durch Zeigen auf Menschen explizierbaren) Begriff des Individuums" aufgebaut sind. Vgl. ders.: Neuere Entwicklungen in der Systemtheorie, in: Merkur 42 (1988), S. 292, 298. 132 Fritz W. Scharpf spricht von der „in Wirklichkeit zugleich funktions- und akteurbezogenen Matrixstruktur der Gesellschaft", vgl. ders.: Politische Steuerung und Politische Institutionen, in: PVS 30/1989, S. 10, 16; Renate Mayntz beschreibt „gesellschaftliche Teilsysteme als komplexe Konfigurationen von sozial Handelnden", vgl. dies.: Funktionelle Teilsysteme in der Theorie sozialer Differenzierung (1988), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung, 1997, S. 38, 50. Scheinbar sollen „Akteure" in akteursbezogener Re-Interpretation der Theorie autopoietischer Systeme „Kommunikation" als operative Elemente sozialer Systeme ersetzen (oder ergänzen?). Wenig eindeutig insoweit auch Braun, Dietmar: Die politische Steuerung der Wissenschaft: ein Beitrag zum „kooperativen Staat", 1997, S. 38. 133
Vgl. Scharpf, Fritz W.: Politische Steuerung und politische Institutionen, in: PVS 30/ 1989, S. 10, 13, der selbst konstatiert, daß die „Schwierigkeiten der Subjekt- oder akteursbezognen Handlungstheorien bisher nicht befriedigend gelöst (sind)", gleichwohl aber an einer (wenn auch kontingenten) „Identität des Akteurs" festhält. 134 Vgl. wiederum Beyme, Klaus von: Regierungslehre zwischen Handlungstheorie und Systemansatz, in: Hartwich, Hans-Hermann/Wewer, Göttrik (Hrsg.): Regieren in der Bundesrepublik III. Systemsteuerung und „Staatskunst", 1991, S. 19, 23: „Naive Akteurstheorien, wie sie in der traditionellen Politikwissenschaft bis heute überwiegen, (neigen dazu), eine Art Systembild zu entwerfen durch immer weitere Abstraktion des Zusammenwirkens institutionalisierter Akteure." (Hervorhebung M.T.)
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1. Teil: Untersuchungsansatz
text („Institutionen") angesehen. Damit bleibt man jedoch einer analytisch wenig ergiebigen Einheitsperspektive auf Bewußtsein, Handeln und soziale Strukturen verhaftet 1 3 5 . Ein gleichzeitiges „Handeln" eines einzigen „Akteurs" in verschiedenen sozialen Kontexten (etwa verschiedenen gesellschaftlichen Funktionssystemen) kann durch den Theorieansatz nicht nach vollzogen werden 1 3 6 . Schließlich stellt sich einem Theorieansatz mit empirischem Anspruch die Frage, wie solche handelnden Akteure überhaupt beobachtet werden können. Dafür scheint anstelle des Blicks auf Akteure der Rückgriff auf Kommunikationen dieser Akteure unerläßlich. Analytisch präziser erscheint es deshalb, i m folgenden einen auf Kommunikation basierten systemtheoretischen Ansatz zu verfolgen 1 3 7 . Dieser erlaubt einmal einen Zugriff auf Akteure und ihre Handlungen über die Beobachtung von Kommunikationen, die den beobachteten Personen 138 - wiederum kommunikativ zugerechnet werden. Kommunikationen erscheinen dabei nicht mehr als spezifische Form intentionalen Handelns, sondern Handlungen werden vielmehr umgekehrt als ein (Zurechnungs-)Produkt von Kommunikationsprozessen analysiert 1 3 9 . 135 Erhellend zum (wissenschaftlichen?) Erkenntnisinteresse der Handlungstheorie Renate Mayntz: Naturwissenschaftliche Modelle, soziologische Theorie und das Mikro-Makro-Problem (1991), in: Soziale Dynamik und politische Steuerung, 1997, S. 312, 320 f.: „Die Systemtheorie der Autopoiese mag damit am Ende das Problem sozialer Emergenz auf eine besonders differenzierte Weise fassen; die handlungstheoretische Fassung des Mikro-MakroProblems kommt jedoch einem vorwissenschaftlichen Erkenntnisinteresse entgegen - dem Interesse an der Schicksalsfrage nach dem Gelingen oder Mißlingen kollektiver Selbsterhaltung des in der Gattung Homo sapiens angelegten Potentials." (zweite Hervorhebung M.T.) 136 Zur Abgrenzung funktionaler Teilsysteme arbeitet Renate Mayntz mit einem „sinnhaften Bezug" von Handlungen oder Akteuren auf bestimmte Teilsysteme, wobei Handlungen oder Akteure naturgemäß nicht geteilt werden können; Abgrenzungsprobleme seien vielmehr „der Ausdruck von realen Unschärfen und empirischen Variationen". Vgl. dies.: Funktionelle Teilsysteme in der Theorie sozialer Differenzierung (1988), in: dies.: Soziale Dynamik und politische Steuerung, 1997, S. 38, 56 ff. 137
Auf der Suche nach analytischem Potential scheint die Debatte zwischen Akteurstheorie und Systemtheorie insofern keineswegs „unfruchtbar", wie Ronge, Volker: Politische Steuerung - innerhalb und außerhalb der Systemtheorie, in: Dammann, Klaus / Grunow, Dieter/Japp, Klaus P. (Hrsg.): Die Verwaltung des politischen Systems, 1994, S. 53, 63 meint. Unfruchtbar ist sie lediglich im Hinblick auf ihre normativen steuerungstheoretischen Ambitionen, da eine „auf Beratung von politischen Akteuren ausgerichtete" und insoweit „praxisund anwendungsoffene Wissenschaft" (vgl. Beyme, Klaus von: Regierungslehre zwischen Handlungstheorie und Systemansatz, in: Hartwich, Hans-Hermann / Wewer, Göttrik (Hrsg.): Regieren in der Bundesrepublik III. Systemsteuerung und „Staatskunst", 1991, S. 19, 27, 32) - anders als die sozialwissenschaftliche Systemtheorie - von der Möglichkeit politischer Steuerung ausgehen muß, will sie sich nicht selbst ihres Forschungsgegenstands und der Möglichkeit der Politikberatung berauben. Vgl. dazu Grunow, Dieter: Politik und Verwaltung, in: Dammann, Klaus/ Grunow, Dieter/Japp, Klaus P. (Hrsg.): Die Verwaltung des politischen Systems, 1994, S. 27. 138 Person bezeichnet „eine in der Kommunikation referierbare Einheit", ist also eine Form kommunikativer Zurechnung, vgl. nur Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 375. 139 Weiterführend dazu Schneider, Wolf gang Ludwig: Die Beobachtung von Kommunikation: zur kommunikativen Konstruktion sozialen Handelns, 1994, insbes. S. 11 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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Die damit verbundene Loslösung von einer subjektiven Identität von Akteuren zugunsten zurechenbarer Kommunikationen ermöglicht es ferner, das gleichzeitige „Handeln" von Einzelpersonen oder Organisationen in verschiedenen Kommunikationssystemen theoretisch zu rekonstruieren. Dabei kann neben der jüngeren systemtheoretischen Organisationstheorie auf die umfassend ausgearbeiteten Unterscheidungen verschiedener gesellschaftlicher Funktionssysteme sowie die entsprechenden Überlegungen zu strukturellen Kopplungen und Leistungserwartungen zwischen Funktionssystemen zurückgegriffen werden, ohne dabei die changierenden Konstruktionen politikwissenschaftlich geprägter systemtheoretischer Ansätze übernehmen zu müssen.
3. Einordnung und Konsequenz systemtheoretisch informierter empirischer Sozialforschung Die noch näher auszufüllende systemtheoretische Fundierung eines Analyserahmens birgt auch methodische140 Konsequenzen für eine empirische Forschung, die als - noch wenig ausgearbeitete - Form einer systemtheoretisch informierten empirischen Sozialforschung angesehen werden kann 141 . Herkömmlich wird innerhalb der empirischen Sozialforschung mit Blick auf verschiedene wissenschaftstheoretische Grundpositionen, Theorien und Methoden zwischen quantitativen und qualitativen Konzeptionen unterschieden 142. Quantitative Sozialforschung 143 verfolgt das Ziel, mittels kontrollierter Methoden Daten einer (objektiv) gegebenen sozialen Realität zu sammeln, mit deren Hilfe Hypothesen und Theorien reliabel (zuverlässig) und valide (gültig) überprüft werden können. Dieser Anspruch schlägt sich 140
Sofern man die im wissenschaftlichen Sprachgebrauch verfestigte Unterscheidung von „Theorien" und „Methoden" aufrechterhalten will; aus systemtheoretischer Perspektive vgl. Besio Cristina/Pronzini, Andrea: Die Beobachtung von Theorien und Methoden. Antwort auf A. Nassehi, in: SoSy 5 (1999), S. 385, 389 f. 141 Vgl. dazu Nassehi, Armin: Gesellschaftstheorie und empirische Forschung, in: SoSy 4 (1998), S. 199 ff.; Besio Cristina/Pronzini, Andrea: ebd., S. 385 ff.; Nassehi, Armin: Theorie und Methode. Keine Replik auf, sondern eine Ergänzung zu C. Besio und A. Pronzini, in: SoSy 6 (2000), S. 195 ff.; zu einer „systemtheoretisch informierten Hermeneutik" Nassehi, Armin: Kommunikation verstehen, in: Sutter, Tilmann (Hrsg.): Beobachtung verstehen, Verstehen beobachten, 1997, S. 134 ff. Bekanntlich ist bereits die Systemtheorie empirisch (auf Beobachtung von Kommunikation) angelegt, vgl. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 36 ff., insbes. S. 41 ff.; ders.: Steuerung durch Recht? Einige klarstellende Bemerkungen, in: ZfRSoz 1991, S. 142 ff. 142 Vgl. den Überblick bei Atterslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 90 ff.; Prittwitz, Volker von: Politikanalyse, 1994, S. 195 ff.; Flick, Uwe: Qualitative Forschung: Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften, 4. Aufl., 1999, S. 9 ff.; Röhl, Klaus F.: Rechtssoziologie, 1987, S. 117 f. 143
Vgl. dazu Schnell, Rainer/Hill, Paul B. /Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Aufl., 1999; Kromrey, Helmut: Empirische Sozialforschung, 8. Aufl., 1998, insbes. S. 23 ff.; Friedrichs, Jürgen: Methoden empirischer Sozialforschung, 14. Aufl., 1990, S. 50 ff.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
in strukturierten Beobachtungsschemata, einer intensiven Diskussion um „Wahrnehmungsverzerrungen" bei den Forschenden, der Forderung nach intersubjektiver Überprüfbarkeit und der Erhebung möglichst großer „repräsentativer" Fallzahlen nieder. Für den Ansatz qualitativer Forschung 144 sind dagegen ein „verstehendes Erkenntnisprinzip", die Orientierung am Einzelfall sowie die Skepsis gegenüber einem auf Variablenisolation beruhenden Erklärungsmuster kennzeichnend. Dem liegt die zentrale Annahme zugrunde, daß sich soziale Wirklichkeit erst im Rahmen empirischer Beobachtung prozeßhaft in Form von Kommunikationen konstituiert. Gegenstand der Forschung sind nach diesem Verständnis also einzelne Kommunikationsprozesse und nicht eine objektiv zu erkennende soziale Wirklichkeit, anhand derer Theorien und Hypothesen geprüft werden können. Als zentrales Kontroll- und Gütekriterium wird dabei die Offenlegung von theoretischem Vorwissen und Forschungsschritten bzw. -entscheidungen angesehen, um die gewählten Interpretationen nach vollziehen zu können 145 . In Anlehnung an derartige qualitative Paradigmen geht es einem systemtheoretisch informierten Ansatz empirischer Sozialforschung ebenfalls darum, aus der gesellschaftstheoretisch angelegten Systemtheorie epistemologische Impulse für die (quantitative) empirische Sozialforschung zu gewinnen und den Blick auf eine reflexive Einstellung zum eigenen Beobachtungsprozeß zu lenken 146 . Das „distanzierte Objektverhältnis,... was der erklärenden empirischen Forschung als Bedingung ihrer eigenen Möglichkeit erscheint", wird aufgegeben und durch eine (Selbst-)Beschreibung gesellschaftlicher Phänomene innerhalb von Gesellschaft ersetzt 147 . Gegenstand der empirischen Beobachtung sind dabei allein beobachtba144 Vgl. Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, insbes. S. 28 ff. (zu den zugrunde liegenden theoretischen Positionen); Garz, Detlef/Kraimer, Klaus (Hrsg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung, 1991; für den Bereich der Raumplanung siehe Pohl, Jürgen: Qualitative Verfahren, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung: Methoden und Instrumente räumlicher Planung, Handbuch, 1998, S. 95, 99 ff. 145 Vgl. die Betonung prozeduraler Reliabilität bzw. Validität bei Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, S. 241 ff. u. 247 ff.; zur „Explikation" als (entscheidendes) Gütekriterium auch Atterslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 93. 146 Zum Theoriedefizit innerhalb der „traditionellen" empirischen Sozialforschung vgl. explizit Atterslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 75 mit weiteren Nachweisen („In erstaunlichem Maße läßt die Sorgfalt der theoretischen Vorabklärung zu wünschen übrig ..."). Siehe zur heuristischen Funktion systemtheoretischer Begriffe und Hypothesen im Rahmen der objektiven Hermeneutik Schneider, Wolfgang Ludwig: Die Analyse von Struktursicherungsoperationen als Kooperationsfeld von Konversationsanalyse, objektiver Hermeneutik und Systemtheorie, in: Sutter, Tilmann (Hrsg.): Beobachtung verstehen, Verstehen beobachten, 1997, S. 164 ff. 147 Vgl. insbes. Nassehi, Armin: Gesellschaftstheorie und empirische Forschung, in: SoSy 4 (1998), S. 199 ff.; ders.: Theorie und Methode. Keine Replik auf, sondern eine Ergänzung zu C. Besio und A. Pronzini, in: SoSy 6 (2000), S. 195, 197; siehe auch Luhmann, Niklas: Wie lassen sich latente Strukturen beobachten?, in: Watzlawick, Paul/Krieg, Peter (Hrsg.): Das Auge des Beobachters. Beiträge zum Konstruktivismus, 1991, S. 61 ff.; Zu vergleichbaren Fragen in der juristischen Methodenlehre siehe jüngst Morlok, Martin/Kölbel, Ralf/
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
63
re Kommunikationen. Die hier angestrebte Untersuchung vertraglicher Instrumente im Städtebau stellt insoweit eine Differenz von Wissenschaft und Politik (und Recht, Wirtschaft usw.) als verschiedenen sozialen Systemen innerhalb der Gesellschaft in Rechnung. Es geht um soziales - nämlich wissenschaftliches - Beobachten, wie andere - also unterschiedene - soziale Systeme beobachten und welche Unterscheidungen sie dabei verwenden. Eine derart differenz- und beobachtungstheoretische Position versucht dabei nicht, unterschiedliche wissenschaftliche Beobachtungen als Probleme von Wahrnehmungsverzerrungen zu eliminieren, sondern stellt ausdrücklich in Rechnung, daß jede Interpretation eine Entscheidung für eine Beobachtung (Unterscheidung) aus einer Vielzahl von Beobachtungsmöglichkeiten (Unterscheidungsmöglichkeiten) ist. Beobachtungsleitende Unterscheidungen werden also als grundsätzlich kontingent angesehen, so daß sich deren Validität immer nur an ihrer Anschlußfähigkeit als wissenschaftliche Beobachtungen bemessen kann. Dabei sind die getroffenen, nun ihrerseits wissenschaftlich beobachteten Unterscheidungen methodischen Wahrheitskriterien unterworfen, die sich etwa im Sinne von „Sachhaltigkeit" 148 - an der Konsistenz und der Komplexität der Strukturhypothesen messen. Die Validität einer empirischen Untersuchung muß mit anderen Worten dadurch hergestellt werden, daß der „Einstieg in das Untersuchungsfeld als soziales Problem" die notwendige Beachtung findet 149 . Damit kommt es als Wahrheitskriterium für die eigene Beobachtung allein darauf an, die eigenen beobachtungsleitenden Unterscheidungen und Theorien in möglichst präziser Form offenzulegen, die dann ihrerseits wieder - etwa auf ihre Latenzen hin beobachtet werden können 150 .
Launhardt, Agnes: Recht als soziale Praxis. Eine soziologische Perspektive in der Methodenlehre, in: Rechtstheorie 31 (2000), S. 15 ff. 148 Bora, Alfons: Sachhaltigkeit versus Verfahren?, in: Sutter, Tilmann (Hrsg.): Beobachtung verstehen, Verstehen beobachten, 1997, S. 228, 237 ff. 14 9 Ein Defizit beim Augenmerk auf „Feldzugang" und im Umgang mit dem Forschungsgegenstand im Vergleich zu „akribisch berechneten Korrelationen quantifizierter Daten" sehen etwa auch Atterslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 75; Pohl, Jürgen: Qualitative Verfahren, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Methoden und Instrumente räumlicher Planung, Handbuch, 1998, S. 95,
100.
150 Vgl. Bora, Alfons: Konstruktion und Rekonstruktion. Zum Verhältnis von Systemtheorie und objektiver Hermeneutik, in: Rusch, Gebhard /Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.): Konstruktivismus und Sozialtheorie, 1993, S. 282, 299; Besio Cristina/Pronzini, Andrea, SoSy 5 (1999), S. 385, 389 ff.; Nassehi, Armin, SoSy 6 (2000), S. 195, 200; ders.: Kommunikation verstehen, in: Sutter, Tilmann (Hrsg.): Beobachtung verstehen, Verstehen beobachten, 1997, S. 134, 156.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
I I I . Systemtheoretischer Analyserahmen 1. Kooperation und funktionale Differenzierung Kooperationsansätze zwischen der Gemeinde und privaten Wirtschaftssubjekten können, das wurde sowohl in der rechts- als auch in der planungswissenschaftlichen Diskussion bereits deutlich, als Problem der Beziehungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen, der Politik, der Wirtschaft, aber auch des Rechts aufgefaßt werden. Was bedeutet das in systemtheoretischem Kontext? Die Systemtheorie nimmt ihren Ausgangspunkt in der Beobachtung einer Differenz. Mit der Unterscheidung von System und Umwelt geht sie davon aus, daß soziale Systeme als autopoietische Systeme eine Differenz erzeugen und reproduzieren, die sie von ihrer Umwelt unterscheidbar machen 151 . Soziale Systeme bestehen, und darin besteht ein wesentlicher Unterschied zu Ausprägungen der Akteurstheorie, nicht aus Menschen, Handlungen oder Bewußtsein, sondern aus Kommunikationen 152. Kommunikation bezeichnet dabei eine Operation, an die gleichartige Operationen, also wiederum Kommunikationen, anknüpfen können 153 . Ein soziales System kommt somit immer dann zustande, wenn ein selbstreferentieller Kommunikationszusammenhang entsteht, der sich als Kommunikation von seiner Umwelt abgrenzt. Die Ausdifferenzierung sozialer Systeme erfolgt in Form von Interaktionen, Organisationen und Gesellschaft als der Gesamtheit aller Kommunikationen 154 . Auf der Ebene von Gesellschaft kann zugleich auch eine funktionale Differenzierung von Teilsystemen beobachtet und beschrieben werden. Die gesellschaftliche Differenzierung ist dabei in dem Maße funktional, in dem ein Subsystem seine Identität durch die Erfüllung einer Funktion für das Gesamtsystem gewinnt 1 5 5 . Die Unterscheidung von gesellschaftlichen Funktionssystemen vollzieht sich also durch eine spezifische Funktion innerhalb der Gesellschaft sowie mit Hilfe eines speziellen binären Codes 156 . Unter Code wird ein zweiwertiger Schematis151
Vgl. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, 1987,
S. 35. 152 Wobei „Handlung", darauf sei nochmals ausdrücklich hingewiesen, als Zurechnungsform der Selbstbeobachtung bzw. Selbstbeschreibung sozialer Systeme wieder in die Kommunikation eingeführt wird. Vgl. Luhmann, Niklas: ebd., S. 225 ff., 240. 153 Vgl. hierzu und zum folgenden Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 267 ff. 154 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 812 ff.; siehe auch Werner, Petra: Soziale Systeme als Interaktion und Organisation, in: Krawietz, Werner/Welker, Michael (Hrsg.): Kritik der Theorie sozialer Systeme, 1992, S. 200 ff.
155 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 267. 156 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 81. Daß es auf Code und Funktion ankommt, sei exemplarisch an einem Beispiel aus dem Recht verdeutlicht: ein Pressebericht über eine Gerichtsverhandlung bezieht sich implizit oder ausdrücklich auf den Code Recht/Unrecht, steht aber erkennbar in einem anderen Funktionskontext als Recht, vgl. ders.: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 72 f.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
65
mus verstanden, den ein System benutzt, um seine eigenen Operationen zu strukturieren und von anderen Sachverhalten zu unterscheiden 157. Programme liefern die Kriterien, die angeben, ob und wie die Codewerte richtig bzw. falsch zugeordnet werden 158 . Auf der Ebene der Programme kann ein System damit auf externe Bedingungen reagieren und seine Strukturen auswechseln159. Bauleitplanung kann vor diesem Hintergrund - in einem ersten Schritt - als eine „Überlagerung" funktional unterscheidbarer Kommunikationen auf der Ebene der kommunalen Organisation Gemeinde gekennzeichnet werden 160 . Organisationen grenzen sich als soziale Systeme über rekursives Entscheiden ab 1 6 1 . Sie operieren nicht code-spezifisch im Sinne der Festlegung auf einen funktionalen Code und stehen damit in gewissem Sinne „quer" zu den Funktionssystemen der Gesellschaft 162 . Im Bereich der Bauleitplanung lassen sich - neben funktional anders oder funktional nicht codierter Kommunikation - maßgeblich drei solcher Funktionssysteme ausmachen: Politik, Wirtschaft und Recht. Die Frage nach Kooperation bezieht sich dann darauf, welche Entwicklungen des Verhältnisses von Politik und Wirtschaft als funktional unterscheidbare Kommunikationen im Bereich der Bauleitplanung beobachtet werden können und welche Maßgabe dabei rechtlichen Regelungen zukommt. Das Rechtssystem arbeitet mit der zweiwertigen Codierung von Recht und Unrecht. Um eine Kommunikation als eine solche des Rechtssystems zu spezifizieren, 157 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 90 f.; ders.: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 176 f. iss Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 189 ff. 159 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 91. 160 Im Rahmen des vorliegenden Bezugs auf die Organisation Gemeinde kann offenbleiben, inwieweit eine Binnendifferenzierung der Politik - als soziales System auf der Ebene funktionaler Differenzierung - in Politik (im engeren Sinne), Verwaltung und Publikum analytisch ertragreich ist. Siehe dazu die Überlegungen bei Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 253 ff.; ders.: Politische Planung, in: ders.: Politische Planung. Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung, 4. Aufl., 1994, S. 74 ff.; Grunow, Dieter: Politik und Verwaltung, in: Dammann, Klaus/Grunow, Dieter/ Japp, Klaus P. (Hrsg.): Die Verwaltung des politischen Systems, 1994, S. 27, 30 ff.; vgl. zur Gegenstandsbestimmung von Verwaltung ferner Roellecke, Gerd: Verwaltungswissenschaft von außen gesehen, in: VerwArch 91 (2000), S. 1,4 ff. 161 Vgl. zuletzt Luhmann, Niklas: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 62 ff. Alles andere, was als Kriterium für Organisation angesehen wird (z. B. Mitgliedschaft) ist sekundär und kann seinerseits als Entscheidung der Organisation beobachtet werden. Die Besonderheit von Entscheidungen, die sie als solche erkennbar machen, besteht darin, daß auch die abgelehnten Möglichkeiten mitkommuniziert werden. 162 Die Verwaltung ist deshalb auch keine Organisation „der" Politik, ebenso wie Unternehmen keine Organisationen „des" Wirtschaftssystems sind usw., vgl. Nassehi, Armin/Nollmann, Gerd: Inklusionen. Organisationssoziologische Ergänzungen der Inklusions-/Exklusionstheorie, in: SoSy 3 (1997), S. 393, 404; insoweit (noch) ähnlich Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft und ihre Organisationen, in: Derlien, Hans-Ulrich (Hrsg.): Systemrationalität und Partikularinteresse. FS für Renate Mayntz, 1994, S. 189, 195 f.
5 Tietze
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1. Teil: Untersuchungsansatz
bedarf es jedoch sowohl der Orientierung an der Funktion des Rechts als auch einer Zuordnung zum Code Recht/Unrecht 163 . Als Funktion des Rechts kann die Einrichtung und Stabilisierung normativer Erwartungen angesehen werden 164 . Recht ermöglicht es, wissen zu können, mit welchen Erwartungen man sozialen Rückhalt findet und mit welchen nicht. Diese funktionale Spezifikation einer Kommunikation ist daran zu erkennen, daß sie sich an Normen, d. h. an enttäuschungsfesten Erwartungen, orientiert. Die binäre Codierung rechtlicher Kommunikation manifestiert sich in ihren Operationen, die die Werte von Recht bzw. Unrecht zuordnen. Es geht dabei jedoch nicht um „jede Benutzung von Rechtsbegriffen", sondern um eine „code-orientierte Kommunikation", „die eine Zuordnung der Werte „Recht" und „Unrecht" behauptet165. Dabei beschränkt sich das Rechtssystem nicht auf seinen organisatorischen oder professionell arbeitenden Kern (Legislative, Judikative), sondern erfaßt jede Kommunikation, die sich am Code von Recht und Unrecht orientiert. Auch die Politik stellt ein eigenes funktional ausdifferenziertes Subsystem der Gesellschaft dar, das durch den Code von Macht und Ohnmacht gekennzeichnet ist 1 6 6 . Dabei geht es um das „Innehaben bzw. Nichtinnehaben der Positionen, in denen öffentliche Gewalt ausgeübt werden kann und von denen aus sich regulieren läßt, wer politischen Einfluß hat, in welchen Angelegenheiten und wieviel" 1 6 7 . Vor demokratietheoretischem Hintergrund kann auch von einer Recodierung politischer Macht in die Form Regierung / Opposition gesprochen werden 168 . Die Besetzung des Codes wird über politische Programme, insbesondere Sachprogramme und Wahlen, gesteuert 169. Der politische Code ist, im Gegensatz zu Recht und Wirtschaft, insofern auch für sog. loose talk offen 170 . Politische Resonanz kommt vor allem dadurch zustande, daß die „öffentliche Meinung" differentielle Chancen der Wiederwahl suggeriert; Rechtsverstöße, Skandale usw. werden auf diese Weise in die Politik „zurückgekoppelt" 171 . Die gesellschaftliche Funktion von Politik besteht darin, Kapazität zu kollektiv bindendem Entscheiden bereitzuhalten 172. Dabei 163
Vgl. zum folgenden Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 60 ff. 164 Und zwar durch die Regulierung ihrer zeitlichen, sachlichen und sozialen Generalisierung, vgl. Luhmann, Niklas: ebd., S. 131 f. Erwartungen werden dabei durch Unterscheidung von Verhaltensmöglichkeiten im Enttäuschungsfall charakterisiert - gibt man seine Erwartungen in der enttäuschten Hinsicht auf, geht es um kognitive, behält man sie bei, um normative Erwartungen, vgl. ders.: ebd., S. 133 f. 165 Vgl. Luhmann, Niklas: ebd., S. 67 f. 166 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 91 ff.; ders.: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 169 ff. 167 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 170. 168 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 96 ff. 169 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 171 f. 170 Vgl. ders.: ebd., S. 225. ni Vgl. ders.: ebd., S. 175.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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ist die Politik in besonderer Form mit dem Recht verknüpft. Politik kann einerseits (politisch) entscheiden, welches Recht gelten soll, und dabei das Recht zur Erreichung politischer Ziele in Anspruch nehmen, während das Recht seinerseits darauf angewiesen ist, daß Normen im politischen System durch Macht erzwungen werden können 173 . Unter Wirtschaft ist schließlich „die Gesamtheit derjenigen Operationen (zu verstehen), die über Geldzahlungen abgewickelt werden" 174 . Ihre gesellschaftliche Funktion liegt in der „Erzeugung und Regulierung von Knappheiten zur Entproblematisierung künftiger Bedürfnisbefriedigung" 175. Wirtschaft ist ursprünglich durch das Eigentum codiert, also durch die Unterscheidung von Haben/Nichthaben. Dieser Code wird heute maßgeblich durch die „Zweitcodierung" Geld ergänzt, die auf Zahlen oder Nichtzahlen abstellt. Geld ist dabei ein Medium, das nur in Form von Zahlungen, also nur in der Wirtschaft selbst, verwendet werden kann. Jede geldrelevante Operation ist deshalb ausschließlich eine solche des Wirtschaftssystems und entzieht sich der Kontrolle anderer Funktionssysteme. Der Ablauf der Zahlungsereignisse, also der fortgesetzten Operationen, die das Wirtschaftssystem ausmachen, wird über Programme motiviert. Solche Programme des Wirtschaftssystems sind insbesondere Preise. Anhand von Preisen lassen sich Zahlung oder Nichtzahlung als wirtschaftlich richtig oder falsch beurteilen. Preis-Programme sind, ebenso wie der Code des Wirtschaftssystems, rein systeminterne Angelegenheiten. Greift die Politik beispielsweise in die Preisbildung ein, so transformiert sie wirtschaftliche Probleme in politische Probleme, wovon die Systemdifferenz von Wirtschaft und Politik unberührt bleibt 176 . Kommunale Bauleitplanung ist vor dem Hintergrund derart präzisierter funktionaler Differenzierung einerseits (und vor allem) ein politischer Prozeß der Entscheidung über die künftige städtebauliche Entwicklung einer Stadt 177 . Als solcher orientiert er sich am politischen Code von Macht/Ohnmacht, also den Chancen kommunaler Wiederwahl. Politisch allein ausschlaggebend ist, ob eine Planung in der öffentlichen Meinung als Erfolg angesehen wird oder nicht. Rechtsprogramme, also insbesondere die Normen des BauGB, liefern Verfahrens- und Entscheidungs172
Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000,
S. 84 f. 173 Vgl. zur strukturellen Kopplung von Politik und Recht Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 150 ff. 174 Vgl. zum folgenden Luhmann, Niklas: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 3. Aufl. 1999, S. 52 ff.; ders.: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 101 ff. 175 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 3. Aufl. 1999, S. 65. 176
Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 106 f. Niklas Luhmann geht von einer funktionalen „Primärorientierung" und sonstiger „fallweiser Orientierung" von Organisationen aus, vgl. ders.: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 405 f., und sieht wohl deshalb die „die staatliche Verwaltung" „von oben bis unten" als eine „Organisation des politischen Systems" an, vgl. ders.: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 431. 177
5=
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1. Teil: Untersuchungsansatz
regeln, auf welche die Verwaltung zur Strukturierung des planerischen Entscheidungsprozesses zurückgreifen kann. Aus kommunalpolitischer Sicht wären das Leistungen des Rechtssystems 178. Inwieweit die mit der kommunalen Bauleitplanung angestrebte städtebauliche Entwicklung realisiert wird, inwieweit also Investitionen getätigt werden, verweist schließlich auf den Bereich der Wirtschaft 119. Die Gemeinden müssen nicht nur ausreichend Bauland ausweisen und erschließen, sondern die (nichtkommunalen) Eigentümer müssen ausgewiesenes und erschlossenes Bauland auch bebauen. Die Städtebaupolitik richtete sich dazu mit den hier relevanten Novellierungen des Städtebaurechts einerseits auf Veränderungen des Bauland ausweisenden Verfahrens (Beschleunigung der Planungsverfahren, Senkung der Verfahrenskosten, Nutzung privaten Sachverstands, Reduktion des Abwägungsmaterials sowie die Kombination mit flexiblen Instrumenten), andererseits auf die vollzugsorientierte Klarstellung der Mitverantwortung privater Grundeigentümer bei der Umsetzung von Planungen180. Vor dem Hintergrund der Theorie sozialer Systeme wird deutlich, daß die - politische - Problemlösung über den Bereich politischer Kommunikation hinausweist. Ein Thema politischer Kommunikation - die Erleichterung und Beschleunigung von Investitionen - wird in das Wirtschafts- bzw. das Rechtssystem verschoben. Politische Kooperation in der kommunalen Bauleitplanung zielt mit anderen Worten darauf, Leistungen anderer Systeme für das eigene System nutzbar zu machen.
