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German Pages 1122 [1124] Year 2021
Steinbach/Franke Kommentar zum Netzausbau De Gruyter Kommentar
Steinbach/Franke
Kommentar zum Netzausbau
NABEG/EnLAG/EnWG/BBPlG/PlfZV/WindSeeG 3., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Armin Steinbach, HEC Paris Peter Franke, Bundesnetzagentur
bearbeitet von Christine Bader, Phillip Fest, Peter Franke, Ursula Heimann, Fabian Karrenstein, Helmut Lecheler†, Julian Asmus Nebel, Thomas Recht, Christoph Riese, Miriam Aniela Salm, Christof Sangenstedt, Jan Peter Sasse, Stefanie Scheuch, Sven Serong, Armin Steinbach, Torsten Strothmann
Dr. Christine Bader, Watson Farley & Williams LLP, Hamburg Prof. Dr. Phillip Fest, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NordrheinWestfalen Peter Franke, Bundesnetzagentur Dr. Ursula Heimann, Bundesnetzagentur Dr. Fabian Karrenstein, Bundesnetzagentur Prof. Dr. Helmut Lecheler †, Freie Universität Berlin Dr. Julian Asmus Nebel, Brahms Nebel Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Dr. Thomas Recht, Bundesnetzagentur Dr. Christoph Riese, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten Dr. Miriam Aniela Salm, Bundesnetzagentur Dr. Christof Sangenstedt, vormals Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) Stefanie Scheuch, Bundesnetzagentur Dr. Jan Peter Sasse, Bundesnetzagentur Dr. Sven Serong, Bundesnetzagentur Prof. Dr. Dr. Armin Steinbach, HEC Paris Dr. Torsten Strothmann, Bundesnetzagentur Zitiervorschlag: z.B. Salm in Steinbach/Franke Netzausbau, Teil 4 NABEG, § 3 Rn 7.
ISBN 978-3-11-067031-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-067051-6 e-ISBN (E-PUB) 978-3-11-067058-5 Library of Congress Control Number: 2021942822 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Bearbeiterverzeichnis Christine Bader, Dr. iur., Jg. 1974; Studium in Trier und Referendariat in Trier und Brüssel. Promotion an der Universität Trier. Seit dem Jahr 2001 als Rechtsanwältin tätig. Partnerin bei Watson Farley & Williams LLP in Hamburg. Mitarbeit im Arbeitskreis Recht der WAB e.V. (Windenergie-Agentur) und Mitglied des juristischen Beirats des Bundesverbands WindEnergie e.V. (BWE). Phillip Fest, Prof. Dr. iur., Jg. 1982; Studium der Rechtswissenschaften und Referendariat in Berlin. Promotion im Planungs- und Genehmigungsrecht bei Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2010 bis 2017 in verschiedenen Funktionen im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV), seit 2017 im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE), seit 2019 Referatsleiter des Referats Energieinfrastruktur, Atomrecht, seit 2021 Gruppenleiter Bergbau, Netze und Kerntechnik in der Energieabteilung. Seit 2015 zugleich Lehrbeauftragter und seit 2021 Honorarprofessor an der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund. Peter Franke, Jg. 1954. Studium der Rechtswissenschaften in Münster, Juristischer Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen, 1982 Zweite Juristische Staatsprüfung. 1982/83 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsverwaltungsrecht der Universität Münster, 1983/84 Dezernent bei der Bezirksregierung Münster. 1984 bis 2012 in verschiedenen Funktionen in der Energieabteilung des Wirtschaftsministeriums des Landes NordrheinWestfalen tätig: 1984 Referent, 1990 Referatsleiter, 2005 Leiter der Gruppe „Energierecht, Bergbau, Kerntechnik“. Seit März 2012 Vizepräsident der Bundesnetzagentur. Ursula Heimann, Dr. iur., LL.M., Jg. 1978; Studium in Münster, Paris und Lüneburg; Zusatzstudium Umweltrecht. Promotion in einem interdisziplinären Graduiertenkolleg des Instituts für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier. Seit 2009 in der Bundesnetzagentur in den Bereichen Energieregulierung und Netzausbau tätig, 2018/ 2019 abgeordnet zum Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Fabian Karrenstein, Dr. iur., B. Sc. (Geographie), Jg. 1986, Studium und Promotion in Bonn und Bari (Italien), 2012–2014 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn. Referendariat in Köln, Bonn, Speyer und Berlin. Seit 2016 bei der Bundesnetzagentur, zunächst als Referent in der Abteilung Netzausbau und sodann im Präsidiumsbüro als persönlicher Referent des Vizepräsidenten Peter Franke. Helmut Lecheler †, Prof. Dr. iur., Dipl.-Kaufmann, Jg. 1941; Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Erlangen-Nürnberg, Bonn und Paris II (Sorbonne-Assas); ordentliche Professuren für öffentliches Recht und Europarecht an den Universitäten Marburg, Erlangen-Nürnberg und seit 1992 an der Freien Universität Berlin. In den letzten 20 Jahren schwerpunktmäßige wissenschaftliche Beschäftigung mit dem deutschen und europäischen Rechtsrahmen der Energiewirtschaft. Von April bis November 2011 Vorsitzender der Arbeitsgruppe 3 „Regulierung“ der ständigen Gesprächsplattform „Zukunftsfähige Netze und Systemsicherheit“ beim Bundeswirtschaftsministerium. Julian Asmus Nebel, Dr. iur., Dipl.-Pol., Jg. 1978; Studium in Berlin, seit dem Jahr 2010 als Rechtsanwalt tätig. Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner bei Brahms/Nebel Partnerschaft von Rechtsanwälten. Thomas Recht, Dr. iur., Jg. 1986, Studium in Bonn, Referendariat in Köln, 2019 Promotion an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Bereich des Infrastruktur- und Planungsrechts. Seit 2020 als Referent bei der Bundesnetzagentur in der Abteilung Netzausbau. Christoph Riese, Dr. iur., Jg. 1964; Studium in Bonn, Promotion Dr. iur. 1992, seit dem Jahr 1992 als Rechtsanwalt tätig. Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner bei GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten. Mitglied in einer Vielzahl führender juristischer Organisatio-
V https://doi.org/10.1515/9783110670516-201
Bearbeiterverzeichnis
nen für das Verwaltungs- und Energierecht, unter anderem als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht Berlin/Brandenburg des Deutschen Anwaltsvereins. Miriam Aniela Salm, Dr. iur., Jg. 1987; Studium in Trier und Straßburg, Referendariat in Düsseldorf und Sydney. 2014–2016 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere deutsches und europäisches Verwaltungsrecht von Univ.-Prof. Dr. Ulrich Stelkens). Promotion im Planungs- und Verfassungsrecht am Beispiel des Stromnetzausbaus bei Univ.-Prof. Dr. Alexander Proelß an der Universität Trier. Seit 2016 Referentin in der Abteilung Netzausbau der Bundesnetzagentur. Christof Sangenstedt, Dr. iur., Ministerialrat a. D., Jg. 1954; Studium in Bonn und Münster. 1982 bis 1988 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Strafrechtlichen Institut der Universität Bonn. Seit 1988 zunächst als Referent, seit 1992 als Referatsleiter in verschiedenen Abteilungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUB). Von 1999 bis November 2019 Leiter des Referats für fachübergreifende Angelegenheiten des Umweltrechts im BMU. Jan Peter Sasse, Dr. rer. pol., Jg. 1978, Studium der Volkswirtschaftslehre in Freiburg, Sydney, Brüssel und Berlin. Promotion in Volkswirtschaftslehre am Graduiertenkolleg für Recht und Ökonomik, Universität Hamburg. Seit 2009 bei der Bundesnetzagentur, seit 2018 Leiter des Referats „Elektrizitätsverteilernetze, technische Grundsatzfragen, Versorgungsqualität, Digitalisierung, E-Mobilität“. Seit 2014 Lehrbeauftragter an der TU Berlin. Stefanie Scheuch, Jg. 1985, Studium der Rechtswissenschaft in Münster, währenddessen beschäftigt am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (Prof. Dr. Bernd Holznagel). Juristischer Vorbereitungsdienst mit Stationen u. a. in Münster, Bonn und Dortmund. Seit 2012 bei der Bundesnetzagentur, seit 2021 Beisitzerin in der Beschlusskammer 4. Sven Serong, Dr. iur., Jg. 1969; Studium in Passau und Toulouse, 1998 bis 2001 Wissenschaftlicher Assistent an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Promotion im Straßenrecht, 2001 bis 2003 Rechtsanwalt bei Kapellmann und Partner in Düsseldorf, 2004 bis 2006 Referent für Eisenbahnregulierung im Eisenbahn-Bundesamt und in der Bundesnetzagentur, dort seit 2007 Referatsleiter in den Abteilungen Eisenbahnregulierung und Netzausbau. Seit 2015 Unterabteilungsleiter und stellvertretender Abteilungsleiter Netzausbau. Armin Steinbach, Prof., Dr. iur, Dr. rer. pol., LL.M. Jg. 1978. 2007 Promotion in Jura (LMU München); 2008 Junior Legal Officer bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf; 2008–2009 Rechtsanwalt bei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton in Brüssel; 2013 Promotion in Volkwirtschaftslehre (Erfurt); 2017 Habilitation an der Universität Bonn; 2017–2020 Leiter des wirtschaftspolitischen Grundsatzreferates im Bundeswirtschaftsministerium; 2020–2021 Leiter des finanzpolitischen Grundsatzreferates im Bundesministerium der Finanzen; seit 2021 Professor für Law and Economics, Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der HEC Paris. Torsten Strothmann, Dr. rer. pol. (Landschaftsplanung), Ass. iur., Jg. 1981; Studium in Trier, Referendariat in Erfurt und Berlin; 2009-2013 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung an der Universität Kassel, Promotion am Fachgebiet Landschaftsentwicklung, Umwelt- und Planungsrecht bei Univ.-Prof. Dr.Ing. Dr. iur. Andreas Mengel; seit 2013 Referent in der Abteilung Netzausbau der Bundesnetzagentur.
VI
Geleitwort Der Unfall im Atomreaktor in Fukushima vor zehn Jahren bedeutete für die deutsche Energiepolitik eine nie dagewesene Zäsur. Seitdem vollziehen sich die Veränderungen im Energiesektor in immer größeren Schritten: Der Ausstieg aus der Versorgung mit konventionellen Energieträgern – Ende 2022 wird das letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet, der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist eingeläutet und wird mit Vehemenz vorangetrieben – unterstreicht die Dringlichkeit der umfassenden Einbindung der Erneuerbaren Energiequellen in unser Energiesystem. Damit verschieben sich nicht nur die die Standorte der Energieproduktion, sondern auch die Art und Weise der Energiegewinnung. Die Volatilität der Erneuerbaren muss durch verschiedene technische Lösungen wie etwa zusätzliche Speicher, aber vor allem durch eine optimale Einbindung in die Netzinfrastruktur und damit auch den Markt aufgefangen werden. Das Erfordernis eines zügigen Ausbaus der Stromnetze ist ungebrochen, durch die Anpassung des Bundesbedarfsplangesetzes im Frühjahr 2021 sind sogar noch weitere Vorhaben hinzugekommen. Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass der Netzausbau zügig, aber ebenso rechtssicher und unter Zusammenwirken aller betroffenen Akteure vorangebracht wird. Insofern begrüße ich es sehr, dass das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Aktionsplan Stromnetz ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um den Netzausbau weiter zu beschleunigen. Dazu gehört zum einen ein bundeseinheitliches Controlling der Netzausbauvorhaben. Dieses ermöglicht – gerade auch wegen der politischen Rückendeckung – eine bessere Koordination zwischen Bund, Ländern und Regionen. Flankiert wird dieses Controlling von umfangreichen gesetzlichen Anpassungen im Energieplanungsrecht unter der Überschrift NABEG 2.0. Damit können die Planungsverfahren verschlankt werden, ohne auf die für die Akzeptanz so bedeutsame Einbindung der Betroffenen verzichten zu müssen. Gleichzeitig bietet das NABEG 2.0 zahlreichende neue Instrumente, um die Vorhaben vorausschauend zu planen und einzelne Verfahrensschritte enger miteinander zu verzahnen. Auch vor diesem Hintergrund haben die Projekte auf Bundes- wie auf Länderebene erhebliche Fortschritte gemacht. Selbst die Corona-Pandemie konnte die Genehmigungsverfahren nicht ausbremsen. Umso erfreulicher ist es in diesen für die Energiewende so fordernden Zeiten, dass der hier vorliegende Kommentar zum Netzausbau in seiner dritten Auflage unter der bewährten Herausgeberschaft von Prof. Dr. Armin Steinbach und Peter Franke nicht nur die neuesten gesetzlichen Änderungen umfänglich berücksichtigt, sondern insbesondere auch den in den letzten Jahren weiter gewachsenen Wissens- und Erfahrungsschatz der Autorenschaft bündelt. Der Steinbach/ Franke leistet damit einen äußerst wertvollen und hochaktuellen Beitrag bei der Behandlung aller Rechtsfragen des Netzausbaus. Bonn, im Juni 2020
VII https://doi.org/10.1515/9783110670516-202
Jochen Homann
Vorwort zur 3. Auflage Seit dem Erscheinen der vorangegangenen, zweiten Auflage im Jahr 2017 hat sich das Recht der Energiewirtschaft und auch des Netzausbaus erheblich weiterentwickelt. So liegen nicht nur neue bundesverwaltungsgerichtliche Entscheidungen zum Netzausbau insgesamt, sondern insbesondere zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz mit dem Instrument der Bundesfachplanung vor. Aber auch jenseits der Rechtsprechung ist festzustellen, dass die Komplexität der Vorhaben und der damit verbundenen zahlreichen genehmigungsrechtlichen Fragestellungen immer weiter zunimmt. Insgesamt werden die rechtlichen und fachlichen Anforderungen an Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden immer höher. Positiv betrachtet führt dies freilich auch dazu, dass der Wissensschatz aus den Erfahrungen zu den einzelnen Projekten stetig zunimmt. Dies hat sich auch der Gesetzgeber zunutze gemacht und ist in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben: Im Zuge der als NABEG 2.0 bekannten Novellierungen im Energieplanungsrecht hat er weitere Möglichkeiten ausgelotet, um im bestehenden System weiteres Beschleunigungspotential zu heben – ohne die bereits weit fortgeschrittenen Verfahren durch neue gesetzliche Anforderungen auszubremsen. Hierbei macht sich – nicht nur mit Blick auf die jüngsten Novellierungen – bemerkbar, dass zunehmend bereits auf gesetzgeberische Ebene Vorentscheidungen über die Ausgestaltung einzelner Projekte getroffen werden. Ein besonders deutliches Beispiel ist sicherlich die bereits 2015 gefallene Entscheidung, die beiden großen Stromtrassen „Südlink“ und „Südostlink“ im Bundesbedarfsplangesetz als Erdkabelprojekte zu deklarieren. In den jüngsten Gesetzesanpassungen wurde daneben die Möglichkeit geschaffen, bereits auf Ebene des Bundesbedarfsplangesetzes einen Verzicht über die Bundesfachplanung festzulegen oder im Rahmen einer vorausschauenden Planung die Mitverlegung von Leerrohren zu ermöglichen. Eine echte Legalplanung beim Stromnetzausbau ist dies freilich nicht; eine entsprechende gesetzgeberische Tendenz – gerade auch mit Blick auf das Genehmigungsrecht bei anderen Infrastrukturen – lässt sich indes nicht gänzlich verneinen. Dem Grunde nach wird aber das bewährte gestufte Verfahren von Bedarfsermittlung einerseits und konkreter Vorhabenplanung andererseits beibehalten. Zugleich werden Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden weitere Instrumente in die Hand gegeben, die es ihnen erlauben, präziser auf die Besonderheiten der einzelnen Vorhaben einzugehen und damit passgenauer und schneller Lösungen für jedes Vorhaben zu entwickeln. Klar ist auch, dass neue Rechtsinstrumente neue Fragen aufwerfen können. Auch hier konnten bereits die ersten Erfahrungen in der Anwendungspraxis gesammelt werden, die nunmehr vollumfänglich in dieses Werk einfließen konnten. Daneben wurden auch die jüngste Novelle des Bundesbedarfsplangesetzes einschließlich der erneuten Anpassungen in Netzausbaubeschleunigungsgesetz und im Energiewirtschaftsgesetz berücksichtigt, sodass auch schon die planungsrechtlichen Anforderungen der Umrüstung von Erdgasleitungen zum Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur einfließen konnten. Hingegen wurde ganz bewusst auf eine eigenständige Kommentierung des zeitlich befristeten Planungssicherstellungsgesetzes für die Vorhabenfortführung während der Corona-Pandemie voller Optimismus und Hoffnung auf ein absehbares Ende des Infektionsgeschehen verzichtet. Insofern gilt der große Dank der Herausgeber dem mittlerweile schon bewährten Team erfahrener Autorinnen und Autoren, die trotz aller Widrigkeiten und Überraschungen mit all ihrer Fachexpertise für das Gelingen dieses Werkes – und in vielen Fällen auch ganz unmittelbar für das Gelingen des Netzausbaus – beitragen und beigetragen haben. Armin Steinbach und Peter Franke
Bonn und Berlin, im Oktober 2021
VIII https://doi.org/10.1515/9783110670516-203
Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis V VII Geleitwort VIII Vorwort zur 3. Auflage LI Abkürzungsverzeichnis LIX Literaturverzeichnis Teil 1 Einleitung
1
Teil 2 EnLAG Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (Energieleitungsausbaugesetz – 23 EnLAG) Teil 3 EnWG Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – 59 EnWG) … Teil 3 59 Regulierung des Netzbetriebs Abschnitt 1 59 Aufgaben der Netzbetreiber … 59 § 12a Szenariorahmen für die Netzentwicklungsplanung § 12b Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die Betreiber von Übertragungsnet75 zen § 12c Prüfung und Bestätigung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbe91 hörde § 12d Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber und Monitoring durch die Regu113 lierungsbehörde 117 § 12e Bundesbedarfsplan 132 § 12f Herausgabe von Daten 141 § 12g Schutz europäisch kritischer Anlagen, Verordnungsermächtigung 147 § 14d Netzausbaupläne, Verordnungsermächtigung, Festlegungskompetenz 158 § 14e Gemeinsame Internetplattform, Festlegungskompetenz Abschnitt 2 163 Netzanschluss … § 17a Bundesfachplan Offshore des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrogra163 phie 176 § 17b Offshore-Netzentwicklungsplan § 17c Prüfung und Bestätigung des Offshore-Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde sowie Offshore-Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetrei186 ber 191 § 17d Umsetzung der Netzentwicklungspläne und des Flächenentwicklungsplans § 17e Entschädigung bei Störungen oder Verzögerung der Anbindung von Offshore-Anla205 gen 227 § 17f Belastungsausgleich
IX
Inhaltsübersicht
§ 17g § 17h § 17i § 17j …
Haftung für Sachschäden an Windenergieanlagen auf See 241 Abschluss von Versicherungen 243 Evaluierung 245 Verordnungsermächtigung
239
Teil 5 247 Planfeststellung, Wegenutzung 247 § 43 Erfordernis der Planfeststellung 301 § 43a Anhörungsverfahren 307 § 43b Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung 313 § 43c Rechtswirkungen der Planfeststellung und Plangenehmigung 321 § 43d Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens 327 § 43e Rechtsbehelfe 336 § 43f Änderungen im Anzeigeverfahren 355 § 43g Projektmanager 362 § 43h Ausbau des Hochspannungsnetzes 372 § 43i Überwachung 378 § 43j Leerrohre für Hochspannungsleitungen 385 § 43k Zurverfügungstellung von Geodaten 388 § 43l Regelung zum Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen 408 § 44 Vorarbeiten 420 § 44a Veränderungssperre, Vorkaufsrecht 431 § 44b Vorzeitige Besitzeinweisung 444 § 44c Zulassung des vorzeitigen Baubeginns 454 § 45 Enteignung 463 § 45a Entschädigungsverfahren 468 § 45b Parallelführung von Planfeststellungs- und Enteignungsverfahren … Teil 10 Evaluierung, Schlussvorschriften … § 117b Verwaltungsvorschriften …
477 477
Teil 4 NABEG Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) Abschnitt 1 481 Allgemeine Vorschriften 481 §1 Grundsatz §2 Anwendungsbereich, Verordnungsermächtigung 501 §3 Begriffsbestimmungen 512 § 3a Zusammenarbeit von Bund und Ländern
481
491
Abschnitt 2 519 Bundesfachplanung 519 §4 Zweck der Bundesfachplanung 525 §5 Inhalt der Bundesfachplanung 562 § 5a Verzicht auf Bundesfachplanung § 5b Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Bundesfachplanung
580 X
Inhaltsübersicht
§6 §7 §8 §9 § 10 § 11 § 12 § 13 § 14 § 15 § 16 § 17
Antrag auf Bundesfachplanung 585 592 Festlegung des Untersuchungsrahmens 647 Unterlagen 660 Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 670 Erörterungstermin 681 Vereinfachtes Verfahren 695 Abschluss der Bundesfachplanung Bekanntgabe und Veröffentlichung der Entscheidung 718 Einwendungen der Länder 721 Bindungswirkung der Bundesfachplanung 746 Veränderungssperren 760 Bundesnetzplan
712
Abschnitt 3 761 Planfeststellung 761 § 18 Erfordernis einer Planfeststellung 803 § 19 Antrag auf Planfeststellungsbeschluss 809 § 20 Antragskonferenz, Festlegung des Untersuchungsrahmens 833 § 21 Einreichung des Plans und der Unterlagen 843 § 22 Anhörungsverfahren 853 § 23 Umweltverträglichkeitsprüfung 859 § 24 Planfeststellungsbeschluss 866 § 25 Änderungen im Anzeigeverfahren 880 § 26 Zusammentreffen mehrerer Vorhaben 888 § 27 Vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignungsverfahren 901 § 28 Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Abschnitt 4 905 Gemeinsame Vorschriften 905 § 29 Projektmanager 912 § 30 Kostenpflichtige Amtshandlungen § 30a Geheimhaltung und Datenschutz, Barrierefreiheit Abschnitt 5 940 Behörden und Gremien 940 § 31 Zuständige Behörde § 32 Bundesfachplanungsbeirat
921
947
Abschnitt 6 953 Sanktions- und Schlussvorschriften 953 § 33 Bußgeldvorschriften 957 § 34 Zwangsgeld 961 § 35 Übergangsvorschriften 965 § 36 Evaluierung Teil 5 969 BBPG Gesetz über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) 969 §1 Gegenstand des Bundesbedarfsplans 973 §2 Gekennzeichnete Vorhaben §3 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung §4 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung 998 §5 Berichtspflicht der Übertragungsnetzbetreiber XI
980 991
Inhaltsübersicht
§6 Rechtsschutz 1000 Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan
1002
Teil 6 PlfZ Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszu1007 weisungverordnung – PlfZV) 1007 §1 Durchführung der Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur 1008 §2 Inkrafttreten Teil 7 WindSeeG Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (Wind1009 SeeG) Teil 2 Fachplanung und Voruntersuchung
1009
Abschnitt 1 1009 Flächenentwicklungsplan 1009 §4 Zweck des Flächenentwicklungsplans 1014 §5 Gegenstand des Flächenentwicklungsplans §6 Zuständigkeit und Verfahren zur Erstellung des Flächenentwicklungs1031 plans §7 Übergang vom Bundesfachplan Offshore und vom Offshore-Netzentwicklungs1037 plan 1039 §8 Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans Stichwortverzeichnis
1043
XII
Inhaltsverzeichnis Bearbeiterverzeichnis V VII Geleitwort VIII Vorwort zur 3. Auflage LI Abkürzungsverzeichnis LIX Literaturverzeichnis Teil 1 1 Einleitung 1 A. Treiber des Netzausbaus 3 B. Der Netzausbau als energiepolitisches Ziel 3 C. Der Netzausbau im deutschen Recht 3 I. Einleitung 5 II. Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz 2006 5 III. Energieleitungsausbaugesetz 2009 6 IV. EnWG-Novellierung 2011 7 1. Staatliche Infrastrukturverantwortung 8 2. Legitimation der Bedarfsplanung 8 3. Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung 10 4. Transparenz der Bedarfsplanung 10 5. Technologieoffenheit des Netzausbaus 11 V. Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) 12 1. Problemanalyse am Ausgangspunkt des NABEG 13 2. Reformansatz der Bundesfachplanung und Planfeststellung 3. NABEG 2.0: Neue Instrumente zur weiteren Beschleunigung des Netzaus15 baus 16 VI. Wasserstoff 16 VII. Europarechtlicher Rahmen zum Netzausbau 17 VIII. Verfassungsmäßigkeit des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes 17 1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes 19 2. Vollzugskompetenz des Bundes 3. Verfassungsmäßigkeit der VO-Befugnis zur Übertragung der Planfeststellungszu20 ständigkeit 4. Zusammenfassung: Überblick über den stufenweisen Bedarfsplanungs- und Ge21 nehmigungsprozess Teil 2 EnLAG Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (Energieleitungsausbaugesetz – 23 EnLAG) 23 A. Vorgeschichte 26 B. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und des ersten ÄnderungsG (II) 26 I. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG 26 1. Bundesrat 27 2. Bundesregierung 28 3. Bundestag 30 4. Bundesrat 30 5. Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens II. Erstes Änderungsgesetz i. R. d. Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtli30 nie III. Zweites Änderungsgesetz i. R. d. Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energie31 leitungsbaus XIII
Inhaltsverzeichnis
C.
Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes 32 32 I. Wo liegt die Kompetenzgrundlage für den Bund? 32 1. Auswirkungen der Föderalismusreform I 33 2. Amtliche Begründung des Gesetzentwurfes II. Hat der Bund von dieser Kompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht oder hat er offe35 ne Räume gelassen, die die Landesgesetzgeber nutzen können? 35 1. Vor Erlass des EnLAG 37 2. Nach Erlass des EnLAG 38 III. Sind die – verschärften – Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt? 41 D. Kommentierung im Einzelnen 41 §1 41 1. Abs. 1 (Bedarfsplan) 41 a) Vorgeschaltete Bedarfsplanung 41 aa) Aufstellung, Umfang und Rechtswirkungen eines Bedarfsplans 43 bb) Alternative oder kumulative Voraussetzungen? 43 b) Erfordernis eines vordringlichen Bedarfs 44 2. Abs. 2 wesentliche Rechtswirkungen 44 a) Die Rechtswirkungen 45 b) Nicht abschließende Liste 45 3. Abs. 3 Rechtszug 46 4. Abs. 4 46 5. Abs. 5 47 §2 48 1. Umfang, Zweck und Verpflichtungsgehalt der Verkabelungsregelung 49 2. § 2 Abs. 1: Ausgewählte Vorhaben 49 a) Im Grundsatz Auswahlfreiheit des Vorhabenträgers 49 b) Auswahl der Erdkabeltechnologie 50 c) Planfeststellungsverfahren 50 d) Abwägungsspielraum der Planfeststellungsbehörde 50 e) Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-Prüfung 51 f) Gesetzliche Grenzen 51 g) Übergangsvorschriften 52 3. § 2 Abs. 2 (bedingter Verkabelungszwang auf Verlangen der Behörde) 52 a) Anwendungsbereich 52 b) Einschränkung der Wahlfreiheit 53 c) Einsatzfälle des Erdkabels 55 d) S. 2 des Abs. 2: Querung des Rennsteiges im Thüringer Wald 55 e) Pilotvorhaben im Abschnitt Wahle – Lamspringe 55 4. § 2 Abs. 3: Planfeststellung auf Antrag bei Teilverkabelung von Erdkabeln 56 5. § 2 Abs. 5: Kosten bzw. Mehrkosten
Teil 3 EnWG Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – 59 EnWG) …
XIV
Inhaltsverzeichnis
Teil 3 Regulierung des Netzbetriebs Abschnitt 1 Aufgaben der Netzbetreiber …
59
59
59 § 12a Szenariorahmen für die Netzentwicklungsplanung 59 I. Allgemeines 60 1. Überblick über die Norm 60 2. Regelungszweck 60 3. Entstehungsgeschichte 61 II. Zweck des Szenariorahmens und des Netzentwicklungsplans 62 III. Erarbeitung und Vorlage des Szenariorahmens (Abs. 1 S. 1) 64 IV. Szenarien (Abs. 1 S. 2 und 3) 66 V. Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 S. 4) 69 VI. Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur (Abs. 3 Satz 2) 69 VII. Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens (Abs. 2) 71 VIII. Genehmigung des Szenariorahmens (Abs. 3) 71 1. Rechtscharakter der Genehmigung 71 2. Zuständigkeit und Verfahren 72 3. Inhalt der Genehmigung 72 4. Rechtsschutz 72 a) Zulässigkeitsvoraussetzungen 73 b) Gerichtszuständigkeit IX. Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber 73 (§ 15a) § 12b Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die Betreiber von Übertragungsnet75 zen 76 I. Allgemeines 77 1. Überblick über die Norm 77 2. Regelungszweck 77 3. Entstehungsgeschichte 78 II. Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die ÜNB 78 1. Bedeutung eines gemeinsamen Netzentwicklungsplans 79 2. Erarbeitung des Netzentwicklungsplans 79 a) Schritte zur Erstellung des Netzentwicklungsplans 80 b) Zusammenarbeit mit den VNB (Abs. 3 S. 4) 82 3. Zeitpunkt der Vorlage 82 III. Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 2) 82 1. NOVA-Prinzip 83 2. Sicherer und zuverlässiger Netzbetrieb 83 3. Erforderlichkeit nach den Szenarien des Szenariorahmens 84 4. Zeitplan, Ausbaubedarf der nächsten drei Jahre und Verzögerungen 85 5. Übertragungstechnologie und Pilotprojekte 86 6. Anderweitige Planungsmöglichkeiten (Abs. 1 S. 4 Nr. 6) 86 7. Einbeziehung des Offshore-Bereichs (Abs. 1 S. 4 Nr. 7 und Abs. 1 S. 6) 8. Berücksichtigung des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans (Abs. 1 87 S. 6) 88 IV. Veröffentlichung und Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3) 89 V. Inhalt der Vorlage zur Bestätigung XV
Inhaltsverzeichnis
VI. Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschriften 89 VII. Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber (§ 15a) 90 VIII. Monitoring und Berichterstattung
89
§ 12c Prüfung und Bestätigung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbe91 hörde 92 I. Allgemeines 93 1. Überblick über die Norm 93 2. Regelungszweck 94 3. Entstehungsgeschichte 95 II. Prüfung des Netzentwicklungsplans (Abs. 1) 95 1. Prüfprogramm der Regulierungsbehörde (Abs. 1 S. 1) 95 2. Informationen der ÜNB (Abs. 1 S. 3) 95 3. Änderungsverlangen (Abs. 1 S. 2, Abs. 5) 4. Kohärenz mit dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan (Abs. 1 96 S. 4) 97 III. Strategische Umweltprüfung (Abs. 2) 97 1. Zeitpunkt der Erstellung des Umweltberichts 98 2. Grundsätze der SUP zum Bundesbedarfsplan 99 3. Informationen der ÜNB (Abs. 2 S. 4) und der zu beteiligenden Behörden 100 4. Inhalt der SUP zum Bundesbedarfsplan 100 a) Vernünftige Alternativen 102 b) Prüfung der Umweltauswirkungen 103 c) Zumutbarkeit 103 d) Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben 103 5. Inhalt des Umweltberichts 104 6. Rechtsschutz 104 IV. Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (Abs. 3) 105 1. Beteiligte und Gegenstand der Beteiligung 105 2. Dauer der Beteiligung (Abs. 3 S. 1) 106 3. Form (Abs. 3 S. 4) 106 4. Planungssicherstellungsgesetz 107 V. Entscheidung der Regulierungsbehörde (Abs. 4) 107 1. Überprüfung des Umweltberichts (§ 43 UVPG) 107 2. Bestätigung des Netzentwicklungsplans (Abs. 4) 108 3. Rechtsschutz (Abs. 4 S. 1 und 2) VI. Festlegungsbefugnis zu Inhalt und Verfahren des Netzentwicklungsplans 109 (Abs. 7) 109 1. Zweck und Umfang 110 2. Rechtsschutz 110 VII. Bestimmung der Durchführungsverantwortung (Abs. 8) 112 VIII. Ordnungswidrigkeiten § 95 § 12d Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber und Monitoring durch die Regu113 lierungsbehörde 113 I. Allgemeines 113 1. Überblick über die Norm 113 2. Regelungszweck 114 3. Entstehungsgeschichte 114 II. Europarechtlicher Hintergrund 115 III. Umsetzungsbericht (Abs. 1) 115 1. Gegenstand XVI
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2. Aufgaben der ÜNB und der BNetzA 115 3. Zeitplan 116 IV. Monitoring (Abs. 2)
115
117 § 12e Bundesbedarfsplan 117 I. Allgemeines 118 1. Überblick über die Norm 118 2. Regelungszweck 118 3. Entstehungsgeschichte 119 II. Verfahren 119 1. Ablauf des Verfahrens und Aufgabenverteilung 120 2. Erlass durch den Bundesgesetzgeber (Abs. 1 S. 2) 120 III. Inhalt des Bundesbedarfsplans 121 1. Leitungen und Vorhaben (Abs. 2 und 4) 122 2. Kennzeichnungen im Entwurf für einen Bundesbedarfsplan (Abs. 2) 122 a) Länder- und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen 122 b) Offshore-Anbindungsleitungen 123 IV. Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans (Abs. 4) 1. Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen 123 Bedarfs 125 2. Verbindlichkeit der Netzverknüpfungspunkte 126 3. Verbindlichkeit für die ÜNB 127 4. Verbindlichkeit für die Planfeststellung 127 V. Änderung des Bundesbedarfsplans (Abs. 1 und 5) 127 1. Verfahren bei Änderungen (Abs. 1 S. 3) 128 2. Auswirkungen auf die SUP (Abs. 5) 128 VI. Rechtsschutzmöglichkeiten 130 VII. Zuständigkeit des BVerwG für Vorhaben des Bundesbedarfsplans 132 § 12f Herausgabe von Daten 132 I. Allgemeines 132 1. Überblick über die Norm 133 2. Regelungszweck 133 3. Entstehungsgeschichte 133 II. Zurverfügungstellung von Daten an das BMWi und das UBA (Abs. 1) 134 1. Daten für die digitale Netzberechnung 134 2. Erforderlichkeit für digitale Netzberechnungen 134 3. Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung 134 4. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 135 III. Datenherausgabeanspruch Dritter (Abs. 2) 135 1. Anspruchsberechtigter (Abs. 2 S. 1) 135 a) Nachweis der Fachkunde 136 b) Nachweis des berechtigten Interesses c) Zusage der vertraulichen Behandlung oder Berechtigung für den Umgang mit 136 Verschlusssachen d) Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden anderer EU-Mitgliedstaa137 ten 137 2. Antragserfordernis (Abs. 2 Satz 1) 137 3. Umfang der Datenherausgabe 137 4. Datenformat (Abs. 2 S. 2) 5. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Herausgabe typisierter und anonymisierter 138 Datensätze (Abs. 2 S. 3 und 4) XVII
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6. 7. 8. 9.
Anspruch auf Herausgabe trotz Einstufung als Verschlusssache 139 Verhältnis zu anderen Informationsansprüchen 140 Rechtsschutz 140 Gebühren
§ 12g Schutz europäisch kritischer Anlagen, Verordnungsermächtigung 141 I. Allgemeines 141 1. Überblick über die Norm 142 2. Regelungszweck 142 3. Entstehungsgeschichte 143 II. Europäisch kritische Anlagen (Abs. 1) 143 1. Definition der europäisch kritischen Anlage (Abs. 1 S. 1) 143 2. Festlegung (Abs. 1 S. 2 bis 4) 143 a) Festlegung durch die BNetzA 144 b) Europäische Vorgaben für die Ermittlung 144 c) Bericht der ÜNB (Abs. 1 S. 3 und 4) 145 d) Anpassung bzw. Neuerlass der Festlegung 145 e) Rechtsschutz gegen die Festlegung 145 III. Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte (Abs. 2) 145 IV. Verordnungsermächtigung (Abs. 3) V. Geheimhaltungserfordernis: Einstufung als Verschlusssache (Abs. 4) 146 VI. Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschriften
138
141
145
147 § 14d Netzausbaupläne, Verordnungsermächtigung, Festlegungskompetenz 148 I. Allgemeines 148 1. Überblick über die Norm 148 2. Regelungszweck 149 3. Entstehungsgeschichte 150 II. Erstellung der Netzausbaupläne durch die VNB 150 1. Bedeutung der Netzausbaupläne 151 2. Erarbeitung der Netzausbaupläne 152 3. Zeitpunkt der Vorlage 153 4. Normadressaten (Abs. 6 S. 1) 154 III. Inhalt der Netzausbaupläne (Abs. 3 und 5) 154 1. Netzkarten (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) 154 2. Planungsgrundlagen (Abs. 3 S. 1 Nr. 2) 155 3. Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen (Abs. 3 S. 1 Nr. 3) 155 4. Engpassbehaftete Leitungsabschnitte (Abs. 3 S. 1 Nr. 4) 155 5. Nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistungen (Abs. 3 S. 1 Nr. 5) 156 6. Spitzenkappung (Abs. 3 S. 1 Nr. 6) 157 IV. Veröffentlichung und Stellungnahmemöglichkeit 157 V. Aufsichtsmaßnahmen § 14e Gemeinsame Internetplattform, Festlegungskompetenz 158 I. Allgemeines 158 1. Überblick über die Norm 159 2. Regelungszweck 159 3. Entstehungsgeschichte 160 4. Normadressaten 160 II. Errichtung, Betrieb und Datenschutz (Abs. 1) 160 1. Errichtung und Betrieb (Abs. 1 S. 1) 160 2. Datenschutz (Abs. 1 S. 2)
158
XVIII
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III. Eingabemöglichkeiten durch Dritte (Abs. 2) 161 IV. Veröffentlichungspflichten der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber (Abs. 3 und 4) 162 V. Festlegungsbefugnis der Regulierungsbehörde (§ 14e Abs. 5 S. 2) Abschnitt 2 Netzanschluss
161
163
§ 17a Bundesfachplan Offshore des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrogra163 phie 164 I. Allgemeines 165 1. Überblick über die Norm 165 2. Regelungszusammenhang 166 3. Entstehungsgeschichte 166 II. Erstellung des BFO (Abs. 1 S. 1) 168 III. Inhalt des BFO (Abs. 1 S. 2) 168 1. Windenergieanlagen auf See (Abs. 1 S. 2 Nr. 1) 169 2. Trassen oder Trassenkorridore (Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 5 und 6) 169 3. Übergang zum Küstenmeer (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) 169 4. Konverterplattformen, Umspannanlagen (Abs. 1 S. 2 Nr. 4) 170 5. Technikvorgaben, Planungsgrundsätze (Abs. 1 S. 2 Nr. 7) 170 IV. Maßstab des BSH bei der Erstellung (Abs. 1 S. 3, 4) 171 V. Verfahren (Abs. 2 bis 4) 171 1. Anhörungstermin 172 2. Umweltbericht 173 3. Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 174 VI. Rechtswirkungen (Abs. 5) 174 VII. Aufforderung zur Planfeststellung (Abs. 6) 175 VIII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 7) 176 § 17b Offshore-Netzentwicklungsplan 176 I. Allgemeines 177 1. Überblick über die Norm 177 2. Regelungszusammenhang 178 3. Entstehungsgeschichte 178 II. Erstellung des ONEP (Abs. 1 S. 1) 179 III. Inhalt des ONEP 179 1. Festlegungen 179 a) Netzausbaumaßnahmen (Abs. 1 S. 2) b) Zeitliche Staffelung: Generelles (Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 S. 1 und 2) 181 c) Zeitliche Staffelung: Kriterien (Abs. 2 S. 3) 182 d) Clusterübergreifende Anbindungen (Abs. 3) 182 2. Stand der Umsetzung (Abs. 2 S. 5) 183 IV. Zu beachtende Vorgaben 183 1. Erzeugungskapazitäten (Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 2 S. 2) 183 2. Bundesfachplan Offshore (Abs. 1 S. 2) 184 3. NEP (Abs. 2 S. 6) 184 4. Technische Standardisierungen (Abs. 2 S. 4) 184 V. Verfahren (Abs. 4) 185 VI. Rechtswirkungen 185 VII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 5)
XIX
180
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§ 17c Prüfung und Bestätigung des Offshore-Netzentwicklungsplans durch die Regulierungs186 behörde sowie Offshore-Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber 186 I. Allgemeines 186 1. Regelungszusammenhang und Überblick über die Norm 187 2. Entstehungsgeschichte 187 II. Bestätigung des ONEP 187 1. Verfahren (Abs. 1 S. 1) 188 2. Inhalt (Abs. 1 S. 1 und 2) 188 3. Änderung der Bestätigung (Abs. 2) 189 4. Rechtsschutz 189 III. Offshore-Umsetzungsbericht (Abs. 3) 189 1. Regelungszusammenhang 189 2. Zweck und Inhalt 190 3. Verfahren § 17d Umsetzung der Netzentwicklungspläne und des Flächenentwicklungsplans 194 I. Allgemeines 195 1. Überblick über die Norm 195 2. Regelungszusammenhang 196 3. Entstehungsgeschichte 197 II. Anbindungspflicht der ÜNB (Abs. 1) 198 III. Zeitlicher Ablauf, Fertigstellungstermin (Abs. 2) 200 IV. Clusterinterne Anbindung (Abs. 3) 201 V. Kapazitätsverlagerung (Abs. 4) 201 VI. Verlust der Netzanbindungskapazität (Abs. 5) 202 VII. Windenergieanlagen im Küstenmeer (Abs. 6 bis Abs. 9) 203 VIII. Festlegungen (Abs. 10) 204 IX. Durchsetzung der Anbindungspflicht (Abs. 11)
191
§ 17e Entschädigung bei Störungen oder Verzögerung der Anbindung von Offshore-Anla205 gen 206 I. Einführung 207 1. Hintergrund der Haftungsregelung 208 2. Nachträgliche Modifikationen 209 3. Auslegungsleitfaden der Bundesnetzagentur 210 II. Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung 210 1. Störung 211 2. Betriebsbereitschaft und Kausalität 212 3. Höhe des Entschädigungsanspruchs 212 a) Bemessungsgrundlage für den Zahlungsanspruch 213 b) Vergleichbare Anlage 213 aa) Messung der Windgeschwindigkeit 214 bb) Abschattungseffekte 214 4. Selbstbehalt 215 5. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers 216 6. Ausschluss weiterer Haftungsansprüche 216 III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung 216 1. Verzögerung der Netzanbindung 218 2. Betriebsbereitschaft und fiktive Betriebsbereitschaft 219 3. Höhe des Entschädigungsanspruchs 219 4. Selbstbehalt 220 5. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers XX
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6. Mitverschulden 220 221 7. Ausschluss weiterer Haftungsansprüche 221 8. Verpflichtung zur Rückzahlung 222 9. Entschädigung bei Altanlagen mit (un)bedingter Netzanbindungszusage 223 10. Zuschlag nach dem WindSeeG nach verbindlichem Fertigstellungstermin 223 IV. Entschädigung bei Wartung der Anbindungsleitung 224 1. Selbstbehalt 224 2. Höhe des Entschädigungsanspruchs 224 V. Regulatorische Berücksichtigung der Entschädigungszahlungen 225 VI. Andere Schadensersatzansprüche 225 1. Verhältnis zu § 32 Abs. 3 und 4 EnWG 225 2. Schadensersatzpflicht des Betreibers der Windenergieanlage auf See 226 VII. Wahlrecht nach § 17e Abs. 6 227 § 17f Belastungsausgleich 228 I. Einleitung 229 1. Nachträgliche Modifikationen 230 2. Entwicklung der Offshore-(Haftungs-)Umlage 231 II. Belastungsausgleich 231 1. Bestandteile des Belastungsausgleichs a) Kosten und Erlöse im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen nach 231 § 17e 232 b) Umlagefähige Netzkosten von Offshore-Anbindungsleitungen 233 2. Ausgleich zwischen den Übertragungsnetzbetreibern 233 III. Aufschlag auf Netzentgelte 234 1. Höchstgrenzen der Offshore-Netzumlage 234 2. Veröffentlichungspflicht 234 IV. Zusammensetzung der jährlichen Offshore-Netzumlage 235 V. Vorfinanzierung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers 235 VI. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers 236 VII. Schadensminderungsmaßnahmen 236 1. Zumutbare Maßnahmen zur Schadensverhinderung bzw. -minderung 237 2. Voraussetzung für den Belastungsausgleich 238 3. Schadensminderungskonzepte 239 § 17g Haftung für Sachschäden an Windenergieanlagen auf See 239 I. Überblick über die Norm 240 II. Verteilung bei Überschreiten der Haftungshöchstgrenze § 17h Abschluss von Versicherungen 241 I. Überblick über die Norm 242 II. Ausblick
241
243 § 17i Evaluierung I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte 243 II. Evaluierung 245 § 17j Verordnungsermächtigung I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte 246 II. Verordnungsermächtigung …
XXI
243
245
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Teil 5 Planfeststellung, Wegenutzung
247
247 § 43 Erfordernis der Planfeststellung 248 I. Allgemeines 249 1. Überblick über die Norm 250 2. Regelungszweck 251 3. Verhältnis zu VwVfG und NABEG sowie PlanSiG 252 4. Vorangehende Beschleunigungsgesetzgebung 252 5. Entstehungsgeschichte 255 II. Antrag auf Planfeststellung 256 III. Erfordernis der Planfeststellung 256 1. Planfeststellungspflichtige Vorhaben (Abs. 1) 256 a) Hochspannungsfreileitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) 257 b) Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) c) Grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen (Abs. 1 S. 1 258 Nr. 3) 258 aa) Allgemein 258 bb) Grenzüberschreitung 258 cc) Verknüpfungspunkt d) Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangeset259 zes (Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2) 260 e) Gasversorgungsleitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 5) 261 f) LNG-Anlagen-Anbindungsleitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 6) 262 2. Planfeststellungsfähige Vorhaben (Abs. 2) 263 a) Nebenanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 264 b) Erdkabel (Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4) 264 aa) Erdkabel im Küstenbereich (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) bb) Erdkabel zur Anbindung von Kraftwerken und Pumpspeicherkraftwerken 264 (Abs. 2 S. 1 Nr. 3) 265 cc) Sonstige Erdkabel (Abs. 2 S. 1 Nr. 4) 265 c) Mitgeführte Leitungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 5) 266 d) Leerrohre (Abs. 2 S. 1 Nr. 6) 266 e) Energiekopplungsanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 7) 267 f) Energiespeicher (Abs. 2 S. 1 Nr. 8) 267 3. Errichtung von Leitungen 268 4. Betrieb von Leitungen 268 5. Änderung von Leitungen 269 IV. Materiell-rechtliche Anforderungen 269 1. Planrechtfertigung 269 a) Grundsätze 271 b) Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfsplanung 271 c) Planrechtfertigung bei vorheriger behördlicher Bedarfsentscheidung 273 2. Beachtung zwingenden materiellen Rechts 273 a) Energiewirtschaftsrecht 274 b) Raumordnungsrecht 274 aa) Allgemeines 274 bb) Verfahren 274 cc) Rechtswirkung 275 dd) Verhältnis zur Bundesfachplanung
XXII
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c)
Umweltverträglichkeitsprüfung 275 275 aa) Allgemeines 276 bb) UVP-Pflicht 277 cc) Verfahren 277 dd) Variantenprüfung 277 d) Naturschutzrecht 277 aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH- und VS-Gebiete 283 bb) Abweichungsverfahren, Ausnahmen 286 cc) Artenschutz 286 dd) Nationale Schutzgebiete 287 ee) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelungen 289 e) Immissionsschutzrecht 289 aa) Elektromagnetische Felder 290 bb) Koronaeffekte 290 3. Abschnittsbildung 291 a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenabschnitten 291 b) Vorläufige positive Gesamtprognose 292 c) Antrag 293 d) Planrechtfertigung 294 e) Rechtsschutz 294 4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3) 294 a) Allgemeines 295 b) Alternativenprüfung 298 c) Alternativenprüfung nach FFH und Artenschutz 299 V. Zuständigkeit und Verfahren 299 VI. Rechtswirkungen 300 VII. Rechtsschutz 300 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 300 2. Rechtsschutz Dritter 301 § 43a Anhörungsverfahren 301 I. Allgemeines 301 1. Überblick über die Norm 302 2. Regelungszweck 302 3. Entstehungsgeschichte 303 4. Unionsrechtliche Bezüge 303 II. Anhörungsverfahrens 303 1. Auslegung des Plans (Nr. 1) 2. Zur Verfügung stellen von Einwendungen und Stellungnahmen (Nr. 2) 305 3. Verzicht auf den Erörterungstermin (Nr. 3) 306 III. Planänderungen (Nr. 4) § 43b Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung 307 I. Allgemeines 307 1. Überblick über die Norm 307 2. Regelungszweck 308 3. Entstehungsgeschichte 309 4. Unionsrechtliche Bezüge 309 II. Anwendung von §§ 73 und 74 VwVfG
XXIII
307
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III. Sonderregeln für dringliche Vorhaben (Nr. 1) 310 310 1. Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. a 311 2. Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. b 311 3. Sonderregelungen für die Verfahren 311 IV. Abstimmungspflicht der Länder (Nr. 2) § 43c Rechtswirkungen der Planfeststellung und Plangenehmigung 313 I. Allgemeines 313 1. Überblick über die Norm 313 2. Regelungszweck 314 3. Entstehungsgeschichte 314 II. Rechtswirkung der Planfeststellung 315 1. Genehmigungswirkung 315 2. Konzentrationswirkung 317 3. Gestaltungswirkung 317 4. Ausschluss- und Duldungswirkungen 318 5. Enteignungsrechtliche Vorwirkung 318 III. Rechtswirkung der Plangenehmigung 318 IV. Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses 319 1. Dauer der Wirksamkeit (Nr. 1) 320 2. Anhörung vor Verlängerung (Nr. 2) 320 3. Verfahren bei Verlängerung (Nr. 3) 320 V. Übergangsregelungen
313
321 § 43d Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens 321 I. Allgemeines 321 1. Überblick über die Norm 321 2. Regelungszweck 322 3. Entstehungsgeschichte 323 4. Unionsrechtliche Bezüge 323 II. Modifizierte Geltung von § 76 Abs. 1 VwVfG (S. 1) 323 1. Allgemeines 323 a) Anwendungsbereich 323 aa) Planänderung 323 bb) Planergänzung 324 cc) Ergänzendes Verfahren 324 b) Verhältnis zu § 43f (Unwesentliche Änderungen) 324 2. Neues Planfeststellungsverfahren (§ 76 Abs. 1 VwVfG) 325 3. Modifikation durch S. 1, Absehen von der Erörterung 325 III. Geltung von § 76 Abs. 2, 3 VwVfG 326 1. Absehen von einem neuen Verfahren (§ 76 Abs. 2 VwVfG) 326 a) Allgemeines 326 b) Modifikation durch § 43d 326 2. Vereinfachtes neues Verfahren (§ 76 Abs. 3 VwVfG) 326 IV. Sonstige Verfahrensvorschriften (S. 2) 327 § 43e Rechtsbehelfe 327 I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 328 2. Regelungszweck 3. Entstehungsgeschichte 4. Unionrechtliche Bezüge
327 328 329 XXIV
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II.
