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German Pages 348 Year 1996
Kommunen vor neuen Herausforderungen Festschrift für Werner Noll
Studien zu Finanzen, Geld und Kapital Band 5
Kommunen vor neuen Herausforderungen Festschrift für Werner Noll zum 65. Geburtstag
herausgegeben von
Eva Lang . William Brunton Werner Ebert
DUßcker & Humblot · Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Kommunen vor neuen Herausforderungen: Festschrift für Werner Noll zum 65. Geburtstag / hrsg. v. Eva Lang ... - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Studien zu Finanzen, Geld und Kapital; Bd. 5) ISBN 3-428-08847-6 NE: Lang, Eva [Hrsg.]; Noll, Werner: Festschrift; GT
Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0939-5113 ISBN 3-428-08847-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9
Vorwort Am 4. August 1996 vollendete Professor Dr. Werner NolI, Ordinarius an der Universität Würzburg, sein 65. Lebensjahr. Freunde, Schüler und Kollegen widmen aus diesem Anlaß dem Jubilar diese Festschrift. Sie gibt uns Gelegenheit, einem Finanzwissenschaftier zu danken, dem es in seinem wissenschaftlichen Werk immer ein besonderes Anliegen war, durch unkonventionelle Denkansätze die Brücke von der Theorie zur Praxis zu schlagen.
Seine wissenschaftliche Laufbahn begann mit Promotion und Habilitation an der Universität Göttingen. Die mehrjährige Tätigkeit als Assistent von Professor Gisbert Rittig am volkswirtschaftlichen und am versicherungswissenschaftlichen Seminar prägte ganz wesentlich sein weiteres wissenschaftliches Leben. Es folgten Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Göttingen, Kiel und Heidelberg. Im Jahre 1971 wurde er zum ordentlichen Professor fiir Finanzwissenschaft an die Julius-Maximilians-Universität Würzburg berufen. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit war er in verschiedenen Gremien aktiv, wobei ihm vor allem kommunalwirtschaftliche Themen am Herzen lagen. Dies zeigte sich besonders in seiner Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat der GÖW. Zudem brachte er die theoretischen Kenntnisse stets in die praktische Politik ein, was sich in seiner langjährigen Tätigkeit im Stadtrat und verschiedenen Verwaltungsräten dokumentiert. Deshalb wurde aus seinem Arbeitsspektrum als Thema der Festschrift der Schwerpunkt Kommunen vor neuen Herausforderungen ausgewählt. In ihrer Gesamtheit spiegeln die Beiträge zur Festschrift das Bemühen wider, dem besonderen Anliegen des Jubilars zu folgen, stets theoretische und praktische Aspekte der Kommunalwirtschaft zu verknüpfen. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bei den Mitwirkenden fiir ihre Unterstützung bei der inhaltlichen Gestaltung der Festschrift bedanken. Ein besonderer Dank geht an Frau Diplom-Volkswirtin Elisabeth Braun, die mit viel Geduld die redaktionelle Arbeit an der Festschrift übernommen hat. Wir wünschen Werner Noll - im Namen aller, die an dieser Festschrift mitgewirkt haben - Glück und viele Stunden der Muße bei der Lektüre der ihm gewidmeten Beiträge. Würzburg und Königsdorf, im April 1996
Die Herausgeber
Inhaltsverzeichnis Kommunen vor neuen Herausforderungen - Eine Bestandsaufuahme Von Werner Ebert, WOrzburg.................................................................. ....
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Teil I: Kommunale Verwaltungsreform und Finanzpolitik Kommunale Finanzpolitik im Wandel: Neue Steuerungskonzepte - Beginn eines Paradigmenwechsels in der Finanzpolitik? Von Eva Lang, Heide........................................ ..........................................
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Theorie der Unternehmung und Praxis des Neuen Steuerungsmodells Brauchbare hnplikationen fiir die Reform der Kommunalverwaltung? Von Andreas Osner, Detmold..................................... ........ ...................... ...
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Wirtschaftliche Steuerung kommunaler Aufgabenerfiillung - Ein Ansatz eines neuen Finanzmanagements am Beispiel der Stadt Detmold Von Gudrun Hock, Detmold............................................................. ...........
83
Kommunale Haushaltswirtschaft aus evolutorischer Perspektive Von Werner Ebert, WOrzburg......................................................................
123
Dynamische Strukturpolitik und kommunale Finanzpolitik - Gegensatz oder Ergänzung? Von Karl-Heinz Schmidt, Paderborn........................... ..... ............... .............
177
Können Faustregeln fiir eine kommunale Steuer-, Abgaben- und Schuldenpolitik aufgestellt werden? Von Leonhard Männer, Göttingen........... ............. .................... ........... ........
193
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Inhaltsverzeichnis
Teil 11: Kommunale Finanzpolitik als Problemfeld der bundesdeutschen Finanzverfassung Der Prozeß der fmanzwirtschaftlichen Verselbständigung der ostdeutschen Gemeinden Von Dtto-Brich Geske, Bonn ....................................·...................................
219
Maastricht und die Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden Von Ariane Hildebrandt, Bonn....................................................................
253
Einfluß der Haushaltslagen der Länder auf die Finanzsituation ihrer Gemeinden Von Wolfgang Förster, SaarbIilcken............................................................
273
Ökologisierung kommunaler Abgaben Von William Brunton und Steffen Meyer, Würzburg ................ ....................
289
Autorenverzeichnis ..........................................................................................
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Kommunen vor neuen Herausforderungen Eine Bestandsaufnahme Von Werner Ebert, WÜTZburg Wie die neuere kommunalwissenschaftliche Literatur belegt, ist unbestritten, daß die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland wie überhaupt der gesamte öffentliche Sektor in den 90er Jahren in eine tiefgreifende Krise hineingeraten sind, die sie zukünftig vor erhebliche Herausforderungen stellen wird. 1 Die derzeit zu beobachtende Finanzkrise übersteigt die rein monetäre Dimension und weist Kennzeichen einer Struktur- bzw. Systemkrise auf, die einen grundlegenden Wechsel im Staatsverständnis notwendig erscheinen lassen. 2 Der Abschied von der klassischen Struktur des hierarchischen Interventionsstaats ist angezeigt. 3 Die Alternative zu dieser "Entzauberung des Staates"4 liegt weniger in einer rigorosen Strategie der Entstaatlichung (privatisierung). Vielmehr besteht die begründete Hoffnung - und dies bestätigen empirische Untersuchungen zu Reformperspektiven in den Kommunen 5 -, daß aus dem neuen Verständnis des Staates und insbesondere der Kommunen eine hinreichende Flexibilität erwächst, um sich den sich ständig verändernden gesellschaftlich-ökonomischen Problemlagen gestaltend zu stellen. In diesem Kontext macht die Blueprint-Formel des "Reinventing Govemment"6 von Osborne/Gaebler Sinn und vor diesem Hintergrund ist auch der folgende Sammelband zu sehen. Werner Noll hat sich in seiner wissenschaftlichen und politischen Tätigkeit stets bemüht, die damit verbundene Herausforderung offensiv gestaltend anzugehen und dabei die Übertragung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die politische Praxis in einer Person zu leisten. Seine jüngsten Beiträge zur Finanznot der Kommunen im Zusammenhang mit der Frage der Geeignetheit sog. Neuer I
vgJ. exemplarisch Ipsen (1995), NolVEbertMeyer (1996), Schwarting (1995). Dies ist die Diagnose von Eva Lang in diesem Band. 3 VgJ. KtJrner (1994). Ansatzpunkte filr eine konzeptionelle Neuorientierung bietet vor allem der richtungsweisende Beitrag von Wegner (1996), der sein Konzept der Wirtschaftspolitik zwischen Selbst- und Fremdsteuerung ansiedelt. 2
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Willke (1983). VgJ.Naschold(1995). Osborne/Gaebler (1992).
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Finanzierungsmodelle auf kommunaler Ebene, zur Wirtschaftsforderung durch öffentliche Unternehmen und zur Neuregelung des Finanzausgleichs im Zuge der Wiedervereinigung dokumentieren diesen Anspruch.? Im übrigen setzte er sich schon frühzeitig (Ende der 80er Jahre) im Rahmen seiner Seminare mit den Neuen Steuerungsmodellen und dem Tilburger Modell auseinander und machte die Studenten der Finanzwissenschaft "fit" auch fiir eine Zukunft in der Praxis. Diese Tradition von Werner Noll nachzeichnend, ist der vorliegende Sammelband mit dem Ziel konzipiert, fiir den Bereich der Kommunen sowohl strategische Problemfelder aufzugreifen und politikfahige Antworten durch die Wissenschaft zu geben, als auch den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt mittels der Erfahrung und der Kommunikation mit den theoretisch geschulten Praktikern voranzutreiben. Diese Intention der Synergie von Wissenschaft und Praxis spiegelt sich auch in der Autorenkollektion dieser Festschrift personell wider. Neben der grundlegenden Neuorientierung der Kommunen stehen aktuelle und regelmäßig wiederkehrende Fragen wie Z.B. der Rolle der Kommunen im föderativen Staat oder der Gemeindefinanzen im Vordergrund, ergänzt durch Aspekte der kommunalen Praxis, wie sie sich aus den theoretischen Überlegungen zum Neuen Steuerungsmodell ergeben. Bei aller Politiknähe hat Noll stets darauf verwiesen, Politikberatung theoriegeleitet zu leisten. Aus diesem Grunde werden im ersten Teil Beiträge vorgestellt, die zum Ziel haben, die Finanzwissenschaft auf kommunaler Ebene gerade auf theoretischer Ebene voranzubringen. Während in der Politikwissenschaft schon seit längerem innovative Strömungen zu erkennen sind, die gerade fiir die kommunale Ebene eine hohe Relevanz aufweisen - man denke hier an die aktuelle Korporatismusdiskussion oder die politikwissenschaftliche Föderalismusforschung -, tritt die ökonomische Theoriebildung auf dem Feld der Kommunalwissenschaft auf der Stelle (These vom Theorievakuum kommunalwissenschaftlicher Politikberatung). 8 Nachdem die Neue Politische Ökonomie auf recht hohem Abstraktionsniveau Probleme der Effizienz des öffentlichen Sektors zumindest formuliert hat, ist eine empirische Umsetzung in politikfahige Aussagen weitgehend unterblieben, wenn man von dem eher ideologisch motivierten Ruf nach Privatisierung und Deregulierung einmal absieht. Vor diesem Hintergrund werden in einem ersten Hauptabschnitt neuere Entwicklungen der ökonomischen Theorie - die ökologische Ökonomie9 , die evolutorische Ökonomiklo sowie die "New Institutional Economics"ll - aufge7 8 9 10 11
vgl. No/l (1994, 1993, 1992),NolllHildebrandt(1996). Vgl. die Diagnose bei Eicker-Wolfu.a. (1996) und zu den Konsequenzen Ebert (1996). Vgl. Dürr/Gottwald (1995), Pearce/Turner (1990). Vgl. Witt (1992, 1990). VgI. beispielhaft Eggertson (1990).
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griffen und deren Grundgedanken auf die Felder der kommunalen Finanzpolitik, Strukturpolitik sowie Haushaltswirtschaft transferiert. Dies ist insofern bemerkenswert, da die theoretischen Überlegungen auch aus diesen Paradigmen bislang recht wenig in konkrete Aussagen transformiert wurden. Dabei beziehen sich die Beiträge von Eva Lang, Andreas Osner und Gudrun Hock inhaltlich auf die aktuelle Diskussion um die kommunale Verwaltungsreform, während Werner Ebert, Karl-Heinz Schmidt und Leonhard Männer die kommunale Finanzpolitik unter haushalts- und strukturpolitischen Gesichtspunkten analysieren. Eva Lang geht in ihrem Beitrag von der Frage aus, ob angesichts der Dauerhaftigkeit der Finanzkrise die traditionelle Finanzpolitik in ihrer Problemlösungsfahigkeit versagt hat, die Krise neue Antworten und Lösungen im Sinne der Kuhnschen Theoriebildung herausfordert. Und sie untersucht, ob sich trotz aller Vielfalt - nicht gerade in der auf kommunaler Ebene in Gang befindlichen Reformbewegung Anzeichen fiir einen paradigmatischen Perspektivenwechsel in Bezug auf die Staatstätigkeit erkennen lassen, ähnlich dem, wie ihn die ökologische Ökonomie in ihrem auf den Erkenntnissen der modernen Physik begründeten Denkmodell, bereits vollzogen hat. 12 Indem sie die Vorstellung sich selbst steuernder offener und dezentral vernetzter Systeme auf die Kommune überträgt, schafft sie einen konzeptionellen Rahmen, in den Ansätze zur Reform der Kommunalverwaltung zu integrieren sind. Dabei hilft das Verständnis der Kommunalverwaltung als Non-profit Organisation, die geprägt ist durch ein evolutionäres Lean Management, was wiederum tiefgreifende Konsequenzen fiir die Aufbauorganisation, die Beziehungen zwischen Rat und Verwaltung, das kommunale Rechnungswesen und nicht zuletzt fiir eine Erneuerung der Personalwirtschaft hat. 13 Von Andreas Osner werden die Erkenntnisse der modernen Institutionenökonomik aufgegriffen, die sich zwar nach wie vor in der Tradition des neoklassischen Paradigmas versteht, jedoch verstärkt neuere analytische Konzepte wie Transaktionskosten, "bounded rationality" oder unvollständige Kontrakte heranzieht, um eine realistische Theorie der Unternehmung zu entwerfen. Der Transfer dieses Ansatzes auf die Non-profit Organisation Kommunalverwaltung erscheint insofern richtungsweisend als in diesem theoretischen Rahmen der Übergang zu alternativen Ansätzen wie dem der Evolutorik oder systemtheoretisch geprägten Perspektiven leichter möglich erscheint. 14 Darüber hinaus finden sich recht deutlich sichtbare Implikationen fiir eine Reform 12 Diese konsequente fundamentale Neuorientierung läßt sich nicht mehr als Modemisierungstrategie im traditionellen Verständnis sehen, vgl. Naschold (1993), sondern muß in der Kulmschen Metapher als echter Paradigmenwechsel begriffen werden; vgl. Kuhn (1976). \3 Vg1. auch UlrichIProbst (1988). 14 Vgl. zu möglichen integrativen Ansätzen die Sichtweise von March/Olsen (1989), den Sammelband von Langlois (1986) und Wegner (1996).
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der Kommunalverwaltung - etwa in bezug auf eine mitarbeitermotivierende Vertragsgestaltung -, die zentral für den eingangs beschriebenen Anspruch einer praxisnahen und dennoch theoriegeleiteten Politikberatung sind. Im Beitrag von Gudrun Hock wird das Thema der kommunalen Verwaltungsmodernisierung am Beispiel der in diesem Bereich fiihrenden Stadt Detmold dargestellt. Gerade dieser Beitrag, der im Kontext der theoretischen AusfUhrungen von Osner und Lang zu sehen ist, dokumentiert, daß die kommunale Praxis durchaus in der Lage ist, auf die "Entzauberung des Staates" zu reagieren, indem innovative organisationstheoretische Konzepte sowie Erkenntnisse aus der Systemtheorie in die kommunale Praxis übertragen und implementiert werden. Um ein gestaltendes kommunalpolitisches Handeln auf der Basis einer starken Verwaltung zu sichern, werden Voraussetzungen und Systemelemente eines neuen Finanzmanagements vorgestellt, das im wesentlichen aus den Elementen outputorientierte Budgetierung, Kosten- und Leistungsrechnung, Berichtswesen und zentrale Steuerung durch Controlling besteht. In einem ersten Resümee der .Reform in Detmold werden die Erfahrungen des bisherigen Implementationsprozesses dargelegt und die "evolutionäre" Offenheit des weiteren Modernisierungsprozesses betont. Werner Ebert bleibt in seinem Beitrag im partialen Kontext der kommunalen Haushaltswirtschaft und intendiert, Komplementaritäten zwischen einer evolutorischen Perspektive und dem finanzwissenschaftlichen Institutionalismus so zu nutzen, daß haushaltswirtschaftlich relevante Politikvorschläge abgeleitet werden können, die dazu beitragen, kommunale Finanzkrisen nicht nur reaktiv zu lösen, sondern dauerhaft zu vermeiden. Er baut dabei auf neuere evolutionstheoretische Ansätze aus dem Bereich der Innovationsökonomik auf und erklärt mittels dieser Konzepte das Zustandekommen sog. Lock-In-Strukturen (Verfestigungen) im kommunalen Haushalt. Die von ihm erarbeiteten Grundsätze evolutorischer Haushaltswirtschaft wie stärkere "Zukunftsorientierung des Budgets", "Reform des kommunalen Kreditrechts", aber auch Element der "Verwaltungsmodernisierung" lassen sich dabei durchaus noch in den traditionellen Strukturen der Kommunalverwaltung umsetzen; damit diese politische Relevanz erlangen, werden allerdings zunächst vorgelagerte Anforderungen an ein institutionelles Design formuliert. Karl-Heinz Schrnidt wiederum orientiert sich in seinem Beitrag an der auch von Noll jüngst rezipierten Schumpeterschen Vorstellung des wirtschaftlichen Wandels und deren Konsequenzen für eine dynamische Strukturpolitik auf kommunaler Ebene. 1S Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Kommunen und Regionen 16 und dem gleichzeitigen Ver15 16
Vgl. Noll (1994). Vgl. zum Stand der Theorie GahlenIHesseIRamser (199S).
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sagen der traditionellen Ansätze der lokalen und regionalen Wirtschaftsförderung entsteht die Notwendigkeit, dieses Problemfeld theoretisch neu aufzuarbeiten - gegebenenfalls unter Zuliicknahme des kommunalen Gestaltungsanspruchs -, in eine lokale strukturpolitische Strategie zu implementieren, sowie der Kommune konkrete finanzpolitische Instrumente an die Hand zu geben. 17 Schmidt begründet eine Abkehr von einer zustandsgerichteten Strukturpolitik und schlägt stattdessen eine kommunale Strukturpolitik vor, die sich an der Norm des Offenhaltens von Prozessen orientiert. Auf der Instrumentenebene führt dies zu einer Modifikation des traditionellen Kriteriums der statischen "fiskalischen Äquivalenz"18 der kommunalen Einnahmen- und Ausgabenpolitik hin zur ihrer Dynarnisierung. Die Problematik der Politikfähigkeit 19 ist schließlich zentrales Anliegen des Beitrags von Leonhard Männer bezogen auf die kommunale Steuer-, Abgabenund Schuldenpolitik. Anknüpfend an eine frühere Arbeit von Noll und Männer20 werden praktisch-politisch griffige Faustregeln aus vereinfachten Entscheidungsmodellen abgeleitet, die an theoretischen Aussagen zur kommunalen Infrastruktur anknüpfen, unter Verwendung stilisierter Fakten jedoch soweit auf die Realität heruntergebrochen werden, daß daraus operationale Empfehlungen im Rahmen einer kommunalen Politikberatung erwachsen. Wesentliches Ergebnis seiner Überlegungen ist die auch durch die Neue Wachstumstheorie gestützte Bedeutung positiver externer Effekte kommunaler Infrastrukturleistungen, die unter Beachtung der Prinzipien der gruppenspezifischen Äquivalenz zu internalisieren sind. 21 Die Strukturkrise des öffentlichen Sektors bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Beziehungen der Kommunen zu den übrigen Ebenen des föderativen Staates. Sie hat vielmehr im Zusammenspiel mit politisch bedingten exogenen Einflüssen wie der Wiedervereinigung und der dritten Stufe der Europäischen Integration eine zunehmende Verschärfung der föderalen Konfliktlagen zur Folge. Im zweiten Abschnitt werden aus diesem Grund die Beziehungen der Kommunen zu den übergeordneten Gebietskörperschaften Bund, Länder, aber auch EG problematisiert. Die Neuordnung des Finanzausgleichs im Zuge der deutschen Wiedervereinigung, die aktuelle Finanznot der Kommunen, Fragen des Ökoföderalismus22 (siehe die Debatte um die ökologische Steuerreform) sowie die Problematik der Umsetzung der Maastricht-Kriterien in einem stark föderativ aufgebauten 17 18 19 20 21 22
Vgl. hierzu auch die neuesten Studien der OECD (1992). Olson (1969). Vgl. grundlegend Ebert (1996). Vgl. MännerlNoll (1972). Vgl. auch Romer (1986) und BarroISala-i-Martin (1995). Vgl. Junlcernheinrich (1995).
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Gemeinwesen bieten die thematischen Anknüpfungspunkte für die Beiträge von Otto-Erich Geske, Ariane Hildebrandt, Wolfgang Förster sowie Wiliam Brunton und Steffen Meyer. Die deutsche Wiedervereinigung brachte die Notwendigkeit einer Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, den Ländern und ihren Gemeinden mit sich. Otto-Erich Geske zeichnet den Prozeß der Reform des föderativen Finanzausgleichs nach und zieht Bilanz mit Blick auf die damit verbundenen Hoffnungen, die ostdeutschen Kommunen adäquat mit Mitteln auszustatten, um den Prozeß ihrer finanzwirtschaftlichen Verselbständigung institutionell abzusichern. Dabei richtet sich seine kritische Analyse zum einen auf die dem Finanzausgleichsmodell zugrundegelegten Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung in beiden Teilen Deutschlands, die eine gewisse Empfindlichkeit des Modells gegenüber Konjunktur und Wachstum bewirken. Zum anderen dokumentiert er am System der Förderung der ostdeutschen Länder die Entdynamisierung der Transfers, die sich aus dem derzeitigen Finanzausgleichssystem ergibt. Dem stellt er jedoch den Vorteil gegenüber, der daraus resultiert, daß der Prozeß der finanzwirtschaftlichen Verselbständigung im Rahmen der bestehenden Finanzverfassung, also ohne fundamentale Änderung des bestehenden institutionellen Rahmen, installiert werden konnte. Aufgrund der sich immer stärker abzeichnenden Konsolidierungsbedarfe, die sich durch die fiskalpolitischen Vorgaben aus dem Maastricht-Vertrag ergeben, ist zu klären, wie diese Konsolidierungslasten auf die föderalen Ebenen des Gesamtstaats Deutschland aufzuteilen sind. Dieser Frage widmet sich der Beitrag von Ariane Hildebrandt. Sie diskutiert Möglichkeiten der Koordinierung der öffentlichen Haushalte mit dem Ziel der Vermeidung eines "übermäßigen öffentlichen Defizits". Es wird unterschieden zwischen präventiver Koordinierung in der Planungsphase der Haushalte und korrigierenden Maßnahmen während des laufenden Haushaltsvollzugs, wenn sich eine Verletzung der Maastricht-Kriterien bereits abzeichnet. Diese Koordinierung könnte von den bestehenden Institutionen des kooperativen Föderalismus (insbesondere dem Finanzplanungsrat) geleistet werden oder durch Verschuldungslimits für Bund, Länder und Gemeinden gesetzlich geregelt werden. Die Problematik von "verursacherbezogenen" rechtlichen Regelungen wird deutlich. Im Ergebnis wird vor dem Hintergrund der Finanzverfassung für eine kooperative Lösung plädiert. Ausgehend von der zunächst überraschenden Beobachtung, daß sich die finanzwirtschaftliche Situation der Kommunalhaushalte im Vergleich zur Länderebene sowohl homogener als auch weniger krisenhaft darstellt und zudem die Entwicklung der Länderhaushalte nicht mit der ihrer Kommunalhaushalte korreliert - insbesondere bei Ländern mit extremer Haushaltsnotlage -, zeigt Wolfgang Förster mögliche Ursachen für diesen Befund auf. Es wird herausge-
KommlUlen vor neuen HerausfordeflUlgen - Eine Bestandsaufnahme
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arbeitet, daß über die Wirksamkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus (kommunales Kreditrecht, Rolle der Kommunalaufsicht) die Länder signifikante Anreize besitzen, ihre Kommunen auch in Notlagen im Sinne einer nachhaltigen Finanzwirtschaft zu steuern und damit zu einer relativ stabilen kommunalen Haushaltslage beizutragen. 23 Auch der Transfer umweltökonomischer Gesichtspunkte in die föderale Staatspraxis, d.h. die ökonomisch sinnvolle Ansiedlung umweltpolitischer Kompetenz im föderativen Staat, ist nach wie vor unbefriedigend. William Brunton und Steifen Meyer gehen deshalb der Frage nach, welche Dezentralisierungspotentiale der Kompetenzen sich bei der Verfolgung umweltpolitischer Ziele in Bezug auf Emissionsprobleme aus der Föderalismustheorie ergeben. In einem weiteren Schritt analysieren sie in einer Synthese finanzwissenschaftlicher, umweltökonomischer und juristischer Ansätze das Instrumentarium, das vom institutionellen Rahmen in der Bundesrepublik Deutschland derzeit bereitgestellt wird. Sie kommen zum Ergebnis, daß die umweltpolitischen Kompetenzen der Kommunen nur im Rahmen eines komplexen verfassungs-, bundes- und landesrechtlichen Gefüges befriedigend einzuordnen sind. Während ihre Aufgabenzuweisungen bei der Emissionskontrolle sich relativ konsistent mit den modelltheoretischen Ergebnissen deckt, unterliegen sie andererseits bei dem hierfür notwendigen Einnahmeninstrumentarium wesentlichen Einschränkungen. Dennoch verbleiben insbesondere im Rahmen der kommunalen Entsorgungsgebühren bedeutende Lenkungspotentiale. In der Gesamtschau zeigen die Beiträge, daß es durchaus nennenswerte theoretische Neuorientierungen auf dem Feld der kommunalen Finanzwissenschaft gibt, die einerseits die Kluft zwischen Theorie und Praxis entschärfen und andererseits auch anschlußfähig für andere Disziplinen, insbesondere der Verwaltungswissenschaft, der Betriebswirtschaft, der Politologie und der Soziologie erscheinen. So drängt sich vor allem im Bereich der Föderalismustheorie und der Finanzpolitik eine Integration der sozialwissenschaftlichen Perspektiven geradezu auf. 24 Letzteres ist ein Gesichtspunkt, der in der neoklassisch geprägten Finanzwissenschaft längere Zeit aus dem Blick geraten ist und daher für die Entwicklungsmöglichkeiten einer finanzwissenschaftlichen Kommunalwissenschaft zu beachten sein wird.
23 Vgl. zur Finanznot der Kommunen im Kontext von Bund und Ländern NolllEbertIMeyer (1996). 24 Die vielfältige Literatur zum "kooperativen Staat" und zur Politikverflechtung nimmt wiederum selbst zunehmend Bezug auf ErkelUltnise der neueren ökonomischen Theorie, namentlich der Spieltheorie, aber eben auch der Soziologie, was die derzeitige Offenheit eines kommunal wissenschaftlichen Programms andeutet. Vgl. exemplarisch Voigt (1995), Scharp!( 1993).
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Teil I Kommunale Verwaltungsreform und Finanzpolitik
Kommunale Finanzpolitik im Wandel: Neue Steuerungskonzepte Beginn eines Paradigmenwechsels in der Finanzpolitik? Von Eva Lang, Heide
A. Diagnose "Die neunziger Jahre sind geprägt von einer zunehmenden Einengung der finanziellen Handlungsspielräume aller Gebietskörperschaften. Dabei können auch unabweisbare Ausgabensteigerungen (z.B. Sozialausgaben, Investitionen im Umweltbereich) nicht mehr durch Erhöhung der Einnahmepositionen ausgeglichen werden" 1, so beschreiben Noll, Ebert und Meyer die Situation, die gemeinhin als Finanzkrise der öffentlichen Haushalte benannt wird. Sie beherrscht neben den Problemlagen der Beschäftigungs- und der Umweltkrise die aktuelle gesellschaftliche Diskussion. Dabei hat es nur ganz wenige Zeiträume in der Nachkriegsgeschichte gegeben, in denen nicht von einer Finanzkrise die Rede war2. Littmann spricht in diesem Zusammenhang vom finanzpolitischen Alltag und betont, daß die gegenwärtige Krise hiervon zu unterscheiden ist, da sie sehr wohl den kritischen Punkt des "Alltäglichen" überschritten hat3 . Die Richtigkeit der Einschätzung von Littmann läßt sich hinreichend anhand verschiedener quantitativer Indikatoren (z.B. ZinsausgabenlEinnahmen-Quote4) belegen. Ihre Gewichtigkeit wird darüber hinaus dadurch unterstrichen, daß wir am Ende
1 NolllEbertIMeyer (1996) S. 4. 2 So beispielsweise in der Diskussion des Haushaltsplans des Bundes rur 1972, in die Nol1 sich mit der Frage "Finanzkrise beim Bund?" auf die Äußerung des damaligen Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des deutschen Bundestages Albert Leicht: "Was sich hier abzeichnet, ist mehr als eine Finanzkrise; es ist eine sich anbahnende Finanzkatastrophe" einschaltete. Siehe Noll (1972),
S.583. 3 Vgl. Littmann (1993) S. 60. 4 Vgl. Littmann (1993) S. 61.
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eines Prozesses größter Konsolidierungsanstrengungen stehen, die herkömmlicherweise unter dem Begriff des "Kürzungsmanagements" gebündelt werden. Kürzungsmanagement beschreibt das Vorgehen, mit dem Organisationen bzw. politische Entscheidungsgremien den Übergang zu einem niedrigeren Niveau der Ressourcenverwendung und Aktivität zu bewältigen versuchen 5 . Nach den bislang vorliegenden Untersuchungen6 können im Rahmen des Kürzungsmanagements drei zeitlich ungefähr aufeinander folgende Reaktionsphasen unterschieden werden, wobei sich in der Abfolge der Maßnahmen auch eine Rangfolge ausdrückt, nach der politische Entscheidungsgremien bevorzugt vorgehen7. Die in der ersten Phase erfolgenden Reaktionen auf eine merkliche Anspannung der Finanzsituation sind hauptsächlich auf eine kurzfristige Lösung des Finanzierungsproblems bei unverändertem Ausgabenverhalten gerichtet (buying time techniques). Hierzu zählen Maßnahmen wie die Auflösung von Rücklagen, die Veräußerung von Vermögenswerten und die vermehrte Kreditaufnahme oder auch "Neue Finanzierungsmodelle"8. Alle diese Maßnahmen sind in der Anwendungsmöglichkeit begrenzt und zur Lösung dauerhafter Finanzierungsengpässe nicht geeignet. Dem nur kurzfristigen Erfolg in dieser ersten Reaktionsphase folgt zwangsläufig die Suche nach Maßnahmen, die dauerhaft die Unausgewogenheit in der Ausgaben-lEinnahmensituation beseitigen sollen. Die Maßnahmen in dieser zweiten Reaktionsphase zielen zum einen auf eine Verbesserung der Einnahmensituation ab, indem beispielsweise die Gebühren-und Beitragshaushalte ausgedehnt werden. Zum anderen wird versucht, auf die Ausgabenseite einzuwirken. Es handelt sich dabei um Maßnahmen, die auf eine Senkung des Ausgabenvolumens bei gleichbleibendem Aufgabenniveau gerichtet sind, beispielsweise durch Privatisierungen oder Contracting Out9 . Zusätzlich erfolgen Kürzungen der Löhne und Gehälter, weniger in Form von Nominallohn- als in Form von Reallohnkürzungen, Änderungen der Beförderungspraxis oder ein Abbau von Sonderleistungen ftir Staatsbedienstete sowie eine Verminderung der Zahl der Beschäftigten in den Grenzen der freiwilligen also vornehmlich altersbedingten Abgänge. In der dritten Phase des Kürzungsmanagements geht es schließlich um Maßnahmen der Verminderung des Niveaus und/oder der Qualität der Aufgabenerfiillung. Hierbei lassen sich zwei Strategien unterscheiden. An erster Stelle in 5 6 7
8 9
Vgl. Levine (1980) S. 3005. Vorrangig handeh es sich um US-amerikanische Analysen. Vgl. Wolman.Peterson (1980/1981) S. 776 f. Siehe hierzu NolVEbertIMeyer (1996) S. 61 f[ Vgl. NolVEbertlMeyer (1996) S. 4 f[
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der Praxis rangiert die Strategie der Vorgabe pauschaler Ausgabenkürzungen für alle Aufgabenbereiche. Politisch schwerer durchsetzbar, jedoch in ihrer Wirkung ungleich effizienter wäre die zweite Strategie. Die gezielte Kürzung in einzelnen Aufgabenbereichen, d.h. ein tatsächlicher Aufgabenabbau. Diese drei beschriebenen Phasen bestimmten das Programm des Kürzungsmanagements der 80er Jahre in Deutschland. Nachdem jedoch die Finanzierungsengpässe in den öffentlichen Haushalten weiter bestehen blieben, sich durch die neuen Aufgaben im geeinten Deutschland mit Beginn der 90er Jahre sogar verschärft haben, hat eine neue Phase des Maßnahmenmix begonnen, die über den Bereich des traditionellen Kürzungsmanagements hinausgehen. Denn vorgenommen werden nun auch: - Abgabenerhöhungen in Fonn von Steuererhöhungen, zeitlich befristeten Solidarbeiträgen oder Beitragssteigerungen in der Sozialversicherung. - Sparhaushalte. In diesem Zusammenhang werden weitere Maßnahmen der Senkung des Niveaus staatlicher Leistungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht durchgesetzt. - Schließlich sind auch die Nominallohnkürzungen für Beamte in Fonn der Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich eine Maßnahme, die nur in der Situation durchsetzbar sein dürfte, in der die Finanzkrise als gesellschaftliches Problem akzeptiert ist. Die Eingriffsintensität der Maßnahmen in dieser letzten Phase signalisiert eine hohe Bereitschaft der Bürger und auch der Staatsbediensteten, einen Beitrag zur Lösung der Finanzkrise zu leisten. Gleichwohl ist zu fragen, ob die Strategien intelligent gewählt sind. Stellen die Maßnahmen doch auch nichts anderes als den Versuch dar, mit sehr eingriffsintensiven Mitteln die Ausgaben-Einnahmenrelation in den aktuellen Budgets zu verbessern. Alle diese Konsolidierungsmaßnahmen stehen in der Tradition der herkömmlichen Finanzpolitik, und wir müssen uns fragen, ob die Problemlösungsfähigkeit des herrschenden Paradigmas der Finanzpolitik versagt hat und die entstandene Krise neue Antworten und Lösungen herausfordert.