2. Strukturelle Kopplungen und Leistungsbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Funktionssystemen Wie können nun solche Leistungsbeziehungen analysiert werden? Die neuere Systemtheorie geht von einer operativen Geschlossenheit sozialer Systeme aus 181 . 178
Vgl. zu möglichen Leistungen des Rechtssystems, beispielsweise der Verhaltenssteuerung und Konfliktlösung, im Gegensatz zur Funktion des Rechtssystems, der Einrichtung und Stabilisierung normativer Erwartungen, Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 156 f. 179 Vgl. für den Bereich der „Bauleitplanung, deren Durchsetzung auf private Initiativen und Investitionen geradezu angewiesen ist" (Hervorhebung M.T.) Krautzberger, Michael: Public Private Partnerhip - Kooperationsmodelle aus städtebaulicher Sicht, in: StuG 1993, S. 44, 45. 180 Vgl. Z um Entwurf des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, BT-Drs. 12/3944, S. 21 ff. u. S. 42 ff. (sowie darauf verweisend BT-Drs. 12/4047); die Gesetzesbegründung zu § 4 b BauGB, BT-Drs. 13/6392, S. 47; in Zusammenhang mit städtebaulichen Verträgen und dem Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans Bundesministerium fiir Bauwesen, Raumordnung und Städtebau: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, S. 90 ff. bzw. 102 f. (aufgenommen in der Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/6392, S. 51 ff.). 181
Vgl. die „autopoietische Wende" bei Luhmann, Niklas: Soziale Systeme, insbes. „Zur Einführung: Paradigmawechsel in der Systemtheorie", S. 25; ähnlich Teubner, Gunther: Recht als autopoietisches System, 1989 passim; Willke, Helmut: Systemtheorie entwickelter Gesellschaften, 2. Aufl., 1993, S. 46 u. 76 f.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
69
Operativ geschlossen ist ein System dann, wenn es „zur Herstellung eigener Operationen auf das Netzwerk eigener Operationen angewiesen (ist)'4 und sich in diesem Sinne „selber reproduziert" 182 . Operative Geschlossenheit bedeutet aber nicht kognitive Abgeschlossenheit eines Systems von seiner Umwelt. Weder deren Existenz noch die Abhängigkeit eines Systems von solchen seiner Umwelt wird in Frage gestellt. Operative Geschlossenheit abstrahiert jedoch von diesen kausalen Beziehungen. Systeme reagieren nur nach Maßgabe ihrer eigenen Struktur und nur in Vollzug eigener Operationen auf Umweltereignisse. Ein Ereignis in der Systemumwelt kann mit anderen Worten immer nur Resonanz oder eine Irritation in der „Eigenfrequenz" des jeweiligen Systems erzeugen. Damit ist eine direkte Abstimmung oder Beeinflussung zwischen Politik, Recht und Wirtschaft ausgeschlossen. Zur Beschreibung der Beziehungen der Systeme untereinander muß vielmehr auf sog. Kopplungen zurückgegriffen werden 183 . Zwei Arten können unterschieden werden: operative und strukturelle Kopplungen 184 . Operative Kopplungen bezeichnen die Kopplung von Operationen durch Operationen. Das betrifft einerseits die schon erörterte selbstreferentielle Reproduktionsweise der Systeme, andererseits „eine momenthafte Kopplung von Operationen des Systems mit solchen, die das System der Umwelt zurechnet". Es geht also im letzten Fall darum, daß, „was immer passiert, mehrfach (passiert) - je nach Systemreferenz ... Und dies, obwohl es für alle Systeme dasselbe Ereignis ist!" 1 8 5 Im Gegensatz dazu betreffen strukturelle Kopplungen den Fall, daß „ein System bestimmte Eigenarten seiner Umwelt dauerhaft voraussetzt und sich strukturell darauf verläßt" 186 . Strukturelle Kopplungen erleichtern es Systemen, Irritierbarkeit, also das Vorbereitetsein auf bestimmte Irritationen, zu konzentrieren 187. Die Folge für die Gesellschaft sind „koordinierte 182 Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 42 ff. Diese Eigenart wird zugleich mit dem Begriff der Autopoiesis beschrieben, dessen „revolutionierender Effekt" in der wissenschaftlichen Diskussion „in einem umgekehrten Verhältnis zu seinem Erklärungswert (steht)". Der Begriff besagt nur, daß es Elemente und Strukturen eines Systems gibt, wenn und solange es seine Autopoiesis aufrechterhalten kann. Autopoiesis ist also lediglich ein Begriff für die Reproduktionsweise eines Systems. 183 wie Kommunikation „zwischen" Systemen im einzelnen beschrieben werden kann, ist auch innerhalb der Systemtheorie Gegenstand verschiedener Lösungsansätze. Vgl. den Überblick bei Brodocz, André: Die politische Theorie autopoietischer Systeme: Niklas Luhmann, in: ders. / Schaal, Gary S. (Hrsg.): Politische Theorien der Gegenwart, 1999, S. 337, 352 ff.; siehe insbes. auch Teubner, Gunther: Recht als autopoietisches System, 1989, S. 106 ff. (Kopplungen gesellschaftlicher Systeme über ein und dasselbe Ereignis als „Interferenz"). 184 Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 440 f. iss Vgl. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 599. 186 Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 440 f.; siehe auch ders.: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 100 ff. u. 781 ff.; ders.: Organisation und Entscheidung, 2000, 397 ff.; dazu auch Schemann, Andreas: Strukturelle Kopplung, in: Krawietz, Werner/Welker, Michael (Hrsg.): Kritik der Theorie sozialer Systeme, 1992, S. 215, 220 ff. 187 Strukturen sozialer Systeme sind nach diesem Verständnis Erwartungen, die die Freiheit möglicher Anschlüsse konditionieren. Vgl. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß
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1. Teil: Untersuchungsansatz
Strukturentwicklungen" 188 als ein wechselseitiger Prozeß 189. Nicht nur die Politik stellt sich auf bestimmte Schnittstellen zur Wirtschaft ein, sondern auch umgekehrt die Wirtschaft im Hinblick auf die Politik. Nicht nur das Recht bildet bestimmte Instrumente aus, die sich die Politik zunutze macht, sondern auch umgekehrt orientiert sich das Recht auf der Suche nach neuem Rechtsstoff an der Politik. Und schließlich rechnet nicht nur die Wirtschaft mit der Nutzbarkeit bestimmter Rechtsinstrumente, sondern auch das Recht beobachtet die Wirtschaft, um seinerseits Komplexität aufzubauen. Damit entstehen funktionale Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Funktionssystemen, die zu einem „laufenden Verschieben der Probleme von einem ins andere System (führen)" 190 . Im Hinblick auf solche Interdependenzen im Verhältnis der Funktionssysteme untereinander ist nicht mehr von Funktionen, sondern von Leistungen zu sprechen 191. Strukturveränderungen infolge struktureller Kopplung ermöglichen es Systemen, Operationen anderer Funktionssysteme als Leistungen für den eigenen Komplexitätsaufbau zu behandeln. Das setzt aber gleichzeitig voraus, daß die funktionale Differenz zu jenen anderen Systemen aufrechterhalten wird. Insoweit ist mit der Ausbildung von Leistungserwartungen gleichzeitig das Hervortreten von Differenzsicherungsmechanismen zu erwarten 192 . Kooperative Planungsansätze können demnach grundsätzlich sowohl in Form operativer als auch struktureller Kopplungen beobachtet werden. Operative Kopplungen zwischen Politik und Wirtschaft treten bei jeder Interaktion zwischen Gemeinde und wirtschaftlich agierenden Investoren auf. Soweit es sich dabei jedoch
einer allgemeinen Theorie, 1987, S. 398; Göbel, Andreas: Theoriegenese als Problemgenese, 2000, S. 197 ff. 188 Sog. „structural drift", vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 495; ders.: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 74. 189 Das wird gerade in der politikwissenschaftlichen Steuerungsdebatte oft zu wenig beachtet. Denn dann müßte man nicht nur an eine Steuerung der Wirtschaft durch die Politik denken, sondern auch umgekehrt an die Steuerung der Politik durch die Wirtschaft, vgl. Luhmann, Niklas: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 402. Eindrückliche Beispiele aus dem Bereich der Stadtplanung bei Ammann-Dejozé, Kristin/Dieckmann, Johann: Preußen Park Münster. Ein Beispiel zum Thema „Wem gehört die Stadt?", in: Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (Hrsg.): Wer plant die Stadt? - Wer baut die Stadt?, 2000, S. 168 ff.; Scholz, Carola: Privatsache Stadt?, in: DAB 5/99, S. 628 ff. 190 Vgl. Luhmann, Niklas: Ökologische Kommunikation, 3. Aufl., 1990, S. 208. Derartige Interdependenzen sind nicht mit Beschränkungen der Autonomie der Systeme oder als Symptome der Entdifferenzierung zu verstehen. Im Gegenteil: Funktionale Differenzierung steigert Interdependenzen, da jedes Funktionssystem dann voraussetzen muß, daß andere gesellschaftliche Funktionen durch andere Systeme erfüllt werden, vgl. ders.: ebd., S. 86 f. m Vgl. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 757: „Funktion" als Beobachtung des Gesamtsystems Gesellschaft, „Leistung" als Beobachtung anderer Teilsysteme und „Reflexion" als Beobachtung des eigenen Systems. 192 Vgl. zu sog. Struktursicherungsoperationen auf der Ebene von Organisation, ihren Verfahren und den dort ablaufenden Interaktionen Bora, Alfons: Differenzierung und Inklusion, 1999, S. 96 ff.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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um momenthafte, unregelmäßige Einzelereignisse handelt, bleibt deren kommunikativer Anschluß in den jeweiligen Funktionssystemen höchst unterschiedlich und ungewiß. Will man hingegen von einem „Wandel des Planungsverständnisses" bzw. einem „Kooperationsprinzip im Städtebaurecht" sprechen, muß sich der Blick auf strukturelle Kopplungen richten. Es geht dann darum, ob Politik, Wirtschaft und Recht mit ganz bestimmten „Kooperationsereignissen" - den hier zu untersuchenden vertraglichen Instrumenten des Städtebaurechts - immer wieder rechnen, ihre Strukturen auf die Existenz jener einstellen und damit entsprechende funktionssystemspezifische Leistungserwartungen verbinden.
3. Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts können ungeachtet der gesellschaftsbezogenen Perspektive funktionaler Differenzierung zunächst als Interaktionssysteme (mit den entsprechenden Anschlüssen in den Organisationen Gemeinde bzw. Unternehmen) angesehen werden 193 . Interaktionen sind soziale Systeme, die sich über die Differenz anwesender im Gegensatz zu abwesenden Personen von anderen sozialen Systemen abgrenzen 194. Da sich Interaktionssysteme (ebenso wie Organisationen) damit nicht über eine bestimmte funktionale Codierung von ihrer Umwelt absetzen, sondern „code-offen" operieren, halten sie die Möglichkeit zur strukturellen Kopplung unterschiedlich codierter gesellschaftlicher Funktionssysteme bereit 195 . Auf gesellschaftlicher Ebene lassen sich städtebauliche Verträge deshalb als kommunikative „Mehrsystemereignisse" 196 beobachten. Damit ist gemeint, daß städtebauliche Verträge Anschlußkommunikationen in verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen hervorrufen können, wobei jedes Funktionssystem in Anbetracht von Code und Funktion etwas anderes unter einem städtebaulichen Vertrag „versteht" 197 . Aus der Sicht des Rechts handelt es sich um Rechtsprogramme, an die Regelungen zur Vertragserfüllung, Haftung usw. angeschlossen werden. Für die Politik stellen Verträge ein Mittel zur Erreichung politischer Ziele 193 Vgl. Müller, Thomas R: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 165; Teubner, Gunther: Recht als autopoietisches System, 1989, S. 142. 194 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., 2. Aufl., 1999, S. 812 ff., 815; umfassend Kieserling, André: Kommunikation unter Anwesenden. Studien über Interaktionssysteme, 1999, insbes. S. 24.
195 Vgl. Kieserling, André: ebd., S. 78 Fn. 21. 196
Kommunikationen mit funktionaler „Mehrsystemzugehörigkeit" können als Einheit beobachtet werden, indem die Beobachtung im Moment der Operation unterschiedliche Systeme integriert bzw. desintegriert, vgl. Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft, 2. Aufl., 1991, S. 89. 197 Vgl. Müller, Thomas R: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 145 ff.; Teubner, Gunther: Im blinden Fleck der Systeme: Die Hybridisierung des Vertrages, in: SoSy (3) 1997, S. 313 f.; ähnlich Crone, Hans Caspar von der: Rahmenverträge: Vertragsrecht - Systemtheorie - Ökonomie, 1993, S. 162 ff.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
und den damit verbundenen Chancen des Machterhalts dar. Im Wirtschaftssystem fungieren Verträge schließlich als Tauschgeschäfte zur rekursiven Herstellung von Zahlungsfähigkeit. Verträge sind als Form struktureller Kopplung zwischen gesellschaftlichen Funktionssystemen vor allem Gegenstand der Analyse bilateraler Systembeziehungen. Ausgearbeitet sind strukturelle Kopplungen entwicklungsgeschichtlich bedingt insbesondere im Verhältnis von Wirtschaft und Recht 198. Der Vertrag als Form struktureller Kopplung läßt rechtliche Operationen als Irritationen des Wirtschaftssystems wirksam werden und umgekehrt. So kommt es im Rahmen von wirtschaftlichen Transaktionen - also der Reproduktion von Zahlungen durch Zahlungen - darauf an zu wissen, wer im zeitlichen Verlauf vorher und nachher Eigentümer ist, welche Sache Gegenstand der Transaktion war usw. In diesem Zusammenhang schafft die rechtliche Formalisierung von Tauschprozessen in Form von Verträgen einen Zugewinn an Erwartungssicherheit, auf den sich das Wirtschaftssystem strukturell einstellen kann 199 . Umgekehrt eröffnet sich dem Recht unter dem Dogma der Vertragsfreiheit die weitgehende Möglichkeit, wirtschaftliche Geschäfte als rechtlich relevante Verträge zu qualifizieren und damit Stoff zur Fortsetzung der eigenen Autopoiesis zu generieren 200. Recht kann also mit Verträgen „eine neue reich sprudelnde Rechtsquelle, die in ihrer Kreativität und Dynamik die anderen klassischen Rechtsquellen Gesetz und Richterspruch weit übertrifft' 4, erschließen201. Im Verhältnis von Politik und Recht bestehen bereits über die Verfassung weitgehende Kopplungen 202 . Die Verfassung ermöglicht es, Recht aus der Sicht der Politik bzw. Politik aus der Sicht des Rechts im jeweils funktionsspezifischen Kommunikationszusammenhang zu beobachten203. Politische Entscheidungen auf Gesetzgebungsebene oder in Form administrativer Regelungen „versorgen" zugleich das Rechtssystem mit Normen. Die Politik kann dabei das Recht zur Erreichung politischer Ziele instrumentalisieren, setzt sich aber gleichzeitig (wegen der verfassungsrechtlichen Bindung an das Recht) der rechtlichen Beobachtung ihrer Ent198 Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 452 ff.; siehe auch Hutter, Michael: Die Produktion von Recht, 1989 passim. 199 Vgl. Luhmann, Niklas: ebd., S. 456 u. 459; ähnlich Müller, Thomas P.: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 146. u. 167 ff. 200 Vgl. Luhmann, Niklas: ebd., S. 464. Wenn die Wirtschaft z. B. neue Transaktionsformen („Leasing" o.ä.) einführt, entsteht im Rechtssystem Anpassungsdruck („Irritation"). 201 Vgl. Teubner, Gunther: Steuerung durch plurales Recht. Oder: Wie die Politik den normativen Mehrwert der Geldzirkulation abschöpft, in: Zapf, Wolfgang (Hrsg.): Die Modernisierung moderner Gesellschaften, 1991, S. 528, 540. 202 Vgl. dazu Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 388 ff.; ders.: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 468 ff. 203 Dabei dient der Staat als eine „fiktionale Einheit": „Jede einzelne Kommunikation (des verfaßten Staates) vermag Relevanz in beiden gekoppelten Systemen zu beanspruchen, also zugleich juristisch und politisch bedeutsam zu sein." Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 391.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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Scheidungen unter der Perspektive von Recht und Unrecht (insbesondere durch die Gerichte) aus, die sich ihrerseits (insbesondere im Falle der Rechtswidrigkeit) wiederum auf den politischen Erfolg der Entscheidungen auswirken kann. Bezogen auf den (Verwaltungs-)Vertrag eröffnet sich damit einerseits aus politischer Sicht eine alternative Handlungsform auf Verwaltungsebene, die im Gesetzgebungsverfahren - unter politischen Prämissen - rechtlich ausgestaltet werden kann. Für das Recht ergeben sich andererseits die vielfältigsten Anschlußfragen zur Rechtmäßigkeit derartiger Verträge, wobei es zur Durchsetzung der vertraglichen Vereinbarungen seinerseits wiederum auf die Macht der Politik angewiesen ist 2 0 4 . Im Hinblick auf das Verhältnis von Politik und Wirtschaft dominieren vor allem politisch motivierte Geldtransaktionen in Form staatlicher Einnahmen (Steuern) und Ausgaben den Blick auf strukturelle Kopplungen 205 . Daneben ist das politische System aber auch durch die strukturellen Kopplungen zwischen Wirtschaft und Recht „in erheblichem Maße betroffen", da das Recht (neben der politischen Konditionierung des Geldumsatzes) das wichtigste politische Instrument darstellt 206 . Die strukturelle Kopplung von Recht und Wirtschaft - wie etwa über die Form „Vertrag" - wird so zum „Medium für das Medium politischer Macht". Politik kann also mit Hilfe des Einsatzes von (Verwaltungs-)Verträgen oder durch deren gesetzliche Konditionierung versuchen, Einfluß auf wirtschaftliche Prozesse zu gewinnen 207 . Responsiv eröffnet sich dabei aber auch der Wirtschaft die Möglichkeit, wirtschaftliche Interessen im Wege verwaltungsrechtlicher Verträge an die Politik heranzutragen. Strukturelle Kopplungen in Form von Verträgen beschränken sich also weder auf einen bestimmten numerus clausus, noch auf bilaterale Beziehungen zwischen zwei gesellschaftlichen Funktionssystemen208. Sie entstehen vielmehr immer dann, 204 Vgl. Müller, Thomas P: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 149.; siehe auch Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 466. 205 Vgl. Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, 2000, S. 383 ff., der weiterhin auf wirtschaftspolitische „Orientierungsdaten" (z. B. Arbeitslosenstatistik, Bruttosozialprodukt usw.) als Formen struktureller Kopplung verweist (S. 387 f.); dazu auch Roellecke, Gerd: Kann man Politik kaufen? - Zum Verhältnis von Politik und Wirtschaft in systemtheoretischer Sicht, in: DÖV 2001, S. 772, 775 ff. 2 06 Vgl. dazu Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 467 f.; siehe auch Roellecke, Gerd: Zur Unterscheidung und Kopplung von Recht und Wirtschaft, in: Rechtstheorie 31 (2000), S. 1 ff.; neueste Entwicklungen bei Fisahn, Andreas: Entwicklungstendenzen des Europäischen Planungsrechts, in: UPR 2002, S. 258 ff. 207 Thomas P Müller geht sogar (leider ohne nähere Begründung) von einem durch den Verwaltungsvertrag hergestellten „Direktkontakt" zwischen der Politik und dem Wirtschaftssystem über die Organisation Verwaltung aus, wodurch sich das politische System „Zugriff auf motivationale Strukturen des Wirtschaftssystems (verschaffen)" könne. Damit werde sichergestellt, „daß das politische System im Wirtschaftssystem verstanden wird". (Hervorhebung des Verf.) vgl. ders.: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 167. 208 Vgl. Schemann, Andreas: Strukturelle Kopplung, in: Krawietz, Werner/Welker, Michael (Hrsg.): Kritik der Theorie sozialer Systeme, 1992, S. 215, 223.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
wenn „ein System bestimmte Eigenarten seiner Umwelt dauerhaft voraussetzt und sich strukturell darauf verläßt" 209 . Verträge im allgemeinen und städtebauliche (Verwaltungs-)Verträge im besonderen können deshalb als wechselseitige strukturelle Kopplungen mehrerer Funktionssysteme angesehen werden 210 , wobei für die vorliegende Untersuchung insbesondere die Kopplungen von Politik, Wirtschaft und Recht von Bedeutung sind. Greift man zur Verdeutlichung exemplarisch den Durchführungsvertrag im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans heraus, ergeben sich verschiedene Leistungserwartungen entsprechend der unterschiedlichen Systemperspektiven: Aus der Sicht der Gemeinde soll der Durchführungsvertrag maßgeblich einer Entlastung von Infrastrukturkosten dienen sowie das Risiko der Umsetzung eines aufzustellenden Bebauungsplans verringern 211. Die Gemeinde verfolgt damit ein politisches Ziel, nämlich Investitionen in der Gemeinde zu fördern. Gelingt dies, wird es als politischer Erfolg verbucht. Der Durchführungsvertrag ist somit eingebettet in den politischen Kommunikationskontext der Gemeinde. Wirtschaftliche Gründe determinieren hingegen die Bereitschaft des Investors, sich in einem Durchführungsvertrag zur Planrealisierung und zur Übernahme von Folgekosten zu verpflichten. Aus seiner renditegeleiteten Sicht geht es beim Durchführungsvertrag um einen Tausch, in dem er als Gegenleistung für seine Verpflichtungen Einfluß auf Inhalt und Aufstellungsdauer des Bebauungsplans nehmen kann 212 . Die schnelle und maßgeschneiderte Schaffung von Baurecht mittels des Durchführungsvertrages ist damit aus Sicht des Investors ein rein wirtschaftliches UnterfanKommunikation. Die rechtliche Verangen, mithin ausschließlich wirtschaftliche kerung des Durchführungsvertrages in § 12 BauGB schafft schließlich normative Erwartungssicherheit für das wirtschaftliche und das politische System. Sowohl die am politischen Erfolg orientierte Gemeinde als auch der allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agierende Investor können auf verbindliche Vorgaben zurückgreifen, um ihre Beziehungen zueinander zu regeln. Für das Recht seinerseits 209 Vgl. Luhmann, Niklas: Das Recht der Gesellschaft, 2. Aufl., 1997, S. 440 f. Insoweit dürften beispielweise auch die Baurecht schaffenden kommunalen Plansatzungen als strukturelle Kopplungen von Politik, Recht und Wirtschaft anzusehen sein. 210 Vgl. Müller, Thomas R: Verwaltungsverträge im Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft, 1997, S. 165; Teubner, Gunther: Im blinden Fleck der Systeme: Die Hybridisierung des Vertrages, in: SoSy (3) 1997, S. 313, 314, der von einer „strukturellen Kopplung von Wirtschaftssystem, Produktivsystem und Rechtssystem" spricht, ohne den Begriff des Produktivsystems genau einzugrenzen. 211 Vgl. Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 86 f. 212 Vgl. Hendler, Reinhard: Gemeindliche Ortsplanung (Bauleitplanung) und private Investitionen, in: Bauer, Hartmut/Hendler, Reinhard / Huber, Peter M./Popowska, Bozena/ Rabska, Teresa: Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 245, 248; Nicolai, Helmuth von /Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 88 f.; Rottmann, Frank: Der städtebauliche Vertrag - Instrument zur Umverteilung?, in: Bauer, Hartmut/Breuer, Rüdiger/Degenhart, Christoph/Oldiges, Martin (Hrsg.): 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, 2000, S. 487,494.
§ 2. Forschungskonzeption und theoretischer Rahmen
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bietet die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Investor die Grundlage, eigene Strukturen - hier in Form des in § 12 BauGB geregelten Durchführungsvertrages zu reproduzieren. Der Aufbau der wechselseitigen Leistungserwartungen im beschriebenen Sinne wird dabei von Differenzsicherungsmechanismen der einzelnen Systeme begleitet. So wird sich der Investor im Falle des Durchführungsvertrages nur soweit auf vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde einlassen bzw. diese erfüllen, solange die Grenzen des wirtschaftlich Verträglichen nicht überschritten werden. Dieses Rekurrieren auf den eigenen Systemcode von Zahlungsfähigkeit/-Unfähigkeit begrenzt also die Anschlußfähigkeit vertraglicher Kommunikation im Wirtschaftssystem. Struktursicherung auf Seiten des politischen Systems bedeutet, einem Auswechseln des Referenzcodes auf der Ebene der vertraglichen Interaktion, etwa im Sinne einer „Ökonomisierung" oder einer „Verrechtlichung" entgegenzuwirken. Die politische Kommunikation in Form eines städtebaulichen Vertrages findet ihre Grenzen darin, daß sie in der Öffentlichkeit noch als eine solche des politischen Systems wahrgenommen werden kann. Das Recht seinerseits gewährleistet durch die rechtsförmliche Ausgestaltung des Vertrages die ausschließliche Anschlußfähigkeit im eigenem System. So kann insbesondere im Falle des Konflikts der Vertragspartner ausschließlich auf den Rechtscode zurückgegriffen werden. 4. Zusammenfassung und Eingrenzung der Forschungsfragen Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts lassen sich im Ergebnis der vorangegangenen Überlegungen als Interaktionen auffassen, die Personen oder Organisationen - einerseits der Gemeinde, andererseits dem investierenden Wirtschaftsunternehmen oder einem Einzelinvestor - zugerechnet werden. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung soll ausschließlich die Einbindung dieser vertraglichen Interaktionen in die Organisation Gemeinde stehen. Die Gemeinde kann als Organisation vertragliche Instrumente des Städtebaurechts (allgemeiner: das Thema Bauleitplanung) zwar grundsätzlich nicht nur als politische, sondern auch als wirtschaftliche oder rechtliche Frage behandeln. Im Vordergrund gemeindlicher Kommunikation steht jedoch infolge der sich insbesondere über Organisationen vollziehenden Ausdifferenzierung von Gesellschaft politische Kommunikation, genauer: politisches Entscheiden. Vertragliche Instrumente des Städtebaurechts werden deshalb im Rahmen der vorliegenden Untersuchung allein im Systemzusammenhang der Politik - als Kommunikationen des politischen Systems - beobachtet. Dabei widmet sich die vorliegende Arbeit zwei Fragen: einerseits unter dem Stichwort der „Anwendungspraxis" den Veränderungen kommunaler Entscheidungsstrukturen und andererseits den „Funktionen" vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts als Leistungserwartungen an besagte Instrumente. Im Rahmen der zweiten Frage beschränken wir uns ebenfalls auf politische Leitungserwartungen, beobachten also, inwieweit der Einsatz vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts im politischen System als Leistung von Wirtschaft und Recht kommuniziert wird.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen Aufbauend auf dem dargestellten (system)theoretischen Vorverständnis soll mitbeobachtungsleitender Unterscheidungen die weitere tels einer Spezifikation Strukturierung der empirisch zu untersuchenden Forschungsaspekte erfolgen. Dabei wird von den beiden Fragestellungen nach der Anwendungspraxis vertraglicher Instrumente einerseits und den politischen Leistungserwartungen an jene Instrumente andererseits ausgegangen, die zum Zwecke ihrer empirischen Beobachtbarkeit weiter zu differenzieren sind. Im Bereich der traditionellen (quantitativen) Sozialforschung wird dieser Prozeß als Operationalisierung 213 bezeichnet. Dabei geht es um die Verbindung der Theorie- mit der Beobachtungsebene durch eine Zuordnung beobachtbarer Indikatoren zu theoretischen Begriffen. Dieser Vorgehensweise liegt allerdings ein distanziertes Verständnis von Theorie und „realitätsnäherer" Empirie zugrunde, das im Rahmen einer systemtheoretisch informierten Sozialforschung aufgegeben wurde. Vor dem Hintergrund einer bereits auf (empirische) Beobachtung angelegten (System-)Theorie stellt sich der Konzeptspezifikation deshalb in erster Linie die Aufgabe, die einzelnen beobachtungsleitenden Unterscheidungen im Zusammenhang mit den beiden Forschungsfragen konkreter zu bezeichnen.
I. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur Die empirische Untersuchung der Anwendungspraxis vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts dient nach der vorliegend gewählten Theoriekonzeption der Beantwortung der Frage, inwieweit sich die Politik auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung - der Organisation Gemeinde - strukturell auf bestimmte kommunikative Ereignisse - die zu untersuchenden vertraglichen Instrumente - eingestellt hat. Es geht mit anderen Worten um Veränderungen der kommunalen Entscheidungsstruktur. Wird der Rückgriff auf vertragliche Instrumente explizit zur Handlungsmaxime bei Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung erklärt? Inwieweit haben sich die Gemeinden auf den Einsatz vertraglicher im Verhältnis zu herkömmlichen Planungsinstrumenten eingestellt? Wie verändern sich Personalstellen im Zuge neuer Aufgaben in den Gemeinden? Und schließlich: Welche strukturellen Probleme stellen sich einer politischen Bauleitplanung, die sich - vermittelt über vertragliche Instrumente - nicht nur an rechtlichen Verfahrensvorschriften, sondern auch an der wirtschaftlichen Nachfrage orientieren will? 213 Vgl. Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Aufl., 1999, S. 10 u. 123 ff.; ähnlich Friedrichs, Jürgen: Methoden empirischer Sozialforschung, 14. Aufl., 1990, S. 73 ff.; Atterslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 51 ff.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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1. Strategieentscheidungen: Planerische Entscheidungsprämissen Gemeinden können „Strategieentscheidungen" über den Einsatz vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts im Hinblick auf die künftige Bauleitplanung treffen 2 1 4 . Dabei handelt es sich um Entscheidungen über Entscheidungsprämissen 215 für eine noch unbestimmte Vielzahl künftiger (Planungs-)Entscheidungen. Die Eigenart von Strategieentscheidungen besteht mit anderen Worten darin, daß sie künftige Entscheidungen nicht festlegen, aber die Kommunikation auf die in den Prämissen festgelegten Unterscheidungen fokussieren. Vorliegend ginge es im jeweiligen Planverfahren um eine Prüfung, ob und in welchem Umfang bestimmte vertragliche Instrumente des Städtebaurechts angewendet werden sollen oder nicht. Die hier angesprochenen Strategieentscheidungen rekurrieren dabei maßgeblich auf die verschiedenen Perspektiven funktionaler Differenzierung. Aus selbstreferentieller Perspektive der das Planverfahren dominierenden politischen Kommunikation geht es um Entscheidungsprogramme über die Bedingungen einer sachlich richtigen - im Sinne einer politisch erfolgreichen - Planentscheidung. In fremdreferentieller Perspektive steht eine Fokussierung künftiger Bauleitplan verfahren auf mögliche Leistungen von Recht und Wirtschaft im Wege vertraglicher Vereinbarungen im Vordergrund. Dabei soll das Städtebaurecht formalisierte Instrumente in Form von Verträgen bereitstellen, über die ein wirtschaftlich anschlußfähiger „Tausch" von Vorteilen der Planentscheidung (Schaffung von Baurecht) gegen die dabei entstehenden politischen Aufwendungen (z. B. Planungs-, Erschließungs- und soziale Infrastrukturkosten) realisiert werden kann. Mithin betrifft die empirische Ausgangsfrage nach den umrissenen Strategieentscheidungen die „Planung" von Bauleitplanung216, und zwar im Hinblick auf die Relevanz der nachfolgend einzeln zu untersuchenden vertraglichen Instrumente.
214 Wegweisend beispielsweise der Beschluß des Münchener Stadtrats v. 23. 3. 1994 „Sozialgerechte Bodennutzung", fortgeschrieben in den Beschlüssen v. 26. 7. 1995 u. 10. 12. 1997; dazu Landeshauptstadt München: Die Sozialgerechte Bodennutzung. Der Münchner Weg, 2. Aufl., 2000; städtebauliche Verträge als Element einer konzeptionellen „strategischen Steuerung" behandelt auch Spannowsky, Willy: Vertragliche Regelungen als Instrumente zur Sicherung der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, in: DÖV 2000, S. 569, 573 ff.; vom „allgemeinen Teil" der instrumenteilen Überlegungen einer Gemeinde spricht Runkel, Peter: Wohnbaulandmobilisierung als Element der Flächenhaushaltspolitik, in: ZUR Sonderheft 2002, S. 138, 144. 215 Vgl. dazu Luhmann, Niklas: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 222 ff. Luhmann unterscheidet insoweit zwischen Entscheidungsprogrammen, Vorschriften über Kommunikationswege („formale Organisation") und einer Regulierung des Personaleinsatzes in selbstreferentieller Perspektive der Organisation und kognitiven Routinen in fremdreferentieller Perspektive, vgl. ders.: ebd., S. 225 u. 249 f., speziell zu Entscheidungsprogrammen S. 256 ff. 216 „Planen ist Festlegung von Entscheidungsprämissen für künftige Entscheidungen, oder kürzer formuliert: Planen heißt über Entscheidungen entscheiden.", so bereits Luhmann, Niklas: Politische Planung, in: Politische Planung. Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung, 4. Aufl., 1994, S. 67.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
2. Vorhaben- und Erschließungspläne Im Hinblick auf den „Vorhaben- und Erschließungsplan" 217 lassen sich Veränderungen der kommunalen Entscheidungsstruktur dadurch sichtbar machen, daß ihr Einsatz im Verhältnis zu den herkömmlichen, funktional äquivalenten Instrumenten der verbindlichen Bauleitplanung beobachtet wird. Dabei erscheint es sinnvoll, die gesetzliche Ausgestaltung des Vorhaben- und Erschließungsplans als eine „Paketlösung" aus städtebaulicher Satzung und Vertrag auch im Rahmen der empirischen Erfassung beizubehalten und die entsprechenden Durchführungsverträge (auch in Form mehrere Teilverträge über die Planung, Erschließung und Durchführung des Vorhabens) bereits im Zusammenhang mit der Satzung zu berücksichtigen. Auf der Ebene der Satzung besteht die Alternative zu einem Vorhaben- und Erschließungsplan in einem regulären Bebauungsplan gemäß § 1 Abs. 2 BauGB. Einen Anknüpfungspunkt für die vergleichende empirische Erfassung dieser Satzungen bietet der Zeitpunkt ihres Inkrafttretens 218. Gleichwohl kommt der Erfassung rechtskräftiger Satzungen nur eine beschränkte Aussagekraft zu, da jene, nicht bis zur Rechtskraft geführten Verfahren unberücksichtigt bleiben. Als zweiter Gesichtspunkt einer empirischen Erfassung wird deshalb auf den Abschluß von Durchführungsverträgen zu Vorhaben- und Erschließungsplänen zurückgegriffen. Die Zahl abgeschlossener Durchführungsverträge stellt damit einerseits eine relativierende Größe im Vergleich zu der Anzahl rechtskräftiger Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan dar und beschreibt andererseits die Grundmenge an Durchführungsverträgen, an die bei der Untersuchung von Leistungen vertraglicher Instrumente angeknüpft werden kann. Die Kombination des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans aus Satzungsverfahren und Durchführungsvertrag bietet schließlich drittens die empirische Möglichkeit, Aussagen über das Scheitern vertraglicher Instrumente zu treffen 2 1 9 . Damit ist der Fall gemeint, daß ein begonnenes Planaufstellungsverfahren nicht bis zum Abschluß eines Durchführungsvertrages fortgesetzt wird. In theoretischer Analyse geht es also darum, daß eine auf den Abschluß eines Durchführungsvertrages angelegte Interaktion zwischen Gemeinde und Investor zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen Anschluß mehr findet. Solche KommunikationsStops können auf die Differenzsicherung unterschiedlicher beteiligter Funktionssy-
217 Der Begriff des Vorhaben- und Erschließungsplans wird dabei mit der gesetzlich intendierten - umfassenden - Bedeutung sowohl für die Satzungen nach § 55 BauZVO bzw. § 7 BauGBMaßnG als auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne gemäß § 12 BauGB gebraucht, vgl. zur Beibehaltung der Paragraphenbezeichnung „Vorhaben- und Erschließungsplan" in § 12 BauGB, BT-Drs. 13/6392, S. 51. 218 Inkrafttreten mit ortsüblicher Bekanntmachung, vgl. für Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan § 55 Abs. 3 S. 4 BauZVO; § 7 Abs. 3 S. 7 BauGBMaßnG; für reguläre und (nunmehr) vorhabenbezogene Bebauungspläne § 10 Abs. 3 S. 1 u. 4 BauGB. 219 Zum Aspekt des Scheiterns vgl. Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge: ein Handbuch, 2. Aufl., 1999, S. 253 f.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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steme zurückgeführt werden. Wirtschaftliche, also auf Reproduktion von Zahlungsfähigkeit angelegte Kommunikation auf Seiten des Investors wird nicht an eine un-wirtschaftliche Vertragskommunikation anschließen, genauso wie politische Kommunikation auf Seiten der Gemeinde abbricht, wenn ein Vertragsangebot politische Nachteile suggeriert. Im Falle anderer städtebaulicher Verträge außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans werden solche gescheiterten Verhandlungen regelmäßig nicht dokumentiert, so daß sich dort keine Anknüpfungspunkte für eine empirische Beobachtung bieten. Beim Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans ist hingegen mit dem Einleitungsbeschluß zum Satzungsverfahren ein Ereignis empirisch feststellbar, das einen Rückschluß auf laufende oder jedenfalls angestrebte Vertragsverhandlungen zuläßt. Inwieweit diese zum Erfolg geführt haben, sich also in Politik, Wirtschaft und Recht als anschlußfähig erwiesen haben, kann dann anhand des Abschlusses des Durchführungsvertrages festgestellt werden.
3. Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge) Unter dem Topos „Städtebauliche Verträge" sollen - insoweit enger als die im Titel der Arbeit verwandte Sammelbezeichnung - städtebauliche Vertragsgestaltungen empirisch erfaßt werden, die nicht in Zusammenhang mit Vorhaben- und Erschließungsplänen stehen. Überlegungen für eine strukturierte Erfassung dieser Verträge unterschiedlichen Inhalts können der Regelungssystematik des Gesetztes und den Erfahrungen aus Praxisberichten und anderen empirischen Untersuchungen entlehnt werden. Gesetzessystematisch findet sich - nunmehr 220 - in § 11 BauGB die zentrale Auffangregelung städtebaulicher Verträge, deren Typologie in Abs. 1 S. 2 einen empirischen Orientierungsrahmen bieten könnte. Diese unterscheidet zwischen sog. Bauplanungs- und Baureifmachungsverträgen (Nr. 1), sog. Baurealisierungsverträgen (Nr. 2) und sog. Folgelasten Verträgen (Nr. 3) 2 2 1 . Daneben wurden mit § 4 b BauGB Verträge zur Übertragung der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 - 4 a BauGB besonders hervorgehoben. Diese betreffen allerdings die gemeindliche Beauftragung unabhängiger Projektmittler und sind insoweit nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung 222. Im gesonderten Regelungszusammenhang der §§ 124 ff. BauGB steht schließlich traditio220 Vgl. auch die ähnlich aufgebauten Vorgängerregelungen des § 54 BauZVO bzw. des § 6 BauGBMaßnG. 221 In der Terminologie von Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 117 Rn. 284 ff.; insbes. der Begriff „Bauplanungsvertrag" wurde im Zuge der rechtsdogmatischen Konkretisierung städtebaulicher Verträge unterschiedlich verwandt, vgl. dazu den Überblick bei Wolters, Christoph: Der Bauplanungsvertrag, 1997, S. 9 f. 222 Vgl. die rechtsdogmatische Einordnung von Verträgen nach § 4 b BauGB auf S. 50 f.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
nell der Erschließungsvertrag, der systematisch der Kategorie der Baureifmachungsvertrage zugerechnet werden kann 223 . Zurückliegende Untersuchungen und Erfahrungsberichte zum Einsatz städtebaulicher Verträge weisen auf eine häufige Kombination dieser gesetzlich unterschiedenen Vertragstypen in der kommunalen Praxis hin 2 2 4 . Gleichzeitig ergeben sich aus der Abfolge der Einzelmaßnahmen des Planungsprozesses aber auch bestimmte zeitliche Notwendigkeiten für den Abschluß von Verträgen. So erfordern Vereinbarungen über die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen oder hierauf bezogene Kosten einerseits eine frühzeitige und deshalb häufig separate Regelung. Andererseits kann zu diesem Zeitpunkt der Umfang naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen oder sozialer Infrastrukturfolgemaßnahmen noch nicht immer zuverlässig abgeschätzt werden. Schließlich spielen Erschließungsvereinbarungen neben der Einbettung in umfassende städtebauliche Verträge traditionell als selbständige Verträge eine wichtige Rolle. Wegen der häufigen Kombination verschiedener Vertragstypen in der Planungspraxis auf der einen Seite und der zeitlichen Notwendigkeit spezieller einzelvertraglicher Vereinbarungen auf der anderen Seite erscheint es deshalb nicht adäquat, zur empirischen Erfassung städtebaulicher Verträge in der kommunalen Praxis der Differenzierung im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB zu folgen 225 . Unter Orientierung an den Notwendigkeiten des Planungsprozesses wird vielmehr mit einer Unterscheidung von vier Vertragstypen gearbeitet: 1. Bauplanungsbzw. Planungskostenverträge, 2. umfassende städtebauliche Verträge, 3. Erschließungsverträge und 4. sonstige Verträge. • Als Bauplanungs- und Planungskostenverträge werden dabei alle Verträge über die Erarbeitung von Plankonzeptionen bis zu verfahrensfähigen Rechtsplänen, die Vornahme der dazu notwendigen parallelen Untersuchungen sowie die Vorbereitung oder Durchführung von Verfahrensschritten bzw. eine Übernahme der entsprechenden Kosten durch den planbegünstigten Vertragspartner angesehen 2 2 6 • Unter der Kategorie umfassender städtebaulicher Verträge werden jegliche Vereinbarungen über die Baureifmachung (einschließlich von Vertragsbestandteilen 223 Vgl. Birk, Hans-Jörg: ebd., S. 118 Rn. 288. 224 Vgl. dazu und zum folgenden die Hinweise bei Bartholomäi, Eberhard: Städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB in der Praxis. Zusammenfassung des Vortrags im 396. Kurs des Instituts für Städtebau in Berlin „Städtebau und Recht" vom 4.-8. 10. 1999, S. 13; Bunzel, Arno / Coulmas, Diana/Metscher, Walter /Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 1995, S. 21 u. 30; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 48 f. 225 Ahnlich zu der nur unzulänglichen Systematisierbarkeit vertraglicher Erscheinungsformen Schlette, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 268. 226 Nicht zu verwechseln mit den zeitweise sehr intensiv diskutierten „Bauplanungsabreden", die rechtlich unzulässige Vorwegbindungen der gemeindlichen Planungshoheit mit sich bringen. Siehe dazu nur Schlette, Volker: ebd., S. 269.
