208 105 41MB
German Pages 223 [228] Year 2000
Linguistische Arbeiten
428
Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese
Amei Koll-Stobbe
Konkrete Lexikologie des Englischen Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens
Max Niemeyer Verlag Tübingen 2000
Für meine Eltern und meinen Sohn
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Koll-Stobbe, Amei: Konkrete Lexikologie des Englischen: Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens. / Amei Koll-Stobbe. - Tübingen : Niemeyer, 2000 (Linguistische Arbeiten; 428) Zugl.: Kiel, Univ., Habil.-Schr., 1996 ISBN 3-484-30428-6
ISSN 0344-6727
© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2000 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nadele, Nehren
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
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Vorwort
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1. Vorüberlegungen zu einem Entwurf einer Konkreten Lexikologie 1.1. Lexikologie als Teilgebiet der Sprachwissenschaft: Standortbestimmungen 1.2. Methodik 1.3. Inhaltsüberblick
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2. Prolegomena fur eine Konkrete Lexikologie: Theoretische Positionen und programmatische Erkenntnisziele 2.1. Das Lexikon als Kenntnis- und Anwendungssystem: Lexikalische Datenbasis vs. lexikalische Informationsverarbeitung 2.1.1. Externe Kenntnissysteme des Englischen: Wortschatz und Lexikon 2.1.1.1. Hard Wordes und Plaine Wordes: Wörterbücher als orientierende Kenntnissysteme 2.1.1.2. Standardisierung des lexikalischen Wissens: Lexika und Enzyklopädien als Kenntnissysteme von Nationalsprachen 2.1.1.3. Ausdifferenzierung eines Kenntnissystems: Englisch als Weltsprache 2.1.1.4. Ausdifferenzierung und Technologisierung eines Kenntnissystems: English for Special Purposes und Datenbanken 2.1.1.5. Language joyriding: "Words out of the loop" 2.1.2. Das Lexikon als Anwendungssystem: Beispielanalyse 2. l .2. l. "When I make a word do extra work": Idiosynkratischer Sprachgebrauch 2.1.2.2. Kontextualisierungsprozesse: Situiertheit und Kommunikativität von lexikalischem Sprachgebrauch 2.1.2.3. Lexikalische Problemlösung: Programm einer Konkreten Lexikologie als Theorie der Performanz 2.2. Konkrete Lexikologie: Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens 2.2.1. Kognitive theoretische Linguistik: Sprache als Kenntnissystem 2.2.2. Pragmatische Wende: Sprachwissen und kommunikative Kompetenz 2.2.3. Sprachkompetenz: Habituelles vs. situativ-modifizierendes Sprachkönnen 2.2.3. l. Habituelles Sprachkönnen: Kommunikation als Gewohnheit 2.2.3.2. Situativ-modifizierendes Sprachkönnen: Kommunikation als Problemlösung 2.2.3.3. Dimensionen des Sprachkönnens: Ein Kontinuum
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VI
2.3. Konkrete Lexikologie: Grundlagen einer lexikologischen Semantik 2.3.1. Wortdelimitation und -Identifikation: Zwei Problemkreise 2.3.2. Kodierung von Bedeutung: Lexikalische Bedeutungsstrukturen und Prozesse 2.3.3. Relationale lexikalische Netzwerke: Sememe und Sinn 2.4. Prolegomena für das Programm der Konkreten Lexikologie 3. Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens durch Sprachkontakte: Englisch als absorbierender und absorbierter Kode 3.1. Englisch als Weltsprache: Ausdifferenzierung der Englishes in der Welt 3.1.1. Variabilität der Sprachbenutzer und des Sprachgebrauchs: World Englishes 3.1.2. Variabilität der Sprachbenutzer und des Sprachgebrauchs: Homogene und heterogene Situationsgruppen 3.2. Fallstudien für Kodekontaktphänomene des Englischen in der Welt 3.2.1. Multilingualismus: Englisch in stabilen Sprachkontaktsituationen 3.2.1.1. Englisch in multilingualen Sprachkontaktsituationen: Fallbeispiel Englisch als E(L2) in Kenia 3.2.1.2. Multilingual Netzwerke in Kenia: Ethnische Sprachen und Sprachwahl 3.2.2. Habituelles Sprachkönnen in E(L2)-Kontexten: Sprachkontakte und Sprachwechsel 3.2.2.1. Kodewahl als soziosemantische Strategie: Codeswitching in ethnisch heterogenen stabilen E(L2)-Kontakten 3.2.2.2. Kodewechsel als referentielle Strategie: Absorbierender und absorbierter Kode 3.2.2.3. Kodewechsel als expressive Strategie: Codemixing als Amalgamierung von Kodes 3.2.3. Codemixing als situativ-modifizierendes Sprachkönnen: stabile E(IE)-Kontexte 3.2.3.1. Sprachkontakt und Sprachmischung bei kultureller Konvergenz: Englisch in Deutschland 3.2.3.2. Absorbierender vs. absorbierter Kode bei kultureller Divergenz: Englisch in Japan 3.2.3.3. Sprachmischung als Sprachkönnen: Konzeptverschränkung 3.3. Linguistische Modellierungen von Codemixing in einer Konkreten Lexikologie: Kode-Alternationen und Kode-Alterationen 4. Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens: Funktionale Kommunikationsstile .... 4. l. Funktionale Varietäten vs. funktionale Variabilität: International English for cultural purposes (IECP) 4.1.1. Funktionale Varietäten des Englischen: IESP vs. IECP 4.1.2. Kommunikationsart und Kommunikationsstil im IECP: Kohäsion und Kohärenz 4.2. Eingebundene Kommunikationsarten: Werbung
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4.3. Situativ-modifizierendes Sprachkönnen: Kontextualisiertes Worten im IECP ... 4.3. l. Situative Ambiguierung des Wortens: Semantisch chiffrierter Kode 4.3.2. Lexikogrammatisch degradierter und semantisch hochgradierter Kode.... 4.3.3. Vermischung von mündlichen und schriftlichen Kommunikationsstilen: Puns and riddles 4.4. Variabilität des Wortens: Literacy of joint authorship 4.4.1.Sekundäre Literalität: Chiffrierungen 4.4.2. Aggregierende Literalität: Ko-Autorentexte des Homo Faber und Homo Ludens 5. Konkrete Lexikologie: Wortbildungsmuster und Wortschatzerweiterungsstrategien 5.1. Linguistische und lexikologische Betrachtung der Wortbildung 5.1.1. Sprachwissen: Wortbildung als Rekonstruktion von kombinatorischen Strukturen 5.1.2. Sprachkönnen: Wortbildung als strategische Wortschatzerweiterung 5.2. Zentrale Probleme der linguistischen Wortbildung 5.2.1. Produktivität und Semi-Produktivität 5.2.2. Irregularitäten: Diachrone Rekonstruktion 5.2.3. Ad hoc-Pseudosuffigierungen und Rückableitung 5.3. Bedeutungsspezifikation komplexer Lexeme: Lexikalisierung 5.3.1. Komplexe Lexeme als „Pass"-Wörter: Semantisierung von Konfigurationen 5.3.2. Irreguläre Semantisierungen komplexer Lexeme: Demotivierung und Lexikalisierung 5.4. Muster der Wortschatzenveiterung 5.4.1. Analytische Wortschatzerweiterung: Konversion 5.4.2. Wort-Manufaktur I: Abbreviaturen 5.4.3. Wort-Manufaktur II: Verschränkungen 5.4.4. Kontextualisierung: Ad Hoc-Bildungen 5.5. Wortneubildungen in kulturellen Kontexten: Korpus-Analyse 5.5.1. Worten im Spiegel: Wortneubildungen in einem Printmedium 5.5.2. Wortbildungsmuster in vier Kompilationen neuer Wörter 5.6. Wortschatzerweiterung als Sprachkönnen: Muster und Konfigurationen des Wortens 5.6. l. Systematik der Wortschatzerweiterungsmuster für das Englische 5.6.2. Selektives Sprachkönnen: Habituelle und situativ-modifizierende Wortschatzerweiterungsstrategien 6. Konkrete Lexikologie: Sprachkönnen als Kategorisieren 6.1. Worten als dynamischer Kategorisierungsprozess 6. l. l. "Words as slippery customers": Lexikalische Kategorien 6.1.2. "What's that?" Prozesse der Kategorisierung 6.1.3. Benennen als lexikalisches Kategorisieren 6. l .4. Kategorisieren als Sprachtätigkeit: Hohe vs. niedrige Kodierbarkeit
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6.2. "(A) cup is a cup is a cup ...": Worten von Trinkgefassen 6.2.1. Lexikoneinträge: Wörterbücher vs. Sprachbenutzer 6.2.2. "Cups and kinds of cups": Ein Experiment 6.2.2.1. Lexikalische Kategorisierungen bei hoher Kodierbarkeit: Basiskategorien 6.2.2.2. Komplexe Kategorisierungen bei niedriger Kodierbarkeit: Unterkategorienbildung und Kategorienverschränkung 6.3. Kategorisieren als Such-und Vergleichsprozess 6.3.1. Kategorisieren als informationsverarbeitender Prozess 6.3.2. Kategorisieren als kreativer Prozess 6.4. Situativ-modifizierende Kategorisierung: Kategorisieren als Aufmerksamkeitswechsel 6.5. Lexikalisches Kategorisieren als produktiver Prozess vs. kreative Strategie
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7. Das innere Lexikon: Psycholinguistische Dimension der Konkreten Lexikologie 7. l. Selektives Prozessieren von Informationen: Inneres Lexikon und Bedeutungskonstituierung 7.1.1. Sprachverstehensprozesse: Komplexe Informationsselektion 7.1.2. "In search of the engram": Vorstellungen vom Gedächtnis und Wortgedächtnis 7.1.3. Das Gehirn als informationsschaffendes System 7.2. Die Komplexität des lexikalischen Systems: Denkoperationen 7.3. Das lexikalisch-konzeptuelle System: Kenntnis- und Anwendungssystem 7.4. Das lexikalische System als kohärenzstiftendes System: Rekodieren als kontrollierter, kreativer Prozess
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8. Schlussbetrachtung 8.1. Konkrete Lexikologie als Programm zu einer Theorie des lexikalischen Sprachkönnens 8.2. Anwendbarkeit der Ergebnisse: Sprachlehr- und Lernforschung 8.3. Ergebnisse: Allgemeine Lexikontheorie
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Literatur
191
Index
211
Verzeichnis der Abkürzungen
Adj.
Adjektiv
AE.
altenglisch
AmE.
amerikanisches Englisch
AustrE.
australisches Englisch
BrE.
britisches Englisch
E(IE)
English as an international lingua franca / Englisch als Fremdsprache
E(L1)
Englisch als erste Sprache
E(L2)
Englisch als zweite Sprache
ESP
English for Special Purposes
-Sprache
externe Sprache
EU
Europäische Union
IECP
International English for Cultural Purposes
IESP
International English for Special Purposes
I-Sprache
interne Sprache
inf.
infinitive
LI
erste Sprache
L2
Zweitsprache
N, n
Nomen, noun
OED
Oxford English Dictionary
pl.
Plural
Präp.
Präposition
prs t.
present tense
pt t.
past tense
sg.
Singular
S
Subjekt
V
Verb
Vorwort
Der vorliegende Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens ist die für den Druck modifizierte Arbeit, die 1996 von der Philosophischen Fakultät der Universität Kiel als Habilitationsschrift angenommen wurde. Ich danke den Kommissionsmitgliedern der Fakultät für viele konstruktive Hinweise, insbesondere aber für die unterstützende Betreuung Herrn Prof. Dr. H. Wode vom Englischen Seminar der Universität Kiel, der die Entstehung des Projektes mit Anteilnahme und Interesse verfolgte. Die Studierenden meiner Einführungskurse in die Englische Sprachwissenschaft waren stets bereit, als Versuchskaninchen für meine Worterkennungsexperiment zu fungieren, auch dafür möchte ich danken. Herrn Prof. Dr. Brekle gilt ein Dankeschön für die Aufnahme der Schrift in die Linguistischen Arbeiten. Die Drucküberarbeitung geschah unter Berücksichtigung von nach der Fertigstellung der Schrift erschienenen corpuslinguistisch ausgerichteten lexikologischen Studien. Mein Dank gilt auch Kollegen von der Moi-Universität in Eldoret (Kenia) und Kathy und Jesper Matsui in Tokyo, die meine Forschungsaufenthalte dort erst möglich machten. Meinen Mitarbeitern in Greifswald gilt mein besonderer Dank für die unterstützenden Handreichungen bei der Druckerstellung. Dr. Claudia Claridge hat die meisten Graphiken neu erstellt und meine Sekretärin Frau Schulz hat mir die meiste Arbeit bei der Neugestaltung des Manuskriptes abgenommen. Meine besonders tief empfundene Dankesschuld gilt aber meiner Familie, die mich während meiner Universitätslaufbahn von Freiburg über Kiel nach Greifswald ständig unterstützt hat und immer Verständnis dafür aufbrachte, dass der Schreibtisch ein ständiger Begleiter war und dieser Schreibtisch auch an andereren, neuen oder fernen Orten stehen konnte. Meinen Eltern und Lorcan möchte ich deshalb auch dieses Buch widmen. Die Konkrete Lexikologie des Englischen als Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens ist ein anwendungsorientiertes Programm zu einer Sprachwissenschaft des tatsächlichen Sprachverhaltens in einer veränderten Sprachkultur des Englischen als internationaler lingua franca. Ich habe versucht, mich den Herausforderungen der Komplexität und Variabilität des lexikalischen Sprachverhaltens konkreter Sprachbenutzer zu stellen mit dem Ziel, eine breitgefächerte Grundlagenstudie zu erstellen, die nicht auf eine restriktive Formalisierung und Idealisierung von Sprachverhalten ausgerichtet ist. Den Weg hätte ich nicht geschafft, ohne begleitende Unterstützung. Ich möchte deshalb (ohne einzelne Namen zu nennen) all denen im akademischen und privaten Umfeld danken, die mich ermuntert und angetrieben haben.
l. Vorüberlegungen zu einem Entwurf einer Konkreten Lexikologie 1.1. Lexikologie als Teilgebiet der Sprachwissenschaft: Standortbestimmungen Die linguistische Lexikologie versteht sich als Disziplin, die die Strukturen und Regularitäten des Wortschatzes einer Sprache aufarbeitet: Die Lexikologie einer Sprache befaßt sich ... mit den sprachlichen Einheiten, die im Ergebnis kommunikativer Bedürfnisse der Sprachträger als ständig reproduzierbare Zeichengebilde entstanden sind (Hansen et al. 1985:12).
Den Gegenstandsbereich einer Lexikologie der „ständig reproduzierbaren Zeichengebilde" stellen Wörter als Einheiten des Lexikons der Sprachbenutzer dar. Im Lexikon werden Informationen über die Aussprache und Schreibung, die Bedeutung und die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften von Wörtern gespeichert. Ansätze zu einer Theorie des Lexikons werden im Rahmen restriktiver linguistischer Theorien (Pustejovsky 1995), interdisziplinärer psycholinguistischer bzw. prozesslinguistischer Studien (Stachowiak 1979, Schwarze/Wunderlich 1985, Levelt 1989, Forster 1989, Dunbar 1991, Taft 1991, Miller 1993, Handke 1995) oder der analytischen Lexikologie erstellt (Hansen et al. 1985, Gruse 1986, Lipka 1990). Praktische Aspekte des Gebrauchs des Lexikons, die den Entwurf einer Konkreten Lexikologie leiten, finden sich in den Definitionen von Lexikologie in allgemeinen Nachschlagewerken: "the study of the meaning and uses of words" (Longman Dictionary of Contemporary English. London 1978). "a branch of linguistics concerned with the signification and application of words" (Webster's Ninth New Collegiate Dictionary. Springfield, Mas. 1990).
In der sprachwissenschaftlichen Forschung bleibt die Beschreibung des Wortschatzes und seines Gebrauchs auf die Angewandte Linguistik und Didaktik beschränkt (Carter 1987, Jackson 1988, McCarthy 1990, Katamba 1994). Analysen der Handhabung des Lexikons durch individuelle Sprecher bleiben als marginale Beobachtungen zu kreativem Sprachgebrauch die Ausnahme (Aitchison 1994) oder werden ins Fachgebiet der Psycholinguistik und Sprachpsychologie ausgegrenzt (Clark/Gerrig 1983, Günther 1989, Schreuder/Flores d'Arcais 1989, Aitchison 19942). Nur eine Handvoll Sprachwissenschaftler erkennt das Problemfeld in ihren Grundlagenstudien zur Semantik und fordert eine Berücksichtigung bei der Modellierung von Sprachgebrauch (Lyons 1977, Chafe 1977, de Beaugrande 1979, Fillmore 1979, Bierwisch 1990, Cruse 2000). Insofern ist die hier von mir vorgestellte Konkrete Lexikologie als ein Programm zu sehen, das, zwischen Linguistik und Psycholinguistik angesiedelt, das Lexikon als zentrales Thema einer Sprachwissenschaft des Sprachgebrauchs vorbereitet. In der von mir zu entwickelnden Konkreten Lexikologie wird der Gegenstandsbereich auf den Umgang mit dem Lexikon in naturalistischen Kontexten gelenkt, d.h. den Gebrauch von konkreten Wörtern in konkreten Kommunikationsprozessen. Die Vorstellungen vom Lexikon als einer strukturell organisierten Wissenskomponente des
Sprachsystems werden ergänzt durch ein Modell des Lexikons als einer informationsverarbeitenden und informationsschaffenden Komponente des Sprachsystems. In dem theoretisch und methodisch unübersichtlichen Grenzgebiet von Linguistik und Psycholinguistik werden insbesondere zwei Richtungen deutlich: Die eine Richtung mit dem Erkenntnisziel der Explizierung impliziter sprachlicher Wissenssysteme versteht Sprache als ein autonomes bzw. modulares und geschlossenes kognitives System (Chomsky 1972, 1986, Bierwisch 1987, Jackendoff 1993, Pinker 1993). Die andere (für eine mögliche Theorie des Sprachgebrauchs fruchtbarere) Richtung versucht, die Prozess- und Organisationslogik des Sprechens und Verstehens im Zusammenhang mit den übrigen psychischen Funktionssystemen (Wahrnehmung, Gedächtnis, Aktion) zu analysieren (Strohner 1990, Schnelle 1991, Lyons 1991, Schwarz 1992, Knobloch 1994, Sucharowski 1995) und ist an einer interdisziplinären Kognitionswissenschaft als Systemtheorie orientiert (Luhmann 1987, Strube 1993, Haberlandt 1994, Strohner 1995). Unter dem Einfluss der Systemtheorie hat sich das Interesse der Wissenschaftler auf die der sprachlichen Produktion und dem sprachlichen Verstehen zugrundeliegenden Prozesse des Sprachgebrauchs verschoben. Das Lexikon wird als ein kognitives Subsystem des Sprachsystems aufgefasst, dessen Komponenten und Strukturen (Funktionsrelationen zwischen den Komponenten) es in bezug auf eine Systemfunktion (Relation des Systems zu einer Umwelt) zu modellieren gilt. Der Entwurf einer Konkreten Lexikologie ist ein Schritt in die Richtung einer Theorie des lexikalischen Sprachgebrauchs, in deren Zentrum die Flexibilität und Kreativität von Sprachverhalten steht.
1.2. Methodik Das Paradigma der experimentellen Psycholinguistik hat in den letzten 20 Jahren oft viele eingeschränkte (d.h. kurzlebige) Erkenntnisfortschritte gebracht, da Befunde und Interpretationen tendenziell im Rahmen bestimmter hypothetischer Implikationen und methodischer Abläufe gesehen werden (Dressler 1983, Dromi 1987, Knobloch 1994), so dass die Bedeutung von naturalistischen Forschungsrichtungen im Grenzgebiet zwischen Linguistik und Psycholinguistik wieder wächst (Garman 1990:112f.).' Der Stellenwert von interpretativen Fallstudien, die im Gefolge der sich formierenden empirischen Sprachwissenschaft eine Zeitlang als vorläufige Methode angesehen wurden, um erste Hypothesen zu erhalten, ist inzwischen als komplementäre Methode zu rein quantitativen empirischen Verfahren akzeptiert und besonders dann geeignet, wenn es darum geht, sehr komplexe, dynamische und situationsgebundene Prozesse zu untersuchen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Methodik meiner Studie wider. Die Daten zum Gebrauch von Wörtern werden im Sin'
Eine kritische Bestandsaufnahme des Wertes qualitativer Fallstudien gibt Dromi 1987:62-67. S. zum Problem der Datentransparenz bei statistischen Analysen Dressler 1983. Knobloch behauptet sogar, dass es in der Psycholinguistik keine „gesicherten Bestände" irgendeiner Schule gibt, weil Paradigmen, Modelle und experimentelle Techniken seit den 70er Jahren ständig wechseln (Knobloch 1994:12).
ne von Fallstudien anhand orientierender Pilotexperimente erhoben oder als Einzelfallstudien. In diesem Sinne kann mein auf der Basis einer orientierenden Datenanalyse gewonnener Entwurf die mit der Methode der Korpuslinguistik erstellten Studien zu Lexikon und lexikalischer Morphologie des Englischen (Cannon 1987, Hohenhaus 1996, Fischer 1998) qualitativ ergänzen. Ich werde bei der Entwicklung der Konkreten Lexikologie die Perspektive des lexikalischen Sprachverhaltens durchgehend für verschiedene Aktionsräume des Sprechens und Verstehens in unserer Sprachkultur verfolgen. Das Programm der Konkreten Lexikologie sieht die Einbeziehung von Veränderungsprozessen vor, die den lexikalischen Sprachgebrauch im Sinne der gemeinschaftlichen Traditionen des Sprechenkönnens formen als operative Ordnungen, d.h. textuelle Traditionen, Erwartungen und Wissensbestände einer Sprachkultur (Coseriu 1988, Raible 1991, Knobloch 1994). Im Gegensatz zu den bisher vorgelegten Studien zum Wortschatz des Englischen und seines Gebrauchs, die ausgewählte Bereiche der lexikalischen Semantik und/oder Wortbildungsmorphologie darstellen (Matthews 1974, Adams 1979, Kastovsky 1982, Bauer 1983, Bybee 1985, Hansen et al. 1985, Gruse 1986, Bauer 1988, Schneider 1988, Katamba 1994, Hohenhaus 1996, Fischer 1998) oder Arbeiten zu Lexikon und Wortbildungskomponente in der Syntax (Aronoff 1976, Selkirk 1982, DiSciullo/Williams 1987, Toman 1987, Lieber 1992, Pustejovsky 1995) lege ich eine makrolinguistisch angelegte Grundlagenstudie zur Wortbildungs- und Verarbeitungskompetenz von Sprachbenutzern des Englischen vor, die das Programm einer allgemeinen Theorie zum Lexikon aufzeigt. Die lexikologische Grundlage für mein Programm einer Konkreten Lexikologie bietet die Arbeit von Lipka (Lipka 1990, 19922).
1.3. Inhaltsüberblick Lyons differenziert im Gefolge der strukturalistischen und generativen Eingrenzungen des Gegenstandsbereichs Sprache zwischen einer mikrolinguistischen Sprachbetrachtung (in der Sprache als autonomes System den Gegenstandsbereich der Analyse bildet) und einer makrolinguistischen Sprachanalyse (in der Sprache als Verhalten beobachtet und beschrieben wird, s. Lyons 1991: 13f.). Der Entwurf einer Konkreten Lexikologie des Englischen ist in eine makrolinguistische Analyse von Sprachgebrauch eingebettet. Die Studie basiert auf Beobachtungen von Sprachbenutzern und Sprachbenutzergruppen, deren operative Ordnungen dadurch gekennzeichnet sind, dass Englisch in urbanen (multikulturellen und multilingualen) Sozialwelten gesprochen wird. In Kapitel 2 lege ich in den Prolegomena den theoretischen Grundstein für eine Konkrete Lexikologie, indem ich das Lexikon als Wörterbuch (beispielhaft an der Lexikographie des Englischen dargestellt) und als Komponente der Sprachfähigkeit einführe (beispielhaft an einem konkreten lexikalischen Problemlösungsprozess vorgeführt). Auf dem Hintergrund der Diskussion des Kompetenz-Konzeptes in der Linguistik stelle ich ein Modell des Sprachkönnens vor, das Aspekte der Situiertheit und Selektivität von Sprach verhalten berücksichtigt. Ich differenziere zwischen habituellem Sprachverhalten, das als gewohnheitsmäßiges Sprachkönnen die soziale und grammatische Kontinuität und Stabilität von
Sprachverhalten als autonomem Verhalten sichert und situativ-modifizierendem Sprachkönnen, das die Verarbeitung von Sprachwissen und Weltwissen in Relation zu einer Umwelt und Gedächtnisleistungen individuell und unkonventionell ermöglicht. Kapitel 2.3. stellt die semantischen Grundlagen von lexikalischem Sprachkönnen zwischen referentiellen und konzeptuellen Prozessen der Bedeutungskonstituierung vor. In Kapitel 3 und 4 werden Beobachtungen zum lexikalischen Sprachkönnen von bestimmten Sprachbenutzergruppen des Englischen analysiert. Das Thema dieser Kapitel sind Sprachmischprozesse, die, so meine Arbeitshypothese, das Sprachkönnen aufgrund von Sprachkontakt- und Kulturkontaktprozessen im Umfeld des Englischen als internationaler Sprache maßgeblich verändern. In Kapitel 3 wird Codemixing ausführlich für den Bereich des Englischen in Kenia und der dort verbreiteten primär oralen Sprachkontaktsituationen eingeführt und verglichen mit Formen der Kodeverschränkung im Kontext des Englischen als Fremdsprache in funktional ausdifferenzierten Schriftkulturen mit massenmedialen Kommunikationsstilen am Beispiel des Englischen in Deutschland und Japan. In Kapitel 4 wird lexikalisches Sprachkönnen vorgestellt, das unter dem Druck der Professionalisierung lexikalischer Produktion in der zeitgenössischene Unterhaltungskultur entsteht. Ich stelle am Beispiel von Werbesprache den Kommunikationsstil des Englischen als internationales Register der Unterhaltungs- und Konsumkultur vor und die spezifischen Wortbildungsverfahren, die über die operative Ordnung der eingebundenen Kommunikationsarten in der internationalen Sprachkultur etabliert wurden. In Kapitel 5 wird das an den Fallstudien zum Sprachkönnen in Kapitel 3 und 4 herausgearbeitete lexikalische Sprachverhalten anhand einer Analyse von Problemfeldern der sprachwissenschaftlichen Wortbildungslehre in einem dynamischen Schema habitueller und situativ-modifizierender Wortschatzerweiterungsmuster für das Englische systematisiert. Lexikalisches Sprachkönnen wird dann im Rahmen der psycholinguistischen Ausrichtung der Konkreten Lexikologie in Kapitel 6 anhand orientierender Experimente als Kategorisieren in konkreten Sprachgebrauchssituationen modelliert. Zwei komplementäre informationsverarbeitende Prozesse für das habituelle und situativ-modifizierend Kategorisierungsverhalten werden herausgearbeitet, die linguistisch-reflexive Abgrenzungen von produktivem versus kreativem Sprachverhalten prozessual unterstützen. In Kapitel 7 werden für ein allgemeines psycholinguistisches Programm der Konkreten Lexikologie die orientierenden Beobachtungen und systematischen Analysen der Kapitel 36 in ein Modell des inneren Lexikons integriert, das im Austausch mit der Umwelt sowohl automatisch als auch kontrolliert und kreativ arbeiten kann und Vorstellungen vom Lexikon als einer Wissenskomponente, die nur mit einer spezifischen Theorie des Lexikons kompatibel ist, überwindet. In einem Schlusskapitel 8 stelle ich die Ergebnisse meines Entwurfs einer Konkreten Lexikologie zusammen und beleuchte die Anwendbarkeit meiner Erkenntnisse zum lexikalischen Sprachkönnen für die mit der Lehre und dem Lernen der Sprache des Englischen befassten Disziplinen der Sprachwissenschaft.
2. Prolegomena für eine Konkrete Lexikologie: Theoretische Positionen und programmatische Erkenntnisziele 2.1. Das Lexikon als Kenntnis- und Anwendungssystem: Lexikalische Datenbasis vs. lexikalische Informationsverarbeitung 2.1.1. Externe Kenntnissysteme des Englischen: Wortschatz und Lexikon Obgleich der wesentliche Eindruck von Sprachgebrauch unterschiedlicher Generationen der der Stabilität und Kontinuität ist (Crystal 1992:119), erweitert und verändert sich das Vokabular einer Sprache ständig. Den Wandel dokumentieren in der angloamerikanischen Sprachkultur angesehene Sprachkolumnisten (s. die Kompilationen in Saffire 1986, Algeo Hg. 1991), historische Lexikologen (z.B Partridge 1938, Leisi 1955, Lewis 1960, Bauer 1994, Hughes 2000) und Lexikographen. Die Lexikographie hat die Beobachtung, Auswahl und Beschreibung von Einheiten des Vokabulars einer Sprache zum Thema (Svensen 1993:1) und ist als wissenschaftliche Praxis darauf ausgerichtet, dass Wörterbücher entstehen (Wiegand 1983:38): Das Wörterbuch ist eine durch ein bestimmtes Medium präsentierte Sammlung von lexikalischen Einheiten (vor allem Wörtern), zu denen für einen bestimmten Benutzer bestimmte Informationen gegeben werden, die so geordnet sein müssen, dass ein rascher Zugriff zur Einzelinformation möglich ist (Hausmann 1985:369).
Hausmann differenziert zwischen dem Wörterbuch als sprachlich informierendem Nachschlagewerk und dem Lexikon als sachlich informierendem Nachschlagewerk (op.cit.:370). Die beiden Termini werden im allgemeinen Sprachgebrauch jedoch synonym verwendet. Bei der zitierten möglichen Antwort auf die Frage „Was ist ein Lexikon?" wird deutlich, dass sowohl das Wörterbuch als auch das Lexikon Wissen zum Wortschatz von Sprache oder Sprachen systematisiert: 1. Das Lexikon ist der Wortschatz einer Sprache, also eine Komponente unserer Sprachfahigkeit. 2. Das Lexikon ist ein Wörterbuch zu einer Sprache, also ein Werk, das in systematischer Weise Auskunft über Wörter der Sprache gibt (Schwarze/Wunderlich 1985:8).
Aus unterschiedlicher Perspektive wird das Lexikon als eine Wissensbasis oder ein Kenntnissystem des Wortschatzes herausgestellt.1 Ich werde in diesem Kapitel Aspekte des Lexikons als einer externen lexikalischen Wissensbasis darstellen (Wörterbuch und lexikalische
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Ich benutze den Begriff Kenntnissystem in Anlehnung an Bierwisch 1987 und Schwarz 19962 in Ermangelung eines geeigneteren Begriffes für die Differenzierung einer (statischen) Wissenskomponente und einer (dynamischen) Arbeitskomponente eines Systems (vgl. Kp. 2.2.1.). Die Wissenskomponente wäre das Kenntnissystem als Subsystem oder Komponente des lexikalischen Systems (in vielen Systemen sind die Komponenten des Systems wiederum Systeme, sogenannte Subsysteme, s. Rickheit/Strohner 1993:30). Die Arbeitskomponente wird von mir im folgenden Anwendungssystem genannt.
Datenbank), um darauf Überlegungen zum Lexikon als interner Wissensbasis und Komponente der Sprachfähigkeit des Menschen aufbauen zu können (inneres oder mentales Lexikon). Wörterbücher können als ein externes Kenntnissystem angesehen werden, das Sprachbenutzer als Hilfsmittel zur Unterstützung ihres inneren oder mentalen Lexikons einsetzen können. Die Entwicklung des Typs des Lexikons als Wörterbuch - oder externem Kenntnissystem des Englischen - soll kurz dargelegt werden, weil sie den Weg von der Kodifizierung zur Ausdifferenzierung und Spezialisierung lexikalischen Wissens als soziales bzw. institutionelles Sprachgut widerspiegelt. Damit werden Aspekte des Wortschatzes als inneres Lexikon oder internes Kenntnissystem individueller Sprachbenutzer in Kapitel 2.1.2. konfrontiert.
2.1.1.1. Hard Wordes und Plaine Wordes: Wörterbücher als orientierende Kenntnissysteme Ein herausragendes Charakteristikum des englischen Wortschatzes ist sein Mischcharakter: Durch kulturelle und politische Kontakte entwickelte sich insbesondere nach der normannischen Eroberung im elften Jahrhundert ein Wortschatz, der sowohl durch germanisches als auch romanisches Wortgut geprägt ist. Obgleich im alltäglichen Sprachgebrauch des Englischen der Gebrauch hochfrequenter Wörter mit germanischem (angelsächsischem oder skandinavischem) Ursprung wie take, house, brother, get, do, they, he zu überwiegen scheint, übertrifft das romanische Wortgut im Gesamtbestand des englischen Wortschatzes deutlich die 60% (Shorter Oxford English Dictionary: 26% Wörter germanischen, 64% Wörter romanischen, lateinischen und griechischen Ursprungs, Leisi/Mair 19998:46, s.a. Görlach 1974, Bauer 1994, Hughes 2000)2. Durch das Mischsystem entstehen im Englischen nicht nur Synonymierelationen zwischen Wörtern mit deskriptiv äquivalenter Bedeutung aber unterschiedlicher Etymologie wie freedom (German.) und liberty (Roman.), sondern auch soziale Einschränkungen bei institutionellem und natürlichen Lernen der Bedeutungen der lateinisch-romanischen Wörter und ihres adäquaten Gebrauchs: Der Zugang zu germanischem und romanischen Kenntnissystemen des englischen Wortgutes wurde in der Klassengesellschaft des Mittelalters durch die Zugehörigkeit zur Ober- oder Unterschicht und (aufgrund des geschlechtsspezifischen Zugangs zur Bildung) das Geschlecht bestimmt. Bereits im späten Mittelalter und zu Beginn der Rennaissance erschienen jedoch eine Vielzahl von unterscheidbaren Typen von „Wordbooks", die das Wissen über Wörter systematisieren und einer breiteren Schicht der Bevölkerung (und den Frauen) zugänglich machen sollten. Der Ursprung alphabetischer Wörterbücher lag in den Glossen und Marginalien der Manuskriptkultur (McArthur 1986:76), die, zunächst als zweisprachige Wörterbücher erstellt, dem Sprachwissen und der Sprachschulung dienen sollten. Eines der ersten englischlateinischen Wörterbücher war das um 1440 von Geoffrey dem Grammatiker kompilierte 2
Die Sprachkontaktphänomene sind hier nur kurz zur Einführung in ein späteres Kapitel aufgezeigt. S. Marchand 19692:5 ff., McArthur 1986:Kp. 11 und Strang 1970: 215, 250 ff. zur Entstehung von bilingualen Kontaktsituationen nach der anglonormannischen Invasion. Gesamtüberblicke zur geschichtlichen Entwicklung des englischen Wortschatzes sind Kastovsky 1992 und Hughes 2000.
Promptorium parvulorum sive clericorum, das etwa 10000 Einträge enthielt (aufgelistet nach den Wortarten der Nomina und Verben) und als eines der ersten Wörterbücher 1499 gedruckt wurde (McArthur 1986:8ff.). Neben Wörterbüchern wurden aber auch schon recht früh sogenannte Manieres de langage zusammengestellt, die als Sprachlehrwerke die Engländer an die Sprache der normannischen Invasoren heranführen sollten und neben Wortreferenzlisten auch komplexe Phrasen und konkrete Sprechsituationen dokumentierten, also lexikalisches Wissen in konkreten Sprachgebrauchssituationen (s. Kibbee 1991:81 ff.). Cawdrey's A Table Alphabetical! (1604) gilt offiziell als das erste englisch-englische Wörterbuch,3 das im ausführlichen Titel Zielpublikum und Aufgabe des Wortbuches herausstellt: Table Alphabeticall, conteyning and teaching the true writing and understanding of hard usuall English wordes, borrowed from the Hebrew, Greeke, Latine, or French & c. With the interpretation thereof by plaine English words gathered for the benefit & helpe of ladies, Gentlewomen, or any other unskilful! persons. Whereby they may the more easily and better understand many hard English wordes, which they shall heare or read in Scriptures, Sermons, or elsewhere, and also be made able to use the same aptly themselues (R. Cawdrey (1604): A Table Alphabeticall. Faksimile 1966. Gainesville, Fl.: Scholars' Facsimiles and Reprints).
Das bilinguale Erbe des englischen Vokabulars der hard wordes vs. der plaine wordes wurde in ein monolinguales Wörterbuch inkorporiert. Die Methode war diejenige einer Kompilation von Wortlisten (hard wordes) und ihrer Definitionen über Synonyme (plaine English): credulous 'readie to believe, true* education 'bringing up' illustrate 'to make plaine, to declare' improbable 'that cannot be proved' phantasie 'imagination' (Beispiele aus R. Cawdrey (1604): A Table Alphabeticall. Faksimile 1966, op.cit.)
Die populären und kommerziell sehr erfolgreichen Wörterbücher im Stile des Table Alphabeticall sollten dem aufstrebenden Bürgertum und dem Landadel (sowie den allgemein noch kaum schulisch ausgebildeten Frauen) Zugang zu dem High Latinate verschaffen.
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Für eine Diskussion der lexikographischen Werke, die Anspruch darauf erheben, als erste monolinguale Wörterbücher zu gelten, s. Landau 1989:38. Die Vielzahl möglicher externer lexikalischer Wörterbücher (s. z.B. eine Typologie von Wörterbüchern in Hausmann 1985:Kp.4, Landau 1989) und die unterschiedlichen Methodiken, das Wissen über Wörter zu Systematisierren und zu organisieren, werden hier nicht ausführlich thematisiert (s. Überblicke in McArthur 1986, Sinclair Hg. 1987).
8 Darüber hinaus sicherten die Lexikographen gegen den Widerstand der Puristen das hybride Erbe des Englischen: The Purists lost the battle, and in the process - by blending languages and adapting bilingual lexicography into unilingual lexicography - the English language at least got its first autonomous alphabetic wordbooks (McArthur 1986:89),
Der gemischte Wortschatz ermöglicht den Sprachbenutzern des Englischen semantische und stilistische Differenzierungen durch etymologisch verschiedene Bezeichnungen für ein Objekt oder ein Denotatum, wie amatory vs. love, audition vs. hearing oder hearty welcome vs. cordial reception. Aus einem "high-brow" Stratum der hard wordes und einem umgangssprachlichem Stratum derplaine wordes bestehend, wurden semantische Dubletten bereits von den elisabethanischen Dramatikern als poetische Mittel der Differenzierung eingesetzt (Finkenstädt/Leisi/Wolff 1973, Hughes 2000).
2.1.1.2. Standardisierung des lexikalischen Wissens: Lexika und Enzyklopädien als Kenntnissysteme von Nationalsprachen Unter dem Eindruck des Erstarkens nationaler Sprachsysteme in Frankreich, Italien und Spanien (unter dem Einfluss dort entstandener Sprachakademien) und dem fortschreitenden Abbau des Lateinischen als europäischer Verkehrssprache der Bildung und Wissenschaften wurden im 18. Jahrhundert auch in England Stimmen lauter, die das Englische als nationale Sprache fixiert sehen wollten: I cannot help but think it a sort of disgrace to our nation, that hitherto we have had no such standard of our language (as the French); our dictionaries at present being more properly what our neighbours the Dutch and the Germans call theirs, word-books, than dictionaries in the superior sense ofthat title. All words, good and bad, are there jumbled indiscriminately together, insomuch that the injudicious reader may speak, and write as inelegantly improperly and vulgarly as he pleases, by and with the authority of one or other of our word-books. ... The time for discrimination is now come. Toleration, adoption and naturalization have run their length. Good order and authority are now necessary.4
Buchhändler gaben in den vierziger Jahren dem Schriftsteller und Kritiker Dr. Samuel Johnson Geldmittel für zunächst drei Jahre, um ein Wörterbuch zu erstellen. Johnson stützte sich auf Werke des erfahrenen Lexikographen Nathan Bailey, der bereits 1721 ein Etymologisches Wörterbuch des Englischen herausgebracht und mit dem Folianten Dictionarium Brüannicum (1730) die Arbeitsgrundlage für Johnsons Unterfangen publiziert hatte. In einem Plan zu dem Wörterbuch der Englischen Sprache (1747) stellte er als sein Ziel heraus, die Geschichte der Wörter zu dokumentieren sowie die Aussprache festzulegen, um die Reinheit und Bedeutung der englischen Sprache zu bewahren. Das an ihn herangetragene 4
Lord Chesterfield (einer der Augustianer neben Swift, Defoe und Addison), die für die Stabilisierung der englischen Sprache unter der Autorität einer Sprachakademie eintraten, 1754 in "Letter to the World". Nachgedruckt in Bolton, W. F. (1966): The English Language: Essays by English and American Men of Letters 1490-1839. Cambridge: Cambridge University Press, S. 125f.
Ziel, das mit dem Erscheinen des Dictionary of the English Language 1755 ersteinmal erreicht war, bestand darin, die englische Sprache zu kodifizieren. Etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Umfeld der Philologischen Gesellschaft in London die Studien zur Geschichte und Struktur der englischen Sprache mit dem Ziel der Erstellung eines nationalen Lexikons vertieft. Dieses sollte den Wortschatz des Englischen in seiner ganzen Breite (inklusive obsoleter Wörter) dokumentieren auf der Basis von akkurat datierten Wortäußerungssammlungen. Mit der Bestellung von James Murray als Herausgeber des geplanten Wörterbuches und einem Kontrakt mit dem Verlag Clarendon Press in Oxford nahm das monumentale Unterfangen konkrete Züge an. Unterstützt wurde die Arbeit der Lexikographen durch Hunderte von Freiwilligen aus der ganzen Welt, die Material sichteten und (mit Hilfe des gerade eingerichteten internationalen Postnetzes) einsandten. Das New Oxford English Dictionary on Historical Principles erschien 1883-1928 und stellte die Bedeutungen, Bedeutungsentwicklungen, die Aussprache und Orthographie (sowie deren Entwicklung und Veränderungen) der Wörter der englischen Sprache zusammen: 1933 in zehn Bänden als OED nachgedruckt, entstand ein nationales semasiologisches Kenntnissystem des Englischen. Wörter werden als lexikalische Einheiten bestehend aus phonologischer, syntaktischer und semantischer Information behandelt und pragmatisch (über Zitate in gesammelten Äußerungszusammenhängen) belegt. Das Lexikon genügt den Ansprüchen an Wortwissen als Sprachkulturwissen im Humboldtschen und Grimmschen Sinne auf herausragende Weise. Neben den Ergänzungsbänden zum OED (die die lexikalische Wissensbasis in einer Art lexikographischer Endlostätigkeit ständig aktualisieren) erschienen in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts auch ergänzende lexikographische Werke, die die diachronen Perioden, sowie regionale, soziale, stilistische und funktionale Varietäten des Englischen erfassten und (einsprachig oder zweisprachig) dokumentierten. Aufbauend auf dem historischen Kenntnissystem des englischen Kodes OED werden komplementäre lexikographische Kenntnissysteme der Sub-Kodes und (onomasiologische) Netzwerke erstellt.5
2.1.1.3. Ausdifferenzierung eines Kenntnissystems: Englisch als Weltsprache Während Cawdreys Table Alphabetical! ca. 2500 Wörter umfasste, beschrieb Johnsons Wörterbuch etwa 40000 Einträge. Das OED verzeichnete 1933 bereits ca. 200000 bzw. (inklusive Kombinationen) 415000 Wörter, und in der zweiten Auflage 1989 war der Bestand von lemmatisierten Wörtern des Englischen erneut beträchtlich angewachsen.6 Durch die Kolonialisierung und den Transport des Englischen in andere Erdteile wurde die areale lexikalische Ausdifferenzierung der englischen Sprache eingeleitet. Kolonien, wie zuerst in Nordamerika, entwickelten eigene Varietäten. Das Lexikon wurde durch spezifische geographische, klimatische, ökonomische und soziokulturelle Gegebenheiten, so-
Svensen 1993:17-39 zu unterschiedlichen Wörterbuchtypen. Eine Übersicht der Wörterbucherstellung bezüglich der Anwenderperspektive gibt Landau 1989:Kp.l. S. zu Wörterbüchern für das Englische Bailey 1989, Hughes 2000:248ff. Miller 1993:159f. gibt eine Übersicht über den Umfang der Anzahl der Wörter in den großen englischen Wörterbüchern. S. auch Leisi/Mair 1999":46.
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wie die andersartigen Kulturkontaktsituationen geformt.7 Noah Webster war nicht der erste, der nordamerikanische Wörterbücher zusammenstellte, sicher aber derjenige, der, nicht zuletzt kritisch auf Johnson reagierend, die Eigenständigkeit des amerikanischen Englisch dokumentieren wollte. Er veröffentlichte nach dem Unabhängigkeitskrieg eine Grammatik, ein Lesebuch, sowie 1806 das Compendious Dictionary of the English Language und kompilierte einen Zitationskorpus aus amerikanischen Texten. Sein bedeutender Beitrag zur Unabhängigkeitserklärung der Sprache erschien 1828 als American Dictionary of the English Language, das eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Selbstverständnisses einer eigenständigen Kultur über den Weg der Sprachkultur spielte. Nicht nur die Orthographiereform Websters dokumentiert seine lexikographische Pionierarbeit, sondern auch die Einbeziehung von Informationslisten zu Gewichten, Maßen, Währungen etc. und eine Übersicht aller Postämter der Union etablierten einen Typus von Wörterbuch und Nachschlagewerk im Stil einer Enzyklopädie. Das amerikanische Lexikon kann als ein areales Kenntnissystem des Englischen angesehen werden, das sich in der Herausbildung von dialektalen britischen versus amerikanischen Heteronymen niederschlägt (Görlach 1990, Algeo 1997). Über vergleichende Wortlisten werden Divergenzen amerikanischer und britischer lexikalischer Varianten seit Menckens populärer Darstellung der amerikanischen Sprache von 1919 herausgestellt, die aber unter dem konvergierenden Druck des amerikanischen Lexikons auf das britische oft nur kurze Zeit gültig sind. Unterschiede und teilweise Übereinstimmungen im Wortschatz werden nicht nur in diachronen Studien zur arealen Ausdifferenzierung der englischen Sprache oder Handbüchern zum Englischen herausgearbeitet (Jespersen 1905, Strang 1970, Gramley/Pätzold 1992, Hansen/Carls/Lucko 1996), sondern auch in Wörterbüchern als KenntnisSystemen der englischen Sprachkultur dokumentiert:
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Kontakt mit indigenen Kulturen und mit anderen europäischen Kulturen, die insbesondere spanisch-, französisch-, holländisch- oder deutschsprechend waren. Einwanderungswellen aus unterschiedlichen Regionen der britischen Inseln führten zu Kontaktphänomenen unterschiedlicher britischer Varietäten in Nordamerika. Des weiteren bestimmten Einwanderer aus Afrika (im Gefolge des Sklavenhandels) insbesondere im Süden Nordamerikas Sprachkontakt- und Sprachmischprozesse etwa ab dem 18. Jahrhundert (s. dazu McCrum et al. 1986, Crystal 1995).
11 Semantisches Feld: Das Automobil (Auswahl von Heteronymen für Teile der Karosserie - im Lexikon visuell unterstützt)
BrE numberplate sidelight bonnet windscreen wiper wing mirror wing boot aerial petrol cap
AmE. license plate parklight hood windshield wiper side mirror fender trunk antenna gas tank door
(nach Longman Dictionary of English Language and Culture. London: Longman 1992).
Deutlich werden hier diesseits und jenseits des Atlantiks konsequent andere Bezeichnungen für bestimmte Teile des Autos. Eine große Zahl anderer lexikalischer Äquivalente wie etwa „luggage" und „baggage" können dagegen aufgrund von regionalen und funktionalen Bedeutungsdifferenzierungen nicht konsequent als Heteronyme klassifiziert werden (s. dazu Algeo 1997:21 ff, Leisi/Mair 19998:189f). Neben Wörterbüchern bilden Sprachatlanten weitere externe Kenntnissysteme für den englischen Wortschatz und seine lexikalischen Varianten (s. dazu Leisi/Mair 1999«:172ff, 199f). Durch spätere Kolonialisierungen im pazifischen und afrikanischen Raum entstanden weitere areale Varietäten des Englischen mit Wortschätzen, die durch Sprachkontaktphänomene mit indigenen Sprachkulturen geprägt sind.8 Lexikographische Wissenssysteme der arealen Varietäten des Englischen sind vorwiegend auf die Britischen Inseln, NordAmerika, Süd-Afrika, Australien, Neuseeland und die Karibik beschränkt (Görlach 1988, Crystal 1995, Graddol et al. 1996, Leisi/Mair 1999«). Das Lexikon des Englischen als Weltsprache ist in eigenständigen externen Wissenssystemen noch nicht vollständig repräsentiert: We would need inclusive dictionaries for all major varieties comprising the entire vocabulary used by the local English-speaking community, with special attention given to lexical meanings and uage labels, and complements in the form of exclusive dictionaries listing the local -isms and interpreting them "on historical principles". However, we do not have such sets of dictionaries (Görlach 1988:19).
2.1.1.4. Ausdifferenzierung und Technologisierung eines Kenntnissystems: English for Special Purposes und Datenbanken Neben der arealen Ausdifferenzierung des Englischen als Weltsprache, wurde insbesondere in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts auch die Ausdifferenzierung des Englischen als funktionales Register in externen Kenntnissystemen kodifiziert. Die Verbreitung des
S. die Beiträge in Burchfield (Hg.) 1994 zu Süd-Afrika (W. Branford), Neuseeland (L. Bauer), Australien (G. Turner), in deren Mittelpunkt die jeweilige Siedlungsgeschichte und die Sprachkontakte und -konflikte mit indigenen Sprachen stehen.
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Englischen als Weltsprache, die international als instrumentaler Verkehrskode gelernt und eingesetzt wird, führte in den letzten Jahrzehnten zum grammatischen und lexikographischen Programm des English for Special Purposes (ESP): As English has expanded to become the preferred language of international communication in more and more fields, the needs of ever more non-native users of English have become evident. The important assumption has been made that these users, as well as their native-speaker colleagues, employ English in a restriced range of social and thematic areas. ... What is important... is the communication of information, which necessitates the use of unambiguous terminology and clear grammar (Gramley/Pätzold ! 992:244).' Bestimmte Varietäten des Sprachgebrauchs werden lexikographisch dokumentiert als über ihr Fachvokabular isolierbare Sub-Systeme des Englischen (s. Summers 1988). Die technische Entwicklung der Dokumentierbarkeit und Organisation von Daten auf dem elektronischen Wege, führte zur Einrichtung von elektronisch gespeicherten und bearbeitbaren Korpora des Englischen und anderen elektronischen Datenbänken (mit deren Hilfe zum Beispiel on-line die neueste fachliche Terminologie abgefragt werden kann, etwa für Übersetzer der Datenbank-Service Eurodicaution für alle EU-Sprachen, s. Gramley/Pätzold 1992:251).10 Unter dem Fortschritt der elektronischen Datenbearbeitung werden fachsprachliche Kenntnissysteme aktualisierbar durch eine kontinuierliche Dokumentation lexikalischer Veränderungen. Aufgrund der Speicherung von Daten in Form einer CD-ROM werden Wörterbücher zudem zu vielfaltig benutzbaren elektronischen Kenntnissystemen. Über das elektronische Wörterbuch können Suchprozesse laufen: Ein Sprachbenutzer kann sich zum Beispiel alle türkischen Entlehnungen im englischen Wortschatz heraussuchen oder alle Komposita, die das einfache Lexem cup enthalten oder aber Belege mit dem Lexem medicine des Jahres 1572 (um nur einige Beispiele der Anwendungsmöglichkeit eines elektronischen Kenntnissystems aufzuführen). Auch das OED erschien 1989 in der zweiten Auflage in einer elektronischen Version. Externe elektronische Kenntnissysteme erhalten eine Dimension der Informationsbearbeitung, die alphabetisierten Wörterbüchern der Schriftkultur verschlossen war und andere Organisationsmöglichkeiten, wie die thematische, wieder beleben (s. McArthur 1986:Kp. 19/20, Crystal 1995:436ff.).
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S. Robinson 1980, Sager/Dungworth/McDonald 1980. Das Erlernen einer Fachsprache war bereits im ausgehenden Mittelalter im zweisprachigen England für bestimmte Berufsgruppen nötig, s. die Lehrtexte der französischen Rechtsfachsprache in den sogenannten orthographischen Abhandlungen (vgl. ausführlich Kibbee 1991:55). S. Crystal 1995:438f., der eine Übersicht über die wichtigsten internationalen Korpora des Englischen gibt, die seit den 60er Jahren an verschiedenen Universitäten und Forschungsstätten u.a. in England, den USA, Schweden und Deutschland erstellt werden.
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2.1.1.5. Language joyriding: "Words out of the loop" Die Linguistin Jean Aitchison betont, dass sich Sprachwissenschaftlern ganz neue Dimensionen eröffnen, wenn sie ihre Computer als Informationsmedium für die Sprachanalyse entdecken. Sie bezeichnet das Suchen nach bestimmten Wörtern und ihren möglichen Bedeutungen in Gebrauchszusammenhängen (etwa in der Datenbasis der Times und Sunday Times) als "real language joyriding" (Aitchison 1994:29). Mit der Wortbildung language joyriding bedient sie sich der Möglichkeit, das Kenntnissystem des Lexikons kreativ zu modifizieren, indem sie im Lexikon bereits vorhandene Wörter neu zusammenstellt. Derartige Neukombinationen von lexikalischem Material kennzeichnen die Fähigkeit des Menschen, auf neue Situationen sprachlich innovativ zu reagieren. Die bekanntesten Wortbildungsmuster sind Kompositabildungen (wie language joyriding) oder die Kombination von einem Wort mit einem Wortbildungsmorphem und die figurative Extension eines Wortes (vgl. ausführlich Kapitel 5). Neue Wörter werden in Kompilationen von Neologismen gesammelt, die allgemeine Wörterbücher ergänzen." Algeo, der neue Wörter regelmäßig für American Speech zusammenstellte, definiert sie wie folgt: A new word is a form or the use of a form not recorded in general dictionaries. The form may be one that is usually spelled as a single word (guesstimate) or a compound (sandwich generation) or even an idiomatic phrase (out of the loop ...). The form of the word itself may be novel, a shape that has not before been seen or heard in English (flexlime ...ecotage), or the newness may lie in a novel use of an existing form. In the latter case, the novelty may be in what the word refers to (turf as a location, subject, or responsibility claimed as one's own) the word's grammar (looney tunes developing from the name of an animated cartoon to an adjective 'erratic, absurd'), or even its relationship to those who use it (British toyboy entering American use via supermarket tabloids) [Algeo Hg. 1991:2].
Neue Wörter werden zu potentiellen Kandidaten für ein "new words selection committee", wie es die Philologische Gesellschaft in London unterhielt oder die American Dialect Society mit der Kolumne „Among the New Words" in der Zeitschrift „American Speech". Was ist aber, wenn ich ein mir unbekanntes Wort dort oder in einem Lexikon nicht finde, weil es nicht registriert ist oder weil es in einer bestimmten Kommunikationssituation mit einer anderen Bedeutung als der im Kenntnissystem repräsentierten gebraucht wurde (wie language joyriding)'? Wörter sind zugleich präzise (lexikographisch dokumentierbare) und flexible Einheiten des lexikalischen Systems (weil sie prinzipiell mehrere Bedeutungen und in einer bestimmten Kommunikationssituation neue Bedeutungen haben können). Lexikographen haben die Suche nach der endgültigen Definition von Wörtern oder Wortfeldern längst aufgegeben (McArthur 1986:147). Externe Kenntnissysteme können nur als orientierende Hilfssysteme dienen, die die Komplexität von lexikalischem Sprachverhalten orientierend (und idealisierend) beschreiben.
S. Ayto 1989, 1990, Barnhart et al. 1990, Algeo (Hg.) 1991, Tulloch 1991, Knowles/Elliott 1998. Zusammenstellungen in Zeitgeistjournalen sind populär, s. etwa Brodkey et al. 1990, Snow et al. 1993.
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Stellen wir die Frage nach der Verarbeitung von unbekannten neuen Wörtern des Englischen als Frage nach der Flexibilität des Lexikons als internes Kenntnissystem. Anhand des pragmatischen Mottos „When I make a word do extra work..." des Sprachrohrs des Sprachphilosophen und Kinderbuchautors Lewis Carroll möchte ich im nächsten Kapitel programmatisch verdeutlichen, dass das Lexikon als inneres Lexikon und Komponente der Sprachfähigkeit des Sprachbenutzers als ein Anwendungssystem verstanden werden muss, in dem lexikalisches Wissen nicht nur aktiviert, sondern auch selektiv verarbeitet und situativ modifiziert werden kann.
2.1.2. Das Lexikon als Anwendungssystem: Beispielanalyse 2.1.2.1. "When I make a word do extra work": Idiosynkratischer Sprachgebrauch Viele Bereiche der Repräsentation und Konstruktion von Wortbedeutungen können lexikographisch nicht erfaßt werden. Phänomene, die auf einer Flexibilität von Wortbedeutungen beruhen (wie lexikalische Vagheit, Polysemie und kreativer Sprachgebrauch, s. Schreuder/Flores d'Arcais 1989, Pustejovsky 1995) bilden Problemstellen für die theoretische Modellierung der Semantik-Komponente des Lexikons und müssen über Verstehensprozesse im mentalen Lexikon ablaufen. Die Dynamik des menschlichen Lexikons kann vom lexikographischen Produkt nicht erreicht werden. Die Fähigkeit, Wörter ad hoc mit Bedeutungen zu versehen, hat (derzeit?) nur der Mensch. Wie wichtig die Analyse der Handhabung des Lexikons ist, wird von einigen Spracherwerbsforschern provokativ unterstrichen, die behaupten, dass das eigentliche (oder ultimative) Ziel des Spracherwerbs sei, lügen zu lernen (Aitchison 1994:9). Lügen (oder die Reproduzierbarkeit der Wörter ohne Rücksicht auf ihren Wahrheitsgehalt oder darauf, wie sie als lexikalische Einheiten bei den anderen Sprachträgern gespeichert sind), ist Teil der menschlichen Sprachfähigkeit. Anders ausgedrückt: Die menschliche Sprachfähigkeit schließt ein, das Lexikon idiosynkratisch einzusetzen und nicht ständig reproduzierbare Zeichengebilde zu produzieren und zu verstehen. Humpty Dumpty, der semantische Philosoph in der Form eines Eierkopfes aus einem Kinderreim, hat als Sprachrohr von Lewis Carroll das Problemfeld einer Lexikologie des Sprachgebrauchs bereits vor mehr als hundert Jahren umrissen. Auf die Frage der kleinen Alice im Wunderland, wieso er ein bestimmtes englisches Wort einfach mit einer ganz anderen Bedeutung gebraucht, antwortet er: "When / use a word", Humpty Dumpty said, in rather a scornful tone, "it means just what / choose it to mean - neither more or less". "The question is", said Alice, "whether you can make words mean so many different things". "The question is", said Humpty Dumpty, "which is to be master - that's all". (Lewis Carroll (1865): "Through the Looking Glass". In: M. Gardner (1979): The Annotated Alice. Harmondsworth: Penguin, 269f.).
Humpty Dumpty widersetzt sich der lexikographischen Auffassung, dass das Wort eine sprachliche Einheit ist, deren Bedeutung in einem Lexikon festgehalten werden kann. Damit nimmt er die später von Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchungen aufgestellte Prämisse, die Bedeutung von Wörtern über ihren Gebrauch zu untersuchen, in
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seiner semantischen Praxis bereits vorweg (und spielt mit dem von den Pragmatikern aufgestellten regulativen Kooperationsprinzip des interaktiven Sprachgebrauchs, s. Searle 1969, Grice 1975, Sperber/Wilson 1986). Mehr noch: Humpty Dumpty ist auch ein früher Vertreter des militaristischen Prinzips der lexikalischen Produktion, das die modernen Humpty Dumptys, die professionell Wörter produzieren (etwa in Kommunikationsagenturen) heute wie selbstverständlich befolgen. Humpy Dumpty schafft (zur Verwunderung der kleinen Alice) Bedeutungen von Wörtern willkürlich, nur dem Prinzip von Angebot und Nachfrage folgend: "That's a great deal to make one word mean", Alice said in a thoughtful tone. "When I make a word do a lot of work like that", said Humpty Dumpty, "I always pay it extra!" (op.cit.).
Eine Wortbildung eines Teams von heutigen Humpty Dumptys in einer Werbeagentur möchte ich als Beispiel für den Prozess der Bedeutungskonstituierung von Wörtern anfuhren, die dazu geschaffen wurden, „eine ganze Menge zu bedeuten". Damit möchte ich programmatisch die Dimensionen der Situiertheit und Kommunikativität von lexikalischem Sprachgebrauch verdeutlichen.