B. Kritik traditioneller Finanzpolitik Ein ganz offensichtlicher Mangel der herkömmlichen Finanzpolitik ist erstens - und dies hat das Kürzungsprogramm deutlich gezeigt -, daß sie ihre Sicht auf die Ausgaben und Einnahmen der Budgets und deren gleichgewichtige Entwicklung beschränkt. Damit ist der Zusammenhang zwischen den öffentlichen Ausgaben und den damit erstellten öffentlichen
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Leistungen sowie den hierfiir benötigten Finanzierungsmitteln weitgehend dem Blickfeld entzogen. Ja, durch den Grundsatz der Gesamtdeckung ist selbst die Frage "wie und womit wird eine konkrete Ausgabe finanziert?" ausgeblendet lO . Zweitens ist zu sehen, daß sich Finanzpolitik traditioneller Prägung nur mit monetären Strömen staatlicher Aktivität, den Ausgaben und Einnahmen, befaßt: - Eine Erhöhung der Löhne und Gehälter fiir Staatsbedienstete wird so als Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Gütern und Diensten interpretiert. - Investitionsausgaben werden in ihrer Nachfragewirkung nicht aber in ihrem Kapazitätseffekt erfaßt. So wird auch nicht registriert, ob es sich um Ersatz- oder Neuinvestitionen handelt, und daß letztere Folgeausgaben in zukünftigen Perioden induzieren. - Typisch ist auch, daß im Wiedervereinigungsprozeß das Integrationsproblem vornehmlich als Problem der "Finanzierung der Deutschen Einheit" und nicht als Problem der Schaffung leistungsfahiger physischer Infra- und Verwaltungsstrukturen gesehen wurde. Kritisiert wurden Kämmerer in ostdeutschen Städten, die Finanzzuweisungen zunächst als Festgeldanlage verwendeten. Dabei war dies die ökonomisch einzig richtige Antwort auf eine Politik, die in ihrem verengten monetären Blickfeld übersehen hat, daß physische Prozesse Zeit beanspruchen, während fiir Geldschöpfungen und transaktionen die - in der Ökonomie übliche - Annahme unendlicher Reaktionsgeschwindigkeit eher zutrifft. Kurz gesagt, die physische Realität der Leistungserstellung, die Veränderungen in den realen Infrastrukturbeständen, wie sie in und durch öffentlichen Verwaltungen stattfinden, bleiben außerhalb des Blickfeldes der traditionellen Finanzpolitik. Der Output des öffentlichen Sektors in Form öffentlicher Güter und Leistungen wird durch die Ausgaben fiir die Inputs erfaßt, Veränderungen der Ausgaben werden als Ausdehnung oder Einschränkung des öffentlichen Leistungsangebots interpretiert, die Größe selbst bleibt eine black box. Aus diesem auf monetäre Größen beschränkten Blickfeld ll kann die herkömmliche Finanzpolitik weder zu einer längerfristigen Perspektive finden,
10 Wenn Politiker postulieren, eine Aufgabe, beispielsweise ein Jugendzentrum oder die Verbesserung des Bildun~gebotes sei nicht fmanzierbar, so handelt es sich dabei insofern um ein Scheinargument, als davon abgelenkt wird, daß die begrenzten Finanzierung.mtittel vorzugsweise rur andere Aufgaben eingesetzt werden, diese also nach Einschätzung der Politiker Prioritilt haben. 11 Dabei handelt es sich um ein generelles Problem der herrschenden Wirtschaftswissenschaft, die die physische Dimension des Wirtschaftens aus dem Auge verloren hat Erst in jüngster Zeit scheint sich
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noch werden strukturelle Fehlentwicklungen sichtbar. Parkinsons Gesetz hat nach wie vor Gültigkeit. Überflüssige Institutionen und Aufgaben bleiben erhalten. In der Dunkelheit der black box können Politiker und Bürger nicht einmal erkennen, welche "überflüssigen" Institutionen und Aufgaben existieren. Ausgeblendet bleibt auch die Diskrepanz, die sich infolge der fundamental unterschiedlichen Konstruktionsmerkmale des privaten, marktwirtschaftlich organisierten Sektors und des öffentlichen, bürokratisch organisierten Sektors ergibt. In starker Vergröberung läßt sich der private Sektor als kulturelles komplexes Großsystem 12 beschreiben, das - innerhalb des vom Staat geregelten ordnungspolitischen Rahmens - durch die Existenz und das Zusammenwirken von sich selbst steuernden Subsystemen funktioniert. Subsysteme wachsen und schrumpfen, Subsysteme werden aufgelöst und neue Subsysteme entstehen, so z.B. Unternehmensneugründungen, neue Märkte, neue Branchen. Kurz gesagt, Strukturwandel ist ein systemimmanentes Konstruktionsmerkmal marktwirtschaftlicher Systeme mit entsprechender Ausstrahlung, aber auch Beeinflussung auf und aus gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Diesem System steht der öffentliche Sektor als komplexes Groß system gegenüber, das auf dem Organisationsprinzip der mehr oder minder (z.B. bei föderaler Struktur) ausgeprägten zentralen Planung basiert mit einem gesetzesund verordnungsmäßigen Regelungssystem, das im Grundsatz von seiner dauerhaften Gültigkeit ausgeht. In einer sich ständig wandelnden Umwelt dieses Systems müßten zwangsläufig zunehmend Diskrepanzen zwischen dem statischen öffentlichen Angebot und den Bedürfnissen der sich wandelnden Umwelt auftreten. "Die dazu nötige Beweglichkeit geht den zentral geplanten Großsystemen völlig ab."13 "Wenn zwei komplexe Groß systeme unter Wahrung ihres Gleichgewichts aufeinander abgestimmt werden sollen, so geht das niemals gegen ihre Eigengesetzlichkeiten, sondern nur mit deren Hilfe." 14 Bonus bezieht dies auf die Frage der Beziehungen zwischen ökologischem und ökonomischem System. Müssen wir nicht - gerade vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der Planwirtschaften östlicher Prägung - diese Frage auch auf die Abstimmung der Großsysteme Staat und Wirtschaft beziehen? In den nachfolgenden Ausfiihrungen wird versucht, einige Aspekte dieser Frage herauszuarbeiten. Den konkreten Hintergrund bildet die These, daß die Haushaltssituation und die Finanzkrise, wie wir sie heute haben, nicht Ursache,
die physische Ökonomie wieder als Forschungsgegenstand zu etablieren. Siehe z.B. Hinterberger u.a. (1995), Busch-Lüty (1994) S. 12 ff. und Hofineister (1994) S. 51 ff. 12 VgJ. dazu gnmdlegendLuhmann (1988). 13 Bonus (1985) S. 3. 14 Bonus (1985) S. 2.
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sondern Reflex einer tiefgreifenden Strukturkrise des gesamten öffentlichen Bereichs ist. Die Diagnose der strukturellen Reformbedürftigkeit des öffentlichen Sektors ist inzwischen weit verbreitet. International ist die Reformdebatte in vollem Gange 15. In aller Vielfalt lassen sich die Reformbewegungen auf den gemeinsamen Ausgangspunkt fokussieren. In den alten Strukturen und Managementkonzepten kommt es offensichtlich zu unzureichenden Problemlösungen. Starre Strukturen, organisierte Unverantwortlichkeit, eine stetige Expansion der Ausgaben, zunehmend öffentliche Kritik der Rechnungshöfe über verschwendete Millionen und Milliarden an Steuergeldern l6 , unzufriedene Staatsbedienstete, nicht bedarfsgerechte Angebote, zunehmende Reparaturmaßnahmen und Flickwerke im Steuer- und Sozial system, in der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, Unüberschaubarkeit und Widersprüche in den Gesetzes- und Verordnungssystemen und nicht zuletzt die Finanzkrise begründen die Dringlichkeit des Neuerungsprozesses. Bemerkenswert dabei ist, daß es in Deutschland die städtischen Kommunen sind, die den Reformbedarf längst wahrgenommen haben und als Pioniere wirken. Dies begründet den thematischen Bezug des Beitrags auf die kommunale Ebene, die eindeutig die innovative Vorreiterrolle übernommen hat. Auf Ebene der Länder finden wir - sieht man von politischen Absichtserklärungen und Kommissionsentwürfen l7 ab - zunächst nur punktuelle Ansätze, wie beispielsweise die in mehreren Bundesländern in Erprobung befindlichen Modelle der Finanzautonomie von Hochschulen l8 , oder eine beginnende konzeptionelle Neuorientierung, wie in Schleswig-Holstein seit 1992 iniziiert l9 . Auf Bundesebene oder auch auf Ebene der europäischen Union läßt sich eine generelle Reformbewegung noch nicht ausmachen. Dagegen befindet sich die kommunale Praxis zumindest in den größeren städtischen Gemeinden in einem relativ breiten, vielfältigen Suchprozeß. Bereits in die Praxis umgesetzte Restrukturierungsmodelle findet man inzwischen nicht mehr nur bei den holländischen Pionierkommunen, sondern
15 Siehe hierzu KühnleinIWohlfahrt (1994) S. 7. 16 Vgl. Süddeutsche Zeitung, 27.10.94, S. 1,4 und 6. 17 So z.B. die VorschlAge der "Bulling-Kommission" "Neue Führun~ktur BadenWürttemberg" Band I, II und III (1985) undMenz u.a. (1987) S. 457 ff. 18 Sie beinhalten - wechselseitige DeckungsBhigkeit zwischen Haushaltstiteln innerhalb des Globalhaushalts; - Mittel aus unbesetzten Planstellen bleiben erhalten; innerhalb eines Spielraums von 5 % kann das Planstellensoll überschritten werden; - zusätzlich erwirtschaftete Einnahmen verhleiben der Hochschule zur autonomen Verwaltung. 19 Vgl. Die Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein (1995, 1994).
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auch in zahlreichen deutschen Städten2o . Dabei lassen sich bei aller Vielfalt der Refonnmodelle generelle Konturen erkennen, die nachfolgend in der gebotenen Kürze dargestellt werden sollen.
c. Konturen des kommunalen Reformprozesses Prägend fiir die Reformbewegung ist das gewandelte Rollenverständnis des Staates, das sich negativ als Abkehr vom obrigkeitsstaatIichen Denken, vom Bild des "Vaters Staat", charakterisieren läßt. Die Sicht des Staates als Produzent von Gütern und Leistungen wird zwar schon lange auch seitens der Finanzwissenschaft angemahnt, ihre konkrete Umsetzung findet sie jedoch erst im Zuge des Reformprozesses. Hiernach werden Gebietskörperschaften als DienstIeistungsunternehmen in der spezifischen Ausprägung einer Non-profit Organisation verstanden.
J. Gebietskörperschaft - eine Non-profit Organisation In dieser Sicht ergibt sich eine Analogie zu anderen Wirtschaftsunternehmen. Gebietskörperschaften sind wie private Wirtschaftsunternehmen auch zielgerichtete, produktive, soziale, offene Systeme. Sie sind einem privaten Mehrprodukt-DienstIeistungsunternehmen vergleichbar. Von privaten Wirtschaftsunternehmen unterscheiden sie sich dahingehend, daß sich ihre spezifischen Ziele nicht im übergeordneten Existenzziel der Gewinnerzielung bündeln lassen, sondern die einzelnen Sachziele nebeneinander bestehen, die idealtypisch aus den gesellschaftlichen und politischen Willensbildungsprozessen der Bürger hergeleitet sind. Wie im privaten Unternehmen auch können diese Sachziele nur durch die Erbringung, d.h. die Produktion von Leistungen, erreicht werden. Inputs der Produktion sind Arbeitsleistungen, KapitaInutzungen, Nutzung natürlicher Ressourcen sowie Verbrauchsgüter. Wie ein Wirtschaftsunternehmen auch, muß die Gebietskörperschaft die Produktionsfaktoren beschaffen und finanzieren und sie zielgerichtet in spezifische Leistungen transformieren, die dann den Bürgern, Unternehmen oder anderen Gebietskörperschaften als Angebote zu deren Nachfrage zur Verfügung gestellt und verteilt werden. Dies kann auch in einer Non-profit Organisation nur durch ein spezifisches Management geschehen, das Sachziele aus dem WilIensbildungsprozeß in konkrete Handlungsprogramme, Aufgaben und Leistungen faßt, die Zielerreichung unter 20 Laut einer empirischen Erhebung von Kühnlein und Wohlfahrt planen bzw. praktizieren allein in Deutschland 45 Städte die Einfilhrung eines neuen Steuerungsmodells der dezentralen Ressourcenverantwortung und .5 Städte orientieren sich am Modell der Stadt Tilburg. Vgl. KühnleinIWohlfahrt (1994) S. 11 ff.
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Berücksichtigung des dabei entstehenden finanziellen Ressourcenbedarfs plant und koordiniert sowie die Durch- und Ausfuhrung des Prozesses der Leistungserstellung organisiert, steuert und anleitet, die Arbeitsabläufe fuhrt, motiviert und kontrolliert. Von Wirtschaftsunternehmen unterscheidet sich die Non-profit Organisation "Gebietskörperschaft" in dreifacher Weise: l. Die Willensbildung innerhalb der Organisation erfolgt im demokratischen Entscheidungsprozeß, basierend auf einem parteipolitisch geprägten Vertretungs- und Delegiertensystem innerhalb föderalistischer Strukturen, was zu vielfältigen Abhängigkeits-, Interessens-, Verteilungs- und Machtkonflikten fuhren kann. 2. Gebietskörperschaften müssen als arbeitsteilig angelegte Organisationen eine doppelte Struktur entwickeln: einerseits das politische System mit gewählten, nicht notwendigerweise fachkompetenten und qualifizierten Abgeordneten, Mandatsträgern und Repräsentanten, die richtungsweisende Entscheidungen treffen; andererseits ein Verwaltungssystem der berufsmäßigen, qualifizierten Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Fachkenntnisse und erworbenen Qualifikationen die Organisation fuhren. Konflikte entstehen dann, wenn die Arbeitsteilung nicht respektiert und organisiert sowie nicht koordiniert wird. Signale fur derartige Konflikte sind von Seiten der Verwaltung der Vorwurf, die Politik regiere in die Verwaltung hinein, während gleichzeitig die Politiker über ein Ohnmachtempfinden gegenüber der Verwaltung klagen. 3. Den zentralen Unterschied zum Wirtschaftsunternehmen stellt die fehlende Marktorientierung der Gebietskörperschaft dar. Ihr Spezifikum liegt darin, daß sie gerade keine Individualgüter herstellt, deren Bewertung am Markt über den Preismechanismus erfolgt, sondern Kollektivgüter, bei denen der Marktmechanismus versagt, bzw. meritorische Güter, bei denen der Markt ein gesellschaftlich unerwünschtes Ergebnis hervorbringt. Die Stelle der Marktsteuerung übernimmt bei Gebietskörperschaften die politische Steuerung, von der letztlich auch die qualitative Bewertung der Leistungsergebnisse abhängt. Hieraus ergibt sich das spezielle Problem der Erfolgsmessung von öffentlichen Leistungen, die nur in den physischen Kategorien der Wirksamkeit, d.h. der Relation zwischen den Zielvorgaben und den erzielten Ergebnissen vorgenommen werden kann. 4. Gleichzeitig resultiert aus der nicht-marktlichen Bewertung öffentlicher Leistungen ein spezifisches Finanzierungsproblem. Die im Transformationsprozeß eingesetzten Produktionsfaktoren müssen über ein von der Leistungserstellung mehr oder weniger unabhängiges System der Einnahmenerzielung bereitgestellt werden. Die weitestgehende Abkoppelung von der konkreten
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Leistungserstellung weisen die Steuern, aber auch öffentliche Krediteinnahmen auf. In abnehmender Stufung folgen Beiträge, Gebühren und schließlich die Erwerbseinkünfte, die bereits als marktmäßiges Entgelt qualifiziert werden können. Das Problem dieses Finanzierungssystems liegt in dem schwer feststellbaren Zusammenhang "value for money". Dahinter steht die Frage, ob der Bürger bzw. die Gesellschaft für die ihrerseits dem öffentlichen Sektor zur Verfügung gestellten Gelder auch tatsächlich einen entsprechenden Gegenwert in Form der produzierten öffentlichen Leistungen erhält. Das Management einer Gebietskörperschaft hat somit einerseits sehr wohl mit Wirtschaftsunternehmen vergleichbare AufgabensteIlungen, andererseits muß es Lösungen entwickeln, die den aufgezeigten Spezifika Rechnung tragen.
11. Von der "bürokratischen Kultur" zur Führungsphilosophie des Lean-management Aus der Analogie zum privaten Dienstleistungsunternehmen resultiert, daß die dort geführte Diskussion über den Wandel in der Führungsphilosophie auch im kommunalen Bereich Relevanz erhält. Obwohl in den vielfältigsten Ausprägungen und Akzentuierungen vorkommend, hat die Führungsphilosophie des Lean-management eine gewisse Dominanz erlangt. Dabei wird "Lean-management" sprachlich oft mit den Begriffen der schlanken Produktion, Organisation und Führung charakterisiert. Treffender wäre ein Begriffsverständnis im Sinne von fit, d.h. offen, flexibel, anpassungs-, lernund wandlungsfähig. Schlankere Produktions-, Arbeits- und Organisationsstrukturen sind eher eine Folge der Umsetzung des Konzepts. Leanmanagement läßt sich mit Begriffen wie Bürger- und Kundennähe, Markt- und Bedürfnisorientierung, mit Effektivität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit, aber auch mit Innovation, Qualität und Kreativität sowie mit Problemlösungs-, Fach- und Handlungskompetenz umschreiben; auf der strategischen Ebene treten Integration von Denken und Handeln, Vemetzung und Kooperation, System- und Gemeinwesenorientierung sowie Aufgaben- und Ressourcenverantwortung in einer Hand hinzu. Lean-management - und dies ist der hervorzuhebende Kern der Philosophie des Konzepts - stellt auf die Funktionsfähigkeit sich selbst steuernder, offener Systeme21 ab, der Mensch als Kunde (Bürger) oder Mitarbeiter steht im Mittelpunkt des Interesses. So hat der Faktor Arbeit im Lean-management einen herausragenden Stellenwert - Humanvennögen dominiert das Sachvermögen -, denn der Mensch allein ist mit der Fähigkeit zur Kreativität ausgestattet. Lean21 Vgl. KochIKosub (1994) S. 214 ff., die allerdings einen anderen Fokus in den Vordergrund stellen. Sie sehen im Lean-management ein Mittel der Produktivitäts- und Leistungssteigerung.
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management geht davon aus, daß man sparsam und wirtschaftlich nur arbeiten kann, wenn Menschen initiativ und eigenverantwortlich tätig werden. Wenn sie nicht von oben gesteuert und kontrolliert werden, sondern Gelegenheit haben, sich in Kooperation mit anderen selbst zu steuern. Deshalb kreist die Kultur des Lean-management wesentlich um das Prinzip des Selbstmanagements, um das Bemühen, Initiative und Eigenverantwortung bei allen, die im Unternehmen oder in der Gebietskörperschaft tätig sind, zu ermutigen und zu fördern. Der Reformprozeß nach diesem Leitbild läßt sich durch die folgenden Orientierungen markieren: 1. Schaffung einer Aufbauorganisation mit sich selbst steuernden Subsystemen, die untereinander vernetzt, flexibel und wandelbar sind und mit Blick auf die Ziele des Gesamtsystems untereinander kooperieren. 2. Neuorganisation der Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung. Die Entwicklungsrichtung in der Reformbewegung läßt sich mit der einfachen Formel charakterisieren: Politik entscheidet, was gemacht und welche Ergebnisse erzielt werden sollen. Verwaltung entscheidet, wie es gemacht wird22 . 3. Erfolgsorientierung, das heißt die Gebietskörperschaft sieht sich als Mehrprodukt-Dienstleistungsunternehmen, dessen Erfolg sich allein daran bemißt, ob die Angebote (programme, Aufgaben oder Einzelleistungen) unter geringstmöglichem Ressourceneinsatz erstellt und die politisch gewünschten Ergebnisse auch tatsächlich erzielt wurden. Erfolgsorientierung setzt eine ergebnisorientierte Leistungserfassung voraus. 4. Potentialorientierung bedeutet, die im System vorhandenen Potentiale fiir die Leistungserstellung zu entwickeln im Sinne eines Prozesses des stetigen Lernens23 , Verbesserns, der Fehlerkorrektur und der Vermeidung von Verschwendung. Potentialorientierung konkretisiert sich in den Reformansätzen zur Erweiterung der Kameralistik und der Personalentwicklung.
IH. Bausteine der Reform Die aufgezeigten Orientierungslinien markieren bereits die Bausteine der Reform, wobei innerhalb der kommunalen Reformbewegung kein festgerugtes Handlungsmuster im Umsetzungsmodus der einzelnen Bausteine zu erkennen ist. Die empirischen Analyseergebnisse von Kühnlein und Wohlfahrt zeigen, daß die zu Beginn der Reformbewegung am weitesten verbreiteten Privati22 Vgl. Krähmer (1992) S. 29 f. undKGSt(1992) S. 47 ff. 23 Siehe hierzu Hili (1994) S. 301 ff.
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sierungsstrategien von Seiten der Kommunalverwaltungen zunehmend selbst als problematisch eingestuft werden. Nach den Ergebnissen der Befragung praktizieren bzw. planen 45 Städte "die Einfiihrung eines neuen Steuerungsmodells wie der dezentralen Ressourcenverantwortung, wobei hier der Anteil derjenigen, die sich in der Planungsphase befinden, fast so groß ist wie der Anteil derer, die bereits mit der Umsetzung begonnen haben. "24 Immer mehr Stadtverwaltungen versuchen Konzepte des dezentralisierten Ressourcenmanagements zu implementieren2s . Dies beginnt mit der Veränderung der Autbauorganisation. 1. Veränderung der Aujbauorganisation
Traditionell vorherrschend sind im öffentlichen Sektor zentralistische Organisationsstrukturen ausgeprägt, in denen gleiche oder ähnliche Funktionen, wie z. B. die Personal- oder die öffentliche Finanzwirtschaft, zu Organisationseinheiten gebündelt werden. Im Prozeß der Erstellung der einzelnen Leistung oder allgemeiner des einzelnen Programms müssen hiernach zahlreiche Organisationseinheiten zusammenarbeiten, die Verantwortlichkeiten werden verwischt. Banner bezeichnet dies als System der organisierten Unverantwortlichkeit26 . In den Reformmodellen der dezentralen Ressourcenverantwortung wird dagegen eine Autbauorganisation nach Sparten präferiert. Das heißt, Organisationseinheiten werden nach Programmen mit der Untergliederung in Produktbereiche, Produktgruppen und einzelne Produkte gegliedert. Die Organisationseinheiten stellen autonome, sich selbst steuernde Betriebseinheiten mit eigener Personal- und Ressourcenverantwortung dar. Eine solche Organisationsstruktur schafft Transparenz in Bezug auf die Produktpalette und die institutionelle Zuständigkeit rur die Leistungserstellung. Die Vorteile dieser Spartenorganisation sind darin zu sehen, daß - erstens jede Leistung auch im Zusammenhang ihres Ressourcenverbrauchs und den damit entstehenden Kosten gesehen wird; - zweitens dieses Organisationsmodell die Voraussetzungen rur eine Kommunikation zwischen dem verantwortlichen Anbieter der Leistung und dem nachfragenden Bürger bzw. Unternehmen schafft, - und es sich schließlich um eine ganzheitlich zielorientierte Managementkonzeption handelt. "Die Dezentralisierung wird begleitet von einem inte-
24 KühnleinIWohlfahrt (1994) S. 1l. 25 Vgl. KühnleinIWohlfahrt (1994) S. 13. 26 Siehe ausruhrlicher Banner (1993) S. 114 ff.
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grativen ganzheitlichen Ansatz der Verwaltungsfiihrung, die auch für die Koordination die Verantwortung trägt. "27 Im Tilburger Modell, das für viele Reformkommunen als Vorbild dient, wird die Veränderung der Binnenorganisation in der Verwaltung begleitet durch die Neuorganisation der Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung. 2. Neuorganisation der Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung
Die Entwicklungsrichtung markiert - wie bereits oben angefiihrt - die einfache Formel: Politik entscheidet, was gemacht und wozu es gemacht wird (welche Ergebnisse, Wirkungen sollen erzielt werden). Verwaltung entscheidet, wie es gemacht wird. Die Aufgabe der Politik ist hiernach darin zu sehen, Richtlinienkompetenz auszuüben, strategische Leitlinien der Politik zu bestimmen, die von der politischen Mehrheit erwünschten gesellschaftlichen E:tIekte anzugeben und diese in einzelnen Programmen, Produkten und Leistungen zu konkretisieren28 . Gegenüber der heutigen Situation bedeutet dies für die Politik einerseits einen Machtverlust, da sie die Entscheidungsbefugnis über das "Wie" der Durchfiihrung abtreten muß. Dabei sollte nicht übersehen werden, daß Politik damit auch um diese Entscheidungen entlastet wird. Andererseits muß sie die weitaus anspruchsvollere Aufgabe der Entwicklung klarer meßbarer Politikziele und Politike:tIekte und deren Umsetzung als Vorgaben und zur Kontrolle der gewünschten Leistungen seitens der Verwaltung erfiillen. Für die Verwaltung eröffnet diese Arbeitsteilung zusätzliche Handlungsspielräume, aber auch entsprechend größere Verantwortlichkeiten. Diese Spielräume gilt es im Sinne des Lean-management so zu nutzen, daß jeder einzelne Mitarbeiter im Rahmen des ihm zugeordneten Aufgaben- und Verantwortungsbereichs möglichst weitgehend eigeninitiativ tätig werden kann. Sowohl die Formulierung operationaler Vorgaben als auch die Kontrolle erfordern die Entwicklung eines Systems der ergebnisorientierten Leistungsmessung und -kontrolle. 3. Ergebnisorientierte Leistungserfassung
Angesichts der umfangreichen Literatur und der zahlreichen Reformansätze mit dem Ziel einer ergebnisorientierten Leistungserfassung, von den NutzenKosten-Analysen über Nutzwertanalysen bis zum PPBS29 oder die in den 80er 21 KühnleinIWohlfahrt (1994) S. 13. 28 Vgl. KOSt (1992) S. 52. 29
Planning-Prograrnming-Budgeting-System.
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Jahren ausfiihrlich gefiihrte Diskussion zur Aufgabenkritik erscheinen Bedenken an der Realisierbarkeit dieses Reformbausteins durchaus angebracht. Richtig ist - und dies bestätigen auch die mit der Reform befaßten Praktiker -, daß die ergebnisorientierte Leistungserfassung keine leichte Hürde darstellt. Daß sie nicht unüberwindbar ist, zeigt wiederum die Reformpraxis auf kommunaler Ebene und exemplarisch die praktizierte ergebnisorientierte Leistungserfassung im Tilburger Modell. In der betrieblichen Praxis wird unter Leistung das Ergebnis aus dem Zusammenwirken der eingesetzten Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital, natürliche Ressourcen und Sachmittel - kurz gesagt den Inputs - verstanden. Leistung wird als bewertete Erstellung von Ergebnissen in einer Periode definiert, wobei die Wertansätze verschieden sein können. An erster Stelle ist es der Marktpreis, der als Wertmaßstab herangezogen wird. Die Bewertung kann aber auch von den Kosten ausgehen, wie es in der innerbetrieblichen Rechnung bei den Halb- und Fertigerzeugnissen und den aktivierten Eigenleistungen praktiziert wird. Die ergebnisorientierte Leistungserfassung fiir den öffentlichen Bereich kann nicht auf den Marktpreis als eleganten Verdichtungsindikator zurückgreifen, in dem sich die unterschiedlichen Dimensionen einer Leistung niederschlagen und der zudem die Vergleichbarkeit und Aggregierbarkeit unterschiedlicher Leistungen ermöglicht. Die Leistung ist dann nur in Mengen- und Qualitätsdimensionen faßbar. Noch am einfachsten läßt sich die Mengenleistung erfassen. Als Mengenmaße kommen die Stückzahl, Längen-, Zeit-, Raum- oder Flächenmaße in Betracht. Für jede einzelne öffentliche Aufgabe ist nun zu entscheiden, welches wohl das richtige Maß fiir die Erfassung der Mengenleistung darstellt. Mißt man geeigneterweise die Mengenleistung einer Schule in der Anzahl der Schulstunden, der Schüler oder der Klassen? Mißt man die Mengenleistung eines Schwimmbades an der Anzahl der Öffitungsstunden oder der Anzahl der Besucher? Über die Sinnhaftigkeit des einzelnen Indikators wird man immer diskutieren können. Und sicherlich wird die Aussagekraft größer, indem mehrere Indikatoren herangezogen werden. Eine solche mehrdimensionale Messung hat wiederum dann Nachteile, wenn eindeutige und damit eben auch einfache Orientierungen fiir politische Entscheidungsträger und Bürger gefordert sind. Trotz dieser Probleme kann auf eine Erhebung der Mengenleistung nicht verzichtet werden: - Sie zwingt den politischen Entscheidungsträger, klare mengenmäßige Leistungsvorgaben zu formulieren und damit die politischen Zielvorstellungen
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hinsichtlich der mengenmäßigen Leistungsergebnisse für sich selbst, aber auch für die Bürger und die Verwaltung transparent zu machen. - Sie stellt eine unabdingbare Voraussetzung zur Ermittlung der Kosten der Leistungserstellung und damit auch der Kosten pro Leistungseinheit dar, um wiederum - Kostenvergleiche von Betriebseinheiten mit gleichem Leistungsprofil als Voraussetzung für Ursachenforschungen von Differenzen der Kosten pro Leistungseinheit und eine Wirtschaftlichkeitskontrolle anstellen zu können. - Für Vergleiche zwischen Soll und Ist. Der Soll-Ist-Vergleich ist erstens notwendig zur Feststellung des Zielerreichungsgrades. Er zeigt die Wirksamkeit von Maßnahmen an. Zweitens liefern Soll-Ist-Vergleiche auch die informationelle Basis zur Wahrnehmung von Nachfrageveränderungen seitens der Bürger, die wiederum Anlaß geben können, mit dem Angebotsvolumen entsprechend zu reagieren. Bereitet schon die mengenmäßige Leistungserfassung Probleme, so ist es noch schwieriger, der Qualitätsdimension Ausdruck zu verleihen. Qualität ist direkt rechnerisch nicht faßbar. Sie orientiert sich erstens daran, inwieweit das Angebot den tatsächlichen Bedürfnisse gerecht wird, zweitens ist die Fehlerhäufigkeit ein Qualitätsmerkmal. Qualitätsprüfungen in diesem Sinne sind bei Dienstleistungen ungleich schwerer als bei Produkten. Aus vielerlei Gründen potenziert sich das Problem bei öffentlichen Gütern. Ein zentraler Punkt ist sicherlich, daß Dienstleistungen des öffentlichen Sektors kollektiv nachgefragt und konsumiert werden, wohingegen sich die Bedürfnisse von Individuum zu Individuum unterscheiden. Das Problem mag aber auch besonders deshalb so dramatisch erscheinen, da die öffentliche Verwaltung solche Qualitätsprüfungen bislang kaum entwickelt hat. Die Qualität bzw. Fehlerhaftigkeit eines Programms, eines Gesetzes ist durchaus durch die Anzahl der Beschwerden, gerichtlichen Auseinandersetzungen, der nachgeschobenen Ausführungsverordnungen, der Probleme, die in der Verwaltung bei der Aufgabenerfüllung auftreten, aufdeckbar. Sie stellt die Voraussetzung für die Ursachenforschung und Fehlerbeseitigung dar. Mit der ergebnisorientierten Leistungserfassung und der Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung eng verknüpft ist eine Erweiterung der Kameralistik. 4. Erweiterung der Kameralistik
Das staatliche Rechnungswesen besteht traditionell im wesentlichen aus einer Liquiditätsrechnung. Im Budget werden die geplanten Ausgaben, strukturiert nach Referaten, Aufgabenbereichen und Ausgabengruppen, den
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erwarteten Einnahmen gegenübergestellt. Mit der Verabschiedung des Haushaltsplans ist das Ausgabenverhalten für die Haushaltsperiode in diesen vorgegebenen Strukturen festgelegt. Da die Ausgabenstrukturen jedoch nicht von Jahr zu Jahr grundlegend im Sinne eines zero-base-budgeting 30, orientiert an der Frage, welche Aufgaben im kommenden Jahr weitergefiihrt, welche erledigt sind und welche neu hinzukommen, entschieden werden können31 , werden diese Strukturen weitgehend fortgeschrieben. Veränderungen beschränken sich im wesentlichen auf den Bereich der Zuwächse. Das Budget und seine dreijährige Projektion in der mittelfristigen Finanzplanung bildet für die Entscheidungsträger und Durchfiihrungsorgane in öffentlichen Verwaltungen sowie für die Öffentlichkeit die einzige das gesamte Aufgabenspektrum einer Gebietskörperschaft zusammenfassende Informationsquelle. Folgerichtig dominiert bei Entscheidungen über neue Aufgaben, die Erweiterung oder die Kürzung von öffentlichen Leistungen die (kurzfristige) Finanzwirksamkeit. Politische Entscheidungsgremien diskutieren weniger Umfang und Qualität von geplanten öffentlichen Leistungen (das Leistungsergebnis), denn die damit verbundenen Investitionen und ihre Investitionsausgaben. Folgeausgaben, also Personalausgaben, laufende Betriebsausgaben, Schuldendienste, die in den Budgets erst nach Durchfiihrung des Investitionsprozesses wirksam werden, spielen nur in AusnahmeflUlen eines sehr weitsichtigen Gemeinwesens eine Rolle3 2 . Die entscheidende Größe, nämlich die Produktionskosten der öffentlichen Leistung, kann und wird auf Grundlage dieses auf die Liquidität beschränkten Rechnungswesens nicht ermittelt werden. Produktionskosten lassen sich nur bei Erweiterung des öffentlichen Rechnungswesens um ein Kostenrechnungssystem ermitteln. Die Umsetzung ist natürlich ein langwieriger Prozeß, dessen Schwierigkeiten nicht in fehlenden Konzepten oder Vorbildern zu suchen sind. Schließlich können wir auf den überreichen Fundus betrieblicher, praktisch bewährter Kostenrechnungen zurückgreifen. Indem bereits in den Entscheidungsprozessen Bürger und Unternehmungen über die Kosten der öffentlichen Leistung informiert werden, ist zu erwarten, daß sich deren Anspruchsdenken gegenüber den Leistungsmöglichkeiten der Gebietskörperschaft wandelt. Scheint doch ein wesentlicher Grund für das bislang fast unbegrenzte Anspruchsdenken darin zu liegen, daß die Bürger den 30 Hiernach sollen alle Haushaltsansltze, also auch die filr bestehende Aufgaben, vom Ausgabennivcau null ausgehend, geplant und Qberprilft werden. Siehe hierzu Phyrr (1973), der das Ko~t erstmals vorstellte, FtJrber (1984) S. 170 ff. und kritisch Wildavski (1975) S. 294 ff. 31 FQr kleine Organisationen ist diese Vorgehensweisc durchaus vorstellbar. 32 Siehe hierzu ausfiIhrIich Lang (1992) S. 65 ff.