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über die Erschießung), die Baurealisierung 227 oder die Übernahme der Errichtung oder Kostentragung von Folgemaßnahmen erfaßt. Soweit in solchen umfassenden städtebaulichen Verträgen Regelungen über Planungsleistungen oder -kosten getroffen wurden, werden diese in der Kategorie der Bauplanungs- und Planungskostenverträge berücksichtigt. betrifft vertragliche Vereinbarun• Die dritte Gruppe der Erschließungsverträge gen zur Übernahme der Erschließung durch einen Dritten im Sinne des § 124 Abs. 1 BauGB bzw. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauZVO. Soweit Kostenübernahmeverträge für kommunale Erschließungsleistungen angetroffen werden, erfolgt die Erfassung ebenfalls in der Gruppe der Erschließungsverträge. • Mit dem Topos der sonstigen Verträge werden schließlich weitere, im Zusammenhang mit den erstgenannten Kategorien beobachtbare Verträge (z. B. Vorfinanzierungsverträge) berücksichtigt, ohne dabei eine weitergehende Differenzierung zu verfolgen oder Anspruch auf Vollständigkeit der empirischen Beobachtung zu erheben.
4. Zuständigkeiten für neue Aufgaben: Entscheidungen über Stellen Veränderungen der kommunalen Entscheidungsstruktur können sich ebenfalls in der (Neu-)Bestimmung von Zuständigkeiten für den Abschluß und die Betreuung vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts in der Gemeinde wiederspiegeln. Es geht mit anderen Worten um die organisatorische Ausdifferenzierung von Stellen für spezielle, mit den Novellierungen im Städtebaurecht entstandene Aufgaben. Diese Regulierung des Personaleinsatzes in Form von Stellen betrifft Entscheidungen, die ebenfalls als Entscheidungsprämissen für künftige Bauleitplanverfahren anzusehen sind 228 . Die Besonderheit von Stellen(-Entscheidungen) besteht dabei darin, daß sie nicht dauerhaft mit einer bestimmten Aufgabe oder bestimmten Inhalten verknüpft sind. Stellen lassen sich insoweit als „bewegliche Redundanzen" einer Organisation charakterisieren, in die andere Entscheidungsprämissen verschiedener Typik ein- oder ausgebaut werden können 229 . Vorliegend gilt die Aufmerksamkeit damit solchen Stellen, denen die Behandlung der hier untersuchten vertraglichen Instrumente neu zugewiesen wurde und die insoweit organisatorische Konsistenz im Verhältnis zu anderen Entscheidungsprämissen, insbesondere „Strategieentscheidungen" über den Einsatz vertraglicher Instrumente, herstellen 230. 227
Separate - naturschutzrechtliche - Verträge, die ausschließlich den Ausgleich naturschutzrechtlicher Eingriffe regeln, werden nicht berücksichtigt. 22 « Vgl. dazu Luhmann, Niklas: Organisation und Entscheidung, 2000, S. 225 u. 231 ff. 229 Vgl. ders.: ebd., S. 234. 230
Zum Sinn von Stellen, Konsistenz der Entscheidungsprämissen in einer Organisation (im Sinne von Kontingenzregulierung) herzustellen, vgl. ders.: ebd., S. 232 f. u. 236. 6 Tietze
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1. Teil: Untersuchungsansatz
5. Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung: Selbst- und Fremdreferenz politischer Bauleitplanung Politische Bauleitplanung, so wurde bisher rekonstruiert, kann auf der Ebene der Gemeinde mittels vertraglicher Instrumente auf Leistungen von Recht und Wirtschaft zurückgreifen. Die vertraglichen Instrumente fungieren dabei als strukturelle Kopplungen zwischen den Funktionssystemen Politik, Recht und Wirtschaft. Doch wie weit reichen diese vertraglichen Kopplungen in den Planverfahren? Mit anderen Worten: Wo kommen im Zuge einer, mittels vertraglicher Kopplungen insgesamt „bedarfs- und nachfrageorientierten" 231 Bauleitplanung funktionale Differenzen und entsprechende Differenzsicherungen der einzelnen Funktionssysteme wieder zum Vorschein? In den Stellungnahmen insbesondere zum Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans deuten sich entsprechende Differenzen bislang nur vage an. So kann nach einer Einschätzung der Expertenkommission zur Novellierung des BauGB „die Vollzugsorientierung ... zudem zu zusätzlichen abwägungsrelevanten bzw. verwaltungsaufwendigen Problemen führen" 232 . Auch die wissenschaftlichen Stellungnahmen fallen unterschiedlich aus: Von einigen wird der Kombination von Vertrag und Planung eine besondere Eignung „zur vorhabenbezogenen Bewältigung komplexer städtebaulicher Entwicklungsaufgaben" 233 beigemessen, während andere darauf hinweisen, daß „(der Vorhaben- und Erschließungsplan) insbesondere bei größeren und umfangreichen Vorhaben ... schnell an seine Grenzen (stößt)" 234 . Es geht hier also um ein mögliches Spannungsverhältnis zwischen stadtplanerischen Entwicklungsaufgaben, dem rechtlich programmierten Planaufstellungsverfahren und (regelmäßig) 235 wirtschaftlich determinierten Bedarfsveränderungen, die durch dieses Verfahren verarbeitet werden müssen236. Die „früh231 Zur „Nachfrageorientierung" als „Grundgedanke der kooperativen Planungsformen" vgl. Grigoleit, Klaus Joachim: Normative Steuerung kooperativer Planung, in: DV 2000, S. 79, 92; siehe dazu auch Bundesamt ßr Bauwesen und Raumordnung: Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland, Berichte Bd. 5, 2000, S. 21. 232 Vgl. - ohne nähere Erläuterungen - Bundesministerium ßr Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, Rn. 154. 233 Vgl. Spannowsky, Willy: Städtebauliche Verträge als Instrumente zur Bewältigung komplexer städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedernutzung von Brachflächen, in: UPR 1996, 201, 203 u. 208 ff.; ähnlich zu „entscheidenden Vorzügen bei der Bewältigung komplexer Lagen" durch vertragliche Instrumente des Städtebaurechts Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 800. 234 Vgl. Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996,491, 503. 235 Bauherren, die Bauleitplanung nachfragen (also „Bedarf erzeugen), sind in den meisten Fällen mit Gewinnerzielungsabsicht (also wirtschaftlich) tätig, müssen dies aber nicht (ausschließlich) sein, denkt man an die Bauherren von Universitäten, Schulen, Kirchen etc. (hier dominieren möglicherweise andere funktionale Codes).
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zeitige Vernetzung der planerischen Entscheidung und deren Umsetzung" 237 durch vertragliche Instrumente bedeutet vor diesem Hintergrund, daß sich die planende Gemeinde neben politischen Zielen (Selbstreferenz) gleichzeitig an rechtlichen und wirtschaftlichen Programmstrukturen zu orientieren hat, also auf zwei unterschiedliche Fremdreferenzen zurückgreift. Das erfordert - über die vertraglichen Instrumente hinaus - eine hohe strukturelle Kompatibilität zwischen den Programmen des Rechts- und des Wirtschaftssystems, von der unter zeitlichen, sachlichen und personalen Gesichtspunkten nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. So ist das Verfahren zur Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans in zeitlicher Hinsicht geprägt durch eine formalisierte Entscheidungsstruktur, die sich verkürzt durch die Abfolge von Aufstellungsbeschluß, frühzeitiger Bürgerbeteiligung, Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, öffentlicher Auslegung, Satzungsbeschluß und Bekanntmachung mit entsprechend einzuhaltenden Fristen kennzeichnen läßt 238 . Demgegenüber sind Bedarfsveränderungen das Ergebnis von Marktmechanismen, also (Preis-)Programmen der Wirtschaft, die einem außerordentlichen Tempo unterliegen 239. Die Frage ist damit, inwieweit sich die rechtlich programmierten Verfahren ebenso wie die Vertragsgestaltungen als hinreichend flexible Instrumente zur Reaktion auf eine variable wirtschaftliche Bedarfssituationen erweisen 240. Als weitere Schwierigkeit einer Nachfrageorientierung im Planaufstellungsverfahren dürfte in sachlicher Hinsicht die rechtliche Struktur der Abwägung anzusehen sein, die sich an einem breiten Anforderungskatalog gemäß § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB zu orientieren hat. Dieser Anforderungskatalog erfordert immer die Berücksichtigung aller relevanten öffentlichen und privaten Belange, steht also rechtlich jedweder besonderen politi236
Aufschlußreich zu den sich stellenden Problemen auch Bunzel, Arno/Sander, Robert: Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung - ein (Zwischen-)Fazit, in: dies. (Hrsg.): Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 141, 144 ff. 237 Vgl. Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 800. 23 » Vgl. §§ 2 ff. BauGB. 239 Vgl. Turiaux, André : Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391, 392, der von „rasanten Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds" spricht. Siehe auch Zimmermann, Dirk: Öffentlich-private Kooperationsstrategien zur Umsetzung städtebaulicher Großvorhaben - aus der Sicht einer Kommune, in: Bunzel, Arno/Sander, Robert (Hrsg.): Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 87, 93. 240 Das Satzungsverfahren bietet lediglich die Möglichkeiten der geringen „Festsetzungsdichte" (§ 30 Abs. 1 u. 3 BauGB), (vereinfachter) Änderungsverfahren (§13 BauGB) sowie Ausnahmen und Befreiungen ( § 3 1 BauGB). Auch städtebauliche Verträge - als zeitlichpunktuelle Interaktionen der Vertragspartner - können nur eingeschränkt der Dynamik des Wirtschafts-, aber auch des politischen Systems Rechnung tragen. Vgl. zur Problematik des Durchführungsvertrages Turiaux, André: Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391, 993 f.; siehe auch Lorenz, Dieter: Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, in: DVB1. 1997, S. 865 ff. 6*
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sehen Orientierung - wie z. B. an der wirtschaftlichen Nachfrage - entgegen 2 4 1 . Schließlich sind auch Diskrepanzen in personaler Hinsicht nicht zu verkennen. Das betrifft die Frage, welche beteiligten Personen in welcher Rolle die hier relevanten Rechts- bzw. Wirtschaftsprogramme vorsehen 2 4 2 . Die rechtlichen Programmvorgaben zum Planaufstellungsverfahren sehen Unterrichtungen, Stellungnahmen und Genehmigungen von Bürgern, Trägern öffentlicher Belange und Genehmigungsbehörden unter rechtsstaatlichen und demokratischen Gesichtspunkten vor. Ewas ganz anderes bringt jedoch die Orientierung am wirtschaftlichen Bedarf mit sich. Der Bedarf an Bauvorhaben ist abhängig von einem (zunächst) unbestimmten Kreis von Nachfragern, es sei denn, der Investor w i l l die Gebäude ausschließlich selbst nutzten. Nachfrageorientierte Planung würde dann bedeuten, die konkrete Nachfrage dieses Personenkreises in das Planungsverfahren einzubeziehen, was die dort relevanten Rechtsprogramme - auch städtebauliche Verträge 2 4 3 jedoch nicht hinreichend vorsehen. Gegenstand der empirischen Untersuchung ist mithin, wie dieses Spannungsverhältnis unterschiedlicher Fremdreferenzen i m Rahmen politischer Bauleitplanung in der Gemeinde beobachtet wird.
241
Eingehend zum SpannungsVerhältnis von politischer Planungs- und Entscheidungsaufgabe und normativer Steuerung Di Fabio, Udo: Die Struktur von Planungsnormen, in: Erbguth, Wilfried/Oebbecke, Janbernd/Rengeling, Hans-Werner/Schulte, Martin (Hrsg.): Planung, FS für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, 2000, S. 75 ff.; Diese Problematik findet man in der rechtsdogmatischen Diskussion (dort als Selbstreferenz des Rechtssystems) zu im Grundsatz untersagten - Vorabbindungen der Abwägungsentscheidung der Gemeinde durch städtebauliche Verträge wieder, vgl. Battis, Ulrich: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan, in: Bauer, Hartmut/Breuer, Rüdiger/Degenhart, Christoph / Oldiges, Martin (Hrsg.): 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, 2000, S. 507, 513 ff.; Grigoleit, Klaus Joachim: Normative Steuerung kooperativer Planung, in: DV 2000, S. 79, 89 ff. sowie Birk, Hans-Jörg, NVwZ 1995, 625, 629 f. (normativer Fall einer „zulässigen, teilweisen Vorbindung"); Spannowsky, Willy, UPR 1996, 201, 208 f. („Modifikation" des Verbots der Vorwegbindung); Franckenstein, Georg Freiherr von und zu, UPR 2000, S. 288, 291 f. („materielle Teilaufgabenprivatisierung"). Umgekehrt - bei einer starken Verhandlungsposition der Gemeinde konzentriert sich die Diskussion vor dem Hintergrund von Kopplungsverbot und Angemessenheit auf das Verbot eines „Verkaufs von Hoheitsrechten", vgl. nur Grziwotz, Herbert: Städtebauliche Verträge als Weg zu einer sozialgerechten Bodennutzung?, in: DVB1. 1994, S. 1048, 1050 ff.; Loomann, Gudula: „Ausverkauf von Hoheitsrechten" in Verträgen zwischen Bauherren und Gebietskörperschaften, in: NJW 1996, S. 1439 ff.; Lorz, Alexander: Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, in: DÖV 2002, S. 177, 180 f. 242
Siehe andeutungsweise Spannowsky, Willy, UPR 1996, 201, insbes. 206 f. Städtebauliche Verträge zwischen Gemeinde und Investor werden in aller Regel (nur) zweiseitig geschlossen, da mit einer Zunahme potentieller Vertragspartner die Komplexität des Vertragsgegenstandes und damit die Chancen des Vertragsabschlusses sinken würden. Will der Investor weiterverkaufen oder -vermieten, muß die Nachfrage der „Endverbraucher" anderweitig im Planverfahren verarbeitet werden. 243
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II. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente Eine Spezifizierung politischer Leistungserwartungen kann ihren Ausgangspunkt in der Beobachtung von Erwartungen nehmen, die auf Gesetzgebungsebene im Hinblick auf vertragliche Instrumente des Städtebaurechts formuliert wurden. Das erlaubt den Rückgriff auf Materialien der am Novellierungsprozeß des Städtebaurechts beteiligten Verfassungsorgane sowie auf Darstellungen aus den Reihen der Ministerialbürokratie 244, die jeweils als Kommunikationen im Vollzug politischer Autopoiesis angesehen werden können 245 . Im Anschluß daran sollen diese Erwartungen unter Berücksichtigung - ihrerseits politische Stellungnahmen beobachtender - wissenschaftlicher Beiträge strukturiert und in einzelne beobachtungsleitende Unterscheidungen überführt werden.
1. Gesetzgeberische Erwartungen an vertragliche Instrumente des Städtebaurechts a) Vorhaben- und Erschließungsplan Den Ausgangspunkt für die Schaffung des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans bildete die Einführung des Städtebaurechts in der DDR im Jahr 1990. Die städtebauliche Situation war zu diesem Zeitpunkt durch die Notwendigkeit der Schaffung bislang weitgehend fehlender städtebaulicher Planungen zur planungsrechtlichen Absicherung der mit der Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion bevorstehenden Investitionen gekennzeichnet. Gleichzeitig prägte eine geringe Verwaltungs- und Finanzkraft die Gemeinden in der DDR 2 4 6 . Mittels des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans sollten diese gemeindlichen Defizite in mehrfacher Hinsicht ausgeglichen werden 247 : zum einen sollten die Gemeinden durch die Übertragung von Planungsleistungen auf Private in Anbetracht ihrer geringen Verwaltungskraft in die Lage versetzt werden, kurzfristig städtebauliche Planungen zu entwickeln; zum anderen erschien es notwendig, die Gemeinden insbesondere im Rahmen großer Investitionsvorhaben finanziell zu 244 Vgl. zum „faktischen Gesetzeserarbeitungsmonopol der Ministerialbürokratien" statt vieler Schulze-Fielitz, Helmuth: Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 285. 245 Vgl. zu dieser Herangehensweise Nassehi, Armin: Gesellschaftstheorie und empirische Forschung, in: SoSy 4 (1998), S. 199, 205. 24 6 Vgl. dazu den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU /CSU und F.D.P. zum Vertrag vom 18. 5. 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, BT-Drs. 11/7171, Gemeinsames Protokoll über Leitsätze, B III, S. 66 u. Denkschrift zum Staatsvertrag, zu B III, S. 116. 247 Vgl. dazu Krautzberger, Michael , in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: Baugesetzbuch, 65. Lfg., Stand November 2000, § 12 Rn. 4.
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entlasten; als drittes Ziel wurde schließlich die rechtliche Absicherung einer zügigen Durchführung der Bauvorhaben angestrebt. Durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz fand das zunächst räumlich auf das Gebiet der neuen Bundesländer und sachlich auf dringliche investive Vorhaben beschränkte Instrument zum 1. 5. 1993 unter Wegfall jener Einschränkungen in § 7 BauGBMaßnG Eingang. Dabei stand das gesetzgeberische Anliegen der „Erleichterung und Beschleunigung von Investitionen" und einer verbesserten „bedarfsgerechten Ausweisung und Mobilisierung von Wohnbauland" im Vordergrund 248. Eine „Stärkung vertraglicher Regelungen" sollte Verknappungstendenzen entgegenwirken, die insbesondere dann auftreten, „wenn die Gemeinden nicht ausreichend Bauland ausweisen und erschließen und die Eigentümer ausgewiesenes und erschlossenes Bauland über einen längeren Zeitraum keiner Bebauung zuführen" 249 . Dem trägt die „auf Realisierung angelegte" Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan insbesondere durch die Kombination mit dem Durchführungsvertrag Rechnung, „indem sich der Vorhabenträger gegenüber der Gemeinde verpflichtet, das Vorhaben und die Erschließungsanlagen entsprechend dem Vorhaben- und Erschließungsplan innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen und die Kosten der Planung und der Erschließungsanlagen ganz oder teilweise zu tragen" 250 . Gleichzeitig sollten die Verfahrensdauer durch Anwendung der verfahrensverkürzenden Vorschriften des § 2 BauGBMaßnG gestrafft sowie Befreiungs- und Vorabgenehmigungsmöglichkeiten durch Anwendbarkeit der §§ 31 u. 33 BauGB geschaffen werden 2 5 1 . Zum 1. 1. 1998 wurde die befristete Regelung des § 7 BauGBMaßnG in § 12 BauGB überführt und damit die als bewährt angesehene Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und privaten Investoren im Bereich des Städtebaus fortgeführt 252 . Es sei gelungen, „zügig und zum Vorteil beider Vertragspartner Bauland auszuweisen" und „im Gegensatz zur Angebotsbebauungsplanung auf den Einzelfall zurechtgeschnittene planerische Lösungen auch in Abweichung von der Baunutzungsverordnung" zu finden 253 . Der Hauptvorteil des Vorhaben- und Erschließungsplans liegt nach der auf den Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des BauGB 248
Vgl. die gleichlautenden Begründungen der Fraktionen CDU/CSU u. F.D.P. und der Bundesregierung zum Entwurf des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, BT-Drs. 12/3944, S. 21 bzw. BT-Drs. 12/4047. 249 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 23 f. 2 50 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 24, insbes. S. 44. 251 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 24. 252 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Novellierung des Rechts der Raumordnung, (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG), BT-Drs. 13/6392, S. 31. Siehe auch den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (18. Ausschuß) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 13/7589, S. 14 ff. 2 53 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 38.
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gestützten Einschätzung des Gesetzgebers in der „aus dem Vorhabenbezug folgenden Reduzierung des Abwägungsmaterials ... und (der) vollzugsorientierten Klarstellung der Mitverantwortung des Vorhabenträgers" 2 5 4 .
b) Städtebauliche Verträge (außer Durchführungsverträge) (1) Erschließungsverträge Im Anschluß an die Regelung des § 124 Abs. 1 BauGB für die alten Bundesländer und § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauZVO für die neuen Bundesländer ist mit dem Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz zum 1.5. 1993 ebenfalls eine erweiterte und für das gesamte Bundesgebiet geltende Regelung des Erschließungsvertrages in den §§ 124 ff. BauGB in Kraft getreten. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Erschließungsvertrag dabei als ein in der Praxis bewährtes Instrument angesehen, das den Gemeinden „bei der häufig angespannten Finanzlage ... die geeignete Grundlage zur Durchführung von Erschließungsmaßnahmen (bietet), die sonst nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung verwirklicht werden könnten". Durch eine entsprechende Kostenentlastung könne das Angebot an baureifen Grundtücken kurzfristig gesteigert und eine Förderung wünschenswerter Projekte erreicht werden 255 .
(2) Städtebauliche Verträge Der Bedeutung städtebaulicher Verträge wurde erstmals 1986 durch einen deklaratorischen Hinweis in § 124 Abs. 2 BauGB Rechnung getragen 256. Dabei wurde das Anliegen verfolgt, den städtebaulichen Vertrag als Handlungsform der Gemeinde zu stärken. Als Vorzüge wurden vor allem die Verfahrensbeschleunigung durch einvernehmliches Handeln zwischen Bürger und Gemeinde und die Möglichkeit, den Besonderheiten des Einzelfalls flexibel Rechnung zu tragen, angesehen257. Im Zuge der Herstellung der Währungs- und Wirtschaftsunion wurde es 1990 als erforderlich erachtet, das Instrumentarium des städtebaulichen Vertrags für das Gebiet der DDR in § 54 BauZVO insgesamt „neu" zu begründen 258 . Tragendes Motiv der Neuregelung war es, Investitionen vor dem Hinter254 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 51 sowie Bundesministerium für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, Rn. 154 ff. 255 Vgl. wiederum BT-Drs. 12/3944, S. 24 bzw. BT-Drs. 12/4047 sowie den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (19. Ausschuß) zum Entwurf des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, BT-Drs. 12/4340, S. 12 f. 256 BauGB v. 8. 12. 1986, BGBl. I, S. 256. 257 Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (16. Ausschuß), BT-Drs. 10/6166, S. 148.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
grund der besonderen Situation in der DDR „im Rahmen eines angemessenen Ausgleichs der Kosten- und Lastentragung" zu erleichtern 259. Diese Zweckrichtung einer „Stärkung vertraglicher Regelungen zur Baulandbereitstellung und -erschließung" wurde (wie schon in Hinblick auf das Instrument des Vorhabenund Erschließungsplans) für den Bereich städtebaulicher Verträge durch das BauGBMaßnG - ausgedehnt auf das gesamte Bundesgebiet - fortgeführt 260 . Neben den aus § 54 BauZVO weitgehend in § 6 Abs. 1 u. 3 BauGBMaßnG übernommenen Vertragsinhalten wird in § 6 Abs. 2 BauGBMaßnG nunmehr auch die Möglichkeit der rechtlichen Begründung von Baupflichten herausgestellt, die eine zügige Bebauung ausgewiesenen Baulands sicherstellen sollen 261 . Auf diese Weise wird der städtebauliche Vertrag als „ein wirkungsvolles Mittel (angesehen), mit dem die Planungshoheit der Gemeinden in Ubereinstimmung mit den Bauabsichten der Eigentümer gebracht werden kann." 262 Im Zuge der materiell weitgehend unveränderten Übernahme der Regelungen des § 6 BauGBMaßnG in § 11 BauGB wird schließlich von einer Bewährung der vertraglichen Zusammenarbeit von Gemeinden und privaten Investoren ausgegangen263. Dabei wird die Mitwirkungsbedürftigkeit der Grundeigentümer zur Umsetzung von Bauplanungsrecht hervorgehoben, für die der städtebauliche Vertrag ein zur Anpassung an unterschiedliche städtebauliche Situationen flexibles und zugleich zügig handhabbares Instrumentarium bereitstellt. Gleichzeitig werde es den Gemeinden ermöglicht, sich bei der Erfüllung gemeindlicher Planungsaufgaben privaten Sachverstands zu bedienen. Und schließlich erlaube es der Vertrag, als drängend empfundene Probleme, wie z. B. das der Folgekosten, zu lösen, die der Gesetzgeber keiner gesetzlichen Regelung unterworfen hat 2 6 4 .
258 Vgl. Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy / Bielenberg, Walter: Baugesetzbuch, 65. Lfg., Stand November 2000, § 11 Rn. 11. (Hervorhebung im Original) 259 Vgl. Bielenberg, Walter: Die Besonderheiten des Städtebaurechts nach dem Einigungsvertrag im Gebiet der neuen Länder, in: DVB1. 1990, 1314, 1320. 260 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 23 bzw. BT-Drs. 12/4047; siehe auch den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (19 Ausschuß) zum Entwurf des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, BT-Drs. 12/4340, S. 13. 261 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 24 u. 43. 262 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 24. 263 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Novellierung des Rechts der Raumordnung, (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG), BT-Drs. 13/6392, S. 38; siehe auch den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (18. Ausschuß) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 13/7589, S. 15 u. 16 f. 264 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 31, 38 u. 50 sowie Bundesministerium für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, Rn. 137.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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2. Drei Untersuchungsaspekte: Beschleunigung, Entlastung, Planrealisierung Betrachtet man die vielfältigen gesetzgeberischen Erwartungen, lassen sich drei tragende Aspekte feststellen: Einerseits zielen vertragliche Instrumente auf eine Beschleunigung von Investitionen durch eine Beschleunigung der Planaufstellungsverfahren. Andererseits soll der Einsatz vertraglicher Instrumente zu einer Entlastung der Gemeinden i m Hinblick auf den i m Planaufstellungsverfahren entstehenden Verwaltungsaufwand sowie die gemeindlichen Folgekosten aus Anlaß von Bauvorhaben beitragen. Und schließlich wird mit Hilfe vertraglicher Realisierungspflichten ein stärkerer Einfluß auf die Umsetzung des Geplanten angestrebt. Jene Leistungserwartungen der Politik auf Gesetzgebungsebene bilden damit den Forschungsgegenstand, an den auf der politischen Ebene kommunaler Bauleitplanung angeknüpft werden kann. • Für den ersten Aspekt der Verfahrensbeschleunigung
265
hat sich die empirische Untersuchung insbesondere auf das Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans zu konzentrieren, das neben der Fokussierung auf ein Vorhab e n 2 6 6 und der temporären Straffung gesetzlicher Fristen 2 6 7 i m Wege der Einbeziehung des Vorhabenträgers in das Planaufstellungsverfahren 268 Möglichkeiten
265 Vgl. dazu unter dem Gesichtpunkt der „Effizienzfunktion" Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 801; siehe auch Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 20 („Beschleunigung"); Schneider, Jens-Peter: Kooperative Planungsverfahren, in: VerwArch 87 (1996), S. 38, 53; Turiaux, André: Der Vörhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391. 266 Zu diesem Beschleunigungsaspekt siehe Birk, Hans-Jörg: Der Vorhaben- und Erschließungsplan: praxisbedeutsame Aspekte, in: NVwZ 1995, S. 625, 630; ähnlich Bockel, Martin: Projektmanagement in Verwaltungsverfahren, in: DÖV 1995, S. 102, 106; zeitliche Vorteile des Vorhabenbezugs bezweifelnd dagegen Thurow, Brigitta: Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan - ein zukunftsweisenden Planungsinstrument?, in: UPR 2000, S. 16 f. 267 Fokussiert auf die Straffung gesetzlicher Fristen im Zuge des BauGBMaßnG vgl. Hendler, Reinhard: Gemeindliche Ortsplanung (Bauleitplanung) und private Investitionen, in: Bauer, Hartmut/Hendler, Reinhard/Huber, Peter M./Popowska, Bozena/Rabska, Teresa: Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 245, 246 f. 268 Die „Nutzung privaten Sachverstands" betonen Spannowsky, Willy: Städtebauliche Verträge als Instrumente zur Bewältigung städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedernutzung von Brachflächen?, in: UPR 1996, S. 201, 203; Stollmann, Frank: Verwaltung und Wirtschaft - Kooperationsformen im Städtebaurecht, in: WiVerw 2000/2, S. 126, 130 u. 139; ders.: Die Einschaltung Dritter im neuen Städtebaurecht, in: NuR 1998, S. 578, 582; zur „Integration privater Planungskapazität" auch Koch, Hans-Joachim: (Verfahrens-) Privatisierung im öffentlichen Baurecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schneider, Jens-Peter: Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 170, 187; siehe ferner Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 801; Müller, Karl: Der Vorhaben und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491, 504; Wagner, Jörg: Novellierung des Baugesetzbuches, in: BBauBl 1995, S. 740, 741;
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1. Teil: Untersuchungsansatz
der Verfahrensbeschleunigung bietet. Ähnliche Optionen zur Verfahrensbeschleunigung durch Einbeziehung Privater in das Planaufstellungsverfahren können sich jedoch auch im Wege von Bauplanungsverträgen in Zusammenhang mit regulären Bebauungsplänen eröffnen, wo die Übertragung von Verfahrensschritten oder die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen durch den Vertragspartner vorgesehen werden kann 269 . Herausgestellt wird diese Möglichkeit wenn auch an dogmatisch umstrittener Stelle 270 - nunmehr durch § 4 b BauGB, der bereits seinem Wortlaut nach „insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens" dienen soll. • Für eine Entlastung der Gemeinden 271 im Rahmen des PlanaufstellungsVerfahrens sind ebenfalls die bereits unter dem Aspekt der Verfahrensbeschleunigung genannten Instrumente relevant. Durch eine Übertragung von Verfahrensschritten oder Planungsleistungen im Wege des Instruments des Vorhabenund Erschließungsplans bzw. sonstiger Bauplanungs- und Planungskostenverträge hat die Gemeinde die Möglichkeit, Personal und Kosten bei der Aufstellung eines Bebauungsplans einzusparen 272. Im Hinblick auf eine Übertragung von Erschließungskosten sind insbesondere Erschließungsverträge bzw. entsprechende Vereinbarungen innerhalb von Durchführungs- bzw. umfassenden städtebaulichen Verträgen zu untersuchen 273. Eine Übertragung von Folgekosten der sozialen Infrastruktur (Gemeinbedarfseinrichtungen) ist ebenfalls im Weidemann, Clemens/Deutsch, Markus: Der Vorhaben- und Erschließungsplan, in: NVwZ 1991, S. 956, 960. 269 Vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. S. 2, 1. Hs. a.E. BauZVO; § 6 Abs. 1 S. 1 u. 2 a.E. BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a. E. BauGB. 270 Siehe dazu wiederum die dogmatischen Ausführungen auf S. 50 f. 271 Vgl. Hendler, Reinhard: Gemeindliche Ortsplanung (Bauleitplanung) und private Investitionen, in: Bauer, Hartmut/Hendler, Reinhard/Huber, Peter M./Popowska, Bozena / Rabska, Teresa: Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 245, 248; Kahl, Wolfgang, DÖV 2000, S. 793, 801; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 20 f. u. 86; Weidemann, Clemens/Deutsch, Markus, NVwZ 1991, S. 956, 960; wiederum unter dem Gesichtspunkt der „Nutzung privaten Sachverstands" siehe Koch, Hans-Joachim: (Verfahrens-) Privatisierung im öffentlichen Baurecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schneider, Jens-Peter: Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 170,187; Rottmann, Frank: Der städtebauliche Vertrag - Instrument zur Umverteilung?, in: Bauer, Hartmut/Breuer, Rüdiger/Degenhart, Christoph/Oldiges, Martin (Hrsg.): 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, 2000, S. 487, 495 f.; Spannowsky, Willy, UPR 1996, S. 201, 203; Stollmann, Frank, WiVerw 2000/2, S. 126, 139; Wagner, Jörg, BBauBl 1995, S. 740, 741. 272 Vgl. im Rahmen eines Vorhaben- und Erschließungsplans § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB; im Rahmen städtebaulicher Verträge nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. S. 2, 1. Hs. a.E. BauZVO; § 6 Abs. 1 S. 1 u. 2 a.E. BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a. E. BauGB bzw. § 4 b BauGB. 273 Vgl. als leges speciales die Regelungen zum Erschließungsvertrag in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauZVO bzw. nunmehr § 124 Abs. 1 BauGB; zu Erschließungsvereinbarungen innerhalb des Durchführungsvertrages § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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Zusammenhang mit Durchführungs- oder städtebaulichen Verträgen zu betrachten 274 . • Unter dem dritten Gesichtspunkt der Planrealisierung 275 richtet sich der Blick schließlich einerseits auf Bau Verpflichtungen im Rahmen von Durchführungsbzw. anderen städtebaulichen Verträgen sowie andererseits auf zusätzliche Bindungen, die einer „Feinsteuerung" 276 der Vorhaben dienen 277 .
3. Beobachtungsleitende Unterscheidungen a) Verfahrensbeschleunigung Im Rahmen des ersten Untersuchungsaspekts - der politischen Beurteilung möglicher Beschleunigungseffekte durch eine Zusammenarbeit mit Privaten im Rahmen von Satzungsverfahren der verbindlichen Bauleitplanung - dienen Vorhabenund Erschließungspläne sowie Bauplanungsverträge als instrumenteile Anknüpfungspunkte.