Rechtsschutz betroffener Eigentümer, Nachbarn und Gemeinden 330 330 1. Hauptsacheverfahren 330 a) Allgemeines 330 b) Zuständigkeit 331 c) Aufschiebende Wirkung (Abs. 1 S. 1) 331 d) Begründungsfrist (Abs. 3 S. 1) 331 e) Zurückweisung durch das Gericht (Abs. 3 S. 2) 332 2. Einstweiliger Rechtsschutz 332 a) Antrags- und Begründungsfrist (Abs. 1 S. 2, Abs. 2) 333 b) Sofortige Vollziehbarkeit 333 3. Anwendung von § 58 VwGO (Abs. 1 S. 4) 334 III. Rechtsschutz von Umweltverbänden 335 IV. Spätere Änderung der Tatsachen (Abs. 2) 336 § 43f Änderungen im Anzeigeverfahren 337 I. Allgemeines 337 1. Überblick über die Norm 338 2. Regelungszweck 339 3. Entstehungsgeschichte 340 4. Unionsrechtliche Bezüge 341 5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG 342 II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1) 1. Keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (S. 2 343 Nr. 1) 344 2. Keine Berührung öffentlicher Belange (S. 2 Nr. 2) 345 3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) 347 III. Abweichung vom UVPG (Abs. 2) 347 1. Fallgruppen (Abs. 2 S. 1; Abs. 5) 348 2. Voraussetzungen (Abs. 2 S. 2–4) 349 IV. Abweichung von Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (Abs. 3) 350 V. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4) 350 1. Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 351 2. Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 3) 3. Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 351 S. 4) 352 4. Prüfgegenstand (Abs. 4 S. 5) 352 5. Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6) 352 VI. Rechtswirkungen 353 VII. Rechtsschutz 353 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 353 2. Rechtsschutz Dritter 355 § 43g Projektmanager 355 I. Allgemeines 355 1. Überblick über die Norm 356 2. Regelungszweck 356 3. Entstehungsgeschichte II. Beauftragung eines Dritten (§ 43g S. 1 Nr. 1–9) 357 1. Projektmanager 358 2. Verhältnis zur Planungsbehörde
XXV
357
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III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung 358 358 1. Entscheidung über den Einsatz (§ 43g S. 1 a. E., S. 2) 359 2. Übertragbare Aufgaben (§ 43g S. 1 Nr. 1–9) 359 IV. Anwendungsbereich V. Wirkung auf die Entscheidung über den Planfeststellungsantrag 360 VI. Finanzierung 360 1. Kostentragung 360 2. Vergabeverfahren 361 3. Vertragsbeendigung
359
362 § 43h Ausbau des Hochspannungsnetzes 362 I. Allgemeines 362 1. Überblick über die Norm 362 2. Regelungszweck 363 3. Entstehungsgeschichte 364 II. Anwendungsbereich 365 III. Ausführung als Erdkabel (S. 1 Hs. 1) 365 1. Nennspannung von 110 kV oder weniger 365 2. Errichtung auf einer neuen Trasse (S. 2) 366 3. Kostenfaktor 367 a) Kosten für Errichtung und Betrieb 368 b) Abschnittsweise Betrachtung 368 4. Naturschutzfachliche Belange 369 IV. Ausführung als Freileitung (S. 1 Hs. 2) 369 1. Kein Entgegenstehen öffentlicher Interessen 371 2. Antrag des Vorhabenträgers 371 3. Entscheidung der Behörde 371 V. Rechtsschutz 372 § 43i Überwachung 372 I. Allgemeines 372 1. Überblick über die Norm 373 2. Regelungszweck 373 3. Entstehungsgeschichte 374 4. Unionsrechtliche Bezüge 374 II. Anwendungsbereich 374 III. Überwachung (Abs. 1) 375 1. Umweltbezogene Bestimmungen (Abs. 1 S. 1) 375 2. Auferlegung (Abs. 1 S. 2) 3. Nutzung bestehender Überwachungsmechanismen (Abs. 1 S. 3) 376 IV. Maßnahmen (Abs. 2) 376 1. Auswahlermessen 377 2. Entschließungsermessen 377 V. Verhältnis zur Überwachung im Übrigen 377 VI. Rechtsschutz § 43j Leerrohre für Hochspannungsleitungen 378 I. Allgemeines 378 1. Überblick über die Norm 379 2. Regelungszweck 380 3. Entstehungsgeschichte 381 II. Anwendungsbereich
375
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XXVI
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III. Tatbestandsvoraussetzungen (S. 1) 382 382 1. Räumlicher und zeitlicher Zusammenhang 383 2. Einzelfallprüfung und Prognoseentscheidung 383 IV. Klarstellungen (S. 2–4) 383 1. Gleichbehandlung mit Erdkabeln (S. 2) 384 2. Kein weiterer Genehmigungsbedarf (S. 3) 384 3. Zulässigkeit der Abschnittsbildung (S. 4) 384 V. Rechtsschutz 385 § 43k Zurverfügungstellung von Geodaten 385 I. Allgemeines 385 1. Überblick über die Norm 385 2. Regelungszweck 386 3. Entstehungsgeschichte 386 II. Parallelvorschrift § 31 Abs. 4 NABEG 386 III. Inhalt 1. Zurverfügungsstellungspflicht von Geodaten (S. 1) 387 2. Verweigerungsbefugnis (S. 2) 3. Zurverfügungstellen im geeigneten Verfahren (S. 3) 387 4. Kein Ausschluss der §§ 8,9 UIG (S. 4)
386 387
388 § 43l Regelung zum Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen 388 I. Allgemeines 389 1. Überblick über die Norm 390 2. Regelungszweck 392 3. Entstehungsgeschichte 394 4. Bezüge zur Kostenregulierung und zu den Schlussvorschriften 395 5. Unionsrechtliche Bezüge 396 6. Verhältnis zum Planfeststellungsrecht nach §§ 72 ff VwVfG 397 II. Anwendungsbereich 5. Teil (Abs. 1) 397 III. Besondere Regelungen für Wasserstoffinfrastruktur (Abs. 2–4) 397 1. Obligatorische Planfeststellung (Abs. 2) 398 2. Fakultative Planfeststellung (Abs. 3) 398 3. Fortgeltung und Sicherheitsanforderungen (Abs. 4 S. 1–3) 399 4. Anzeige bei Änderungen (Abs. 4 S. 4 und 5) 401 IV. Fortgeltung und Anzeige bei anderer Rechtsgrundlage (Abs. 5) 402 V. Immissionsschutzrecht (Abs. 6) 403 VI. Erstreckung des Gasbegriffes in BauGB und ROV (Abs. 7) 403 1. Gasbegriff in § 35 BauGB (Abs. 7 HS. 1) 403 2. Gasbegriff in § 1 Nr. 14 ROV (Abs. 7 HS. 2) 403 VII. Wasserstoff-Readiness (Abs. 8) 404 VIII. Rechtswirkungen 405 IX. Rechtsschutz 405 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 406 2. Rechtsschutz Dritter 408 § 44 Vorarbeiten 408 I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 409 2. Regelungszweck 3. Entstehungsgeschichte
XXVII
409 409
Inhaltsverzeichnis
II.
Anwendungsbereich 410 410 1. Sachlicher Anwendungsbereich 411 2. Zeitlicher Anwendungsbereich 411 III. Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1. S. 1) 411 1. Berechtigte 411 2. Verpflichtete 412 3. Gegenstand und Grenzen der Duldungspflicht 412 a) Gegenstand der Vorarbeiten 412 aa) Vorbereitung der Planung 413 bb) Vorbereitung der Baudurchführung 413 cc) Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen 413 b) Zeitliche Begrenzung der Duldung 414 c) Sachliche Begrenzung der Duldung 4. Durchsetzung durch Anordnung mittels Duldungsverfügung (Abs. 1 S. 2) 416 IV. Informationspflicht des Berechtigten (Abs. 2) 416 1. Rechtscharakter 416 2. Adressat der Norm (Vorhabenträger) 416 3. Informationsempfänger 416 4. Einzelheiten – Anforderung an Form, Bestimmtheit und Frist 417 V. Rechtsschutz 418 VI. Entschädigung (Abs. 3) 418 1. Entschädigungsanspruch (Abs. 3 S. 1) 418 2. Weitergehende Haftung 419 3. Festsetzung durch Behörde (Abs. 3 S. 2) 419 a) Verhandlungen 419 b) Antrag eines Beteiligten 419 4. Anhörung 419 5. Rechtsschutz
415
420 § 44a Veränderungssperre, Vorkaufsrecht 420 I. Allgemeines 420 1. Überblick über die Norm 421 2. Regelungszweck 422 3. Entstehungsgeschichte 422 II. Veränderungssperre (Abs. 1) 422 1. Unzulässige Maßnahmen (Abs. 1 S. 1) 423 a) Beginn und Ende (ipso iure) 424 b) Räumlicher Geltungsbereich 424 c) Wirkungen 425 2. Bestandsschutz (Abs. 1 S. 2) 426 3. Keine Berücksichtigung unzulässiger Veränderungen (Abs. 1 S. 3) 426 4. Entschädigung (Abs. 2) 426 a) Allgemeines 426 b) Entschädigungsverpflichteter und -berechtigter 426 c) Voraussetzungen und Umfang der Entschädigung (Abs. 2 S. 1) d) Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (Abs. 2 S. 2) 428 e) Entsprechende Beschränkung des Eigentums (Abs. 2 S. 3 und 4) 428 f) Verfahren und Rechtsschutz 428 III. Vorkaufsrecht (Abs. 3) 428 a) Allgemeines 429 b) Anwendungsbereich 429 c) Ausübung und Rechtswirkung
427
XXVIII
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§ 44b Vorzeitige Besitzeinweisung 431 432 I. Allgemeines 432 1. Überblick über die Norm 433 2. Regelungszweck 433 3. Entstehungsgeschichte 434 II. Vorzeitige Besitzeinweisung (Abs. 1 S. 1) 434 1. Voraussetzungen (Abs. 1 S. 1, 2, 3) 435 2. Anspruchsinhalt 435 III. Besitzeinweisung vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1a) 435 1. Parallelvorschrift in § 27 Abs. 1 NABEG 435 2. Allgemeines 436 3. Antrag und Anhörung 437 4. Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinweisung 5. Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung (Prognoseentscheidung, Abs. 1a 437 S. 2) 437 6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 1a S. 3) 438 7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 438 8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1a S. 4) 439 9. Rechtscharakter, Rechtsmittel 439 IV. Benötigte Grundstücke 439 V. Verfahren (Abs. 2, 3) 439 1. Antrag 440 2. Ausgangszustand des Grundstücks (Abs. 3) 440 VI. Besitzeinweisungsbeschluss (Abs. 4) 440 1. Individuelle Bekanntgabe (Abs. 4 S. 1) 440 2. Wirksamkeit (Abs. 4 S. 2, 3) 441 3. Rechtswirkung 441 a) Grundstücksinhaber (Abs. 4 S. 4) 441 b) Vorhabenträger (Abs. 4 S. 5) 441 VII. Entschädigung für Vermögensnachteile (Abs. 5) 441 1. Berechtigter (Abs. 5 S. 1) 441 2. Verpflichteter (Abs. 5 S. 1) 441 3. Höhe (Abs. 5 S. 2) 442 VIII. Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses/der Plangenehmigung (Abs. 6) 442 1. Akzessorietät (Abs. 6 S. 1) 442 2. Entschädigung für besondere Nachteile (Abs. 6 S. 2) 442 IX. Rechtsschutz (Abs. 7) 442 1. Aufschiebende Wirkung (Abs. 7 S. 1) 443 2. Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO (Abs. 7 S. 2) 444 § 44c Zulassung des vorzeitigen Baubeginns 444 I. Allgemeines 445 1. Überblick über die Norm 445 2. Regelungszweck 446 3. Entstehungsgeschichte 447 II. Anwendungsbereich 447 1. Sachlicher Anwendungsbereich 448 2. Zeitlicher Anwendungsbereich 449 III. Verfahrensrecht (§ 44c Abs. 1 S. 3) 449 IV. Materiellrechtliche Voraussetzungen (§ 44c Abs. 1 S. 1 Nr. 1–5) 449 1. Günstige Prognoseentscheidung (Nr. 1) 2. Bestehen eines öffentlichen oder eines berechtigten Interesses (Nr. 2) XXIX
450
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3. Reversibilität der Maßnahmen (Nr. 3) 451 451 4. Verfügung über die notwendigen privaten Rechte (Nr. 4) 451 5. Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht (Nr. 5) 452 V. Wirkung und Dauer der Zulassung 452 1. Wirkung der Entscheidung 453 2. Beginn und Dauer der Gestattungswirkung 453 VI. Rechtsschutz 453 1. Rechtsschutzmöglichkeiten des Vorhabenträgers 453 2. Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter (Rn 47–52) 454 § 45 Enteignung 454 I. Allgemeines 454 1. Überblick über die Norm 455 2. Regelungszweck 455 3. Entstehungsgeschichte 456 4. Art. 14 GG 456 5. Unionsrechtliche Bezüge 457 II. Zulässigkeit der Enteignung 457 1. Materielle Zulässigkeit a) Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 1 b) Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 458 c) Erforderlichkeit 459 2. Feststellung der Zulässigkeit 460 3. Enteignungsbegünstigte 460 III. Enteignungsverfahren 461 IV. Rechtsfolgen 461 V. Rechtsschutz
457 458
463 § 45a Entschädigungsverfahren 463 I. Allgemeines 463 1. Überblick über die Norm 463 2. Regelungszweck 464 3. Entstehungsgeschichte 464 II. Verpflichtung zur Entschädigung in Geld 465 III. Verfahren 465 1. Allgemeines 466 2. Vereinbarung 466 3. Festsetzung durch die Behörde 466 4. Höhe der Entschädigung 467 IV. Rechtsweg (Hs. 2) 468 § 45b Parallelführung von Planfeststellungs- und Enteignungsverfahren 468 I. Allgemeines 468 1. Überblick über die Norm 469 2. Regelungszweck 469 3. Verfassungsmäßigkeit 470 4. Entstehungsgeschichte 470 II. Parallelvorschrift in § 27 Abs. 2 NABEG III. Parallelvorschrift in § 44b Abs. 1a, § 27 Abs. 1 NABEG (vorzeitige Besitzeinwei470 sung) 471 IV. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – vorzeitige Enteignung (S. 1) 471 1. Allgemeines XXX
Inhaltsverzeichnis
V.
2. Antrag und Anhörung 471 472 3. Rechtscharakter 4. Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Prognoseentscheidung, S. 2) 473 5. Aufschiebende Bedingung (S. 3) 473 6. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 474 7. Ergänzung des Verfahrens (S. 4) 474 Rechtsschutz
Teil 10 Evaluierung, Schlussvorschriften …
477
477 § 117b Verwaltungsvorschriften 477 I. Allgemeines 477 1. Überblick über die Norm 477 2. Regelungszweck 478 3. Entstehungsgeschichte II. Anwendungsbereich, Verfahren und Inhalt …
478
Teil 4 NABEG Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften
481
481 § 1 Grundsatz 481 I. Allgemeines 481 1. Überblick 482 2. Regelungszusammenhang 484 II. Zielstellungen und Auslegungsgrundsätze 484 1. Verwirklichung der Ziele im Gesetz 2. Verwirklichung der Ziele durch Auslegung des Gesetzes 487 III. Überragendes öffentliches Interesse 491 § 2 Anwendungsbereich, Verordnungsermächtigung 491 I. Allgemeines 491 1. Überblick 492 2. Zweck der Regelung und Entstehungsgeschichte 493 II. Anwendungsbereich (Abs. 1) 494 III. Zuständigkeitsverordnung (Abs. 2) 496 IV. Zusammentreffen mehrerer Vorhaben (Abs. 3) 496 1. Mehrfachgestänge 497 a) Voraussetzungen 497 b) Regulatorische Rahmenbedingungen 498 2. Erdkabel und Leerrohre 499 V. Verhältnis zum EnLAG (Abs. 4) 499 VI. Abgrenzung bei Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 5) § 3 Begriffsbestimmungen 501 I. Allgemeines
XXXI
481
501
485
472
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II.
Nr. 1: Änderung oder Erweiterung einer Leitung 502 503 1. Nr. 1 a) Zubeseilung 504 2. Nr. 1 b) Umbeseilung 504 3. Nr. 1 c) Änderung des Betriebskonzepts 505 III. Nr. 2: Bestandstrasse 505 IV. Nr. 3: Errichtung 505 V. Nr. 4: Ersatzneubau 506 VI. Nr. 5: Parallelneubau 507 VII. Nr. 6: Trasse 507 VIII. Nr. 7: Trassenkorridore 509 IX. Nr. 8: Vereinigungen 510 X. Nr. 9: Vorhabenträger 512 § 3a Zusammenarbeit von Bund und Ländern 512 I. Übersicht und Entstehungsgeschichte 513 II. Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Abs. 1) III. Kein Erschweren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung (Abs. 2) 515 1. Systematische Einordnung 515 2. Adressaten der Norm 516 3. Tatbestand 517 4. Rechtsfolge 517 5. Wirkungen eines Verstoßes gegen die Norm Abschnitt 2 Bundesfachplanung §4 I. II. III.
515
519
519 Zweck der Bundesfachplanung 519 Allgemeines 520 Zweck der Bundesfachplanung Bestimmung von Trassenkorridoren für die Planfeststellungsverfahren 521 1. Zum Begriff des Trassenkorridors 521 a) Energierecht 522 b) Bundesfernstraßenrecht 522 c) Raumordnungsrecht 522 2. Legaldefinition in § 3 Nr. 7 522 3. Breite eines Trassenkorridors 523 4. Strukturelle Maßgaben
521
525 § 5 Inhalt der Bundesfachplanung 526 I. Allgemeines 526 1. Überblick über die Norm 527 2. Zweck und Wesen der Bundesfachplanung 527 a) Funktion 528 b) Prüfungsgegenstand 529 c) Abschließende Entscheidung 530 d) Bindungs- und Außenwirkung 531 e) Einordnung in das gestufte Planungssystem 534 f) Rechtsnatur 535 3. Entstehungsgeschichte 537 II. Anwendungsbereich 538 III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1) 1. Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange (Abs. 1. S. 2)
538 XXXII
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2.
Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und anderen raumbe539 deutsamen Planungen und Maßnahmen (Abs. 2) 539 a) Raumverträglichkeit der Bundesfachplanung (S. 1) 539 b) Bindung an die Ziele der Raumordnung (S. 2 bis S. 6) 545 3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 3) 548 4. Prüfung von alternativen Trassenkorridoren (Abs. 4) 5. Geradliniger Verlauf des Trassenkorridors von erdverkabelten HGÜ-Leitungen 549 (Abs. 5) 549 6. Offshore-Anbindung (Abs. 6) 550 7. Strategische Umweltprüfung (Abs. 7) 551 8. FFH-Verträglichkeit 551 IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung 551 1. Abwägungsentscheidung 554 2. Außen- und Bindungswirkung 554 a) Grundsatz 555 b) Unwesentliche Abweichungen 555 c) Sinn und Zweck der Verbindlichkeit 555 d) Fehlende Außenwirkungen 556 e) Rechtsschutz 556 f) Bewertung 556 3. Fehlerfolgen und Fehlerkorrektur in der Bundesfachplanung 556 a) Allgemeines 557 b) Öffentlichkeitsbeteiligung 557 c) Inzidente Überprüfung 557 d) Gesetzliche Regelungen 558 e) Auswirkungen von Fehlern und Fehlerkorrektur 558 aa) Vor Abschluss der Bundesfachplanung 558 bb) Nach Abschluss der Bundesfachplanung 559 cc) Nach Beginn der Planfeststellung 559 dd) Nach Abschluss der Planfeststellung 560 V. Zuständigkeit und Verfahren 560 1. Zuständigkeit 560 2. Verfahren 562 § 5a Verzicht auf Bundesfachplanung 562 I. Überblick über die Norm 565 II. Anwendungsbereich 565 1. Änderung oder Erweiterung einer Leitung (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) 565 2. Ersatzneubau (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) 566 3. Neubau oder Verlegung von Leerrohren i. S. d. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 4. Ersatz- oder Parallelneubau weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Be566 standstrasse (Abs. 2) 566 a) Ersatzneubau (Abs. 2 S. 1, 1. Alt.) 566 b) Parallelneubau (Abs. 2 S. 1, 2. Alt.) c) Weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse (Abs. 2 566 S. 1) 567 III. Antragsinhalte 568 1. Antragserfordernis 568 2. Frist 568 3. Verfahren (Abs. 3) 568 4. Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis (Abs. 3 S. 1 und S. 2) 569 a) Möglichkeit eines Bundesfachplanungsverzichts (Abs. 3 S. 2) XXXIII
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b) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 1 571 571 c) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 2 573 d) Keine SUP-Vorprüfung 574 5. Möglichkeit der Abschnittsbildung (Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2) IV. Entscheidung über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung (Abs. 3 574 S. 1) 574 1. Rechtsfolge: Gebundene Entscheidung (Abs. 1 S. 1) 575 2. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung (Abs. 2 S. 1) 577 3. Frist (Abs. 3 S. 1) 577 V. Rechtsschutz (Abs. 3 S. 3) 577 VI. Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz (Abs. 4) 578 VII. Weiteres Verfahren (Abs. 5) 579 VIII. Frist zur Antragstellung (Abs. 6) § 5b Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Bundesfachplanung 580 I. Überblick und Entstehungsgeschichte 581 II. Tatbestandsvoraussetzungen 581 1. Mehrfachgestänge 582 2. Bündelung mit einem Erdkabel 583 III. Information der Raumordnungsbehörden 583 IV. Widerspruchsfrist und einheitliche Entscheidung
580
585 § 6 Antrag auf Bundesfachplanung 585 I. Allgemeines 586 1. Überblick über die Norm 586 2. Regelungszweck 587 3. Entstehungsgeschichte 587 II. Inhalt des Antrages (S. 6 und 7) 587 1. Allgemeines 588 2. Notwendige Unterlagen für die Bundesfachplanung 3. Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen für die Bundesfachplanung 588 (S. 7) 589 a) Trassenkorridor und Alternativen (S. 7 Nr. 1) 589 b) Erläuterung der Alternativen (S. 7 Nr. 3) 589 c) Technologiekennzeichnung (S. 7 Nr. 4) 589 d) Sonstige Unterlagen 589 4. Unterlagen im vereinfachten Verfahren (S. 7 Nr. 4) III. Einleitung der Bundesfachplanung durch Antrag des Vorhabenträgers (S. 1) 590 IV. Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung 590 V. Abschnittsbildung (S. 5) 591 VI. Rechtsschutz 591 1. Verpflichtung zur Antragstellung 591 2. Anspruch auf Durchführung des Bundesfachplanung
590
592 § 7 Festlegung des Untersuchungsrahmens 592 I. Allgemeines 593 1. Überblick über die Norm 594 2. Regelungszweck 594 3. Entstehungsgeschichte 595 4. Der innovative Charakter der Regelung 595 a) Fehlende Antragsbindung
XXXIV
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b) c)
II.
III.
IV.
V. VI. VII.
Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz 596 Das Zusammenspiel zwischen mangelnder Antragsbindung und früher Öffent596 lichkeitsbeteiligung 597 Der Begriff des Untersuchungsrahmens 597 1. Der Untersuchungsrahmen in der Umweltprüfung 598 2. Der Untersuchungsrahmen in der Bundesfachplanung 598 Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2) 598 1. Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorridore a) Die Trassenkorridore als Bezugsgegenstände des Untersuchungsrah598 mens 599 b) Kriterien zur Bestimmung der verfahrensrelevanten Trassenkorridore c) Konsequenzen für die Verfahrensstruktur und die Rollenverteilung der Beteilig603 ten d) Untersuchungs- und Darstellungstiefe bei der Planung von Korridoralternati605 ven e) Erdkabelvorrang für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertra607 gung 609 2. Belange der Raumordnung 609 a) Bedeutung der Raumverträglichkeit b) Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung (Abs. 1 610 S. 3) c) Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (§ 5 614 Abs. 2 S. 1 Hs. 2) 616 3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (§ 5 Abs. 3) 617 4. Umweltbelange 617 a) Bedeutung der Umweltverträglichkeit 618 b) Der Untersuchungsrahmen der Strategischen Umweltprüfung 625 c) Der Untersuchungsrahmen der Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung d) Der Untersuchungsrahmen der besonderen artenschutzrechtlichen Prü627 fung 629 5. Sonstige öffentliche und private Belange 6. Weitere Gegenstände des Untersuchungsrahmens und der Antragskonfe630 renz 631 Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2) 631 1. Bedeutung der Antragskonferenz 631 a) Wesentliche Merkmale 631 b) Ziele 634 2. Teilnehmende der Antragskonferenz (Abs. 2 S. 1 und 3) 634 a) Individuell zu benachrichtigende Teilnehmende (S. 1) 636 b) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3) 637 3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung 637 a) Gestaltungsspielraum der BNetzA 638 b) Individuelle Ladung und Unterrichtung der Öffentlichkeit 639 c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachbereitung 641 d) Organisation und praktische Durchführung 642 Alternativvorschläge der Länder und anderer Beteiligter (Abs. 3) 644 Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 4 und 5) 646 Unterbleiben der Antragskonferenz im vereinfachten Verfahren (Abs. 6)
647 § 8 Unterlagen 647 I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm XXXV
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2. Regelungszweck 647 648 3. Entstehungsgeschichte 649 II. Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Vorlage der Unterlagen (S. 1 bis 3) 649 1. Ausgestaltung als Rechtspflicht 650 2. Abgrenzung von der Antragstellung nach § 6 651 3. Vorzulegende Unterlagen (S. 1) 653 4. Vorlagefrist und Fristverlängerung (S. 1 bis 3) 653 III. Vorarbeiten (S. 4) 656 IV. Vollständigkeitsprüfung (S. 5 und 6) 656 1. Bedeutung der Vollständigkeitsprüfung 656 2. Prüfmaßstab (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 2) 657 3. Weitere Verfahrensfragen (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 1 u. 3 bis 5) 660 § 9 Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 661 I. Allgemeines 661 1. Überblick über die Norm 662 2. Regelungszweck 662 3. Entstehungsgeschichte 663 II. Behördenbeteiligung (Abs. 1 und Abs. 2) 663 1. Allgemeines 663 2. Vorlage und Inhalt der Unterlagen 664 a) Behörden und Träger öffentlicher Belange 664 b) Anerkannte Naturschutzverbände 665 3. Stellungnahmen der Behörden (Abs. 2) 665 a) Aufforderung zur Stellungnahme 665 b) Fristsetzung 666 c) Präklusion 666 III. Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3 und Abs. 4) 666 1. Bekanntmachung 667 2. Veröffentlichung der Unterlagen im Internet (Abs. 4) 667 3. Auslegung 668 4. Inhalt der Auslegung 668 5. Beginn und Dauer der Auslegung 668 IV. Einwendungen (Abs. 5) 669 V. Vereinfachtes Verfahren (Abs. 6) 669 VI. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 7) 670 § 10 Erörterungstermin 670 I. Allgemeines 671 1. Überblick über die Norm 671 2. Regelungszweck 671 3. Entstehungsgeschichte 672 II. Grundsatz, obligatorischer Erörterungstermin 672 III. Erörterungstermin 672 1. Erörterung 673 2. Ablauf a) Vorbereitung des Erörterungstermins/Benachrichtigung der Beteiligten 674 b) Durchführung des Erörterungstermins 675 IV. Befangenheit 676 V. Einwendungen und Stellungnahmen 676 a) Einwendungen 676 b) Stellungnahmen
673
XXXVI
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VI. Ausnahmen 677 677 1. Zwingende Ausschlussgründe (Abs. 3) a) Keine oder keine rechtzeitige Einwendung/Stellungnahme (Nr. 1) 677 b) Rücknahme einer Einwendung (Nr. 2) 678 c) Privatrechtliche Titel (Nr. 3) 678 d) Verzicht auf einen Erörterungstermin (Nr. 4) 679 2. Ausnahmen nach Abs. 2 S. 4 i. V.m 679 a) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG 679 b) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG 679 VII. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung
677
681 § 11 Vereinfachtes Verfahren 681 I. Allgemeines 681 1. Überblick über die Norm 682 2. Regelungszweck 683 3. Entstehungsgeschichte 684 II. Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1) 684 1. Kein Erfordernis einer Strategischen Umweltprüfung 686 2. Bündelung mit einer bereits zugelassenen Trasse a) Geringfügige Änderung eines bereits bestimmten Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1 686 Nr. 1) 686 aa) Trassenkorridor 687 bb) Geringfügige Änderung b) Kleinräumiger Verlauf außerhalb eines ausgewiesenen Trassenkorridors (Abs. 1 688 S. 1 Nr. 2) 689 3. Abschnittsbildung im vereinfachten Verfahren (Abs. 1 S. 2) 689 III. Materiell-rechtliche Prüfung im vereinfachten Verfahren (Abs. 2) 690 IV. Herstellen des Benehmens mit den zuständigen Landesbehörden (Abs. 2) 690 1. Benehmen 691 2. Zuständigkeit der Landesbehörden 691 V. Durchführung des vereinfachten Verfahrens (Abs. 3) 691 1. Einleitung des Verfahrens 692 2. Entscheidung über das vereinfachte Verfahren 692 3. Durchführung einer Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 693 4. Verfahrensfristen 693 a) Frist nach Abs. 3 S. 1 693 b) Frist nach Abs. 3 S. 2 693 VI. Rechtsschutz 693 1. Entscheidung über die Raumverträglichkeit 694 2. Entscheidung über das vereinfachte Verfahren 695 § 12 Abschluss der Bundesfachplanung 695 I. Allgemeines 696 1. Überblick über die Norm 696 2. Regelungszweck 697 3. Entstehungsgeschichte 698 II. Entscheidung über die Bundesfachplanung (Abs. 2) 698 1. Verlauf des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 698 a) Allgemeines b) Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange c) Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung 700 aa) Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung XXXVII
699 699
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bb) Prüfung der Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Raumord701 nung cc) Prüfung der Übereinstimmung mit den sonstigen Erfordernissen der Raum701 ordnung 701 dd) Trassenkorridor 702 2. Umweltauswirkungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) 703 3. FFH-Recht 703 4. Artenschutzrecht 704 III. Kennzeichnung zur Erdkabeleignung 704 IV. Prüfung alternativer Trassenkorridore (Abs. 2 S. 1 Nr. 4) 705 V. Abschnittsbildung 706 1. Abschnittsbildung auf Antrag des Vorhabenträgers 706 2. Abschnittsbildung von Amts wegen 707 3. Rechtfertigung der Trassenabschnitte 707 4. Vorläufige positive Gesamtprognose 707 VI. Begründung der Entscheidung (Abs. 2 S. 2, 3) 708 VII. Entscheidungsfrist (Abs. 1) 709 VIII. Entscheidung im vereinfachten Verfahren (Abs. 3) 709 IX. Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Bundesfachplanung 710 X. Verpflichtung zum Antrag auf Planfeststellung (Abs. 2 S. 4, 5) § 13 Bekanntgabe und Veröffentlichung der Entscheidung 712 I. Allgemeines 712 1. Überblick 713 2. Zweck der Regelung 714 II. Bekanntgabe an Beteiligte (Abs. 1) 715 III. Gegenstand der Übermittlung 715 IV. Form der Übermittlung 716 V. Frist der Übermittlung 716 VI. Auslegung und Veröffentlichung (Abs. 2) 716 1. Auslegung 717 2. Fristberechnung 717 3. Internetveröffentlichung 717 4. Ankündigung der Veröffentlichung § 14 Einwendungen der Länder 718 I. Allgemeines 718 1. Überblick 2. Zweck der Regelung 719 II. Betroffenheit 719 III. Verfahren 720 IV. Rechtswirkungen
712
718
718
721 § 15 Bindungswirkung der Bundesfachplanung 721 I. Allgemeines 721 1. Überblick über die Norm 722 2. Regelungszweck 723 3. Entstehungsgeschichte II. Verhältnis der Bundesfachplanung zur nachfolgenden Planfeststellung 724 (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1) 724 1. Bedeutung der Verbindlichkeit der Entscheidung
XXXVIII
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2.
Einschränkungen bei der Bindung der Planfeststellung an die Korridorentschei726 dung? 729 3. Keine unmittelbare Außen- und Gestattungswirkung (Abs. 3 S. 1) III. Vorrang der Bundesfachplanung vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanun730 gen (Abs. 1 S. 2) 730 1. Überblick – Anwendungsbereich und Gegenstand der Regelung 731 2. Landesplanungen und Bauleitplanungen 732 3. Reichweite des Vorrangs 733 4. Rechtswirkungen des Vorrangs 734 IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2) 734 1. Gerichtliche Inzidentkontrolle 736 2. Vorverlagerung des Rechtsschutzes? 738 3. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts 738 4. Planerhaltung (Abs. 3 S. 3) 742 V. Geltungsdauer der Entscheidung (Abs. 2) 742 1. Zweck der Regelung 743 2. Regelgeltungsdauer (S. 1) 744 3. Verlängerung der Frist (S. 2 und 3) 746 § 16 Veränderungssperren 746 I. Allgemeines 747 1. Überblick über die Norm 747 2. Regelungszweck 748 3. Entstehungsgeschichte 749 II. Inhalt einer Veränderungssperre 750 III. Rechtsnatur und Wirksamwerden der Veränderungssperre (Abs. 3, 4) 750 IV. Voraussetzungen für den Erlass einer Änderungssperre (Abs. 1 S. 1) 750 1. Anordnung, Antrag 751 2. Abschluss der Bundesfachplanung 752 3. Feststellung des vordringlichen Bedarfs 752 4. Gefahr der Erschwerung der Trassierung 753 V. Geltungsbereich 753 1. Räumlicher Geltungsbereich 753 2. Zeitlicher Geltungsbereich (Abs. 1 S. 3 und S. 4) 754 3. Wirkungen 755 4. Sonstige Rechtsfolgen 756 5. Entschädigungsregelung (Abs. 6) 756 6. Aufhebung der Veränderungssperre (Abs. 2) 756 a) Anderweitige Verwirklichung des Vorhabens (Abs. 2 S. 1 Alt. 1) 756 b) Aufgabe des Vorhabens (Abs. 2 S. 1 Alt. 2) 757 c) Entgegenstehen von Belangen Betroffener (Abs. 2 S. 2) 758 7. Ausnahmen Einzelgenehmigung 758 VI. Rechtsschutz 758 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 758 a) Verpflichtung zum Erlass einer Veränderungssperre 758 b) Anspruch auf Verlängerung der Befristung der Veränderungssperre 759 2. Rechtsschutz betroffener Dritter 759 3. Rechtsschutz der betroffenen Gemeinden
XXXIX
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§ 17 Bundesnetzplan Abschnitt 3 Planfeststellung
760
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761 § 18 Erfordernis einer Planfeststellung 762 I. Allgemeines 763 1. Überblick über die Norm 764 2. Regelungszweck 765 3. Anwendbare Rechtsvorschriften 765 4. Verhältnis zum EnLAG 765 5. Entstehungsgeschichte 766 II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1) 766 1. Planfeststellungsfähige Vorhaben 766 2. Errichtung von Leitungen 767 3. Betrieb von Leitungen 768 4. Änderung von Leitungen 768 5. Integration der Nebenanlagen (Abs. 2) 769 6. Verlegung von Leerrohren (Abs. 3) 769 a) Einordung und Anwendungsbereich 770 b) Parallelvorschrift c) Voraussetzung: Räumlicher und zeitlicher Zusammenhang (Abs. 3 770 Satz 1) d) Sonderfall: Gesetzliche Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit 772 und des vordringlichen Bedarfs (Abs. 3 Satz 2 bis 4) 772 e) Verfahrensrechtliche Gleichbehandlung mit Erdkabeln (Abs. 3 S. 5) 773 f) Kein zusätzliches Genehmigungsverfahren (Abs. 3 S. 6) 773 g) Abschnittsbildung (Abs. 3 Satz 7) h) Verlauf der Trasse zur Verlegung von Leerrohren und von Erdkabeln 773 (Abs. 3a) 774 III. Materiell-rechtliche Anforderungen 774 1. Planrechtfertigung 774 a) Grundsätze 775 b) Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfsplanung 776 2. Beachtung zwingenden Rechts 776 a) Bindungswirkung der Bundesfachplanung b) Bindung an die Ziele der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren (Abs. 4 777 S. 2 bis S. 6) 777 aa) Einordnung und Ziel der Regelungen 777 bb) Raumordnungsrechtlicher Konfliktlösungsmechanismus 780 c) Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 4 S. 7 bis 8) 781 b) Umweltverträglichkeitsprüfung 781 aa) Allgemeines 781 bb) UVP-Pflicht 782 cc) Verfahren 782 dd) Variantenprüfung 782 c) Naturschutzrecht 782 aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH-Gebiete 786 bb) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses 787 cc) Alternativenprüfung 788 dd) Kohärenzmaßnahmen
XL
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ee) Vermeidungsmaßnahmen, CEF-Maßnahmen 788 789 ff) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelungen 790 d) Immissionsschutzrecht 790 aa) Elektromagnetische Felder 790 bb) Koronaeffekte 791 3. Abschnittsbildung 792 a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenabschnitten 792 b) Vorläufige positive Gesamtprognose 793 c) Antrag 794 d) Planrechtfertigung 795 e) Rechtsschutz 795 4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3) 795 a) Allgemeines 796 b) Alternativenprüfung 798 c) Alternativenprüfung nach FFH und Artenschutz 799 IV. Rechtswirkungen 799 1. Genehmigungswirkung 800 2. Konzentrationswirkung 801 3. Gestaltungswirkung 801 4. Ausschluss- und Duldungswirkungen 802 5. Enteignungsrechtliche Vorwirkung 802 V. Rechtsschutz 802 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 802 2. Rechtsschutz Dritter 803 § 19 Antrag auf Planfeststellungsbeschluss 803 I. Allgemeines 803 1. Überblick über die Norm 804 2. Regelungszweck 805 3. Entstehungsgeschichte 805 II. Inhalt des Antrags 805 1. Allgemeines 806 2. Notwendige Unterlagen und Anforderungen an diese 806 3. Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen (S. 4) 806 a) Verlauf der Trassen und Alternativen (S. 4 Nr. 1) 806 b) Erläuterung der Alternativen (S. 4 Nr. 2) 807 c) Verzahnung der Planungsschritte (S. 4 Nr. 4) d) Darlegung der Voraussetzung für die Mitbeantragung von Leerrohren (S. 4 807 Nr. 5) 807 e) Sonstige Unterlagen 808 4. Vereinfachtes Verfahren (S. 4 Nr. 3) 808 III. Abschnittsbildung (S. 2) 809 § 20 Antragskonferenz, Festlegung des Untersuchungsrahmens 809 I. Allgemeines 810 1. Überblick über die Norm 810 2. Regelungszweck 811 3. Entstehungsgeschichte 812 II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2) 812 1. Das Themenspektrum des Untersuchungsrahmens 2. Unterschiede zum Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung 813 a) Bindung an den Trassenvorschlag des Vorhabenträgers XLI
813
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b) Raumverträglichkeitsprüfung 814 814 c) Abschichtung vom Prüfprogramm der Bundesfachplanung 815 3. Umweltbelange 815 a) Bedeutung der Umweltbelange in der Planfeststellung 816 b) Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) 818 c) Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung 820 d) Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung 4. Sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen (Abs. 1 S. 2 Hs. 2) 822 III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2) 822 1. Bedeutung der Antragskonferenz 822 a) Wesentliche Merkmale 822 b) Ziele 824 2. Teilnehmerkreis (Abs. 2 S. 1 und 3) 824 a) Struktur der Regelung 824 b) Individuell zu benachrichtigende Teilnehmer (S. 1) 825 c) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3) 826 3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung 826 a) Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde 827 b) Individuelle Ladung und Unterrichtung der Öffentlichkeit 828 c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachbereitung 829 d) Organisation und praktische Durchführung 831 IV. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 3) 833 § 21 Einreichung des Plans und der Unterlagen 833 I. Allgemeines 833 1. Überblick über die Norm 834 2. Regelungszweck 835 3. Entstehungsgeschichte 835 II. Einreichung von Plan und Unterlagen (Abs. 1) 836 1. Zuständige Behörde 836 2. Adressaten 836 3. Inhalt und Umfang (Abs. 2) 836 4. Gutachten (Abs. 3) 837 5. Bindung an die Bundesfachplanung III. Bezugnahme auf Unterlagen der Bundesfachplanung (Abs. 4) 838 1. Allgemein 839 2. Sonderfall: FFH-Verträglichkeit 839 IV. Obligatorische Vollständigkeitsprüfung (Abs. 5) 840 1. Frist und Wirkungen (Abs. 5 S. 1) 840 2. Umfang (Abs. 5 S. 2) 840 3. Folgen der Unvollständigkeit (Abs. 5 S. 3) 840 a) Allgemein b) Rechtscharakter der Anordnung – Verwaltungsakt 842 c) Rechtsmittel 842 4. Abschluss der Prüfung (Abs. 5 S. 4)
820
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841
843 § 22 Anhörungsverfahren 844 I. Allgemeines 844 1. Überblick über die Norm 845 2. Regelungszweck 845 3. Entstehungsgeschichte
XLII
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II.
III.
IV. V. VI. VII.
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange 846 846 1. Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange 847 2. Umfang der Unterlagen 847 3. Stellungnahmefrist 848 4. Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange 848 Öffentlichkeitsbeteiligung 848 1. Beschleunigung der Öffentlichkeitsbeteiligung 849 2. Bekanntmachung 849 3. Auslegung, Internet 850 Einwendungen (Abs. 5) 851 Erörterungstermin (Abs. 6) 851 Unwesentliche Änderungen (Abs. 7) Erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Falle der Änderung von bereits ausgelegten Un851 terlagen (Abs. 8)
853 § 23 Umweltverträglichkeitsprüfung 853 I. Allgemeines 853 1. Überblick über die Norm 853 2. Regelungszweck 854 3. Entstehungsgeschichte 854 II. Prüfprogramm der UVP 854 1. Abschichtung von der vorlaufenden SUP 856 2. Festlegung des Prüfprogramms der UVP 857 3. Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen 858 III. Anwendung auf andere Prüfmaterien 859 § 24 Planfeststellungsbeschluss 859 I. Allgemeines 859 1. Überblick über die Norm 860 2. Regelungszweck 860 3. Anwendung von § 74 VwVfG 861 4. Entstehungsgeschichte 861 II. Planfeststellungsbeschluss (Abs. 1) 862 III. Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 2) 863 IV. Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 3) 863 1. Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 3 S. 1) 863 2. Bekanntmachung der Auslegung (Abs. 3 S. 2) 3. Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses im Internet (Abs. 3 S. 3 und 863 S. 4) 864 V. Plangenehmigung (Abs. 4) 864 1. Tatbestandsvoraussetzungen a) Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich berührt oder Einverständnis mit In864 anspruchnahme 865 b) Einverständniserklärung der Träger öffentlicher Belange 865 c) Keine Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung 865 2. Ermessen 865 3. Rechtsfolgen 866 § 25 Änderungen im Anzeigeverfahren 867 I. Allgemeines 867 1. Überblick über die Norm 868 2. Regelungszweck XLIII
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3. Entstehungsgeschichte 869 869 4. Unionsrechtliche Bezüge 869 5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG 871 II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1 S. 2) 872 1. Keine UVP-Pflicht (Abs. 1 S. 2 Nr. 1) 873 2. Keine Berührung öffentlicher Belange (Abs. 2 S. 2 Nr. 2) 874 3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 2 S. 2 Nr. 3) 876 III. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4) 876 1. Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 877 2. Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 3) 3. Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 S. 4 877 und 5) 878 4. Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6) 878 IV. Rechtswirkungen 878 V. Rechtsschutz 878 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 879 2. Rechtsschutz Dritter 880 § 26 Zusammentreffen mehrerer Vorhaben 880 I. Allgemeines 880 1. Überblick 881 2. Zweck der Regelung 881 3. Verfassungsmäßigkeit II. Bündelung auf einem Mehrfachgestänge (Satz 1) 882 1. Tatbestandsvoraussetzungen 883 2. Antragserfordernis 883 III. Bündelung mit einem Erdkabel (Satz 2) 884 IV. Abgrenzung zu § 78 VwVfG (Satz 3) V. Einheitliches Planfeststellungsverfahren (Satz 4) 886 VI. Zuständigkeit (Satz 5) 887 VII. Rechtsschutz
882
885
888 § 27 Vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignungsverfahren 888 I. Allgemeines 888 1. Überblick über die Norm 889 2. Regelungszweck 890 3. Entstehungsgeschichte II. Besitzeinweisungsbeschluss vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung 891 (Abs. 1) 891 1. Allgemeines 891 2. Antrag und Anhörung 892 3. Parallelvorschrift § 44b (vorzeitige Besitzeinweisung) 893 4. Rechtscharakter, Sofortvollzug 5. Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung (Prognoseentscheidung, Abs. 1 894 S. 2) 894 6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 1 S. 3) 895 7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 895 8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1 S. 4) 896 III. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – Vorzeitige Enteignung (Abs. 2) 896 1. Allgemeines 897 2. Antrag und Anhörung 897 3. Parallelvorschrift § 45b (vorzeitige Enteignung) XLIV
Inhaltsverzeichnis
4. Rechtscharakter 897 5. Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Prognoseentscheidung, Abs. 2 S. 2) 898 6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 2 S. 3) 898 7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 899 8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 2 S. 4) 899 IV. Rechtsschutz 901 § 28 Durchführung eines Raumordnungsverfahrens 901 I. Allgemeines 901 1. Überblick über die Norm 901 2. Regelungszweck 902 3. Entstehungsgeschichte 902 II. Keine Durchführung eines Raumordnungsverfahrens 902 1. Grundsätzliche Durchführung eines Raumordnungsverfahrens 2. Kein Raumordnungsverfahren bei Vorhaben der Bundesfachplanung (S. 1) 3. Kein Raumordnungsverfahren bei Verzicht auf die Bundesfachplanung (S. 2) 904 4. Ablauf der Geltungsdauer der Bundesfachplanung (S. 2) Abschnitt 4 Gemeinsame Vorschriften
905
905 § 29 Projektmanager 905 I. Allgemeines 905 1. Überblick über die Norm 906 2. Regelungszweck 906 3. Entstehungsgeschichte 907 II. Beauftragung eines Dritten (§ 29 S. 1 Nr. 1–9) 907 1. Projektmanager 907 2. Verhältnis zur Planungsbehörde 908 III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung 908 1. Entscheidung über den Einsatz (§ 29 S. 1 a. E.) 908 2. Übertragbare Aufgaben (§ 29 S. 1 Nr. 1–9) 909 IV. Anwendungsbereich V. Wirkung auf die Entscheidung über die Bundesfachplanung und Planfeststel909 lung 910 VI. Finanzierung 910 1. Kostentragung 910 2. Vergabeverfahren 911 3. Vertragsbeendigung 912 § 30 Kostenpflichtige Amtshandlungen 912 I. Allgemeines 914 II. Kostenbegriff 914 III. Kostenpflichtige Amtshandlungen 914 1. Entscheidungen 915 2. Antragsrücknahme 916 3. Ablehnung 916 IV. Festsetzungsverfahren 916 1. Gebührenhöhe 916 a) Bundesfachplanung 917 b) Planfeststellung 918 2. Kostenteilentscheidungen XLV
898
903 903
Inhaltsverzeichnis
V.
3. Ermäßigung aus Billigkeitsgründen 919 4. Kostenschuldner 919 5. Fälligkeit 920 6. Verjährung 920 Rechtsschutz
919
921 § 30a Geheimhaltung und Datenschutz, Barrierefreiheit 921 I. Allgemeines 922 1. Überblick über die Norm 922 2. Regelungszweck 923 3. Entstehungsgeschichte 924 II. Anwendung bestehender Schutzvorschriften (Abs. 1) 924 1. Regelungsgegenstand 925 2. Geheimhaltung 926 a) Persönliche Geheimnisse 926 b) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 928 3. Datenschutz 928 a) Regelungsstruktur des Datenschutzrechts 928 b) Personenbezogene Daten 928 c) Zulässigkeit der Datenverarbeitung 929 4. Rechte am geistigen Eigentum III. Wahrung des Geheimnis- und Datenschutzes sowie der Rechte am geistigen Eigentum in 930 Antrags- und Planunterlagen (Abs. 2) 931 1. Vorlage einer zusätzlichen Fassung der Anträge und Unterlagen (Abs. 2 S. 1) 931 2. Beifügung einer Erläuterung (Abs. 2 S. 2) 932 IV. Barrierefreiheit (Abs. 3) 932 1. Regelungen zur Barrierefreiheit 933 2. Pflicht zur Vorlage barrierefreier Antrags- und Planunterlagen (Abs. 3 S. 1) 934 3. Ausnahmen (Abs. 3 S. 2) 934 V. Weitergabe von Einwendungen und Stellungnahmen (Abs. 4) 934 1. Weitergabe an Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 935 2. Weitergabe an betroffene Träger öffentlicher Belange (Abs. 4 S. 2) 936 3. Anspruch auf Unkenntlichmachung (Abs. 4 S. 3 und 4) 937 VI. Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (Abs. 5) Abschnitt 5 Behörden und Gremien
940
940 § 31 Zuständige Behörde 940 I. Allgemeines 940 1. Überblick 941 2. Entstehungsgeschichte 941 II. Verfassungsmäßigkeit 941 III. Die Bundesnetzagentur IV. Zuständigkeit für die Planfeststellung (Abs. 2) 943 V. Berichtspflichten 944 VI. Geodaten § 32 Bundesfachplanungsbeirat 947 I. Allgemeines 947 1. Überblick 2. Entstehungsgeschichte
942
947
948 XLVI
Inhaltsverzeichnis
II. III. IV. V.
Zusammensetzung 949 Aufgaben 950 Formalia Geschäftsordnung
948
950
Abschnitt 6 Sanktions- und Schlussvorschriften
953
953 § 33 Bußgeldvorschriften 953 I. Allgemeines 953 1. Überblick 953 2. Zweck der Vorschrift 954 II. Tatbestände 1. Nr. 1 Unrichtige oder unvollständige Vorlage von Antragsunterlagen zur Bundesfach954 planung 2. Nr. 2 Errichten, Betreiben oder Ändern einer Leitung ohne Planfeststellung oder Plan955 genehmigung 956 3. Nr. 3 Unrichtige Vorlage von Planunterlagen in der Planfeststellung 4. Nr. 4 Unwesentliche Änderung oder Erweiterung einer Leitung ohne Zulas956 sung 956 III. Höhe der Geldbuße 956 IV. Zuständige Behörde 957 § 34 Zwangsgeld 957 I. Entstehungsgeschichte 958 II. Überblick zum Verfahren III. Durchsetzung der Antragstellung im Verfahren 959 IV. Durchsetzung weiterer Anordnungen 960 V. Rechtsschutz
958
961 § 35 Übergangsvorschriften 961 I. Allgemeines 961 1. Überblick 962 2. Entstehungsgeschichte 962 II. Raumordnung und Bundesfachplanung III. Abgeschlossene Bundesfachplanungen und Planfeststellungen 963 IV. Verzicht auf Bundesfachplanung 964 V. Fristgebundener Antrag auf Bundesfachplanung § 36 Evaluierung 1. 2. 3. 4. 5.