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Zusammenhang zwischen öffentlichen Leistungen und ihren Abgabenbelastungen wegen der fehlenden Kosteninformation kaum nachvollziehen können. Nur wenn der Bürger den Zusammenhang kennt, wird er sich fragen können, ob der Nutzen oder der Wert der öffentlichen Leistung auch die finanziellen Mittel, die er aufbringen muß, rechtfertigt. Zum zweiten ist zu sehen, daß nur wenn die Staatsbediensteten die Kosten der öffentlichen Leistung, an deren Erstellung sie beteiligt sind, kennen, sie die Möglichkeit haben, Strategien der Kostenreduzierung zu entwickeln. Und sie sind an erster Stelle das Potential an Erfahrung und Kreativität, das eine Verbesserung der Kostenwirtschaftlichkeit in der Aufgabendurchführung, entsprechend dem Leistungsergebnis, entwickeln könnte. Schließlich bestehen drittens durchaus reelle Chancen, daß die politischen Entscheidungsträger ihr bislang ebenfalls unbegrenztes Anspruchdenken in Bezug auf den Umfang und das Spektrum öffentlicher Leistungserstellung wandeln würden. Erstens müssen sie zusammen mit den Preisungen, welche Aufgaben durch ihre Aktivität neu erfüllt werden, auch die Kosten und damit die Abgabenbelastungen der Bürger begründen. Und zweitens mag eine Kostentransparenz rur die Öffentlichkeit auch Anreize schaffen, sich mit der Aufgabenkürzung in einzelnen Bereichen nicht nur rhetorisch, sondern auch faktisch zu befassen, da auch mit solchen Aktivitäten bei kosteninformierten Bürgern Wählerstimmen gewonnen werden können. 5. Evolutionäre Personalentwicklung
Ein Erneuerungskonzept, das den Menschen als wertvollsten Produktionsfaktor ansieht, muß der Personalwirtschaft besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Die herkömmlichen Rahmenbedingungen, wie Arbeit nach dem Verrichtungsprinzip, starre, weitgehend leistungsunabhängige Besoldungsstrukturen, Beförderung nach Alter, erschwerte Zu- und Austrittsbedingungen zum und vom privatwirtschaftlichen Arbeitsmarkt behindern geradezu die Entfaltung und Nutzung der Potentiale des Faktors Arbeit. Von der inneren Kündigung ist die Rede. Sie gibt es zwar auch im privaten Unternehrnenssektor, ist im öffentlichen Bereich aber besonders ausgeprägt33. Die Neuorientierung der Personalwirtschaft setzt an den Bereichen der Personalauswahl, der Personalplanung, der Fortbildung und den Arbeitsbedingungen sowie der Arbeitsleistung an. Auch hier geht es in der Reformbewegung zunächst darum, erste Schritte zu entwickeln, die einen Prozeß des Wandels einleiten.
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Vgl. Höhn (1989) S. 21.
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In bezug auf die Personalauswahl ist zu sehen, daß die Einführung eines kooperativen Führungsstils, Delegation und Übernahme von Verantwortung, ergebnisorientiertes Handeln letztlich einen völlig anderen Mitarbeiter auf allen Ebenen erfordert, als es bei den traditionellen hierarchischen Entscheidungs- und Befehlsstrukturen der Fall ist. Und es ist nahezu banal zu erwähnen, daß ohne die Akzeptanz der Mitarbeiter jedes Reformvorhaben zum Scheitern verurteilt sein wird. Folgende Ansatzpunkte für eine evolutionäre Personalentwicklung, die diesen neuen Anforderungen Rechnung trägt, sind in der Reformbewegung erkennbar: - Neben den bisherigen erstrangig formalen Auswahlkriterien wie erworbene Qualifikationen, Noten usw. wird dem Persönlichkeitsprofil wie Teamfahigkeit, analytische Fähigkeiten, Kooperationsbereitschaft, Kreativität, berufliche Mobilität und Flexibilität im Denken größeres Gewicht beigemessen. Kurz gesagt, es sind Mitarbeiter zu finden, die in der Lage sind, den Erneuerungsprozeß zu initiieren und zu tragen. - Wie auch die Erfahrungen aus dem Tilburger Modell und anderen Reformvorhaben zeigen, wird dies nur zum Teil mit dem vorhandenen Personalbestand erreicht werden können. So ergibt sich als weitere Anforderung für die Personalentwicklung, daß die Zu- aber auch Austrittsbedingungen erleichtert werden. Dies heißt, im ersten Schritt Ausschöpfung aller Möglichkeiten für Quereinsteiger aus der Privatwirtschaft oder anderen öffentlichen Verwaltungen innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen und im zweiten - sicherlich sehr langwierigen - Schritt34 Veränderung der Rahmenbedingungen so, daß die Mobilitätsbarrieren zwischen privatem und öffentlichem Sektor abgebaut werden. - Fortbildung der Mitarbeiter wird zu der zentralen Aufgabe der Personalentwicklung. Unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg der Reform ist es, die Mitarbeiter mit Blick auf die neuen Anforderungen des Denkens, der Teamfahigkeit und Kooperationsbereitschaft, der Kommunikation und kreativen Kompetenz aus- und stetig weiterzubilden. - Kreativität und Lernfahigkeit bleiben nur erhalten, wenn sich die Mitarbeiter in einem ständigen Lernprozeß befinden. Job-Rotation stellt ein wesentliches Instrument für die Entfaltung und Erhaltung der Lernbereitschaft, für die Entwicklung neuer, intelligenter und phantasievoller Problemlösungen und den Abbau eines begrenzten Erfahrungshorizonts dar.
34 Hier geht es nicht zuletzt um eine Harmonisierung der sozialen Sicherungssysteme zwischen öffentlichem und privatem Sektor.
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- Schließlich geht es darum, die Leistungsmotivation der Mitarbeiter durch Anreizmechmanismen zu untermauern. Dies heißt, Entwicklung eines stärker leistungsorientierten Besoldungssystems sowie einer zunehmend leistungsorientierten Beforderungspraxis bei gleichzeitigem Abbau des Anciennitätsprinzips und der Regeibeforderungen. Allgemein wird dieser Schritt der Neuorientierung der Personalwirtschaft als die größte, ja scheinbar unüberwindbare Hürde angesehen. Gleichwohl zeigen empirische Erhebungen zur Arbeitszufriedenheit auch der Beamten, daß diese ein stärker leistungsorientiertes Lohnfindungssystem in ihrer Mehrheit begrüßen würden35 . Und schließlich demonstriert die Erfahrung aus dem Reformmodell der Stadt Tilburg, daß anfängliche Widerstände bei den Mitarbeitern überwunden werden können und durch spezielle Maßnahmen die reformbedingte Fluktuation und der Stellenabbau sozialverträglich gestaltet werden. 6. Erwartete Wirkungen
Die hier in einzelnen Elementen skizzierte Reformbewegung stellt unbestritten einen tiefen Einschnitt in die Rolle und Entwicklung der gesamten Staatswirtschaft dar. Entsprechend tiefgreifend werden vermutlich die Wirkungen sein. Dabei ist zu beachten, daß sich der Umbau nur in einem langfristigen und dauerhaften Prozeß der Veränderung vollziehen kann, so daß die Wirkungen ebenfalls eher stetig und schleichend, denn als sprunghafte Veränderung auftreten und wahrgenommen werden. Wie wir aus dem Lean-management der Privatwirtschaft wissen, werden einzelne Hierarchieebenen, insbesondere in den oberen Stufen, Ämter und Behörden entfallen. Die größere Effizienz von sich selbst steuernden Systemen wird bei gleichem Leistungsniveau zu weiteren Freisetzungen von Arbeitskräften fuhren, so daß wir insgesamt sowohl in der Politik als auch in der Verwaltung eine starke Verschlankung des Personalbestandes und damit auch eine erhebliche Reduzierung der Personalausgaben erwarten können. Diese Freisetzungen eröffnen gleichzeitig die Möglichkeit, die personelle Ausstattung auf der wertschöpfenden Ebene, beispielsweise im Bildungssektor die Lehrerinnen und Lehrer, im Sozialbereich die direkt mit der sozialen Betreuung und Beratung von Alten, Jugendlichen, Kranken und anderen hilfsbedürftigen Bürgern befaßten Beschäftigten, weiter auszubauen und zwar nicht nur quantitativ, sondern eben gerade auch qualitativ. Wirkungen sind zudem in der Angebotspalette öffentlicher Leistungen zu erwarten. Die steigende Transparenz, der Wettbewerb und die Vielfalt der Lei35 Vg1. Bohle (1977) S. 136 ff.
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stungsangebote sowie das verstärkte Kostenbewußtsein werden dazu fuhren, daß - veraltete oder gelöste Aufgaben und die zu ihrer Erfiillung eingerichteten Organisationen abgebaut werden; - Aufgaben ergebnisorientiert formuliert und durchgefuhrt werden und so die Verschwendung durch eine fehlgeleitete Leistungserstellung vermieden wird; - bestehende Aufgaben, den unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechend, differenzierter angeboten werden - eine Perspektive, die sich auch in den Konzepten des New Public Management wiederfindet36 . Insbesondere im derzeit im Kreuzfeuer der Sparmaßnahmen stehenden Sozialsystem sind aus einer Erweiterung der Entscheidungs- und Handlungsspielräume fur individuelle, an der persönlichen Situation des in Not geratenen Bürgers im Vergleich zu den praktizierten starren generell gültigen Regelungen, die dann auch ausgenutzt werden können, große Effizienzsteigerungs- und Einsparpotentiale vorhanden; - Bürger und Politiker ein Kostenbewußtsein fur die erstellten und in Anspruch genommenen Leistungen entwickeln können und so das Anspruchdenken an die staatlichen Leistungsmöglichkeiten reduziert wird. In diesen Wirkungen weist die Reformbewegung einen zwar langfristigen, dafiir aber auch dauerhaften Weg aus der eingangs beschriebenen Finanzkrise. Daneben sind Aspekte wie die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und auch der Politiker, die Einstellung der Bürger zu ihrem Staat und zu ihren Politikern zumindest von gleich großer Bedeutung. Die Anforderungen zur Lösung unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zukunftsprobleme sind zu groß, und der Wandel im Denken ist zu weit fortgeschritten, als daß dies den öffentlichen Sektor unbeeinflußt lassen könnte. Es scheint, daß die auf kommunaler Ebene bereits in Gang befindliche Reformbewegung nicht zuletzt einem gewandelten Zeitgeist entspringt, der die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Wirklichkeit des neuen Jahrhunderts prägen wird. Kommen wir nun zu der Frage, ob aus der sich in den Kommunen vollziehenden Reformbewegung Anzeichen fur einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik erkennbar werden.
D. Beginn eines Paradigmenwechsels in der Finanzpolitik Nach Thomas Kuhn bilden sich neue Theorien immer heraus, nachdem die "normale" Problemlösungsfahigkeit des herrschenden Paradigmas offen36 Vgl. Hood (1991) S. 3 ff.
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sichtlich versagt hat und die entstandene Krise neue Antworten und Lösungen herausfordert. 37 Bei aller Vielfalt der Refonnbewegung auf kommunaler Ebene läßt sich in den Ansätzen, Modellen, Konzepten eine Gemeinsamkeit feststellen: die Suche nach neuen Steuerungsmechanismen mit der eindeutigen Zielrichtung zu einem dezentralen, konsensbetonenden Politik- und Verwaltungsmodell, das den Zentralstaat bzw. die zentrale Verwaltungsinstanz auf strategische Gestaltungsfunktionen konzentriert und Detailregelungen stärker auf dezentrale Akteure und die Nutzung ihrer spezifischen Kreativitätspotentiale verlagert, also individuell ausdifferenziertere Entscheidungen erlaubt und fordert38 . Diese neuen Steuerungsmechanismen erfahren nicht zuletzt ihre Begründung in einem neuen Denken, einer "neuen Sicht der Dinge", was sich zunehmend als zweites, neues Weltbild durchzusetzen beginnt. Es handelt sich um den Wandel des Weltbildes Newtonscher Prägung hin zum Weltbild der modemen Physik, basierend auf den Erkenntnissen der nicht-linearen Ungleichgewichtsthennodynamik. Das mechanistische Newtonsche Weltbild hat die Wirtschaftswissenschaft und damit auch die Staatswirtschaft und politik in einem ganz wesentlichen Sinne geprägt. Die Charakteristika der Determiniertheit, der Berechenbarkeit, der Reversibilität und der Zerlegbarkeit von Strukturen haben die theoretische Modellierung, aber auch die praktische Gestaltung wirtschaftlicher Abläufe bestimmt. Mit der Entwicklung der modemen Physik entstand eine neue Sicht der Wirklichkeit, eine ganzheitliche WeItsicht mit Charakteristika des Zufalls, der Unbestimmtheit, der Irreversibilität und dem Nonnalfall der Existenz eines Nicht-Gleichgewichts39 . In dieser neuen ganzheitlichen Sicht wird die Welt in Hinblick auf Zusammenhänge und Integration betrachtet4o . Sie "beruht auf der Erkenntnis, daß alle Phänomene - physikalische, biologische, psychische, gesellschaftliche und kulturelle - grundsätzlich miteinander verbunden und voneinander abhängig sind."41 Insbesondere die Analyse der Funktionsbedingungen natürlicher Systeme hat gezeigt, daß alle diese Systeme Ganzheiten sind, deren spezifische Struktur sich aus den wechselseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten ihrer Teile ergeben. Systemeigenschaften werden zerstört, wenn ein System auseinandergenommen, wenn es physisch oder theoretisch in Einzelteile zerlegt wird. Ob37 Vgl. Kuhn (1976) S. 87. 38 Vgl. Busch-Lüty (199:5) S. 197. 39 "Möglicherweise befmden wir uns ... mitten drin in einer epochalen Entwicklung, durchaus vergleichbar mit der vorgllngigen Aufklärung und der folgenden naturwissenschaftlich-technischen Revolution des 18. Jahrhundert", Böhret (1990) S. 124. 40 Vgl. Capra (1989) S. 294. 41 Capra (1989) S. 293.
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wohl man in jedem System Einzelteile unterscheiden kann, ist das Einzelne doch immer etwas anderes als die Summe seiner Teile. "Vom bekannten deutschen Biologen Frederic Vester stammt die Feststellung, daß die Natur die einzige Firma sei, die während rund 4 Mrd. Jahren nie Pleite gegangen sei. Vester schließt daraus, daß die Menschheit gut beraten wäre, bei der Entwicklung ihrer kulturellen Ökosysteme sich vom Beispiel der Natur anregen zu lassen und ihre Lehren zu befolgen"42. Die Erkenntnisse der modemen Physik, nach der die Wirklichkeit eine ganzheitliche - nicht zerlegbare - Struktur besitzt, haben weitreichende Konsequenzen für die Strukturierung von Systemen. Es beginnt bei der Infragestellung der herkömmlichen Wissenschaftseinteilung, geht über die erkenntnistheoretische Reintegration des gesamten ökonomischen Systems als Teilsystem in das irdische Ökosystem bis hin zur Entwicklung neuer Leitbilder und Organisationsformen im einzelnen Betrieb und der einzelnen Verwaltung und dort in den einzelnen Bereichen oder den Abteilungen. Im ganzheitlichen Systembild erscheinen bislang unstrittige Merkmale unseres wirtschaftlichen Fortschritts wie die hochgradige Arbeitsteilung, die zunehmende Spezialisierung oder das Expertenturn in einem neuen Lichte. Durch Arbeits- und Aufgabenteilung werden Strukturen zerlegt, isolierte Teilsysteme wie beispielsweise der öffentliche Sektor und die Privatwirtschaft oder innerhalb des öffentlichen Sektors einzelne Verwaltungen und dort wiederum Referate, Abteilungen und Unterabteilungen gebildet. Jedes dieser Teilsysteme versucht seine internen Prozesse nach seinem "internen" Zielsystem zu optimieren. Nach der noch heute in vielen Wissenschaftsdiziplinen, so auch der Volksund Betriebswirtschaftslehre dominierenden mechanistischen Weltanschauung folgt aus der Realisierung der Teiloptima auch ein Optimum für das Gesamtsystern, da dieses als Summe seiner Teile also als zerlegbar angesehen wurde. Dies führte denn auch dazu, daß der Staatssektor faktisch als additives, speziell subsidiäres System zum privaten Sektor beschrieben und verstanden wird. Im ganzheitlichen Systembild dagegen ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile, führen diese möglicherweise realisierten Teiloptima somit keineswegs notwendig zu Problemlösungen für das Ganze. In Analogie zum Leitbild der ökologischen Ökonomie, die sich am ganzheitlichen Leitbild einer intelligenten Einfügung des ökonomischen Systems in das Ökosystem orientiert, kann es in der Finanzpolitik allein um die intelligente Einfügung des öffentlichen Sektors in das vernetzte Gesamtsystem von Natur, Gesellschaft und Wirtschaft gehen. 42
Fornallaz (1986) S. 31.
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In natürlichen Systemen sind alle Stoffe und Lebewesen miteinander und ineinander in Kreisläufen und Fließgleichgewichten verknüpft. Die Systeme zeichnen sich durch ungeheure Vielfalt aus, die in ständigem Wechsel begriffen ist. Kreislaufstruktur und Fließgleichgewicht fUhren dazu, daß Aufund Abbau sich im System die Waage halten. Das System strebt nicht auf einen Gleichgewichtszustand hin, wie man in der klassischen Theorie glaubte. Vielmehr bewegt sich das System in einem dynamischen Gleichgewicht, das sich durch multiple, wechselseitig abhängige Veränderungen - Anpassung, Zerstörung und Evolution -, also durch ständigen Wandel auszeichnet. Die Vielfalt bewirkt eine hohe Risikoverteilung und damit auch Fehlerfreundlichkeit des Systems, eine gewisse Trägheit und damit auch Unempfindlichkeit gegenüber kurzfristigen Änderungen. Dadurch weisen natürliche Systeme ein hohes Maß an Stabilität aus. Der ordnungspolitische Rahmen des wirtschaftlichen Systems - auch das des gesamten Staatssektors und der einzelnen öffentlichen Verwaltung - sollte, folgt man dem Vorbild der Natur, durch Organisationselemente geprägt sein, in denen eine sich selbst steuernde Entwicklung und Veränderung möglich ist (Konzept der Selbstorganisation43 ) und in dem vielfaItige, dezentralisierte, verknüpfte, aber unabhängige Problemlösungen angestrebt werden können44 . Konkret beginnt dieser Weg mit der Stärkung der Prinzipien der Dezentralisierung und Subsidiarität nicht nur zwischen den Gebietskörperschaften im föderativen Staat, sondern auch in der Organisationsstruktur der einzelnen öffentlichen Verwaltung. Natürliche Systeme sind offene Systeme, und nur solche sind lebens- und damit auch überlebensfähig. Dies folgt aus den Erkenntnissen der modemen Physik über das Verhalten von Systemen mit großer Teilchenzahl. Offene Systeme sind fließende Ganzheiten, deren Ordnung im Sinne von Syntropie durch Fluktuation, also durch ständige Veränderung entsteht. Für das System des öffentlichen Sektors bedeutet dies, daß Wandel ein systemimmanentes GestaItungselement sein muß. Große, mechanistisch aufgebaute Strukturen und nach detailliert festgelegten Vorschriften arbeitende Organisationen, wie wir sie aus den hierarchisch aufgebauten Entscheidungs-, Befehls- und Informationsstrukturen des Staatswesens und der realen öffentlichen Verwaltung kennen, sind gemessen an diesem Gestaltungselement kontraproduktiv. Die Betriebswirtschaftslehre und die unternehmerische Praxis haben diesen neuen Weg längst eingeschlagen. Dinosaurierstrukturen werden zerschlagen, dagegen stehen die Dezentralisierung und der Abbau von Hierarchien, Delegation und 43 Vgl. Böhret (1990) S. 132 Ir. 44 Zum hier zugrundeliegenden Konzept der Selbstorganisation vgl. Josczok (1989) S. 284 ff.
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Partizipation, Eigenverantwortung und Autonomie, Kooperation und Total Quality Management45 , Kreativität, Lernfähigkeit und Innovation - Elemente, die sich in der ökologischen Ökonomie ebenso wie in der Unternehmensphilosophie des Lean-Management wiederfinden - auf dem Programm. Entsprechen die Funktionsbedingungen des marktwirtschaftlichen Systems nicht viel eher denen natürlicher Systeme oder, wie Böhret es nennt, dem Typus des "evolvierenden Systems,,46 als die zentralen Planwirtschaften östlicher Prägung? Liegt es angesichts dieser Erfahrungen nicht nahe, daß die ungebremste Ausdehnung des Staatsanteils und die politische sowie die finanzpolitische Krise ihre Wurzeln in einem veralteten nicht lebensfähigen Systemaufbau des gesamten öffentlichen Sektors zu suchen sind? Die oben vorgestellte Reformbewegung läßt sich sehr wohl als Neuorientierung im Handlungsrahmen von Politik und Verwaltung entsprechend den neuen Leitvorstellungen interpretieren. Zu erkennen sind die Eckpfeiler der Dezentralisierung und Subsidiarität, der Selbstorganisation, der Resilienz und Fehlerfreundlichkeit (Robustheit gegenüber Schocks und Fehlern) sowie der Lern- und Wandlungsfahigkeit als politisches und verwaltungsrelevantes Organisations- und Gestaltungsprinzip in der kommunalen Reformbewegung ebenso wie im unternehmerischen Reformprozeß, wie auch in der ökologischen Wirtschaftspolitik47 . Es ist zu unterstreichen, wenn Böhret sagt: "Der Typus des 'evolvierenden Systems', das sich selbst in offener, oft diskontinuierlicher Abfolge zu verändern vermag, scheint ein übergreifendes ("infradisziplinäres") Erklärungsmuster zu werden"48. Ebenso wie die Thermodynamik in der Physik zu einem Paradigmenwechsel gefiihrt hat, sprechen die Entwicklungen in der evolutorischen Ökonomie49 , der ökologischen Ökonomie, dem Unternehmensreformprozeß50 sowie der kommunalen Reformbewegung dafiir, daß wir auch in der Gestaltung unserer kulturellen und synthetischen Systeme vor dem Beginn eines Paradigmenwandels stehen, den man zunächst vorsichtig mit Böhret als Selbstorganisationsparadigma51 bezeichnen könnte. In diesem generellen Zusammenhang besehen ist die kommunale Reformbewegung auch in einer Leitbildfunktion fiir Wandlungsprozesse auf Bundes- und Landesebene und - nicht zu vergessen - der Europäischen Union zu sehen, die sich aus den neueren Erkenntnissen über die Funktionsbedingungen sozialer Systeme ergeben. 45 Total Quality Management nimmt im Gegensatz zur herkömmlichen Kontrolle im Nachhinein der Leistungserstellung zeitlich vorangehend eine Qualitätsplanung (Fehlervenneidung) vor. 46 Bohret (1990) S. 135 ff. 47 Vgl. Busch-Lüty (1992) S. 12. 48 Bohret (1990) S. 135. 49 Hierzu ausfiIhrIich Ebert (1996). 50 Naschold spricht hier auch von einem Paradigmenwandel, vgl. Naschold (1993) S. 65. 51 Vgl. Böhret (1990) S. 135.
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Eine Strukturrefonn, die sich an den Funktionsbedingungen natürlicher Systeme orientiert, kann nur im Sinne eines dynamischen Prozesses verstanden werden, niemals aber als Entwurf eines Konzepts, das in einen gewünschten Endzustand - etwa im Sinne einer optimalen Struktur für den öffentlichen Sektor - mündet52 . Der Verlauf des Prozesses und die in ihm realisierten Problemlösungen sind offen. Die Strukturrefonn ist vielmehr darauf gerichtet, ein möglichst breites Potential an Optionen für an den jeweiligen Zustand des Systems angepaßte Problemlösungen zu eröffnen, also für Reaktionen auf Veränderungen und Störungen in der Um- und Inwelt des Systems. In erster Linie geht es bei einer solchen Strukturrefonn darum, die Rahmenbedingungen für das Entscheiden und Handeln in öffentlichen Verwaltungen so zu setzen, daß Wandel und Vielfalt möglich wird. Wandel und Vielfalt erstens in Bezug auf die Aufgaben in Form von Dienstleistungen, die durch öffentliche Verwaltungen erstellt und angeboten werden. Veränderungen der natürlichen, gesellschaftlichen und politischen Umwelt begründen natürlicherweise immer wieder neue Aufgaben für den öffentlichen Sektor. Unter den althergebrachten Systembedingungen kommen diese neuen Aufgaben zu den alten hinzu, ein zusätzlicher Arbeitskräftebedarf sowie eine entsprechende Kapitalausstattung werden begründet, das Ausgabenvolumen wächst. Veränderung heißt unter diesen Bedingungen "nur" Wachstum, nicht aber Wandel. Begrenzt wird das Wachstum allein durch die knappen Finanzierungsrnittel. Sie stellen dann auch in Krisenzeiten, wie wir sie derzeit haben, die Restriktion für die Übernahme neuer Aufgaben dar, während die Überprüfung der Notwendigkeit alter Aufgaben schon wegen der vorhersehbaren "institutionellen Hemmnisse" in der Regel erst gar nicht angegangen wird. Wandel findet so nicht statt. Wandel und Vielfalt muß aber auch in der Aufgabendurchfiihrung gewährleistet sein. Hier geht es darum, solche Systembedingungen zu schaffen, daß Kreativität und Innovationspotentiale zur Fehlerkorrektur, Fehlervenneidung sowie innovative Verbesserungen hinsichtlich der Kostenwirtschaftlichkeit und der Effizienz- und Effektivitätssteigerung in Bezug auf die Qualität und Wirksamkeit der konkreten Dienstleistungen entwickelt werden sowie deren Umsetzung in der Praxis möglich wird. Die ohne Refonn herrschenden Systembedingungen blockieren geradezu einen derartigen Prozeß des Wandels und der Vielfalt in der Aufgabendurchführung. Gesetze, Verordnungen und Richtlinien regeln bis ins Detail die Durchführung einer Aufgabe und schreiben das Verfahren auf Jahre hinaus fest, die Beschäftigten werden ausgebildet, sind angehalten und werden danach beurteilt, ob sie die Aufgabe entsprechend den Vorschriften verrichten, auch wenn sie erkennen müssen, daß ihre Arbeit oftmals 52
Vgl. auch Noll (1994) S. 123 (
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in Hinblick auf das ursprünglich gewünschte Ergebnis kontraproduktiv ist. Hinzu kommt eine Kameralistik, die das Einsatzverhältnis der Faktorleistungen, z.B. Arbeit und Kapital, festschreibt und damit durch Substitutionsprozesse erzielbare Produktivitätssteigerungen unmöglich macht 53 . Eine Strukturreform hat die Wandel und Vielfalt blockierenden Systembedingungen abzubauen. Genau dies ist der Weg, den die innovativen Kommunen derzeit beschreiten. Vorbildhaft rur ein ganzheitliches Reforrnmodell ist das in der holländischen Stadt Tilburg realisierte Modell der Verwaltungsorganisation und Verwaltungsruhrung. Es gibt uns nicht nur Orientierung rur die Elemente einer ganzheitlich orientierte Reform, es zeigt auch, daß ein solches Reformkonzept erfolgreich realisierbar ist54 . Die kommunale Reformbewegung markiert den Beginn eines Wandels, der seitens der Bundesebene und der Europäischen Union auch wahrgenommen werden sollte. Derzeit finden wir dort nachgerade dem neuen Leitbild entgegengerichtete Effekte der zunehmenden Zentralisierung, zunehmenden Regulierungen, der extremen Arbeitsteilung in den einzelnen Politikbereichen mit isolierten Problemlösungen, deren negative Folgen durch andere Politikbereiche oder Gebietskörperschaften repariert, getragen oder kompensiert werden müssen 55 . Die Wahrnehmung ist deshalb so wichtig, weil es letztlich um die Lebensfähigkeit des Staatswesens geht. Um mit earl Böhret einen Satz von Edmund Burke zu zitieren: "Einem Staat ohne Möglichkeit zum Wandel fehlen zugleich die Möglichkeiten zu seiner Erhaltung. "56
53 Vgl. Färber (1992) S. 1045 ff. 54 Vgl. KOSt (1992). 55 Beispiele gibt es zu Genüge. So werden vom Wirtschaftsministerium Investitionen subventioniert, was über den Kostensenkungseffekt bei der Realkapitalbildung nicht nur Erweiterungs-, sondern auch Rationalisierungsinvestitionen mit Freisetzungseffekten von Arbeit berordert. Das nicht zuletzt dadurch induzierte Arbeitslosenproblem wird dann vom Arbeits- und Sozialministerium mittels Beschäftigungsprogranunen bekämpft. Aufgrund des Umfangs der Arbeitslosigkeit entstehen im Etat des Arbeits- und Sozialministers (einschI. Bundesanstalt filr Arbeit) Finanzierungsengpässe, die man versucht zu reparieren, indem Dauer und Umfang des Bezugs von Arbeitslosengeld gekürzt werden. Das Problem ist auf die kommunale Ebene verschoben, denn sie hat die zunehmenden Sozialleistungsanspruche zu tragen. 56 Bohret (1988) S. 137.
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Theorie der Unternehmung und Praxis des Neuen Steuerungsmodells Brauchbare Implikationen rür die Reform der Kommunalverwaltung? Von Andreas Osner, Detmold
A. Einordnung des Themas Die öffentlichen Haushalte der Bundesrepublik Deutschland sind aus verschiedenen Gründen in der Krise. Die konjunkturelle Entwicklung, die zunehmend strukturelle und persistente Massenarbeitslosigkeit und einheitsbedingte Lasten bringen insbesondere die Kommunen als unterste Ebene der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland an den Rand ihrer finanziellen Existenzfahigkeit. Es droht ein finanzieller Teufelskreis 1, der oftmals von ad-hoc-Maßnahmen, wie Haushaltssperren oder Investitionsstops zur Sicherung der aktuellen Überlebensfahigkeit begleitet wird. Das kann allerdings langfristig Überschuldung und den völligen Verlust der Handlungsfahigkeit bedeuten. 2 Doch nicht nur die hinreichend bekannten exogenen Ursachen auf der Einnahmenseite sind an vorderer Stelle zu sehen, es tragen auch hausgemachte Probleme zur mangelnden Anpassungs- und Leistungsfahigkeit der Kommunalverwaltung bei. 3 Es geht um typische bürokratische Steuerungs- und Leistungsdefizite. Der Vorwurf mangelnder Effizienz der öffentlichen Hand liefert letztendlich der oftmals ideologisch gefiihrten Privatisierungsdiskussion Argumente an die Hand, öffentliche Aufgaben, insbesondere die der kommunalen Daseinsvorsorge, an private Träger abzugeben. Dies stützt sich auf die These, daß der Leistungswettbewerb marktlicher Beziehungen generell einer Leistungserstellung in hierarchischen
2 3
vg1. Ebert (1996) Abschnitt D.