2. l .2.2. Kontextualisierungsprozesse: Situiertheit und Kommunikativität von lexikalischem Sprachgebrauch Die Schlagzeile "The sole eau" (s. Abb. l auf der nächsten Seite) repräsentiert in komprimierter Form lexikalischen Sprachgebrauch des Englischen, der nicht auf grammatischer Wohlgeformtheit basiert und demzufolge mit der strukturalistisch geprägten Methodik der Beschreibung sprachlicher Strukturen und ihrer möglichen Kompositionalität nicht erfaßbar ist.
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The sole eau.
Abb. 1 „When I make a word do a lot of work ...": The sole eau "The sole eau" soll als Beispiel für eine Wende zu einer Lexikologie des Sprachgebrauchs dienen, die in den Aktionsraum des Sprechens und Verstehens hinübergeht. Diese Wende, die als eine Öffnung zu Aspekten der Situiertheit und Kommunikativ i tat von Sprache in textuellen Envartungsrahmen und (kognitiven) Wissensbeständen aufgefasst werden kann, wurde ausgelöst durch die prozessuale Auffacherung des Gegenstandsbereichs des Sprachgebrauchs in Texten (de Beaugrande 1980, de Beaugrande/Dressler 1981, Sanford/Garrod 1981, van Dijk/Kintsch 1983, Brown/Yule 1983, Winograd 1983, Koll-Stobbe 1985, Rick-
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heit/Strohner 1985, Langacker 1990, Strohner 1990, Schnelle 1991, Busse 1992, Werth 1999).12 "The sole eau" wäre aus der Sicht der theoretischen Linguistik gesehen als nichtregelgeleitetes Syntagma *the sole eau markiert, da die Kategorie des Kopfes der Nominalphrase nicht mit einem englischen Nomen gefüllt ist. Damit kann sich der Grammatiker zufrieden geben und das Beispiel als nicht in seinen Untersuchungsgegenstand gehörend aus einer Analyse ausgrenzen. Der Linguist des Sprechens hingegen muss nichtregelgeleiteten Sprachgebrauch als symptomatisch für bestimmte Sprachfähigkeiten erkennen, die über den regelgeleiteten Sprachgebrauch hinausgehen und versuchen zu ergründen, warum und wie derartige nicht-grammatische Äußerungen gebildet werden, was sie bedeuten und wie man sie in eine Theorie der allgemeinen Sprachfähigkeit des Menschen einbetten kann. "The sole eau" repräsentiert einen willkürlichen Umgang mit lexikalischem Material im Stile des Humpty Dumpty, dessen Bedeutung zunächst verborgen bleibt und nur über eine Kontextualisierung verstanden werden kann. Darunter versteht man zum einen die Einbeziehung des sprachlichen Kontextes, zum anderen die Einbeziehung des situativen Kontextes in die Sprachanalyse. In eine kontextuelle Analyse muss der unmittelbare (textuelle) Kontext miteinbezogen werden, der sogenannte Kotext (vgl. Brown/Yule 1983: 46.). "The sole eau" besteht aus einem englischen Artikel (the\ einem englischen Adjektiv (sole) und einer Unbekannten (eau), die eine Problemstelle bildet, da ein kotextuell erwartbares englisches Nomen nicht eingesetzt wurde. Über den sprachlichen Kotext hinaus ist auch ein bildlicher Kontext als Teiltext gegeben: Die sprachliche Nachricht "The sole eau" wurde in eine Bildnachricht eingeschoben. Die sie umgebende Bildnachricht besteht aus einem Photo von einer durch einen Scheinwerfer beleuchteten Flasche des Mineralwassers Ferner vor einem roten Samtvorhang. Zum zweiten muss in die sprachliche Verarbeitung der außersprachliche Kontext mit einfließen: Der sprachliche Rahmen "The sole eau" wurde als Slogan in einer Werbeagentur geformt und eröffnet damit eine bestimmte Erwartungshaltung des Lesers an den Text als eine bestimmte Mitteilung über ein Produkt oder zu diesem Produkt und seinen potentiellen Käufern. Der Sprachbenutzer wird bei seiner Verarbeitung der sprachlichen Nachricht die kotextuelle und kontextuelle Information aufnehmen - er verarbeitet die sprachliche Nachricht nicht autonom, sondern selektiv auf eine durch den Kotext und den Kontext spezifizierbare Bedeutungsbildung auf dem Hintergrund von erfahrenen Wissensmustem. Die sprachliche Nachricht wird als eine Information betrachtet, die in schematisches Hintergrundwissen eingebettet werden muss, wenn sie bedeutungsvoll verarbeitet werden soll:
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Das Programm der Textlinguistik (kritische Darstellung in Gülich/Raible 1977) führte zu einem Programm der Kognitiven Linguistik in einem weiteren Sinne (s. die beiden Richtungen der Kognitiven Linguistik in Kp. 1.1.), die sich in den letzten Jahren durch die Zusammenarbeit von Sprachwissenschaftlern, Psychologen und Computerwissenschaftlern der Erarbeitung einer Theorie der Sprachverarbeitung widmet (s. programmatisch Hahn 1990, Strohner 1990, Schwarz 1992, Rickheit/Strohner 1993, Felix/Habel/Rickheit 1994, Habel/Kanngießer/Rickheit 1995, Strohner 1995, Sucharowski 1995, Werth 2000).
18 Schemata can be seen as the organized background knowledge which leads us to expect or predict aspects in our interpretation of discourse (Brown/Yule 1983:248).
"The sole eau" fungiert als ein sprachlicher Informationsrahmen, der nur über die Aktivierung eines kognitiven Schemas verarbeitet werden kann. Die Einbettung von Sprachverhalten in einen kontextuellen Aktionsraum der Interpretation von sprachlichen Äußerungen auf Mustern des Hintergrundwissens soll im folgenden unter Situiertheit von Sprachgebrauch verstanden werden.13 Im Kontext des Wissens um die Kommunikationsart Werbung und die abgebildete Flasche Mineralwasser kann die zu entschlüsselnde Einheit als das französische Lexem eau identifiziert werden, das seit 1823 in den Kollokationen eau-de-vie und eau-deCologne im Englischen dokumentiert ist (s. OED s.v. eau). Der Sprachbenutzer, der dieses Wissen aktivieren kann, wird eau als ein französisches Nomen verstehen können, das im Slogan "the sole eau" das englische Nomen mineral-water ersetzt. Selektive Prozesse der sprachlichen Informationsverarbeitung kennzeichnen Kommunikativität von lexikalischem Sprachgebrauch als Meinen und Verstehen (vgl. Hörmann 1976, Luhmann 1987:194).u Verstehensprozesse als Prozesse der Bedeutungskonstituierung sind selektive Operationen über den konzeptuellen und sprachlichen Repräsentationen im mentalen System des Sprachbenutzers (Bierwisch 1992:25). Der sprachliche Kommunikationskode (sei er mündlich, schriftlich oder gebärdet realisiert)15 kann als extemalisierter Symbolkode angesehen werden, aus dem Informationen sowohl für die Prozesse des Enkodierens (das intentionale Versprachlichen), als auch den Prozess der Dekodierung (das intentionale Verstehen) ausgewählt werden können. Bei selektivem intentionalen Enkodieren und Dekodieren wird der Kommunikationskode zu einem relationalen Netzwerk:
Vgl. Situiertheit und Situationalität in de Beaugrande/Dressler 1981 (aus der Perspektive der Textlinguistik), Mey 1993 (aus der Perspektive der Pragmatik), Rickheit/Strohner 1993, Strohner 1995 (aus der Perspektive der Kognitiven Wissenschaft). Das Konzept des Kontextes wird von unterschiedlichen Autoren unterschiedlich aufgefasst, s. allgemein Brown/Yule 1983:27ff., Lyons 1981a:195ff., Levinson 1990:23ff., Gumperz 1992:230f., Mey 1993:38ff., Schiffrin 1994:365ff., Clark 1996:92f., Werth 2000:78f. S. zum Konzept des Schemas in der Sprachgebrauchslinguistik de Beaugrande 1980, Sanford/Garrod 1981, Haastrup 1991. Mein an der Systemtheorie orientiertes Konzept von Kommunikation als selektives Verarbeiten von Information weicht von den in der Sprachwissenschaft weitgehend üblichen Konzeptionen ab. S. zur Diskussion des Kommunikationsbegriffes Rickheit/Strohner 1993:17f., die die gängigen Metaphern von Kommunikation als Übertragung von Information, dem Behälter von Information und als regelgeleitetes Spiel vorstellen. Luhmanns Kommunikationsmodell ist wie Bühlers Organonmodell tristral (Bühler - Sprachzeichen fungieren als Ausdruck, Appell und Darstellung (mit jeweils einer dominanten Funktion in der Kommunikation s. Bühler 1933, 1976:94ff.); Luhmann Mitteilung, Information, Verstehen (die als Kommunikation eine emergente Einheit bilden). S. Luhmann zu den Abgrenzungen der beiden Modelle 1987: 196f. Sperber/Wilson 1986 diskutieren philosophische und linguistische Aspekte von Konzepten der Kommunikation als pragmatisches Prinzip. Vgl. auch die Konzepte des Kommunikationskodes und der Prozesse des Dekodierens und Enkodierens im Rahmen der Technologisierung von Kommunikation in Weingarten 1989. Systematische Zeichensprachen, wie die American Sign Language, werden erst in jüngerer Zeit als sprachliche Kommunikationskodes mitberücksichtigt, s. z.B. Jackendoff 1993:Kp.7.
19 The 'Code' is a system, a potential. 'Behaviour' is the actualization of that potential in real life situations; in other words, 'Code' equals 'potential for behaviour'. For this reason the system is represented not as sets of rules but as networks of relations (Halliday 1984:5f). Lexikalisches Sprachverhalten muss sich nicht in wohlgeformten Wörtern des Kenntnissystems abbilden, sondern kann in Aktualisierungen einer kontext-relationalen Kodierung wie "The sole eau" externalisiert werden. The sole eau ist eine Abbildung von lexikalischem Sprachverhalten oder sprachliche Konfiguration, die ich aus der Perspektive des Kommunikationskodes als Ad hoc-Äußerung bezeichnen möchte und aus der Perspektive des Sprachbenutzers als situatives Worten. Der Terminus Worten geht auf Weisgerber zurück, der über diese denominale Verbneubildung im Rahmen seiner energetischen Sprachauffassung das „zu Wort (zu Sprache) machen" als Kernleistung der Sprachkraft einfangen wollte (Weisgerber 1963:22).16 Über das Konzept des Wortens soll verdeutlicht werden, dass Bedeutungen verhandelt werden können durch Prozesse des Nachdenkens: Meaning is not conveyed by a word or sentence, it is arrived at through the hearer/reader's active interpretation (Haastrup 1991:23). Das Worten "The sole eau" kann über eine selektive Verarbeitung von phonologischen Hinweisen im mentalen Lexikon des Sprachbenutzers auch zumindest eine weitere lexikalische Konfiguration aktualisieren: "The Solo". Diese lexikalische Konfiguration kann (durchaus intendiert von der Werbeagentur) einen semantischen Transfer auslösen: Das Produkt (die Flasche Perrier-Mineralwasser) wird dramaturgisch im bildlichen Rahmen der Bühne und des Theaters als Solist, als einzigartiges Mineralwasser präsentiert.
2.1.2.3. Lexikalische Problemlösung: Programm einer Konkreten Lexikologie als Theorie der Performanz Die Kurzinterpretation des „sole eau" vs. „solo" sollte das Programm einer Konkreten Lexikologie in nuce aufzeigen: Sprachverarbeitungsprozesse können nicht auf die Aktivierung von in einem Kenntnissystem repräsentierten Wissen reduziert werden (und etwa mit dem Nachschlagen oder Suchprozessen in einem externen Kenntnissystem gleichgesetzt werden). Ich sehe das Sprachverstehen als einen komplexen Prozess an, bei dem Wissen als konstruktive Komponente eines Anwendungssystems wirksam wird: Kommunikation (als 16
S.a. „Gemeint ist damit, dass die Wirkungskraft der Sprache so groß ist, dass sie im wörtlichen Sinne Außersprachliches in Wort, in Sprache verwandeln kann", ebd. Ich setze den Terminus als Programm ein, ohne im einzelnen den sprachphilosophischen Auslegungen von Weisgerber zum Worten (etwa seine Darstellung des erwortens vs. verwortens. op.cit. 94ff.) im Rahmen seiner inhalts- und leistungsbezogenen Sprachauffassung zu folgen. Ad Hoc-Konfigurationen des Wortens sind situative Äußerungen, die regelgerecht oder regelwidrig gebildet werden können. Ich folge Schiffrin, die Äußerungen als Diskurs ansieht: "Discourse can best be thought of as utterances. I will view utterances as units of language production (whether spoken or written) that are inherently contextualized" (Schiffrin 1994:41). Im Fokus einer Konkreten Lexikologie steht der Diskursbegriff: „ ...discourse is a language event: it is the language together with the context which supports it" (Werth 2000:46).
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selektives Prozessieren von Informationen in einer bestimmten Kommunikationssituation) resultiert aus der Interaktion von dem, was der Sprecher in der sprachlichen Kodierung als Information wahrnehmen und mit seinem Hintergrund wissen vemetzen kann (s. dazu Hörmann 1976:460ff., Schmidt 1994:122ff). Am Beispiel der Lexikographie des Englischen habe ich versucht deutlich zu machen, dass mit der Erstellung von Wörterbüchern externe Kenntnissysteme des englischen Wortschatzes erstellt wurden, die in bestimmten Kernbereichen (der Dokumentation der historischen Entwicklung des britischen englischen Wortschatzes und ausgewählter arealer oder funktionaler Subsysteme) Wissen zum englischen Vokabular festschreiben. In Anwendungsbereichen sind diese externen Kenntnissysteme immer dann nur bedingt einsatzfähig, wenn Bereiche außerhalb des Wissensbereiches und Grenzbereiche des englischen Wortschatzes berührt werden (Wortneubildungen, das Lexikon bestimmter Varietäten, pragmatisches Wortwissen). Das heißt, alphabetisch erstellte semasiologische Lexika sind schwerfällige Systeme, die unfähig zur Selbstorganisation sind und deshalb dem inneren Lexikon des Sprachbenutzers unterstützend als externes Hilfswerk zur Seite gestellt werden können, ohne die Dynamik und Flexibilität des inneren Lexikons zu erreichen. Die erste Charakterisierung des mentalen Lexikons als adaptives (d.h. Sprach- und Hintergrundwissen situativ interaktiv verarbeitendes) Anwendungssystem gibt für das Programm der Konkreten Lexikologie vor, dass sie eingebettet sein muss in eine linguistique de la parole. Auf dem Hintergrund eines selektiven Kurzüberblicks zu Themen der Sprachwissenschaft der letzten Jahrzehnte werde ich ein Modell des Sprachkönnens vorstellen, das als ein programmatischer Schritt in die Richtung einer Theorie der Performanz verstanden werden soll.
2.2. Konkrete Lexikologie: Entwurf einer Theorie des Sprachkönnens 2.2.1. Kognitive theoretische Linguistik: Sprache als Kenntnissystem Die moderne theoretische Linguistik basiert auf der einfachen Beobachtung, dass Menschen Sprachen sprechen, ohne explizit zu wissen, wie sie es tun. Indem der Sprachphilosoph Chomsky diese Beobachtung zu seinem Forschungsthema machte, begründete er das einflussreichste linguistische Paradigma dieses Jahrhunderts.17 Eine Bestandsaufnahme der linguistischen Wissenschaftsgeschichte umreißt diesen Umstand wie folgt:
Das prominente Paradigma Chomskys soll selektiv formale linguistische Schulen repräsentieren, die implizite sprachliche Wissenssysteme explizit darstellen wollen. Ableger des Paradigmas, wie die Relationsgrammatik und die Lexical Functional Grammar oder andere satzzentrierte Schulen, wie die Valenzgrammatik, werden von mir nicht thematisiert. Im Laufe der Studie wird deutlich, dass funktionale linguistische Schulen wie die Systemische Linguistik des M.A.K. Halliday oder grundlegende Arbeiten von Linguisten, die dem funktionalen Paradigma im weiteren Sinne zugerechnet werden können, wie Chafe, Coseriu, Cruse, Fillmore, Langacker und Lyons für die theoretische Perspektive des Programms der Konkreten Sprachwissenschaft qua Lexikologie bestimmend sind. Da diese Studie keine Aufarbeitung der modernen Sprachwissenschaft sein kann, werden diese Modellierungen von Sprache und Sprechen hier nicht wiederholt (s. de Beaugrande
21 Der Entstehung der Generativen Linguistik liegt ein eindrucksvolles Urerlebnis zugrunde. Das Urerlebnis bestand, wie dies bei tiefgreifenden Affekten manchmal der Fall ist, darin, dass einem aufmerksamen Menschen das Wunder bewusst und deutlich wurde, das in einem bestimmten Ausschnitt des alltäglichen Geschehens immer wieder sich ereignet - so selbstverständlich, dass man es gemeinhin übersieht: Wer einer Sprache, seiner Muttersprache, mächtig ist, vermag ganz intuitiv und ohne jede linguistische Schulung „richtige" oder „wohlgeformte" Sätze von solchen zu unterscheiden, die dies nicht sind, auch, wenn er diese Sätze noch nie gehört hat und wenn er keine Begründung für sein Urteil formulieren kann (Hörmann 1976:33).
Chomsky setzte auf seine Fahnen, die menschliche Sprachfähigkeit zu ergründen und zu beschreiben. Er begann damit, indem er offensichtliche sprachliche Fähigkeiten hinterfragen und erklären wollte: We lose sight of the need for explanation when phenomena are too familiar and Obvious'. We tend too easily to assume that explanation must be transparent and close to the surface. ... As native speakers, we have a vast amount of data available to us. For just this reason it is easy to fall into the trap of believing that there is nothing to be explained. Nothing could be further from the truth (Chomsky 1972:25f.).
Ein Ansatzpunkt für die theoretische Analyse der dem Sprechen zugrundeliegenden Sprachfähigkeit war die Beobachtung der strukturellen Mehrdeutigkeit von grammatisch wohlgeformten Einheiten des Sprachgebrauchs. Sätze wie Old men and women danced oder / like her cooking können unterschiedliche Bedeutungen tragen, die davon abhängen, wie man die Konstituenten, aus denen sie bestehen, syntaktisch konfiguriert.18 Umgekehrt ist es mit Sätzen wie The cat eats the mouse und The mouse was eaten by the cat. Diese sind unterschiedlich konfiguriert, können aber auf eine semantische Tiefenstruktur zurückgeführt werden - die semantischen Rollen der beiden Nomina als Agens (cat) und Patiens (mouse) bleiben bestehen, auch wenn the mouse (weil mit einem transitiven Verb kombiniert) in einem Satz als Objekt, in dem anderen Satz aber in ein grammatisches Subjekt transformiert werden kann. Oberflächenstrukturen, die zunächst gleich erscheinen, können auch auf eine unterschiedliche grammatische Struktur weisen: John is easy to please und John is eager to please bilden beide Sequenzen von Nomen-Kopula-Adjektiv-Verb (inf)
1991 und Botha 1992 als repräsentative kritische Bestandsaufnahmen der modernen Sprachwissenschaft) . Meine Kurzdarstellung eines Ausschnitts der linguistischen Wissenschaftsgeschichte ist eingeschränkt auf allgemeine Aspekte des von Chomsky begründeten Paradigmas der theoretischen Linguistik, ohne eine Darstellung der Entwicklung seiner Theorien und ohne eine stringente Anlehnung an Chomskys Terminologie. Eine chronologische Übersicht zu Chomskys Werk oder ein Anspruch auf eine umfassende Darstellung ist nicht intendiert, s. dazu Lyons, J. (1970): Chomsky. Glasgow: Collins. Newmeyer, F. (1983): Grammatical Theory. Chicago: Chicago University Press, stellt die Leistungen und Herausforderungen der Chomskyschen Theorie anschaulich dar. Eine umfassende kritische Würdigung der linguistischen Arbeiten Chomskys ist Otero (Hg.) 1994. Haegeman 19942 ist eine Einführung in die aktuelle Ausprägung der generativen Linguistik. Im ersten Satz können entweder beide Nomina durch das Adjektiv modifiziert werden [old [men and women]] oder nur das Nomen men [[old men] [and] [women]]. Der zweite Satz hängt von der Interpretation des Pronomens ab, das einmal als modifizierendes Element des Objektes und einmal als Objekt (mit cooking als Komplement) fungieren kann.
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ab. Die Funktionen der Kategorie Nomen variieren aber in beiden Sätzen: Im ersten Satz ist John ein direktes Objekt, ohne dass dies aus der Oberflächenstruktur ersehen werden könnte, während John im zweiten Satz als Subjekt fungiert. Wieso können Menschen intuitiv mit den oben kurz aufgeführten komplexen Phänomenen von Satzstrukturen umgehen, die den Linguisten bei der reflexiven Beschreibung erst allmählich deutlich wurden? Wieso lernen alle gesunden Menschen die komplexen grammatischen Strukturen ihrer Muttersprachen, ohne dass sie darin bewusst geschult werden? Und wieso können sie eine infinite Anzahl von neuen Sätzen bilden oder verstehen, die sie nie vorher gehört oder gesehen haben? Die alte philosophische Kontroverse der Empiristen vs. Mentalisten erhält durch Chomskys nativistisches Konzept der Sprachfähigkeit eine neue Form: Chomsky geht davon aus, dass der Mensch eine biologisch verankerte Fähigkeit hat, Sprachen zu erlernen. Der Tenor der Chomskyschen Sprachphilosophie ist ein rationalistischer, der Ansätze von Descartes und Leibniz aufgreift: Der Mensch hat ein (angeborenes) sprachliches Wissen, welches nicht von konkreten Erfahrungen abgeleitet ist, sondern vor jeder Erfahrung angelegt ist und die Form der Kenntnisse bestimmt, die über die Erfahrungen gesammelt werden können." Die seit Plato immer wiederkehrende Frage, ob Sprache in der Natur des Menschen angelegt ist oder erst vom Menschen über die Erfahrung und die soziale Interaktion gelernt wird (nature versus nurture Kontroverse) wurde von Chomsky zugunsten der ersten Möglichkeit entschieden. Die Modellierung des Sprachwissens als universale Grammatik rückte in den Blickpunkt der durch Chomsky geprägten Sprachwissenschaft. Als das Definiens der spezifisch menschlichen Sprachfähigkeit sah Chomsky Kreativität an: Having mastered a language, one is able to understand an indefinite number of expressions that are new to one's experience, that bear no simple physical resemblance and are in no simple way analogous to the expressions that constitute one's linguistic experience; and one is able with greater or less facility to produce such expressions on an appropriate occasion, despite their novelty and independently of detachable stimulus configurations, and to be understood by others who share this still mysterious ability. The normal use of language is, in this sense, a creative activity. This creative aspect of normal language is one fundamental factor that distinguishes human language from any known system of animal communication (Chomsky 1972:100).
Obwohl die Kreativität von Sprache damit zum theoretischen Postulat der Sprachfähigkeit wurde, wurde Sprache als empirisches Phänomen aus der Analyse ausgeklammert. Die Beobachtung der gesprochenen oder geschriebenen Sprache (etwa im Rahmen einer den klassischen Strukturalismus prägenden Korpuserstellung) wurde nicht dem Aufgabengebiet der theoretischen Linguistik zugeordnet. Aspekte des tatsächlichen Sprachgebrauchs wurden dem Gegenstandsbereich der Performanz zugewiesen und in die Gebiete der Pragmatik und Stilistik ausgegrenzt. Die generative Linguistik formierte sich in den letzten Jahren als eine Wissenschaft von der natürlichen Sprache, die Sprache als ein internes Kenntnissystem darstellen will:
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S. Chomsky selber zu seinen philospohischen Wurzeln in: Chomsky, N. (1966): Cartesian Linguistics. New York, London: Harper & Row.
23 Grundlage dieses Verständnisses [vom Charakter und der Zielstellung der Wissenschaft von der natürlichen Sprache, K-S] ist die Auffassung, dass die natürliche Sprache, ihre Aneignung und ihr Gebrauch charakteristische Leistungen des menschlichen Geistes sind, etwas technischer gesagt, dass die Sprache ein mentales Phänomen ist. Der Gegenstand der kognitiven Linguistik ist daher die Sprachkenntnis, die mentale Struktur, die dem Sprachverhalten, also dem Hervorbringen und Verstehen verbaler Äußerungen, zugrunde liegt. Von Interesse sind mithin nicht die sprachlichen Äußerungen als solche, also das, was man die externe Sprache nennen könnte, sondern das Kenntnissystem, das die Äußerungen organisiert, also das, was man die interne Sprache nennen kann (Bierwisch 1987:645).
Die theoretische Linguistik evaluiert Sprache als mentale Entität, die sogenannte interne Sprache (I-Sprache). Diese wird abgegrenzt von der sogenannten externen Sprache (ESprache), die in bestimmten Kommunikationssituationen von bestimmten Menschen gebraucht wird (Chomsky 1986:15ff.). Für Chomsky ist Sprache durch syntaktische Strukturen definiert, die durch den angeborenen Mechanismus der menschlichen Sprachfähigkeit determiniert sind - Aspekte der Sprache als semantisches System (und Kommunikationsmittel des Menschen) bleiben marginal. Sätze wie The horse raced past the barn fell setzten die Diskussion über die semantischen Prozesse bei der Verarbeitung von Sätzen erneut in Gang: Wie analysiert ein Sprachbenutzer diesen Satz als interne Sprache? Bildet die semantische Information von syntaktischen Konfigurationen eine SteigbügelhalterFunktion (bootstrapping) des Sprachverstehens, oder anders ausgedrückt, bedarf das syntaktische Abtasten von Sätzen einer semantischen Kontrolle?20 Wieso können viele Sprachbenutzer diesen Satz erst verstehen, wenn sie ihn in der externen Sprache als Relativsatz paraphrasieren ("The horse which was raced past the barn fell")? Der theoretische Status von semantischen Lesarten von Sätzen ist umstritten. Syntaktiker haben formale Regeln erstellt, die die möglichen Lesarten isolierter Beispielsätze modellieren (Jackendoff 1983, Jackendoff 1992, Chierchia/McConnell-Ginet 1990). Wie unterschiedliche semantische Lesarten formalisiert werden können, haben sie uns damit aufgezeigt. Was die Symbolketten, die die theoretischen Linguisten für die semantische Subkomponente des syntaktischen Systems entworfen haben, repräsentieren, können sie uns aber nicht beantworten. Und sie können uns auch nicht erklären, warum und wann sich eine lexikalische Ambiguität syntaktisch „verliert". / went to the bank ist ein mehrdeutiger Satz aufgrund der lexikalischen Ambiguität von bank. I went to the bank to deposit some money hingegen ist lexikalisch eindeutig. Die einfache Beobachtung, dass der Satz / went to the bank to deposit some money durch das (isoliert gesehen mehrdeutige) Lexem bank umgebendes Sprachmaterial desambiguiert wird, kann syntaktisch nicht evaluiert werden [da (grammatisch gesehen) auch auf einer Uferböschung Geld abgelegt werden kann]. Der Bereich des Sprachgebrauchs (der Performanz) wird tangiert und damit Bereiche einer bestimmten Sprache und einer bestimmten Sprachkultur (in der den beiden Bedeutungen von bank bestimmte kognitive Funktionsbereiche durch die Aktivierung schematischen Hintergrundwissens zugeordnet werden). Die-
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Die Diskussion um semantisches bootstrapping als prozeduraler Einstieg in die Syntax entfaltete sich anhand einer Spracherwerbstheorie, Pinker, S. (1984): Language Learnability and Language Learning. Cambridge: Harvard University Press. Vgl. Clark 1993:47f., die auch die umgekehrte Frage stellt, und Fanselow 1992.
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se zu beschreiben und zu evaluieren, ist nicht Gegenstandsbereich der generativen Linguistik - der generative Linguist will die Kembereiche der Grammatik als universale Grammatik beschreiben (vgl. Haegeman 19942:17f.). Ich werde in dieser Arbeit den komplementären Weg gehen und lexikalischen Sprachgebrauch in der Sprachkultur des Englischen als Weltsprache beobachten und beschreiben. Die Fragestellung bleibt dabei vom frühen Chomsky beeinflusst und seiner Beobachtung der kreativen Natur der Sprachfähigkeit. Die Frage, die ich mir stelle, ist aber die, ob die (nach Chomsky) mysteriöse Fähigkeit des Menschen zum kreativen Sprachgebrauch über die retroflexive Analyse von Sprache als grammatischem System erhellt werden kann. Kann es nicht sein, dass Kreativität im Bereich der -Sprache gesehen werden muss, da sie sich in einer spezifischen Sprachkultur über die nurture entfaltet? Wenn normaler Sprachgebrauch im Chomskyschen Sinne als kreativ im Rahmen einer generativen Grammatik anzusehen ist - wie ist dann der im allgemeinsprachlichen Sinn als kreativ im Rahmen konkreter Funktionszusammenhänge auftretende Sprachgebrauch zu erklären? Kann nicht gerade die Fähigkeit des Menschen, Sprache nicht nur über ständig reproduzierbare, sondern auch ad hoc-gebildete sprachliche Einheiten zu verstehen, ein Licht auf die Natur von Sprache werfen? Oder anders gefragt: Kann das Modell einer autonomen Sprache als ISprache nicht nur ein theoretisches Artefakt sein?21 Lyons macht deutlich, dass Chomsky unter Kreativität regelgeleitete Kreativität versteht, die Lyons als Produktivität verstanden wissen will: Creativity is, in Chomsky's view, a peculiarly human attribute, which distinguishes men from machines and, as far as we know, from other animals. But it is rule- governed creativity.... To the extent that we succeed in specifying these rules of well-formedness, or grammaticality, we shall have provided a scientifically satisfying account of that property of language - its productivity which makes possible the exercise of creativity (Lyons 1981:230f.).
Coseriu, der seit den 50er Jahren an einer Theorie der Sprachkompetenz arbeitet, betont, dass Kompetenz nicht auf den Umfang der Sprachfähigkeit reduziert werden darf, sondern sich auf die Natur der Sprachfähigkeit beziehen muss, die darin besteht, im Sprechen neue Kompetenz zu schaffen (Coseriu 1988:64). Produktivität und Kreativität, so ist meine Arbeitshypothese, sind als die beiden interagierenden Bereiche der Sprachkompetenz zu sehen, die der Differenz zwischen Sprache als Phänomen von nature (I-Sprache) und Sprache als Phänomen von nature + nurture ( -Sprache) zugrunde liegen.
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S. dazu Fodor 1983, der eine einflussreiche Theorie dazu erstellte, dass das Sprachsystem aus autonomen Modulen (Subsystemen) besteht. S. de Beaugrande 1991, der in Kp. 12 die Dialektik zwischen Theorie und Daten in der gegenwärtigen Linguistik herausarbeitet.
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2.2.2. Pragmatische Wende: Sprachwissen und kommunikative Kompetenz In der syntaxzentrierten generativen Sprachwissenschaft ist das Lexikon der Sack, in welchem die Syntax die Semantik mit sich herumschleppt, auf die sie nicht ganz verzichten kann (Hörmann 1976:177).22 Die Frage nach den Bedeutungen von Wörtern wird (konsequent dem wissenschaftlichen Programm folgend) als Frage nach den Wörtern als mittelbaren oder terminalen Konstituenten (ultimate constituents oder syntactic atoms) fur Sätze gestellt. Diese sehr abstrakte Einschränkung auf Bedeutung stellt ein Problem für an externer Sprache orientierte Sprachforscher dar: The picture that underlies the semantic theory and indeed Chomsky's whole theory of language is that sentences are abstract objects that are produced and understood independently of their role in communication. ... Any attempt to account for the meaning of sentences must take into account their role in communication. ... There are two radically different conceptions of language in conflict here: one, Chomsky's, sees language as a self-contained formal system used more or less incidentally for communication. The other [Speech-Act Theory, K-S] sees language as essentially a system for communication (Searle 1994:91).23 Die analytische Sprachphilosophie (und Sprechakttheorie) wandte sich der Erforschung von Satzgebrauchsregularitäten zu. Damit verschob sich das Erkenntnisinteresse von der Modellierung des Wasl (Sätzen als grammatischen Einheiten des Sprachgebrauchs) auf das Wie7 (Anwendung von Sätzen in bestimmten Kontexten). Sätze sollen nicht nur als Konfigurationen von virtuellen Bedeutungen für eine wissenschaftliche Analyse erkannt werden, sondern als Konfigurationen potentieller Bedeutungen, die relativ zu bestimmten Gebrauchskontexten und Intentionen der sie formulierenden Sprachbenutzer sein können und Prozessen der Inferenz unterworfen werden können. Ein solcher inferentieller Prozess ist die Kontextualisierung, die ich weiter oben bei der Beispielanalyse von "The sole eau" eingeführt habe und in Kapitel 2.2.3.2. und 4.3.2. spezifizieren werde. Die (aus der Eingrenzung des linguistischen Forschungsinteresses auf die Kompetenz als mentale Sprachfahigkeit entstehende) Zurückweisung empiristischer Ansätze resultierte in einer Spaltung der mit Sprache befassten Wissenschaftler bezüglich ihres Gegenstandsbereichs. Introspektiv analysierende Linguisten der Generativen Schule modellieren die
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Diese Zusammenfassung von Hörmann trifft immer noch zu, wenn auch in abgewandelter Form, s. das aktuelle Minimalistische Programm von Chomsky: Das Lexikon ist das mentale Lexikon des Sprachbenutzers, aber die lexikalische Information (kategoriale Information) ist syntaktisch repräsentiert (Projektionsprinzip), s. Haegeman 1994:36 f. 55, Chomsky 1995:Kp.3 zu den beiden Komponenten des Sprachsystems (lexicon und computational system). Die Kritik an der semantischen Komponente des Chomskyschen Modells ist bereits früh entstanden und führte zu beträchtlichen Auseinandersetzungen, die zu der Abspaltung der Generativen Semantiker führten. Auch die Frage nach der Autonomie von Syntax und Semantik, die ich nicht thematisieren will, bleibt ein Thema in der theoretischen Linguistik, s. eine aktuelle Diskussion in Higginbotham J. (1994): The Autonomy of Syntax and Semantics. In: P. Otero (Hg.), Bd.2,1,458471. Eine Übersicht über den Komplex der autonomen Grammatiktheorie in der Nachfolge Chomskys ist Jackendoff 1993, s.a. Fodor 1998.
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Sprachkompetenz im theoretischen Rahmen der Sprachfahigkeit als autonomer Disposition zur kombinatorischen Strukturbildung.24 Diese theoretisch zu vertretende Eingrenzung von Sprachfahigkeit bestimmte einige Jahrzehnte auch die Disziplinen der Angewandten Linguistik. Unter sprachlicher Kompetenz wurde in der Sprachlehrforschung die Fähigkeit zur regelgeleiteten Kombination linguistisch isolierbarer Strukturelemente einer Sprache verstanden.25 Die auf die Modellierung von Sprachwissen eingeschränkte Auffassung von Sprachkompetenz geht von einem Primat der Form (Isolierbarkeit von Strukturen) über die Funktion (aktueller Sprach- und Kommunikationsprozess) aus, ohne eine soziale Komponente von Sprachfähigkeit zu berücksichtigen, die noch in de Saussures Konzept von langue miteingeflossen war und die das Konzept von sprachlicher Kompetenz von Fillmore, das ich weiter unten aufgreifen werde, explizit bestimmt (Fillmore 1979). Empirisch arbeitende Sprachforscher und Pragmatiker forderten, externe Daten des Sprachgebrauchs in die Analyse von sprachlicher Kompetenz einzubeziehen und damit die Dichotomisierung von I-Sprache als legitimem Gegenstand der linguistischen Analyse und -Sprache als für eine Theorie zu vernachlässigendes Artefakt (Chomsky 1986:26) zu überwinden. Neben die grammatische Kompetenz tritt eine kommunikative Kompetenz, die die soziale Kompetenz des Menschen, die dieser in seiner Sprachakkulturation erfährt, einbezieht.26 Ontogenetisch betrachtet heißt das: Die Sprachkompetenz des Menschen entwickelt sich über nature und nurture. Sprachkompetenz in diesem erweiterten Sinne ist nicht eingeschränkt auf das intuitive Wissen eines abstrakten, idealen Sprachbenutzers, der Sprache herausgelöst aus konkreten Sprachgebrauchssituationen in wohlgeformten grammatischen Einheiten, den Sätzen (sentences), spricht. Aspekte der soziokulturellen Sprachfähigkeit und des Gebrauchs von Sprache werden einbezogen in die theoretische Reflexion über Sprache, die damit nicht mehr eingeschränkt bleibt auf die Analyse sprachlicher Repräsentationen, sondern den Funktionsbereich von Sprache berücksichtigt. An die Seite der Analyse von Sätzen als grammatischen Einheiten tritt die Analyse von Äußerungen (utterances und expressions) als kommunikativen Einheiten. Entsprechend weiter gefaßt wird der Begriff der Sprachfahigkeit. In der erweiterten sprachlichen Kompetenz wird die Dichotomisierung von idealem Sprachwissen und konkreter Anwendung dieses Wissens aufgeho-
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S. zu Aspekten der Natur der Sprache Aitchison 1993:6-21. Eine dezidierte theoretische Auseinandersetzung findet sich in Bierwisch 1992. Knapp-PotthoftfKnapp 1982:23, Wode 19932:37. Zu den Aufspaltungen der Kompetenzen und die Diskussion um die Autonomie der Sprachfähigkeit s. Hörmann 1976:179ff. Kritik am Chomskyschen Kompetenzbegriff erschien im deutschen Sprachraum bereits in den frühen siebziger Jahren, s. grundlegend zur grammatischen vs. kommunikativen Kompetenz: Habermas, J. (1970): Zur Logik der Sozialwissenschafien. Frankfurt: Suhrkamp (S. 5, 219). S. zu Ansätzen aus der Perspektive der Soziolinguistik Hymes 1972, 1992, und der Sprachlehrforschung Canale/Swain 1980, Schachter 1989. Im Rahmen seiner Theorie des menschlichen Sprechens setzt sich seit den fünfziger Jahren der Romanist Coseriu mit Chomskys Modell der Sprachkompetenz auseinander, s. Coseriu 1988. De Beaugrande 1991 diskutiert diese Dichotomic wissenschaftsgeschichtlich.
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ben.27 Sprachkompetenz umfasst das Sprachwissen und den intentionalen Gebrauch dieses Wissens, das Sprachkönnen (Schnelle 1991:160f.).
2.2.3. Sprachkompetenz: Habituelles vs. situativ-modifizierendes Sprachkönnen 2.2.3.1. Habituelles Sprachkönnen: Kommunikation als Gewohnheit Das Sprachkönnen basiert auf dem grammatischen Sprachwissen (das sich aus pränatalen neurobiologischen Prädispositionen für den Spracherwerb entwickelt [nature]) und dem pragmatischen Sprachwissen (erfahren im Rahmen des Spracherwerbs spezieller Sprachen in bestimmten soziokulturellen Zusammenhängen [nurture]). Das Sprachkönnen, das die operativen Ordnungen des Sprachgebrauchs (nach Knobloch 1994) und die sprachkulturelle Kompetenz (nach Coseriu 1988) umfasst, ist bei unterschiedlichen Sprachbenutzern und Sprachbenutzergruppen unterschiedlich ausgeprägt: Je nach der Sozialwelt, in die Sprachenlerner während ihres Spracherwerbs eingebunden sind, entwickeln sie spezifische Fertigkeiten im Umgang mit dem Sprachwissen. Wenn sie in einer rein mündlichen Sprachkultur aufwachsen, werden sie andere Fertigkeiten im Umgang mit der mündlichen Sprache entwickeln, als wenn sie in einer schriftlich geprägten Sprachkultur heranwachsen, und Konzepte wie Buch und Fernsehen werden ihnen als technische und mediale Konzepte unbekannt bleiben. Genauso werden Sprachenlemer, die mit der computerunterstützten Sprachverarbeitung und -produktion und der elektronischen interaktiven Kommunikation in eine Sprachkultur hineinwachsen, andere Fertigkeiten im Umgang mit schriftlicher Sprache erfahren als die Generation der Sprachenlerner der Buchkultur des Bildungsbürgertums des letzten Jahrhunderts. Die Auffassung, dass die Kompetenz durch die Performanz beeinflusst wird, wird von Spracherwerbsforschem (Studdert-Kennedy 1991) und Grundlagenforschern vertreten (Lyons 1977:247ff., Schnellel991:589f.): My central assumption is that language competence (the neural substrate of language form) was shaped in phytogeny, and is still shaped in ontogeny, by language performance (function, behavior) [Studdert-Kennedy 1991:7].
Drei Schichten der Sprachkompetenz unterscheidet Coseriu: (1) Die Ebene des Sprechens im allgemeinen (elokutionelles Wissen) (2) Die Ebene der Einzelsprachen (idiomatisches Wissen)
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Lyons 1977:586: "Chomsky's use of the term performance to cover everything that does not fall within the scope of a deliberately idealized and theoretically restricted concept of linguistic competence, was perhaps unfortunate", s.a. Hörmann 1976:183, Lyons 1991:4f., Dressier 1992, Fasold 1992 und Hymes 1992, Lesser/Milroy 1993:36, die (aus unterschiedlichen Teildisziplinen heraus argumentierend) für die Überwindung der Dichotomic Kompetenz/Performanz plädieren. Lyons stellt heraus, dass die Psycholinguistik als Teilgebiet einer Makrolinguistik sowohl die Kompetenz als auch die Performanz als Arbeitsgebiete umfasst (Lyons 1991:8).
28 (3) Die Ebene des Diskurses (expressives Wissen) [Coseriu 1988: 65, 89].
Das elokutionelle Wissen ist unabhängig von der gewählten Sprache und betrifft allgemeine Prinzipien des Denkens (wie das Kongruenzprinzip), der Sachverhalte (wie das logische Prinzip, das Kausalitätsprinzip) und ermöglicht Sprachgebrauch als eine kognitive menschliche Tätigkeit überhaupt erst. Das idiomatische Wissen ermöglicht den Gebrauch eines partikulären historischen Idioms (also einer natürlichen oder künstlichen Sprache oder eines Dialekts), während das expressive Wissen das Produkt von individuellen Sprechtätigkeiten in einzelnen Sprachgebrauchssituationen ist (Coseriu 1988: 64ff.). Zwei Anwendungsbereiche von Wissen müssen unterschieden werden. Zum einen der Bereich des Wissens, der in der kognitiven Psychologie als deklaratives Wissen bezeichnet wird (knowing what). Der andere Bereich des Wissens wird als prozedurales Wissen bezeichnet (knowing how). Deklaratives Wissen wird auch als explizites Wissen oder Faktenwissen definiert, während das prozedurale Wissen implizites Wissen (das gelernt und automatisiert wird) umfasst. Diese beiden Komponenten des strukturellen versus des prozeduralen Wissens können am besten an einem Beispiel verdeutlicht werden. Wenn wir unser deklaratives Wissen zu Fahrrad aktivieren, so können wir die Bestandteile und Funktionen dieses Fortbewegungsmittels benennen. Ein Fahrrad, so wissen wir, besteht aus Lenker, Sattel, Dynamo, Kette, Gangschaltung etc. Darüber hinaus wissen wir (oder zumindest viele von uns) auch, wie man ein Fahrrad fährt. Dieses allerdings genauso explizit darzustellen wie das Aufzählen der Teile, aus denen ein Fahrrad besteht, fiele uns schwer. Lediglich ausgewählte Hinweise und Anweisungen könnten wir geben: Zuerst stelle ich mich neben das Fahrrad, packe es am Lenker mit beiden Händen, stelle den linken Fuß auf das linke Pedal, nehme etwas Schwung und .... Mit Hilfe des prozeduralen Wissens unseres motorischen Systems jedoch können wir (wenn wir Fahrradfahren einmal gelernt haben) dieses automatisch anwenden und losfahren, ohne dass wir die (die komplexe Tätigkeit steuernden) Einzelaktivitäten jeweils extra abrufen müssten. Nicht jeder, der verstanden hat, wie Fahrradfahren als virtuelle Tätigkeit funktioniert, muss dies tatsächlich umsetzen oder aktualisieren können. Das prozedurale Aktualisieren von Wissen geschieht als Anwendung von Wissen in bestimmten, hochkomplexen Funktionsprozessen und ist einer rationalen Introspektion nur begrenzt zugänglich (Anderson 1988:187ff, Eysenck/Keane 1990:248ff.). Beim normalen Sprachgebrauch wird das deklarative Wissen (was ich sagen will) und das prozedurale Wissen (wie ich es sage) weitgehend automatisch wirksam. Diesen Aspekt von sprachlicher Kompetenz möchte ich mit Schnelle als habituelles Sprachkönnen bezeichnen. Die habituelle Komponente des Sprachkönnens ist das als Gewohnheit erworbene Sprachkönnen (Schnelle 1991:169). Beim habituellen Sprachgebrauch bewegt sich der Sprachbenutzer innerhalb der von ihm gelernten idiomatischen und expressiven (grammatischen und pragmatischen) Konventionen von Sprachgebrauch, die er unbewusst (z.B. beim Artikulieren oder flüchtigen Lesen und Schreiben) oder bewusst (beim Nachdenken während einer Formulierung, bei der Abwägung von Höflichkeitsformen etc.) befolgen kann. Habituelles Sprachkönnen ist durch die Fähigkeit des Menschen gekennzeichnet, Sprache als System zur kohärenten und kohäsiven Wiedergabe von Gedanken einzusetzen (Bierwisch 1992:25). Das habituelle Sprachkönnen wird bestimmt durch die sprachliche Phylogenese und die neurophysiologischen Prädispositionen der Organsysteme, die die sprachli-
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eben Prozesse ermöglichen [nature]. Geformt wird das Sprachkönnen aber in der sprachlichen Ontogenese und der sprachlichen Sozialisation [nurture].
2.2.3.2. Situativ-modifizierendes Sprachkönnen: Kommunikation als Problemlösung Darüber hinaus gibt es Bereiche, die vom normalen Sprachgebrauch abweichen. So können Störungen bei der sprachlichen Interaktion auftreten, etwa ein Rauschen in der Leitung während des Telephonierens, oder sprachliche Äußerungen werden abweichend von den gewussten und erfahrenen Sprachgebrauchsstrukturen als Versprecher oder Malapropismen produziert. Eine weitere Möglichkeit von abweichendem Sprachgebrauch ist, dass bestimmte Äußerungen nicht gemäß der erwartbaren grammatischen und pragmatischen Konventionen kodiert sind. Gemeinsam ist Formen abweichenden Sprachgebrauchs, dass sie nur eingeschränkt über das habituelle Sprachkönnen verstanden werden können, da abweichender Sprachgebrauch nicht automatisch verstanden werden kann, sondern nur über aktive Problemlösungsprozesse des Sprachbenutzers (Clark 1978).28 Abweichungen vom idiomatischen und expressiven Sprachgebrauch können nur über das allgemeine (elokutionelle) Sprachwissen interpretiert werden, über orientierende Prozesse des Nachdenkens. Prozesse des Nachdenkens bilden demnach eine eigene Dimension der Sprachbeherrschung (Baker 1993:15). Eine Prozedur des Nachdenkens ist die (bereits praktisch in Kapitel 2.1.2.2. eingeführte) Kontextualisierung. Ich werde das Konzept der Kontextualisierung hier anhand einer operationalen Definition spezifizieren, die auf Gumperz zurückgeht: Unter Kontextualisierung wollen wir all jene Verfahren verstehen, mittels derer die Teilnehmer an einer Interaktion für Äußerungen Kontexte konstituieren. Solche Verfahren stellen zwischen zwei essentiellen Bestandteilen eine Verbindung her: einem empirisch gegebenen (beobachtbaren) Datum, das der kontextualisierende Teilnehmer aus einem Zeichenvorrat sprachlicher oder nichtsprachlicher Zeichen auswählt - dem Kontextualisierungshinweis - und einer Komponente des Hintergrundwissens ... das in Form von Schemata organisiert ist (Auer 1986:24).29 Das in Kapitel 2.1.2.2. eingeführte Exemplum „The sole eau" aufgreifend, möchte ich den Kontextualisierungsprozess als Nachdenken verdeutlichen. Beim Versuch, die Schlagzeile zu verstehen, können wir zunächst einmal Wissensmuster zu den einzelnen erkannten Konfigurationen aktivieren: the -> Funktionswort 'bestimmter Artikel' sole -> s Adjektiv1 Only, exclusive' -> Adjektiv2 -» 'alone' oder —> Nomen1 'kind of flat-fish' oder -» Nomen2 'part of shoe' usw.
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Problemlösungsprozesse werden von mir hier vereinfacht dargestellt und auf heuristische Suchund Vergleichsprozesse begrenzt, s. für eine kognitive Annäherung programmatisch Clark 1978, fachspezifisch (psychologisch) Anderson 1988:188 ff. und Haberlandt 1994:365ff. Das interaktive Konzept der Kontextualisierung entwickelte Gumperz in den 70er Jahren, s. Gumperz 1992 für eine aktuellere Modellierung.
30 Bei der Konfiguration *eau hingegen stoßen wir auf eine Problemstelle - was ist das? Soll das ein englisches Nomen sein? Als erstes können wir die sprachliche Umgebung (den Kotext) als Kontext abklopfen. Die lineare Anordnung eines Artikels + Adjektivs oder eines Artikels + Nomens lässt ein Nomen erwarten, da Determiner Modifier Noun eine typische englische Nominalphrase abbildet oder Determiner Noun Noun einen Artikel + Kompositum repräsentieren könnten. Die Konfiguration eau verstößt aber gegen orthographische Konventionen des Englischen. Bau könnte ein slip of the pen oder ein Druckfehler sein. Dass es ein englisches Wort ist, welches ich nicht kenne, kann ich über mein Sprachwissen (selektiv über die Einbeziehung des phonotaktischen Wissens) ausklammern. Verifizieren kann ich diese Hypothese aber nicht über mein Sprachwissen, da die Konfiguration "The sole eau" nur außersprachlich wirksam (d.h. prozessierbar) wird. Autonom gesehen ist eau in der Konfiguration "The sole eau" nicht verstehbar. Die mögliche Hypothese, dass eau ein Wort einer anderen Sprache ist, verstärkt sich, wenn ich den außersprachlichen Kontext miteinbeziehe in die Problemlösung und entdecke, dass dies eine Werbung für französisches Mineralwasser ist (vgl. die Abb. l in Kapitel 2.1.2.2.). Wenn ich Französisch kann, weiß ich, dass eau ein französisches Nomen singular ist und Wasser bedeutet. "The sole eau" ist demnach eine nominale Gruppe, in der die dem Nomen vorangestellten spezifizierenden und modifizierenden Konstituenten (the und sole) lexikalische Einheiten des Englischen sind, der Kopf der Phrase, das Nomen, aber ein französisches lexikalisches Element. Gewählt wurde ein französisches Lexem nicht nur, weil es eine Werbung für ein französisches Produkt ist, sondern auch, damit ein lexematisches Spiel mit dem Lautwert [o] einsetzen kann, bei dem sich ad hoc (über partiell-homonyme Vernetzung, vgl. Kapitel 2.3.3.) das konventionelle englische Lexem solo bildet. Um nicht vorhersehbare lexikalische Konfigurationen wie "The sole eau", die, obwohl nicht regelgeleitet, psycholinguistisch und pragmatisch dennoch evaluierbar sind, in eine Analyse des lexikalischen Sprachkönnens einbeziehen zu können, muss das Konzept des gewohnheitsmäßigen, habituellen Sprachkönnens für Sprachgebrauch, der Prozesse des (inferentiellen) Nachdenkens erfordert, erweitert werden auf ein Konzept des situativmodifizierenden Sprachkönnens: Der idiolektale oder situativ-modifizierte Sprachgebrauch ist ... ein modifizierendes Können, das Sprachgebrauchskönnen, das in der Aktualisierung des Sprechens zum eigentlichen Sprachkönnen hinzutritt und die Regularität des Sprachkönnens in der einen oder anderen Weise besonderen Zwecken des Sprachgebrauchs anpasst (Schnelle 1991:169).
Den besonderen Erfordernissen und Herausforderungen des Sprachgebrauchs entsprechend, kann, über das situativ-modifizierende Sprachkönnen, die Regelhaftigkeit des habituellen Sprachkönnens kontextualisierend durchbrochen werden, wenn über das Prinzip der Angemessenheit idiomatische und expressive Konventionen aufgehoben werden sollen.30
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Vgl. dazu Coserius Diskussion über die Autonomie der Textkompetenz, s. Coseriu 1988:167fF. Angemessenheit ist (basierend auf Searle) ein regulatives Prinzip von Textualität, s. de Beaugrande/Dressler 1981, Searle 1969.
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Neuere Studien zum Spracherwerb gehen davon aus, dass sich die sprachliche Ontogenese und der Erwerb des Lexikons kontinuierlich über die Prozesse der Differenzierung und der Integration entfalten.31 Wenn zyklische Bewegungen für die Entwicklung des Sprachkönnens wesentlich sind, so können wir annehmen, dass das situativ-modifizierende Sprachkönnen der Bereich des Sprachkönnens ist, der habituelles Sprachkönnen (ontogenetisch gesehen) erst ermöglicht und über Prozesse der Differenzierung ein Leben lang auf spezifische Herausforderungen an das habituelle Sprachkönnen reagiert.
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s. dazu Studdert-Kennedys vier Phasen des Spracherwerbs (zwei Phasen der Differenzierung und zwei Phasen der Integration, 1991:18ff.). Clark arbeitet zwei pragmatische Prinzipien für die Lexikonentwicklung heraus, das der Konventionalität (wäre der Integration vergleichbar) und das des Kontrastes (wäre der Differenzierung vergleichbar), Clark 1993:Kp. 5. S. auch die biologischen Prinzipien der Selektion versus Mutation, die Bierwisch für die Veränderung von Sprachen als institutionalisierten Kenntnissystemen heranzieht (Bierwsch 1992:17).
32 2.2.3.3. Dimensionen des Sprachkönnens: Ein Kontinuum Ich möchte vier Dimensionen des Sprachkönnens auf einem Kontinuum vom habituellen zum situativ-modifizierenden Sprachgebrauch aufzeigen, die Überlegungen von Fillmore 1979 zu Dimensionen von flüssigem Sprachverhalten und Schnelle 1991 zu situationsentbundenem und situationsgebundenem Sprachkönnen aufgreifen: habituell und allgemein habituelles Sprachkönnen (1) Fähigkeit, zusammenhängend und ohne Pausen zu reden. Fähigkeit, Zeit mit Sprechen zu füllen (2) Fähigkeit, in kohärenten, wohlüberlegten und semantisch dichten Sätzen zu sprechen situationsentbunden
situationsgebunden
(3) Fähigkeit, angemessene Redebeiträge in unterschiedlichsten Kontexten zu leisten, verbal mit Leichtigkeit zu agieren (4) Fähigkeit, kreativ und imaginativ mit Sprache umzugehen, Sachverhalte neuartig auszudrücken, Stile zu variieren, Sprachwitze zu gestalten und mit Metaphern zu spielen situat.-modifiz· Sprachkönnen
situativ-modifizicrend und individualisiert
Abb. 2: Vier Dimensionen des Sprachkönnens auf einem Kontinuum vom allgemeinen zum individualisierten Sprachgebrauch.
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Das Modell des Sprachkönnens in Abb. 2 soll für die fünf Sprachmodalitäten gelten (Sprechen, Hören, Schreiben, Lesen, Denken, s. Baker 1993:15) und ist nur aus Gründen der graphischen Übersichtlichkeit beispielhaft auf die Modalität des Sprechens ausgerichtet.32 Das Sprachkönnen wird zwischen den beiden Polen des situationsentbundenen und situationsgebundenen Sprachgebrauchs bestimmt durch Aspekte der Grammatikalität von Sprachgebrauch, der Angemessenheit von Sprachgebrauch und der Effektivität von Sprachgebrauch. Dimensionen (1) und (2) charakterisieren Aspekte der Grammatikaliät und Angemessenheit von Sprachkönnen als gewohnheitsmäßiges Können, das Sprachbenutzer dazu befähigt, sich sprachlich produktiv zu verhalten und an den sozialen Institutionen der natürlichen Sprachen (Bierwisch 1992:7) als Kenntnissystemen teilhaben zu können. Dimension (1) fokussiert auf der elokutionellen Fähigkeit, zu sprechen, zu hören, zu lesen und zu schreiben in einer bestimmten oder mehreren Sprachen aufgrund grammatischer, lexikalischer und pragmatischer Kenntnisse. Dimension (2) berücksichtigt Aspekte der grammatikalischen und lexikalischen sowie pragmatischen Angemessenheit von Sprachverhalten und damit die Modalität des Denkens beim Sprachgebrauch: Die Fähigkeit, wohlüberlegt und semantisch dicht zu sprechen, bildet eine Voraussetzung für allgemein angemessenen, situationsentbundenen Sprachgebrauch. Die Dimensionen (3) und (4) charakterisieren Aspekte des konkret angemessenen und effektiven Sprach Verhaltens. Dimension (3) verdeutlicht Sprachkönnen als die Fähigkeit, die grammatischen, lexikalischen und pragmatischen Ebenen des Sprachsystems in der Sprachsituation angemessen zu variieren. Dimension (4) schließlich verdeutlicht individualisiertes Sprachkönnen: In dieser Dimension tritt die Fähigkeit des konkreten Sprachbenutzers in den Vordergrund Sprache zielorientiert oder spielerisch zu verändern. Die Dimensionen (1) - (4) sind als Kontinuum von einem allgemeinen, gewohnheitsmäßigen Sprachkönnen zu einem situativ-selektiven, individualisierten Sprachkönnen zu sehen und nicht als diskret voneinander abgrenzbar zu beschreibende Kompetenzen, denen konkrete Sprachbenutzer zugewiesen werden können. Sprachbenutzer werden je nach funktionalem Kontext unterschiedliche Dimensionen des Sprachkönnens einsetzen: The maximally gifted wielder of language, then, is somebody who has all of these abilities (Fillmore 1979:93).
Habituelles Sprachkönnen ist in einer bestimmten Sprachkultur durch grammatische Regeln und pragmatische Konventionen reguliert (Searle 1969, Grice 1975, Lyons 1991). Bei den Dimensionen (1) und (2) liegt der Schwerpunkt auf dem Sprachkönnen als Fähigkeit zum grammatisch und semantisch adäquaten Sprachgebrauch, bei dem die Kontinuität der Informationsverarbeitung im wesentlichen durch den sprachlichen Kontext qua Kotext unterstützt wird. Bei den Dimensionen (3) und (4) verschiebt sich der Schwerpunkt vom Kotext
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Die Dimensionen des Sprachkönnens sind nicht an eine mediale Sprachtätigkeit gebunden - die Dichotomic von mündlichen versus schriftlichen als grammatisch unterscheidbaren Sprachtätigkeiten möchte ich überwinden, s. Biber, der seine quantitative Analyse von schriftlichem und mündlichem Sprachgebrauch zusammenfaßt: "There is no single, absolute difference between speech and writing in English" (Biber 1988:199). Vgl. dazu Kp. 4.1.2.
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auf den Kontext der Sprachverarbeitung. Situationsgebundenes Sprachverhalten wird durch Sprachverstehensprozesse, bei denen Sprach- und Hintergrundwissen situativ interagieren, gekennzeichnet. Der Schwerpunkt liegt auf der individuellen Informationsverarbeitung, die kontextuell unterstützt wird:
habituelles Sprachkönnen
situationsentbunden
situationsgebunden
situativ-modifizierendcs Sprachkönnen
Abb. 3: Habituelles vs. situativ-modifizierendes Sprachkönnen als kotextuell vs. kontextuell unterstützte Kommunikation In jeder Sprachkultur werden bestimmte Fertigkeiten des Sprachkönnens ausgebildet und gesellschaftlich honoriert bzw. akzeptiert und deshalb konventionalisiert. Ich werde in den nächsten Kapiteln das veränderte habituelle und situativ-modifizierende lexikalische Sprachkönnen englischer Sprachbenutzer unter dem Einfluss von Sprachkontakten und der Unterhaltungskultur als kontextorientierter Sprachkultur vorstellen und analysieren. Zunächst aber möchte ich verdeutlichen, dass das Modell des Sprachkönnens eingebunden ist in die Frage nach der Modellierung von Bedeutungskonstituierungsprozessen, die im Rahmen der referentiellen und konzeptuellen Semantik im Grenzgebiet zwischen Linguistik und Psycholinguistik untersucht werden.