965
Regelungszweck und Entstehungsgeschichte 965 Reichweite und Umfang der Evaluation 966 Methoden und Datengrundlagen 967 Einvernehmen Zeitraum und Veröffentlichung der Evaluierung
Teil 5 BBPG Gesetz über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) § 1 Gegenstand des Bundesbedarfsplans I. Gesetzliche Bedarfsfeststellung (Abs. 1) XLVII
969 969 969
965
968
963
Inhaltsverzeichnis
II. Betriebsnotwendige Anlagen (Abs. 2 Satz 1) 971 972 III. Netzverknüpfungspunkte (Abs. 2 Satz 2) 973 § 2 Gekennzeichnete Vorhaben 973 I. Allgemeines 975 II. Kennzeichnungen 975 1. Länder- und grenzüberschreitende Vorhaben (Abs. 1) 975 2. Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen (Abs. 2) 976 3. Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 3) 976 4. Pilotprojekte für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (Abs. 4) 976 5. Erdkabel (Abs. 5 und 6) 977 6. Verzicht auf Bundesfachplanung (Abs. 7) 977 7. Leerrohre (Abs. 8) 978 III. Umsetzung in Planungs- und Zulassungsverfahren 980 § 3 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung 981 I. Allgemeines 981 1. Regelungszweck 2. Anwendungsbereich (Abs. 1 Satz 1); Begriff des Erdkabels (Abs. 5 Satz 1 und 982 3) 983 II. Verkabelungsvorrang (Abs. 1) 984 III. Freileitungsausnahmen (Abs. 2 und 3) 1. Freileitungsausnahme Arten- und Gebietsschutz (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2) 984 2. Freileitungsausnahme Bündelung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) 985 3. Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 2) 985 4. Freileitungsausnahme Prüfverlangen (Abs. 3) 987 5. Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt 988 IV. Ausschluss von Freileitungsausnahmen (Abs. 4) 989 V. Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 5 Satz 2) 989 VI. Anbindungsleitungen für Konverterstationen (Abs. 6)
984
991 § 4 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung 991 I. Allgemeines (Abs. 1) 993 II. Verkabelungsvoraussetzungen (Abs. 2) 993 1. Allgemeine Voraussetzungen 993 a) Neubau (Abs. 2 Satz 1) b) Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt (Abs. 2 Satz 1 und 994 2) 995 2. Voraussetzungen im Einzelfall 995 a) Siedlungsannäherung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2) 995 b) Arten- und Gebietsschutz (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4) 996 c) Querung einer Bundeswasserstraße (Abs. 2 Satz 1 Nr. 5) 996 3. Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 3) 996 III. Erdkabel (Abs. 3 Satz 1) 997 IV. Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 3 Satz 2) 997 V. Übergangsregelung (Abs. 4) 998 § 5 Berichtspflicht der Übertragungsnetzbetreiber 998 I. Berichtspflicht gegenüber der Bundesnetzagentur (Abs. 1 und 2) 999 II. Berichtspflicht gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium (Abs. 3)
XLVIII
Inhaltsverzeichnis
§ 6 Rechtsschutz
1000
Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan
1002
Teil 6 PlfZ Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisung1007 verordnung – PlfZV) § 1 Durchführung der Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur § 2 Inkrafttreten
1007
1008
Teil 7 WindSeeG Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (WindSeeG) Teil 2 Fachplanung und Voruntersuchung Abschnitt 1 Flächenentwicklungsplan
1009
1009
1009
1009 § 4 Zweck des Flächenentwicklungsplans 1009 I. Allgemeines 1010 1. Überblick über die Norm 2. Regelungszusammenhang – das „zentrale Modell“ 1011 3. Entstehungsgeschichte 1011 II. Der FEP als Fachplanung (Abs. 1 S. 1, S. 2) 1011 III. Räumliche Reichweite des FEP (Abs. 1) 1012 IV. Ziele des FEP (Abs. 2) 1012 V. Anlagen ohne Netzanschluss (Abs. 3)
1010
1014 § 5 Gegenstand des Flächenentwicklungsplans 1016 I. Allgemeines 1017 1. Überblick über die Norm 1017 2. Regelungszusammenhang 1017 3. Entstehungsgeschichte 1018 II. Anwendungsbereich III. Zwingend vorgesehene Festlegungen (Abs. 1 S. 1) und Zwischenschritte (Abs. 1 1018 S. 2) 1019 1. Gebiete (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) 1019 2. Flächen (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) 1020 3. Reihenfolge und Kalenderjahre der Ausschreibung (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) 1020 4. Kalenderjahre und Quartale der Inbetriebnahme (Abs. 1 S. 1 Nr. 4) 1021 5. Zu installierende Leistung (Abs. 1 S. 1 Nr. 5) 1021 6. Standorte (Abs. 1 S. 1 Nr. 6) 7. Trassen, Trassenkorridore, Orte, Technik- und Planungsgrundsätze (Abs. 1 S. 1 Nr. 7 1021 bis 11) 1022 8. Vorgabe von Zwischenschritten (Abs. 1 S. 2) 1022 IV. Testfelder und Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2) 1022 1. Testfelder (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 1023 2. Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) XLIX
Inhaltsverzeichnis
V. Sonstige Energiegewinnungsbereiche (Abs. 2a) 1024 1025 VI. Unzulässige Festlegungen (Abs. 3) 1025 1. Allgemeines 1026 2. Ausschlussgründe (Abs. 3 S. 2) 1027 3. Einschränkung der Prüfung (Abs. 3 S. 3, 4) 1027 VII. Kriterien für Festlegung der Flächen und zeitliche Staffelung (Abs. 4) VIII. Nähere Vorgaben zur Planung von Ausschreibung und Inbetriebnahme (Abs. 5)
1029
1031 § 6 Zuständigkeit und Verfahren zur Erstellung des Flächenentwicklungsplans 1032 I. Allgemeines 1032 1. Regelungszusammenhang und Überblick über die Norm 1033 2. Entstehungsgeschichte 1033 II. Erstellung des FEP 1. Zuständigkeit des BSH und Zusammenarbeit mit anderen Akteuren (Abs. 1, 2, 1033 7) 1034 2. Ablauf des Verfahrens 1035 3. Verfahren ohne Strategische Umweltprüfung 1035 III. Rechtswirkungen des Flächenentwicklungsplans § 7 Übergang vom Bundesfachplan Offshore und vom Offshore-Netzentwicklungs1037 plan 1037 I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte 1037 II. Übergang vom BFO und vom ONEP 1039 § 8 Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans 1039 I. Allgemeines 1040 1. Überblick über die Norm 1040 2. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte II. Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans (Abs. 1, 2) 1041 III. Nachnutzung von Flächen (Abs. 3) 1042 IV. Verfahren (Abs. 4) Stichwortverzeichnis
1040
1043
L
Abkürzungsverzeichnis % € § °C
Prozent Euro Paragraph Grad Celsius
a. A. a. E. a. F. ABl. BNetzA
andere Ansicht am Ende alte Fassung Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt Absatz Agency for the Cooperation of Energy Regulators Allgemeines Eisenbahngesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesellschaft; Amtsgericht Alternative amtliche Sammlung Änderungsgesetz Archiv für öffentliches Recht (Zeitschrift) Anreizregulierungsverordnung Akademie für Raumforschung und Landesplanung Artikel Außenstelle Ausschussdrucksache ausschließliche Wirtschaftszone Aktenzeichen
ABl. EG/EU ABl. Abs. ACER AEG AEUV AG Alt. amtl. Slg. ÄnderungsG AöR ARegV ARL Art. Ast. Ausschussdrucks. AWZ Az. BAPT BauGB BauNVO BaurechtsGA BauROG BaWü BayEG Bayer. VGH BayObLG BayRS BayVBl BayVerfGH BBergG BBPlG Bd. BDSG Begr. BEGTPG Beschl. BEVVG BfN BFO BFO-N BFO-O
Bundesamt für Post und Telekommunikation Baugesetzbuch Baunutzungsverordnung Baurechtsgutachten Bau- und Raumordnungsgesetz Baden-Württemberg Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Rechtssammlung Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bundesberggesetz Bundesbedarfsplanungsgesetz Band Bundesdatenschutzgesetz Begründung Gesetz über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Beschluss Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz Bundesamt für Naturschutz Bundesfachplan Offshore Bundesfachplan Offshore für die AWZ der Nordsee Bundesfachplan Offshore für die AWZ der Ostsee
LI https://doi.org/10.1515/9783110670516-204
Abkürzungsverzeichnis
BGB BGBl. BGG BGH BImSchG BImSchV BITV 2.0 BK-EnR BMPT BMU BMVBS BMWi BNatSchG BNetzA BR BR-Drucks. Brem.GBl. BSH BSWAG BT-Drucks. BVerfG BVerwG BVerwGE BVwVfG bzgl. bzw.
Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung Bundesgerichtshof Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundes-Immissionsschutzverordnung Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung Berliner Kommentar zum Energierecht Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bundesnaturschutzgesetz Bundesnetzagentur Bundesrat Bundesrat-Drucksache Bremer Gesetzesblatt Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Bundesschienenwegeausbaugesetz Bundestag-Drucksache Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund) bezüglich beziehungsweise
CDU CEF CNG CO2 CSU
Christlich Demokratische Union Continuous Ecological Functionality-measures (Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion) Compressed Natural Gas (Erdgas) Kohlendioxid Christlich-Soziale Union
d. h. dena DLR DÖV DS-GVO DVBl.
das heißt Deutsche Energie-Agentur GmbH Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Datenschutz-Grundverordnung Deutsches Verwaltungsblatt
EEG NW EEG EG EKI endg. EnLAG EntGBbg EL EN ENTSO-E EnWG EnWR-NRG EnWZ EP EPSKI
Enteignungs- und Entschädigungsgesetz Nordrhein-Westfalen Erneuerbare-Energien-Gesetz Europäische Gemeinschaft Europäische kritische Infrastrukturen endgültig Energieleitungsausbaugesetz Enteignungsgesetz des Landes Brandenburg Ergänzungslieferung Europäische Norm European Network of Transmission System Operators for Electricity Energiewirtschaftsgesetz Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Europäisches Parlament Europäisches Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen
LII
Abkürzungsverzeichnis
ER Erg. Lief. et etc. EU EuGH EurUP EUV EWeRK EWI
EnergieRecht (Zeitschrift) Ergänzungslieferung Energiewirtschaftliche Tagesfragen (Zeitschrift) et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht Vertrag über die Europäische Union Zeitschrift des Institutes für Energie- und Wettbewerbsrecht in der kommunalen Wirtschaft e.V. Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln
f./ff. FDP FEP FFH Fn FStrAbG FStrG
folgende/fortfolgende Freie Demokratische Partei Flächenentwicklungsplan Flora-Fauna-Habitat Fußnote Fernstraßenausbaugesetz Bundesfernstraßengesetz
GA GBl. gem. GenBeschlG GeschGehG GewArch GfU GG ggf. GIL GmbH GMBl. GO GRCh grds. GS. Schl.-H. GV NW GVBl. LSA GVBl. GVOBl. M-V GW GWB GWh GWS
Gutachten Gesetzblatt für Baden-Württemberg gemäß Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Grundgesetz gegebenenfalls Gasisolierte Leiter Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsordnung; Gemeindeordnung Charta der Grundrechte der Europäischen Union grundsätzlich Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Gigawatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gigawattstunde Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung
h. M. h/a Hamb. OVG Herv. HGÜ HmbGVBl. Hs.
herrschende Meinung Stunden pro Jahr Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Hervorhebung Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Halbsatz
I+E i. d. F. i. d. R.
Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel in der Fassung in der Regel
LIII
Abkürzungsverzeichnis
i. E. i. V. m. IFG IFNE InfrPBG IR ITO IVU IWES
im Ergebnis; im Erscheinen in Verbindung mit Informationsfreiheitsgesetz Ingenieurbüro für neue Energien Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben InfrastrukturRecht (Zeitschrift) Independent Transmission Operator Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik
Jura jurisPR-BVerwG JZ
Juristische Ausbildung (Zeitschrift) juris PraxisReport Bundesverwaltungsgericht (Zeitschrift) JuristenZeitung (Zeitschrift)
K&R km KrWG kV kWh KWKG
Kommunikation und Recht (Zeitschrift) Kilometer Kreislaufwirtschaftsgesetz Kilovolt Kilowattstunde Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
LAbfG NW LEnteigG Lf. LG li. Sp. lit. LKV LNG LuftVG LVerwAmt
Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Landesenteignungsgesetz Rheinland-Pfalz Lieferung Landgericht linke Spalte literatura Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Liquefied Natural Gas (Flüssigerdgas) Luftverkehrsgesetz Landesverwaltungsamt
m m. Anm. m. w. N. m.z.w. N. MBauO MBl. NRW MBPlG MKRO mm MW
Meter mit Anmerkungen mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen weiteren Nachweisen Musterbauordnung Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Magnetschwebebahnplanungsgesetz Ministerkonferenz für Raumordnung Millimeter Megawatt
N&R n. F. NABEG Nds. ErdkabelG Nds. GVBl. NdsVBl. NE NEG NEP NOVA Nr. NRW
Netzwirtschaft und Recht (Zeitschrift) neue Fassung Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz Niedersächsisches Erdkabelgesetz Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Niedersächsisches Verwaltungsblatt Nichteisenmetall Niedersächsisches Enteignungsgesetz Netzentwicklungsplan Netz Optimieren vor Verstärken vor Ausbauen Nummer Nordrhein-Westfalen
LIV
Abkürzungsverzeichnis
NuR NVwZ
Natur und Recht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
o. ä. o. g. OLG OLRG ONEP OVG HH OVG OWiG OWP
oder ähnliches oben genannt Oberlandesgericht Oberlandesgericht-Report (Zeitschrift) Offshore-Netzentwicklungsplan Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Offshore-Windpark
PBefG PlafeR PlVereinfG PostG PrGS
Personenbeförderungsgesetz Planfeststellungsrichtlinie Planungsvereinfachungsgesetz Postgesetz Preußische Gesetzessammlung
RBG RdE RdLH re. Sp. RegBez. RegE RGBl. RL Rn ROG RoV Rspr. RuR
Rechtsbereinigungsgesetz Recht der Energiewirtschaft (Zeitschrift) Rechtsdienst der Lebenshilfe (Zeitschrift) rechte Spalte Regierungsbezirk Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Richtlinie Randnummer Raumordnungsgesetz Raumordnungsverordnung Rechtsprechung Raumforschung und Raumordnung (Zeitschrift)
S. SächsEntEG SächsGVBl. SAP SEA SigG sog. SPD SRU std. Rspr. StGB StromNEV SUP SUP-RL SÜG SUPG
Seite/-n Sächsisches Enteignungs- und Entschädigungsgesetz Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Spezielle Artenschutzprüfung Strategic Environmental Assessment Signaturgesetz sogenannte(r) Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sachverständigenrat für Umweltfragen ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen Strategische Umweltprüfung Strategische Umweltprüfung Richtlinie Sicherheitsüberprüfungsgesetz Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG
TA Lärm TEN-E-Leitlinie Thür. OLG ThürEG TKG
Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm Transeuropäische Energienetze-Leitlinie Thüringisches Oberlandesgericht Thüringer Enteignungsgesetz Telekommunikationsgesetz
LV
Abkürzungsverzeichnis
TYNDP Tz
Ten-Year Network Development Plan Textziffer
u. a. u.g. u. U. UA UBA UCTE UIG UmwRG ÜNB UNECE UPR UrhG Urt. usw. UVP UVPG UVP-report UVP-RL UVPVwV
unter anderem unten genannt unter Umständen Unterabschnitt Umweltbundesamt Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity Umweltinformationsgesetz Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Übertragungsnetzbetreiber United Nations Economic Commission for Europe Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Urteil und so weiter Umweltverträglichkeitsprüfung Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung Report der Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Zeitschrift) Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
v. v. a. Var. VBlBW VDE VDI Verf. VerkPBG VG VGH vgl. VkBl VNB VO VOL/A VR VRS VS VSA VS-Richtlinie VwGO VwKostG VwVfÄndG VwVfG vzbv
von vor allem Variante Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V. Verein Deutscher Ingenieure Verfasser Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verkehrsblatt (Zeitschrift) Verteilernetzbetreiber Verordnung Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen/Teil A Verwaltungsrundschau (Zeitschrift) Verkehrsrechtssammlung (Zeitschrift) Verschlusssache Verschlusssachenanweisung Vogelschutzrichtlinie Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungskostengesetz Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften Verwaltungsverfahrensgesetz Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
WaStrG WD 3 WHG WindSeeG WiVerw
Bundeswasserstraßengesetz Wissenschaftlicher Dienst 3: Verfassung und Verwaltung Wasserhaushaltsgesetz Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See Wirtschaft und Verwaltung (Beilage zu GewArch) (Zeitschrift)
LVI
Abkürzungsverzeichnis
z. B. z. T. ZFW Ziff. ZNER ZPBR ZUR ZuständigkeitsVO
LVII
zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Wasserrecht Ziffer Zeitschrift für neues Energierecht Zeitgeschichte, Politische Bildung und Recht (Zeitschrift) Zeitschrift für Umweltrecht Zuständigkeitsverordnung
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LIX https://doi.org/10.1515/9783110670516-205
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LXIV
Teil 1 Einleitung Übersicht 1
1.
A.
Treiber des Netzausbaus
B.
Der Netzausbau als energiepolitisches 6 Ziel
C.
Der Netzausbau im deutschen Recht
I.
Einleitung
II.
Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz 13 2006
III.
Energieleitungsausbaugesetz 2009
IV. 1. 2. 3. 4. 5.
21 EnWG-Novellierung 2011 Staatliche Infrastrukturverantwortung 29 Legitimation der Bedarfsplanung Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung 37 Transparenz der Bedarfsplanung Technologieoffenheit des Netzausbaus
V.
Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NA42 BEG)
2. 3. 9
9
VI.
15
25 31 39
Problemanalyse am Ausgangspunkt des NA43 BEG Reformansatz der Bundesfachplanung und Plan47 feststellung NABEG 2.0: Neue Instrumente zur weiteren Be54 schleunigung des Netzausbaus Wasserstoff
55
VII. Europarechtlicher Rahmen zum Netzaus56 bau VIII. Verfassungsmäßigkeit des Netzausbaubeschleu59 nigungsgesetzes 59 1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes 69 2. Vollzugskompetenz des Bundes 3. Verfassungsmäßigkeit der VO-Befugnis zur Übertragung der Planfeststellungszuständig71 keit 4. Zusammenfassung: Überblick über den stufenweisen Bedarfsplanungs- und Genehmigungs73 prozess
A. Treiber des Netzausbaus Im Rahmen der Energiewende kommt dem Ausbau der Energienetzinfrastruktur eine zentrale 1 Bedeutung zu. Der Umbau der Energieversorgung hält den Handlungsbedarf im Bereich der Netzinfrastrukturen nahe beständig in der politischen Diskussion. Verschiedene Gesetzgebungsverfahren sowie politische Maßnahmenpakete insbesondere zur Beschleunigung des Netzausbaus sind die Ergebnisse dieser Diskussionen. Vorgelagerte Treiber dieser Entwicklung sind die ehrgeizigen klima-politischen Ziele der Bundesregierung. Die deutsche Bundesregierung strebt zur Erreichung der Klimaschutzziele eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 % bis zum Jahr 2020 und bis 2050 sogar um 80 % gegenüber dem Stand von 1990 an.1 Dieses Ziel soll vor allem durch eine Umstellung auf eine regenerative Energiegewinnung erreicht werden, die bis zum Jahre 2030 zu 65 % auf regenerativen Energieträgern beruhen soll. Die Synchronisierung zwischen Erneuerbaren Energien und der (Strom-)Netzinfrastruktur bleibt dabei eine zentrale Herausforderung. Der Umbau der Energieversorgung ändert die Anforderungen an die Netzinfrastruktur: Der 2 Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, der seinen Schwerpunkt im Norden Deutschland hat, und andererseits der Ausstieg aus der Atom- und Kohleenergie tragen maßgeblich zur geographischen Entkopplung von Verbrauchs- und Erzeugungsschwerpunkten bei. Früher wurde bei der Planung von Energieversorgungssystemen angestrebt, Erzeugungseinheiten möglichst in der Nähe von Verbrauchsschwerpunkten, etwa im industrieintensiven Süddeutschland, anzusiedeln. Heute werden Standorte für Erzeugungsanlagen unabhängig von Verbrauchsgesichtspunkten und netztechnischen Rahmenbedingungen ausgewählt. Vor allem 1 Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, 28.9.2010, S. 5. 1 https://doi.org/10.1515/9783110670516-001
Steinbach/Franke
Einleitung
A. Treiber des Netzausbaus
werden Standortentscheidungen für die Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie in Abhängigkeit von den Erzeugungspotenzialen getroffen. Die Verfügbarkeit von Biomasse, die Windverhältnisse und die Sonneneinstrahlung sind dabei ausschlaggebende Standortfaktoren. 3 Die Standortentscheidungen für die Stromproduktion erzeugen ein Nord-Süd-Gefälle. Zwar führen die Intensität und die Dauer der Sonneneinstrahlung zu einer Konzentration der Solarstromerzeugung im Süden. Allerdings siedelt sich die überwiegende Mehrzahl der Windkraftanlagen (offshore und onshore) im Norden oder der Mitte Deutschlands an. Und auch der Ausstieg aus der Kernenergie trägt zu dem Nord-Süd-Gefälle bei. Die derzeit noch insbesondere in Süddeutschland betriebenen Kernkraftwerke werden schrittweise abgeschaltet. Der Wegfall der in den Kernkraftwerken erzeugten Energie soll durch konventionelle Kraftwerke und erneuerbare Energien kompensiert werden, wobei in Süddeutschland die Nachfrage nicht durch verbrauchsnahe, sondern vorwiegend durch zu transportierende Elektrizitätsmengen gedeckt werden muss. 4 Neben das Phänomen des Nord-Süd-Gefälles in Stromerzeugung und -verbrauch treten die Charakteristika sowohl dezentraler als auch zentraler Stromeinspeisung. Dezentrale Einspeisung durch die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen und Windanlagen machen eine Verstärkung des Netzes in der Fläche erforderlich. Zugleich entstehen neue Erzeugungszentren, etwa durch Offshore-Windparks in der Nordsee. Hinzu kommt die zunehmende Volatilität der Einspeisung durch die schwankende Darbietung von erneuerbarem Strom. Unzureichender Netzausbau und eine fluktuierende Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne führen zu Netzengpässen. Diese treten insbesondere in Situationen starker nationaler und internationaler Handelsaktivitäten in Kombination mit hoher Windenergieeinspeisung auf. Die Konsequenzen sind die Beschränkung des Stromtransports und des Stromhandels sowie die Abschaltung von Erzeugungsanlagen. Neben etwaigen Marktrisiken für neue Kraftwerke müssen zunehmend die Risiken bewertet werden, die sich aus nicht ausreichend verfügbaren Netzkapazitäten ergeben. Auf Verteilernetzebene kommt hinzu, dass der Strom nicht mehr wie bisher als Einbahnstraße von übergelagerten Spannungsebenen in untere Spannungsebenen zum Verbraucher fließt. Aufgrund dezentraler Einspeisung von Erneuerbaren Energien in unteren Spannungsebenen muss das Verteilnetz immer häufiger einen „Gegenverkehr“ bewältigen, der aus Rückspeisungen in höhere Spannungsebenen resultiert. 5 Die präzise Höhe des erforderlichen Netzausbaubedarfs ist Gegenstand verschiedener Studien gewesen, bleibt in der öffentlichen Diskussion aber umstritten. Im Jahr 2005 wurden im Rahmen der dena-Netzstudie I prioritäre Höchstspannungsleitungen mit einer Gesamtlänge von rund 850 km bis 2015 berechnet. Die Leitungen der dena-Netzstudie I2 wurden in den Bedarfsplan des EnLAG aufgenommen. In der dena-Netzstudie II3 aus dem Jahr 2010 wurde ein über die dena-Netzstudie I hinausgehender Ausbaubedarf in der Höhe von bis zu 3.600 km bis 2020 ermittelt. Für die Konkretisierung der präzisen Höhe des Netzausbaubedarfs sieht das EnWG in §§ 12a ff einen wiederkehrenden Prozess vor. Danach haben die Übertragungsnetzbetreiber auf der Grundlage verschiedener Szenarien zur Entwicklung der Energielandschaft ihren Netzbedarf in einem Netzentwicklungsplan festzuhalten, der wiederum durch die Bundesnetzagentur überprüft wird. Für die Verteilernetzebene ist davon auszugehen, dass der Ausbaubedarf aufgrund der Einspeisung von Erneuerbaren Energien auf unteren Spannungsebenen ebenfalls hoch ist. Die Anforderungen an die Dokumentation sind bei den Verteilnetzbetreibern gleichwohl abgestuft gegenüber den Übertragungsnetzen. Verteilnetzbetreiber müssen jährlich den Netzzustand ihres Netzes in einem Bericht darzustellen und der zuständigen Regulierungsbehörde zur Prüfung vorzulegen. Ist der erwartete Netzausbaubedarf besonders hoch, kann die 2 dena (Hrsg.), Kurzanalyse der Kraftwerks- und Netzplanung in Deutschland bis 2020 (mit Ausblick auf 2030). Annahmen, Ergebnisse und Schlussfolgerungen, Berlin 2008, abrufbar unter www.dena.de/infos/presse/studien#c5277. 3 dena (Hrsg.), dena-Netzstudie II – Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im Zeitraum 2015–2020 mit Ausblick auf 2025, Berlin 2010, abrufbar unter www.dena.de/themen/thema-esd/projekte/projekt/dena-netzstudie-ii; dazu auch Prognos/EWI/GWS, Energieszenarien 2011, Projekt Nr. 12/10, Basel/Köln/Osnabrück 2011, abrufbar unter www.ewi.uni-koeln.de. Steinbach/Franke
2
I. Einleitung
Einleitung
BNetzA die Vorlage von Netzentwicklungsplänen verlangen, die sich an den Plänen der ÜNB orientieren (§ 14 Abs. 1b EnWG).
B. Der Netzausbau als energiepolitisches Ziel Der Netzausbau wird schon seit geraumer Zeit von den Bundesregierungen vorangetrieben. Im 6 Jahre 2006 sollten mit dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz Verzögerungen auf Ebene der Planungs- und Genehmigungsverfahren und bei der Realisierung des Leitungsbaus behoben werden. 2009 wurden mit dem EnLAG die 24 prioritären Höchstspannungsleitungen in einem Bedarfsplan aufgenommen und mit genehmigungsrechtlichen Privilegien ausgestattet. Es folgte das Energiekonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2010. Darin wurde eine Reihe von kurz- und langfristigen Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus angekündigt. Diese Maßnahmen beziehen sich auf den planungs- und genehmigungsrechtlichen, den regulatorischen und den institutionellen Bereich. Eine weitere Zäsur für die Energieversorgung insgesamt und den Netzausbau im speziellen 7 war das Reaktorunglück in Fukushima. Als Konsequenz dessen wurde ein beschleunigter Ausstieg aus der Kernenergie mit einer sofortigen Abschaltung von acht Kernkraftwerken beschlossen. Der politische Wille zum Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde dadurch noch einmal bestärkt. Für die Netze bedeutet dies einen zusätzlichen Druck, eine Synchronisierung mit den Erneuerbaren Energien hinzubekommen. Aufgrund des politischen Handlungsdrucks musste das NABEG binnen drei Monaten bis zum Ablauf des Kernkraft-Moratoriums nach der Katastrophe von Fukushima auf den Weg gebracht werden. Die Einleitung der Energiewende im Sommer 2011 beinhaltete nicht weniger als die Verabschiedung von sieben Gesetzen und einer Verordnung durch den Gesetzgeber. Trotz der Einführung einer Bedarfsplanung für den Netzausbau (§§ 12a ff EnWG) und der Be- 8 schleunigungsansätze in der NABEG-Gesetzgebung stieß der Netzausbau auch nach 2011 auf Hemmnisse. Der Gesetzgeber hat hierauf 2015 zunächst durch die Entscheidung für die grundsätzliche Verkabelung von Übertragungsgleichstromleitungen (§ 3 BBPlG) reagiert, um die Akzeptanz für den Netzausbau zu erhöhen. Auf eine verfahrensmäßige Beschleunigung zielt der 2018 vorgelegte „Aktionsplan Stromnetz“ des Bundeswirtschaftsministeriums4 mit einer Doppelstrategie: Zum einen sollen alle in den Stromnetzausbau involvierten Akteure, insbesondere Politik, Übertragungsnetzbetreiber und Genehmigungsbehörden gemeinsame Zielvereinbarungen treffen und diese Ziele im Wege einer vorausschauenden Planung und eines effektiven Controllings erreicht werden. Zum anderen sollen weitere Beschleunigungspotentiale auf legislativer Ebene gehoben werden. Dies ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 17. Mai 2019 geschehen, das vor allem Neuregelungen im EnWG und im NABEG („NABEG 2.0“) enthält, die einem beschleunigten Netzausbau dienlich sein sollen.5
C. Der Netzausbau im deutschen Recht I. Einleitung Die Vorschriften zum Netzausbau verteilen sich inzwischen auf eine Reihe von Rechtsgrundla- 9 gen. Das Nebeneinander anwendbarer Rechtsvorschriften ist der energiepolitisch bedingten Entwicklung von Sonderregimen für bestimmte Leitungsprojekte geschuldet. Der Grundsatz des
4 BMWi: Aktionsplan Stromnetz v. 14.8.2018, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/ aktionsplan-stromnetz.pdf?__blob=publicationFile&v=10 (letzter Abruf: 28.7.2021).
5 Dazu unten Rn. 54 ff. 3
Steinbach/Franke
Einleitung
C. Der Netzausbau im deutschen Recht
Vorrangs des speziellen vor dem allgemeinen Gesetz kommt im Energieleitungsbau deshalb regelmäßig zur Anwendung. Spezialgesetze sind insoweit: – das NABEG (für neue Vorhaben aus dem Bundesbedarfsplan) gegenüber dem EnWG; – das EnLAG (mit seinem Bedarfsplan für 24 Höchstspannungsleitungen) gegenüber dem EnWG und dem NABEG; – das EnWG seinerseits gegenüber dem VwVfG. 10 Aus den unterschiedlichen Regelungsmaterien ergeben sich unterschiedliche Zulassungsregime: 1. Für die 24 Leitungen des EnLAG wird das Raumordnungsverfahren von den Ländern nach § 1 Nr. 14 RoV, § 15 ROG durchgeführt. Das Planfeststellungsverfahren wird nach § 43 S. 1 Nr. 1 EnWG ebenfalls von den Ländern durchgeführt. 2. Für die Leitungen des Bundesbedarfsplans, die als länderübergreifende oder grenzüberschreitende Leitungen gekennzeichnet sind, gelten für die Bundesfachplanung durch die BNetzA die Regeln des NABEG. a. Das Planfeststellungsverfahren für die länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Leitungen führt die BNetzA nach §§ 18 ff NABEG aus, sofern der BNetzA die Planfeststellungskompetenz auf dem Verordnungswege nach § 2 Abs. 2 NABEG übertragen wurde.6 b. Die Planfeststellungsverfahren für die länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Leitungen werden von Genehmigungsbehörden der Länder nach §§ 18 ff NABEG durchgeführt, sofern die Verordnung nach § 2 Abs. 2 NABEG der BNetzA die Planfeststellungskompetenz nicht überträgt. 3. Die Leitungen des Bundesbedarfsplans, die nicht als länderübergreifende oder grenzüberschreitende Leitungen gekennzeichnet sind, sowie alle anderen Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr, die nicht im Bundesbedarfsplan aufgeführt werden, durchlaufen das Raumordnungsverfahren nach § 1 Nr. 14 RoV, § 15 ROG. Das Planfeststellungsverfahren wird nach § 43 S. 1 Nr. 1 EnWG ebenfalls von den Ländern durchgeführt. 11 Historisch gesehen war für die Errichtung von Elektrizitätsleitungen bis zum Jahr 2001 nicht mal eine Planfeststellung vorgeschrieben.7 Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens war zwar erforderlich, jedoch ohne ein anschließendes Genehmigungsverfahren, in dem die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens hätten Wirkung entfalten können. Teilweise bestanden Genehmigungserfordernisse nach Landesrecht; im Grundsatz erfolgten die Genehmigungsverfahren von Elektrizitätsleitungen ohne formale Eröffnungskontrolle. Auch bestanden für Private keine formalisierten Beteiligungsrechte.8 Seit 2001 erfolgt die Zulassung von Hochspannungsfreileitungen formal-gesetzlich nach ei12 nem einheitlichen Standard: Für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr ist ein Raumordnungsverfahren durchzuführen (§ 1 Nr. 14 RoV, § 15 ROG). Das Planfeststellungserfordernis ergibt sich seit 2001 aus dem EnWG.9 Die aufgrund der Änderungsrichtlinie zur UVP-Richtlinie (RL 97/11/EG) erforderlichen Regelungen zur energierechtlichen Planfeststellung wurden zunächst als §§ 11, 11a in das EnWG 1998 eingefügt, seit dem EnWG 2005 sind sie in §§ 43 ff enthalten. Darin ist die Planfeststellungsbedürftigkeit für Hochspannungsfreileitungen ab einer Nennspannung von 110 kV geregelt. Mit der EnWG-Novelle 2011 wurde auf der 110 kV-Ebene auch die Planfeststellungsfähigkeit von Erdkabeln auf der 110 kVEbene ermöglicht (§ 43 S. 7 EnWG a. F.). Formal-gesetzlich kann mithin nicht von einem „Flickenteppich“ gesprochen werden, weil eine Einheitlichkeit der Gesetze unabhängig von der
6 7 8 9
Vgl. auch Rn 12 u. 43 sowie § 1 PffZV Rn 1. Vgl. Durner, DVBl. 2011, 854. Langer, BayVBl 1989, 641. Zur Entstehung Krieglstein, 212 ff; Ders., UPR 2003, 17 ff; Säcker/Pielow, vor §§ 43–45b EnWG, Rn 14 ff.
Steinbach/Franke
4
III. Energieleitungsausbaugesetz 2009
Einleitung
geographischen Lage der Leitung besteht.10 Davon zu unterscheiden ist ein „Flickenteppich“ in der Anwendung der einheitlichen Vorschriften in der Verwaltungspraxis, die zuletzt ausschlaggebend gewesen ist für die Hochzonung der Genehmigungskompetenz auf die Bundesebene im Rahmen des NABEG.11
II. Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz 2006 Mit dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz vom 9.12.200612 hat der Gesetzgeber mit 13 der Absicht der Verfahrensbeschleunigung die §§ 43 ff EnWG weiter ausgeformt. Dabei wurden insbesondere Fristvorgaben für behördliche Verfahrenshandlungen eingeführt (§ 43a EnWG), die Voraussetzungen für den Erlass von Veränderungssperren und vorzeitiger Besitzeinweisung geschaffen (§§ 44a und b EnWG) und die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Ausbauvorhaben eingeschränkt (§ 43e Abs. 1 S. 2, Abs. 3 EnWG; § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO). Außerdem wurde die Verzichtsmöglichkeit für den Erörterungstermin eingeführt (§ 43a Nr. 5 S. 1 EnWG a. F.). In der Praxis erwies sich die Verfahrensbeschleunigung durch das Infrastrukturplanungs- 14 beschleunigungsgesetz als unzureichend. Die verkürzten Fristvorgaben waren als reine SollVorschriften ungeeignet, eine Einhaltung der Fristen zu erzwingen und eine Beschleunigung der Verfahren zu erzielen. Auch die Möglichkeit des Verzichts auf den Erörterungstermin konnte die Verfahrenslänge nicht reduzieren; gerade vor dem Hintergrund der „Stuttgart-21“-Debatte erschien der Praxis eine Einkürzung der Beteiligungsrechte nicht angezeigt. Deshalb wurde vor dem Hintergrund einer Verbesserung der Beteiligung der Öffentlichkeit mit der EnWG-Novellierung 2011 die Verzichtsmöglichkeit auf den Erörterungstermin wieder eingeschränkt. Nunmehr gilt der Erörterungstermin als Regelfall (§ 43a Nr. 5 EnWG).
III. Energieleitungsausbaugesetz 2009 Mit dem Ziel einer verbindlichen Bedarfsplanung und der Straffung der Planungs- und Geneh- 15 migungsverfahren für Leitungsbauvorhaben wurde 2009 das EnLAG auf den Weg gebracht. Im Fokus stand die Beschleunigung von 24 vordringlichen Leitungsbauvorhaben auf der Ebene der Höchstspannungs-Übertragungsnetze. Zentraler Beschleunigungsansatz war die gesetzgeberische Festlegung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit der Leitungen für die 24 Leitungen des Bedarfsplans des EnLAG.13 Grundsätzlich muss das planfeststellungsbedürftige Vorhaben nach allgemeinen Grundsätzen den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG entsprechen, d. h. energiewirtschaftlich notwendig sein. Im Regelfall ist diese Planrechtfertigung durch die Planfeststellungsbehörde sicherzustellen, die dabei vor allem die konkrete Erforderlichkeit der geplanten Energieleitung zu prognostizieren hat. Die Begründung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit wurde im EnLAG gesetzgeberisch erstmalig vorweggenommen: Gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG ist für die in den Bedarfsplan aufgenommen Vorhaben die Planrechtfertigung gesetzlich vorgegeben. Damit ist das „Ob“ einer Leitung gesetzlich vorgegeben und muss von den Planungs- und Genehmigungsbehörden nicht mehr geprüft werden. Es kann damit auch nicht mehr in Frage gestellt werden. Zudem wird der Rechtsweg bei den vordringlichen Vorhaben auf eine Instanz verkürzt (BVerwG als erste und letzte Instanz). Zusätzlich ermöglicht das EnLAG den Einsatz von Erdkabeln auf 380 kV-Ebene im Rah- 16 men von vier Pilotprojekten auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten. Durch das Änderungsgesetz vom 21.12.2015 wurden die bis dahin vier auf nun sechs Pilotvorhaben 10 11 12 13 5
Durner, DVBl. 2011, 854. Dazu unten Rn 47 ff. BGBl. I 2006 S. 2833. Ausführlich Schirmer, DVBl. 2010, 1349 ff. Steinbach/Franke
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erhöht. Der Pilot-Ansatz ist der (umstrittenen) Tatsache geschuldet, dass Erdkabel auf der Höchstspannungsebene in der Fläche bislang nicht dem Stand der Technik im Normalbetrieb entsprechen. Die Intention des Gesetzgebers ist es, Erfahrungen mit dem Einsatz dieser Technologie zu sammeln und auf Grundlage einer positiven Evaluierung den Einsatz von Erdkabeln auf der 380 kV-Ebene in größerem Umfang zu ermöglichen. Der Gesetzgeber reagiert damit auch auf die zunehmende Akzeptanzdebatte im Leitungsbau. Häufig wird der Bau von Freileitungen von der betroffenen Bevölkerung abgelehnt. Mit dem Bau von Erdkabel-Pilotprojekten sollen Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln in der Fläche gesammelt werden. Die ersten Genehmigungsverfahren der Erdkabel-Pilotprojekte im Rahmen des EnLAG zeigen jedoch, dass die Diskussion um die Erdverkabelung eher zu zusätzlichen Verzögerungen führt, was mit den Auseinandersetzungen um den Umfang der Teilverkabelung zusammenhängt. Außerdem zeigt sich, dass auch naturschutzfachliche Bedenken gegen den Einsatz von Erdkabeln sprechen können. Neben der Bedarfsfeststellung für die prioritären Leitungen hat das Artikelgesetz zum Erlass des EnLAG eine Reihe weiterer planungsrechtlicher und regulatorischer Maßnahmen eingeführt, etwa für die Anbindungsleitungen von Offshore-Anlagen ein Planfeststellungsverfahren eingeführt, das die bisherigen Einzelgenehmigungen ersetzen soll. Ferner konkretisiert das EnLAG die Pflichten der Netzbetreiber, indem die bisherige Handhabung der Vorschriften festgeschrieben wird: Die Pflicht zum bedarfsgerechten Netzausbau (§ 11 Abs. 1 S. 1 EnWG) umfasst die Optimierung und Verstärkung. Dies gilt auch für die Darstellung in den Netzausbauberichten (inzwischen: § 12d EnWG). Durch Änderungen der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) wurde der Einsatz der HGÜTechnik (Hochspannungsgleichstromübertragung) im Übertragungsnetz ermöglicht, wo dies technisch und wirtschaftlich effizient ist. Außerdem sollte die Erdverkabelung auf 110 kV-Ebene bei neuen Leitungen auf neuer Trasse immer dann möglich sein, wenn der Kostenfaktor 1,6 im Vergleich zu einer Freileitung nicht überschritten wird. Mit dem NABEG wurde dieser Faktor auf 2,75 erweitert. Die bisherigen Erfahrungen mit dem EnLAG sind gemischt. Ohne Frage kann dem Bedarfsplanansatz mit seiner gesetzlichen Feststellung des energiewirtschaftlichen Bedarfs grds. ein Beschleunigungseffekt attestiert werden. Gründe für bisherige Verzögerungen liegen indes in der langen Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren.14 Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben die einzelnen Vorhaben aber erhebliche Fortschritte erzielt: Von den etwa 1.827 Kilometer Gesamtlänge der EnLAG-Vorhaben wurden bisher 1,062 Kilometer realisiert, weitere 490 Kilometer sind genehmigt beziehungsweise im Bau.15
IV. EnWG-Novellierung 2011 21 Mit der EnWG-Novellierung im Jahre 2011 ist das System der Bedarfsplanung grundlegend reformiert worden (§§ 12 ff EnWG). Aufgabe der Bedarfsplanung ist es, den voraussichtlichen Bedarf und Durchleitungskapazitäten zu ermitteln und Ausbauprioritäten zu definieren. Bis dato wurde die Bedarfsplanung im deutschen Übertragungsnetz allein vom Netzbetreiber ohne Einbindung der Öffentlichkeit und staatlicher Stellen betrieben – zukünftig ist die Bedarfsplanung ein iterativer Prozess, der unterschiedliche Mitwirkungsrechte und -pflichten von Netzbetreibern, Öffentlichkeit, BNetzA, Bundesregierung und Gesetzgeber vorsieht. Die Bedarfsplanung ähnelt dem EnLAG-Ansatz insoweit, als die mit dem Netzentwicklungs22 plan reformierte Bedarfsplanung an die Systematik der gesetzgeberischen Anordnung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit (gesetzliche Bedarfsplanung) anschließt. Das vom Bundesgesetzgeber auf Grundlage des Netzentwicklungsplans zu beschließende Bundesbedarfs14 Dazu unten Rn 43 ff. 15 Siehe: https://www.netzausbau.de/Vorhaben/uebersicht/report/de.html (letzter Abruf: 130.7.2021). Steinbach/Franke
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plangesetz stellt nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Vorhaben fest. Allerdings unterscheidet sich das Verfahren zur Entwicklung des Bedarfsplans qualitativ 23 vom EnLAG. Die Ermittlung des Bedarfsplans des EnLAG folgte keiner mit dem Netzentwicklungsplan vergleichbaren Systematik. Im EnLAG wurde der Bedarfsplan überwiegend auf Grundlage der im Rahmen der dena-Netzstudie I identifizierten Leitungen und weiteren von den Netzbetreibern als besonders wichtig erscheinende Leitungsprojekte entwickelt. Eine systematische Mitwirkung der Öffentlichkeit bestand nicht. Anlass zur Reform der Bedarfsplanung ist die von den EU-Richtlinien 2009/72/EG und 24 2009/73/EG vorgesehene Einführung von 10-jährigen nationalen Netzentwicklungsplänen. Auf Grundlage der europarechtlichen Vorgaben ist die Ausgestaltung der Bedarfsplanung im EnWG anhand von fünf Säulen konzipiert worden: – Staatliche Infrastrukturverantwortung, – Legitimation der Bedarfsplanung, – frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, – Transparenz des Netzausbaus und – Technologieoffenheit.
1. Staatliche Infrastrukturverantwortung Der Gesetzgeber sieht die originäre Verantwortung zur Bedarfsplanung auch zukünftig beim 25 privaten Netzbetreiber. In seinen Händen liegen sowohl die Bedarfsermittlung als auch die Initiierung des Netzgenehmigungsprozesses. Die Zuständigkeit der ÜNB für die Ermittlung des Netzausbaubedarfs korrespondiert dabei nicht zuletzt mit ihrer unternehmerischen Eigenverantwortung für die Investitionsentscheidung.16 Parallel dazu wird jedoch die staatliche Infrastrukturverantwortung stärker ausge- 26 formt.17 Anlass für ein stärkeres staatliches Engagement in der Bedarfsplanung sind zum einen die eindeutigen europarechtlichen Vorgaben, die relativ detailliert den Prozess der Bedarfsermittlung unter Einbindung der BNetzA festlegen. Quasi innenpolitisch ist die stärkere staatliche Einbindung jedoch der anhaltenden Kritik an der bisherigen Form der Netzbedarfsermittlung geschuldet, wie sie aus dem öffentlichen Raum geäußert wurde. Die Erfahrungen mit den dena-Netzstudien I und II haben gezeigt, dass die fehlende Transparenz des Planungsprozesses und das vermeintliche Profitinteresse der Netzbetreiber nicht zu einer allgemeinen Akzeptanz der Bedarfsplanung beitragen. Im Gegenteil: Selbst die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der vom Gesetzgeber im EnLAG identifizierten Leitungen, die teilweise auf die Ergebnisse der dena-Netzstudie I zurückgingen, sind in den Genehmigungsverfahren in Frage gestellt worden. Dabei steht nicht selten der Vorwurf der fehlerhaften oder überholten Bedarfsermittlung durch den Netzbetreiber im Vordergrund. Vor diesem Hintergrund scheint also unter Akzeptanzgesichtspunkten eine stärkere Involvierung staatlicher Stellen geboten. Staatliche Infrastrukturverantwortung im Bereich des Energieleitungsbaus ist auch vor dem 27 Hintergrund des gesamtgesellschaftlichen Projekts „Energiewende“ zu sehen. Aufgrund des grundlegenden Umbaus unserer Energieversorgung wird deutlich, dass eine Form staatlicher Koordinierung und Steuerung unverzichtbar wird. Die Abhängigkeit der bundesweit gewährleisteten Versorgungssicherheit und der EU-rechtlich vorgegebenen Realisierung eines Strombinnenmarktes von Entscheidungen von regionalen Behörden und privaten Netzbetreibern hat die Erkenntnis befördert, dass die staatliche Verantwortung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit eine Änderung der bisherigen Bedarfsermittlungs- und Genehmigungspraxis erforderlich macht. Das NABEG trägt dem in zweifacher Hinsicht Rechnung: Zum einen durch die stärkere 16 Lecheler, DVBl. 2007, 713, 718; Kment, RdE 2011, 341, 343. 17 Hermes, 336 ff. 7
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Einbindung der BNetzA bei der Netzplanung durch die Netzbetreiber. Zum zweiten durch die „Hochzonung“ der Genehmigungsverfahren von den Länderbehörden auf die Bundesebene. 28 Ausdruck staatlicher Infrastrukturverantwortung ist somit die Beteiligung der BNetzA im Prozess der Bedarfsermittlung. Dabei galt es, eine ausgewogene Balance zwischen staatlicher Infrastrukturverantwortung und privater Investitionsverantwortung zu finden. Diese wurde dahingehend gefunden, dass den privaten Netzbetreiber stets eine „Bringschuld“ trifft, d. h., ihm obliegt die primäre Pflicht zur sachlichen Abwicklung der einzelnen Planungsschritte. Die BNetzA tritt erst sekundär, quasi als Kontrollorgan zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, in den Prozess ein und garantiert der Bedarfsermittlung mit dem staatlichen Stempel das Siegel der „objektiven“ Qualität. Die Einbindung der BNetzA bereits im Stadium der Bedarfsplanung gewährleistet die Einhaltung der gesetzmäßigen Anforderungen an ein sicheres, zuverlässiges, bedarfsgerechtes und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz.
2. Legitimation der Bedarfsplanung 29 Ein weiteres Ziel staatlicher Infrastrukturverantwortung ist das Ziel größerer Legitimation. Das Bedürfnis nach Legitimation liegt ebenfalls in der fehlenden Akzeptanz von Teilen der Öffentlichkeit gegenüber der Bedarfsermittlung durch private Unternehmen begründet. Eine kontinuierliche fachliche Begleitung des privaten Bedarfsermittlungsprozesses durch die staatliche BNetzA stiftet Legitimation. Zentral im Sinne von größerer Legitimation ist jedoch die Befassung des Gesetzgebers mit dem Netzausbaubedarf im Rahmen des Bundesbedarfsplangesetzes. Hier wird der ursprünglich im EnLAG aufgegriffene Ansatz des parlamentarischen Plazets für konkrete Vorhaben fortgeschrieben und perpetuiert. Zukünftig sollen keine Höchstspannungsleitungen mehr errichtet werden können, ohne dass der Gesetzgeber diese nicht konkretisiert hat. Die Hoffnung war, die Proteste gegen den Bau neuer Leitungen zu minimieren und genehmigungsrechtliche Privilegien (Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit) rechtfertigen zu können. Während sich ersteres nicht bewahrheitet hat – die Behauptung, es fehle am Bedarf für eine konkrete Leitung, gehört zum Standardargument der Projektgegner in einem jeden Vorhaben –, stößt der Prozess der Bedarfsfeststellung mit seinen zahlreichen transparenten Elementen auf grundsätzlich große Zustimmung und wird fach- und ebenenübergreifend als äußerst taugliches Werkzeug verstanden. Zugleich ist durch die regelmäßige Aktualisierung des Bundesbedarfsplans nach § 12e Abs. 1 EnWG sichergestellt, dass notwendige Korrekturen in der Bedarfsfeststellung – etwa durch den nunmehr auch vorangetriebenen Ausstieg aus der Kohleverstromung – möglich sind. Damit kann auch der Vorwurf aus dem öffentlichen Raum entkräftet werden, dass Leitungen aufgrund veränderter Bedingungen nicht mehr erforderlich seien. 30 Unterm Strich sichert die neue Bedarfsplanung nach §§ 12a ff. EnWG eine gute Ausgewogenheit zwischen privater Investitionsverantwortung und staatlicher Infrastrukturverantwortung, ohne in planwirtschaftliche Sphären abzudriften. Das „Mehr“ an Staat in der Netzausbauplanung ist beschränkt auf eine „reaktive Korrektivfunktion“ der BNetzA mit legitimationsstiftender Konsequenz. Die regelmäßige Befassung des Gesetzgebers stiftet zudem ein Höchstmaß an Legitimation und stellt zugleich sicher, dass die Konsequenzen des Umbaus der Energieversorgung auch bei den Parlamentariern im Bewusstsein bleibt.
3. Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung 31 Funktional betrachtet hat die Öffentlichkeitsbeteiligung ihren Zweck in der Informationsbeschaffung für die Behörde und dem vorgezogenen Rechtsschutz Betroffener.18
18 Schink, DVBl. 2011, 1383. Steinbach/Franke
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Die erweiterten Beteiligungsrechte im Rahmen der Bedarfsplanung müssen vor dem Hintergrund der politischen Umstände zum Zeitpunkt der Entstehung des Gesetzes gesehen werden. Die Diskussion um „Stuttgart 21“ hatte im politischen Raum die Wahrnehmung befördert, dass eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung Voraussetzung für eine Verbesserung der Akzeptanz von Infrastrukturvorhaben ist.19 Dabei sollte insbesondere dem Aspekt der Frühzeitigkeit der Beteiligung Rechnung getragen werden. Beteiligung sollte nicht erst in einem Stadium stattfinden, in dem die konkrete Leitungsführung in der Raumordnung oder Planfeststellung ermittelt wird. Die Überlegung war, eine Beteiligung nicht nur erst im Stadium des „Wie“ sondern schon des „Ob“ zu ermöglichen. Ansonsten würde man wieder in das Dilemma der denaNetzstudien hineinlaufen, die zwar von einer hohen technischen Expertise aufgestellt wurden, jedoch unter weitestgehendem Ausschluss der breiten Öffentlichkeit. Ziel ist somit gewesen, durch eine Beteiligungsmöglichkeit bereits im Rahmen der Bedarfsplanung der Öffentlichkeit auch die Entscheidung über die Notwendigkeit von neuen Energieleitungen zugänglich zu machen. Die Erwartung war, dass eine frühzeitige Mitwirkung auch die Akzeptanz der einmal getroffenen und als notwendig erachteten Infrastruktureinrichtung verbessert. Die öffentliche Mitwirkung bei Entscheidung über die Notwendigkeit der Energieleitung wurde dabei noch einmal differenziert nach der Konsultation des energiepolitischen Szenariorahmens im ersten Schritt, und der Konsultation des Netzentwicklungsplans mit Anfangs- und Endpunkten für konkrete Leitungen im zweiten Schritt. Die Ermöglichung der Beteiligung bereits im Stadium der Szenarien ist entscheidend: Kaum ein energiepolitischer Bereich ist in den letzten Jahren umstrittener gewesen als die Zusammensetzung des Erzeugungsmixes, d. h. die jeweiligen Anteile von Erneuerbaren und konventionellen Erzeugungsbeiträgen im Rahmen des Kraftwerksparks, und gleichzeitig zahllosen politischen Entscheidungen – kleinteilige wie grundsätzliche – ausgesetzt gewesen. Die Konsultation des Szenariorahmens ermöglich somit eine Mitwirkung – und damit auch Mitverantwortung – der Öffentlichkeit für die Bestimmung der Erzeugungsszenarien. Die Beteiligung der Öffentlichkeit in der Szenariofestlegung ist auch deshalb wichtig, weil das Szenario erhebliche Auswirkungen auf den anschließend zu ermittelnden Netzausbaubedarf hat. Das netztechnische Modell, in welches das Szenario zur Berechnung des Netzausbaubedarfs eingegeben wird, ist in seiner Ausgestaltung aufgrund der technischen Begebenheit relativ klar vorgegeben, so dass in diesem Punkt kaum Änderungsmöglichkeiten bestehen. Umso wichtiger erscheint die Öffentlichkeitsbeteiligung im Stadium der Szenariofestlegung. Die bisherigen Erfahrungen mit der Konsultation der Szenariorahmen zeigen, dass die Konsultation der Szenarien vor allem von Umwelt- und Wirtschaftsverbänden, weniger jedoch von individuellen Personen, genutzt wurde. Das mag sich damit erklären, dass die Verbände in der Regel klare Positionen zu Fragen der energiepolitischen Szenarien haben und die Bedeutung dieser fundamentalen Eingangsfrage für den nachfolgenden Netzberechnungsprozess eher erkennen als individuelle Bürger. Die weniger ausgeprägte Beteiligung von Privatpersonen mag damit zusammenhängen, dass in diesem Stadium der Bedarfsplanung noch keine hinreichende individuelle Betroffenheit für den Einzelnen erkennbar ist. Damit die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht zu einer formellen Pflicht ohne inhaltliche Auswirkungen auf die Netzentwicklungsplanung verkommt, ist sicherzustellen, dass die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation berücksichtigt werden müssen. Bei der Konsultation des Szenariorahmens durch die BNetzA ergibt sich dies aus § 12a Abs. 3 EnWG. Bei der Konsultation des darauf folgenden Netzentwicklungsplans sind die Netzbetreiber verpflichtet, die Ergebnisse der Konsultation zu prüfen und ggf. umzusetzen („Beachtenspflicht“). Deshalb hat der Gesetzgeber die Netzbetreiber in § 12b Abs. 4 EnWG verpflichtet, dem Netzentwicklungsplan eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, wie die Ergebnisse der Beteiligung in dem Netzentwicklungsplan berücksichtigt wurden und unter welchen Prämissen der Netzentwicklungsplan nach 19 Vgl. auch Innenministerium Baden-Württemberg, Bundesratsinitiative zur Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Großvorhaben, Pressemitteilung Nr. 80/2011 vom 1.3.2011. 9
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Abwägung mit den geprüften, in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten entwickelt wurde. 36 Es darf nicht ausgeblendet werden, dass auf den ersten Blick ein Zielkonflikt zwischen größerer Öffentlichkeitsbeteiligung und einer Verfahrensbeschleunigung besteht.20 Jede zusätzliche Konsultations- oder Beteiligungsebene bedeutet einen zusätzlichen zeitaufwendigen Verfahrensschritt. Andererseits ist jedenfalls für die Bedarfsplanung festzuhalten, dasseine breit angelegte Bedarfsplanung mit einer abschließenden Befassung des Gesetzgebers im Rahmen des Bundesbedarfsgesetzes zum einen eine akzeptanzstiftende Wirkung für nachgelagerte Verfahrensstufen entfaltet und zugleich die einzelnen Genehmigungsverfahren von der Diskussion um die Planrechtfertigung in nicht zu unterschätzendem Maße entschlackt.