Vgl. NolllEbertIMeyer (1996) Abschnitt III.2. Vgl. auch hier NolllEbertIMeyer (1996) S. 57 f[
4 Festschrift W. NoH
Andreas Osner
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Beziehungen überlegen sei, die sich allerdings leicht als politisch motivierte Interpretation ökonomischer Forschungsergebnisse identifizieren läßt. 4 Daß diese Art von Haushaltssanierung wirtschaftlich und politisch nicht unproblematisch ist, ist ein Faktum, kann hier aber nicht näher diskutiert werden. 5 Was an dieser Stelle jedoch angeregt werden soll, ist der Gedanke, daß die Erstellung und Bereithaltung von öffentlichen oder meritorischen Gütern durch die kommunalen Aufgabenträger nicht länger als Vorgang einer abstrakten Produktionsfunktion (black box) angesehen werden darf, deren Output ausschließlich über exogene Parameter, wie Arbeit, Kapital oder technischen Fortschritt zu beeinflussen ist, ohne die interne Ökonomie, d.h. die Faktorallokation innerhalb dieser Organisation zu berücksichtigen. 6 In Theorie und Praxis werden zunehmend Möglichkeiten vorgehalten, die kommunale Aufgabenträger durch Reorganisation auf das Leistungsniveau eines privaten Anbieters heben können. Leistungsverstärker und wettbewerbliche Elemente könnten durchaus in reformierten Hierarchiesystemen installiert werden; es besteht somit die Vermutung, daß Effizienz und Leistungsanpassung im wesentlichen nicht von der eigentumsrechtlichen Stellung, sondern vielmehr von wettbewerbsfreundlichen Strukturen innerhalb der betreffenden Organisation abhängig sind. 7 Deshalb soll im folgenden nicht die Frage geklärt werden, ob die öffentliche Aufgabenerfüllung durch andere Maßnahmen als das klassische Kürzungsmanagement oder Privatisierungen gesichert werden kann, sondern wie dies geschehen könnte. Ein Ziel dieses Beitrages ist deshalb, durch die Darstellung einiger Theorieansätze und Herstellung von Bezügen zu neuen Steuerungselementen Eckpunkte fiir eine effiziente Umgestaltung der kommunalen Finanzsteuerung zu liefern. Allerdings ist der Begriff "effiziente Finanzsteuerung" mit einiger Vorsicht zu handhaben. Der Weg von der Bildung theoretischer Hypothesen über deren Interpretation bezüglich einzelner praktischer Fälle bis zur effizienten Steuerung von Kommunalverwaltungen und zur rationalen Politikgestaltung ist problematisch. Denn die korrekte Messung ihrer Effizienz ist nicht möglich, da sich die öffentliche Wertschöpfung - hier die Sicherung kommunaler Daseinsvorsorge - nicht in Mark und Pfennig ausdrückt. 8 Das liegt zum einen an verteilungspolitischen Merkmalen der öffentlichen Aufgabenerfüllung, die fiir eine Bewertung ein erweitertes Normensystem erforderlich machen, wie es beispielsweise im bundesdeutschen Kontext politisch und historisch gewachsen ist. Darüber hinaus erweist sich eine statische Beurteilung von Effizienz aus 4
Dargestellt in Lüder (1996) S. 99. Vor- und Nachteile von Privatisierungen diskutieren z.B. Bäckels (1994) undBull (1995). 6 Man kann in diesem Zusammenhang auch vom "Produktionsfaktor Organisation" sprechen, vgl. Picot (1982) S. 270. 7 Vgl. Naschold(1993) S. 32. 8 Vgl. Naschold (1993) S. 57.
Theorie der Unternehmung und Praxis des NSM
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dem traditionellen wohlfahrtstheoretischen Blickwinkel heraus als unzureichend, da es hier um die dauerhafte Leistungsfähigkeit kommunaler Organisationen geht. Daher ist eine dynamische Sichtweise erforderlich. 9 Letztendlich entzieht sich in einer komplexen Gesellschaft mit zunehmend ausdifferenzierten Märkten und sozialen Subsystemen die Beurteilung "richtigen Handeins" der Entscheidungsträger bei der Gestaltung öffentlicher Aufgabenerfiillung den begrenzten Möglichkeiten einer engen wirtschaftswissenschaftlichen Analyse. 10 Daher kann es in diesem Zusammenhang nicht darum gehen, im Sinne einer substanziellen Rationalität nach eindeutig gültigen Regeln fiir eine neue konditionale Steuerung der öffentlichen Hand zu suchen, 11 sondern eher um die Hinwendung zu einer prozeduralen Rationalität des Systems Kommunalverwaltung. 12 Anders gesagt, es besteht die Vennutung, daß ein sinnvolles (Entscheidungs- oder Produktions-) Verfahren, in dem die ablaufenden Prozesse möglichst rational rekonstruiert sind, zu sinnvollen Ergebnissen fuhren kann. Die Verhaltens- und Verfahrensorientierung eines solchen nonnativen Ansatzes kann helfen, Randbedingungen zu finden, unter denen das beobachtete Verhalten der Entscheidungsträger zur Lösung der derzeitigen Steuerungsprobleme führt. 13 Neue Steuerungsmodelle, die im Rahmen kommunaler Verwaltungsrefonnen erprobt werden, zeichnen sich durch eben diese Konzentration auf Entscheidungsstrukturen und Handlungsabläufe innerhalb der betreffenden Organisation aus. Grundsätzlich können Chancen und Möglichkeiten einer Refonn des Verwaltungshandelns auf drei Wegen ausgelotet werden: - Beobachtung und Identifizierung der spezifischen Strukturen und Abläufe der Kommunalverwaltung von innen. Danach Ergreifung von Maßnahmen anband der in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse und nach gesundem Menschenverstand, - Einbeziehung und Verwertung von Erfahrungen anderer, weiter fortgeschrittener Verwaltungen (aber zunehmend auch von Beratungsgesellschaften). Umsetzung dieser externen Infonnationen in vergleichbarer oder optimierter Fonn in der eigenen Stadt,
Vgl. NolVEbervMeyer (1996) S. 4 und Ebert (1996). Hier handelt es sich u.a. um typische Probleme von Kosten-Nutzen-Analysen, dargestellt in Brümmerhoff(1992) S. 158 -177, vgl. auch König (1995) S. 2. 11 Konditionale Steuerung ist eine Fonn der klassischen Steuerung von Verwaltungshandeln über eine Wenn-Dann-Fonnulierung juristischer Natur mit eindeutiger Zielsetzung. Vgl. hierzu Budäus (1985). 12 Vgl. grundlegend Simon (1978). 13 Einen solchen Ansatz schlagen König und SchauenbergiSchmidt vor, vgl. K6nig (1995) S. 27, Schauenberg/Schmidt (1983) S. 272. Auch Noll stellt diesen nonnativen Ansatz ins Zentrum seiner strukturpolitischen Überlegungen, vgl. Noll (1994). 9
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- Wissenschaftliche Analyse des Problems und gezielte Anwendung diesbezüglicher Theorien. Durch Einbeziehung von Wirtschaftswissenschaft bzw. Organisationswissenschaft theoretische Fundierung der pragmatischen Ansätze und Anregung weiterer Reformschritte. Eine theoretische Überprüfung der ersten bei den Möglichkeiten sollte nicht unterschätzt werden. Das Orientierungswissen aus der Forschung erleichtert eine rationale Beurteilung bereits getroffener Reformmaßnahmen und kann sowohl Anregungen geben für die interne Weiterentwicklung der Organisation als auch Anstöße für eine gezielte Umgestaltung der relevanten rechtlichen und/oder politischen Rahmenbedingungen. 14 Derweil scheint die Praxis den Entwürfen der Theorie vielerorts vorauszueilen. 15 Der dramatisch gestiegene Handlungsbedarf bei den Kommunen erzwang oftmals entschlossene Schritte auf dem Weg von der bürokratischen zu einer betriebswirtschaftlieh orientierten Verwaltungsführung. Die Erfolglosigkeit der bekannten klassischen Instrumente der Haushaltssanierung l6 ließen eine strukturelle Reform des hergebrachten institutionellen Rahmens und des Selbstverständnisses der Kommunalverwaltung als einzig sinnvolle Alternative zur Sicherung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit erscheinen. Neue Steuerungsmodelle werden deshalb vielerorts auf unterschiedliche Weise eingeführt und erprobt. Diese Modelle sind im Rahmen einer facettenreichen Reformbewegung l7 zu sehen, in der bundesweit von Schlagworten aus dem Bereich des New Public Managements die Rede ist, wie Lean Administration, Total Quality Management, Controlling, Dienstleistungsunternehmen Stadt, Kundenorientierung und Profit Center. 18 Diese Schlagworte vermitteln den Eindruck, daß die in der neueren Managementliteratur dargestellten Modelle und Konzepte, die sich in erster Linie auf private Unternehmungen beziehen, ohne größere Probleme auf den öffentlichen Sektor übertragbar sind. Diese Vermutung wird auch angeregt durch die Erfahrungen einiger deutscher Vorreiterstädte der Verwaltungsreform (wie z.B. Detmold, Rheine oder Herten), in denen solche Managementansätze - mit einem guten Schuß Pragmatismus versehen - durchaus erfolgreich umgesetzt worden sind. 19
14 Vgl. König (1995) S. I f. 15 Vgl. Laux, Eberhard (1993) S. 1088 f.,Müller (1995) S. 224. 16 Eine kritische Darstellung des sog. Kürzungsmanagements bietet exemplarisch Lang (1985). 17 Manche Beobachter bezeiclmen die bundesweite Reformwelle, die mittlerweile zunehmend plakative und kommerzielle Züge trägt, auch als "Tilburg-Fieber, Typ A", vgl. Laux, Eberhard (1994) S.6. 18 Vgl. Lüder (1996) S. 93, König (1995) S. 27 oder Banner (1991). 19 Vgl. exemplarisch die Dokumentation zum Neuen Steuerungsmodell in Detrnold: EIID (1995) Kapitel III und IV, eine Zwischenbilanz der KGSt zur Einfiihrung neuer Steuerungsmodelle: KGSt (1995) oder Gravemann (1994).
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Ist es aber zulässig, institutionenökonomische Theorien der Unternehmung (vor deren Hintergrund neuere Managementmodelle zu sehen sind) in den öffentlichen Sektor zu übertragen, und wenn ja, ist es sinnvoll? Kritiker einer betriebswirtschaftlichen Umstrukturierung von Kommunalverwaltungen mahnen zur Zurückhaltung beim Vergleich von Verwaltungen mit privaten Unternehmungen. 20 Es bestehen in der Tat begründete Zweifel. Zunächst handelt eine Kommunalverwaltung traditionell nicht gewinnorientiert, sondern gemeinwohlorientiert. 21 Ihre wirtschaftliche Betätigung hat das verfassungsrechtliche Ziel der Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge durch die Produktion lokaler öffentlicher und meritorischer Güter. Somit hängt die Existenz kommunaler Organisationen auch nicht von deren Markterfolg, sondern von der lokalen politischen Prioritätensetzung ab. Auch die Problematik der Effizienz und Effizienzkriterien unterscheidet sich damit grundsätzlich von der einer privaten Unternehmung. 22 Zusammenfassend kann man sagen, daß ein politisch-administratives System nach anderen Prinzipien arbeitet als ein ökonomisches System, nämlich den Maximen der Rechts- und Sozialstaatlichkeit und der Demokratie. Auf der anderen Seite weist der zwar in der Vergangenheit verkannte, aber immer bedeutender werdende Dienstleistungscharakter kommunaler Verwaltungen darauf hin, daß auch die öffentliche Hand nichts anderes ist als eine gesellschaftliche Dienstleistungen erbringende Organisation. 23 Letztendlich liegen "die spezifischen Unterschiede weniger im Bereich interner Strukturmerkmale, als bei den charakteristischen verschiedenen SystemUmwelt-Beziehungen. "24 Darüber hinaus zeigen die Beobachtungen aus der Praxis, daß die Kommunen zunehmend wettbewerblichen Zwängen zur Leistungsoptimierung ausgesetzt sind. Das zeigt sich am lokalen Standortwettbewerb, aber auch an der Akzeptanzkrise bei den Bürgern, die Art und Umfang ihrer kommunalen Leistungen in Wahlen beeinflussen und über Steuern und Gebühren zu finanzieren haben. 25 Es wird weiterhin beobachtet, daß den Kommunen zunehmend auch nicht-monetäre Grundlagen ihrer gesellschaftlich notwendigen Leistungsfähigkeit wegbrechen. Es ist nämlich 20 Stellvertretend seien hier Schriften eines bekannten Kritikers genannt: Laux, Eberhard (1993), (1994). Auch König sieht die pauschale Ökonomisierung kritisch, zieht jedoch andere Schlüsse als der vor~enannte Autor, vgl. König (1996) S. 26 ff. I Eine alternative Variante präsentiert Lang (1996), wenn sie Kommunalverwaltung als Nonprofit-Organisation charakterisiert. 22 Vgl. König (1996) S. 21; eine ausfilhrliche Diskussion der Unterschiede zwischen öffentlichen und~rivaten Organisationen liefert Mayntz (1978) S. 125 ff. Vgl. EWJ (1995) Kapitel II und III, Mayntz (1978) S. 125 f., Horstmann (1995) S. 285 f. oder Banner (1991). 24 Mayntz (1978) S.126. 25 Theoretischer Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die "Voting by Feet"-Hypothese von Tiebout, die in der Föderalismustheorie eine Rolle spielt, dargestellt in KülplBerthold (1992) S. 158.
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anzunehmen, daß Kommunalverwaltungen sich durchaus in einem Wettbewerb befinden, in dem allerdings andere Größen als Renditen oder Profite relevant sind. Abgesehen vom monetären Interesse an Steuer- und Gebühreneinnahmen sind dies beispielsweise die Gewinnung qualifizierten Personals und die Sicherung demokratischer Kontrolle des Rates (d.h. politischer Macht) über lokale öffentliche Unternehmen, die verstärktem Privatisierungsdruck ausgesetzt sind. 26 Beispielsweise könnte hier der kommunale ÖPNV als notwendigerweise kundenorientiertes, damit z.T. unternehmerisch geprägtes, Dienstleistungsangebot begriffen werden. Aus der Diskussion läßt sich der Schluß ziehen, daß eine "interne Ökonornisierung"27 der öffentlichen Verwaltung vielleicht dogmatisch nicht zulässig ist, die Übertragung von Erkenntnissen z.B. aus der neuen Institutionenökonomik aber trotzdem sinnvoll sein kann, weil sie interessante Anregungen für eine verbesserte Steuerung der Organisation liefert. 28 New Public Management hat somit seine Berechtigung, sofern die Eigenheiten der Kommunalverwaltung als politische Institution berücksichtigt wird, d.h. ihr verfassungsrechtlicher Auftrag und ihre demokratischen Prinzipien nicht über Bord geworfen werden.
B. Steuerungsprobleme des traditionellen Systems Den Kommunalverwaltungen wird mangelnde Effizienz bei der öffentlichen Aufgabenerfüllung vorgeworfen. Wenn Effizienz als relationaler Begriff definiert ist, der sich auf das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag bezieht29 , stellt sich die Frage, auf welcher der beiden Seiten die Probleme liegen. Bei der Diskussion um neue Steuerungsmodelle ist nicht nur die oben diskutierte Finanzkrise, d.h. das Problem begrenzter Einnahmemöglichkeiten bei teilweise unkontrollierbarem Aufgabenzuwachs (damit Ausgabenzuwachs), sondern auch die Akzeptanzkrise der Bürger relevant. Die Kommunalverwaltung ist immer noch in den meisten Fällen durch das Selbstverständnis einer hoheitlichen Behörde gekennzeichnet, nicht etwa durch das eines bürgerorientierten "DienstIeistungsunternehmens". Von den Bürgerinnen und Bürgern nachgefragte Leistungen der Verwaltung werden derzeit noch als ungestaltbare Größe verstanden, als "Erledigung anfallender Aufgaben", die durch Gesetz oder politischen Beschluß zugewiesen sind. 3o Eine kritische 26 Vgl. Krähmer (1993) S. 416. 27 König (1996) S. 28. 28 Vgl. Lader (1996) S. 99 oder König (1996). 29 Der Ertrag eines öffentlichen Aufgabenträgers sei hier vereinfacht als Umfang und Qualität der erbrachten Leistung definiert, vgl. Mayntz (1978) S. 126. Die konzeptionelle Problematik, die im vorhergehenden Abschnitt dargestelh worden ist, sei dahingestellt. 30 Vgl. Horstmann (1995) S. 286.
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Betrachtung der täglich erledigten Aufgaben findet nicht statt, da die Grundlage hierfür, eine Leistungsdefinition und -erfassung kaum vorhanden ist. Die Folge ist mangelnde Bürgerzufriedenheit mit der Verwaltung. Das bedeutet, die Effizienzprobleme der Kommunalverwaltung beruhen nicht nur auf einem zu hohen Ressourcenverbrauch für einen gegebenen Output, sondern auch auf der unzureichenden Qualität des Outputs bei gegebenem Ressourceneinsatz. 31 Die Ursachen liegen zum einen im hergebrachten monozentrischen, streng hierarchischen Aufbau der Verwaltung, die funktional organisiert ist. Eine konsequente Arbeitsteilung nach rechtlichen und internen fachlichen Gesichtspunkten faßt im Interesse der Bündelung rechtstechnischer Kompetenz juristisch verwandte Aufgaben zusammen und nimmt nicht auf typische Bürgerinteressen Rücksicht. 32 Diese Merkmale führen nicht nur zu Entscheidungsverzögerungen durch Mehrfachzuständigkeiten, sondern auch zu der typischen Spaltung von Fach- und Ressourcenverantwortung. Diese Trennung ist die Ursache dafür, daß keine systemimmanente Motivation für das Aufspüren von Einsparpotentialen besteht. Ein Interesse des Einzelnen zum Sparen würde dagegen entstehen, wenn die kostenverursachende Einheit mit der kostentragenden Einheit identisch wäre. 33 Im funktional organisierten System existierte jedoch kein solcher Anreiz für ökonomische Rationalität im Sinne der gesamten Stadtverwaltung. Die sich darüber hinaus ergebenden Verteilungskämpfe und Reibungsverluste zwischen den ressourcenverteilenden Einheiten (Querschnittsämtern) einerseits und den ressourcenbeziehenden Fachämtern andererseits bei Planung und Vollzug des Haushalts sind ebenfalls hinreichend bekannt. Ausdruck eines weiteren Strukturdefizits der Kommunalverwaltung ist die typische Übersteuerung des Behördenhandelns durch das kamerale Haushaltsund Rechnungssystem. Die ausschließliche Konzentration auf Inputgrößen läßt eine echte strategische (d.h. ziel- und leistungsgerichtete) Planung durch die politischen Instanzen nicht zu. 34 So sind Z.B. unproduktive Einzelinterventionen der Politik in das Tagesgeschäft der Verwaltung oft an der Tagesordnung. Auch das inkrementale Anmeldeverfahren der Haushalts31 Es sollte angemerkt werden, daß in diesem Beitrag die angestrebten Effizienzsteigerungen der Kommunalverwaltung nicht hauptsächlich unter dem Aspekt der Qualität der Leistungserstellung betrachtet werden. Dies würde ein eingehenderes Befassen mit Themen wie Hierarchieabflachung und Qualitätsmanagement erforderlich machen. Vgl. hierzu etwa EVD (1995) Kapitel III, HirschfelderlLessel (1994) oder Horstmann (1996). Zwar hängen Sparsamkeit beim Ressourceneinsatz und qualitätsbewußtes Verwaltungshandeln untrennbar zusammen, doch wird es hier im wesentlichen um inputseitige Wirtschaftlichkeitsverbesserungen gehen. 32 Vgl. hierzu Horstmann (1995) S. 285, 289 und zu folgenden Ausfi1hrungen Hock (1994) S. 10 ff. 33 Man könnte dies mitjiskalischer Äquivalenz in der Verwaltungsorganisation bezeichnen. 34 Vgl. Ebert (1996) Abschnitt D.
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aufstellung führt bei fehlenden zweckgerichteten Planungsdaten zu einer Überforderung der Zentralinstanz; so gleichen die jährlichen Haushaltsverhandlungen oft einem Pokerspiel um willkürliche Zu- und Abschläge von den Budgets. 35 Die Einzelveranschlagung mit der strikten Bindung des Vollzugs an die Haushaltsstellen (ausschließliche Steuerung über das "Wie") verhindert ein sachgerechtes, flexibles Agieren der Facheinheiten in ihrem täglichen Geschäft. Die Strukturmerkmale des kameralen Haushalts bedingen eine große Unübersichtlichkeit bei gleichzeitig zu großer Informationstiefe der Finanzdaten (sogenannte "Zahlenfriedhöfe"). Dies erschwert eine zeitnahe, operative Kontrolle des laufenden Vollzugs. Steuerungsrelevante und steuerungsunrelevante Daten stehen im kameralen Haushalt oftmals unerkennbar nebeneinander,36 so daß sich auch die Haushaltsüberwachungsliste und die Institution der klassischen Rechnungsprüfung allenfalls als normative Ausgabenkontrollinstrumente, nicht aber für eine Kontrolle des wirtschaftlichen Ergebnisses eignen. Es existieren weder eine Kostenträgerrechnung auf der Grundlage von Leistungs- und Produktdefinitionen noch eine Erfassung des betrieblichen Werteverzehrs. Laufende wirtschaftliche Kontrolle und rechtzeitiges Gegensteuern im Vollzug sind aufgrund des erforderlichen prohibitiv hohen zeitlichen Aufwandes praktisch unmöglich.
C. Beiträge der Theorie Viele Reformansätze der Kommunalverwaltung zeichnen sich durch einen ausgesprochenen Pragmatismus aus. Nicht nur Sachverstand an zentraler Stelle, sondern auch die Hinzuziehung engagierter Mitarbeiter hat aus zunehmendem Problembewußtsein heraus den Vollzug weitreichender Schritte zu einer effizienten Verwaltungsfiihrung ermöglicht. 37 Im folgenden wird versucht, aus theoretischer Sicht Bedingungen für eine erfolgreiche Steuerung im Sinne der oben angesprochenen prozeduralen Rationalität herauszuarbeiten. Wenn Kommunalverwaltungen als spezifische Dienstleistungsunternehmen bzw. als politische Institutionen verstanden werden, können Ansätze der Organisationstheorie untersucht werden, um Hypothesen und Erklärungsmuster für die in neuen Steuerungsmodellen unterstellten Verhaltensweisen zu finden. Das kann nicht nur eine theoretische Untermauerung des New Public Management liefern, sondern auch zu Hinweisen auf die Schaffung realer 35 VgI.Blankart(1991)S.139.
36 Vgl. beispielsweise Bothe (1991) S. 55 und Ebert (1996). 37 Vgl. EVD (1995), dort sind die praktischen Reformerfahrungen der Stadt Detmold ausfilhrlich darlegt.
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(Anfangs-) Bedingungen fiir weitere Rationalisierungen der Steuerungssysteme fuhren. Die Entwicklung der neueren Managementliteratur basiert auf Erkenntnissen der soziologischen, wirtschaftspsychologischen und ökonomischen Forschung. Der ökonomische Zweig - die neue Institutionenökonomie - gibt starke Hinweise darauf, daß die traditionelle Mikrotheorie nicht mehr ausreicht, realisierbare Bedingungen für eine Erhöhung ökonomischer Rationalität von gesamtgesellschaftlichen Entscheidungsprozessen oder deren Subsystemen zu finden. Ihr Untersuchungsfeld beschränkte sich auf marktliche Beziehungen und Mechanismen der Ressourcenallokation zwischen einzelnen Wirtschaftseinheiten. 38 Diese Einheiten waren im wesentlichen gekennzeichnet durch abstrakte, invariante Produktionsfunktionen und mechanistische Zielfunktionen, die auf stabilen Präferenzen beruhten. Die Aussage hinsichtlich des Verwaltungshandelns manifestiert sich im Bürokratiemodell von Niskanen,39 in dem das Wachstum von Staatsausgaben durch budgetmaximierende bürokratische Akteure begründet wird. Dies ist im wesentlichen die neoklassische Erklärung fiir eine ineffiziente öffentliche Verwaltung. Das Niskanen-Modell ist zwar nach wie vor von Relevanz, geht jedoch zu wenig ins Detail und ist durch die Annahme der Nutzenmaximierung über das Budget inflexibel. Es bietet zwar eine Diagnose, jedoch wenig Hinweise auf konkrete Maßnahmen, die erkannten Defizite abzustellen, da eher der bilateralen MonopolsteIlung zwischen Bürokratie und Politik Beachtung geschenkt wird als den Strukturen innerhalb der beiden Gruppen. Die Institutionenökonomik, in diesem Kontext beschränkt auf den Zweig der "Neoinstitutional Economics" (NIE), hat das Analysespektrum der Ökonomie diesbezüglich erweitert. 4o Um den empirischen Gehalt der Theorie den Herausforderungen anzupassen, sind einige kritische Prämissen durch nachfolgende realistischere ersetzt worden. Andere zentrale Annahmen der Neoklassik behalten jedoch ihren Stellenwert; es sind insbesondere die des Individualismus, des Utilitarismus und die qualifizierte Annahme rationaler Entscheidungen. Folgende Elemente sind jedoch neu: a) Transaktionskosten: Die wichtigste Neuerung der NIE ist die Aufhebung der Annahme vollständiger Markttransparenz und kostenloser Tauschaktionen (Transaktionen). Stattdessen wird festgestellt, daß die Organisation sämtlicher Tauschbeziehungen durch das Problem der unvollständigen Information der beteiligten Parteien oder Einzelakteure gekennzeichnet sind. Eine umfassende Definition von Transaktionskosten kann lauten: 38 Vgl. Eggertson (1990) S. 3 ff. 39 Vgl. zu folgendem Schwarzner (1991) S. 36 und KulplBerthold (1992) S. 15311: 40 Zu folgenden Ausfi1hrungen vgl. Eggertson (1990) S. 3 11:
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- Kosten der Infonnationsbeschaffung und -verarbeitung, - Kosten der Klärung und Vereinbarung von Leistungstauschen, der Vertragsschließung und -überwachung oder in dem hier besprochenem Zusammenhang schlicht - Kosten der Organisation. 41 b) Eine weitere Vokabel im Wortschatz der Institutionenökonomen ist das Eigentumsrecht (property right). Property rights sind Verfügungs- und Verwertungsrechte an materiellen und immateriellen Ressourcen, die in drei Kategorien aufzuteilen sind: 42 - Verfügungs- und Entscheidungsrecht über die Nutzung eines Gutes, - das Recht auf Vereinnahmung von Gewinnen hieraus 43 und - das Recht aufVeräußerbarkeit, d.h. Übertragbarkeit dieser Rechte an Dritte. Da Organisationen dadurch gekennzeichnet sind, daß in ihnen die Verfügungsrechte über die Ressourcen, abgetrennt von den anderen beiden Rechtskategorien, auf verschiedene Entscheidungsträger verteilt sind, ist dieses Thema hier von besonderer Bedeutung. Denn es besteht die Vennutung, daß die Trennung von Eigentumsrecht und Verfügungsrecht zu mangelnder Motivation fuhrt, die betreffenden Güter so effizient44 wie möglich einzusetzen. Ein gutes Beispiel ist der Interessenkonflikt in der Beziehung von Produktionsmitteleigentümern (Gesellschaftern) zu deren Managern. 45 Da der (hier als Gewinn definierte) Nutzen der Geschäftstätigkeit nur zum Teil den Managern zugute kommt, im wesentlichen aber den Eigentümern der Produktionsmittel, können Fehlanreize der Manager in bezug auf eine bestmögliche Ressourcenverwendung entstehen. Der natürliche Sanktionsmechanismus von "Belohnung und Strafe" des Eigentümers wird so außer Kraft gesetzt. 46 41 V gl. Picot (1982) S. 269 f. 42 Vgl. Eggertson (1990) S. 34. 43 Eine weite Interpretation könnte den Gewinnbegriff auch auf nicht-monetäre Größen beziehen. Politische Entscheidun~äger, beispielsweise Mandatsträger einer kommunalen Gebietskörperschaft, sind durch eine andere Nutzenfunktion als die des modellhaften Unternehmers, nämlich durch das Ziel der Wählerstimmenmaxirnierung, gekennzeiclmet. Vgl. hierzu KülplBerthold (1992) Kapitel 6. Somit könnten auch "politische Gewinne" in die Betrachtung einbezogen werden. Je nachdem, über welche Parameter eine individuelle Nutzenfunktion defmiert ist, sollte sich der Gewinnbegriff auf eben diese Parameter beziehen. 44 "Effizient" bezieht sich hier auf die Zielerreichung unter Nebenbedingungen der Organisation als Gesamtheit. 45 Dies ist das Hauptargument der Principal-Agent-Theorie, vgl. WengerlTerberger (1988) und Terberger (1994). 46 Dies gilt rur den Fall, daß keine anreizkompatiblen Arbeitsverträge o.ä. (beispielsweise Gewinnbeteiligung) geschlossen werden. Für eine nähere Diskussion der hier angedeuteten
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c) Ein drittes Element der NIE, das in der neueren Managementliteratur an Bedeutung gewonnen hat, ist das Thema Verträge. Ein Vertrag ist ein rechtliches Mittel zur Gestaltung des Wirtschaftslebens durch zwei oder mehr Partner, mit dem Eigentumsrechte transferiert werden. 47 In diesem Zusammenhang gestalten Verträge im Regelfall Tauschaktionen, bei denen die Partner gegenseitige Verpflichtungen eingehen. Meist werden - explizit oder implizit - ex ante definierte Bedingungen und Zustände mit bestimmten Sanktionen verknüpft. Aus dieser Perspektive gesehen können Organisationen als Netzwerke verschiedener langfristiger Verträge angesehen werden, die Spielregeln und Handlungsrahmen der beteiligten Akteure normativ festlegen. Der Produktionsfaktor Organisation wird also im wesentlichen durch die interne Vertragsstruktur gebildet. Ein externes Regelwerk (beispielsweise Gesetze, Verfassungen, wie das Haushaltsrecht, das öffentliche Dienstrecht oder die Gemeindeordnungen) stellt hingegen den Rahmen dar, in dem sich die internen Regeln (z.B. Arbeitsverträge oder Kontrakte) zu bewegen haben48 . Im folgenden sollen einige spezifische Probleme der Kommunalverwaltung (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit) erläutert und unter den o.g. Aspekten Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden.
I. Korrekte Zuweisung von Entscheidungskompetenzen Neben den klassischen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital spielt auch der Faktor Humankapital bei der Erstellung diversifizierter, anspruchsvoller Güter und Dienstleistungen eine immer größere Rolle. Das Fachwissen49 und die Verarbeitung raum- und zeitbezogener Information ist als ProduktionsInput wesentlich rur den Erfolg der Produktions- und Entscheidungsprozesse. 50 Danach sollte deJjenige mit Entscheidungskompetenz über die Faktorkombination im Produktionsprozeß auch über entsprechend spezifisches Fachwissen und die relevante Information verfugen. Ökonomisch ausgedruckt lautet die Bedingung: Kollokation (Zusammenfuhrung) von Wissen und Entscheidungskompetenz. 51 Es ist unbestritten, daß auch im kommunalen Verwaltungsbereich das entsprechende Fachwissen eine besondere Rolle spielt. 52 Es sollte deljenige, der rur die Erstellung einer bestimmten Leistung Managermodelle vgl. Schauenberg (1993) und in abstrahierender Fonn JensenIMeckling (1992) S. 259 f. 47 Gabler Wirtschafts-Lexikon (1988) Stichwort: Vertrag. 48 Vgl. Eggertson (1990) S. 126. 49 Hier definiert als "specific knowledge". Unterschiedlich geprägtes Fachwissen befmdet sich an verschiedensten Orten der Organisation und ist nur mit hohem AufWand und Zeitverlust interpersonell zu übertragen; vgl. JensenIMeckling (1992) S. 253. 50 Vgl. Scott (1986) S. 168. 51 Vgl. JensenIMeckling (1992) S. 252 f. 52 Vgl.Mayntz(1978)S.1l7.