(1) Vorhaben- und Erschließungsplan Welches Beschleunigungspotential das Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans aus politischer Sicht im Zuge der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung seiner Entstehungsgeschichte bietet, wird in der Literatur aufgrund unterschiedlicher Referenzpunkte - „Verfahrensbeschleunigung" einerseits und „Investitionsbeschleunigung" andererseits - verschieden bewertet. Einerseits stellt der Vorhaben- und Erschließungsplan innerhalb des Systems Baurecht schaffender 274 Vgl. zu Folgekosten und -maßnahmen explizit § 54 Abs. 2 BauZVO; § 6 Abs. 3 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. 275 Vgl. unter dem Gesichtspunkt der „Implementations- und Effektivitätsfunktion" Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 800; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 21 („Verknüpfung von Planung und Planrealisierung) u. 86 f. („Garantiertes Bauen"); Spannowsky, Willy: Städtebauliche Verträge als Instrumente zur Bewältigung städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedernutzung von Brachflächen?, in: UPR 1996, S. 201, 203. 276
Siehe zu dieser Terminologie Koch, Hans-Joachim: (Verfahrens-)Privatisierung im öffentlichen Baurecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang / Schneider, Jens-Peter: Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 170, 185; von einer „Flexibilitäts- und Feinsteuerungsfunktion" spricht auch Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 799; ähnlich Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 21 u. 87 („Präzise Steuerung"). 277 Vgl. die Durchführungspflicht in § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a.E. BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 1. Hs. a.E. BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 a.E. BauGB; im Rahmen sonstiger städtebaulicher Verträge vgl. explizit § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
Plansatzungen eine Alternative zum regulären Bebauungsplan dar, dessen gesetzliche Ausgestaltung (Verfahrensbeteiligung des Vorhabenträgers, konkreter Vorhabenbezug, Straffung von Verfahrensschritten) von derjenigen des Bebauungsplanverfahrens abweicht. Beim Thema Beschleunigung kann dadurch an Zeitgewinne innerhalb des bauplanungsrechtlichen Satzungsverfahrens angeknüpft werden 278 . Andererseits steht eine derartige „Verfahrenbeschleunigung" aber im engen Kontext mit einer „Investitionsbeschleunigung", also der Frage, zu welchem Zeitpunkt bauordnungsrechtlich eine Baugenehmigung auf der Grundlage des Plans erteilt werden kann. In diesem Zusammenhang erweist sich als gesetzgeberische Besonderheit, daß beim Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans - anders als im Wege regulärer Bebauungsplanung - zunächst kein Zugriff auf Vorabgenehmigungen im bauordnungsrechtlichen Verfahren vorgesehen war 2 7 9 . Beschleunigungseffekte des Vorhaben- und Erschließungsplans wurden vor diesem Hintergrund damit auch in Konkurrenz zur Geschwindigkeit von Vorabgenehmigungen während der Aufstellung regulärer Bebauungspläne beurteilt 280 . Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich hingegen auf Beschleunigungsmöglichkeiten innerhalb des bauplanungsrechtlichen Verfahrens. Als basaler Ausgangspunkt dient von Vorhaben- und Erschließungsplänen im eine Messung der Verfahrensdauer Vergleich zu regulären Bebauungsplänen. Soweit sich ein Zeitvorteil bei Vorhabenund Erschließungsplänen feststellen läßt, schließt sich die Frage an, welchen Ursachen die Zeitgewinne durch die Gemeinde zugeschrieben werden. Handelt es sich um beschleunigende Wirkungen der gesetzlich eröffneten Tätigkeit des Vörhabenträgers im Verfahren? Oder werden Beschleunigungseffekte maßgeblich dem nunmehr 281 - im Gesetz explizit vorgesehenen Vorhabenbezug von Planungen auf ein konkretes Bauvorhaben bzw. der normativen Straffung von Fristen und Verfahrensschritten zugerechnet? Im ersten Fall stünden neben der Formalisierungslei278
Vgl. Koppitz, Hans-Joachim: Anwendung des Baugesetzbuches aus der Sicht der neuen Bundesländer - Gibt es Handlungsbedarf des Gesetzgebers?, in: DVB1. 1992, S. 704, 706; zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan siehe Turiaux, André: Der Vörhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391. 2 79 Gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 BauZVO (übergeleitet nach § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BauGB) keine Anwendung des § 18 BauZVO (bzw. § 33 BauGB); Anwendbarkeit des § 33 BauGB erst nach Einführung des Vorhaben- und Erschließungsplans für das gesamte Bundesgebiet zum 1. 5. 1993, vgl. § 7 Abs. 4 S. 2 BauGBMaßnG; seit 1.1. 1998 ist § 33 BauGB auf den „vorhabenbezogenen" Bebauungsplan unmittelbar anwendbar. 280 Keine Zeitgewinne des Vorhaben- und Erschließungsplans sieht insofern die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, vgl. Bundesministerium für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau: Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches, 1995, Rn. 156; von „zügiger Baulandausweisung" geht hingegen Wagner, Jörg: Novellierung des Baugesetzbuches, in: BBauBl 1995, S. 740, 741 aus. 281 Zur Zulässigkeit „anlagenbezogener" Bebauungspläne bereits BVerwG v. 30. 1. 1976 IV C 26.74-, E 45, 309, 316; BVerwG v. 28. 8. 1987-4 N 1.86 - , DVB1. 1987, 1273 f.; siehe dazu Hoppe, Werner/Beckmann, Martin: Zur rechtlichen Unbedenklichkeit der alternativlosen Übernahme des Projektentwurfes eines privaten Vorhabenträgers durch die planende Gemeinde, in: DVB1. 1987, S. 1249 ff.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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stung des Rechts wirtschaftliche Leistungen des Vorhabenträgers im Vordergrund, im zweiten Fall dagegen bestimmte neue Programmleistungen des Rechts. (a) Messung der Verfahrensdauer Zur Messung der Verfahrensdauer von Satzungsverfahren kann auf die Zeitspanne zwischen dem Aufstellungsbeschluß und dem Datum der Rechtskraft der Plansatzungen Bezug genommen werden 282 . Mit dieser Messung gelangt man zu einer Aussage über die rechtsförmliche Dauer von Planverfahren, die damit notwendigerweise verschiedene Aspekte ausklammert. Das betrifft zum einen den gesamten informellen Prozeß der Abstimmung und Verhandlung im Vorfeld des Aufstellungsbeschlusses283. Darüber hinaus fallen auch diejenigen Planverfahren aus der Untersuchungsgesamtheit, die nicht über die angesprochenen Anfangs- und Endpunkte verfügen. Das sind solche, in denen die Gemeinde keinen Einleitungs- bzw. Aufstellungsbeschluß gefaßt hat 2 8 4 oder die nicht bis zur Rechtskraft fortgeführt worden sind, weil die rechtsförmliche Beendigung von Verfahren für den politischen Planungserfolg nur von untergeordneter Bedeutung ist. Dies kann jedoch mit Blick auf das Erhebungsziel hingenommen werden: Es geht weder um die Bestimmung einer „tatsächlichen"285 Dauer von Planverfahren, noch um einen Vergleich von Verfahrensdauern zwischen verschiedenen Kommunen, sondern um die Frage, ob relative Zeitunterschiede zwischen Verfahren über Vorhaben- und Erschließungspläne und regulären Bebauungsplanverfahren derselben Gemeinde überhaupt feststellbar sind. Diese Aussage kann durch eine Messung der förmlichen Verfahrensdauer getroffen werden. Sie bietet für eine vergleichende Betrachtung den Vorteil identischer Meßpunkte beim Vorhaben- und Erschließungsplan als auch regulären Bebauungsplan, die gleichzeitig empirisch gut erfaßbar sind. Angestrebt wird eine Meßreihe, die auf dem Median 286 der jeweils im selben Kalenderjahr in Kraft getretenen Plansatzungen beruht. 282 Vgl. Springer, Joachim: Stadtplanung und Verwaltungseffizienz, in: Planerln 1999, S. 47,48. 283 Vgl zu diesem „bedeutenden Arbeits- und Zeitfaktor" Schäfer, Rudolf/ Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Praktische Erfahrungen mit dem Bundesbaugesetz, 1984, S. 97 ff. 284 Zur fehlenden rechtlichen Erforderlichkeit solcher Beschlüsse siehe BVerwG, Urt. v. 15. 4. 1988 -4 N 4.87-, E 79, 200, 204. Gerd: ebd., S. 97, unter Einbezie285 im Sinne von Schäfer, Rudolf /Schmidt-Eichstaedt, hung der gesamten informellen Phase der Planvorbereitung. 286 Der Median ist neben dem arithmetischem Mittel („Durchschnitt") und dem Modalwert ein sog. (statistischer) Mittelwert, bei dem die relative, kumulierte Häufigkeit 0,5 erreicht („vor" und „nach" dem Median liegen jeweils 50% der Meßwerte). Im Gegensatz zum arithmetischen Mittel setzt er lediglich eine ordinale, jedoch keine symmetrische Verteilung der Daten voraus. Verfahrensdauern sind jedoch regelmäßig unsymmetrisch verteilt (vgl. Schäfer, Rudolf/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Praktische Erfahrungen mit dem Bundesbaugesetz, 1984, S. 100 f.): Sie fallen im einzelnen sehr unterschiedlich aus, so daß bei einer Anwendung des arithmetischen Mittels insbesondere einzelne „Langzeitverfahren" die Dauer der „Masse" der Verfahren gerade bei kleinen Verfahrensmengen „nach oben verzerren" wür-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
(b) Zurechnung möglicher Beschleunigungseffekte Das gesetzliche Modell ordnet die Initiative zu einem Vorhaben- und Erschließungsplan dem Vorhabenträger zu 2 8 7 . Dieser erarbeitet im „idealtypischen Verfahren" 2 8 8 die städtebauliche Planung und stimmt sie mit der Gemeinde ab 2 8 9 . In der Regel wird sich der Vorhabenträger dabei eines von ihm beauftragten Planungsbüros bedienen, das die entsprechenden fachlichen und organisatorischen Kompetenzen mitbringt 290 . Fachliche Kompetenz wird benötigt zur zügigen Ausarbeitung und Abstimmung der städtebaulichen Planungen, der Erstellung erforderlicher Gutachten, der Vor- und Nachbereitung von Verfahrensschritten usw. Wichtig für den Abstimmungsprozeß zwischen Planungsbüro, Vorhabenträger und Gemeinde (genauer: verschiedenen Amtern in der Gemeinde) sind aber ebenso die organisatorischen Fähigkeiten. Als ausschlaggebende Faktoren für das einem Vorhabenträger zugerechnete „Tempo" der Planung dürften also die Qualität und die Quantität der verfahrensunterstützenden Mitarbeit von Vorhabenträger bzw. seinem Planungsbüro angesehen werden 291 . Rechtliche Programmvorgaben, denen neben der Mitwirkung des Vorhabenträgers Beschleunigungsmöglichkeiten beigemessen werden, betreffen insbesondere die beiden bereits angesprochenen Aspekte: Einerseits den der gesetzlichen Ausgestaltung des Vorhaben- und Erschließungsplan innewohnenden konkreten Vörhabenbezug der Planung: Vorhaben- und Erschließungspläne konzentrieren sich auf ein Vorhaben. Bei diesem Gesichtspunkt ist es also der im Vergleich zu normalen Bebauungsplänen minder komplexe Gegenstand des Satzungsverfahrens, der zu einer Reduzierung des Abwägungsmaterials und dadurch zu kürzeren Verfahrensden. Der Median reagiert auf solche „Ausreißer" hingegen nur geringfügig, da einzelne Extremwerte, unabhängig von ihrer Höhe, auf die ordinale Verteilung „vor" und „nach" dem Median weniger Einfluß nehmen. Vgl. im einzelnen Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 557 ff. 287 Vgl. § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB. 288 Abweichend vom „idealtypischen Verfahren" (Hervorhebung im Original) kann auch die Gemeinde nach Verhandlung mit dem Investor die Initiative zur Erstellung von Vorhabenund Erschließungsplänen übernehmen, vgl. Krautzberger, Michael, in: Ernst, Werner/Zinkahn, Willy /Bielenberg, Walter: Baugesetzbuch, 65. Lfg., Stand November 2000, § 12 Rn. 18. 289 Siehe dazu Wirth, Axel: Der Bauherr als Baubehörde: Chancen des Vorhaben- und Erschließungsplans, in: BauR 1999, S. 130 ff.; Turiaux, André: Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung, und praktische Probleme, in: NJW 1999, S. 391, 392; Wagner, Jörg: Novellierung des Baugesetzbuches, in: BBauBl 1995, S. 740, 741. 290 Vgl. Nicolai, Helmuth von /Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 86. 2 91 Vgl. Koppitz, Hans-Joachim: Anwendung des Baugesetzbuches aus der Sicht der neuen Bundesländer - Gibt es Handlungsbedarf des Gesetzgebers?, in: DVB1. 1992, S. 704, 706; Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491, 504.
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dauern führen k a n n 2 9 2 . Als zweiten Aspekt wird auf die i m Zuge der BauZVO und des BauGBMaßnG erfolgte Straffung gesetzlicher Verfahrensschritte und Fristen verwiesen 2 9 3 . Dabei geht es vor allem um die auf Vorhaben- und Erschließungspläne beschränkte Substitutionsmöglichkeit gesetzlicher Beteiligungsschritte (öffentliche Auslegung bzw. Trägerbeteiligung) durch eine „Gelegenheit zur Stellungn a h m e " 2 9 4 , den Verzicht auf eine frühzeitige Bürgerbeteiligung 2 9 5 , die auf alle Vorhaben- und Erschließungspläne anwendbaren Fristverkürzungen in den Beteiligungsverfahren bzw. den „Anhörungstermin" für Träger öffentlicher Belange 2 9 6 . 292
Vgl. Birk, Hans-Jörg: Der Vorhaben- und Erschließungsplan: praxisbedeutsame Schwerpunkte, in: NVwZ 1995, S. 625, 630; zur (nicht erfüllten) Hoffnung auf „eine deutlich beschleunigte Ausweisung von Bauland durch ein ,schlankes4 Planungsinstrument" neuerdings Thurow, Birgitta: Der vorhabenbezogene Bebauungsplan - ein zukunftsweisendes Planungsinstrument?, in: UPR 2000, S. 16; allgemein zum für die Verfahrensdauer entscheidenden Kriterium der „konkreten, örtlichen Umstände, insbesondere (der) Komplexität des Einzelfalls" Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Verfahrensdauer und Zeitablauf von Bauleitplanverfahren, in: DVB1. 1992, S. 652, 653. 293
Vgl. Hendler, Reinhard: Gemeindliche Ortsplanung (Bauleitplanung) und private Investitionen, in: Bauer, Hartmut/Hendler, Reinhard / Huber, Peter M./Popowska, Bozena/ Rabska, Teresa: Entwicklungstendenzen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 245, 246 f.; zur Rechtsentwicklung siehe Guckelberger, Anette: Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, in: Ziekow, Jan (Hrsg.): Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, 1998, S. 17, 26 ff. u. 44 ff.; für die neuen Bundesländer Bielenberg, Walter: Die Besonderheiten des Städtebaurechts nach dem Einigungsvertrag im Gebiet der neuen Bundesländer, in: DVB1. 1990, S. 1314, 1318. 294 Vgl. die auf den Vorhaben- und Erschließungsplan beschränkte Möglichkeit gemäß § 55 Abs. 3 S. 1 BauZVO (übergeleitet nach § 246 a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BauGB) für die neuen Bundesländer, allerdings nur für dringliche investive Vorhaben im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauZVO; zum 1. 5. 1993 (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22. 4. 1993, BGBl. I, S. 466) für das gesamte Bundesgebiet § 7 Abs. 3 S. 2 BauGBMaßnG (Wegfall der Beschränkung auf bestimmte Vorhaben); keine Übernahme der Sonderreglungen durch das BauGB zum 1. 1. 1998 (BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081). 295
Weder § 55 BauZVO noch § 7 BauGBMaßnG sahen eine frühzeitige Bürgerbeteiligung für Vorhaben- und Erschließungspläne vor. Bei regulären Bebauungsplänen galt hingegen § 3 Abs. 1 BauZVO in den neuen Bundesländern bzw. § 3 Abs. 1 BauGB in den alten Bundesländern, dort modifiziert zum 1.6. 1990 (Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz v. 17. 5. 1990, BGBl. I, S. 926) durch § 2 Abs. 2 BauGBMaßnG (Bebauungspläne zur Deckung eines dringenden Wohnbedarfs); mit Geltung ab 1. 5. 1993 (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22. 4. 1993, BGBl. I, S. 466) für das gesamte Bundesgebiet (ohne Beschränkung auf Vorhaben des dringenden Wohnbedarfs in den neuen Bundesländern gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BauGBMaßnG). Seit 1. 1. 1998 (BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081) sieht § 3 Abs. 1 BauGB wieder bundeseinheitlich für alle (und damit auch vorhabenbezogene) Bebauungspläne eine frühzeitige Bürgerbeteiligung vor. 296 Fristverkürzungen und Anhörungstermin ab 1.6. 1990 zunächst nur im Rahmen regulärer Bebauungspläne in den alten Bundesländern nach § 2 Abs. 3 - 5 BauGBMaßnG (Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz v. 17. 5. 1990, BGBl. I, S. 926); zum 1. 5. 1993 (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22. 4. 1993, BGBl. I, S. 466) hingegen für das gesamte Bundesgebiet sowohl bei Vorhaben- und Erschließungsplänen (§ 7 Abs. 3 S. 3, 2. Hs. BauGBMaßnG) als auch bei Bebauungsplänen (§ 2 Abs. 3 - 5 BauGBMaßnG), dort aller-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
(2) Bauplanungsverträge BauplanungsVerträge ermöglichen auch außerhalb des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans eine vergleichbare Einbeziehung von Investoren in das Aufstellungsverfahren regulärer (aber ebenfalls investitionsbezogener) Bebauungspläne297. Dabei geht es wiederum um planerische und organisatorische Aufgaben (Erarbeitung der Planentwürfe, Vor- und Nachbereitung von Beteiligungsschritten u. a.), die der Investor bzw. ein von ihm eingeschaltetes Planungsbüro im eigenen Interesse zügig durchführen wird, um die planungsrechtlichen Grundlagen für eine Baugenehmigung zu schaffen. Insofern stellt sich auch hier die Frage, inwieweit die Bauverwaltung dieser Beteiligung im Bebauungsplanverfahren eine auch politisch vorteilhafte Beschleunigungswirkung beimißt.
b) Entlastung der Gemeinden Bei der Frage, inwieweit die Gemeinden im politischen Kommunikationszusammenhang den Gebrauch vertraglicher Instrumente als Entlastung ansehen, kann seinerseits zwischen drei Anknüpfungspunkten unterschieden werden: einer Entlastung von Verfahrensaufwand innerhalb der Planaufstellungsverfahren, Kooperationsgewinnen im Bereich der Erschließung sowie Kostenentlastungen im Hinblick auf Maßnahmen der sozialen Infrastruktur.
(1) Verfahrensaufwand Einer Entlastung der Gemeinde kann einerseits die Übertragung der für das konkrete Planungsverfahren entstehenden Kosten auf den von der Planung begünstigten Vertragspartner mit Hilfe von Planungskostenverträgen dienen 298 . Andererseits werden mit „Nutzbarmachung externen Sachverstands", also der Möglichkeit zur Einbeziehung privater Projektträger in das Planungsverfahren, nicht nur Beschleunigungs-, sondern auch Entlastungshoffnungen verbunden 299. Instrumentelle Anknüpfungspunkte bieten dabei wiederum die Verfahrensbeteiligung von Investoren dings auf Bebauungspläne zur „Deckung eines dringenden Wohnbedarfs" beschränkt (§ 2 Abs. 1 BauGBMaßnG); seit 1. 1. 1998 (BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081) bundeseinheitliche Regelungen für alle Bebauungspläne gemäß § 3 u. 4 BauGB mit teilweiser Übernahme der Fristen (§4 BauGB). 297 Vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. S. 2, 1. Hs. a.E. BauZVO; § 6 Abs. 1 S. 1 u. 2 a.E. BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a.E. BauGB sowie - in Abhängigkeit seiner Auslegung - § 4 b BauGB. 298 Zur Übertragung der sich in den letzten Jahren ständig „nach oben bewegenden" Planungskosten siehe Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491,495. 299 Vgl. die Nachweise in Fn. 271.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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bei der Erarbeitung von Vorhaben- und Erschließungsplänen 300 bzw. der Abschluß von Bauplanungsverträgen 301 im Zusammenhang mit regulären Bebauungsplanverfahren. Einen basalen Indikator für eine dadurch herbeizuführende Entlastung der Gemeinde könnte eine Kostenanalyse von Planverfahren mit sich bringen, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht zu leisten ist 3 0 2 . Der Frage, inwieweit die Mitwirkung wirtschaftlich agierender Vertragspartner in Planaufstellungsverfahren durch die Gemeinde politisch als eine Leistung des Wirtschaftssystems angesehen wird, soll vorliegend vielmehr anhand zweier Anhaltspunkte nachgegangenen werden. Es geht dabei einerseits um den Umfang übernommener Planungsaufgaben (oder die Übernahme entsprechender Kosten) durch den Investor im Verhältnis zu dem bei der Verwaltung verbleibenden (oder entstehenden) Abstimmungs- und Kontrollaufwand andererseits. Zu den auf einen Investor übertragbaren Planungsaufgaben zählen die Ausarbeitung der städtebaulichen Pläne, die Erstellung aller sonstigen mit der Schaffung planungsrechtlicher Voraussetzungen verbundenen Planungen und Gutachten (Umweltverträglichkeitsprüfung, Lärmgutachten, Altlastengutachten, Eingriffs- und Ausgleichsgutachten u. a.) sowie die Vor- und Nachbereitung von Verfahrensschritten (Ämterabstimmung, vorgezogene Bürgerbeteiligung, Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, Abwägungsvorschlag u. a.) 3 0 3 . Aus rechtlichen wie auch tatsächlichen Gründen verbleibt bzw. entsteht durch die Einschaltung eines Dritten jedoch auch Aufwand bei der Kommunalverwaltung 304. Da die gemeindliche Verantwortung für das gesetzliche Planaufstellungsverfahren unberührt bleibt, muß die Gemeinde, bereits um ihren rechtlichen Pflichten gerecht zu werden, Mechanismen zur Kontrolle des Dritten vorsehen und ausüben 305 . Gleichzeitig erfordert die Zusammenarbeit mit dem Dritten in Abhängigkeit von dessen organisatorischen und städtebaulichen Fähigkeiten bereits durch die (Mehr-)Zahl planungsinvolvierter Personen ein erhöhtes Maß an Abstimmung. Damit entsteht bei der Gemeinde ein Abstimmungs- und Kontrollaufwand, der mit dem aus der Institutionenökonomik herrührenden Begriff der 300 Vgl. § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB. 301 Vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. S. 2, 1. Hs. a.E. BauZVO; § 6 Abs. 1 S. 1 u. 2 a.E. BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. Hs. a.E. BauGB sowie - in Abhängigkeit seiner Auslegung - § 4 b BauGB. 302 Vgl. zur Kostenanalyse von Verfahren der Bauleitplanung die noch nicht abgeschlossene Studie des Vergleichsrings „Stadtplanung" der Großstädte GK 1 u. 2, siehe www.ikonetz.de / IKO-Netz / produkte / Vergleichsringe / vr_Stadtplanung_GK 1 .htm (letzte Abfrage v. 21. 9. 2001). 303 Vgl. exemplarisch Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 79 f.; zur dogmatisch umstrittenen „Durchführung" von Verfahrensschritten siehe oben S. 50 ff. 304 Zu möglichem „Doppelaufwand" vgl. bereits den ausdrücklichen Hinweis bei Bockel, Martin: Projektmanagement im Verwaltungsverfahren, in: DÖV 1995, S. 102, 107. 3 05 Vgl. nunmehr explizit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 3. Hs. BauGB.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
„Transaktionskosten" beschrieben werden kann 306 . Gemeint sind damit die im Zuge der Zusammenarbeit im Bebauungsplanverfahren entstehenden Kosten der Aufbereitung und Übermittlung von Informationen, die Kosten der Entscheidungsfindung zwischen den Partnern und die im Zuge der Überwachung entstehenden Kosten. (2) Erschließung Kostenverlagerungen im Bereich der Erschließung von Grundstücken lassen sich im Wege selbständiger Erschließungsverträge 307 oder durch entsprechende Vereinbarungen im Kontext von Durchführungs- oder umfassenden städtebaulichen Verträgen 308 erzielen. Diese Verträge, deren Gegenstand die Übertragung der Erschließung auf einen Dritten oder die Kostentragung für eine bereits von der Gemeinde durchgeführte (nichtbeitragsfähige) 309 Erschießung ist, sind Anknüpfungspunkt des vorliegenden Untersuchungsaspekts. Dabei steht die Frage im Vordergrund, inwieweit durch den Abschluß von Erschließungsvereinbarungen finanzielle Entlastungseffekte zu erzielen sind, die im politischen Kontext als Leistungen der Wirtschaft thematisiert werden können. Dazu werden drei Indikatoren herangezogen: zunächst die Erfüllung der vertraglichen Erschließungspflichten durch den Vertragspartner. Im Falle nicht vertragsgemäßer Erfüllung kommt es zweitens darauf an, welche Möglichkeiten der Durchsetzung und Sicherung der Gemeinde zur Verfügung stehen. Drittens ist schließlich für die Bewertung von Erschließungsvereinbarungen entscheidend, wie hoch der bei der Gemeinde entstehende Verhandlungs-, Ahstimmungs- und Kontrollaufwand insbesondere im Verhältnis zum Erschließungsvolumen ausfällt. (a) Vertragserfüllung Zum Zwecke einer differenzierenden Beurteilung der Erfüllung vertraglicher Erschließungspflichten wird zwischen vier Kategorien unterschieden: 1. Vertragsgemäße Erschließung, 2. Mangelhafte Erschließung / Verzug, 3. Endgültig keine oder nur teilweise Erschließung und 4. keine Angabe (z. B. wegen noch laufender Erschließungsarbeiten). Die ersten drei Kategorien bauen auf schuldrechtlichen Maßstäben der Vertragserfüllung auf, jedoch ohne das Ziel rechtlicher Subsum306 Vgl. dazu Richter, Rudolf/Furubotn, Eirik: Neue Institutionenökonomik, 1996, S. 45 ff., insbes. S. 52 f.; grundlegend Coase, Ronald H.: Das Problem der sozialen Kosten, in: Assmann, Heinz-Dieter /Kirchner, Christian / Schanze, Erich (Hrsg.): Ökonomische Analyse des Rechts, 1993, S. 129 ff. (Übersetzung des Beitrags: The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics 1960 (3), S. 1 ff.). 307 Vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauZVO; § 124 Abs. 1 BauGB. 308
Zu Erschließungs Vereinbarungen innerhalb von Durchführungs Verträgen siehe § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB. 309 Zur dogmatisch umstrittenen Kostenübernahme bei beitragsfähigen Erschließungsanlagen siehe Fn. 88.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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tion zu verfolgen; vielmehr geht es lediglich um ein Raster empirischer Beobachtung. Die vierte Kategorie erfaßt schließlich laufende Verträge, zu deren Erfüllung die Gemeinde noch keine Aussage treffen kann. (b) Durchsetzung und Sicherheiten Die nicht vertragsgemäße Erfüllung von Erschließungsverträgen birgt für die Gemeinde ein nicht unerhebliches finanzielles und damit auch kommunalpolitisches Risiko. Wird der Vertragspartner vor Fertigstellung der Erschließung leistungsunfähig oder -unwillig, muß die Gemeinde als Trägerin der Erschließungslast die Erschließung unabhängig davon zu Ende führen, ob sie zum gegebenen Zeitpunkt über ausreichende Haushaltsmittel verfügt oder nicht 3 1 0 . Die politische Beurteilung des Instruments des Erschließungsvertrages wird deshalb auch davon abhängig sein, inwieweit die Gemeinde bei nicht vertragsgemäßer Erfüllung auf Sicherheiten zurückgreifen kann. Als geeignetstes und auch ausreichendes Sicherungsmittel wird in diesem Zusammenhang die Vereinbarung von Vertragserfüllungsbürgschaften angesehen311. Diese können sich im Hinblick auf nach der Abnahme auftretende Mängel auch auf die Gewährleistungsansprüche beziehen. Gleichzeitig wird durch eine bestehende Bürgschaft ein Anreiz für den Vertragspartner geschaffen, die Erschließung zügig und ohne Verzug voranzutreiben. Das beruht auf den vom Vorhabenträger zu erbringenden Bereitstellungskosten, derer er sich durch schrittweise Freigabe der Bürgschaft im Zuge seines Baufortschritts entledigen kann. (c) Verwaltungsaufwand Für die politische Beurteilung des Instruments des Erschließungsvertrages ist schließlich nicht unerheblich, welcher Verwaltungsaufwand (im Vergleich zu eigener Erschließung und Beitragserhebung) den Leistungen des Erschließungsträgers gegenübersteht 312. Zu denken ist dabei zunächst an den Verhandlungsaufwand. So muß im Erschließungsvertrag Übereinkunft über Art und Umfang der Erschließung, die Modalitäten der Baudurchführung sowie die Abrechnung, Abnahme, Gewährleistung und Übernahme der Erschließungsanlagen durch die Gemeinde hergestellt werden. Abstimmungsaufwand ergibt sich im Zuge der Vertragsdurchführung gegebenenfalls bei der Beauftragung eines Ingenieurbüros zur Steuerung der 310 Vgl. dazu Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 84 Rn. 196. 311 Vgl. Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 186, 220 ff., 231 ff.; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 160; anders Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 85 Rn. 198, der wegen der hohen Bereitstellungskosten für Vorauszahlungen der Erschließungsbegünstigten auf ein Treuhandkonto plädiert. 312 Vgl. Bunzel, Arno /Coulmas, Diana/ Schmidt-Eichstaedt, Gerd: ebd., S. 200 ff.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
Vertragsabwicklung bzw. bei der Vergabe von Bauleistungen an ausführende Unternehmen. Nicht unerheblicher Kontrollaufwand kann schließlich hinsichtlich der Einhaltung vereinbarter Materialstandards und natürlich im Zuge der Abnahme der Erschließungsanlagen entstehen.
(3) Soziale Infrastruktur Ein dritter Blickwinkel im Zusammenhang mit politischen Erwartungen an eine gemeindliche Entlastung durch vertragliche Instrumente richtet sich auf die Errichtung von oder die (anteilige) Kostenbeteiligung an Einrichtungen der sozialen Infrastruktur durch private Investoren 313. Mit „sozialer Infrastruktur" 314 soll vorliegend das weite Spektrum von „Gemeinbedarfseinrichtungen" 315 bezeichnet werden, die aus dem Erschließungsbegriff herausfallen und damit von der Gemeinde weder durch Erschließungsbeiträge noch durch Erschließungsverträge finanziert werden können. Dabei handelt es sich in exemplarischer Aufzählung um Grundoder weiterführende Schulen, Kindertagesstätten, Jugendeinrichtungen, Altenheime, Bürgerzentren, sonstige Freizeit- und Erholungseinrichtungen u. a. 3 1 6 Als Anknüpfungspunkte der empirischen Untersuchung dienen in diesem Zusammenhang Durchführungsverträge zu Vorhaben- und Erschließungsplänen sowie umfassende städtebauliche Verträge im Kontext regulärer Bebauungsplanverfahren 317. Ahnlich wie unter dem Gesichtspunkt der Erschließung werden als Indikatoren einer politischen Bewertung dieser Instrumente die Erfüllung der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen sowie die Möglichkeiten der Durchsetzung und Sicherung angesehen. Anders als bei der Beurteilung von Erschließungsverträgen erscheint hier allerdings die besondere Gegenüberstellung des entstehenden verwaltungsseitigen Verhandlungs-, Abstimmungs- und Kontrollaufwands nicht angebracht, da den Gemeinden zur Finanzierung von Folgeeinrichtungen der sozialen Infrastruktur nicht der alternative Weg über eine bereits gesetzlich geregelte Beitragsfinanzierung zur Verfügung steht.
313 Dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken, vgl. § 54 Abs. 2 S. 2 BauZVO; § 6 Abs. 3 S. 2 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Hs. BauGB. 314 Vgl. den Begriff bei Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Metscher, Walter / Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 1995, S. 33 (Abb. 3). Von „soziale(n) Folgeeinrichtungen" spricht Böhm, Bettina: Öffentlich-private Partnerschaften in der kommunalen Stadtentwicklung, 1998, S. 46. 3 15 Vgl. § 6 Abs. 3 S. 1, 1. Hs. BauGBMaßnG: „Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen". 316 Kinderspielplätze zählen zu Erschließungsanlagen und werden deshalb im Zusammenhang mit Erschließungsvereinbarungen berücksichtigt. w Vgl. explizit § 54 Abs. 2 BauZVO; § 6 Abs. 3 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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(a) Vertragserfüllung Zur Einschätzung der Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen über Folgemaßnahmen oder -kosten der sozialen Infrastruktur wird wiederum auf die bereits im Rahmen von Erschließungsvereinbarungen gebrauchten vier Kategorien der vertragsgemäßen Erfüllung, der Erfüllung unter Verzug oder mit Mängeln, der endgültigen Nicht- oder nur teilweisen Erfüllung sowie der laufenden Erfüllung (keine Angabe) zurückgegriffen. Darüber hinaus können auch pflichtenaufhebende oder -aufschiebende „Vertragsmodifikationen" zu berücksichtigen sein. So wird aus der Praxis wiederholt die Fallkonstellation thematisiert, in der der Bedarf an den vereinbarten Gemeinbedarfseinrichtungen wider Erwarten nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang entsteht oder jene für den Investor nicht mehr wirtschaftlich zu finanzieren sind 318 . Während sich dann einerseits die rechtliche Frage nach einem Anspruch 319 auf Vertragsanpassung stellt, wird sich die politische Einschätzung solcher Vertragsmodifikation daran orientieren, ob ein kommunaler Bedarf fortbesteht oder nicht. Erfolgt die pflichtenaufhebende oder - aufschiebende Vertragsmodifikation nur in Anbetracht der Wirtschaftlichkeitsrechnung des Vertragspartners, dürften politische Leistungserwartungen ebenso wie in den Fällen nicht vertragsgemäßer Erfüllung enttäuscht werden. (b) Durchsetzung und Sicherheiten Für den Fall, daß die Erfüllung der Folgelasten- bzw. Folgekostenvereinbarungen nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprechend vonstatten geht, ist für die kommunale Einschätzung der vertraglichen Instrumente entscheidend, welche Möglichkeiten zur Durchsetzung und Sicherung der Vertragspflichten zur Verfügung stehen320. Grundsätzlich sind die hier in Rede stehenden - koordinationsrechtlichen - Vertragspflichten im Wege der Leistungsklage und anschließender Vollstreckung durchzusetzen. Zum Zwecke der sofortigen Vollstreckung kann deshalb vertraglich auch eine Vollstreckungsunterwerfung des Vertragspartners nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vereinbart werden, die allerdings der notariellen Beurkundung bedarf 321 . Ein wirtschaftlicher Anreiz, sich vertragstreu zu verhalten, kann 318 Vgl. Scharmer, Eckart: Flexibilität des städtebaurechtlichen Instrumentariums, in: Bunzel, Arno/Sander, Robert (Hrsg.): Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 25, 31; Menke, Reinard: Planungsrechtliche Einzelfragen städtebaulicher Verträge, ebd., S. 37, 43; dazu auch Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 261 f. 319 Vgl. dazu Lorenz, Dieter: Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, in: DVB1. 1997, S. 865 ff.; Scharmer, Eckart: ebd., S. 25, 32 f. 320 Vgl. zu Sicherheiten umfassend Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 227 ff. 321 Eine Vollstreckungsunterwerfung nach § 61 Abs. 1 VwVfG setzt dagegen einen subordinationsrechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG voraus und ist deshalb im Hinblick auf eine Folgelastenvereinbarung nicht anwendbar, vgl. dazu Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 229 f. Aller-
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1. Teil: Untersuchungsansatz
außerdem durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafenklausel erreicht werden. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners bieten diese Instrumente hingegen keine Sicherheit. Hier kann als effektives Sicherungsinstrument vor allem die Beibringung der Vertragserfüllungsbürgschaft einer Bank, gegebenenfalls aber auch eine sogenannte Patronatserklärung dienen 322 . In einer Patronatserklärung, die unterschiedlich „hart" ausgestaltet sein kann, sagt die Muttergesellschaft zu, die vertraglich involvierte Tochtergesellschaft finanziell so auszustatten, daß diese stets in der Lage ist, ihren vertraglichen Verpflichtungen fristgemäß nachzukommen. Ob die Muttergesellschaft bei Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten durch die Tochtergesellschaft tatsächlich in Anspruch genommen werden kann, hängt entscheidend von der Ausgestaltung der Patronatserklärung ab. Als effektives Sicherungsinstrument stellt sich somit letztlich vor allem wieder die Bereitstellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft einer Bank dar, die aufgrund der dem Investor entstehenden Bereitstellungskosten darüber hinaus einen wirtschaftlichen Anreiz zur zügigen Umsetzung der Folgekostenvereinbarungen schaffen kann 323 .
c) Planrealisierung Städtebauliche Verträge stellen schließlich, folgt man verwaltungswissenschaftlichen Stellungnahmen, „eine Garantie für eine größtmögliche Zielerreichung" nachfrageorientierter (politischer) Planung dar 3 2 4 . Kennzeichnend für den Aspekt der Planrealisierung ist also die politische Überwindung der Trennung von Planung und Planrealisierung, so daß ein vertraglicher Einfluß auf die wirtschaftliche Realisierung politisch gewünschter 325 Hochbauvorhaben in der Politik als Leistungserwartung an Wirtschaft (und Recht) behandelt werden kann. Zwei Gesichtspunkte werden vor diesem Hintergrund empirisch unterschieden: einerseits mit Blick auf vertragliche Bauverpflichtungen die Frage nach der Herstellung privater Hochbauvorhaben („ob") und andererseits Möglichkeiten, durch sonstige vertragliche Bin-
dings ist dogmatisch auch die Anwendbarkeit des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht unbestritten, vgl. ablehnend Birk, Hans-Jörg: Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98, 3. Aufl., 1999, S. 183 Rn. 491. 322 Vgl. dazu auch Menke, Reinard: Planungsrechtliche Einzelfragen städtebaulicher Verträge, in: Bunzel, Arno/Sander, Robert (Hrsg.): Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 38,40. Lucia: Verträge des Baugesetz323 So auch Nicolai, Helmuth von /Wagner, Karl/Wecker, buches, 1999, S. 46; Scharmer, Eckart: Flexibilität des städtebaurechtlichen Instrumentariums, in: Bunzel, Arno/Sander, Robert (Hrsg.): Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 25, 34; Menke, Reinard: Planungsrechtliche Einzelfragen städtebaulicher Verträge, ebd., S. 38,40. 324 Vgl. Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DOV 2000, S. 793, 800. 325 Z. B. wegen neu entstehender Arbeitsplätze oder in Erwartung erhöhter Gewerbesteuereinnahmen.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
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düngen im Sinne einer Feinsteuerung auf Detailfragen der Hochbauvorhaben politisch Einfluß zu nehmen („wie").