4. Transparenz der Bedarfsplanung 37 Die Forderung nach besserer Öffentlichkeitsbeteiligung geht Hand in Hand mit dem Bedürfnis nach höherer Transparenz. Nicht selten schwingen bei der vom Energieleitungsbau betroffenen Bevölkerung diffuse Vorurteile gegen Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber mit. In dieser Wahrnehmung hätten diese Unternehmen kein Interesse an transparenter Offenlegung ihrer Netzberechnungen. Der Mangel an Transparenz ist Hauptgrund gewesen, warum die Netzstudien der dena trotz ihrer technischen Expertise nicht die nötige Zustimmung in der Öffentlichkeit erfahren haben. Dies ermöglichte anderen (vermeintlichen) Experten, die Ergebnisse dieser Studien in Zweifel zu ziehen und damit letztlich auch die zügige Realisierung von EnLAGLeitungen zu unterminieren und zu verzögern. 38 Die neue Netzentwicklungsplanung trägt dem Bedürfnis nach Transparenz in zweifacher Hinsicht Rechnung: Zum einen ist der oben geschilderte Prozess der Öffentlichkeitsbeteiligung geeignet, durch eine hinreichende Offenlegung der einzelnen Schritte die Netzplanung für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen. Zum anderen soll eine Offenlegung von Lastflussdaten durch den Netzbetreiber grds. ermöglicht werden. Dabei tat sich im Gesetzgebungsverfahren ein Zielkonflikt auf: Einerseits sollte größtmögliche Transparenz zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit gewährleistet werden. Andererseits musste unter sicherheitspolitischen Erwägungen eine zu große Transparenz der Energieleitungen als kritischer Infrastruktureinrichtung vermieden werden. Dieser Zielkonflikt wurde dahingehend aufgelöst, dass die Herausgabe netzknotenpunktscharfer Einspeise- und Lastdaten an Dritte nur dann erfolgt, wenn eine entsprechende Fachkunde zur Überprüfung der Netzplanung und ein berechtigtes Interesse gegenüber der Regulierungsbehörde nachgewiesen werden kann und eine vertrauliche Behandlung der Informationen sichergestellt ist (§ 12f Abs. 2 EnWG).
5. Technologieoffenheit des Netzausbaus 39 Zuletzt ist die Frage der Übertragungstechnologie nicht selten Grund für Verfahrensverzögerungen. Das bezieht sich zum einen auf die immer häufiger auftretende Diskussion über das Erdkabel als die vorzugswürdige, weil die Bevölkerung vor Ort weniger beeinträchtigende Alternative. Zugleich schafft eine Umstellung eines Vorhabens auf Erdverkabelung neue Betroffenheiten und neue technische Herausforderungen. Zum anderen werden auch anderen Technologieoptionen, wie etwa der Einsatz der Hochspannungsgleichstromübertragungstechnologie (HGÜ) und Hochtemperaturleiterseilen, in den Genehmigungsverfahren von betroffenen Bürgern eingebracht nicht selten mit dem Ziel, damit die Entbehrlichkeit der Leitungen insgesamt nachzuweisen.
20 Durner, DVBl. 2011, 858. Steinbach/Franke
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Vor diesem Hintergrund erweiterte bereits die EnWG-Novelle 2011 die Einsatzmöglichkeiten 40 verschiedener Übertragungstechnologien. Beim Einsatz von Erdkabeln auf der 110 kV-Ebene wurde das Erdkabel zum Regelfall aufgewertet (§ 43h EnWG). Die Kostengrenze, die eine übermäßige Kostensteigerung im Vergleich zur Freileitung verhindern soll, wurde gelockert. Darüber hinaus soll der Einsatz der in Deutschland bisher nicht zum Einsatz gelangten HGÜ-Technologie im Rahmen von Pilotprojekten ermöglicht werden. Aufgrund ihrer technischen Vorteile bei Übertragungen über lange Distanzen werden der HGÜ-Technologie insbesondere vor dem Hintergrund eines europäischen Stromnetzes große Potenziale vorausgesagt. Gerade für den Abtransport von im Norden produziertem (Wind-)Strom in den Süden soll diese Technologie zum Einsatz kommen. Deshalb hat der Gesetzgeber den Netzbetreiber verpflichtet, Angaben zu Einsatzmöglichkeiten dieser Technologien zu machen. Als Folge dessen haben die ÜNB in ihrem ersten Entwurf für einen Netzentwicklungsplan die Realisierung mehrerer „Nord-Süd-HGÜs“ vorgesehen. Hinsichtlich des Einsatzes von Erdkabeln auf der 380 kV-Ebene blieb es vorerst bei den sechs 41 Pilotprojekten des EnLAG. Seither konnten mit der Ausführung von HGÜ-Leitungen als See- oder Erdkabel weitere Erfahrungen gesammelt werden, während die Erfahrungen mit der Verkabelung von Drehstromleitungen deutlich geringer sind und zeigen, dass eine weitere Erprobung unter Betriebsbedingungen erforderlich ist. Die positiven Erfahrungen mit der Verkabelung von Gleichstromleitungen führten 2014 zu einer ersten Erweiterung der Verkabelungsmöglichkeiten bei HGÜLeitungen; danach war für alle im Bundesbedarfsplan enthaltenen Gleichstromübertragungsleitungen die Teilverkabelung unter den im EnLAG vorgesehenen Voraussetzungen zugelassen, wobei der Vorrang einer Ausführung als Freileitung aber unberührt blieb. Die ersten auf dieser Grundlage eingeleiteten Verfahren der Bundesfachplanung zeigten, dass die Planung neuer HGÜFreileitungen auf so nachhaltigen Widerstand stieß, dass der notwendige zügige Netzausbau ernsthaft in Frage gestellt war. Der Gesetzgeber hat hieraus bei der Novellierung des BBPlG 2015 die Konsequenz gezogen, dass die Rahmenbedingungen für eine Verkabelung grundlegend – angesichts des unterschiedlichen Standes praktischer Erfahrungen aber zwischen Gleichstrom- und Drehstromleitungen differenzierend – neu geregelt werden sollten. Kernstück der Neuregelung ist die Einführung des Kabelvorrangs für HGÜ-Leitungen (§ 3 BBPlG). Die Ausführung als Erdkabel wird damit für Gleichstromübertragungsleitungen zur Regel, die Ausführung als Freileitung ist nur noch ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der gesetzlichen Ausnahmeregelungen zulässig. Für Drehstromleitungen bleibt es hingegen bei der bisherigen, dem EnLAG entsprechenden Regelungssystematik, nach der Freileitungsbau die Regel und eine Teilverkabelung nur als Pilotprojekt zulässig ist (§ 4 BBPlG), um die notwendigen weiteren Erfahrungen zu sammeln.
V. Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) Das NABEG ist das jüngste und wohl weitreichendste Gesetz zur Beschleunigung des Netzaus- 42 baus.21 Es wurde zwar innerhalb des nur dreimonatigen Zeitraums zwischen dem Reaktorunfall in Fukushima und dem Ablauf des Kernkraftwerk-Moratoriums angefertigt, konnte aber konzeptionell auf Vorarbeiten des Bundeswirtschaftsministeriums zurückgreifen. Im Grunde ist das NABEG die Konkretisierung der bereits im Energiekonzept 2010 angekündigten Bundesfachplanung.22 Mit der Novelle NABEG 2.0 sind die bestehenden Regelungen weiter verfeinert und im Interesse einer weiteren Beschleunigung teilweise überarbeitet worden.
21 Das NABEG ist das „Kerngesetz“ des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbau Elektrizitätsnetze, BGBl. 2011, Nr. 43, S. 1690. 22 Bundesregierung, Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, 28.9.2010, S. 19. 11
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1. Problemanalyse am Ausgangspunkt des NABEG 43 Die Entwicklung der letzten Jahre hatte gezeigt, dass es bei der Realisierung vieler Leitungsprojekte insbesondere auf der Höchstspannungsebene zu erheblichen Verzögerungen kommt. Ungeachtet einer etwaigen Ursachenforschung muss Folgendes konstatiert werden: – Die zeitliche Dauer der Genehmigungsverfahren ist enorm. Raumordnungsverfahren dauern bis zu 27 Monate; die Vorbereitung von Planfeststellungsverfahren kann mehr als vier Jahre betragen, ohne dass das eigentliche Planfeststellungsverfahren überhaupt begonnen hat. – Es existiert eine unterschiedliche Handhabung der einschlägigen Gesetze (EnWG, VwVfG etc.) durch unterschiedliche Verwaltungsvorschriften und tatsächliches Verwaltungshandeln. Richtig ist zwar, dass die gesetzlichen Vorgaben bereits vor dem NABEG einheitlich gewesen sind. Gemäß § 1 Nr. 14 RoV ist für die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr zunächst ein Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG durchzuführen.23 Auch unterliegen diese Leitungen bereits seit 2001 einem Planfeststellungsvorbehalt nach § 43 EnWG. Gemeint ist der Duktus eines „Flickenteppichs“ somit nicht in Bezug auf die Existenz formalrechtlicher Vorschriften,24 sondern in der genehmigungsrechtlichen Praxis bei der Anwendung der Vorschriften. – Es besteht ein Mangel an Koordinierung und Abstimmung bei länderübergreifenden Projekten und den dazugehörigen Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren; Verzögerungen resultieren aus fehlender Synchronisierung der Verfahren in den jeweiligen Bundesländern. – Die fehlende Akzeptanz des Leitungsbaus schlägt sich nieder in einer hohen Zahl von Einwendungen in den Verfahren, in „Gutachterschlachten“, in Technologiediskussionen in den Verfahren. 44 Neben diesen Problemen, die sich meist aus den Friktionen insbesondere bei länderübergreifenden Projekten ergeben, liegt in den Widerständen vor Ort eine strukturelle Ursache für die Verzögerungen im Leitungsbau. Die Genehmigungspraxis zeigt, dass sich lokale und regionale Widerstände nicht selten auch durch den politischen Raum verzögernd auf die Genehmigungsverfahren auswirken. Aufgrund der lokal- und landespolitischen Gegebenheiten ist es in der Vergangenheit häufig zu Einflussnahmen übergeordneter Landesministerien auf den formal von untergeordneten Raumordnungs- und Planfeststellungsbehörden durchgeführten Prozess gekommen. Dies kann beispielsweise in Form von Anforderungen zusätzlicher Gutachten über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit einer Leitung oder die Anweisung erfolgen, Planfeststellungsanträge gar nicht erst zur Verfahrenseröffnung anzunehmen. 45 Aufgrund der Nähe zu den lokalen Betroffenheiten (Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Nachteile für den Tourismus) ist das Potenzial für eine „Politisierung“ der Verfahren groß. So sind in der Vergangenheit ebenfalls Verzögerungen zu beobachten gewesen, z. B. aufgrund einer zeitlichen Nähe zu Kommunal- oder Landtagswahlen oder weil neue (landes-)gesetzliche Regelungen erwartet wurden, von denen sich Betroffene eine andere Entscheidung erwartet haben. Landespolitische Interessen sind nur selten auf eine zügige Realisierung einer Stromleitung gerichtet, wenn dabei lokal Beeinträchtigungen hingenommen werden müssen. 46 Durch die Hochzonung auf Bundesebene und Zuweisung der Zuständigkeit für Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren an die BNetzA verschwinden lokale und regionale Widerstände sowie politische Einflussnahme auf das Verfahren zwar nicht; sie werden aber mit den Instrumenten des NABEG in eine neue und transparentere Form gegossen. Die BNetzA kann eine höhere Unabhängigkeit von regionalpolitischen Gegebenheiten aufweisen und sich für die überregionalen Projekte, die für die Stromversorgung der Bundesrepublik von besonderer
23 Dazu etwa ARL/Höhnberg, S. 501 ff. 24 Vgl. Durner, DVBl. 2011, 855. Steinbach/Franke
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Bedeutung sind, maßgeblich von der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und nicht von lokalen Meinungsströmungen leiten lassen.
2. Reformansatz der Bundesfachplanung und Planfeststellung Vor dem Hintergrund obiger Problemanalyse sieht das NABEG eine einheitliche Bundesfach- 47 planung und Bundesplanfeststellung durch die BNetzA vor. Die Bundesfachplanung erfolgt auf Grundlage des zukünftig vom Bundestag im Bundesbedarfsplangesetz festgestellten Netzausbaubedarfs. Im Bundesbedarfsplangesetz stellt der Bundestag den Bedarf an Vorhaben im Übertragungsnetz fest und bestimmt die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Leitungen, die im Rahmen der Bundesfachplanung genehmigt werden. Die Zuständigkeit für die BNetzA ist auf länderübergreifende und grenzüberschreitende Lei- 48 tungen beschränkt. Im Entwurf des NABEG, wie er dem Bundesrat zugeleitet wurde,25 waren in § 12e EnWG für den Bundesbedarfsplan und in § 1 nicht „länderübergreifende“ Leitungen, sondern Leitungen von überregionaler und europäischer Bedeutung Gegenstand der Kennzeichnung und des Geltungsbereichs. Der erweiterte Anwendungsbereich scheiterte am Widerstand der Länder im Gesetzgebungsverfahren. Als Folge des politischen Kompromisses bleiben die Länder für den Großteil der Leitungsprojekte zuständig. Das gilt für jene Projekte, die eben nicht länderübergreifender oder grenzüberschreitender Natur sind. Für die Genehmigungsverfahren von Hochspannungsleitungen auf der 110 kV-Ebene, für die ebenfalls erheblicher Ausbaubedarf erwartet wird, verbleibt die Zuständigkeit ohnehin bei den Ländern. Mithin führen die Länder weiterhin die überwiegende Anzahl der Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren durch. 49 Folgende Eckpfeiler bildeten das Konzept für den Entwurf des NABEG: – Die bundeseinheitliche Bundesfachplanung und Planfeststellung gewährleistet einheitliche Planungsmaßstäbe für die Vorhabenträger. Eine einheitliche Rechtsanwendung bei großen Stromleitungen durch eine Bundesbehörde schafft Verfahrenserleichterungen beim Vorhabenträger durch Klarheit der Verfahrensanforderungen, reduziert den Aufwand an Bürokratie durch einheitliche Standards und die Schaffung eines „Single-Contact-Point“ für die Vorhabenträger. Dadurch werden Zuständigkeiten gebündelt. – Durch eine „Behördenidentität“ zwischen Raumordnungs- und Planfeststellungsbehörde muss eine bessere Abschichtung zwischen Prüfschritten auf der Raumordnungs- und Planfeststellungsebene gewährleistet werden. Außerdem ermöglicht eine Zuweisung der Aufgaben an die BNetzA die Schaffung von Synergien mit der vorgeschalteten Netzbedarfsplanung und dort stattfindenden Öffentlichkeitsbeteiligungen. – Größtmögliche Mitwirkung der Länder sowohl im Verfahren zur Festlegung der Trassenkorridore (Bundesfachplanung) als auch bei der Bundesplanfeststellung durch (i) ein gemeinsames Vorschlagsrecht bei der Auswahl von Trassenkorridoren (§ 7 Abs. 3 NABEG), (ii) eine Berücksichtigungspflicht der Landesentwicklungspläne durch die BNetzA (§ 7 Abs. 1 S. 2 NABEG), (iii) ein privilegiertes Einwendungsrecht der Länder (§ 14 NABEG), (iv) Einrichtung eines Beirats mit Vertretern der Länder zur Begleitung der Bundesfachplanung (§ 32 NABEG). – Verzahnung zwischen Bedarfsplanung, Genehmigung und Regulierung im Sinne eines kohärenten Systems. Bei der BNetzA besteht die nötige Expertise für alle Bereiche dieses Systems, sodass sie alle Verfahrensschritte kontinuierlich begleiten kann. Während der Konsultationsphasen zur Szenarioaufstellung und des Netzentwicklungsplans nach §§ 12a und b EnWG kann die BNetzA relevante Erkenntnisse für das sich anschließende Bundesfachplanungsverfahren gewinnen. Zu Beginn der Bundesfachplanung hat sie sich bereits eingehend mit den Vorschlägen der ÜNB sowie den Stellungnahmen von Trägern öffentli-
25 BR-Drucks. 342/11. 13
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C. Der Netzausbau im deutschen Recht
cher Belange und der Öffentlichkeit mehrfach auseinandergesetzt.26 Zudem kann die BNetzA auch innerbehördlich eine enge Abstimmung des Planungs- und Genehmigungsprozesses hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen an einen effizienten Netzausbau gewährleisten. – Angemessene Öffentlichkeitsbeteiligung und Beteiligung der Fachöffentlichkeit in früher Phase des Genehmigungsverfahrens. Insoweit folgt das NABEG der „Beteiligungsfreundlichkeit“ des Verfahrens zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans nach EnWG im Sinne einer Verbesserung der frühzeitigen Bürgerbeteiligung. Nach NABEG soll die Beteiligung in zwei Phasen erfolgen. Vor der Vorlage der vollständigen Planunterlagen soll im Rahmen der Antragskonferenz eine Art Vorerörterung stattfinden (§ 7 Abs. 1 NABEG). Hier besteht zunächst für die breite Öffentlichkeit die Möglichkeit, an den Vorhabenträger Fragen zu richten und mögliche Alternativen aufzuzeigen. Ebenso soll hier schon eine frühzeitige Einbindung der betroffenen Länder und ein erster Abgleich mit den Erfordernissen der Raumordnung der Länder stattfinden. Erst aufgrund dieser ersten Interaktion des Vorhabenträgers mit den Ländern und der Öffentlichkeit legt die BNetzA den konkreten Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung fest. Auch im Planfeststellungsverfahren wird zu Beginn eine Antragskonferenz durchgeführt (§ 20 Abs. 1 S. 2 NABEG), die sich auf alle für das Feststellungsverfahren erheblichen Fragen erstreckt. In Der Praxis hat sich außerdem etabliert, dass die Vorhabenträger iSd § 25 Abs. 3 VwVfG frühzeitig und noch vor formaler Antragstellung über das Projekt informieren. – Möglichkeiten bestimmte Vorhaben die ex ante aus fachlichen und rechtlichen Gründen nicht konfliktträchtig sind (weil etwa in Bestandstrassen oder bereits festgelegten Korridoren geplant wird), in vereinfachten Verfahren (§ 11 NABEG) oder (seit 2019) unter Verzicht auf die Bundesfachplanung (§ 5a NABEG) durchzuführen, werden ausgeschöpft. – Hinsichtlich einer Ausschöpfung des Beschleunigungspotenzials müssen auch materielle Vorschriften angepasst werden. Die Bedeutung des Netzausbaus im Interesse des globalen Klimaschutzes muss unter Wahrung der europarechtlichen Vorgaben ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die Bedeutung der Vorhaben in § 1 S. 3 NABEG noch einmal deutlich hervorgehoben und für diese ein überragendes öffentliches Interesse sowie ein Interesse für die öffentliche Sicherheit verankert. – Verpflichtung der Vorhabenträger (ÜNB) zu größtmöglicher aktiver Mitwirkung an Planung und Realisierung, einschließlich Fristsetzungen und Zwangsmaßnahmen durch die BNetzA (§ 34 NABEG). 50 Bei der konzeptionellen Ausgestaltung von Bedarfsplanung, Bundesfachplanung und Planfeststellung hat das Sondergutachten 2011 des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) einen bedeutsamen Orientierungspunkt für die Gesetzesarbeiten geboten.27 Der SRU-Ansatz beruht auf einer zweistufigen Fachplanung: Unter Verzicht auf ein separates Raumordnungsverfahren soll ein zentral aufgestellter Bundesfachplan „Stromübertragungsnetz“ den Bedarf und die Trassenkorridore verbindlich festlegen und Grundsatzentscheidungen im Hinblick auf großräumige Alternativen sowie zwischen Freileitungen und Erdkabeln treffen. Die Prüfung kleinräumiger Alternativen soll im zweiten Schritt wie bisher in der Planfeststellung stattfinden.28 Nach Vorstellungen des Sachverständigenrats sollten in dem Bundesfachplan „Übertra51 gungsnetz“ Bedarfsfeststellung, Trassenkorridorfestlegung und Alternativendebatte integriert werden.29 Die Bedarfsfeststellung sollte dabei an die Investitionspläne der Netzbetreiber anknüpfen. Eine Kompetenz des Bundes zur Erstellung des Bundesfachplans wurde vom SRUGutachten als essenziell angesehen, um die großräumigen Wechselwirkungen bei der Bedarfsfestlegung und Trassenfindung optimal zu verarbeiten.
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Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 334. Schneider, S. 57 ff. Schneider, S. 61. Schneider, S. 57.
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V. Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)
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Das im EnWG und NABEG entwickelte Modell greift den SRU-Ansatz dem Grunde nach auf. 52 Allerdings wird keine integrierte Bedarfsfeststellung und Trassenkorridorfindung unternommen, so dass das Verfahren letztlich dreistufig ist (Bedarfsplan, Bundesfachplanung, Planfeststellung). Auch wird die Bedarfsplanung als separates und vorgelagertes Verfahren maßgeblich durch Netzbetreiber und BNetzA betrieben. Die Gründe zur Trennung von Bedarfsplanung und Bundesfachplanung – entgegen der Anregung des SRU-Gutachtens – waren vielfältig: Erstens hätten durch das dann deutlich zeitaufwendigere Verfahren die europarechtlichen Vorgaben für eine jährliche Aufstellung des Netzentwicklungsplans nicht umgesetzt werden können. Zweitens wäre der EnLAG-Ansatz mit der parlamentarischen Bedarfsfeststellung nicht mehr möglich gewesen. Eine Parlamentsbefassung, die zeitlich nach Ermittlung des Trassenkorridors stattfindet, erscheint hingegen unter Legitimationsgesichtspunkten zu spät, weil die Anordnung des vordringlichen Bedarfs schon für die Bundesfachplanung erforderlich ist. Drittens bestand aufgrund umweltrechtlicher Vorgaben das Erfordernis, dass sowohl der Bedarfsplan als auch die Korridorfestlegung einer SUP zu unterziehen sind. Viertens hätte mit dem SRU-Ansatz nicht praktikabel erreicht werden können, dass die Bundesfachplanung die individuellen Leitungsprojekte sukzessive nach dem Grad ihrer zeitlichen Priorität bearbeiten sollte. Bei einem integrierten Verfahren hätten für alle Leitungen des Bedarfsplans gleichzeitig die Korridorauswahl stattfinden müssen, was auch schon ressourcentechnisch unrealistisch erschien. Unterm Strich erschien ein dreistufiges Verfahren vorzugswürdig. In der Praxis zeichnet sich ab, dass sich die Trennung von Bedarfsprüfung einerseits und konkreter Vorhabensplanung andererseits bewährt. Dass nunmehr die Genehmigungsverfahren für Bundesfachplanung und Planfeststellung wiederum in Personalunion durch die BNetzA durchgeführt werden, garantiert die erhoffte Beschleunigung, da Zuständigkeitswechsel und der damit stets einhergehende Wissensverlust ausbleiben. Das Konzept der Öffentlichkeitsbeteiligung des NABEG hat als Inspirationsquelle auch 53 das Schweizer Vorbild herangezogen. Im Schweizer Planungsverfahren für Stromleitungen existieren im Planungsprozess zwei Gruppen zum Zwecke einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen den vom Netzausbau betroffenen Akteuren, insbesondere von Kantonen, Netznutzern, Umwelt- und Wirtschaftsverbänden sowie Netzbetreibern. Unterschieden wird in der Schweiz zwischen einer kontinuierlich bestehenden Kerngruppe und projektbezogenen Begleitgruppen.30 Im NABEG wurde letztlich auf die projektbezogenen Begleitgruppen verzichtet, weil die Einbindung der Akteure durch Antragskonferenz (§ 7 Abs. 1 NABEG), Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 9 NABEG) und Erörterungstermin (§ 10 NABEG) anderweitig und in Anlehnung an deutsche Beteiligungsformen gewährleistet wurde. Aufgegriffen wurde hingegen eine Form der institutionalisierten Zusammenarbeit der Akteure, um eine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit und einen intensiven Informationsaustausch insbesondere zwischen Bund und Ländern zu ermöglichen. Es wird ein ständiger Bundesfachplanungsbeirat gebildet, in dem neben Vertretern der BNetzA auch Vertreter der Länder und der Bundesregierung sitzen werden (§ 32 NABEG).
3. NABEG 2.0: Neue Instrumente zur weiteren Beschleunigung des Netzausbaus Um weitere Hemmnisse und Verzögerungen beim Netzausbau abzubauen, hat das Bundeswirt- 54 schaftsministerium am 14.8.2018 den sog. „Aktionsplan Stromnetz“ vorgelegt.31 Dieser verfolgt eine Doppelstrategie und verlangt zunächst eine effizientere Auslastung der bestehenden Netzinfrastruktur. Daneben soll der erforderliche Netzausbau beschleunigt werden: Neben ControllingMaßnahmen, welche die Einhaltung von Prozess- und verfahrensschritten durch alle involvierten Akteure (insbesondere Politik, Genehmigungsbehörden, Netzbetreiber) gewährleisten sollen, wur30 Schneider, S. 41 f. 31 Abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/aktionsplan-stromnetz.pdf?__blob=publicationFile&v=10 (letzter Abruf: 30.7.2021). 15
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C. Der Netzausbau im deutschen Recht
den auch Reformen angekündigt, um weiteres Beschleunigungspotential zu heben. Dies ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 17. Mai 2019 geschehen, das vor allem Neuregelungen im EnWG und im NABEG („NABEG 2.0“) enthält, die einem beschleunigten Netzausbau dienlich sein sollen.32 So sollen etwa in einfacher gelagerten Fällen Verfahrensschritte vereinfacht (Anzeigeverfahren nach § 43f EnWG und § 25 NABEG) oder gänzlich auf diese verzichtet werden können (Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a NABEG). Daneben wird die Möglichkeit eröffnet, durch vorzeitigen Baubeginn (§ 44c EnWG) oder durch das Verlegen von Leerrohren für absehbare zukünftige Bedarfe (§ 43j EnWG sowie § 2 Abs. 3 NABEG iVm § 2 Abs. 8 BBPlG) Verfahrensschritte vorzuziehen. Ergänzt wird dies um klarstellende und präzisierende Begriffsbestimmungen (§ 3 NABEG), welche in der Rechtsanwendung Sicherheit schaffen, sowie eine Entschlackung der Bekanntgabe- und Auslegungsregelungen (etwa keine Veröffentlichung im Amtsblatt mehr). Zur Beschleunigung der Planungsverfahren und des Rechtsschutzes trägt schließlich die Tendenz bei, zunehmend gesetzgeberische Letztentscheidungen zum Genehmigungsverfahren und zu den Genehmigungsvoraussetzungen für konkrete Vorhaben zu treffen.33
VI. Wasserstoff 55 Durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht34 sind 2021 erstmals Vorschriften über Wasserstoffnetze (§ 3 Nr. 39a EnWG) in das EnWG eingefügt worden. In regulatorischer Hinsicht werden reine Wasserstoffnetze als eigene Regulierungssparte behandelt, wobei die Vorschriften über die Regulierung von Wasserstoffnetzen (§§ 28j ff EnWG) nur anwendbar sind, wenn der Netzbetreiber dies erklärt (§ 28j Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 3 EnWG). Hingegen sind die anlagenbezogenen Regelungen für Errichtung, Betrieb und Änderung von Energieleitungen (§§ 43 ff EnWG) auf Wasserstoffnetze uneingeschränkt anzuwenden (§ 28j Abs. 1 Satz 1 EnWG). Da voraussichtlich ein erheblicher Teil des künftigen Wasserstoffnetzes aus bisherigen Erdgasleitungen bestehen wird,35 enthält § 43l EnWG besondere Regelungen zur Fortgeltung der Zulassungen für bisherige Erdgasleitungen bei der Umwidmung zu Wasserstoffleitungen. Angesichts der noch nicht verlässlich einzuschätzenden Marktentwicklung sind die neuen Regelungen nur ein erster Schritt zur Schaffung eines regulierungs- und planungsrechtlichen Rahmens für die Wasserstoffnutzung. Daher stehen die für den Ausbaustart vordringlichen Fragen der Umrüstung vorhandener Erdgasleitungen im Vordergrund, während die stark von der Marktentwicklung abhängige Einschätzung der Regulierungserfordernisse mit dem Modell einer optionalen Regulierung zurückhaltend bleibt.
VII. Europarechtlicher Rahmen zum Netzausbau 56 Europarechtliche Vorgaben beeinflussen den Netzausbau stark. Dies betrifft neben den Fragen zum Umwelt- und Planungsrecht auch das Energie(-regulierungs-)recht. Zentraler Ausgangspunkt grundlegende Anpassungen um EnWG war die Umsetzung des Dritten EU-Binnenmarktpakets. Bestandteil der entsprechenden RL 2009/72/EG und RL 2009/73/EG waren die Vorgaben zu den nationalen 10-jährigen Netzentwicklungsplänen, die in §§ 12a ff. EnWG umgesetzt wurden. Außerdem wurde das Thema Netzausbau von der Europäischen Kommission im Rahmen des 2011 vorgelegten Infrastrukturpakets aufgegriffen. Die 2013 in Kraft getretene Ver-
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Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 ff; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429 ff. Vgl. § 2 BBPlG Rn 2. BGBl. I S. 3026. § 43l EnWG Rn 10, 12.
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VIII. Verfassungsmäßigkeit des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes
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ordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E VO)36 enthält Vorgaben zur Aufstellung der Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse („projects of common interest“ – PCI) sowie zur beschleunigten Genehmigung, Regulierung und finanziellen Förderung dieser Vorhaben. Der Anwendungsbereich der Ten-E VO geht über das NABEG hinaus, da sie nicht nur 57 Stromleitungen in den Blick nimmt, sondern (Energie-)Infrastrukturen insgesamt. Die europäische Kommission plant vor dem Hintergrund des „European Green New Deals“ eine Überarbeitung des TEN-E-Rahmens. Damit sollen neben aktualisierten Energie- und Klimazielen auch die technologische Transformation stärker in den Fokus gerückt werden. Ziel bleibt der beschleunigte Ausbau und die stärkere Integration der transeuropäischen Energieinfrastruktur. Zu den vorrangigen Vorhaben von gemeinsamem Interesse gehören Infrastrukturkorridore 58 und -gebiete, die überwiegend einen grenzüberschreitenden Charakter haben und die die Realisierung des Energiebinnenmarktes voranbringen sollen. Zentrales Anliegen der TEN-E VO ist der „one-stop-shop“, also eine einzige zuständige nationale Behörde, die für die Koordinierung des gesamten Genehmigungsverfahrens zuständig ist. Für die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Leitungsbauvorhaben, die dem NABEG unterfallen, wird das durch die bundesweite Zuständigkeit der BNetzA sowohl für die Bundesfachplanung als auch für Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren erreicht. Für die übrigen Vorhaben des Bundesbedarfsplans und die EnLAG-Vorhaben übernimmt die BNetzA eine koordinierende Funktion. Für Deutschland ist sie als zuständige Behörde benannt, die nach Art. 8 Abs. 1 TEN-E VO für die Erleichterung und Koordinierung des Genehmigungsverfahrens für Vorhaben von gemeinsamem Interesse verantwortlich ist.37 Sie übernimmt die Koordinierung der umfassenden Entscheidung nach dem sog. Kooperationsschema (Art. 8 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c TEN-E VO). Die bisher geltenden Zuständigkeiten für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens für PCI bei Landes- und Bundesbehörden bleiben hierbei unverändert. Die BNetzA als One-Stop-Shop-Behörde fungiert als eine einheitliche Kontaktstelle für die zuständigen (Landes)Behörden in Deutschland, die One-Stop-Shop-Behörden in anderen EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission für Fragen zu PCI-Genehmigungsverfahren.38 Zu den Aufgaben der BNetzA als One-Stop-Shop-Behörde gehört vor allem, auf die zügige Durchführung der Verfahren hinzuwirken.
VIII. Verfassungsmäßigkeit des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes 1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes Während39 und nach Abschluss40 des Gesetzgebungsverfahrens ist die Kompetenz des Bundes 59 für die im NABEG geregelten Materien in Frage gestellt worden. Keines der vorgebrachten Argumente kann die Verfassungskonformität des NABEG nachhaltig in Zweifel ziehen. Das NABEG ist ausschließlich Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz 60 nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Dieser Kompetenztitel scheint zumindest insoweit unumstritten zu sein, als die Regelungen zum Planfeststellungsverfahren (§§ 18 ff NABEG) betroffen sind.41 In 36 VO (EU) Nr. 347/2013 v. 17.4.2013 (ABl. EU L 262/39). 37 Bekanntmachung über die zuständige Behörde nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 v. 22.5.2014 (BGBl. I S. 576). 38 Vgl. auch BNetzA: PCI Verfahrenshandbuch (2018), insbes. S. 50 f (abrufbar unter: https://www.netzausbau.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/PCI-Verfahrenshandbuch.pdf?__blob=publicationFile letzter Abruf: 18.7.2021). 39 Durner, DVBl. 2011, 853; Mikesic/Strauch, RdE 2011, 347. 40 Erbguth, NVwZ 2012, 329; Moench/Rutloff, NVwZ 2011, 1041; vgl. auch Appel, UPR 2011, 410; Wagner, DVBl. 2011, 1456. 41 Siehe zur Frage der VO-Ermächtigung unten Rn 70. 17
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Bezug auf die Bundesfachplanung (§§ 4 ff NABEG) wird hingegen vorgebracht, dass der Gesetzgeber inhaltlich-materiell das Raumordnungsverfahren regelt und er sich deshalb auf einen Kompetenztitel zur Ausgestaltung des Raumordnungsverfahren hätte stützen müssen. Dem Gesetzgeber wird mit anderen Worten eine Art „Etikettenschwindel“ vorgeworfen: Der Gesetzgeber habe in §§ 4 ff ein Abstimmungsverfahren geregelt, welches die wesentlichen Elemente des Raumordnungsverfahrens trägt, gleichwohl aber als „Bundesfachplanung“ benannt wird.42 Schließlich sei es dem Gesetzgeber darum gegangen, die Abweichungskompetenz der Länder nach Art. 74 Abs. Nr. 31 GG i. V. m. Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GG zu umgehen. In der Tat umfasst die Bundesfachplanung auch raumordnerische Belange, weil sie auch die Raumverträglichkeitsprüfung beinhaltet (§ 5 Abs. 1 S. 2 NABEG) und substituierende Wirkung für ein Raumordnungsverfahren hat (§ 28 NABEG). Außerdem entfalten die Ergebnisse der Bundesfachplanung ebenso wie die Raumordnungsprüfung gegenüber dem Vorhabenträger und gegenüber Einzelnen keine unmittelbare Rechtswirkung und ersetzen nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme (§ 15 Abs. 3 S. 1). Allerdings bildet die Bundesfachplanung aufgrund ihrer engen Verzahnung mit dem späteren Planfeststellungsverfahren ein „aliud“ im Vergleich zum Raumordnungsverfahren. Die Ergebnisse der Bundesfachplanung sind im späteren Planfeststellungsverfahren nicht nur zu berücksichtigen, sondern vielmehr diesem zu Grunde zu legen (§ 15 Abs. 1 S. 1 NABEG). Diese Rechtsfolge wird nicht zuletzt dadurch abgesichert, dass die BNetzA für die Durchführung beider Verfahren zuständig ist. Die Bundesfachplanung stellt insofern die Raum- und Umweltverträglichkeit der Trassenkorridore verbindlich für das Planfeststellungsverfahren fest. Besonders deutlich wird diese enge Verzahnung zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung auch durch die Befugnis der BNetzA, dem ÜNB nach Abschluss der Bundesfachplanung eine angemessene Frist für die Antragstellung der Planfeststellung zu setzen (§ 12 Abs. 2 S. 2 NABEG). Außerdem sind die Ergebnisse von Raumordnungsverfahren nur „Erfordernisse der Raumordnung“ im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 ROG, die lediglich dem Berücksichtigungsgebot des § 4 Abs. 1 S. 1 ROG unterfallen und im Planfeststellungsverfahren von der Behörde bei konfligierenden Interessen „weggewogen“ werden können.43 Zudem hat die Bundesfachplanung im Vergleich zum Raumordnungsverfahren ein erweitertes Prüfprogramm, da die Bundesfachplanung nach § 5 Abs. 1 S. 2 NABEG eine umfassende Abwägung mit allen betroffenen privaten und öffentlichen Belangen erfolgt, wohingegen die Raumordnungsprüfung gem. § 15 Abs. 1 S. 2 ROG auf die Auswirkungen auf raumbedeutsame Belange beschränkt bleibt. Im Ergebnis kombiniert die Bundesfachplanung Elemente der Linienführung mit fachplanerischen Elementen und entzieht sie somit der Zuordnung zum Raumordnungsverfahren. Die Bundesfachplanung ist daher ein auf Höchstspannungsleitungen begrenztes, fachplanerisches Verfahren sui generis. Vorausgesetzt, man hält entgegen der hier vertretenen Auffassung eine RaumordnungsKompetenz des Bundes für erforderlich, wäre bei den hier in Rede stehenden länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden von einer ungeschriebenen („ausschließlichen“) und abweichungsfesten Bundesraumordnungskompetenz kraft Natur der Sache auszugehen.44 Kaum Widerspruch hat hingegen das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 72 Abs. 2, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hervorgerufen, wonach das Gesetzgebungsrecht nur besteht, wenn und soweit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist. Beim EnLAG haben in Bezug auf das EnLAG diese Vorschriften deutlich mehr Anlass zur Diskussion gegeben.45 In Bezug auf das NABEG sind die Ausführungen der Gesetzesbegründung überzeugend. Angesichts der gesellschaftspolitischen Tragweite und bundesweiten Auswirkungen der Energiewende ist ein gesamtstaatliches Interesse an einer bundesgesetzlichen Regelung kaum von der Hand zu weisen. Insbeson42 Erbguth, NVwZ 2012, 329; Moench/Rutloff, NVwZ 2011, 1041. 43 Appel, UPR 2011, 410; dazu auch BVerwG UPR 1995, 448. 44 So auch Wagner, DVBl. 2011, 1456; Sondergutachten SRU, S. 309; differenzierter Mikesic/Strauch, RdE 2011, 348 ff; vgl. auch Appel, UPR 2011, 410. 45 Vgl. dazu Kommentierungen zu Teil 3 EnLAG, Rn 57 ff. Steinbach/Franke
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dere mit Blick auf regionale Entzerrung von Stromerzeugung und Verbrauch werden regionale Erzeugungs- und Vebrauchsstrukturen immer mehr aufgebrochen und müssen in einem gesamtstaatlichen Zusammenhang gesehen werden. Der engpassfreie Stromtransport innerhalb Deutschlands ist insbesondere eine Voraussetzung für die Integration des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Unterschiedliche Entwicklungen der Versorgungsstrukturen aufgrund der Uneinheitlichkeit des regionalen Netzausbaus würden erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich bringen. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Der engpassfreie Transport innerhalb Deutschlands ist Voraussetzung für die Integration 66 des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und damit der angestrebten Energiewende sowie der Erreichung der Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Klimaziele der EU. Mangelnder Ausbau führt zu ungewollten physikalischen Flüssen des Windstroms in die europäischen Nachbarländer und führt dort zu Gegenreaktionen. Damit wird die Integration des Energiebinnenmarktes beeinträchtigt. Daraus ergibt sich das gesamtstaatliche Interesse an einem bundesweit einheitlichen Verfahren für die Stromtransportleitungen von überregionaler und europäischer Bedeutung. Aus ähnlichen Gründen ist eine bundesgesetzliche Regelung auch zur Wahrung der 67 Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Das NABEG regelt die Genehmigungsverfahren für Leitungsprojekte von überregionaler Bedeutung. Für eine angemessene Ausstattung mit Energieleitungen mit überregionaler Bedeutung ist es daher erforderlich, dass unter einheitlichen rechtlichen Bedingungen geplant werden kann. Ein „Flickenteppich“ gesetzlicher Vorschriften oder administrativer Praktiken wäre ein Risiko für den rechtssicheren Ausbau der überregionalen Energieversorgung. Verfassungsrechtliche Fragen warf im Gesetzgebungsverfahren das ursprüngliche Vorhaben 68 auf, das wie im EnLAG eine Rechtswegverkürzung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zum BVerwG eingeführt werden könnte. Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken auf Grundlage des Bestimmtheitsgebots war das nicht möglich. Denn zum Zeitpunkt der Verabschiedung des NABEG können keine knotenscharfen Leitungen (wie im Bedarfsplan des EnLAG) bestimmt werden, sondern nur ein pauschaler Verweis auf die zukünftig im Bundesbedarfsplan vom Gesetzgeber identifizierten Leitungen. Eine Rechtswegverkürzung durch einen pauschalen Verweis auf das Bundesbedarfsplangesetz genügt indes nicht dem Grundsatz hinreichender Bestimmtheit. Da der Gesetzgeber trotzdem das Potenzial der Rechtswegverkürzung zum BVerwG ausschöpfen will, hat er in der Gesetzesbegründung bereits die Rechtswegverkürzung für das erste Bundesbedarfsplangesetz angekündigt.46
2. Vollzugskompetenz des Bundes Die Übertragung der Vollzugskompetenz an die BNetzA durch die Erweiterung des Mandats zur 69 Durchführung von Bundesfachplanungs- und Planfeststellungsverfahren wird auf Art. 86, 87 Abs. 3 S. 1, 1. Alt. GG (bundeseigene Verwaltung) gestützt. Danach können Aufgaben auf schon bestehende Verwaltungseinrichtungen des Bundes übertragen werden. Dieser Kompetenztitel wird in der Literatur teilweise mit dem Argument bestritten, dass die 70 Länder besser in der Lage wären, den „kleinteilig-örtlichen Bezug“ sicherzustellen mit der Folge, dass eine Eignung zur zentralen Wahrnehmung dieser Aufgabe per se ausgeschlossen sei.47 Richtig ist, dass es in den Planverfahren um einen räumlichen Ausgleich geht und parallel laufende Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie konfligierende Raumnutzungsinteressen lokal und regional in Einklang gebracht werden müssen. Allerdings widerspricht das Gleichsetzen von lokaler Betroffenheit und dezentraler Genehmigungszuständigkeit dem Ansatz des 46 Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/6073, S. 2; vgl. Kommentierung zu § 12e EnWG. 47 Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1041; Steinberg, FAZ vom 27.6.2011, S. 10; so wohl auch Erbguth, NVwZ 2012, 330. 19
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BVerfG. Dieses stellt nicht auf die abstrakt-generelle Eignung einer Aufgabe zur zentralen Erledigung ab, sondern prüft vielmehr in tatsächlicher Hinsicht, ob die betroffene Aufgabe von der Bundesoberbehörde tatsächlich zentral ohne Verwaltungsunterbau wahrgenommen wird oder ob eine Umgehung des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG durch Schaffung eines Verwaltungsunterbaus erfolgt.48 Die bisherige Praxis zeigt, dass die Bundesnetzagentur die Genehmigungsverfahren erfolgreich und ohne Abstriche – etwa beim Informations- und Wissenstransfer – von zentraler Stelle aus führt. Unbenommen bliebe ihr sich der relevanten Landesbehörden im Wege der Amtshilfe bedienen49 Daneben kann sich die Bundesnetzagentur gerade bei bei logistischen Fragen (etwa zu Zwecken der Auslegung von Unterlagen in den betroffenen Regionen) ihrer zahlreichen bundesweiten Außenstellen bedienen.
3. Verfassungsmäßigkeit der VO-Befugnis zur Übertragung der Planfeststellungszuständigkeit 71 Die Übertragung der Planfeststellungskompetenz gem. § 2 Abs. 2 NABEG auf die BNetzA – wohl der größte Streitpunkt im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern – wird von dem institutionellen Gesetzesvorbehalt nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerwG gedeckt.50 Als problematischer erwies sich im Gesetzgebungsverfahren hingegen der Wesentlichkeitsgrundsatz: Danach ist dem Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ein Delegationsverbot zu entnehmen, wenn die demokratische Legitimation des Gesetzgebers erforderlich ist, um eine für das Gemeinwesen und insbesondere für die Grundrechtsausübung wesentliche Entscheidung im normativen Bereich zu regeln. Ein solcher Parlamentsvorbehalt wird bei Regelungen im verwaltungsorganisatorischen Bereich etwa bei erheblichen Einwirkungen auf die Verfahrensrechte der Beteiligten angenommen.51 Deshalb mussten im Gesetzgebungsverfahren ursprüngliche Überlegungen verworfen werden, wonach die NABEG-Regeln zu Planfeststellungsverfahren nur für die im Wege der Verordnung auf die BNetzA übertragenen Planfeststellungsverfahren gelten sollten, während auf die weiter von den Ländern planfestzustellenden Leitungen allein die §§ 43 ff EnWG Anwendung finden sollten. Diese „Diskriminierung“ wäre auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zwischen Bund- bzw. Länder-Planfeststellungsverfahren hinausgelaufen, was eine unterschiedliche Grundrechtsbetroffenheit bei den Beteiligten zur Folge gehabt hätte. Denn der Verordnungsgeber hätte in diesem Fall die „wesentliche“ Entscheidung treffen können, für welche Leitungen ein bestimmter Verfahrensstandard (entweder nach EnWG oder nach NABEG) greift und für welche Leitungen nicht. Dies wäre einer Entscheidung über das „Ob“ des Verfahrensstandards gleichgekommen. Um die verfahrensmäßigen Rechte der Beteiligten unabhängig von einer vom VO-Geber zu entscheidenden Bund- oder Länderzuständigkeit auszugestalten, gelten die § 18 ff des NABEG nun unabhängig von der Zuständigkeit. Mit der Zuweisung zu Bund oder Land ist somit keine „Ob“-Entscheidung über das Verfahren, sondern allenfalls eine Frage des „Wie“, namentlich der staatsorganisationsrechtlich relevanten Zuständigkeit, getroffen worden.52 72 Entscheidend war im Gesetzgebungsverfahren auch das bundesverfassungsgerichtlich ausgesprochene Verbot einer „Inkraftsetzungsermächtigung“.53 Von einer solchen geht das BVerfG aus, wenn der Erlass einer Rechtsverordnung im Ermessen des Verordnungsgebers steht und durch ihr Inkrafttreten die Anwendbarkeit des parlamentarischen Gesetzes als solches erst ermöglicht wird. Damit wurde dem von den Ländern im Gesetzgebungsverfahren in letzter Mi48 49 50 51 52 53
BVerfG NVwZ 2009, 175. Appel, UPR 2011, 412. BVerwGE 102, 119, 126. Zum Meinungsstand in der Literatur siehe Appel/Eding, NVwZ 2012, 344. Mangoldt/Klein/Starck/Sommermann, Art. 20 Rn 274, 283. Vgl. dazu auch Appel/Eding, NVwZ 2012, 345. BVerfGE 78, 249, 276.
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nute vorgebrachten Vorschlag ein verfassungsrechtlicher Riegel vorgeschoben, wonach der gesamte Anwendungsbereich des NABEG, also sowohl die Bundesfachplanung als auch das Planfeststellungsverfahren, von der Entscheidung des VO-Gebers hätte abhängig sein sollen. Dieser Vorschlag musste angesichts des Verbots einer „Inkraftsetzungsermächtigung“ verworfen werden, weil der VO-Geber sonst über das „Ob“ der Anwendung des NABEG hätte entscheiden können. Diese „Ob“-Entscheidung darf hingegen allein vom Parlament getroffen werden.
4. Zusammenfassung: Überblick über den stufenweisen Bedarfsplanungs- und Genehmigungsprozess Das im EnWG geregelte Verfahren zur Aufstellung des Bundesbedarfsplans und die anschließen- 73 de Bundesfachplanung sowie Planfeststellung bauen aufeinander auf. In der Gesamtschau stellt sich der Prozess wie folgt dar. 1. Die Erstellung des Szenariorahmens steht zu Beginn der Bedarfsplanung und fällt in den Verantwortungsbereich der ÜNB (§ 12a EnWG). Der Szenariorahmen umfasst drei Entwicklungspfade auf einen Zeithorizont von zehn Jahren; eines der Szenarien muss einen 20jährigen Zeitraum abdecken. 2. Anschließend erfolgt eine von der BNetzA in einem internetbasierten oder schriftlichen Verfahren durchgeführte Konsultation; unter Berücksichtigung der Konsultationsergebnisse genehmigt die BNetzA den Szenariorahmen. 3. Auf der Grundlage des genehmigten Szenariorahmens entwickeln die ÜNB einen Netzentwicklungsplan, in dem konkrete Leitungen mit Anfangs- und Endpunkten berechnet werden; die Ergebnisse werden durch die ÜNB öffentlich konsultiert; dann wird der Plan der BNetzA als Entwurf für einen Netzentwicklungsplan vorgelegt. 4. Die BNetzA überprüft den Entwurfsinhalt, leitet eine SUP ein und beteiligt erneut die Öffentlichkeit und die Behörden (§ 12c EnWG). Die BNetzA bestätigt den Netzentwicklungsplan mit verbindlicher Wirkung für die ÜNB. Die Vorschriften über die Bedarfsplanung sahen zunächst vor, dass das gesamte Verfahren von der Erarbeitung des Szenariorahmens bis zur Bestätigung des Netzentwicklungsplans im Jahresturnus durchzuführen war. Das führte angesichts des erheblichen Aufwands bei allen Beteiligten zu zeitlichen Überschneidungen mit der Folge von Parallelprozessen, etwa wenn bereits vor Bestätigung eines Netzentwicklungsplanes ein neues Szenario für den nachfolgenden Netzentwicklungsplan konsultiert wird. Um dies künftig zu vermeiden, ist seit 2016 der Turnus auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus umgestellt worden.54 5. Die BNetzA übermittelt der Bundesregierung den Netzentwicklungsplan als einen Entwurf für den Bundesbedarfsplan (§ 12e Abs. 1 EnWG). Dabei kennzeichnet sie länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen, welche die Grundlage für die anschließende Bundesfachplanung bilden (§ 12e Abs. 2 EnWG). 6. Die Bundesregierung legt dem Parlament einen Entwurf für ein Bundesbedarfsplangesetz vor; mit Erlass des Gesetzes stehen für die im Plan enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf fest (§ 12e Abs. 4 EnWG). 7. Für die im Bundesbedarfsplan gekennzeichneten länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben führt die BNetzA eine Bundesfachplanung durch (§§ 2 Abs. 1, 4 ff NABEG). Das Verfahren wird entweder durch Antrag des Vorhabenträgers (§ 6 Abs. 1 NABEG) oder durch den Vorhabenträger nach Aufforderung der BNetzA eingeleitet (§§ 6 S. 2, 34 NABEG). In den Fällen des § 5a NABEG kann die Bundesfachplanung entfallen. 8. Ergebnis der Bundesfachplanung ist die Entscheidung der BNetzA über den Verlauf des raumverträglichen Trassenkorridors. Die Entscheidung ist für den nachgelagerten Prozess der Planfeststellung bindend (§ 15 Abs. 1 NABEG); außerdem hat die Entscheidung Vor54 BT-Drucks. 18/4655, S. 21 ff. 21
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Einleitung
C. Der Netzausbau im deutschen Recht
rang gegenüber raumordnerischen Landesplanungen (§ 15 Abs. 1 S. 1 NABEG). Die im Rahmen der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridore werden im Bundesnetzplan („Deutschlandkarte mit Trassenkorridoren“) ausgewiesen (§ 17 NABEG). 9. Das anschließende Planfeststellungsverfahren wird für die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Leitungen nach den Spezialregeln des NABEG durchgeführt (§§ 18 Abs. 1, 2 Abs. 1 NABEG); die Planfeststellung für die länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Leitungen obliegt der BNetzA, der die Zuständigkeit durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates übertragen worden ist. Für die Hoch- und Höchstspannungsleitungen, die im Bundesbedarfsplan nicht als länderübergreifende oder grenzüberschreitende festgestellt wurden, gelten die §§ 43 ff EnWG. 10. Noch vor dem Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses können die Instrumente der vorzeitigen Besitzeinweisung und der Einleitung des Enteignungsverfahren (§ 27 NABEG) zum Einsatz kommen; die Rechtswirkung dieser Instrumente stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass ihre Beschlüsse durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt werden. Dies ermöglicht eine Parallelisierung von Zulassungs- und Enteignungsverfahren. 11. Zuständiges Gericht für gerichtlichen Rechtsschutz gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für Vorhaben, die im Bundesbedarfsplan enthalten sind, ist gem. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 6 BBPlG in erster und letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht.