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2.3. Konkrete Lexikologie: Grundlagen einer lexikologischen Semantik 2.3.1. Wortdelimitation und -identifikation: Zwei Problemkreise Die theoretischen Sprachwissenschaftler betrachten Wörter als mittelbare oder terminale strukturelle Einheiten oder syntaktische Atome, die kategoriale Informationen repräsentieren: Although words are not the immediate constituents of the sentence, they play an important role as the ultimate building blocks of the sentence. Words belong to different syntactic categories, such as nouns, verbs, etc., and the syntactic category to which a word belongs determines its distribution, that is, in what contexts it can occur. ... We assume that each word of the language known by a speaker will be listed in his mental lexicon with its categorical specification (Haegeman 1994z:36f).
Es gibt eine lange Tradition von Studien zum Wortbegriff und eine Vielzahl von Wortdefinitionen, die hauptsächlich um das Problem der Wortdelimitation und Wortidentifikation kreisen.33 Formal können Wörter nach Miller am einfachsten als Buchstabenketten definiert werden. Die Definition von Wörtern als "basic units of orthographic representation" (u.a. auch in interdisziplinären Sprachwissenschaften wie der Neurolinguistik, s. Caplan 1992:159) ist zum einen eingegrenzt auf nur eine repräsentative Seite von Sprachgebrauch (den schriftlichen) und lässt zum anderen eine Abgrenzung von willkürlichen NonsenseKonfigurationen nicht zu: Fchiu zrhgjklothei Tdsrikiilannru wären nach dieser Definition drei Wörter. So ganz einfach scheint eine Definition dessen, was ein Wort ausmacht, also nicht zu sein (vgl. Matthews 19912:208, Bauer 1988). Zwei Problemkreise werden immer wieder thematisiert (Lipka 1990:Kp.2, Miller 1993:42ff., Katamba 1994:lOff., Pinker 1994:126ff.). Zum einen ist das der Bereich der Wörter als Begriffe. Wörter werden seit der Antike als sprachliche Einheiten gesehen, die Konzepte (oder „Begriffe") sprachlich abbilden im Sinne des von der semiotischen Bedeutungslehre aufgegriffenen aliquid statpro aliquo. Dadurch vergrößert sich der Problemkreis noch: Wie definiere ich, was ein Konzept ist? Sind das semantische (sprachliche) Einheiten im mentalen Lexikon oder supramodale (kognitive) Einheiten? Und wie beziehen sich konzeptuelle und sprachliche Einheiten aufeinander? Kann ich die sprachlichen Repräsentationen von Konzepten in analytischen, flektierenden und agglutinierenden Sprachen vergleichen?3" Die zweite Herausforderung, Wörter zu definieren, liegt in der Betrachtung von Wörtern als strukturelle Einheiten der Sprache oder morphologische Objekte (DiSciullo/Williams 1987). Probleme bieten dabei die Frage nach der Konstanz der Bedeutung von morphologischen Objekten und die Frage nach der Kompositionalität und Isolierbarkeit von Konstitu-
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S. Lipka 1990:71 ff. zur Ambiguität von Wort. Unterschiedliche theoretische Positionen spiegeln sich in der Diskussion des Wortkonzeptes wider in Lyons 1977:Bd.l:1.5, Matthews 19912:24-31, 208fY., Cruse 1986:35f., Spencer 1991:41 ff., Haegeman 19942:36f., Katamba 1994:Kp.2. Vgl. a. Kapitel 5.4.2. zu usuellen, okkasionellen und potentiellen Wörtern. Vgl. Sapir und Pinker zu komplexen Affigierungen in agglutinierenden Sprachen, Sapir 1928:31, Pinker 1994:127f.
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enten qua Morphemen in komplexen Wortbildungen (z.B. bei unikalen Morphemkombinationen), so dass der Status von Morphemen als deskriptiv adäquaten Konzepten für eine Wortbildungslehre umstritten ist (s. Diskussion in Bloomfield 1933, Aronoff 1976, Matthews 199l2, Anderson 1992). Rickheit konstatiert, dass das Postulat eines minimalen sprachlichen Zeichens mit konstanter Bedeutung ein Anachronismus sei, da sich Bedeutungen je nach Kotext und Kontext verändern können (Rickheit 1993:35). Als abstrakte Basiseinheit des Lexikons werden Wörter von Linguisten als Lexeme bezeichnet. Lexeme können in unterschiedlichen lexikalischen Konfigurationen auftreten. Zuerst als einfache Lexeme wie cup oder cups (freie Morpheme in unterschiedlichen grammatischen Wortformen), als komplexe Lexeme wie cupboard oder cuplike (Kombination von freien Lexemen oder freien und Wortbildungsmorphemen) und phrasealen Lexemen wie die im Englischen weit verbreiteten phrasal verbs.35 Phraseale Lexeme können als diskontinuierliche Lexeme angesehen werden, die nicht aus Morphemen, sondern aus Formativen gebildet sind (s. ausführlich Lipka 1990:2.3.3.). Die Phrase one's cup of tea ist ein Beispiel für einen Typ eines diskontinuierlichen Lexems, der traditionell definiert wird als Äußerung, deren Bedeutung nicht aus der Bedeutung ihrer Bestandteile erschlossen werden kann (idiomatisch lexikalisierte Einheiten). Das Wort soll im Rahmen dieser Studie als Kodierung eines Wortens (als lexikalische Konfiguration) angesehen werden, durch das selektive Prozesse der Informationsverarbeitung ausgelöst werden können. Wörter stehen als externalisierte komplexe Zeichen (aliquid in praesentia) für komplexe Sprachverstehensprozesse der Bedeutungskonstituierung in einem inneren Lexikon (pro aliquo in absentia).
2.3.2. Kodierung von Bedeutung: Lexikalische Bedeutungsstrukturen und Prozesse Was ist die Bedeutung von Bedeutung? Diese seit Jahrhunderten gestellte philosophische Frage soll hier nicht beantwortet werden, sondern als Auslöser dienen, um Problembereiche der Semantik, die in eine Konkrete Lexikologie hineinreichen, aufzuzeigen.36 Beginnen wir mit einem Beispiel: cup. Cup ist ein englisches Nomen mit der Bedeutung 'Tasse', das im Rahmen der Received Pronunciation als [kAp] ausgesprochen wird. Zu-
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Die seit dem Mittelalter dokumentierten Formen von Verb + Partikel werden seit etwa einem Jahrzehnt allgemein als phraseale Verben bezeichnet, vorher waren konkurrierende Bezeichnungen wie two-word verb oder compound-verb genauso üblich (McArthur 1989). Textbücher über die Semantik begannen im Gefolge der Monographie von Ogden/Richards in den zwanziger Jahren mit dem Titel The Meaning of Meaning in der Regel mit einem einleitenden Kapitel mit dieser Fragestellung, s. Leech 1974, Lyons 1977, Putnam 1979. Nach der pragmatischen und kognitiven Wende hat sich dieses Bild geändert, da Bedeutung zum einen als semantisch relationaler Begriff (Cruse 1986) eingeschränkt wird oder prozessual ausgeweitet wird auf Aspekte der Informationsverarbeitung (Bierwisch/Schreuder 1993). Da ich kein Textbuch zur Semantik schreiben will, stelle ich semantische Fragestellungen sehr komprimiert vor. Die philosophische Diskussion um Bedeutungskonzeptionen und die möglichen Bezeichnungen wird ausgehend von Frege und Carnap bis Searle von Lyons 1977:Kp. 7 ausführlich erörtert, s. a. Putnam 1979:21ff, Kastovsky 1982:37ff., Lutzeier 1985, Schneider 1988:Kp.2.1., Lipka 1990:46ff., Kreidler 1998, Cruse 2000.
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nächst einmal wird damit die kategoriale Information der Wortklasse und die Information der phonologischen bzw. orthographischen Realisierungsmöglichkeiten verarbeitet. Cup als Einheit des lexikalischen Kenntnissystems evoziert aber auch eine bestimmte Information auf eine Einheit in der wirklichen oder einer möglichen Welt. Diese repräsentative Funktion von Wörtern wird als denotative Funktion bezeichnet. So denotiert das Lexem Einhorn eine bestimmte kulturhistorisch definierbare Entität, auch wenn dieser kein real existierendes Objekt in der wirklichen Welt entspricht.37 Cup denotiert eine bestimmte Klasse von Gegenständen in der wirklichen Welt. Cup kann aber auch einen bestimmten Gegenstand aus dieser Klasse bezeichnen, etwa 'John 's cup oder Pass me the brown cup over there, please.' Die fur eine Konkrete Lexikologie wichtige Differenz zwischen virtueller versus aktualisierter Information wird aus der Perspektive der Semantik in der Differenzierung zwischen Denotation und Referenz festgehalten: Während Lexeme als abstrakte Einheiten des Sprachsystems Entitäten der Objektwelt oder einer imaginären Welt denotieren, referieren lexikalische Einheiten auf konkrete (oder spezifische) Entitäten in der außersprachlichen Welt.38 Cup ist zunächst einmal eine Einheit des Kenntnissystems des englischen Lexikons (eine Einheit des idiomatischen Wissens), das auf eine bestimmte Klasse von Objekten der wirklichen Welt oder ein spezifisches Objekt dieser Klasse referiert. Cup ist zudem eine Einheit des Sprachkönnens: In die Selektion dieses Wortes fließt nicht nur eine Vorstellung der Extension der Einheit cup als Objekt in der außersprachlichen Welt ein, sondern auch eine Verarbeitung dessen, was eine Tasse als konzeptuelles Objekt ausmacht. Am Beispiel von 'white' hat diese Differenzierung zwischen Extension und Intension John Stuart Mill in der Mitte des letzten Jahrhunderts herausgearbeitet: The word 'white' denotes all white things as snow, paper, the foam of the sea, and so forth, and implies, or as it was termed by the schoolmen, connotes, the attribute whiteness (Mill 1843. In: Lyons 1977:175). Der philosophische Begriff der Konnotation weicht erheblich ab von dem allgemeinsprachlichen Konzept, das konnotative Bedeutungen in die Nähe von emotiven oder assoziativen Bedeutungen setzt.3' Ich bevorzuge deshalb die Begriffe der primären (deskriptivkonzeptuellen und denotativen) und der sekundären (konnotativ-konzeptuellen und referentiellen) semantischen Informationen.
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Hier sollen nicht nur die in der philosophischen Semantik (z.B. anhand des Lexems Einhorn oder der Faktizität des Satzes The current king of France is bald) angestellten Überlegungen zu den Konditionen von Referenz, sondern auch die in den Informationswissenschaften simulierten virtuellen Realitäten einbezogen werden. In den virtuellen Realitäten können die möglichen Welten sinnlich realisiert werden. Zum Konzept der möglichen Welten s. Prior, A.N. (1962): Possible Worlds. Philosophical Quarterly 12, 36-43. S.a. Kempson 1975:32, 107-108, Lutzeier 1981. Die Unterscheidung zwischen Bedeutung und Referenz bzw. Denotation und Referenz geht auf Ansätze von Frege und Carnap zurück und wurde hauptsächlich von Lyons weiterentwickelt, Lyons 1977:Kp. 7. S.a. Brekle 1972:54ff., Lipka 1990:Kp.2.2.3. S. dazu die kritische Diskussion in Lyons 1977:175ff. und Leechs Klassifizierungsschema von Typen von Bedeutungen (Leech 1974:26). Leech ordnet konnotative Bedeutungen den assoziativen Bedeutungen zu.
38 Mill bereitet durch seine begriffliche Unterscheidung von denotativer vs. konnotativer Bedeutung die Aufspaltung der Semantik in die Teilgebiete der referentiellen Semantik vs. der konzeptuellen Semantik vor, die über ein Jahrhundert später als Teilgebiete der Sprachwissenschaft bzw. der Psychologie untersucht werden: The notion of word meaning is much more complicated than it might appear even at second and third glance. More specifically, I will claim that (at least) two aspects of meaning are to be distinguished that are organised according to independent, though interacting principles: Semantic structure, determined by the rules of language and thus pertaining to the realm of tacit linguistic knowledge; Conceptual structure, based on rules in terms of which mental representations of the world are built up (Bierwisch 1981:341). Das Wort cup ist nicht nur eine sprachlich über die semantische Form intuitiv erkannte Einheit, sondern auch das Konzept cup ist eine intuitiv erkannte Einheit. Wenn man die referentiell erkannte Einheit als Objekt oder Entität (in einer wirklichen oder möglichen Welt) bezeichnet, so kann man die konzeptuell erkannte Einheit als semantische Kategorie bezeichnen. Kategorien sind über lexikalische Relationen miteinander vemetzt. So gehört cup taxonomisch betrachtet einer übergeordneten Kategorie drinking vessels an. Cup steht in einer lexikalischen Relation der Bedeutungsinkompatibilität (Cruse 1986:93f.) zu weiteren (kohyponymen) Mitgliedern dieser Kategorie wie mug und glass. Ein Objekt der Kategorie Trinkgeföße denotiert entweder eine Tasse oder einen Becher oder ein Glas. Wie sieht das aber bei referentiellem Kategorisieren in spezifischen Kontexten aus? Eine Möglichkeit wäre, die intensionale Bedeutung auf einem Kontinuum von Typikalität und unscharfen Grenzen anzusiedeln. Die referentielle Kategorisierung als John 's cup kann im Worten beinhalten, dass eben diese spezielle Tasse mit einer der konventionellen denotativen Kategorien nicht adäquat bezeichnet wäre.40 Die kategoriale Extension von Entitäten als konzeptuellen Einheiten ist unscharf und kann bestenfalls auf den idealisierten Sprachgebrauch angewendet werden: Linguistic categorization is to a large extent arbitrary and a matter of our cognitive, culturespecific perception and classification of extralinguistic reality (Lipka 1988:357). Programmatisch haben linguistische Semantiker mit der sogenannten Komponentenanalyse versucht, ein System von semantisch distinktiven Merkmalen aufzustellen, mit dessen Hilfe die in einem lexikalischen oder semantischen Feld miteinander vernetzten Lexeme und letztendlich alle lexikalischen Einheiten von Sprache voneinander semantisch unterschieden werden können. Dabei waren sie von intuitiven sublexikalischen Merkmalen ausgegangen, die eine große Anzahl von Lexemen einer Kategorie gemein haben.41 Das Problem hatte bereits Kant beschrieben:
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S. ausfuhrlich zu einer konzeptuellen Analyse von cup vs. mug Wierzbicka 1985:Kp. l und Kp. 6.2.1, in dieser Arbeit. Ausfuhrliche Übersicht zur Merkmalsanalyse in Lyons 1968:470ff., Lipka 1990:100ff. (der ein System von semantischen Merkmalen erstellt), Kastovsky 1982:247ff. (mit einer Diskussion der ftir die linguistische Theorie wegweisenden Merkmalstheorie von Katz/Fodor 1963). Kritische
39 So ist es niemals sicher, ob man unter dem Worte, das denselben Gegenstand bezeichnet, nicht einmal mehr, das andremal weniger Merkmale desselben denke. So kann der eine im Begriff von Golde sich, außer dem Gewicht, der Farbe, der Zähigkeit, noch die Eigenschaft, dass es nicht rostet, denken, der andere davon vielleicht nichts wissen. Man bedient sich gewisser Merkmale nur so lange, als sie zum Unterscheiden hinreichend sind, neue Bemerkungen dagegen nehmen welche weg und setzen einige hinzu, der Begriff steht also niemals zwischen sicheren Grenzen (Kant 1781,1956:623).
Sprachbenutzer haben das Problem, beim Gebrauch von Wörtern referentielle Kategorisierungen vornehmen zu müssen, das heißt, aus dem Netzwerk von semantisch-lexikalischen Wahlmöglichkeiten eine konkrete linguistische Form des Wortens abzurufen: Meanings are coded as 'wordings': that is as selections of options in the lexicogrammatical system (Halliday 1984:15).
2.3.3. Relationale lexikalische Netzwerke: Sememe und Sinn Wenn cup eine intuitiv erkannte Einheit des Sprachgebrauchs ist, so kann ich neben der Einheit, die 'Tasse' denotiert, noch andere Bedeutungen von cup erkennen, so z.B. die Bedeutung von 'Pokal' (s. die Tabelle zu lexikographisch erfaßten Bedeutungen von cup, Lipka 1990:78). Wörter (genauer Wortformen) können mehrere denotative Bedeutungen haben. Wortformen sind potentiell polysem.42 Etymologisch unterscheidbare gleiche Wortformen nennt man Homonyme (etwa bank1 (Fluß)ufer < germanische Etymologie vs. bank1 Geldinstitut < romanische Etymologie). Die Wortform cup kann mehrere Bedeutungen aktivieren, die als bedeutungsverwandt gelten und sich auf das altenglische Femininum cuppe zurückführen lassen - cup ist ein polysemes Lexem. Mit Bloomfield und Lipka werde ich die einzelnen denotativen Bedeutungen von Lexemen Sememe nennen (Bloomfield 1933:264, Lipka 1990:76). Ein Semem ist eine Einheit des Lexikons, die das Lexem denotativ fixiert. Während ein Semem auf referentiellen Relationen lexikalischer Einheiten basiert, so basiert eine Sinneinheit (sense) auf konzeptuellen Relationen des lexikalischen Netzwerkes. Sinn ist nach Lyons die relationale Bedeutung eines Wortes, die es aufgrund seiner Speicherung im Lexikon als Netzwerk von lexikalischen Einheiten hat, unabhängig von Aspekten der referentiellen Relationen (Lyons 1977:206). Die Analyse der Sinnrelationen ist Schwerpunktthema wichtiger Studien der lexikalischen Semantik (Lyons 1977, Gruse 1986), die diese als paradigmatische und syntagmatische Relationen systematisieren. KollStobbe hat die wichtigsten Sinnrelationen nach Gruse und Lyons zusammengestellt:
42
Überlegungen zur Komponentenanalyse stellen Lutzeier 1985:91 ff. und Schneider 1988:40ff. zusammen. S. zum Konzept der Polysemie und Polysemie vs. Homonymie Ullmann 1957:114, Lyons 1977:554, Schneider 1988:101ff, Lipka 1990:3.1, 4.2.1. Aus der Perspektive der lexikographischen Praxis s. Svensen 1993:200ff.
40 paradigmatische Relationen: Synonyme Hyponyme
begin/commence fish/trout golfer/plumber Homophone beetles/Beatles Homographe bank/bank Meronyme finger/hand Oppositionsrelationen: Antonyme large/small Komplementaria dead/alive Reversive dress/undress Konversive buy/sell syntagmatische Relationen: Selektionsrestriktionen Kollokationsrestriktionen
*John got pregnant *The line is occupied
Abb. 4: Lexikologische Semantik: Sinnrelationen und Beispiele (Koll-Stobbe 1994:59)43 Ich gehe davon aus, dass Sinnrelationen mit der strukturellen und prozessualen Komponente des Wissenssystems vemetzt sind. Paradigmatische Relationen sind auf einer Achse der Selektionen in absentia vernetzt, während syntagmatische Relationen aufgrund kombinatorischer Prozesse in praesenlia aktiviert werden. Bedeutungsbildung beruht auf Vergleichsprozessen zwischen lexikalisierten Konzepten: ... Bedeutung [ist] kein positives Faktum, sondern eine Summe von Bedeutungsdifferenzen ..., die sich aus den Oppositionen zwischen sprachlichen Zeichen bzw. deren Bedeutungen ergeben (Kastovsky 1982:46).
Was an Bedeutungsdifferenzen verarbeitet wird, ist nicht nur vom Sprachwissen abhängig, sondern auch vom Kontext. Inwieweit das Wort etwas beiträgt zu informationsverarbeitenden Prozessen im Rahmen der Äußerung, in der es vorkommt, bestimmt (bewusst oder unbewusst) der Sprachbenutzer. Sprachbenutzer können den Kontext und den Kotext selektiv in ihre Informationsverarbeitung einbeziehen (ich habe das in Kapitel 2.2.3.2. als Kontextualisierung eingeführt) und lösen damit inferentielle Prozesse des konzeptuellen Vergleichs aus. Nach Bolinger möchte ich eine konzeptuell geleitete, inferentielle Verarbeitung von Wörtern abgrenzen von einer datengeleiteten, referentiellen Verarbeitung: What features of meaning are in a linguistic form and which features are suggested in our minds about it, by the actual context or by past associations? This is the question of reference vs. inference (Bolinger 1971:522).
43
Die beiden Beispiele unter Hyponymie sollen einmal die Bedeutungsinklusion und einmal die Bedeutungsexklusion veranschaulichen. Die Relation der Gegensätze ist bei Cruse 1986, 1992 in mehrere Relationen aufgefächert. Für viele Semantiker ist Antonymie der Sammelbegriff für diese Relationen.
41
Bei vorherrschend referentieller Verarbeitung werden mehrdeutige Konfigurationen wie bank in Sätzen wie / went to the bank to deposit some money automatisch monosemiert. Im kontextuellen Sprachgebrauch wird über Monosemierung das Problem der potentiellen Polysemie aufgehoben.44 Durch konzeptuelle Verarbeitung kann das Prinzip der Monosemierung aber durchbrochen werden (wie ich in Kapitel 2.2. l. gezeigt habe, etwa, wenn ich überlege, dass Geld auch auf einer Flußböschung hinterlegt werden kann).
2.4. Prolegomena fiir das Programm der Konkreten Lexikologie Die Übersicht über Probleme der Wortidentifikation und Bedeutungsbildung hat erbracht, dass Wörter sprachliche Konfigurationen sind, die im Lexikon als Worten strukturell und prozessual wirksam werden als bedeutungskonstituierende Selektionen von phonologischer, syntaktischer und semantischer Information. Wörter bilden als lexikalische Einheiten des Kodes konzeptuelle und referentielle Informationen des Kenntnissystems ab. Darüberhinaus sind sie aber auch prozessuale (flexible) Einheiten der Anwendung und des Gebrauchs des Kodes in spezifischen Kontexten, deren Bedeutung und Form variabel ist. Ob Konfigurationen des Wortens kommunikativ wirksam werden können, hängt vom Sprachbenutzer und seiner Fähigkeit ab, sprachliche Konfigurationen im mentalen Lexikon zu vemetzen und Sprachwissen und Hintergrundwissen miteinander zu verknüpfen. Ich habe in den Prolegomena die theoretischen Grundlagen zu einer Konkreten Lexikologie gelegt. Zunächst habe ich über die Skizzierung lexikalischer Kenntnis- und Anwendungssysteme den Entwurf einer Theorie des lexikalischen Sprachkönnens auf den zwei Dimensionen des habituellen und situativ-modifizierenden Sprachkönnens erstellt. Damit sollte das Programm für die problemorientierte Analyse des produktiven Sprachkönnens (mit dem Schwerpunkt auf der lexikalischen Vernetzung von grammatischem und pragmatischem Wissen) versus des kreativen Sprachkönnens (mit dem Schwerpunkt auf der situativen Vernetzung von sprachlichem Wissen und Hintergrundwissen) gelegt werden, das in den folgenden Kapiteln entfaltet wird. Ein zweites Erkenntnisziel der Prolegomena war die theoretische Ausrichtung der Konkreten Lexikologie auf eine referentielle und konzeptuelle Semantik. Im Mittelpunkt des Entwurfs werden Aspekte der lexikalischen Bedeutungskonstituierung zwischen den Polen der referentiellen Informationsverarbeirungsprozesse (die bis zu einem gewissen Grade in lexikographischen Kenntnissystemen externalisiert werden können) und der konzeptuellen Prozesse der Bedeutungsbildung stehen (die im individuellen mentalen Lexikon als internalisierte Prozesse ablaufen und nicht dargestellt werden können). Für das Lexikon heißt das, dass die paradigmatischen und syntagmatischen Vernetzungen des Wortschatzes und die dem lexikalischen Sprachgebrauch zugrundeliegenden Verstehensprozesse im inneren Lexikon als dem Ort der Vernetzung in den Vordergrund des
S. zur Monosemierung Hansen et al. 1985:198ff., Ruhl 1989, Lipka 1990:173f. In der theoretischen Linguistik wird Monosemierung als Desambiguierung behandelt.
42
Interesses treten. Dabei ändern sich die Fragestellungen an eine Lexikologie, die den Kode als potentielle Ressource für sprachliches Verhalten untersuchen will und dieses sprachliche Verhalten als eingebettet in soziokulturelle Prozesse und der Weiterentwicklung veränderbarer Konventionssysteme begreift. Für die Konkrete Lexikologie als sprachwissenschaftliche Disziplin, die lexikalischen Sprachgebrauch analysiert, müssen zunächst einmal wesentliche Faktoren der Veränderung von Lebenssituationen von Sprachbenutzern des Englischen aufgezeigt werden, die die Weiterentwicklung des Konventionssystems „Englischer Kode als potentielle Ressource für lexikalisches Sprachverhalten" deutlich machen. In den beiden nächsten Kapiteln werde ich Aspekte des lexikalischen Sprachkönnens anhand von beobachteten Daten zum Sprachverhalten in der englischen Sprachkultur konkret aufzeigen. Meine Ausgangshypothese ist, dass sich das lexikalische Sprachkönnen durch Sprachkontaktphänomene und das Entstehen einer multimedialen Unterhaltungskultur seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verändert hat. Sprachliche Kodes werden durch Kodemischprozesse ambiguierbar und nicht nur als autonome Symbolsysteme, sondern auch als interaktive und kryptische Chiffresysteme wirksam, deren Dekodierung spezifische Anforderungen an das Sprachkönnen als situativ-modifizierendes Sprachkönnen stellt. Kreatives Sprachkönnen, so werde ich versuchen zu verdeutlichen, kennzeichnet nicht mehr nur bestimmte künstlerische und literarische Formen der Kommunikation. In den von mir aufgezeigten Kommunikationsstilen werden spezifische Anforderungen an das Sprachkönnen deutlich, die sich im Bereich des Englischen als Weltsprache und internationaler Verkehrssprache in unserer Sprachkultur (als Informations- und Unterhaltungskultur) herausgebildet haben.
3. Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens durch Sprachkontakte: Englisch als absorbierender und absorbierter Kode 3.1. Englisch als Weltsprache: Ausdifferenzierung der Englishes in der Welt 3.1.1. Variabilität der Sprachbenutzer und des Sprachgebrauchs: World Englishes Die Beobachtung von lexikalischem Sprachkönnen als Programm einer systematischen Analyse von lexikalischem Sprachverhalten verlangt die Einbeziehung von Aspekten der Variabilität von lexikalischem Sprachgebrauch.1 Im Zentrum der Beobachtungen von Sprachverhalten in diesem Kapitel wird die Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens stehen, die sich im Umfeld der Entwicklung des Englischen als Weltsprache und Sprachkontaktphänomenen herausbildet. Ein herausragendes Kriterium für die Variabilität des Englischen ist seine Verbreitung auf der ganzen Welt. Die Zahlen der Sprachbenutzer des Englischen schwanken, weil Englisch nicht nur als sogenannte Muttersprache von mindestens 350 Millionen Menschen gesprochen wird, sondern auch von einer etwa gleich großen Zahl von Menschen als Zweitsprache oder Zweitdialekt beherrscht wird (s. Görlach 1988, Kachru 1990, Crystal 1997, Graddol 1997:10f., McArthur 1998:42ff.). Die arealen Dialekte des Englischen im Pazifik, in der Karibik und in Afrika, die in etwa 45 Ländern als Zweitsprache im Gefolge der Kolonialisierungs- und Entkolonialisierungsprozesse gesprochen werden, werden als New Englishes untersucht.2 Darüber hinaus wird Englisch von einer sehr großen und steigenden (ebenfalls empirisch nicht genau zu erhebenden) Zahl von Sprachbenutzern als Fremdsprache gesprochen (vgl. Crystal 1987:348f., Crystal 1995:106f., Graddol 1997). Ein Modell
Die Soziolinguistik geht von zwei grundlegenden Dimensionen von Variabilität aus, die sich in varieties according to user (Dialekte) und varieties according to use (Register) niederschlagen, zuerst in Halliday, M.A.K., Mclntosh, A., Strevens, P. (1964): The Linguistic Sciences and Language Teaching. London: Longman, s.a. Definition von Dialekt und Register in Halliday 1978:35. Halliday unterscheidet drei Dimensionen des funktionalen Sprachgebrauchs: Field (etwa Intention und Thema), tenor (Relation zwischen den Sprachgebrauchsteilnehmem) und mode (mediale Dimension) [Halliday 1978:33]. Ich werde diese drei Dimensionen nicht explizit thematisieren, da ich eine relevante Dimensionalität von Sprachgebrauch bereits im Konzept des habituellen versus situativ-modifizierenden Sprachkönnens eingeführt habe. Was von vielen Autoren als stilistische Varietäten bezeichnet wird, entspricht in etwa der Dimension der Variabilität, die Halliday als Tenor bezeichnet (s. Hudson 1980:49). Andere Autoren benutzen Register, um auf Gruppenvariabilität zu referieren, Stil, um auf individuelle Variabilität von Sprachgebrauch zu verweisen, s. Wardhaugh 1986:48f, Esser 1993:2.2. Eine genaue Eingrenzung von Stil (die wiederum mit der von Halliday aufgeführten Abgrenzung Dialekt vs. Register in Einklang ist) gibt Levinson 1988:162. Smith (Hg.) 1983, Bailey/Görlach (Hg.) 1984, Kachru (Hg.) 1983, Viereck/Bald 1986, Görlach 1988, Garcia/Othegny (Hg.) 1989, Kachru 1990, Bailey 1991, Cheshire (Hg.) 1991, Mufwene 1994, Crystal 1995. Hier soll nicht thematisiert werden, inwieweit standardisierte und kreolisierte Varietäten des Englischen als Weltsprache (wie hier angenommen) auf einem Kontinuum als miteinander verwandt oder als getrennte Varietäten zu betrachten wären (s. Kurzdiskussion in Cheshire 1991).
44 von Kachru modifizierend (Kachru 1990:4), möchte ich drei Typen des Englischen als Weltsprache vorstellen:
ENGLISCH
E(L2)
E(L1)
SA Aus trauen Neus eeland Kanada C}B
E (IE)
' Kenia Ghana /N, / \ Pakistan \ Malaysia / Singapur 1 Indien V /
V
l
/^ ^^ / Japan N. / Brasilien X Zimbabwe / \ Deutschland / Saudi-Arabien /
>
Indonesien Russland Ukraine China
^
intranational
international Kode - Funktion
Abb. 5: World Englishes: Areale Heterogenisierung einer Weltsprache Den linken Kreis bilden die Varietäten in traditionell anglophon geprägten Sprachkulturen, in denen Englisch die national dominierende Sprache bildet, die überwiegend als erste Sprache gelernt wird [E(L1)]. Zu diesem Kreis gehören Großbritannien, Irland, die USA, Kanada, Australien und Neuseeland. Im 20. Jahrhundert etablierte sich das amerikanische Englisch aufgrund der ökonomischen und kulturellen Dominanz der USA als die international maßgebliche Varietät des Englischen (vgl. Crystal 1995:106f, Leisi/Mair 1999": 185). Sprachkontakte und Sprachkonflikte mit indigenen oder anderen (europäischen) Sprachen werden zunehmend politisch und sozial evaluiert und stellen eine Herausforderung für das institutionelle (schulische) Sprachenlemen und die inter- und intrainstitutionelle nationale
45
Kommunikation dar (das gilt sowohl für Kontakte mit keltischen Sprachen in Großbritannien oder Irland, den Kontakt und Konflikt mit dem Französischen in Kanada, als auch für die Kontakte und Konflikte mit indigenen indianischen Sprachen, den Varietäten der AfroAmerikaner und anderen Kolonialsprachen in Nordamerika oder mit Sprachen der Ureinwohner in Australien). Den mittleren Kreis bilden Nationen, deren Sprachkultur durch das Englische als Kolonialsprache geprägt wurde und in denen Englisch als Zweitsprache oder Zweitdialekt gelernt wird [E(L2)]. Auch nach der Selbständigkeit erfüllt Englisch in diesen meist multilingualen Ländern nationale Kommunikationsfunktionen, wie in Kenia, wo Swahili Amtssprache ist und Englisch als quasi-offizielle Sprache in bestimmten Funktionsbereichen wie Bildung und Administration eingesetzt wird. Zu diesem Kreis gehören hauptsächlich ehemalige englische Kolonien des 19. Jahrhunderts in Ostasien und Afrika, in denen sich sogenannte „New Englishes" unter dem Einfluss von Pidginisierungs- oder Kreolisierungsprozessen herausbilden (s. z.B. Schmied 1991, Graddol et al. 1996). Das Lexikon als Kenntnissystem wird von Varietäten des linken und mittleren Kreises insbesondere durch Entlehnungen spezifischer Kulturwörter, Bedeutungsveränderungen von Lexemen des britischen oder amerikanischen Englisch aber auch durch kombinatorische Wortneubildungen als mögliche Kode-Mixes erkennbar, die das Vokabular z.B. des australischen Englisch vom Vokabular des süd-afrikanischen oder kenianischen Englisch abgrenzen (s. Gramley/Pätzold 1992:Teil 3, Gardner-Chloris 1995:77ff. zu Kompositabildungen in einem postkreolischen Kontinuum). Der von Kachru Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu Recht als expandierender Kreis bezeichnete rechte Kreis wird von den Ländern gebildet, in denen Englisch als Fremdsprache in der Schule gelernt wird. Erst in der jüngsten Zeit erhält das Englische im Kreis dieser Länder durch die internationale Informations- und Unterhaltungskultur bestimmte nationale Kommunikationsfunktionen, die sich (wie ich zeigen werde) im lexikalischen Sprachkönnen abbilden und beobachten lassen. Zu diesem Kreis gehören traditionell Länder in Europa, wo Englisch in der Schule und im tertiären Bildungssystem gelernt und gelehrt wird (wie z.B. Deutschland oder Italien), Länder in Afrika und Asien, wo Englisch im Gefolge seines Status als Weltsprache als Fremdsprache gelernt wird (wie z.B. Marokko, Japan und Taiwan) und die Länder, in denen Englisch aufgrund soziopolitischer Umwälzungen in der jüngsten Zeit als internationale Fremdsprache gelernt wird (wie z.B. China, Russland und Lettland). Linguistische Analysen dieser Varietäten des Englischen als internationale Fremd- und Verkehrssprache [E(IE)j beschränken sich in der Regel auf Aspekte einer Angewandten Linguistik (wie der kontrastiven Analyse des lexikalischen Sprachverhaltens, z.B. false friends, s. Mair 1995:26ff.). Funktionsbeschreibungen des englischen Kodes, die nur auf einer Spracherwerbstypologie gründeten (in Muttersprache, Zweitsprache/-dialekt und Fremdsprache) können die Komplexität multikultureller nationaler Sprachbenutzernetzwerke nicht mehr adäquat beschreiben, wie ich später anhand der Fallstudien deutlich machen werde (vgl. Görlach 1988:4).3 Ich werde deshalb ein einfaches, flexibles Klassifikationsschema des Kommuni-
3
Die Klassifikation der benutzten Sprache als Muttersprache, Zweitsprache/-dialekt oder Fremdsprache sagt darüber hinaus auch nichts aus über den Grad des Sprachwissens und Sprachkönnens
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kationskodes World Englishes vorschlagen, das Aspekte des Erwerbs der Sprache und des interaktiven und kognitiven Erwartungsrahmens an den areal ausdifferenzierten Kode als nationalen und internationalen Kommunikationskode berücksichtigt:
1. Englisch als nationaler Kommunikationskode E(L1, L2) 1.1. -Intranationale Varietäten (Ll): Typischerweise standardisierte nationale Varietäten, die in Wörterbüchern und Grammatiken kodifiziert sind. Werden in familiär orientierten sozialen Netzwerken natürlich gelernt und durch formale Ausbildung und soziale Kontrolle gesichert. Zusatzkommunikationsmittel zu regionalen und sozialen dialektalen Varietäten und lexikogrammatische Basis für funktionale Register und Kommunikationsstile. 1.2. -Internationale Varietäten (L2): Varietäten, die de iure oder de facto als nationale Varietäten in multilingualen Nationen etabliert sind, ohne von der Mehrheit der Sprachbenutzer als L l gelernt und beherrscht zu werden . Werden als dialektale Kommunikationskontexte und soziosemantische Prozesse der Kodewahl in traditionell multilingualen Natione.
2. Englisch als internationaler Kommunikationskode E(IE) 2.1. -Internationale Varietät als instrumentelle lingua franca: Gelernt durch institutionelle Ausbildung mit Verstärkung außerhalb des Klassenzimmers durch die internationale Informationskultur. Wird als Varietätengruppe von der wachsenden Zahl der Sprachbenutzer des Englischen eingesetzt, die eine oder mehrere dieser Varietäten für die internationale Kommunikation in Handel, Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie benötigen. Kennzeichen dieser Register des Englischen: Interferenzen der jeweiligen L l und starke individuelle Variabilität in der Beherrschung des grammatischen Systems und der jeweiligen Fachlexika als instrumentellen Ressourcen. 2.2. -Internationale Varietät als interkulturelle lingua franca: Gelernt durch institutionelle Ausbildung mit Verstärkung außerhalb des Klassenzimmers durch die internationale Unterhaltungskultur. Wird von der wachsenden Zahl der Sprachbenutzer des Englischen eingesetzt, die dieses integrativ für die intranationale Kommunikation internationaler Konzepte in interkulturellen Kontexten einsetzen. Kennzeichen: Interferenzen der jeweiligen L l und individuelle Variabilität im Umgang mit dem englischen System und Lexikon als kommunikativen Ressourcen.
Abb. 6: World Englishes: Intranationale und internationale Funktionsbereiche des Englischen als Kommunikationskode
der Sprachbenutzer (s. Görlach 1988, Johnson 1990, Cheshire 1991:2f.). Die Spracherwerbsforschung geht von einem einheitlichen Sprachlernsystem aus, das flexibel genug ist, um auf unterschiedliche Sprachlernsituationen anwendbar zu sein, unabhängig davon, ob eine Sprache als Erstsprache, Zweitsprache oder Fremdsprache gelernt oder wiedergelernt wird. Wode betont, dass Monolingualismus lediglich den Default darstellt, aber nicht die allgemeine Sprachlernfähigkeit des Menschen charakterisiert (Wode 1994a:327).
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Der Einfluss des amerikanischen Englisch als die internationale lingua franca der Informationsgesellschaft wird verstärkt durch die Intemationalisierung der Wirtschaft und ihrer Trägermedien in der elektronischen Kommunikation. Mit Beginn der Herausbildung des Englischen als Weltsprache im Gefolge der Entstehung von Massenmedien und der elektronischen Kommunikation in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wird die Homogenisierung des englischen Lexikons als internationales amerikanisches Lexikon aber wieder durchbrochen: The emergence of English as a world language has promoted regular contact with an unprecedented number of languages and cultures, and the borrowings have shown an immediate and dramatic upturn. New fauna and flora, political groups and institutions, landscape features, industrial products, foodstuffs, inventions, leisure activities, and other form of behaviour have all generated thousands of new lexemes - and continue to do so. The growth of local nationalism has had its effect, too, with people seeking fresh lexical ways of showing their local identity with the undifferentiated domain of international Standard English (Crystal 1995:126).
Derartige "fresh lexical ways of showing identity" werde ich durch die Beobachtung von lexikalischem Sprachverhalten in der durch Sprachkontaktsituationen gekennzeichneten Sprachkultur der World Englishes des Typs 1.2. und 2.2. (Abb. 6) analysieren. Meine Arbeitshypothese ist, dass sich ein durch Sprachkontaktphänomene und lexikalisches Sprachkönnen nicht nur auf der Ebene der intranationalen (sprachkulturellen) Identitätssuche für das Englische als nationaler Kommunikationskode zwischen L2 und E(IE) zeigen lässt (Kapitel 3.2.), sondern auch auf die Ebene der Kommunikationsstile des Englischen als internationaler Kommunikationskode ausstrahlt und sich in einer eigenen Form der Literalität etabliert (Kapitel 4.3., 4.4.).
3.1.2. Variabilität der Sprachbenutzer und des Sprachgebrauchs: Homogene und heterogene Situationsgruppen Unter dem Einfluss der dominierenden linguistischen Schulen galt bis vor kurzem der monolinguale Sprecher als die Norm. Bilinguale Sprecher, die zwischen Sprachen oder Kodes wechseln konnten, wurden eher als Ausnahmeerscheinungen angesehen.4 Dass einzelne Kodes ein Kode-Potential für individuelle Sprachbenutzer darstellen, das in unterschiedlichen Kommunikationskontexten als linguistische Ressource eingesetzt werden kann, setzt sich erst langsam durch (Fasold 1984:lff.). Über die Kodewahl haben Sprachbenutzer in bilingualen oder multilingualen Kontexten einen Zugang zu sprachlichen Ressourcen, der ihr lexikalisches Sprachkönnen deutlich von monolingualen Sprechern unterscheidet: Während monolinguale Sprecher nur die Möglichkeit haben, zwischen unterschiedlichen Registern und Kommunikationsstilen zu wählen, so haben bi- oder multilinguale Sprecher auch
S. Haugen 1950a:272, Weinreich 1964:114. So entsteht z.B. erst langsam ein Bewusstsein dafür, dass die USA kein monolinguales Land sind (Dicker 1996). Das Idealbild der amerikanischen Gesellschaft als Schmelztiegel (meltingpot) wird dennoch im Bilingual Education Act hochgehalten, der ein großangelegtes Anglifizierungsprogramm ist für Bevölkerungsgruppen, die eine andere Sprache als Englisch zur Muttersprache haben (Fishman 1981).
48 die Möglichkeit, zwischen Kodes zu wählen, die sie und andere als verschiedene Sprachen oder Dialekte verstehen (Milroy 1987:171). Allgemeine Konzepte wie Sprachgemeinschaft oder Muttersprache werden zunehmend unbrauchbar für urbane Sprachbenutzergruppen, weil in Städten wie Nairobi, Johannesburg oder London durch Bevölkerungsbewegungen und Prozesse der sozialen Mobilität komplexe Netzwerke sozialen interaktiven Verhaltens entstehen mit Sprachverhaltensmustem, die mit strukturfunktionalistischen Schichtmodellen (Labov 1972) nicht mehr adäquat abgebildet werden können (Milroy 1987): Social scientists of many persuasions are now questioning the very basis of traditional ethnic and social categories. Earlier views in which larger social aggregates were seen as made up of independent culture bearing population units have begun to be abandoned in favour of more dynamic views of social environments where history, economic forces and interactive processes as such combine either to create or to eliminate social distinctions (Gumperz 1982:29).
Eine systematische Studie von Migrationsbewegungen nach Großbritannien verdeutlicht, dass urbane Zentren zu multilingualen und multikulturellen Netzwerken werden:
Ehemalige Kolonien
Arbeitsuchende Einwanderer
Politische Flüchtlinge
Bengali, Panjabi West Indien Hong Kong Chinesen (1960-1970)
Ostafrikanische Asiaten (1968-1973) Vietnamesische Chinesen (1979-1982)
Griechische und Türkische Zyprioten (1960-1975)
Europa
Italiener (20. Jahrhundert besonders nach 1950) Portugiesen, Spanier (nach 1960)
Polen, Ukrainer und andere Ost-Europäer (1945-1950)
Abb. 7: Typologie von Einwanderungen nach Großbritannien (Linguistic Minorities Project 1985:31)5
5
Genaue, aktuelle Zahlen über Einwanderungsbewegungen sind kaum zu erhalten, da zuverlässige demographische Erhebungen entweder nur in einigen Ländern (und dann unregelmäßig und auf unterschiedlichen Datenerhebungen basierend) oder gar nicht erstellt werden. Es gibt eine offizielle Statistik der Europäischen Gemeinschaft zu ausländischen Bürgern in den Staaten der Gemeinschaft von 1991, aus der hervorgeht, dass die meisten Ausländer in Frankreich und Deutschland leben (Extra/Verhoeven 1993:7). Die Situation in Europa ist auch dadurch gekennzeichnet, dass der Status von Immigranten in Frankreich und England aufgrund der Naturalisierungsprozesse von Immigranten aus den ehemaligen Kolonien undurchsichtig ist (s. Extra/Verhoeven 1993:6ff.). S. zu den Minoritätengruppen sowohl der older mother tongues (Gälisch, Irisch, Wal-
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Die adäquate Beschreibung urbaner Sprachverhaltensmuster wird durch Konflikte zwischen Minoritätensprachen und dominierenden Kodes, die die konventionelle Dimension der dialektalen (d.h. regionalen und sozialen) Identität über die Wahl der Varietät mit einer der ethnischen Identitäts-Markierung als neue Dimension der Bedeutungssetzung in ehemals als ethnisch homogen aufgefassten Sprachkulturen erweitert (s. Appel/Muysken 1987:12ff.). Sprachkontaktphänomene zwischen dem Englischen und anderen Sprachen fuhren nicht nur im Alltag, sondern auch in Ausbildungsinstitutionen zu Problemen bezüglich des Einsatzes einer repräsentativen Lernervarietät des Englischen. Diese Lernervarietät muss sowohl den Ansprüchen der Lerner des Englischen genügen, die in Familien aufwachsen, wo dieses seit Generationen als Muttersprache gesprochen wird, als auch den Lernern des Englischen, die dieses erst in der Schule als hauptsächliches Verständigungsmittel erfahren (und eine Minoritätensprache als Muttersprache sprechen)6. Die Unterscheidung zwischen natürlichem vs. institutionell (d.h. in der Regel schulisch) vermitteltem Spracherwerb ist in elektronisch hochentwickelten urbanen Informationsgesellschaften immer schwieriger zu operationalisieren, da Englisch, das bewusst als Fremdsprache in der Schule gelernt wird, über die in den Massenmedien verbreitete Unterhaltungskultur, die auf die angloamerikanische Sprachkultur ausgerichtet ist, auch unbewusst im Alltagssprachgebrauch vermittelt wird. Damit wird es nicht nur in traditionell multilingualen Gesellschaften wie in Asien und Afrika schwierig, zwischen bewusstem und unbewusstem Lernen einer Sprache zu unterscheiden (s. a. Cheshire 1991:2f.)7 Die Variabilität des Englischen in der Welt der modernen urbanen Situationsgruppen8 (Netzwerke ethnisch und/oder sprachlich heterogener Populationen) führt zu einem ver-
dass der Status von Immigranten in Frankreich und England aufgrund der Naturalisierungsprozesse von Immigranten aus den ehemaligen Kolonien undurchsichtig ist (s. Extra/Verhoeven 1993:6ff.). S. zu den Minoritätengruppen sowohl der older mother tongues (Gälisch, Irisch, Walisisch) als auch der Einwanderergruppen aus dem Osten und den Mittelmeerländem Edwards/Alladina (Hgg.) 1991. Die Problematik wird u.a. dargestellt in Edwards, V. (1979): The West Indian Language Issue in British Schools. London: Routledge & Kegan Paul, mit Vorschlägen für eine Curriculumsänderung in Kp. 7. Die Einstellung zu den in ethnisch heterogenen Lebensräumen von unterschiedlichen Ethnien benutzten Sprachen variiert, und das Prestige unterschiedlicher Kodes ist eingebettet in den sozialen und ökonomischen Status, den die Sprechergruppen besitzen. Deutlich wird dies auch am Begriff der Minoritätensprache. "Members of nonprestige social groups or linguistic minorities seem acutely aware of the fact that certain languages, i.e. non-prestige languages or minority languages, do not have a function in gaining upward social mobility.... That speakers of minority languages exhibit a negative attitude towards their own language in many respects, does not imply that they do not attach any importance to it. The language may be highly valued for social, subjective and affective reasons, especially by speakers from the younger generation in migration contexts or generally by people who feel a certain pride in minority culture. This form of language loyalty reflects the close relation between the language and the social identity of ethnolinguistic groups" (Appel/Muysken 1987:20). S. dazu auch Khan 1983. Die noch nicht geklärte Frage, die Wode aufwirft, ist, ob bewusstes (schulisches) und unbewusstes (ratiomorphes) Lernen sich ergänzen oder Konflikte hervorrufen, die den Lemer womöglich behindern, Wode 19932:16f. Aufgrund der Mobilität der Menschen in den Städten wird die Vorstellung von starren sozialen Klassen und der Zuordnung zu diesen Klassen abgelöst von Netzwerkanalysen, die individuelle Sprachbenutzer Situationsgruppen zuordnen (mit einem Zentrum und einer Peripherie) und damit
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stärkten Interesse an Sprachkontaktphänomenen und Phänomenen der Sprachmischung. Codeswitching oder Kodewechsel sind dabei unmittelbare Auswirkungen der Sprachkontaktsituation. Generell versteht man unter Codeswitching das Wechseln in einen anderen sprachlichen Kode während einer kommunikativen Handlung (Hudson 1980:56ff., Heller 1988:1, Myers-Scotton 1993a:3, Koll-Stobbe 1994a). Die Auswirkung des Codeswitching auf den sprachlichen Rahmenkode ist dabei ein Codemixing oder eine Sprachmischung (Appel/Muysken 1987:117f.,Milroy 1987:184, Holmes 1992:41 ff.).9 Prozesse der Sprachmischung können sich kurzfristig im Sprachverhalten mehrsprachiger Sprachbenutzer oder Situationsgruppen abbilden oder aber eine längerfristige Folge des Sprachkontaktes darstellen (und damit sprachgeschichtlich im Rahmen einer Lexikologie insbesondere unter dem Aspekt von Entlehnungsprozessen und Prozessen der Bedeutungsveränderung relevant werden, Bechert/Wildgen 1991:2ff.). Für das Programm der Konkreten Lexikologie gilt es, über Variabilität im lexikalischen Sprachkönnen Modelle des lexikalischen Sprachwissens komplementär zu ergänzen: If the re-discovery of linguistic varieties served to complement, or revise, models of monolithic grammars, then the re-discovery of multilingualism, and the processes connected with language contact and mixture, can be expected to put in perspective the variationist's expanded model of communicative competence (Görlach 1988:7).
Ziel des Entwurfs einer Konkreten Lexikologie kann es nicht sein, Auswirkungen des Sprachkontaktes auf Aspekte der Beschreibung vom Lexikon als Wissenssystem zu beschränken. Vielmehr geht es darum, Sprachmischprozesse und aufgrund der Sprachkontaktsituationen entstehende Ad Hoc-Entlehnungsprozesse als lexikalisches Sprachkönnen zu ethnisch homogene Populationen konventioneller Klassen- und Schichtungsansätze ergänzen mit einer aus der Soziologie moderner Lebensführung entwickelten Lebensstilanalyse (Müller 1992:371 ff). In einer Lebensstilanalyse werden nicht nur statische soziale Faktoren (wie Alter, Beruf, Elternhaus, Familienstand, ökonomischer Status) berücksichtigt, sondern auch dynamische Faktoren wie Sozialkontakte, kulturelle Interessen und Konsummuster, da die herkömmlichen Klassen- und Schichtmodelle die soziale Wirklichkeit nicht mehr adäquat interpretieren. S. dazu aus der Perspektive der Sozialstrukturanalyse Müller 1992:45ff., aus der Perspektive der Soziolinguistik Wardhaugh 1986:149, Milroy 1987 und Cheshire 1991: 2ff. Ich werde in die Literatur zum Codeswitching nicht explizit einführen, s. Gumperz 1982, Appel/Muysken 1987, Heller (Hg.) 1988, Bhatia/ Ritchie (Hgg). 1989, Eastman (Hg.) 1992, MyersScotton 1993, 1993a, Arends/Muysken/Smith (Hgg.) 1995, Milroy/Muysken (Hgg.) 1995, Romaine 19952, Myers-Scotton (Hg.) 1998. Phänomene des Kodekontaktes wie Codeswitching, Codemixing, Diglossie, Interferenz, Relexifizierung und Entlehnung werden in der Soziolinguistik abhängig vom Erkenntnisziel unterschiedlich analysiert und bezeichnet, s. die Diskussion in Pfaff 1979, Kachru 1986:Kp. 4, D'Souza 1992, Kamwangamalu 1992, Meyers-Scotton 1993:45ff., Koll-Stobbe 1994b, Romaine 19952:4.2. Codeswitching wird nicht nur als Kodewechsel aufgefasst, bei dem Sprecher verschiedener Kodes in bestimmten erwartbaren Veränderungen in der Kommunikationskonstellation (insbesondere Addressatenänderung, Themenwechsel oder Kommunikations-Rahmenänderung) auch den Kode wechseln, s. Haugen 1950a, Gumperz, J. (1971): Language in Social Groups. Standford University Press. Codeswitching kann vielmehr generell als die Fähigkeit zum (erwartbaren oder unvorhersehbaren) Kodewechsel angesehen werden, der in der Regel zu Sprachmischprozessen oder Stilmischprozessen fuhrt. Ich gebrauche im folgenden Codeswitching oder Kodewechsel in diesem allgemeinen Sinne als übergeordneten Begriff für die Fähigkeit, situativ eine Sprachwahl oder eine Registerwahl zu treffen.
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analysieren. Durch drei Fallbeispiele zum Englischen als intranationaler Kommunikationskode (Kenia) und internationaler Kode mit intranationalen Funktionen (Deutschland, Japan) werden im folgenden Sprachmischprozesse in eine Analyse des lexikalischen Sprachkönnens einbezogen.
3.2. Fallstudien für Kodekontaktphänomene des Englischen in der Welt 3.2.1. Multilingualismus: Englisch in stabilen Sprachkontaktsituationen 3.2.1. l. Englisch in multilingualen Sprachkontaktsituationen: Fallbeispiel Englisch als E (L2) in Kenia Zunächst einmal werde ich Überlegungen zum lexikalischen Sprachkönnen als habituellem Sprachkönnen in stabilen Kode-Kontaktsituationen aus dem mittleren Kreis der World Englishes (vgl. Abb. 5) am Beispiel Kenia entwickeln. Ich werde die stabilen KodeKontaktsituationen ausführlich darstellen, da in Kenia der Übergang von konventionellen Situationsgruppen (die ethnisch und sprachlich homogen sind) zu modernen urbanen Situationsgruppen (die ethnisch und sprachlich heterogen sind) deutlich gemacht werden kann und zwei unterschiedliche Typen von Kodewechsel als interaktive Sprachverhaltensstrategie und als referentielle Strategie der Bedeutungssetzung herausgearbeitet werden können. In die Komplexität des Sprachkontaktnetzwerkes von Kenia werde ich einfuhren, um zu zeigen, dass der Sprachbegriff in ethnographisch komplexen und konventionell multilingualen Arealen wie in weiten Teilen Asiens und Afrikas weit weniger auf der Annahme von Unveränderlichkeit und Einheitlichkeit eines Kommunikationskodes aufgebaut ist als in unserer (traditionell als monolingual reflektierten) Sprachkultur (s. Diskussion in Bechert/Wildgen 1991: l Off.) und weit mehr in Prozesse der Kode-Auswahl eingebettet ist als in unserer auf die Auswahl von Sub-Kodes (als funktionale Register oder regionale Dialekte) ausgerichteten Sprachkultur. Die Geschichte von Englisch in Kenia ist eingewoben in das koloniale Erbe Afrikas. Englisch rivalisierte auf dem afrikanischen Kontinent während der Kolonialisierungs- und Entkolonialisierungsprozesse mit Französisch und Portugiesisch als europäischen lingue franche. Nach der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten wurde Englisch in Nigeria, Ghana, der Elfenbeinküste und Sierra Leone, dem in Ostafrika gelegenen Uganda sowie den südlichen Staaten Botswana, Simbabwe und Sambia zur offiziellen Staatssprache erhoben. Den Status einer gleichberechtigten Amtssprache erhielt Englisch in Kenia, Tansania, Kamerun, Südafrika und Namibia. Eine dritte Möglichkeit wurde in Somalia und dem Sudan wahrgenommen, wo es als halboffizielle Sprache eingesetzt wird (Schmied 1991:26). Kenia ist ein multi-ethnischer und multilingualer Staat in Ostafrika, der 1963 nach langer (seit dem 19. Jahrhundert englischer) Kolonialgeschichte unabhängig wurde. Obwohl nur ein Bruchteil der Bevölkerung der Sprache überhaupt mächtig war, wurde Englisch zur Amtssprache erhoben. Einige Jahre später wurde Kiswahili als zweite offizielle Sprache eingesetzt und ist heute die nationale Amtssprache. Beide Sprachen, sowohl die importierte europäische Sprache, als auch die afrikanische Bantu-Sprache, die bereits vor der Kolonali-
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sierung als lingua franca in Ostafrika eingesetzt wurde, werden nur von bestimmten Teilen der Bevölkerung gesprochen.10 Die Stellung des Englischen in Kenia ist immer wieder im Rahmen sprachpolitischer Planung diskutiert worden. Es ist als Kolonialsprache vorbelastet, und in den ländlichen Gegenden mit schlecht ausgebauten Infrastrukturen sind nur ein Bruchteil der Menschen des Englischen mächtig bzw. haben die Möglichkeit, es zu erlernen. Ob es sich bei diesem Englisch um eine areale Varietät des britischen Englisch oder um eine spezifische nationale Varietät „Kenianisches Englisch" innerhalb der ostafrikanischen Varietäten des Englischen handelt, ist umstritten. Es gibt derzeit zwar eine Reihe von Studien unter spezifischen Fragestellungen und auch einige Korpora zum Englischen in Kenia und Ostafrika, aber keine systematische linguistische Analyse dieser Varietät (Abdulaziz 1991:393)." Die Varietät des Englischen in Kenia weist Abweichungen vom Standardenglischen auf, die teilweise durch grammatische Interferenzen mit ethnischen Sprachen zu erklären sind. Zur Veranschaulichung werde ich einige Beispiele anfuhren, die die lexikalische Ebene direkt tangieren.12 (1) Grammatische Abweichungen, z.B. das Fehlen von Infinitivmarkern und abweichender Gebrauch von funktionalen Lexemen, wie Präpositionen. Die Abweichungen sind durch den Einfluss der afrikanischen Sprachen zu erklären. So ist z.B. die Wortart der Präpositionen und Partikel oder die Verbkategorie des Infinitivs oder des Partizips in den agglutinierenden afrikanischen Sprachen nicht vergleichbar bzw. nicht existent. Die Kategorie Präposition wird in den agglutinierenden Bantu-Sprachen durch ein Applikativ genanntes Suffix realisiert, das die semantischen Funktionen der gebräuchlichsten englischen Präpositionen
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Kiswahili wird hauptsächlich in Kenia und Tansania als Muttersprache von ca. 4 Millionen Menschen gesprochen. Kiswahili ist eine Schriftsprache mit lateinischem Alphabet, obwohl die Ursprünge des Schriftsystems im Arabischen lagen, das das Lexikon der Sprache stark beeinflusst hat. Die in Kenia als offizielle Sprache eingesetzte standardisierte Form des Kiswahili ist nicht gleichzusetzen mit dem Swahili, das an der Küste gesprochen wird (mit dem Zentrum Mombasa). Zur fälschlichen Klassifikation von Kiswahili als Pidgin bzw. Kreolsprache s. Meyers-Scotton 1993:22f. Englisch wird nur von etwa 10 - 20% der Bevölkerung mit stark varriierender Kompetenz gesprochen. Programmatische Entwürfe sind Whiteley 1974, Angogo/Hancock 1980, Zuengler 1983, Abdulaziz 1991, Schmied 1991a. Eine gute sprachkulturelle Übersicht bietet Myers-Scotton 1993:Kp.2. In Handbüchern werden areale Varietäten des Englischen in Tansania oder Kenia meist als ostafrikanische Varietäten des Englischen untersucht, s. Hancock/Angogo 1984, Abdulaziz 1991, Schmied 1991,Gramley/Pätzold 1992. Die Beispiele zu (1) bis (3) sind (wenn nicht anders angegeben) der Kenya Times und der Daily Nation vom 29.3.1991 entnommen. Schmied, unter dessen Federführung ein großes Korpus zu ostafrikanischem Englisch erstellt und analysiert wird, gibt eine systematischere Übersicht zu grammatischen Abweichungen in afrikanischen Varietäten der englischen Sprache (Schmied 1991:3.5). Phonologische Interferenzen der ethnischen Sprachen ermöglichen es Kenianern, bestimmte Ethnien an Aussprachephänomenen des Englischen zu erkennen, so produzieren die Kikuyu intrusive Nasallaute vor Plosiven (lad > land, sad > sand) und substituieren die Liquide IM und /r/ (rice > lice). Englisch in Kenia ist deshalb für Fremde oft sehr schwer als Englisch zu erkennen, vgl. Kanyoro 1991:407.