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verantwortlich ist, wissen, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist, welchen qualitativen Anforderungen seine Leistung genügen soll und vor allem, wie die Produktionsfunktion hierfür aussieht. Als gesichert kann auch angesehen werden, daß in jeder größeren Organisation verschiedenste Kenntnisse und Informationen asymmetrisch verteilt sind. So befindet sich operatives Wissen an der dezentralen Position, die sich täglich mit der Produktion einer bestimmten Leistung befaßt. Übergreifendes, strategisches Wissen ist dagegen eher in der Zentralinstanz angesiedelt. Ausgehend von der Festlegung eines bestimmten Leistungszieles, gibt es nun für eine effiziente53 Produktion zwei alternative notwendige Voraussetzungen: entweder das spezifische Wissen wandert zum zentralen Entscheidungsträger, dem Gesamtverantwortlichen, oder die Entscheidungsbefugnis wandert zur dezentralen Organisationseinheit, an der sich das erforderliche operative Wissen befindet. 54 Es existieren jedoch natürliche Grenzen der Leistungsfahigkeit menschlichen Lernens und Verstehens,55 die die hohen Kosten der Informationsübertragung verursachen. Ein Unternehmensdirektor müßte übernatürliche Fähigkeiten besitzen, wäre er in der Lage, die dispositiven, fallbezogenen, räumlich und zeitlich variablen Entscheidungen eines jeden spezialisierten Sachbearbeiters zu kontrollieren oder gar zu übernehmen. 56 Somit scheidet die erste Möglichkeit aus. Dezentralisierung von operativen Entscheidungsbefugnissen scheint die einzig sinnvolle Alternative zu sein: "... deeisions must be left to the people who are familiar with these eireumstanees, who know direetly ofthe relevant ehanges and ofthe resourees immediately available to meet them. We eannot expeet that this problem will be solved by first eommunieating all this knowledge to a eentral board whieh, after integrating all knowledge, issues its orders. We must solve it by some form of deeentralization. ,,57
Die traditionelle zentralistische Steuerung der öffentlichen Verwaltung58 geht jedoch genau den umgekehrten Weg, was sich in den Phasen der zentralen Haushaltsplanung und der Kontrolle zeigt. Die in Abschnitt B dargestellten Merkmale der strengen Linienorganisation der Verwaltung und der Kameralistik tragen zur Verschärfung des Problems bei. Die Zentral instanzen sind regelmäßig überfordert, denn die betreffenden Entscheidungsträger müßten bei der jährlichen Haushaltsaufstellung über vollständige Informationen verfügen, um ohne ein aufwendiges und zeitraubendes Verfahren über die zukünftig not53 54 55 56 57 58
Vgl. FN 44. Vgl. Jensen/Meckling (1992) S. 253. Auch als "bounded rationality" bezeichnet, vgl. Scott(1986) S. 114 f. Vgl. MaynlZ (1978) S. 112. Hayek (1945) S. 524. Für tayloristisch organisierte private Untemehrnungen!Institutionen gilt dies analog.
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wendigen Ressourcenkombinationen der operativen Einheiten ex ante entscheiden zu können. Wie sind diesbezüglich die Lösungsansätze der neuen Steuerungsmodelle zu beurteilen? Ein Schlüsselbegriff der ökonomischen Reformierung der Kommunalverwaltungen heißt "dezentrale Ressourcenverantwortung". Daß sich die Diskussion auf ein neues Finanzsteuerungsmodell zugespitzt hat, ist berechtigt, "denn nur im Rahmen einzelner Haushaltsansätze bestand bisher eine autonome Bewirtschaftungsbefugnis durch die Fachverwaltung. Dezentrale Ressourcenverantwortung erfordert demgegenüber, daß der einzelne Verwaltungsfachbereich ein bestimmtes Budget zur Verfügung hat, aus dem er alle Aufwendungen gleich welcher Art bestreitet, die im Leistungserstellungsprozeß eines bestimmten Verwaltungsprodukts oder einer Gruppe von Produkten erforderlich werden. "59 Als Beispiel kann hier die Detmolder Verwaltung angeführt werden, in der die Organisationseinheiten und deren Kompetenzstruktur völlig neu geordnet wurden. 6o Der Rat und die Verwaltungsführung vereinbaren dann im Rahmen der jährlichen Budgetaufstellungen bestimmte Leistungsziele unter der Nebenbedingung der Einhaltung der Budgets. Die Zentralinstanzen tragen somit auf der operativen Ebene keine Mitverantwortung mehr für den Leistungserstellungsprozeß. "Der Leistungsumfang, die Qualität der Leistung, die Faktorkombination im Leistungsprozeß und die Erzeugungskosten sind von der Verwaltungseinheit selbst zu organisieren und zu verantworten. "61 Dezentrale Ressourcenverantwortung manifestiert sich nicht nur im Vollzug des Haushalts. Schon in der Planungsphase, dem Budgetierungsverfahren, wird die Detailplanung innerhalb der Fachbereichsbudgets weitestgehend den Fachbereichen und deren Fachausschüssen überlassen. Die Kämmerei 62 ist damit von der bisherigen jährlichen Detailsteuerung durch die Einzelveranschlagung der Haushaltsstellen entlastet und kann sich damit produktiveren, strategischen Aufgaben (beispielsweise dem Finanzcontrolling) widmen. 63 Dezentrale Ressourcenverantwortung in den Phasen der Budgetplanung und des Vollzugs wird damit der Erkenntnis gerecht, daß die zentralistische Steuerung unter Anmaßung umfassenden spezifischen Wissens gescheitert ist. Das Refonnkonzept ist somit eine geeignete Maßnahme, die Kol-
59 Horstmann (1996) S. 1. 60 Dort wurden 28 ehemalige Ämter zu neun Fachbereichen zusanunengefaßt und den Fachbereichsleitungen erhebliche KompetenzetWeiterungen über fmanzielle, personelle und binnenorganisatorische Fragen zugestanden; eine ausfilhliche Darstellung findet sich in EVD (1995) Kapitel III. Vgl. auch Hock (1996). 61 Horstmann (1995) S. 286. 62 Auch als "Nadelöhr" im traditionellen Haushaltsaufstellungsverfahren bezeichnet, vgl. Gravemann (1994) S. 201. 63 Vgl. EVD (1995) Kapitel III.
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lokation von Wissen und Kompetenz herzustellen und die kritisierte Übersteuerung auszuschalten.
11. Lenkung und Kontrolle dezentraler Einheiten Die maximale Ausschöpfung dezentral vorhandener Problemlösungskompetenz ist nicht das einzige Problem bei Steuerungsmängeln in der Verwaltung. Ähnlich bedeutend ist die Problematik der Agency-Kosten, auf die im folgenden eingegangen wird. 64 Die NIE geht in ihren Modellen davon aus, daß in hierarchischen Systemen die beteiligten Akteure ihre individuelle Nutzenfunktion rational handelnd zu maximieren versuchen. Damit können Interessenkonflikte zwischen Indiviuen und der Organisation als Ganzes erklärt werden. In der Realität ist es unwahrscheinlich, daß individuelle Zielfunktionen mit einer wie auch immer definierten organisationalen (kollektiven) Zielfunktion konvergieren. Aus neuer institutionalistischer Sicht könnten Organisationen daher definiert werden als auf bestimmte Dauer angelegte Formen der Zusammenarbeit von mehreren Akteuren mit teilweise ähnlichen Interessen zur Realisierung gemeinsamer Vorteile. 65 Eine so definierte Organisation agiert nicht als geschlossene Institution. Es sind immer die einzelnen Akteure, die fiir sie oder in ihrem Namen handeln und sich nur teilweise mit ihr identifizieren. Soll die Organisation ihren Zweck möglichst gut erfiillen, muß das konkrete Verhalten der Mitglieder durch den institutionellen Rahmen in die Richtung des Organisationszieles gelenkt werden. 66 Eine Agency-Beziehung entsteht in diesem Kontext, sobald ein Eigentümer bestimmter Rechte, der Prinzipal, einige der Rechte an einen in seinem Auftrag handelnden Akteur (den Agenten) delegiert. 67 Dies ist ein wesentliches Merkmal von Hierarchien. Wenn nun eine solche Situation durch Interessenkonflikte und asymmetrische Informationsverteilung charakterisiert ist, werden Transaktionskosten der Informationsübertragung und -verarbeitung zum Steuerungsproblem des Prinzipals, da er entsprechend hohe Kontrollkosten in Kauf nehmen muß. Je schwieriger der Agent zu kontrollieren ist, d.h. je höher die Informationsbeschaffungskosten sind, umso größer sind die Handlungsspielräume des Agenten, die er sich rur seine privaten Ziele zunutze machen kann. Je leistungsfahiger wiederum das Kontrollsystem ist, umso weniger opportunistisches Verhalten wird zu erwarten sein. Eine Prinzipal/Agent64 Ein Überblick hierzu findet sich in Eggertson (1990) S. 40 ff. 65 Vgl. Schauenberg (1993) und Scott (1986) S. 156. 66 Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (1988) Stichwort: Methodologischer Individualismus und Scott (1986) S. 41. 67 Vgl. zu folgendem Eggertson (1990) S. 40 ff.
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Beziehung entsteht auf jeder möglichen Hierarchieebene, die sich durch Delegation von Rechten und Pflichten auszeichnet. Im kommunalen System handelt es sich im wesentlichen um die Beziehungen zwischen Politik und Verwaltung, zwischen Verwaltungsspitze und Fachbereichsleitungen (Amtsleitern) und zwischen Fachbereichsleitungen und ihren Mitarbeitern. Aus Vereinfachungsgründen soll die Diskussion auf die Agency-Beziehung zwischen Verwaltungsleitung und den dezentralen Verwaltungseinheiten eingegrenzt werden. Die damit implizierte Annahme der Einheit von Stadtrat und Verwaltungsleitung (den Wahlbeamten) setzt wiederum voraus, daß diese modellgerecht als Eigentümer der Kommunalverwaltung angesehen werden können. Problematisch ist nun, daß Ratsmitglieder und Wahlbeamte demokratisch für einen bestimmten Zeitraum gewählt sind. Der Rat ist damit nicht der Eigentümer der Verwaltung, er kann schon gar nicht erwartete kapitalisierte Erträge aus der Organisation Kommunalverwaltung für sich beanspruchen. 68 Genau genommen besteht auch zwischen den Wählern und ihren politischen Repräsentanten eine Prinzipal-Agent-Beziehung, da letztendlich alle Bürger die Eigentümergemeinschaft der lokalen Kollektivgüter darstellen. Insofern delegieren die Wähler im demokratischen Wahlverfahren bestimmte Entscheidungsrechte an ihre Mandatsträger für die Dauer der Legislaturperiode. Ob allerdings die politischen Systeme erwartungsgemäß arbeiten und die Politiker den Wählerauftrag tatsächlich treuhänderisch erfüllen, ist fraglich. Das kann im Rahmen der Neuen Politischen Ökonomie diskutiert werden, würde an dieser Stelle aber zu weit führen. 69 Da der Rat und die von ihm bestimmten Wahlbeamten (der Verwaltungsvorstand) das höchste Steuerungsorgan der Stadtverwaltung darstellen, macht es hier Sinn, die Annahme zu treffen, die politischen Wahlmechanismen funktionierten. Damit handeln Rat und Vorstand der Verwaltung einheitlich gemeinwohlorientiert und können wie Eigentümer der Organisation Kommunalverwaltung behandelt werden. 7o Vor dem Hintergrund der Feststellung asymmetrischer Informationsverteilung und hoher Informationsbeschaffungskosten sollten die Zielsetzungen der Akteure im kommunalpolitischen Kontext festgehalten werden. Für politische Institutionen, wie z.B. die Kommunalverwaltung, werden verschiedene Zielvorstellungen in der Organisationstheorie ausführlich diskutiert.? 1 In 68 Um damit der Eigentümerdefinition der Institutionenökonomie gerecht zu werden; vgl. Eggertson (1990) S. 34 ( 69 Zu den politökonomischen Problemen vgl. Külp/Berthold (1992) Kapitel 6. 70 Beispielsweise treffen auch JensenIMeckling in ihrem Modell eine vereinfachende Hilfsannahme, um die Problematik auf ihren Kern zu konzentrieren. Dort wird der zentrale Geschäftsfilhrer einer angenommenen Firma als "wohlwollender Despot" bezeichnet. Vgl. JensenIMeckling (1992) S. 262. 71 Vgl. hierzu Scott (1986) S. 348.
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diesem Zusammenhang ist aber das vom bundesdeutschen fOderativen Staatsverständnis festgelegte Ziel der dauerhaften Sicherung kommunaler Daseinsvorsorge relevant. Dafiir ist die sparsame Verwendung der öffentlichen Mittel notwendig, um Flexibilitätsspielräume zu erhalten und die Finanzierung notwendiger Aufgaben im Rahmen knapper werdender Einnahmemöglichkeiten zu sichern. Als individuelle Ziele von bürokratischen Akteuren werden neben der Maximierung des persönlichen Einkommens die Maximierung des Budgets und der Mitarbeiterzahl genannt. 72 Das trifft für ein traditionelles Steuerungssystem zu, da hier die genannten Größen als Hilfsmittel für das individuelle Streben nach Ansehen und Macht galten. Das neue Steuerungssystem entkoppelt diese Beziehung, da der Indikator für Anerkennung von persönlicher Leistung die Leistung selbst, nämlich die Einhaltung von Budgetrestriktionen ist. Budgetvolumen und Mitarbeiterzahl sind damit "nur" noch erfolgsstrategisch ein Problem der richtigen Faktorallokation durch die operative Führung. 73 Die konkreten Mängel des traditionellen Systems bestanden darin, daß kein glaubwürdiger Zwang zur Leistungsverbesserung existierte. Mit der EinhaitunglUnterschreitung von Budgets oder der Erhöhung der Outputqualität waren keine Belohnungen verbunden. Zwar enthielt die jährliche Haushaltssatzung genaue Angaben über die einzelne Inputverwendung und die Verpflichtung der Einhaltung jedes Haushaltsansatzes, doch waren keine Sanktionen bei Überschreitungen vorgesehen. Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben wurden lediglich bei der zentralen Instanz beantragt. Faktisch waren die im traditionellen Haushaltsplan vorgegebenen Budgetrestriktionen, d.h. die Haushaltsstellen, Unterabschnitte etc., nach oben offen, sofern die Einnahmeseite des Gesamthaushalts dies hergab. Die individuellen finanziellen Handlungsspielräume der Agenten unterlagen in der Praxis keiner bindenden Deckelung. Diese Bedingungen führten in Verbindung mit den Kontrolldefiziten des kameralen Haushalts 74 zu Entscheidungs- und Allokationsprozessen, die mit Rationalität nicht viel zu tun hatten. 75 Regelmäßige Überschreitungen vorgegebener Haushaltsansätze und kumulierende Unterdeckungen waren die Folge und trugen auf diese Weise zu einer Verschärfung der eingangs angeführten Finanzkrise bei. Agency-Probleme existieren aber nicht nur in einer traditionellen Ämterstruktur mit den Problemen des kameralen Planungs- und Rechnungssystems, sondern in allen hierarchischen Systemen, in denen Entscheidungsrechte dele72 73
vgl. Schwarzner (1991) S. 36 oder Mayntz (1978) S. 129. Vgl. EI1) (1995) Kapitel IV und zu den folgenden AusfiihrungenHock (1994) S. 10 f. 74 Vgl. Abschnitt A 75 In diesem Zusammenhang steht das "Durchwursteln" bei der kameralen Haushaltsplanung, vgl. Müller (1995) S. 219.
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giert werden.1 6 In einer dezentralisierten Struktur mit autonomer gewordenen Fachbereichen kann es sich sogar verschärfen, da den neuen Leitungsfunktionen nunmehr erhebliche Kompetenzzuwächse zugestanden werden. In der Praxis der neuen Steuerungsmodelle spricht man daher von Fliehkräften 77 auseinanderstrebender Verwaltungseinheiten. Eine effektive Gesamtsteuerung dieser Einheiten verlangt eine Minimierung des durch die dezentrale Kollokation entstandenen Steuerungskonfliktes, der nachfolgend modellhaft erläutert wird. Bei der Entscheidung über die Delegation von Entscheidungsrechten über die Faktorkombination befindet sich jede Organisation in einem Dilemma: Je stärker die Ressourcenverantwortung dezentralisiert wird, umso eher wird zwar die Fähigkeit für einen fachgerechten Einsatz der Produktionsfaktoren gefördert, umso weniger hat aber die zentrale Führung die Kontrolle über die Zielkonformität der autonomen Einheiten. Bei einer stärkeren Zentralisierung von Entscheidungsrechten tritt jedoch wieder Übersteuerung ein, das Informationsproblem wird verschärft. Anschaulich macht folgende Graphik den zu treffenden trade-off deutlich, der zwischen Agency-Kosten und Kosten durch mangelnde Nutzung operativen Fachwissens getroffen werden muß. Completely decenlralizcd
Completely cenlralizcd
Total organizational costs
Costs
Costso~to
Costs o~to inconsistent objectives
CEO's office
poor infonnation
Optimal location of decision right
Quelle: JensenlMeckIing (1992) S. 263.
76 Vgl. auch von Weizsäcker (1995). 77 Vgl. Hock (1995). S Festschrift W. NoH
Point at which decision right and specific knowledge are colocated
Distance of decision right from CEO's office
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Während die horizontale Achse der Grad der Dezentralisierung mißt, ist auf der vertikalen die Summe der beiden Kostendimensionen, d.h. die gesamten sog. Organisationskosten (total organizational costs) abgetragen. Aufgrund der asymmetrischen Verteilung des Fachwissens sinken die Kosten mangelnder Informationsnutzung (costs owing to poor information) mit zunehmender Kompetenzdezentralisierung in die operativen Einheiten. Dagegen steigen die Agency-Kosten (costs owing to inconsistent objectives) mit zunehmender Dezentralisierung. Der optimale Grad der Dezentralisierung befindet sich dort, wo die Kurve der (summierten) Gesamtkosten der Organisation ihr Minimum besitzt. 78 Mit Bezug auf neue Steuerungsmodelle ist nun von Interesse, welche exogenen Faktoren die beiden Kurven nach unten verschieben können.1 9 Die Kurve der Kosten mangelnder Informationsnutzung ist beispielsweise von der Organisationsgröße abhängig. Dieser Parameter ist aber hier als nicht veränderbar anzusehen. 8o Eine große Rolle spielt jedoch die Leistungsfahigkeit des Kontroll- und Steuerungssystems, was die Agency-Kosten-Kurve tendenziell nach unten verlagert. Eine leistungsfähige Kommunikationstechnik, die mit relevanten, aufbereiteten und verdichteten Informationen gefuttert wird, kann die Beschaffungskosten der fur die Zentrale kontrollrelevanten Daten mindern. Eine entsprechend effektive Ergebnisüberwachung der dezentralen Einheiten, ohne deren originäre Autonomie im Verfahren wieder rückgängig zu machen, erlaubt die Verschiebung des optimalen Dezentralisierungsgrades nach rechts bei insgesamt erhöhter Organisationseffizienz. Nach dieser Interpretation des Modells können zwei notwendige Bedingungen formuliert werden, die fur den Erfolg organisationaler Steuerung erfullt sein müssen: 81 An der weitestgehenden Delegation von Entscheidungsrechten 82 innerhalb der Organisation wird als Prämisse festgehalten, jedoch wird zusätzlich gefordert, daß ein effektives Kontrollsystem geschaffen wird, indem 1) klare Sanktionsmöglichkeiten (positiver oder negativer Art) in Abhängigkeit vom Grad der Zielerreichung festgelegt und 78 In Bezug auf die Graphik ist spezielles Fachwissen mit Infonnation begrifflich gleichgesetzt worden. "CEO" ist die Abkürzung rur den Hauptgeschäftsruhrer, der den wohlwollenden Despot darstellt, vgl. JenserllMeckling (1992) S. 263. 79 Vgl. zu folgendem die Interpretation von JenserllMeckling (1992) S. 264 [ 80 Die Organisationsgröße kann in diesem Kontext als Frage der Auslagerung öffentlicher Aufgaben mit allen Problemen des "contractual slack", d.h. der Kosten der Vertragsschließung und überwachung mit privaten Trägern, diskutiert werden, vgl. Lüder (1996) S. 97; hierauf soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden. Näheres zu Privatisierungen und Contracting Out fmdet sich in Bull (1995) und Böckels (1994). 81 Vgl. JenserllMeckling (1992) S. 265. 82 Vgl. hierzu Abschnitt C.!.
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2) operative Maßstäbe fiir die Zielerreichung definiert werden. Der abstrakten Forderung nach Schaffung eines solchen Kontrollsystems83 kann am ehesten das in einigen Reformstädten eingeführte Kontraktmanagement gerecht werden. 84 Eine Definition von Kontraktmanagement könnte lauten: Es werden im Rahmen der dezentralen Ressourcenverantwortung zwischen der Leitung einer bestimmten Organisationseinheit und der Leitung einer niedrigeren Ebene verbindliche Absprachen über einen bestimmten Zeitraum getroffen. Diese Absprachen betreffen die zu erstellenden Produkte (Leistungsziele), die dafür zur Verfiigung gestellten Budgets (Finanzziele) und die Art der Berichterstattung über das tatsächlich erzielte Ergebnis. Seitens der übergeordneten Einheit wird die Delegation größerer Kompetenzen gegen die Verpflichtung zu regelmäßiger systematischer Berichterstattung eingetauscht. 85 Die Berichterstattung hat das Ziel, im Rahmen eines operativen Controllings ein rechtzeitiges Gegensteuern bei Planabweichungen zu ermöglichen, gleichzeitig aber Bemessungsgrundlagen fiir die Beurteilung der Zielerreichung zu liefern. 86 Eine so rationalisierte Finanzsteuerung bedarf neuer Instrumente. Anstelle der traditionellen Haushaltspläne wurden in den genannten Stadtverwaltungen sogenannte Wirtschaftspläne entwickelt, die die methodischen Probleme der Kameralistik lösen, indem sie nach neu konfigurierten Fachbereichen gegliedert sind und produktgruppenbezogene Teilpläne zulassen. Diese Konzeptionen ermöglichen eine Planungs- und Ergebnistransparenz, die die Reformverwaltungen in die Lage versetzt, flächendeckend eine produktbezogene Kostenrechnung zu implementieren und daraus ein systematisches Berichtswesen zu entwickeln. Beim Aufbau und Inhalt der Wirtschaftspläne waren Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit in der Darstellung nach Fachbereichen maßgebend. Die einheitlich festgelegte Struktur der Wirtschaftspläne gibt die Struktur der Berichte vor. Mit den Plandaten können die tatsächlich erzielten Ergebnisse gemessen werden, die im Berichtswesen dokumentiert sind. Solche inhaltlichen Strukturen erlauben einen Informationsfluß bei 83 Die direkte Übersetzung von "control system" bei JensenlMeckling (1992) S. 265 ist mißverst1ndlich; es handelt sich sowohl in der dargestellten Theorie als auch in der Praxis um ein Steuerungs- und Kontrollsystem, in dem Planung. Zielvereinbarung. Lenkung und Kontrolle in gleicher Weise geleistet werden sollen; vgl. hierzuEl-V (1995) Kapitel IV und Budäus (1994) S. 8. 84 Vgl. beispielsweise filr die Stadt Detmold El-V (1995), filr die Stadt Rheine Oravemann (1994) und filr die Stadt Herten ProKom-Institut Herten (1995). Da die Stadt Detmold von filhrenden Vertretern einem "Spitzenplatz", Banner (1995) S. 104, zugeordnet worden ist, bietet sich an, sich im folgenden auf dieses Fallbeispiel zu beziehen. Vgl. auch El-V (1995) Kapitel IV. 85 Vgl. KOSt (1993). Eine so defmierte Steuerung durch Zielvereinbarung setzt voraus, daß sAmtliche VerwaltungsalctivitAten in Produktdefinitionen erfaßt worden sind, die sich eindeutig den dezentralen Verwaltungseinheiten zuordnen lassen. So ist in der Stadt Detmold verfahren worden, vgl. El-V (1995) Kapitel II. 86 Vgl. Andree (1994). 5'
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erheblich geringerem Aufwand/Zeitverlust als das kamerale System. Das betrifft vor allem die technikunterstützte Aufbereitung und Form der Präsentation, und damit die Lesbarkeit der Finanzinformationen. Die so erzielte Transparenz ermöglicht zum ersten Mal eine auf realen Grundlagen basierende Abweichungsanalyse. 87 Dieser konzeptionelle und technische Rahmen ist eine Grundbedingung fur die Erfüllung der oben genannten Anforderung (1): Kontrakte zwischen Verwaltungsleitung und deren Fachbereichsleitern oder Amtsleitern sind so anreizkompatibel zu gestalten, daß die Erfüllung ihrer Teilziele nicht mit der Verfolgung ihrer individuellen Interessen konfligiert. Hierzu müssen Belohnungen und Bestrafungen vertraglich vereinbart werden, die den Interessen und Präferenzstrukturen88 der Akteure entgegenkommen. Sanktionen müßten eindeutig an vorher definierte Ergebnisse und Zustände (nämlich den Zielerreichungsgrad der unter Vertrag genommenen Teileinheit) geknüpft werden. Unter der Prämisse, daß individuelle Präferenzen von Entscheidungsträgern nicht nur hinsichtlich der Maximierung persönlichen Einkommens bestehen, sondern auch das Bedürfnis nach beruflicher Autonomie, Sinngebung und Anerkennung umfassen,89 ist nicht eindeutig festzulegen, ob die in der Fachliteratur diskutierten Leistungsanreize individueller und monetärer Art sein müssen. 90 Hinzu kommt, daß externe Regeln, wie das öffentliche Dienstrecht, oftmals derartige Anreize verhindern. Festzustellen ist aber, daß zumindest ein monetäres Interesse der Fachbereichsleitungen hinsichtlich der Wiederverwendung von Überschüssen rur einen Jachbezogenen Zweck besteht. Unter dieser Annahme gilt in manchen Reformstädten eine Spielregel, die sogenannte IManagementgewinne",91 also Mehreinnahmen oder Minderausgaben ganz oder zu bestimmten Prozentsätzen dem nächsten Jahresbudget des betreffenden Fachbereichs zuftihrt. 92 Dieser Belohnungsmechanismus soll einen rationalen Umgang mit begrenzten wirtschaftlichen Mitteln induzieren. Hier zeigen sich allerdings die Grenzen eines praktizierbaren Kontraktmanagements. Nach der O.g. Definition werden im Rahmen des Kontraktmanagements keine Vereinbarungen über die Behand87 Vgl. EVD (1995) Kapitel IV. Vgl. auch Hock (1996). 88 Individuelle Ziele und Interessen eines Akteurs leiten sich aus persönlichen BedOrfuissen ab, die er zu befriedigen strebt. BedOrfnisse stehen in einer bestinunten Ordnung zueinander, die durch den Begriff Präferenz charakterisiert ist; vgl. Laux. Helmut (1991) S. 25 f 89 Vgl. Wiswede (1991) S. 68 f. 90 Finanzielle Leistungsanreize werden beispielsweise von Reichert/Stöbe/Wohlfahrt (1995) kritisch beurteilt, die nach einer Studie verschiedener erprobter Anreizmodelle eher die positiven Wirkungen von erweiterter Entscheidungsautonomie und Personalentwicklung betonen. Vgl. auch Lang
(1996).
91 Diese stellen im Rahmen der New Public Management-Kritik eine durchaus zweifelhafte Begrifflichkeit dar, vgl. Abschnitt A 92 Vgl. Gravemann (1994) S. 202 oder ProKom-Institut Herten (1995) S. 8.
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lung derartiger Ergebnisverbesserungen der operativen Einheiten getroffen. Schließlich handelt es sich bei den Kontrakten auch nur um unvollständige Verträge bzw. "Quasi-Verträge".93 In der Praxis würde eine vollständige Erfassung und Formulierung möglicher Kontrakt-Tatbestände und deren Folgen (Sanktionen) eine erneute komplexe Regulierung der gerade deregulierten Verwaltungsfiihrung bedeuten, die im wesentlichen aus zwei Gründen konfliktträchtig sein kann: 94 Zum einen muß die langfristige Gesamtfinanzierung der Stadtverwaltung gesichert sein. Aufgrund der Forderung des jährlichen Haushaltsausgleichs nach § 62 Abs. 3 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen "ist es weder finanzwirtschaftlich noch haushaltsrechtlich vertretbar, im Verlauf eines Haushaltsjahres erwirtschaftete Einsparungsbeträge zur Deckung wünschenswerter, aber nicht unabweisbarer zusätzlicher Ausgaben einzusetzen ... Im Laufe eines Haushaltsjahres zeigt sich regelmäßig, daß in bestimmten Bereichen fiir bestimmte Aufgaben eine unabweisbare Ausgabe geleistet werden muß oder, um in der neuen Philosophie zu sprechen, daß das verabredete Budget aufgrund von externen Störfaktoren überschritten werden muß. "95 Sollte ein Fachbereich nun in der Lage sein, seine gerade eingesparten Mittel wieder dezentral fiir eigene Zwecke zu verausgaben, stünden sie damit dem Gesamthaushalt bei außerplanmäßigen Ausgaben oder Einnahmeausfällen an anderer Stelle zum Teil oder gar nicht mehr zur Verfiigung. Das kann den Ausgleich des Gesamthaushalts gefährden. "Um eine Offenlegung der wirtschaftlichen Haushaltsverbesserung und um die Verhandlung ihrer Verwendung mit der Zentralinstanz kommt ... auch das neue System nicht herum. "96 Angesichts der dramatischen und vor allem zunehmend unkalkulierbar werdenden Finanzierungsdefizite gibt es auch keine andere rationale Möglichkeit, als die "Gewinnthesaurierung" in die Fachbereiche vom Vorbehalt des Kämmerers/der Kämmerin abhängig zu machen. Falls nun Unterschreitungen der Budgetvorgaben nach lahresabschluß vorliegen,97 könnten - nach Absicherung des Haushaltsausgleichs - die nicht ausgeschöpften Budgets als "Rücklagemittel" zum Gegenstand von Budgetverhandlungen des Folgejahres gemacht werden. 98 Hier taucht das zweite Problem einer vertraglich festgelegten Belohnung fiir erfolgreiches Wirtschaften auf. Im praktischen Umgang kann es problematisch sein, bezüglich des Anspruchs auf eine Belohnung Kriterien wie "managementbedingt" oder Lüder (1996) S. 95. Vgl. zu folgenden Thesen Hock (1994) S. 22 ff. Hock (1994) S. 22. Hock (1994) S. 23. Wie es beispielsweise in der Stadt Detmold zum zweiten Mal in Folge seit Einfiihrung der Bu~etierung der Fall ist, vgl. Lippische Rundschau (1996) "Spareifer im Detmolder Rathaus". Vgl. hierzu Hock (1994) S. 24. 93 94 95 96 97
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"nicht-managementbedingt" zu prägen. In einem hochdiversifizierten, nichtmarktlichen Allokationsprozeß unter gesellschaftlich und politisch komplexen Umweltbedingungen existieren keine eindeutigen und glaubwürdigen 99 Hypothesen über mögliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge von "gutem" Management und Effizienzgewinnen. Das kann dazu fUhren, daß der Verteilungsmodus der Gewinne (oder Verluste) auf die Fachbereiche von der Führung verteidigt werden muß, wenn sie sich für bestimmte - immer subjektiv bleibende - Beurteilungen entschieden hat. Dies kann zu beträchtlicher Verunsicherung und zu Motivationsverlust der Betroffenen bei hohem Verhandlungsaufwand führen, da eine solche second-best-Verteilung immer wieder hinterfragt und angezweifelt werden wird. IOO Die zu erwartenen hohen Verhandlungskosten einer ex ante formulierten Detaillösung erfordern andere Lösungsverfahren. Eine Möglichkeit könnte sein, Überschüsse nach neutraleren Kriterien zu verteilen. Vorstand und Fachbereichsleitungen würden in diesem Rahmen nach gemeinsamer Absprache Vereinbarungen über einen Schlüssel für die Verteilung solcher Rücklagemittel treffen. Zwar hat dieses konfliktminimierende Verfahren immer noch eine spürbare Anreizwirkung, gleichwohl trägt es schon ansatzweise Züge eines internen Risikoausgleichs. Damit wird deutlich, daß sich eine lupenreine Implementation formeller ökonomischer Anreize in der Praxis als schwierig erweist. Ständig sinkende Haushaltsspielräume und die praktische Notwendigkeit der Erzielung von gemeinschaftlichem Konsens setzen den theoretisch geforderten Anreizmechanismen enge Grenzen. Somit ist dieser Teil des Kontraktrnanagements zwar nicht als modellkonform, zumindest aber als ausreichend wirkungsvoll und vor allem handhabbar einzustufen. Die zweite Anforderung an ein Kontrollsystem verlangt nun, daß Maßstäbe für die geleistete Zielerreichung gefunden werden. Zwar hat die Diskussion der Sanktionierungsmöglichkeiten gezeigt, daß es in der Verwaltungswirklichkeit keine theoretisch saubere Lösung geben wird; trotzdem sollte die Erreichung von Finanz- und Leistungszielen offengelegt werden, um - nicht zuletzt - im laufenden Vollzug rechtzeitig bei Planabweichungen gegensteuern zu können. Die Erfassung und Präsentation aktueller steuerungsrelevanter Informationen in regelmäßigen Abständen sind wesentliche Erfolgsfaktoren eines operativen Controllings. Seine Aufgaben werden im Rahmen des Berichtswesens geleistet, das technische, konzeptionelle und inhaltliche Elemente hat. Die technische Komponente betrifft die datenverarbeitungsmäßige Umsetzung. Finanz- und Leistungsdaten müssen über geeignete Software so kanalisiert werden, daß sie den praktischen Anforderungen neuer Gliederungs99 D.h. von allen Betroffenen akzeptierten. 100 Diese und folgende Ausfi1hrungen beruhen auf der Beobachtung diesbezüglicher Verhandlungen zwischen der Zentralinstanz und den Fachbereichsleiterinnenl-Ieitern der Stadt Detrnold.