(1) Herstellung privater Hochbauvorhaben In Hinblick auf die Herstellung privater Hochbauvorhaben ist an befristete Bauverpflichtungen anzuknüpfen, die einen rechtlich zwingenden Bestandteil von Durchführungsverträgen darstellen, ebenso aber auch in städtebaulichen Verträgen im Zusammenhang mit der Aufstellung regulärer Bebauungspläne vereinbart werden können 326 . Die politische Bewertung dieser Bauverpflichtungen ist wiederum entscheidend von deren tatsächlicher Erfüllung bzw. den der Gemeinde zur Verfügung stehenden Mitteln ihrer Durchsetzung und Sicherung abhängig. (a) Vertragserfüllung Zur Beurteilung der Erfüllung von Hochbauverpflichtungen wird, wie schon im Zusammenhang mit Erschließungs- und Folgekostenvereinbarungen, auf vier Kategorien zurückgegriffen: 1. vertragsgemäße Realisierung, 2. verzögerte oder mangelhafte Realisierung 327, 3. endgültige Teil- oder Nichtrealisierung und 4. keine Angabe (insbesondere in Fällen laufender Realisierung, die von der Gemeinde noch nicht beurteilt werden kann). Auch hier sind zusätzlich zu diesen Kategorien „Vertragsmodifikationen" im Sinne einvernehmlicher Fristverlängerungen oder der Außervollzugsetzung der Bauverpflichtungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Investors denkbar 328 . (b) Durchsetzung und Sicherheiten Als gesetzliches Sicherungsmittel bei nicht fristgerechter Erfüllung der Bauverpflichtung ist lediglich im Regelungszusammenhang des Vorhaben- und Erschließungsplans eine entschädigungslose Aufhebung der vorhabenbezogenen Plansatzung vorgesehen 329. Im übrigen stehen der Gemeinde grundsätzlich die schon im 326 Vgl. die Durchführungspflicht in § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a.E. BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 1. Hs. a.E. BauGBMaßnG; § 12 Abs. 1 S. 1 a.E. BauGB; im Rahmen sonstiger städtebaulicher Verträge vgl. explizit § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. 327 Mängel werden sich allerdings vor allem auf die Abweichung von einzelnen Bindungen beziehen, die unter dem Gesichtspunkt der „Feinsteuerung" von Hochbauvorhaben näher untersucht werden sollen. 328 Vgl. Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/ Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 261; Scharmer, Eckart: Flexibilität des städtebaurechtlichen Instrumentariums, in: Bunzel, Arno/Sander, Robert: Städtebauliche Großvorhaben in der Umsetzung, 1999, S. 25, 31; Menke, Reinard: Planungsrechtliche Einzelfragen städtebaulicher Verträge, ebd., S. 37,43.
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1. Teil: Untersuchungsansatz
Kontext von Erschließungs- und Folgekostenvereinbarungen genannten Sicherungsinstrumente in Abhängigkeit vom Sicherungszweck zur Verfügung 330. Dabei werden zur Sicherung privater Hochbauverpflichtungen insbesondere die Vereinbarung einer Vertragsstrafe 331 oder eines kommunalen Grundstückskaufrechts 332 bei Nicht- oder verspäteter Erfüllung hervorgehoben. Vertragsstrafen und Grundstückskaufrechte setzen einen finanziellen Anreiz zu vertragsgemäßer Erfüllung, bieten aber keine Handhabe bei auf der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners beruhenden Erfüllungsproblemen. Hier helfen nur die ebenfalls bereits im Rahmen von Erschließungs- und Infrastrukturleistungen favorisierten Bankbürgschaften 333 oder - bei entsprechend „harter" Ausgestaltung - Patronatserklärungen weiter.
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben Der Gesichtspunkt der Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben greift die Frage auf, inwieweit die Gemeinde über Bau Verpflichtungen („ob") hinaus Einfluß auf Details der zu realisierenden Bauvorhaben („wie") gewinnen kann. Untersuchungsgegenstand sind damit zusätzliche vorhabenbezogene Bindungen im Rahmen von Durchführungs- und anderen städtebaulichen Verträgen 334, die der „elastischen Reaktion auf atypische Sachverhalte" in den Fällen dienen, in denen die Festsetzungsmöglichkeiten innerhalb von Plansatzungen nur unzureichende oder 329 Vgl. § 55 Abs. 5 BauZVO; § 6 Abs. 5 BauZVO; § 12 Abs. 6 BauGB. Zum praktischen Aufwand der Aufhebung einer Plansatzung und des Widerrufs der Baugenehmigung siehe aber auch Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl /Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 39. 330 Vgl. dazu Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 86 f. u. 227 ff. 331 Empfehlenswert in Verbindung mit der Unterwerfung unter die sofortige Völlstrekkung, um langwierige Streitverfahren über die Vertragsstrafe zu vermeiden, vgl. Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 39 u. 57 f. 332 Dabei kann es sich bei vorangegangenem Erwerb der zu bebauenden Grundstücke von der Gemeinde um ein Wiederkaufsrecht im Sinne des § 497 BGB oder andernfalls um ein notariell beurkundetes Kaufangebot an die Gemeinde (Ankaufsrecht), jeweils zum planungsunbeeinflußten Grundstückswert, handeln, die durch Auflassungsvormerkungen gemäß § 883 BGB gesichert werden können. Eingehend dazu Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/SchmidtEichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 233 ff.; siehe aber auch Grziwotz, Herbert: Städtebauliche Verträge vor den Zivilgerichten, in: NJW 1997, S. 237, 238 zu den aus der Grundbucheintragung resultierenden Schwierigkeiten der Kreditbeschaffung des Investors. 333 Zu den praktischen Schwierigkeiten der Beibringung von Bankbürgschaften für „nichtöffentliche" Leistungspflichten (wie z. B. den privaten Hochbau) siehe aber Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491, 502. 334 Vgl. die expliziten Regelungsbeispiele in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 u. 3 BauGBMaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB; im Kontext des Vorhaben- und Erschließungsplans bereits § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauZVO.
§ 3. Spezifikation beobachtungsleitender Unterscheidungen
105
ungeeignete Optionen bieten 335 . Vertragliche Bindungen konkretisieren in diesen Fällen die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen der Plansatzung oder gehen über jene hinaus 336 . Gegenstand der empirischen Beobachtung ist damit, inwieweit die Gemeinden in politischer Absicht auf diese Möglichkeiten zusätzlicher Bindungen zurückgreifen und sie - in Abhängigkeit von den damit gemachten Erfahrungen - als wirtschaftliche und rechtliche Leistungen des Instrumentariums städtebaulicher Verträge bzw. des Vorhaben- und Erschließungsplans ansehen. Als Anwendungsfelder zusätzlicher Bindungen kristallisieren sich vor allem drei Bereiche heraus: Einerseits die Festsetzung bestimmter wirtschaftlicher Nutzungsbindungen sowohl bei Gewerbe- als auch bei Wohnungsbauvorhaben. Dabei geht es um Vermietungs- und Verkaufsbindungen hinsichtlich der vom Investor zu erstellenden Bauvorhaben (sozialer Wohnungsbau zugunsten einkommensschwacher Bevölkerungsschichten, sog. Einheimischenmodelle im Wohn- und Gewerbebereich) 337 , Vorgaben zur Art der Nutzung (z. B. „autofreies Wohnen" 338 ) oder zeitbezogene Nutzungseinschränkungen (z. B. Spielzeiten für Sportanlagen u. a.). Andererseits können besondere Anforderungen an Ausführung und Gestalt des Baukörpers bzw. der umliegenden Freiflächen Gegenstand vertraglicher Regelungen sein. Solche gestaltungsbezogenen Vereinbarungen betreffen neben Einzelvorgaben beispielsweise die Bindung an ein Gestaltungshandbuch, die Vorlage und Einhaltung eines architektonischen Entwurfs oder die Einrichtung einer städtebaulichen Oberleitung zur kontinuierlichen Abstimmung gestalterischer Fragen 339 .
335 Vgl. Kahl, Wolfgang: Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, in: DÖV 2000, S. 793, 799 f.; zur Baulandbereitstellung im Wege „gesetzesfreier Verträge" bereits Breuer, Rüdiger: Bauplanungsrechtliche Instrumente zum Schutz der Sozialstruktur, 1985, S. 47 ff.; zu Verträgen als Lösungsoption bei temporären Nutzungen vgl. Pietzcker, Jost: „Baurecht auf Zeit", in: NVwZ 2001, S. 968, 972 ff.; mit Blick die „Attraktivität" der „Kombination von ,schlankem4 Bebauungsplan und ergänzendem Vertrag ... zur Sicherung der städtebaulichen Qualitäten" Lüpke, Dieter von: Aktuelle Fragen der Bauleitplanung, Vortrag im 404. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin „Bauleitplanung in der Praxis" vom 10.-12. 4. 2000. 336 Die Festsetzungsmöglichkeiten von Bebauungsplänen bestimmt im Grundsatz § 9 BauGB in Verbindung mit der BauNVO. Diese sehen jedoch nur in beschränktem Umfang nicht bodenrechtliche Verpflichtungen des Vertragspartners vor (z. B. in § 9 Abs. 1 Nr. 7 u. 8 BauGB), vgl. dazu Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 84; Müller, Karl: Der Vorhaben- und Erschließungsplan - rechtliche und praktische Aspekte, in: BauR 1996, S. 491, 503. Abweichende Festsetzungen sind nur innerhalb von Vorhaben- und Erschließungsplänen zulässig, vgl. § 55 Abs. 1 S. 3 BauZVO; § 7 Abs. 1 S. 3, 1. Hs. BauGBMaßnG; § 12 Abs. 3 S. 1, 1. Hs. BauGB. Zum fehlenden „Festsetzungserfindungsrecht" der Gemeinde siehe BVerwG, Beschluß v. 17. 12. 1992 -4 N 2.91-, E 91, S. 318, 324 ff.; BVerwG, Urt. v. 11. 2. 1993 -4 C 18.91-, E 92, S. 56, 60 ff. 337 Vgl. Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Städtebauliche Verträge, 2. Aufl., 1999, S. 93 ff., 104 ff., 117 ff.; Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 39 ff. 338 Vgl. Bunzel, Arno/Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: ebd., S. 132 f. 339 Zu diesen Beispielen dies.: ebd., S. 125 ff.; vgl. ferner Lorz, Alexander: Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, in: DÖV
106
1. Teil: Untersuchungsansatz
Schließlich ist es - als dritter Bereich - möglich, umweltschützende Vorgaben in städtebauliche Verträge aufzunehmen (Immissionsschutzstandards340, Vorgaben zur Wärme- und Energieversorgung 341, Verwendung ökologischer Baustoffe 342 u. a.). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Vielzahl weiterer Bindungen: beispielsweise die Pflicht zur Schaffung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen nach Fertigstellung des Bauvorhabens 343, die Auflage der Beauftragung lokaler Firmen bei der Errichtung von Vorhaben 344, Geh-, Fahr- und Leitungsrechte usw. Zur rechtlichen Sicherung dieser Bindungen können - neben anderen Sicherungsinstrumenten 345 - wiederum insbesondere kommunale Ankaufs- und Wiederkaufsrechte 346 sowie Vertragsstrafen 347 vorgesehen werden.
2002, S. 177, 181; Spannowsky, Willy: Vertragliche Regelungen als Instrumente zur Sicherung der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, in: DOV 2000, S. 569, 572 f. 340 Vgl. dies.: ebd., S. 115 f. 341 Vgl. dies.: ebd., S. 132. 342 Vgl. dies.: ebd., S. 128. 343 Siehe dies.: ebd., S. 116 f. 344 Vgl. dies.: ebd., S. 121 ff. 345 Zur Sicherung von Nutzungsbindungen durch Grunddienstbarkeiten und öffentlichrechtliche Baulasten siehe dies.: ebd., S. 244 ff.; zu sog. Aufzahlungsverpflichtungen bei verbilligter Abgabe von Grundstücken im Rahmen von Einheimischenmodellen vgl. Grziwotz, Herbert: Einführung in die Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, in: JuS 1998, S. 1013,
1018.
346 Insbesondere zur Sicherung von Nutzungsbindungen, vgl. Bunzel, Arno /Coulmas, Diana/ Schmidt-Eichstaedt, Gerd: ebd., S. 234; siehe auch Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: Verträge des Baugesetzbuches, 1999, S. 43. 347 Siehe dazu im Zusammenhang mit der Einhaltung „langfristiger Bindungen" und gestalterischer Anforderungen wiederum Bunzel, Arno /Coulmas, Diana/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: ebd., S. 248; ferner Nicolai, Helmuth von/Wagner, Karl/Wecker, Lucia: ebd., S. 43 u. 58.
Zweiter Teil
Empirische Erhebung § 4. Empirisch-methodisches Vorgehen I. Untersuchungszeitraum Zur Untersuchung vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts war einerseits ein Untersuchungszeitraum zu wählen, der sich an der unterschiedlichen rechtlichen Ausdifferenzierung dieser Instrumente orientiert. Andererseits sollte die Anwendungspraxis in den neuen wie den alten Bundesländern in einem vergleichbaren Zeitraum erfaßt werden. Zeitliche Anhaltspunkte resultierten damit vorrangig aus der erstmaligen Regelung des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans bzw. einer normativen Ausdifferenzierung städtebaulicher Verträge durch die BauZVO (DDR) 1 , der Fortgeltung dieser Instrumente in den neuen Bundesländern zum 3. 10. 1990 gemäß § 246 a BauGB2, ihrer bundeseinheitlichen Regelung zum 1.5. 1993 im Rahmen des BauGBMaßnG3 sowie den entsprechenden Novellierungen der BauGB4, die am 1. 1. 1998 in Kraft getreten sind. Vor diesem Hintergrund wurde im Juni 2000 für eine einheitliche Längsschnittuntersuchung des Zeitraums vom 7. 1. 1991-31. 12. 1999 optiert. Die Planungspraxis in den neuen Bundesländern wurde dabei allerdings bereits seit dem 3. 10. 1990 einbezogen. Besondere Praxishinweise für die Zeit ab 1. 1. 2000 fanden ebenfalls Berücksichtigung.
II. Untersuchungseinheit 1. Fallstudie Unter dem Gesichtspunkt der Untersuchungseinheit mußte eine Entscheidung zwischen der Untersuchung einer beschränkten Anzahl von Gemeinden (Fallstudie) 1 Vgl. Bauplanungs- und Zulassungsverordnung v. 20. 6. 1990, GBl. (DDR) I, S. 739. Vgl. den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands v. 31. 8. 1990, Kap. XIV, Abschn. I I 1, BGBl. II, S. 889, 1122 ff. 3 Vgl. die Änderung des BauGBMaßnG durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz v. 22. 4. 1993, BGBl. I, S. 466. 4 Vgl. Bau- und Raumordnungsgesetz BauROG v. 18. 8. 1997, BGBl. I, S. 2081. 2
108
2. Teil: Empirische Erhebung
oder einer umfassenden Studie in möglichst vielen Gemeinden getroffen werden5. Dabei waren der Gegenstand der gestellten Forschungsfragen sowie forschungsökonomische Grenzen (Zeit- und Personalkapazität) maßgebend. Die hier verfolgten Forschungsfragen nach verschiedenen Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur sowie politischen Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente zeichneten sich durch eine erhebliche Differenzierung aus, die eine hohe „Intensität" der Erhebung erwarten ließ. Eine solche Erhebung für einen Untersuchungszeitraum von zehn Jahren durchzuführen, erschien nur bei begrenzter Untersuchungseinheit sinnvoll durchführbar. Für die Zwecke der vorliegenden, nicht auf Hypothesenprüfung oder Gewinnung „repräsentativer" Daten angelegten Untersuchung überwogen deshalb die Vorteile einer begrenzten Fallstudie6. So kann eine Erhebung kleineren Umfangs stärker „in die Tiefe gehen", eine Mehrzahl von Personen eingehend befragen und anschließend das gewonnene Material detaillierter und nicht nur auf statistische Kennwerte verdichtet auswerten. Insoweit wird dem Fallstudienansatz unter dem Paradigma qualitativer Sozialforschung zunehmend ein größerer Stellenwert beigemessen, während ihm im Rahmen traditioneller quantitativer Forschung eher heuristische Funktion, etwa als hypothesengenerierende Vorstudie zu einer evaluierenden Hauptstudie, beschieden war. Die vorliegende Untersuchung wurde dabei im Anschluß an Lijphart als eine interpretative Fallstudie („interpretative case study") angelegt7, welche die Theorie autopoietischer Systeme zum Zwecke einer präziseren Beobachtung der zu untersuchenden sozialen Phänomene einsetzt8.
2. Auswahl der Untersuchungsstädte Bei der Auswahl der im Rahmen der Fallstudie zu untersuchenden Gemeinden waren drei Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Einerseits und an erster Stelle wiederum sachliche, am Forschungsinteresse orientierte Kriterien, andererseits forschungspraktische Aspekte und schließlich drittens Notwendigkeiten, welche die Einbindung der vorliegenden Studie in ein größeres Gesamtprojekt mehrerer Doktoranden nach sich zog. 5 Siehe dazu Friedrichs, Jürgen: Methoden empirischer Sozialforschung, 14. Aufl., 1990, 5. 126 (zum Terminus der „Untersuchungseinheit") u. 155 f.; Rehbinder, Manfred: Rechtssoziologie, 4. Aufl., 2000, Rn. 53 (unter dem Gesichtspunkt des „Untersuchungsobjekts"); Schnell, Rainer /Hill, Paul B./Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Aufl., 1999, S. 235 ff. („Untersuchungsformen"). 6 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 445. 7 Vgl. Lijphart, Arend: Comparative Politics and the Comparative Method, in: The American Political Science Review 65 (1971), S. 682, 692. 8 Zu anderen Fallstudienansätzen im Bereich des Städtebau(recht)s vgl. Hellstern, Michael/Wollmann, Hellmut: Zur Leistungsfähigkeit von Fallstudien - am Beispiel einer Sanierungsuntersuchung, in: Kevenhörster, Paul/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Kommunalpolitische Praxis und lokale Politikforschung, 1978, S. 349 ff. (ebenfalls eine Studie mit „vorgängigem Problem- und Theoriewissen"); Schäfer, Rudolf /Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Praktische Erfahrungen mit dem Bundesbaugesetz, Forschungsbericht, 1984, S. 29 ff.
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
109
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Untersuchung bestand in einer explorativen Untersuchung der „neuen" Vertragsinstrumente im „normalen" Planungsalltag von Gemeinden. Dazu sollte unter sachlichen Gesichtspunkten einmal die im Untersuchungszeitraum unterschiedliche Rechtslage in den alten und neuen Bundesländern berücksichtigt werden. Gleichzeitig war die vorliegende Untersuchung bestrebt, keine kommunalen „Sonderfälle" zu untersuchen, Gemeinden also, die bereits durch eine bestimmte - extensive oder restriktive - Handhabe vertraglicher Instrumente oder entsprechende politische Programme mit „Modellcharakter" hervorgetreten sind. Hinsichtlich des konkreten politischen Rückgriffs auf vertragliche Instrumente stand also das Prinzip der Zufälligkeit vor Augen9. Aus forschungspraktischen Gründen war sowohl auf die zu erwartende Kooperationsbereitschaft der Kommunen als auch auf deren grundsätzliche Kenntnis der hier zu untersuchenden Instrumente zu achten. Die Bereitschaft der Kommunen bzw. ihrer Mitarbeiter, ein wissenschaftliches und damit nicht unmittelbar politisch nutzbringendes Forschungsprojekt zu unterstützen, wurde als entscheidend für die Gewinnung informativer und verwertbarer Untersuchungsergebnisse angesehen10. Die Einbindung der vorliegenden Studie in ein größeres Forschungsprojekt, bei dem alle empirischen Teilprojekte auf dieselbe Untersuchungseinheit zurückgreifen sollten, zwang schließlich zu einer Städteauswahl, die für andere Teilprojekte die Möglichkeit der Bildung vergleichbarer Städtepaare in den neuen und alten Bundesländern unter Drittgesichtspunkten offen hielt. In Anbetracht dieser zahlreichen Anforderungen wurden sechs größere Städte in fünf verschiedenen Bundesländern ausgewählt. In den alten Bundesländern waren dies Hannover 11, Münster 12 und Wolfsburg 13 und in den neuen Bundesländern Leipzig 14 , Magdeburg 15 und Eisenhüttenstadt16. Mit dieser Auswahl ließen sich 9 Weitere denkbare Kriterien einer „bewußten" Auswahl, wie beispielsweise politische Mehrheiten, landesrechtliche Besonderheiten usw., wurden nicht herangezogen. 10 Siehe bereits die Erfahrungen bei Hellstern, Michael/Wollmann, Hellmut: Zur Leistungsfähigkeit von Fallstudien - am Beispiel einer Sanierungsuntersuchung, in: Kevenhörster, Paul/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Kommunalpolitische Praxis und lokale Politikforschung, 1978, S. 349, 372. 11 Landeshauptstadt Hannover, Niedersachsen, 509336 Einwohner (Hauptwohnsitz), 204 km 2 Stadtfläche, vgl. Statistischer Vierteljahresbericht Hannover, Jahresübersicht 1999, 98. Jahrgang, 1999. 12 Stadt Münster, Nordrhein-Westfalen, 264489 Einwohner (Hauptwohnung), 302,2 km 2 Stadtfläche, vgl. Stadt Münster, Statistischer Jahresbericht 1998, S. 15 u. 35. 13 Stadt Wolfsburg, Niedersachsen, 123745 Einwohner, 203,9 km 2 Stadtfläche, vgl. Stadt Wolfsburg: Statistisches Jahrbuch 1999, S. 7 u. 10. Durch die Gründung als „Stadt-desKdF-Wagens bei Fallersleben" im Jahre 1938 war und ist die Stadt eng mit dem Volkswagenwerk verbunden, so daß ihr innerhalb der ausgewählten Untersuchungsstätte (neben Eisenhüttenstadt) eine Sonderrolle im Hinblick die Verknüpfung wirtschaftlicher und politischer Interessen zukam, vgl. nur Herlyn, Ulfert/Tessin, Wulf: Faszination Wolfsburg. 1938-2000, 2000. 14 Stadt Leipzig, Freistaat Sachsen, 494331 Einwohner, 297,5 km 2 Stadtfläche, vgl. Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Daten und Informationen 2000, Stand 1.1. 2000.
110
2. Teil: Empirische Erhebung
sowohl die in den alten und neuen Bundesländern im Untersuchungszeitraum unterschiedlichen Rechtsprogramme berücksichtigen als auch die von den anderen Teilprojekten geforderten paarweisen Vergleichsmöglichkeiten realisieren. Kommunalpolitische Besonderheiten in der Anwendung vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts waren für die ausgesuchten Städte aus der verfügbaren Literatur nicht ersichtlich. Problematisch gestaltete sich lediglich der Aspekt der Kooperationsbereitschaft im Fall der Stadt Eisenhüttenstadt. Dort blieb nach der ersten Kontaktaufnahme ein intensives Bemühen um weiterführende Terminabsprachen ohne Erfolg, so daß von einer weiteren Einbeziehung dieser Stadt in die vorliegende Studie abgesehen werden mußte.
3. Feldzugang Unter dem Stichwort des „Feldzugangs" soll nach erfolgter Auswahl der Untersuchungsstädte schließlich der Frage nachgegangen werden, an welcher Stelle die vorliegende Untersuchung in den einzelnen Städten ansetzt17. Mit der Konzentration der beiden Forschungsfragen auf die Beobachtung vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts in der politischen Kommunikation wurde das Forschungsdesign bereits auf die Organisation Gemeinde ausgerichtet. Innerhalb der Organisation Gemeinde sind jedoch verschiedene Stellen mit der politischen Entscheidung und Entscheidungsvorbereitung zu vertraglichen Instrumenten des Städtebaurechts befaßt - einerseits der Rat als oberstes Entscheidungsorgan und andererseits die diesem zuarbeitende Administration, also die Verwaltung einer Stadt. Innerhalb der Stellenstruktur der Verwaltung findet schließlich wiederum eine organisatorische Spezialisierung entlang verschiedener Themen statt - für den hier interessierenden Bereich des Städtebaus regelmäßig die Bauverwaltung. Während auf relevante Entscheidungen des Rates insbesondere über Ratsdrucksachen und sonstige schriftlich dokumentierte Kommunikationen zugegriffen werden konnte, hat sich die Untersuchung im übrigen auf den thematisch spezialisierten und forschungspraktisch besser erreichbaren Bereich der Bauverwaltung gestützt, der einerseits ebenfalls über schriftliche Dokumente, andererseits aber auch im Wege der Befragung beobachtet werden konnte.
15 Landeshauptstadt Magdeburg, Sachsen-Anhalt, 235072 Einwohner, 193,0 km 2 Stadtfläche, vgl. http://www.magdeburg.de/Stadt / Daten+Fakten.html (Stand 31. 12. 1999). 16 Stadt Eisenhüttenstadt, Brandenburg, 44773 Einwohner, 63,6 km 2 Stadtfläche, bis 1993 kreisfreie Stadt, vgl. www.eisenhuettenstadt.de/allgemein/allgemein.htm (Abfrage v. 20. 8.
2001).
17 Siehe zum „Zugang zu Institutionen" und dem (dort weiter gefaßten) Begriff des „Feldzugangs" Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, S. 70 u. 72 ff.
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
111
I I I . Erhebungsmethoden Mit Blick auf den traditionellen Methodenkanon der empirischen Sozialforschung18 - Befragung, Dokumentenanalyse und Beobachtung - war für die vorliegende Untersuchung vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts neben einer Dokumentenanalyse insbesondere eine Wahl zwischen schriftlicher (Fragebogen) und mündlicher Befragung (Interview) zu treffen 19. Diese Entscheidung zwischen Fragebogen oder Interview mußte sich wiederum an den zu beantwortenden Forschungsfragen und an Aufwand und Kosten der gewählten Methode orientieren. Mit der Entscheidung für eine Fallstudie und einer damit ohnehin beschränkten Zahl zu untersuchender Städte konnten sich die Überlegungen dabei ganz auf Sachaspekte konzentrieren. Als Vorteile schriftlicher Befragungen werden im allgemeinen angeführt, daß die Befragten die gestellten Fragen besser durchdenken können, das persönliche Verhalten des Interviewers keinen Einfluß auf die Antworten der Interviewten hat und insgesamt mit geringerem Forschungsaufwand bei der Erhebung und gegebenenfalls der Auswertung zu rechnen ist 20 . Für die vorliegende Untersuchung mußte hingegen erwartet werden, daß die genannten Vorteile nicht zum tragen kommen, sich im Gegenteil sogar entscheidende Nachteile aus einer schriftlichen Befragungsweise ergeben könnten. Einerseits war innerhalb der Bauverwaltungen mit einer unterschiedlichen sachlichen Zuständigkeit für die hier zu untersuchenden vertraglichen Instrumente zu rechnen, die eine Beteiligung mehrerer Amter notwendig machen würde. Eine solche Mehrfachbeteiligung hätte sich bei einer schriftlichen Fragebogenaktion jedoch kaum beeinflussen lassen, so daß mit der (willkürlichen) Beteiligung einzelner Ämter oder einer Antwortverweigerung der Gemeinde insgesamt aus Gründen des Arbeits- und Organisationsaufwands und damit einer geringen Rücklaufquote gerechnet werden mußte21. Andererseits brachten die angestrebten Forschungsinteressen differenzierte Fragestellungen mit sich, deren Beantwortung sowohl nicht unerheblichen Zeitaufwand (wiederum mit der Gefahr einer unvollständigen Beantwortung eines Fragebogens) erwarten als auch Nachfragemöglichkeiten auf Seiten des Befragten wie des Befragenden angeraten erscheinen ließen22. Schließlich mußte auch den Merk18
Vgl. dazu im einzelnen Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, Kapitel C, S. 371 ff.; Schnell, Rainer/Hill, Paul BJEsser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Aufl., 1999, Kapitel 7, S. 297 ff., wo teilweise „nicht-reaktive Verfahren" gesondert behandelt werden; für den Bereich der Rechtssoziologie siehe nur Rehbinder, Manfred: Rechtssoziologie, 4. Aufl., 2000, Rn. 62 ff. 19 Vgl. dazu auch die Entscheidungslagen bei Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997, S. 31 u. 102 f.; Schlette, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 241 ff. 20 Vgl. allgemein zu den methodischen Vor- und Nachteilen schriftlicher Befragung Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 439. 21 Vgl. die aufschlußreichen Erfahrungen bei Schäfer, Rudolf/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Praktische Erfahrungen mit dem Bundesbaugesetz, Forschungsbericht, 1984, S. 35 f.; Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997, S. 35 u. 127 f.
112
2. Teil: Empirische Erhebung
malen oder dem Verhalten des Interviewers kein besonderes Gewicht beigemessen werden, da sich die vorliegende Untersuchung auf die berufliche Rolle der Befragten als Mitarbeiter der Bauverwaltung, nicht jedoch auf persönliche Einstellungen in „privaten" Kontexten bezog23. Darüber hinaus ergaben sich aus „forschungspraktischen" Gründen lediglich personelle und zeitliche, dank einer Drittfinanzierung jedoch keine die Erhebungsmethode finanziell von vornherein auf eine Fragebogenumfrage einschränkende Restriktionen. In Anbetracht des hier verfolgten Forschungsanliegens, Strukturveränderungen durch und Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente des Städtebaurechts in einer begrenzten Fallstudie zu untersuchen, erschien deshalb die Durchführung von Interviews in den Gemeinden ein gegenüber der Datenerhebung mittels Fragebögen geeigneteres Vorgehen. Im Sinne einer Methodenkombination wurden die Interviews dabei durch eine Dokumentenanalyse von statistischen Daten, Ratsund Verwaltungsdrucksachen und sonstiger lokaler „grauer" Verwaltungsliteratur (Vortragsmanuskripte, interne Rundschreiben etc.) ergänzt.
1. Leitfadenunterstützte Experteninterviews Die vorliegende Untersuchung bedient sich sog. leitfadenunterstützter Experteninterviews 24. Experteninterviews unterscheiden sich von anderen mündlichen Befragungen (Interviews) dadurch, daß Personen in bestimmten Rollen nämlich „Funktionsträgerinnen innerhalb eines organisatorischen oder institutionellen Kontextes"25 - als Gesprächspartner dienen. Die Verwendung eines Leitfadens soll dabei einerseits eine Strukturierung des Interviews im Hinblick das Forschungsthema sicherstellen, andererseits aber das Gespräch weder im Hinblick auf die Themen, noch die Themenfolge zu stark einengen. So verstandene „qualitative" Sozialforschung ist vorrangig an den „Sinndeutungen" des Befragten interessiert 26 , wobei der Interviewtext als „Dokument einer sozialen Struktur" betrachtet werden kann 27 . Im Sinne einer systemtheoretisch informierten empirischen Sozial22 Vgl. wiederum Bartscher, Bruno: ebd., 1997, S. 32 f. u. 125. 23 Sofern dieser Gesichtspunkt nicht ohnehin allein den in der hypothesenprüfenden Sozialforschung befürchteten intersubjektiven „Wahrnehmungsverzerrungen" geschuldet ist. 24 Vgl. hierzu insbesondere Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: Expertinneninterviews vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Garz, Detlef / Kraimer, Klaus (Hrsg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung, 1991, S. 441 ff.; siehe auch Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, S. 109 ff.; Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, 5. 446 ff. (unter dem Stichwort des fokussierten Interviews). 25 Vgl. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: ebd., S. 444, die darüber hinaus zwischen „Betriebswissen" und „Kontextwissen" unterscheiden (S. 446 ff.) 26 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 444. (Hervorhebung im Original) 27 Vgl. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: ebd., S. 458; siehe auch Pohl, Jürgen: Qualitative Verfahren, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Methoden und In-
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
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forschung kann von einer wissenschaftlichen Beobachtung der (kommunizierten) Beobachtungen der Interviewpartner gesprochen werden. Dabei erfolgt genaugenommen keine unmittelbare Beobachtung politischer Kommunikation, sondern politische Kommunikation (in der Bauverwaltung) ist Gegenstand der Beobachtungen des Interviews als eines sozialen Interaktionssystems, das seinerseits im Rahmen der Auswertung wissenschaftlich beobachtet werden kann. Die im Interview beobachteten Kommunikationen werden dabei nicht dem Gesprächspartner als Individuum zugerechnet, sondern als Vollzug teilsystemischer, nämlich politischer Autopoiesis in der Organisation Gemeinde angesehen28.
2. Dokumentenanalyse Im Grundsatz nichts anderes gilt für den Zugriff auf schriftliche Dokumente der kommunalen Bauverwaltung (Vortragsmanuskripte, Strategiepapiere, Drucksachen, Vertragstexte, Planunterlagen). Während die traditionelle empirische Sozialforschung darauf hinweist, daß „Dokumente die Wirklichkeit nur in einem Spiegel wiedergeben" 29, konnten (und sollten) verwaltungsinterne Dokumente aufbauend auf einem systemtheoretischen Untersuchungsansatz als politische Kommunikationen, also als politisch konstruierte und reduzierte „Realität", beobachtet werden. Der Vorteil von Dokumenten besteht dabei insbesondere darin, Daten bzw. Kommunikation aus der Vergangenheit beobachten zu können, sich also das schriftliche „Gedächtnis" der Organisation Gemeinde zunutze zu machen.
strumente räumlicher Planung, Handbuch, 1998, S. 95, 108, nach dem „Personen bzw. sprachliche Äußerungen lediglich der - allerdings besonders wichtige - Zugang zur sprachlich und in kommunikativer Interaktion hergestellten sozialen Wirklichkeit (sind)." 28 Vgl. dazu explizit Nassehi, Armin: Gesellschaftstheorie und empirische Forschung, in: SoSy 4 (1998), S. 199, 205. Aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang auch - völlig ohne systemtheoretischen Bezug - die umfassenden methodischen Überlegungen von Hellstern, Michael/Wollmann, Hellmut: Zur Leistungsfähigkeit von Fallstudien - am Beispiel einer Sanierungsuntersuchung, in: Kevenhörster, Paul/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Kommunalpolitische Praxis und lokale Politikforschung, 1978, S. 349, 358 ff. Die dort angestellten Überlegungen, den Maßnahmeverlauf bzw. unterschiedliche „Erfolgsgrade" städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen analytisch meßbar zu machen (zu operationalisieren), kommen zu dem Ergebnis, daß entsprechende Indikatoren ohne eine sachlich kaum zu rechtfertigende Verkürzung der Ursache-Wirkungszusammenhänge „kaum zu entwickeln sind", weshalb als „eine zumindest brauchbare Lösung" auf „ein Verfahren subjektiver Einschätzung (judgment')" der beteiligten Akteure und Projektbearbeiter zurückgegriffen wird. 29 Vgl. Rehbinder, Manfred: Rechtssoziologie, 4. Aufl., 2000, Rn. 63, der beispielsweise auf die auf Sachverhalt und Entscheidungsgründe reduzierte „Wirklichkeit" verweist, die im Rahmen einer „Rechtsprechungsanalyse" beobachtet werden könne. Ähnlich im Sinne einer „Realität eigener Art" bereits Blankenburg, Erhard: Die Aktenanalyse, in: ders. (Hrsg.): Empirische Rechtssoziologie, 1975, S. 195.