Steinbach/Franke
22
Teil 2 EnLAG Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (Energieleitungsausbaugesetz – EnLAG) In der Fassung vom 21.8.2009 (BGBl. I S. 2870), das durch Artikel 14 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3106) geändert worden ist.
Übersicht 1.
1
A.
Vorgeschichte
B.
Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und 14 des ersten ÄnderungsG (II)
I. 1. 2. 3. 4. 5.
14 Gesetzgebungsverfahren des EnLAG 15 Bundesrat 17 Bundesregierung 23 Bundestag 42 Bundesrat 44 Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens
II.
Erstes Änderungsgesetz i. R. d. Gesetzes zur Um46 setzung der Dienstleistungsrichtlinie
III.
Zweites Änderungsgesetz i. R. d. Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungs55 baus
C.
Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes 57 zum Erlass dieses Gesetzes
I.
Wo liegt die Kompetenzgrundlage für den 58 Bund? Auswirkungen der Föderalismusreform I Amtliche Begründung des Gesetzentwur61 fes
1. 2.
II.
1. 2.
58
Hat der Bund von dieser Kompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht oder hat er offene Räume gelassen, die die Landesgesetzgeber nutzen 73 können? 73 Vor Erlass des EnLAG 84 Nach Erlass des EnLAG
III.
Sind die – verschärften – Voraussetzungen des 94 Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt?
D. §1
Kommentierung im Einzelnen 103
103
23 https://doi.org/10.1515/9783110670516-002
Abs. 1 (Bedarfsplan) 103 103 a) Vorgeschaltete Bedarfsplanung aa) Aufstellung, Umfang und Rechtswir105 kungen eines Bedarfsplans bb) Alternative oder kumulative Voraus112 setzungen? b) Erfordernis eines vordringlichen Be114 darfs 121 2. Abs. 2 wesentliche Rechtswirkungen 121 a) Die Rechtswirkungen 128 b) Nicht abschließende Liste 130 3. Abs. 3 Rechtszug 134 4. Abs. 4 138 5. Abs. 5 139 §2 1. Umfang, Zweck und Verpflichtungsgehalt der 139 Verkabelungsregelung 143 2. § 2 Abs. 1: Ausgewählte Vorhaben a) Im Grundsatz Auswahlfreiheit des Vorha143 benträgers 148 b) Auswahl der Erdkabeltechnologie 149 c) Planfeststellungsverfahren d) Abwägungsspielraum der Planfeststel153 lungsbehörde e) Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-Prü155 fung 156 f) Gesetzliche Grenzen 157 g) Übergangsvorschriften 3. § 2 Abs. 2 (bedingter Verkabelungszwang auf 161 Verlangen der Behörde) 161 a) Anwendungsbereich 163 b) Einschränkung der Wahlfreiheit 170 c) Einsatzfälle des Erdkabels d) S. 2 des Abs. 2: Querung des Rennsteiges 176 im Thüringer Wald e) Pilotvorhaben im Abschnitt Wahle – Lam179 springe 4. § 2 Abs. 3: Planfeststellung auf Antrag bei Teil180 verkabelung von Erdkabeln 185 5. § 2 Abs. 5: Kosten bzw. Mehrkosten
Lecheler/Steinbach
EnLAG
A. Vorgeschichte
A. Vorgeschichte 1 In mehrfachen Ansätzen hat der deutsche Gesetzgeber den Versuch unternommen, die Realisierung von Infrastrukturvorhaben allgemein, aber auch für die Energieleitungen (von denen hier nur Stromübertragungsnetze angesprochen werden) zu beschleunigen.1 Das Interesse an einer optimalen Verknüpfung zwischen der Öffentlichkeitsbeteiligung und 2 den Sachzwängen liegt gerade bei Infrastrukturvorhaben auf der Hand. Um nicht zu weit auszugreifen, wird beim Erlass des Gesetzes zur Beschleunigung von 3 Infrastrukturvorhaben angesetzt.2 Der Entwurf der Bundesregierung datiert vom 4.1.2005.3 Art. 8 des Gesetzes enthält die Änderungen des EnWG. In der Begründung zu Art. 8 des Gesetzes für die Energiewirtschaft wird darauf verwiesen (auf S. 40), dass bislang eine „auf den Schutz der Umwelt bezogene, ausdrückliche und klare Regelung über die Rechtsstellung anerkannter Naturschutzvereine und anerkannter oder sonstiger Umweltschutzvereinigungen im Anhörungsverfahren zur Planfeststellung“ fehle. Der Gesetzentwurf gleiche die „Rechtsstellung der genannten Vereinigungen derjenigen von privaten Personen an“.4 Kernelemente des Entwurfs sind: 4 – die frühzeitige und effektive Beteiligung anerkannter und sonstiger Umweltschutzvereinigungen durch Einführung formeller und materieller Präklusionsfristen;5 – das Gesetz versucht ferner, das Verwaltungsverfahren zum Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses bzw. einer Plangenehmigung nach Maßgabe der einschlägigen Fachgesetze – hier des EnWG – zu beschleunigen und – eine Straffung des Rechtsschutzes: bei der Änderung der VwGO konnten sich allerdings die Versuche, bestimmte vordringliche Leitungsprojekte der erstinstanziellen Zuständigkeit des BVerwG zu unterstellen, im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen. 5 Nr. 1 des Art. 8 bringt eine teilweise Neufassung, Änderung und Ergänzung der §§ 11a–12b EnWG. „Diese Vorschriften vollziehen die Änderungen im Bereich des Eisenbahnwesen (Art. 1) für das Planungsrecht der Hochspannungsfreileitungen und Gasversorgungsleitungen für den Zweck der sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nach. Darüber hinaus übernehmen sie im Interesse der Vereinfachung des Baus, der Änderung und des Betriebs der Hochspannungsfreileitungen die Kernvorschriften aus dem gemeinsamen Bestand des Verkehrswegeplanungsrechts (Anfechtung, Vorarbeiten/Vorkaufsrecht, Veränderungssperre, Vorzeitige Besitzeinweisung, Enteignung).“
6 Die Gründe, die zu einer Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren auch für die Energiewirtschaft führen, sind auf S. 40 f näher dargelegt. – Intensivierung des Stromhandels in einem europäischen Wirtschaftsraum (Nr. 1); – Aufnahme des Stroms aus erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen (Nr. 2); – Ausgleich der Erzeugungsschwankungen bei der Windenergie (Nr. 3).
1 Entwurf des InfrPBG v. 10.5.2005, Kabinettsache Datenblatt Nr. 15/12108; vgl. S. 1 des Entwurfs dieses Gesetzes v. 4.11.2005 (federführend Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; vgl. Schreiben des Bundeskabinetts v. 4.11.2005 an den Bundestagspräsidenten), BT-Drucks. 16/54; zur jüngsten Novellierung des NABEG vgl. Ruge, ER 2019, 135, 135 ff. 2 Vgl. näher Lecheler, DVBl. 2007, 713, 716 ff. 3 BT-Drucks. 16/54. 4 BT-Drucks. 16/54, S. 1 Problemstellung und S. 24 Begründung/Allgemeiner Teil. 5 Begründung, S. 24. Lecheler/Steinbach
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A. Vorgeschichte
EnLAG
Nach einer ungewöhnlich turbulenten Entstehungsgeschichte6 hat der Bundestag das von der Bundesregierung eingebrachte Gesetz am 27.10.2006 mit diversen Änderungen aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung7 verabschiedet. Mit diesem Gesetz soll die Planungszeit für große Infrastrukturvorhaben in Zukunft durchschnittlich um zweieinhalb Jahre verkürzt werden. Das InfrPBG ist am 9.12.2006 im Bundesgesetzblatt verkündet worden.8 Das Gesetz ändert das AEG (in Art. 1), das FStrG (in Art. 2), das WaStrG (in Art. 3), das LuftVG (in Art. 5), das MBPlG (in Art. 6) und das EnWG (in Art. 7), für das die Dringlichkeitsliste von Vorhaben im Gesetzgebungsverfahren dann aber ausgeklammert wurde.9 Der Gesetzgeber hat sich im Verlauf der Beratungen nicht dazu entschließen können, für das EnWG Art. 7 des Gesetzes (Änderungen des EnWG) wie bei den anderen hier novellierten Fachgesetzen (AEG, FStrG, WaStrG) eine Liste besonders dringlicher Vorhaben in einem Anhang zu bezeichnen, so wie das die EU selbst bei Vorhaben von Gemeinschaftsinteresse getan hat.10 Soweit Leitungsvorhaben von der EU hier als dringlich eingestuft werden, dürfen die Behörden der Mitgliedstaaten keine Maßnahmen ergreifen, die der Einstufung eines Leitungsvorhabens in der Leitlinie entgegensteht oder ihrer Beurteilung die praktische Wirksamkeit nimmt.11 Sie müssen die Dringlichkeit im Interesse der Versorgungssicherheit also bejahen, ohne hier einen eigenen Entscheidungsspielraum zu haben. Damit hatte der Gesetzgeber eine der zentralen Infrastrukturprobleme vorerst aufgeschoben.12 Im Energiekapitel (Kap. 7) wurden besonders behandelt: – die Vorschriften beim Anschluss von Offshore-Anlagen an das Leitungsnetz (der neue Abs. 2a in § 17 EnWG),
6 Vgl. nach dem Scheitern des Vorhabens in der letzten Legislaturperiode kann die Neuaufnahme im Gesetzesentwurf der Bundesregierung v. 10.3.2005, Kabinettsache Datenblatt Nr. 15/12108, gefolgt von einem eigenen Gesetzesentwurf von Abgeordneten der FDP zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren von Verkehrsprojekten (unter Ausklammerung des Energiekapitels) v. 18.10.2006, BT-Drucks. 16/3008, einem Gesetzesantrag der Stadt Hamburg für ein Gesetz zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen v. 17.6.2005, BR-Drucks. 467/05 sowie der abschließende Entwurf der Bundesregierung v. 4.11.2005, BT-Drucks. 16/54. 7 BT-Drucks. 16/3158 v. 25.10.2006. 8 BGBl. 2006 I S. 2833 und nach seinem Art. 15 am darauf folgenden 10.12. in Kraft getreten, bereinigt BGBl. 2007 I S. 691; Entwurf BT-Drucks. 16/54. 9 Vgl. S. 2 des FDP-Entwurfs (siehe Fn 6). 10 Vgl. die Entscheidung Nr. 1364/2006 vom 6.9.2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung 1229/2003/EG. Art. 5 dieser Entscheidung gibt der Gemeinschaft die Ermittlung von Vorhaben von Gemeinschaftsinteresse auf, woran die Mitgliedstaaten nach Abs. 5 mitzuwirken haben; Art. 6 nennt die Kriterien (zusammen mit Anhang II) und Art. 7 mit Anhang III nennt dort unter Punkt 3 (Ausbau der Elektrizitätsbinnennetze in den Mitgliedstaaten): 3.48. Verbindungsleitung Hamburg – Region Schwerin, 3.49. Verbindungsleitung Region Halle/ Saale – Schweinfurt, 3.50. neue Verbindungen zu Offshore- und Onshore- Windkraftanlagen in Deutschland, 3.51. Ausbau des 380 kV-Netzes in Deutschland für die Anbindung von Offshore-Windanlagen. Unter Punkt 7 Fernleitung Puchkirchen – Burghausen (7.7.), Fernleitung Andorf – Simbach (7.8.), ferner weitere internationale Anschlüsse nach Nordwesten und zum Osten. Ebenso die Mitteilung der Kommission an den Rat und das EP „Vorrangiger Verbundplan“ v. 10.1.2007 KOM (2006)846 endg. Dort wird (S. 9 f, deutsche Vorhaben S. 10) die Auflistung von aus europäischer Sicht wichtigsten Infrastrukturvorhaben wiederholt und (S. 15) darauf verwiesen, dass dieser Ausweis die Realisierung dieser Vorhaben „signifikant“ beschleunigen soll. 11 Zur Rechtswirkung von Leitlinien vgl. EuGH, Urt. v. 13.9.2001 – Rs.C 169/99 – (Hans Schwarzkopf GmbH & Co. KG). 12 Eine – kritische – Gesamtbewertung des Gesetzes nimmt Gramlich vor: LKV 2008, 530, 533 f. 25
Lecheler/Steinbach
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EnLAG
B. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und des ersten ÄnderungsG (II)
–
die bei der im Gesetzgebungsverfahren erbittert umkämpfte Alternative der Verkabelung an der Stelle eines Freileitungsbaus (der neue S. 3 in § 21a Abs. 4 sowie der ebenfalls neue Abs. 7) und – die Vorschriften über die Planfeststellung (Ersetzung der §§ 43–45 durch die neuen §§ 43, 43a–e, 44 bis 44b). 12 Von den umfassenden Änderungen der §§ 43 ff EnWG, die im EnLAG und im NABEG weitergeführt wurden, sind hier vor allem die umfassenden Ergänzungen und Änderungen der Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens und seiner Verfahrensvoraussetzungen zu nennen. 13 Nach der Neufassung des § 43b Nr. 1 EnWG gilt für bestimmte Vorhaben, die nach dem ebenfalls neu gefassten § 43 Abs. 1 S. 1 EnWG der Planfeststellung bedürfen, ein vom RegelAnhörungsverfahren des § 43a EnWG abweichendes Verfahren hinsichtlich der Einbeziehung der Öffentlichkeit und der dabei einzuhaltenden Fristen.
B. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und des ersten ÄnderungsG (II) I. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG 14 Der Bund hat anschließend nach wiederum langen Vorarbeiten13 ein Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze (EnLAG) erlassen.14 Dessen Art. 1 enthält das „Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen“. Das EnLAG führt die bundesrechtlichen Regelungen auf dem Gebiet der Hoch- und Höchstspannungsleitungen über die mit dem InfrPBG vom 16.12.200615 erfolgte Ergänzung des § 43 Abs. 1 S. 3 EnWG hinaus fort.16
1. Bundesrat 15 Beteiligte Ausschüsse waren: – Wirtschaftsausschuss (federführend), – Finanzausschuss, – Ausschuss für Innere Angelegenheiten, – Rechtsausschuss, – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, – Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung. 16 Empfehlungen der Ausschüsse vom 8.9.2008 – BR-Drucks. 559/1/08 mit Anlage zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrats für die 847. Sitzung des Bundesrates am 19.9.2008: Detailänderungen, u. a. zu Kostenermittlung und -umlage sowie Energiespeicheranlagen; redaktionelle Änderungen und Klarstellungen sowie Änderungsempfehlungen der Ausschüsse für Wirtschaft, Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, und Recht. – Bundesrat – Plenarantrag, Stellungnahme und Beschlussantrag Niedersachsen vom 16.9.2008 – BR-Drucksache 559/2/08
13 BT-Drucks. 16/10491; BR-Drucks. 559/08. 14 BGBl. I 2009, S. 2870. Annahme des Entwurfs i. d. F. der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 6.5.2009, BT-Drucks 16/12898 in der 220. Sitzung am 7.5.2009 (Plenarprotokoll S. 24002). 1. Durchgang: BR-Plenarprotokoll 847, S. 261A – 263B; 1. Beratung: BT-Plenarprotokoll 16/183, S. 19529A – 19534D; 2. Beratung: BT-Plenarprotokoll 16/220, S. 23989D – 24002D; 2. Durchgang: BR – Plenarprotokoll 859, S. 257C – 258C. 15 BGBl. I S. 2833. 16 Vgl. näher Lecheler, RdE 2010, 41 ff. Lecheler/Steinbach
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I. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG
– – –
EnLAG
Bundesrat – Plenarantrag, Stellungnahme und Beschlussantrag Nordrhein-Westfalen vom 18.9.2008 – BR-Drucksache 559/3/08 Bundesrat – 1. Durchgang am 19.9.2008 – BR-Plenarprotokoll 847, TOP 46, S. 261A – 263B Beschlussdrucksache 19.9.2008 – BR-Drucksache 559/08(B)
2. Bundesregierung Am 7.10.2008 hat die Bundesregierung (federführend das BMWi) ihren Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze17 dem Bundestag zugeleitet. In ihrer amtlichen Begründung verweist die Bundesregierung (unter A – Allgemeines) darauf, dass der zügige Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien ein „zentraler Punkt des von der Bundesregierung im August 2007 in Meseberg beschlossenen integrierten Energie-und Klimaprogramms“ ist. Dies und der zunehmende grenzüberschreitende Stromausbau in Europa würden den raschen Bau neuer Höchstspannungsleitungen in Deutschland dringend erforderlich machen. Das gehöre auch zu den „wesentlichen Aufgaben einer langfristigen Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland“. Zur näheren Begründung des Bedarfs verweist die Bundesregierung (auf S. 9 ff) auf die dena-Netzstudie I vom 24.2.2005 sowie auf den in den TEN-E-Leitlinien in der (inzwischen ersetzten, vgl. unten Rn 119 f) Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.9.2006 dargelegten Bedarf für die transeuropäischen Energienetze hin (S. 11 f) Diesen Bedarf belege im Übrigen auch die Entwicklung des grenzüberschreitenden Stromhandels, bei dem Deutschland zentrales Strom-Transitland sei (S. 12 f) sowie das offenkundige NordSüd-Gefälle zwischen Erzeugung und Verbrauch in Deutschland (S. 13 f). Diese Gegebenheiten verlangten eine kurzfristige Realisierung der Trassenprojekte und eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, weil trotz der Beschleunigungselemente im Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz v. 29.12.2006 Verzögerungen „bei der Realisierung des Leitungsbaus nicht verhindert werden“ konnten „und auch weiterhin zu erwarten seien“ (S. 14 re. Sp.). Auch der vorrangige Verbundplan der Kommission18 hat die „komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren als Hauptgrund für die meisten Verzögerungen bei den Leitungsbauvorhaben von europäischem Interesse“ moniert. Als „Kernelemente des Gesetzes“ nennt die Begründung (S. 15): – Das EnLAG erlaube es, künftig den vordringlichen Bedarf an Übertragungsleitungen in einem gesetzlichen Bedarfsplan festzulegen. Wird ein Vorhaben in diesen Bedarfsplan aufgenommen, so ist damit „ihr vordringlicher Bedarf, ihre energiewirtschaftliche Notwendigkeit und ihre Vereinbarkeit mit den im § 1 des EnWG genannten Zielen festgestellt. Diese Feststellung ist insbesondere für die zuständigen Behörden im Planfeststellungsverfahren verbindlich.“ – „Der Bedarfsplan enthält Bauvorhaben von Übertragungsleitungen, für die nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand ein vordringlicher Bedarf besteht. Er wurde anhand der in den TEN-E-Leitlinien und in der dena-Netzstudie I genannten Vorhaben entwickelt.“ – Der Rechtsweg gegen Vorhaben, die in die Anlage I des EnLAG aufgenommen worden sind, wird auf eine Instanz (beim BVerwG) verkürzt. – Die Einführung eines Planfeststellungsverfahrens für Anbindungsleitlinien für OffshoreWindenergie.
17 BT-Drucks. 16/10491, BR-Drucks. 559/08. 18 Mitteilung der Kommission an den Rat und das EP v. 10.1.2007, KOM (2006) 846 endg. 27
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22
EnLAG
B. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und des ersten ÄnderungsG (II)
3. Bundestag 23 Erste Beratung am 16.10.2008 – BT-Plenarprotokoll 16/183, S. 19529A–19534D. Beschluss: S. 19534D – Überweisung an die Ausschüsse (16/10491) 24 Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Bundestages führte am 15.12.2008 eine öffentliche Anhörung zum Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze19 sowie zu Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen20 und der Fraktion Die Linke21 durch.22 In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie S. 12 ff wird unter IV die Liste der angehörten Sachverständigen sowie ihre Ausführungen resümiert, aus denen die wichtigsten Stimmen hier kurz zusammengefasst werden: Wirksame Maßnahmen zur Reduktion bestehender und zur Vermeidung zukünftiger Verzö25 gerungen begrüßte die BNetzA23 sehr: Eine hinreichende Sicherheit der Netze bleibe weiter nur gewährleistet, wenn die dringlich erforderlichen Netzausbauprojekte nicht weiter verzögert würden. Verzögerungen beim Netzausbau liefen jedoch auch den Zielen eines höheren Anteils erneuerbarer Energien am Energieverbrauch ebenso wie einer Verbesserung der Wettbewerbssituation bei der Stromerzeugung zuwider. Auch Planungs- und Genehmigungsverfahren sollten hinsichtlich ihres Aufwandes auf den 26 Prüfstand gestellt werden. Die dena24 befürwortete ausdrücklich die Aufnahme dieser Trassen in das Energieleitungs27 ausbaugesetz. Die Trassen seien die Grundlage für die Integration erneuerbarer Energien in die Stromversorgung. Nur so würde es vermieden, dass das Übertragungsnetz zum Engpass bzw. zur begrenzenden Größe beim Ausbau der erneuerbaren Energien würde. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass die einzelnen Trassenabschnitte Bausteine einer Gesamtstrategie seien, mit der mindestens 20 % erneuerbarer Energien in die Stromversorgung integriert werden könnten. Auch der BDEW25 unterstützte unter Nennung konkreter Änderungsvorschläge die Initiati28 ve der Bundesregierung, den dringend erforderlichen Ausbau der Übertragungsnetze durch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren voranzubringen. Es sei unabdingbar, zur Wahrung der elektrischen Systemsicherheit und Systembalance alle 29 Anstrengungen zum Ausbau der Netze zu verstärken, um so die Voraussetzungen zu schaffen, auch in Zukunft alle regenerativen Energieerzeuger und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu integrieren, einen ungehinderten Netzzugang für Anschlussbegehrende zu gewährleisten und um einen freien Wettbewerb zu fördern. Grundsätzlich seien in dem vorliegenden Kabinettsentwurf eines Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) richtige Ansätze zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für neue Leitungsbau-Projekte zu erkennen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den Gesetzesentwurf in seiner 92. Sit30 zung am 6.5.2009 abschließend beraten. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie26 stellt auf 31 S. 11 die Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse dar, die mit einzelnen Modifikationen insgesamt die Annahme des Gesetzentwurfs empfehlen.
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BT-Drucks. 16/10491. BT-Drucks. 16/10590. BT-Drucks. 16/10842. In Zusammensetzung und Ablauf näher dargestellt unter IV. der Beschlussempfehlung, BT-Drucks. 16/12898, S. 12 ff; zu den Stellungnahmen der Sachverständigen im Einzelnen vgl. Ausschussdrucks. 16(9)1302 – 1314. 23 Ausschussdrucks. 16(9)1311. 24 Ausschussdrucks. 16(9)1313. 25 Ausschussdrucks. 16(9)1308. 26 Beschlussempfehlung und Bericht, 6.5.2009 – BT-Drucks. 16/12898, S. 2. Lecheler/Steinbach
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I. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG
EnLAG
Der Ausschuss empfiehlt (S. 5 ff) die Annahme des Gesetzesentwurfs mit einer ganzen Reihe von im Einzelnen aufgeführten Änderungsmaßgaben. Der von der Fraktion der FDP im Ausschuss (in den Ausschussdrucksachen 16 (9) 1518) eingebrachte Änderungsantrag wird dargestellt, findet im Ausschuss aber keine Mehrheit. Die Beschlussempfehlung lehnt im Übrigen unter Punkt 2 und 3 (S. 9) den Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill und weiterer Abgeordneter sowie der Fraktion Die Linke („Stromübertragungsleitungen bedarfsgerecht ausbauen – Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung sowie Energiewende umfassend berücksichtigen“)27 und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen („Stromnetze zukunftsfähig ausbauen“)28 ab. Den Antrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf eine Entschließung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und zu den zuvor abgelehnten Anträgen erklärt die Beschlussempfehlung „für erledigt“. Die Begründung im Einzelnen für diese Vorschläge erfolgt im Besonderen Teil (S. 19 ff). Es erfolgt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Gudrun Kopp u. a. und der Fraktion der FDP vom 6.5.2009 zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung – BTDrucks. 16/10491, 16/12898, 16/12901. Zweite Beratung am 7.5.2009 in der 220. Sitzung, BT-Plenarprotokoll 16/220, S. 23989D – 24002D (23989); zur Beratung und Beschlussfassung werden aufgerufen: – der Gesetzentwurf der Bundesregierung – 16/10491 – Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze, – die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses 9 für Wirtschaft und Technologie vom 6.5.2009 – 16/12898 –. Unter den Tagesordnungspunkten 16a (zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs) und 16b (Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)) werden die beiden Vorlagen behandelt. Zu lit. b hat der parlamentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte näher dargelegt, mit welcher Begründung die Bundesregierung im Rahmen von vier Pilotprojekten den Einsatz von Erdkabeln ermöglicht hat, vor allem die Preisrelevanz:
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„Die Kosten sind ein wichtiger Grund, warum wir bei den Erdkabeln eine Pilotphase vorschalten. Diese haben nämlich erhebliche Relevanz für den Strompreis in Deutschland. Wir sind uns aber auch der Wirtschaftslage bewusst. Ich darf nur an die NE-Metallindustrie erinnern. Hier stehen viele Betriebe kurz vor der Schließung, wenn wir nicht bestimmte Maßnahmen einleiten. Das ist also eine hochrelevante Fragestellung. Deswegen wollen wir die Erdkabel in Pilotmodellen ausprobieren. Es gibt daneben eine große Anzahl von technischen Problemen, die noch nicht erkannt und gelöst sind. Wir wollen darüber hinaus regeln, dass neue Leitungen auf der 110-kV-Ebene unter bestimmten Voraussetzungen als Erdkabel errichtet werden können. Wir haben uns allerdings auch hier unter Kostengesichtspunkten darauf verständigt, dass das nur dann gemacht wird, wenn diese Art der Leitungsverlegung nicht mehr als das 1,6-fache, also bis zu 60 Prozent, der normalen Struktur kostet.“
Unter Nr. 1 Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf BT-Drucks. 16/12898 empfiehlt der 39 Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Der Gesetzentwurf wird sodann in zweiter Beratung bei Zustimmung durch CDU/CSU, SPD 40 und FDP, Gegenstimmen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke sowie einer Gegenstimme aus den Reihen der SPD und einer Enthaltung aus den Reihen der SPD in der Fassung des Ausschusses (16/10491, 16/12898) S. 24002B angenommen (S. 24002); Ablehnung des Änderungsantrags (16/12901) der Fraktion der FDP vom 6.5.2009 S. 24002C – und Annahme einer Entschließung (16/12898). Dritte Beratung und Schlussabstimmung am 7.5.2009 – BT-Plenarprotokoll 16/220, 41 S. 24002C: In der dritten Beratung wird der Gesetzentwurf (unter Nr. 1a) in Ausschussfassung 27 BT-Drucks. 16/10842. 28 BT-Drucks. 16/10590. 29
Lecheler/Steinbach
EnLAG
B. Gesetzgebungsverfahren des EnLAG (I) und des ersten ÄnderungsG (II)
(16/10491, 16/12898) mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor angenommen; Beschluss: S. 24002C. Die Entschließung wird bei Zustimmung durch die Koalition angenommen.
4. Bundesrat 42 Unterrichtung am 22.5.2009 über den Gesetzesbeschluss des Bundestags BR-Drucks. 460/09; Unterrichtung über Annahme der Entschließung unter Nummer 1b der BT-Drucks. 16/12898; zweiter Durchgang am 12.6.2009 – BR-Plenarprotokoll 859, TOP 20, S. 257C–258C. 43 Nach dem Gesetzentwurf (BR-Drucks. 559/08) bestand keine Zustimmungsbedürftigkeit. Der Bundesrat hat in seiner 859. Sitzung am 12.6.2009 keine Einwendungen erhoben:29 Beschluss S. 258C: kein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gem. Art. 77 Abs. 2 GG (460/ 09); Beschlussdrucksache: 12.6.2009 – BR-Drucks. 460/09(B).
5. Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens 44 Das Gesetzgebungsverfahren des Bundes des Entwurfs des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze30 war damit abgeschlossen.31 Sein Art. 1 enthält das EnLAG. Das Gesetz einschließlich des EnLAG in Art. 1 tritt nach Art. 7 dieses Gesetzes am Tag nach 45 der Verkündung in Kraft. Das Gesetz ist im BGBl. 2009 I Nr. 55 am 25.10.2009 verkündet worden und damit am 26.10.2009 in Kraft getreten.
II. Erstes Änderungsgesetz i. R. d. Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie 46 Mit Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Eichgesetz sowie im Geräte- und Produktsicherheitsgesetz und zur Änderung des Verwaltungskostengesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und des Energieleitungsausbaugesetzes vom 7.3.201132 wird Letzteres, den § 2 betreffend, geändert. Damit konnten sich die im zweiten Beratungsdurchgang im Bundestag vorgetragenen Argu47 mente gegen einen Zwang zur Verkabelung letztendlich nur z. T. durchsetzen. Die Entwürfe der Bundesregierung vom 24.9.201033 bzw. 30.11.201034 enthielten Art. 5 und 48 die dort geregelten Änderungen noch nicht. Sie wurden erst über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 28.1.201135 in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den Entwurf der Drucksache 17/3983 in seiner 36. Sitzung am 26.1.2011 abschließend beraten.
29 BR-Drucks. 460/09 (Beschl.). 30 Der Bund hat mit Gesetz vom 22.12.2008, BGBl. I S. 2986, das Raumordnungsgesetz vom 18.8.1997, BGBl. I S. 2081 neu gefasst. BT-Drucks. 16/10491; BR-Drucks. 559/08. 31 BGBl. I 2009 S. 2870; Annahme des Entwurfs i. d. F. der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 6.5.2009, BT-Drucks. 16/12898 in der 220. Sitzung am 7.5.2009 (Plenarprotokoll S. 24002). Der Bundesrat hat in seiner 859. Sitzung am 12.6.2009 durch den amtierenden Präsidenten Peter Harry Carstensen abschließend festgestellt, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht anruft. 32 BGBl. I S. 338, in Kraft getreten am 12.3.2011. 33 BR-Drucks. 586/10. 34 BT-Drucks. 17/3983. 35 BT-Drucks. 17/4559. Lecheler/Steinbach
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III. Zweites Änderungsgesetz
EnLAG
Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP brachten zur abschließenden Beratung einen Änderungsantrag auf der Ausschussdrucksache 17(9)366(neu1) ein. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Annahme von Nr. II (Änderung des EnWG) und III (Änderung des EnLAG) des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf der Ausschussdrucksache 17(9)366(neu1). Der Bundestag hat in seiner 87. Sitzung am 27.1.2011 den Gesetzentwurf nach der Beschlussvorlage zu Art. 5 unverändert angenommen. Zur 879. Sitzung am 11.2.2011 (2. Durchgang) hat der Wirtschaftsausschuss am 2.2.2012 dem Bundesrat empfohlen, den Vermittlungsausschuss u. a. mit dem Antrag anzurufen, Art. 5 zu streichen,36 weil „wirtschaftliche, technische und ökologische sowie rechtliche Erwägungen“ dagegen sprechen.37 Dem folgte der Bundesrat nicht.38 Inhaltlich wurde jeweils das Wort „kann“ durch die Wörter „ist auf Verlangen der für die Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde“ und die Wörter „errichtet und betrieben oder geändert werden“ durch die Wörter „zu errichten und zu betreiben oder zu ändern“ ersetzt. Im Kern wurde damit eine Klarstellung angestrebt: Es soll die zuständige Landesbehörde (nicht der Vorhabenträger), die eine Teilverkabelung auf einem technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt verlangen kann, wenn die in Satz 1 oder 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Es ging also darum, verfahrensverzögerndes Potential aufgrund von Streitigkeiten darüber zu mindern, ob der Vorhabensträger oder die zuständige Behörde die teilzuverkabelnden Abschnitte auf den Pilotstrecken bestimmt.39
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III. Zweites Änderungsgesetz i. R. d. Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus Dem Änderungsgesetz vom 21. Dezember 2015 ging eine Diskussion über den nach wie vor 55 schleppenden Netzausbau voraus, die zu weiteren Beschleunigungsmaßnahmen geführt hat. Insbesondere wird in dem Einsatz der Erdkabeltechnologie ein akzeptanzstiftendes und damit beschleunigendes Instrument gesehen. Vor dem Hintergrund vereinbarten die Parteivorsitzenden der CDU, CSU und SPD in einem Eckpunktepapier den verstärkten Einsatz der Erdkabeltechnologie.40 Demnach wird ein Vorrang der Erdkabel bei neuen Gleichstromtrassen in der Bundesfachplanung gefordert. In Abgrenzung dazu wird anerkannt, dass der Einsatz von Erdkabeln bei Wechselstrom aus technischen Gründen erheblich schwieriger und teurer ist. Trotzdem sollten mit zusätzlichen Pilotprojekten Erfahrungen gesammelt und die technische Entwicklung vorangetrieben werden. Im Kern zielt die Gesetzesänderung auf eine Ausweitung der Möglichkeiten der Erdverkabe- 56 lung. Das wird sichergestellt durch – eine Erdverkabelung in Fällen, in denen eine Freileitung gegen bestimmte Belange des Naturschutzes nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verstoßen würde oder wenn die Leitung eine große Bundeswasserstraße queren – eine Ausweitung der Pilotvorhaben von vier auf sechs Vorhaben
36 BR-Drucks. 32/1/11. 37 Vgl. bei § 2. 38 BR-Plenarprotokoll 879, TOP 8, S. 3 A – kein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses; Beschlussfassung BR-Drucks. 32/11(B). 39 BT-Drucks. 17/4559, S. 6. 40 Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende, Politische Vereinbarungen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 1. Juli 2015. 31
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C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes
eine Klarstellung, dass eine Teilerdverkabelung auch dann möglich ist, wenn die Kriterien für einen technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt nicht auf der gesamten Länge des Teilabschnitts vorliegen. eine Ausweitung der einsetzbaren Erdkabeltechnologie.41
C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes 57 Bei der Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes42 zum Erlass des EnLAG stellen sich vor allem drei Fragen: – Wo liegt die Kompetenzgrundlage für den Bund? – Hat der Bund von dieser Kompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht oder hat er offene Räume gelassen, die die Landesgesetzgeber nutzen können? – Wird der verschärften Bedürfnisregelung in Art. 72 Abs. 2 GG genügt?
I. Wo liegt die Kompetenzgrundlage für den Bund? 1. Auswirkungen der Föderalismusreform I 58 Am 1.9.2006 ist die Föderalismusreform I in Kraft getreten,43 mit der u. a. die Rahmenkompetenz des Bundes nach Art. 75 GG gestrichen und eine Reihe der dortigen Materien in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 GG überführt wurde.44 Nachdem eine ausschließliche Kompetenz nach Art. 73 GG hier ausscheidet, ist der Energieleitungsbau zunächst unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 einzuordnen – und zwar hinunter bis zum Hausanschluss. 59 In der Kommentarliteratur zum Grundgesetz wird einhellig betont, dass Art. 74 Nr. 11 GG eine der Kernkompetenzen des Bundes nach diesem Artikel bildet,45 die umfassend zu interpretieren ist. Das folgt schon aus ihrem Wortlaut (keine abschließende Aufzählung), aber auch aus dem umfassenden Gegenstand der „Wirtschaft“ selbst. Zum Recht der Wirtschaft „gehören alle Normen, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regeln.“46 Das sind „alle Normen, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs richten“.47
41 Dazu etwa de Witt/Durinke, RdE 2015, 233, 235, dies., DVBL 2016, 1354 ff; Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177, 181 ff; Mann/Ashrafzadeh Kian, NVwZ 2016, 1443 ff; Appel/Eding, UPR 2018, 281 ff. 42 Vgl. Begründung des Entwurfs BT-Drucks. 16/54, S. 28. 43 BGBl. 2006 I S. 2034; vgl. dazu etwa Häde, JZ 2006, 930 ff. 44 Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Raumordnung ist aus dem früheren Art. 75 GG zur (konkurrierenden) Vollkompetenz unter der neuen Nr. 31 (mit Naturschutz und Landschaftspflege unter Nr. 29) des Art. 74 GG aufgewertet, zugleich aber mit der Abweichungsbefugnis der Länder von Bundesgesetzen, die auf diesen neuen Grundlagen ergangen sind, nach dem neuen Abs. 3 des Art. 72 GG auch wieder geschwächt worden (Nr. 4 des Abs. 3 für die Raumordnung, Nr. 2 für Naturschutz und Landschaftspflege). 45 Maunz spricht in Maunz/Dürig, Stand 23. Erg. Lief. 1984 Rn 41 zu Art. 74 GG von fünf großen Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz, von denen einer das Recht der Wirtschaft sei. 46 Maunz/Dürig/Maunz, Art. 74 Rn 131 (Stand 23. Erg. Lief. 1984) unter Verweis auf BVerfGE 8, 149; 26, 254; 28, 146; und 29, 409. 47 Maunz/Dürig/Maunz, Art. 74 Rn 133 (Stand 23. Erg. Lief. 1984); zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für den Leitungsbau (zum NABEG) vgl. Mikesic/Strauch, RdE 2011, 327 ff: „Das Recht der Energiewirtschaft im Sinne des GG ist begrifflich weiter zu verstehen als diejenige Begriffsbestimmung, die dem EnWG zugrunde gelegt wurde, sodass zum Kompetenztitel auf dem Gebiet des Rechts der Energiewirtschaft der Verkehr mit Energie einschließlich der Energiefernleitungen gehört“ (S. 348). Er ist auch entwicklungsoffen für künftige Innovation auf dem Energiesektor. Lecheler/Steinbach
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I. Wo liegt die Kompetenzgrundlage für den Bund?
EnLAG
Dementsprechend wird auch der „Verkehr mit Energie einschließlich der Energiefernleitun- 60 gen“ ausdrücklich48 oder der Sache nach49 der Energiekompetenz zugerechnet.
2. Amtliche Begründung des Gesetzentwurfes Die amtliche Begründung des Gesetzentwurfes50 nimmt demnach für Art. 1 und 2 des Gesetzes die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1, Nr. 11 GG und für Art. 3 nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in Anspruch. Zu Art. 2 (Änderungen des EnWG) stellt die Begründung fest, dass es sich dabei „im Wesentlichen um Folgeänderungen bereits bestehender bundeseinheitlich geltender Vorschriften“ handele. Auf eine Berührung mit der durch die Föderalismusreform betroffenen Raumordnungskompetenz51 geht sie nicht näher ein. Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Raumordnung ist mit Inkrafttreten der Föderalismusreform I aus dem früheren Art. 75 GG zur (konkurrierenden) Vollkompetenz unter der neuen Nr. 31 (mit Naturschutz und Landschaftspflege unter Nr. 29) des Art. 74 GG aufgewertet, zugleich aber mit der Abweichungsbefugnis der Länder von Bundesgesetzen, die auf diesen neuen Grundlagen ergangen sind, nach dem neuen Abs. 3 des Art. 72 GG auch wieder geschwächt worden (Nr. 4 des Abs. 3 für die Raumordnung, Nr. 2 für Naturschutz und Landschaftspflege). Die Rahmen-Raumordnungskompetenz des Bundes nach dem alten Art. 75 GG betraf aber von vornherein nur die Raumordnung in den Ländern, für die der Bund einen Rahmen vorgeben konnte.52 Die Raumordnung in ihren über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen, d. h. die Raumplanung für den Gesamtstaat, unterliegt jedenfalls nach der Auffassung des BVerfG schon der Vollkompetenz des Bundes kraft der „Natur der Sache“.53 Das BVerfG sprach 1954 aus, was im Wesentlichen auch heute noch vorherrschende Meinung ist: Die „Raumordnung“ im Sinne des Art. 75 Nr. 4 GG ist eine „zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes. Sie ist übergeordnet, weil sie überörtliche Planung ist und weil sie vielfältige Planungen zusammenfasst und aufeinander abstimmt“ (S. 425).54 „Raumordnung kann auch nicht an den Grenzen der Länder haltmachen. Erkennt man Raumordnung als eine notwendige Aufgabe des modernen Staates an, dann ist der größte zu ordnende und zu gestaltende Raum das gesamte Staatsgebiet. Im Bundesstaat muss es also auch eine Raumplanung für den Gesamtstaat geben. Die Zuständigkeit zu ihrer gesetzlichen Regelung kommt nach der Natur der Sache dem Bund als eine ausschließliche und Vollkompetenz zu.“55
48 Maunz/Dürig/Maunz, Art. 74 Rn 144 (Stand 23. Erg. Lief. 1984); so auch BonnK-GG/Rengeling/Szczekalla, Art. 74 Rn 121 (Sept. 2007). 49 Umbach/Clemens, Bd. II, Art. 74 Rn 52; Mangoldt/Klein/Starck/Oeter, Bd. 2, 5. Aufl., Art. 74 Rn 94. 50 BT-Drucks. 16/10401. 51 Vgl. dazu Lecheler, RdE 2010, 41 ff. 52 BVerfGE 15, S. 1/16: „Raumordnung im Sinne des Art. 75 Nr. 4 ist nur die Planung im Bereich eines Landes; die Vollkompetenz dagegen betrifft die Raumplanung in ihren über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen“. So auch Mangoldt/Klein/Starck/Rozek, Bd 2, Art. 75 Rn 55; Umbach/Clemens, Art. 75 Rn 3. 53 Maunz/Dürig/Maunz, Art. 75 Rn 136 (Stand 23. Erg. Lief. 1984) unter Berufung auf das berühmte BaurechtsGA des BVerfG, Beschl. v. 16.6.1954, Bd. 3, S. 407/427 und auf BVerfGE 15, S. 16. 54 Sie wurde überdies durch einen Erlass über die Reichstelle für Raumordnung vom 26.6.1935 (RGBl. I S. 793) in die deutsche Rechtsordnung eingeführt und mit der „zusammenfassenden, übergeordneten Planung und Ordnung des deutschen Raumes für das gesamte Reichsgebiet“ betraut (BVerfG, Beschl. v. 16.6.1954, Bd. 3, S. 426). Nach der Verfügung des Oberpräsidenten von Hannover v. 4.7.1946 obliegt es der Landesplanung „einen Gesamtplan aufzustellen, der alle Fachgebiete erfasst und aufeinander abstimmt (Raumordnungsplan)“ (BVerfG, Beschl. v. 16.6.1954, Bd. 3, S. 427). 55 BVerfG, Beschl. v. 16.6.1954, Bd. 3, S. 407/427 f; kritisch dazu Battis/Kersten, DVBl. 2007, 152, 153 f. 33
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C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes
Mit der Verschiebung der Raumplanung in der Föderalismusreform I aus Art. 75 zu Art. 74 hat sich der Inhalt der Kompetenz selbst auch nicht verändert.56 Der Sache nach gibt die Raumordnungskompetenz keine Grundlage für Fachplanungen. Diese Fachplanungen können nur auf die ausschließlichen oder konkurrierenden Spezial67 kompetenzen gestützt werden.57 Das ist – soweit ersichtlich – unbestritten:
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„Als überörtliche und überfachliche Gesamtplanung hat sich die Raumordnung im Rahmen der Nr. 4 [des früheren Art. 75 GG] auf allgemeine Zielsetzungen und Anforderungen zu beschränken; unmittelbare Festsetzungen von Bodennutzungen können nicht Gegenstand von Rahmenregelungen der Raumordnung und Landesplanung sein“.58
68 Maßgeblich für die Abgrenzung der Kompetenzen ist dabei nicht der Wille des Gesetzgebers, sondern allein der „Gehalt der Regelung“,59 die Materie des Gesetzes, nicht sein Anknüpfungspunkt.60 Bei der Zuordnung einzelner Teilregelungen eines umfassenden Regelungskomplexes zu einem Kompetenzbereich dürfen die Teilregelungen nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und für sich betrachtet werden. Es ist vielmehr aus ihrem Regelungszusammenhang zu erschließen, wo sie ihren Schwerpunkt haben.61 Das schließt eine „sezierende“ Auslegung unter Trennung dieser Sachzusammenhänge aus, 69 mit der Länder für sich Teilkompetenzen in Anspruch nehmen könnten. Sachverhalte, in denen deutliche Elemente gegeben sind, die der Raumordnung zuzuordnen sind (so u. U. im konkreten Einzelfall bei der Ausweisung und Sicherung von Trassenkorridoren) können unter die Raumordnungskompetenz und der Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 fallen, soweit sie nicht wegen ihres überregionalen Bezugs in den abweichungsfesten Gehalt des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 fallen. Das kann nur bei näherer Bestimmung des Schwerpunkts bei der Ordnung der Regelungsmaterie entschieden werden. Durner62 stellt die Frage (allerdings für das NABEG), wieweit das Raumordnungsgesetz des Bundes als Sondergesetz angewendet werden müsse, wieweit das Gesetz (soweit die Analogie des EnLAG zum NABEG trägt) also eine Materie des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG betreffe und ob daher den Ländern eine Abweichungsmöglichkeit zukomme (Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GG). Er bejaht für das NABEG ein Sonderraumordnungsrecht des Bundes, folgert daraus aber keine Abweichungsmöglichkeit für die Länder, weil „die vom BVerfG anerkannte ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes kraft Natur der Sache für die Raumordnung des Gesamtstaates […] auch nach Einfügung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 abweichungsfest fortbestehe“.63 In seiner Flughafen-Schönefeld-Entscheidung64 hat das BVerwG unter dem Gliederungspunkt 70 „Zielförmige Standortvorgaben als Mittel der Landesplanung“ (Rn 63 ff) die Grenzen zwischen Raumordnung und Fachplanung noch einmal zusammenfassend aufgezeigt: „Der Gesetzgeber hat der Raumordnung […] die Kompetenz zur überfachlichen und überörtlichen, zusammenfassenden (integrierenden) Gesamtplanung verliehen und dies mit einem Koordinierungs-Ordnungs- und Entwicklungsauftrag verbunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ROG)“ (Rn 64). Die Landesplanung kann im Rahmen ihres Entwicklungsauftrags auch Ziele und Grundsätze der Entwicklung des Raumes nach eigener Kompetenz und eigener Abwägung aufstellen; dabei „ist sie jedoch auf den Kompetenzbereich der überfachlichen und überörtlichen Planung beschränkt. Sie darf (ohne spezielle gesetzliche Ermächti56 57 58 59 60 61 62 63 64
Sachs/Degenhart, 7. Aufl. 2014, Art. 72 Rn 43. So Mangoldt/Klein/Starck/Rozek, Bd. 2, Art. 75 Rn 55; ebenso Umbach/Clemens, Bd. II, Art. 75 Rn 38. Mangoldt/Klein/Starck/Rozek, Bd. 2, Art. 75. E 70, 251/264 v. 16.3.2006. BVerfGE 4,60/67,69 f, Bezugnahme in E 68,319/327 f. BVerfGE 97, 228/251 f, Bezugnahme in E 97, 332/342 und 109,190/228. Durner bei den 3. Bayreuther Energietagen am 15./16.3.2012, Tagungsbericht von Thiele, RdE 6/2012, 218. Dazu bereits Durner, DVBl. 2011, 853, 855; Durner, NuR 2009, 373, 374, jeweils m. w. N. BVerwGE 125, 116.
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C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes
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gung) nicht an die Stelle der Fachplanung treten und deren Aufgaben übernehmen. Den Fachplanungsträgern muss zur Erfüllung der ihnen eingeräumten Planungsbefugnis ein ausreichender Planungsspielraum verbleiben.“ (Rn 64). Sie ist auch auf die Ordnung des Raumes und seiner Entwicklung begrenzt (Rn 65 und 78). Nur diesbezüglich kommt ihr eine Feststellungsfunktion (der Raumverträglichkeit) und eine Abstimmungsfunktion verschiedener Ansprüche auf die Raumnutzung zu.65 Die Förderung der Akzeptanz einer raumbedeutsamen Maßnahme durch die Bürger gehört nicht zu ihren legitimen Aufgaben oder Zielen. Sie ist vielmehr Aufgabe des Vollzugs im Planfeststellungsverfahren. Das mehrstufige System (Rn 68) räumlicher Gesamtplanung66 ist in unterschiedlicher Weise 71 ausgestaltet: Die vertikale Arbeitsteilung von der räumlichen Gesamtplanung bis hinunter zur Gemeindeebene kann auf das Verhältnis zwischen Raumordnung/Landesplanung und Fachplanung nicht übertragen werden, weil die Fachgesetze (im Entscheidungsfall des Luftverkehrsrecht) eine dem § 1 Abs. 4 BauGB vergleichbare Unterordnung der Fachplanung unter raumordnungsrechtliche Zielvorgaben nicht kennen. „Das Verhältnis zwischen Landesplanung und (luftverkehrsrechtlicher) Fachplanung ist nicht das einer vertikalen Planungshierarchie, sondern das einer arbeitsteiligen Aufgabenstruktur mehrerer Planungsträger, deren aufgabenspezifische Kompetenzen und Gestaltungsspielräume durch rechtliche Bindungen, Abstimmungsgebote und Beteiligungsverfahren miteinander verschränkt sind.“67
Was hier zum Verhältnis von Raumordnung und luftverkehrsrechtlicher Fachplanung gesagt 72 wird, muss auf das Verhältnis von Raumordnung und energierechtlicher Leitungsbau-Fachplanung übertragen werden.