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systematiken etc. gerecht werden und parallel in die rechtlich noch vorgeschriebene kamerale Haushaltssystematik einfließen. Auf der konzeptionellen Ebene geht es eher um Methoden und Darstellung der Kosten- und Leistungsrechnung. In einigen Modellstädten, wie z.B. in Detmold, können diese beiden Probleme als pragmatisch gelöst bezeichnet werden. 101 Die theoretische Anforderung (2) zielt nun auf die inhaltliche Ebene. Sie verlangt, daß die in den Kontrakten festgelegten Ziele so weit operationalisierbar sind, daß meßbare Größen oder Indikatoren fiir deren Erreichung definiert werden können. Hinsichtlich der Meßbarkeit der Erreichung von Finanzzielen stellt beispielsweise das Berichtswesen der Detmolder Stadtverwaltung ein vergleichsweise gut funktionierendes Kontrollsystem dar. Es ist erreicht worden, daß steuerungsrelevante Finanzdaten, die im traditionellen System nicht oder nur mit großem Aufwand erfaßbar und analysierbar waren, nunmehr in einer erheblich verbesserten Qualität und kürzerer Zeit transparent gemacht werden. 102 Der Weg von der Inputsteuerung zu einer outputorientierten Steuerung verlangt aber auch eine Outputkontrolle. Auf dieser Seite liegen jedoch noch die größten Herausforderungen an die inhaltliche Gestaltung des Berichtswesens. Zwar ist der Leistungsumfang im Regelfall eindeutig zu erfassen. Analysen hinsichtlich der Leistungsqualität sind in der öffentlichen Daseinsvorsorge aber nur mit hohem Aufwand möglich. Es stellt sich bei der Suche nach operationalen Kriterien stets die Frage nach ihrer Validität, d.h. der Gültigkeit der ihnen zugrundeliegenden Induktionsschlüsse, 103 da der Wirkungszusammenhang zwischen "Output" und "Outcome" 104 nicht eindeutig geklärt werden kann. Denn die öffentliche Hand stellt mehrheitlich öffentliche und meritorische Güter bereit, die durch externe Effekte gekennzeichnet und hoch diversifiziert sind. 105 Der Nutzen einer hochdiversifizierten Produktpaiette lO6 kann nur begrenzt erfaßt werden. "There is .... the question of expressing the desired total output target in so me way: tons, square meters, length, thousands of units, or pairs, kilowatt-hours, etc .... The difficulty arises from the fact that no measure is adequate, whenever there is any sort of product mix .. ."107
101 Man hat dort auf der Basis eines softwaregestützten Haushaltsmanagementsystems eine vereinfachte produktbezogene Kostenartenrechnung entwickelt, die u.a. flächendeckend kalkulatorische Kostenarten beinhaltet. Vgl. EVD (1995) Kapitel IV. 102 Vgl. EVD (1995). 103 Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (1988) Stichwort: Validität. 104 Budäus (1994) S. 10. 105 Vgl. Mayntz (1978) S. 131. 106 Die Stadtverwaltung Detmold hält derzeit ca. 190 Produkte vor, die sich noch in einzelne Leistungen aufteilen lassen, vgl. EVD (1995) Kapitel 11. 107 Nove (1977) S. 87.
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In dieser Problematik liegen derzeit noch die Grenzen einer Steuerung über Outputvorgabe und -kontrolle. Insofern kann die Beurteilung der Effektivität eines Berichtssystems der dargestellten Form nicht einheitlich ausfallen. Die besondere Stellung der Kommunalverwaltung als gemeinwohlorientierte politische Institution verlangt nach neuen Meßmethoden und nach kreativen Ideen für eine "öffentliche Marktforschung" .108 Einige Städte bieten unter diesem Aspekt, den man auch als Qualitätsmanagement bezeichnen kann, interessante Ansätze, die die Outputqualität ausdrücklich als Steuerungskriterium einbeziehen. 109 Mit Blick auf die oben dargestellte Graphik kann folgender Schluß gezogen werden: Es existieren verschiedene inhaltliche Unzulänglichkeiten. Trotzdem kann die in den Reformstädten verbesserte Systematik der Finanzsteuerung eine Möglichkeit sein, das erforderliche Kontrollsystem so effektiv zu gestalten, daß die Agency-Grenz-Kosten einer Dezentralisierungsmaßnahme sinken. Damit erhält die Kurve der Agency-Kosten einen flacheren Verlauf und ermöglicht eine weitere Dezentralisierung bei insgesamt sinkenden Organisationskosten. 110 Das neue Steuerungsmodell bietet insofern nicht nur konstruktive Ansätze, sondern hat durchaus praktikable Instrumente hervorgebracht. Die noch vorhandenen Detailprobleme sind hingegen nicht zu unterschätzen, sie stellen aber keine grundsätzliche Kritik am New Public Management dar. Vielmehr handelt es sich in vielen Bereichen um Umstellungsprobleme eines sozialen Systems, das sich Jahrzehnte ausschließlich in zentralistischen Strukturen mit der kameralen Systematik bewegte. 111
III. Formulierungs- und Überwachungsprobleme unvollkommener Verträge Im vorhergehenden Teil sind Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen einer Reform der internen Regelungen einer Kommunalverwaltung erörtert worden. Übermäßige Regulierungen sollten abgeschafft und durch ökonomisch rationale Regelungen ersetzt werden. In den genannten Fallbeispielen sind dementsprechend die Spielregeln und Vertragsstrukturen neu formuliert worden. Daß aber derartige Regelungen nicht jegliches Verwaltungshandeln und dessen Wirkungen zu erfassen vermögen, ist in der Diskussion ebenfalls deutlich geworden. Jedes ausgeklügelte Kontrollsystem kann an Wirksamkeit 108 VgI. beispielsweise die Produktdefinition "Marktforschung" innerhalb der Produktpalette der Detrnolder Stadtverwaltung, in: EJ;7J (1995) Kapitel 11. 109 Vgl. beispielsweise HirschfelderlLessel (1994). 110 Vgl. JensenIMeckling (1992) S. 264 f 111 Letztendlich ist die Herstellung eines näheren Bezugs der Kommunalverwaltung zum "Markt" auch eine Frage der Übung, was die Erfahrungen weiter fortgeschrittener Städte in den USA, aber auch in Deutschland belegen. Vgl. König (1996) oder HirschfelderlLessel (1994).
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verlieren, wenn die verwendeten Indikatoren nicht valide sind, Managementdefizite nicht von exogenen Faktoren isoliert werden können oder bestimmte Anreizstrukturen nicht die erwartete Motivationssteigerung bringen. Das Problem einer korrekten, umfassenden Formulierung von Verträgen verschärft sich, wenn die Unsicherheit über die Entwicklung der Rahmenbedingungen von Verwaltungshandeln groß ist. Gerade neue, verbesserte Regelungen dürfen die erhoffte Fähigkeit der Kommunalverwaltung, auf eine zunehmend turbulente politisch-gesellschaftliche Umwelt nunmehr flexibel zu reagieren, nicht wieder einschränken. Das heißt, die gegebene Umweltvariabilität und die daraus folgenden Anforderungen an eine Aufgabenerfüllung muß bei einer Reforrnierung der internen Spielregeln berücksichtigt werden. "Solange die Umweltunsicherheit ... nicht besonders groß ist, entsteht kein besonderes Vertragsproblem, denn auch erhebliche Defmitionsprobleme der gegenseitigen Rechte und Pflichten, der Leistungen und Leistungsbewertung können in ... Vertragsverhandlungen und/oder in ... organisatorischen Regelungen eingegrenzt werden. Die dadurch entstehenden hohen Fixkosten lassen sich auf einen langen Zeitraum verteilen, weil der Änderungsbedarf der einmal mühsam erzielten Vereinbarung gering ist. Dieses Vorgehen entspricht der bürokratisch-hierarchischen Verhaitenssteuerung ... Mit steigender Umweltvariabilität und damit zunehmendem Änderungsbedarf wird diese Koordinationsweise obsolet. Die Transaktionskosten steigen dann nämlich erheblich, es entstehen Efflzienzprobleme ... " 112
Mit der Höhe der Transaktionskosten von Vertragsverhandlungen steigt folglich die Wahrscheinlichkeit, daß mögliche Zustände oder Ereignisse nicht explizit in den Verträgen enthalten sind und fur Konfliktstoff oder Steuerungsdefizite sorgen, da mit ihnen keine Maßnahmen verknüpft sind. l13 Eine ähnliche Problematik birgt das inkrementale Verfahren der Haushaltsplanung. Der Verteilungskampf um knappe Mittel ist i.d.R. durch eine hohe Unsicherheit über den Ausgang der Haushaltsaufstellung geprägt. Dies fuhrt in den meisten Fällen zu opportunistischem Verhalten der Teilnehmer, die aufgrund vorhandener Kontrolldefizite ihre Handlungsspielräume ausnutzen können. Spieltheoretisch gesehen entspricht das traditionelle Anmeldeverfahren einer typischen Gejangenendilemma-Situation. 114 Ein solches Dilemma liegt dann vor, wenn in einer Situation des Konkurrenzkampfes um knappe Ressourcen rational handelnde Spieler zwischen Kooperation und Nicht-Kooperation entscheiden müssen. In einem solchen Fall besteht ein Konflikt zwischen kollektiver und individueller Rationalität. Es wäre fur die 112 Picot (1982) S. 278. 113 Vgl. auch Eggertson (1990) S. 47. 114 Zu einer Einfiihrung in die Spieltheorie siehe Weimann (1991) Anhang I.
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Gesamtheit der Beteiligten von Vorteil (kollektiv rational), wenn überall dort gespart bzw. Aufgabenkritik betrieben würde, wo es objektiv nötig ist, um eine größtmögliche Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems zu erzielen. Dies verlangt von den budgetempfangenden Instanzen wahrheitsgemäße und knappe Bedarfsanmeldungen, was allerdings dem individuellen Interesse entgegensteht. Kein Akteur (Amtsleiter) wird darauf vertrauen, daß die Bedarfsanmeldungen seiner Kollegen auch korrekt erfolgen. Die individuell dominante Strategie liegt folglich in der Nicht-Kooperation, d.h. einer vorsorglich zu hohen Bedarfsanmeldung. Die haushaltswirtschaftlichen Folgeprobleme dieses Spiels sind weiter oben deutlich geworden. 115 Aufgrund der Probleme bei der Formulierung von Vertragsbedingungen und der Festlegung von Sanktionen kann auch das Kontraktmanagement allein nicht die Organisationssteuerung leisten, die von ihm erwartet wird. Denn als Quasi-Vertrag erfaßt ein Kontrakt das Verwaltungshandeln nur unvollständig. 116 Trotzdem liefert eine Steuerung über Finanzziele akzeptable Ergebnisse. Es spricht demnach einiges dafur, daß bestimmte implizite Formen von Vereinbarungen für den Erfolg verantwortlich sind. Beobachtungen aus der Praxis 117 zeigen, daß ein erheblicher informeller Druck auf den verantwortlichen Fachbereichsleiterinnen und -leitern lastet, ihre Budgets einzuhalten. Innerhalb des Führungskräfte-Kollegiums scheint man auch zunehmend eine Reputation als erfolgreicher "Manager" anzustreben bzw. zu verteidigen. Es wird vermutet, daß sich im betrachteten Fallbeispiel eine Art neues Denken bzw. eine Unternehmenskultur durchgesetzt hat, was auf eine starke Identifikation mit der neuen Steuerung zurückzuführen ist. Diese Form der Zusammenarbeit erhält gerade im neuen Steuerungsmodell eine immer größere Bedeutung. Solche informellen Faktoren könnten als Ergänzung unvollkommener Verträge ("soft contracting'1 118 angesehen werden. In der Idealvorstellung werden "weiche" Vereinbarungsmuster akzeptiert, die auf einer gemeinsamen Wertebasis beruhen und zu einer stärkeren Identifikation mit den Organisationszielen führen können. Das angestrebte Wir-Gefühl erzeugt ein größeres Vertrauenspotentia/ zwischen den Beteiligten und eine Tendenz zu mehr Kooperation. Vertrauensbildende Maßnahmen können demnach unangemessen hohe Transaktionskosten der Vertragsformulierung und -überwachung vermindern und die Anpassungsfähigkeit eines bürokratischen Systems auf Umweltveränderungen erhöhen. Die stärkere Beachtung von wei115 Vgl. Abschnitt C.lI. 116 Vgl. Lüder (1996) S. 95. 117 Die Beobachtungen des Autors beziehen sich in diesem Zusammenhang auf das Fallbeispiel der
Stadt Detmold, vgl. auch HV (1995) Kapitel IV. 118 Picot (1982) S. 278.
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chen Faktoren in Organisationen beruht u.a. auf organisationspsychologischen Erkenntnissen. 119 Dort geht es, ähnlich wie in der mikroökonomischen Theorie, um Tauschaktionen, jedoch wird das Spektrum dessen, was getauscht wird, deutlich erweitert. Ausgetauscht werden nicht nur Rechte und finanzielle Mittel, sondern auch Sanktionen, Gefühle, Anerkennungen, Tadel und Gefälligkeiten. Diese emotionalen Elemente beziehen sich auf informelle Vereinbarungsmuster und Rollenbeziehungen, die im Rahmen der ökonomischen Forschung bisher eine untergeordnete Rolle spielten. Die Einführung von emotionalen Aspekten in die Verhaltenshypothesen muß nicht als Angriff auf die Rationalitätsannahme verstanden werden. 120 Ausgehend von den in der NIE angenommenen Tatbeständen der Transaktionskosten bei unvollkommener Information erscheint es aber erforderlich, weitere realistische Merkmale in die theoretische Vorstellung menschlicher Rationalität einzubeziehen. Konzepte wie bounded rationality oder subjektive Rationalität leisten das, indem sie die Unterschiedlichkeit von individuellen kognitiven Fähigkeiten, aber auch von Bedürfnisstrukturen zulassen. 121 Es sollte auch über die Variabilität von Nutzenfunktionen nachgedacht werden. Vor diesem Hintergrund sind die bei den folgenden Begriffe faßbar. - Identifikation kann eine Revitalisierung von Motivationsfaktoren 122 bewirken, die bisher durch die bürokratischen "harten" Vereinbarungsmuster vernachlässigt wurden. Daß diese Faktoren in der Nutzenfunktion der Akteure existieren, belegt die Erfahrung aus der Praxis, wonach ihre Vernachlässigung zur "inneren Kündigung"123 führen kann. Hier wird die Bedeutung der Erarbeitung gemeinsamer Leitbilder klar, die Mitarbeiter und Führungskräfte in Umsetzungsprozessen auf die Einhaltung einer gemeinsamen Richtung einschwören sollen, insbesondere für Fälle, in denen zwischenzeitlich Probleme auftauchen, die mit bestehenden Regeln nicht zu lösen sind. - Gegenseitiges Vertrauen kann bewirken, daß in der subjektiven Einschätzung eines Akteurs die Erwartung (der Risikofaktor) der Kooperationsbereitschaft der jeweils anderen gestärkt (gesenkt) wird. Da hiermit die subjektiv wahrgenommene Wahrscheinlichkeit einer kooperativen Lösung
119 120 121 122
Vgl. Wiswede (1991) S. Vgl. Frank (1988).
253.
Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon (1988) Stichwort: Rationalität. Beispielsweise geht es darum, die Sinngebung und intrinsische Motivation bewußt zu machen, vgl. Wiswede (1991) S. 68, 216. 123 Ein fiir die Kommunalverwaltung leider noch typisches Phänomen.
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steigt, erhöht sich auch der individuelle Erwartungsnutzen den eigenen kooperativen Verhaltens. 124 Die Notwendigkeit eines soft contractings sollte in einer Welt unvollkommener Verträge mit verbreiteten Kooperationsproblemen nicht unterschätzt werden. Wie wichtig die Identifikation mit einer neuen Steuerungsphilosophie ist, zeigt die Erfahrung, daß mangelnde Kooperationsbereitschaft und das Fehlen einer "corporate identity" die Entwicklung neuer Steuerungsinstrumente vollständig blockieren kann. Ohne weitgehende Beteiligung aller Gruppen in der Organisation bei der Leitbildentwicklung und ohne die Erzeugung eines Reformklimas würde eine neue Steuerung mit großen Friktionen belastet sein.
D. Ausblick Im vorliegenden Beitrag ist versucht worden, ausschnitthaft eInige Erkenntnisse der Institutionenökonomie auf die praktische Umsetzung des neuen Steuerungsmodells zu beziehen. Ähnlich wie die New Public Management-Bewegung, die sich auf den nicht ganz zulässigen Vergleich von gemeinwohlorientierten Organisationen mit privaten Unternehmungen einläßt, mußten auch hier bestimmte, durchaus angreifbare Annahmen getroffen werden, um einige Kerngedanken der Theorie der Unternehmung auf den öffentlichen Bereich übertragen zu können. Man kann den Schluß wagen, der Schritt hätte sich gelohnt, denn trotz verschiedener inhaltlicher Defizite konnten einige Anregungen fur die Rationalisierung von Verwaltungshandeln abgeleitet werden. Die empfohlene Devise lautet demnach Entbürokratsierung, nicht aber schlichte Deregulierung der Kommunalverwaltung. Vielmehr wird die Einfiihrung neuer, qualitativ verbesserter Spielregeln gefordert. Insofern handelt es sich um eine "Re-regulierung". Daß diese Regeln auch informellen Charakter haben können (und müssen), ist an den Grenzen der Leistungsfahigkeit deutlich geworden, die auch reformierte Regelwerke in einer Welt unvollkommener Information besitzen. Es ist unbestritten, daß es implizite Spielregeln schon immer gegeben hat; die Notwendigkeit aufzuzeigen, daß diese bewußt in einen Reformprozeß einzubeziehen sind, ist ein Anliegen dieses Beitrages. Die Betrachtung des neuen Steuerungsmodells unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Information fuhrt notwendigerweise zu einer umfassenderen Beobachtung von Strukturen und Abläufen. Sie zeigt auch, daß die Grenze zwischen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Überlegungen nicht 124 Vgl. auch Cooper/John (1988) S. 441 ff. Zu den Begriffen subjektive Wahrscheinlichkeit und Erwartungsnutzen vgl. Laux. Helmut (1991) S. 167 ff., 172.
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mehr eindeutig zu ziehen ist. 125 Weiterhin wird deutlich, daß die Grenzen von ökonomischer Betrachtung überhaupt schnell erreicht sind, wenn man beobachtet, daß neue wirtschaftliche Steuerungskonzepte nicht per Knopfdruck einzuschalten sind, sondern ein allmählicher Übergang erforderlich ist, der erfahrungsgemäß von vielen Unsicherheiten begleitet wird. Im Prozeß einer solchen Orgsnisationsentwicklung muß die Handhabung neuer Steuerungsinstrumente und das Handeln nach geänderten Spielregeln von den betroffenen Menschen erlernt und gelebt werden. Der Erfolg einer Umsetzung hat daher viel zu tun mit zwischenmenschlichen Beziehungsgeflechten, mit verwaltungstypischen Sozialisationsformen und nicht zuletzt mit Machtstrukturen. Dies sind allerdings Erkenntnisobjekte der Organisationspsychologie und der Soziologie. 126 Die Institutionenökonomie hat die Wirtschaftswissenschaft einer ganzheitlichen Perspektive geöffnet; insbesondere Picots Interpretationen bezüglich der Transaktionskosten von Verhandlungen trägt interdisziplinäre Züge. 127 Leider werden solche Ansätze bzw. die Kompatibilität und Integrationsfähigkeit verschiedener Theorien von der Mainstream-Literatur noch zu wenig beachtet. 128 Auch hier ist die Praxis wieder einen Schritt schneller als die Wissenschaft. Kommunalverwaltungen, die eine betriebswirtschaftliehe Steuerung ihres Verwaltungshandelns ernsthaft anstreben, erkennen zunehmend, wie wichtig es ist, eine Art Unternehmenskultur zu schaffen, sich Leitbilder und Werte bewußt zu machen und nicht zuletzt lähmende hergebrachte Machtstrukturen aufzubrechen. Diese soziologischen Ansätze können allerdings hier nicht weiter erörtert werden; sie bieten Herausforderungen fur weitergehende Forschungsaktivitäten.
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Vgl. SchauenberglSchmidt (1983) S. 271. Vgl. Wiswede (1991) oder Scott (1986). Vgl. Picot (1982). Vgl. SchauenberglSchmidt (1983) S. 272 f.
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6 FeslScluift W. Noll
Wirtschaftliche Steuerung kommunaler Aufgabenerfüllung Ein Ansatz eines neuen Finanzmanagements am Beispiel der Stadt Detmold Von Gudrun Hock, Detmold
A. Zur Problemstellung Für die Bürger und Bürgerinnen ist die Qualität kommunaler Aufgabenerfiillung von existentieller Bedeutung: Auf keiner anderen Administrationsebene in einem föderativen Staatsgefiige ist der direkte politische Bezug über äquivalente "Preis-lLeistungsverhältnisse" so ausgeprägt wie vor Ort in einer Kommune. Die Aufmerksamkeiten und die Erwartungen von Bürgern in die kommunale Aufgabenerfiillung sind hoch. Angesichts immer teurer werdender öffentlicher Leistungen verlangen die Bürger und Bürgerinnen ein faires Preis-lLeistungsverhältnis, eine angemessene Qualität und Schnelligkeit in der Erbringung kommunaler Leistungen. Bürokratische Inflexibilität und Selbstbezogenheit werden immer weniger toleriert. Gestaltendes politisches Handeln in einer Kommune erfordert daher eine starke Verwaltung. Diese muß ihre Stärke entscheidend aus der Qualität ihrer Arbeit beziehen. Alle kommunalen Aufgabenerfiillungen müssen auch zukünftig und dauerhaft der Daseinsvorsorge vor Ort dienen und zur Gestaltung und zum Vollzug politischen Willens fähig sein. Vor diesem Hintergrund scheint die neokonservative Staatskritik des letzten Jahrzehnts als gescheitert. Erstaunlicherweise scheint der Katalog öffentlicher Handlungserfordemisse sogar noch weiter zu wachsen statt zu schrumpfen, so etwa zum Zwecke der Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der Vorsorge gegenüber einer Veränderung der gesellschaftlichen Altersstruktur oder auf neuen Gebieten des Umweltschutzes. 1 Zur öffentlichen Diskussion hinzu kommt ein auffaIliges Mißverhältnis zwischen pauschalen Forderungen Vgl. BrunronIMeyer (1996). 6*
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nach einer Privatisierung öffentlicher Aufgaben und tatsächlich brauchbaren Vorschlägen. Um so mehr erstaunt es, daß zwar das "Ob" staatlicher Aktivitäten Gegenstand heftiger Grundsatzkontroversen ist, aber das "Wie" bisher nicht über erste Ansätze hinaus hinterfragt wurde. Dabei ist die Art und Weise der Wahrnehmung kommunaler Aufgaben einerseits ein wichtiger Ansatzpunkt zur Überwindung der augenfaIligen Akzeptanzkrise2 des Staates, zum anderen grundsätzlich gestaltungsfähig und letztlich tatsächlich reformbedürftig, um Kommunalpolitik vor Ort tatsächlich in die Lage zu versetzen, die ihr zumeist unstrittig gesteckten Ziele zu erreichen. 3 Derzeit sind allerdings aktuelle Finanzprobleme der Kommunen die Haupttriebfedern für eine Suche nach Möglichkeiten der Modernisierung kommunalen Handeins: Die Städte und Gemeinden stecken in einer akuten Finanzkrise, die mittelfristig anhalten wird. Auch wenn sich die momentane zum Teil dramatische Zuspitzung dieser Finanzkrise wieder entschärfen sollte, bleiben die Kommunen auf schwierigem Kurs. Es ist nicht erkennbar, wie die Einnahmeentwicklung in den kommunalen Haushalten wieder Anschluß an das dynamische Wachstum des letzten Jahrzehnts finden sollte. 4 Andererseits werden aber die Leistungsanspruche an die Kommunalverwaltungen weiter zunehmen. Unter diesen Prämissen werden viele Städte und Gemeinden auf den Weg der "passiven Sanierung" gezwungen, indem sie ihr Leistungsvermögen sukzessiv auf ihre gesetzlichen Pflichtaufgaben reduzieren und diese zugleich mit abnehmender Qualität erfiillen werden. Den Gemeinden verbleibt dabei nur ein Ansatz rur eine Gegenstrategie, den sie aus eigener Kraft s verfolgen können: Er besteht in dem Versuch, die gegebenen Ressourcen produktiver einzusetzen, wobei es nicht auf Wirtschaftlichkeit in materiellem Sinne6 allein ankommt, sondern auch auf die subjektive Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Kommunalverwaltung und die
Vgl. Lang (1994) S. 202. Vgl. auch Ebert (1996). 4 Die derzeitige Diskussion um die teilweise bzw. komplette Abschaffung der Gewerbesteuer zeigt ungeachtet aller "Ersatzlösungen" eher in die Richtung einer qualitativen Verschlechterung der kommunalen Einnahmestruktur. 5 Formale oder echte Privatisierung als Beiträge zur Lösung der Finanzkrise sind meist untauglich, weil sie das Finanzierungsrisiko hlufig nur verlagern (vor allem bei rein formalen Privatisierungen) oder nicht lösen, da in der Regel nicht die defizitären Aufgabenbereiche übernommen bzw. weiter privat angeboten werden. Zur Vertiefung siehe beispielsweise Deutscher Städte- und Gemeindebund (1994) S. 13 ff. 6 WirtschaftlichkeiUEffizienz bezeichnet hier die Relation von Leistung zu Kosten oder Ertrag. EffektiviUt stellt dagegen auf die Tauglichkeit einer Leistung zur Bedürfuisbefiiedigung ab. Vgl. Rau (1993) S. 14S. 2
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dauerhafte Sicherung der Leistungsfähigkeit kommunaler Aufgabenerfüllung zur Befriedigung dieser Bedürfnisse. Diese Langfristorientierung ist die normative Bedingung für eine wirksame und eigenständige Gegenstrategie der Kommunen. An ihr müssen sich alle Vorschläge neuer Wege in der kommunalen Aufgabenerfiillung ausrichten. Den Beitrag, den diese Strategien zur Lösung der Finanzkrise leisten können, setzt dabei nicht am flexiblen investiven Bereich, sondern an der Flexibilität der "konsumtiven" Ausgaben, die sie zu erhöhen suchen, an.1 Durch die Überprüfung und Verbesserung der Organisation kommunaler Aufgabenerfiillung läßt sich die kommunale Finanzkrise allerdings nicht alleine lösen. Es gibt kein Organisationsmodell, das den kommunalpolitischen Entscheidungsträgern vor Ort die Entscheidung abnimmt, was bei knappen Finanzen überhaupt noch an kommunalen Aufgaben wahrgenommen werden kann, noch schützen kommuneninterne Bemühungen effizienterer Aufgabenerfiillungen davor, daß die Städte und Gemeinden in der Wirkungskette föderativer Aufgabenverteilung bei knappen Finanzen zwar stets neue Aufgaben, aber nicht die entsprechenden Finanzmittel 8 übertragen bekommen oder aber bundesstaatliche Gesetzgebungen9 in die Einnahmestruktur der Kommune mit der Folge nachhaltiger Verschlechterungen der Finanzausstattung eingreifen. Aufgabenkritik vor Ort und die Forderung nach einer umfassenden Gemeindefinanzreform lO bleiben daher auch weiterhin die Handlungsmaxime zur langfristigen Überwindung der Finanzkrise. Als Beispiel für eine Kommune, die sich systematisch mit der Frage nach einer wirksamen Gegenstrategie aus eigener Kraft in der beschriebenen Form beschäftigt hat, kann die Stadt Detmold (rd. 72.000 Einwohner, Haushaltsvolumen ca. 350 Mio. DM, ca. 1.000 Mitarbeiter) gelten. Sie ist zwar keine typische Vertreterin jener Gemeinden, die sich aus einer akuten Haushaltsnotlage heraus gezwungen sahen, tiefgreifende Änderungen mit Blick auf eine flexible Aufgabenerfüllung vorzunehmen. Vielmehr war es die Erwartung einer finanziellen Anspannung aufgrund neuer Vorhaben sowie aufgrund der absehbaren kommunalen Belastungen durch die deutsche Vereinigung, die die Stadtverwaltung bewogen hat, im Bereich ihrer laufenden Ausgaben auf die Kostenbremse zu treten. Vor allem der Personalzuwachs wurde bereits frühzeitig stark gedrosselt und im Jahre 1992 endgültig gestoppt. Die Verwaltung, gewöhnt daran, jeden Aufgabenzuwachs mit Personalvermehrung in den vorhandenen Organisationsstrukturen zu beantworten, mußte sich umstellen. Die Vgl. NolVEbertIMeyer (1996) S. 64. S. dazu das Beispiel "Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz": mit dauerhaften zusätzlichen Betriebskosten (neben den Investitionen in Mrd. Höhe). 9 S. etwa Jahressteuergesctz 1996 - FreisteIlung des Existenzminimums. 10 S. dazu die einhelligen Forderungen der kommunalen Spitzenverbände. 7
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anfänglichen Reaktionen waren verschärfte Verteilungskämpfe zwischen Fachverwaltung und Verwaltungsleitung bzw. Querschnittsverwatlung sowie auffällige Qualitätsverschlechterungen, die z. T. äußerst kritische öffentliche Debatten auslösten. Die Verwaltungsleitung hat darauf zunächst mit einzelnen Organisationsveränderungen reagiert, sie mußte jedoch bald einsehen, daß die Probleme mit den traditionellen Mitteln zentraler Verwaltungsführung nicht zu lösen waren. Dies war der Auslöser, sich in grundsätzlicherer Weise als bisher mit der Steuerung der Verwaltung zu beschäftigen und das herkömmliche Steuerungskonzept in Frage zu stellen. Diese systematische Beschäftigung mit den Steuerungsproblemen fiihrte zu einer grundlegenden Neuorganisation der Verwaltung in Detmold, wobei die Finanzsteuerung einen Schlüsselbereich im Prozeß der Verwaltungsmodernisierung darstellte. Im folgenden Beitrag werden daher vor allem die im Laufe des bisherigen Reformprozesses in Detmold gewonnenen Erfahrungen einfließen. Dazu wird nach einer grundsätzlichen Analyse der wichtigsten systemimmanenten Mängel der derzeitigen kommunalen Aufgabenerfiillung (Abschnitt B) und der kurzen Skizzierung eines Gegenkonzeptes und seiner theoretischen Annahme (Abschnitt C), die Auseinandersetzung mit den Systemelementen einer neuen kommunalpolitischen Finanzsteuerung, deren Anforderungsprofil und konkrete Umsetzungsschritte in der Stadt Detmold (Abschnitt D) im Mittelpunkt der Ausführungen stehen. Erste praktische Erfahrungen und deren vorläufige Wertung (Abschnitt E) runden den Beitrag ab.