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erfüllt (s. Wald 1987:1007), so dass bestimmte englische Präpositionen übergeneralisiert werden. Im folgenden Beispiel wird außerdem die fehlende Infinitiv-Markierung deutlich: "Emali attempted in vain repair the car and get it back in the race"
(2) Semantische Verschiebungen vom Standardbritischen zum kenianischen Englisch: "He... took pride in the success the institution had realised" (Zielverb des Standards wäre 'achieved', die Standard-Bedeutung von "realised" ist eingeschränkt) /(redundantes lexikalisches Material mit emphatischer Funktion im kenianischen Englisch ist fettgedruckt) spoilt car" mit der Bedeutung „kaputtes Auto" (Bedeutungsveränderung und kombinatorische Innovation, die im BrE. und AmE. kollokativ nicht akzeptabel ist. Beispiel aus Kanyoro 1991:410) «l
(3) Lexikalische Auswahl: Entlehnung oder Sprachmischung mit anderen Kodes: "President Moi was given a rousing welcome by thousands of wananchi from Uasin Gishu and Nandi districts" (wananchi < Kiswahili 'fellow man')
Entlehnungen bzw. lexikalische Interferenzen sind in mehrsprachigen Gesellschaften natürliche Folgeerscheinungen des Sprachkontaktes. Gleichzeitig können Entlehnungen als Kulturwörter zur Markierung einer nationalen Identität fungieren, die dem Kommunikationspartner die areale Identität der englischen Varietät signalisieren. Ein weiterer lexikalischer Shibboleth fur das kenianische Englisch ist neben wananchi (s. Beispiel oben) die afrikanische Entlehnung matatu : The household company had become a household name in Kenya's motor-industry where it is credited with building some of the most outstanding and luxurious coaches, buses, lorries and the 'luxury' matatu which won a Special Design Award (Zeitungsausschnitt nach Schmied 1991:77)
Matatus sind in Kenia überall verbreitete große Überland-Taxis, die oft das einzige (wenn auch aufgrund der Straßenverhältnisse und des Draufgängertums ihrer Fahrer nicht ganz ungefährliche) Verkehrsmittel zwischen größeren Städten darstellen.
3.2.1.2. Multilinguale Netzwerke in Kenia: Ethnische Sprachen und Sprachwahl In Kenia gibt es zwischen 20 und 35 ethnische Sprachen, die drei verschiedenen Sprachgruppen zuzuordnen sind: den Bantu-Sprachen, den Nilotischen Saharasprachen und den Kushitischen Sprachen.13 Die Zahl differiert beträchtlich, weil umstritten ist, inwieweit sich
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S. hierzu Bamgbose 1991, Myers-Scotton 1993:17f, Moseley/Asher 1994:289ff. Die Klassifikationen der afrikanischen Sprachfamilien und Sprachen sind nicht einheitlich, s. Whiteley 1974, der ca. 35 Sprachen feststellt (dem Bamgbose 1991:2 folgt), versus Heine/Möhlig 1980, die nur um
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diese als eigenständige Sprachen oder als Dialekte einer Sprache beschreiben lassen und weil ein Verdrängungsprozess von ethnischen Minoritätensprachen durch ethnische Majoritätensprachen stattfindet (Brenzinger/Heine/Sommer 1991): Sub-Saharan Africa is the world's most complex linguistic area. The complexity does not seem to be different in kind from that occurring in other areas of the world, but is primarily a consequence of the size of the area over which great linguistic and social diversity extends.... General problems are sufficiently widespread to warrant introductory discussion. These problems include: accurate location of languages ... multilingualism and language shift, language and dialect, classification of languages (Wald 1994:289).
Die meisten der in Kenia verbreiteten Stammessprachen gehören zu den Bantu-Sprachen, die drei der vier wichtigsten ethnischen Gruppen sprechen: die Kikuyu (ca. 20% der Bevölkerung), die Luyia (ca. 13% der Bevölkerung) und Kamba (ca. 11% der Bevölkerung). Die vierte der ethnischen Majoritäten, die Luo (ca. 14 % der Bevölkerung), sprechen eine WestNilotische Sprache.14 Kenianische Kinder wachsen in der Regel mehrsprachig auf, wobei die Anzahl der ethnischen Sprachen, die sie lernen, abhängig davon ist, ob sie in ethnisch heterogenen größeren Städten oder auf dem Land aufwachsen (in einem bestimmten ethnisch homogenen Siedlungsgebiet). Ethnisch heterogene Familien der postkolonialen Generationen lassen ihre Kinder vermehrt Kiswahili als erste Sprache lernen, das auch die Eltern im häuslichen Bereich sprechen. Eine ethnische Sprache lernen diese Kinder dann entweder auf der Straße oder durch das Hauspersonal. Kinder, die in den Städten und multiethnischen Siedlungsgebieten, wie den catchment areas,15 mit einer ethnischen Sprache als Muttersprache aufwachsen, lernen Kiswahili entweder auf der Straße oder in der Grundschule, während sie Englisch, oder genauer, die aus der Kolonialsprache erwachsene Varietät des kenianischen Englisch, in der Regel in der Schule lernen. Ich möchte die Sprachkontaktsituation, die ich in einer Familie in Eldoret erfahren habe, in einer Abbildung aufzeigen und damit das multi-ethnische und multilinguale Umfeld, das ich oben allgemein skizziert habe, an einem konkreten Fall darstellen:
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die 20 Sprachen konstatieren. Nach Brenzinger/Heine/Sommer 1991 sind in der letzten Zeit 8 Sprachen in Kenia ausgestorben (d.h. sie wurden durch andere ethnische Sprachen ersetzt). Für einen genauen Überblick s. Heine/MÖhlig 1980, Moseley/Asher 1994. Das sind offiziell von der Regierung für multi-ethnische Besiedlung zugewiesene Gebiete etwa im Umfeld von Teeplantagen oder Gebieten mit Bodenschätzen etc.
55 Cl Luyia 2 ")
Hausmädchen
Mutter
Kinder
Gast
Abb. 8: Sprachkontaktsituation in Eldoret (Kenia) (Luo = Kode 1; Luyia = Kode 2; Swahili = Kode 3; Nandi = Kode 4; Englisch = Kode 5; Deutsch = Kode 6) Das Spektrum der sprachlichen Kommunikationskodes reicht vom monolingualen Repertoire (Hausmädchen, das nur Kode l [Luo] spricht), der mit einem bestimmten Kommunikationspartner (Gast, der nur Kode 5 [Englisch] und Kode 6 [Deutsch] spricht) nicht zur sprachlichen Informationssetzung, sondern nur zur multimodal unterstützten Kontaktaufnahme führen kann, bis zum mehrfachen Kode-Repertoire und einer situativ möglichen Kode-Wahl, die zum einen an die Kode-Kompetenz der Kommunikationspartner gekoppelt sein kann (der Gast spricht z.B. gar keine afrikanischen Kodes, das Hausmädchen keine afrikanischen Kodes außer Luo), zum anderen aber auch in funktionale Domänen von Kodes (Kode-Konvention in der Schule, Kode-Konvention auf Ämtern etc., Kode-Konvention in der Familie) eingebettet ist. Zu den Kode-Konventionen der Familie gehört z.B., dass die Kinder auch Nandi sprechen (eine Kalenjin-Sprache), weil ihre Großmutter, die sie oft besuchen, auf einer großen Farm im Nandi-Gebiet wohnt (wo sie es als Kommunikationskode gelernt haben und einsetzen). Dennoch setzen sie Nandi nicht als Verständigungs-
56 mittel ein, wenn sie untereinander sind. Auf mein Befragen gaben sie an, miteinander in unterschiedlichen Situationen entweder Englisch (selten, da die Kompetenz, die die einzelnen Kinder im Englischen haben, stark variiert, aber z.B. beim Fernsehen), Luyia oder Kiswahili zu gebrauchen. Dies entspricht in etwa drei Funktionsbereichen, die die KodeWahl in Kenia bestimmen: Familie (hier: Luyia), Nachbarschaft (hier: Kiswahili), Arbeits(bzw. Schul-)bereich (hier: Englisch). Die sprachliche und ethnische Vielfalt wird in der kenianischen Grundschulausbildung berücksichtigt: In den ersten drei Jahren der Schulbildung kann die Unterrichtssprache eine ethnische Sprache sein, oder in multi-ethnischen und multilingualen Gebieten (wie den catchment areas oder den Städten Nairobi, Kisumu, Nakuru, Eldoret und Mombasa) wird Kiswahili als Unterrichtssprache und Sprachfach eingesetzt. Erst ab der vierten Klasse (Form 4) wird Englisch als Pflichtsprache benutzt, Kiswahili als sprachliches Fach jedoch weiter unterrichtet.16 In einer multi-ethnischen und multilingualen Gesellschaft mit einem trilingualen Grundschulsystem ist die Spracherziehung auch eine Sozialisierung multilingualer Verhaltensmuster. Ein solches komplexes Verhaltensmuster ist das des Kodewechsels.
3.2.2. Habituelles Sprachkönnen in E(L2)-Kontexten: Sprachkontakte und Sprachwechsel 3.2.2.1. Kodewahl als soziosemantische Strategie: Codeswitching in ethnisch heterogenen stabilen E(L2)-Kontakten In einem Land mit vielfältigen, ethnisch eingebundenen Machtverhältnissen und einer auch nach 30 Jahren Unabhängigkeit noch nicht bewältigten Kolonialgeschichte, wird die Wahl der Sprache mit kulturellen und ethnischen Identifikationen und darin eingebundenen Funktionsbereichen von Kodes in Verbindung gebracht. Diese sind in einem ethnisch heterogenen Land wie Kenia verknüpft mit Macht- und Prestigestrukturen, die über die Wahl des Kommunikationskodes mitkodiert werden können: People tend to manipulate their language skills to their own advantage. Thus a man wishing to see a Government officer to renew a licence, for example, may state his request in Swahili to the girl typist as a suitable neutral language if he does not know her. To start out in English would be unfortunate if she did not know it, and on her goodwill depends his gaining access to authority reasonably quickly. She may reply in Swahili, if she knows it as well as he does, and wishes to be cooperative; or in English if she is busy and not anxious to be disturbed; or in the local language if she recognizes him and wishes to reduce the level of formality. If he, in turn, knows little English, he may be put off at her use of it and decide to come back later; or, if he knows it well, he may demonstrate his importance by insisting on an early interview and gain his objective at the loss of goodwill from the typist. The interview with the officer may well follow a similar pattern, being shaped by the total repertoire available to each on the one hand, and on the other by their respective positions in relation to the issue involved (Whiteley zitiert in Schmied 1991:180).
16
Dies klingt programmatisch einfach, s. aber Schmied 1991:Kp. 4 zu den Problemfeldern der Spracherziehung in Afrika und Kenia.
57 Die Kodewahl und mögliche Kodewechsel sind in einem stabilen Sprachkontaktnetzwerk wie dem von Kenia eingebunden in konventionelle, erwartbare Funktionsrahmen in einem trifokalen nationalen Kodesystem. So wird den beiden offiziellen Kodes eine bestimmte Funktion in den öffentlichen Diskursen (Englisch) oder als interethnisch neutrale lingua franca (Kiswahili) zugewiesen, während den Stammessprachen die Funktion der Setzung von ethnischer Identifikation obliegt. Die Wahl eines sprachlichen Kodes ist eingebettet in einen pragmatischen Kanon von Rechten-und-Pflichten (RO set): Different linguistic varieties in a community's repertoire are linked with particular types of relationships, because they are regularly used in conversations involving such types. Through this type of accumulation, a code comes to index a rights-and-obligations set (RO set). For example, in the Nairobi community, speaking English in a white-collar office setting implicates an RO set in which higher education and authority have special salience in the way a speaker conducts himself or herself toward the addressee and in how he or she expects to be treated in return.... Speaking one's ethnic language in the same interaction type indexes a different RO set, one in which the speaker's rights and obligations are based on ethnic solidarity, and perhaps specifically to the socio-culture values and accomplishments ofthat ethnic group (Myers-Scotton 1993:85f). Im multilingualen und multiethnischen Kenia sind Sprachwahl und Sprachwechsel in komplizierte Netzwerke eingebunden von ethnischen Identitäten und ethnischen Rivalitäten mit klaren Erwartungsrahmen für sprachliche Interaktionen in bestimmten Situationen. Kodewechsel erhalten eine direktive Funktion (s. Appel/Muysken 1987:119), wenn sie dazu dienen, die Aufmerksamkeit auf die erwartbaren Interaktionsrahmen zu lenken oder aber die darin kodierten sozialen Rollen innerhalb des komplizierten Netzwerkes der interaktiven Bedeutungen von Stammeskodes und Verkehrskodes im Gesamtnetzwerk der in Kenia akzeptierten Kodes zu verhandeln. Kodewechsel als Strategie der sozialen Bedeutungssetzung der Distanzierung wurde von Gumperz als metaphorisches Codeswitching bezeichnet und von Scotton als markiertes Codeswitching.17 Ich möchte markierten Kodewechsel an Beispieldialogen aufzeigen: Ein Passagier in einem Bus in Nairobi möchte bis zum Hauptpostamt fahren und zahlt für seine Fahrkarte. Der Busfahrer gibt ihm das Wechselgeld nicht gleich heraus, sondern bittet ihn zu warten. Beide beginnen ihren Dialog auf Kiswahili (mit dem englischen Lehnwort change in der ersten Kommunikationseinheit des Passagiers), dem unmarkierten Kode für eine interethnische Kommunikation in der Stadt, bevor sie weiter unten in den englischen Kode wechseln: Passagier: Nataka change yangu. 'Ich möchte mein Wechselgeld haben* Fahrer.-Change utapata, Bwana. 'Sie bekommen schon ihr Wechselgeld' Nach einer Pause geduldigen Wartens:
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Zuerst in Blom/Gumperz 1972. Gumperz' Ansätze werden in Myers-Scotton 1993:45ff. kritisiert. Ich sehe den Unterschied zwischen Gumperz und ihrem Ansatz darin, dass sie explizit unmarkiertes (situatives) und markiertes (metaphorisches) Codeswitching als zwei Pole auf einem Kontinuum sieht, während Gumperz situatives und metaphorisches Codeswitching als distinktive Phänomene ansieht. Eine kritische Analyse der sozialen Rollen ethnischer Sprachen und der lingue franche bezüglich der Sprachplanung in Kenia ist Myers-Scotton 1982.
58 Passagier:l'm nearing my destination Fahrer:Do you think I could run away with your change? (Myers-Scotton 1988:168).
Hier wird der Wechsel in den englischen Kode bewusst eingesetzt, um durch den Wechsel in die offizielle Amtssprache der Forderung nach dem Wechselgeld Autorität zu verleihen. Besonders deutlich wird die direktive Funktion der Rollenzuweisung über den Kodewechsel in dem folgenden Dialog: Schaffner (Kiswahili): Fugueni madirisha Open the windows' (Gut angezogener) Passagier: That is your job! (Myers-Scotton 1993:134).
Die Wahl eines Kodes und der Wechsel von einem zu einem anderen Kode kann auch eine direktive Strategie sein, um Kommunikationsausschluß zu bewirken. Ethnisch heterogene Gruppen können durch die Wahl eines ethnischen Kodes den Kommunikationsausschluß der Mitglieder anderer Ethnien verursachen. Bei einem Gespräch zweier Luo und einer Kikuyu beschwert sich die Kikuyu-Frau darüber, dass die beiden Luo den interethnischen Kommunikationskode Kiswahli nur wählen, wenn sie etwas von ihr wollen. Die interethnische Konfliktsituation wird in dem anschießenden Kommentar einer Luo-Frau deutlich, die in den markierten Kode Englisch wechselt: Kikuyu (Kiswahili): Nyinyi wajaluo -sijui nyinyj mko namna gani. Saa ingine mnazungumza vizuri kama mnataka msaidiwe. Na saa ingine mko isolated sana.'Ihr Luo - Ich weiß nicht, was mit Euch los ist. Manchmal unterhaltet Ihr Euch richtig, wenn Ihr etwas von einem wollt. Und manchmal grenzt Ihr Euch ab'. Zweite Luo (Kiswahili, Englisch): Lakini wewe, Jane - Sometimes I wonder, the way you envy us. It won't be a wonder if you end up in a Luo man's kitchen. 'Aber Du, Jane ...' (Myers-Scotton 1993:35f. [Übers. K-SJ).
Die Kodewechsel sind markiert, weil sie die Funktionsbereiche und Konfliktbereiche der ethnischen Kodes Kikuyu versus Luo ("y°u envy us") und des neutralen Kodes Kiswahili herausstellen. Indem sie den sie verbindenden ethnischen Kode Luo als exklusiven Kode benutzen und nicht den die Kikuyu-Frau einschliessenden Kode Kiswahili wählen, mißachten die Luo-Frauen den Kanon von Rechten-und-Pfiichten der situativen Kodewahl in multiethnischen Kommunikationstexten in Kenia.
3.2.2.2. Kodewechsel als referentielle Strategie: absorbierender und absorbierter Kode Mit der Wahl eines sprachlichen Kodes entscheidet sich der Sprachbenutzer generell für einen morphosyntaktischen Rahmen-Kode, in den er im Umfeld von Mehrsprachigkeit andere Kodes einbetten oder absorbieren kann.18 Der Rahmen-Kode stellt die Kontinuität 18
Myers-Scotton 1992, 1993, 1993a spricht von Matrix-Kode. Ich bezeichne den Matrix- Kode auch als morphosyntaktischen Rahmen-Kode oder (in Anlehnung an Kachru 1987) als absorbierenden Kode. Das entspricht dem in Kp. 2.1.2.2 eingeführten Konzept der Überführung von lexikalischen
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eines lexikogrammatischen Systems sicher, in das Konfigurationen aus einem anderen Kode eingefügt werden können. Der Rahmen-Kode stellt als Matrix-Kode die morphosyntaktische Oberflächenstruktur von absorbierendem und absorbiertem Kode sicher, indem er die Morphemfolge vorgibt und die syntaktisch relevanten Morpheme im Sinne einer grammatischen Kontinuität bereitstellt (s. Myers-Scotton 1993a). Das folgende Beispiel von Myers-Scotton illustriert dieses Prinzip. Der Rahmen-Kode ist Lwidakho (ein Luyia-Dialekt). Eingebettet werden englische (fettgedruckt) und kiswahilische (Kapitälchen) Kodeelemente: "Inzi nomoloma kiluhya19 khu-family yanje NA KISWAHILI KWA MAJIRANI. Nenyanga vana vanje vosi valome lome lumoloma hsa mama. Because it would be very bad for my mother to talk Luluhya na vana vijibi mu-kiswahili or any other language" 'Ich spreche Luyia mit meiner Familie und Kiswahili mit den Nachbarn. Alle meine Kinder sollen meine Muttersprache sprechen, denn es wäre sehr schlecht für meine Mutter, Luyia zu sprechen, und die Kinder antworten ihr auf Kiswahili oder irgendeiner anderen Sprache' (Myers-Scotton 1993:42 [dt. Übers. K-S]). Drei Konfigurationen von Kodewechsel treten auf: Konfigurationen, die aus Material des absorbierten Kodes und des Matrix-Kodes bestehen (khu-family), und Konfigurationen, die nur aus dem Matrix-Kode bzw. nur aus dem absorbierten Kode bestehen. In den MatrixKode absorbiert werden in der Regel freie Morpheme der offenen Klasse (contentmorphemes). Lexikalische Kodewechsel sind nicht klar abzugrenzen von Entlehnungen (s. Diskussion in Poplack 1980, Myers-Scotton 1993a). Myers-Scotton fand in ihrem Korpus (in fallender Frequenz) folgende Wortarten (ich gebe nur die Anzahl der Tokens an): Nomina 174, Finite Verben 91, Infinite Verben 37, Partizip Perfekt 15, Adjektive 38, Adverbien 11, Interjektionen 4, Konjunktionen 2 (Myers-Scotton 1993a:15; vgl. Daten in Poplack 1980:602, Bechert/Wildgen 1991:77). Dieser Typus von referentiell motiviertem (lexikalischen) Kodewechsel, der sich als Codemixing abbildet, wird von Myers-Scotton als unmarkiertes Codeswitching bezeichnet.20 Lexikalische Kodewechsel geschehen ad hoc aufgrund referentieller Problemlösungsprozesse in mehrsprachigen Kommunikationskontexten. Die eingewechselten Fremdwörter können als Entlehnungen lexikalisiert werden (vgl. Appel/Muysken 1987:118f., Leisi/Mair 1999':45).
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Konfigurationen und Nonce-Konfigurationen in linguistische Rahmen, die kognitiv wirksam werden können, unabhängig von Aspekten der Wohlgeformtheit. Es gibt zwei Schreibkonventionen: Luyia (die anglisierte Orthographie) und Luhya (kenianisierte Konvention). Ki- ist ein Nominalklassen-Präfix (des den agglutinierenden Sprachen zugerechneten Bantu) der Nominalklasse 'Art und Weise, Instrument' (deshalb nicht nur Luhya und Kiluhya, sondern auch Swahili und die bantuisierte Form Kiswahili). Folgende Voraussetzungen für unmarkiertes Codeswitching müssen gegeben sein: "(1) Ethnicgroup languages are maintained and/or indigenous lingua francas (such as Kiswahili in Kenya) have currency. (2) At the same time, a former colonial language has been institutionalized as the unmarked medium of status-raising activities such as higher education, inter-ethnic communication between the highly educated, and business and governmental interactions, especially with foreign nations" (Myers-Scotton 1993: 120). Appel/Muyskens diskutieren dieses Phänomen unter codemixing (Appel/Muysken 1987:118) und Poplack als intrasententional Codeswitching (Poplack 1980:599).
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Folgendes Szenarium ist ein Beispiel für unmarkiertes Codemixing: Drei junge Männer, ein Luo, ein Kalenjin und ein Kamba, treffen sich vor einem Häuserblock in Nairobi und unterhalten sich. Der normale Matrix-Kode für die interethnische Kommunikation in diesem Falle ist das Kiswahili. Situativ werden englische Kodeelemente (fett) eingebettet. Luo: Mbona hawa workers wa East African Power and Lightning wakaenda strike, hata wengine nasikia washawekwa cell. 'Aber wieso um Himmels willen haben die ostafrikanischen Elektrizitätsarbeiter gestreikt, ich habe sogar gehört, dass einige schon ins Gefängnis gesteckt worden sind' [cell = jail] Kalenjin: Ujue watu wengine ni funny sana. Wa-na-claim ati mishahara yao iko low sana, Tena wanasema eti hawapewi housing allowance. 'Weißt Du, manche Leute sind halt merkwürdig. Sie behaupten, ihre Gehälter sind zu gering. Sie sagen auch, dass sie kein Wohngeld bekommen' Kamba: Mimi huwa nawafikiria lakini wao huwa na reasonable salary. 'Was mich betrifft, ich habe gedacht, dass sie aber ein vernünftiges Gehalt bekommen' Kalenjin: Hujajua watu wengi on this world hawawezi kutoesheka. Anasema anataka hiki akipewa a-na-demand kingine. 'Weisst Du denn noch nicht, dass einige Leute auf der Welt nie zufrieden sind. Er sagt, er will das und wenn er es bekommt, will er eine andere Sache' (Myers-Scotton 1993:118f. [Übers. K-S]).
In den Matrix-Kode Kiswahili werden englische Kode-Einheiten absorbiert. Bestimmte Konzepte, die mit der westlichen Kultur verbunden sind, werden über englische lexikalische Einheiten transportiert: housing allowance, salary. Diese lexikalischen Elemente des absorbierten Kodes Englisch gehören zum bilingualen Kenntnissystem der sie benutzenden jungen Männer. Bei eingewechselten Kodeelementen des Englischen gilt die Erwartbarkeit (und damit Häufigkeit des Vorkommens in einem Korpus) als Kriterium der Klassifikation als Entlehnung oder lexikalischer Kodewechsel (s. z.B. Myers-Scotton, die Elemente in ihrem Korpus, die mehr als dreimal belegt sind, als Entlehnung klassifiziert, 1993a:16). Erwartbare Kodewechsel in einer stabilen Sprachkontaktsituation können als lexikalischer Lehneinfluss des absorbierten Kodes beobachtet und sprachgeschichtlich dokumentiert werden. In der Sprachkontaktsituation des Englischen und der afrikanischen Sprachen werden englische Lexeme insbesondere als Kulturwörter absorbiert (s. Bechert/Wildgen 1991:76).
3.2.2.3. Kodewechsel als expressive Strategie: Codemixing als Amalgamierung von Kodes Während markierte Kodewechsel eine interaktive Diskursstrategie abbilden können, bilden situative lexikalische Kodewechsel und Codemixing einen expressiven Kommunikationsstil ab (vgl. Poplack 1980:614). Eine Varietät, die auf Kodemischprozessen basiert, ist das in kenianischen interethnischen Ballungsräumen sich etablierende Sheng (als Melange aus
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Swahili und English). Sheng ist eine semi-autonome Varietät, basierend auf Kiswahili als Matrix-Kode, sowie Englisch und ethnischen regionalen Verkehrssprachen (wie Luo und Kikuyu), anderen europäischen Kolonialsprachen in Afrika und dem Arabischen als möglichen absorbierten Kodes. Das in multiethnischen Arbeitergegenden von Nairobi entstandene Sheng verbreitet sich als Kommunikationsstil der Amalgamierung von Kodes über das ganze Land.21 Diese expressive Diskursstrategie könnte sich von einer Kommunikationsstrategie einzelner Situationsgruppen zu einem produktiven Kommunikationsstil von ethnisch heterogenen Gruppen und zu einer kenianisierten Varietät des ostafrikanischen Kommunikationskodes Kiswahili entwickeln. Kodemischprozesse zwischen Matrix-Kode und absorbierten Kodes bilden eine nichtlineare (paradigmatische) Kommunikationsstrategie ab. Die Frage, die Linguisten am meisten interessiert hat, ist, ob Codemixing gegen bestimmte Kookkurrenzrestriktionen des morphosyntaktischen Rahmenkodes verstößt. Appel/Muysken unterscheiden drei Phasen in der systemlinguistischen Erforschung des Codeswitching: (1) die Suche nach grammatischen Beschränkungen für einzelne Konstruktionen, (2) die Suche nach universellen Beschränkungen und (3) die Suche nach bezüglich einer linearen Neutralität relativierten Beschränkungen (Appel/Muysken 1987:117ff.).22 Eine deutsche kritische Bestandsaufnahme der Sprachkontaktlinguistik summiert, dass einfache und generell gültige Regeln bisher nicht gefunden wurden und wohl nicht gefunden werden können (Bechert/Wildgen 1991:59). Anhand ihres ostafrikanischen Korpus zu Kodemischprozessen arbeitet MyersScotton zwei grundlegende Prinzipien für Prozesse der Absorbierung lexikalischen Materials in einen Rahmenkode heraus: (
Das Morphem-Folge-Prinzip: Die Morphemfolge wird durch den Matrix-Kode bestimmt.
(2) Das System-Morphem-Prinzip: Aktive Systeme-Morpheme (quantifizierende Morpheme in Satzkonfigurationen, die in einer externen Beziehung zum Kopf des Morphems stehen) können in komplexen Konfigurationen nur vom Matrix-Kode gestellt werden (nach Myers-Scotton 1993a, vgl. Kurzübersicht in Myers-Scotton 1992:21-28).
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Jerry Agalo von der Moi-Universität (Eldoret) [persönliche Kommunikation]. Myers-Scotton 1993:39 sieht Sheng als auf bestimmte Viertel Nairobis eingegrenzten Jugend-Slang an. Vgl. auch Blommaert 1992, die eine Varietät des Codemixing in Tansania vorstellt und Swigart 1992, der eine urbane Mischsprache im Senegal, "Urban Wolof', vorstellt. Wichtig für meine Argumentation ist, dass die Mischsprache von den angeführten Autoren als eine eigenständige Varietät beschrieben wird - nicht thematisieren werde ich mögliche Herausforderungen an Modellierungen des Sprachkontaktes und Prozesse der Sprachmischung im Kontext von Pidginisierungsprozessen, die die Sprachkontaktsituationen in West-Afrika (wo Englisch als lingua franca fungiert) prägen, s. Thomason/Kaufman 1988. Es gab immer wieder Bemühungen, eine Grammatik des Codeswitching zu erstellen, s. Sankoff, D., Poplack, S. (1981): A formal grammar for code-switching. Papers in Linguistics 14, 3-46. Insbesondere die Frage nach der Äquivalenz-, der freien Morphem- und der Bindungsrestriktion wurde mehrfach empirisch untersucht mit unterschiedlichen Ergebnissen. S. Dikussion in Poplack 1980, 1988, Gumperz 1982:72, Myers-Scotton 1988, Clyne 1992:405ff., Myers-Scotton 1993a:19ff, Romaine 19952:Kp.4. Myers-Scotton 1993a basiert auf einem großen ostafrikanischen Datenkorpus und fokussiert auf syntaktischen Koordinationsprinzipien zwischen Matrix und eingebetteten Kodes.
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Illustrieren möchte ich diese Prinzipien am folgenden Beispiel: Swahili: "...wewe ulikawa umejikunja kwa corner ummiime tu" „Du hast Dich in eine Ecke verkrochen und sie die ganze Zeit verfolgt" (Grammatisch markierte Konversion im Matrix-Kode: N time > V timing) (Myers-Scotton 1992:23f.) Matrix-Kode = Swahili, absorbierte sprachliche Konfiguration corner und time = Englisch (1) Die Morphemfolge wird durch den Matrix-Kode bestimmt. Im Beispiel u-na-m-time (youPROG.progressivi. forni-her-time) ist die Morphemfolge des Swahili eingehalten. Innovation: Konversion und Bedeutungsänderung des absorbierten Elementes time ("timing her"). (2) Im Beispiel u-na-m-time sind alle Flexionssuffixe aus dem System des Swahili
In amalgamierten Kommunikationskodes werden die lexikalischen Elemente des absorbierten Kodes in den Rahmenkode morphosyntaktisch integriert. Wenn diese Integration auch ad hoc-erfolgende Absorbierungen betrifft, kennzeichnet der Kommunikationsstil des Codemixing das habituelle Sprachkönnen der Sprachbenutzer und belegt anschaulich, dass das grammatische und das lexikalische System von Sprachbenutzern parallel organisiert sein muss. Ob semi-autonome Mischvarietäten wie Sheng eine diastratische Varietät der Jugend bleiben (wie Myers-Scotton 1988:158f. und 1993:39 meint) oder sich als kenianisierte Varietät des Standard-Kiswahili in Ostafrika etablieren werden, bleibt abzuwarten. Wenn sich in Kenia ein nationalisiertes Kiswahili als intranationaler Kommunikationskode herausbildet, könnte sich der Status des Englischen in Kenia von einer intranationalen zu einer internationalen Sprache verschieben (vgl. Schmied 1991:39). Meine These ist, dass sich in diesen Mischvarietäten, bei denen die in den Matrix-Kode absorbierten lexikalischen Elemente des Englischen oft mit neuen Bedeutungen gebraucht werden (Myers-Scotton 1988:159), der Übergang von lexikalischem Kodewechsel als einer primär referentiellen Strategie zu einer konzeptuellen Strategie abbildet: Kodemischprozesse als konzeptuell-unterstützte Strategie der kreativen Bedeutungskonstituierung sind zunächst einmal Ausdruck des situativ-modifizierenden Sprachkönnens einer neuen Generation von Sprachbenutzern (von denen viele keine ethnische Sprache, sondern das Kiswahili als erste Sprache gelernt haben) in neuen Kontexten (den multi-ethnischen und multilingualen Städten Kenias), die auf der Suche nach einer inter-ethnischen (kulturellen) Identität sind. Die Herausbildung eines Kommunikationssystems, das auf Kodemischprozessen beruht, bildet den Übergang von Kodewechsel und Kodemischprozessen als situativmodifizierendem Sprachkönnen zu Codemixing als habituellem Sprachkönnen ab. Im vorangegangenen habe ich gezeigt, dass in stabilen multilingualen Sprachkontaktsituationen im Umfeld des Englischen als einer E(L2) der Wechsel zwischen Kodes ein Bestandteil der kommunikativen Kompetenz in ethnisch heterogenen und miltilingualen Situationsgruppen ist. Eingebettet ist die Kode-Wahl und der Kode-Wechsel in Kenia in ein Umfeld von Kodefunktionen für zwei lingue franche und dominierende vs. regional begrenzte ethnische Sprachen. Solange die Kodefunktionen im Sinne eines konventionellen Netzwerkes von soziosemantischen Rechten-und-Pflichten eingehalten werden, kann Kode-Wechsel als unmarkierte Sprechtätigkeit beliebig erfolgen. Wenn die impliziten Rechte-
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und-Pflichten von Kodes in einer multilingualen Gemeinschaft durchbrochen werden oder über die Kode-Wahl und den Kodewechsel neu verhandelt werden sollen, ist ein markierter Kodewechsel erfolgt. Ein zweiter Typus ist der lexikalische Kodewechsel, der sich auf referentielle und konzeptuelle Problemlösungsprozesse der Sprachbenutzer erstreckt. Dieser Typus wird meist als Codemixing bezeichnet und betrifft Prozesse der Absorbierung von lexikalischen Elementen in einen Matrix-Kode. Wie wir am Beispiel Kenia gesehen haben, entsteht eine urbane Varietät des gesprochenen Kiswahili, die auf soziosemantisch unmarkierten, aber konzeptuell markierten Sprachmischprozessen basiert. Kommunikationskodes als Amalgamierungen von absorbierendem und absorbierten Kode wären dann nicht, wie in der Literatur unterstellt, eine ephemere diastratische Varietät. Vielmehr bilden sich im gemischten Kommunikationskode Prozesse der urbanen multi-ethnischen Divergenz zu einer konzeptuellen urbanen Konvergenz ab. Sheng als amalgamierter sprachlicher Kommunikationskode wird derzeit (eingeschränkt durch sprachpolitische und spracherzieherische Planziele) vorsichtig beobachtet und offiziell interpretiert als ein vorübergehendes Phänomen des Sprachkontaktes und der Sprachmischung. Sheng könnte aber das kenianische Phänomen einer Variabilität des Sprachgebrauchs sein, der weltweit in urbanen Kontexten von stabilen Sprachkontaktsituationen als Strategie der kulturellen Identitätssuche entsteht. Wenn das so sein sollte und Englisch weltweit als lexikalisch einzubettender Kode fungiert, um eine konzeptuelle Bedeutungskonstituierung auszulösen, dann müssten die Sprachmischprozesse in den Großstädten in E(L2)-Kontexten und E(IE)-Kontexten nur graduell, aber nicht qualitativ verschieden sein. Ich werde diese These an zwei Fallstudien zum E(IE) überprüfen.
3.2.3. Codemixing als situativ-modifizierendes Sprachkönnen: stabile E(IE)-Kontexte 3.2.3. l. Sprachkontakt und Sprachmischung bei kultureller Konvergenz: Englisch in Deutschland Ich möchte meine Hypothese, dass Sprachmischprozesse generell Manifestationen urbanen lexikalischen Sprachkönnens in stabilen multilingualen oder bilingualen Sprachkontaktsituationen sind und nicht eingegrenzt auf die New Englishes der postkolonialen E(L2)Kontaktsituationen untersucht werden sollten (vgl. Kamwangamalu 1992, Bhatia 1992), über zwei Fallstudien im Umfeld des Englischen als E(IE) überprüfen. Hierfür nehme ich zum einen den Sprachkontakt des Englischen zu einer L l, die typologisch dem Englischen und soziokulturell der englischen Sprachkultur nahe steht, zum anderen aber den Kontakt zwischen Englisch und einer Ll, die dem Englischen typologisch und (diachron gesehen) sprachkulturell nicht nahe steht. Beide Fallstudien werde ich analysieren hinsichtlich des zu beobachtenden lexikalischen Sprachkönnens, das sich auf den stabilen Sprachkontakt zurückführen lässt. Wenn Englisch als Fremdsprache gelernt wird, die den Status einer internationalen Verkehrssprache hat, kann es als dominierende Kultursprache bei einem graduellen Bilinguali-
64 simus der Sprachbenutzer Funktionen einer instrumenteilen oder integrierenden L2 übernehmen:23 In the literature, two types of motivations have been suggested for second language acquisition: integrative and instrumental. The distinction is essentially based on what function the L2 learner envisions for the acquired language. If the learner's motivation is integrative, then the desire is "to identify with the members of the other linguistic cultural group and be willing to take on very subtle aspects of their language or even their style of speech" (Prator). On the other hand, the instrumental approach has been defined as basically "utilitarian"; a language is acquired as a linguistic tool, not as an instrument for cultural integration. Terms such as library language, auxiliary language, link language, or language for special purposes ... are essentially utilitarian concepts (Kachru 1983:38). Bei Sprachbenutzern des Englischen, die dieses als hauptsächliche Fremdsprache mit dem Ziel einer Erziehung in der kulturell dominierenden Sprache lernen, wird das Englische als integrativer kultureller Kode außerschulisch durch unbewusstes Lernen außerhalb der Klassenzimmer und Hörsäle verstärkt. Englisch als der soziokulturell mit Prestige versehene Kode verdrängte gegen Ende des letzten Jahrhunderts das Französische als die europäische Verkehrssprache der Bildung und Kultur. Fontäne stellt 1898 in einem Roman diesen Übergang (als Generationsphänomen) heraus: Dubslav von Stechlin (Vater): Sagt man noch Dejeuner a la fourchettel Woldemar (der Sohn): Kaum, Papa, wie Du weißt, es ist jetzt alles englisch. Vater: Natürlich, die Franzosen sind abgesetzt, lind ist auch recht gut so, wiewohl unsre Vettern drüben erst recht nichts taugen. Selbst ist der Mann. (Fontäne, T. (1898, 1975): Der Stechlin. Frankfurt:Insel, S. 76). Ein Jahr später stellt Hermann Dunger in einem Vortrag den Einfluss des Englischen auf das Deutsche als Modeerscheinung dar: In allen ... Beziehungen sind die Engländer die bewunderten Vorbilder unsrer vornehmen Welt, Englisch ist jetzt fein, Englisch ist Trumpf! ... Wie der Deutsche früher Affe des Franzosen war, so äfft er jetzt den Engländer nach (Dunger 1899:242).
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S. dazu Grosjean 1982:34f., der das Konzept des "educational bilingualism" darstellt. Viele Europäer wären demnach graduell bilingual in ihrer Muttersprache und der dominanten Kultursprache Englisch. Ich bezeichne dies als graduell, da Bilingualismus oft mit dem generellen Gebrauch von zwei Sprachen gleichgesetzt wird. Dies grenzt ihn ab vom sozial konventionalisierten, funktional eingeschränkten Bilingualismus, der Diglossie, wo zwei Sprachen in einem bestimmten geographischen Raum [nach Ferguson] als markierte dialektale Varietäten und [nach Fishman] generell als funktional ausdifferenzierte Varietäten einer Sprache benutzt werden. Fishman grenzt das Phänomen der Diglossie als ein soziolinguistisches Phänomen ein, während Bilingualismus ein psycholinguistisches Phänomen sei (Ferguson 1959, Fishman 1980:40, s.a. Baker 1993:36f). Grosjean betont, dass es keine allgemein gültige Definition von Bilingualismus gibt (S. 2, vgl. auch Hoffmann 1991). S. auch Baker 1993:4, der insbesondere pauschale Definitionen wie Bloomfield's "native-like control of two languages" als vage und mehrdeutig kritisiert. Baker unterscheidet zwischen bilingualer Sprachfähigkeit und bilingualem Sprachgebrauch als individuelles Phänomen und Bilingualismus als gesellschaftlicher Konvention.
65 In den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts kam noch der sogenannte Amerikafimmel hinzu, der Bemühungen, das Deutsche zu entwelschen, endgültig zunichte machte.24 Heute kann die direkte und indirekte Übernahme englischen Sprachguts in das Deutsche nicht mehr übersehen werden. Dass lexikalisches Codemixing, institutionalisiert als Entlehnungen, das lexikalische Kenntnissystem des Deutschen und des Englischen maßgeblich beeinflusst hat, belegen lexikographische Werke, die den Kontakt der beiden Kodes auf der Ebene des Lexikons dokumentieren (Brodersen/Busse 1994, Pfeffer/Cannon 1994, Stanforth 1996). Englisch ist die wichtigste Fremdsprache in Deutschland, die bis zu neun Jahre während der schulischen Ausbildung unterrichtet wird, so dass die jüngeren deutschen Generationen Ansätze einer bilingualen Kompetenz zeigen und sich Sprachkontaktinterferenzen zwischen dem Deutschen und Englischen (vor allem auf der Ebene des Lexikons) einstellen. Der Einfluss des Englischen auf das Deutsche wird verstärkt durch die Angleichung der beiden Kulturen unter dem Einfluss der gemeinsamen populären Unterhaltungskultur und der elektronischen Informationskultur. Hier überschneidet sich die Achse der Variabilität der Sprachbenutzer, die Englisch als E(IE) sprechen mit der Achse der Variabilität des Sprachgebrauchs. Englisch ist die wichtigste Fremdsprache, deren Kenntnis eine Teilnahme an den internationalen Informations-und Unterhaltungskulturen ermöglicht. Dadurch, dass viele Genres der populären Kultur über den englischen Kode transportiert werden, wird die Fremdsprache nicht nur in der Schule institutionell (d.h. bewusst) vermittelt, sondern auch (unbewusst) gelernt durch Prozesse des "learning by doing". Englisch ist der instrumentale Kode, über den Konzepte der Informationskultur und der Unterhaltungskutur vermittelt werden, die nicht in den L l-Kode übersetzt werden, sondern als englische Fremdwörter in den L l-Kode absorbiert werden. Zwei Textbeispiele sollen Codemixing zwischen Englisch und Deutsch in den Printmedien zeigen: (1) Die beiden wichtigsten Werkzeuge, um einen knotenfreien Klangteppich zu knüpfen heißen: Elektronische Datenverarbeitung und Musikforschung. Wenn die Branche von Computer spricht, meint sie eigentlich Software. Allein 70 deutsche Radiosender ... lassen sich vom sogenannten Program Selector dabei helfen, Playlists zusammenzustellen.25 (2) Vor den vor allem bei Jugendlichen beliebten Energy-Drinks hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gewarnt. Die alkoholfreien Powerbrausen erhielten einen abenteuerlichen Mix an Zusatzstoffen und seien im Vergleich zu herkömmlichen Limonaden viel zu teuer (Kieler Nachrichten, 17.1.1996). In (1) schließen die englischen Wörter als absorbierte Kulturwörter im Deutschen vorhandene lexikalische Lücken. Die in den Matrix-Kode eingewechselten lexikalischen Einheiten füngieren zunächst als denotatives Worten in einem Fach-Register: Playlists und Program Selector sind Fachtermini in der Musikbranche. Die Kodewechsel fungieren so als instru-
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S. Überblick in Viereck 1986. A. Boecker: Der knotenlose Klangteppich. DIE ZEIT, 31.12.93, S. 10.
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mentale Markierungen, die Insider von Outsidern abgrenzen können.26 Über die absorbierten englischen Kodeelemente wird ein "to be with it", eine Identität mit einem bestimmten Jargon, mitkodiert. Bei diesen lexikalischen Kodewechseln wird das Codemixing als interaktive Diskursstrategie der Ausdifferenzierung von Bedeutungen von Kodes eingesetzt (die die Kode-Wahl im konventionell multilingualen Kenia entscheidend prägt, s. Kapitel 3.2.2.1.). In (2) hingegen wird über Entlehnung und Ad hoc-Kodewechsel ein semantisches Feld aufgebaut (energy drink Powerbrause herkömmliche Limonade), das die denotative Kategorie des energy drinks konzeptuell verändert. Die intralexikalische Kodemischung Powerbrause verschränkt referentielle lexikalische Kategorien des Matrix-Kodes (Brause) und des absorbierten Kodes (power) in eine über das im Text aufgebaute semantische Feld eines neuen Getränketyps zu verstehende situative Wortbildung. Häufige Kodewechsel zwischen Deutsch und Englisch signalisieren, dass referentielles Codemixing nicht mehr nur zum situativ-modifizierenden, sondern zum habituellen Sprachkönnen der jüngeren deutschen Generationen gehört. Dies wird dadurch unterstrichen, dass Codemixing-Phänomene sowohl im mündlichen als auch schriftlichen Sprachgebrauch und in unterschiedlichen morphosyntaktischen Konfigurationen auftreten: Das is' echt too much, eh, motz mich nich" so an, ich check das heut' nicht mehr (Koll-Stobbe 1994a:206) (lexikalischer Kodewechsel: ich check das heut' nicht mehr / intraphrasealer Kodewechsel: das is' echt zu viel -> das is' echt too much)
Weitere Beispiele von Codemixing als Verschränkung der beiden Kodes Englisch-Deutsch in einer im Matrix-Kode innovativen komplexen (hybriden) lexikalischen Konfiguration, die Codemixing als gewohnheitsmäßiges Sprachkönnen in der Kontaktsituation des Deutschen mit dem Englischen in der internationalen Unterhaltungs- und Konsumkultur unterstreichen sollen, sind: (1) Die Pay-TV-Firma, in der an maßgeblicher Stelle ... (2) ... zur neuen Wintersaison für den bindungswilligen Single sogenannte Flirtbuttons entwickelt (DIE ZEIT, 13.1.95, S. 62)
Bei der Konfiguration Pay-TV-Firma wird englisches (Pay-TV) und deutsches lexikalisches Material (Firma) miteinander kombiniert, während in Flirtbuttons englisches Material im E(IE)-Kontext neu konfiguriert wird. Flirtbutton ist eine deutsche „englische Wortbildung" von zwei entlehnten Kulturwörtern (flirt und button), die von einem Englisch als E(IE) sprechenden Deutschen (für eine Zeitschriftenglosse) neu kombiniert wurden.
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Hier wäre das im kognitiven Sinne fachsprachlich motivierte Codemixing als metaphorisches Codeswitching zu sehen. S. zu den Bewertungen einer Kode-Wahl in sozialen Gruppen bei Mehrsprachigkeit Wardhaugh 1986:113.
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Englisches Material kann auch intralexikalisch eingespeist werden, um eine konnotative Bedeutungsexpansion auszulösen. Pigderln ist eine Verschränkung eines englischen Nomens und flektierten Suffixes einer regionalen Varietät des Deutschen:27 Fünfmarkstücke in die Pigderln und Prominente raten mit Augenbinden (B. Müllender: DIE ZEIT [Magazin] 13.1.95, S.12) In all diesen Fällen des Kode-Kontaktes fungiert der deutsche Kode als morphosyntaktischer Matrix-Kode, der englisches lexikalisches Material situativ absorbiert, um einen konzeptuellen Rahmenwechsel auszulösen im Sinne eines Öffnens von einem konzeptuellen Fenster. Diese für spezifische Effekte des lexikalischen Sprachgebrauchs beobachtbare situative Variabilität kennzeichnet das Sprachkönnen von Sprachbenutzern, denen mehrere Kodes als lexikogrammatisches Potential zur Verfügung stehen. Die graduell bilinguale Kompetenz der Deutschen bezüglich des Englischen zeigt sich nicht nur an autochthonen Neukonfigurationen englischen lexikalischen Materials und hybriden Konfigurationen wie Powerbrause und Pigderln, sondern auch darin, dass markierter Kodewechsel als Möglichkeit des konzeptuellen Auftnerksamkeitswechsels eingesetzt wird.28 Dies möchte ich mit einem Witz aus der Kategorie der „Blondinen-Witze" zeigen: Frage: „Wer geht mit nassen Haaren im Bad auf und ab?" Antwort: „Ne Blondine, die Wash & Go benutzt." Hier wird eine Differenzierung zwischen isolierbaren literalen Bedeutungen von Lexemen und ihren idiomatischen Neukonfigurationen (hier im zusätzlichen Rahmen einer Produktkategorisierung) als normal auch für den fremdsprachlichen Kode angesehen, während die mangelnde Fähigkeit, zwischen wörtlichen und übertragenen Bedeutungen zu differenzieren, als dumm (Synonym zu blond) markiert wird. Die Pointe basiert auf der Unterscheidung zwischen einer direktiven Funktion der wörtlichen Bedeutung und der referentiellen Funktion einer idiomatisierten Bedeutung. Codemixing wird in diesem Kontext als (soziosemantisch) markierter Kommunikationsstil eingesetzt. Das Kode-Repertoire von urbanen Deutschen besteht zum einen aus lokalen Kodes (regionalen lexikalischen Varianten oder dialektalen Varietäten), aus dem offiziellen nationalen Kode (Hochdeutsch) und dem internationalen Kode (Englisch) sowie je nach dem sozialen und interaktiven Netzwerk, in dem sich der Sprachbenutzer bewegt, bis zu einem gewis-
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In der Konfiguration Pigderln wurde das Bayerische Diminutiv-Suffix als Markierung behalten, das Nomen aber durch das englische Nomen substituiert (Sprachspiel, das darauf zielt, eine in den siebziger Jahren beliebte Ratesendung im Fernsehen mit Robert Lembke und seinen „Schweinderln" als Schema zu aktivieren). Andere Beispiele sind die Adjektive hittig, freakig, funnig, die ich bei Kieler Studenten gehört habe, s. Koll-Stobbe 1994a. Zum Aufmerksamkeitswechsel als kontrolliertes Prozessieren von Information s. Anderson 1988:53f., Baddeley 1997:Kp.6. Vergleichbar ist Aufmerksamkeitswechsel als kognitives Verhalten mit dem soziolinguistischen Konzept des Footing. Footing wurde von Goffman 1981:124ff. geprägt: "A change in our footing is another way of talking about a change in our frame for events."
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sen Grade der Kompetenz aus urban verbreiteten Minoritäten-Kodes. An einem Beispiel von Kodewechsel zwischen Deutsch und Türkisch soll die Fähigkeit, Material aus an der Sprachkontaktkultur beteiligten Kommunikationskodes zu absorbieren, gezeigt werden: Picknick in einem Kreuzberger Park. Bettina kommt sehr spät mit einem riesigen Korb voller Äpfel. Auf die Frage, warum sie so viel von dem Obst mitgebracht hat, ruft sie nur: „1)9 kilo bes" Das Beispiel veranschaulicht die spezifische Kontaktsituation zwischen einem Minoritätenkode (dem Türkischen) und der L l (Deutsch) in bestimmten Regionen von Großstädten (wie dem Stadtteil Kreuzberg in Berlin). In der kulturellen Kontaktsituation zwischen Türken und Deutschen werden z.B. die türkischen Märkte von vielen Deutschen zum Einkaufen besucht. Dabei spielt der Handel und das Feilschen um den Preis eine Rolle, sowie die günstigere Position für ein Feilschen bei der Abnahme großer Mengen der Ware. Die türkische Mengen- und Preisangabe „Üc kilo bes" wurde hier von Bettina als figurativer Kodewechsel eingesetzt in der Bedeutung „ich musste so viel nehmen, weil es billig war". Kodewechsel wird hier als episodische Kommunikationsstrategie eingesetzt, die ein bestimmtes kognitives Schema als Hintergrundwissen aktiviert. Im nächsten Beispiel von lexikalischem Kodewechsel von Plattdeutsch in den MatrixKode ist es umgekehrt: I want to see whether I can get something to freten here29 Durch das Einwechseln einer plattdeutschen Kodeeinheit to freten, die im grammatischen Rahmen des absorbierenden Kodes Englisch eingesetzt wird, signalisiert der Sprachbenutzer, dass er zwar den internationalen Kode beherrscht, modifiziert diesen aber situativ durch einen lexikalischen Kodewechsel mit einer regionalen Substitution für das erwartbare englische Lexem to eat. Der kognitive Rahmen, den dieser markierte Kodewechsel evoziert, kann zum einen auf den Sprachbenutzer als sekundäre Bedeutung zurückfallen oder auf den physikalischen Kontext, in dem dieser situative Kodewechsel als Perspektivenwechsel geäußert wurde.30
3.2.3.2. Absorbierender vs. absorbierter Kode bei kultureller Divergenz: Englisch in Japan Das dritte Fallbeispiel ist die Kontaktsituation zwischen Englisch und Japanisch. Englisch ist die wichtigste Fremdsprache in Japan. Die beiden Sprachen, die nicht verwandt sind, unterscheiden sich beträchtlich im grammatischen System und dem Schriftsystem. Das 29
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Gehört vor dem Kalten Büffet bei der Jugendmeisterehrung der Sportjugend Schleswig-Holstein aus dem Mund eines hohen Sportfunktionärs, November 1994. Zwei Dissertationen systematisieren Kodewechsel zwischen Dialekten und Hochsprache in Holland, s. Giesbers 1982, Hoppenbrouwers 1989. Die sekundäre Bedeutung des Kodewechsels kann zum einen die Perspektive auf den Kontext des Essens (das Kalte Büffet) richten, auf den Kontext der an diesem Büffet Beteiligten (auf den kognitiven Rahmen von Verhaltensmustern am Kalten Büffet) oder aber auf den Sprachbenutzer selber.
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Japanische gehört zu den flektierenden und agglutinierenden Sprachen. Die Sprache ist durch ein relativ einfaches Lautsystem und einfache Silbenstrukturen, aber komplexe morphophonemische Alternationen gekennzeichnet. Von indoeuropäischen Sprachen unterscheidet sich das Japanische auch durch ein komplexes pragmatisches System, das in der Verbflexion grammatisch verankert ist (Miller 1967:308ff). Kontaktphänomene des Japanischen mit europäischen Sprachen sind seit dem 16. Jahrhundert belegt.31 Aber erst seit einigen Jahrzehnten gibt es eine ständig zunehmende Anzahl von gewöhnlich als Lehnwörter beschriebenen englischen lexikalischen Einheiten im Japanischen: It is in connection with English, and particularly since the end of World War II, that the principle of "total availability" has been exercised to its ultimate. Today virtually every English word in the book is fair game in writing or in public speaking, sometimes with a word of explanation in Japanese thrown in, sometimes without it. Of all the forms thus becoming grist for the "principle" mill, a surprisingly large number survive to be used again. Accurate statistics on loans from English are lacking, partly because of the spiraling proportions of the materials to be sifted and items to be counted, partly because of the difficulty in distinguishing between genuine loanwords which have actually won a place in the language and transient "nonce words" that do little more than confuse the reader or listener" (Miller 1967:249).32 In den japanischen Kode absorbierte Einheiten des englischen Kodes werden phonologisch und morphologisch den Silbenstrukturen des Japanischen angepaßt. Einige Beispiele: beisu-booru < baseball, teribi< television, depaato < department store, bjuuchi saron < beauty salon, pooku choppu < pork chop, sooseiji < sausages (aus Stanlaw 1983) ootobal < motorcycle, burando < brand (aus Ono 1992) aisu kurimu < ice cream, miruku < milk, on za rokku < on the rocks (aus Kay 1989) Englische Ausdrücke füllen lexikalische Lücken des in Richtung auf die westliche Kultur geöffneten japanischen soziokulturellen Systems. Die Sprachkontaktsituation spiegelt wiederum eine Kulturkontaktsituation wider: Das Japanische absorbiert Elemente des Englischen, die semantische und lexikalische Platzhalter für Konzepte repräsentieren, die in die
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Die europäische Welt erfuhr Anfang des 14. Jahrhunderts durch Marco Polo von der Existenz der Japanischen Inseln, die dieser im Gefängnis von Genua als Zipangu beschrieb. 1542 landete der erste Portugiese in Japan. Portugiesen, Spanier und Holländer trieben bis zum 17. Jahrhundert Handel mit Japan bzw. versuchten, dies zu missionieren. Im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts wurden alle Ausländer (bis auf wenige Ausnahmen) des Landes verwiesen, und Japan schottete sich bis ins 19. Jahrhundert von der Außenwelt ab. 1868 begann mit der Meiji-Restauration die Öffnung Japans, s. Miller 1967:Kp.l. Bhatia 1992:201 stellt das Japanische als ein Sprachsystem vor, das sich gegenüber Einflüssen fremder Sprachen abgesehen von den Nachbarsprachen verschließt. S. dagegen Miller 1967:238, der Japanisch und Englisch diachron bezüglich ihrer Aufnahmekapazität von Lehnwörtern vergleicht.
70 japanische Kultur absorbiert werden sollen. Die absorbierten Elemente des Englischen werden dabei phonologischen Modifikationen durch den absorbierenden Kode unterworfen: Die als E(IE)-Einheiten im japanischen Kode entstandenen Sooseiji, Teribi und Depaaio sind aufgrund der morphonologischen Eingriffe nicht mehr ohne weiteres als die E(L1)Kode-Einheiten sausages, television und department-store zu rekonstruieren. Einfacher ist es, Lehnwörter im Schriftsystem zu erkennen. Das Japanische hat ein Mischschriftsystem entwickelt: Zum einen ein ideographisches System (Kanji) und zum anderen zwei Silbensysteme, das Hiragana und das Katakana. Darüber hinaus lernen die Japaner auch noch das lateinische Alphabet (Romaji genannt). Das Wortschriftsystem, das aus dem Chinesischen übernommene Kanji, zeichnet sich durch ein komplexes Zusammenspiel von Bedeutungszeichen und Lautwert- oder Lesartzeichen aus, die sich über Jahrhunderte verfeinerten und vermehrten. Sie entstanden aus dem anfänglichen Dilemma, chinesische analytische Wortzeichen auf die japanische Sprache mit ihren grammatischen Partikeln übertragen zu müssen, für die es im Chinesischen nur sinnzuentleerende logographische Entsprechungen geben konnte.33 Dementsprechend gibt es für die Kanji zwei Setzungsmöglichkeiten, einmal über den Lautwert und einmal über die Bedeutung, die die unterschiedlichsten Kombinationsmöglichkeiten zuließen. Die aus kursiven Varianten der Logographe entstandenen Silbenschriften, die Kana, wurden bereits früh als Lesehilfen (Marginalien) für seltene oder mehrdeutige Kanji eingesetzt. Darüber hinaus wurden sie auch zur Kennzeichnung von Lehnwörtern benutzt. Coulmas gibt ein hypothetisches Beispiel des möglichen Zusammenspiels von Kanji (hier: Ziffer 2) und Kana (hier: Buchstaben), das das komplexe japanische Schreibsystem illustrieren soll: Lesung Konstante Bedeutung
Konstante Lautung
2fach 2när 2t 2ett 2weise 21icht ver2n 2fel ver2feln 2ge
zweifach binär doppelt Duett paarweise Zwielicht verdoppeln Zweifel verzweifeln Zweige
Abb. 9: Zusammenspiel von Kanji und Kana (Coulmas 1981:67) Über die mögliche phonographische Lesart und die mögliche Bedeutungslesart können in der Kombination mit den durch die Buchstaben repräsentierten Kana unterschiedliche Worte entstehen. Das japanische Schreibsystem lässt über die komplexen Möglichkeiten der Interaktion und Verschränkung des logographischen und phonographischen Teilsystems
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Einführungen in das japanische Schriftsystem sind Coulmas 1981:157ff. und Günther 1988:3.3. Eine kulturgeschichtlich und linguistisch orientierte Darstellung ist Miller 1967:Kp.3.
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(über das Rebusprinzip) Fertigkeiten im Sinne einer habituellen Kodierbarkeit zu, die in alphabetischen Systemen nur über die situativ-modifizierende Kodierung als spielerische und substitutive Systemerweiterung möglich ist. Die bezüglich ihrer phonographischen Interpretation isomorphen Silbensysteme wurden unterschiedlichen Funktionsbereichen zugeführt: Während ein Syllabar, das Hiragana, zur Schreibung morphologischer Affixe und als Firugana eingesetzt wird (als lautliche Hilfsschrift für seltene Kanji), wird das zweite Syllabar, das Katakana, ausschließlich für die Verschriftung von Fremdwörtern und nicht-japanischen Namen genommen.34 Die lexikalischen Einheiten, die in den japanischen Kode absorbiert werden, werden in der Silbenschrift Katakana realisiert. Das heißt, im Japanischen wird, anders als im Deutschen, ein Kodewechsel im Schriftsystem deutlich - und somit literal über das Wissenssystem als Kodewechsel erfaßbar:
Abb. 10: Kodewechsel als im Schriftsystem markierter Wechsel: Ferner Katakana: /< pe (1. Spalte links, M ri von oben nach unten) -^ e (Längenzeichen) Kodewechsel ist im tristralen japanischen Schriftsystem immer markiert. Englische lexikalische Einheiten werden in den japanischen Kode absorbiert, um einen imaginären amerikanischen Lebensstil als sekundäre Bedeutung mitzukodieren. So entstehen Dubletten, die einmal ein japanisches Konzept und einmal ein der westlichen Kultur entnommenes Konzept zu einer denotativen Entität kodieren: raisu 'Reis, der zu westlichen Gerichten gereicht wird' versus gohan 'Reis, der zu einem traditionellen japanischen Gericht gereicht wird1 basu 'Bad im westlichen Stil1 versus o-furo 'Bad im japanischen Stil' toiretto pepa 'westliches Toilettenpapier auf einer Rolle* versus chirigami 'traditionelles japanisches Toilettenpapier'
* Ein Anglizismen-Wörterbuch für das Japanische mit Kana und Romaji ist Miura 1985.