8 Tietze
114
2. Teil: Empirische Erhebung
IV. Durchführung der Untersuchung 1. Vorbereitungsphase Parallel zur Ausarbeitung der Untersuchungskonzeption wurden im Mai/Juni 2000 erste Vorgespräche mit mehreren Stadtplanern und Justitiaren aus den Bauverwaltungen von Dresden, Döbeln und Leipzig geführt, deren Ziel die Diskussion und Präzisierung der zu verfolgenden Forschungsfragen war. Anschließend wurde auf der Grundlage der Untersuchungskonzeption ein erster Gesprächsleitfaden ausgearbeitet, der im Juli 2000 in Leipzig einem sog. Pre-test unterzogen werden konnte 30 . Hiernach, aber auch noch im Anschluß an die ersten Interviews zeigte sich, daß der Leitfaden einerseits zu umfangreich konzipiert war, andererseits sehr schwierig zu ermittelnde Fragestellungen enthielt und deshalb nicht im vollen Umfang umgesetzt werden konnte. Der Fragenkatalog wurde daraufhin nochmals überarbeitet und anschließend in der dabei gewonnenen Form bei allen weiteren Interviews verwandt. Ferner konnte den Erfahrungen anderer kommunalwissenschaftlicher Untersuchungen der Hinweis entnommen werden, daß es angeraten ist, noch vor Beginn der eigentlichen empirischen Erhebungen eine Abstimmung des Projekts mit dem zuständigen kommunalen Spitzen verband herbeizuführen 31. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wurde deshalb unterstützt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen rechtzeitig Kontakt zum Deutschen Städtetag aufgenommen, der daraufhin die anvisierten Untersuchungsstädte über die geplante Studie unterrichtet und um entsprechende Unterstützung gebeten hat.
2. Untersuchungsphase Mit einem an die jeweiligen Baudezernenten gerichteten Anschreiben, das die empirischen Zielsetzungen des Projekts erläuterte und um die Unterstützung der Kommunen trotz des zwangsläufig damit verbundenen Verwaltungsaufwands warb, wurde Ende Juli 2000 erstmalig an die Untersuchungsstädte herangetreten, in dessen Folge mit den Dezernenten oder anderen leitenden Mitarbeitern (mit Ausnahme von Eisenhüttenstadt) Termine für Eingangsgespräche vereinbart werden konnten. Mit dem Anschreiben wurde ebenfalls ein Fragenkatalog zur Vorbereitung auf die Interviews sowie ein Bogen mit Angaben zu den benötigten statistischen Daten über den Einsatz vertraglicher Instrumente versandt. Im Zuge der Eingangsgespräche konnten im Hinblick auf die unterschiedlichen Amterzuständig30 Vgl. zum angeratenen Pre-test neu konstruierter Erhebungsinstrumente nur Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 169 u. 190. 31 Vgl. (mit erheblichen konzeptionellen Folgen einer nicht rechtzeitigen Abstimmung) Bartscher, Bruno: Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997, S. 122 ff.; ähnliche Hinweise auch bei Schiene, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 247.
§ 4. Empirisch-methodisches Vorgehen
115
keiten eine Vielzahl weiterer Gesprächspartner festgelegt werden, die nach entsprechender Vertraulichkeitszusage auch ausnahmslos bereit waren, die erbetenen Experteninterviews durchzuführen. So wurden im Zeitraum von September bis Dezember 2000 bei einem in der Regel einwöchigen Aufenthalt in den untersuchten Städten 59 Interviews mit 53 Personen geführt 32. Dabei handelte es sich sowohl um leitende Mitarbeiter mit entsprechendem „Überblickswissen" als auch um Mitarbeiter, die im speziellen zu einzelnen hier relevanten Forschungsfragen Auskunft geben konnten33. Abgesehen von vier Gesprächen in Hannover bzw. Wolfsburg wurden ausschließlich Einzelinterviews ausgewertet, so daß Beeinflussungen der Gesprächspartner untereinander, etwa aus einem Vorgesetztenverhältnis heraus, vermieden werden konnten34. Mit Hilfe der leitfadenorientierten Gesprächsführung ließ sich fast immer der Balance zwischen einem begrenzten Forschungsinteresse und einer zugleich offenen Gesprächsführung Rechnung tragen. So implizierte der Leitfaden kein zwingendes zeitliches Ablaufmodell der Gespräche. Vielmehr waren die innerhalb der Bauverwaltungen weit verteilten, unterschiedlichen Zuständigkeiten der Gesprächspartner zu beachten, die bereits einer vollständigen „Abarbeitung" des Leitfadens in jedem Gespräch entgegenstanden. Gleichzeitig ermöglichte die Verteilung der Gesprächspartner innerhalb derselben Bauverwaltung aber auch ein „cross checking" 35 unterschiedlicher Stellungnahmen in dem Sinne, daß bestimmte politische Entscheidungsstrukturen nachgefragt und besser nachvollzogen werden konnten. Auf verwaltungsinterne Dokumente sowie statistische Datenbanken zu städtebaulichen Verträgen und Bebauungsplanverfahren konnte nicht in allen Städten bzw. nur in ganz unterschiedlichem Umfang zurückgegriffen werden 36.
3. Auswertung und Ergebnisdiskussion Die Auswertung der Experteninterviews bzw. Dokumente erfolgte im Wege einer qualitativen Inhaltsanalyse, für die eine systematische Strukturierung, Zusammenfassung und/oder Explikation des empirischen Materials unter Verwendung 32 Die Numerierung der Interviews (Nr. 1 - 64) weist fünf unbesetzte Ziffern auf, die sich durch nicht zustande gekommene oder wegen Sachfremdheit nicht eingearbeitete Interviews erklären. 33 Bei den Nachweisen zu den geführten Interviews wurden Personen in Planstellen eines Abteilungs-, Amts- oder Dezematsleiters als „leitende Mitarbeiter" gekennzeichnet. 34 Diejenigen Interviews, bei denen gleichzeitig weitere Personen anwesend waren, sind als solche gekennzeichnet. 35 Vgl. dazu Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: Expertinneninterviews - vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Garz, Detlef/ Kraimer, Klaus (Hrsg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung, 1991, S. 441,467. 36 In Hannover und Wolfsburg standen beispielsweise für den hier interessierenden Untersuchungszeitraum keine Datenbanken zu den durchgeführten bauplanungsrechtlichen Verfahren zur Verfügung. Zu Einzelheiten vgl. die Erhebungsergebnisse der betreffenden Städte.
8*
116
2. Teil: Empirische Erhebung
theoretisch abgeleiteter Kategorien kennzeichnend ist 37 . Für die vorliegende Untersuchung bedeutete das eine schrittweise Strukturierung und anschließende Zusammenfassung der Interviewtexte entlang der beiden Forschungsfragen und der sie konkretisierenden beobachtungsleitenden Unterscheidungen, wobei zur Klärung und Ergänzung von Textstellen das recherchierte Dokumentenmaterial herangezogen werden konnte 38 . Die Auswertung der Interviews beruht dabei zunächst auf einer schwerpunktartigen Transkription der mehrheitlich auf Tonband protokollierten Gespräche. Soweit die Gesprächspartner sich nicht mit einer Aufzeichnung ihrer Interviews einverstanden erklärt hatten, mußte auf handschriftliche Gesprächsnotizen zurückgegriffen werden. Die Entscheidung für eine Transkription oder für eine Paraphrasierung von Gesprächsteilen orientierte sich an der „Sachnähe" des Gesprächsverlaufs im Hinblick auf die zu untersuchenden Forschungsfragen. Dabei wurde darauf geachtet, daß die Paraphrase die Aussage des Gesprächspartners nicht unzulässig verkürzt 39 . Da sich die Interviews in vielen Fällen durch eine vielschichtige Verzahnung von Aussagen auszeichneten, wurden einzelne Passagen, in denen gleiche oder ähnliche Themen angesprochen worden waren, zunächst zusammengeführt. Anschließend erfolgte die Zuordnung der Textstellen zu den einzelnen Forschungsfragen - zuerst innerhalb jedes Interviews, dann für alle Interviews derselben Stadt. Danach wurde diese Zuordnung gemeinsam mit den aus den Dokumenten gewonnenen Daten und Materialien zu einer „vorläufigen Auswertung" zusammengestellt. Auf der Grundlage dieser vorläufigen Auswertung, die noch keine wissenschaftliche Interpretation der Untersuchungsergebnisse umfaßte, wurden schließlich im Mai 2001 in allen untersuchten Städten insgesamt neun „Ergebnisdiskussionen" mit 13 mehrheitlich leitenden Mitarbeitern durchführt 40. Diese verfolgten einerseits das Ziel, vertiefende Einschätzungen und weitergehende Erklä37
Grundlegend zum Vorgehen und den Techniken qualitativer Inhaltsanalyse Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, 7. Aufl., 2000, insbesondere S. 42 ff. u. 89 (inhaltliche Strukturierung); siehe dazu auch Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl., 1995, S. 246 f.; Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, 6. Aufl., 2000, S. 510 ff.; Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, S. 212 ff. 38 Instruktiv Meuser, Michael /Nagel, Ulrike: Expertinneninterviews - vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Garz, Detlef/ Kraimer, Klaus (Hrsg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung, 1991, S. 441, 451 ff.; Pohl, Jürgen: Qualitative Verfahren, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Methoden und Instrumente räumlicher Planung, Handbuch, 1998, S. 95, 105. 39 Vgl. zum erforderlichen Umfang der Transkription Flick, Uwe: Qualitative Forschung, 4. Aufl., 1999, S. 193; Meuser, Michael/Nagel, Ulrike: ebd., S. 455 f. 40 Vgl. zu einem ähnlichen Vorgehen einer „Rückkoppelung" bereits Hellstern, Michael/ Wollmann, Hellmut: Zur Leistungsfähigkeit von Fallstudien - am Beispiel einer Sanierungsuntersuchung, in: Kevenhörster, Paul/Wollmann, Hellmut (Hrsg.): Kommunalpolitische Praxis und lokale Politikforschung, 1978, S. 349, 357 u. 378 f.; Schäfer, Rudolf/Schmidt-Eichstaedt, Gerd: Praktische Erfahrungen mit dem Bundesbaugesetz, Forschungsbericht, 1984, 5. 36.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
117
rungen zu dem vorliegenden Material zu gewinnen. Andererseits dienten sie einer Information und Rückkopplung für die in den Städten befragten Mitarbeiter, die in vielen Fällen Interesse daran zeigten, wie die untersuchten Vertragsinstrumente in den anderen Städten angewandt worden waren. Unter Berücksichtigung dieser erneuten Gespräche erfolgte von Juni-September 2001 die abschließende Darstellung und Auswertung der Forschungsergebnisse.
§ 5. Untersuchungsergebnisse I. Stadt Leipzig 1. Empirisches Material a) Experteninterviews Am 1. 11. 2000 sowie im Zeitraum vom 5. 12. 2000-12. 12. 2000 wurden in der Bauverwaltung der Stadt Leipzig 14 leitfadenunterstützte Interviews geführt. Deren Auswertung beruht bei sieben Gesprächen auf Tonbandaufzeichnungen sowie in sieben Fällen auf handschriftlichen Gesprächsnotizen. Zur Verfügung standen zwei unmittelbar dem Dezernat Planung und Bau zugeordnete Mitarbeiter, sechs Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, drei Mitarbeiter des Referats Bauverwaltung sowie ein Mitarbeiter des Bauordnungsamtes. Sieben Interviewpartner hatten leitende Positionen inne. Am 20. 4. 2001 wurde ein weiteres Interview mit einem Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes durchgeführt, dessen Auswertung ebenfalls auf einem transkribierten Tonbandmitschnitt beruht.
b) Dokumentenanalyse Im Stadtplanungsamt Leipzig standen der vorliegenden Untersuchung neben einer Datenbank zum Sachstand aller Bauleitplanverfahren verwaltungsinterne Vorlagen zur Planung durch Vorhaben- und Erschließungspläne sowie die Einsicht in die abgeschlossenen Durchführungsverträge zur Verfügung. Auskünfte zur Erfüllung von Erschließungs- und umfassenden städtebaulichen Verträgen (ohne Einsicht in die Vertragstexte) hat das Referat Bauverwaltung erteilt.
c) Ergebnisdiskussion Am 15. 5. 2001 wurde in zwei Gesprächen mit einem leitenden Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes bzw. zwei leitenden Mitarbeitern des Referats Bauverwaltung eine Diskussion der Untersuchungsergebnisse durchgeführt.
118
2. Teil: Empirische Erhebung
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur a) Strategieentscheidungen Eine Grundsatzentscheidung des Stadtrates, die Maßgaben zum Einsatz städtebaulicher Verträge für jedes Planverfahren festsetzt, existierte in Leipzig nicht 41 . Gleichwohl hat die Stadt insbesondere bis 1995 mittels vertraglicher Verpflichtungen das Ziel verfolgt, am durch die Schaffung von Planungsrecht entstehenden Wertzuwachs privater Grundstücke zu partizipieren 42. In diesem Zusammenhang wurde auch von einer „verwaltungsinternen Handlungsorientierung" gesprochen43. Dabei habe die Stadt entsprechende Verpflichtungen bis zu einer 50%-igen Wertabschöpfung der Weiterhöhung der Grundstücke für gerechtfertigt gehalten. Als Beispiele für die hier angesprochenen Verpflichtungen wurden u. a. genannt: Rekonstruktion und Ausbau von Straßen-, Kreuzungs- und Haltestellenanlagen auch außerhalb des Geltungsbereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans, Übergabe von Gebäudeteilflächen an die Stadt für kulturelle Nutzungen, Sozialstationen, Vereinsarbeit etc., Mietpreisbindungen für 10-30% des zu errichtenden Wohnungsbaus sowie Schaffung von Sozialwohnungen auch auf Grundstücken außerhalb des Plangebiets44. Derartige Forderungskataloge von Ämterseite gab es nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter zum Erhebungszeitpunkt nicht mehr. Vielmehr werde nur noch anhand jedes Einzelfalls geprüft, ob ein zu planendes Vorhaben Folgelasten für die Stadt hervorrufe, die durch den Vorhabenträger zu tragen sind 45 .
b) Vorhaben- und Erschließungspläne (1) DurchführungsVerträge Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 36 Durchführungsverträge abgeschlossen (vgl. Tab. 1). Dabei ist ein Rückgang der Vertragszahlen von zehn Verträgen im Jahr 1992 auf wenige Verträge pro Jahr in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums zu erkennen. Dieser wurde maßgeblich auf die sinkende Inve41 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 42 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhabenund Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 2 f. 43 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 44 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhabenund Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 2 f. 45 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
119
stitionsnachfrage und den damit zurückgehenden Einsatzbereich von Vorhabenund Erschließungsplänen zurückgeführt 46 .
und Erschließungspläne)
Quelle: Daten Tab. 1 u. Tab. 2.
Abb. 1: Plansatzungen und Durchführungsverträge (Leipzig) Tab. 1
Durchführungsverträge (Leipzig) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Durchführungsverträge 47
0
2
10
6
4
5
4
2
2
1
36
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig 48 .
(2) Plansatzungen I m Untersuchungszeitraum sind neben 46 regulären Bebauungsplänen 32 Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogene Bebauungspläne in Kraft getreten (vgl. Tab. 2). Das entspricht einem Anteil von Vorhaben- und Erschließungsplänen von 41% an der Gesamtzahl der Plansatzungen verbindlicher Bauleitplanung. Entsprechend den Abschlüssen von Durchführungs46 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 47 Anfang der 90er Jahre hat die Stadt Leipzig mit einer Kombination aus einem umfassendem „Verpflichtungsvertrag" und einem nachgeordneten, die Details der Erschließung regelnden „Durchführungsvertrag" gearbeitet, vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhaben- und Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 1 ff. In diesen Fällen richtet sich die zeitliche Erfassung nach dem Datum des „Verpflichtungsvertrages". 48 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
120
2. Teil: Empirische Erhebung
Verträgen zeigt sich ein Schwerpunkt des Inkrafttretens von Vorhaben- und Erschließungsplänen mit 67-82% in den Jahren von 1992-1994, während seit 1995 ein absoluter, aber auch relativer Rückgang zu verzeichnen ist. Nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter wurde für die Zukunft ein weiterer quantitativer Rückgang vorhabenbezogener Bebauungspläne erwartet, solange nicht finanzielle, insbesondere steuerliche Investitionsanreize wieder einträten 49. Tab. 2 Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Leipzig) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Vorhaben- und Erschließungspläne
0
1
4
9
7
1
3
3
4
0
32
Bebauungspläne
0
3
2
2
2
6
6
5
10
10
46
Gesamt
-
4
6
11
9
7
9
8
14
10
78
Anteil der Vorhabenund Erschließungspläne
0% 25% 67% 82% 78% 14% 33% 38% 29% 0% 41%
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig50.
Gegenstand der Vorhaben- und Erschließungspläne waren neben Wohngebieten bis zu einer Größe von (geplanten) 600 Wohneinheiten in der Mehrzahl kleine konkrete Vorhaben, wobei die Planungsinitiative regelmäßig von einem Vorhabenträger und nicht von der Stadt ausgegangen sei 51 . Die Festsetzungsschwerpunkte wandelten sich von Einzelhandel und Gewerbe in den Jahren 1991/92, über Festsetzungen zu Hotel- und Büronutzungen 1992/93, hin zu Wohnungsbauvorhaben, die seit 1993 eine dominante Stellung gewannen52.
49 Interview (47) v. 1. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 50 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt, Sachstand im Verfahrensablauf der Bauleitpläne, Stand: Mai 2000. Als Bebauungspläne erfaßt sind auch drei im Jahr 1991 in Bundesrecht übergeleitete Bebauungskonzeptionen der DDR. Unberücksichtigt geblieben sind Bebauungspläne sowie Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan, die bereits in Gemeinden in Kraft getreten waren, als diese im Zuge der Kommunalgebietsreform zum 1.1. 1999 in die Stadt Leipzig eingemeindet wurden. 51
Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 52
Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhabenund Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 1 sowie eigene Erhebung ab 1995.
121
§ 5. Untersuchungsergebnisse
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen Tab. 3 gibt einen Überblick über den Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen nach förmlicher Verfahrenseinleitung durch Beschluß des Stadtrates bzw. - soweit ein solcher Beschluß fehlt - nach entsprechender Kenntnisnahme des Fachausschusses für Planung und Bau 53 . Danach wurden im Untersuchungszeitraum insgesamt 65 Verfahren begonnen. In 63% dieser Verfahren (41) ist es zum Abschluß eines Durchführungsvertrages gekommen, in 32% der Verfahren (21) haben dagegen die Verfahren und entsprechende Vertrags Verhandlungen bis zum Erhebungszeitpunkt nicht zum Erfolg geführt. In 5% der Verfahren (3) waren die Vertragsverhandlungen zum Erhebungszeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Dieses „Hängenbleiben" von ca. einem Drittel der Verfahren wurde dabei als „eine normale Verfahrensweise (angesehen), die sich im Laufe der Jahre ergeben kann." 54 Sie zeige die „normalen Grenzen von Planung", die in gleicher Weise auch bei regulärer Bebauungsplanung aufträten.
Tab. 3 Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Leipzig)
Verfahrensbeginn (3. 10. 1990-31. 12. 1999) Durchführungsvertrag zustande gekommen Verfahren nicht fortgeführt Vertragsverhandlungen laufen
Fachausschuß
Einleitungsbeschluß
Gesamt
Anteil in %
14
51
65
100%
3
38
41
63%
10
11
21
32%
1
2
3
5%
Quelle: Eigene Erhebung. Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig55.
Tab. 4 unterscheidet zwischen den verschiedenen Ursachen des Abbruchs von Verfahren, die von den befragten Mitarbeiter genannt wurden. Der mit 43% größte Anteil der Verfahren (9) scheiterte vor Vertragsschluß an einer sich abzeichnenden Unrentabilität des Vorhabens bzw. Vermarktungsschwierigkeiten des Vorhabenträgers. In 10% (2) zeichneten sich Nutzungskonflikte des angestrebten Vorhabens 53
Es wird an im Untersuchungszeitraum begonnene Verfahren angeknüpft. Der Abschluß eines Durchführungsvertrages wird bis zum Erhebungszeitpunkt, also auch außerhalb des Untersuchungszeitraums, berücksichtigt. 54 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 55 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt, Sachstand im Verfahrensablauf der Bauleitpläne, Stand: Mai 2000; Interview (47) v. 1. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
122
2. Teil: Empirische Erhebung
mit anderen Nutzungen im Umfeld ab, in 5% (1) schlug der Erwerb des zu bebauenden Grundstücks fehl und in 14% (3) wurden andere Gründe genannt. In 29% der Fälle (6) konnte zu den Gründen keine Angabe mehr gemacht werden. Die befragten Mitarbeiter gaben für die Mehrzahl dieser Fälle einen kommentarlosen Rückzug des Investors aus den Vertragsverhandlungen an, der ebenfalls sich abzeichnende Rentabilitätsschwierigkeiten vermuten lasse, die jedoch nicht zu belegen seien. Tab. 4 Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Leipzig) Verfahren
Anteil in %
Unrentabilität / Vermarktungsschwierigkeiten
9
43%
Nutzungskonflikte
2
10%
Ursachen
Grundstückserwerb fehlgeschlagen
1
5%
Sonstige Gründe
3
14%
Keine Angabe
6
29%
Gesamt
21
100% 56
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig57.
Die Aufhebung von Einleitungsbeschlüssen zu Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan, die mangels Abschlusses eines Durchführungsvertrages als gescheitert angesehen werden müssen, wurde nur im Einzelfall angestrebt. Vielmehr sei man bestrebt, den einmal erreichten Planungsstand zu wahren, um bei Investitionsinteressen eines neuen Vorhabenträgers über eine bloße Weiterführung des Verfahrens unter Berücksichtigung der inhaltlichen Änderungen zügig Planungsrecht schaffen zu können 58 . Eine solche Weiterführung des Satzungsverfahrens war im Untersuchungszeitraum allerdings nur in Einzelfällen gelungen59.
56
Abweichungen von 100% ergeben sich aus Rundungsdifferenzen. Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 58 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 59 Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 57
§ 5. Untersuchungsergebnisse
123
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchfuhrungsverträge)
Quelle: Daten Tab. 5, Tab. 6 und Tab. 7.
Abb. 2: Überblick Vertragsabschlüsse (Leipzig)
(1) Bauplanungs- und Planungskosten vertrage Die Stadt Leipzig hat im Untersuchungszeitraum in ca. 800 Werkverträgen die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen einschließlich der Erstellung von Fachgutachten auf Planungsbüros übertragen 60. In 15 Fällen projektbezogener Planungsleistungen wurden dazu im Untersuchungszeitraum Planungskostenverträge abgeschlossen, die eine Übernahme der aus der Beauftragung entstehenden Kosten durch die Planbegünstigten vorsahen 61. Gegenstand dreier weiterer Bauplanungsverträge war eine Übertragung der Ausarbeitung städtebaulicher Planungen auf den Investor, der dazu in Abstimmung mit der Stadt ein Planungsbüro zu beauftragen hatte. Die Durchführung wie auch die Vorbereitung von Beteiligungsverfahren der Bürger oder der Träger öffentlicher Belange wurde dabei allerdings nicht auf den Dritten übertragen, sondern stets durch die Bau Verwaltung selbst vorgenommen 62 . In jüngerer Zeit wurde in mehren Fällen die Möglichkeit geprüft, auch die Kosten für eigenes, mit der konkreten Planung befaßtes Personal auf einen von der Planung Begünstigten zu übertragen. Aufgrund der zu dieser Konstellation bestehenden Rechtsunsicherheit wurden diese Vorstellungen jedoch bis zum Erhebungszeitpunkt nicht umgesetzt63.
60
Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (61) v. 20. 4. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 62 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 63 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (61) v. 20. 4. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 61
124
2. Teil: Empirische Erhebung Tab. 5 Bauplanungs- und Planungskostenverträge (Leipzig) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt
Bauplanungs- und Planungskostenverträge
0
0
0
0
1
0
2
9
2
4
18
64
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig .
(2) Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge Weiterhin hat die Stadt Leipzig im Untersuchungszeitraum insgesamt 65 „städtebauliche Verträge" bzw. „Erschließungsverträge" abgeschlossen. Da sich deren heterogene Inhalte nach eigener Einschätzung im Referat Bauverwaltung 65 insbesondere in der ersten Hälfte der 90er Jahre nicht trennscharf unterscheiden lassen, wurden beide Vertragstypen im Zuge der weiteren Untersuchung nicht getrennt analysiert. Zentraler Gegenstand dieser Erschließungs- und städtebaulichen Verträge war die Erschließung von Grundstücken innerhalb des Gebietes eines Bebauungsplans. Daneben wurden in Abhängigkeit von der konkreten städtebaulichen Situation auch der Ausbau von Verkehrswegen und Kreuzungen, die Beseitigung von Altlasten, Maßnahmen zum Ausgleich und Ersatz naturschutzrechtlicher Eingriffe sowie in Einzelfällen die Herstellung von bzw. Kostenzuschüsse zu sozialen Infrastrukturfolgemaßnahmen geregelt. Tab. 6 Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge (Leipzig) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge
0
3
0
3
6
9
14
9
14
7
65
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig66.
(3) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB Neben Erschließungsverträgen im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen gewannen seit 1995 auch Erschließungs Verträge für Vorhaben im 64 Interview (61) v. 20. 4. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 65 Interview (54) v. 8. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 66 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
125
Bereich des § 34 BauGB an Bedeutung (vgl. Tab. 7). Die „Initialzündung" für den Einsatz von Verträgen im Bereich des § 34 BauGB sei dabei durch das Bauordnungsamt bzw. das Tiefbauamt erfolgt, die sich im Zuge einer zunehmenden Klärung der Eigentumsverhältnisse seit Mitte der 90er Jahre einer wachsenden Baunachfrage im innerstädtischen Bereich ausgesetzt sahen. Da die Stadt Leipzig bei der Vielzahl der Lückenschließungen die Erschließung aber weder finanziell noch technisch selbst erstellen konnte, sollte mit Hilfe dieser Verträge die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB - eine gesicherte Erschließung - gewährleistet werden 67. Tab. 7 Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Leipzig) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
0
0
0
0
0
1
7
3
4
3
1
8
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig.68
(4) Sonstige Verträge Im Referat Bauverwaltung der Stadt Leipzig wurden für den Untersuchungszeitraum ferner 18 sonstige Verträge ganz unterschiedlichen Regelungsgehalts geführt. Dabei handelte es sich um Finanzierungsverträge, Grundstückskaufverträge, Generalunternehmerverträge u. a.; zum Teil konnte über den Inhalt der Verträge auch keine genaue Auskunft gegeben werden.
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben Für den Abschluß, die Begleitung sowie die Kontrolle der hier untersuchten Erschließungs- und städtebaulichen Verträge war die Abteilung Recht im Referat Bauveraltung zuständig69. Dieser oblag zugleich die Kontrolle der von der Verfahrensabteilung des Stadtplanungsamtes abgeschlossenen Durchführungsverträge zu Vorhaben- und Erschließungsplänen. Innerhalb der Abteilung Recht wurde dafür Mitte der 90er Jahre zum Zwecke einer gleichförmigen Überwachung aller Verträge eigens ein Sachgebiet „Vertragscontrolling" mit zwei eigenen Stellen eingerich67
Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 69 Vgl. Stadt Leipzig, Organisationsverfügung Nr. 18/96 v. 23. 9. 1996. 68
126
2. Teil: Empirische Erhebung
tet. Der Abschluß und die Betreuung der separaten Bauplanungs- und Planungskostenverträge verblieb hingegen im Untersuchungszeitraum in der Verfahrensabteilung des Stadtplanungsamtes.
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung Das Stadtplanungsamt der Stadt Leipzig war nach Einschätzung eines leitenden Mitarbeiters im Untersuchungszeitraum fast ausschließlich mit nachfrageorientierter Planung und nicht mit Angebotsplanung befaßt 70. Dabei führte die Zusammenarbeit mit privaten Investoren in einer Gesamteinschätzung dazu, daß man „weniger am Bedarf vorbei" plane, in gewissem Umfang also die der Angebotsplanung immanenten späteren Planänderungsverfahren oder Befreiungen mit dem Planaufstellungsverfahren vorwegnehme 71. Der Einsatz eines Vorhaben- und Erschließungsplans habe sich jedoch eher bei kleineren, ganz konkreten Vorhaben als sinnvoll erwiesen 72. Größeren Vorhaben, insbesondere solchen des „Projektmanagements", bei denen der Vorhabenträger lediglich Bauland erschlossen und es dann an Dritte zur Bebauung veräußert habe, wohne dagegen hinsichtlich der späteren Nutzungen und deren Rentabilität eine hohe Fluktuation inne, die zu häufigen Vorhabenveränderungen im laufenden Verfahren oder auch zum Abbruch des Verfahrens selbst führen könne. „Sobald einer (der Bauträger, M.T.) abspringt, platzt das ganze Vorhaben - und auch das Planverfahren bleibt stehen"73. Betroffen waren davon vor allem größere Wohnungsbauvorhaben, die starken Veränderungen der Marktsituation während der parallelen Planungs- und Vermarktungsphase unterlagen. Als bislang erfolgreiches Modell nachfrageorientierter Planung unter Einsatz von Durchführungs- und städtebaulichen Verträgen wurde in Leipzig auf die Vorgehensweise in zwei Teilbereichen einer großen Entwicklungsfläche aufmerksam gemacht, auf denen Wohnnutzungen bzw. medizinische Sondernutzungen entstehen74. So wurde für eine Teilfläche zunächst ein Bebauungsplanverfahren mit geringer Festsetzungstiefe eingeleitet bzw. für die zweite Teilfläche eine lediglich informelle Rahmenplanung aufgestellt, welche jeweils mit dem Abschluß eines „Rahmenvertrages" mit dem das Gebiet entwickelnden Investor einhergingen. Dem folgten sukzessive - in Abhängigkeit von der Bedarfs- bzw. Vermarktungssituation und jeweils 70
Interview (47) v. 1. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 72 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 73 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 74 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (58) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 71
127
§ 5. Untersuchungsergebnisse
nur für kleinere Teilflächen - Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. Teil-Bebauungsplanverfahren in Verbindung mit städtebaulichen Folgeverträgen. Nach den bisherigen, allerdings noch nicht abschließenden Erfahrungen konnte auf diese Weise eine Entschärfung des Spannungsverhältnisses inflexibler Verfahren und flexibler Bedarfslage erzielt werden 75. Im Zusammenhang mit den Folgen nachfrageorientierter Planung wurde weiterhin auf das Problem einzelner städtebaulich unerwünschter Entwicklungen aufmerksam gemacht, zu dem eine fast ausschließlich an der Investitionsnachfrage orientierte Planung im Untersuchungszeitraum geführt habe, ohne daß allerdings eine Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit zu konstatieren sei 76 . Hier wolle die Stadt zukünftig mit Hilfe von Stadtentwicklungskonzeptionen stärker eigenen (politischen) Prioritäten folgen. Dabei gehe es um „eine Orientierung an einer langfristigen Stadtentwicklung, die jetzt erst beginnt. ... Einen Plan für einen Standort ohne Entwicklungspriorität wird es nicht geben." - auch wenn Investoren entsprechende Bauabsichten an die Stadt herantragen 77. Schwierig sei es aber auch umgekehrt, Investoren für Vorhaben zu finden, für die - aus städtischer Sicht - ein Bedarf besteht, deren Rentabilität unter wirtschaftlichen Gesichtpunkten jedoch Zweifel aufweise.
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente a) Verfahrensbeschleunigung (1) Vorhaben- und Erschließungspläne
1991
1992
1993
1994
— • — Vorhaben- und Erschließungspläne
1995
1996
1997
1998
1999
- - - - - - - Bebauungspläne (außer Vorhaben- und Erschließungspläne)
Quelle: Daten Tab. 8.
Abb. 3: Verfahrensdauer in Jahren (Leipzig) 75 Interview (58) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig 76
Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (60) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 77 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
128
2. Teil: Empirische Erhebung Tab. 8 Verfahrensdauer in Jahren (Leipzig)78 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 im Gesamtzeitraum
Vorhaben- und Erschließungspläne Bebauungspläne (außer Vorhaben- und Erschließungspläne)
(0,7)
0,9
1
1,2
(3,7)
2,3
2
2,2
2,1
1,3
1,1
1,1
1,3
2,1
1,4
1,5
2,3
1,6
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig79.
Einen Überblick über die Dauer von Satzungsverfahren gibt Tab. 8. Hinsichtlich der in Kraft getretenen Vorhaben- und Erschließungspläne ist ein stetiger Anstieg der Verfahrensdauern von 0,7 Jahren 1991 aufwerte von 2 - 2 , 3 Jahren ab 1996 zu erkennen 80 . Die Ursachen für Beschleunigungseffekte Anfang der 90er Jahre wurden maßgeblich in einer Konzentration der Bauverwaltung auf Vorhaben- und Erschließungspläne sowie einem schnelleren Durchlauf der Vorlagen in den politischen Gremien gesehen 81 . So sei Anfang der 90er Jahre die „Euphorie" auch in den politischen Gremien groß gewesen, „etwas auf den Weg zu bringen" 8 2 . Den rechtlichen Möglichkeiten der Straffung des Verfahrens, wie beispielsweise der Verkürzung von Beteiligungsfristen in Einzelfällen oder dem bis 1996 regelmäßig praktizierten Verzicht auf eine vorgezogene Bürgerbeteiligung, wurden hingegen keine wesentlichen zeitlichen Vorteile beigemessen 83 . Von der Substitutionsmöglichkeit der öffentlichen Auslegung durch andere Beteiligungsformen sei kein Gebrauch gemacht worden. 78
liegen die im Untersuchungszeitraum in Kraft Der Berechnung der Verfahrensdauern getretenen Bebauungspläne (n=46, von denen drei 1991 übergeleitete Bebauungskonzeptionen der DDR unberücksichtigt bleiben) bzw. Vorhaben- und Erschließungspläne (n=32) zugrunde (vgl. Tab. 2). Grundsätzlich wurde der Median aller Verfahren, die im selben Kalenderjahr in Kraft getreten sind, angegeben. Werte in Klammern beziehen sich jeweils auf nur eine in jenem Jahr in Kraft getretene Plansatzung. Die Rubrik „Gesamtzeitraum" bezeichnet den Median der Verfahrensdauern aller im Untersuchungszeitraum in Kraft getretenen Satzungen. 79 Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Sachstand im Verfahrensablauf der Bauleitpläne, Stand: Mai 2000 sowie eigene Recherche. 80 Der stark abweichende Wert von 3,7 Jahren 1995 beruht lediglich auf einer in jenem Jahr in Kraft getretenen Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan (vgl. Tab. 2), weshalb ihm wenig Aussagekraft beizumessen ist. 81 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 82 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 83 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
129
Grundsätzlich könne ein Bebauungsplanverfahren mit demselben Gegenstand in derselben Zeit wie ein Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan durchgeführt werden 84. Allerdings umfaßten Bebauungspläne häufig ein größeres Gebiet, eine komplexere und damit konfliktreichere städtebauliche Situation sowie wesentlich diversere Nutzungen, was in diesen Fällen zu längeren Verfahrensdauern führe. Im übrigen habe die Geschwindigkeit jedes einzelnen Verfahrens stark von den Fähigkeiten und der Mitwirkungsbereitschaft des Vorhabenträgers und seines Planungsbüros abgehangen. Soweit die Stadt auf die Auswahl eines kompetenten Planungsbüros Einfluß nehmen konnte, seien auch Zeitgewinne erzielbar gewesen85. In diesem Zusammenhang sei ferner zu berücksichtigen, ob während des bauplanungsrechtlichen Verfahrens Baugenehmigungen nach § 33 BauGB erteilt worden waren. In solchen Fällen sei es mehrfach vorgekommen, daß sich einzelne Planaufstellungsverfahren über Jahre hinzogen, weil nach Erteilung einer Baugenehmigung das Interesse des Vorhabenträgers an einer Fortführung des Verfahren regelmäßig „gegen null" gehe86.
(2) BauplanungsVerträge Die wenigen von der Stadt Leipzig im Untersuchungszeitraum abgeschlossenen Bauplanungsverträge über die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten dienten ausschließlich der kommunalen Kostenentlastung, nicht jedoch einer Beschleunigung des Planungsverfahrens durch die Einbeziehung privaten Sachverstands87.