B. Kommunale Aufgabenerftillung zwischen Rechtmäßigkeit, Effektivität und EfTlZienz Systemimmanente Mängel Das traditionelle Organisationsmodell der Kommunalverwaltung ist auf die Funktion einer Behörde zugeschnitten, die hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Es ist monozentristisch und hierarchisch, weil es historisch vor allem die einheitliche Rechtsanwendung der öffentlichen Gewalt gegenüber den Bürgern sicherstellen sollte. Dabei galt "Bürokratie" einmal als jene Form der Verwaltungsorganisation, die geeignet schien, den höchsten Effizienzgrad zu erreichen. II Heute gilt die Vokabel demgegenüber als Schimpfwort. I2 Diese bürokratische Organisationsform ist heute in Zweifel zu ziehen, da die kommunale Aufgabenerfiillung überwiegend Dienstleistungsproduktion ist und selbst
11 Vgl. Weber (1972) S. 129. 12 Vg1. Scott (1986) S. 48.
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dort, wo die Kommune hoheitliche Aufgaben erfullt, mit Bürgererwartungen konfrontiert wird, die denen von Dienstleistungskonsumenten entsprechen. Vor allem dort, wo öffentliche Institutionen Dienstleistungen für Dritte anbieten, verhindert das bürokratische Steuerungsmodell eine wirtschaftliche Form der Leistungserbringung. Bürokratische Merkmale wie zentrale Ressourcenverwaltung, steile Hierarchien und übermäßige Spezialisierung ersticken BÜfgerorientierung, Leistungs- und Kostenbewußtsein. Der hohe Verbeamtungsgrad der Leitungskräfte der Dienste erschwert eine moderne Personalführung, und die traditionelle Haushaltsrechnung (Kameralistik) läßt aus sich heraus kosten- und leistungsorientierte Schlüsse nicht zu. Der Reformbedarf innerhalb der einzelnen Verwaltungen ist erheblich: Die Steuerung selbst großer und tiefgegliederter öffentlicher Dienste erfolgt im wesentlichen immer noch nach dem Prinzip von Anordnung und Ausführung. Die wachsende Flut von Detailregelungen und Detailanweisungen ist in Wahrheit jedoch ein Indikator für eine abnehmende Steuerungsfähigkeit der zentralen Verwaltungsspitze. Denn noch so dichte Vorschriftennetze regulieren und präzisieren immer nur die Rechtmäßigkeit des Handeins der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, garantieren aber niemals eine höchstmögliche und wirtschaftliche Zielerreichung. Eher gefahrden sie diese, indem sie Kreativität und Engagement lähmen. In der Privatwirtschaft sind Preis und Qualität der Leistung wesentlicher Wettbewerbsparameter von im Markt agierenden privaten Dienstleistungsunternehmen. Folglich ist die Steuerung eines Dienstleistungsunternehmens darauf ausgerichtet, die Organisation des Produktionsprozesses so zu optimieren, daß die Leistung so kostengünstig wie möglich erstellt und darüber hinaus die nichtpreislichen Erwartungen der Kunden wie Geschwindigkeit der Bereitstellung, spezifische Kundenwünsche an die Art der Leistung etc., bestmöglich erfüllt werden. Darauf ist das traditionelle Management- bzw. Steuerungsmodell der Kommunalverwaltung aber gerade nicht ausgerichtet. Für eine solche These sprechen folgende Gründe: 13 Wäre das Selbstverständnis der Kommunalverwaltung auf Dienstleistungsproduktion ausgerichtet, müßte die Umsetzung der Aufgabenerfullung zu allererst die Leistung selbst in den Mittelpunkt stellen. Leistung wird aber eher als Konstante verstanden, anfallende Aufgaben werden erledigt, Anordnungen werden ausgeführt, Gesetze und politische Beschlüsse werden normgerecht angewendet. Ein bezeichnendes Beispiel für diesen Tatbestand ist die herkömmliche kommunale Haushaltswirtschaft in ihren Phasen Planung, Durchführung und Kontrolle: Sie ist eben nicht output- bzw. leistungsorientiert son13 Vgl. zu folgendem Horstmann (1995) S. 286.
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dem inputorientiert. Den Fachärntern werden in jährlichen Haushalts- und Stellenplänen Ressourcen nach Ausgabearten einzeln zur Verfiigung gestellt, mit denen diese im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die anfallenden Aufgaben erledigen. Außer bei der Beschlußfassung über einzelne Investitionsprogramme (Vennögenshaushalt) verzichten die zentralen Institutionen (Rat und Verwaltungsspitze) auf die Vorgabe definierter Leistungsziele, weshalb auch nicht die Leistungsoptimierung unter der Nebenbedingung der Budgeteinhaltung, sondern die Einhaltung von einzelnen Haushaltsansätzen an sich Inhalt zentraler Kontrolle ist. 14 Haushaltsplanung und -rechnung sind nicht darauf ausgelegt, Leistungsziele zu setzen oder ihre Erreichung nachzuverfolgen, nicht einmal in quantitativer, geschweige denn in qualitativer Hinsicht. Der kamerale Haushalt verfolgt statt dessen als Zielvorgabe die Erreichung des Haushaltsausgleiches in der Planung und im Vollzug. 15 Die kommunale Haushaltsrechnung kennt auch keine systematische Erfassung der Kosten der Leistungserstellung. Diese wären aber eine zwingende Voraussetzung, um zumindest den Erstellungspreis der Verwaltungsprodukte und Dienstleistungen als Steuerungsgröße zu betrachten. Das kamerale Rechnungswesen kennt nur Ausgabe- und Einnahmearten. Ohne eine exakte Leistungsbeschreibung heißt das, der Erstellungspreis der Leistung ist für Rat und Verwaltung keine Steuerungsgröße. Was z.B. die Pflege einer städtischen Grünfläche kostet und in welcher Qualität (extensiv Ußd intensiv) sie gepflegt bzw. vorgehalten werden soll, ist so nirgendwo als Zielgröße definiert, noch wird dies im allgemeinen nachträglich als Leistungskennzahl ermittelt. Das in der Privatwirtschaft übliche Führen durch Zielvereinbarung wird im öffentlichen Dienst durch eine möglichst im Detail geregelte Instrumentenvorgabe ersetzt. Dabei kann es fast nicht verwundern, daß die Fachverwaltung diese Instrumente - im wesentlichen bei Dienstleistungsproduktionen Personal und Sachmittel - maximiert und nicht die eigentliche Leistungserstellung. Durch das Phänomen, daß die Verantwortung für die Instrumente (Mittel) bei der Zentrale um die eigentliche Verantwortung für die fachliche Ausführung der Aufgaben bei der Fachverwaltung liegen, sind klare Zuständigkeiten nicht erkennbar und es entsteht für die Fachverwaltung vornehmlich der Eindruck, daß die Budgetmehrung auch ohne eindeutigen Nachweis von Bedarf durchsetzbar ist. In der Folge existiert auch wenig Neigung innerhalb der Fachämter, bei zusätzlichen Aufgaben und AufgabensteIlungen Ressourcen umzuschichten oder durch Produktivitätsverbesserungen aufzufangen. Bei zusätzlichen Aufgaben werden meist stereotyp zusätzliches Personal und zusätzliche Sachmittel 14 Die klassische "Erfolgskontrolle" kommunaler Aufgabenerfilllung besteht neben der internen Rechnungsplilfung aus der Finanzkontrolle, bei der im wesentlichen geplilft wird, ob die haushaltsrechtlichen Vorschriften eingehalten worden sind. Vgl. Wittrock (1981) S. 383 - 395. 15 Vgl. § 75 Abs. 3 GO NW.
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gefordert. Die Folge ist: Es besteht kein Zwang zur Leistungsverbesserung, das Gesamtbudget und damit die zentrale Steuerungsinstanz, die es verwaltet, wird regelmäßig überfordert. Mit der finanziellen Gesamtverantwortung hat die Fachamtsebene nichts zu tun, denn dafiir ist sie auch nicht zuständig. 16 Dabei verhält sich die Fachamtsebene in diesem System traditioneller Verwaltungssteuerung durchaus rational, denn ökonomische Rationalität wird vom System nicht ohne weiteres honoriert. So ist das Gehalts- und Entlohnungsgefiige tätigkeitsabhängig und nicht leistungsorientiert. Oftmals werden der Umfang des Ausgabenbudgets und die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gar noch als Beforderungsargument herangezogen. Im übrigen gilt als Sieger häufig der, dem in den Haushaltsplanberatungen die meisten Mittel von der Kämmerin zugestanden wurden. In dieser Situation gibt es in der Praxis häufig eine Neigung zur Instrumentalisierung der Politik fiir bürokratische Interessen. Wenn z.B. das Expansionsinteresse eines Fachamtes - was Mittel und Personal anbelangt - in den jährlichen Haushaltsberatungen verwaltungsintern nicht befriedigt werden konnte, wird dieses gerne in der politischen Praxis durch die Einschaltung politischer Interessenvertreter in den Fachausschüssen nachgeholt. Umgekehrt neigt die Politik allerdings auch zu einer eigenen Verwaltung des bürokratischen Apparates durch Einzeleingriffe in dem laufenden Vollzug eines Haushaltsplanes mit der Folge, daß selbst fachamtsinterne Arbeitsprioritäten permanent neu determiniert werden. Im Ergebnis fiihrt die Mängelanalyse des derzeitigen traditionellen Steuerungssystems kommunaler Aufgabenerfiillung zu folgenden Schlußforderungen: Wenn die kommunale Aufgabenerfiillung weiterhin leistungsfähig sein und auch künftig noch Bürgerakzeptanz finden soll, muß man sich mit den Vorstellungen beschäftigen, wie man aus der bürokratischen Steuerung entkommt und die Verwaltung neu organisiert, ohne daß die Sicherung einheitlicher Rechtsanwendung gefahrdet wird. Es müssen aber Verwaltungsstrukturen gefunden werden, die nach Prinzipien des Rechts- und Sozialstaats arbeiten, aber mit Elementen verbunden sind, die die Effizienz und Effektivität der Aufgabenerfiillung erhöhen. Es bedarf somit der Definition organisatorischer Rahmenbedingungen, die wirtschaftliches und wirksames Verwaltungshandeln induzieren, sowie der Konstruktion und Implementation eines geeigneten finanzwirtschaftlichen Instrumentariums, das Informationen über Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des Verwaltungs-
16 Vgl. auch Müller (1995) S. 217 f.
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handeins liefert, um eine effiziente und effektive Verwaltungsfiihrung durch Rat und Verwaltungsspitze zu ermöglichen. 17 Dabei muß die Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung stärker im Sinne der Zielerreichung mobilisiert und auf das Gesamtinteresse einer Stadt ausgerichtet werden. Dies kann durch Strukturen erreicht werden, die persönliche Leistung gestaltbar und zuordbar machen, dartiber hinaus aber auch Anerkennungen und Belohnungen hierfiir in Aussicht stellen.
C. Theoretische Konzepte eines neuen Managements der kommunalen Verwaltung In der ökonomischen Diskussion fanden noch bis in die 80er Jahre weder die politischen Institutionen, in denen die Wünsche nach öffentlichen Diensten artikuliert werden, noch die bürokratischen Organisationen, die diese Dienste bereitzustellen haben, größere Beachtung. Die unter dem Begriff "Neues Steuerungsmodell" derzeit in vielen Städten erprobten Konzepte setzen unmittelbar an der von kollektiven Organisationen (Rat) geäußerten Nachfrage an - klammern damit das erste Problem (wer bestimmt das "Was" und "Ob") kommunaler Aufgabenerfiillung aus -, da sie in erster Linie die Leistungserstellung der Verwaltung und ihrer Organisationseinheiten im Blickfeld haben und die neuen Lösungsansätze hinsichtlich Organisationsmanagement und Personalentwicklung darlegen. 18 Sie orientieren sich dabei an dem Leitbild einer in der Privatwirtschaft seit vielen Jahren erprobten Spartenorganisation 19 und der Führungsphilosophie eines sog. "Management by Objectives".20 Dort wird vor allem der strategische Wert von Personalentwicklung und Motivation durch eigenverantwortliches Handeln betont, indem über die Optimierung von Verwaltungsabläufen, Stärkung von Eigen- und Ergebnisverantwortung und die Zuteilung von festen Budgets fiir die Fachbereiche stärkere Anreize zu kosten- und leistungsbewußtem Handeln und eine verbesserte wirtschaftliche Steuerbarkeit kommunaler Aufgabenerfiillungen erfolgen soll. Theoretische Bogenschläge zwischen ökonomischer Theorie und praktisch empirischem Umsetzungsprozeß von Konzepten lassen sich daher allenfalls zu 17 Vgl.Lüder(1993)S.266. 18 Vgl. KGSt (1993a), KrOhmer (1992). 19 Die Spartenorganisation wird vielfach bei stark diversifIZierten Produktionsstrukturen angewendet. Die Aufbaustruktur dieser Unternelunen wird primär nach dem Objektprinzip gestaltet, indem auf Produkte, Produktgruppen, Produktionsprozesse oder räumliche Determinanten ausgerichtete Sparten gebildet werden. Vgl. zur Spartenorganisation Grochla (1972) S. 188 ff. 20 Vg1. LüderlBudäus (1976) S. 133 ff.
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Niskanens ökonomischem Modell der Bürokratie21 , Principal-Agent-Ansätzen, Leibensteins X-Effizienz-Ansatz22 oder aber den Ideen des sog. "New-PublicManagements" ziehen. Vor allem letztere verknüpfen in der Privatwirtschaft theoretisch und praktisch vorhandene Management-, Personal- und Organisationskonzeptionen mit der Institutionenökonomie und Ansätzen aus der Principal-Agent-Theorie und versuchen "... das Streben nach einzelwirtschaftlicher Wirtschaftlichkeit, nach Zweckorientierung und nach Anpassungsfahigkeit an komplexe und dynamische UmweItsituationen zu dominanten Handlungsmaximen für die öffentliche Verwaltung (zu erklären), während althergebrachte 'bürokratische Tugenden', wie Recht und Ordnungsmäßigkeit, Leistungssicherung, Verpflichtung auf das Gemeinwohl und hierarchisches Denken, in den Hintergrund treten" 23 . Aus finanztheoretischer Sicht sind Erkenntnisse der neuen Institutionenökonomie rur ein solches New-PublicManagement von Interesse, da deren zentraler Forschungsgegenstand das Verhältnis der Koordination von Individuen über Märkte und Hierarchien ist. 24 Ein solcher Ansatz, übertragen auf die kommunale Aufgabenerfiillung, betont in erster Linie das Wirtschaftlichkeitsprinzip stärker, indem er über QuasiMarkt-Beziehungen die traditionell hierarchische Steuerung von kommunaler Aufgabenerfiillung durch die Steuerung mit Hilfe von Verträgen bzw. QuasiVerträgen substituiert. 25 Das neue Bild des kommunalen Verwaltungshandelns orientiert sich danach am unternehmerisch tätigen privatwirtschaftlichen Management. Verwaltungseinheiten werden nicht mehr mittels Einzelanweisung und Normen gesteuert, sondern durch Rahmenvereinbarungen und Ergebnisse. Die Managementkonzeption setzt auf Marktanalogien als Mechanismus im Binnenverhältnis einer Verwaltung zur Steigerung von Effizienz und Effektivität kommunalen Handeins. Eingriffsverwaltungen und Transferleistungsverwaltungen sind in dieser Betrachtung zunächst ausgeschlossen. 26 Marktanaloge Mechanismen sind dabei als Austauschverhältnisse zwischen zwei einander hierarchisch nachgeordneten Organisationseinheiten (Vorstand / Rat gegenüber Fachverwaltung) zu verstehen. Rat und Verwaltungsspitze stellen finanzielle Ressourcen (Budgets) zur Verfügung und fragen als Prinzipal dafiir Leistungen nach. Die untergeordnete Organisationseinheit (Fachbereich / Fachamt) betreibt das operative Geschäft. Sie erstellt unter Einsatz 21 22
Vgl. Niskanen (1979). Vgl. Leibenstein (1978).
23 Lüder(1996) s. 94.
24 Vgl. etwa den Beitrag von Osner (1996). 25 Dabei ist die Vertragsgestaltung durch gesetzliche und andere Rahmenbedingungen beschränkt. Die Möglichkeit, Leistungen intern oder extern auszuhandeln, beschränkt sich auf die Spielräume, die Gesetze und Rechtsvorschriften dafiir lassen. 26 Vgl. Laux (1993) S. 524.
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der verfügbaren Ressourcen die vereinbarten Leistungen (produkte). In der Entscheidung über die Auswahl und den Einsatz der Ressourcen, bei der Wahl des Produktionsverfahrens und bis zu einem gewissen Grad auch beim Leistungsprogramm bleibt die untergeordnete Ebene weitgehend frei. Die operative Verantwortung für die Produktionsprozesse der Verwaltung wird damit voll auf die fachlich gegliederten Organisationseinheiten delegiert. Wenn Politik und Verwaltungsfiihrung mit einer Fachabteilung eine bestimmte Planleistung vereinbart und die entsprechenden Budgets zur Verfügung gestellt haben, sind diese im Binnenverhältnis nicht mehr verantwortlich für das Verfahren der Leistungserstellung. Der dann verantwortlichen Leitung der untergeordneten Organisationseinheit mit eigener Ressourcenverantwortung wächst somit eine Managementaufgabe zu. Was hingegen die Gesamtorganisation überhaupt tut bzw. produziert, und wie sie die insgesamt zur Verfügung stehenden Ressourcen auf die verschiedenen Leistungsprozesse aufteilt, bleibt in der Verantwortung des Rates, der so sein Budgetrecht im Kern behält. 27 - Über die fiir einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellten Ressourcen (Budgets = Finanzzielvereinbarung) und die damit zu erbringenden Leistungen (Leistungsziele) wird ein Quasi-Vertrag (Kontrakt) abgeschlossen. Das heißt, in einem solchen "Kontraktmanagement" einigen sich beide Seiten - beispielsweise fiir ein Jahr - über die vom Fachbereich zu erfüllenden Aufgaben und die hierfür zur Verfügung gestellten Mittel. 28 Diese Einigung ist das Ergebnis des politischen Beratungsprozesses, in dem die politische Führungsspitze die Leistungsanforderungen formuliert, von der Fachbereichsebene die Kosten dieser Leistungen eingebracht werden. - Im Rahmen der ausgehandelten Vereinbarung ist die operative Ebene weitgehend autonom und weisungsfrei, dafiir aber verantwortlich fiir die zu erzielenden Ergebnisse (dezentrale Ressourcenverantwortung). Wieweit die Entscheidungsbefugnisse und Kompetenzen reichen sollen, bestimmen Rahmenrichtlinien, die von der Verwaltungsspitze mit Zustimmung des Rates in Kraft gesetzt werden. - Als Gegenleistung fiir die übertragene Ressourcenverantwortung sind die Fachbereiche rechenschaftspflichtig: Sie müssen der politischen und Verwaltungsspitze kontinuierlich über die Einhaltung der Kontrakte Bericht erstatten. 29 In der Informationsverteilung zwischen den beiden Vertragsparteien (Rat und Verwaltungsspitze einerseits und Fachbereich/Amt andererseits) hat die 27 28
Das Finanzierungsproblem der Gesamtverwaltung wird damit aber ausgeklanunert. VgJ. zu verschiedenen GestaltungsmögJichkeiten eines Kontraktmanagements
WohffahrtlZillke (1996). 2 VgJ. Krähmer (1993) S. 420.
etwa
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operative Ebene im Regelfall die bessere Ausgangslage. Positive Effizienzwirkungen sind daher nur dann zu erwarten, wenn die Steuerungseinheit ihr Infonnationsdefizit ex ante (also vor Vertragsabschluß) bzw. ex post abbauen kann und erwartetes und tatsächliches effizientes Handeln der operativen Ebenen durch Anreize flankiert wird. Aus diesem Grund werden die dezentralen Einheiten etwa durch Betriebsvergleiche (auch interkommunal), den Ansatz von Markt- bzw. Verrechnungspreisen (z. B. HOAI-Abrechnungen, Mittellohn-Preise) im Budget und/oder mittels Evaluation durch den Leistungsempfanger (Bürgerbefragungen) etc. einem Quasi-Wettbewerb ausgesetzt, der ein entsprechendes Anpassungsverhalten stimulieren soll.30 Darüber hinaus erfordert dieser Ansatz den Aufbau eines Infonnationssystems, das Ressourcenverbrauchs- und Leistungsinfonnationen liefert und Entscheidungsrelevanz für den Auftraggeber (Rat und Verwaltungsspitze) besitzt, indem es adressatengerechte Verdichtungen zuläßt und sich für Planung und Kontrolle eignet. 31
D. Voraussetzungen und Systemelemente eines neuen kommunalpolitischen Finanzmanagements Die theoretische Ausrichtung und damit auch die praktische Anwendbarkeit einer solchen New-Public-Management-Konzeption ist nonnativ streng auf Verhaltenssteuerung von Individuen ausgerichtet. Unter dem Aspekt einer effizienteren Steuerung kommunaler Aufgabenerfüllung wird versucht, über Organisationsstrukturen, Prozeßabläufe und Rahmensetzungen Einfluß auf das Verhalten der Systemmitglieder32 dergestalt auszuüben, daß die subjektiven Zielsetzungen der Systemmitglieder und deren potentiell kontraproduktiven Folgen für die politische und strategische Entscheidungsfindung im Sinne des angestrebten Handlungssystems mitgestaltbar, d.h. in das System einbezogen werden33 . Inwieweit die vermutete ökonomische Rationalität über die Vereinbarung von Finanz- und Leistungszielen und größeren Freiheitsgraden der Individuen eintritt, ist von den Struktur-, Prozeß- und Rahmensetzungen abhängig. Inwieweit ein solches Modell einer neuen Steuerung kommunaler
30 VgJ. Lüder (1996) S. 98. Individuelle Anreizsysteme mit dem Ziel der Motivationssteigerung etwa durch monetäre Zuwendungen werden in diesem theoretischen Ansatz vernachlässigt. Dies scheint gerechtfertigt, da deren vermutete hohe Motivationswirkung durch empirische Untersuchungen nicht bestätigt, vgJ. BudäuslOechsler (1985) S. 184, oder gar in Zweifel gezogen wird, vgJ. Sprenger (1996). 31 Vgl. Lüder (1996) S. 98. 32 Wobei hier der ganzheitliche Ansatz des dezentralen Ressourcenmodells sowohl die Fachverwaltung, die Verwaltungsleitung und den Rat als SystemmitgJieder einbezieht. 33 VgJ. Reinermann (1975) S. 168.
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Aufgabenerfiillung die tatsächlich gewünschten Ergebnisse erzielt, muß die Umsetzung in die Praxis ergeben. 34 Die Stadt Detmold hat in Anlehnung an eine solche Konzeption "dezentrale Ressourcenverantwortung" eine Reihe von Reformen umgesetzt, die zum Teil bis in das Jahr 1991 zurückreichen und die mit dem Ziel einer stärkeren Bürgerorientierung sowie einer höheren Wirtschaftlichkeit verbunden waren. Dazu gehörte in einem ersten Schritt die Veränderung der Aufbauorganisation mit dem Ziel, die gegebenen Hierarchien abzuflachen und klare Verantwortungsbereiche festzulegen. Seit dem l. Januar 1995 verzichtet die Stadt Detmold auf die traditionellen Verwaltungsämter und Dezernate. Anstelle von vormals 28 Ämtern sind neun Fachbereiche getreten. Die alte Querschnittsverwaltung wurde aufgelöst. Die Leitung der Gesamtverwaltung, unterstützt durch einen Steuerungsstab, obliegt jetzt einem vierköpfigen "Verwaltungsvorstand"; die früheren runf Dezernate wurden ebenfalls abgeschafft, die Geschäftsbereiche der Beigeordneten wurden neu - nach betrieblichen Funktionen - geordnet. Ausgangspunkt dieser Veränderungen waren Workshops des Detmolder Stadtrates und der Verwaltungsspitze, in denen sich die gemeinsame Überzeugung entwickelte, einen solchen enormen Reformschritt zu wagen. Die neue Organisationsstruktur der Stadt Detmold bringt vor allem eine erhebliche Dezentralisierung von Verantwortung mit sich. Die eigenen Entscheidungskompetenzen der neuen Fachbereiche sind größer als die der früheren Stadtämter, und auch der Stadtrat behält sich im wesentlichen nur solche politische Entscheidungen vor, die er nach der Gemeindeordnung nicht übertragen darf. Im Vorgriff auf die neue Verwaltungsorganisation hat der Rat der Stadt Detmold die Ausschußstruktur deutlich verkleinert und an die Fachbereichskonzeption angepaßt (Abbildung 1: Organisationsstruktur Detmold). Die wesentliche Zuspitzung der Verwaltungsreformbemühungen auf eine "dezentrale Ressourcenverantwortung" der Fachbereiche macht neben einer Reihe aufbauorganisatorischer Maßnahmen und geänderten Zuständigkeitsregelungen eine völlig neue Art der Finanzsteuerung erforderlich und stellt diese in den Mittelpunkt der Veränderungen: 35 Sie muß die jinanzwirtschaJtlichen Voraussetzungen rur einen wirtschaftlicheren, dezentral organisierten Umgang mit den Ressourcen schaffen, die wirtschaftlichen Entwicklungen ortsnah und zeitnah sichtbar machen, aber auch eine zentrale (wenn auch dem Charakter nach andere) Steuerung der gesamten Verwaltung ermöglichen.
34 Vgl. etwa den Beitrag von Osner (1996). Dort werden eben solche entscheidungs- und verhaltensorientierten Steuerungssysteme, insbesondere das Detmolder Modell, aus dem theoretischen Blickwinkel einer prozeduralen Rationalität analysiert. 35 Vgl. E/IV (1995) Kapitel III - v.
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Eine solche Zielformulierung eines neuen Finanzmanagements führt zu folgenden Systemelementen bzw. Handlungsfeldern, die sich aus den Mängeln des traditionellen Systems ergeben:
I. Outputorientierte Budgetierung Als eine der Hauptursachen fiir die systembedingten Unzulänglichkeiten in Stadtverwaltungen wird die Trennung von Fach- und Ressourcenverantwortung angesehen. Die Grundidee der Verwaltungsmodernisierung ist daher, diese Trennung aufzuheben, indem zwischen Verwaltungsspitze und Fachbereichen Vereinbarungen über einen zur Verfiigung stehenden Finanzrahmen (Budget) und die damit zu erstellenden Leistungen getroffen werden. Die Fachbereiche sollen innerhalb dieser Budgets völlig frei wirtschaften können, das bedeutet, aus dem zur Verfiigung gestellten Budget müssen alle Aufwendungen - gleich welcher Art - bestritten werden, die im Leistungserstellungsprozeß eines bestimmten Verwaltungsproduktes erforderlich werden. Ein zentrales Controlling überwacht die Einhaltung der Vereinbarung. Eine solche Konzeption bedeutet eine radikale Abkehr von bisherigen Finanzsteuerungsmechanismen, indem sich die Steuerung nicht mehr auf Geldverbräuche, sondern vielmehr auf Ergebnisse, Produkte und Leistungen bezieht. Sie erfordert daher neben einer umfänglichen Produkt- und Leistungsbeschreibung36 völlig neue Zuteilungsverfahren finanzwirtschaftlich disponibler Mittel, um somit die haushaltswirtschaftlichen Voraussetzungen fiir die Übertragung größerer Ressourcenverantwortung auf die Fachbereiche zu schaffen. Diese neuen Zuteilungsverfahren werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Budgetierung bezeichnet. 37 Und obwohl "Budgetierung" nichts anderes heißt als einen "Haushalt aufstellen", geht das neue Konzept darüber hinaus und beschreibt Verfahrensregeln nicht nur fiir den Prozeß der Haushaltsplanaujstel/ung, sondern auch fiir dessen Vol/zug: Anders als bisher soll statt Einzelveranschlagung von Ausgabe- und Einnahmeansätzen das gesamte Budget in die Verfiigungs- und Dispositionsfreiheiten der Fachbereiche gelangen. 36 Beispielsweise sind in Detmold sämtliche Verwaltungsaktivitäten in Produktbeschreibungen und Produktgruppen erfaßt worden. Die Verantwortlichkeiten rur Produkte und Produktgruppen sind klar defmiert. Ein Ziel der Verwaltungsrefonn ist, die geforderte Flexibilität in der Aufgabenerfiillung wiederherzustellen. Das erfordert eine kontinuierliche aktive Aufgabenkritik. Daher unterliegen sowohl die Produkte als auch die Produktgruppen einern laufenden Veränderungsprozeß. Er kann einerseits aus Veränderungen im Aufgabenprofil der Verwaltung, andererseits aber auch aus Grunden der Zweckmäßigkeit resultieren. Veränderungen in Ausgangsdefinitionen sollen jedoch aufgrund der Verknüpfung innerhalb der Gesamtverwaltung nicht beliebig durch den jeweiligen Fachbereich in eigener Regie, sondern vielmehr in Abstimmung insbesondere mit dem Steuerungsdienst zu bestimmten TennineniAnlässen erfolgen dürfen. Vgl. EVD (1995) Kapitel 11. 31 Vgl. KOSt (l993b).
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Zur eigenverantwortlichen Mittelbewirtschaftung gehört allerdings auch die eigenverantwortliche mittelfristige Planung und Prognose der Prioritäten und Posterioritäten. Nach dem Prinzip der dezentralen Ressourcenverantwortung entscheiden die Fachbereiche dabei nicht nur über die Venvendung eines jährlichen Budgets, sondern sie setzen ebenfalls die Prämissen über den Ressourceneinsatz auf mittlere Sicht fest. Das bedeutet, sie organisieren eigenständig die mittelfristige Sicherung und Schaffung kommunaler Handlungsspielräume im Rahmen ihrer Aufgabenbereiche selbst. Damit muß auch die gesamte kamerale Finanzplanung, die entsprechend der Gruppierungsvorschriften auf drei Jahre über das Planjahr hinaus aufgebaut ist, auf Produktbudgets umstrukturiert werden. Nach einem gemeinsamen Workshop mit Vertretern des Rates und der Verwaltung wurde 1994 für das Haushaltsjahr 1995 in Detmold erstmals ein Budgetierungsverfahren in Gang gesetzt, das zum Ziel hatte, den nach der Gemeindeordnung NW vorgeschriebenen Haushaltsausgleich auch bei sinkenden Budgets auf Dauer zu erzielen und die Planungsvoraussetzung fiir ein neues wirtschaftlichkeitsorientiertes Finanzmanagement zu schaffen. Dabei wurde das alte Haushaltsaufstellungsverfahren und die traditionelle Mittelbewirtschaftung im Vollzug völlig umgestellt. Die Kernelemente dieses neuen Budgetierungsverfahrens38 in der Phase der Haushaltsplanaufstellung sind: 1. Die Kämmerin ermittelt den zur Verfiigung stehenden Finanzrahmen. 2. Innerhalb des von der Kämmerin erstellten Budgetrahmens werden Budgetvereinbarungen mit dem Vorstand getroffen, die im Rat beraten und dann als Eckwerte fiir die Fachbereiche festliegen. 3. Sodann erstellen die Fachbereiche wiederum innerhalb der Budgetvorgaben eigenständig den Haushalt und treffen Zielvereinbarungen mit der Führungsspitze. 4. Die Kämmerei stellt sodann den Gesamtentwurf des Haushaltes zusammen, der dann - wie bisher - dem Rat zur Beratung in den Fachausschüssen und anschließender Beschlußfassung überantwortet wird. Die Fachausschüsse beraten dabei nur noch die Fachbereichsbudgets. Budgetüberschreitungen fuhren zur erneuten Diskussion der Eckwerte im Haupt- und Finanzausschuß bzw. im Rat. Dabei unterliegt das Detmolder Budgetierungsverfahren folgenden Prämissen:
38
Vgl. KGSt (l993b).