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Eine große Zahl von situativen „Nonce-borrowings" kennzeichnen den Sprachkontakt zwischen dem Englischen und dem Japanischen (Miller 1967 op.cit., Ono 1992:48), die durchaus lexikalisiert werden können, wie die folgenden Beispiele zeigen: naui < now-i 'fashionable' hei teinzu < high teens Older teenagers' mos burgers 'Hamburgers that offer you the most' (zusammmengestellt aus Kay 1986).
Dieses auch schon für den Sprachkontakt des Englischen und Deutschen und des Englischen und Kiswahili aufgezeigte Phänomen der situativen Entlehnung ist pragmatisch zu erklären. Die von japanischen Jugendlichen kreierten Konfigurationen des in den japanischen Kode absorbierten englischen Materials zeigen, dass so etwas wie eine eigene japanische Identität in der westlichen (internationalen) Kultur gefunden werden soll, die auch in autochthonen Konfigurationen des absorbierten lexikalischen Materials als japanisiertes Englisch ihren Ausdruck findet.
3.2.3.3. Sprachmischung als Sprachkönnen: Konzeptverschränkung Der englische Kode stellt für die Japaner ein lexikogrammatisches System von Optionen für das Sprachkönnen bereit.35 Anders ausgedrückt: Das englische lexikalische System fungiert für die Japaner als beliebig zu absorbierendes Anwendungssystem, das sie als Ressource nach dem von Miller eingeführten Prinzip der „total availability" auch für PseudoAnglizismen einsetzen. Hybride lexikalische Einheiten als Kodeverschränkungen des absorbierten und absorbierenden Kodes (die wir auch an deutsch-englischen Kodemischprozessen beobachtet haben) können als Produkt des situativ-modifizierenden Sprachkönnens formiert werden, wenn dies aus pragmatischen Gründen angezeigt ist. Eine derartige pragmatische Restriktion kann sein, dass zwei kognitive Schemata in einer lexikalischen Einheit verschränkt werden sollen: Ein sprachlicher Rahmen soll mehrere konzeptuell und referentiell evozierbare Informationen abbilden können. Diese Möglichkeit ist im habituellen Sprachkönnen nicht angelegt, da lexikalische Einheiten konventionell auf einen Referenten und ein Konzept verweisen. Sowohl in der Kontaktsituation mit dem Englischen in Japan als auch in Deutschland wird das Sprachkönnen derart wirksam, dass der Prozess der Linearität der Kodierung durchbrochen wird in einer Kodeverschränkung. Folgende Beispiele sollen diese Funktion der Konzeptverschränkung durch Codemixing deutlich machen:
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S. dazu Kachrus Konzept der performance variety, Kachru 1983a, Ono 1992:48.
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Just abied Mitsubishi wa noizo daietto koodoreso denwa The Mitsubishi noise-diet cordless phone' (Koll-Stobbe 1994a:210). Bei diesen Beispielen wird lexikalisches Material des deutschen Kodes (Abi) bzw. des englischen Kodes (noice, diet, cordless) absorbiert (in den englischen bzw. japanischen Kode) und in der Absorbierung mit dem absorbierenden Kode neu konfiguriert. Im ersten Beispiel (Just abied) wurde das neulateinische Wort Abitur verkürzt und per Konversion als Verb neukonfiguriert mit dem entsprechenden Flexionsmorphem für die Tempusmarkierung p/./, des absorbierenden Kodes sowie mit einem Adverb just des Englischen kombiniert. Bei dieser Art von Codemixing als Ausdruck eines situativmodifizierenden Sprachkönnens werden die beiden kognitiven Szenarien 'gerade Abitur gemacht' und 'Just married' in einen sprachlichen Rahmen verschränkt (als Transfer von dem durch das Hintergrundwissen aktivierbaren „frisch verheiratet" „Just married", auf das analog zu prozessierende „gerade Abitur gemacht"). Diese situative Verschränkung wäre über eine regelgeleitete Wortneubildung nicht abbildbar, sondern nur in einem paraphrasierenden Textgefüge.36 Das zweite Beispiel illustriert die Neukonfiguration von zwei lexikalischen Einheiten des englischen Kodes im absorbierenden Kode Japanisch. Zum einen wird cordless als koodoresu (phonologisch an den japanischen Kode angepaßt) in den japanischen Kode gewechselt im Rahmen einer Entlehnung. Darüber hinaus wird aber auch eine situative Modifikation des Englischen vorgenommen. Statt des (aus der Perspektive des kodifizierten Englisch) erwartbaren low noise wird noise diet eingewechselt. Damit wird durch ein situativ-modifizierendes Codemixing ein Rahmenwechsel zu dem kulturellen Konzept Diät erreicht und ein kognitiver Wechsel auf dadurch evozierbare primäre und sekundäre Konzeptionen (des für die Japaner vagen westlichen Begriffes, der sich um das Konzept 'Abnehmen' dreht und hier .besonders leise' mitkodieren soll). Kodeverschränkungen können in stabilen Kodekontaktsituationen als eine spezifische Fähigkeit von Sprachbenutzern angesehen werden, die ihre kommunikative Kompetenz innovativ einsetzen wollen. Das lexikalische Sprachkönnen schließt die Fähigkeit der Sprachbenutzer ein, Codemixing und Kodeverschränkungen als situativ-modifizierende Kode-Extension einzusetzen: A characteristic of (bilingual) competence is the faculty and ease of mixing and switching, and the adoption of stylistic and discoursal strategies from the total verbal repertoire available to a bilingual. ... The bilingual's creativity results in the configuration of two or more codes ... and may also be interpreted as an extension of the codes in terms of linguistic innovations, formal experimentation, cultural nuances, and addition of a new cultural perspective to the language (Kachru 1987:130).
36
Gerunden habe ich diese Kodeverschränkung als Transparent an einem Kieler Gymnasium am Tage des Abitur-Streiches und zwar bezeichnenderweise an einem humanistischen Gymnasium, dessen Abiturienten deutlich gemacht haben, dass sie auch neusprachliche Kodierungsmöglichkeiten spielerisch beherrschen (Kieler Gelehrtenschule, Abiturstreich 1990).
74 Bei stabilen Sprachkontaktsituationen, die eine Kulturkontaktsituation abbilden, und bei denen der (kulturell gesehen) mit Prestige versehene Kode in die anderen Kodes absorbiert wird, wird der absorbierende Kode lexikalisch (sprachlich) und konzeptuell-referentiell (semantisch) erweitert (Koll-Stobbe 1994a:207f.). Diese Kodemischprozesse sind kreative Prozesse, die situativ-modifizierendes Sprachkönnen verlangen, weil sie das Sprachsystem kontextualisierend über Vergleichsprozesse erweitem: Creativity (is) the language-user's ability to extend the system by means of motivated, but unpredictable, principles of abstraction and comparison (Lyons 1977:549). Um kreative Prozesse der Kodeverschränkung als Phänomene der Kompetenz von Sprachbenutzern, denen mehrere Kodes zur Verfugung stehen, zu verdeutlichen, gebe ich weitere Beispiele, die die Bandbreite und die Delimitation von lexikalisch realisierten Kodeverschränkungen als Konzeptverschränkungen aufzeigen sollen: (1) Konzeptuell-sprachliche Vergleichsprozesse, die als Ad hoc-Verschränkungen im absorbierten Kode gewortet werden Seawich Aphärese eines Lexems (Eigenname) - wahrscheinlich Dekomposition einer angenommenen Affigierung sand + wich < sandwich" -> sea + wich [als Pseudo-Suffigierung, s. Kapitel 5.2.3.] Ein Fisch-Sandwich Rinpoo Verschränkung < r/'nse + shampoo. Spezifisches Haarpflegeprodukt, das die beiden Qualitäten der vollen lexikalischen Formen in amalgamierter Form repräsentiert (2) Konzeptuell-sprachliche Vergleichsprozesse, die über Codemixing gewortet werden: Der Berg grooved: Aktivierung von zwei kognitiven Rahmen über eingewechseltes englisches Material -> Der Berg ruß und groove (Begriff aus der Pop- Musik) Istok: „Meine Mutter sah mich bei der Geburt und sagte, ist o.k., den nehme ich." Wortspiel mit Morphemgrenzen. Englisch fungiert als Vermittlerkode für ein Wortspiel, das ein kroatischer Mann mit Namen Istok für die Erklärung seines Namens einsetzt Abb. 11: Konzeptverschränkungen als Aufmerksamkeitswechsel: Kreatives Worten in stabilen Kode-Kontaktsituationen38 Die Kenntnissysteme der Wörter des absorbierten und des absorbierenden Kodes werden dabei als Ressource benutzt. In der Verschränkung von Wortmaterial entsteht ad hoc ein sprachlicher Rahmen, der situationsgebunden verstanden werden kann. Die neu entstande-
37 38
Sandwich geht etymologisch auf einen Eigennamen zurück, s. OED s.v. sandwich. Quellenangabe der Beispiele: Schild eines Schnellimbisses in Tokyo (seawich); Anzeige in Aera 3.7.1989 (rinpoo); Anzeige eines Kieler Reisebüros (Der Berg grooved)', mitgehört bei einer Fernsehsendung von RTL am 24.5.92 (ist o.k.).
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nen Wortkonfigurationen können nach unvorhersehbaren (aber konventionalisierten) Wortbildungsmustern gebildet sein (wie die Verschränkung rinpoo) oder als situatives Spiel der effektiven Durchbrechung von Wortbildungsmustem (wie grooved). Das Worten bleibt in den Kontext und den Kotext eingebunden und kann nur als relationales Worten verstehbar werden: So wird das Wortspiel des Schemawechsels über Istok ist o.k nur situationsgebunden wirksam durch eine Vernetzung der beiden (in einem Aufmerksamkeitswechsel paradigmatisch aufeinander bezogenen) Konfigurationen. Dieses Worten ist ein situatives Spiel mit den Methodiken der Segmentierung und Kombination von lexikalischem Material unter dem pragmatischen Zwang des referentiellen Erfolgs und illustriert das von Miller als Grundprinzip für eine Kodeabsorbierung eingeführte Prinzip der "total availability" für das Sprachkönnen der Sprachbenutzer allgemein. Situationsgebundenes innovatives Worten durch Kodeverschränkungen kann nicht in den zur Verfügung stehenden Kenntnissystemen des Englischen, sondern nur in unserem mentalen Lexikon über unser Sprachkönnen verstanden werden (d.h. dem Anwenden von Wissen in konkreten Situationen unter Einbeziehung des Kontextes). Inwieweit Sprachbenutzer des Englischen als E(IE) in Deutschland die strategische Kompetenz der situativen Kodeverschränkung tatsächlich beherrschen, werde ich in Kapitel 6 stichprobenartig überprüfen.
3.3. Linguistische Modellierungen von Codemixing in einer Konkreten Lexikologie: Kode-Alternationen und Kode-Alterationen
Wir haben gesehen, dass Kodewechsel unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen haben kann. In einer komplexen, ethnisch heterogenen Gesellschaft, in der sprachliche Kodes Identität, Loyalität oder eine bestimmte sozio-politische Geschichte reflektieren, können Kodewechsel bestimmte konventionalisierte Werte symbolisieren. In einer bilingualen Kontaktsituation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass eine über einen großen Zeitraum monokulturell geprägte Gesellschaft durch soziopolitische Umwälzungen mit einem anderen Kommunikationskode konfrontiert wird, können Kodewechsel bestimmte interkulturelle Transfers und interkulturelle Integrationsprozesse signalisieren. Mit der zunehmenden Auflösung von stabilen Populationen und der wachsenden ethnischen Ausdifferenzierung in den Großstädten wird der kommunikative Gebrauch von Codemixing eher zu- als abnehmen (Gumperz 1982:64). Erst seit kurzem sieht man in multilingualen Nationen das Faktum der Mehrsprachigkeit nicht mehr als Bedrohung, sondern als Potential an: Codemixing wird als eine Möglichkeit des Sprachkönnens in Mehrsprachkontaktsituationen herausgestellt, eine Ressource, die in monolingualen Kulturen in diesem Sinne nicht genutzt und ausgebaut werden kann.39
39
S. dazu Kickler 1995:87f., der das unbewusste Einüben von Codemixing (Codeswitching) im bilingualen Unterricht aufzeigt.
76 Flüssiges Codeswitching wird in multilingualen Gesellschaften zunehmend als Teilbereich der kommunikativen Kompetenz in L2-ProfiIen bewertet. Das britische Institut der Linguisten testet bei seiner Prüfling "Languages for International Communication," ob Kandidaten sich zwischen zwei Sprachen bewegen können. Der L2- oder E(IE)-Lemer soll nicht länger als Ziel die L l imitieren lernen, sondern zwischen den beiden Sprachen stehen können und beide Sprachen, je nach situativer Adäquatheit, einsetzen können (Cook 1991:66). Codeswitching kann auch kompensatorisch eingesetzt werden, etwa in institutionellen Sprachlemsituationen in multilingualen Klassenzimmern oder wenn der Sprachschüler bei Ausdrucksschwierigkeiten in seine Muttersprache zurückfällt. Dies fuhrt im Schulalltag in multilingualen Klassenzimmern in Kenia oft zu Mehrfachkodierungen, um die unterschiedliche Kompetenz in den jeweiligen Kodes zu kompensieren. Ein Beispiel für eine Lehrer-Schüler-Interaktion im Kontaktfeld des Englischen mit dem Kiswahili (also zwei Kodes) stellt das folgende Beispiel vor: Lehrer: (Englisch) What 's the date today! (Kiswahili) Leo ni tarehe ngapil Schfller: Twenty three. Hier formuliert der Lehrer die Frage auf englisch und reformuliert sie gleich anschließend auf Kiswahili, wobei sich in der Antwort der Schülerin eine Interferenz einstellt, da sie nicht das Englische The twenty-third enkodiert, sondern die syntaktische Konvention des Kiswahili in den englischen Kode transferiert. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Lehrer eine bestimmte ethnische Sprache bewusst während des eigentlich auf englisch durchgeführten Unterrichts einsetzen kann, um einen bestimmten Schüler direkt anzusprechen: Lehrer: (Englisch) Close the books you have. Shut your books. (reformuliert auf kiswahili) Funga vitabu kila mtu. (reformuliert auf kikuyu mit Ansprache einer Schülerin) Grace, hinga i In diesem Kontext wird Codeswitching als vorübergehende, nonkooperative Kommunikationsstragie beschrieben, eine Art psychologisch motivierter Archestrategie.41 Kennzeichnend für diesen Typus von Codeswitching ist allerdings, dass er signalisiert wird durch Pausen und Intonationssignale und deshalb von Poplack alsßagged interlanguage strategy bezeichnet wird (Poplack 1988:230). Bei lexikalischem Codemixing wird es schwierig, festzustellen, ob die eingewechselte Wortkonfiguration als Fremdwort oder als Entlehnung klassifiziert werden soll.42 Einzelne Sprachkontaktforscher schlagen ein Kontinuum von etablierten Entlehnungen (syntaktisch/morphologisch/phonologisch integriert) zu situativen Ad hoc-Entlehnungen (morphologisch/syntaktisch/ +- phonologisch integriert) vor (Romaine 1989: 144f.). Die folgenden
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Beide Beispiele aus Merritt et al. 1992:114 S. dazu Gumperz 1982:63 und Cook 1991:68, 71. Die Abgrenzung von Entlehnungen zu Kodewechsel wurde von Haugen 1950 eingeleitet und zieht sich durch die einschlägige Literatur, s. Kachru 1986:65f, Myers-Scotton 1988:159ff., Poplack 1988:219f, McCormick 1989:209, Romaine 1989:131ff. und Myers-Scotton 1992.
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Beispiele aus Koll-Stobbe 1994a sind leicht als Lehnwörter zu klassifizieren, da sie in das grammatische und phonologische System des Russischen aufgenommen wurden: yacht-man -> jaxt-men (maskulinum) und jaxt-menka (femininum)43 to lock-out -> lokautirovat1 leader -> lidr (Nomen) und lidirovat' (Verb) gentleman -> jentlmen (Nomen) und jentlmenskij (Adjektiv) [Koll-Stobbe 1994a:209].
Der absorbierte englische Kode ist phonologisch, orthographisch und rno hologisch in den russischen Rahmen-Kode integriert, und das Kriterium der möglichen Wortbildungen mit dem entlehnten Material ist erfüllt. Just abied oder pigderln etc. sind schwieriger anhand des einfachen Kontinuums zu bestimmen. Wenn wir die phonologische Integration als Kriterium heranziehen, ist das Beispiel Just abied etc. nicht als Lehnwort anzusehen, da es aber in das morphologische System des Englischen integriert ist, wäre es über dieses Kriterium als Lehnwort zu klassifizieren (was wenig Sinn macht, da es sich um eine situative Bildung für einen spezifischen Kontext handelt). Entscheidend für das Auftreten von pigderln und Just abied als situative Kodeverschränkung ist, dass sie nicht in das Kenntnissystem des absorbierenden Kodes gelangen, sondern situationsgebunden über das Sprachkönnen zu dekodieren wären. Dies grenzt sie ab von situativen Bildungen wie mos burger, die in das Kenntnissystem des absorbierenden Kodes (zumindest als lexikalische Variante im Register) aufgenommen werden und damit als mögliche Entlehnungen lexikalisiert werden können.
43
Die Aussprache von "jaxt-men" zeigt Interferenzen der deutschen Aussprache von Yacht (Deutsch war in weiten Teilen der ehemaligen Sowjetunion die wichtigste Fremdsprache). Hier soll nicht entschieden werden, ob Jacht/Yacht direkt aus dem Holländischen oder über das Englische entlehnt wurde, weil das nur als philologisches Problem interessant ist.
78 Ich schlage vor, zwischen lexikalischen Kode-Alternationen und Kode-Alterationen zu unterscheiden: Kode-Alternation
IrefcrentieÜI Lexikalisierung
Verschränkung
[konzeptuell]
Kode-Alteration Abb. 12: Codemixing zwischen referentiellen und konzeptuellen Prozessen der Bedeutungskonstituierung. Kode-Alternationen sind lexikalische Kodeswitches,44 die in den Wortschatz einer Sprache als Entlehnungen übergehen können. Der Prozess der Einspeisung von lexikalischem Material als lexikalische (d.h. referentielle) Einheit in den Kode wird als Lexikalisierung bezeichnet. Lexikalisierung ist die in der Lexikologie eingerührte Bezeichnung für in einen Kode integrierte lexikalische Einheiten mit formalen Eigenschaften, die nicht aus dem Wortbildungsmuster oder den Konstituenten der Konfiguration ableitbar sind.45 Dieses für komplexe Lexeme entwickelte Konzept lässt sich auf lexikalische Kodeswitches anwenden: Die in den absorbierenden Kode integrierten lexikalischen Elemente des absorbierten Kodes sind als Wortbildung nicht ableitbar, da sie nicht über produktive Wortbildungsmuster erfolgen (Lipka 1994:2164) und Belege für die seit der Entstehung des Mischsystems des englischen Lexikons ständig zunehmende Dissoziation des englischen Wortschatzes bilden (Leisi/Mair 1999»:52f.). Kode-Alterationen dagegen sind Phänomene der situativen Kodeverschränkung, mit deren Hilfe der Kode als lexikogrammatisches System über einen Aufmerksamkeitswechsel (konzeptueller Rahmenwechsel) erweitert wird. Bei Kode-Alterationen müssen komplexe Prozesse des Informationsvergleichs von Sprachwissen und Hintergrundwissen über Kon44
45
Ich habe hier über eine Wortbildung und Lexikalisierung eine Bedeutungsdifferenzierung vorgenommen: Ein Kodeswitch ist das Produkt eines lexikalischen Kodewechsels. Diese Wortbildungsstrategie wird in Kp. 5.2.3. und 5.6.1. analysiert. S. unterschiedliche Definitionen zu Lexikalisierung und divergente Abgrenzungen zu Idiomatisierungen und Institutionalisierungen in Bauer 1983:48ff., Lipka 1990:94ff., Lipka 1994.
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textualisierungen ausgelöst werden. Kode-Alterationen durchbrechen den linearen lexikogrammatischen Rahmenkode situativ-modifizierend durch das Öffnen von kognitiven Fenstern (um eine Metapher aus der Datenverarbeitung auf die Sprachverarbeitung zu übertragen) und bilden Prozesse der konzeptuellen Problemlösung ab (der Abbildung von konzeptuellen auf sprachliche Strukturen). Das lexikalische Sprachkönnen bleibt unter dem Einfluss stabiler Sprachkontaktsituationen nicht eingeschränkt auf ein habituelles und situativ-modifizierendes Worten innerhalb eines einheitlichen und wenig veränderlichen Kodesystems. Vielmehr wird über die sprachund soziokulturell gefestigten stabilen Sprachkontaktsituationen ein Bewusstsein für die Veränderbarkeit und Offenheit sprachlicher Kodes im Sinne der sprachkulturellen nurture deutlich. Crystal zeigt anhand seiner Überlegungen zu Veränderungen des Englischen auf, dass die größere Mobilität der Sprachbenutzer eine größere Inkonsistenz des Sprachgebrauchs nach sich zieht.46 Dies könnte heißen, dass sich das Bewusstsein von Sprache als einem homogenen (linearen) lexikogrammatischen Matrix-Kode zu Sprache als einem offenen, andere Kodes absorbierenden Symbol-System durch die im Alltag der mobilen urbanen Ballungsräume erfahrene Zunahme von Sprachkontaktphänomenen verschiebt. Nicht nur in den Großstädten Kenias, sondern auch in den Großstädten Deutschlands wird die zu beobachtende Variabilität der Jugendsprache, die gekennzeichnet ist durch Kodemischungen, als diaphasische und diastratische Varietät angesehen. Die Bezeichnungen Germlish (< German + English), Japlish (Japanese + English) und Sheng (< Swahili + English) bilden den Mischprozess auch aus der Wortbildung heraus ab: Englisch wird entweder in bestimmten Funktionsbereichen intranational wirksam im deutschen oder kenianischen Sprachraum als eine Kode-Alternative oder aber als in das deutsche oder swahilische Lexikon absorbierter Kode (im Sinne einer semantischen Ressource, die einen konzeptuellen Aufrnerksamkeitswechsel auslöst) wirksam als Kode-Alteration. Mit dem Konzept der Kode-Alteration soll deutlich werden, dass Sprache als ein Matrix-Kode Sub-Kodes oder andere Kodes absorbieren kann im Sinne einer Instituierung (s. Lüdtke 1980:1). Situatives Codemixing als Kode-Alteration ermöglicht die Wahrnehmung der Sprachkontaktsituation als Kulturkontaktsituation, die ein verändertes Bewusstsein für Kommunikationskodes als offene (absorbierende) Kodes hervorgebracht hat. Dass diese Funktionalisierung von Codemixing in bestimmten Kommunikationsbereichen bereits intentional (und im Rahmen einer neuen Literalität der Chiffrierung) eingesetzt wird, werde ich im nächsten Kapitel zeigen.
Crystal zeigt dies für den Bereich der Akzentvermischung auf, Crystal 1992:128f.
4. Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens: Funktionale Kommunikationsstile 4.1. Funktionale Varietäten vs. funktionale Variabilität: International English for Cultural Purposes (IECP) 4.1.1. Funktionale Varietäten des Englischen: IESP vs. IECP Ich habe im letzten Kapitel die Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens unter dem Einfluss der Veränderung von urbanen Sprachbenutzergruppen vorgestellt, die für das Programm der Konkreten Lexikologie einen Perspektivenwechsel von Aspekten eines automatisch zu verwendenden sprachlichen Kodes (in [lingual] homogenen Sprachkulturen) auf Aspekte eines bewusst wählbaren sprachlichen Kodes (in [lingual] heterogenen Sprachkulturen) auslösen, in dessen Mittelpunkt Kodemischprozesse stehen. In diesem Kapitel sollen Beobachtungen zur Funktionalität von Kodemischprozessen den Schwerpunkt bilden und Aspekte der Variabilität des lexikalischen Sprachkönnens, die eine bestimmte Variabilität des Wortens als Kommunikationsstil in der internationalen Konsum- und Unterhaltungskultur herausgebildet haben. Internationales Englisch E(IE) wird meist definiert als eine Varietät, die institutionell vermittelt wird und die von einer wachsenden Anzahl von Menschen gelernt wird, die Zugang zur internationalen Wissenschaft, Handel und Wirtschaft, Technologie, Verwaltung und Kultur meist aus beruflichen Gründen benötigen (s. Kapitel 3.1.1., Abb. 6). Als English for Special Purposes (ESP) bestimmt diese Varietätengruppe seit etwa 25 Jahren einen weltweit etablierten und wirtschaftlich erfolgreichen Zweig der Sprachlehrpraxis. Englisch wird als instrumentaler Kommunikationskode verstanden, mit der der Sprachenlerner sich bestimmte Wissensgebiete aneignet: By ESP is meant the 'teaching of English not as an end in itself but as an essential means to a clearly identifiable goal'.... Thus the general with which we are contrasting the specific of ESP is that of general, education-for-life, culture and literature orientated language course. The student of ESP, however, is learning English en route to the acquisition of some quite different body of knowledge or set of skills (Robinson 1980:6).
Das Lernziel ist der international in seinen Fachbereichen Englisch sprechende homo loquens. Das internationale Register der ESP-Varietäten ist als ein transaktiver Kommunikationskode anzusehen, der die Teilnahme an der internationalen, fachlich ausdifferenzierten Informationskultur der Wirtschaft, der Wissenskultur und des Handels sichern soll. Ich habe Englisch als internationale lingua franca in Kapitel 3.1.1. als E(IE) eingeführt und möchte es hier als International English for Special Purposes (IESP) spezifizieren. Das Konzept eines für die internationale Kommunikation angelegten IESP als eines speziellen transaktiven Informationskodes oder Fachregisters wird überlagert von der möglichen Funktion einer internationalen Verkehrssprache als Vermittlerin interkultureller Identität zwischen bestimmten Sprachbenutzergruppen (Widdowson 1982:13). Als identitätstiftender Kode fungiert das Englische in Deutschland und Japan, wo es für die jüngeren (graduell bilingualen) Generationen kulturelle Konzepte einer am amerikanischen Vorbild orientierten, allgemeinen Unterhaltungskultur vermittelt (s. Kapitel 3.2.3.).
81 Durch die Etablierung von multinationalen Werbe- und Kommunikationsagenturen in den 80er Jahren wurde das von mir anfangs verdeutlichte Humpty Dumpty-Prinzip im Umgang mit Sprache (vgl. Kapitel 2.1.2.1.) in bestimmten internationalen Funktionsbereichen des Sprachgebrauchs üblich: Sprache wird von den Humpty Dumptys der Unterhaltungs- und Konsumkultur als lexikogrammatisches und pragmatisches Konventionssystem kontextuell kontrolliert und situativ verändert (s. Kapitel 2.1.2.2.). Informationen werden nicht direkt durch den realen Gegenstandsbereich der Objekte und Sachverhalte (transaktiv) bestimmt, sondern indirekt durch den fiktiven Gegenstandsbereich der Imaginationen des Sprachbenutzers (transaktiv und interaktiv). Während die funktionalen Varietäten des IESP auf informationszentrierten Sprachgebrauch ausgerichtet sind, ist die Variabilität im Worten, die ich herausstellen möchte, auf interaktive Kommunikation ausgerichtet und kann als Spezifizierung des in Kp. 3.1.1. eingeführten Registers des Englischen als internationaler Varietät mit interkulturellen Funktionen als International English for Cultural Purposes (IECP) verstanden werden: English for special purposes => IESP Verwaltung Fachsprachen Wirtschaft
English for cultural purposes => IECP Werbung Nachrichten Sport Unterhaltung Popkultur
Direkte und indirekte Kommunikation. Priorität: instrumentelle Kommunikation Direkte und indirekte Kommunikation.
Sprachbenutzer:
E(L2), E(IE)
Priorität: interkulturellintegrierende Kommunikation
Abb. 13: Register als Funktionale Varietäten vs. funktionale Variabilität: International English for Special Purposes (IESP) vs. International English for Cultural Purposes (IECP) IESP und IECP stellen Varietäten und Variabilität bezüglich des Sprachgebrauchs (und damit des Registers des Englischen) dar, die sowohl Sprachbenutzer, die das Englische als Muttersprache sprechen, als auch solche, die es in E(L2)-Kontexten sprechen oder in E(IE)Kontexten. Die Varietäten des IESP basieren auf intendierter transaktiver (konzeptuellreferentieller) Informationsverarbeitung in bestimmten, eindeutig definierbaren Fachkontexten. Bezogen auf das lexikalische Sprachkönnen gilt es im Programm des IESP ein fachspezifisches, situationsentbundenes Kenntnissystem aufzubauen, ein Fachvokabular.'
1
IESP werden meist in Englishes for Occupational Purposes und Englishes for Academic Purposes eingeteilt, wobei nicht klar ist, ob der große Bereich des English for Science and Technology eine eigenständige Gruppierung oder eine Untergruppe ist. Kurzüberblick in Summers 1988, ausführliche Darstellung in Robinson 1980.
82
Die Variabilität im Worten, die das IECP kennzeichnet, basiert dagegen auf dem situativmodifizierenden Sprachkönnen und interaktiver (konzeptuell-relationaler) Informationsverarbeitung und der kontextualisierenden Anwendung des lexikalischen Kenntnissystems im inneren Lexikon. Das Worten im IECP ist idiosynkratisch und bezüglich der Differenz zwischen konventionellem lexikalischen Sprachverhalten und möglichem Sprachverhalten als Differenz zwischen Figur und Hintergrund (also sprachlichem Signal und Hintergrundwissen) zu verstehen. Spezifische Strategien des Umgangs mit lexikalischem Material und mit bereits gewussten Informationen im Umfeld des IECP gilt es für den Entwurf einer Konkreten Lexikologie als möglicher Theorie der Performanz herauszuarbeiten.
4.1.2. Kommunikationsart und Kommunikationsstil im IECP: Kohäsion und Kohärenz Das IECP entwickelte sich durch die Internationalisierung der in wirtschaftliche Interessen eingebundenen Unterhaltungskultur und der sich in den Massenmedien herausbildenden Kommunikationsstile (vgl. Fiske 1989:Kp. 5 zu Texttypen der Unterhaltungskultur). Meine These ist, dass das IECP das lexikalische Sprachverhalten urbaner Sprachbenutzergruppen prägt, weil es kontextualisierende (nicht-lineare) Fertigkeiten von Sprachverstehen fordert und damit die in unserer Sprach- und Schriftkultur konventionalisierten Techniken der kohäsiven Text- und Diskursgestaltung modifiziert. In der Mündlichkeits-/ Schriftlichkeitsforschung wird das Aufbrechen von linearen Strukturen als Ordnungsprinzip einer Sprachkultur unter der Fragestellung von integrierenden (schriftlichen) zu aggregierenden (mündlichen) Text- und Diskursformen untersucht (Ludwig 1987).2 Integrierende Text- und Diskursformen basieren auf kohäsiven Prozessen der Kodierung. Unter Kohäsion (als Abgrenzung zur semantischen Kohäsion, der Kohärenz) verstehen Diskurs- und Textlinguisten die sprachlichen Darstellungsmittel für syntaktisches (d.h. grammatisches) Kodieren. Kohäsion sichert die Stabilität des Textes als System durch eine Kontinuität der Vorkommensfalle, die die Syntax dem Text als Organisationsgefüge auferlegt (de Beaugrande/Dressler 1981:50f). Darunter fallen z.B. die pronominale Koreferenzsetzung, das verbale Verzeitungssystem, das System der koordinierenden und subordinierenden Junktionen (s. Halliday/Hasan 1976, Koll-Stobbe 1985). Aggregierende Texte sind gekennzeichnet durch eine Vernachlässigung lexikogrammatischer kohäsiver Techniken zugunsten semantischer Techniken der Kohärenzsetzung. Kohärenzprozesse sichern die semantische Kontinuität eines Textes in einer konkreten Kommunikationssituation und liegen dem Zeigfeld und seinen lexikogrammatischen Abbildungen in der Deixis (Bühler 1934) genauso zugrunde wie den impliziten pragmatischen Kooperationsmaximen (Grice 1975, Sperber/Wilson 1986) oder dem impliziten Prinzip der Sinnsu-
2
Die sogenannte Mündlichkeits-/Schriftlichkeitsforschung als interdisziplinäre Makrolinguistik beschäftigt sich mit der medialen Ausprägung von Sprachgebrauch, s. Ong 1982, Halliday 1985, Glück 1987, Ludwig 1987, Olson 1994. Koch/Oesterreicher 1986 stellen dar, dass es neben einer medialen auch eine konzeptionelle Schriftlichkeit gibt, die die operativen Ordnungen unserer Sprachkultur weitgehend prägt. Biber 1988:52ff. weist zu Recht darauf hin, dass anhand von Einzelstudien Generalisierungen zu mündlichen vs. schriftlichen Kohäsionsstrategien gemacht wurden und oft unterschiedliche Textsorten bzw. Kommunikationsarten nicht beachtet wurden.
83 ehe ("effort after meaning", Bartlett 1932) oder Sinnkonstanz (Hörmann 1976). Konstellationen von Konzepten und ihre Relationen in der Text- oder Diskurswelt werden über Kohärenzprozesse (die über das illokutionelle Wissen [d.h. Prozesse des Nachdenkens] gesteuert werden) gegenseitig zugänglich und relevant. Kohärenz ist nicht so sehr ein explizites Merkmal von Texten oder Diskursen, sondern das implizite Ergebnis von Sprachverstehensprozessen der Sprachbenutzer (das durch kohäsive Techniken mehr oder weniger explizit unterstützt werden kann). Ein Beispiel für kohärente Informationsverarbeitung ist die Monosemierung während der Textverarbeitung: Viele Ausdrücke haben zwar mehrere mögliche Bedeutungen, aber in einem bestimmten Text oder Diskurs wird normalerweise nur ein bestimmter Sinn aktualisiert (wie mit dem Beispiel bank in Kapitel 2.2. l. verdeutlicht). Kohäsion und Kohärenz bilden (psycholinguistisch gesehen) die zwei Seiten des syntaktisch und semantisch gestützten Sprachverstehensprozesses ab (s. Givon 1995, Koll-Stobbe 1996). Unter dem Einfluss des IECP, so ist meine Arbeitshypothese, entwickeln sich schriftliche Kommunikationsarten, die die Dimensionalität des Sprachkönnens zwischen kotextueller und kontextueller sprachlicher Informationsverarbeitung auf den Pol des kontextuellen Sprechverhaltens schieben. Die Dimensionen des linear sequenziellen (kohäsiven) und nicht-linearen (kontextuell unterstützten) Sprachgebrauchs werden verschränkt. Dass die Linearität oder Sequenzialität der Schrift in alphabetischen Schriftkulturen konventionell in unserer Sprachkultur mit kausaler Sequenzialität verbunden wird, ist ein Resultat der nurture. Tatsächlich sind Sequenzen immer additiv (McLuhan 1964:85). Aggregierende (nicht kohäsiv integrierende) Texte müssen also nicht weniger sequenziell sein als linear integrierende Texte. Aber wahrscheinlich müssen wir andere Strategien entwickeln, um vertikal additive Informationen verstehen zu können. Dieses Problemfeld, das auf das lexikalische Sprachkönnen ausstrahlt, gilt es im folgenden programmatisch für eine Konkrete Lexikologie des Englischen aufzubereiten. Ich werde in kurzer Form zunächst die Veränderungsprozesse in der Produktion von lexikalischem Sprachverhalten als Textverhalten einführen, die zu einer aggregierenden Schriftkultur in Kontexten der populären urbanen Kultur führen. Meine These ist, dass Kommunikationsstile des IECP diesen Prozess maßgeblich forderten, weil sie die Entwicklung der Sprachkultur als Vermischung von Informations- und Unterhaltungskultur abbilden, die das Sprachkönnen über nurture prägt. Unsere Sprachkultur und damit unser Sprachkönnen hat sich nicht nur unter dem Einfluss der Heterogenisierung der Sprachbenutzer in urbanen Kontexten verändert (s. Kapitel 3.1.), sondern auch unter dem Einfluss der Heterogenisierung von Sprachgebrauch. Diese Veränderungsprozesse von Sprachkultur spiegeln sich prototypisch in Werbetexten ab: A study of current ads may lead us to the conclusion that many such long-standing binary divisions art/trade, art/science, picture/writing, content/form, aesthetic/pragmatic, fact/fiction, public/private are not adequate to describe the current state of our culture and its discourse. Current ads reflect radical changes in our technologies and media, our social and economic relations, our sense of personal and group identity. For the insights they provide into the nature of these changes, and for the way they prepare us for further changes to come, they are a particularly valuable field of study (Cook 1992:XV).
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Ich werde im folgenden den Einfluss des Englischen als IECP auf das lexikalische Sprachkönnen im Rahmen einer Fallstudie zur Variabilität des Wortens in Werbungen in den sogenannten Printmedien beleuchten.
4.2. Eingebundene Kommunikationsarten: Werbung Werbung als kultureller Kommunikationsstil entstand, als, eingeleitet durch Neuerungen im Bereich des Vertriebs und der Verpackung von Produkten im 20. Jahrhundert, Produkte als Konsumgüter entdeckt und mit sozialem Prestige aufgewertet wurden (Leiss/Kline/Jhally 1990:49ff.).3 Diesen Aspekt beziehen auch Definitionen von Werbung mit ein. Konsumgüter wechselten nicht mehr (nur) über Angebot und Nachfrage und Kosten und Nutzen in den Besitz potentieller Käufer über, sondern zunehmend über bestimmte Formen der direkten und indirekten Kommunikation, der Werbung: Werbung ist ein Instrument zur Lösung absatzpolitischer Teilziele auf dem Wege der Kommunikation (Huth/Pflaum 19914:3). Advertising is the promotion of goods or services for sale through impersonal media (Cook 1992: XIV).
Werbeanzeigen wurden seit dem 17. Jahrhundert als Kleinanzeigen in bestimmte Sektionen in die Zeitung eingefügt, die später als classified ads den redaktionellen Beiträgen nachgestellt wurden. Classified ads informierten einen potentiellen Interessenten über ein Produkt, indem sie anführten, wo etwas, in welcher Größenordnung und/oder Qualität und zu welchem Preis zu kaufen war. Gleichzeitig wurde über Kleinanzeigen die Werbung als begleitende Textsorte entwickelt (accompanying discourse), die in andere Textsorten eingefügt wurde (Cook 1992:29). Die Vermischung bzw. saubere Trennung von Werbung und redaktionellen Beiträgen gehört zu den Schlüsselproblemen der Zeitung (Faulstich 1994:362) und bildet sich in der Mischform des Advertorials ab (einer Verschränkung von advertisement + editorial).4 Das Kontinuum zwischen markierten und unmarkierten Einschüben ist Es gibt eine Fülle von Analysen der Werbesprache, s. Leech 1966, Vestergaard/Schroder 1985, Dyer 1988, Leiss/Kline/Jhally 1990, Cook 1992, Koll-Stobbe 1995. Darstellungen der Geschichte der Werbung sind u.a. Turner 1952 und Fox 1985. Die globale Kommunikation im öffentlichen Diskurs der Werbeagenturen thematisiert Mattelart 1991. Zur Fernsehwerbung s. Kloepfer/Landbeck 1991. Zum Einfluss des Englischen im Werbefernsehen s. Steinbach 1984 und zum Einfluss der Werbesprache auf die Alltagskommunikation s. Koll-Stobbe 1987. Die Verknüpfung von Werbediskursen und literarischen Diskursen arbeitet Wicke 1988 heraus. Neben der medialen Realisation der Werbung als Anzeige ist die Wahl einer bestimmten Textsorte (die über sprachlich interne und externe Merkmale bestimmt werden kann) oder einer Kommunikationsart (die nur über sprachlich externe Merkmale bestimmt werden kann, s. Gülich/Raible 1975, KollStobbe 1985) entscheidend. Spielarten von Werbungen sind den Kommunikationsarten zuzurechnen, da sie über textinterne Merkmale nicht hinreichend klassifiziert werden können. Es gibt eine Fülle von unterscheidbaren Formen der Werbung von Radiowerbung über Trikotwerbung, Bandenwerbung zu Bartering und der Schnittsteile zwischen Werbung und Öffentlichkeits-
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nicht nur in der Werbung in den Printmedien fließend: Product-Placement oder Plugging ist die raffinierteste Form von indirekten Werbeeinschüben über die Plazierung eines Produktes oder Produktnamens in einem Film (Miller 1990). Werbungen werden auch noch in einer anderen Beziehung als eingebundene Kommunikationsarten wirksam: Sie können (neben sprachlichen Informationen) bildliche Informationen in einen Text als koexistierende Teiltexte einbinden. Werbetexte befinden sich auf einem Kontinuum von eigenständigem Text (mit autonomem Sprachgebrauch) und situatonsgebundenem Text (mit eingebundenem Sprach-/Bildgefuge). Sprachlich autonome Werbetexte sind meist produktzentriert und setzen den Kommunikationskode Sprache als lexikogrammatisches System ein, das als kohäsives Konventionssystem respektiert wird. Bildliche Informationen ergänzen den sprachlich ausgeformten Teiltext der Werbung. Im Jargon der Werbeleute wird dieser Kommunikationsstil als hardsell bezeichnet (Fox 1985, Koll-Stobbe 1987, O'Donnell/Todd 1991). Typische Beispiele von hard-sell stellen die Werbeprospekte in den Tageszeitungen mit aktuellen Sonderangeboten dar. Eine zweite Gruppe bilden Werbungen des Kommunikationsstils des soft-sell. Werbetexte diesen Typs werden konsumentenzentriert gestaltet: Im Zentrum der Werbung steht der (über die Marketingabteilungen als Zielpublikum bestimmte) Konsument und seine (über die psychologische Marktforschung ermittelten) Wünsche. In diesen Werbungen nimmt der Bildteil eine wichtige Funktion für die Informationsverarbeitung ein: Der Sprachkode fungiert als Matrix, in die bildliche Informationen absorbiert werden (im Sinne der instituierenden Funktion von Sprache, s. Lüdtke 1980). Die Strategie des soft-sell spielt mit sekundären semantischen Informationen und setzt den imaginären Raum des sprachlichen Kommunikationskodes für die Bedeutungsbildung ein, wie ich gleich zeigen werde. Typische Beispiele sind die Image-Werbungen für Parfüms, alkoholische Getränke oder Automarken. Die Kommunikationsart Werbung kann wie folgt systematisiert werden:
arbeit, dem Sponsoring. S. für eine Übersicht das lexikographische Kenntnissystem Watson/Hill 1984, 19933.
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WERBUNG
Konsumentenzentriert
Kleinanzeigen Wurfsendungen,
Image-Werbung Rebus-Werbun
Produktplazierung Plugging/Advertorial
TEXT / KOMMUNIKATIONSART
Abb. 14: Kontinuum von autonomem zu situationsgebundenem Sprachgebrauch in den Kommunikationsarten der Werbung
4.3. Situativ-modifizierendes Sprachkönnen: Kontextualisiertes Worten im IECP 4.3.1. Situative Ambiguierung des Wortens: Semantisch chiffrierter Kode Blick- und Aufmerksamkeitsfang der wortzentrierten Werbung ist die Schlagzeile. 90% aller Benutzer lesen oder hören nur den Slogan (Huth/Pflaum 1991:110). Die Schlagzeile entscheidet darüber, ob ein Benutzer neugierig auf den Text wird und ihn tatsächlich lesen wird, d.h. sich von seinem eigentlichen Text ablenken und auf die Werbung einlassen wird. Die Schlagzeile liefert sprachliche und bildliche Informationsrahmen als Ideen. Die Ideen werden oft nicht explizit, sondern als sprachliche Hinweise verschlüsselt. Werbungen werden (in der Tradition poetischer Verfahren) oft als Rätsel konstruiert. Es gilt, hinter den kodierten Wörtern die gemeinten Ideen zu entdecken: Somehow it seems to fill my head with ideas - only I don't know exactly what they are (Lewis Carroll, op.cit., S. 179)
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sagt Alice im Wunderland als Reaktion auf Humpty Dumptys Rätsel, die sie ohne seine Hilfe nicht versteht. Die Hilfe besteht in der Kontextualisierung der Nachrichten. Die Verschlüsselung von Ideen, die allgemein als poetisches Verfahren in literarischen Kontexten untersucht wird, hat als Kommunikationsstil über Werbetexte in den öffentlichen Alltagssprachgebrauch Einzug gehalten. Ein Sprachwissenschaftler reduzierte bereits in den 60er Jahren den Unterschied zwischen öffentlichen und literarischen poetischen Diskursen auf die ökonomische Differenz: Sponsored (Werbung) und unsponsored poetry (Dichtung) haben gemeinsam, dass sie hinter den Objekten ihrer Erfahrung eine andere Symbolwelt darstellen (Hayakawa 19784:238, 240). Werbung spielt mit für Konsumenten attraktiven Imaginationen, die im Worten eingefangen werden sollen. Die Chiffrierung von Bedeutungen als Imaginationen sind ein Kennzeichen der Variabilität des Wortens des IECP und werden ermöglicht durch die Komplexität lexikalischer Konfigurationen: Wörter bestehen aus phonologischer, syntaktischer und semantischer Information in Relation zu einem Kontext (vgl. Kapitel 2.3.1.). Wenn diese Informationen so kodiert werden, dass ein intentional konstruierter Kontext in das Worten als zu aktivierendes Hintergrundwissen in Sprachverstehensprozesse einfließt, entstehen im inneren Lexikon neue und mehrdeutige Lesarten: It is characteristic of natural language that no word is ever limited to its enumerable senses, but carries within it the qualification of'something else' (Bolinger 1965:567).
Die Variabilität von chiffrierten Wortbedeutungen (zwischen Referenzrelationen und Inferenzrelationen), die der Sprachbenutzer erkennen kann, liegen auf einem Kontinuum von Bedeutungswechsel (pragmatische Variabilität) über Polysemie (semantische Variabilität) zu Homonymie (zufällige Ähnlichkeit verschiedener lexikalischer Konfigurationen).5 Im Sinne des Prinzips, dass das Wort situative Bedeutungen im Sprachverstehensprozess ('something else') auslösen kann, ist ein Charakteristikum des Kommunikationsstils des IECP, dass das in der lexikalischen Semantik angenommene Prinzip der Monosemierung (s. Kapitel 2.3.3.) pragmatisch durchbrochen wird. Das Worten in der Werbung durchbricht monosemierende Sprachverarbeitungsprozesse, die das habituelle lexikalische Sprachkönnen auszeichnen. Bei chiffrierter Mehrdeutigkeit können mehrere Lesarten einer Kommunikationseinheit entstehen:
S. dazu grundsätzlich Ruh! 1989:70.
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On our next program, see how the Beetles racked up record sales Thirty years ago, when no one really wanted an economy car, Volkswagen sold millions of the ugliest economy cars ever produced. ... "Selling the dream" is proudly brought to you by Southwestern Bell, February 13 at 9 p.m. on PBS.... And see how advertising helped get the bug out. Abb. 15: Ambiguiertes habituelles Worten Die Ambiguierung geschieht über die kotextuelle Chiffrierung zweier kognitiver Schemata, die über den situativen Kontext (Werbung für den Käfer von Volkswagen) auf ein anderes Konzept im inneren Lexikon (Pop-Gruppe die Beatles) gelenkt werden. Die konventionellen Lexeme Beetles und record sales werden kotextuell ambiguiert durch (1) die kollokative Ambiguierung, (2) die paradigmatische Relation der Homophonie und (3) die syntaktische Ambiguität von record sales. Zwei Lesarten entstehen damit beim Lesen zwischen den Zeilen: Zum einen die über die Bildnachricht verstärkte Information Beetles racked up record sales (wobei record sales -> Adj N) und zum anderen die Nachricht Beatles racked up record sales (wobei record sales -> Kompositum N N).
4.3.2. Lexikogrammatisch degradierter und semantisch hochgradierter Kode Ad hoc-konfigurierte lexikalische Einheiten fungieren als Ideeneinheiten, die über dem morphosyntaktischen Matrix-Kode und dem Kontext je nach Sprachbenutzer unterschiedliche Konzeptualisierungsprozesse auslösen. Wichtig ist dabei die Komplementarität von referentiellen (datengeleiteten) und inferentiellen (konzeptuellen) Problemlösungen. Das generelle Verfahren der Werbetexter ist das der substitutiven Bedeutungsbildung: Im Kommunikationskode wird etwas sprachlich abgebildet, das als Platzhalter für ein anderes semantisches Konzept fungiert, d.h. die Bedeutungskonstituierung erfolgt über in absentia konstruierte lexikalische Einheiten des Sprachsystems im inneren Lexikon. Bereits zu Beginn dieser Arbeit hatte ich, programmatisch am Exemplum "The sole eau", lexikogrammatisch degradierten und semantisch hochgradierten Kode eingeführt. Kontexteingebundene lexikalische Konfigurationen wie "The sole eau" können nur mit Hilfe des situativ-modifizierenden Sprachkönnens und somit situationsgebunden verstanden werden. Wenn wir den Kontext der Werbung einbeziehen in die lexikalische Analyse, kann dieser Slogan (im Sinne einer Problemlösung) entschlüsselt werden:
89 the bestimmter Artikel sole Adjektiv, aus Gründen einer (einen möglichen Transfer auslösenden) Homophonie statt only in diesem Slogan eingesetzt eau frz. Nomen, substituiert das engl. water (Ellipse von mineral-water) aus lautlichen Gründen ([o]) > + Gründen des semantischen Transfers gewählt (Prestige-Mineralwasser aus dem Land der europäischen Ess- und Trinkkultur)
Bildnachricht: Flasche Mineralwasser im Spotlight, vor rotem Samtvorhang, evoziert das Theater, eine Bühne, einen Auftritt als Solist
The sole eau "The only Perrier" referentielle
inferentielle
Abb. 16: Beispiel (inferentieller und referentieller) selektiver Prozesse der Informationsausbreitung bei lexikogrammatisch degradierter Kodierung Das Verfahren des Wortens als vom Leser im inneren Lexikon zu entschlüsselnde Bedeutungskonstituierung wird in der Unterhaltungskultur bewusst eingesetzt. Ich möchte dies an einer Kette von Slogans, die im Umfeld der Perrier-Kampagne entstanden, verdeutlichen: (1) Poetry in meaution: Weiterer Slogan von Perrier, der mit zwei Lesarten spielt: (1) Hintergrundwissen (ein bekannter Oldie-Titel der Pop-Musik "Poetry in Motion") und (2) intendierter schematischer Transfer auf ein Produkt (auf dem Bild sprudelt das Mineralwasser in einer eine sekundäre Bedeutung abbildenden Bewegung ins Glas) (2) Eau 71 / Eau 81:Werbeslogen von Perrier (an Bushaltestellen) während der Einführung der neuen regionalen Telephon-Vorwahlnummern in London (071/081). Die Zahl 0 wird im gesprochenen Englisch als Vokal [o] realisiert (3) Eauverpriced: Chiffrierung des hohen Preises des Prestige-Produktes Perrier in einer fiktiven Werbeanzeige in einem Satire-Magazin (The Best of Private Eye 1982-1985) (4) Eau Eau 7: Überschrift eines Berichts über die Galaveranstaltung von Perrier zur Premiere des neuen James Bond (007) Films „Goldeneye" in einem Lebensstilmagazin (GQ 11, 1995) (5) S-eau-1 mates: Überschrift einer Rezension zweier Bücher über Schwimmbäder und Badekultur in einer Wirtschaftszeitung (The Economist 19/6, 1999)
Professionelle Textproduzenten in der Unterhaltungskultur (wie Werbetexter und Zeitschriftenredakteure) setzen auf kontextualisierendes Worten und Techniken der Ambiguierung bzw. das Spiel mit phonologisch evozierbaren Homonymen.
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Dass das lexikogrammatische System des Englischen in Werbeagenturen als Ressource gesehen wird und nicht als verbindliches Konventionssystem, zeigt die berühmte Kampagne der Firma "Heinz" für ihre Konserve Baked Beans: (1) Heinz buildz kidz (2) Beanz meanz Heinz (3) Beanz bargainz
Hier fungiert z als pseudo-Allomorph und pars pro toto für den Firmennamen Heinz (die lexikogrammatisch erwartbare Kasus-Numerus Kompatibilität in (2) pragmatisch aufhebend). Substitutive Bedeutungsbildungsprozesse können auch durch die Absorbierung von Wissensmustem zu einer dialektalen Variabilität (z.B. von Aussprachephänomenen bestimmter regionaler Varietäten) ausgelöst werden. Ein Beispiel dafür ist folgende Schlagzeile in einer Zeitschrift: Fink tank: Überschrift eines Berichts in der britischen Ausgabe der Zeitschrift Vogue über einen Vortrag von Alain Finkielkraut in London (zeitgenössischer französischer Kulturphilosoph, der in einer elitären Bildungsinstitution Frankreichs wirkt)
Die Enträtselung kann über die Verarbeitung von Sprachwissen erfolgen: Zum einen kann über das Erkennen des Wortbildungsmusters des Clippings (vgl. Kapitel 5.4.2.) Fink als pars pro toto Finkielkraut rekonstruiert werden. Zum anderen wird für kompetente Sprecher des Englischen das substitutive Spiel Fink tank < -> Think tank verständlich aufgrund des Hintergrundwissens über die Variabilität von Aussprachephänomenen in englischen Dialekten: Im Londoner Soziolekt Cockney wird der interdentale palatale Frikativ durch den labiodentalen Frikativ substituiert.
4.3.3. Vermischung von mündlichen und schriftlichen Kommunikationsstilen: Puns and riddles Sprachspiele in schriftlichen Texten können als ein Signal angesehen werden, das die Vermischung von mündlichen und schriftlichen Kommunikationsstilen relativ zu Kontrollprozessen in der Bedeutungskonstituierung verrät: Puns are essentially oral.... They offend literacy because they "oralize" it, they move language away from the discipline of literacy toward the less controlled, more context-determined usages of an oral culture.... Oral language is context and function oriented rather than rule oriented (Fiske 1989:112).
Kontextualisierendes Sprachverhalten lässt Raum für ein Lesen zwischen den Zeilen und integriert individuelle Kenntnisse (idiomatisches und lexikalisches Wissen) und individuelle Erfahrungen (episodisches Wissen, Weltwissen) in Sprachverarbeitungsprozesse. Die Vari-
91 abilität im Worten des IECP versucht den kohäsiven Kontrollräumen des habituellen Sprachgebrauchs zu entkommen durch Chiffrierungen des Kodes. Der Hinweis zur Dechiffrierung kann im Text als Anweisung explizit gegeben sein, wie in den beiden nächsten Beispielen. Trotzdem wird der Leser der ersten Anzeige den fettgedruckten Hinweis als Anweisung zum Leseverhalten nicht verstehen. Erst durch die Konfrontation mit unverständlichem Worten wird (unter dem Prinzip der Suche nach Sinn) backwards als Anweisung erkannt, Wörter von hinten (also entgegen der Konvention von rechts nach links) zu lesen: BACKWARDS THE DRAG AND DRAOB EMAG THAT'S A TOL OFNUF. IT'S THE EGAR AT ALL DOOG SEROTS. Abb. 17: Chiffrierter Kode I: Backwards Tatsächlich werden die Konfigurationen DRAC/DRAOB etc. erst rückwärts gelesen sinnvoll: "The card and board game that's a lot of fun. It's the rage at all good stores." Auch das folgende Beispiel ist nicht gleich verständlich - der lexikogrammatisch degradierte Kode wird über eine verschlüsselte Anweisung semantisch hochgradiert:
Abso ut Country of Sweden Vodka
Absolut noel There is no purer Vodka than Absolut. Serve very co d. Abb. 18: Chiffrierter Kode II: noel und no 1 Der Schlüssel ist in der Kodemischung zu suchen, die (parallel verarbeitet mit den kotextuellen Signalen des fehlenden Graphems in den Konfigurationen co d cold und Abso ut Absolut) auch die Information "no I" auslösen kann. Als Anweisung zur Dechiffrierung verstanden, kann damit der degradierte Kode im Firmennamen und im Begleittext (serve very co d) verstanden werden.
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4.4. Variabilität des Wortens: Literacy of joint authorship 4.4.1. Sekundäre Literalität: Chiffrierungen Worten als unmittelbar in einen Kontext eingebundenes, situativ-modifizierendes Sprachkönnen, das nur über Vergleichsprozesse (zwischen dem enkodierten, morphosyntaktisch degradierten oder semantisch hochgradierten Worten und einem sinnstiftenden Erschließen auf dem Hintergrund eines habituellen Wortens der Norm) wirksam werden kann, verlangt eine spezifische Form der Literalität. In einer Studie zur Literalität betont Barton, dass literacy ein relativ neues Wort des Englischen ist, das anfänglich nur als literate und illiterate dokumentiert ist. Im OED ist literate in der Bedeutung von 'educated' in einer Quelle von 1432 aufgeführt. Johnsons Wörterbuch hat nur das verwandte illiterate als Eintrag, und Wörterbücher in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geben die Bedeutung von literate mit 'educated' oder 'learned' an. Erst im 20. Jahrhundert tritt literate mit der Bedeutung 'being able to read and write' auf, die in den aktuellen Wörterbüchern aus Hauptbedeutung aufgeführt ist (Barton 1994: 20).6 Dass heute wieder die Bedeutung von 'educated' und 'learned' sich durchsetzt, sieht man an aktuellen Wortbildungen wie computer literacy, media literacy und cultural literacy. Kulturelle Literalität ist eingebunden in das Beherrschen der primären Literalität im Sinne von 'being able to read and write' und einer erweiterten Literalität, die sprachkulturelle Wissensbereiche und Konzepte, die vorwiegend schriftlich tradiert werden, mit einschließt: World knowledge is essential to the development of reading and writing skills. What [Chall, K-S] calls world knowledge I call cultural literacy, namely, the network of information that all competent readers possess. It is the background information, stored in their minds, that enables them to take up a newspaper and read it with an adequate level of comprehension, getting the point, grasping the implications, relating what they read to the unstated context which alone gives meaning to what they read (Hirsch 1988:2).
Dieser Aspekt von Literalität (als Kompetenz im Umgang mit Sprachtätigkeiten einschließenden Wissensbereichen) wird in der folgenden Definition unterstrichen: We approach literacy as a set of socially organized practices which make use of a symbol system and a technology for producing and disseminating it. Literacy is not simply knowing how to read and write a particular script but applying this knowledge for specific purposes in specific contexts ofuse(Scribner/Cole 1981:236).
Literalität umfasst damit nicht nur zwei der modalen Sprachtätigkeiten (Lesen und Schreiben), sondern auch deren gesellschaftliche Funktionen und Wirkungen: Literalität ist das Resultat der familiär und institutionell vermittelten sprachkulturellen Sozialisation und Bestandteil des individuell variablen Sprachkönnens. Literalität setzt voraus, sich im Geflecht von über die modalen Sprachtätigkeiten übermittelter, kulturell relevanter Information zurecht finden zu können. Dazu gehört nicht nur
Vgl. die Studie von Grundmann, H. (1958): Litteratus - illiterates. Der Wandel einer Bildungsnorm vom Altertum zum Mittelalter. Archiv für Kulturgeschichte 40, 1-65.
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die Kenntnis bestimmter geschichtlicher, naturwissenschaftlicher und literarischer Texte, Figuren und Methoden, sondern auch die Kenntnis grammatischer und lexikogrammatischer Muster des Sprachsystems und -gebrauchs sowie die Fähigkeit, die Bausteine des Kenntnissystems miteinander zu verflechten. Der Versuch, ein solches Kenntnissystem für die amerikanische Sprachkultur zu entwerfen, wurde Ende der 80er Jahre vorgelegt als ein Wörterbuch zur kulturellen Literalität (Hirsch et al. 1988, vgl. Schwanitz 1999 für den deutschsprachigen europäischen Kulturraum). Wenn neue Kommunikationstechniken ältere Verfahren ablösen bzw. ergänzen, werden Veränderungen als Bedrohung und als Ausdruck der Verrohung von Kultur angesehen (vgl. Steiner 1972). Aussagen über die Entwicklung der Fähigkeiten zu funktional angemessenem Agieren mit Geschriebenem und Gedrucktem sind in diesen programmatischen Ausrufen meist nicht enthalten. Sprachkönnen wird durch neue Kommunikationsstrukturen qualitativ verändert. Dies gilt nicht nur für neue Kommunikationstechniken, wie Eisenstein für die Erfindung des Buchdrucks zeigt (Eisenstein 1979) oder wie es McLuhan für die elektronischen Medien voraussagte (McLuhan 1964). Dies gilt insbesondere auch für die soziokulturelle (funktionale) Zuweisung der Inhalte von Literalität innerhalb bestimmter Gesellschaften. Ein Umbruch, der das sprachkulturelle Umfeld unserer Zeit prägt und viel zu wenig beachtet wird, ist der, dass sich neben die Informationskultur auch eine Unterhaltungskultur schob.7 Dass Informations- und Unterhaltungsliteralität ineinander fließen können, zeigen Formen von sekundären Funktionen von Literalität: Sekundäre Funktionen sind dadurch charakterisiert, dass sie Zeichenrelationen zwischen Objekten, die die Form von Ausdrücken der geschriebenen Sprachform besitzen, und Zeichensystemen anderer Ordnung herstellen. Die primäre Funktion der geschriebenen Sprachform, sprachliche Zeichen in einer materiellen Substanz, nämlich graphisch auszudrücken, wird überlagert und dominiert von der Funktion, Zeichen anderer Ordnung auszudrücken. ... In ihrer primären Funktion ist die geschriebene Sprachform Medium und Instrument der Repräsentation von sprachlichen Zeichen, in sekundären Funktionen wird sie zu Konstruktionsmaterial für andere Zeichensysteme. ... Die Elemente der geschriebenen Sprachform werden zu Konstruktionsmaterial, das unterschiedslos neben anderen nicht schriftformigen Zeichen verwendet wird (Glück 1987:203f.).