(3) Politische „Beschleunigungsalternativen" Die hohe Investitionsnachfrage einerseits sowie das weitgehende Fehlen von Bebauungsplänen andererseits haben Anfang der 90er Jahre das sogenannte „Leipziger Modell § 34 BauGB" - ein um eine Beteiligung der Bürger erweitertes „Baugenehmigungsverfahren mit Planungsvorbehalt" - entstehen lassen88. Anlaß dazu waren Bauanträge für größere Bauvorhaben im Innenbereich, für die durch die Bauverwaltung im Grundsatz eine Genehmigung nach „§ 34 X X L " in Betracht gezogen wurde 89 . Um jedoch herauszufinden, ob wegen des besonderen Maßes der 84
Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 86 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 87 Interview (61) v. 20. 4. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 88 Interview (50) v. 6. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig; Interview (60) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 89 Interview (51) v. 7. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Leipzig. 85
9 Tietze
130
2. Teil: Empirische Erhebung
baulichen Nutzung das Merkmal des „Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung" (noch) gegeben sei, oder Konfliktpotential besteht, das die Einleitung eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens nach § 1 Abs. 3 BauGB erfordert, sah das Leipziger Modell nun abweichend von § 34 BauGB und der Systematik des bauordnungsrechtlichen Verfahrens ein Beteiligungsverfahren der Bürger vor Erteilung der Baugenehmigung vor, was durch den Antragsteller durchzuführen war. Dieses Modell wurde unter der Leitung des damaligen Dezernenten für Planung und Bau bis ca. 1995 in verschiedenen Fällen praktiziert. Die Erfahrungen fielen in städtebaulicher Hinsicht auch rückblickend positiv aus; Nachbarschafts Widersprüche gegen die seinerzeit erteilten Baugenehmigungen waren den Befragten nicht bekannt90.
b) Entlastung der Gemeinden (1) Verfahrensaufwand (a) Vorhaben- und Erschließungspläne Abstimmungen mit den unterschiedlichen Amtern der Verwaltung und den Trägern öffentlicher Belange im Vorfeld der öffentlichen Auslegung wurden als Aufgaben des Vörhabenträgers angesehen, deren Kontrolle dem Stadtplanungsamt oblag. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie die Durchführung der öffentlichen Auslegung (meist im Parallelverfahren) wurde dagegen regelmäßig von der Verwaltung selbst durchgeführt 91. Ausschlaggebend dafür sei insbesondere die hohe Fehleranfälligkeit der Durchführung fristgebundener Verfahrensschritte gewesen, die bei Einbeziehung eines Dritten eher erhöht worden wäre 92 . Nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter konnten durch die Beteiligung des Vorhabenträgers an der Vorbereitung von Verfahrensschritten bisher allerdings keine „spürbaren Entlastungen" festgestellt werden 93. Dafür wurden verschiedene Ursachen genannt, wobei an zentraler Stelle die Qualität des vom Investor beauftragten Planungsbüros stand94. Von diesem hänge ebenso wie eine mögliche Beschleunigung des Verfahrens auch der bei der Verwaltung verbleibende Abstimmungs- und Betreuungsaufwand ab. Hier sei insbesondere Anfang der 90er Jahre von beiden Seiten „Lehrgeld gezahlt" worden 95 . Als weiterer Gesichtspunkt wurde 90 Interview (60) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig; Interview (50) v. 6. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig; Interview (51) v. 7. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Leipzig. 91 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhabenund Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 5. 92 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 93 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 94 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview ( 5 ) v. . 12. 2000, leitender Mitarbeiter, t a t n g Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
131
angeführt, daß der Vorhabenträger oftmals nur die ämterinterne Abstimmung hinsichtlich seines konkreten Bauantrages vorantreibe, was aber meist nicht alle im Verfahren zur Aufstellung der bauplanungsrechtlichen Satzung zu berücksichtigenden Belange erfasse 96. (b) Bauplanungs- und Planungskostenverträge Hier galt dasselbe, wie schon bei Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan: Planungsbüros waren in vielen Fällen in der Erstellung von Bebauungsplänen nach den Vorgaben des BauGB und der BauNVO unerfahren, so daß eine verfahrensbezogene Entlastung der Bauverwaltung in jedem Einzelfall von der Auswahl eines fähigen Planungsbüros abhängig gewesen sei 97 . In der Stadt Leipzig wurden deshalb vorrangig Kostenübernahmeverträge für Planungsleistungen eines von der Stadt beauftragten Planungsbüros abgeschlossen bzw. die wenigen Bauplanungsverträge über die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen durch einen Investor so ausgestaltet, daß die Auswahl des vom Investor zu beauftragenden Büros mit der Stadt abzustimmen war 98 . Alternativ wurde in Anlehnung an die HO A I auch eine vertragliche Übertragung planungsbedingter Mehraufwendungen für eigene Mitarbeiter der Stadt, die abgrenzbare nichthoheitliche Planungsleistungen für das relevante Projekt erbracht hatten, geprüft, jedoch wegen der rechtsdogmatischen Unsicherheiten nicht umgesetzt99. In diesem Zusammenhang seien sogar Überlegungen diskutiert worden, auch dann Kosten für Planungsleistungen eigener Mitarbeiter auf den Vertragspartner zu übertragen, wenn die Stadt nachweist, daß sie die konkrete Projektplanung nur durchführen konnte, weil sie andere Planungsleistungen anstelle jener des Projektträgers kostenverursachend an ein Planungsbüro übergeben hat 1 0 0 .
(2) Erschließung (a) Erschließungs- und städtebauliche Verträge Die Vorteile der vertraglichen Übertragung von Erschließungspflichten wurden insbesondere in der unnötigen Einstellung kommunaler Haushaltsmittel („dritter Kreditierungsweg") und der Ersparnis kommunalen Personals für die eigene Planung und Durchführung von Erschließungsleistungen und die anschließende Beitragserhebung gesehen101. Gleichzeitig haben sich - auch bei beitragsfähigen An9
6 97 view 98
Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Inter(57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (61) v. 20. 4. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
99
Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 101 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 100
9*
132
2. Teil: Empirische Erhebung
lagen - vertragliche Vereinbarungen als wesentlich einfacher und flexibler handhabbar als die starren Tatbestände von Beitragssatzungen erwiesen 102 . Dem stehe allerdings auch ein hoher Verhandlungs- und Kontrollaufwand vor allem wegen der Vielzahl der zu betreuenden Verträge gegenüber, der jedoch weit hinter dem Personalaufwand für eigene Erschließung und anschließende Beitragserhebung zurückbleibe 103 . Insgesamt wurde deshalb von einer maßgeblichen Entlastung des städtischen Haushalts ausgegangen104. Auf Seiten der Investoren sei ebenfalls regelmäßig die Bereitschaft für eine vertragliche Übernahme der Erschließung von Grundstücken auf eigene Kosten vorzufinden gewesen105. Tab. 9 erfaßt die Erfüllung der vertraglichen Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen. Eine vertragsgemäße Herstellung der Erschließungsanlagen wurde in 39 Verträgen (60%) angegeben. Bei 13 Verträgen (20%) wurden die vertraglichen Erschließungspflichten mangelhaft oder mit Verzug erfüllt, in 8 Verträgen (12%) überhaupt nicht. Im Rahmen der letztgenannten acht Verträge gestalteten sich zwei Fälle mit bereits begonnenem Hochbau als politisch problematisch: in einem war im Erhebungszeitpunkt über das weitere Vorgehen bei vorhandener Bürgschaft noch nicht entschieden, im zweiten trat die Stadt in die Erschließung ein, ohne jedoch auf die vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft zurückgreifen zu können, weil diese nicht geleistet worden war 1 0 6 . Die übrigen Fälle nicht hergestellter Erschließung waren solche, in denen auch das Hochbauvorhaben nicht realisiert wurde, weshalb für die Stadt hinsichtlich der Erschließung keine Handlungspflichten oder Kosten erwuchsen. Insgesamt spiegele der hohe Anteil der Verträge, in denen Termine nicht eingehalten werden konnten oder sogar eine Zahlungsunfähigkeit der Vertragspartner auftrat, die gegenwärtige Marktsituation in Leipzig wieder, die durch eine Sättigung des Wohn- und Gewerbemarktes gekennzeichnet sei 1 0 7 . In den Fällen mangelhafter oder verspäteter Vertragserfüllung wurde die Vertragserfüllungsbürgschaft als einziges effektives Druckmittel der Stadt gegenüber dem Vertragspartner angesehen, da dieser im Zuge des Baufortschritts auf die suk102
Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 104 Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Die Entlastung des städtischen Haushalts beziffere sich inklusive der Erschließungsleistungen im Rahmen von Durchführungsverträgen bislang auf ca. 700 Mio. DM. 105 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (58) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 106 Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Die Praxis nicht geleisteter Bürgschaften stelle insbes. auch in den durch Eingemeindung übernommenen Erschließungsverträgen ein großes Problem dar, Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 103
107
Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
133
zessive Freigabe der kostenintensiven Sicherheit dränge 108 . Dabei trete allerdings in einigen Fällen das Problem auf, das insbesondere zu Beginn des Untersuchungszeitraums Bürgschaften zwar vertraglich vereinbart, tatsächlich jedoch nicht gestellt worden waren 109 . Ein Rückgriff auf (bereitstehende) Bürgschaften war bis zum Erhebungszeitpunkt in der Stadt Leipzig nicht erfolgt 110 . Tab. 9 Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
Erschließung vertragsgemäß hergestellt
39
60%
Erschließung mit Verzug / mangelhaft hergestellt
13
20%
Erschließung endgültig nicht/nur zum Teil hergestellt
8
12%
Keine Angabe
5
8%
65
100%
Gesamt Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig 111 .
(b) Durchßhrungsv ertrage „Erfolgreiche Kostenverlagerungen" in Durchführungsverträgen betrafen ebenfalls „in erster Linie die technische Infrastruktur" 112 . Im Gegensatz zu Maßnahmen der sozialen Infrastruktur sei die Bereitschaft, die Erschließung des zu bebauenden Grundstücks auf eigene Kosten zu übernehmen, „regelmäßig vorhanden (gewesen)" 113 . Tab. 10 zeigt insoweit eine zu Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen ähnliche Erfüllung der Erschließungspflichten auf. In 64% der Durchführungsverträge (23) wurde eine vertragsgemäße Erfüllung konstatiert, in 22% (8) sei nur mangelhaft oder mit Verzug erfüllt worden, nur in 14% der Verträge (5) wurde die vereinbarte Erschließung endgültig nicht oder nur teilweise erstellt. Darunter befindet sich ein Fall, bei dem bereits Hochbauvorhaben erstellt worden waren und die Stadt zum Zeitpunkt der Erhebung einen Nachfolger in der Erschließung suchte. Die übrigen sieben Fälle nicht erfüllter Erschließungspflichten standen in Zusammenhang mit nicht realisierten Hochbauvorhaben, so daß hinsichtlich einer 108
Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 109 Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 110 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 111 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 112 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 113 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
134
2. Teil: Empirische Erhebung
Fortführung der Erschließung keine Pflichten für die Stadt entstanden. Auch im Rahmen der Erfüllung von Erschließungspflichten aus Durchführungsverträgen machte sich somit die zunehmend schwierigere Investitionssituation in der Stadt Leipzig bemerkbar 114. Tab. 10 Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
23
64%
8
22%
Erschließung endgültig nicht/nur zum Teil hergestellt
5
14%
Keine Angabe
0
0%
36
100%
Erschließung vertragsgemäß hergestellt Erschließung mit Verzug/mangelhaft hergestellt
Gesamt
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung und Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig 115 .
Auch in den Durchführungsverträgen wurde in jedem Fall die Stellung einer Sicherheit für die übernommenen (öffentlichen) Erschließungspflichten, regelmäßig in Form einer Bankbürgschaft, vereinbart. Allerdings seien in einigen Fällen insbesondere in den Jahren bis 1995 abweichend von diesen Verpflichtungen tatsächlich keine Bürgschaften zur Verfügung gestellt worden, so daß der Stadt bei mangelhafter oder verspäteter Leistungserbringung ein effektives Druckmittel gegenüber dem Vertragspartner gefehlt habe 116 . (c) Erschließungsverträge
im Bereich § 34 BauGB
Mit Verträgen im Bereich des § 34 BauGB, die das Merkmal einer gesicherten Erschließung im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB betreffen, wurden im Untersuchungszeitraum ebenfalls keine negativen Erfahrungen gesammelt (vgl. Tab. I I ) 1 1 7 . In 72% der Erschließungsverträge (13) wurde die vertraglich versprochene Erschließung vertragsgemäß hergestellt, in einem Fall (6%) stand die Schaffung des öffentlichen Zugangs aus, in einem weiteren (6%) waren weder die öffentliche Er114 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 115 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 116
Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 117 Interview (54) v. 8. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
135
Schließung noch das Bauvorhaben erstellt worden, so daß sich keine Folgeprobleme ergaben. In drei Fällen (17%) konnte schließlich infolge des frühen Verfahrensstandes noch keine Auskunft gegeben werden. Tab. 11 Erfüllung der Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
13
72%
1
6%
Erschließung vertragsgemäß hergestellt Erschließung mit Verzug/mangelhaft hergestellt Erschließung endgültig nicht /nur zum Teil hergestellt
1
6%
Keine Angabe
3
17%
18
100%
Gesamt Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bau Verwaltung, Stadt Leipzig
118
.
(3) Soziale Infrastruktur (a) Durchfiihrungsverträge Die Übertragung und spätere Durchsetzung sozialer Infrastrukturkosten oder -maßnahmen auf einen Investor sei Anfang der 90er Jahre „deutlich einfacher" gewesen als zum Erhebungszeitpunkt 119. So hat die Stadt Leipzig im Rahmen von vier von insgesamt 36 Durchführungsverträgen Folgekosten oder -maßnahmen der sozialen Infrastruktur auf einen Investor übertragen (siehe Tab. 12). Das betraf in zwei Fällen eine Kindertagesstätte, von denen eine vertragsgemäß realisiert wurde. Im anderen Fall standen Lärmimmissionen am vorgesehenen Standort einer Nutzung als Kindertagesstätte entgegen, so daß in Absprache mit der Stadt eine andere soziale Nutzung angestrebt worden war. Im dritten Fall, in dem Flächen für kulturelle und behördliche Nutzungen zur Verfügung zu stellen waren, führte das Nichtentstehen eines städtischen Bedarfs an diesen Flächen ebenfalls zu einer entsprechenden Vertragsmodifikation. Der vierte Vertrag betraf schließlich einen großen zweckgebundenen Kostenzuschuß für die Sanierung einer Einrichtung des sozial betreuten Wohnens. Dabei handelte es sich um eine aus der „Euphorie der Vorhabenträger" und bestehenden rechtlichen Unsicherheiten heraus geborene Verpflichtung, deren Durchsetzung im Nachhinein unter den Gesichtspunkten der Ursächlichkeit und der Angemessenheit Zweifel aufwarf 120 . Dies führte zu einer nachH8 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. H9 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 120 Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (60) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig.
2. Teil: Empirische Erhebung
136
träglichen Vertragsanpassung zwischen der Stadt und dem Vorhabenträger, die aber ebenfalls durch den Vorhabenträger nicht erfüllt wurde. Zur Durchsetzung der modifizierten Verpflichtung hatte die Stadt Leipzig zum Erhebungszeitpunkt erstmalig ein gerichtliches Verfahren angestrengt, dessen Ausgang noch nicht feststand 121 . Sicherheiten waren in diesem, aber auch in den anderen Fällen nicht vertraglich vereinbart worden. Tab. 12 Erfüllung sozialer Folgelastenvereinbarungen in Durchführungsverträgen (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
Vertragsgemäße Erfüllung
1
25%
Verzug / mangelhafte Erfüllung
0
0%
Endgültig keine oder nur teilweise Erfüllung
1
25%
Vertragsmodifikationen
2
50%
Keine Angabe
0
0%
Gesamt
4
100%
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig 122 .
(b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge Städtebauliche Verträge, die eine Übertragung von Folgemaßnahmen bzw. -kosten sozialer Infrastruktur vorsahen, betrafen lediglich zwei Bebauungsplangebiete 1 2 3 . Dabei ging es in beiden um den Bau größerer Wohngebiete, für die jeweils die Errichtung einer Kindertagesstätte und Schule sowie in einem Fall einer Freizeit- und Jugendeinrichtung unter Kostenbeteiligung der Stadt vertraglich vorgesehen war. In einem Gebiet wurden weder Schule noch Kindergarten realisiert, im zweiten Gebiet kam es zu Vertragsmodifikationen mit der Stadt, die die entsprechenden Vertragspflichten weitgehend aufgehoben haben (vgl. Tab. 13). Als Ursache dafür wurde einerseits angesehen, daß sich der allgemeine Bedarf an Kindertagesstätten und Schulen nicht entsprechend den Bedarfsprognosen zum Zeitpunkt 121 Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Von Vertragspartnern angestrengte Verfahren, deren Gegenstand die Angemessenheit vertraglicher Regelungen ist, waren dagegen nicht bekannt, ebenso Interview (60) v. 12. 12. 2000, Mitarbeiter, Dezernat Planung und Bau Leipzig. 122 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 123 Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß Kinderspielplätze ausschließlich im Zusammenhang mit Erschließungsmaßnahmen Berücksichtigung fanden.
137
§ 5. Untersuchungsergebnisse
des Vertrages entwickelt habe. Insofern drängte auch die Stadt nicht auf eine Erfüllung der Vertragspflichten. Andererseits habe im speziellen aber auch die schleppende Bebauung der Vertragsgebiete infolge zunehmender Vermarktungsschwierigkeiten zum Nichtentstehen eines kausal durch die Bauvorhaben bedingten Bedarfszu wachses beigetragen 124. Tab. 13 Erfüllung sozialer Folgelastenvereinbarungen in Erschließungsund städtebaulichen Verträgen (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
Vertragsgemäße Erfüllung
0
Verzug / mangelhafte Erfüllung
0
0%
Endgültig keine oder nur teilweise Erfüllung
1
50%
Vertragsmodifikationen
1
50%
Keine Angabe
0
0%
Gesamt
2
100%
0%
Quelle: Eigene Erhebung, Referat Bauverwaltung, Stadt Leipzig 125 .
c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbau vorhaben (a) Durchführungsverträge Da die Mehrzahl der Vorhaben- und Erschließungspläne ohnehin auf dem Willen der Investoren basierten, wurde im Regelfall auch von einer Realisierung der Vorhaben unabhängig von rechtlichen Pflichten ausgegangen.126 Bedeutung wurde befristeten Bauverpflichtungen jedoch im Hinblick auf die Möglichkeit der vereinfachten Aufhebung des Baurechts beigemessen, was zum Erhebungszeitpunkt auch in mehreren Fällen praktiziert wurde. Inwieweit sich ein stärkerer Einfluß auf die Planrealisierung bei „schwierigen Vorhaben" gewinnen lasse, wurde eher zurückhaltend beurteilt. Allenfalls das „wie", nicht jedoch „ob" gebaut werde, könne man durch Verträge beeinflussen 127. Ob ein Vorhaben realisiert werde und zu welchem
124 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. Insgesamt eher zurückhaltende Stellungnahmen zu dieser Thematik. 125
Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Interview (53) v. 8. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 126 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 127 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (47) v. 1. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
2. Teil: Empirische Erhebung
138
Zeitpunkt bestimmten unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen die Marktgegebenheiten128. Entsprechend häufig würden - ohne Sanktionsmöglichkeiten der Stadt - die vereinbarten Planrealisierungsfristen nicht eingehalten129. Tab. 14 untersucht die Erfüllung der Bau Verpflichtungen in abgeschlossenen Durchführungsverträgen. In 17% der Verträge (6) habe endgültig keine oder nur eine teilweise Realisierung stattgefunden, eine gegenüber den vereinbarten Fristen verzögerte oder mängelbehaftete Realisierung wurde ebenfalls in 17% (6) genannt. In 67% der Verträge (24) sah man die Bauverpflichtungen als vertragsgemäß erfüllt an. Sicherheiten hinsichtlich dieser Verpflichtungen wurden in keinem der Durchführungsverträge vereinbart. Vielmehr enthalten die Durchführungsverträge für den Fall der Nichterfüllung der Bauverpflichtungen lediglich einen Hinweis auf die Möglichkeit der Stadt, den Vorhaben- und Erschließungsplan ohne Ansprüche des Vorhabenträgers auf Schadensersatz aufzuheben.
Tab. 14 Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Leipzig) Vertragszahl
Anteil in %
24
67%
Vorhaben mit Verzug/mangelhaft realisiert
6
17%
Vorhaben endgültig nicht/nur zum Teil realisiert
6
17%
Keine Angabe
0
0%
36
100%
Vorhaben vertragsgemäß realisiert
Gesamt Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig 130 .
(b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge In städtebaulichen Verträgen der Stadt Leipzig wurden keine befristeten Bauverpflichtungen vereinbart 131 . Das hinge vor allem mit den Vertragspartnern zusammen. Seien diese bei Durchführungsverträgen regelmäßig die Bauherren des Hochbauvorhabens gewesen, kamen städtebauliche Verträge insbesondere mit Projektentwicklern zum Zuge, die Bauland entwickelten, selbst jedoch nicht die Erstellung von Hochbauten zum Ziel hatten. 128 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 129 Interview (57) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (49) v. 6. 12. 2000, Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 13° Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 13 1 Interview (47) v. 1. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (48) v. 5. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
139
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben (a) Durchführungsvertrag
und Vorhaben- und Erschließungsplan
In der besonderen Einflußnahme der Verwaltung auf den Planinhalt wurde „der eigentliche Vorteil des Vorhaben- und Erschließungsplanes4' gesehen132. Dabei habe man stark von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zusätzliche Regelungen zu den Vorhaben außerhalb der Plansatzung im Rahmen der Durchführungsverträge zu treffen (vgl. Tab. 15) 133 . So wurden im Untersuchungszeitraum 33% der Durchführungsverträge (12) genutzt, um bestimmte Nutzungen der Bauvorhaben sicherzustellen (z. B. sozialer Wohnungsbau mit kommunalen Belegungsrechten, unternehmensbezogene Erwerbsmodelle, Sortimentsbeschränkungen im Einzelhandel). Gestaltungsbezogene Vorgaben (z. B. Verpflichtung zu einem Ideenwettbewerb) durch entsprechende Regelungen im Vertragstext oder über Gestaltungspläne enthielten 22% der DurchführungsVerträge (8). 17% der DurchführungsVerträge (6) sahen umweltschützende Bindungen vor (z. B. Niedrigenergiebauweise, Schutz des Mutterbodens). In 64% (23) waren schließlich weitere Bindungen enthalten, die von der Herstellung von Geh- und Fahrwegen, der Aufstellung von Lichtsignalanlagen und der Öffnung von Flußläufen über einen Kostenzuschuß für das Gemeinschaftshaus eines Kleingartenvereins bis hin zur Restaurierung eines Kriegerdenkmals reichten. Diese Bindungen wurden in einigen Fällen durch Vertragsstrafen (3) oder durch Bürgschaften (3) gesichert. Hinsichtlich der Erfüllung dieser Verpflichtungen unterschieden die befragten Mitarbeiter zwischen „Bindungen zur Lösung städtebaulicher Probleme vor Ort" und „Hurra-Verpflichtungen" 134. Während die erstgenannten in der Regel umgesetzt worden waren, sei die Erfüllung letzterer stark von der Leistungsfähigkeit des Vertragspartners abhängig gewesen, die wiederum von der allgemeinen Marktsituation bestimmt werde. Erfolge die Umsetzung nicht freiwillig, seien der Stadt wegen der Problematik der rechtlichen Angemessenheit auch wenig Durchsetzungsmöglichkeiten an die Hand gegeben. Von der BauNVO bzw. § 9 BauGB abweichende Festsetzungsmöglichkeiten innerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans wurden in Leipzig kaum zur Feinsteuerung genutzt 135 . So gebe es nur in wenigen Ausnahmefällen abweichende Festsetzungen insbesondere im Hinblick auf energieökologische Fragen (z. B. die Nutzung von Photovoltaikanlagen). Der weitgehende Verzicht auf detaillierte Re132 Vgl. Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt: Erfahrungen mit der Anwendung des Vorhabenund Erschließungsplans, 1995, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 6. 133 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig; Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 134 Ergebnisdiskussion (8) v. 15. 5. 2001, zwei leitende Mitarbeiter, Referat Bauverwaltung Leipzig. 135 Interview (56) v. 11. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig; Interview (59) v. 12. 12. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig.
2. Teil: Empirische Erhebung
140
gelungen innerhalb der Plansatzung biete dabei den Vorteil, bei häufig auftretenden nachträglichen Veränderungen des Vorhabens keine Änderungen des Plans erforderlich zu machen 136 . Zugleich vereinfachten es identische Festsetzungskataloge in Vorhaben- und Erschließungsplänen und regulären Bebauungsplänen, den Plan bei einem Wechsel oder „Absprung" des Vorhabenträgers fortzuführen. Tab. 15 Zusätzliche Bindungen in Durchführungsverträgen (Leipzig) 137 Häufigkeit Durchführungsverträge (gesamt)
100% (36)
Nutzungsbindungen
3 3 % (12)
Gestaltungsbezogene Vereinbarungen
22% (8)
Umweltschützende Vorgaben
17% (6)
Weitere Bindungen
64% (23)
Keine Angabe
17 % (6)
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Stadt Leipzig 138 .
(b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge Inwieweit die Möglichkeit zusätzlicher Bindungen auch in einzelnen städtebaulichen Verträgen genutzt wurde, konnte infolge nicht vollständig zugänglicher Vertragstexte nicht erhoben werden.
II. Landeshauptstadt Magdeburg 1. Empirisches Material a) Experteninterviews Im Zeitraum vom 7.-15. 11. 2000 wurden in Magdeburg insgesamt 12 leitfadenunterstützte Interviews geführt. Als Gesprächspartner standen sieben Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, zwei Mitarbeiter des Bauverwaltungsamtes sowie jeweils ein Mitarbeiter des Bauordnungsamtes und des Referats Baurecht zur Verfügung. Drei der befragten Mitarbeiter hatten leitende Positionen inne. Im Zusammenhang 136 Ergebnisdiskussion (9) v. 15. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Leipzig. 137 Die Texte der einzelnen Erschließungs- und städtebaulichen Verträge standen nicht zur Verfügung. 138 Vertragstexte der Durchführungsverträge.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
141
mit der Ergebnisdiskussion wurde am 7. 5. 2001 ein weiteres Interview mit einem Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, der zum Erhebungszeitpunkt verhindert war, nachgeholt.
b) Dokumentenanalyse Die Landeshauptstadt Magdeburg verfügte sowohl zum Verfahrensstand der Bauleitpläne als auch zum Abschluß städtebaulicher Verträge unterschiedlichen Typs über statistische Aufstellungen, die der vorliegenden Untersuchung zur Verfügung gestellt wurden. Daneben wurde Einblick in verschiedene verwaltungsinterne Unterlagen gewährt.
c) Ergebnisdiskussion Eine Diskussion der Untersuchungsergebnisse fand vom 7.-8. 5. 2001 mit einem leitenden Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes sowie mit zwei Mitarbeitern des Amtes für Baurecht statt, die bis zum 30. 4. 2001 dem Bauverwaltungsamt bzw. dem Referat Baurecht angehörten. Unter diesen befand sich ebenfalls ein leitender Mitarbeiter.
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur a) Strategieentscheidungen Dem Einsatz des Instrumentariums des Vorhaben- und Erschließungsplans bzw. der Erschließungs- und städtebaulichen Verträge lag im Untersuchungszeitraum keine explizite Strategieentscheidung der Verwaltung oder des Rates der Stadt Magdeburg zugrunde. Eine vertiefte Diskussion über kommunale Folgekosten bei der Ausweisung neuer Baugebiete oder eine Wertabschöpfung planungsbedingter Mehrwerte hatte nicht stattgefunden 139.
139
burg.
Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magde-
142
2. Teil: Empirische Erhebung b) Vorhaben- und Erschließungspläne
Quelle: Daten Tab. 16 u. Tab. 17.
Abb. 4: Plansatzungen und Durchführungsverträge (Magdeburg)
(1) Durchführungsverträge Im Untersuchungszeitraum hat die Stadt Magdeburg 15 Durchführungsverträge mit einem Schwerpunkt in den Jahren 1992/93 abgeschlossen (vgl. Tab. 16). Als Ursache für den Rückgang von Vertragsschlüssen seit Mitte der 90er Jahre wird insbesondere „die beschränkte Anwendbarkeit des Vorhaben- und Erschließungsplans auf ganz konkrete, abgegrenzte, überschaubare Vorhaben" angesehen, deren Relevanz für die Planungspraxis stark abgenommen habe 140 . Der erneute Rückgriff auf Durchführungsverträge Ende der 90er Jahre stehe vor allem im Zusammenhang mit einer zunehmenden Finanzknappheit der Stadt, die auf diese Weise auch Planungen vorantreiben konnte, für die eigene Planungsmittel fehlten. Tab. 16 Durchführungsverträge (Magdeburg) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Durchführungsverträge
0
1
4
4
1
1
0
0
1
3
15
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 141 .
(2) Plansatzungen Im Untersuchungszeitraum sind 11 Vorhaben- und Erschließungspläne sowie 44 reguläre Bebauungspläne in Kraft getreten, was einem Anteil der Vorhaben- und 140 Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg.
143
§ 5. Untersuchungsergebnisse
Erschließungspläne an der Gesamtzahl der Planungen von 25% entspricht (vgl. Tab. 17). Der Einsatz von Vorhaben- und Erschließungsplänen konzentrierte sich dabei in unregelmäßiger Verteilung (13%-100%) auf die Jahre 1992-1996. Während 1992 und 1993 auch zwei größere Wohngebiete mit ca. 400 Wohneinheiten über einen Vorhaben- und Erschließungsplan geplant wurden, habe das Instrument im übrigen nur bei konkreten Einzelvorhaben Anwendung gefunden. Insgesamt wurde der Vorhaben- und Erschließungsplan zum Erhebungszeitpunkt als ein quantitativ „abnehmendes Instrument" 142 betrachtet, wobei sich „das Pendel in Richtung Bebauungsplan, gegebenenfalls in Verbindung mit einem städtebaulichen Vertrag, bewege" 143 . Wegen der zurückgegangenen Investitionsnachfrage einerseits und der mittlerweile erheblichen Zahl in Kraft getretener Bebauungspläne mit unterschiedlichen Nutzungsarten andererseits bestehe heute nur noch in Einzelfällen die Notwendigkeit zur Einleitung vorhabenbezogener Bauleitplan verfahren 144. Tab. 17 Vorhaben- und Erschließungspläne im Verhältnis zu regulären Bebauungsplänen (Magdeburg) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Vorhaben- und Erschließungspläne
0
0
1
5
1
3
1
0
0
0
11
Bebauungspläne
0
0
0
7
4
2
7
8
8
8
44
Gesamt
0
0
1
12
5
5
8
8
8
8
55
-
-
Anteil der Vorhabenund Erschließungspläne
100% 42% 20% 60% 13% 0%
0%
0% 25%
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg145.
141 Landeshauptstadt Magdeburg, Bauverwaltungsamt: Durchführungsverträge, Stand: 31.5. 2000. Zum Teil hat die Stadt Magdeburg im Untersuchungszeitraum im Rahmen von Vorhaben- und Erschließungsplänen zusätzliche Vorverträge abgeschlossen, die eine Verpflichtung zur Erarbeitung des Vorhaben- und Erschließungsplans sowie zum späteren Abschluß eines Durchführungsvertrages enthalten. Jene wurden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht gesondert berücksichtigt. 142 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg.
143 Interview (32) v. 15. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. »44 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 145 Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt: Übersicht Verfahrensstände Bauleitplanung, Stand: 6. 11. 2000.
2. Teil: Empirische Erhebung
144
(3) Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen Tab. 18 gibt Aufschluß über den Abbruch von Planverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan nach Verfahrensbeginn innerhalb des Untersuchungszeitraums. Insgesamt wurden 22 förmliche Einleitungsbeschlüsse gefaßt, Fälle bloßer Kenntnisnahme des zuständigen Fachausschusses waren nicht bekannt. In 16 eingeleiteten Verfahren (73%) wurde in der Folge ein Durchführungsvertrag abgeschlossen, das Verfahren in den übrigen sechs Fällen hingegen nicht fortgeführt. Obwohl damit über ein Viertel der Verfahren (27%) nicht zum Abschluß gebracht werden konnte, folgte daraus keine negative Beurteilung durch die befragten Mitarbeiter 146 . Vielmehr wurde die Nichtfortführung von Verfahren auf die Parallelität von Planungs- bzw. Verhandlungsprozeß und Bedarfsermittlung beim Vorhabenträger zurückgeführt, die beim Instrumentarium des Vorhaben- und Erschließungsplans besonders deutlich zu Tage trete. Dabei handele es sich aber um „normale Erfahrungen", die in vergleichbarer Weise auch innerhalb regulärer Bebauungsplanverfahren aufträten. Tab. 18 Abbruch von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Magdeburg) Fachausschuß
Einleitungs- Anteil in % beschluß
Verfahrensbeginn (3. 10. 1990-31. 12. 1999)
22
100%
Durchführungsvertrag zustande gekommen
16
73%
Verfahren nicht fortgeführt
6
27%
Vertragsverhandlungen laufen
0
0%
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt und Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 147 .
Tab. 19 differenziert zwischen verschiedenen Ursachen der Nichtfortführung von Verfahren, wobei allerdings für 50% der Verfahren keine Auskunft mehr erlangt werden konnte. Die übrigen Fälle wurden jeweils einer sich abzeichnenden Unrentabilität des Vorhabens, einem Fehlschlagen des Grundstückserwerbs des Investors sowie sonstigen Gründen zugeschrieben.
146 Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg. 147 Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt: Übersicht Verfahrensstände Bauleitplanung, Stand: 6. 11. 2000 sowie Landeshauptstadt Magdeburg, Bauverwaltungsamt: Durchführungs vertrage zu Vorhaben- und Erschließungsplänen, Stand: 31.5. 2000.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
145
Tab. 19
Ursachen des Abbruchs von Verfahren zu Vorhaben- und Erschließungsplänen (Magdeburg) Ursachen
Verfahren
Anteil in %
Unrentabilität / Vermarktungsschwierigkeiten
1
17%
Nutzungskonflikte
0
0%
Grundstückserwerb fehlgeschlagen
1
17%
Sonstige Gründe
1
17%
Keine Angabe
3
50%
Gesamt
6
100% 148
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 149 .
c) Städtebauliche Verträge (außer Durchfuhrungsverträge)
Quelle: Daten Tab. 20 u. Tab. 21.
Abb. 5: Überblick Vertragsabschlüsse (Magdeburg) 150
148 Abweichungen von 100% sind das Resultat von Rundungsdifferenzen. 149 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (23) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 150 Die vier vor 1999 abgeschlossenen Planungskostenverträge können nicht dargestellt werden, da über den Zeitpunkt dieser Vertragsschlüsse keine Informationen zugänglich wa-
10 Tietze
146
2. Teil: Empirische Erhebung
(1) Bauplanungs- und Planungskosten Verträge Seit September 1999 wurden in Magdeburg sieben separate Bauplanungsverträge abgeschlossen. Diese Vertragspraxis stehe in Zusammenhang mit der Diskussion um einen verstärkten Gebrauch städtebaulicher Verträge, die mit der Novellierung des BauGB zum 1.1. 1998 eingesetzt habe 151 . Inhaltlich sehen diese Verträge eine Ausarbeitung der „städtebaulichen Planungen von der Plankonzeption bis zum verfahrensfähigen Bebauungsplan ... dazu notwendige Untersuchungen (und) Datenerhebungen (sowie) Abstimmungen mit den Ver- und Entsorgungsträgern" durch den Vertragspartner vor 1 5 2 . Das umfasse die inhaltliche und organisatorische Vor- und Nachbereitung der Beteiligungsverfahren einschließlich der Ausarbeitung von Begründungs- und AbwägungsVorschlägen; die Durchführung der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange bzw. der Bürgerbeteiligung verbleibe hingegen im vollen Umfang bei der Stadt 153 . Daneben wurden weitere vier Planungskostenverträge aus der ersten Hälfte der 90er Jahre angesprochen, die eine Übernahme von Kosten für ein von der Stadt beauftragtes Planungsbüro durch den planbegünstigten Vertragspartner vorsahen.