II. Hat der Bund von dieser Kompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht oder hat er offene Räume gelassen, die die Landesgesetzgeber nutzen können? 1. Vor Erlass des EnLAG Zwar hat das BVerwG die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 2 Abs. 2 inzwischen verwor- 73 fen – der Bundesgesetzgeber besitze die Gesetzgebungskompetenz und eine bundesrechtliche Regelung sei auch im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich.68 Allerdings ist diese Frage vor Erlass des EnLAG ist die Frage intensiv diskutiert worden, und zwar zunächst mit Blick darauf, ob die bisherigen Vorschriften des EnWG zum Leitungsbau abschließend sind mit entsprechender Sperrwirkung für die Länder: Die bundesgesetzliche Norm entfaltet nur dann eine Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber, wenn der Bund die Möglichkeit zur Verlegung von Erdkabeln „erschöpfend und damit abschließend“ geregelt hat.69 Das Land Niedersachsen berief sich beim Erlass seines Erdkabelgesetzes darauf, dass der 74 Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Nr. 11 GG mit dem Erlass des EnWG nicht erschöpfend und auch nicht abschließend Gebrauch gemacht habe.70
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Vgl. Ziekow, Rn 586 m. w. N. Vgl. näher dazu Battis/Kersten, DVBl. 2007, 152 ff. BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1073.04 – Rn 68. BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 bis 4 A 6.16, Rn 42. Georgii (GA 425/09 S. 8) unter Berufung auf BVerfG – E 85, 134/142. Schon das Wort Erdkabel komme – abgesehen von der speziellen Neuregelung für den Anschluss von OffshoreAnlagen – nicht vor. Damit bleibe Raum für eigene Verkabelungslösungen des Landes. 35
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C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes
Ein „Kurzgutachten“ von Schulte/Kloos vom 17.8.200771 versuchte die Rechtsauffassung des Landes zu stützen. Demgegenüber haben Rechtsgutachten von Erbguth72 und Löwer73 die Sperrwirkung der damaligen Regelung im EnWG überzeugend bejaht. Aus der Verordnungsermächtigung der Bundesregierung im damals neuen Abs. 7 des § 21a EnWG schloss Erbguth zutreffend, dass Verkabelungen nicht von einzelnen Ländern vorgeschrieben werden können, sondern bundeseinheitlich entschieden werden müssten. Damit könne sich auch die bisherige Öffnungsklausel in § 21a Abs. 4, S. 3, letzter Hs. (die in Art. 2 des EnLAG ohnedies und ausdrücklich aufgehoben wurde) nur auf anderes Bundesrecht beziehen. Löwer legte überzeugend dar, dass in der gesamten Geschichte der gesetzlichen Entwicklung des Leitungsbaus nie Zweifel daran bestanden hätten, dass die Vorschriften über den Energietransport abschließende bundesrechtliche Regelungen seien. Es habe auch während der ganzen Geschichte des Energierechts nie einen Ansatz dazu gegeben, das Bundesrecht hier über Landesrecht zu ergänzen.74 Auch seien Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber auf eine abschließende Regelung verzichten wollte, nicht ersichtlich – im Gegenteil: Bei der ersten ausdrücklichen Regelung der Verkabelung durch die Einfügung eines neuen S. 3 in § 43 EnWG durch das InfrPBG75 habe sich der Beschleunigungsgesetzgeber „mit den spezifischen Problemen der Erdverkabelung auseinandergesetzt“, sei aber zu dem Ergebnis gekommen, eine solche umfassende Regelung „jedenfalls gegenwärtig nicht vornehmen und vorsehen“ zu wollen. „Stattdessen ist lediglich die Heranführungsregel für off-shore-Energie ins Gesetz eingefügt worden“ (GA S. 41 f). Auch aus § 21a Abs. 4 S. 3 Hs. 2 EnWG (und dem dortigen Verweis auf öffentlich-rechtliche Normen) lasse sich anderes nicht folgern.76 Der Bund hat bisher stets – und auch im EnLAG – die abschließende Regelungskompetenz für die Verkabelung auf der Hoch- und Höchstspannungsebene für sich in Anspruch genommen. Die grundlegenden Entscheidungen des BVerfG zur Sperrwirkung eines auf der Grundlage der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz erlassenen Gesetzes werden im GA von Löwer übersichtlich und treffend dargestellt (GA S. 33–35). Löwer weist in seinem GA (S. 37) zutreffend darauf hin, dass sich das BVerfG mit „leicht ins subjektive abgleitenden Hinweisen“ nicht begnügt, sondern auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzgebungsmaterialien verweist. In der Geschichte der gesetzlichen Entwicklung des
71 „Gesetzgebungszuständigkeit und Regelungskonzeption beim Ausbau des Energieversorgungsnetzes unter besonderer Berücksichtigung der Erdverkabelung auf Höchstspannungsebene“ v. 17.8.2007. 72 Erbguth, „Zur Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Erdkabelverlegung im Energiebereich – anhand der Entwürfe zu einem niedersächsischen Erdkabelgesetz und ergänzender Regelungen“ vom November 2007, verweist auf die kontroverse und inhaltlich auch mehrfach schwankende Diskussion der Verkabelungsfrage bei der Beratung des Gesetzes und legt überzeugend dar, dass sich der Bundestag neben der abschließenden Regelung in § 43 S. 3 EnWG durch die Einordnung der Verkabelungsfrage in die Anreizregulierung des Bundesrechts (§ 21a Abs. 4 S. 3) letztlich auf eine Anreizlösung geeinigt habe (S. 18). Die getroffenen Regelungen werden von Schneller, DVBl. 2007, 529, 536 im Einzelnen zu Recht als nicht sonderlich geglückt kritisiert. 73 „Verfassungsmäßigkeit des geplanten niedersächsischen Gesetzes über die Planfeststellung von Höchstspannungsleitungen in der Erde – insbesondere Sperrwirkung des Energiewirtschaftsgesetzes gegenüber landesgesetzlichen Erdverkabelungsvorschriften“ vom Dezember 2007. 74 Umstritten war demgegenüber, ob die Länder Landesenergierecht in Form von Fördergesetzen für umweltfreundliche Energienutzung setzen konnten; dazu näher Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, S. 18, Rn 29, Fn 34–36. 75 Vom 9.12.2006 BGBl. I 2006 (Entwurf BT-Drucks. 16/54; 15/12108). Vgl. dazu etwa Schneller, DVBl. 2007, 529 ff; Lecheler, DVBl. 2007, 713, 717 f. 76 Löwer, „Verfassungsmäßigkeit des geplanten niedersächsischen Gesetzes über die Planfeststellung von Höchstspannungsleitungen in der Erde – insbesondere Sperrwirkung des Energiewirtschaftsgesetzes gegenüber landesgesetzlichen Erdverkabelungsvorschriften“, S. 43 f; so auch Erbguth, „Zur Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Erdkabelverlegung im Energiebereich – anhand der Entwürfe zu einem niedersächsischen Erdkabelgesetz und ergänzender Regelungen“ vom November 2007, S. 18. Lecheler/Steinbach
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C. Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass dieses Gesetzes
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Leitungsbaus hat – über die Entstehungsgeschichte der geltenden § 43 ff EnWG hinaus – nie ein Zweifel daran bestanden, dass die Vorschriften über den Energietransport abschließende bundesrechtliche Regelungen gewesen sind und auch bleiben müssen. Es hat während der ganzen Geschichte des Energierechts (die im Löwer-GA S. 18–28 umfassend dargestellt ist), nie einen Ansatz dazu gegeben, hier das Bundesrecht über Landesrecht zu ergänzen.77 Löwer sieht also (GA S. 38) auch in der bloßen Tatsache, dass durch vier Jahrzehnte hindurch entsprechendes Landesrecht nicht einmal erwogen worden ist, ein Argument für die Annahme einer abschließenden Regelung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber auf seine abschließende Regelung ver- 82 zichten wollte, waren und sind in der Tat nicht ersichtlich. Löwer weist in seinem GA (S. 41 f) darauf hin, dass der Beschleunigungsgesetzgeber sich 83 „mit den spezifischen Problemen der Erdverkabelung auseinander gesetzt“ hat, aber zu dem Ergebnis kam, eine solche Regelung „jedenfalls gegenwärtig nicht vornehmen und vorsehen“ zu wollen. Das hat sich mit dem EnLAG allerdings geändert.
2. Nach Erlass des EnLAG Mit dem Erlass des EnLAG ist diese Diskussion überflüssig geworden.78 Spätestens mit dem 84 Inkrafttreten des EnLAG sind divergierende oder modifizierende landesrechtliche Vorschriften zur Energieleitungsbaugesetzgebung des Bundes, die über bloße verfahrensrechtliche Abweichungen – wie etwa § 1 Nds. ErdkabelG79 – hinausgehen, nach Art. 72 Abs. 1, Art. 31 GG nichtig. Der Bund machte mit dem EnLAG deutlich, dass er die Modalitäten und den Umfang der probeweisen Verwendung der Verkabelung von Übertragungsleitungen auf der Höchstspannungsstufe regeln und kontrollieren will. Zu diesem Zweck hat das BMWi nach „Ablauf von jeweils 3 Jahren“ gem. § 3 S. 3 dem Bundestag „die Erfahrungen beim Einsatz von Erdkabeln nach § 2 darzustellen“, also erstmals zum Oktober 2012. 85 Die amtliche Begründung führt dazu im Übrigen aus: „Um die Versorgungssicherheit auf heutigem Niveau zu gewährleisten, die Stabilität des deutschen Höchstspannungsnetzes als Teil des europäischen UCTE-Elektrizitätssystems sicherzustellen und Überlastungen einzelner bestehender Trassen zu vermeiden, müssen die neuen Verbindungen als Teil eines Bündels von Maßnahmen, d. h. als Ganzes realisiert werden“.80
Der vordringliche Bedarf an Übertragungsleitungen kann auf der Basis des EnLAG künftig in 86 einem gesetzlichen Bedarfsplan festgelegt werden.81 Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze (Änderung 87 des EnWG) streicht zudem die „Öffnungsklausel“ für abweichende öffentlich-rechtliche Bestim77 Umstritten war demgegenüber, ob die Länder Landesenergierecht in Form von Fördergesetzen für umweltfreundliche Energienutzung setzen konnten; dazu näher Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, S. 18, Rn 29, Fn 34–36. 78 Wenngleich die Folgerung, damit sei das Nds. ErdverkabelG obsolet – so Rufin, ZUR 2009, 72 li. Sp. – etwas verfrüht ist; vgl. dazu Hermanns/Austermann, NdsVBl. 2010, 175, 176 f, die m. w. N. von der Sperre des Landes ausgehen. 79 Neben dem EnLAG fortbestehen können aufgrund der durch die Föderalismusreform im neuen S. 2 des Abs. 1 in Art. 84 GG eingeführten Abweichungsbefugnis von Verfahrensregelungen des Bundes der § 3 (Zuständigkeit) und wohl auch die Bestimmungen zum Planfeststellungsverfahren in § 2. 80 BT-Drucks. 10/491, S. 10 li.Sp. 81 So die amtl. Begründung BT-Drucks. 10/491, S. 10 l.Sp. Die Stellungnahme des Bundesrates in Anlage 3 Art. 3a (BT-Drucks. 16/12898, S. 22) schlägt eine Änderung des UVPG durch Einführung eines Bedarfsplans für Energieleitungsbauvorhaben, der aber nicht in den abschließenden Beschlussvorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie übernommen wurde. 37
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mungen in § 21a Abs. 4 S. 3 EnWG und passt in seinem Art. 4 (Änderung der Anreizregulierungsverordnung) in Nr. 2a den Wortlaut des § 11 Abs. 2 S. 1 (mit der Streichung des Hinweises auf die bisherige Kabelregelung in § 21a Abs. 4 S. 3 EnWG)82 entsprechend an. Damit ist auch die Annahme einer Öffnung für ergänzende Landesregelungen definitiv verschlossen. Im Gesetzgebungsverfahren haben die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags vier gutachtliche Beurteilungen vorgelegt.83 Einer der Autoren geht zunächst von einem abschließenden Kompetenzgebrauch durch den Bund aus,84 zweifelt dann aber in seinen späteren Gutachten85 daran, ob eine „bundeseinheitliche ins Detail gehende Regelung zu der Zulässigkeit von Teilverkabelung“ in § 2 erforderlich sei (dazu unter III. näher), während er mit eingehender Begründung dies für § 1 bejaht. Seine Begründung hierfür gibt aber keinen Anlass dazu, diesen Zweifeln zu folgen, zumal ihnen auch im Gesetzgebungsverfahren in Kenntnis der Argumente niemand folgte. Für 380 kV-Leitungen (für die 110 kV-Leitungen ist das mit der Neuregelung in § 43 S. 7 und § 43h EnWG gelöst) wurde die Frage gestellt,86 ob „die Sperrwirkung des EnLAG der Genehmigungsfähigkeit von Erdkabeln entgegensteht“. Die amtliche Begründung geht von einer abschließenden Regelung in § 2 aus (S. 18). Auch der Bundesrat hat verneint, dass die Erdverkabelung bei 380 kV-Leitungen außerhalb der vier Modellprojekte des EnLAG de lege lata genehmigungsfähig seien.87 Zweck des EnLAG ist es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und zugleich auch sicherzustellen, dass die verwendete Technik zuverlässig ist. „Dieser Gesetzeszweck trägt eine Sperrwirkung dann nicht mehr, wenn Netzstabilität und Versorgungssicherheit nicht berührt sind“.88 Restriktive Auslegungen, wie sie die beiden Autoren fordern, würden die Grundsatzentscheidung des Bundesgesetzgebers aber aufweichen.
III. Sind die – verschärften – Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt? 94 Die Erforderlichkeitsklausel hat mit der Grundgesetzreform von 199489 die früher geltende Bedürfnisklausel abgelöst. Seither steht nicht mehr die Frage nach der grds. Justiziabilität der gesetzgeberischen Erwägungen im Raum,90 sondern nur noch diejenige nach den Maßstäben für eine gerichtliche Überprüfung der Inanspruchnahme einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes.91 Vor allem seit seiner Entscheidung vom 22.10.200292 stellt das BVerfG an das Vorliegen der Erforderlichkeit hohe Anforderungen und erlegt dem Bund die Darlegungslast hierfür auf. 82 In der BR-Drucks. 559/08 (S. 34) erfolgt der Hinweis, dass die Regelung des EnLAG abschließend getroffen wird und daher eine Streichung der bisherigen Öffnungsklausel nach § 21a Abs. 4 S. 3 Hs. 2 EnWG erfolgt. 83 WD 5 – 3000-175/09, v. 21.12.2009, Hilgers, Das Energieleitungsausbaugesetz und die Regelungskompetenz der Länder; WD 3 – 425 /09, Georgii, Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht zur Energieinfrastruktur. Hier Energieleitungsausbaugesetz und niedersächsisches Erdkabelgesetz; WD 3 – 451/09, Georgii, Gesetzgebungskompetenz für das Energieleitungsausbaugesetz und WD 3 – 064-10, v. 2.3.2010, Georgii, Verhältnis von Bundes- und Landesrecht zur Energieinfrastruktur-Gesetzgebungskompetenz für das Energieleitungsausbaugesetz und das niedersächsische Erdkabelgesetz. 84 Georgii, WD 3 – 425 /09, S. 8/9. 85 Georgii, WD 3 – 451/09 und WD 3 – 064-10, v. 2.3.2010. 86 Hennig/Lühmann, UPR 2012, 82. 87 BR-Drucks. 32/1/11, S. 4. 88 Hennig/Lühmann, UPR 2012, 83; das genannte Beispiel der Anbindung eines Kraftwerks an das Übertragungsnetz deckt das Ergebnis aber nicht. 89 Durch Gesetz v. 27.10.1994, BGBl. I S. 3146. 90 Und verneint – wie z. B. in seiner Entscheidung in BVerfGE Bd. 2, 213 (224). 91 Nachweis bei Münch/Kunig/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 72, Rn 24 ff. 92 BVerfG E 106, 62 (148). Lecheler/Steinbach
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Die amtliche Begründung93 betont im Rahmen dieser Erforderlichkeitsprüfung nach Art. 72 Abs. 2 GG für einen Gesetzgebungsakt aus der Kompetenzbestimmung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG vor allem, dass es sich bei dem Gesetz um „Grundfragen der Infrastrukturausstattung mit überregionaler Bedeutung für das Gemeinwesen“ handelt: „Im Bereich des Energieleitungsbaus machen die Maßnahmen zur Vereinfachung, Beschleunigung und Stabilisierung der Planungen eine bundeseinheitliche Regelung zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich“. Das wird näher damit begründet, dass nicht nur eine Vielzahl der Planungen „länderübergreifende Vorhaben“ sind, sondern dass Vorhaben ohne diesen unmittelbaren Bezug auch „länderübergreifende Auswirkungen auf Betroffene oder die Umwelt einschließlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ haben können. Damit seien die Voraussetzungen nach Art. 72 Abs. 2 GG gegeben: Für Art. 1 und 2 des Gesetzes (Erlass des EnLAG) nimmt die Begründung (S. 15) weiterhin in Anspruch, dass die Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich ist. Es gehe um „Grundfragen der Infrastrukturausgestaltung mit überregionaler Bedeutung für das Gemeinwesen“. Energieleitungen „garantieren gleichwertige Lebensverhältnisse“.94 Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG nimmt die Begründung schließlich die Erforderlichkeit „zur Wahrung der Rechts- und Wirtschafteinheit im gesamtstaatlichen Interesse“ für das Gesetz in Anspruch. Es gehe nämlich um die „institutionellen Voraussetzungen des Bundesstaates […] also um bestehende oder drohende Rechtszersplitterung oder um Zersplitterung des Wirtschaftsraumes; [denn] eine Vielzahl der Planungen betrifft entweder länderübergreifende Vorhaben oder zumindest Vorhaben mit länderübergreifenden Auswirkungen auf Betroffene oder die Umwelt einschließlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. […] Bei solchen länderübergreifenden Sachverhalten führten unterschiedliche Regelungen zur Feststellung des Bedarfs für den Bau der Leitungen zu ernsthaften Hindernissen bei der Verwirklichung der Planungen“. Von den Gutachtern der wissenschaftlichen Dienste des Bundestags äußert Georgii95 Zweifel. Für § 1 dürfte die Erforderlichkeit gegeben sein, denn „bei länderübergreifenden Vorhaben kann der Bedarf in den betroffenen Ländern nicht sinnvoll unterschiedlich festgestellt werden.“ Entweder zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse sei einheitliche Planung notwendig. Anders könnte es sich bei den Vorschriften über die konkrete Umsetzung vor Ort und einer Berücksichtigung lokaler Besonderheiten – überirdische oder unterirdische Verkabelung – verhalten (§ 2). Er zweifelt an der Erforderlichkeit einer „bundeseinheitlichen ins Detail gehenden Regelung zu der Zulässigkeit von Teilverkabelung“, kommt aber in seinen beiden jüngeren Gutachten auch nicht zur Verneinung der Erforderlichkeit. Eine Neubewertung der oben dargelegten Argumente machen seine Zweifel nicht notwendig. Das BVerwG hat die Bedenken zunächst erwogen,96 aber dahingestellt sein lassen, da auch eine Verfassungswidrigkeit des § 2 aus Gründen der fehlenden Erforderlichkeit dieser Vorschrift nicht auf § 1 und das ganze Gesetz durchschlagen würde. In seiner Entscheidung zu Ganderkesee legt sich das BVerwG aber bzgl. der Erforderlichkeit nach Art. 72 Abs. 2 GG fest, dass aufgrund des Erprobungscharakters des Abs. 2 und der landesübergreifenden Projekte § 2 Abs. 1 EnLAG fest und bestätigt die Bundeskompetenz.97 Die amtliche Begründung des EnLAG hat also im Ergebnis die in Art. 72 Abs. 2 GG gestellten Anforderungen an die Erforderlichkeit gesamtstaatlicher Gesetzgebung für den Energieleitungs-
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S. 15 li. Sp. unten und re. Sp. oben. Die Begründung verweist auch auf die Gesetzesbegründung zum InfrPBG v. 4.11.2005, BT-Drucks. 16/54. WD 3-451/09, S. 17 und WD 3-064-10, S. 25. BVerwG B. v. 24.5.2012 (Südwestkuppelleitung, LVerwAmt Thüringen) – 7 VR 4.12 – Tz 20. BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 bis 4 A 6.16, Rn 42. Lecheler/Steinbach
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bau auf der Höchstspannungsebene nachvollziehbar und im Ergebnis auch zutreffend oder jedenfalls vertretbar dargelegt.98
98 Eingehend dazu Mikesic/Strauch, RdE 2011, 348 ff. Lecheler/Steinbach
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D. Kommentierung im Einzelnen §1 (1) Für Vorhaben nach § 43 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes im Bereich der Höchstspannungsnetze mit einer Nennspannung von 380 Kilovolt oder mehr, die der Anpassung, Entwicklung und dem Ausbau der Übertragungsnetze zur Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, zur Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der Europäischen Union, zum Anschluss neuer Kraftwerke oder zur Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz dienen und für die daher ein vordringlicher Bedarf besteht, ist ein Bedarfsplan diesem Gesetz als Anlage beigefügt. (2) Die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben entsprechen den Zielsetzungen des § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes. Für diese Vorhaben stehen damit die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf fest. Die Realisierung dieser Vorhaben ist aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich. Diese Feststellungen sind für die Planfeststellung und die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d des Energiewirtschaftsgesetzes verbindlich. (3) Für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben gilt § 50 Abs. 1 Nr. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung. Dies ist auch anzuwenden für auf diese Vorhaben bezogene Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren. (4) Zu den Vorhaben gehören auch die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen und die notwendigen Änderungen an den Netzverknüpfungspunkten. (5) Energieleitungen beginnen und enden jeweils an den Netzverknüpfungspunkten, an denen sie mit dem bestehenden Übertragungsnetz verbunden sind.
1. Abs. 1 (Bedarfsplan) a) Vorgeschaltete Bedarfsplanung. Mit dem EnLAG hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2008 103 „erste Anfänge für eine vorgeschaltete Bedarfsplanung“99 gemacht. Anhand ausgewählter und als besonders dringlich eingestufter Vorhaben hat er „erstmals bedarfsplanerische Vorgaben“100 für den Netzausbau gesetzt. Mit § 1 Abs. 1 werden der Anwendungsbereich und der Regelungszweck des Gesetzes beschrie- 104 ben.101 Das Gesetz betrifft einen Ausschnitt aus den Vorhaben des § 43 EnWG, für die dort bereits ein Planfeststellungsverfahren durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden vorgeschrieben ist. Dieses Verfahren will das Gesetz beschleunigen. Die Notwendigkeit eines rascheren Ausbaus der Höchstspannungsleitungen wird seit langem betont.102 Ob das EnLAG dieses Ziel aber wirklich erreichen kann, ist fraglich und wird sich erst im weiteren Verlauf der „EnLAG-Verfahren“ zeigen. aa) Aufstellung, Umfang und Rechtswirkungen eines Bedarfsplans. Im Mittelpunkt des 105 § 1 stehen die Aufstellung, der Umfang und die Rechtswirkungen eines Bedarfsplans. Ausgangspunkt und Ziel der Regelung ist die Beeinflussung der Planfeststellung und damit eine Beschleunigung des Ausbaus. Der Bedarfsplan erfasst einen hier näher definierten Ausschnitt aus den „Vorhaben nach 106 § 43 S. 1 EnWG“, der für die dort genannten Vorhaben (Errichtung und Betrieb sowie Änderung 99 Moench/Rutloff, NVwZ 2012, 1041. 100 Scherer, NVwZ 2010, 1324 li. Sp.; ähnlich Ehricke/Hermes, S. 82 f; BK-EnR/Pielow, § 43 EnWG Rn 3a. 101 Schirmer, DVBl. 2010, 1349. 102 Vgl. die Nachweise bei Schneller, DVBl. 2007, 529, 530 f. 41
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der unter Nr. 1. bis 4. aufgezählten Leitungen) eine Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden zwingend vorschreibt.103 Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze (Änderung des EnWG) hat durch die Einfügung der neuen Nr. 3 (Hochspannungsleitungen zur Netzanbindung von Offshore-Anlagen) und 4 (grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, die nicht unter Nr. 3 fallen) in der Nr. 6 des Gesetzes diesen Kreis mit der Zielsetzung einer besseren Integration von Windstrom ins Netz wesentlich erweitert.104 Aus den in Abs. 1 S. 1 des § 43 EnWG genannten Vorhaben kommen nur solche Stromleitungen (keine Gasleitungen!) in Betracht, die den nachfolgenden Voraussetzungen entsprechen: – Übertragungsnetze, die „im Bereich der Höchstspannungsnetze mit einer Nennspannung von 380 Kilovolt oder mehr“ errichtet oder betrieben (Ausbau) werden und – die der Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen durch eine Anpassung, Entwicklung oder den Ausbau der Übertragungsnetze dienen. Darunter sind nach der Definition in § 3 Abs. 1 des bei Erlass des EnLAG geltenden EEG,105 der dem heutigen § 3 Nr. 3 EEG im Wesentlichen entspricht, alle Formen der Erneuerbaren zu verstehen. „Anpassung“, „Entwicklung“ oder „Ausbau“ der Übertragungsnetze meint alle technisch vertretbaren und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen, die für die Aufnahme dieser Energien notwendig sind. Die Begrenzung auf technisch vertretbare Maßnahmen normiert auch § 12 Abs. 3 S. 2 EnWG. Sie folgt aus den Sicherheitsanforderungen des § 49 EnWG. Die Begrenzung auf wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen normiert § 12 EnWG – im Gegensatz zu § 11 Abs. 1 S. 1 für die Betreiber von Versorgungsnetzen – für Betreiber von Übertragungsnetzen nicht. Sie folgt aber aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Gebot, das eine Belastung über das Maß des wirtschaftlich Zumutbaren hinaus verbietet. § 9 Abs. 3 EEG normiert das Gebot für alle Netzbetreiber auch ausdrücklich. Für die Bestimmung dieser Grenze wird hier auf die Kommentierungen zu den §§ 11 EnWG und 9 EEG verwiesen.106 Sie ist letztlich eine Frage des Einzelfalles. Generell ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ausbau- und Erweiterungskosten, soweit sie von der BNetzA anerkannt werden, in das Netzentgelt der Stromkunden eingeht, deren übermäßige Belastung § 1 EnWG verbietet. Dieses Ziel der „peisgünstigen Versorgung“ droht langsam in den Hintergrund zu treten. Stromleitungen (keine Gasleitungen!) aus den in Abs. 1 S. 1 des § 43 EnWG genannten Vorhaben kommen auch dann in Betracht, wenn sie zur Erfüllung der folgenden Ziele beitragen: – zur Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der EU, die vor allem der Ausbau der Grenzkuppelstellen verlangt; – zum Anschluss neuer Kraftwerke, der schon vor der Energiewende dringlich war und jetzt von gesteigerter Vordringlichkeit ist, zumal es nach wie vor nicht gelungen ist, eine Standortentwicklungsplanung für die Errichtung neuer Kraftwerke zu erstellen oder – zur Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz. Dazu, wann und ab welcher Stundenzahl im Jahr Engpässe aufgrund der aktuellen Erzeuger- oder der Netzstruktur von internen Engpässen zu strukturellen umschlagen, gibt es keine gesicherte Grenze. Über Erdverkabelung unterhalb der 380 kV-Ebene trifft dieses Gesetz keine Regelung, sondern nur zur Umrüstung von niedrigeren Spannungsstufen auf 380 kV Nennspannung (vgl. die Nr. 10 und 22–24 der Anlage zum EnLAG).107 103 Zur gesetzgeberischen Vorgeschichte vgl. BK-EnR/Pielow § 43 EnWG, Rn 5. 104 Näher dazu Hennig/Lühmann, UPR 2012, 81, 83. 105 Gesetz v. 21.7.2004 BGBl. 2004 I S. 1918, zuletzt geändert durch Gesetz v. 7.11.2006 BGBl. I S. 2550. Vgl. die Definition in Art. 2 Nr. 30 der Strom-RL 2009/72/EG v. 13.7.2009 ABl Nr. L 211 S. 55. 106 Die eigentlich einschlägige Dissertation von Ringel ist hier leider nicht weiterführend; so auch die Beurteilung von Rauch in seiner Besprechung dieser Arbeit in RdE 2012, 218, 220. 107 Sie ist aber inzwischen durch eine Ergänzung des § 43 und den neuen § 43h EnWG durch das NABEG zugelassen. Lecheler/Steinbach
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D. Kommentierung im Einzelnen
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bb) Alternative oder kumulative Voraussetzungen? Ob diese unter Strich 2 und 3 genann- 112 ten Voraussetzungen alternativ und nicht kumulativ zu verstehen sind, dazu sagt die Gesetzesbegründung nichts ausdrücklich. Der Hinweis darauf, dass die Realisierung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben „vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ und der dann in einfacher Reihung aufgeführten „Gesichtspunkte“ zu sehen ist, spricht ebenso für Alternativität statt für Exklusivität wie die Unterschiedlichkeit der genannten Ziele. Dass de facto der Aufnahmedruck bei den gestiegenen und weiter steigenden Fördermen- 113 gen alternativer Energien und dem damit verbundenen Druck auf bestimmte Grenzkuppelstellen ins europäische Ausland im Vordergrund steht, spricht nicht gegen diese Interpretation.
b) Erfordernis eines vordringlichen Bedarfs. Ferner muss ein „vordringlicher Bedarf“ für die betreffenden Vorhaben bestehen. Mit dem EnLAG wurden erstmalig die notwendigen Leitungsbaumaßnahmen gesetzlich festgestellt.108 Diese setzt nach Abs. 2 ein Bedarfsplan fest, der dem Gesetz als Anlage beigefügt ist.109 Das Gesetz legt dort eine Reihe von Vorhaben im Bereich der Höchstspannungsnetze mit einer Nennspannung von 380 kV oder mehr fest, für die die nach § 1 Abs. 2 festgelegten Rechtswirkungen gelten. Die Auswahl der Vorhaben110 erfolgte dabei im Wesentlichen nach der dena-Netzstudie I vom 18.2.2005111 und nach den TEN-E-Leitlinien der Kommission,112 wird aber für die einzelnen Vorhaben in der Begründung des Regierungsentwurfs energiewirtschaftlich näher begründet. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass es der Planfeststellungsbehörde zustünde, die Begründung des Gesetzgebers darauf zu überprüfen, „ob die Bedarfsfeststellung evident unsachlich“ sein könnte.113 Die Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des EP und des Rates v. 6.9.2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze ist bisher (und später übergangsweise für bereits begonnene Vorhaben) für die Bewertung der Vorhaben noch von zentraler Bedeutung. Sie sollte allerdings bereits zum 1.1.2012 aufgehoben werden: Der Kommissionsvorschlag v. 2.9.2011 für eine VO des EP und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energie Infrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG114 enthält gravierende Eingriffe in die nationale Umsetzung der Ziele des Art. 170 AEUV.115 Dem Vorschlag liegt ein Arbeitspapier „Energieinfrastruktur, Investitionsbedarf und -lücken“ v. 10.7.2011 an den Rat „Telekommunikation, Verkehr, Energie“ zugrunde.116 Die in der Entscheidung 1364/2006/EG getroffene Vorrangregelung für europäische Netze soll revidiert werden: Priorität soll künftig zwölf strategischen transeuropäischen Energieinfrastrukturkorridoren eingeräumt werden. Nach der Neuformulierung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Kap. II, Art. 3 ff) sind vor allem die seit langem im Raum stehenden Vorgaben für die nationalen Genehmigungsbehörden in Kap. III (Art. 7 ff) von besonderem Interesse: Danach hat binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten der VO jeder Mitgliedstaat „eine zuständige nationale Behörde“ für die Koordinierung des Genehmigungsverfahrens zu benennen (Art. 9 Nr. 1). Die Dauer und Durchführung des Genehmigungsverfahrens werden in Art. 11 reglementiert („maximal 3 Jahre“); Art. 14 gibt Investitionsanreize. 108 109 110 111
Zum Vergleich: Im Straßenbau gibt es die gesetzliche Bedarfsfeststellung bereits seit Jahrzehnten. Zur Bedarfsplanung vgl. Weyer, Netzausbau in Deutschland, Arbeitspapier 05/2011, S. 7. Vgl. die Auswahlbegründung im Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/10491, S. 17 f. „Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020“. 112 Dazu Scherer, NVwZ 2010, 1324 re. Sp. 113 So aber Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351 re. Sp. 114 Kom(2011)658 endg.; dazu auch Klotz, N&R 2012, S. 1 f. 115 Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 172 AEUV. 116 SEC (2011) 755. 43
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Die Energierechtswirkungen der Aufhebung der Entscheidung 1364/2006/EG sind in Art. 19 des Entwurfs geregelt. 120 Es bleibt freilich abzuwarten, in welcher Form das Vorhaben schließlich aus dem Rechtssetzungsverfahren hervorgehen wird. Es könnte jedenfalls das nationale Genehmigungsverfahren grundlegend verändern. 119
2. Abs. 2 wesentliche Rechtswirkungen 121 a) Die Rechtswirkungen. S. 1 regelt die wesentlichen Rechtswirkungen für Vorhaben, die in den Bedarfsplan aufgenommen worden sind: – Nach S. 1 ist damit für die Planfeststellungsbehörden rechtsverbindlich entschieden, dass sie den Zielsetzungen des § 1 EnWG entsprechen. – Nach S. 2 ist zugleich der vordringliche Bedarf und damit die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Vorhabens festgestellt. 122 Diese Feststellungen – nicht weniger, aber auch nicht mehr – sind nach S. 4 des Abs. 2 für die Planfeststellung und für die Plangenehmigung der Landesbehörden nach §§ 43–43e EnWG sowie für die Gerichte117 verbindlich und dementsprechend in ihre Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen118 einzustellen. Damit ist auch die Planrechtfertigung für die Planfeststellung gegeben.119 Denn mit 123 Blick auf die Auswirkungen der planerischen Effekte auf die Rechte Dritter muss nach Auffassung des BVerwG explizit geprüft und bejaht werden, dass das geplante Vorhaben vernünftigerweise geboten ist und mit den Zielen des § 1 EnWG übereinstimmt.120 Das hat der Gesetzgeber des EnLAG hier für die in der Anlage aufgeführten Vorhaben ausdrücklich und klar entschieden. Das hatte zwei Jahre vorher schon der Entwurf des InfrPBG121 – vergeblich – versucht. Ver124 fassungsrechtliche Einwände sind – im Gegensatz zu der Verkürzung des Instanzenwegs in Abs. 3 – gegen diese Entscheidung des EnLAG nicht vorgetragen worden. Die Rechtswirkungen des Abs. 2 sind auch im Einzelnen nicht streitig. Das haben auch die bisherigen Verfahren (oben Fn 18) erwiesen. Der Planfeststellungsbehörde steht insoweit über die Richtigkeit der vom Gesetzgeber für seine Entscheidung gegebenen Begründung nicht zu.122 Umstritten waren und sind die weiteren, vom EnLAG unabhängigen Anforderungen des 125 allgemeinen Planungsrechts und ihre Bewertung bei der abschließenden Abwägungsentscheidung. Hier entstehende Abwägungsfehler machen – unabhängig von den Wirkungen des Abs. 2 – den Planfeststellungsbeschluss rechtsfehlerhaft und aufhebbar. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich 2019 klargestellt, dass nach § 1 Abs. 2 S. 3 EnLAG die 126 Realisierung der Vorhaben nach diesen Gesetzen aus Gründen eines überragenden öffentlichen
117 So auch BVerwG Beschl. v. 24.5.2012 (Südwestkuppelleitung, LVerwAmt Thüringen) – 7 VR 4.12 –; Urt. v. 27.1.2011 – 7 A 18.10 – (Klageabweisung gegen Planfeststellungsbeschluss des RegBez. Detmold); Beschl. v. 15.5.2011 – 7 A 3.11 –. Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 – (Abl. vorl. Rechtsschutzes), DVBl. 2010, 1300 ff m. Anm. von Neumann, jurisPR-BVerwG 22/2010 Anm. 1, Naujoks DVBl. 2010, 1450 ff und Greinacher, N&R 2011, 39 ff Vgl. auch Weyer, N&R 2011, 64, 74. 118 Zur Abwägung als Wesensmerkmal rechtsstaatlicher Planung vgl. grds. Erbguth, UPR 8/2010, 281 ff; Dimensionen der Abwägung bei Steinberg/Berg/Wickel, § 3, S. 218 ff, Rn 86 ff. 119 Diese Voraussetzung fordert das BVerwG in std. Rspr, vgl. dazu Jarass, N&R 2004, 69 ff; Greinacher, ZUR 2011, 305, 307 f m. w. N. Anwendung für einen Fall des EnLAG: BVerwG B. v. 24.5.2012 (Südwestkuppelleitung, LVerwAmt Thüringen) 7 VR 4.12 Tz 18. 120 Auf die praktischen Probleme, die das häufig aufwirft, weist Schirmer, DVBl 2010, 1350 f hin. 121 Entwurf v. 10.5. 2005, Kabinettsache Datenblatt Nr. 15/12108. 122 Anders Schirmer, allerdings nicht mit überzeugender Begründung, DVBl. 2010, 1351. Lecheler/Steinbach
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EnLAG § 1
Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Eine wortlautgleiche Formulierung findet sich in § 1 S. 3 NABEG und § 1 Abs. 1 S. 3 BBPlG. Diese Feststellung ist insbesondere mit Blick auf §§ 34 Abs. 3 und 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatschG relevant, die Ausnahmeregelungen im Fall einer gebietsschutzrechtlichen Unverträglichkeit des Vorhabens oder eines artenschutzrechtlichen Verbots gem. § 44 BNatSchG vorsehen.123 Die Planrechtfertigung besteht dann allerdings nicht, wenn die Verwirklichung des Vor- 127 habens bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses objektiv ausgeschlossen ist.124
b) Nicht abschließende Liste. Die Auflistung der betreffenden Vorhaben im Anhang zum 128 EnLAG ist von ihrem Umfang her nicht abschließend, aber für die Rechtswirkungen der aufgenommenen Vorhaben: Die Gesetzesbegründung hält ausdrücklich fest, dass eine Pflicht zur Erstellung (und damit auch zur Erweiterung) des Bedarfsplans nicht besteht.125 Vorhaben, die nicht in den Bedarfsplan aufgenommen worden sind, können trotzdem nach 129 den allgemeinen planungsrechtlichen Anforderungen realisiert werden. Für sie muss allerdings „die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und insbesondere ihre Vereinbarkeit mit den Zielen des § 1 EnWG“ wie bisher von den Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsbehörden eigens geprüft und bejaht werden.
3. Abs. 3 Rechtszug Abs. 3 bedeutet, dass das BVerwG in Leipzig für „sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren“ dieser Vorhaben betreffen, im ersten und letzten Rechtszug entscheidet. Der normale Instanzenweg ist im Interesse der Beschleunigung126 für die aufgelisteten Vorhaben verkürzt und damit voraussichtlich auch beschleunigt worden, solange das BVerwG nicht unter einer zu großen Fülle von Verfahren zu leiden hat. Die dafür notwendige Ergänzung der Nr. 6 des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO hat Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze vorgenommen. Im Gesetzgebungsverfahren war diese Entscheidung umstritten. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme127 um eine Überprüfung gebeten und für die Zukunft ganz allgemein um einen „zurückhaltenderen Gebrauch“ dieser Möglichkeit. Die Bundesregierung hat aber in ihrer Gegenäußerung128 nach Prüfung der Stellungnahme des Bundesrates unter Hinweis auf die energiewirtschaftliche Bedeutung der in Aussicht genommen Projekte an ihrer Auffassung festgehalten. Sie hat überdies auch die Auffassung vertreten, der Charakter der Ausnahmeregelung bleibe trotz dieser neuerlichen Ausweitung erhalten. In der Literatur bleibt diese Entscheidung für die erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG umstritten.129 Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wird durch diese Neuregelung jedenfalls nicht verletzt.
123 Vgl. § 1 NABEG, Rn 20 ff.; § 43 EnWG Rn 122 ff. 124 BVerwG Gerichtsbescheid v. 21.9.2010 – 7 A 7.10 – unter Verweis in Tz 17 auf die Ausführungen im Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 –.
125 BT-Drucks. 16/10491 S. 16 re. Sp. oben. 126 Darauf verweist die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/10491 auf S. 19 re. Sp. unter Bezugnahme auf den Grundsatzbeschluss des BVerfG v. 10.6.1958 (– 2 BvV 1/56 –), amtl. Slg. Bd. 8, S. 174 ff. 127 BT- Drucks.16/10491, S. 22. 128 BT- Drucks.16/10491, S. 23. 129 Vgl. insbesondere Holznagel/Nagel, DVBl. 2010, 669, 672; die Autoren halten diese Entscheidung trotz der „insoweit deutlichen Rechtsprechung des BVerfG“ (sie beziehen sich zutreffend auf die std. Rspr. BVerfGE 8, 174, 177 bis E 104, 220, 231 = DVBl. 2002, 688) für „einen Schritt in die falsche Richtung“. 45
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4. Abs. 4 134 Energie-„Anlagen“ werden in § 3 Nr. 15 EnWG definiert als Anlagen „zur Fortleitung oder Abgabe von Energie“. Sie werden in umfassendem Sinn verstanden, anders als in § 49 EnWG, der nur dasjenige erfasst, das der Sicherheit dient. Zu den notwendigen Anlagen gehören sämtliche tatsächlichen Vorrichtungen zum Transport und zur Verteilung von Energie (also z. B. Schalt-, Umspann- und Umformanlagen).130 „Notwendige Anlagen“ sind alle diejenigen, die für den Betrieb und den notwendigen Ausbau der Leitung technisch unverzichtbar sind, um die Aufgabe des Transports und der Verteilung der erzeugten elektrischen Energie zu erfüllen. Die Interpretation dieser Begriffe kann sich an § 9 Abs. 2 EEG vom 25.10.2008131 anlehnen, 135 der die Reichweite der Pflicht der Netzbetreiber zur Erweiterung der Netzkapazität umschreibt und der von den späteren Änderungen des EEG132 nicht berührt wird. Darunter fallen grds. auch die notwendigen Netzverknüpfungspunkte. Sie sind in § 5 Abs. 1 136 EEG definiert als die Stellen, an denen Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energien technisch und wirtschaftlich am Günstigsten an das Netz des abnahmepflichtigen ÜNB anzuschließen sind. Diese exemplarische und nach der Zielsetzung des EnLAG auch typische Verknüpfungsform kann auch ganz allgemein auf die Verbindung von Netzen ausgeweitet werden. „Notwendige Änderungen“ an den Netzverknüpfungspunkten liegen also dann vor, wenn 137 ohne sie die Ziele des EnLAG (siehe Abs. 1) und des § 1 EnWG nicht erreicht werden können.
5. Abs. 5 138 Die Definition in Abs. 5 wird nicht näher begründet. Sie zielt möglicherweise auf den raumordnerischen Spielraum ab, der bei der Projektprüfung durch die zuständigen Behörden bleibt. Ihnen ist mit dieser Beschreibung jedenfalls keine konkrete Linienführung vorgeschrieben und auch noch nicht der „grobe Verlauf der Trassen“.133 Der Gesetzgeber hat lediglich die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der nur in den Anfangs- und Endpunkten festgelegten Leitungsvorhaben festgelegt. Die planerische und raumordnungsrechtliche Realisierung134 hat er dem Zusammenwirken von Vorhabensträger und zuständiger Landesbehörde überlassen.
130 BK-EnR/Boesche, § 3 Rn 31. Einen Überblick über Fortleitungsanlagen gibt der Abschnitt III der Anlage 1 (zu § 6 – Abschreibung „betriebsnotwendiger Anlagegüter“) zur StromNEV v. 25.7.2005, zuletzt geändert durch Art. 4.
131 BGBl. 2008 I S. 2074. 132 Zuletzt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien v. 28.7.2011 BGBl. I S. 1634.
133 So aber Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351 li. Sp.; wie hier Weyer, Netzausbau in Deutschland, Arbeitspapier 05/ 2011, S. 10. 134 Zum Planungsablauf (Trasse im RO-Verfahren, Leitungsstrasse i, Planfeststellungsverfahren) vgl. eingehend Weyer, Netzausbau in Deutschland, Arbeitspapier 05/2011, S. 6, 10 und 16 ff. Lecheler/Steinbach
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§2 (1) Um den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz als Pilotvorhaben zu testen, können folgende der in der Anlage zu diesem Gesetz genannten Leitungen nach Maßgabe des Absatzes 2 als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden: 1. Abschnitt Ganderkesee – St. Hülfe der Leitung Ganderkesee – Wehrendorf, 2. Leitung Diele – Niederrhein, 3. Leitung Wahle – Mecklar, 4. Abschnitt Altenfeld – Redwitz der Leitung Lauchstädt – Redwitz, 5. Rheinquerung im Abschnitt Wesel – Utfort der Leitung Niederrhein – Utfort – Osterath, 6. Leitung Wehrendorf – Gütersloh. Als Erdkabel im Sinne des Satzes 1 gelten alle Erdleitungen einschließlich Kabeltunnel und gasisolierter Rohrleitungen. (2) Im Falle des Neubaus ist auf Verlangen der für die Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde bei den Vorhaben nach Absatz 1 eine Höchstspannungsleitung auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Erdkabel zu errichten und zu betreiben oder zu ändern, wenn 1. die Leitung in einem Abstand von weniger als 400 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 des Baugesetzbuchs liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen, 2. die Leitung in einem Abstand von weniger als 200 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuchs liegen, 3. eine Freileitung gegen die Verbote des § 44 Absatz 1 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verstieße und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Absatz 7 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist, 4. eine Freileitung nach § 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unzulässig wäre und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Absatz 3 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist oder 5. die Leitung eine Bundeswasserstraße im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeswasserstraßengesetzes queren soll, deren zu querende Breite mindestens 300 Meter beträgt; bei der Bemessung der Breite findet § 1 Absatz 6 des Bundeswasserstraßengesetzes keine Anwendung. Der Einsatz von Erdkabeln ist auch dann zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht auf der gesamten Länge des jeweiligen technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitts vorliegen. Zusätzlich ist auf Verlangen der für die Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde im Falle des Absatzes 1 Nummer 4 im Naturpark Thüringer Wald (Verordnung über den Naturpark Thüringer Wald vom 27. Juni 2001, GVBl. für den Freistaat Thüringen S. 300) bei der Querung des Rennsteigs eine Höchstspannungsleitung auf einem technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt als Erdkabel zu errichten und zu betreiben oder zu ändern. Um den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz auf einer längeren Strecke als Pilotvorhaben zu testen, kann zusätzlich ein 10 bis 20 Kilometer langer Teilabschnitt des Abschnitts Wahle – Lamspringe der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Leitung auf Antrag des Vorhabenträgers als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden. (3) Für die Vorhaben nach Absatz 1 kann ergänzend zu § 43 Satz 1 Nummer 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ein Planfeststellungsverfahren auch für die Errichtung und den 47
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§ 2 EnLAG
D. Kommentierung im Einzelnen
Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels nach Maßgabe des Teils 5 des Energiewirtschaftsgesetzes durchgeführt werden. (4) Vor dem 31. Dezember 2015 beantragte Planfeststellungsverfahren werden nach den bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende geführt. Sie werden nur dann als Planfeststellungsverfahren in der ab dem 31. Dezember 2015 geltenden Fassung dieses Gesetzes fortgeführt, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt. (5) Die Übertragungsnetzbetreiber ermitteln die Mehrkosten für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Erdkabeln im Sinne des Absatzes 1, die in dem Übertragungsnetz des jeweiligen Übertragungsnetzbetreibers in einem Kalenderjahr anfallen. Die Mehrkosten sind pauschal auf der Grundlage von Standardkostenansätzen im Vergleich zu einer Freileitung auf derselben Trasse zu ermitteln. Die nach den Sätzen 1 und 2 ermittelten Mehrkosten aller Übertragungsnetzbetreiber werden addiert, soweit sie einem effizienten Netzbetrieb entsprechen. Die so ermittelten Gesamtkosten für Erdkabel sind anteilig auf alle Übertragungsnetzbetreiber rechnerisch umzulegen. Der Anteil an den Gesamtkosten, der rechnerisch von dem einzelnen Übertragungsnetzbetreiber zu tragen ist, bestimmt sich entsprechend § 28 Absatz 2 und 3 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2498), das durch Artikel 9 des Gesetzes vom 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 225) geändert worden ist. Soweit die tatsächlichen Mehrkosten eines Übertragungsnetzbetreibers für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Erdkabeln im Sinne des Absatzes 1 seinen rechnerischen Anteil an den Gesamtkosten übersteigen, ist diese Differenz finanziell auszugleichen. Die Zahlungspflicht trifft die Übertragungsnetzbetreiber, deren tatsächliche Kosten unter dem rechnerisch auf sie entfallenden Anteil an den Gesamtkosten liegen, jedoch nur bis zu der Höhe des auf sie jeweils rechnerisch entfallenden Anteils an den Gesamtkosten. Die Übertragungsnetzbetreiber ermitteln den Saldo zum 30. November eines Kalenderjahres.
1. Umfang, Zweck und Verpflichtungsgehalt der Verkabelungsregelung 139 Zweck und Verpflichtungsgehalt der Verkabelungsregelung in § 2 sind schon nach seinem Wortlaut eindeutig: Der Einsatz von Erdkabeln auf Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz soll als Pilotvorhaben getestet werden. Auch die amtliche Begründung bestätigt das.135 Ebenso klar wurden in der Begründung die 140 Erwägungen dargelegt, die den Bundesgesetzgeber dazu veranlasst haben, Erdverkabelung auf Höchstspannungsebene jedenfalls derzeitig unter Ausschluss divergierender Landesgesetze ausschließlich an sich zu ziehen.136 Zu diesem Zweck „können“ aus den in der Anlage zu diesem Gesetz genannten Leitungen 141 die in § 1 aufgezählten sechs Leitungsvorhaben als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden (in der ersten verabschiedeten Fassung des EnLAG waren es noch vier Pilotvorhaben). Das EnLAG führt dabei mit seinen Ansätzen zu einer Bedarfsplanung die bundesrechtlichen Regelungen auf dem Gebiet der Hoch- und Höchstspannungsleitungen über die mit dem InfrPBG vom 16.12.2006137 erfolgte Ergänzung des § 43 Abs. 1 S. 3 EnWG hinaus fort,138 indem es nach § 2 den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz 135 BT-Drucks. 16/10491, S. 9 ff Unter B (Zu den einzelnen Vorschriften, Art. 1 (EnLAG) Nr. 2) wird darauf verwiesen, dass mit der Verkabelung im Höchstspannungsübertragungsnetz bisher „nur wenige Erfahrungen gesammelt werden“ konnten. Die Regelung soll „den Einsatz von Erdkabeln in der Fläche ermöglichen“ (BT-Drucks. 16/10491, S. 16 re. Sp.). 136 BT-Drucks. 16/10491, B 5. 137 BGBl. 2006 I S. 2833. 138 Vgl. näher Lecheler, RdE 2010, 41 ff. Lecheler/Steinbach
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D. Kommentierung im Einzelnen
EnLAG § 2
in den (abschließend) genannten Leitungsvorhaben gestattet, um Erfahrungen auf dieser Spannungsebene zu sammeln. Inzwischen sieht aber auch das später verabschiedete BBPlG den Einsatz von Erdkabeln vor.139 Nach der amtlichen Begründung sollte das Gesetz regeln, „unter welchen Voraussetzungen“ 142 die Verkabelung erfolgen darf. Trotzdem blieben die Voraussetzungen und der Umfang der Verkabelung auf der Höchstspannungsebene außerordentlich umstritten. Das hat die Diskussion in der Literatur wie auch das Verfahren beim Erlass des Gesetzes zur Änderung des § 2140 gezeigt.
2. § 2 Abs. 1: Ausgewählte Vorhaben a) Im Grundsatz Auswahlfreiheit des Vorhabenträgers. § 2 Abs. 1 wählt unter den in der 143 Anlage aufgeführten Leitungsvorhaben die ausdrücklich genannten sechs Vorhaben aus, die „nach Maßgabe des Abs. 2 als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden können“ (nicht müssen), um den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz „als Pilotvorhaben zu testen“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 1). Die Freiwilligkeit der ÜNB belegen sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch die klare Aussage der Gesetzesbegründung141 eindeutig. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der amtlichen Begründung ist also ein Hinweis auf eine entsprechende Verpflichtung des Vorhabensträgers zu entnehmen. Eine Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus der Optimierungs- und Verstärkungspflicht der Netzbetreiber in § 11 EnWG, da diese Regelung lediglich die Klarstellung einer bereits nach bisherigem Recht bestehenden Verpflichtung bedeutet, aber keine Ausweitung oder Verschärfung dieser Pflicht.142 Der Gesetzgeber des EnLAG hat sich also in der Frage der Verkabelung von Höchstspannungsleitungen für eine bloße Anreizlösung entschieden, wie § 21a Abs. 4 S. 3 EnWG verdeutlicht, der auch durch das Änderungsgesetz143 nicht verändert wurde. Das ist auch systemgerecht, denn die Netzbetreiber und nicht der Staat tragen die Investitionsverantwortung.144 Durch das Änderungsgesetz vom 21.12.2015 wurden die bis dahin vier Pilotvorhaben um zwei weitere ergänzt: die Rheinquerung im Abschnitt Wesel – Utfort der Leitung Niederrhein – Utfort – Osterath (Nummer 5) und die Einführungen in die Umspannanlage Lüstringen der Leitung Wehrendorf – Gütersloh (Nummer 6). Diese Vorhaben wurden ausgewählt, weil sie sich aufgrund ihrer technischen Herausforderungen für die Überprüfung unterirdischer Leitungssysteme besonders anbieten, weil sie die Kreuzung einer Wasserstraße bzw. die Integration von Umspannanlagen in dichten Besiedlungen betreffen.145
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b) Auswahl der Erdkabeltechnologie. Sowohl im EnLAG (§ 2 Absatz 1 Satz 2 EnLAG) als auch 148 im BBPlG (§ 2 Absatz 3 Satz 2 BBPlG) wurde eine Erweiterung des Erdkabelbegriffs eingeführt, um im Rahmen der Pilotvorhaben auch Erfahrungen zum Einsatz mit anderen technischen Lösungen zur unterirdischen Verlegung von Höchstspannungsleitungen zu sammeln. Ihr Einsatz könnte vielversprechend sein im Hinblick auf die unterschiedlichen topographischen Herausforderungen, etwa die komplexe Kreuzung einer großen Wasserstraße oder die Einführung von 139 Vgl. dazu ausführlich unten die Kommentierung von Peter Franke zum BBPlG. 140 BT-Drucks. 16/10491, B 5. Bei der Zurückweisung des Antrags des Wirtschaftsausschusses des BR auf Einberufung des Vermittlungsausschusses war Berichterstatter in der Plenarsitzung am 27.1.2011 der niedersächsische Minister für Umwelt und Klimaschutz. 141 BT-Drucks. 16/10491 v. 7.10.2008, S. 16. 142 Amtl. Begr. (siehe Fn 6), S. 18 bei Art. 2 zu Nr. 1; so auch Rufin, ZUR 2009, 66, 72. 143 BGBl. 2011 I S. 338, dort Art. 5. 144 Näher dazu Lecheler, DVBl. 2007, 713, 718. 145 BT-Drucks. 18/4655, 36. 49
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D. Kommentierung im Einzelnen
Höchstspannungsleitungen in Umspannanlagen in dicht besiedelten Bereichen. Die Einsatzmöglichkeiten werde deshalb auf Kabeltunnel, Kabelbauwerke wie Düker oder gasisolierte Rohrleiter (GIL) erweitert.146
149 c) Planfeststellungsverfahren. Die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens147 liegt dabei (wie bei § 43 Abs. 1 EnWG) in der Hand der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Sie kann dieses Verfahren aber erst einleiten, wenn vom Träger des Vorhabens ein entsprechender Antrag gestellt ist. 150 Im Planfeststellungsverfahren ist ein raumbezogenes Vorhaben mit dem Ziel zu prüfen, den Plan (d. h. die Art, Beschaffenheit, Lage und Ausführung des Vorhabens) unter Abwägung und Ausgleichung des Anspruchs des Vorhabenträgers, des öffentlichen Interesses und der rechtlich geschützten Interessen der durch das Vorhaben betroffenen Dritten nach einem förmlichen Verwaltungsverfahren den Plan „festzustellen“.148 Im Gegensatz zu Raumordnung und Landesplanung übt die Exekutive hier Aufgaben der 151 Fachplanung im Einzelfall aus.149 Die Planfeststellungsbehörde stellt auf der Grundlage des Antrags des Vorhabenträgers, des Ergebnisses des Anhörungsverfahrens (soweit dieses nicht entfallen kann) und der diversen Behördenstellungnahmen sowie des Ergebnisses der Raumordnungs- und der UVP-Prüfung die Zulässigkeit des Vorhabens fest und entscheidet ggf. über die vom Vorhabenträger zu beachtenden Bedingungen und Auflagen. Diese feststellende Entscheidung ist eine Rechtmäßigkeitskontrolle und keine Fortsetzung 152 des Planungsverfahrens mit der Planfestellungsbehörde als verantwortlichem Planungsträger.150 Das eigentliche Planungssubjekt ist der Vorhabenträger,151 wobei in der Praxis Absprachen zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde allerdings nicht selten sind.