Es gibt eine alte Tradition der Chiffrierung von Schrift und doppeldeutigen Wortspielen, die doppelte Lesarten ermöglichen. Berühmt sind in der Anglistik die vermuteten Geheimbotschaften in den Shakespeare zugeschriebenen Werken betreffs der Verfasserschaft und die Generationen von Literaturwissenschaftlern bereits beschäftigende Auslegung und Deutung seiner assoziativen Wortspiele.8
Eine auf hohem Niveau stehende Auseinandersetzung damit ist Bohrer, der zwischen New Culture. Old Culture und Popular Culture differenziert in Bohrer, K.H. (1979): Die drei Kulturen. In: J. Habermas (Hg.): Stichworte zur geistigen Situation der Zeit. Bd. 2. Frankfurt: Suhrkamp, 636-669. Zu Lesarten von Geheimbotschaften im Ersten Folio und die ausbrechenden Verfasserschaftskontroversen, s. Schaben, 1. (Hg.) (1972): Shakespeare Handbuch. Stuttgart: Kröner, 187ff. S. a. Hocke 19912:354ff. zu Metaphorik und Wortspielen bei Shakespeare. Dass das Thema nach wie vor auf Interesse stößt beweist Klier, W. (1994): Das Shakespeare-Komplott. Göttingen: Steidl (das in kürzester Zeit eine zweite Auflage erreichte).
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Eine weitere (auf antik-semitische und orientalisch-griechische Verfahren zurückgehende) Spielart ist die Verschränkung von sprachlichen, graphischen und bildlichen Repräsentationssystemen. In der Tradition der Isopsephie zum Beispiel werden verborgene Beziehungen in den Wörtern durch Kombinationen von Buchstaben und Zahlen hergestellt.9 Die Verbindungen von Buchstaben und Bildern, sogenannte Emblematiken, spielen ebenfalls in bestimmten literarischen Traditionen eine Rolle (Hocke 1991:419ff.). Die herzustellenden Entsprechungen, die zum einen aufgrund räumlicher Setzungen entstehen, zum anderen aber auch aufgrund selektiver substitutiver (semantischer) Entsprechungen, erscheinen meist in Form von Rätseln. Ein Beispiel für eine geistreiche räumliche Chiffrierung von Buchstabenkonfigurationen stellt der folgende, Friedrich dem Großen und Voltaire unterstellte schriftliche Dialog dar: Friedr. d. Gr.: P
VENEZ
Voltaire:
CI
SANS
Ga
Abb. 19: Chiffriertes Worten: Emblematische Entsprechungen Wenn man die abgebildeten Konfigurationen über einen sinnstiftenden Aufmerksamkeitswechsel und kohärentes Lesen zwischen den Zeilen reorganisiert, versteht man, dass es sich um eine verschlüsselte Einladung handelt: Entschlüsselt erscheint die Frage Venez souper ä Sanssoucfi (venez, sous P geschrieben, sans, sous ci geschrieben) und die Antwort J'ai grand appetit\ (abgebildetes G grand, a petit).,'° Das Ausdeuten von Sprachgebrauch verlangt eine Kenntnis situativ-modifizierender Techniken, die, wie ich oben gezeigt habe, in der Entschlüsselung des sprachlichen Kodes und der Suche nach Entsprechungen von abgebildeten und intendierten Informationen bestehen. Dies möchte ich noch einmal an einem Bilderrätsel (Rebus) illustrieren, eine insbesondere im angelsächsischen und französischen Kulturbereich als Teil des habituellen Sprach-
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vor auf Interesse stößt beweist Klier, W. (1994): Das Shakespeare-Komplott. Göttingen: Steidl (das in kürzester Zeit eine zweite Auflage erreichte). Am bekanntesten ist das Spiel mit den Psephos in der Kabbala und Alchemic, s. Hocke 19912:312ff. Curtius 1948, 1978 systematisiert die Einflüsse lateinischer kryptischer literarischer Stilformen auf die europäische Literatur. Ich verdanke dieses (von Romanisten im Schul- und Universitätsunterricht gern benutzte) Beispiel Hartmut Burmeister und Helmut Lüdtke
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könnens bekannte Form der Chiffrierung. Des Rätsels Lösung liegt in einer Aufmerksamkeitsverlagerung von bildlich dargestellten Informationen zu verbal intendierten Informationen über die Integration von graphisch vorhandenen Anweisungen. Die Kunst im Sinne der sekundären Literalität ist, die hinter der repräsentierten Information liegende Bedeutung zu finden:
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Abb. 20: Bildrätsel: Worten als Suchprozess " Die Entsprechungen von Wort- und Bildkodes (als informationstragende Konfigurationen) können auch, wie ich es für das Phänomen des Sprachkontaktes gezeigt habe, miteinander verschränkt werden, wodurch der sprachliche Kode ambiguiert (d.h. semantisch hochgradiert) werden kann. Dies soll das nächste Beispiel zeigen, bei dem rat als Rebus wirksam wird:
Aus: Green, B. (1992): Wacky Wordbats. Woodbridge: Henderson. Die Auflösung ist für das linke Beispiel pass word, für das rechte Beispiel penknife.
Abb. 21: Intertextuelle Ambiguierung über das Rebus-Prinzip: InterRATion12 Über das (als eine Ideeneinheit aus einem Nomen proprium herausgelöste) rat transportierte bildliche Informationen verschränken sich mit dem aktiviertem kulturellen Hintergrundwissen zu den (literarischen) Gestalten Marat, Nosferatu und Sokrates. Kommunikationsarten, bei denen der Leser eine Bedeutung herauslesen muss, werden von Fiske als Produzenten- oder schreiborientierte Texte bezeichnet. Auf Barthes zurückgehend, stellt er dar, dass es zum einen leserorientierte Texte gibt: Sie sind über das habituelle Sprachkönnen lesbar, weil sie entsprechend der Konvention textgrammatisch kohäsiv gestaltet sind. Schreiborientierte Texte hingegen müssen beim Prozess des Lesens in der Einbindung von Sprach- und Weltwissen über das Nachdenken vom Leser rekonstruiert werden. Produzentenorientierte Texte sind Texte, die beide Qualitätsmerkmale umfassen, es sind im Grunde einfach zu lesende Texte, die aber semantisch offen bleiben und es dem Leser überlassen, eine Bedeutung zu finden (Fiske 1987:94ff).
4.4.2. Aggregierende Literalität: Ko-Autorentexte des Homo Faber und Homo Ludens Ich möchte einen Typ des Textes in der Unterhaltungskultur als Konsumkultur vorstellen, der die Variabilität im Worten des IECP konstitutiv einsetzt und zwischen produzentenorientiertem und schreiborientiertem Text als Ko-Autorentext anzusiedeln ist. Den in Kapitel 4.3. und 4.4.1. aufgezeigten Beispielen degradierten und hochgradierten Wortens ist gemeinsam, dass sich ein anonymes Team hingesetzt hat und etwas erdacht und kodiert hat, das als bedeutungsvolle Nachricht erst im Lexikon eines konkreten Lesers des Textes entsteht aufgrund selektiver Informationsverarbeitungsprozesse der Interaktion von kodierter Information und kontextualisiertem (individuellen) Hintergrundwissen. Texte dieser Art entstehen eigentlich erst durch das Zusammenspiel zweier Autoren: Der produzierende Autor (konventionell der Autor) denkt sich lexikogrammatisch degradiertes oder semantisch hochgradiertes Worten aus. Der rezipierende Autor (konventionell der Leser) ent-
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Jan Hochbruck in Koll 1984:17f.
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schlüsselt die kodierten Informationen. Autor (1) und Autor (2) konstruieren einen bedeutungsvollen Text, der im wesentlichen im inneren Lexikon erdacht bzw. rekonstruiert wird, als Ko-Autoren. Diesen Typ von Text, der sich in unserer populären Unterhaltungskultur im Grenzgebiet der aggregierenden Kommunikationsarten etabliert hat (zwischen schriftlichen und mündlichen situationsgebundenen Kommunikationsstilen), möchte ich Ko-Autorentext nennen (vgl. auch Forrester's Konzept des re-author, 1996:176ff.). Ko-Autorentexte sind möglich, wenn die in der Kulturanthropologie konzipierten homo faber und homo ludens zusammen arbeiten.13 Der homo faber als Ko-Autor (1) denkt sich ein Worten aus, das er, um einen potentiellen homo ludens neugierig zu machen, chiffriert, indem er den Kode degradiert oder hochgradiert. Der homo ludens muss als Ko-Autor (2) den degradierten oder hochgradierten Kode kohärent entschlüsseln, wenn er ihn verstehen will. Schreiben als Chiffrieren von Bedeutungen und Lesen als Herauslesen von Bedeutungen stehen im Mittelpunkt des sprachkulturellen Spiels der Textualität der gemeinsamen Autorenschaft von Textproduzent und Textrezipient. Degradierter Kode, der nur über ein sinnstiftendes Nachdenken des Sprachbenutzers Bedeutungsbildungsprozesse auslösen kann, setzt zwei Facetten des situativ-modifizierenden Sprachkönnens im Sprachbenutzer frei, die des homo faber (als Sinnbild für ein Sprachkönnen, das Text bewusst degradiert kodiert hat) und die des homo ludens (als Sinnbild für ein Sprachkönnen, das bereit ist, Text neu und sinnvoll zu rekodieren). Professionelle Humpty Dumptys setzen auf den Sprachbenutzer als homo ludens, wie das nächste Beispiel zeigen soll: ingle ells, ingle ells. The holidays aren't the same without J&B Scotch Whisky. Abb. 22: Degradierter Kode: Der Leser als Ko-Autor In der Januarausgabe des Playboy 1991, die in den ersten Dezembertagen ausgeliefert wird, wurde für einen Whisky Reklame auf einer ganzseitigen Anzeige gemacht, die zunächst einmal auffiel durch ihren Farb-Kode: Die Hintergrundfarbe war grün, die Buchstaben waren weiß gesetzt, der Produktname hatte rote Buchstaben. Über diesen Farb-Kode wird (im Dezember) automatisch im inneren Lexikon des Lesers das Wissensschema „Weihnachten" aktiviert. Über eine Wissensausbreitung und einen Vergleichsprozess kann dann auch die zunächst sinnlos erscheinende verbale Konstruktion ingle ells, ingle ells dem bekannten (im Sinne von wiedererkannten) Weihnachtslied jingle bells, jingle bells zugeordnet werden. Die jeweiligen Anfangsbuchstaben der Lexeme der Liedzeilen wurden als Initialismus (zu dem Produktnamen J&B) herausgelöst aus ihrem linearen lexikogrammatischen Netzwerk in ein substitutives semantisches Netzwerk.
S. zur anthropologischen Darstellung des homo ludens insbesondere Huizinga 1938, 1956.
98 Sprachspiele dieser Art, bei denen der Ko-Autor (1) sprachliche Kodierungen und andere konventionelle Kodierungen (wie den symbolischen Farbkode) chiffriert, können nur über ein Lesen als Kontextualisieren und Reorganisieren der enkodierten Information verstanden werden. Kotext und Kontext müssen vom Ko-Autor (2) auf bedeutungsauslösende Signale abgetastet und Sprach- und Weltwissen sinnvoll miteinander vernetzt werden. Ko-Autorentexte können Bedürfnisse des homo ludens und des homo faber befriedigen, weil sie Produkte psychologisierender Texterstellungspraktiken sind. McLuhan stellte schon vor dreißig Jahren fest: The continuous pressure is to create ads more and more in the image of audience motives and desires. The product matters less as the audience participation increases. ... Far more thought and care go into the composition of any prominent ad in a newspaper or magazine than go into the writing of their features and editorials (McLuhan 1964:226, 228). Der Kommunikationsstil, der Leser oder Zuhörer aktiv in die Entschlüsselung von Nachrichten einbindet, manifestiert sich im Ko-Autorentext. Diese Texte, die kreative Werbung als literarische Kleinkunst etabliert haben, basieren auf einer Literalität der gemeinsamen Autorenschaft von Produzent und Leser des Textes.14 14
Bestimmte Werbekampagnen werden als kulturelle Artefakte hochstilisiert, weil sie Spielraum für Interpretationen des Lesers lassen bzw. erst durch den Interpretationsprozess des Lesers als kohärente Texte entstehen. Koll-Stobbe 1995 fuhrt als Beispiel dafür die in den späten 80er und 90er Jahren erfolgreiche Silk Cut Kampagne an, eine Image-Werbung, die ohne sprachlichen Kode aufgebaut ist. Lediglich das Government Health Warning als gesetzlich vorgeschriebener Teiltext identifiziert (über ein kognitives Schema) die Kommunikationsart als Werbung für Zigaretten. Die Kampagne begann damit, dass die Bedeutung des Produktnamens Silk Cut direkt abgebildet wurde. Das Herauslesen einer Bedeutung durch den Leser als Koautor geschieht freiwillig und als Spiel: Nicht nur jeder 'normale' Sprachbenutzer kann dies als homo ludens tun, sondern auch professionelle Leser und Literaturwissenschaftler tun es. David Lodge gibt in seinem Roman Nice Work (1989) eine assoziative Deutung der Silk Cut-Werbung als bildliche Chiffre, die über das Nachdenken eine konkrete sprachliche Bedeutung erhalten kann. Lodge (der ein ausgewiesener Hochschullehrer für Literatur ist und von mir deshalb im Kontext einer wissenschaftlichen Arbeit zum Sprachkönnen zitiert wird, obwohl seine Interpretation das Schamgefühl einiger seiner akademischen Kollegen verletzen könnte) lässt seine Protagonisten Robyn und Vic folgendes in der wie oben beschriebenen Werbung erkennen: "Every few miles, it seemed, they passed the same huge poster on roadside hoardings, a photographic depiction of a rippling expanse of purple silk in which there was a single slit, as if the material had been slashed with a razor. There were no words on the advertisement, except for the Government Health Warning about smoking. This ubiquitous image, flashing past at regular intervals, both irritated and intrigued Robyn, and she began to do her semiotic stuff on the deep structure hidden beneath its bland surface. It was in the first instance a kind of riddle. That is to say, in order to decode it, you had to know that there was a brand of cigarettes called Silk Cut. The poster was the iconic representation of the missing name, like a rebus. But the icon was also a metaphor. The shimmering silk, with its voluptuous curves and sensuous texture, obviously symbolized the female body, and the elliptical slit, foregrounded by a lighter colour showing through, was still more obviously a vagina. The advert thus appealed to both sensual and sadistic impulses, the desire to mutilate as well as penetrate the female body. ... "You must have a twisted mind to see all that in a perfectly harmless bit of cloth", Vic said. "What's the point of it, then?" Robyn challenged him. "Why use cloth to advertise cigarettes?"
99 Texte, die als Ko-Autorentexte das situativ-modifizierende Sprachkönnen eines Ko-Autors beanspruchen, verlangen ein sinnstiftendes, selektives Prozessieren von abgebildeten Informationen. Ko-Autorentexte (als spezifische Produktionsverfahren des Wortens im IECP) arbeiten mit dem Verfahren der Bedeutungsbildung durch die Verschränkung von Sprache (als einem absorbierenden Kode) und Bildern (als absorbierten Informationen):
Bild
Kodeverschränkung
Ll "Sprache
L2 Abb. 23: Verschränkungen: Sprachwechsel und Sprach-Bild-Wechsel Ein weiteres Beispiel in Abb. 24 soll situativ-modifizierendes Worten verdeutlichen, das mit Bild- und Sprachverschränkungen spielt. In diesen beiden Anzeigen für Milch ist das Worten lexikogrammatisch degradiert. Dennoch können wir vermuten, dass es sich um eine wortähnliche Konfiguration handeln könnte, da eine räumliche Nähe der Konstituenten arrangiert ist (hinweisend auf die Delimitation des Wortes als Buchstabenkette). Im ersten Beispiel muss ein Teil der bildlichen Nachricht wörtlich genommen und mit dem sprachlich abgebildeten Kode parallel verarbeitet werden (eine abgebildete Flasche als ikonisch-kryptisches Zeichen für 1+st -> first; vier abgebildete Flaschen -> four + most + Vernetzung über Homophonie [four fore-] -> Aktivierung des Lexems foremost kollokative Lesart: first and foremost). Im zweiten Beispiel muss über eine assoziative Informationsausbreitung eine Semierung ausgelöst werden, die dann mit der sprachlichen Nachricht verschränkt das Adjektiv thirsty aktivieren kann (vgl. Koll-Stobbe 1991):
"Well, that's the name of 'em, isn't it? Silk Cut. It's a picture of the name. Nothing more or less" ... "When they are represented they acquire additional meanings, " said Robyn. "Signs are never innocent.... Silk has nothing to do with tobacco. It's a metaphor, a metaphor that means something like "smooth as silk". Somebody in an advertising agency dreamt up the name "Silk Cut" to suggest a cigarette that wouldn't give you a sore throat or a hacking cough or lung cancer. But after a while the public got used to the name, the word "Silk" ceased to signify, so they decided to have an advertising campaign to give the brand a high profile again. Some bright spark in the agency came up with the idea of rippling silk with a cut in it. The original metaphor is now presented literally. But new metaphorical connotations accrue - sexual ones. Whether they were consciously intended or not doesn't really matter" (op.cit.:220ff).
100
" - . : $ ? : - . f . : . . - "···-·. ·
Abb. 24: Situativ-modifizierendes Worten: Sprach- und Bildverschränkung Wie wichtig die sprachkulturell spezifische Sozialisation ist, die ein Spiel mit situationsentbundenen und situationsgebundenen Lesarten ermöglicht, illustriert die mögliche Interpretation des rechten Beispiels in interkulturellen Kontexten. Im Norden Kenias, wo es bei vielen Ethnien nicht üblich ist, Milch zu trinken, und wo weder eine mit der Verwendung von Milchprodukten entstandene Frühstückskultur herrscht, noch Milch in Flaschen abgefüllt wird, löste dieser Slogan eine spontane kontextualisierende Bedeutungszuweisung aus: "But why do you drink milk in a pigsty?"15 Die Frage, die hier pigsty und den Sprechakt einer Frage als mögliche Interpretation von sty? ausdrückt, beruht auf der sequenziell linearen Aktivierung einer semantischen Einheit im Sinne eines Mustervergleichs im inneren Lexikon. Wenn der aus sprachlichen und bildlichen Informationen entstehende Kode degradiert bzw. hochgradiert ist, muss der jeweilige (die Informationen entschlüsseln wollende) KoAutor syntagmatische oder paradigmatische Extensionen des kodierten Wortens vornehmen. Dabei muss er Signale im Worten erkennen, die eine Bedeutungskonstituierung auslösen können. Diese Signale sind nicht unbedingt strukturelle Einheiten des sprachlichen Kodes, sondern können, wie ich schon oben bei der J&B-Werbung gezeigt habe, beliebige Konfigurationen und Anweisungen im Worten sein. Entscheidend ist, dass sie über das relationale Netzwerk des mentalen Lexikons des Sprachbenutzers eine Bedeutungsbildung auslösen können. Ich möchte diese Signale als konfigurierende Formative bezeichnen. Der 15
Diskussion nach einem Vortrag von mir in Eldoret (Kenia) an der Moi-Universität, Mai 1991.
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bisher auf grammatische Elemente wie Fugenmorpheme oder Einheiten phrasealer Lexeme (s. Kapitel 2.3.1.) eingeschränkte Begriff Formativ erhält damit eine prozessuale Dimension. Formative sind die prozessualen Einheiten des situativ-modifizierenden Wortens, die semantische Prozesse im inneren Lexikon des Sprachbenutzers abbilden können. In der Variabilität des Wortens, wie ich sie in diesem Kapitel für einen funktionalen Kommunikationsstil vorgestellt habe, wird die Bedeutung des situativ-modifizierenden lexikalischen Sprachkönnens in unserer Sprachkultur (zwischen Informations- und Unterhaltungskultur) in situ beobachtbar. Sprachtätigkeiten des Wortens sind ein komplexes Wechselspiel aus Wahl (zwischen unbegrenzten Möglichkeiten), Selektion (unter einer gegebenen Anzahl von Alternativen) und Zwang (zu determinierten Schritten zwecks Erreichen eines selbst gesteckten Kommunikationszieles). Endogener Sprachwandel beruht auf dem Zusammenwirken von Entscheidungsfreiheit und Optimierungsstreben bei der Selektion (Lüdtke 1980:10). So gesehen, beobachte ich exogene Phänomene des Wandels im Worten, da das Zusammenspiel der endogenen Selektion von Wortbildungsverfahren exogenen Zwängen durch bestimmte, im öffentlichen Diskurs sich etablierende Wortbildungsverfahren unterliegt (Verfahren der Ciffrierung von lexikalischem Material). Thematisieren möchte ich Aspekte des Sprachwandels oder der Mutation (Bierwisch 1992:17) nicht. Wohl aber möchte ich untersuchen, inwieweit die über endogene Selektionsverfahren rekonstruierten Wortbildungsanalysen der Sprachwissenschaftler die kreativen Wortschatzerweiterungen des homo ludens als potentielle Wortbildungsmuster deskriptiv erfassen können.
5. Konkrete Lexikologie: Wortbildungsmuster und Wortschatzerweiterungsstrategien 5.1. Linguistische und lexikologische Betrachtung der Wortbildung "The time of the lexicon has set in ..." Dieses Zitat von Hakulinen stellt Bauer 1983 seiner Monographie zur englischen Wortbildung voran, um dann gleich zu bedauern: There is, at the moment, no single theory of word-formation, nor even agreement on the kind of data that is relevant for the construction of such a theory.... Given the confusion that reigns at the moment, it should be borne in mind that virtually any theoretical statement about word-formation is controversial, and that this book provides a starting point for discussion more than a body of accepted theoretical dogma (Bauer 1983:1).
Siebzehn Jahre danach hat sich die Situation nicht wesentlich geändert: Noch immer wird über den Status der lexikalischen Morphologie als Komponente der Syntax bzw. Komponente und Schnittstelle zwischen (bzw. mit) Lexikon, Syntax, Semantik und Pragmatik diskutiert (Fanselow 1985, Toman 1987, Spencer 1991, Carstairs-McCarty 1992, Sproat 1998). Auch darüber, ob die allgemeinen principles of grammar für Wortstrukturen gelten, gehen die Vorstellungen auseinander (Motsch 1990, Anderson 1992, Beard 1998, Toman 1998). Wortstrukturen entziehen sich, in Kapitel 2.3. für die lexikalische Semantik deutlich gemacht, einer theoretisch eindeutigen Analyse aufgrund des Problems der „Black Box"Gestalt von Wörtern: „Some of their properties [of words, that is, K-S] such as their internal structure are invisible, and hence inaccessible in syntax" (Toman 1998:320). Ich werde in diesem Kapitel deshalb auch nicht versuchen, die theoretische Morphologie darzustellen, die als außerordentlich komplizierter sprachwissenschaftlicher Bereich semantische, syntaktische und morphologisch-phonologische sprachliche Eigenschaften umfasst (s. dazu Hohenhaus 1996:Kp.4). Aufbauend auf dem Paradigmenwechsel von der strukturalistisch geprägten Wortbildungslehre zum von der generativen Grammatik geprägten Lexikalismus, werde ich vielmehr ausgewählte Problembereiche der Wortbildung vorstellen und anhand konkreter Daten aus dem, in den beiden letzten Kapiteln aufgezeigten Bereich des lexikalischen Sprachkönnens im Umfeld des Englischen als (Verkehrs-)Sprache der internationalen Informations- und Unterhaltungskultur (IESP/IECP, s. Abb.6 und Abb. 13.), überprüfen. Meine anschließende Systematisierung von Wortbildungsmustern des Englischen im Rahmen einer, nicht vorhersehbare Wortbildungsprozesse miteinbeziehenden Konkreten Lexikologie, verstehe ich als die Erstellung einer Diskussiongrundlage für einen auf den Sprachbenutzer ausgerichteten intentionalen Sprachgebrauch: Some scholars have insisted that the study of morphological productivity should confine itself to the study of words that are produced unintentionally.... This rules out entirely the study of unproductive morphology, which resembles more marginal forms of word-creation like the formation of blends... or acronyms... in being more likely to be intentional or noticed. However, less than fully productive morphological patterns are pervasive in language... Thus we find that morphology and pragmatics act together to enrich language's expressive potential (Aronoff/Anshen 1998:246).
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Die Wortbildungslehre bildet zusammen mit der Flexionslehre das linguistische Teilgebiet der Morphologie. Die formale Beschreibung von Wortbildungsmustern steht im Mittelpunkt der strukruralistisch geprägten (lexikalischen) Morphologie, die im wesentlichen Wortbildungsregeln anhand von Daten des Englischen synchron und/oder diachron rekonstruiert.1 Morphologische Arbeiten bzw. lexikologische Arbeiten zur Wortbildung des Englischen, die auch für eine konkrete Sprachwissenschaft Erkenntnisse bringen, sind Marchand 19692, Adams 1973, Aronoff 1976, Kastovsky 1982, Bauer 1983, Carter 1987, Lipka 1990, Katamba 1994, Hughes 2000, sowie die auf der Methode der Korpuslinguistik basierenden Arbeiten von Cannon 1987, Hohenhaus 1996 und Fischer 1998. Mir geht es zunächst einmal darum zu prüfen, inwieweit die linguistische Wortbildungslehre Konzepte und Beschreibungskategorien bereitstellt, die situativ selektives Sprachverhalten erfassen. Die Beschreibungsansätze der einzelnen Studien zur englischen Wortbildung und Lexikologie werde ich nicht ausführlich vorstellen, sondern anhand von Problemfeldern in der linguistischen Wortbildunglehre darstellen.
5.1.1. Sprachwissen: Wortbildung als Rekonstruktion von kombinatorischen Strukturen Das Hauptthema der linguistischen Wortbildungsstudien bilden Lexeme, die aufgrund von Affigierungen oder Kompositabildungen entstehen. Diese sogenannten komplexen Lexeme bilden für die meisten Autoren den eigentlichen Gegenstandsbereich einer lexikalischen Morphologie (Bauer 1983:30).2 Komplexe Lexeme werden nicht nur in Wortbildungsstudien zu Einzelsprachen, sondern auch in theoretischen Arbeiten zur Morphologie modelliert (Selkirk 1982, Bybee 1985, Toman 1987, Matthews 1991, Spencer 1991, Anderson 1992, Carstairs-McCarthy 1992, Lieber 1992, Katamba 1993), ohne dass, wie dies im obigen Zitat Bauer anmerkt, ein einheitliches Bild der Analyseergebnisse und Systematisierungsvorschläge entstünde. Ich werde im folgenden Fragestellungen zur Bildung komplexer Lexeme beleuchten, die komplexe Wortbildungen aus der Sicht einer Konkreten Lexikologie erhellen. Komplexe Wortbildungen und insbesondere Kompositabildungen werden in der lexikalischen Morphologie seit Bloomfield immer wieder mit Sätzen in Verbindung gebracht (Bloomfield 1933:227). Marchand, der in Deutschland exponierteste Vertreter der Satztheorie, formuliert entsprechend:
Zur Geschichte der englischen Wortbildung s. Stein 1973, Brekle/Kastovsky (Hgg.) 1977. Das Handbuch von Spencer/Zwicky (Hgg.) 1998 bildet die derzeitige Bandbreite der theoretisch ausgerichteten Morphologie ab. Ich gebrauche 'komplexe Lexeme' als Derivation und Kompositabildung umfassenden Begriff ähnlich wie Bauer 1983:29f. Andere Autoren schränken komplexe Lexeme auf Derivationen ein und setzen sie ab von Kompositabildungen (s. Lyons 1977:13.2, 13.3, Matthews 1974:40). Entscheidend ist der bei Derivationen (im Gegensatz zur Kompositabildung) regulär erfolgende Kategorien Wechsel. Der syntaktische Kategorienwechsel ist auch ein Argument dafür, eine Kategorie der Zero-Derivation zu schaffen. Aus diachroner Sicht ist diese Kategorie sinnvoll (s. Marchand 19692:359ff., Görlach 1974:82, Weimann 1982:109f.).
104 Morphological compounds (= compounds, suffixal derivatives, prefixal combinations) are 'reduced1 sentences in substantival, adjectival, or verbal form and as such explainable from 'full' sentences: washing machine sb from '(we) wash with a machine', color-blind adj from' (he) is blind with regard to colors', rewrite vb from '(we) write again' (Marchand 1969J:31)."
Wortbildungen werden als Syntagmen verstanden. Ein Wortbildungssyntagma kann aufgefasst weden als ein reduziertes Syntagma eines expliziten Syntagmas, des Satzes. Komplexe Wortbildungen im Sinne Marchands verweisen auf zugrundeliegende Sätze. Ziel seiner Wortbildungsanalyse ist das Erfassen von produktiven Wortbildungsmustern und die Dokumentation von Regularitäten, die er aus seinem umfangreichen Datenkorpus herleitet, systematisch auflistet und diachron erläutert. In der als Kompilation eines Wissensbestandes zu den Konstituenten komplexer Lexeme des Englischen erstellten Studie Marchands wird die Kombination von einfachen Lexemen und einfachen Lexemen und Affixen als in einem Determinans - Determinatum Verhältnis gesehen. Das Determinatum von Zusammensetzungen hängt immer mit dem Teil des zugrundeliegenden Satzes zusammen, der als bekannt angenommen wird (Marchand 19692:32). Das Determinans, das normalerweise dem Determinatum vorausgeht, spezifiziert dieses im Sinne einer Neuinformation. Dementsprechend stellt die bekannte Konstituente, das Determinatum, die syntaktische Kategorie bereit: appletree -> determinans apple spezifiziert determinatum tree synt. Kat. -> Nomen refurbish -> determinans re- spezifiziert determinatum furbish syntakt. Kat. -> Verb
Eine spezielle Kategorie von kombinatorischen Wortbildungen stellen Nominalisierungen dar, die nicht entsprechend dem obigen Schema als aus einem komplexen Determinans und einem (aus einem gebundenem Morphem bestehenden) Determinatum analysiert werden, sondern als Sätze interpretiert werden, wobei die Konstituenten der Wortbildung einer funktionalen Satzkonstituente entsprechen (Marchand 19692:32f., Lipka 1990:86ff.): Subjekt er someone who Subjekt
fights Prädikat
bulls Objekt
Das heißt, die komplexe Wortbildung referiert auf das Subjekt - Objekt Verhältnis und wird deshalb von Marchand als Verbal-Nexus Kompositum des Subjekttyps beschrieben (Marchand 19692:2.13.4 ).3
3
Lipka schlägt vor, die Kategorien von Filimores Case Grammar zu berücksichtigen, die eine genauere Klassifikation von Verbal-Nexus Bildungen ermöglichen würde. So wäre bullfighter dann eine Unterkategorie des S-Typs als Typ Aktant (Lipka 1990:91).
105
Die von Marchand eingeführte Methodik ist in der Praxis nicht in der Lage, die Bedeutungen von komplexen Lexemen als Morphemkonfigurationen über die Bedeutungen, auf die in den zugrundeliegenden Sätzen referiert wird, zu erschließen. Ein Beispiel wäre cleaning lady, das auf den Subjekttyp referiert (the lady cleans). Die Bedeutung aber, die hier eine Berufsbezeichnung und nicht bloß eine spezifische, auf eine Subjekt-Prädikatsrelation reduzierbare Lexikalisierung erfasst, geht aus dem zugrundeliegenden Satz und der Oberflächenrealisierung nicht hervor. Das heißt, das auf einer Projektion von Morphemen auf Satzstrukturen basierende Verfahren von Marchand ist nicht in der Lage, das Problem der Bedeutung von komplexen Lexemen (als prozessuales Phänomen) in befriedigender Weise einzubeziehen. Die eigentliche Leistung von Marchand 19692 sehe ich darin, dass er ein Kenntnissystem der englischen Affixe und Wortbildungsmuster auf historischer Basis erstellt hat. Dass nicht nur semantische Probleme bei der morphosyntaktischen Analyse von komplexen Lexemen auftreten, sondern auch formale, zeigten wiederum Nominalisierungen. Formale Idiosynkrasien bei der Bildung von Nominalisierungen können morphosyntaktisch nicht einfach erklärt werden. Chomsky verdeutlichte dies an idiosynkratischen deverbalen Nominalisierungen wie Tom 's gift of a rose to Harriett versus der morphosyntaktisch regelgeleiteten Gerundiumsbildung Tom 's giving of a rose to Harriett. Nominalisierungen des Typs gift sind nach Chomsky nicht abgeleitete Nominalisierungen, sondern müssen als Einheiten im Lexikon gespeichert sein, deren Bildung stärker eingeschränkt ist als die morphosyntaktisch zu beschreibende Gerundiumsbildung. So haben Nominalisierungen die Struktur von Nominalphrasen und lassen sich entsprechend mit Adjektiven kombinieren, wie Tom 's recent gift..., während Gerundiumbildungen die Verbstruktur als Subkategorie behalten und lediglich adverbial erweitert werden können: Tom's giving of a rose to Harriett recently ... (s. zu den Einschränkungen Chomsky 1970:188f.).4 Der einflussreiche Aufsatz von Chomsky leitete eine Wende in der linguistischen Wortbildungslehre ein, die begann, nicht Morpheme, sondern Wörter als Basis der Wortbildung anzunehmen (Aronoff 1976, Anderson 1992). Der Status von Nominalisierungen und ihrer Generierung hat zu einer Kontroverse in der Sprachwissenschaft geführt, die in ihrer Konsequenz dazu führte, dass Aspekte der Wortbildung aus der Grammatiktheorie in das Lexikon verbannt wurden, und theoretische Modellierungen der Wortbildung im grammatischen System immer noch kontrovers diskutiert werden.
Dies führte konsequenterweise zu einer generativen Morphologie, die nicht mehr auf transformalistischen, sondern lexikalischen Redundanzregeln (später Projektionsregeln) basiert, der sogenannten X-bar Theorie. Die X-Kategorie ist eine lexikalische Kategorie (N, V, Adj, Präp) und fungiert als Kopf einer Phrase, von dem die anderen Ebenen (X-bar und X") projiziert werden, s. Selkirk 1982, Toman 1987, Hall 1992, Lieber 1992. Scalise 1984, Spencer 1991 stellen linguistische Wortbildungstheorien ausführlich dar.
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5.1.2. Sprachkönnen: Wortbildung als strategische Wortschatzerweiterung Wir hatten in Kapitel 2.1. gesehen, dass die funktionale und soziale Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Gruppierungen in diesem Jahrhundert zu einer Explosion des Wortschatzes des Englischen und einer Flut von Fachwörterbüchern und Kompilationen von lexikographisch bisher nicht erfaßten Wortneubildungen geführt hat. Produktive Affixe und einfache Lexeme können von den Sprachbenutzern beliebig zusammengesetzt werden im Rahmen bestimmter Einschränkungen, wie ich in Kapitel 5.2. und 5.3. aufzeigen werde. Das Wissen um Wortbildungsmuster bietet dem Sprachbenutzer die Möglichkeit der Wortschatzerweiterung durch Derivation oder Kompositabildung als intuitiv angenommenen (in der linguistischen Wortbildungslehre fast ausschließlich untersuchten) Standardverfahren der Wortbildung. Das in Marchand 19692 dokumentierte Kenntnissystem der Affixe unterliegt dabei Veränderungen und Verschiebungen. Jean Aitchison untersuchte wahrscheinliche komplexe Lexembildungen anhand des Nonsense-Wortes wug: Suppose there was an insect called a wug. What would be a good word for a very small wugl (Aitchison 1994:17).5
Die meisten Erwachsenen der Kontrollgruppe benannten dieses Insekt als wuglet oder wugling (d.h. sie bildeten die Bedeutungsveränderung über eine Suffigierung des Lexems ab), während ein Großteil der älteren Kinder (aus der Gruppe der 11-14 Jährigen) eine Lexemkonfiguration mini-wug oder micro-wug bildete (Aitchison 1994:77 gibt keine genaueren Angaben). Aitchison führt an, dass mini- als Präfix 1884 erstmals im OED belegt ist in der Bildung minibus 'ein kleiner Bus' im Gegensatz zu omnibus 'ein großer Bus' (die beide von Pferden gezogen wurden) in einer Anzeige im Scotsman: Important sale of horses, harness, and carriages ... One excellent 12-inside omnibus, nearly as good as new ... One handsome minibus in good order (Aitchison, op.cit.)
Aitchison argumentiert, dass über die Wortbildungen der Kinder Sprachwandel beobachtet werden kann: Die neueren unselbständigen Morpheme oder Combinig-Forms mini- und micro- wurden (wie das OED und die Datenbanken der Times und Sunday Times belegen) in den letzten Jahrzehnten zunehmend produktiver. Eine andere Interpretation, die in Kapitel 5.4.1. unterstrichen wird, wäre, diesen Sprachwandel typologisch zu klassifizieren. Über die analytischen Wortbildungen der Kinder wird ein Sprachwandel des Englischen von einer flektierenden zu einer analytischen Sprache auch im Bereich des Sprachverhaltens bei der Wirkungskraft von quasi-derivativen Wortbildungsmustern der heranwachsenden Generation erkennbar. Die Frage, die schon bei auf Phrasen oder Sätze zurückführbaren Wortbildungstypen aufkam, entsteht auch hier: Können Wortbildungen Teil einer Wortgrammatik oder einer grammatischen Komponente des Lexikons sein? Hudson sieht die Fähigkeit der Sprachbe5
Angelehnt an ein berühmtes Experiment von Jean Berko aus den fünfziger Jahren zum Erwerb von produktiven Morphemen, das in dem von Berko-Gleason 1985 herausgegebenen Sammelband zum Spracherwerb dargestellt ist (S. 147).
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nutzer, den Wortschatz zu erweitern, nicht dem Bereich der sprachlichen Kompetenz im engeren Sinne zugehörend an: The question is whether a grammar should contain a set of "word-formation rules' in order to predict, or constrain, the production of new vocabulary items. My view has for some time been that it should not ... I hold this view for a number of reasons: (a) We may assume that humans have (varying degrees) of creative intelligence which allows them to find non-standard solutions to problems outside language; and it is unreasonable to suppose that this ability is switched off when the problems are linguistic ones. So we can take it that at least some cases of linguistic innovation are to be explained as the product of this general intelligence applied to language, and until we have evidence to the contrary, there is no reason to think that any cases of linguistic innovation require a different explanation (Hudson 1984:73).
Die Fähigkeit des Sprachbenutzers, den Wortschatz nicht regelgeleitet und unvorhersehbar zu erweitern, stellt für die meisten Linguisten das Hauptproblem für eine linguistische Wortbildungslehre dar. Der Sprachbenutzer hat die Möglichkeit, das Lexikon seines Kodes strategisch zu erweitem, d.h. aus den möglichen Wortschatzerweiterungsmustern, die er beherrscht, dasjenige auszuwählen, das im spezifischen Kontext am erfolgversprechendsten ist. Der Begriff Strategie wird in einem zum Regelbegriffkomplementären Sinne intendiert, wie ihn van Dijk/Kintsch für Sprache als Verhalten einführen: We postulate language strategies as a complement to an account of verbal behaviour in terms of rules. Rules of language, for instance, those of a grammar, whether explicitly formulated or not, have by definition a general nature. For some level of the utterance, it is specified what the possible, or correct, structures are, for example, those of phonology, morphology, or syntax; or what the possible meanings or functions are, as in semantics or pragmatics. A rule has a general and abstract nature, and represents, in rather idealistic terms, what language users in general do or what they implicitly or explicitly think they do or should do. Opposed to this are the possible uses of the rule, which may depend on context, on the particular language user, or on communicative goals, and which are variable. Whereas rules of language account for some rather general norm, that is, formulate what is held to be correct by language users of a certain group in certain contexts, a language strategy accounts for what is effective, for example, for producing or understanding correct utterances in a certain way (van Dijk/Kintsch 1983:72).
Bei einer vermuteten lexikalischen Lücke kann der Sprachbenutzer in multi- oder bilingualen Kontexten (wie in Kapitel 3 ausführlich gezeigt) eine lexikalische Einheit eines anderen Kodes in den morphosyntaktischen Rahmenkode einfügen. Dies ist im engeren Sinne keine Wortbildung, in einem weiteren Sinne aber etwas Vergleichbares, nämlich die strategische Erweiterung des Wortschatzes des Rahmenkodes. Wortbildung in einem weiteren Sinne kann mit der Kompetenz des Sprachbenutzers im Umgang mit Lücken in lexikalischen Wissensbeständen in Zusammenhang gebracht werden (Ludewig 1993:3). Wortbildungen in diesem weiteren Sinne als Wortschatzerweiterungen müssen erst über nurture als Zusammenspiel von Sprach- und Konzeptwissen in bestimmten Erwartungsrahmen von möglichen Wortbildungsstrategien gelernt werden. Dies zeigt ein anderes orientierendes Experiment von Aitchison zur Wortbildung. Aitchison bat erwachsene und heranwachsende Versuchspersonen darum, ein Wort aus drizzle und frog zu bilden. Die Fähigkeit zur situativen Verschränkung von kodiertem Sprachmaterial (sei es als Absorbierung von lexikalischen Einheiten eines absorbierten Kodes in einen Matrix-Kode oder als Verschränkung
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zweier lexikalischer Einheiten in eine neue Einheit wie in dem Experiment von Aitchison) kennzeichnet in hohem Maße das situativ-modifizierende lexikalische Sprachkönnen von Sprachbenutzern des Englischen als E(IE) und E(L2), wie ich in den Kapteln 3 und 4 gezeigt habe. Den Erwachsenen gelang die von Aitchison geforderte Wortbildung ohne Probleme: Sie boten spontan Bildungen wiefrozzle, frizzle oder drog an. Die 11-14 jährigen Kinder jedoch waren nur zum Teil in der Lage, Verschränkungen (Portmanteaus) zu bilden. Die Kinder hatten Schwierigkeiten bei dieser Wortbildung und produzierten (wenn überhaupt) Konfigurationen v/iefogizzle oder drizog (Aitchison 1994:19). Dies illustriert, dass Wortbildungstypen einer Sprache erst als habituelles Muster gelernt werden müssen, bevor sie situationsentbunden realisiert werden können. Die Portmanteau-Bildung ist ein nicht erwartbares Wortbildungsmuster des Englischen (vgl. ausführlich Kapitel 5.4.3.), das die in die englische Sprachkultur hineinwachsenden Kinder wahrscheinlich nur zum Teil kannten (weil häufig vorkommende Verschränkungen wie brunch oder motel lexikalisiert und als Wortbildung nicht transparent sind).6 Wortbildungen als strategische Wortschatzerweiterung und mögliches situatives Spiel mit habituellen Wortbildungsmustern berühren die beiden Pole des produktiven versus kreativen Sprachkönnens (s. Kapitel 2.2.3.3.): If a distinction is drawn between productivity ... and creativity ... we can draw a corresponding distinction with respect to both the production and the interpretation of language utterances, between rules and strategies (Lyons 1977:549).
Die Verkennung der komplementären Verzahnung von Produktivität und Kreativität in der linguistischen Forschung führte dazu, dass die im Zentrum einer linguistischen Wortbildung stehenden Begriffe der Produktivität und der Regelanalyse für den Bereich des konkreten lexikalischen Sprachkönnens überdacht werden müssen.
Eine andere Frage ist die, ob die Kinder die Aufgabe, eine Verschränkung von zwei Konzepten als Wortbildung zu realisieren, als situationsentbundene sprachliche Meta-Tätigkeit ausführen. Ihr Zögern könnte dadurch entstehen, dass sie kreativ (situativ-modifizierend) eine neue konzeptuelle Kategorie erstellen, die sie sprachlich (bezüglich der Aufgabenstellung einer PortmanteauBildung) nicht abbilden können. Provokativ formuliert könnte die Frage sein, ob Erwachsene bei Wortneubildungen habituelle Wortbildungsmuster anwenden können, ohne notwendigerweise diese sprachlichen Neubildungen in ihr konzeptuelles System zu integrieren, während Kinder situativ-modifizierte Konzepte bilden, unabhängig davon, ob sie diese direkt sprachlich integrieren können. Inwieweit Aspekte des Lexikon-Erwerbs die Frage klären können, ob die Fähigkeit, Informationen situativ-modifizierend zu verarbeiten, der Fähigkeit, diese habituell zu integrieren, vorausgeht oder ob sich diese im Sinne von nature und nurture gegenseitig bedingen, kann hier nur als Problem für eine Theorie des Sprachkönnens erkannt werden, das im Rahmen dieses Entwurfs nicht gelöst werden kann.
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5.2. Zentrale Probleme der linguistischen Wortbildung 5.2.1. Produktivität und Semi-Produktivität Zentral für die Morphologie ist das Konzept der Produktivität, das sowohl für die lexikalische als auch die Flexionsmorphologie grundlegend ist: Basically any process ... is said to be productive if it can be used synchronically in the production of new forms, and non-productive if it cannot be used synchronically in this way (Bauer 1983:18).
Wortbildungen werden beschrieben als produktive Muster und Verfahren, mit denen in einer Sprache neue Wörter zusammengesetzt bzw. abgeleitet werden können. Die Analyse der Konfigurationen von freien und gebundenen Morphemen und ihrer Kategorisierung stellt das Kerngebiet der strukturalistischen Wortbildungslehre dar. Eine systematische Darstellung der Konfigurationen von Kompositabildungen (Kombinationen freier Lexeme) und Affigierungen (der Derivation von Lexemen mit Hilfe gebundener Morpheme) ist das Ziel von datenorientierten Analysen der Wortbildungen des Englischen. Das Verfahren der Wortbildungsanalyse als Konstituentenanalyse und Kategorisierung in produktive Muster und Morphemkombinationen funktioniert nur bei additiven Wortbildungsmustern und wenn die Wortbildung transparent ist. Bildungen wie deceive, receive, conceive jealous, pious pterodactyl, pteropus, diptera
gelten als opak, da sie zwar intuitiv auf die Konstituenten re-ceive, de-ceive, con-ceive und jeal-ous, pie - aus zurückgeführt werden können, aber diese nicht synchron als Kombinationen von gebundenen und freien Morphemen beschrieben werden können, da ceive undjeal bzw. pie synchron nicht als einfache Lexeme existieren (s. dazu Lipka 1990:87, Diskussion in Marchand 19692:1.4.1, Leisi/Mair 19998:81) Genauso dürfte für viele Sprachbenutzer in der dritten Zeile der Beispiele die Konfiguration pter- zwar als gebundenes Morphem isolierbar erscheinen, ohne dass aber die Bedeutung oder Herkunft als griechisches Lehnwort transparent ist. Die Problematik der morphologischen Analyse der Romanismen im Englischen liegt in ihrer weitgehenden Dissoziation, d. h. etymologischen Isolation (Leisi/Mair 19998:51f). Ein weiterer Problembereich der morphologischen Analyse stellen lediglich in einer bestimmten Konfiguration mögliche Wortbildungen dar wie Monday und cranberry (um Marchands Beispiele zu nehmen): Man- und cran- sind synchron gesehen weder semantisch transparent noch erscheinen sie als produktive Derivationsmorpheme. Marchand bezeichnet sie als blockierte Morpheme (Marchand 19692:2). Aronoff zeigt, dass umgekehrt als freie Morpheme existierende Konstituenten von komplexen Lexemen in bestimmten Konfigurationen eine spezifische Bedeutung annehmen, die im Sinne einer unikalen Bedeutung gesehen werden kann. Er führt strawberry, blackberry, gooseberry an, deren Konstituenten straw, black und goose bei einer synchronen Betrachtung keinerlei Beziehung zu ihrer Be-
110 deutung als einfache Lexeme haben. Aronoff sieht das Problem der Lexikalisierung, auf das ich anschließend näher eingehen werde, als Kriterium dafür an, dass Morpheme als Analyseeinheiten für eine Wortbildungslehre nicht sinnvoll sind: This is the basic trouble with morphemes. Because words, though they may be formed by regular rules, persist and change once they are in the lexicon, the morphemes out of which words seem to have been formed, and into which they seem to be analysable, do not have constant meanings and in some cases have no meaning at all. It is this persistence which forces us to adopt a lexicalist hypothesis (Aronoff 1976:18).
Während produktive Flexionsmuster vorhersehbar und damit regelgeleitet erscheinen, so trifft das für die Derivations- und Kompositionsmuster der Wortbildung nur eingeschränkt zu. Wortbildungen scheinen in einem großen Maße ad hoc und semantisch irregulär, wie in den folgenden Beispielen verdeutlicht. Impress/impression und suppress/suppression sowie profess/profession können nicht in ein konsistentes Paradigma überfuhrt werden, da nur im ersten Beispiel das Verhältnis von der Basis zur abgeleiteten Wortbildung als 'Resultat von X auf etwas oder jemanden' wiedergegeben werden kann (wobei X die Bedeutung des Verbs ist). Lyons diskutiert die schwierige Aufgabe, die der Linguist hat, wenn er produktive, mehr oder weniger produktive und irreguläre Wortbildungen systematisieren will, am Beispiel der Suffigierung mit -able (Lyons 1977:530ff, vgl. auch Anderson 1992:7.2.1.). Die Basis können zum einen transitive Verben bilden, die als abgeleitete Adjektive semantisch regulär die Bedeutung 'es ist möglich, geXt zu werden' (wobei X wiederum die Bedeutung des Verbes ist) annehmen. Dieses Muster ist äußerst produktiv (Beispiele wären drinkable, washable, readable...). Allerdings finden wir auch Beispiele wie knowledgeable oder comfortable. Auch hierfür können wir ein Muster erkennen: -able kann auch denominale Adjektive bilden, wobei die Bedeutung 'Qualität von X' entsteht (und X die Bedeutung des Nomens ist). Dieses Muster ist allerdings nicht sonderlich produktiv und auf wenige Einträge beschränkt. Daneben gibt es andere komplexe Lexeme, die genauso gebildet scheinen, aber eine andere Bedeutung haben, etwa miserable, available, considerable. Der "Collins Cobuild English Guides 2: Word Formation" löst dieses Problem, indem er unter dem Suffix -able die drei herausgestellten Einträge anbietet, von denen nur die deverbalen Adjektive als produktiv markiert sind und die semantisch nicht systematisierbaren Bildungen einfach unter „Words with other meanings" aufgelistet werden (Sinclair Hg. 1991: l f.) In einer Werbeanzeige für eine Automarke fand ich folgende Ad hoc-Wortbildung mit -able: This car is more stealable than others Im Beispiel stealable ist das produktive Wortbildungsmuster eingehalten, die Wortbildung der deverbalen Adjektivderivation ist grammatikalisch. Dennoch fällt diese Neubildung aus dem Rahmen des produktiven Musters. Dafür sind pragmatische Restriktionen verantwortlich: Ethische Einschränkungen aufgrund von pragmatischen Normen lassen diese Wortbildung als situative, kontextuell eingebundene Augenblicksbildung erscheinen. Das heisst, nicht alle produktiv möglichen Wortbildungen werden in der Wortschatzerweiterung auch tatsächlich angewendet und akzeptiert, ein Phänomen, das als Semi-Produktivität bezeichnet wird (Matthews 19912:69, Bauer 1983:27, 82ff).
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Eine weitere Einschränkung der Produktivität ist die Blockierung produktiver Muster durch im Wortschatz bereits vorhandene Lexeme (Aronoff 1976:43).
5.2.2. Irregularitäten: Diachrone Rekonstruktion Bestimmte Bereiche der lexikalischen Morphologie scheinen synchron nicht adäquat beschreibbar und für den Sprachbenutzer über seine grammatische Kompetenz nicht verstehbar. Einige Wortbildungen sind synchron nicht zu erklären, weil sie aufgrund nicht mehr produktiver Wortbildungsverfahren gebildet wurden, wie long -> length foul -> filth
In diesen Fällen muss eine diachrone Beschreibung der Wortbildung erfolgen: Das Wortbildungsverfahren der Affigierung plus Umlautverschiebung ist im heutigen Englisch kein produktives Muster mehr und nur erklärbar über die Heranziehung einer diachronischen lexikalischen Morphologie. Deadjektivische Abstrakta, die der syntaktischen Kategorie der starken Feminina zugeordnet wurden, wurden in (vor-) altenglischer Zeit über ein Derivationssuffix (das auf eine indoeuropäische Familie der *-t-Suffigierungen zurückgeht) und gleichzeitigem i-Umlaut des Stammvokals abgeleitet. So konnte aus dem Adjektiv/u:/ das Nomenfy:lth gebildet werden, aus dem Adjektiv lang das Nomen length.1 Vokalalternationen kennzeichnen demnach nicht nur einen Typ von irregulären, d.h. nicht mehr produktiven Flexionsmustern (wie die Pluralbildung mit Hilfe des Umlautes [Bsp. OE mu:s my:s -> MnE. mouse mice, Pilch 1970:§ 17] oder die als Ablautalternationen bekannten Verbflexionsmuster [Pilch 1970:§ 211). Auch die deverbative Kausativbildung des Typs drincan 'trinken' drencan 'tränken', sittan 'sitzen' settan 'setzen' (Pilch 1970:130) gehört in den Bereich der historisch zu erklärenden Wortbildungen mit Vokalalternation. Unser intuitives Wissen von den lexikalischen Konfigurationen unserer L l oder Fremdsprache ist eingegrenzt auf synchron erfahrene Wissensmuster. Das OED und Handbücher der Wortbildungslehre, insbesondere Marchand 19692 oder für die Sprachlehre Sinclair (Hg.) 1991 und im Rahmen einer Grammatik Greenbaum (Hg.) 1996, sichern als externe Kenntnissysteme die Bestände der generalisierten und produktiven Morpheme, die als strukturelle Affixe bei der Neubildung von Wörtern wirksam werden können oder wirksam wurden.
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S. zur diachronen (altenglischen) Wortbildung des Englischen Pilch 1970:§25, Lass 1994:8.3. Eine historische Betrachtung von Wortbildungsmustern ist Pyles/Algeo 19934:Kp. 11, Faiß 1992, Hughes 2000.
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5.2.3. Ad hoc-Pseudosuffigierungen und Rückableitung Die Klasse der Derivationsaffixe ist prinzipiell als eine offene Klasse anzusehen, im Gegensatz zu der geschlossenen Klasse der Flexionssuffixe (Bauer 1983:23).8 Innovative Suffigierungen können zunächst als Semi-Suffixe auftreten und diachron gesehen als Übergang zwischen Suffix- und Wortkonzept gesehen werden (Marchand 19692:356). Beispiele für diachrone Semi-Suffixe sind -like, -way. Neue Derivationsaffixe können aber auch zuerst als Pseudo-Morpheme (Marchand 19692:2 gibt das Beispiel Ham-burger, Cheese-owrger etc.) oder Combining-Forms (meist neo-klassische Konfigurationen bildend, Bauer 1983:213f.) entstehen und produktiv werden. Bei Ad hoc-Pseudosuffigierungen wird eine bestimmte Konfiguration aus einem Lexem herausgelöst, die dann als Suffix oder Combining-Form produktiv werden kann (wie bereits das Beispiel in Kapitel 5.1.2. zu mini-bus gezeigt hat). Ein weiteres Beispiel für ein derart entstandenes Suffix ist -oholic, -aholic (Kolin 1979). Aus dem komplexen Lexem alcoholic isolierte ein Sprachbenutzer (die Konfiguration alcohol-ic ignorierend) eine Konfiguration -oholic als ein neues potentielles Derivationsmorphem. Dieses wurde produktiv und ist in zahlreichen Wortneubildungen zu finden wie TV-oholic (ELLE, Englische Ausgabe Mai 1998, S. 88), oder workaholic, drugoholic, shopoholic, die im Collins Cobuild zur Wortbildung belegt sind (Sinclair Hg. 1991:5f.) und als Suffix mit der Bedeutung „denoting a person addicted to something" im New Oxford Dictionary of English (Oxford 1998) lexikographisch erfasst ist. Genauso produktiv wurde die Konfiguration -gate aus Watergate, die im Herbst 1978 in der Kolumne 'Among the New Words' in der Zeitschrift American Speech wie folgt beschrieben wird: -gate (Watergate) 'Scandal involving charges of corruption and usually of coverup (added to a noun that in some way suggests the particular scandal)' (Algeo Hg. 1991:190f.)
Insbesondere in Verbindung mit Eigennamen und den damit verbundenen aktuellen politischen oder gesellschaftlichen Skandalen wird -gate international produktiv eingesetzt. In meinem Gedächtnis blieben die Bildungen aus dem BrE. Dianagate, Camillagate (im Umfeld der abgehörten Tonbänder von Mitgliedern des englischen Königshauses in der Mitte der neunziger Jahre, das im Gefolge vor seinem Buckinghamgate stand und die sogenannte Regenbogenpresse zu Wortschöpfern werden ließ), die Bildungen aus dem AmE. Whitewatergate, Travelgate und Zippergate (die Geschäftspraktiken der Gattin des US-Präsidenten bzw. Sexualpraktiken des Präsidenten gegen Ende des letzten Jahrhunderts in ein skandalöses Licht rückten), sowie eine Wortbildung aus dem Umfeld des E(1E), die belegt, dass Suffixe entlehnt werden und zu Wortneubildungen als Codemixing fuhren können: Waterkanlgate wurde in Deutschland gebildet, also im Bereich des Englischen als Fremdsprache (eine Wortbildung des Magazins „Der Spiegel"). Mit dieser Wortneubildung sollte die verdeckte Informationspolitik in der schleswig-holsteinischen Landespolitik (dem Land zwischen den Meeren), die Ende der achtziger Jahre im Umfeld des Todes des damaligen
Es würde hier zu weit fuhren, die immer wiederkehrende Problematik der Abgrenzung von Flexion und Derivation zu thematisieren, s. Bybee 1985: 85ff., Bauer 1988:Kp.6, Spencer 1991:1.3.1., Anderson 1992:75ff.
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Ministerpräsidenten betrieben wurde, mit einer kreativen Wortbildung referentiell gefasst werden. Weitere neuere Suffixe sind -athon und -zine. Diese wurden aus marathon bzw. magazine herausgelöst und zur Wortneubildung eingesetzt, um über einen analogen Vergleich eine 'langandauernde Qualität' auf das Nomen abzuleiten bzw. die Qualität von 'Magazin* über ein pars pro toto (-zine) zu transferieren. Folgende Wortneubildungen damit habe ich gefunden9: Madonnathon (zur Kennzeichnung einer Tournee des Pop-Stars Madonna, 1990) bike-a-thon (Fahrrad-Marathon, San Franciso Chronicle 1991) drinkathon (ein ausgedehntes Saufgelage, Q Magazine 1994) Generation X-zine (Titel eines Magazins im Internet für eine bestimmte Zielgruppe, die von dem Autor Douglas Coupland geprägt wurde, Vogue 1995)
In umgekehrter Form kann man das Wortbildungsverfahren der Rückableitung als psychologisch motiviertes Umkehrverfahren der Suffigierung deuten. Bei Rückableitungen wird eine Konfiguration in einem Lexem vom Sprachbenutzer als Derivationsmorphem interpretiert und einfach weggelassen, um die vermutete lexikalische Basis zu bilden. Rückableitungen sind neben dem in allen Lehrbüchern aufgeführten to beg < beggar auch neue Rückableitungen wie to babysit < babysitter und to lose < laser. Interessant ist, dass über die Rückableitung sicher wird, dass laser als Akronym nicht mehr transparent ist und als lexikalisierte Nomen agentis-Bildung angesehen wird. Rückableitungen sind aber nicht auf (als solche interpretierte) Nomen agentis-Suffigierungen eingeschränkt, davon zeugt televise < television. Beide Muster unterstreichen den Status von Wortbildungen als strategischem Verfahren zur Erweiterung des Lexikons, das eingebettet ist in allgemeine kognitive und soziale Bedürfnisse der Sprachbenutzer. Das bestätigt auch die Rückableitung Kodeswitches (< Codeswitching) in Kapitel 3.3.