(2) Erschließungs- und städtebauliche Verträge Der Abschluß von Erschließungsverträgen - „eigentlich ein Sonderfall" - stellte in Magdeburg den „Normalfall" dar 154 . So wurden im Untersuchungszeitraum 40 Erschließungs- und städtebauliche Verträge in Zusammenhang mit Bebauungsplänen abgeschlossen (vgl. Tab. 20). Darüber hinaus waren zum Erhebungszeitpunkt für den Zeitraum ab 1. 1. 2000 weitere 32 Erschließungs- und städtebauliche Verträge in Vorbereitung bzw. zum Abschluß gekommen, so daß sich geäußerte Erwartungen, daß die Stadt zunehmend Erschließungsmaßnahmen selbst durchführen werde 155 , statistisch (noch) nicht nachweisen ließen. Das für den Abschluß der Verträge zuständige Bauverwaltungsamt nahm dabei keine strikte Unterscheidung zwischen Erschließungsverträgen und umfassenderen städtebaulichen Verträgen vor. Gegenstand aller „Erschließungs- und städtebaulichen Verträge" war im Kern die Herstellung, der Ausbau oder die Wiederherstellung von Erschließungsanlagen, die als Voraussetzung oder Folge geplanter Vorhaben angesehen wurden. Daneben wurden in „städtebaulichen" Verträgen aber auch andere Vereinbarungen (wie z. B. über den Ausgleich und Ersatz naturschutzrechtlicher Eingriffe) getroffen 156. Er151
Interview (63) v. 7. 5. 2001, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. Vgl. Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt: Muster Städtebaulicher Vertrag über die Ausarbeitung städtebaulicher Planungen v. 1.7. 1999. 153 Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 152
154
Vgl. Landeshauptstadt Magdeburg, Referat Baurecht: Inhalt und Abwicklung der städtebaulichen Verträge, verwaltungsinternes Gesprächsprotokoll, 1999. 155 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
147
schließungs- und städtebauliche Verträge wurden deshalb im Wege der weiteren Untersuchung nicht separat behandelt. Tab. 20 Erschließungs- und städtebauliche Verträge (Magdeburg) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt Erschließungs- und städtebauliche Verträge
0
3
1
3
8
6
3
5
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg
7 157
4
40
.
(3) Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB Über Erschließungs- und städtebauliche Verträge in Verbindung mit einem Bebauungsplan hinaus hat die Stadt Magdeburg auch zur Sicherung der Erschließung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in großer Anzahl vertragliche Regelungen genutzt. So wurden von 1992-1999 weitere 43 Erschließungs Verträge im Zusammenhang mit § 34 BauGB abgeschlossen (vgl. Tab. 21). Diese haben der immensen Nachfrage nach Baugenehmigungen im sogenannten Innenbereich Rechnung getragen, in denen die Stadt weder finanziell noch organisatorisch zur eigenständigen Erschließung in der Lage gewesen wäre 158 . Gegenstand dieser Verträge war neben einer erstmaligen Erschließung auch der Ausbau oder die Wiederherstellung in Anspruch genommener technischer Infrastrukturanlagen 159. Inwieweit mit dem Regelungsgehalt einzelner Verträge über die in § 34 BauGB angesprochene Erschließung hinausgegangen und damit das rechtlich Zulässige überschritten wurde, unterlag im für den Abschluß zuständigen Bauverwaltungsamt einer zweifelnden Beurteilung 160 . Es könne hier, so auch ein Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, von einer „Wechselwirkung zwischen dem Abschluß von Erschließungsverträgen und einer großzügigen Anwendung des § 34 BauGB" ausgegangen werden 161 .
»56 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg; Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 157
Landeshauptstadt Magdeburg, Bauverwaltungsamt: Erschließungsverträge und städtebauliche Verträge zu Bebauungsplänen, Stand: 31.5. 2000. 158 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. !59 Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 160 161
burg. 10*
Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magde-
148
2. Teil: Empirische Erhebung Tab. 21 Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Magdeburg) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Gesamt
Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB
0
0
1
1
9
9
8
7
4
4
43
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 162.
(4) Sonstige Verträge Durch das Bauverwaltungsamt wurden im Untersuchungszeitraum weitere sechs, als „sonstige" bezeichnete Verträge abgeschlossen163. Dabei handelt es sich um heterogene Vertragsgestaltungen über Objektfinanzierungen, Nutzungsbindungen, Immissionsschutzanlagen u. a., die nicht Gegenstand der weiteren Untersuchung sind.
d) Zuständigkeiten für neue Aufgaben Die Zuständigkeit für den Abschluß und die Betreuung von Durchführungsverträgen sowie Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen lag im Untersuchungszeitraum beim Sachgebiet Erschließungsverträge und Beiträge im Bauverwaltungsamt der Stadt Magdeburg. Dabei wurde auf die besondere Konstellation hingewiesen, daß von diesem für die Stadt Magdeburg bereits zu einer Zeit Erschließungsverträge abgeschlossen wurden, noch ehe innerhalb des Tiefbauamtes überhaupt Stellen für die eigene kommunale Erschließung bereitstanden 164. Per 1. 5. 2001 ist dieses Sachgebiet mit dem Ziel der Zusammenführung juristischer und operativer Kompetenzen gemeinsam mit dem Referat Baurecht in ein neu geschaffenes Amt für Baurecht eingegliedert worden. Der seit 1999 praktizierte Abschluß von BauplanungsVerträgen oblag hingegen dem Sachgebiet Verwaltung und Städtebauförderung innerhalb des Stadtplanungsamtes. Dabei wurde an die bereits bestehende Zuständigkeit dieses Sachgebiets für die in großer Zahl genutzten Werkverträge zwischen der Stadt und Planungsbüros über die Erbringung von Planungsleistungen angeknüpft.
162 Landeshauptstadt Magdeburg, Bauverwaltungsamt: Städtebauliche Verträge zu Vorhaben nach § 34 BauGB - unbeplanter Innenbereich, Stand: 31.5. 2000. 163 Landeshauptstadt Magdeburg, Bauverwaltungsamt: Sonstige Verträge, Stand:
31.5. 2000. 164
Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
149
e) Städtebauliche Ziele, Planaufstellungsverfahren und Nachfrageorientierung Ein sinnvoller Einsatzbereich für Vorhaben- und Erschließungspläne wurde in Magdeburg insbesondere bei „konkreten überschaubaren Vorhaben" gesehen, die nicht bereits nach § 34 BauGB zulässig waren 165 - „Nur da funktioniert es!" 1 6 6 Strategieüberlegungen zum Einsatz von Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen im Verhältnis zum Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans betrafen entsprechend die Planung großer Flächen, insbesondere Flächen zur Wohnnutzung. Schwierigkeiten seien dabei in den durchgeführten Satzungsverfahren aus der Parallelität von Planaufstellungsverfahren und Vermarktungsprozeß entstanden: das als konkrete Festsetzungen erfordernd verstandene Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans müsse die jeweils eigenen Vorstellungen der sukzessive in den Prozeß eintretenden späteren Nutzer verarbeiten. Angesichts unzähliger im Verfahren anfallender Veränderungen habe sich dabei ein Vorhaben- und Erschließungsplan als eher „unzweckmäßig" erwiesen 167 . Statt eines „Maßanzugs", so die Einschätzung zum Erhebungszeitpunkt, wäre hier „lockere Freizeitkleidung" in Form eines normalen Bebauungsplans besser am Platze gewesen168. Der Bebauungsplan, der ebenfalls mit vertraglichen Regelungen ergänzt werden könne, lasse einen größeren Festsetzungsspielraum für Nutzungsänderungen entsprechend der Marktsituation zu als ein Vorhaben- und Erschließungsplan mit hohem Konkretisierungsanspruch 1 6 9 . Angesprochen auf die Nachfrageorientierung im Planaufstellungsverfahren wurden von einzelnen Befragten im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung eher „gemischte Gefühle" kundgetan170. Von einer einseitigen Gewichtung der Abwägung oder einer Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit wollte jedoch keiner der Planer sprechen 171. Im Amt für Baurecht war man mit Blick auf die Zukunft jedoch bestrebt, eigene Bedarfsplanungen aufzustellen, die einen Abschluß von Erschließungsverträgen in Verbindung mit Planverfahren dort versagen, wo die Stadt keinen kommunalen Entwicklungsbe165
Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 166 Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 167 Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (32) v. 15. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 168 Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 169 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (32) v. 15. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 170 Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 171 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (32) v. 15. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg.
2. Teil: Empirische Erhebung
150
darf und damit auch keinen Bedarf an privater Erschließung sieht 1 7 2 . Eine derartige zunehmende Konzentration auf eigene Entwicklungsprioritäten stehe auch i m engen Zusammenhang mit einer nunmehr funktionierenden Landesplanung 1 7 3 .
3. Funktionen: Politische Leistungserwartungen an vertragliche Instrumente a) Verfahrensbeschleunigung (1) Vorhaben- und Erschließungspläne
6
ö 4 --
0 -I
1 1991
1 1992
1 1993
1 1994
— • — Vorhaben- und Erschließungspläne
1 1995
1 1996
1 1997
1 1998
1999
- . - • . . . Bebauungspläne (außer Vorhaben- und Erschließungspläne)
Quelle: Daten Tab. 22.
Abb. 6: Verfahrensdauer in Jahren (Magdeburg) Tab. 22 Verfahrensdauer in Jahren (Magdeburg) 4 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 im Gesamtzeitraum Vorhaben- und Erschließungspläne Bebauungspläne (außer Vorhaben- und Erschließungspläne)
-
(0,5)
1,3
(1,1)
2
(1,2)
2,1
3,3
3,6
2,2
-
5,8
Quelle: Eigene Erhebung, Stadtplanungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 172
1,3
-
3,4 175
2,3
3,1
.
Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg. Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 174 Die Berechnung basiert auf den im Untersuchungszeitraum in Kraft getretenen Bebauungsplänen (n=44, davon bleiben fünf Verfahren ohne Aufstellungsbeschluß unberücksichtigt) sowie den Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan (n=ll, davon bleibt 173
§ 5. Untersuchungsergebnisse
151
Tab. 22 vermittelt einen Überblick über die Dauer der Satzungsverfahren im Untersuchungszeitraum. Signifikant ist im gesamten Untersuchungszeitraum die relativ kürzere Verfahrensdauer von Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan gegenüber Bebauungsplanverfahren, die sich auch im Median für den Gesamtzeitraum wiederspiegelt. Dieser beträgt für Vorhaben- und Erschließungspläne 1,3 Jahre und für Bebauungsplanverfahren 3,1 Jahre. Nach Einschätzungen im Stadtplanungsamt konnte der Investor grundsätzlich zur Beschleunigung von Verfahrensschritten beitragen, indem er in den Beteiligungsverfahren bei denjenigen Amtern „nachhakt", die sich noch nicht geäußert haben, Anregungen aus den Beteiligungsverfahren auswertet oder Abwägungsvorschläge erarbeitet 176. Es entstehe, anders als bei normalen Bebauungsplänen, Planungsdruck, der oft „auf Eilvorlagen hinauslaufe" 177. Gleichwohl seien Beschleunigungseffekte stark vom Einzelfall abhängig gewesen: funktioniere die Abstimmung mit dem Investor oder dem Planungsbüro oder zwischen diesen beiden nicht bzw. fehle es dem Planungsbüro an Kompetenz bei der Erarbeitung von Planvorlagen, komme es im Einzelfall auch zu starken Verzögerungen der Satzungsverfahren 178. Zu Verzögerungen habe bisweilen auch die Erteilung einer Baugenehmigung auf der Grundlage von § 33 BauGB geführt, in deren Folge ausstehende Planungsleistungen nicht mehr erbracht wurden 179 . Die Gegenstände der Vorhaben- und Erschließungspläne waren, abgesehen von zwei Wohnungsbauvorhaben mit ca. 400 Wohneinheiten, nicht mit denen regulärer Bebauungspläne vergleichbar. Die Vorhaben- und Erschließungspläne bezogen sich auf kleinere Gebiete mit weniger diversen Nutzungsfestsetzungen, weshalb oftmals keine oder nur wenige Anregungen aus der Nachbarschaft eingegangen seien, was ebenfalls zu einer Beschleunigung der Verfahren beigetragen habe 180 . Besondere gesetzliche Beschleunigungsmöglichkeiten für Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan wurden entweder gar nicht eingesetzt (keine Substitution der öffentlichen Auslegung durch andere Beteiligungsformen) oder nicht als wesentliche Auslöser von Zeitgewinnen angesehen (häufiger Ver-
ein Verfahren ohne Einleitungsbeschluß unberücksichtigt), vgl. Tab. 17. Grundsätzlich wurde der Median aller Verfahren, die im selben Kalenderjahr in Kraft getreten sind, angegeben. Werte in Klammern beziehen sich jeweils auf nur eine in jenem Jahr in Kraft getretene Plansatzung. Die Rubrik „Gesamtzeitraum" bezeichnet den Median der Verfahrensdauern aller im Untersuchungszeitraum in Kraft getretenen Satzungen. 175 Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt: Übersicht Verfahrensstände Bauleitplanung, Stand: 6. 11. 2000. 176 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 1 77 Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 178 Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (23) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 179 Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg.
Interview ( 2 ) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, t
a
u
t
Magdeburg.
152
2. Teil: Empirische Erhebung
zieht auf vorgezogene Bürgerbeteiligung, Verkürzung von Beteiligungsfristen im Einzelfall) 181 . (2) Bauplanungsverträge Das Ziel der abgeschlossenen BauplanungsVerträge bestand in erster Linie in einer Finanzierung von Planungen angesichts knapper Haushaltsmittel sowie einer personellen Entlastung der Bauverwaltung. Gleichwohl sei in einzelnen Fällen auch eine Beschleunigung der Plan verfahren zu verzeichnen gewesen182. Das wird einerseits darauf zurückgeführt, daß sich der Investor bzw. das Planungsbüro im Gegensatz zur Bauverwaltung ausschließlich auf den jeweiligen Planungsprozeß konzentrieren könne. Andererseits könne die ämterinterne Abstimmung durch einen Dritten bisweilen deshalb schneller vonstatten gehen, weil dieser weniger den „atmosphärischen Spannungen zwischen den Amtern" ausgesetzt sei. (3) Politische „Beschleunigungsalternativen" Zur schnellen Reaktion auf die immense Investitionsnachfrage Anfang der 90er Jahre wurde zur bauplanungsrechtlichen Beurteilung kleiner aber auch großer Projekte „anstelle" der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens § 34 BauGB in „großzügiger" Auslegung seiner tatbestandlichen Voraussetzungen herangezogen 183 . Diese Praxis sei allerdings „ohne konsequente Linie" 1 8 4 und stark von der Einschätzung des Beigeordneten im Einzelfall abhängig gewesen185. Dabei habe das Fehlen jeglicher verbindlicher Plansatzung in bestimmten Baugebieten auch zu städtebaulichen Konflikten oder ungewünschten Ergebnissen geführt 186 . Wegen der dieser Vörgehensweise innewohnenden rechtlichen Unsicherheit einerseits und mit dem zunehmenden Einsatz von Vorhaben- und Erschließungsplänen andererseits wurden solche Beschleunigungsalternativen seit 1992/93 allerdings kaum noch praktiziert 187 .
181 Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 182
Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magde-
burg. 183
Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (24) v. 8. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Magdeburg. 184 Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 185 Interview (24) v. 8. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Magdeburg. 186
So zu Nachbarkonflikten im Falle der Genehmigung eines Klinikneubaus nach § 34 BauGB oder im Rahmen der Genehmigung eines ganzen Wohngebiets nach § 34 BauGB, in denen eine an einheitlichen städtebaulichen Kriterien orientierte Bauweise mangels verbindlicher Plansatzung nicht gegenüber den Grundstückserwerbern durchgesetzt werden konnte. Interview (24) v. 8. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Magdeburg.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
153
b) Entlastung der Gemeinden (1) Verfahrensaufwand (a) Vorhaben- und Erschließungspläne Grundsätzlich von Vorteil wurde die Tatsache angesehen, daß durch die Übertragung von Planungsleistungen und Fachgutachten im Rahmen von Satzungsverfahren über einen Vorhaben- und Erschließungsplan keine unmittelbaren Kosten für die Stadt anfielen 188 . Lediglich vereinzelt sei im Zuge von Vorabgenehmigungen nach § 33 Abs. 1 BauGB, die bei Vorhaben- und Erschließungsplänen (aber auch sonstigen Bebauungsplanverfahren) sehr häufig erteilt wurden 189 , das Problem aufgetreten, daß Vorhabenträger nach der Erteilung der Baugenehmigung ihren vertraglichen Pflichten bei der Zu-Ende-Führung des Planverfahrens nicht mehr nachgekommen sind, z. B. abschließende Abwägungsübersichten und -Vorschläge nach der öffentlichen Auslegung und der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nicht mehr erstellt haben 190 . Geteilter Meinung waren die befragten Planer jedoch, ob man insgesamt von einer Senkung des Verfahrensaufwands sprechen könne. Während ein leitender Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes für die Mehrzahl der Verfahren eine positive Bilanz zog 1 9 1 , wurde von einzelnen Fachplanern in nicht wenigen Fällen von einer „überaus aufwendigen Betreuung" 192 und „hohem Abstimmungsaufwand" berichtet 193 . Dabei war die Senkung des Verfahrensaufwandes in jedem Einzelfall von den unterschiedlichen planerischen und organisatorischen Kompetenzen des Investors und seines Planungsbüros abhängig. (b) Bauplanungs- und Planungskostenverträge Die mit den bislang abgeschlossenen Bauplanungs- und Planungskostenverträgen gemachten Erfahrungen wurden insbesondere in Hinblick auf finanzielle Entlastungseffekte insgesamt positiv eingeschätzt194. Die Bereitschaft der Vertragspartner, entsprechende Verträge mit der Stadt abzuschließen, habe in keinem Fall gefehlt 195 . Unter dem Gesichtpunkt der Mitentscheidung der Stadt bei der Auswahl 187 Interview (24) v. 8. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Bauordnungsamt Magdeburg; Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 188 Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. iss Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 190 Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 191 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; ebenso Interview (28) v. 13. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 192 Interview (23) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 193 Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 194 Interview (23) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; ebenso Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 15 Interview ( 2 ) v. . 11. 2000, Mitarbeiter, t a u t Magdeburg.
154
2. Teil: Empirische Erhebung
eines zu beauftragenden - kompetenten - Planungsbüros wurde für die Zukunft eine Präferenz für normale Bebauungspläne in Kombination mit BauplanungsVerträgen geäußert 196.
(2) Erschließung (a) Erschließungs- und städtebauliche Verträge „Erschließungs- und städtebauliche Verträge bieten", so das Resümee eines befragten Mitarbeiters, „der Kommune eine gute Möglichkeit, Dinge schnell voranzutreiben, wenn das wirtschaftliche Umfeld o.k. ist." 1 9 7 Dabei kamen Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen vor allem drei Vorteile zu: 1 9 8 Es entfalle erstens eine Vorfinanzierung von Erschließungsanlagen durch die Stadt, zweitens der städtische Finanzierungsanteil gemäß § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB und drittens sei schließlich eine personelle Entlastung der Stadt zu verzeichnen, die eine Erschließung des benötigten Umfangs mit eigenem Personal gar nicht leisten könnte. Dem stehe allerdings ein hoher Aufwand bei der Vorbereitung, der Erfüllungskontrolle, aber auch bei der Begleitung der Verträge gegenüber. Das sei darauf zurückzuführen, daß bei Vertragsschluß nie alle Umweltbedingungen des Vertrages und deren mögliche Veränderungen erfaßt werden könnten (z. B. die Marktveränderung oder die spätere Entdeckung von Altlasten). Insofern bedürften die Verträge einer ständigen Pflege, die durch die Stadt bei der Vielzahl der abgeschlossenen Verträge kaum noch zu leisten sei 1 9 9 . Tab. 23 gibt wieder, wie die Erfüllung der Erschließungspflichten in den abgeschlossenen Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen zum Erhebungszeitpunkt beurteilt wurde. In 55% der Verträge (22) ging man von einer vertragsgemäßen Erfüllung aus, in 40% der Fälle (16) waren Mängel oder Verzug mit den Vertragspflichten aufgetreten, in 5% (2) wurde die vertraglich geschuldete Erschließungsleistung endgültig nicht oder nur zum Teil erbracht. Die beiden letztgenannten Fälle endgültig nicht vertragsgemäßer Erfüllung stellten auch die politischen Problemfälle für die Stadt dar 2 0 0 . Dort war es zu einer Insolvenz des Vertragspartners vor Fertigstellung der Erschließung gekommen, wobei für die zu erschließenden Flächen jedoch bereits Baugenehmigungen erteilt worden waren 2 0 1 . Das hatte zur Folge, daß die Stadt unter Vorleistung eigener finanzieller und personeller Mittel in die begonnene Erschließung eintreten mußte. In einem 196
Interview (23) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (22) v. 7. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 197 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 198
Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 199 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 200 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 201 Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
155
Fall konnte dabei auf eine vorhandene Bürgschaft zugegriffen werden, im zweiten Fall liefen zum Erhebungszeitpunkt Verhandlungen mit einem neuen Erschließungsträger, der die Fertigstellung der Erschließung übernehmen sollte. Diese Insolvenzen spiegelten nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter deutlich die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder, in denen von einer Sättigung des Wohn- und Gewerbeflächenmarktes auszugehen sei 2 0 2 . In den übrigen Fällen einer mangelhaften oder nicht termingerechten Erschließung fehlten nach Auffassung der befragten Mitarbeiter probate Mittel, den Erschließungsträger zu vertragskonformem Handeln zu zwingen 203 . Verzögerungen bei der Erschließung resultierten einerseits, soweit nicht alle zu erschließenden Flächen im Eigentum des Erschließungsträgers standen, aus langwierigen, nicht immer erfolgreichen Refinanzierungsverhandlungen zwischen dem Erschließungsträger und Fremdanliegern oder andererseits aus eigenen Vermarktungsschwierigkeiten des Erschließungsträgers hinsichtlich der zu erschließenden Flächen 204 . Eine gerichtliche Durchsetzung übernommener Vertragspflichten wurde in diesen, aber auch den Fällen mangelhafter Erschließung bislang nicht angestrengt 205.
Tab. 23 Erfüllung der Erschließungspflichten in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen (Magdeburg) Vertragszahl
Anteil in %
Erschließung vertragsgemäß hergestellt
22
55%
Erschließung mit Verzug/mangelhaft hergestellt
16
40%
Erschließung endgültig nicht/nur zum Teil hergestellt
2
5%
Keine Angabe
0
0%
40
100%
Gesamt Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt206.
Bürgschaften wurden in der Gesamtschau als das zweckmäßigste Instrumentarium zur Sicherung der vertragsgemäßen Erfüllung von Erschließungspflichten angesehen207. Bei alten Verträgen aus dem Beginn der 90er Jahre seien allerdings 202 Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg. 203 Vgl. Landeshauptstadt Magdeburg, Referat Bauverwaltung: Inhalt und Abwicklung der städtebaulichen Verträge, Hinweise und Bemerkungen, verwaltungsintern, 2000. 204 Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 205 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 206 Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (27) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg.
156
2. Teil: Empirische Erhebung
zum Teil nur Bürgschaften in unzureichender Höhe von 50% oder weniger bzw. in zwei Verträgen auch nur sogenannte Patronatserklärungen vereinbart worden 208 . In neu abzuschließenden Verträgen werden - entgegen dem Bestreben der Vertragspartner, sich dieser, Zusatzkosten nach sich ziehenden Verpflichtung zu entledigen - jedoch durchgängig Sicherheiten in Höhe von 100% der übernommenen Erschließungskosten, gegebenenfalls erhöht um einen Aufschlag von weiteren 10%, gefordert 209. (b) Durchführungsverträge Im Rahmen der 15 abgeschlossenen Durchführungsverträge erfolgte in 12 Fällen (80%) die Erfüllung der übernommenen Erschließungspflichten vertragsgemäß. Die Pflichten aus einem Vertrag wurden nur mit Verzug erfüllt (7%), in einem weiteren Fall kam es vor Fertigstellung der Erschließung zur Gesamtvollstreckung beim Vorhabenträger, so daß der Vertrag nicht erfüllt werden konnte (7%). In diesem Fall hatte die Stadt zum Erhebungszeitpunkt die - vorhandene - Bürgschaft gezogen, um Mängel zu beseitigen und Restleistungen vornehmen zu können. Zu einem weiteren Vertrag war schließlich im Rahmen der laufenden Erschließungsarbeiten noch keine Aussage möglich (7%).
Tab. 24 Erfüllung der Erschließungspflichten in Durchführungsverträgen (Magdeburg) Vertragszahl
Anteil in %
12
80%
Erschließung mit Verzug / mangelhaft hergestellt
1
7%
Erschließung endgültig nicht/nur zum Teil hergestellt
1
7%
Keine Angabe
1
7%
Erschließung vertragsgemäß hergestellt
Gesamt
15
ioo%210
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg211.
207 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 208 Vgl. Landeshauptstadt Magdeburg, Referat Baurecht: Inhalt und Abwicklung der städtebaulichen Verträge, verwaltungsinternes Gesprächsprotokoll, 1999; Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 209 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 210 Abweichungen von 100% sind das Resultat von Rundungsdifferenzen. 211 Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (27) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
(c) Erschließungsverträge
157
im Bereich § 34 BauGB
Günstiger als im Rahmen von Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen fiel auch die Einschätzung der Erfüllung von Erschließungsverträgen im Bereich des § 34 BauGB aus: hier seien Umsetzungsprobleme selten 212 . Dieser Befund spiegelte sich in einem Anteil vertragsgemäßer Erfüllung von 72% (31) wieder, vgl. Tab. 25. Lediglich in 14% der Verträge (6) seien Mängel oder Verzug aufgetreten, in nur 7% (3) wurde die vereinbarte Erschließung oder Herstellung nicht geleistet. Diese 7% betreffen einen Vertrag, in dem zwar die Erschließung erstellt, Straßenausbaumaßnahmen jedoch endgültig nicht erbracht worden waren, einen zweiten Fall einer nicht fertiggestellten inneren Erschließung einer Wohnanlage, die mangels Abnahmefähigkeit nunmehr Privatstraße bleiben soll, sowie im dritten Fall ein Ausbleiben der Erschließung als Folge nicht realisierter Hochbaumaßnahmen. Bei den verbleibenden 7% handelte es sich schließlich um laufende Verträge, zu denen noch keine Angaben möglich waren.
Tab. 25 Erfüllung der Erschließungsverträge im Bereich § 34 BauGB (Magdeburg)
Erschließung vertragsgemäß hergestellt
Vertragszahl
Anteil in %
31
72%
Erschließung mit Verzug / mangelhaft hergestellt
6
14%
Erschließung endgültig nicht/nur zum Teil hergestellt
3
7%
Keine Angabe
3
7%
Gesamt
43
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg
100% 213
.
(3) Soziale Infrastruktur Folgekosten oder -maßnahmen der sozialen Infrastruktur wurden weder in Durchführungsverträgen zu Vorhaben- und Erschließungsplänen noch in Erschließungs- und städtebaulichen Verträgen der Stadt Magdeburg vereinbart 214 . Das sei vor allem auf drei Gründe zurückzuführen 215: erstens auf die Zuständigkeit des Bauverwaltungsamtes, das traditionell nur mit Erschließungs- und Straßenausbau212
Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. Interview (30) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (27) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 214 Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg; Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 2 15 Interview (29) v. 13. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Referat Baurecht Magdeburg. 213
2. Teil: Empirische Erhebung
158
maßnahmen befaßt war, zweitens auf die hinsichtlich sozialer Infrastrukturfolgemaßnahmen gerade am Anfang der 90er Jahre bestehende Rechtsunsicherheit und drittens auf die daraus resultierende, weder vom Investor noch von der Stadt gewünschte Verteuerung des zu schaffenden Baulandes. Erfahrungen lagen somit in dieser Hinsicht nicht vor. c) Planrealisierung (1) Herstellung privater Hochbauvorhaben (a) Durchfuhrungsverträge Das Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans bietet nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter mit dem Durchführungsvertrag und vereinfachten Möglichkeiten der Planaufhebung vor allem ein „rechtssicheres Programm", einen Investor unter Übertragung des gesamten Planungsrisikos in die Planung einzubeziehen 2 1 6 . Insbesondere müsse sich der Vorhabenträger rechtlich zur Realisierung innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten und sein finanzielles Potential zur Baudurchführung nachweisen. Die Bedeutung der tatsächlichen Baurealisierung sei aus der Sicht der Gemeinde im einzelnen davon abhängig, inwieweit die Stadt mit dem Vorhaben des Investors auch eigene städtebauliche Entwicklungsinteressen verfolgt 217 . Hierbei fallen die Erfahrungen grundsätzlich positiv aus (vgl. Tab. 26). So erfolgte in 87% der Durchführungsverträge (13) eine vertragsgemäße Realisierung der Hochbauvorhaben. Lediglich in einem Vertrag (7%) wurden infolge des Konkurses des Vorhabenträgers nicht alle Bauabschnitte fertiggestellt, ein weiterer Vertrag (7%) aus dem Jahr 1999 ließ schließlich noch keine Beurteilung zu.
Tab. 26 Erfüllung der Bauverpflichtungen in Durchführungsverträgen (Magdeburg) Vertragszahl
Anteil in %
Vorhaben vertragsgemäß realisiert
13
87%
Vorhaben mit Verzug / mangelhaft realisiert
0
0%
Vorhaben endgültig nicht/nur zum Teil realisiert
1
7%
1 15218
7%
Keine Angabe Gesamt
100% 219
Quelle: Eigene Erhebung, Bauverwaltungsamt, Landeshauptstadt Magdeburg 220. 216
Interview (21) v. 7. 11. 2000, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg. 218 In einem Vertrag aus dem Jahr 1992 wurde keine Realisierungspflicht im Durchführungsvertrag vereinbart, sondern ein Fertigstellungstermin im Rahmen der Baugenehmigung festgesetzt. 217
§ 5. Untersuchungsergebnisse
159
(b) Erschließungs- und städtebauliche Verträge Anders als bei Satzungen über einen Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogenen Bebauungsplänen waren die Vertragspartner in Erschließungsund städtebaulichen Verträgen ganz überwiegend nicht Träger der Hochbauvorhaben auf den zu erschließenden Grundstücken 221. Insoweit sahen Erschließungsund städtebauliche Verträge regelmäßig keine Bauverpflichtungen für Hochbauvorhaben vor.
(2) Feinsteuerung privater Hochbauvorhaben In der Stadt Magdeburg dominieren nach Einschätzung der befragten Mitarbeiter „schlanke" Durchführungs-, Erschließungs- und städtebauliche Verträge mit nur wenigen zusätzlichen Bindungen 222 . Während Regelungen über den Ausgleich und Ersatz naturschutzrechtlicher Eingriffe zum Standardinhalt aller Verträge gehörten, seien gestalterische Vorgaben und Nutzungsbindungen „kaum" vereinbart worden. Umweltschützende Bindungen hinsichtlich des Erhalts von Mutterboden und Vegetationsbeständen im Zuge baulicher Maßnahmen enthielten wiederum fast alle Verträge. Im Rahmen von Vorhaben- und Erschließungsplänen beschränkten sich baugestalterische Bindungen auf Festsetzungen in Lage- und Durchführungsplänen, die als Anlagen Bestandteil der Durchführungsverträge geworden sind. Der Möglichkeit, innerhalb von Vorhaben- und Erschließungsplänen von § 9 BauGB bzw. den Baugebieten der BauNVO abweichende Festsetzungen zu treffen, wurde in Magdeburg ebenfalls keine Bedeutung bescheinigt223.
I I I . Landeshauptstadt Hannover 1. Empirisches Material a) Experteninterviews Aussagen zur Planungspraxis der Stadt Hannover beruhen auf 11 leitfadenunterstützten Interviews im Zeitraum vom 16. 10.-19. 10. 2000. Als Gesprächspartner 219
Abweichungen von 100% ergeben sich aus Rundungsdifferenzen. Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg; Interview (27) v. 14. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 221 Interview (25) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Bauverwaltungsamt Magdeburg. 222 Ergebnisdiskussion (4) v. 8. 5. 2001, zwei Mitarbeiter, Amt für Baurecht Magdeburg. Eine Auswertung der Vertragstexte der Durchführungs-, Erschließungs- und städtebaulichen Verträge war verwaltungsorganisatorisch nicht möglich. 223 Interview (26) v. 8. 11. 2000, Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg; Ergebnisdiskussion (3) v. 7. 5. 2001, leitender Mitarbeiter, Stadtplanungsamt Magdeburg. 220
160
2. Teil: Empirische Erhebung
standen sieben Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes (davon drei in leitender Position), ein leitender Mitarbeiter des Bauordnungsamtes sowie ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes zur Verfügung. Acht Interviews wurden auf Tonband aufgezeichnet. Die Auswertung der übrigen drei Interviews beruht auf handschriftlichen Gesprächsnotizen. Ein weiteres Interview mit einem leitenden Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, der zum Erhebungszeitpunkt verhindert war, wurde am 9. 5. 2001 nachgeholt und ebenfalls auf der Grundlage eines transkribierten Tonbandmitschnitts ausgewertet.
b) Dokumentenanalyse Eine statistische Datenbank mit Daten zur Planungs- und Baugenehmigungspraxis der Stadt Hannover wurde zum Erhebungszeitpunkt im Baudezernat erarbeitet, lag jedoch für den hier relevanten Untersuchungszeitraum von 1991 -1999 noch nicht vor. Das Datenmaterial beruht deshalb fast ausschließlich auf eigenen Erhebungen im Aktenbestand des Stadtplanungsamtes und des Tiefbauamtes. Im übrigen konnten Ratsvorlagen zu Vorhaben- und Erschließungsplänen und städtebaulichen Verträgen eingesehen werden.
c) Ergebnisdiskussion Eine Diskussion der Untersuchungsergebnisse in Form zweier Gesprächsrunden wurde am 9. u. 10. 5. 2001 mit zwei Mitarbeitern des Stadtplanungsamtes sowie einem Mitarbeiter des Tiefbauamtes durchgefühlt.
2. Anwendungspraxis: Veränderungen kommunaler Entscheidungsstruktur a) Strategieentscheidungen Der gleichmäßige Einsatz vertraglicher Instrumente des Städtebaurechts sollte in Zukunft durch die „Grundsätze der Landeshauptstadt Hannover zur sozialgerechten Bodennutzung" gesteuert werden 224 . Dahinter verbarg sich ein im Stadtplanungsamt ausgearbeitetes Handlungsprogramm, das im Auftrag des Rates Leitlinien zur Anwendung der neuen Instrumente des Städtebaurechts fortentwickelt und zur Anwendung in der Bauverwaltung konkretisiert hat 2 2 5 . Der Grundgedanke 224 Vgl. Stadtverwaltung Hannover: Grundsätze der Landeshauptstadt Hannover zur sozialgerechten Bodennutzung, Hausmitteilung v. 13. 9. 1999. 22 5 Vgl. Landeshauptstadt Hannover: Die Instrumente des besonderen Städtebaurechts zur Umsetzung städtebaulicher Ziele, Informationsdrucksache Nr. 277/97 v. 27. 1. 1997.
§ 5. Untersuchungsergebnisse
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des Handlungsprogramms besteht in einem „gerechten Ausgleich zwischen den durch die Schaffung neuer Baurechte entstehenden Vorteilen und den damit verbundenen Lasten und Kosten." Dazu sollen die von der Ausweisung neuer bodenwertsteigernder Wohnungsbau- und Gewerbeflächen Begünstigten an den durch die Baulandaus Weisung ausgelösten städtischen Kosten angemessen beteiligt werden. Genannt werden in diesem Zusammenhang „Planungskosten ... unentgeltliche Flächenabtretungen ... Herstellungskosten" und „Sozialer Wohnungsbau". Als anzuwendende Instrumente werden der „Vorhaben- und Erschließungsplan ... Städtebauliche Verträge ... (sowie) Regelungen im Zusammenhang mit gesetzlichen Umlegungsverfahren" favorisiert. Zur Erfassung abzusehender Planungsmehrwerte und entstehender Kosten für die Stadt diente zum Erhebungszeitpunkt eine sogenannte „Ersteinschätzung. Sozialgerechte Bodennutzung, Verwaltungsverfahren B-Planaufstellung", die im Vorfeld jedes Verfahrens zur Aufstellung eines Bauleitplanes Auskunft über die Notwendigkeit des Abschlusses eines städtebaulichen Vertrages geben soll. Diese Ersteinschätzung wurde zwar bereits innerhalb des Stadtplanungsamtes praktiziert, ein Beschluß des Rates über den Gebrauch des Handlungsprogramms lag hingegen noch nicht vor. Inwieweit das Handlungsprogramm im Rat auf Unterstützung stoßen werde, fand eher zurückhaltende Beurteilung: Die „Marktsituation für städtebauliche Verträge" sei infolge eines ausreichenden Angebots an Wohn- und Gewerbeflächen und daraus resultierender geringer Investitionsnachfrage „derzeit schlecht" 226 .
b) Vorhaben- und Erschließungspläne
50 i 40 • 30
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10 n i 0 ^ 1991
1992 1993 1 Vorhaben- und Erschließungspläne
1995 1994 1996 (ZZH B