153 d) Abwägungsspielraum der Planfeststellungsbehörde. Inwieweit der Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung ein eigenes Planungsermessen zusteht, ist im allgemeinen Planungsrecht im Einzelnen sehr umstritten.152 Die Antwort auf diese Frage ergibt sich hier allerdings aus dem einschlägigen Fachplanungsrecht, also dem EnWG bzw. dem das EnWG spezialisierenden EnLAG. Angemessener ist es, von einem eigenen Abwägungsspielraum zu sprechen bei der Aufgabe, die fachgesetzlich in § 43 Abs. 1 S. 2 EnWG gebotene Abwägung von privaten und öffentlichen Interessen eigenständig, wenn auch den Antrag nachvollziehend und nicht abändernd, vornehmen zu können. Inwieweit die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung zu einer 154 Einbeziehung von möglichen Alternativen berechtigt ist, war und ist im allgemeinen Planungsrecht im Einzelnen sehr umstritten.153 Für naheliegende Alternativen wird das überwiegend angenommen, doch bei Verkabelungen auf der Höchstspannungsstufe kann von „naheliegenden“ Alternativen sicher nicht gesprochen werden.
155 e) Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-Prüfung. Eine spezielle Regelung für das Planfeststellungsverfahren bei EnLAG-Verfahren enthält § 43b Nr. 1b EnWG, nach dem für ein bis zum 146 147 148 149 150 151 152 153
BT-Drucks. 18/4655, S. 36. Zum Ablauf näher Greinacher, ZUR 2011, 305, 307 ff; Henning/Lühmann, UPR 2012, 81, 83 ff. Vgl. Erichsen/Badura, § 39 Rn 14; Steinberg/Berg/Wickel, § 3 Rn 87 f. Erichsen/Badura, Rn 16. Steinberg/Berg/Wickel, Rn 88. So auch Steinberg/Berg/Wickel, Rn 87. Vgl. die Nachweise bei Steinberg/Berg/Wickel, Rn 88. Näher dazu Steinberg/Berg/Wickel, Rn 89 und 121 ff.
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31.12.2010 beantragtes Vorhaben (lit. a) bzw. für ein Vorhaben, das in der Anlage zum EnLAG aufgeführt ist (lit. b), die Öffentlichkeit ausschließlich entsprechend § 9 Abs. 3 des UVPG einbezogen wird mit der Maßgabe, dass die Einwendungen und Stellungnahmen innerhalb eines Monats nach der Einreichung eines vollständigen Plans zu gewähren ist.
f) Gesetzliche Grenzen. Der Planfeststellungsbehörde sind aber jedenfalls gesetzliche Gren- 156 zen gezogen (z. B. § 1 EnWG (Kostengünstigkeit, Grenzwerte des BImSchG und seiner Verordnungen154). Solange man bei der Verkabelung auf der Höchstspannungsstufe nicht davon sprechen kann, dass eine solche „Stand der Technik“ sei,155 kann die Planfeststellungsbehörde den Vorhabenträger auch nach dem novellierten Gesetz nicht zu einer solchen verpflichten. Die Änderung läuft in diesem und in vergleichbaren Fällen also leer.
g) Übergangsvorschriften. Das EnLAG selbst sieht keine Übergangsbestimmungen vor, nach 157 denen es zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens auf bereits begonnene Verfahren keine Anwendung fände. Nach allgemeinen planungsrechtlichen Grundsätzen kommt es für die Rechtmäßigkeit ei- 158 nes Planfeststellungsbeschlusses auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses an.156 Art. 2 (Änderung des EnWG) des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspan- 159 nungsnetze157 trifft aber eine Übergangsregelung unter Nr. 10, die dem damals geltenden § 118 EnWG zwei neue Abs. 5–7 anfügt, die durch das Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 26.7.2011158 zwar wieder stark modifiziert wurden, in den hier bedeutsamen, neu eingefügten Abs. 5 und 6 unter der veränderten Absatz-Zählung 4 und 5 im derzeit geltenden EnWG (Juni 2012) erhalten geblieben sind. Danach werden vor dem 26.8.2009 beantragte Verfahren nach den bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende geführt. Weiter wurde mit dem Änderungsgesetz vom 21.12.2015 in § 2 Absatz 4 EnLAG eine Über- 160 gangsregelung eingeführt. Danach soll für vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 21.12.2015 beantragte Planfeststellungsverfahren grundsätzlich das alte Recht (und somit insbesondere nur die Kriterien der Siedlungsannäherung) maßgeblich sein. Diese Regelung dient der Rechtssicherheit; laufende Projekte sollen nicht von vorn aufgerollt werden. Dieser Grundsatz steht zur Disposition des Vorhabenträgers. Er kann auch in laufenden Planfeststellungsverfahren die Geltung der neuen Kriterien, neue technische Lösungen wie Kabeltunnel und GIL sowie eine Teilerdverkabelung für die neuen Pilotvorhaben beantragen, wenn dies zur Lösung einschlägiger Konflikte sachgerecht erscheint. Damit wird die Abgrenzung zu Abs. 2 deutlich, der für den Einsatz der Erdkabeltechnologie auf das Verlangen der zuständigen Behörde abstellt.
154 Dazu Greinacher, ZUR 2011, 305, 309. 155 Nach der – durchaus bedenkenswerten – Auffassung der (abgelehnten) Empfehlung des Bundesratsausschusses Wirtschaft BR-Drucks. 32/1/11 zu Punkt 8 der 879. Sitzung des BR am 11.2.2011 (S. 2), das ÄnderungsG zum EnLAG abzulehnen, schon „weil Erdkabel im Höchstspannungsbereich nicht dem Stand der Technik entsprechen.“ Vgl. auch den Abschlussbericht des Europäischen Koordinators Adamovitsch (Brüssel, Juli 2009) zur „Salzburgleitung“: „Ob eine Technologie als ‚Stand der Technik‘ angesehen wird, hängt davon ab, ob diese im Einsatz erprobt und deren Funktionsweise erwiesen ist“. (Adamovitsch, „Salzburgleitung“, S. 14). 156 Std. Rspr. des BVerwG, vgl. Beschl. v. 24.5.2012 – 7 VR 4.12 – (Thüringer Strombrücke) Tz 19 m. w. N. 157 BGBl. 2009 I S. 2870, 2874. 158 BGBl. 2011 I S. 1554. 51
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3. § 2 Abs. 2 (bedingter Verkabelungszwang auf Verlangen der Behörde) 161 a) Anwendungsbereich. § 1 Abs. 1 differenziert bei der Zielsetzung der Vorhaben zwischen einer „Anpassung“ und dem „Ausbau“ der Übertragungsnetze. Der dem Gesetz als Anhang beigefügte Bedarfsplan unterscheidet zwischen Neubau,159 Zubeseilung und Umrüstung. Für den derzeit wohl wichtigsten Fall des Neubaus bestimmte Abs. 2 des § 2 in der ur162 sprünglichen Fassung des EnLAG vom 21.8.2009,160 dass eine Höchstspannungsleitung nach Abs. 1 auf einem „technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden“ kann, wenn (vereinfacht ausgedrückt) die Leitung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans in einem Abstand von weniger als 400m zu Wohngebäuden (Nr. 1) bzw. weniger von 200m im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB (Nr. 2) verläuft bzw. den Rennsteig im Naturpark Thüringer Wald quert.
163 b) Einschränkung der Wahlfreiheit. Auch wenn sich die ÜNB nach Abs. 1 nicht für eine Verkabelung entscheiden, so sind sie bei der Ausführung ihres Leitungsvorhabens doch an die im ersten Änderungsgesetz161 in Abs. 2 vorgesehenen Einschränkungen gebunden, sofern es sich um einen Neubau handelt und dieser Wohngebäude und besondere Schutzgebiete tangiert (und seit dem zweiten Änderungsgesetz auch bei Betroffenheit des Bundesnaturschutzes und Bundeswasserstraßen162). Die für die Zulassung zuständige Landesbehörde kann dann unter den verschärften Voraussetzungen des Abs. 2 die Verkabelung verlangen – es bleibt also wie das BVerwG festgestellt hat auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eine Ermessensentscheidung der Behörde.163 164 Damit hat sich die Frage, inwieweit die Planfeststellungsbehörde das im Wege der Abwägungsentscheidung auch schon vorher unter der Geltung der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 21.8.2009 gekonnt hätte,164 z. T. erledigt. 165 Diese Wahlfreiheit der ÜNB wurde für die Fälle des Abs. 2 im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgehoben und der zuständigen Behörde anvertraut. 166 Die Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 26.1.2011165 zum Änderungsgesetz des EnLAG hat darauf verwiesen, dass „mit der Änderung klargestellt wird, dass es die zuständige Landesbehörde ist, die eine Teilverkabelung auf einem technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt verlangen kann, wenn die in Satz 1 oder 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Damit sollen verfahrensverzögernde Auseinandersetzungen darüber vermieden werden, ob der Vorhabensträger oder die zuständige Behörde die teilzuverkabelnden Abschnitte auf den Pilotstrecken bestimmt“.166 Diese Begründung lässt aus pragmatischen Gründen aber außer Acht, dass damit insoweit 167 die Exklusivität des Bundes über die Verkabelung der Pilotprojekte buchstäblich teilweise (näm159 Die Bezeichnung „Ersatzneubau“ anstatt „Neubau“ ist bei „gleich bleibender Zielsetzung“ des Vorhabens nach Auffassung des BVerwG (Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 –) „ohne Bedeutung“ (darauf bezieht sich auch der Gerichtsbescheid 7 A 7.10). Ob das in der Sache zutrifft, ist allerdings fraglich. Näher liegt es wohl, auf die vorherige tatsächliche Situation (existiert schon eine Leitung und wenn ja, welche?) und auf den Charakter der Baumaßnahme selbst (näher am Neubau oder an Umrüstung?) und nicht auf die Zielsetzung abzustellen. 160 BGBl. 2009 I S. 2870. 161 Siehe oben Fn 38. 162 Siehe oben Rn 55 ff. 163 BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 bis 4 A 6.16, Rn 44; siehe auch Ruge/Schirmer, ZUR 2018, 399, 409. 164 Die Empfehlung des Bundesratsausschusses Wirtschaft BR-Drucks. 32/1/11 zu Punkt 8 der 879. Sitzung des BR am 11.2.2011 (S. 3), meint (allerdings im Widerspruch zu seinen vorherigen Ausführungen und auch zu Unrecht), dass die Planfeststellungsbehörde diese Entscheidung auch ohne Änderung des § 2 Abs. 2 schon nach bisher geltendem Recht treffen könnte. 165 BT-Drucks. 17/4559 (zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 17/3983). 166 BT-Drucks. 17/4559, S. 6 re. Sp. Lecheler/Steinbach
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lich abschnittsweise) in die Hand der Länder zurückgegeben wird, deren Behörden für die Planfeststellung zuständig sind. Auch eine abschnittsweise Verkabelung auf dem Gebiet nur eines Landes wirkt aber ange- 168 sichts der Bedeutung gerade dieser Frage über ein einzelnes Land und seine Raumordnungskompetenz hinaus. Dass die Entscheidung über die (auch abschnittsweise) Verkabelung einer Leitung über den 169 Raum des Landes hinaus Bedeutung hat, zeigen auch ihre finanziellen Folgen. Nach § 2 Abs. 3 (dazu unten) werden die nach den dortigen Vorgaben ermittelten Kosten für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Erdkabeln auf alle ÜNB umgelegt. Die Behörden eines Landes können insoweit andere Länder an der Tragung der finanziellen Lasten einer von ihr allein gewünschten Regelung beteiligen.
c) Einsatzfälle des Erdkabels. Ein „technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt“167 170 kommt nach der im Gesetzgebungsverfahren zugrunde gelegten Auffassung dann infrage, wenn die Leitung: 1. in einem Abstand von weniger als 400m zu Wohngebäuden im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB errichtet werden soll, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen,168 oder 2. in einem Abstand von weniger als 200m zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB liegen. 3. eine Freileitung gegen die Verbote des § 44 Absatz 1 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verstieße und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Absatz 7 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist, 4. eine Freileitung nach § 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unzulässig wäre und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Absatz 3 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist oder 5. die Leitung eine Bundeswasserstraße im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeswasserstraßengesetzes queren soll, deren zu querende Breite mindestens 300 Meter beträgt; bei der Bemessung der Breite findet § 1 Absatz 4 des Bundeswasserstraßengesetzes keine Anwendung. Bis zum Änderungsgesetz vom 21.12.2015 waren die Einsatzmöglichkeiten auf die Ziffern 1. und 171 2. beschränkt. Inzwischen ist die Verlegung von Erdkabeln nun auch wegen naturschutzrechtlicher Belange (Ziffern 3 und 4) möglich, wenn eine Freileitung gegen bestimmte naturschutzrechtliche Aspekte verstoßen würde. Bezug genommen wird auf die Verbote für den Arten- und Gebietsschutz aus § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 und § 34 Abs. 2 BNatSchG. Diese Verbote können der Umsetzung eines Vorhabens in Freileitungsbauweise entgegenstehen, weshalb sich bei der arten- beziehungsweise gebietsschutzrechtlichen Prüfung regelmäßig die Frage stellt, ob zumutbare Alternativen gegeben sind. Die Erdverkabelung soll nunmehr eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Abs. 7 bzw. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG darstellen. Denn regelmäßig ist jede Beeinträchtigung einer der Erhaltungsziele eines FFH-Gebietes erheblich, so dass das Vorhaben unzulässig ist.169 Fraglich ist immerhin, ob die neue Ziffer 4 tatsächlich einen praktisch relevanten Anwen- 172 dungsbereich entfalten wird. Denn Erdkabel gehen regelmäßig mit erheblichen Eingriffen in bestimmten Bereichen der Natur einher. Zwar dürften Schutzgüter oberhalb des Erdguts geschont werden (z. B. Vögel), hingegen sind die Eingriff in den Boden selbst ungleich höher als 167 Dazu Henning/Lühmann, UPR 2012, 81, 85. 168 Das bestimmt sich nach den §§ 3 (Reine Wohngebiete), 4 (Allgemeine Wohngebiete, die vorwiegend dem Wohnen dienen) und § 4a (besondere Wohngebiete) der BauNVO i. d. F. v. 23.1.1990 BGBl. I S. 132; geändert durch Art. 3 Gesetz v. 22.4.1993, BGBl. I S. 466. 169 De Witt/Durinke, RdE 2015, 235. 53
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D. Kommentierung im Einzelnen
bei der Freileitung, auch weil etwa eine Wiederbepflanzung des Erdguts oberhalb des Kabels mit tiefwurzelnder Vegetation ausgeschlossen sein dürfte. Umstritten sind auch Ausmaß und Konsequenzen der Erderwärmung durch Erdkabel. Ist der Eingriff in das Erdreich somit höher als beim Bau einer Freileitung, dürfte das Kabel zum Schutz von Natura 2000-Gebieten nicht die vorzugswürdige Technologie sein.170 173 Hinzugefügt wurde weiter die Ziffer 5 (Querung von großen Wasserstraßen). Sie ermöglicht eine Teilerdverkabelung, sofern die Leitung eine Bundeswasserstraße im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeswasserstraßengesetzes queren soll. Voraussetzung ist, dass es sich um Bundeswasserstraßen handelt, deren zu querende Breite 300 Meter oder mehr beträgt, wobei insbesondere bundeseigene Ufergrundstücke nach § 1 Absatz 4 des Bundeswasserstraßengesetzes bei der Berechnung der Breite unberücksichtigt bleiben. Aufgrund der Flussbreite wird beim Einsatz von Freileitungen die übliche Spannfeldlänge überschritten, so dass eine technische Sonderlösung erforderlich wird. Auch der Schiffsverkehr kann eine Verkabelung zur vorzugswürdigen Alternative machen. Die Norm wurde maßgeblich für die notwendige Querung von Rhein und Elbe geschaffen.171 174 Unklar war bisher die Auslegung des Begriffs „technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt“. Insoweit dient die mit dem Änderungsgesetz vom 21.12.2015 eingeführte Ergänzung in § 2 Abs. 2 S. 2 EnLAG nach der Intention des Gesetzgebers der Klarstellung. Bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung der Regelung in Abs. 1 S. 1 erscheint die Möglichkeit, eine Leitung als Erdkabel auszuführen, nur dann gegeben, wenn eine der Ziffern 1 bis 5 auf dem gesamten technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt vorliegen. Zudem sah die ursprünglich Gesetzesbegründung zu § 2 Absatz 2 EnLAG vor, dass ein solcher Teilabschnitt eine Länge von mindestens drei Kilometern aufweisen müsse, um ein ständiges Abwechseln von Erdverkabelung und Freileitungsbauweise zu vermeiden.172 In der ersten Änderung des EnLAG hat der Gesetzgeber seine Intention dahingehend konkretisiert, dass ein Teilabschnitt dann als technisch und wirtschaftlich effizient gilt, wenn er mindestens eine Länge von drei Kilometern aufweist, und zwar unabhängig von der Länge der Strecke, auf der die Kriterien auf diesem Streckenabschnitt unterschritten werden.173 Die mit dem zweiten Änderungsgesetz in § 2 Abs. 2 S. 2 EnLAG eingefügte Ergänzung stellt jetzt klar, dass die Kriterien nicht auf dem gesamten technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt vorliegen müssen. 175 Für den in Nr. in Bezug genommenen Begriff des „Wohngebäudes“ wird man nur solche Gebäude fassen können, die dem dauernden Wohnen dienen, also eine auf gewissen Dauer angelegte Gestaltung des häuslichen Lebens voraussetzt – nicht hingegen vorübergehend genutzte Ferienwohnungen und Wochenendhäuser.174 Gleichwohl verbleiben auch hier Unklarheiten: Die Ziffern 3 bis 5 wurden gerade aus dem Grund eingefügt, um eine aus artenschutzrechtlichen Gründen oder aus bundeswasserstraßenbedingten Sachzwang erforderliche Alternative anzubieten. Würde man das Kriterium des „technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitts“ hier strikt anwenden, könnte bei dessen Nichtvorliegen die Alternative entfallen, was wohl kaum im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein dürfte, dem es bei der Einfügung der Ziffern 3 bis 5 um die Konfliktvermeidung im Einzelfall ging. Deshalb sollte das Kriterium in diesen Fällen nicht zur Anwendung kommen.175
170 171 172 173 174 175
Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177, 182. De Witt/Durinke, RdE 2015, 235; Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177, 182. BT-Drucks. 16/10491, S. 16 f. BT-Drucks. 17/4559, S. 6. Mann/Ashrafzadeh, NVwZ 2016, 1443, 1444. Vgl. auch de Witt/Durinke, RdE 2015, 235; anders wohl Schirmer, DVBl. 2016, 285, 289, der die Erdkabel-Alternative schon aufgrund der Mehrkosten ausschließt. Lecheler/Steinbach
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D. Kommentierung im Einzelnen
EnLAG § 2
d) S. 2 des Abs. 2: Querung des Rennsteiges im Thüringer Wald. S. 2 des Abs. 2 ermög- 176 licht es der Planfeststellungsbehörde zusätzlich, eine Teilverkabelung auf einem „technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt“ für die in Abs. 1 Nr. 4 genannte Leitung zu verlangen. Es geht dort darum, unabhängig von Abstandsvorschriften, eine Teilverkabelung für die 177 etwaige Querung des Rennsteiges im Thüringer Wald zu ermöglichen. Diese Regelung soll es ermöglichen, eine Teilverkabelung unter den besonderen geographischen Bedingungen einer Mittelgebirgslandschaft zu testen.176 Bei den übrigen Vorhaben sind Landschaftsschutzgebiete für Freileitungen nicht besonders 178 geschützt.
e) Pilotvorhaben im Abschnitt Wahle – Lamspringe. Das zweite Änderungsgesetz vom 179 21.12.2015 hat mit § 2 Abs. 2 S. 4 EnLAG die Möglichkeit geschaffen, auf Antrag des Vorhabenträgers (und damit eben nicht auf Anordnung der Behörde) einen mindestens 10 km und höchstens 20 km langen Teilabschnitt des Abschnitts Wahle – Lamspringe der Leitung Wahle – Mecklar als Pilotvorhaben zur Erprobung der 380-Kilovolt-Erdverkabelung über längere Strecken zu errichten. Zwar ist die Leitung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 EnLAG bereits als Pilotvorhaben zur (Teil-)Erdverkabelung ausgewiesen gewesen. Allerdings müssen für den bis zu 20 km langen Teilabschnitt die Kriterien nach § 2 Abs. 2 EnLAG nicht erfüllt sein. Ziel des Pilotprojekts ist die Sammlung von Erkenntnissen über das Einsatzverhalten der Technologie auf einem längeren Streckenabschnitt, wie etwa das dynamische Verhalten im Betrieb oder die Systemverfügbarkeit bei erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeit und Ausfalldauer aufgrund zusätzlicher Komponenten.177
4. § 2 Abs. 3: Planfeststellung auf Antrag bei Teilverkabelung von Erdkabeln Für diese Vorhaben nach Abs. 1 kann „ergänzend zu § 43 S. 1 Nr. 1 EnWG ein Planfeststellungsverfahren auch für die Errichtung und Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels nach Maßgabe des Teils V des EnWG“ (§§ 43 ff) durchgeführt werden. Sie sind damit planfeststellungsfähig. Der Verweis „nach Maßgabe des Teils 5 des EnWG“, also dort auf die §§ 43 ff, zeigt eine konstruktive Eigenart: Systematisch hätte es vielleicht näher gelegen, die Regelung unmittelbar dort zu treffen,178 wo in § 43 Nr. 4 auch die bisherigen Neuerungen für eine Planfeststellung für Erdkabel (im Offshore-Bereich mit Küstenanschluss und für 110 kV-Leitungen) und die fakultative Einbeziehung für den Leitungsbetrieb notwendiger Anlagen angesiedelt sind. Für die Regelung im Pilotgesetz für die Verkabelung von 380 kV-Leitungen spricht aber die Zusammenfassung aller diesbezüglichen Regeln in einem Gesetz. In der Sache ist die Einbeziehung der Verkabelung von Teilabschnitten in die durch das EnLAG-Änderungsgesetz eingeführte (mit dem Verlangen der Planfeststellungsbehörde) bedingte Planfeststellungspflicht für die Vorhaben nach Abs. 2 möglich. Die Vorteile der Planfeststellung, vor allem ihre Konzentrationswirkung nach § 43c EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1 VwVfG, der Ausschluss der Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens und die Änderung oder Entfernung der Anlagen nach Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses (nach § 75 Abs. 1a VwVfG) sowie die Einschränkung der Rechtsbehelfe gegen den Planfeststellungsbeschluss (nach § 43e EnWG), liegen auf der Hand.
176 BT-Drucks. 16/10491, S. 16 vorletzter Abs.: „Abs. 3 ermöglicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens mit Teilverkabelung“ (S. 17). 177 BT-Drucks. 18/4655, S. 37. 178 So der berechtigte Vorwurf von Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1353 f. 55
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Fraglich ist nur, ob und inwieweit nicht im konkreten Einzelfall eine raschere Lösung der konkreten Probleme auf dem Wege individueller Gestaltungen, die nicht ausgeschlossen sind, möglich ist. Das muss die Praxis zeigen. Das Gesetz lässt jedenfalls beide Lösungen zu.
5. § 2 Abs. 5: Kosten bzw. Mehrkosten 185 Das Verfahren der bundesweiten Kostenumlegung ist kompliziert geregelt und war im Gesetzgebungsverfahren im Einzelnen auch umstritten. Die Regierungsbegründung179 rechtfertigt das Verfahren, in dem die Mehrkosten für die in Abs. 1 genannten Pilotvorhaben „bundesweit auf alle ÜNB rechnerisch verteilt werden“. Das sei „sachgerecht, da die mit den Pilotverfahren gewonnenen energiewirtschaftlichen Erfahrungen von bundesweiter Bedeutung sind.“ Eine „angemessene Zuordnung der Kosten“ sei dadurch gegeben, dass der „Verteilungsmaßstab an die Länge des jeweiligen Übertragungsnetzes anknüpft.“ Die am Ende beschlossene Fassung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie180 hat 186 die Umlage auf die Mehrkosten beschränkt (während die Regierungsbegründung noch auf „Kosten“ abstellte). Sie sind pauschal auf der Grundlage von Standardkostenansätzen im Vergleich zu einer Freileitung auf derselben Trasse zu ermitteln. „Standardkostenansätze“ (die im Einzelnen sehr unterschiedlich definiert werden) bezeich187 nen standardisierte Plankostenansätze für bestimmte Leistungseinheiten über einen längeren Zeitraum, die zugleich Budgetvorgabe wie auch Maßstab der angestrebten Wirtschaftlichkeit sind und damit die aufwändige Ermittlung von individuellen Ansätzen der zu vergleichenden Vorhaben vermeiden. Die so nach S. 1 und 2 ermittelnden Mehrkosten aller ÜNB werden addiert, soweit sie einem 188 effizienten Netzbetrieb entsprechen. Diese Einschränkung ergibt sich schon aus der allgemeinen Effizienzverpflichtung in § 1 189 Abs. 1 S. 1 EnWG, sodann aus der übertragungsnetzspezifischen Verpflichtung in § 12 Abs. 2 EnWG zu effizientem Betrieb des Netzes und aus den Grundsätzen der Entgeltermittlung in § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG i. V. m. § 4 Abs. 1 StromNEV181 und der Effizienzvorgaben der Anreizregulierung in § 21a Abs. 5 EnWG. Ob diese Mehrkosten der Verkabelung einem effizienten Netzbetrieb entsprechen, stellt die 190 BNetzA bei der Prüfung des Netzentgelts fest. Die so ermittelten Gesamtkosten des Erdkabels sind anteilig auf alle ÜNB rechnerisch umzulegen. Ihr Anteil bestimmt sich nach der Schlussfassung im Ausschuss nicht – wie im Regierungs191 entwurf vorgesehen – nach der Leitungslänge, sondern auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie entsprechend dem Belastungsausgleichsverfahren nach § 9 Abs. 3 KWKG. Soweit die tatsächlichen Mehrkosten eines ÜNB seinen rechnerischen Anteil an den Ge192 samtkosten übersteigen, ist diese Differenz finanziell auszugleichen. Die Zahlungspflicht trifft die ÜNB, deren tatsächliche Kosten unter dem rechnerisch auf sie 193 entfallenden Anteil an den Gesamtkosten liegen, begrenzt durch die Höhe des auf sie jeweils rechnerisch entfallenden Anteils an den Gesamtkosten. Die ÜNB ermitteln den Saldo zum 30.11. eines Kalenderjahres. Eine Begründung für die 194 Wahl dieses Termins wird nicht gegeben. Im Blick auf die hohen umgewälzten Beträge erscheint er aber zu spät. Dies entspricht auch nicht den gesetzlichen Vorgaben für die Ermittlung der Erlösobergrenze gem. § 20 EnWG, die bis zum 15.10. eines Kalenderjahres zu veröffentlichen ist. Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig, dass der im § 2 Abs. 4 S. 8 genannte Termin 179 BT-Drucks. 16/10491, S. 17. 180 BT-Drucks. 16/10491, S. 5 und S. 19. 181 I.d.F. v. 25.7.2005 (BGBl. I S. 2225), zuletzt geändert durch Art. 6 des EnLAG, freilich nicht bei den hier zu prüfenden Vorschriften, sondern vor allem durch Anfügung eines neuen Abs. 6 in § 32 der StromNEV. Lecheler/Steinbach
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zur Ermittlung des Saldos vorgezogen wird. Die Ermittlung des Saldos sollte durch die ÜNB bis spätestens zum 30.8. eines Kalenderjahres erfolgen, um eine fristgerechte Veröffentlichung der Entgelte zu gewährleisten. Durch die Einfügung einer neuen Nr. 14 in § 11 Abs. 2 S. 1 der ARegV durch Art. 4 des Geset- 195 zes zur Beschleunigung des Netzausbaus der Höchstspannungsnetze ist klargestellt, dass die durch diesen bundesweiten Ausgleichsmechanismus als entstehenden Kosten bei der Kostenprüfung als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile anzusehen sind.
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Teil 3 EnWG Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) – Auszug – …
Teil 3 Regulierung des Netzbetriebs Abschnitt 1 Aufgaben der Netzbetreiber …
§ 12a Szenariorahmen für die Netzentwicklungsplanung (1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung erarbeiten alle zwei Jahre einen gemeinsamen Szenariorahmen, der Grundlage für die Erarbeitung des Netzentwicklungsplans nach § 12b und des Offshore-Netzentwicklungsplans nach § 17b ist. Der Szenariorahmen umfasst mindestens drei Entwicklungspfade (Szenarien), die für die nächsten zehn und höchstens 15 Jahre die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abdecken. Eines der Szenarien muss die wahrscheinliche Entwicklung für die nächsten mindestens nächsten 15 und höchstens zwanzig Jahre darstellen. Für den Szenariorahmen legen die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung angemessene Annahmen für die jeweiligen Szenarien zu Erzeugung, Versorgung, Verbrauch von Strom sowie dessen Austausch mit anderen Ländern sowie zur Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 zu Grunde und berücksichtigen geplante Investitionsvorhaben der europäischen Netzinfrastruktur. (2) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung legen der Regulierungsbehörde den Entwurf des Szenariorahmens spätestens bis zum 10. Januar eines jeden geraden Kalenderjahres, beginnend mit dem Jahr 2016, vor. Die Regulierungsbehörde macht den Entwurf des Szenariorahmens auf ihrer Internetseite öffentlich bekannt und gibt der Öffentlichkeit, einschließlich tatsächlicher und potenzieller Netznutzer, den nachgelagerten Netzbetreibern, sowie den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Äußerung. (3) Die Regulierungsbehörde genehmigt den Szenariorahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen zu Inhalt und Verfahren der Erstellung des Szenariorahmens, insbesondere zum Betrachtungszeitraum nach Absatz 1 Satz 2 und 3, treffen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Zweck des Szenariorahmens und des Netzent10 wicklungsplans
III.
Erarbeitung und Vorlage des Szenariorahmens 14 (Abs. 1 S. 1)
IV.
Szenarien (Abs. 1 S. 2 und 3)
V.
Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 25 S. 4)
1 4
59 https://doi.org/10.1515/9783110670516-003
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§ 12a EnWG
VI.
I. Allgemeines
Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur 35 (Abs. 3 Satz 2)
VII. Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Sze36 nariorahmens (Abs. 2) VIII. Genehmigung des Szenariorahmens 41 (Abs. 3)
1. 2. 3. 4.
IX.
Rechtscharakter der Genehmigung 42 Zuständigkeit und Verfahren 44 Inhalt der Genehmigung 46 Rechtsschutz a) Zulässigkeitsvoraussetzungen 49 b) Gerichtszuständigkeit
41
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Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 50 der Fernleitungsnetzbetreiber (§ 15a)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 legt die allgemeinen Anforderungen an die Erstellung und den Inhalt des Szenariorahmens fest. Abs. 2 regelt das Verfahren der Vorlage und der Öffentlichkeitsbeteiligung. Abs. 3 bestimmt, dass der Szenariorahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung von der BNetzA genehmigt wird. Zudem beinhaltet Abs. 3 eine Festlegungsbefugnis.
2. Regelungszweck 2 Die Regelungen der Bedarfsplanung sorgen für eine gemeinsame Netzausbauplanung der ÜNB. Diese gemeinsame Planung soll den Zielen der Investitions- und Versorgungssicherheit Rechnung tragen. Die Erarbeitung eines Szenariorahmens ist Ausgangspunkt für die Bedarfsermittlung. Auf der Grundlage des Szenariorahmens beruhen die weiteren Planungsschritte. Basierend auf den Szenarien wird der Netzentwicklungsplan erstellt. Aus dem Netzentwicklungsplan geht der Ausbaubedarf für die Stromnetze in Deutschland hervor. Der bestätigte Netzentwicklungsplan ist Grundlage des Bundesbedarfsplans. Zudem ist diese Norm Grundlage für die erste Öffentlichkeitsbeteiligung im gesamten Pro3 zess in einem sehr frühen Stadium. Die Regulierungsbehörde gibt der Öffentlichkeit sowie den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Äußerung. Damit kann jedermann frühzeitig auf den Prozess der Netzentwicklungsplanung Einfluss nehmen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung wird der Szenariorahmen genehmigt.
3. Entstehungsgeschichte 4 Die Norm beruht auf europäischen Vorgaben, die den Mitgliedstaaten Spielraum bei der Umsetzung gelassen haben. Art. 22 der RL 2009/72/EG fordert lediglich die Erstellung eines zehnjährigen Netzentwicklungsplans, der sich auf die derzeitige Lage und Prognosen im Bereich von Angebot und Nachfrage stützt. Bei der Erarbeitung sind angemessene Annahmen über die Entwicklung der Erzeugung, der Versorgung, des Verbrauchs und des Stromaustauschs mit anderen Ländern unter Berücksichtigung der Investitionspläne für regionale und gemeinschaftsweite Netze zugrunde zu legen. Konkrete Vorgaben zum Szenariorahmen enthält das europäische Sekundärrecht nicht. Im Gesetzgebungsverfahren forderte der Bundesrat eine stärkere Beteiligung der Landesre5 gulierungsbehörden.1 Diese sollten schon frühzeitig bei der Festlegung des Szenariorahmens
1 BR-Drucks. 343/11, S. 3. Siehe hierzu Rn 35. Heimann
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II. Zweck des Szenariorahmens und des Netzentwicklungsplans
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durch Beteiligungsmöglichkeiten einbezogen werden. Dieser Vorschlag wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren abgelehnt. Mit dem dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften2 wurde 2012 der Offshore-Netzentwicklungsplan3 im EnWG aufgenommen. Dieser ist seit 2018 nicht mehr zu erstellen.4 § 12a ist noch redaktionell anzupassen. Im Jahr 2015 wurde das System der Bedarfsermittlung von einem jährlichen auf einen alle zwei Jahre durchzuführenden Prozess umgestellt. Mit dem ersten Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts5 erfolgte zudem eine Änderung des Betrachtungszeitraums der Szenarien sowie Vorgaben zur zeitlichen Abfolge der Bedarfsermittlung. Mit der weiteren Novelle des EnWG durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz)6 wurde die Spitzenkappung in die für den Szenariorahmen erforderlichen Annahmen aufgenommen. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus7 erfolgte 2019 eine Festlegung des Adressatenkreises für die Netzentwicklung auf Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung.
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II. Zweck des Szenariorahmens und des Netzentwicklungsplans Der Wandel energiepolitischer, regulatorischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und 10 die veränderte Erzeugungsstruktur erfordern eine Anpassung der bestehenden Übertragungsnetze. Schon vor Einführung der Bedarfsermittlung nach §§ 12a ff haben verschiedene Studien belegt, dass ein Ausbaubedarf besteht.8 In welchem Umfang dieser Netzausbau stattzufinden hat, um die energiepolitischen Ziele zu erreichen und insbesondere die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, muss ermittelt werden. Die §§ 12a ff. bilden die Grundlage für eine koordinierte Netzausbauplanung im Bereich des Übertragungsnetzes. Dabei dient der Szenariorahmen als Grundlage für die Netzberechnung.9 Von den Szenarien hängt unmittelbar ab, welche Ausbaumaßnahmen geplant werden.10 Der Netzentwicklungsplan dient der Ausweisung der wichtigen Übertragungsnetzinfrastrukturvorhaben, die in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren errichtet oder ausgebaut werden müssen. Mit dem Netzentwicklungsplan soll eine vollständige und zwischen allen Übertragungsnetzbetreibern in einem strukturierten Verfahren mit mehreren Öffentlichkeitsbeteiligungen abgestimmte und schließlich von der Bundesnetzagentur
2 Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I S. 2730. 3 Siehe hierzu § 17b EnWG. 4 Änderung durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016, BGBl. I S. 2258. Gesetz vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2194. Zu den Änderungen siehe Ruge, EnZW 2015, 497, 499. Gesetz vom 26.7.2016, BGBl. I S. 1786. Gesetz vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. Hierzu Ruge, ER 2019, 125, 139. Hierzu insbesondere dena (Hrsg.), Kurzanalyse der Kraftwerks- und Netzplanung in Deutschland bis 2020 (mit Ausblick auf 2030). Annahmen, Ergebnisse und Schlussfolgerungen, 2008, abrufbar unter www.dena.de; sowie die sog. dena II-Studie: dena (Hrsg.), dena-Netzstudie II – Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im Zeitraum 2015–2020 mit Ausblick auf 2025, 2010, abrufbar unter www.dena.de; dazu auch Prognos/ EWI/GWS, Energieszenarien 2011, Projekt Nr. 12/10, 2011, abrufbar unter www.ewi.uni-koeln.de; Prognos/EWI/GWS, Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung, Projekt Nr. 12/10, 2010, abrufbar unter www.ewi.unikoeln.de. DLR/IWES/IFNE, Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global, „Leitstudie 2010“, 2010, abrufbar unter www.dlr.de. 9 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 10 Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 8.
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III. Erarbeitung und Vorlage des Szenariorahmens (Abs. 1 S. 1)
bestätigte Bedarfsplanung mit dem Ziel eines funktionierenden Gesamtsystems etabliert werden.11 11 Der Szenariorahmen ist Grundlage für die Erarbeitung des Netzentwicklungsplans nach § 12b.12 Um aus dem Szenariorahmen einen Netzentwicklungsplan zu erstellen, sind weitere Schritte erforderlich: Bei der Ermittlung des aus den Szenarien resultierenden Netzausbaubedarfs spielen insbesondere die Regionalisierung, Marktsimulation und Bestimmung der Netzbelastung eine wichtige Rolle.13 Da die Entwicklung des Stromversorgungssystems einem dynamischen Wandel unterliegt, ist die Vorgabe eines einzigen Entwicklungspfades, an dem sich der Netzausbaubedarf zu orientieren hat, nicht ausreichend. Für die Ermittlung, ob eine Leitung benötigt wird, ist die Vorgabe verschiedener Szenarien erforderlich. Daraus werden im Anschluss die Maßnahmen für den Netzentwicklungsplan abgeleitet. 12 Der gesamte Prozess dient der Bedarfsplanung. Der bestätigte Netzentwicklungsplan wird als Entwurf eines Bundesbedarfsplans an die Bundesregierung übermittelt. Vor Einführung der Netzentwicklungsplanung nach den §§ 12 a ff und des Bundesbedarfsplans erfolgte die Bedarfsfestlegung insbesondere durch das EnLAG. Durch die gesetzliche Bedarfsplanung steht in nachfolgenden Planfeststellungsverfahren für die betreffenden Vorhaben die Planrechtfertigung fest und kann daher in Klageverfahren grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden.14 13 Erst für den Bundesbedarfsplan ist eine SUP erforderlich.15 Bei dem Szenariorahmen handelt es sich nicht um einen Plan oder ein Programm im Sinne des § 2 Abs. 5 UVPG. Eine SUP findet in diesem Stadium nicht statt.16
III. Erarbeitung und Vorlage des Szenariorahmens (Abs. 1 S. 1) 14 Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung erarbeiten alle zwei Jahre einen Szenariorahmen. Zuständig sind also die Vorhabenträger der späteren Planungsschritte.17 Der Begriff der ÜNB ist im EnWG definiert. Nach § 3 Nr. 10 handelt es sich um „natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahrnehmen und die verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen“. In Deutschland werden die Übertragungsnetze von der 50 Hertz Transmission GmbH, der Amprion GmbH, der TenneT TSO GmbH und der Transnet BW GmbH betrieben. Das Übertragungsnetz ist in vier Regionen (sog. Regelzonen) aufgeteilt. Für die Netzentwicklungsplanung sind die ÜNB mit Regelzonenverantwortung zuständig. Der Zusatz „mit Regelzonenverantwortung“ wurde 2019 ergänzt. Die Verantwortung und Ausbauplanung für das Übertragungsnetz ist eng verknüpft mit der Verantwortung und Erweiterung in der jeweiligen Regelzone der Betrei-
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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.2020, Az. 3 Kart 739/19 (V), Rn 44. BT-Drucks. 17/6072, S. 68. Siehe hierzu § 12b EnWG Rn 10 ff. Ständige Rspr.: Zur Planrechtfertigung der Vorhaben des EnLAG: BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Beschl. v. 26.9.2013 – 4 VR 1/13, BVerwGE 148, 353; BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14; BVerwG Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 1/16; BVerwG, Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5/17, BVerwGE 161, 263; BVerwG, Urt. v. 26.6.2019 – 4 A 5.18. Zur Planrechtfertigung für Vorhaben des BBPlG: BVerwG Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18/16; Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5/ 17, BVerwGE 161, 263. 15 Siehe hierzu § 12c EnWG Rn 14. 16 So auch Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12a EnWG Rn 10, der betont, dass der Szenariorahmen die vorhandenen Rahmenbedingungen fortschreibt und schlicht abbildet und diese nicht selber setzt oder präjudiziert, so dass die für eine SUP erforderliche Planverbindlichkeit für Klimafolgen aus den Lastannahmen ausgeschlossen werden könne. 17 Siehe hierzu § 3 NABEG Rn 45 ff. Heimann
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III. Erarbeitung und Vorlage des Szenariorahmens (Abs. 1 S. 1)
EnWG § 12a
ber von Übertragungsnetzen. Durch die Beschränkung auf die ÜNB mit Regelzonenverantwortung wird diesem Gedanken Rechnung getragen.18 Die ÜNB mit Regelzonenverantwortung erarbeiten gemeinsam die Grundlage für die bun- 15 desweite Netzausbauplanung der nächsten Jahre. Zur Erstellung des Netzentwicklungsplans trifft sie gem. § 12b Abs. 1 S. 1 eine besondere Kooperationspflicht.19 Dies ist ein Unterschied im Vergleich zur früheren Netzausbauplanung. Die ÜNB sind grds. zur Entwicklung ihres jeweiligen Energieversorgungsnetzes verpflichtet, § 11. Stromnetze sind natürliche Monopole. Nach den letzten Novellierungen des Energiewirtschaftsrechts steht der Wettbewerb immer weiter im Vordergrund. Das bisherige Netz ist vor allem durch historisch gewachsene Erzeugungs- und Verbrauchsstrukturen geprägt. Die Stromerzeugung erfolgte nah an den Verbrauchszentren. Nunmehr ist durch die Abschaltung der Kernkraftwerke, dem vereinbarten Kohleausstieg und durch den Zubau der Erzeugung aus erneuerbaren Energien (vor allem Offshore) eine neue Netzinfrastruktur erforderlich. Große Energiemengen werden lastfern durch fluktuierende Quellen produziert. Dadurch werden die Entfernungen des Leistungstransports wesentlich größer. Zudem führt dies zu hohen Anforderungen an die Flexibilität konventioneller Kraftwerke. Die Erarbeitung des Szenariorahmens ist ein iterativer Prozess. Der Szenariorahmen ist 16 jeweils an die aktuellen technischen und politischen Entwicklungen anzupassen. Die alle zwei Jahre durchzuführende Aktualisierung des Szenariorahmens und der Netzentwicklungsplanung dienen dazu, die Entwicklung des Stromversorgungssystems an Neuerungen anpassen zu können, die von den vorangegangenen Grundannahmen abweichen. Neue Erkenntnisse über zukünftige Entwicklungen können so berücksichtigt werden.20 Der Bundesbedarfsplan ist hingegen, sofern sich keine wesentlichen Änderungen des Netzentwicklungsplans ergeben, nur alle vier Jahre zu erlassen (§ 12e Abs. 1). Der im Jahr 2015 festgelegte Turnuswechsel von einem zu zwei Jahren soll die Nachvoll- 17 ziehbarkeit auf jeder Stufe der Netzplanung und damit die Akzeptanz für den Netzausbau in Deutschland erhöhen.21 Die 2011 verabschiedete Version des EnWG sah eine jährliche Erarbeitung eines Szenariorahmens und des Netzentwicklungsplans vor.22 Dies stellte eine überschießende Umsetzung der Stromrichtlinie dar.23 Art. 22 der Stromrichtlinie sieht die Verpflichtung nur für unabhängige ÜNB (ITO) vor. Im deutschen Recht wurde die Verpflichtung für die ÜNB unabhängig von der gewählten Entflechtungsoption eingeführt.24 In der Praxis führten die jährlichen Planungen zu zeitlichen Überschneidungen, die zu Parallelprozessen führten, etwa wenn bereits vor Bestätigung eines Netzentwicklungsplanes ein neuer Szenariorahmen für den nachfolgenden Netzentwicklungsplan konsultiert wurde.25 Der jährliche Prozess führte zu Mehrfachbelastungen für Netzbetreiber, BNetzA sowie die Adressaten der Beteiligungsverfahren.26 Nunmehr sind die ÜNB verpflichtet, in den Kalenderjahren, in denen kein Netzentwicklungsplan vorzulegen ist, einen Umsetzungsbericht vorzulegen.27 Dieser dient der Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen an die jährliche Feststellung des Marktverschlusses durch vertikal integrierte Transportnetzbetreiber.28 Mit diesen Änderungen werden Anregungen sowohl aus der Öffentlichkeitsbeteiligung als auch von der Agentur für die Zusammenarbeit der Regulie-
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BR-Drucks. 11/19, S. 54. Zur Kooperationspflicht Britz/Hellermann/Hermes/Sötebier, § 11 EnWG Rn 18 ff. BT-Drucks. 17/6072, S. 68. BT-Drucks. 18/4655, S. 19. Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg, § 12a EnWG Rn 11 bezeichnet den jährlichen Turnus als „große Herausforderung“ in der Verwaltungspraxis. 23 Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 404. 24 Für die unabhängigen Netzbetreiber (ISO) gilt Art. 13 der Stromrichtlinie. 25 Hierzu BT-Drucks. 18/4655, S. 1 ff. 26 BT-Drucks. 18/4655, S. 22. 27 Siehe hierzu § 12d EnWG Rn 7 ff. 28 BT-Drucks. 18/4655, S. 2. 63
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§ 12a EnWG
IV. Szenarien (Abs. 1 S. 2 und 3)
rungsbehörden in Europa (ACER)29 und beispielsweise der Umweltministerkonferenz und der Monopolkommission aufgegriffen.30 18 Die ÜNB mit Regelzonenverantwortung legen spätestens bis zum 10. Januar eines jeden geraden Kalenderjahres den Szenariorahmen der Bundesnetzagentur vor.