Pyles/Algeo 19934:279 haben noch mehr Belege für diese Suffigierung aufgeführt.
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5.3. Bedeutungsspezifikation komplexer Lexeme: Lexikalisierung 5.3.1. Komplexe Lexeme als „Pass"-Wörter: Semantisierung von Konfigurationen Die von Hudson weiter oben eingeführte Festschreibung einer eher generellen als sprachlichen Fähigkeit bei der Anwendung von Wortbildungsstrategien setzen Sprachbenutzer im Sinne einer Problemlösungsstrategie auch bei ihnen unbekannten komplexen Lexemen ein. Sprachbenutzer versuchen eine Bedeutungskonstituierung über als isolierbar erkannte Konstituenten zu erreichen. Diese Entschlüsselung kann aber (der gestaltpsychologischen Weisheit folgend, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile) bei dem Versuch, ein unbekanntes komplexes Lexem zu verstehen, eher hinderlich sein. Das heuristische Verfahren ist aufgrund des Phänomens der Lexikalisierung nicht sehr erfolgversprechend. Dieses Hilfsverfahren führt insbesondere bei komplexen hard wordes (S. Kp. 2.1.1.1.) zu Fehlleistungen, die in der normalen Alltagskommunikation oft gar nicht bemerkt werden, dafür aber im satirischen Sprachgebrauch gerne karikiert werden, wie das folgende Beispiel zeigen soll: Bob (looking at the miserable Norman): Looks like you have a headache, Norman Norman: Uuh Bob: You might consider transcendental meditation Norman: Transcendental? What do my teeth have to do with it?10
Fromkin/Rodman argumentieren, dass Fehlleistungen beim Verstehen von komplexen Lexemen aufgrund der Verarbeitung erkannter Konstituenten zeigen, dass der Morphembegriff so etwas wie eine psycholinguistische Realität besitzt (Fromkin/Rodman 19935:51). Die Frage ist allerdings, ob dabei wirklich ein Morphemwissen im linguistischen Sinne als nicht vielmehr ein allgemeineres Wissen um die Isolierbarkeit und das Erkennen von semantisch bedeutungsvollen Konstituenten eingesetzt wird, die dann weniger über regelgeleitete Prozesse als über Strategien wirksam werden. So ist das obige Wortspiel nicht über das Erkennen von Morphemen erklärbar, sondern über die heuristisch motivierte Wahrnehmung einer Sinneinheit, die im Lexikon des Sprachbenutzers aktiviert wird im Rahmen der Kommunikationssituation." Dass diese Möglichkeit wahrscheinlicher ist, zeigen auch Problemlösungsstrategien zu Neologismen ohne eine idiomatische Kenntnis lexikalischer Konfigurationen on the spur of the moment. Was bedeutet single-breasted leather waistcoat? Die Konfiguration single-
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Frei nach einem Comic von Kevin Pagan, der in Fromkin/Rodman 19935:52 abgebildet ist. Fromkin/Rodman geben auch Beispiele von Fehlinterpretationen von Morphemen aus der Kollektion von A. Greenes "Pullet Surprises", z.B. longevity 'being very tall', deciduous 'able to make up one's mind', diatribe ' food for the whole clan', ebd. S. dazu auch Rickheit 1993:20, die anfuhrt, dass die Konstituenten eines komplexen Wortes nur dann identifizierbar sind, wenn sie semantisch interpretierbar sind.
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breasted leather waistcoat ist über unser Sprach- und Wortbildungswissen nicht einfach zu analysieren. Ist sie eine Kombination von Komposita und Lexemen oder das Ganze als ein Kompositum zu beschreiben? Wie viele Komposita sollten wir herauslösen: single-breasted und leather waistcoat! Und wenn leather waistcoat nicht als Kompositum angesehen wird, sondern als syntaktische Gruppe, ist dann leather ein Adjektiv, das mit einem NullMorphem gebildet wurde? Die idiosynkratischste Bedeutungszuweisung zu der komplexen Lexemkonfiguration single-breasted leather waistcoat war die Interpretation eines Studenten im Sommersemester 1991, der über das erkannte komplexe Lexem single-breasted als pars ein referentielles Schema zu einem totum erstellte (einer spezifischen Trägerin des Kleidungsstückes) und die Bedeutung wiedergab mit „spezielle Weste aus Leder für Amazonen." Wenn die Hauptfunktion von Wortneubildungen in der Wortschatzerweiterung besteht, dann ist bereits mit jeder neuen Wortbildung ein vorher und nachher eingeleitet im Sinne eines diachronen Prozesses betreffs der Sprache, in der die Wortbildung getätigt wurde. Synchron gesehen, sind Wortneubildungen aus der Perspektive des Sprachbenutzers zu analysieren als psycholinguistische Prozesse, die nicht sprachlich, sondern kognitiv und semantisch motiviert sind. Wortneubildungen sind Wahlvorschläge aus dem lexikogrammatischen System, die gemäß habitueller Muster oder aufgrund situativ-modifizierender Mustervergleiche erfolgen können und dementsprechend auch Verschränkungen von sprachlichem und ikonischen Material sein können (s. Brekle 1981). Welche Wortneubildung nicht nur situativ "passt", sondern darüberhinaus in das Sprachlexikon als Kenntnissystem übernommen wird, ist nicht davon abhängig, ob diese Wortbildung aus linguistischer Sicht regelgeleitet ist.
5.3.2. Irreguläre Semantisierungen komplexer Lexeme: Demotivierung und Lexikalisierung Das Phänomen, dass komplexe Wortbildungen als produktive Konfigurationen im Lexikon durchaus eine Bedeutung annehmen können, die bezüglich der produktiven Bildung als irregulär anzusehen ist, wird meist als Lexikalisierung bezeichnet (Lipka 1981, Kastovsky 1982).12 Als sogenannte Demotivierung ist sie mit dem Beispiel blackboard deutlich zu machen: Die Bedeutung der Wortbildung lässt sich nicht mehr aus den Bedeutungen der Bestandteile herleiten (da Tafeln heute im Normalfall grün - wenn sie mit Kreide beschriftet werden - oder weiß sind - wenn sie mit Farbstiften beschriftet werden). Auch die komplexen Lexeme length und warmth sind lexikalisiert, obgleich sie analysierbar sind in die Konstituenten long + -th und warm + -th. Das Suffix ist aber nicht mehr produktiv. Damit komplexe Lexeme im Lexikon wirksam werden können, müssen sie nach Lyons phonologisch, morphologisch, syntaktisch und semantisch idiosynkratisch (solidifizierf) werden: As soon as any regularly constructed expression is employed on some particular occasion of utterance, it is available for use again by the same person or by others as a ready-made unit which can
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Dieser Terminus wird nicht einheitlich gebraucht in der Linguistik, s. etwa Leechs und Lyons' petrification (Leech 1974:225-227, Lyons 1977:536), Lyons' fossilization (Lyons 1977:547). S. zur terminologischen Variabilität Kastovsky 1982:164, Bauer 1983:48ff., Lipka 1990:94ff.
116 be incorporated in further utterances; and the more frequently it is used, the more likely it is to solidify as a fixed expression, which native speakers will presumably store in memory, rather than construct afresh on each occasion. In this respect, frequently used syntactic compounds are like frequently regularly derived lexemes. Solidification, then, is a natural consequence of the normal use of language; and, just as naturally, though by no means inevitably, it leads to the other aspect of the process of petrification, shrinkage or semantic specialisation (Lyons 1977: 536).
Lexikalisierungen als Bedeutungsspezifizierungen kennzeichnen nach Lyons nicht nur produktiv gebildete komplexe Lexeme (im Sinne einer regelgeleiteten Auswahl und Neukonfiguration bereits vorhandenen lexikalischen Materials), sondern auch Wortneuschöpfungen im Rahmen der metaphorischen Extension von lexikalischem Material (Lyons 1977:549). Bei einer metaphorischen Extension wird eine neue Bedeutung gebildet, ohne dass die Wortform sich ändert. Eine solche Extension findet immer dann statt, wenn ad hoc ein bestimmtes Lexem mit einem oder mehreren Sememen vom Sprachbenutzer in einer bestimmten Situation mit einer anderen referentiellen Bedeutung belegt wird. Dass Prozesse der Lexikalisierung als Wortschatzerweiterung auf bestimmte Bereiche der Kode-Absorbierung durch Codemixing zutreffen, habe ich für lexikalische Kodewechsel in Kapitel 3 ausführlich dargestellt. Ich werde hier Prozesse der Entlehnung und des lexikalischen Kodewechsels nicht mehr thematisieren (s. Kapitel 3.3.). Sie fließen in die Systematisierung der Wortschatzerweiterungsmuster für das Englische ein (s. Kapitel 5.6.). Hier soll ein Beispiel eines Sprachspiels in der Textsorte Witz Kodewechsel als Bedeutungsambiguierung über das bilinguale Lexikon unterstreichen: „Warum haben die in London eigentlich keinen Schnee?" „Weil sie den Tower haben" (Uwe Bahn, NDR 2 am Vormittag, 25.1.96)
Über Prozesse des kontextualisierenden Kode-Vergleichs wird im Rahmen des situativmodifizierenden Sprachkönnens die Bedeutung des absorbierten aliquid tower als (im absorbierenden Kode) aliquo Tauer möglich als situative Lexikalisierung über dem Netzwerk der partiell (phonologisch) homonymen Relationen bilingualer lexikalischer Repräsentationen (Tower Tauer). Das Wortspiel setzt auf dem Hintergrundwissen des phonologischen Netzwerkes eines bilingualen Lexikons situative Lexikalisierungsprozesse als Ressource für situative Wortschatzerweiterungen ein, die im Wortschatzerweiterungsmuster der metaphorischen Extension in bestimmten Sprachgebrauchskontexten (wie dem poetischen Sprachverhalten) konventionalisiert sein können. Das programmatisch aufgezeigte Problemfeld der situativen Lexikalisierung führt zu dem spezifischen Wortschatzerweiterungsmuster des Kontextualiums (s. Kapitel 5.4.4.).
117 5.4. Muster der Wortschatzerweiterung 5.4.1. Analytische Wortschatzerweiterung: Konversion Eine Möglichkeit, den Wortschatz über ein einfaches oder komplexes, bereits vorhandenes Lexem zu erweitern, stellt der sogenannte grammatische Wechsel, die Konversion dar. Konversionen wurden in der sprachwissenschaftlichen Wortbildung auf Jespersen zurückgehend auch als Zero-Derivation klassifiziert, wobei unterstellt wird, dass es sich um einen Prozess der Derivation ohne offen zutage tretende Affigierung handelt (Marchand 19692:5.1.1.1.; s. Jespersen 1942:§ 6.1 versus Koziol 1937:§ 618). Der Status von Konversionen als Wortbildungen wird in bestimmten Konfigurationen kontrovers diskutiert, insbesondere im Umfeld von Adjektiv-Konversionen wie head teacher, stone wall, die entweder als Attribute (und damit Konversionen) eingeordnet werden oder als Kompositabildungen (s. Bauer 1983:228, Quirk et al. 1972:1013). Prinzipiell jedes Lexem der offenen Klassen (Verben, Nomina, Adjektive) kann die syntaktische Kategorie wechseln, ohne dass dies durch ein Derivationssuffix markiert werden müßte. Die häufigsten Muster der Konversion sind N -> V (the mail -> to mail), V -> ( call -> a call), Adj -> V (better> to better), Adj -> (poor > the poor). Konversionen sind heute derart häufig, dass sich neue Belege dazu täglich in den Medien finden lassen. Über Kodewechsel absorbierte Lexeme können die syntaktische Kategorie ad hoc wechseln, ohne dass die Konversion im Kode, aus dem das Lexem absorbiert wurde, konventionalisiert ist: "Come on," I say, and lead her towards an ersatz New England mansion (Vanity Fair 2, 1996, S. 110; ersatz N > ersatz Adj).
Vergleichbare Bildungen im deutschen Matrix-Kode wie Ersatz-Droge sind als Kompositum üblich. Nicht alle Ad hoc-Konversionen sind als Wortbildungen transparent und semantisch plausibel. Das illustrieren die folgenden Beispiele, die, eingesetzt im Linguistischen Grundkurs, von den Kieler und Greifswalder Studierenden (des Englischen als Fremdsprache) oft nur mit Mühe verstanden werden: The dog treed a racoon He jam-jarred the wasp (Aitchison 1987:154, 156).
Während über das Sprachwissen der syntaktische Kategorienwechsel erkannt wird .(Flexionsmarkierungen der denominalen Verbbildung), kann eine Bedeutungszuweisung nur über Kontextualisierungen erfolgen. Der Sprachverstehensprozess von jam-jarred bleibt semantisch offen: Während ein Teil der Studenten die Bedeutung des neuen Verbs so umschreibt, dass der Handlungsträger die Wespe mit dem Marmeladenglas erschlägt oder dieses nach ihr wirft, hält der andere Teil die Version für wahrscheinlicher, dass er die Wespe in dem (oder mit dem) Marmeladenglas fängt. Auch die Bedeutungskonstituierung zu dem Verb treed gelingt nur durch die Einbeziehung von Weltwissen in die Problemlösung. Die mögliche Bedeutung „Der Hund jagte einen Waschbär auf den Baum" ist er-
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wartbarer als die Bedeutung „Der Hund ließ einen Baumstamm über einen Waschbär rollen" oder „Der Hund übersprang mit Hilfe eines Baumes einen Waschbär." Auch ein Wechsel innerhalb einer Kategorie in eine andere Subkategorie fällt unter diese Kategorie der Wortbildungsmuster, etwa 'proper noun' John -> 'common noun' Which John do you mean! oder der Konversion von intransitiven zu transitiven Verben (wie in We are going to grow this company, Ayto 199013). Konversion stellt einen Wortbildungsprozess als funktionale Wortschatzerweiterung dar, der nur durch Aspekte der Blockierung eingeschränkt wird (s. Kapitel 5.2.1.). Unklar ist, ob die Konversion als regelgeleiteter Prozess angesehen werden sollte, wie dies in der Modellierung der Konversion als Zero-Derivation versucht wird (s. kritische Diskussion in Leisi/Mair 19988:85ff.). Ich sehe Konversionen als eine allgemeine Möglichkeit der Wortschatzerweiterung an, die die englische Sprache aufgrund eines eingeschränkten Wettbewerbs von produktiven Derivationssuffixen herausfordert. So stellt das englische Sprachsystem derzeit nur drei produktive Suffixe zur denominalen Verbbildung bereit: -ate, -ize, -ijy (Marchand 19692:364). Die zunehmende Produktivität des Wortbildungstyps der Konversion stellt für einige Sprachwissenschaftler diachron gesehen eine Schnittsteile zwischen dem Englischen als analytischer und flektierender Sprache dar: The commonness of conversion can possibly be seen as breaking down the distinction between form classes in English and leading to a system where there are closed sets such as pronouns and a single open set of lexical items that can be used as required. Such a move could be seen as part of the trend away from synthetic structure and towards analytic structure which has been fairly typical of the history of English over the last millennium (Bauer 1983:227).
In diesem Sinne könnte ein Wortbildungsmuster unser Verständnis von Wortklassen verändern, da auch Präpositionen (he downed his beer) oder andere als geschlossene Klassen angesehene Wortarten und lexikogrammatische Einheiten wie Affixe (we talked about a lot of isms last night) oder Konversationspartikel (they yesed me to death) ihre Kategorie ohne offene Markierung ändern können. Damit kann die Konversion neben der Suffigierung als eines der produktivsten Verfahren der Wortfunktionserweiterung angesehen werden (Aitchison 1994z:Kp. 14).
5.4.2. Wort-Manufaktur I: Abbreviaturen Die Menge der usuellen Wörter einer Sprache ist gleichzusetzen mit der Menge der Wörter, die für diese Sprache kodifiziert und lexikographisch erfasst oder erfassbar sind (und dem lexikalischen Kenntnissystem angehören). Usuelle Wörter fallen in den Bereich, den ich habituelles Worten genannt habe. Die Menge der okkasionellen Wörter sind nach produktiven Wortbildungsmustern gebildet, aber werden nicht als usuell erkannt und sind mit
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Die kausative (transitive) Verwendung von grow war bisher eingeschränkt auf das semantische Feld der Pflanzen.
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ihren Bedeutungen nicht im Lexikon (als Kenntnissystem) erfaßt.14 Okkasionelle Ad hocBildungen werden oft nur als stilistische Kuriositäten verstanden und als eigener Forschungsgegenstand nicht ernst genommen (Hohenhaus 1996:13). Viele okkasionelle Wortbildungen verschwinden nach ihrem Gebrauch wieder - oder etablieren sich als usuelle Wörter bzw. bilden die Basis für analog erfolgende Wortbildungen. Die Vielzahl dieser Wortneubildungen, die mit den Verfahren der strukruralistischen und generativen linguistischen Analyse nicht erfaßt werden können, werden auch diachron gesehen kaum beachtet: Wortneubildungen werden historisch als Derivation, Kompositabildung und Konversion beschrieben (Pilch 1970:§ 25, § 32, Görlach 1974:Kp.7, Weimann 1982:Kp. 6, Lass 1994:8.3). Okkasionelle Wortschatzerweiterungen durch Clippings, Akronymbildung und Verschränkung werden von Aronoff als oddities klassifiziert (Aronoff 1976:20).15 Im Rahmen einer linguistischen Wortbildung werden diese Wortbildungsmuster aus der systematischen Analyse als unvorhersehbare Bildungen in der -Sprache ausgeklammert, aus der Perspektive der Linguistik des Sprachbenutzers jedoch fallen sie im oralen und literalen Sprachgebrauch auf und verlangen innerhalb einer Konkreten Lexikologie und Beschreibung des lexikalischen Sprachkönnens einer Berücksichtigung. Abbreviaturen des Typs Clipping stellen ein modernes Phänomen der Wortschatzerweiterung dar, das erst seit dem 15. Jahrhundert belegt ist und sich im 18. und 19. Jahrhundert zu einem produktiven Muster entwickelt hat (Marchand 19692:448ff): Clipping refers to the process whereby a lexeme (simplex or complex) is shortened, while still retaining the same meaning and still being a member of the same form class (Bauer 1983:233).
Die Abbreviatur des Clippings ist eine morphonologische Verkürzung der Wortkonfiguration, die als Anfangskürzung, Endkürzung oder Anfangs- und Endkürzung als unvorhersehbare Wortbildung auftreten kann. Frühe belegte Cippings aus dem 16. Jahrhundert sind: coz (< cousin) 1559, gent 1564, co-wish (< cow < coward, Shakespeare: King Lear, IV.2.12). Clippings aus dem 19. Jahrhundert wie doc, cab, vet, pants, math, lab werden als Bildungen interpretiert, die überwiegend der Umgangssprache entstammen (Marchand 1969:9.6.7, 9.6.9) oder dem poetischen Sprachgebrauch, wie der frühe Beleg aus Shakespeare zeigt und ein weiteres berühmtes Beispiel, die Verkürzung mob durch Jonathan Swift im 18. Jahrhundert (< mobile vulgus, McArthur 1988:39). Im 20. Jahrhundert ist dieses Wortbildungsmuster für eine Vielzahl von Wortneubildungen dokumentiert (vgl. Ayto 1989, Barnhart et al.1990, Tulloch Hg. 1991, Algeo Hg. 1991, Knowles/Elliott Hgg. 1998). Wie Beispiele aus einem Zeitschriftenartikel aufzeigen sollen, verursachen Clippings, obgleich sie als pars pro toto-Wortbildungsmuster die denotative Bedeutung sichern, oft einen stilistischen Bedeutungswechsel und damit eine veränderte referentielle Bedeutungsbildung, so dass aus der Sicht einer konzeptuellen Semantik die generelle Definition Bau-
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Die Begriffe usuelle, okkasionelle und potentielle Wörter verwendet Olsen 1986:49ff. Hermann Paul differenzierte 1880 (auf Schmitthenner aufbauend) zwischen okkasioneller und usueller Bedeutung eines Wortes, um konkrete (situativ-spezifizierte) und allgemeine Bedeutung voneinander abgrenzen zu können, Paul 1975':Kp. 4. S. auch unpredictable formations (Bauer 1983:232).
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ers modifiziert werden muss. Wenn das Lexem lavatory als lawy realisiert wird, so ist der referentielle Zugriff zu der denotativen Kategorie situativ spezifiziert auf die informelle Kommunikationssituation oder ein spezifisches Mitglied der Objekt-Kategorie (vgl. Kapitel 2.3.2.)16. Die folgenden Beispiele aus einem Dialog mit der britischen Schauspielerin und Drehbuchautorin Emma Thompson illustrieren das: "When I was doing post-syncing on Sense and Sensibility" "There was a divide between the people who were interested in doing drama and the sort of panto hams" "Do you think it's rude to keep the Oscar in the lawy?" "Dad gave Soph and me the cart" (Vanity Fair 2, 1996). Clippings entstehen im Spannungsfeld zwischen interaktivem Sprachgebrauch der Nähe (Soph, lawy) und informellem funktionalem Register (post-syncing, panto hams) und sind als ein allgemeines Wortbildungsmuster anzusehen, das die sozial geprägte Selektivitätsfähigkeit im habituellen Sprachkönnen als Kontextualisierungskompetenz abbildet (vgl. Feilkes idiomatische Kompetenz, Feilke 1994).
Eine selten als Wortbildungsmuster beschriebene Form der Verkürzung ist die Ellipse, bei der ein pars eines Kompositums oder Syntagmas semantisch das totum repräsentiert: the pill < the contraceptive pill Did you see my Nikesl < Laufschuhe der Firma Nike microwave < microwave-oven (Gramley/Pätzold 1992:32).
Abbreviaturen waren bereits in der Antike ein Verfahren mit pars pro toto Funktion: Die Verkürzung IMP CAES symbolisierte auf römischen Münzen die volle Form Imperator Caesar. Verkürzungen zu einer Folge von Buchstaben, wie S.P.Q.R. fungierten als ProtoGrapheme für das totum Senatus Populusque Romanus. Auch in der mittelalterlichen Manuskriptkultur waren Abbreviaturen konventionalisiert (weil Pergament teuer war und das handschriftliche Kopieren mühsam). Bis heute wird die Wiederholung bekannter Muster mit dem ökonomischen Prinzip der Effektivität über schriftliche Abkürzungstechniken in den mündlichen Sprachgebrauch transferiert (Bloomfield 1933:488 gibt das Beispiel von a.m. und p.m., die als schriftliche Abkürzungen in amerikanischen Zugfahrplänen in den mündlichen allgemeinen Sprachgebrauch transferiert und lexikalisiert wurden). Eine Presseinformation anläßlich des Erscheinens der zweiten Auflage des International Acronyms, Initialisms and Abbreviations Dictionary begann provokativ mit der Frage: "What is the fastest growing language in the World?" Die Antwort wurde gleich mitgeliefert: "Abbrevomania" (McArthur 1988:36). Die internationale Berichterstattung während
Vgl. Fischer 1998:40, in deren Korpus 61% der Clippings stilistisch markiert sind.
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des Zweiten Weltkrieges rückte dieses seit 1943 als Akronym belegte Wortbildungsmuster in das Rampenlicht der Word Watchers (z.B. RADAR, SNAFU, WAVES). Mit dem Erscheinen des 2. Webster's New Words Supplement (1945) wird die Zunahme von Akronymbildungen in der Fachsprache des Krieges dokumentiert und die Ausdifferenzierung als Wortbildungstyp beschrieben (Willis Rüssel 1946 in Algeo Hg. 1991:107f.).17 Die Abbreviatur des Akronyms ist ein unvorhersehbares Wortbildungsmuster, das als Kürzungsverfahren komplexe Lexemkonfigurationen oder syntagmatische Konfigurationen in einfache wortähnliche Konfigurationen überführt (British Broadcasting Corporation > BBC, surface-to-air missile > SAM). Drei Untertypen können systematisiert werden: Protogramme werden als Wörter ausgesprochen (SAM, Aids < aquired immunodeficiency syndrom), während bei Initialismen jeder Buchstabe ausgesprochen wird (BBC, DJ < disc Jockey) und Syllabare Mischformen von Abbreviaturen zwischen Clipping und Portmanteau darstellen (op-ed < opposite the editorial, HoJo < Howard Johnson „Howard JohnsonMotelkette in den USA").18 Viele Abbreviaturen des Typs Akronym entstehen als okkasionelle Wortbildungen insbesondere in IESP- und IECP-Kontexten. Ein Beispiel für ein okkasionelles Akronym des Englischen, das sich usuell etabliert hat und als Muster für analoge Wortbildungen diente, ist yuppie: Yuppie n (young urban or upwardly mobile professional + ie: perhaps also influenced by yippie) 1984 A Yuppie ... can be a person of either sex who lives in or near a major city, who claims to be between the ages of 25 and 45, and who ' lives on aspirations of glory, prestige, recognition, fame, social status, power, money or any combination of the above1 (Algeo Hg. 1991:221).
Eine Flut von Bildungen auf dem Hintergrund dieses Musters eines Akronyms + eines Suffixes - ie (das von einem Diminutiv-Suffix zu einem Suffix mit der Bedeutung „social types" mutierte, Hughes 2000:355f.) lassen sich als meist okkasionelle Wortbildungen in den Medien und im Alltagssprachgebrauch nachweisen. Auf dem Schema yuppie entstand Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre ein extendiertes semantisches Feld als produktives Sprachspiel: yuzzie 'young urban scientist' (Karikatur von Gary Larson) yuppie 'non-working urban professsionaF guppie 'gay urban professional'
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RADAR < radio detection and ranging, SNAFU < situation normal all fucked up, WAVES < women 's appointed volunteer and emergency service. Jede Veränderung soziokultureller Werte und technische Umstrukturierungen bringen eine Welle von Wortneubildungen des Typs Akronym mit sich, s. die Akronymbildungen im Umfeld der Computerkultur und der Internetkultur, die täglich wachsen. Es gibt aber auch andere Untersuchungsergebnisse: Staczek 1993 beobachtet die Variabilität der amerikanischen Sprache während des Golfkrieges, aber Wortneubildungen des Typs Akronym kommen in seinem Korpus nicht vor. Eine Zunahme des Wortbildungsmusters ist empirisch belegbar, s. McCully/Holmes 1988:29, Green 1991, Bauer 1994. Vgl. andere Klassifikationsschemata in Bauer 1983, Cannon 1987:9, McArthur 1988, Algeo (Hg.) 1991, Bauer 1994:37f, Crystal 1995.
122 toby 'too old to be a yuppie' dinks 'double income no kids' (Algeo Hg. 1991) swops 'sophisticated well-off parents' (D. Wickers, The Times 1990) woopie 'well-off older people' (Catherine Hill, Engl. Seminar Universität Kiel) bowibips (born with best income parents) und skippies (school kids with income and purchasing power) [Rüdiger Dillo: DIE ZEIT (Magazin) 52, 1992]. Diese Beispiele zeigen, dass das Muster der Abbreviatur durch Akronymbildung variiert. Es werden nicht nur alle Anfangsbuchstaben von Konfigurationen lexikalisiert als Protogramm wie in swops, sondern selektiv Anfangsbuchstaben und Anfangsbuchstabenfolgen als Lautfolgen (bowibips) neu konfiguriert in einer Abkürzung, so dass ein Kontinuum von Akronymen zu syllabischen Akronymen und Blends entsteht (McArthur 1988).
5.4.3. Wort-Manufaktur II: Verschränkungen Eine Mischform von Abbreviatur als Clipping und Neukonfiguration der Abbreviaturen als Kompositum ist die Portmanteau-Bildung oder Wortkontamination, die auch im Deutschen als Blend bezeichnet wird. Portmanteaus stellen für mich einen eigenständigen Typus von Wortschatzerweiterung dar, weil sie keine pars pro toto-Funktion erfüllen, sondern aufgrund eines konzeptuellen Problemlösungsprozesses erfolgen. Seit Lewis Carrolls Nonsense-Gedicht „Jabberwocky" in Alice im Wunderland sind Portmanteaus als Wortbildungstyp belegt:19 'Twas brillig, and the slithy toves Did gyre and gimble in the wabe Beispiele für Erklärungen von Gardner: slithy < lithe + slimy; brillig < 'broiling' clipping + Vokalalternation. Unterstellte Bedeutung: "Four o'clock in the afternoon - the time when you begin broiling things for dinner" (Lewis Carroll 1865: Through the Looking Glass. In: M. Gardner Hg. 1979, The Annotated Alice. Harmondsworth: Penguin, S. 270f.). Verschränkungen von lexikalischem Material in lexemartige Konfigurationen wurden von Marchand blend-words genannt, ein stilistisch motiviertes Wortbildungsmuster, das dem individuellen Sprachkönnen zugeordnet wird: The fancy of individuals is responsible for the coining of blend-words for expressive purposes, but whether they catch on or not depends on the constellation of so many circumstances (Marchand 19692:452).
Faiß 1992: lOOf. gibt früh belegte Blends an (z.B. 1452 disappeiren < disemparen, apeiren 'strip a fortified place of its fortification'), die im Grenzgebiet zwischen Portmanteau und Affigierung liegen.
123 Das Muster der Verschränkung als Wortschatzerweiterungsstrategie in bestimmten Kontexten ist, wie ich in Kapitel 3 und 4 an beobachteten Daten ausführlich gezeigt habe, nicht einfach zu beschreiben. Grundsätzlich lässt sich aber feststellen, dass Portmanteaus als innovative Konfigurationen aufgrund konzeptueller Verschränkungen von lexikalischen Kategorien geschehen. Ein Kontinuum von Portmanteaubildungen ist möglich: (1) Verschränkungen von verkürzten Lexemen im Stil einer Kompositabildung (die Marchand 19692:445 als clipping-compounds bezeichnet), (2) verschränkte Formative im Stile des Jabberwocks als konzeptuelle Rahmenverschränkung, sowie (3) die Verschränkung als Kode-Absorbierung in einen Matrix-Kode, entweder unter Beachtung des Morphem-Folge Prinzips oder als intralexikalische Absorbierung: after our aerobatics < aero + acrobatics 'akrobatisches Fliegen' (Vanity Fair 10, 1994) Fairkehr Adjektiv) ausgelöst werden bei gleichzeitiger Interpretation der lexikalischen Konfiguration noel als Anweisung no I (durch die Chiffrierung der Auslassung eines Graphems in co d und Abso ut). Immerhin 40% der Studenten vermuten, dass in den Slogan lexikalisches Material eines anderen Kodes eingeblendet wurde (eine sah das als Fehler an, 3%). Sechs Studierende fragten, über den sprachlichen Informationsrahmen 'country of Sweden' aufmerksam geworden, ob das Schwedisch sei (17%). Sie vermuteten in der Konfiguration Abso ut zwei lexikalisch isolierbare Einheiten des Schwedischen, die sie nicht entschlüsseln konnten. Immerhin 20% der Studenten erkannten das eingeschleuste französische lexikalische Material noel: Absolut no L
Kode:Fehler 3% '//////////////////////////
////////////////////s////////////
nicht erkannt 60%
unbek. Kode 17%
Abb. 48: Aktuelles Dekodieren als Dechiffrieren eines degradierten und hochgradierten Kodes über die heuristische Strategie des Kode-Vergleichs [n=22] Während das einfache kooperative Prinzip, hinter nicht dekodierbaren Konfigurationen des Wortens einen unbekannten Kode zu vermuten und heuristische Suchprozesse nach einem möglich Kode-Kandidaten zu starten, von 40% der Studenten als Hilfsstrategie eingesetzt wird, so scheinen 60% keinerlei Problemlösungsstrategie einsetzen zu können. Die Dechiffrierung in Form der Neukonfiguration von noel -> no I als Bedeutungsauslöser für den degradierten Kode der ersten und letzten Zeile gelingt keinem der Studenten. Lediglich eine Studentin nimmt wahr, dass das Graphem fehlt, ohne jedoch eine sinnvolle Erklärung dafür zu versuchen. Die Fähigkeit, Kotext und Kontext auf Hinweise abzusuchen und diese mit prozeduralem und deklarativem Wissen zu vernetzen, ist bei den von mir getesteten konkreten Sprachbenutzern nur eingeschränkt entwickelt. Sobald sprachliche Konfigurationen modifiziert werden müssen, damit sie sinnvoll (über Prozesse des Nachdenkens) erarbeitet werden können, sieht etwa eine Hälfte der Versuchspersonen keine Lösungsmöglichkeit. Die andere Hälfte
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findet immerhin Einstiegsmöglichkeiten in einen Problemlösungsprozess, ohne jedoch eine situativ-selektiv sinnvolle Lösung anbieten zu können. In meinen orientierenden Experimenten zum Dekodieren kennzeichnet dieses Muster durchgängig das Problemlösungsverhalten der beobachteten Sprachbenutzergruppe bei situativ-modifiziertem Worten. Wenn man berücksichtigt, dass diese orientierenden Tests im Bereich der Fremdsprache Englisch stattfanden, relativiert sich dieses Bild dahingehend, dass deutlich wird, dass in der Sprachausbildung die Anwendung von lexikalischem Wissen zu wenig berücksichtigt wird und soziosemantische Dimensionen des Sprachkönnens in der Sprachlehre nicht wirksam werden (Koll-Stobbe 1993, 1994, s. aber programmatische Ansätze in Fairclough 1992). Dennoch stimmen die Ergebnisse dieses Teiltests zum situativ-modifizierenden Sprachkönnen bedenklich, da die Studierenden ein Problembewusstsein für die Variabilität lexikalischen Sprachverhaltens in der internationalisierten Sprachkultur vermissen lassen, an die sie im Rahmen ihres Sprachstudiums herangeführt worden sind.15 Hier kann zum einen unterstellt werden, dass die von mir getestete Stichprobe Kieler Studierender nicht repräsentativ ist, so dass breiter angelegte Untersuchungen ein anderes Bild vermitteln könnten. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass das situativ-modifizierende Sprachkönnen sich nur bei bestimmten Sprachbenutzern ausbildet und individuell stark variiert. Diese Interpretation könnte nur durch umfangreiche repräsentative Tests bestätigt oder widerlegt werden. Insbesondere müßte untersucht werden, ob sich das situativ-modifizierende Sprachkönnen bei Sprachbenutzern des Englischen als E (Ll), E (L2) oder E (IE) qualitativ unterscheidet.16 Die strategische Kompetenz wird in der Sprachausbildung kaum oder zu wenig beachtet (s. Bialystok 1990, Haastrup 1991): Insbesondere die Fähigkeit, Sprachund Hintergrundwissen situativ-modifizierend zu verknüpfen und prozedurale Techniken der Informationsverarbeitung anzuwenden, werden in der Sprachausbildung nicht mit der Zielsetzung geplant, eine effiziente und effektive Teilhabe von Sprachenlernern an der Sprachkultur von homo loquens und homo ludens zu ermöglichen.
Nicht nur in der sprachwissenschaftlichen Ausbildung, sondern auch in der literaturwissenschaftlichen Ausbildung müssten die Studenten experimentelle Sprachgebrauchstechniken im Umfeld der Poesie und der Prosa erfahren haben. Sprachspiele und Sprachexperimente finden sich bei den großen Klassikern (etwa Shakespeare) genauso wie bei den modernen Klassikern (etwa James Joyce) und in zeitgenössischen literarischen Spielformen wie z.B. dem Cyber-Punk (als einer literarischen Form von zapping, die von William Gibson begründet wurde). Bei einem von mir durchgeführten orientierenden Vortest zur Elaborierung fragmentarischer Kodes zeigt sich, dass bei sechs Teilnehmern, von denen drei Englisch als (Ll) sprechen und drei Englisch als E (IE) sprechen, das situativ-modifizierende Sprachkönnen unabhängig davon ist, ob die Sprache als erste Sprache oder als Fremdsprache gelernt wurde, sondern von allgemeinen Fähigkeiten der strategischen Kompetenz geleitet wird. Haastrup 1991:180ff. und Bialystok 1990:112 leiten ähnliche Überlegungen aus ihren experimentellen Studien ab. Zur Situation der Forschung von L2-SprachverstehensmodeIlen und des L2-Wortschatzerwerbs, s. Haastrup 1991:15, 181.
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6.5. Lexikalisches Kategorisieren als produktiver Prozess vs. kreative Strategie Psycholinguistisch abstrahierend können für das lexikalische Sprachkönnen zwei Arten von Kategorisierungprozessen angenommen werden:17 (1) Produktive Kategorisierungsprozesse, die auf einer Alles-oder-Nichts-Basis operieren und mit deren Hilfe ein prozeduraler Zugang zu einem Kategorienbestand geschaffen wird über strukturelle Verarbeitungsprozesse der Wort-Diskrimination und der WortIdentifikation. Produktives Kategorisieren ermöglicht das habituelle Sprachkönnen als weitgehend selbstgesteuertes (parallel) ablaufendes Prozessieren von lexikogrammatischer Informationsverarbeitung. Es kann aber auch bewusst (seriell) gesteuert sein über selektive aufmerksamkeitsverlangende Prozesse (bei Wortfindungsstörungen, Abgelenktheit und Lernen). Wortbildungen über Affigierungen und Kompositabildung, die das habituelle Sprachkönnen sichern, werden durch produktive Kategorisierungsprozesse möglich. (2) Kreative Kategorisierungsprozesse erfolgen als selbstgesteuerte Prozesse der Informationsverarbeitung und des interaktiven Informationsvergleichs (über den konzeptuell unscharfen Rändern von Kategorien). Das situativ-modifizierende Sprachkönnen beruht auf kontinuierlichen Vergleichsprozessen von semantischer, phonologischer, syntaktischer und pragmatischer Information. Kreatives Kategorisieren ist immer dann notwendig, wenn ein Lexem nicht im lexikalischen Kenntnissystem aktiviert oder neu kombiniert werden kann, sondern über komplexe Prozesse der Interaktion von Sprach- und konzeptuellem Wissen konstruiert werden muss. Der Operationsmodus der Kreation basiert auf komplexen mehrdimensionalen Selektionsprozessen, die über konzeptuellen und sprachlichen Informationen ablaufen. So können Wortschatzerweiterungen des Typs Portmanteau und situative Kontextualia nur über selektive Vergleichs- und Reorganisationsprozesse von produktiven Kategorien in einem semantischen System verstanden werden. Das Kategorisierungsverhalten von konkreten Sprachbenutzern hat damit eine psycholinguistische Dimension der Konkreten Lexikologie eröffnet, die ich im nächsten Kapitel in eine Skizze eines mentalen Lexikons einfließen lassen möchte, das einer Konkreten Lexikologie zugrundegelegt werden könnte. Im Lexikon wird der Bezug der Sprachkenntnis zu anderen kognitiven Systemen, insbesondere zum konzeptuellen Wissen, das die begriffliche Verarbeitung der Umwelterfahrung repräsentiert, verankert (Bierwisch 1992:22). Das Lexikon ist die Komponente der menschlichen Sprachfähigkeit, die ständigen Modifikationen unterliegt - die Informationen, die im Lexikon als Wortformen und Wortbedeutungen verarbeitet werden, können nicht vorhergesagt werden. Wie sollte ein Modell des lexikalischen Systems aussehen, das als ein dem Sprachkönnen zugrundeliegendes Modell des mentalen Lexikons als Kenntnis- und Anwendungssystem verstanden werden könnte? 17
Ich modifiziere hier Wodes Modell des phonologischen Kategorisierens für das lexikalische Kategorisieren, s. Wode 1994, 1994a. Wode fuhrt nicht genau aus, wie die continuous mode (die ich dem kreativen Kategorisieren zugrunde lege) genau zu definieren ist, sondern erläutert ihre Funktion (s. Wode 1994a:335). Dieser Funktionszuweisung folgend, verstehe ich sie hauptsächlich als Kontrollprozess und Schnittstelle zwischen sprachlich-diskreten Prozessen und supra-modalen kognitiven Prozessen.
7. Das innere Lexikon: Psycholinguistische Dimension der Konkreten Lexikologie 7.1. Selektives Prozessieren von Informationen: Inneres Lexikon und Bedeutungskonstituierung 7.1.1. Sprachverstehensprozesse: Komplexe Informationsselektion Die in Kapitel 2.1.2.2. und Kapitel 2.2. beschriebene Wende zu einer Sprachwissenschaft, in deren Mittelpunkt Aspekte des Sprachverstehens und der Situiertheit von Sprache stehen, verlangt für den Gegenstandsbereich des lexikalischen Sprachkönnens auch die Einbeziehung von Überlegungen zum inneren Lexikon als informationsverarbeitendem System. Das Lexikon des Sprachbenutzers ermöglicht eine Informationsverarbeitung, die weit über die Vorstellungen vom Lexikon als einem Kenntnissystem als Wörterbuch, wie ich es am Beispiel lexikographischer Kenntnissysteme in Kapitel 2.1. vorgestellt habe, hinausgeht. Das menschliche Lexikon als Teilkomponente der Sprachfähigkeit muss systematisch und flexibel organisiert sein und außerordentlich schnell auf Informationsimpulse reagieren: Etwa 45000 bis 60000 Wörter beherrscht ein gebildeter Erwachsener (Pinker 1994:149f). Auch wenn sie nicht genau definieren können, was ein Wort ist, können (gesunde) Sprachbenutzer ein Wort erkennen, bevor sie es ganz gehört oder gelesen haben (Aitchison 19942:7). Prozesse der situativen Interaktion von Sprachwissen und Hintergrundwissen zeichnen das menschliche Sprachvermögen als elokutionelles Vermögen aus: Um die sprachliche Analyse „richtig" vornehmen zu können, muss der Hörer also sprach-relevante Entscheidungen aus nichtsprachlichen Gründen heraus treffen. Zugespitzt können wir formulieren: man kann Sprache nur verstehen, wenn man mehr als Sprache versteht (Hörmann 1976:210) Verstehensprozesse über ein „mehr als Sprache" im Sinne der Kontextualisierung habe ich in den an Daten zum lexikalischen Sprachgebrauch orientierten Kapiteln 3 - 6 verdeutlicht. In den von mir vorgestellten Kommunikationsstilen der Kodemischung und Kodechiffrierung wird Kreativität und selektive Aufmerksamkeit von Sprachbenutzern verlangt. Die auf das situativ-modifizierende Sprachkönnen ausgerichteten Diskurse der konsumentenzentrierten Werbung und der gemischten Jargons der Großstadtszene entsprechen damit als „flexible und kreative" Kommunikationsstile den Gütesiegeln für ein gutes Lebensgefuhl, wenn man der Lebensstilsoziologie folgt (s. Müller 1992:33). Das besondere Kennzeichen dieser urbanen Kommunikationsstile ist die vom Sprachbenutzer zu leistende selektive Informationsverarbeitung im inneren Lexikon. Slogans wie „The sole eau" oder „Just abied" können nur über die durch sprachliche Signale ausgelöste Informationsausbreitung im konzeptuellen System und der Interaktion von sprachlichem und konzeptuellem Wissen verstanden werden. Das situativ-modifizierende Sprachkönnen zeichnet den Sprachbenutzer als Erfinder und Entdecker von sprachlichen Informationen (qua Bedeutungen) aus: Die Bedeutungskonstituierung wird zu einem Gestaltprinzip von Informationsverarbeitung (s. dazu Stadler/Kruse 1991:263).
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Die beobachteten Daten aus dem Programm der Konkreten Lexikologie lassen Modelle der autonomen Verarbeitung von sprachlichen Informationen als Reduktion erscheinen, die den situativ-modifizierenden Prozessen der Bedeutungskonstituierung nicht gerecht werden können.18 Im lexikalischen System qua innerem Lexikon muss es so etwas wie eine prozessuale Komponente geben, in der lexikalische und konzeptuelle Strukturen situativ semantisch konstruiert werden können. In dieser Komponente als Prozessor von Sprachverstehen müssen die in Kapitel 2.3.2. thematisierten sekundären semantischen Informationen aktiv werden können. Im Entwurf der Konkreten Lexikologie gilt es, ein Modell des Lexikons zu erstellen mit dem Erkenntnisziel der Modellierung komplexer Sprachverstehensprozesse der Interaktion von Sprach- und Konzeptwissen. Das Programm zu einer Analyse sprachlicher und kognitiver Prozesse der Sprachverarbeitung in einem sich selbst (über Lernprozesse) organisierenden interaktivem System wurde in der Spracherwerbsforschung aufgestellt: I assume, that within man's overall cognitive functioning there is a linguo-cognitive processing system, or sets of systems,... which are especially geared to act upon the incoming speech signals and to process them so that their information can be used by higher levels of cognitive functioning. ... I think it is necessary to postulate linguo-cognitive processing systems integrated within, and interacting with, man's total cognitive functioning. ... The linguo-cognitive systems can be thought of as fulfilling two functions: The first is to process speech data, the other is to sustain development (Wode 1981:299f).
Ein über die Beobachtung von lexikalischem Sprachverhalten erstellter Entwurf des lexikalischen Systems als interaktives kognitives System erscheint mir im Sinne einer problemorientierten und nicht ergebnisorientierten Indizienanalyse, die das Programm für eine sprachgebrauchsorientierte Theorie des Lexikons zwischen Kenntnis- und Anwendungssystem vorgeben soll, durchaus legitim.
7.1.2. "In search of the engram": Vorstellungen vom Gedächtnis und Wortgedächtnis Sprachverstehensprozesse sind eingebunden in Gedächtnisleistungen. Ähnlich wie bei den Problemfeldern Kognition und Kommunikation sind wir gegenwärtig noch weit davon entfernt, über eine hinreichend komplexe und plausible Verstehenstheorie zu verfügen (Schmidt 1994:122). Verwundern tut dies nicht: Informationsverarbeitungs- als Sprachverstehensprozesse stellen einen Gegenstandsbereich der wissenschaftlichen Forschung dar, der nicht direkt beobachtet werden kann. Der Dualismus von Sprache als Kode (der direkt beobachtet werden kann) und Sprache als Meinen und Verstehen (sprachliches Bewusstsein oder Denkprozesse, die sich einer direkten Beobachtung in der "black box" entziehen),
Die das situativ-modifizierende Sprachkönnen berücksichtigende Modellierung des Lexikons kann nicht auf Vorstellungen von Sprache aufbauen, die das Lexikon als ein Modul des Sprachsystems ansehen, welches als autonomes kognitives System arbeitet (Chomsky 1972, Fodor 1983, Jackendoff 1992, Pinker 1993). Meine Überlegungen werden dementsprechend orientiert sein an Vorstellungen zum Sprachsystem als einem sich selbst organisierenden, interaktivem kognitiven System (Luria 1973, Hörmann 1976, Maturana 1982, Anderson 1988, Strohner 1995).
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führte seit der Antike zu unterschiedlichen Vorstellungen vorn möglichen Organ des Menschen, in dem die Prozesse des Sprachverstehens stattfinden sollen. Erst in der Renaissance wurde das Gehirn als das geistige Zentrum und Ort des Gedächtnisses des Menschen allgemein akzeptiert (Sinz 1978:24). Obwohl die moderne Gedächtnisforschung seit gut 100 Jahren besteht, wird das Fehlen einer allgemeinen Gedächtnistheorie (sowohl der Neurowissenschaftler als auch der Psychologen oder Philosophen) festgestellt als auf der einen Seite entmutigendes, aber auf der anderen Seite stimulierendes Faktum (Schmidt 1991:9). Für den Sprachwissenschaftler ist dieses Faktum sicher stimulierend, da sich die Ergebnisse des neurowissenschaftlichen und psychologischen experimentellen Paradigmas der Methode der analytischen Reflexion als nicht überlegen erwiesen haben. Gedächtnis ist eine Sammelbezeichnung oder ein Konstrukt zur theoretischen Beschreibung von Prozessen der Informationsverarbeitung in einem komplexen kognitiven System: Im Rahmen der Psychologie der Informationsverarbeitung wird das Gedächtnis als ein dynamisches System betrachtet, das kontinuierlich damit beschäftigt ist, Informationen zu empfangen, zu modifizieren, zu speichern und abzurufen (Grimm/Engelkamp 1981:81).
In den siebziger Jahren ging man davon aus, dass sprachliche Informationen bestimmte Speicher (oder Boxen) des Gedächtnisses sequenziell durchlaufen." Die aufgenommenen Informationen sollten zuerst in einem modalitätsspezifischen Speicher, dem Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG) für etwa eine Drittelsekunde gespeichert werden, bevor sie entweder gelöscht oder in das Kurzzeitgedächtnis (KZG) geleitet werden sollten, wo sie durch Hinzufügung von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis (LZG) bearbeitet wurden. Das Langzeitgedächtnis wird als langfristiger Speicher der Informationen angesehen, aus dem diese dann jederzeit wieder abgerufen werden können (s. Schwarz 1992). Aus der Perspektive der Sprachlemforschung wurden diese Modelle früh kritisiert. Lernprozesse illustrieren, dass die Speicher nicht diskret voneinander getrennt sein können, da einiges in das LZG gerät, anderes aber nicht: Das Gedächtnis muss eigenständig Informationen verarbeiten können. Auch kreative Selektionsprozesse verdeutlichen, warum sich die Vorstellung vom Gedächtnis als Informationsspeicher nicht halten konnte: Sprachliche Informationen werden nicht nur gespeichert und abgerufen, sondern Verarbeitungsprozessen unterzogen. Kreative Wortbildungen (wie Kodeverschränkungen oder Blends zum Beispiel) können nicht im Langzeitgedächtnis aktiviert werden. Die Bildung einer lexikalischen Einheit kann nicht nur als Informationsaktivierung gesehen werden, sondern muss kontrollierte Prozesse der selektiven Informationsausbreitung und Informationsmodifikation (wie ich sie für das Enkodieren und Dekodieren von degradiertem und hochgradiertem Kode gezeigt habe) berücksichtigen. Der Ausdruck 'mentales Lexikon' wurde in den sechziger Jahren durch Oldfield geprägt für den Teil des Langzeitgedächtnisses, in dem lexikalische Einheiten abgespeichert sind:
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Das einflussreichste Modell ist Atkinson, R., Shiffrin, R. (1968): Human memory: A proposed system and its control processes. In: K. Spence, J. Spence (Hgg.), The Psychology of Learning and Motivation. Advances in Research and Theory. New York: Academic Press, 89-195.
172 Das mentale Lexikon enthält alle Informationen, die notwendig sind, um im Prozess des grammatischen Enkodierens Sprachstrukturen aus nichtsprachlichen konzeptuellen Inhalten zu erzeugen (Rickheit/Strohner 1993:56). Anders ausgedrückt: Das mentale Lexikon ist in der sprachpsychologischen Literatur das deklarative verbale Kenntnissystem, die Schnittstelle zwischen konzeptuellen Informationen, die als nicht-sprachlich oder supramadal angesehen werden und lexikalischen, also sprachlichen Informationen.3 Inwieweit phonologische, morphologische, syntaktische und semantische Informationen zusammen oder einzeln abgespeichert werden, ist bisher genausowenig geklärt wie die Frage, wie die Informationen organisiert und repräsentiert sind und ob das mentale Lexikon nur sprachliches Wissen oder auch Hintergrundwissen verarbeitet (s. Diskussion in Knobloch 1994:127ff., Schwarz 19962:81ff.).4 Zahlreiche Sprachverarbeitungspsycho logen entwickelten Modelle zum inneren Lexikon, die die komplexen Gedächtnisleistungen als Wortaktivierungs- und Wortsuchprozesse über experimentelle Untersuchungen im Rahmen des Worterkennungsparadigmas nachzeichneten. Gemeinsam ist allen Modellen, dass sie auf der Basis von Aktivierungsprozessen von in einem Langzeitgedächtnis gespeicherten Einträgen funktionieren (s. kritischen Überblick in Forster 1989, Levelt 1989, Garman 1990, Taft 1991, Schwarz 1992).5 Eine allgemeine, psycholinguistische Theorie des mentalen Lexikons ist im Rahmen dieses experimentellen Paradigmas nicht entstanden: We have by now abandoned the notion that our battery of reaction-time tasks provides us with straightforward measures of the time taken to perform certain elementary mental operations, and we recognize that even the simplest task may involve a highly complex orchestration of component processes. It might even be the case that this first phase of research in lexical access will have done very little more than establish that this is the case (Forster 1989:77).
Einen Überblick über psycholinguistische Modelle des mentalen Lexikons bieten Taft 1991 und Aitchison 19942, sowie die kritischen Überblicksartikel von Forster 1989 und 1990. Aus der Sicht der kognitiven Psychologie s. Anderson 1988 und für eine Einbeziehung des derzeit wichtigen Konnektionismus Eysenck/Keane 1990. Modellierungen aus der Sicht der kognitiven Linguistik sind Rickheit/Strohner 1993 und Schwarz 19962. Einflussreich für die Grundvorstellungen ist Johnson-Laird 1980, 1981, 1993. Neuere Zusammenstellungen unterschiedlicher Forschungsrichtungen sind Levin/Pinker (Hgg.) 1992 und Levelt (Hg.) 1993. Meine Überlegungen aus der Sicht der kognitiven Semantiktheorie basieren auf Bierwisch 1981, 1982, Dunbar 1991, Schwarz 1992, Bierwisch/Schreuder 1993. In der kognitiven Linguistik wird diese Diskussion unter dem Begriffspaar Sprachwissen versus Weltwissen oder Lexikon und Enzyklopädie geführt. Meine eigenen Überlegungen sind an Ansätzen einer mehrstufigen Semantik orientiert, s. etwa Taylor 1994 und Diskussion in Knobloch 1994:136f. Ich gebe ein mehrstufiges Modell vor in Kapitel 7.3., Abb. 49 und 51, bei dem die semantische Stufe die Interaktion von Lexikon und Enzyklopädie sichert. Drei der bekanntesten Modelle sind das Logogenmodell, Morton 1980, 1982; das Kohortenmodell, Marslen-Wilson 1988 und das Suchmodell, Forster 1990. Ich stelle hier sprachpsychologische Modellierungen und Methodiken zur Erforschung des mentalen Lexikons nicht vor, da sie kaum Erkenntnisse für eine allgemeine Lexikontheorie (die in den sprachlichen Philologien wirksam werden könnte) bringen.
173
Ein von kognitiven Sprachpsychologen erstellter Ansatz zur Modellierung des inneren Lexikons rückt ein dynamisches Arbeitsgedächtnis, in dem selektive Operationen der Informationsverarbeitung über aktivierten Informationen ablaufen können, in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Klatzky 1984, Sanford 1985, Anderson 1988, Haberlandt 1994): Activation refers to the momentary excitation of information. The memory traces that are currently the most active constitute working memory. Less active traces constitute long-term memory. As the ongoing processing demands change, there is a continuous shift of active and less active traces (Haberlandt 1994:220).
Das Arbeitsgedächtnis fungiert als Anwendungskomponente, in der das aktivierte deklarative und prozedurale Wissen durch Modifikationsprozesse selektiv verarbeitet werden kann (Koll-Stobbe 1994). Einige dieser Operationen des modifizierenden Anwendens von Wissen in situativen Kontexten (wie das Problemlösen durch Inforrnationsausbreitungs- und Vergleichsprozesse) habe ich bereits im letzten Kapitel in situ anhand der Experimente zum Enkodieren und Dekodieren bei niedriger Kodierbarkeit gezeigt. Die deklarative und prozedurale System- und Anwendungs-Komponente des inneren Lexikons ist als theoretisches Konstrukt anzusehen und nicht als materialisierbarer Speicher vs. Prozessor. Deutlich werden soll dadurch, dass Prozesse der Informationsaktivierung und Informationsverarbeitung weitgehend parallel ablaufen: Die Suche nach Engrammen für bestimmte Gedächmisleistungen, die Lashley in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in unzähligen Experimenten anstellte, blieb bis heute erfolglos (Lashley 1950, Roth 1991 a). Wir haben, so konstatiert Knobloch, durchaus keine Vorstellung davon, was einem solchen inneren Lexikon, sei es psychisch, sei es neuronal, entspricht (Knobloch 1994:127). Auch die Anleihen bei den Neurowissenschaften (insbesondere in letzter Zeit bei den Neurochemikern und Neurobiologen, s. Roth 1991 a, Roth 1994) zur Funktionsweise des Gehirns und seiner Mikrosysteme, der Nervenzellen, führte bisher zu keiner allgemeinen Theorie komplexer kognitiver Tätigkeiten.
7.1.3. Das Gehirn als informationsschaffendes System Das Gehirn arbeitet nach dem Prinzip der undifferenzierten Kodierung. Die gesamte Vielfalt der sensorischen Reize, die das Gehirn empfängt, wird in ein gemeinsames Medium verwandelt, in neuronale Erregungen. Dabei haben die Aktionspotentiale, die diesen Erregungen zugrunde liegen, immer die gleiche Charakteristik, egal, ob sie durch visuelle, taktile, olfaktorische oder auditorische Reize ausgelöst wurden. Sinneszellen sprechen nicht auf die Qualität, sondern nur auf die Quantität (Energie) an. Modalitätsspezifische Informationen gibt es also auf der neurophysiologischen Verarbeitungsebene nicht, da sie im Nervensystem in eine undifferenzierte Gehirnsprache verarbeitet und repräsentiert werden: Das Gehirn muss in sich bedeutungsneutrale neuronale Erregungen zu visuellen oder auditorischen Wahrnehmungen verarbeiten und selektiv speichern. Funktioneil ist das Gehirn, das als ein komplexes Netzwerk von mehreren Milliarden Nervenzellen angesehen werden kann, nur durch die Zusammenarbeit seiner Nervenzellen zu verstehen, die jeweils mehrere tausend Verbindungen miteinander eingehen können und
174 bei häufiger Erregung gleicher Konstellationen als Netzwerke von Neuronenverbänden arbeiten. Neuronale und mentale Ereignisse lassen sich derzeit nicht integrativ beschreiben: Das alte Geist/Körper Problem der Relation zwischen geistiger Tätigkeit und materieller Grundlage manifestiert sich nicht nur in einer unterschiedlichen Begriffsbildung in den Kognitionswissenschaften (die mentalistische Konzepte wie Symbol, Bedeutungskonstituierung und Denotation etc. benutzen) und den Neurowissenschaften (die neurophysiologische Konzepte wie Neuron, Synapse und Transmitter benutzen), sondern es ist bis heute auch nicht möglich, die komplexen Tätigkeiten des Wahrnehmens, Sprechens und Denkens über Modelle der Neurobiologie zu erklären bzw. zu beschreiben (s. Schwarz 19962:Kp. 3, Schmidt 1991:9).6 Trotz der zwei Beschreibungsebenen für mentale und neuronale Prozesse werde ich versuchen, bestimmte Prinzipien der konstruktivistischen Neurowissenschaften und der Systemtheorie integrativ für die Konkrete Lexikologie aufzubereiten. Das Gehirn besteht nicht einfach aus einem riesigen Netzwerk von einer Billion Nervenzellen, sondern aus in Arealen, Kolumnen und Säulen geordneten Nervenzellen (Luria 1973, Eccles 19772, Kuffler/Nicholls 1977). Die Informationsverarbeitung geschieht distributiv, d.h. in einer Kombination paralleler, kon- und divergenter (kortikaler und subkortikaler) Verschaltungen. Funktions- und systemorientierte Gehirnmodelle operieren nicht länger mit Vorstellungen von material lokalisierbaren Informationsspeichern oder Eins-zu-Eins-Korrelationen zwischen mentalen Konzepten und neuronalen Vernetzungen. Im Vordergrund stehen vielmehr Vorstellungen von der funktionalen Plastizität und der Selbstreferentialität des Gehirns: Das entscheidende ist dabei, dass die Bewertungsmaßstäbe für Stabilisierung und Veränderung im Gehirn aus dem Gehirn selbst kommen, etwa bei der Frage, welche kognitiven Netze mit welchen anderen gekoppelt werden müssen, um eine bestimmte Wahrnehmungsleistung zu vollbringen. Es gibt im Gehirn keine höchste Entscheidungs- und Kontrollebene außer der der Selbsterfahrung. Die Frage, in welcher Weise die Aktivität der Nervennetze gesteuert und gekoppelt werden soll, wird vom Gehirn anhand der Resultate früherer Aktivitäten entschieden. Das heißt, das Gehirn organisiert sich auf der Basis seiner eigenen Geschichte. Dies ist das, was man die Selbstreferentialität des Gehirns nennt. Selbstorganisationsprozesse sind daher eine notwendige Voraussetzung für die Selbstreferentialität (Roth 1990:178). Umwelteinflüsse werden vom Gehirn zur Selbstorganisation benutzt. Sensorische Erregung allein ruft keine plastischen Netzwerkveränderungen hervor, sondern nur wenn selektive Prozesse der Aufmerksamkeitslenkung die Veränderung induzieren. Wie die Aktivität der Nervennetze gesteuert und gekoppelt werden soll, wird vom Gehirn anhand der Resultate früherer Aktivitäten durch Selbstorganisationsprozesse entschieden.