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Es geht von einer Zuteilung disponibler Mittel nach Zuschuß- bzw. Überschußbedarfen der neun Fachbereiche und des Steuerungsdienstes aus. Das bedeutet nun, die Fachbereiche vereinbaren ausschließlich Zuschußbedarfe/Überschüsse mit der Zentrale und haben dadurch mehr Flexibilität und mehr Selbständigkeit bei der Erstellung der Fachbereichsbudgets. In dieser Logik sind die kostenrechnenden Einrichtungen, sofern sie kostendeckend arbeiten, einem gesonderten Verfahren unterzogen worden. Die strategische Steuerungsgröße sind hierbei die Gebühren- bzw. die Leistungspreise der entsprechenden Einrichtungen, die in die Eckwertebeschlußfassung mit einbezogen werden. Ein wesentlicher Aspekt bei der Budgetierung ist der Zeitpunkt der Einbeziehung der Politik in die Planungsphase. Die Begleitung der Politik wird im neuen Verfahren insofern intensiviert, als nunmehr früher als bisher, nämlich bereits im Stadium der Haushaltsplanaufstellung, der Rat der Stadt Detmold beteiligt wird. Er faßt auf der Grundlage des Verwaltungsvorschlages einen sog. Eckwertebeschluß, mit dem der Budgetrahmen für die Fachbereiche verbindlich festgelegt wird. Gleichzeitig wurde auf eine Kompatibilität zwischen Ausschußzuständigkeiten und Budgets geachtet, um zu vermeiden, daß ein Budget in mehreren Ausschüssen beraten wird. Mittlerweile ist auch im politischen Raum die Anpassung der Fachausschüsse an die Fachbereiche erfolgt. Die vormals 17 Ausschüsse wurden nunmehr zu neun Fachausschüssen zusammengefaßt (siehe Abbildung 1).39 Die Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung wurde durch diese neue Ausschußstruktur stark gestrafft. Jedem Fachbereich steht ein Ausschuß gegenüber, der die gleiche Fachzuständigkeit hat. Eine Weiterentwicklung erfuhr das Budgetierungsverfahren darüber hinaus, daß die noch verbleibenden Sarnmelnachweise und sonstigen zentral veranschlagten Ausgabenmittel weitgehend abgeschafft, d.h. in die Verfiigungsmasse der Fachbereichsbudgets eingegliedert wurden. In der Phase der Umsetzung des Haushaltsplanes sieht die Haushaltssatzung der Stadt Detmold als zweite Neuerung vor, daß allen Fachbereichen im Haushaltsvollzug weitere Freiheitsgrade in der Mittelbewirtschaftung eingeräumt werden. 4o Ziel ist es, die Steuerung der Fachbereiche von der Ausgabenkontrolle einzelner Haushaltsstellen auf die Zielerreichungskontrolle weniger, aber betriebswirtschaftlieh sinnvoller Leistungs- und Finanzziele umzustellen. Eine solche betriebswirtschaftlich orientierte Steuerung setzt voraus, daß den Fachbereichen alle von ihnen verursachten Kosten zugeordnet werden, ihnen 39 Diese und slmtliche folgenden Abbildungen sind eigene Darstellungen der Stadt Detmold bzw. der EVD GmbH. 40 Dabei sind vor allem die DeckungsBhigkeiten (§ 18 GcmHVO) und die Möglichkeit der Übertragung (§ 19 GemHVO) einzelner Haushaltsansätze berührt. 7 Festschrift W. Noll
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aber auch die größtmögliche Eigenverantwortung bei der Mittelbewirtschaftung eingeräumt wird. Um diesen Handlungsrahmen rur eine ergebnisorientierte Wirtschaftsruhrung zu erreichen, ist es insbesondere erforderlich, im Verwaltungshaushalt die nach § 18 GemHVO vorhandenen eingeschränkten Deckungsfähigkeiten grundsätzlich auszuweiten und rur alle Ausgabenansätze eine Übertragbarkeit nach § 19 GemHVO zu ermöglichen. Zur Zeit wird durch die absolute Spezifizierung jedes einzelnen Ansatzes in Höhe und Zweck praktisch jede Flexibilität unterbunden, die die Voraussetzung rur ein ergebnisorientiertes Handeln in den neugebildeten Fachbereichen ist. VerwaItungsziel muß es aber sein, eine Optimierung der Verwaltungsabläufe zu erreichen, um die produktorientierte flexible Planung und Gestaltung des Ressourceneinsatzes rur die einzelnen Fachbereiche innerhalb des jeweiligen Betriebsbudgets zu gewährleisten. Von daher ist es unabdingbar, alle Ausgaben des VerwaltungshaushaItes rur gegenseitig deckungsfähig zu erklären, sofern nicht andere Deckungsvermerke bestehen oder Ausnahmen41 zu treffen sind. Durch die Inanspruchnahme der Deckungsvermerke werden die HaushaItsansätze in ihrer haushaltswirtschaftlichen Wirkung der Entwicklung des tatsächlichen Bedarfs insoweit angepaßt, als sie zur Deckung von Mehrausgaben im Rahmen von Ersparnissen bei anderen Ausgabeansätzen unter Beachtung des Prinzips der produktorientierten sachlichen Bindung (Verwendungszweck) notwendig sind. 42 Die generelle Möglichkeit, eingesparte Mittel des Verwaltungshaushaltes in das nächste Jahr zu übertragen, soll als Anreiz zum wirtschaftlichen Umgang mit den Ressourcen verstanden werden, um die Fachbereiche nicht durch die strengen Vorgaben des Haushaltsrechtes rur sparsames Verhalten zu bestrafen. Inwieweit von den Übertragbarkeiten im Rahmen des Jahresabschlusses tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann, steht unter dem Vorbehalt der Gesamtfinanzlage der Stadt. Sowohl Übertragbarkeiten wie die gegenseitige Deckungsfähigkeit von Haushaltsansätzen sind nach dem kommunalen Haushaltsrecht nicht zulässig. Die Stadt Detmold hat daher bereits rur den Haushaltsplanvollzug 1995 von der Möglichkeit der Inanspruchnahme der sog. Experimentierklausel43 des Landes Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht. Durch die Vorgabe von nach Zuschuß- bzw. Überschußbedarfen berechneten Budgets (gegliedert nach Produktgruppen und Fachbereichen) wurden zwar im 41 In Detmold sind die Ausnalunen kostenrechnende Einrichtungen (eigene Deckungsringe), innere Verrechnungen, kalkulatorische Kosten, Verfilgungsmittel. 42 Dadurch bleibt nach wie vor sichergestellt, daß die haushaltsrechtlichen und fmanzstatistischen Voraussetzungen erfillit werden können. 43 § 126 GO NW.
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ersten Schritt aufgabenbezogene Merkmale berücksichtigt. Das Verfahren ist aber immer noch ausgabenbezogen. Das Treffen von Vereinbarungen über die Leistungen der Fachbereiche erfordert den Übergang zu einer output- und ergebnisorientierten Budgetierung: die Zielvereinbarungen zwischen Fachverwaltung und Vorstand über die Quantität und Qualität der gewünschten Dienstleistungen sind erst über eine exakte Bewertung von Produkten, Leistungen und die Zurechnungen des Ressourcenverbrauchs möglich. Diese Zielvereinbarungen bestimmen, welche Budgets bereitgestellt werden sollen. Die Kenntnis der Kosten pro Produkt ist daher die Voraussetzung für die Berechnung der outputorientierten Budgets. Ein erster Schritt in Richtung outputorientierte Zuteilung von Finanzmitteln war in Detmold die inzwischen abgeschlossene Definition und Beschreibung von Produkten (flächendeckend für die Summe aller Verwaltungsaktivitäten) und deren Darstellung in einem - vom kameralen Haushalt abweichenden Budgetbuch. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist aber auf der Grundlage vorhandener Produktdefinitionen und Leistungsbeschreibungen der Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung.
11. Entwicklung und Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung Die Aussagefähigkeit der gegenwärtigen kameralen Haushaltsrechnung für Zwecke der Kostenrechnung ist begrenzt. Der kommunale Haushalt kennt weder Kostenkategorien (von der unzureichenden Zuweisung kalkulatorischer Kosten in den kostenrechnenden Einheiten und interner Verrechnungen einmal abgesehen) noch Outputdarstellungen, noch stellt die zugrundeliegende Rechnungslegung einen systematischen Zusammenhang dazu her. Deshalb ist die Konstruktion und flächendeckende Einfiihrung einer auf Verwaltungszwecke ausgerichteten Kosten- und Leistungsrechnung unabdingbar. Ihre Aufgabe liegt darin, den betriebsbedingten Ressourcenverbrauch vollständig zu erfassen und darzustellen, um ihn dann verursachungsgerecht auf die erstellten Produkte zu verrechnen. 44 Dies geschieht in der Fonn, daß Kosten ermittelt, nach Kostenarten gebündelt und auf die Kostenstellen (z. B. Ämter, Dienststellen, Schulen) bzw. die Kostenträger (Leistungen, Produkte) verteilt werden. Eine produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung sorgt zunächst für Transparenz der Deckungsbeiträge der einzelnen Verwaltungsprodukte zum Haushaltsergebnis eines Fachbereichs. Jedes privatwirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen würde diese Einzelgeschäftsergebnisse bzw. seine Erwartungen 44 Vgl. Herbst (1972) S. 42.
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über deren zukünftige Entwicklung unmittelbar zur Grundlage strategischer Entscheidungen machen und Produkte mit schlechten Deckungsbeiträgen aussortieren. Dies kann die Kommunalverwaltung natürlich nicht. Der Verbleib vieler Produkte im DienstIeistungssortiment der Verwaltung ist gesetzlich vorgeschrieben und, wo dies nicht der Fall ist, zumeist politisch gewollt. Der strategische Transparenzvorteil der Kosten- und Leistungsrechnung liegt vielmehr darin, daß sie die Grundlagen für rationale Anbieterentscheidungen deutlich verbessert. Bisher mußten in aufgabenkritischen Verfahren häufig die Spareffekte bestimmter Leistungseinschränkungen besonders ermittelt werden. Ein neues produktorientiertes Rechnungswesen stellt entsprechende Informationen regelmäßig und aktuell bereit. Es motiviert zudem die Produktverantwortlichen und die politischen Entscheidungsträger eines spezifischen DienstIeistungsangebotes, zur Verbesserung negativer Ergebnisse beizutragen, und erleichtert die Entscheidung über EigenersteIlung oder Fremdbezug. 45 Eine produktbezogene Kosten- und Leistungsrechnung ist daher vom Zweck her auf die Verfahrenskontrolle ausgelegt. 46 Werden allerdings Leistungseinschränkungen erforderlich - und das ist derzeit die Regel -, so bildet die produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung keine hinreichende Entscheidungsgrundlage, um Prioritäten und Posterioritäten festzustellen. Sie kann nämlich keine befriedigenden Erkenntnisse über die Wertschätzung der Bürgerinnen und Bürger für die kommunalen DienstIeistungsangebote liefern. Eine Unterstützung der strategischen Planung könnte in ergänzenden Informationen bestehen, die etwa durch Bürgerbefragungen gewonnen werden. Darüber hinaus erfordert ein neues ergebnisorientiertes Finanzmanagement in der reinen Kernverwaltung die methodische Trennung im Rechnungswesen - ähnlich wie in der Unternehmung - in eine "Erfolgsrechnung" in der Form einer "Laufenden Rechnung" und in eine mit dieser verbundenen "Vermögensrechnung", die den kalkulatorischen Werteverzehr der Investitionen darlegt. Auf der Grundlage einer praktikablen Methodik einer kommunalen Kosten- und Leistungsrechnung, die Plan- und Ist-Informationen sowie Daten über den Output der kommunalen Aufgabenerfüllung und dessen Wertungen liefert, würden so die Voraussetzungen für ein operatives (auf die Prozeßoptimierung gerichtetes) Controlling auf der dezentralen Ebene, wie auch für ein strategisches (auf die EinhaItung der Kontrakte gerichtetes) Controlling durch die ZentraleIRat geschaffen.
45 So kann eine exakte Kostenrechnung erst Auskunft darüber geben, ob eine Stadt Leistungen filr die Bürger selbst erstellen soll oder besser ein privates Unternehmen beauftragen soll. 46 Vgl. Herbst (1972) S. 42.
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Angesichts ausdifferenzierter Beziehungsgeflechte zwischen Kernverwaltung, den formalrechtlich zwar städtisch organisierten, aber bereits ausgegliederten Formen kommunaler Aufgabenerfiillung (Eigenbetrieben) und kommunalen Unternehmen (Eigengesellschaften) bietet sich eine Vereinheitlichung der Rechnungstechniken für alle der Kommune zugehörigen Institutionen an. Es empfiehlt sich, die verwaltungsinternen und verwaltungsexternen Rechnungen soweit wie möglich gleichen Grundsätzen anzunähern, um deren Rechnungsergebnisse für Rat und Verwaltungsspitze vergleichbar zu machen. Eine Umstellung der Kameralistik auf die in selbständigen kommunalen Unternehmen übliche doppelte Buchhaltung würde dabei eine für ein breites kommunales Aufgabenerfiillungsspektrum - völlig unabhängig von der rechtlichen Organisationsform - geltende Idee einer Verbundrechnung erleichtern. 47 Die vollständige Einführung der Doppik auch in der Kemverwaltung ist aber methodisch bislang weder eindeutig geklärt,48 noch scheint sie als Rechenstil für einen Vollverbund zwischen allen Teilen öffentlicher, rechnungslegender Institutionen sinnvoll, da spezifische Management-Orientierungen (non profit versus profit-Zielsetzungen) und damit die Prgramm-Evaluation leiden. 49 Darüber hinaus sind die personellen Probleme bei einer Einführung der Doppik nicht zu unterschätzen. Ausgehend von einem Mitarbeiterstamm, der sich jahrzehntelang mit der Kameralistik beschäftigt hat, muß notwendiges betriebswirtschaftliches und buchhalterisches Know-How erst herangebildet werden. Hohe Ausbildungs- und Organisationskosten sind demnach zu erwarten. Obwohl sich auch die KGSt langfristig - trotz methodischer Bedenken - für einen Übergang zum doppischen Rechnungsstil ausspricht,50 ist auf mittlere Sicht kaum damit zu rechnen, daß die Kameralistik durch ein kaufmännisch orientiertes Rechnungswesen ersetzt wird. Um Probleme einer Parallelführung von Kameralistik und Doppik zu vermeiden, hat sich die Stadt Detmold zu einer pragmatischen Lösung entschlossen, bestehende kamerale Systeme zu optimieren und zu modemen Finanzsteuerungs- und Controllinginstrumenten zu entwickeln, die den Gedanken des Ressourcenverbrauchskonzeptes und der Output-Budgetierung aufgreifen. Dazu wurde zunächst das Verfahren der laufenden Haushaltsrechnung vollständig verändert: In einem ersten Schritt wurde die Haushaltsstellendatei bzw. Haushaltsüberwachungsliste um entsprechende Strukturfaktoren ergänzt, damit eine produktorientierte Zuordnung der Haushaltsstelle möglich wird (siehe Abbildung 2: Aufbau und Struktur einer produktorientierten Haushaltsstelle). 47 48 49 50
Vgl. Buschor (1993) S. Vgl. KOSt (1995). Vgl. Buschor (1993) S. Vgl. KOSt (1995).
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Im Mittelpunkt des neuen Detmolder Rechnungssystems steht damit nicht mehr die alte kamerale Haushaltsüberwachungsliste, sondern vielmehr eine auf Produktgruppen bzw. Produkte bezogene Rechnung, die eine direkte Einbindung des Haushalts- und Anordnungswesens in eine Kosten- und Leistungsrechnung erlaubt, um möglichst mit einem Buchungsvorgang die notwendigen Datenbestände bearbeiten zu können. Seit Anfang 1996 ist dies datentechnisch soweit ausgereift, daß tatsächlich produktorientiert gebucht werden kann.
III. Entscheidungsrelevante Informationssysteme: Wirtschaftsplan und Berichtswesen Haushallsplanung, -vollzug und -kontrolle als Bestandteile eines Managementsystems fiir die kommunale Verwaltung benötigen zur Lösung der dargestellten Probleme jedoch eine Fülle von Informationen, die über die derzeitige Bereitstellung rein fiskalischer Information hinausgeht. Dreh- und Angelpunkt der Argumentation für ein neues Informationssystem fiir die kommunale Verwaltung ist daher die Qualität und die Entscheidungsrelevanz der zur Verfügung gestellten Information. Es fehlt sowohl in der Haushaltsplanung als auch im Vollzug an einer systematischen und flächendeckenden Information über die zu erstellenden bzw. erstellten Produkte und die damit verbundenen Ressourcenverbräuche und an einer transparenten und informativen Entscheidungsgrundlage fiir Politik und Verwaltung. Im Zentrum eines entscheidungsorientierten Informationssystems, das sich sowohl fiir die Planung als auch für die Kontrolle eignet, muß daher die Information über den gesamten Ressourcenverbrauch, bezogen auf die damit erstellten Produkte, stehen. Es muß die Informationsströme insoweit systematisieren, "daß der Entscheider die benötigten Angaben nicht aus verschiedenster Quelle zusammentragen muß, sondern sich auf einen Datenursprung, das ManagmentInformationssystem, verlassen kann". 51 Darüber hinaus kann eine selbständige Kosten- und Leistungsrechnung zu keinen sinnvollen Ergebnissen führen, wenn nicht hinreichende Klarheit über die Funktionen sowie über Inhalt und Aufbau eines kommunalen Haushaltsplanes besteht. 52 Derzeit zulässig nach gültigem Haushaltsrecht sind allerdings nur Haushalte, die eine funktionale Aufgabenerfollung abbilden und überwiegend Einzelveranschlagungen enthalten. Das neue Finanzsteuerungssystem erfordert dagegen Haushalte, die Ressorts bzw. Sparten (ÄmterlFachbereiche) darstellen, 51 52
I1gier (1971) S. 129. Vgl. Gornas (1976) S. 121.
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Sammelveranschlagungen zulassen und Ergebnisse abbilden, indem sie durch eine verursachungsgerechte Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben zu den erbrachten Leistungen und Produkten (Kosten- und Leistungsrechnung) unterlegt sind. Ein entscheidungsrelevantes Finanzinformationssystem, das sich sowohl rur Planung als auch Kontrolle eignet, müßte daher zwangsläufig zu einer völligen Umstrukturierung des Haushaltsplanes und der Haushaltsüberwachung im Vollzug ruhren, so daß die zu vereinbarenden Leistungs- und Finanzziele in Form eines Wirtschaftsplanes zum Gegenstand der politischen Beschlußvorlage werden und damit den kameralen Haushalt ablösen. Die Einhaltung der Kontrakte muß im Vollzug durch regelmäßige, standardisierte Berichte kontrolliert werden, die formal die Struktur des Wirtschaftsplanes aufgreifen.
In Detmold wurde daher zeitgleich mit dem traditionellen Haushalt 1995 erstmals ein sog. Budgetbuch erstellt, das die methodischen Probleme des alten Haushaltes löst, indem es nach Fachbereichen gegliedert ist und produktgruppen- und produktbezogene Wirtschaftspläne zuläßt (Abbildung 3: Beispiel eines Wirtschaftsplanes). Im Mittelpunkt des neuen Detmolder Finanzsteuerungssystems steht damit nicht mehr der alte kamerale Haushalt, sondern vielmehr ein Budgetbuch, das nach Produktgruppen bzw. Produkten bezogene Wirtschäftspläne, ergänzt durch Investitionspläne, enthält. Zusammen mit der ab 1995 erstmals implementierten produkt- und leistungsbezogenen Kostenrechnung konnte daraus ein systematisches Berichtswesen entwickelt werden, das den Vollzug der Wirtschaftspläne in unterjährigen Zeitabschnitten dokumentiert, indem es basierend auf der Struktur der Wirtschaftspläne produkt- und produktgruppenbezogene Betriebsergebnisse liefert (Abbildung 4: Beispiel eines Produktgruppenergebnisses). Die Entscheidung rur die Inhalte und die Struktur eines systematischen unterjährigen Berichtswesens rur die gesamte Stadtverwaltung Detmold basiert auf den Erfahrungen zweier Modellfachbereiche (Fachbereich Garten-, Friedhofs- u. Wegebetrieb, Fachbereich Entsorgung und Umweltschutzbetrieb), in denen seit zwei Jahren exakt ermittelt wird, welche Leistungen erbracht worden sind und was sie gekostet haben. Diese Fachbereiche arbeiten seit zwei Jahren mit nahezu allen Elementen des neuen Steuerungsmodells. Aus diesen Testversuchen liegen inzwischen unterjährige Quartalsberichte vor. Aufbau und Struktur dieser Quartalsberichte wurden als grundsätzlicher Rahmen rur die Gesamtverwaltung vorgegeben (Abbildung 5: Grundschema eines Fachbereichsberichtes). Die weitergehende Zielsetzung eines systematischen Berichtswesens rur Detmold basiert zunächst auf unterjährigen "Abschlüssen" aller Fachbereiche (Quartalsberichte) und einer geplanten halb-
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jährigen "Konsolidierung" . Alle sonstigen Berichte werden aus diesen Abschlüssen abgeleitet (Abbildung 6: Elemente eines Berichtswesens). Seit Anfang 1996 berichten alle Fachbereiche regelmäßig quartalsweise dem jeweiligen Fachausschuß und - konsolidiert - dem Haupt- und Finanzausschuß halbjährlich über die Einhaltung der Finanz- und Leistungziele zusammen mit dem Finanzstatusbericht des Steuerungsdienstes zum Halbjahr. Sonderberichte zu speziellen Themen, Projekten etc. ergänzen das regelmäßige Berichtswesen (analytische Berichte, Trendberichte, Befragungsergebnisse). Fernziel ist es, darüber hinaus einen konsolidierten Jahresbericht für die Gesamtverwaltung zu erstellen, der neben den Jahresberichten der Fachbereiche und dem Finanzbericht für die Gesamtverwaltung auch über die Personalentwicklung, die Organisationsentwicklung und die Beteiligungen Auskunft gibt und damit die traditionelle Jahresentwicklung ablöst. Die Grundlage eines solchen geschlossenen Finanzinformationssystems bildet zwangsläufig das Rechnungswesen, das über die Verbuchung der einzelnen Transaktionen das monetäre Abbild kommunalen Handeins darstellt, wobei Ein- und Zuordnungen und Bewertungen des Ressourcenverbrauchs, der mit diesen Transaktionen verbunden ist, vorgenommen werden mußten. 53 Die Verbuchung des verursachungsgerechten Ressourcenverbrauchs auf Produkte nach dem in Detmold angewandten Schlüsselungssystem liefert zwar Soll-lIstZahlen bezogen auf den Kostenträger und eignet sich daher als Instrument für die Steuerung über Finanzziele, für die Finanzbedarfsschätzungen sowie zur zentralen Planung der Finanzierungsdispositionen (z.B. Kreditaufnahme). Im Gegensatz zum privatwirtschaftlichen Reclmungswesen hat ein solches Verwaltungsreclmungswesen allerdings keine monetären Maßgrößen für die Output-lLeistungsreclmung. Im neuen Detmolder Budgetbuch stehen zwar die Produkte bzw. Produktgruppen des entsprechenden Fachbereiches im Zentrum der jeweiligen Buchungen. Zu den jeweils möglichst genau definierten Produkten bzw. Leistungsmengen werden Kosten je Produkt oder Leistungseinheit zugeordnet (= Bewertung zu Einstandspreisen). Dabei tauchen in der Praxis die für den kommunalen Dienstleistungsbereich symptomatischen Probleme der Meßbarkeit und Zählbarkeit von Leistungen auf. Das betrifft nicht nur deren Quantität, sondern auch ihre immer bedeutender werdende Qualität. Dies muß in den nächsten Monaten bei der Weiterentwicklung der Kosten- und Leistungsreclmung in jedem Fachbereich erprobt werden. 54
53 Vgl. Färber (1984) S. 279. 54 Diese Problematik wird eingehender in dem Beitrag von Osner (1996) diskutiert, vgl. dort Abschnitt C. H.
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Die Entwicklung von Kennzahlen und Kennzahlsystemen ist rur die Handhabung der dezentralen Ressourcenverantwortung, also fiir die betriebsinterne Steuerung sowohl der Fachbereiche als auch rur die Gesamtsteuerung durch den Vorstand und den Rat von entscheidender Bedeutung, da sie zusätzliche, weiterfiihrende und vertiefende Fragen auslösen und damit einhergehende Analysen vorbereiten. Sie erlauben überhaupt erst die Beurteilung von Wirtschaftlichkeit und Effizienz, aber auch von Ziel erreichung und Kundenzufriedenheit und sind damit die Voraussetzung rur die Implementation eines ergebnisorientierten Controllings, durch das sich Rat und Verwaltungsspitze regelmäßig über die Umsetzung der Zielvereinbarungen berichten lassen, und das rur die weitere Planungen hinreichende Anhaltspunkte und Informationen liefert. Im Rahmen der Detmolder Controllingkonzeption waren Kennzahlen und Kennzahlenvergleiche in ausgewählter Form spätestens im Berichtswesen unabdingbar. Sie entscheiden über die eigentliche Qualität des Berichtes, da sie als verdichtete Information geeignet sind, den Blickfang und die Aufmerksamkeit auf Besonderheiten, Fehlentwicklungen und Schwachstellen zu richten. Die in den bisherigen Detmolder Quartalsberichten enthaltenen Kennzahlen sind allerdings noch vorläufiger Art und noch nicht vollständig. Zur Zeit wird in einern verwaltungsinternen Arbeitskreis intensiv an der Frage gearbeitet, nach welchen Kriterien vorhandene Kennzahlen verbessert werden können bzw. neue Kennzahlen gebildet werden sollten (vgl. hierzu beispielhaft einige praktikable Kriterien in Abbildung 7). Die Entwicklung eines systematischen Kennzahlensystems etwa aus einer betrieblichen Schwachstellenliste heraus wird in der Stadt Detrnold noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem wird ein Rückkopplungsprozeß erforderlich sein, welche Anforderungen der Rat bzw. die Fachausschüsse an verdichtete Informationen stellen.
IV. Zentrale Steuerung durch Controlling Die Abkehr. von zentralistischen Eingriffs- und Steuerungsmechanismen macht ein völlig neues - der Organisation und Konzeption dezentraler Einheiten entsprechendes - Controllingsystem des Zentralmanagements erforderlich. Eine weitreichende Dezentralisierung von Ressourcenverantwortung wie im Fallbeispiel Detmold kann es nicht bei einer "naiven" Dezentralisierung von Mitteln und Kompetenzen bewenden lassen. Es stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Rolle und dem Selbstverständnis des zentralen Managements, also der Verwaltungsspitze. Sie muß zwar teilautonomes Handeln der Fachbereiche zulassen, aber stets nur im Rahmen gesteckter Ziele. Andererseits muß sie die laufende Verfolgung der Zielerreichung sicherstellen. Risiken
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können entstehen, wenn dezentrale Strukturen Fliehkräfte entwickeln, die sie von gemeinsamen Zielen und Vorhaben abbringen können. Es ist daher zwingend erforderlich, nach einer neuen Balance zwischen Rahmen- und Detailsteuerung zu suchen. Die Steuerung einer dezentral strukturierten Stadtverwaltung muß zur Einstimmung der autonomen Einheiten auf das Gesamtinteresse/Ziel der Stadt geeignete Maßnahmen ergreifen, ohne dadurch die angestrebte Autonomie einzuschränken (Stichwort: "Steuerung an der langen Leine").55 Zu diesen Maßnahmen gehört zunächst die Einrichtung eines zentralen Controllings, das die Kompetenz für allgemein verbindliche Richtlinien hat; die Erreichung strategischer Zielsetzungen sichert, aber auch die Zielsetzungen hinterfragt; - operative Zielsetzungen mit den Fachbereichen schließt; die operative Zielerreichung kontrolliert und hierfür geeignete Infonnationssysteme konzipiert. Die Verantwortung für diese zentralen Controllingaufgaben ist grundsätzlich nicht delegierbar, sondern Führungsaufgabe. Sie liegt in der Verantwortung des gesamten Verwaltungsvorstandes als Kollegialorgan. Aus diesem Grund wurde in Detmold das Dezernatsprinzip abgeschafft. Die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes sollen nicht eine Art "höhere" Fachbereichs-, sondern Gesamtverantwortung tragen. Eine solche Controllingaufgabe des Vorstandes macht eine Führungsunterstützung notwendig. Finanz- und Leistungsziele sowie Rahmenrichtlinien für die Fachbereiche müssen erarbeitet, ihre Verwirklichung muß überwacht werden. Das macht einerseits eine Berichtspflicht der Fachbereiche56 notwendig, andererseits muß auch auf der Ebene der Verwaltungsspitze dafür Sorge getragen werden, daß die dezentrale Berichterstattung konzeptionell durchdacht ist und steuerungsrelevant aufgearbeitet werden kann. In Detmold wurde zu diesem Zweck ein "zentraler Steuerungsdienst" als Stabseinheit eingerichtet, der aus der ehemaligen Querschnittsverwaltung hervorgegangen ist. 57 Er un55 Vgl. EichhornIFriedrich (1976) S. 372. 56 Ein systematisches Berichtswesen ist daher das Bindeglied zum Zusammenhalt auseinanderstrebender teilautonomer Einheiten! 57 Der Neubestimmung und Verteilung der Funktionen der ehemaligen Querschnittsverwaltung (Kämmerei, Personal- und Hauptamt) ging in Detmold eine umfangreiche Leistungsanalyse voraus. Dabei wurde großer Wert auf die Frage gelegt, filr wen die Querschnittsämter ihre Leistungen überhaupt erbringen. Auf dieser Grundlage wurden die Einzelleistungen den Gliederungsmerkmalen "Steuerung" und "Service" zugeordnet. Zentrale Leistungen, die durch den Leistungserstellungsprozeß anderer Fachbereiche induziert sind (z.8. Lohnabrechnungen, Rechtsberatung, Fahrdienste etc.), wurden als Serviceprodukte identifiziert und mit der nachfragenden Stelle abgerechnet. Sie machen den
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terstützt den Vorstand und berät die Fachbereiche, hat aber konsequenterweise keine formellen Interventionsrechte.
E. Erstes Resümee Um eine Erfolgsbilanz der bisher durchgeführten Organisationsreform in Detmold ziehen zu können, ist es sicherlich noch zu früh. Die Erfahrung mit dem neuen finanzpolitischen Instrumentarium in zwei konsolidierungsbedürftigen Haushaltsjahren gibt Anlaß zu der optimistischen Annahme, daß das neue Finanzmanagement bei der Aufgabe der Haushaltskonsolidierung hilft, weil es interne Verwaltungsabläufe zum Rationalisierungsschwerpunkt macht und insoweit den Bedarf an Leistungskürzungen für Bürger und Bürgerinnen zu reduzieren hilft. Folgende wesentliche Erfahrungen des bisherigen Implementierungsprozesses sind bislang klar zu bezeichnen: - Das neue Budgetierungsverfahren hat nicht nur das gewünschte Ergebnis, sondern auch zusätzliche Impulse für den weiteren Modernisierungs- und Optimierungsprozeß in Detmold gebracht. Es konnte unter Beweis gestellt werden, daß auch unter schwierigen Bedingungen durch einen dezentral ansetzenden Planungs- und Vollzugsprozeß gute Ergebnisse zu erzielen sind. In den beiden Jahren, seitdem das Budgetierungsverfahren praktiziert wird, sind die Einsparungsvorgaben im Vollzug sogar unterschritten worden. Es hat sich darüber hinaus gezeigt, daß es sich lohnt, Zielvereinbarungen für die Fachbudgets zu setzen, darüber einen Konsens zu erzielen und dann gemeinsam die Erreichung dieser Ziele zu erarbeiten. - Die Fachbereichsleitungen machen in erkennbar wachsendem Umfang von ihren vergrößerten Entscheidungskompetenzen sowohl in Fragen der Gestaltung der Leistungserstellungsprozesse als auch hinsichtlich des Bezugs zentraler Vorleistungen Gebrauch. Die Überantwortung von Entscheidungskompetenzen hat das Kosten- und Leistungsbewußtsein der Fachbereiche sofort geschärft und zu einem vorsichtigeren Umgang mit den finanziellen Ressourcen .geführt, mit der Folge, daß die Budgetvergaben auch unter schwierigen Konsolidierungsauflagen (sinkenden Budgets!) eingehalten werden. weitaus übetWiegenden Teil der bisherigen Querschnittsaufgaben aus. Durch die Auftragnehmer-IAuftraggeber-Konstellation ist in Detrnold ein eigener Fachbereich "Zentraler Service" gebildet worden, der weitgehend kostendeckend arbeiten soll. Leistungen, die hingegen ausschließlich im unmittelbaren Auftrag des VorstandeslRates erbracht werden (z.B. zentrale Finanzen, Personalentwicklung, strategisches Controlling, Beteiligungsmanagement), wurden als Steuerungsunterstützung aufgefaßt. Anders als bei Serviceleistungen wird allerdings der Ressourcenverbrauch rur den Steuerungsdienst nicht auf die Fachbereiche bzw. auf deren Produkte umgelegt, sondern als eigenes Budget erfaßt.
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- Die froheren Verteilungskämpfe zwischen der Zentrale und den Fachverwaltungen sind weitgehend beseitigt. Die bürokratische Beanspruchung der Zentrale im Alltagsgeschäft ist merklich zurockgegangen. - Durch die Einbeziehung des Rates in die Eckwerteberatung fiir die Aufstellung des Haushaltsplans wurde die finanzpolitische Gesamtsicht intensiviert und die Gesamtfinanzverantwortung gestärkt. In diesem Beitrag konnte der Ansatz eines neuen Finanzsteuerungskonzeptes nur schlaglichtartig reflektiert werden. Die Darlegungen decken darober hinaus nur einen Teilaspekt eines neuen kommunalpolitischen Managements ab. Ergebnisorientierte dezentrale Planung und Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln, Einhaltung und Kontrolle von Finanz- und Leistungszielvereinbarungen müssen in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das die kommunale Aufgabenerfiillung leistungsfahiger und bürgerorientierter machen soll. Eine Beschränkung auf den finanzwirtschaftlichen Bereich unter Ausklammerung der organisatorischen und personal wirtschaftlichen Nebenbedingungen erfolgreicher Prozeßoptimierung würde den Zielen - mehr Effizienz fiir den Bürger, bessere Planbarkeit von Kosten und Leistungen und höhere Effektivität und Motivation der Mitarbeiter - nur bedingt entgegenkommen. Budgetierung und der Einsatz von betriebswirtschaftlichen Instrumenten sind zwar wichtig, aber nur ein Teilaspekt eines Gesamtvorhabens, das viel Engagement aller Beteiligten und einen langen Atem erfordert. Daruber hinaus werden die Auswirkungen einer Fixierung auf Effizienzsteigerung häufig unterschätzt. So fuhrt sie im Grundsatz auch dazu, daß die Fachbereiche in stärkerem Maße an der Gebühren- und Entgeltschraube drehen. Hier ist jedoch die politische Führung gefragt, deutliche Ziele hinsichtlich der Belastbarkeit der Bürger zu setzen. Auch hier zeigt sich ein wesentlicher Fortschritt der neuen Finanzsteuerung: politisch subventionierte Leistungspreise werden transparent und ermöglichen damit eine rationale Diskussion mit der Politik. Wie alle Reformschritte betrachtet die Stadt Detmold die Weiterentwicklung des Finanzsteuerungssystems als offenen Prozeß, der sich an der Methode "Versuch und Irrtum" orientiert. Unzulänglichkeiten müssen in einer pragmatischen Vorgehensweise in Kauf genommen werden. Selbst Näherungslösungen fUr eine Outputorientierung der öffentlichen Verwaltung sind besser als der status quo.
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Ausschuß flir ·sozinle Angelegenheiten
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Betriebsausschuß
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Auschuß fiir Schule, Bildung und Sport
Ausschuß fiir St.ndtentwicklunl:
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Abbildung 2: Aufbau einer produktorientierten Haushaltsstelle
Schematische Übersicht zum Aufbau und zur Struktur einer produktorientierten Haushaltsstelle (Ordnungsmer1