Obwohl die Methodik der konnektionistischen Netzwerk-Analyse, die auf neurophysiologischem Prozessieren von Informationen basiert, für bestimmte Bereiche der Sprachverarbeitung erfolgreiche Computer-Simulationen erzeugen konnte (z.B. im eingeschränkten morphologischen Prozessieren bei der Simulation von Plural-Markierungen, s. Rumelhart/McClelland 1986). Bierwisch/Schreuder 1993 und Pinker 1993, 1993a diskutieren auf konnektionistischer vs. symbolhaft repräsentierter Informationsverarbeitung basierende programmatische Ansätze in den kognitiven Sprachwissenschaften.
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Für das Gehirn besteht eine unauflösliche Einheit zwischen Veränderungen der neuronalen Erregungen und Veränderungen der Bedeutungen dieser Erregungen (Roth 1991a:368). Die Ontogenese des Wahrnehmungssystems z.B. besteht aus einer kontinuierlichen Sequenz aus Bedeutungszuweisungen: Wenn nun bestimmte kohärente Erregungsmuster aufgrund von Kombinationen bestimmter Merkmale zur selben Zeit und am selben Ort immer wieder auftreten, so verstärken sich im genannten Sinne bestimmte Verknüpfungen, die dann mit bestimmten Korrelationen visueller Objekte korrespondieren. Das visuelle System lernt auf diese Weise die Strukturierung der visuellen Welt in Objekte und kohärente Prozesse. Es antwortet dann mit erhöhter Bereitschaft auf Strukturen und Ereignisfolgen, die sich in früheren Erlebnissen als geordnet und kohärent erwiesen haben. Dies zeigt, dass Wahrnehmung und Gedächtnis untrennbar miteinander verbunden sind. Wir nehmen stets durch die „Brille" unseres Gedächtnisses wahr, denn das, was wir wahrnehmen, ist durch frühere Wahrnehmungen entscheidend mitbestimmt (Roth 1991:147).
Das Gehirn arbeitet als selbstreferentielles semantisches System: Bedeutungen von Signalen werden erst durch das Gehirn konstituiert, es fungiert also nicht als informationsaufnehmendes, sondern als informationsschaffendes System. Bedeutungen sind genauso wie neuronale Erregungen konstitutive Elemente des Gehirns (Roth 1991 a: 361, 369). Dabei könnte der Aufmerksamkeitsparameter, der für das Aufrufen des Gedächtnisses wichtig ist, unmittelbar vom Gedächtnisinhalt selbst abhängen (Haken 1991:203). Das heißt, nur über einen Aufmerksamkeitswechsel zu elaborierende Konfigurationen wie "The sole eau" und "ingle ells, ingle ells" werden quasi über eine Autostimulation des semantischen Systems (Rusch 1991:278) sinnvoll verarbeitet.7 Die prozedurale Kontextualisierung könnte damit als Elaborationsstrategie von Gedächtnisprozessen der Interaktion von Welt- und Sprachwissen angesehen werden (oder wie Schmidt es ausdrückt, eine Elaborationsstrategie des Erinnems, Schmidt 1991:36).
7.2. Die Komplexität des lexikalischen Systems: Denkoperationen
Versuchen wir uns der Frage nach der selektiven Informationsverarbeitung im lexikalischen System über die im Kapitel 2 angestellten Überlegungen zu einer lexikologischen Semantik und Prozessen der Bedeutungskonstituierung als Problemlösung zu nähern. Die hohe Komplexität lexikalischer Systeme kann derzeit auch nicht annähernd durch Modelle abgebildet werden (Bierwisch/Schreuder 1993:41). Nur Menschen beherrschen die weitläufigen lexiNeuere Ansätze zu Theorien der Aufmerksamkeit in der Psychologie, die die Dualitätsannahme von Verarbeitungsprozessen (als automatische oder aufmerksamkeitsverlangende Prozesse) schwächen, stärken diese für eine Theorie des lexikalischen Sprachkönnens als prozessuales Können wichtige These. Bereits in der älteren Sprachpsychologie war ein zentrales Thema die sogenannte unwillkürliche Aufmerksamkeit. Eine neuere Diskussion konstatiert, dass Aufmerksamkeitsprozesse und rein automatische Prozesse nicht zwei Klassen mentaler Prozesse sind und über Kriterien der Intentionalität und Verarbeitungskapazität der Ressourcen nicht hinreichend beschrieben werden können (Neumann 1992).
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kaiischen Relationssysteme, die Formen und Bedeutungen aufeinander abbilden. Mehr noch, nur Menschen haben die Fähigkeit, kreative Extensionen der Form- und Bedeutungsbeziehungen sinnvoll zu verarbeiten. Viele Einschränkungen, denen Computerprogramme unterliegen, wenn sie mit menschlicher Sprache zu tun haben, liegen darin, dass sie derzeit noch vorwiegend mit Wortformen umgehen, während Sprachbenutzer mit Wortbedeutungen umgehen (Miller 1993:300). Was heißt umgehen mit Bedeutungen für das situativmodifizierende Sprachkönnen, das darauf basiert, dass Formen selektiv mehreren Bedeutungen und Bedeutungen selektiv mehreren Formen zugeordnet werden können? Der Psychologe Anderson geht davon aus, dass im Grunde alle kognitiven Aktivitäten ein Problemlösen sind (Anderson 1988:188). Köhler hatte bereits 1917 (das Verhalten von Schimpansen analysierend) den Umgang mit Problemen in drei wesentliche Kernbereiche eingeteilt: Zielgerichtetheit, Zerlegung in Teilziele und Auswahl der Operatoren (d.h. Handlungen, durch die ein Ziel direkt erreicht werden kann) [Köhler 19773]. Bei lexikalischem Problemlösen werden Operatoren nicht als Handlungen wirksam (wie das bei dem von Köhler beschriebenen Schimpansen der Fall ist, der über Teilhandlungen versucht, eine Banane zu erreichen, die außerhalb des Käfigs ist), sondern über Denkoperationen. Denken ist eine kognitive Basisoperation, die der Sprache als System zur externen Wiedergabe von Gedanken zugrundeliegt.8 Umgehen mit Bedeutungen als Denken schränkt den Autonomieanspruch des sprachlichen Systems ein: Kreatives Denken als semantisches Problemlösen ist ohne eine Interaktion mit kontextualisierenden Prozessen, die Gedächtnisinhalte aufrufen und situativ reorganisieren, nicht möglich. Die drei von Köhler herausgestellten Bereiche des Problemlösens können mit Problemlösungsstrategien in Verbindung gebracht werden, die ich als heuristische Prozeduren der Aufmerksamkeitslenkung und des Aufmerksamkeitswechsels für den Umgang mit kreativem lexikalischen Material annehme (Koll-Stobbe 1994). Die Zielgerichtetheit wird bedingt durch das Ziel, kreatives Worten, das zunächst einmal unverständlich erscheint, als relevant zu rekonstruieren (entweder kohärent und/oder kohäsiv zu verarbeiten). Die Zerlegung in Teilziele wiederum erfolgt über die Strategie, mit dem anzufangen, was man hat. Die Strategie des Aufmerksamkeitswechsels kann mit dem Merkmal der Auswahl von Operatoren verknüpft werden: Wenn eine Operation nicht zum Erfolg fährt, muss eine andere Operation gewählt werden. Dies fuhrt beim sprachlichen Problemlösen dazu, dass über den Aufmerksamkeitswechsel Such- und Vergleichsprozesse abwechseln können. Gemeinsam ist den drei Problemlösungsstrategien, dass sie kontexiualisierendes Denken auslösen auf einem Kontinuum von habitueller Reorganisation zu situativ-modifizierender Reorganisation des sprachlichen Materials. Kann über die Beschreibung von Denkoperationen, die auf der Interaktion von kontextuellen mit konzeptuellen Informationen basieren, kreativer Sprachgebrauch psycholinguistisch erfaßt werden? Drei Bereiche, in denen lexikalisches Kodieren und Dekodieren über selektive kontextualisierende Operationen erfolgt, habe ich aufgezeigt: (1) Kodeverschränkungen in stabilen Kodekontaktsituationen (Kapitel 3.2.), (2) Kodereorganisierung bei
Ich möchte behavioristische, deterministische und autonome Ansätze zum Verhältnis von Sprache und Denken hier nicht explizit vorstellen, s. z.B. Anderson 1988:295f. Meine eigene Position wird in 7.3. und 7.4. deutlich.
177 fragmentarischem Kodieren (Kapitel 4.3.2., 6.4.) und (3) Kodereorganisierung durch semantisches Chiffrieren des Kodes (Kapitel 4.3.1., 6.4.). Ich gehe davon aus, dass die Einbeziehung von Phänomenen der -Sprache, die die Flexibilität von lexikalischen Einheiten und Prozessen zeigen, bestimmte Modellierungen des semantischen Systems der Sprache beleuchten können (ohne dass über empirische Phänomene der -Sprache eine psychologisch adäquate Theorie erstellt werden muss). Wie können die Denkoperationen des lexikalischen Problemlösens aussehen, die kreativem lexikalischen Sprachgebrauch, wie ich ihn empirisch für das Englische als E-Sprache in den Kapiteln 3 - 6 analysiert habe, zugrundeliegen?
7.3. Das lexikalisch-konzeptuelle System: Kenntnis- und Anwendungssystem
Modellierungen der sprachlichen Informationsverarbeitung werden derzeit vor allem für die Sprachproduktion erstellt (s. Levelt 1989, Bienvisch/Schreuder 1993). Ausgehend von dem dreistufigen Modell von Bierwisch/Schreuder 1993:42ff. für die Sprachproduktion schlage ich ein vierstufiges Modell des lexikalischen Systems vor:
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Konzeptuelles System
(1)
(2)
(3)
Formulator/ Sprachverstehenssystem
(4)
Artikulatorisches/ Sensorisches System
Abb. 49: Das lexikalische System als dynamisches, bedeutungskonstituierendes System (Ausrichtung auf Sprachproduktion) Gemeinsam ist den derzeit vorherrschenden Modellen, dass sie die Informationsverarbeitung auf drei Subsysteme verteilen: Ein Konzeptuelles System, ein Formulatorsystem und ein Artikulatorisches System. Ich nehme dagegen wie oben dargestellt vier Systeme an: (1) Konzeptuelles System mit der Komponente KS =Konzeptuelle Strukturen. (2) Interaktives Hintergrundsystem mit den Prozessoren Vbl.=Verbalisierer; Int.=Interpretierer; sowie dem selektiven Hintergrundprozessor Kt.=Kontextorientierte Aufmerksamkeit. (3) Sprachverstehens-TFormulatorsystem mit den aktualisierenden Komponenten SASe'=Argument Struktur, GFe'=grammatische Markierung, SFe'=semantische Information; der mit dem Hintergrundsystem interagierenden Komponente SF=Semantische Form; der Komponente SS=semantische Struktur zwischen Formulator und Artikulatorischem System. (4) Artikulatorisches/Sensorisches System (hier auf Artikulation ausgerichtet).
179
Ich konzentriere mich auf Aspekte des inneren Lexikons als informationsschaffendes System und werde das Artikutalorische bzw. Sensorische System als (auf der motorischen und sensorischen Ebene) dekodierende bzw. enkodierende Subsysteme der Sprachverarbeitung nicht berücksichtigen (s. dazu Levelt 1989, Bierwisch/Schreuder 1993). Im Konzeptuellen System (1) werden Informationen perzeptueller, motorischer, emotionaler, konzeptueller und evtl. anderer Art abhängig von der Sprachgebrauchssituation so organisiert, dass sie vom FormulatorVSprachverstehenssystem (3) verbalisiert und grammatikalisiert (also konkretisiert) werden können. Mit Bierwisch/Schreuder nehme ich an, dass das Konzeptuelle System sprachunabhängig und modalitätsunspezifisch organisiert ist, während der Formulator und das Sprachverstehenssystem weitgehend sprachlich organisiert sind (Bierwisch/Schreuder 1993:25). Im Formulator und Sprachverstehenssystem müssen nicht nur Einheiten des Lexikons bezüglich der semantischen Information (SFe* eines spezifischen Wortes) verarbeitet werden, sondern auch bezüglich der Wortbildung und kategorialer Informationen (SASe' als Argument-Struktur eines speziellen Wortes) und der grammatischen Markierung (GFe' eines spezifischen Wortes). Die semantische Form (SF) kann über komplexe Vergleichsprozesse hinsichtlich ihrer lexikogrammatischen Form und ihrer konzeptuellen Struktur überprüft werden. Die letztendlich entstehende semantische Struktur (SS) wird dann im Artikulationssystem phonologisch und graphemisch aufbereitet (in Abb. 49 nicht spezifiziert) und externalisiert (sprich phonetisch realisiert und produziert) bzw. im sensorischen System phonologisch und graphematisch aufbereitet und verarbeitet. Im Rahmen dieser Arbeit interessiert vor allem das Hintergrundsystem (2), das ich als das semantische System des inneren Lexikons ansehe und das aus den interaktiven Prozessoren der Verbalisierung (Vbl.) und der Interpretation (Int.} besteht und einem interaktiven selektiven Aufmerksamkeitsparameter (Kt.). Die interaktiven Prozessoren setzen das in Kp. 2.1.und 2.3. erstellte Programm eines inneren Lexikons als Sprach- und Hintergrundwissen selektiv verarbeitendes bedeutungskonstituierendes System um. Dieses Hintergrundsystem kann zwischen dem Konzeptuellen- und Formulatorsystem (über kontextuelle Hinweise [Kt.] ausgelöst) selbstreferentiell aktiv werden und die semantische Form (SF) konzeptuell reorganisieren. Das lexikalische System als dynamisches semantisches System kann konzeptuelle Strukturen (KS) und semantische Formen (SF) in einem interaktiven Arbeitskreislauf über Aufmerksamkeitswechsel (Kt.), Interpretierer und Verbalisierer in einem Bezugssystem zwischen konzeptuellen und sprachlichen Strukturen und Prozessen bearbeiten (im Sinne eines selektiven chunking von Informationen). Das Modell der interaktiven semantischen Prozessoren thematisiert indirekt die Frage, inwieweit die in der theoretischen Sprachwissenschaft angenommene Trennung von lexikalischem und enzyklopädischem Wissen prozessual sinnvoll erscheint (vgl. Knobloch 1994:136). Weiter unten werde ich das semantische System als Hintergrundsystem in einem dreistufigen Modell der sprachlichen Informationsverarbeitung ausführlicher beschreiben. Im Gegensatz dazu stehen holistische Vorstellungen, die Konzepte als inhärente Strukturen einer internen Semantik ansehen (Jackendoff 1992:198f). In holistischen Ansätzen
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werden Wortbedeutungen und Konzepte gleichgesetzt.9 Dass diese Modellierungen für das situativ-modifizierende Sprachkönnen nicht haltbar sind, zeigen unterordnende Kategorisierungen und Ad hoc-Extensionen von Kategorien in externen Sprachen (wie hier anhand der orientierenden Experimente in der externen Sprache Englisch oder Deutsch in Kapitel 4 und 6 programmatisch aufgezeigt). Beim Prozess des Enkodierens oder Dekodierens werden Konzepte ausschnittartig auf eine sprachliche Form abgebildet (bzw. umgekehrt): Die Denkoperationen der Suche, des Vergleichs und der situativen Modifizierung bilden diesen Ausschnitt im Sinne der extensionalen und intensionalen Grenzsetzung zwischen konzeptuellen und referentiellen Kategorisierungen ab. Ich habe im letzten Kapitel programmatisch aufgezeigt, dass über allgemeine Denkprozesse des In-Beziehungsetzens und Strukturierens bestimmte lexikalische Einheiten ausgewählt werden. Denken schließt Prozesse des Vergleichs und der Selektion von Alternativen in absentia ein. Im Kapitel zur lexikologischen Semantik (Kapitel 2.3.2.) hatte ich die beiden differenzierenden Prozesse der konzeptuellen (in absentia) versus referentiellen (in praesentia) Bedeutungssuche eingeführt. Konzepte
konzeptuelle/^ Relationen N.
referentielle Relationen N*
!'
Lexeme Abb. 50: Vom Konzept zum Lexem: Selektive Operationen über relationalen Netzwerken Der Weg vom Konzept zum Lexem geht von differenzierenden Operationen über referentiellen und konzeptuellen Kategorien aus (vgl. Kapitel 6.2.1.). Die funktionalen bzw. perzeptuell-funktionalen Kategorisierungen können mit den referentiellen Kategorisierungen gleichgesetzt werden: Beide beruhen auf der Kategorisierung aufgrund von bestimmten perzeptuellen Signalen (wie der Form oder des Materials) oder funktionalen Einbettungen (Konstruktion von Gebrauchskontexten) bzw. einer Mischform aufgrund perzeptueller und funktionaler Suchprozesse (s. Kapitel 6.2.2.2.). Die Gleichsetzung von referentiellen Suchprozessen mit funktional eingebundenen Kategorisierungen nehme ich aufgrund der Eingrenzung des Funktionalismus als Großkategorie für kontextuell eingebundene Kommunikationsphänomene vor (Lesser/Milroy 1993: 41). Abstrakter formuliert (auf der in Kapitel 2.3.2. vorgestellten Grundlage einer lexikologischen Semantik) basieren konzeptuelle Vergleichsprozesse auf möglichen Extensionen der Intension einer Kategorie. Referentielle Vergleichsprozesse hingegen basieren auf der Ex-
Insbesondere Jackendoff setzt konzeptuelle Strukturen mit semantischen Strukturen gleich und stellt ein komplexes System von Projektions- und Präferenzregeln auf, s. Jackendoff, R. (1990): Semantic Structures. Cambridge, Mass.: MIT Press.
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tension der Extension einer Kategorie. Die Kategorisierungsprozesse laufen nicht rein sprachlich ab, sondern auf einer semantischen Ebene der Verbalisierungen und Interpretationen von Konzepten (die Prozessoren Inf. bzw. Vbl. in Abb. 49), die zwischen die konzeptuelle und die Ebene der Formulierung (Worten) geschaltet ist: Problemlösungsprozesse beim Worten als produktives Kategorisieren sind Denkoperationen der Suche (nach lexikalischen Kategorien) und des Vergleichs auf Repräsentationen des referentiellen (Sememe) und konzeptuellen semantischen Relationssystems (Sinn) in einem kontextuellen Erwartungsrahmen:
(D
(2)
(3)
Abb. 51: Von Konzepten zu Lexemen über ein adaptives semantisches Hintergrundsystem
Diese Abbildung stellt das dreistufige interaktive Hintergrundsystem (2) aus Abb. 49 als Relationssystem zwischen konzeptuellen und sprachlichen Prozessen vor: Stufe (1): Repräsentationssystem von sprachunabhängigen konzeptuellen Strukturen, die auf allgemeinen Prinzipien konzeptueller Organisation beruhen (Konzepte) Stufe (2): Hintergrundsystem von lexikalisch-komponierbaren Bedeutungen und Relationen zu konzeptuellen Strukturen bezüglich eines Kontextes (Lexis und Semantik). Stufe der Interaktion von Lexikon, Enzyklopädie, Umwelt (Aufmerksamkeit). Stufe (3): Sprachspezifischer Formulator, der lexikalische Einheiten und grammatische Strukturen integriert (Worten, das im Kode extemalisiert wird).
Die Stufe (2) stellt den über das situativ-modifizierende lexikalische Sprachkönnen gewonnenen Blick in ein kognitives Fenster von Bedeutungskonstituierung dar: Es muss so etwas wie ein Interaktionssystem als adaptives System geben, das (konzeptuell repräsentierte) Lexeme und (sekundäre) konzeptuelle Prozesse kontextuell aufeinander abbilden und für eine sprachliche Kategorisierung organisieren (chunking) kann (vgl. Lambs semologisches System, Lamb 1998:125ff).
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Im Rahmen eines Entwurfs zu einer Theorie des Sprachkönnens als lexikologischer Theorie wäre es vermessen, über einige wenige orientierende Beobachtungen zum Sprachverhalten empirisch fundierte Aussagen abzuleiten. Dennoch kann als Ergebnis formuliert werden, dass es bei der Bedeutungsbildung Prozesse der Interaktion und Modifikation von Sprach- und Hintergrundwissen geben muss. Das Schema ist in diesem programmatischen Modell das Aktivierungsmuster, in dem sich Sprach- und Hintergrundwissen vorübergehend verbinden können (im Sinne eines vorübergehenden funktionalen Musters der Neurobiologen oder Psychologen, s. Bartlett 19672:199f., Iran-Nejad/Homaifar 1991:221 f.). Konfigurationen wie styl Und ingle ells, ingle ells können wir nur reorganisieren über vorübergehende funktionale Einbettungen in Gedächtnisprozesse, derer wir uns nicht bewusst werden müssen. Im Sinne der Selbstreferentialität des semantischen Systems lösen neue Reize (wie ein hochgradierter Kode) komplexe Prozesse der Bedeutungsbildung aus durch einen Vergleich mit früher als semantisch kohärent erfahrenen Informationen. Bartlett hat diesen Selbstorganisationsprozess bereits in den dreißiger Jahren beschrieben: There is not the slightest reason ... to suppose that each set of incoming impulses, each new group of experiences persists as an isolated member of some passive patchwork. They have to be regarded as constituents of living, momentary settings belonging to the organism, or to whatever parts of the organism are concerned in making a response of a given kind, and not as a number of individual events somehow strung together and stored within the organism (Bartlett 19672: 201).
Das Schema ist die prozessuale interaktive Einheit zwischen Sprach- und Konzeptwissen, die im Mittelpunkt einer zu erstellenden psycholinguistischen Theorie des Lexikons stehen muss. Formative, so wäre eine weitere programmatische Schlußfolgerung aus meiner Analyse von lexikalischem Sprachverhalten, könnten die prozessualen Einheiten sein, die als Kontextualisierungshinweise sprachlich im semantischen System wirksam werden können. Während Semem und Sinn als Begriffspaar die strukturelle (referentielle und konzeptuelle) Komponente des lexikalischen Systems abbilden, so bilden Formativ und Schema die prozessuale (referentielle und konzeptuelle) Komponente des semantischen Systems als interaktives Bezugssystem zwischen Prozessen der sprachlichen und konzeptuellen Bedeutungskonstituierung ab.
7.4. Das lexikalische System als kohärenzstiftendes System: Rekodieren als kontrollierter, kreativer Prozess Während das Nachschlagen in einem Wörterbuch eine Tätigkeit ist, die bewusst abläuft, geschieht das Nachschlagen im mentalen Lexikon unbewusst: Das innere Lexikon ist ein Kenntnis- und Anwendungssystem, das wir automatisch aktivieren, wenn wir sprechen oder lesen. Im normalen Sprachgebrauch ist sich der Sprachbenutzer dieser Aktivität seines Gehirns nicht bewusst. Erst wenn wir mit einer Problemstelle konfrontiert werden, uns etwa eine Vokabel nicht einfällt oder wir das Wort lediglich auf der Zunge haben, ohne es abrufen zu können, so wird unsere Aufmerksamkeit auf diesen Aspekt von Sprachverarbeitung gelenkt: Mit Hilfe selektiver Aufmerksamkeitsstrategien versuchen wir, in derartigen Situationen Kontrolle über den Zugang zu unserem mentalen Lexikon zu erhalten. Über Umschreibungen des gesuchten Wortes oder assoziative Ketten, die wir aufrufen, soll das
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gewünschte Wort aktiviert werden. In der Umgangssprache zeugen bestimmte deskriptiv vage Ausdrücke (die wir als Platzhalter verwenden können) davon, dass uns als Sprachbenutzer der situativ adäquate, automatische Zugang zu einem spezifischen Lexem nicht immer glückt. Wir müssen nachdenken, um das gewünschte Wort zu finden oder bedienen uns eines semantischen („Ding") oder deiktischen („dies") Platzhalters. Der Prozess des kontrollierten Umgangs mit dem mentalen Lexikon, das Nachdenken als Problemlösen, erfolgt nicht nur bei momentanen Enkodierungs- oder Dekodierungsstörungen, sondern auch bei niedriger Kodierbarkeit, wie ich in Kapitel 6.2.2.2. gezeigt habe. Anders als in lexikographischen Nachschlagewerken, in denen deskriptive und konnotative Bedeutungen als defmientia festgehalten werden, kann im mentalen Lexikon neben der Abrufung von virtuellen Bedeutungen als defmientia eine aktuelle Bedeutungskonstituierung, ein definiendum konstruiert werden, wenn bei situativen Wortbildungen ein definiens nicht aktiviert werden kann (Koll-Stobbe 1994:62). Im Gegensatz zum lexikographischen Lexikon, besteht das mentale Lexikon aus einem parallel arbeitenden Kenntnissystem (in dem die definientia gespeichert sind) und einem inkrementell und seriell arbeitenden Anwendungssystem (adaptiver semantischer Prozessor, in dem die definientia und aktuelle defmienda zusammenkommen können über many-to-many mappings kontinuierlicher Vergleichsprozesse). Wenn die defmienda keinem definiens zugeordnet werden können, so ist eine Erweiterung oder Verschränkung von Kategorien möglich. Das lexikalische System arbeitet als kohärentes System. Nicht-regelgeleitete, kreative Konfigurationen des Wortens können kommunikativ wirksam werden, wenn über die Strategie des Aufmerksamkeitswechsels selektive Operationen von datengeleiteter auf konzeptuelle Informationsausbreitung gelenkt werden können. Verdeutlichen möchte ich das an einem Beispiel zum Prozessieren von Kohärenz in einer Bildergeschichte. Bildlich verdeutlicht werden soll der Prozess „in Sorge geraten". Dieser kann zeichnerisch nur über referentiell zu rekonstruierende Sequenzen umgesetzt werden: Das komplexe (prozessuale) Konzept muss in zugrundeliegende kognitive Schemata aufgelöst werden und in eine Handlungssequenz eingebettet werden. Eine Möglichkeit wäre, dass der Zeichner zwei Handlungssequenzen zu einem Handlungsschema „unruhig auf jemanden warten" ersinnt, d.h. den Prozess „in Sorge geraten" auflöst in subprozessuale Verhaltensmuster wie „unruhig auf und ab laufen" und „auf die Uhr schauen". Dazu braucht er Figuren, also Handlungsträger oder Aktanten, die „sich Sorgen machen". So könnte der Handlungsträger der Bildergeschichte (derjenige, der sich Sorgen macht) in einem Bild auf und ab laufen und in einem zweiten Bild unruhig auf die Uhr schauen. Eine datengeleitete Umsetzung dieser Einzelbilder (als reaktive Sinnhypothese) würde nur Einzelhandlungen ohne eine konzeptuelle Problemlösung wiedergeben. Die bloße Verbalisierung der Handlung in den abgebildeten Sequenzen bildet das Konzept nicht ab - die Informationsausbreitung muss konzeptuell unterstützt werden. Über die Strategie des Aufmerksamkeitswechsels muss die Information vom Fokus (den Handlungssequenzen) auf die Peripherie (die konzeptuelle Grundlage für diese Handlungen) umgelenkt werden, damit der Sprachbenutzer kohärente Informationen prozessieren kann, wie in der folgenden Abbildung skizziert:
184 ->. Fokussierte Aufmerksamkeit: Produktive Sinnhypothese Fokus Penphene
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Aufmerksamkeitswechsel: Kreative Sinnhypothese
Abb. 52: Aufmerksamkeitswechsel: Produktion vs. Kreation einer Sinnhypothese
Während die nur datengeleitete Informationsverarbeitung zu einer reaktiven, rein produktiven Sprachverstehensleistung fuhrt, gewährleistet der komplexe Prozess der konzeptuellen Informationsverarbeitung die Kreation einer situativ adäquaten Bedeutungskonstituierung. An diesem Beispiel sollte gezeigt werden, dass auch im habituellen Sprachkönnen durch Prozesse des (intentionalen oder unwillkürlichen) Aufmerksamkeitswechsels die explizit angebotene Information durch inferentielle Selektionssprozesse konzeptuell modifiziert wird. Kreatives Prozessieren von Information ist die Reorganisation von Information als kohärente Information durch die situativ-modifizierende Interaktion von Sprach- und Hintergrundwissen. In diesem Sinne setze ich das situativ-modifizierende Sprachkönnen gleich mit der Fähigkeit, sich selbst organisierende sprachliche Prozesse kontextualisierend zu durchbrechen. Die Aktivierung von kohärenten Bedeutungen ist über Formative möglich, die sprachlich nur als Hinweise abgebildet sind und weder semantisch noch konzeptuell adäquat (d.h. konventionell) symbolisch repräsentiert erscheinen. Bedeutungen und lexikalisch wirksame Konfigurationen können entstehen aufgrund von Rekodierungen im lexikosemantischen Interaktionssystem. Unter Rekodieren versteht man die kognitive Organisation und Integration von Einzelinformation durch das Individuum (Hörmann 1976:182, Groeben 1982:27). Wie wir in Kapitel 4.4. gesehen haben, modifizieren Sprachbenutzer situativ verfremdeten Kode während des Sprachverstehensprozesses. Sie setzen ihr lexikalisches System als informationsschaffendes System ein, indem sie den Kode kontextualisieren und (über das Kenntnissystem des Hintergrundwissens) gewußte und zu entschlüsselnde Informationen integrierend verarbeiten. Sprachliche Informationsverarbeitung als bedeutungskonstituierende Problemlösung wird dadurch möglich, dass die Aufmerksamkeit auf relevante Informationen gelenkt und diese dann im lexikalischen Interaktionssystem über rekodierende Schematisierungen kohärent verarbeitet werden kann. Über beobachtete Daten zum Sprachverhalten und über eine induktive Analyse habe ich programmatisch aufgezeigt, dass kreative lexikalische Prozesse über den Kontextualisierungsprozess des Aufmerksamkeitswechsels primär konzeptuell gesteuert sein könnten,
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während produktive Prozesse primär sprachlich gesteuert sein könnten. Auf dem Hintergrund der in der modernen Sprachwissenschaft allgemein undifferenzierten Diskussion des Produktivitäts- versus Kreativitätskonzeptes (s. Kapitel 2.2.1. und 6.3.2.), habe ich die analytisch-reflexiven Überlegungen von Lyons zur möglichen Abgrenzung von sprachlicher Produktivität versus Kreativität aufgenommen und versucht, prozessual zu untermauern. Damit weise ich im Rahmen eines orientierenden Ergebnisses die der internen Sprache von Chomsky zugewiesene Qualität der Kreativität als Produktivität zurück: Während die Produktivität von Sprachverahlten als automatisiertes kognitives Verhalten im Rahmen von Theorien zur I-Sprache modelliert werden kann, so basiert die Kreativität von Sprachverhalten als kontextualisierendes kognitives Verhalten in der -Sprache auf komplexen Prozessen der Interaktion und Reorganisation von Sprach- und Hintergrundwissen. Die beobachtende Analyse des lexikalischen Sprachkönnen konkreter Sprachbenutzer des Englischen und daraus entstandene grundlegende Überlegungen zum konkreten mentalen lexikalischen System als informationsschaffendem System ist ein Schritt in die systematische makrolinguistische Beobachtung der Komplexität von Sprachverhalten, der zugleich programmatisch ein Fenster zu einer möglichen Theorie des Sprachkönnens eröffnete.
8. Schlussbetrachtung 8.1. Konkrete Lexikologie als Programm zu einer Theorie des lexikalischen Sprachkönnens Mit dieser Studie wollte ich praktisch und theoretisch verdeutlichen, dass situativmodifizierende Sprachleistungen nicht ephemere Grenzphänomene sind, die aus dem Gegenstandsbereich einer Sprachwissenschaft ausgeklammert werden sollten, sondern vielmehr symptomatische Sprachverhaltensleistungen, die in eine Theorie von Sprachverhalten als kognitivem Verhalten einfließen müssen. An die Seite der Beschreibung einzelsprachlicher und sprachlich universeller Strukturen muss die Beschreibung sprachlicher Prozesse unter Berücksichtigung der Problemfelder der Kommunikativität (Selektivität) und Situiertheit (Kontextualität) von Sprachgebrauch treten. Über den Weg einer problemorientierten Darstellung und der programmatischen Sichtung und Analyse von kreativem lexikalischen Sprachverhalten von Sprachbenutzern des Englischen als LI, L2 und E(IE) habe ich einen Schritt in diese Richtung versucht. Ich habe für den Entwurf einer Konkreten Lexikologie programmatisch eine Theorie des lexikalischen Sprachkönnens erstellt, die strukturalistische Modellierungen der Sprachkompetenz prozessual auffächert (Kapitel 2.2.3.). Zwei Dimensionen des lexikalischen Sprachkönnens stelle ich heraus: Zum einen das habituelle Sprachkönnen, das auf produktiven und weitgehend sich selbst organisierenden Prozessen der Sprachverarbeitung beruht. Die Konkrete Lexikologie des habituellen Sprachkönnens kann weitgehend auf der strukturalistisch geprägten sprachwissenschaftlichen Lexikologie aufbauen, in deren Zentrum das Lexikon als implizites Kenntnissystem oder lexikalische Wissensbasis einer Sprache steht. Die Ergebnisse der Wortbildungsmorphologie mit dem Schwerpunkt auf kombinatorischen Wortbildungsmustern und die lexikalische Semantik mit dem Schwerpunkt auf referentiellen Prozessen bilden das habituelle lexikalische Sprachkönnen weitgehend ab (s. Diskussion in Kapitel 2.2.1., 2.2.2., 2.3.1., 5.1., 5.6.). Die zweite Dimension des lexikalischen Sprachkönnens, das situativ-modifizierende Sprachkönnen, basiert auf sich selbst organisierenden Prozessen, die durch Kontexualisierungsprozesse durchbrochen werden (s. Kapitel 2.1.2.). Die theoretische Grundlage für das Programm der Konkreten Lexikologie, über die das situativ-modifizierende Sprachkönnen als Thema einer Sprachwissenschaft als Sprechwissenschaft erschlossen werden soll, bilden zum einen die konzeptuelle Semantik und zum anderen die (systemtheoretisch orientierten) Kognitionswissenschaften, die Sprachgebrauch als situierte Kommunikation verstehen und die Bedeutungskonstituierung zwischen referentiellen und konzeptuellen Prozessen untersuchen (s. Kapitel 2.2.2., 2.2.3.2., 2.3.3.). Ausgehend von der Hypothese, dass lexikalisches Sprachkönnen sich über nature und nurture in einer Sprachkultur raum-zeit-spezifisch entfaltet, zeige ich in den Kapiteln 3 und 4, dass Veränderungen von Kommunikationsstilen das habituelle lexikalische Sprachkönnen prägen aufgrund der Sprachkontakt- und Sprachmischprozesse im Umfeld des Englischen als Weltsprache (Kapitel 3.2., 4.3., 6.3.). Das Phänomen des Codemixing, das orales Sprachverhalten multilingualer oder bilingualer Sprecher in stabilen (und konventionali-
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sierten) Sprachkontaktsituationen als habituelles Sprachkönnen auszeichnet (Kapitel 3.2.2.)' manifestiert sich in der literalen interkulturellen Kommunikation in Ad hocKodever-schränkungen, die nur über situativ-modifizierende Prozesse der Kontextualisierung ver-arbeitet (d.h. verstanden) werden können. Sprachkontakt- und Sprachmischprozesse werden in der Konkreten Lexikologie als Kode-Alternationen, die (als referentielle Rahmenwechsel) das habituelle Sprachkönnen auszeichnen, und Kode-Alterationen, die (als konzeptuelle Rahmenwechsel) dem situativ-modifizierenden lexikalischen Sprachkönnen zugeordnet werden, evaluiert (s. Kapitel 3.4.). In Kapitel 4 analysiere ich das situativ-modifizierende lexikalische Sprachverhalten im Kommunikationsstil des International English for Cultural Purposes (IECP, s. Kapitel 3.1.1., 4.1.), das durch die Kommerzialisierung und Professionalisierung lexikalischer Sprachproduktion in Kommunikationsagenturen beeinflusst wird (s. Kapitel 4.2.). Eingebundene Kommunikationsarten in der Unterhaltungs- und Konsumkultur setzen über lexikogrammatische Degradierung und semantische Ambiguierung von Kodes auf das situativmodifizierende Sprachkönnen von Sprachbenutzern und deren Fähigkeit, Sprach- und Weltwissen miteinander im Sinne einer Problemlösung zu vernetzen (s. Kapitel 4.3.). Sprachbenutzer werden als homo ludens in die Prozesse der Bedeutungskonstituierung derart einbezogen, dass eine Literacy of Joint Authorship entsteht, bei der der Leser eines Textes als Ko-Autor fungiert (s. Kapitel 4.4.). Zentrale Konzepte der strukturalistisch und generativ geprägten Morphologie, wie der Morphembegriff und die Produktivität, sind nur in begrenztem Maße deskriptiv für das im Programm der Konkreten Lexikologie beobachtete lexikalische Sprachverhalten anwendbar (s. Kapitel 5.2.). In der Konkreten Lexikologie muss ein Perspektivenwechsel auf Muster der Wortschatzerweiterung und das Konzept der Wortbildungsstrategie erfolgen (s. Kapitel 5.1.2.). Die in der Konkreten Lexikologie systematisierten Wortschatzerweiterungsmuster für das Englische basieren auf kombinatorischen Prozessen, Prozessen der Extension und Prozessen der Abbreviatur (s. Abb. 29 in Kapitel 5.6.1.). Die prozessualen Einheiten der Wortschatzerweiterung sind Formativ und Schema (s. ebd.).
8.2. Anwendbarkeit der Ergebnisse: Sprachlehr- und Lernforschung Der Umgang mit nicht regelgeleitetem lexikalischen Sprachgebrauch muss gelernt werden, wie die Ergebnisse meiner orientierenden Tests zum lexikogrammatisch degradierten oder semantisch hochgradierten Worten durch konkrete Sprachbenutzer aufzeigen (Kapitel 6.2.6.4.). Während sie gewisse einfache Verfahren des Hochgradierens erkennen (Ambiguierung durch Homophonie) und bestimmte Wortbildungsmuster als Hilfsstrategie benutzen können (Akronymbildung), so haben sie insgesamt Schwierigkeiten bei der verlangten Modifikation der präsentierten Information über Such- und Vergleichsprozesse und der Anwendung des inneren Lexikons als informationsschaffendes System. Eine aktive Einbe-
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ziehung des Kontextes in Prozesse der Bedeutungsbildung unterstützt das habituelle und situativ-modifizierende Sprachkönnen und müßte in der sprachlichen Ausbildung stärker berücksichtigt werden. Es ist experimentell nachgewiesen, dass kontextuelle Hinweise bei der Verarbeitung von lexikalischen Problernstellen eingesetzt werden (Haastrup 1991:49). Ich sehe den Aufmerksamkeitswechsel als eine allgemeine kognitive Strategie an, die aus mindestens drei Teilstrategien besteht und mit deren Hilfe man selektive Informationsverarbeitung üben kann. Eine erste Formulierung als Ergebnis meiner orientierenden Studien zum lexikalischen Problemlösen könnte wie folgt aussehen: ÄKS 1: Gehe davon aus, dass das Informationsmaterial relevant ist Metastrategie: Sieh das präsentierte Material als Figur an, für die Du einen kognitiven Hintergrund suchst ÄKS 2: Nimm Material, das Du erkennst, und fange damit an Metastrategie: Mach' das Beste aus dem, was Du hast ÄKS 3: Konzentriere Dich nicht nur auf eine Sache, beachte den Kotext und Kontext und experimentiere Metastrategie: Sei flexibel und hartnäckig
Abb. 53: Aufinerksamkeitswechsel als kognitive Strategie (ÄKS): Selektive Informationsverarbeitung ÄKS l und ÄKS 2 werden als Suchstrategien bei degradiertem und hochgradiertem Kode (allgemein situationsgebundene Kommunikationsstile) eingesetzt. Sie basieren auf dem pragmatischen Prinzip, Sprache als einen interaktiven Prozess anzusehen, der über die Maxime der Relevanz gesteuert wird (s. Kapitel 2.2.3.3.) - was nichts anderes heißt, als dass sprachliches Kodieren, wenn nicht anders spezifiziert, generell sinnvoll und nachvollziehbar geschieht. Über die ÄKS l kann der Sprachbenutzer versuchen, Erwartungsrahmen zu finden, d.h. die (abgebildete sprachliche) Figur in ein (kognitives) Hintergrundschema einzubetten. Die ÄKS 2 basiert auf der allgemeinen kognitiven Fähigkeit, Hinweise und Signale in der Umwelt (sprich: auch im sprachlichen Kode) zu erkennen und komplexe Einheiten in kleinere analysierbare) Einheiten zu zerlegen. Über die ÄKS 2 kann der Sprachbenutzer versuchen, prozeduralen Zugang zu seinem Wissen zu erhalten. Ich habe diese beiden Denkstrategien über Wortschatzerweiterungen, die nicht dekodierbar erschienen, als prozedurale Problemlösungen praktisch eingeführt (etwa anhand der Problemlösungsstrategien zu The sole eau in Kapitel 2.2.3.2. oder am Beispiel der Dekodierung von single-breasted leather waistcoat über die erkannten Einheiten single-breasted und leather waistcoat in Kapitel 5.3.1. - oder der Dekodierung von Just abied in Kapitel 3.2.3.3.). Bei niedriger Kodierbarkeit (das betrifft sowohl das Enkodieren als auch das Dekodieren) muss der Aufmerksamkeitswechsel als komplexe Vergleichsstrategie angewendet werden. Die ÄKS 3 bedeutet, dass parallel ablaufende Suchprozesse der Bedeutungskonstituierung im konzeptuellen und semantischen System unterbrochen bzw. umgelenkt werden können. Als Auslöser dieser komplexen Kontrollstrategie, die die Interaktion von konzeptuellem und sprachlichem Wissen auslöst, fungieren kontextuelle oder sprachliche Signale als Hinweise, die eine parallele Vernetzung von Sprach- und Hintergrundwissen im inneren Lexikon auslösen.
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Die Fähigkeit, auf verbale und kontextuelle Signale zu reagieren, wird in der angloamerikanischen Sprachlehrforschung im Rahmen soziokulturell erforderlicher Diskurstechniken als zu schulende strategische und instrumentale Fähigkeit erkannt. Ein mögliches Lehrprogramm dazu ist die Simulation von unterschiedlichen diskursiven Praktiken und Kommunikationstilen (Fairclough 1992:216f.). Ziel eines Sprach- und Fremdsprachenunterrichts muss zunächst einmal sein, das habituelle Sprachkönnen sicherzustellen. Damit die Sprachenlemer aber an der Sprachkultur effizient und effektiv teilnehmen können, müssen sie auch in der Lage sein, sprachliche Informationen situativ zu evaluieren, d.h., sie müssen in die Lage gebracht werden, mehr als Sprache zu verstehen und lernen, zu unterscheiden zwischen dem, was jemand sagt und dem, was er damit meinen könnte (s. Kapitel 2.1.2.1.). Aspekte der Bedeutungsflexibilität, die lexikalisches Sprachverhalten zwischen Informations- und Unterhaltungskultur (in wechselnden Kontexten einer heterogen ausdifferenzierten urbanen Sprachkultur) kennzeichnet, können, wie ich programmatisch deutlich gemacht habe, eine Tür zum inneren Lexikon öffnen. Bestimmte Wörter fungieren als Kennzeichen und Fertigbauteile für die interkulturelle urbane Kommunikationswelt (s. Kapitel 6.4.). Eine Aufgabe für die Sprachlehrforschung, die aus meinen Ergebnissen abzuleiten ist, wäre, den Schülern Möglichkeiten anzubieten, hinter die Wörter zu schauen und diese auch als (inter)kulturelle Symbole (und nicht bloß als zu lernende Vokabeln) zu erkennen (Koll-Stobbe 1993:182f.). Die Aufarbeitung der von mir systematisch beschriebenen Wortschatzerweiterungsmuster in der Sprachausbildung (Kapitel 5.6.) wäre eine Möglichkeit, lexikalisches Sprachverhalten in unserer veränderten Kommunikations- und Sprachkultur konkret und bewusst zu machen und Sprachgebrauch als Handwerks- und Denkwerkzeug in der Sprachausbildung ernst zu nehmen.
8.3. Ergebnisse: Allgemeine Lexikontheorie Der zweite Bereich, in dem die Ergebnisse der Studie greifen, ist die Ausrichtung einer allgemeinen Lexikontheorie. Im Entwurf der Konkreten Lexikologie habe ich ein Programm für ein Lexikonmodell aufgezeigt, das Aspekte des selektiven und situativen Verarbeitens von lexikalischen Informationen berücksichtigt. Über die Analyse von beobachteten Einzelfall-Daten zum naturalistischen lexikalischen Sprachverhalten erstelle ich ein Modell des inneren Lexikons, das auf einer Systemkomponente (die aus dem Konzeptuellen und dem Formulator bzw. Sprachverstehenssystem besteht) und einer semantischen Anwendungskomponente aufgebaut ist (die aus einem adaptiven Hintergrundsystem besteht, s. Kapitel 7.3.) und das sowohl den Anforderungen an eine habituelle Informationsverarbeitung, als auch an eine situativ-modifizierende Informationsverarbeitung genügt. Die situativ-modifizierende Verarbeitung wird durch die adaptive Anwendungskomponente gewährleistet, die eine interaktive Verarbeitung von lexikalischem und konzeptuellen Wissen ermöglicht durch kontextualisierende Sprachverstehensprozesse, die durch Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeitswechsel gesteuert werden.
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Das Modell basiert auf der Vorstellung von einem sprachverarbeitenden System als sich selbstorganisierendem semantischen System. Zwei Ebenen der Selbstorganisation nehme ich an: (1) Die Ebene der produktiven Selbstorganisation im inneren Lexikon als lexikogrammatischem Kenntnissystem, die durch datengeleitete Prozesse der Informationsverarbeitung ermöglicht wird (vgl. Prozesse der kohäsiv unterstützten Textverarbeitung in Kapitel 4.1.2.). (2) Die Ebene der kreativen Selbstorganisation im inneren Lexikon als bedeutungskonstituierendem Anwendungssystem, die durch konzeptuelle Prozesse der Informationsverarbeitung ermöglicht wird, die in einem adaptiven semantischen System auf lexikalischen Kategorien abgebildet werden (vgl. die Problemlösungsstrategien bei hochgradiertem und degradiertem Kode in Kapitel 4.3. und 6.4.).
Kreatives Sprachverhalten, bei dem sich selbst-organisierende Sprachprozesse kontextualisierend durch den Aufmerksamkeitswechsel durchbrochen werden, grenze ich von produktivem Sprachverhalten ab, das auf sich-selbstorganisierenden (weitgehend automatisiert) ablaufenden Prozessen beruht (Kapitel 7.4.). Damit wäre aber die Eigenständigkeit einer sprachlichen Informationsverarbeitung auf der einen Ebene (1) gewährleistet, die insbesondere von den Theoretikern der Universal-Grammatik untersucht wird (Pinker 1993, Chomsky 1995). Auf der anderen Ebene (2) müssen Vorstellungen von Sprache als einem rein autonomen kognitiven System zurückgewiesen werden: Prozesse der Rekodierung bei niedriger Kodierbarkeit zeigen, dass Sprach- und Konzeptwissen über Prozesse der Kontextualisierung (und damit der Verarbeitung von Sprach- und Hintergrundwissen) verarbeitet werden. Die Rekodierung als selbstreferentielle Neuorganisation von sprachlicher Information durch Prozesse des Nachdenkens kann einmal durch einen unwillkürlichen Aufmerksamkeitswechsel gelenkt werden (beim habituellen Sprachkönnen) und zum anderen durch einen bewussten Aufmerksamkeitswechsel (beim situativ-modifizierenden Sprachkönnen, s. Kapitel 7.4.). Ich habe im Rahmen einer beobachtenden Methodik und einer induktiven Analyse ein Modell des Lexikons erstellt, das nicht eingeschränkt ist auf spezifische psychologische oder linguistische Fragestellungen und als Programm zu einer Theorie des Sprachkönnens die strukturelle Trennung von Sprach- und Weltwissen durch Beobachtungen von bedeutungskonstituierenden Sprachverstehensleistungen prozessual in Frage stellt. Damit habe ich einen Schritt auf dem Weg zu der theoretischen Eigenständigkeit einer an der Komplexität und Variabilität von tatsächlichem Sprachverhalten orientierten makrolinguistischen Sprachwissenschaft aufgezeigt, in deren Mittelpunkt wirkliche oder konkrete Sprachbenutzer stehen und ihr konkretes, selektiv-situatives Sprachkönnen.
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Index
Abdulaziz 52 Adams 3, 103, 134 Addison 8 Agalo 61 Aitchison l, 13, 14, 26, 106, 107, 108, 117, 118,135,169,172 Algeo 5, 10, 11, 13, 111, 112, 113, 119, 121, 122, 127, 128, 129, 130, 134 Alladina 49 Andersen 152 Anderson , J. 28, 29, 67, 139, 157, 170, 172, 176, Anderson, S. 36, 102, 103, 105, 110, 112, 173 Angogo 52 Anshen 102 Appel 49,50,57,59,61 Aronoff 3, 36, 102, 105, 109, 110, 111, 119 Asher 53, 54 Atkinson 171 Auer 29 Ayto 13, 118, 119, 128, 129, 130 Baddeley 67 Bailey,R. 9,43 Bailey, N. 9 Baker 29,33,64, 156 Bald 43 Bamgbose 53 Barnhart 13, 119 Bartlett 83, 182 Barton 92 Bauer 3,5,6, 11,35,78, 102,103,109,110, 112, 115, 117, 118, 119, 121, 123, 125, 129, 131,134 Beard 102 Beatles 88, 163, 164 Beaugerande, de l, 17, 18, 20, 24, 26,30, 82 Bechert 50,51,59,60,61 Berko-Gleason 106 Berlin 138 Bhatia 50,63,69 Bialystok 167 Biber 33,82 Bierwisch l, 2, 5, 18, 23, 26, 28, 31, 33, 36, 38, 101, 172, 174, 175, 177, 179 Blom 57 Blommaert 61 Bloomfield 36, 39, 120 Bloom 141
Boecker 65 Bohrer 93 Bolinger 40,87 Bolton 8 Botha 21 Brandford 11 Brekle 37,103,115 Brenzinger 54 Brodersen 65 Brodkey 13, 130, 131, 132 Brown 17, 18 Bühler 18,82 Burchfield 11 Burger 127 Busse 17, 65 Bybee 3, 103,112 Canale 26 Cannon 3,65,103,121,129,133,134, 135 Caplan 35, 141 Carls 10 Carnap 36, 37 Carroll 14, 86, 122 Carstairs-McCarthy 102, 103 Carstensen 126 Carter l, 103 Cawdrey 7, 9 Chafe 1,20,144 Cheshire 43,46,49, 50 Chesterfield 8 Chierchia/McConnell-Ginet 23 Chomsky 2, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 105, 124, 170,184, 189 Clark, E. 23,31, 141 Clark, H. 1,18,29, 124, 125, 136 Clyne 61 Cole 92 Cook, G. 83,84 Cook, V. 76 Corrigan 140 Coseriu 3, 20, 24, 26, 27, 28, 30 Coulmas 70 Coupland 113 Cruse l, 3, 20, 35, 36, 38, 40, 143, 150 Crystal 5, 10, 11, 12, 43, 44, 46, 47, 79 Curtius 94 D'Souza 50 Debus 126 Defoe 8
212 Descartes 22 Dicker 47 Dijk, van 17, 107 DiSciullo/Williams 3,35 Dillo 122 Dressier 2, 17, 18,27,30,82 Dromi 2 Dunbar 1, 159, 172 Dunger 64 Dungworth 12 Eastman 50 Eccles 174 Eckman 140 Edwards 49 Eisenstein 93 Engelkamp 171 Elliot 13, 119 Esser 43 Extra 48 Eysenck 28, 138, 139, 157, 172 Fairclough 167, 187 Faiß 111, 122 Fanselow 102 Fasold 27,47 Faulstich 84, 125 Feilke 120 Felix 17 Ferguson 64 Fienkielkraut 90 Fillmore 1,20,26,32,33 Finkenstädt 8 Fischer 3, 103, 120 Fishman 47, 64 Fiske 82,90,96 Fleischer 126, 131 Flores d'Arcai 1, 14, 140 Fodor 24,25,38, 139,170 Fontäne 64 Forrester 97 Forster l, 172 Fox 84, 85 Frege 36,37 Fromkin 114 Garcia 43 Gardner 14, 122 Gardner-Chlois 45 Garman 2, 172 Garrod 17, 18 Geoffrey der Grammatiker 6 Gerrig 1, 124, 125, 136 Gibson 167
Giesbers 68 Givon 83,140 Glück 82, 93 Goddard 148 Goffman 67 Görlach 6, 10, 11,43,45,46,50,103, 119 Graddol 11,43,45 Gramley 10, 12,45,52,120 Green, B. 95 Green, J. 121 Greenbaum 111 Greene 114 Grice 15,33,83 Grimm 9, 171 Groeben 184 Grosjean 64 Grundmann 92 Gülich 17,84 Günther 1,70 Gumperz 18,29, 48, 50, 57, 61, 75, 76 Haastrup 18, 19, 167, 186 Habel 17 Haberlandt 2, 29, 139, 144, 173 Habermas 26, 93 Haegemann 21,24,25,35 Hahn 17 Haken 175 Hakulinen 102 Hall 105 Halliday 19,20,39,43,82 Hancock 52 Hansen, B. 1,3,41 Hansen, K. 10 Hasan 82 Haugen 47, 50, 76 Hausmann 5, 7 Hayakawa 87 Heine 53, 54 Heller 50 Higginbotham 25 Hill 85 Hirsch 92, 93 Hochbruck 96 Hocke 93,94 Hörmann 18, 20, 21, 25, 26, 27, 83, 169, 170, 184 Hoffmann 64 Hohenhaus 3,102,103,119,123 Holmes,!. 50 Holmes, M. 121 Homaifar 182 Hoppenbrouwers 68 Hudson 43, 50, 106, 107, 114, 150
213 Hoppenbrouwers 68 Hudson 43, 50, 106, 107, 114, 150 Hughes 6,8,9,103,111,121 Huizinga 97 Humboldt 9 Huth 84,86 Hymes 26,27
Iran-Nejad 182
Jackendoff 2,18,23,25,170,179, 180 Jackson 1 Jesperson 10, 117 Jhally 84 Johnson, S. 8, 10 Johnson, R. 46 Johnson-Laird 172 Jones, M. 125 Joyce 167 Kachru 43,44, 50, 58, 64, 72, 73, 76 Kamwangamalu 50, 63 Kanngießer 17 Kant 38,39 Kanyoro 52, 53 Kastovsky 3, 6, 36, 38,40, 103, 115, 134 Katamba 1, 3, 35, 103 Katz 38, 139 Kaufmann 61 Kay, G. 69,72 Kay, P. 138 Keane 28, 138, 157, 172 Kempson 37 Khan 49 Kibbee 7, 12 Kickler 75 Kintsch 17, 107 Klatzky 173 Klier 94 Kline 84 Kloepfer 84 Knapp 26 Knapp-Potthoff 26 Knobloch 2, 3, 27, 149, 172, 173, 179 Knowles 13,119 Koch 82 Köhler 176 Kolin 112 Koll 96 Koll-Stobbe 17, 39, 40, 50, 66, 67, 73, 74, 77, 82, 83, 84, 85, 98, 99, 167, 173, 176, 183,188
Kortmann 134 Koziol 117 Kreidler 36 Kruse 169 Kuffler 174 Labov 48, 139, 141, 142, 144, 148, 150, 153,154 Lakoff 138, 140, 153 Lamb 181 Landau 7 Landbeck 84 Langacker 17,20, 125 Larson 121 Lashley 173 Lass 111,119 Leech 36,37,84, 115 Leibniz 22 Leisi 5, 6, 8, 9, 11, 44, 78, 109, 118, 138 Leiss 84 Lesser 27, 141, 180, 181 Levelt 1, 172, 177, 179 Levin 172 Levinson 18,43 Lewis 5 Lieber 3, 103 Lipka 1, 3, 35, 36, 38, 39, 41, 78, 103, 104, 109, 115, 134, 138, 139 Lodge 98 Lucko 10 Ludewig 107 Lüdtke 79, 85, 94, 101 Ludwig 82 Luhmann 2, 18, 139 Luria 170,174 Lutzeier 36, 37, 39 Lyons 1, 2, 3, 18, 20,21, 24, 27, 33, 35, 36, 37, 38, 39, 74, 103, 108, 110, 115, 116, 139,159 Mair 6,9, 11,44,45,78, 109, 118 Mangold-Allwin 140, 143, 150 Marchand 6, 103, 104, 105, 106, 109, 112, 117, 118, 119, 122,123, 134 Marco Polo 69 Marslen-Wilson 172 Mattelart 84 Matthews 3,35,36, 103, 110 Maturana 170 McArthur 6, 7, 8, 12, 13, 36, 43, 119, 120, 122 McCarthy 1 McClelland 174
214 McCormick 76 McCrum 10 McCully 121 McDonald 12 Mclntosh 43 McLuhan 83, 93, 98 Merritt 76 Mey 18 Mencken 10 Mill 37,38 Miller, G. 9, 35, 148, 176 Miller, M. 85 Miller, R. 69,70,72,75 Milroy 27,48,50, 141, 180, 181 Miura 71 Möhlig 53,54 Morton 172 Moseley 53, 54 Mufwene 43 Müllender 67 Müller 49,50, 139, 169 Murray 9 Muysken 49, 50, 57, 59, 61 Myers-Scotton 50, 52, 53, 57, 58, 59, 60, 61, 62,76 Napoleon 124 Neumann 175 Newmeyer 21 Nicholls 174 Noonan 140 O'Donnell 85 Oesterreicher 82 Ogden 36 Olsen 119 Olson 82 Ong 82 Ono 69,72 Otero 21,25 Othegny 43 Pätzold 10, 12,45,52, 120 Partridge 5 Paul 119 Pfaff 50 Pfeffer 65 Pflaum 84,86 Pilch 111, 119 Pinker 2, 23, 25, 169, 170, 172, 174, 189 Plato 22
Poplack 59,60,61,76 Prior 37 Pustejovsky 1,3, 14 Putnam 36 Pyles 111, 113 Quirk 117 Raible 3, 17, 84 Reinfandt 126, 129 Richards 36 Rickheit 5, 17, 18, 36, 114, 134, 172 Rieger 139, 140 Ritchie 50 Robinson 12,80,81 Rodman 114 Romaine 50, 61, 76 Rosch 140, 143 Roth 173, 174, 175 Ruhl 41, 87 Rumelhart 174 Rusch 175 Saffire 5 Sager 12 Sandford 17, 18, 139, 173 Sankoff 61 Sapir 35 Scalise 105 Schaben 93 Schachter 26 Schiffrin 18, 19 Schmid 140, 141 Schmidt 20, 170, 171, 175 Schmied 45,51,52,56,62 Schmitthenner 119 Schneider 3,36,39, 152 Schnelle 2, 17, 27, 28, 30, 32, 140 Schröder 84 Schreuder l, 14, 36, 139, 172, 174, 175, 177, 179 Schwarz 2, 5, 17, 140, 171, 172 Schwanitz 93 Schwarze l, 5 Scribner 92 Searle 15,25,30,33,36 Selkirk 3, 103, 105 Shakespeare 93, 119 Shiffrin 171 Sinclair 7,110, 111, 112 Sinz 171 Smith 43 Snow 13,130, 131, 132 Sommer 54
215 Spence, J. 171 Spence, K. 171 Spencer 35, 102, 103, 105, 112 Sperber 15, 18,83 Sproat 102 Stachowiak 1 Stadler 169 Stanforth 65 Stanlaw 69 Stein, Gab. 103 Stein, Gert. 146 Steinbach 84 Steiner 93 Strang 6, 10 Strevens 43 Strohner 2, 5, 17, 18, 139, 140, 148, 170, 172 Strube 2 Studdert-Kennedy 27,31 Sucharowski 2, 17 Summers 12,81 Svensen 5,9,39 Swain 26 Swift 8, 119 Swigart 61 Taft l, 172 Taylor 138, 140, 172 Thomason 61 Todd 85 Toklas 146 Toman 3, 102, 103, 105 Toumier 133 Tulloch 13, 119 Turner, E. 84 Turner, G. 11 Ullmann 39
Verhoeven 48 Vestergaard 84 Viereck 43,65 Voltaire 94 Wald 53 Wardhaugh 43, 50, 66 Watson 85 Webster 10 Weimann 103,119 Weinreich 47 Weingarten 18 Weisgerber 19 Werth 17, 18, 19 Whiteley 52,53,56 Wicke 84 Wickers 122 Widdowson 80 Wiegand 5 Wierzbicka 38, 148 Wildgen 50,51,59,60,61 Wilson 15,18,83 Winograd 17 Widgenstein 15 Wode 26,46,49, 168, 170 Wolff 8 Wunderlich 1,5 Yule 17, 18 Zuengler 52 Zwicky 103