IV. Szenarien (Abs. 1 S. 2 und 3) 19 Das Gesetz schreibt vor, dass der Szenariorahmen mindestens drei Entwicklungspfade (Szenarien) umfasst, die für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abdecken. Eines der Szenarien muss die wahrscheinliche Entwicklung für die nächsten fünfzehn bis zwanzig Jahre darstellen. Ein Szenario ist ein Entwicklungspfad, an dem sich die Netzentwicklungsplanung orientiert. Es handelt sich um eine wahrscheinliche Entwicklung der Energiewelt. Das Szenario ist damit die Beschreibung einer zukünftigen Situation. Bezogen auf einen Zielzeitpunkt werden die Annahmen zu Erzeugung, Versorgung und Verbrauch von Strom im Vergleich zu einem Referenzzeitpunkt dargestellt. Diese Annahmen beinhalten einen konsistenten Systemzusammenhang von dem Ausgangszeitpunkt bis in die Zukunft. 20 Die Entwicklungspfade müssen, ausgehend vom Zeitpunkt des Entwurfs des zu erarbeitenden Netzentwicklungsplans, die energiewirtschaftliche Entwicklung in den nächsten zehn und höchstens fünfzehn Jahren abdecken. Um die Entwicklungspfade besser auf die politischen Rahmenbedingungen, insbesondere die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2025 und 2035 sowie die Vorgaben des TYNDP, abstimmen zu können, wurde der Betrachtungszeitraum flexibler gestaltet.31 Das bis 2015 gültige starre System mit einem zehnjährigen Betrachtungszeitraum führte dazu, dass sowohl die Eingangsdaten für die Szenarien als auch die politischen Ziele extrapoliert werden mussten.32 Die Bundesnetzagentur hat eine Festlegungskompetenz im Hinblick auf den Inhalt und das Verfahren der Erstellung des Szenariorahmens. Dies umfasst insbesondere den Betrachtungszeitraum für den jeweiligen Szenariorahmen (§ 12a Abs. 3 Satz 2 EnWG). Da das Gesetz nur mindestens drei Szenarien vorsieht, können auch weitere Szenarien hinzukommen. Allerdings sollte sich die Zahl der Szenarien in einem geeigneten Rahmen halten, um die Belastbarkeit der Ergebnisse und die Konstanz über verschiedene Jahre hinweg zu gewährleisten. Die Szenarien müssen so gewählt werden, dass die wahrscheinlichen Entwicklungen abgebildet werden. Falls zusätzlich relevante Erkenntnisse nur mit weiteren Szenarien in den Prozess einfließen können, ist der Rahmen zu erweitern. Dies geschieht beispielsweise durch Sensivitätsbetrachtungen.33 Ein Szenario ist als wahrscheinlich zu erachten, wenn es mit einer hinreichend hohen 21 Realisierungswahrscheinlichkeit verbunden ist und somit das zu entwickelnde Stromnetz in der Zukunft den Anforderungen dieses Szenarios mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit genügt.34 Die Wahrscheinlichkeit ist verknüpft mit den politischen Zielen (explizit genannt sind insbesondere die mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung, 29 30 31 32 33
Empfehlung ACER Stellungnahme 08/2014 vom 4. April 2014. BT-Drucks. 18/4655, S. 20, 22. BT-Drucks. 18/4655, S. 23; Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 8. BT-Drucks. 18/4655, S. 30. Im Rahmen der ersten Genehmigung des Szenariorahmens wurde z. B. zusätzlich aufgenommen, dass die ÜNB zur Analyse von Variationen des Stromverbrauchs und der Jahreshöchstlast verpflichtet sind. Siehe hierzu BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungsplanung nach § 12a Abs. 3 EnWG; Az. 8121-12/Szenariorahmen 2011, S. 3, abrufbar unter www.netzausbau.de. 34 Siehe hierzu beispielsweise BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungsplanung nach § 12a Abs. 3 EnWG, 2011, S. 34; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungspläne Strom 2017–2030, 30. 6.2016, S. 73; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, 15.6.2018, S. 83; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021– 2035, 26.6.2020, S. 16. Heimann
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IV. Szenarien (Abs. 1 S. 2 und 3)
EnWG § 12a
z. B. Zubau erneuerbarer Energien sowie Umweltbelange) und der Fortschreibung der aktuellen Entwicklungen. Da es sich um eine Prognose handelt, kann nicht der eine richtige Entwicklungspfad vorgeben werden. Es lässt sich nicht immer genau bestimmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Randbedingungen eintreten werden. Auch ist nicht einfach zu bestimmen, welche Randbedingungen einfließen müssen und welche nicht.35 Die Vorgabe eines einzigen Entwicklungspfads könnte dazu führen, dass jede Abweichung im Folgejahr Änderungen des Netzentwicklungsplans bewirkt. Das würde zu Fehlplanungen und damit zugleich zu erheblichen vermeidbaren Kosten führen. Das hat der Gesetzgeber erkannt und fordert daher eine Bandbreite von mindestens drei Szenarien. Das Gesetz sieht eine Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen vor. Indem der Netzentwicklungsplan alle zwei Jahre aufzustellen ist und die Szenarien ebenso alle zwei Jahre zu ermitteln sind, wird dennoch gewährleistet, dass neue Erkenntnisse und die stetig voranschreitende Entwicklung im Energiesektor berücksichtigt werden. Bei der Ermittlung der Szenarien ist vom aktuellen Stand der rechtlichen und regulatorischen Vorgaben auszugehen. Zukünftige Entwicklungen, die sich aus politischen Grundentscheidungen (z. B. Förderung erneuerbarer Energien), aus der Verbreitung neuer Technologien (z. B. Speichereinsatz) oder aus der Entwicklung der Marktpreise ergeben, können Einfluss auf die notwendigen Infrastrukturprojekte haben. Diese können nur dann Entwicklungen oder Veränderungen berücksichtigt werden, wenn diese sich hinreichend konkret abzeichnen und z. B. der als Konsens in Politik, Fachwelt und Gesellschaft so groß ist, dass mit einer baldigen rechtlichen Verankerung gerechnet werden muss.36 Als Beispiel dafür steht das gesellschaftspolitische Ziel des vollständigen Kohleausstiegs bis spätestens 2038. Dieses Ziel wurde auf Grundlage des Entwurfs des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes (KVBG) implementiert. Es wurde als zentraler Bestandteil der Entwicklung des konventionellen Kraftwerksparks und somit auch Grundlage der Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035 vor Verabschiedung des Gesetzes berücksichtigt.37 Eines der Szenarien muss die wahrscheinliche Entwicklung für die nächsten fünfzehn bis 22 zwanzig Jahre darstellen.38 Die Aufnahme eines langfristigen Szenarios soll gewährleisten, dass lang- und mittelfristig erforderliche Netzausbaumaßnahmen möglichst in Einklang gebracht werden.39 Um die Unterschiede zwischen der kurzfristigen und der langfristigen Entwicklung angemessen aufzeigen zu können, soll nach der Gesetzesbegründung der Planungshorizont zwischen den kurzfristigen Szenarien und dem langfristigen Szenario um mindestens fünf Jahre abweichen.40 Die wahrscheinlichen Entwicklungen decken den Rahmen der mittel- und langfristigen 23 energiepolitischen Ziele der Bundesregierung ab. Die von der Bundesregierung definierten Ziele decken sich weitestgehend mit den in § 1 Abs. 1 formulierten Zielen des EnWG. Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität Gas und Wasserstoff die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht. Die zu berücksichtigenden mittel- und langfristigen Ziele der Bundesregierung werden u. a. durch das Energiekonzept der Bundesregierung41 und den aktuellen Koalitionsvertrag definiert. Es kann sich um selbstgesteckte, 35 Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 10. 36 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 83¸sowie BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 16. A. A. BK-EnR/ Ruge § 12a EnWG Rn 41, der dies als insgesamt nicht ausreichend ansieht. Kritisch hinsichtlich der Berücksichtigung der Spitzenkappung vor Umsetzung im Gesetz Ruge, EnZW 2015, 497, 503. 37 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 16. 38 Zum Begriff der Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit dem Langfristszenario Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 12. 39 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 40 BT-Drucks. 18/4655, S. 30. 41 Bundesregierung, Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, 2010; abrufbar unter www.bmwi.de; BT-Drucks. 17/6071, S. 1. 65
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§ 12a EnWG
V. Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 S. 4)
finalisierte und der Öffentlichkeit bekannt gegebene Zielvorgaben der Bundesregierung42 oder bereits gesetzlich verankerte Ziele (z. B. EEG, WindSeeG, KWKG) handeln. 24 Energiepolitische Ziele,43 die im Rahmen der Szenarien zu berücksichtigen sind, sind beispielsweise: – Minderung der Treibhausgasemissionen; – Senkung des Primärenergieverbrauchs; – Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien; – Erhöhung der Offshore-Windleistung; – Erhöhung des Anteils von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung; – Minderung des Stromverbrauchs sowie – Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie und der Kohleverstromung.
V. Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 S. 4) 25 Die ÜNB mit Regelzonenverantwortung legen dem Szenariorahmen angemessene Annahmen44 für die jeweiligen Szenarien zu Erzeugung, Versorgung, Verbrauch von Strom sowie dessen Austausch mit anderen Ländern sowie zur Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 zu Grunde und berücksichtigen geplante Investitionsvorhaben der europäischen Netzinfrastruktur. Erfasst sind damit im Wesentlichen die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage.45 Diese Anforderungen ergeben sich bereits aus Art. 22 Abs. 3 der RL 2009/72/EG. Die ÜNB haben keinen Einfluss auf die Anzahl oder Standorte der Energieerzeugung und des Energieverbrauchs. Sie haben diskriminierungsfrei ihr Netz zur Verfügung zu stellen. Um das Netz auch in Zukunft sicher betreiben zu können, müssen sie bestimmte Annahmen zu Grunde legen. 26 Für die Annahmen zur Erzeugung sind Angaben zu den Kapazitäten der Stromerzeugung für das Referenzjahr und die Zielzeitpunkte erforderlich. Die installierte Erzeugungsleistung ist zu verstehen als Bruttoleistung. Sie beschreibt die an das Versorgungssystem abgegebene Leistung einer Erzeugungseinheit. Die Nettoleistung ergibt sich aus der Bruttoleistung nach Abzug der elektronischen Eigenverbrauchsleistung während des Betriebes.46 In der Genehmigung des Szenariorahmens wird die installierte Erzeugungsleistung getrennt nach konventioneller Erzeugung (Kernenergie, Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Öl, Pumpspeicher und sonstige konventionelle Erzeugung sowie Kapazitätsreserve) sowie Erzeugung aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Wind Onshore und Offshore, Photovoltaik, Biomasse und sonstige regenerative Erzeugung) dargestellt.47 Zu berücksichtigen sind Bestandserzeugungsanlagen, Anlagen in Bau und u. U. geplante Anlagen.48 Sofern nicht konkretere Angaben vorliegen, muss mit standardisierten Werten gearbeitet werden. Für die Kernkraftwerke gibt es gesetzliche Vorgaben zur Laufzeit.49 Bei anderen Erzeugungsarten werden einheitliche Laufzeiten der Anlagen ermittelt. 42 So Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 9. 43 Siehe hierzu Angaben im jeweiligen Szenariorahmen; z. B. BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungsplanung nach § 12a Abs. 3 EnWG, 2011, S. 43 ff oder BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungspläne Strom 2017–2030, S. 73 f; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 147 f; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 860; BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 40. 44 Zum Begriff der Angemessenheit BK-EnR/Ruge § 12a EnWG Rn 44 ff; Danner/Theobald/Kober § 12a EnWG Rn 13. Zu den Annahmen des Szenariorahmens BT-Drucks. 19/25733 S. 1 ff. 45 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 46 Monitoringbericht der BNetzA, 2011, S. 233. 47 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 4; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 4. 48 Zu den geplanten Anlagen BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungspläne Strom 2017–2030, S. 82. BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 30. 49 Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes v. 31.7.2011 (BGBl. I S. 1704). Heimann
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V. Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 S. 4)
EnWG § 12a
Im Einzelfall wird es immer zu Abweichungen kommen. Jüngere Anlagen haben oft eine längere Lebensdauer und höhere Einsatzwahrscheinlichkeit als ältere Anlagen. Indem ein Durchschnittswert angesetzt wird, werden die Ungenauigkeiten ausgeglichen. Neben dem Zubau sind auch Außerbetriebnahmen zu beachten. Kraftwerke der Kapazitätsreserve50 werden im Szenariorahmen berücksichtigt, Kraftwerke der Netzreserve51 hingegen nicht.52 Da es die Aufgabe des Netzentwicklungsplans ist, im Grundsatz ein Netz zu planen, das ohne umfangreiche Redispatch-Maßnahmen sicher funktioniert, macht eine Einbeziehung der Redispatch-Absicherung in Form von Netzreservekraftwerken keinen Sinn.53 Kraftwerke, die der Sicherheitsbereitschaft bzw. der zeitlich gestreckten Stilllegung unterfallen (Braunkohlekraftwerke), können aus der Betrachtung heraus gelassen werden, weil diese Reservesysteme im betrachteten Zielszenario für das Jahr 2035 bereits vollständig ausgelaufen sind.54 Bei der Erzeugung spielen auch die CO2-Preise und Kosten für Brennstoffe eine Rolle. Die Kosten für CO2-Emmissionszertifikate55 und für Brennstoffe haben Einfluss auf Investitionsentscheidungen für neue Kraftwerke sowie für den Einsatz der Kraftwerke nach der Merit-Order. Steigende CO2-bedingte bzw. brennstoffbedingte Kosten führen zu Investitionen in Energieeffizienztechnologien.56 Der Begriff der Versorgung ist definiert in § 3 Nr. 36. Danach ist Versorgung im Sinne des EnWG „die Erzeugung oder Gewinnung von Energie zur Belieferung von Kunden, der Vertrieb von Energie an Kunden und der Betrieb des Energieversorgungsnetzes“. Im Sinne der zugrunde liegenden europarechtlichen Vorgaben bezeichnet der Ausdruck „Versorgung“ den Verkauf einschließlich des Weiterverkaufs von Elektrizität an Kunden (Art. 2 Nr. 19 der RL 2009/71/EG). Die Annahmen zur netzebenenübergreifenden Jahreshöchstlast in GW bilden die Versorgung ab. Die Jahreshöchstlast ist der maximal in einem Jahr zu einem bestimmten Zeitpunkt auftretende Transportbedarf im Stromnetz. Für diese Last muss das Netz ausgelegt sein. Daher ist die Jahreshöchstlast eine maßgebliche Größe für die Dimensionierung des Netzes. Unter der Voraussetzung Verbrauch wird der Nettostrombedarf oder die Ausspeisung von Strom an Letztverbraucher abgebildet. Die Bundesnetzagentur versteht unter dem Nettostromverbrauch die von den Verbrauchern in Deutschland genutzte elektrische Arbeit inklusive der durch den Transport bedingten Netzverluste im Verteilnetz.57 Netzverluste im Übertragungsnetz werden bei der Berechnung des Nettostromverbrauchs nicht berücksichtigt. Die Senkung des Stromverbrauchs ist eines der energiepolitischen Ziele: Es ist eine Senkung des Primärenergieverbrauchs gegenüber dem Referenzjahr 2008 um 20 % bis zum Jahr 2020 und um 50 % bis zum Jahr 2050 beabsichtigt.58 Wie hoch der Verbrauch im Zieljahr sein wird, hängt stark von der Entwicklung der Gesamtwirtschaft und einzelner Industriezweige ab. Ebenso spielen neue Technologien eine große Rolle. Dem Szenariorahmen sind darüber hinaus Annahmen zur Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 EnWG zu Grunde zu legen. Mit der Spitzenkappung nach § 11 EnWG erhalten die Versorgungs50 Die Kapazitätsreserve wird für den Fall vorgehalten, in welchem sowohl der Energiemarkt als auch die zur Verfügung stehende Regelleistung nicht ausreichen, um die nachgefragte Energiemenge bereitzustellen. 51 Eine Netzreserve dient in dem Fall, in dem das Netz den Transportbedarf (z. B. im Falle von unzureichender oder verlangsamter Netzertüchtigung) nicht gewährleisten kann. Kraftwerke der Netzreserve sichern demnach die Fähigkeit der Übertragungsnetzbetreiber ab, Redispatch-Maßnahmen zur Entlastung des Stromnetzes vornehmen zu können. 52 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 97. 53 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 32. 54 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 32. 55 Im Szenariorahmen werden CO2-Zertifikatspreise aus den Projektionen des europäischen Zehnjahresentwicklungsplans (TYNDP) angenommen. Siehe hierzu BT-Drucks. 19/25733, S. 2. Zur aktuellen Umsetzung in der Praxis: BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 66 f. 56 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 125. 57 BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2021–2035, S. 54. 58 67
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V. Annahmen für den Szenariorahmen (Abs. 1 S. 4)
netzbetreiber die Möglichkeit, ihr Netz so auszulegen, dass sie bei den Berechnungen für ihre Netzplanung eine Reduzierung der prognostizierten jährlichen Stromerzeugung aus Onshore Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen um maximal drei Prozent simulieren können. Die Übertragungsnetzbetreiber haben diese Spitzenkappung dann in die Netzberechnungen einzubeziehen.59 Dadurch sollen die Kosten für den Netzausbau auf ein volkswirtschaftlich effizientes Maß minimiert werden. Selten auftretende Einspeisespitzen sollen nicht zu einem Netzausbau führen müssen.60 Für die angemessenen Annahmen zum Stromaustausch mit anderen Ländern, die den Entwicklungspfaden zu Grunde zu legen sind, sind Übertragungskapazitäten mit dem Ausland zu ermitteln. Die ÜNB dürfen sich bei der Erstellung des Szenariorahmens nicht von rein nationalen Interessen leiten lassen. Diese Anforderung an den Szenariorahmen ist eine Folge des europäischen Elektrizitätsbinnenmarktes. Schon aus Gründen der Versorgungssicherheit und Systemstabilität kann das deutsche Übertragungsnetz nicht separat betrachtet werden. Die Vorschrift gewährleistet die Netzsicherheit in Deutschland und im Ausland. Eine Leitung in Deutschland kann u. U. allein deshalb erforderlich sein, um die Versorgung in einem Nachbarstaat zu gewährleisten. Auch hier sind die Kapazitäten entscheidend, nicht die tatsächlich geflossene Energie. Die Berücksichtigung geplanter Investitionsvorhaben der europäischen Netzinfrastruktur hängt mit den Annahmen zum Stromaustausch mit anderen Ländern zusammen. Um zu ermitteln, welche Maßnahmen in Deutschland zur Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Netzes erforderlich sind, sind immer auch die mit dem deutschen Netz verknüpften Vorhaben zu betrachten. Die Europäische Union hat gem. Art. 170 AEUV die Aufgabe, einen Beitrag zum Netzausbau in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie zu leisten. Die zukünftigen Investitionsvorhaben werden im Rahmen des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans (Ten-Year Network Development Plan) abgebildet.61 Für den Elektrizitätssektor ist eine verlässliche Infrastruktur für einen reibungslos funktionierenden europäischen Binnenmarkt für Strom unverzichtbar. Um dies zu gewährleisten, erfolgt eine Förderung von Maßnahmen des Auf- und Ausbaus transeuropäischer Netze.62 Die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG (TENE Verordnung)63 spielt für die Berücksichtigung der Investitionsvorhaben europäischer Infrastruk-
59 BT-Drucks. 18/7317, S. 54, 85. 60 BT-Drucks. 18/7317, S. 79. In den Szenariorahmen 2017–2030,2019–2030 und 2021–2035 wurden die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, in allen Szenarien auf Grundlage der genehmigten installierten Erzeugungsleistung für die Ermittlung des Transportbedarfs eine reduzierte Einspeisung aller Onshore Windenergie-und Photovoltaikanlagen (Bestands-und Neuanlagen) zu Grunde zu legen. Die Reduzierung der Einspeisung („Spitzenkappung“) darf je Anlage 3 % der ohne Reduzierung erzeugten Jahresenergiemenge nicht übersteigen. Für die an unterlagerten Verteilnetzen angeschlossenen Anlagen soll eine aus Sicht der unterlagerten Verteilnetze kostenoptimale Reduzierung der Einspeisung erfolgen. Für die am Übertragungsnetz angeschlossenen Anlagen ist ebenfalls eine Reduzierung von jeweils bis zu 3 % der eingespeisten Jahresenergiemenge anzuwenden. Siehe hierzu BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens 2017–2030, S. 1 ff; BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, S. 5 und 162; sowie BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens 2021–2035, S. 5. 61 Zum Ten-Year Network Development Plan siehe § 12c EnWG Rn 11 f. 62 Zahlreiche Investitionsvorhaben der europäischen Infrastruktur waren zunächst den Anhängen zur Entscheidung Nr. 1364/2006/EG (TEN-E-Leitlinien) zu entnehmen, vgl. Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäisches Parlaments und des Rates vom 6.9.2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung 1229/2003/EG, ABl. EG Nr. L 262 vom 22.9.2006. 63 Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur ÄndeHeimann
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VII. Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens (Abs. 2)
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tur eine bedeutende Rolle.64 Entsprechend der Vorgaben der TEN-E Verordnung sind „Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ auszuwählen. Für sie gelten u. a. besondere Anforderungen für das Genehmigungsverfahren:65 Diese Vorhaben können EU-Mittel in Form von Zuschüssen oder projektbezogenen Anleihen erhalten. Die Projekte von gemeinsamem Interesse müssen den Anforderungen des Art. 4 der TEN-E VO entsprechen. Sie sollen die Versorgungssicherheit stärken, die Marktintegration ermöglichen, den Wettbewerb fördern, die Flexibilität des Systems gewährleisten und die Übertragung der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie zu den Zentren des Verbrauchs und den Speicherstandorten ermöglichen. Die Liste der Vorhaben von gemeinsamen Interesse (PCI-Liste) wird alle zwei Jahre als delegierter Rechtsakt durch die Kommission erlassen.66
VI. Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur (Abs. 3 Satz 2) Die Bundesnetzagentur kann durch eine Festlegung67 nach § 29 Absatz 1 EnWG nähere Bestim- 35 mungen zu Inhalt und Verfahren der Erstellung des Szenariorahmens treffen. Dadurch kann sie den Übertragungsnetzbetreibern beispielsweise Vorgaben zum Betrachtungszeitraum für den Szenariorahmen geben. Eine zusätzliche teilweise überschneidende Festlegungskompetenz zur Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung enthält § 12c Abs. 7.68
VII. Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens (Abs. 2) Im Rahmen der gesamten Netzausbauplanung findet eine umfangreiche Beteiligung der Öffent- 36 lichkeit und der Träger öffentlicher Belange statt. Die Regelung wurde vor allem aufgrund der Erfahrungen der Netzplanung der dena-Netzstudien eingefügt, die sich dem Vorwurf mangelnder Transparenz und Nachvollziehbarkeit ausgesetzt sahen. § 12a Abs. 2 beschreibt den ersten Schritt der Öffentlichkeitsbeteiligung. Damit die Notwendigkeit des Netzausbaus sowie die angenommenen energiewirtschaftlichen Entwicklungen des Szenariorahmen nachvollziehbar und verständlich sind, bedarf es aus Sicht der Bundesregierung sowohl einer Transparenz in den einzelnen Prozessschritten als auch einer Beteiligungsmöglichkeit für die interessierte Öffentlichkeit.69 Aktuell wird in den Überlegungen zu einem „Systementwicklungsplan“ im Rahmen der Dena-III-Netzstudie, die Weiterentwicklung der bestehenden Planungsprozesse erarbeitet. Diese Überlegungen schließen die Frage über den geeigneten Ort, an dem notwendige Debatten partizipativ, verständlich, zugänglich und sichtbar geführt werden können, mit ein.70
rung der Verordnungen (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG), Nr. 715/2009. Hierzu Aubel/Linßen, DVBl. 2013, 965. 64 Hierzu Einleitung Rn 56 ff; Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332; Reichert/Vosswinkel, IR 2012, 98; Aubel/Linßen, DVBl. 2013, 965. 65 Siehe hierzu insbesondere Linßen/Aubel, DVBl. 2013, 965. 66 Die jeweils aktuelle PCI-Liste ist abrufbar unter http://ec.europa.eu/energy/en/topics/infrastructure/projectscommon-interest. 67 Zum Begriff der Festlegung siehe § 12g EnWG Rn 10 und zum Rechtsschutz gegen eine Festlegung § 12g EnWG Rn 16. 68 Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 19a. Knauff, EnWZ 2019, 51, 55 sieht eine nur begrenzte Festlegungskompetenz: Die BNetzA könne nicht verlangen, dass die ÜNB ihre Methodik, d. h. ihre Prüfkriterien anpassen. 69 So z. B. Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage zum Szenariorahmen 2021–2035: BT-Drucks. 19/ 25733, S. 3. 70 Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage zum Szenariorahmen 2021–2035: BT-Drucks. 19/ 25733, S. 12. 69
Heimann
§ 12a EnWG
VII. Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens (Abs. 2)
Der von den ÜNB erarbeitete Szenariorahmen wird spätestens bis zum 10. Januar eines jeden geraden Kalenderjahres als Entwurf der Regulierungsbehörde vorgelegt. Die Regulierungsbehörde macht den Entwurf des Szenariorahmens auf ihrer Internetseite öffentlich bekannt.71 Das Gesetz ermöglicht eine internetbasierte Beteiligung. Die Gesetzesbegründung spricht davon, dass die Anhörung zumindest auch auf Internetbasis erfolgt.72 Fristen73 oder Einwendungsmöglichkeiten sind hingegen nicht geregelt. Gemäß § 12c Abs. 7 hat die BNetzA die Möglichkeit, die Einzelheiten der Beteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens durch eine Festlegung näher auszugestalten.74 § 12a Abs. 2 erfasst die Beteiligung der Öffentlichkeit, einschließlich tatsächlicher und po38 tenzieller Netznutzer, nachgelagerter Netzbetreiber sowie Träger öffentlicher Belange. Diesen wird Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Im Gesetzgebungsprozess forderte der Bundesrat eine stärkere Einbeziehung der Länder bei der Festlegung des Szenariorahmens. Diese sollten schon in einem frühen Stadium durch Beteiligung der Landesregulierungsbehörden in das Verfahren einbezogen werden.75 Dieser Vorschlag wurde zu Recht abgelehnt. Für ÜNB besteht keine Landeszuständigkeit (vgl. § 54). Zudem haben die Landesregulierungsbehörden die Möglichkeit, weitergehende Informationen im Länderausschuss nach § 60a zu bekommen. Die Interessen der VNB werden über die Öffentlichkeitsbeteiligung bereits erfasst, da auch nachgelagerte Netzbetreiber explizit genannt sind.76 Eine weitergehende Beteiligung der Landesregulierungsbehörden ist demnach nicht erforderlich. Die Genehmigung des Szenariorahmens dient dazu, die faktischen Grundlagen der an39 schließenden Planungen vorab verbindlich festzustellen. Spätere Einwendungen zu den Szenarien sollen daher ausgeschlossen sein. Bedenken werden jedoch geäußert, sofern der Netzentwicklungsplan zum Bundesbedarfsplan werden soll. Für den Bundesbedarfsplan ist eine SUP erforderlich. Nach den europäischen Vorgaben müsse in einem solchen Fall die Möglichkeit bestehen, in der SUP auch die zu Grunde liegenden Prognosen zu diskutieren.77 Da auch die BNetzA an die Genehmigung gebunden ist, ist eine solche Diskussion nicht im Rahmen der Umweltprüfung zu führen. Einwendungen gegen die Annahmen des Szenariorahmens lassen sich im späteren Verfahren nur aufgreifen, wenn die Genehmigung wieder rückgängig gemacht werden kann (§§ 48, 49 VwVfG).78 Dies ist nur unter den allgemeinen Voraussetzungen der Aufhebung nach dem Verwaltungsverfahrensrecht möglich. 40 Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange kann sich auf Änderungen des Szenariorahmens gegenüber dem Vorjahr beschränken. Diese Erleichterung des Verfahrens ergibt sich aus § 12c Abs. 6 S. 1. Damit wird der Aufwand begrenzt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Planung der Übertragungsnetze um eine langfristig angelegte Infrastrukturausbauplanung handelt.79 Mindestens alle vier Jahre oder in den Fällen des § 12e Abs. 1 S. 3 muss ein vollständiges Verfahren durchgeführt werden. 37
71 Abrufbar unter www.netzausbau.de. BK-EnR/Ruge § 12a EnWG Rn 52 sieht eine Konsultation durch die ÜNB als ebenso geeignet an. Eine Konsultation durch die BNetzA sei nicht erforderlich, da diese im Rahmen der Genehmigung auch die Öffentlichkeitsbeteiligung zu prüfen habe. Dies entspricht der Konsultation durch die Fernleitungsnetzbetreiber, siehe Rn 51. 72 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 73 Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 19 sieht einen Zeitraum von mindestens vier Wochen als noch angemessen an. Kment/Posser § 12a EnWG Rn 48 bezeichnet einen Monat als noch hinreichend. 74 Siehe hierzu § 12c EnWG Rn 57 ff. 75 BR-Drucks. 343/11, S. 3. 76 BT-Drucks. 17/6248, S. 21. 77 Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 11. 78 Vgl. Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 15 ff. 79 BT-Drucks. 17/6072, S. 69. Heimann
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2. Zuständigkeit und Verfahren
EnWG § 12a
VIII. Genehmigung des Szenariorahmens (Abs. 3) 1. Rechtscharakter der Genehmigung Die Genehmigung ergeht als Verwaltungsakt. Es handelt sich nicht um einen unselbstständi- 41 gen Teil eines Verfahrens zur Erarbeitung und Bestätigung des Netzentwicklungsplans. Der Szenariorahmen dient letztlich der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans.80 Wenn er keinen darüber hinaus gehenden Regelungsgehalt hat, könnte er eine bloße Vorbereitungshandlung ohne abschließende Regelungswirkung darstellen. Dass es sich bei der Genehmigung des Szenariorahmens aber um einen Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG handelt, ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut, zum anderen aus der Funktion und aus dem systematischen Zusammenhang.81 Nach dem Wortlaut des § 12a Abs. 3 heißt es „genehmigen“. Im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch handelt es sich bei einer Genehmigung um einen Verwaltungsakt. So sind beispielsweise Baugenehmigungen, Plangenehmigungen, Betriebsgenehmigungen oder immissionsschutzrechtliche Genehmigungen allesamt unstreitig Verwaltungsakte. Ebenso wird im EnWG und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen der Begriff der Genehmigung durchgängig für Verwaltungsakte benutzt.82 Die Genehmigung des Szenariorahmens entfaltet zudem eine eigene, abschließende Regelungswirkung mit Gestattungs- und Ausschlussfunktion.83 Den ÜNB wird gestattet, auf Grundlage der genehmigten Szenarien den Netzentwicklungsplan zu erarbeiten. Zugleich werden andere als die genehmigten Szenarien ausgeschlossen. Diese dürfen von den ÜNB nicht weiter verfolgt werden. Für einen selbstständigen Verwaltungsakt spricht darüber hinaus, dass der Gesetzgeber für die Genehmigung des Szenariorahmens ein eigenständiges Konsultationsverfahren vorsieht. Das Verfahren wird mit einer eigenständigen behördlichen Entscheidung abgeschlossen, die eigene und abschließende Regelungswirkung entfaltet. Für diese Auslegung spricht auch die Regelung des § 59 Abs. 1 S. 2. Diese Vorschrift regelt, wann eine Entscheidung nach dem EnWG, für welche die BNetzA zuständig ist, ausnahmsweise nicht durch die Beschlusskammern zu treffen ist. Explizit aufgeführt wird hierin auch die Aufgabe nach § 12a, was nur erforderlich ist, wenn insoweit auf die Genehmigung als abschließende Verwaltungsentscheidung Bezug genommen wird.
2. Zuständigkeit und Verfahren Zuständig für die Genehmigung des Szenariorahmens ist die Regulierungsbehörde. Grundsätz- 42 lich entscheidet die BNetzA durch die Beschlusskammern (§ 59 Abs. 1 S. 1). Hier liegt jedoch eine Ausnahme nach § 59 Abs. 1 S. 2 vor, wonach für die Aufgaben nach §§ 12a bis 12f die Entscheidung nicht durch die Beschlusskammer ergeht. In diesem Fall entscheidet die BNetzA vertreten durch ihren Präsidenten. Das Erfordernis einer Anhörung der Adressaten vor Erlass der Genehmigung richtet sich 43 nach § 67 EnWG und § 28 VwVfG.84
80 BR-Drucks. 343/11, S. 168. 81 Hierzu Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 70 ff. 82 Siehe hierzu nur § 4 zur Genehmigung des Netzbetriebs, § 23a zur Entgeltgenehmigung, § 29 zur Genehmigung als allgemeine Handlungsform, § 23 ARegV zur Genehmigung von Investitionsmaßnahmen, § 19 StromNEV zur Genehmigung individueller Netzentgelte. 83 So auch Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 73; a. A. Weghake, Die Planungs- und Zulassungsverfahren nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, S. 48. 84 BK-EnR/Ruge § 12a EnWG Rn 62. 71
Heimann
§ 12a EnWG
VIII. Genehmigung des Szenariorahmens (Abs. 3)
3. Inhalt der Genehmigung 44 Mit der Genehmigung kann der von den ÜNB erarbeitete Szenariorahmen bestätigt oder unter Änderungen festgelegt werden. Die Möglichkeit der Änderung ergibt sich bereits aus der Formulierung, wonach die Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung den Szenariorahmen genehmigt. Darüber hinaus spricht auch der Unterschied zur Bestätigung des § 12c für eine weitreichende Änderungsmöglichkeit.85 Bei der Bestätigung des Netzentwicklungsplans kann die Regulierungsbehörde von den ÜNB Änderungen des Plans verlangen. Beim Szenariorahmen kann die Bundesnetzagentur insbesondere als Ergebnis der Berücksichtigung der Beteiligung den Szenariorahmen inhaltlich anpassen. Da es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG handelt, besteht auch die 45 Möglichkeit der Aufnahme von Nebenbestimmungen (§ 36 VwVfG).86 In Betracht kommen insbesondere Auflagen wie die Verpflichtung zur Durchführung von Sensivitätsbetrachtungen.87 Die inhaltliche Aufhebung oder Änderung der Genehmigung unterliegt den Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 und der §§ 48, 49 VwVfG.
4. Rechtsschutz 46 Als Verwaltungsakt ist die Genehmigung grds. selbstständig anfechtbar.88 Würde man entgegen der hier vertretenen Auffassung lediglich eine bloße Vorbereitungshandlung ohne Regelungswirkung befürworten, wäre die Genehmigung nach § 44a VwGO nicht isoliert anfechtbar.89
47 a) Zulässigkeitsvoraussetzungen. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Versagung oder abweichende Genehmigung ergeben sich für die ÜNB aus ihrer Adressatenstellung. Die ÜNB haben die Möglichkeit, die Genehmigung insgesamt oder teilweise, z. B. auch nur hinsichtlich der Nebenbestimmungen, anzufechten oder eine Verpflichtungsbeschwerde zu erheben. Die Anforderungen an die Beschwerde richten sich nach §§ 75 ff. Die Beschwerde hat gem. § 76 Abs. 1 keine aufschiebende Wirkung. Daher ist zusätzlich vor dem Hintergrund der Dauer von Beschwerdeverfahren und möglichen Rechtsbeschwerdeverfahren ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (§ 77 Abs. 3) zu stellen.90 Dadurch könnte zumindest eine vorläufige Gerichtsentscheidung vor Ablauf der Frist zur Vorlage des Netzentwicklungsplans91 erreicht werden. 48 Anders als in § 12c Abs. 4 sind Dritte nicht von den Rechtsschutzmöglichkeiten explizit ausgeschlossen.92 Daher sind Dritte in Grenzen der §§ 75 ff beschwerdebefugt.93 Die Beschwerdebefug85 Kritisch sieht dies BK-EnR/Ruge § 12a EnWG Rn 54, 58, der sich für eine Evidenzkontrolle ausspricht und im Übrigen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung sieht. Ebenso für eine Genehmigungspflicht und einen Anspruch auf Genehmigung ohne Gestaltungsspielraum der BNetzA Kment/Posser § 12a EnWG Rn 60. 86 So auch Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 22. 87 Siehe hierzu BNetzA, Genehmigung des Szenariorahmens für die Netzentwicklungsplanung nach § 12a Abs. 3 EnWG, 2011, S. 84 ff Zu den Sensitivitätsbetrachtungen allgemein Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg, § 12a EnWG Rn 20. 88 Zum Rechtsschutz siehe Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 70 ff; Knappe, DVBl. 2016, 278 und Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462. 89 Hierzu Rn 38. 90 Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Chatzinerantzis, Kap. 64. 91 Siehe hierzu § 12b EnWG Rn 20 ff. 92 Hierzu § 12c Rn 55. Zum Rechtsschutz Dritter siehe insbesondere Peters, S. 1 ff; Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 75 ff. 93 Theobald/Kühling/Kober § 12a EnWG Rn 25, sieht die Genehmigung des Szenariorahmens im Verhältnis zu Dritten nicht als Verwaltungsakt an, da sie nicht an Dritte adressiert ist und gegenüber diesen keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Heimann
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IX. Szenariorahmen Netzentwicklungsplan Gas
EnWG § 12a
nis in energiewirtschaftlichen Verfahren unterliegt weniger strengen Anforderungen als die Klagebefugnis in verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Dritten kann über ihre Beteiligtenstellung im Verwaltungsverfahren bzw. unter den engen Voraussetzungen der BGH-Rechtsprechung für Beigeladene bzw. zu Unrecht nicht Beigeladene eine Beschwerdebefugnis zukommen. Danach ist beschwerdebefugt, wer gem. § 66 Abs. 2 Nr. 3 auf Antrag beigeladen wurde.94 Erforderlich ist dafür lediglich, dass der Dritte erheblich in seinen Interessen berührt ist. Wirtschaftliche oder ökologische Interessen sind insoweit ausreichend. Beschwerdebefugt ist ferner, wer als Dritter trotz Vorliegen der Beiladungsvoraussetzungen aus verfahrensökonomischen Gründen nicht beigeladen wurde und geltend machen kann, unmittelbar und individuell betroffen zu sein.95 Gleiches gilt, sofern unverschuldet ein Beiladungsantrag nicht rechtzeitig gestellt werden konnte96 oder der Dritte zu Unrecht nicht beigeladen wurde und durch die Maßnahme unmittelbar betroffen ist.97 Insgesamt ist jedoch aufgrund des hohen Abstraktionsgrads des Szenariorahmens in der Regel davon auszugehen, dass unmittelbare Rechtspositionen Dritter nicht betroffen sind. Erst bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans sind Betroffenheiten auszumachen.
b) Gerichtszuständigkeit. Zuständig ist nach § 75 Abs. 4 das für den Sitz der BNetzA zustän- 49 dige Oberlandesgericht in Düsseldorf. Dies führt zu einer Rechtswegspaltung. Während es sich bei der Bundesbedarfsplanung um Entscheidungen handelt, für die die ordentlichen Gerichte zuständig sind, kann gegen die Planfeststellungsentscheidungen nur vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegangen werden. Da das Verfahren der Bundesbedarfsplanung auf den Vorschriften aus der RL 2009/72/EG beruht, ist diese Teilung des Rechtswegs folgerichtig. Die Regelung des Art. 22 der RL 2009/72/EG dient der Verhinderung der Diskriminierung durch Kapazitätsverknappung. Es geht um Fragen des Wettbewerbs insbesondere im Zusammenhang mit integrierten Netzbetreibern. Im Vordergrund stehen die Verpflichtung zum bedarfsgerechten Netzausbau und zur Erfüllung der Anschluss- und Zugangspflichten der Netzbetreiber. Dies sind klassischerweise der Regulierungsbehörde zugewiesene Aufgaben, deren Überprüfung in die Zuständigkeit des OLG Düsseldorf fällt. Folgerichtig sind auch die Entscheidungen im Rahmen der Bundesbedarfsplanung diesem Rechtsweg zugewiesen, auch wenn sie Grundlage weiterer planerischer Entscheidungen sein werden, die dann der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterfallen.98 Eine Zäsur findet mit dem Bundesbedarfsplangesetz statt.
IX. Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber (§ 15a) Im Gasbereich gibt es in § 15a eine spezielle Regelung für die Erstellung des Netzentwicklungs- 50 plans der Fernleitungsnetzbetreiber. Die Vorschrift verpflichtet die Fernleitungsnetzbetreiber zur Abgabe eines gemeinsamen nationalen Netzentwicklungsplans. Er erfasst ebenfalls die folgenden zehn bis fünfzehn Kalenderjahre. Grundlage für den Gasnetzentwicklungsplan sind Szenarien, um den Gasbereich in verschiedenen Marktsegmenten unter unterschiedlichen Annahmen zu modellieren. Der Begriff „Betreiber von Fernleitungsnetzen“ ist legaldefiniert im § 3 Nr. 5. Danach 51 handelt es sich im Wesentlichen um Betreiber von Netzen, die Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkte aufweisen, die insbesondere die Einbindung großer europäischer Importleitungen in das deutsche Fernleitungsnetz gewährleisten, oder unter bestimmten Voraussetzungen natür94 95 96 97 98 73
Siehe hierzu Britz/Hellermann/Hermes/Hanebeck, § 66 EnWG Rn 11 ff; Salje, EnWG, § 66 EnWG Rn 11 ff. BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – EnVR 1/08 –; BGH, Beschl. v. 7.11.2006 – KVR 37/05 –. BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – EnVR 1/08 –. BGH, Beschl. v. 22.2.2005 – KVR 20/04 –. Siehe hierzu § 12e EnWG Rn 42 ff, § 43 EnWG Rn 203 ff, § 2 NABEG Rn 16. Heimann
§ 12a EnWG
IX. Szenariorahmen Netzentwicklungsplan Gas
liche oder juristische Personen oder rechtlich unselbstständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Fernleitung von Erdgas wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau eines Netzes. 52 Auch die Fernleitungsnetzbetreiber legen bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans einen Szenariorahmen in Form von angemessenen Annahmen über die Entwicklung der Gewinnung, der Versorgung, des Verbrauchs von Gas und seinem Austausch mit anderen Ländern zu Grunde. Ferner berücksichtigen sie geplante Investitionsvorhaben in die regionale und gemeinschaftsweite Netzinfrastruktur sowie in Bezug auf Speicheranlagen und LNG-Wiederverdampfungsanlagen sowie die Auswirkung denkbarer Störungen der Versorgung (§ 15a Abs. 1 S. 4). Bei den Planungen sind also ebenfalls bestimmte Basisszenarien, u. a. über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage, zugrunde zu legen.99 Die Regulierungsbehörde bestätigt den Szenariorahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer durch die Fernleitungsnetzbetreiber durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 15a Abs. 1 S. 7).
99 BT-Drucks. 17/6072, S. 74. Heimann
74
§ 12b Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die Betreiber von Übertragungsnetzen (1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung legen der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des Szenariorahmens einen gemeinsamen nationalen Netzentwicklungsplan zur Bestätigung vor. Der gemeinsame nationale Netzentwicklungsplan muss alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Netzes enthalten, die spätestens zum Ende des Betrachtungszeitraums im Sinne des § 12a Absatz 1 Satz 2 für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind. Die Betreiber von Übertragungsnetzen müssen im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans die Regelungen zur Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 bei der Netzplanung anwenden. Der Netzentwicklungsplan enthält darüber hinaus folgende Angaben: 1. alle Netzausbaumaßnahmen, die in den nächsten drei Jahren ab Feststellung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind, 2. einen Zeitplan für alle Netzausbaumaßnahmen sowie 3. a) Netzausbaumaßnahmen als Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen sowie b) den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen als Pilotprojekt mit einer Bewertung ihrer technischen Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit, sowie c) das Ergebnis der Prüfung des Einsatzes von neuen Technologien als Pilotprojekte einschließlich einer Bewertung der technischen Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit, 4. den Stand der Umsetzung des vorhergehenden Netzentwicklungsplans und im Falle von Verzögerungen, die dafür maßgeblichen Gründe der Verzögerungen, 5. Angaben zur zu verwendenden Übertragungstechnologie, 6. Darlegung der in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten von Netzausbaumaßnahmen, 7. beginnend mit der Vorlage des ersten Entwurfs des Netzentwicklungsplans im Jahr 2018 alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der Offshore-Anbindungsleitungen in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer einschließlich der Netzanknüpfungspunkte an Land, die bis zum Ende des Betrachtungszeitraums nach § 12a Absatz 1 Satz 2 für einen schrittweisen, bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Ausbau sowie einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen sowie zum Weitertransport des auf See erzeugten Stroms oder für eine Anbindung von Testfeldern im Sinne des § 3 Nummer 9 des Windenergie-auf-See-Gesetzes (Testfeld-Anbindungsleitungen) erforderlich sind; für die Maßnahmen nach dieser Nummer werden Angaben zum geplanten Zeitpunkt der Fertigstellung vorgesehen; hierbei müssen die Festlegungen des zuletzt bekannt gemachten Flächenentwicklungsplans nach den §§ 4 bis 8 des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu Grunde gelegt werden. Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung nutzen bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans eine geeignete und für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbare Modellierung des deutschen Übertragungsnetzes. Der Netzentwicklungsplan berücksichtigt den gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan nach Artikel 8 Absatz 3b der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 und vorhandene Offshore-Netzpläne. (2) Der Netzentwicklungsplan umfasst alle Maßnahmen, die nach den Szenarien des Szenariorahmens erforderlich sind, um die Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 zu erfül-
75 https://doi.org/10.1515/9783110670516-004
Heimann
§ 12b EnWG
Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die Betreiber von Übertragungsnetzen
len. Dabei ist dem Erfordernis eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs in besonderer Weise Rechnung zu tragen. (3) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung veröffentlichen den Entwurf des Netzentwicklungsplans vor Vorlage bei der Regulierungsbehörde auf ihren Internetseiten und geben der Öffentlichkeit, einschließlich tatsächlicher oder potenzieller Netznutzer, den nachgelagerten Netzbetreibern sowie den Trägern öffentlicher Belange und den Energieaufsichtsbehörden der Länder Gelegenheit zur Äußerung. Dafür stellen sie den Entwurf des Netzentwicklungsplans und alle weiteren erforderlichen Informationen im Internet zur Verfügung. Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung sollen den Entwurf des Netzentwicklungsplans spätestens bis zum 10. Dezember eines jeden geraden Kalenderjahres, beginnend mit dem Jahr 2016, veröffentlichen. Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, mit den Betreibern von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung in dem Umfang zusammenzuarbeiten, der erforderlich ist, um eine sachgerechte Erstellung des Netzentwicklungsplans zu gewährleisten; sie sind insbesondere verpflichtet, den Betreibern von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung für die Erstellung des Netzentwicklungsplans notwendige Informationen auf Anforderung unverzüglich zur Verfügung zu stellen. (4) Dem Netzentwicklungsplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Ergebnisse der Beteiligungen nach § 12a Absatz 2 Satz 2 und § 12b Absatz 3 Satz 1 in dem Netzentwicklungsplan berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der Netzentwicklungsplan nach Abwägung mit den geprüften, in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde. (5) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung legen den konsultierten und überarbeiteten Entwurf des Netzentwicklungsplans der Regulierungsbehörde unverzüglich nach Fertigstellung, jedoch spätestens zehn Monate nach Genehmigung des Szenariorahmens gemäß § 12a Absatz 3 Satz 1, vor.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die 7 ÜNB Bedeutung eines gemeinsamen Netzentwick7 lungsplans 10 Erarbeitung des Netzentwicklungsplans a) Schritte zur Erstellung des Netzentwick10 lungsplans b) Zusammenarbeit mit den VNB (Abs. 3 16 S. 4) 20 Zeitpunkt der Vorlage
5. 1 6. 3 7.
1. 2.
3. III. 1. 2. 3. 4.
Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 23 2) 24 NOVA-Prinzip 26 Sicherer und zuverlässiger Netzbetrieb Erforderlichkeit nach den Szenarien des Szenari28 orahmens Zeitplan, Ausbaubedarf der nächsten drei Jahre 29 und Verzögerungen
Heimann
8.
Übertragungstechnologie und Pilotpro32 jekte Anderweitige Planungsmöglichkeiten (Abs. 1 37 S. 4 Nr. 6) Einbeziehung des Offshore-Bereichs (Abs. 1 S. 4 38 Nr. 7 und Abs. 1 S. 6) Berücksichtigung des gemeinschaftsweiten Netz44 entwicklungsplans (Abs. 1 S. 6)
IV.
Veröffentlichung und Öffentlichkeitsbeteiligung 46 (Abs. 3)
V.
Inhalt der Vorlage zur Bestätigung
VI.
Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschrif48 ten
47
VII. Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbe49 treiber (§ 15a) VIII. Monitoring und Berichterstattung
50
76
3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 12b
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 und 2 legen den erforderlichen Inhalt des Netzentwicklungsplans fest. Bevor der Netzent- 1 wicklungsplan der BNetzA übergeben wird, ist ein Konsultationsverfahren nach Abs. 3 durchzuführen. Die VNB sind verpflichtet, mit den ÜNB zusammenzuarbeiten und Informationen herauszugeben. Dem Netzentwicklungsplan ist eine Erklärung über die Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung und über die Ergebnisse der Abwägung mit anderen Planungsmöglichkeiten beizufügen (Abs. 4). Abs. 5 legt fest, wann der Netzentwicklungsplan der BNetzA vorzulegen ist.
2. Regelungszweck Die Norm legt den wesentlichen Inhalt des Netzentwicklungsplans fest. Sie betont das 2 NOVA-Prinzip, wonach zunächst eine Optimierung vor einer Verstärkung und vor dem Ausbau stattfinden muss. Der Schritt von der Genehmigung des Szenariorahmens zur Übergabe des Entwurfs des Netzentwicklungsplans an die BNetzA wird geregelt. Darüber hinaus werden die Pflichten der ÜNB und der VNB konkretisiert. Die ÜNB geben der Öffentlichkeit, Träger öffentlicher Belange und Landesenergieaufsichtsbehörden Gelegenheit zur Äußerung. Damit dient die Norm der Öffentlichkeitsbeteiligung und steigert die Transparenz des Prozesses der Erarbeitung eines Netzentwicklungsplans.
3. Entstehungsgeschichte Die Norm dient der Umsetzung des Art. 22 der RL 2009/72/EG.1 § 12b ist – vom Regierungsent- 3 wurf ausgehend – im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens 2011 nur geringfügig verändert worden. Es wurden verschiedene Anträge diskutiert, die zum Großteil jedoch abgelehnt wurden. Ein Vorschlag des Bundesrates, den Begriff der Pilotprojekte zu streichen, da die Projekte in zehn Jahren ihren Pilotcharakter verloren haben, hat sich aufgrund ablehnender Haltung der Bundesregierung im weiteren Verfahren nicht durchgesetzt.2 Auch eine Ergänzung des Bundesrates zur Netzmodellierung, mit der die Berücksichtigung innovativer Technologien festgeschrieben werden sollte,3 wurde nicht aufgenommen. Der Bundesrat forderte zudem eine stärkere Beteiligung der Bundesländer. Die Nennung der Energieaufsichtsbehörden der Länder bei der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde daraufhin ergänzt. Im Jahr 2015 wurde das System der Bedarfsermittlung von einem jährlichen auf einen alle 4 zwei Jahre durchzuführenden Prozess umgestellt.4 Mit dem ersten Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts5 erfolgten Vorgaben zur zeitlichen Abfolge der Bedarfsermittlung. Darüber hinaus wurde die Aufzählung zum Inhalt des Netzentwicklungsplans um neue Technologien und anderweitige Planungsmöglichkeiten erweitert. Die Vorgaben zum Inhalt des Netzentwicklungsplans wurden zudem durch das Gesetz zur 5 Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Ände1 RL 2009/72/EG v. 13.7.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der RL 2003/54/EG, ABl. EU Nr. L 2111, S. 55 (Stromrichtlinie). BR-Drucks. 343/11, S. 3; Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 17/6248, S. 21 f. BR-Drucks. 343/11, S. 3. Siehe hierzu § 12a EnWG Rn 15. Gesetz vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2194. Zu den Änderungen siehe Ruge, EnZW 2015, 497, 499.
2 3 4 5
77
Heimann
§ 12b EnWG
II. Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die ÜNB
rungen des Rechts der erneuerbaren Energien6 angepasst. Diese Änderung dient der Verzahnung mit den Regelungen des Gesetzes zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (Windenergie-auf-See-Gesetz – WindSeeG).7 Der Inhalt des bisherigen Offshore-Netzentwicklungsplans ging 2018 teilweise in den Netzentwicklungsplan, teilweise in den Flächenentwicklungsplan nach §§ 4 ff WindSeeG über. 6 Nach der weiteren Novelle des EnWG durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz)8 sind die Regelungen der Spitzenkappung bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans anzuwenden. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus9 erfolgte 2019 eine Festlegung des Adressatenkreises für die Netzentwicklung auf Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung.
II. Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die ÜNB 1. Bedeutung eines gemeinsamen Netzentwicklungsplans 7 Die Bedeutung eines gemeinsamen Netzentwicklungsplans der ÜNB ergibt sich zunächst aus Art. 22 Abs. 2 der RL 2009/72/EG. Danach dient der Netzentwicklungsplan insbesondere dazu, den Marktteilnehmern Angaben darüber zu liefern, welche wichtigen Übertragungsinfrastrukturen in den nächsten zehn Jahren errichtet oder ausgebaut werden müssen, alle bereits beschlossenen Investitionen aufzulisten und die neuen Investitionen zu bestimmen, die in den nächsten drei Jahren durchgeführt werden müssen. Der Netzentwicklungsplan wird bezeichnet als Investitionsrahmenplan, der als energiewirtschaftliche Grundlage für die weiteren Planungs- und Genehmigungsentscheidungen zum Stromnetzausbau dient.10 Über diese europarechtlichen Vorgaben ist der deutsche Gesetzgeber in der Ausgestaltung der §§ 12a ff. hinausgegangen. 8 Aus dem Gesetz ergibt sich die Aufgabenverteilung: Es handelt sich um einen gemeinsamen Netzentwicklungsplan der ÜNB mit Regelzonenverantwortung.11 Die VNB sind gem. § 12b Abs. 3 S. 4 verpflichtet, mit den ÜNB zusammenzuarbeiten und für die Erstellung des Netzentwicklungsplans notwendige Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Betreiber von Übertragungsnetzen legen der Regulierungsbehörde den Entwurf des Netzentwicklungsplans vor. Die Regulierungsbehörde kann Änderungen durch die ÜNB verlangen (§ 12c Abs. 1). Anders als beim Szenariorahmen gibt es keine Genehmigung, sondern eine Bestätigung.12 9 Im Ergebnis bildet der Netzentwicklungsplan ein mögliches Netz ab, das bei den vorausgesetzten Anforderungen und Prämissen den benötigten Übertragungsbedarf sicherstellt. Es handelt sich nicht um konkrete Trassenverläufe, sondern um die Dokumentation des notwendigen Übertragungsbedarfs zwischen Netzknoten (Anfangs- und Endpunkte der zukünftigen Leitungsverbindungen). Nach einem weiteren Konsultationsverfahren und der Bestätigung durch die BNetzA wird der Netzentwicklungsplan mindestens alle vier Jahre als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan der Bundesregierung übermittelt.13
6 Gesetz vom 13.10.2016, BGBl. I S. 2258. 7 Gesetz vom 13.10.2016, BGBl. I S. 2258. Siehe hierzu § 17d EnWG Rn 2 ff. 8 Gesetz vom 26.7.2016, BGBl. I S. 1786. 9 Gesetz vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. Hierzu Ruge, ER 2019, 125, 139. 10 So Appel, UPR 2011, 406, 412; Kment/Posser § 12b EnWG Rn 1; BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 9. 11 Zur Bedeutung der Gemeinsamkeit im Gegensatz zu der früheren Planung, vgl. § 12a EnWG Rn 10. 12 Siehe hierzu § 12c EnWG Rn 45 ff. 13 Gemäß § 12e EnWG sind der Netzentwicklungsplan und der Offshore-Netzentwicklungsplan als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan vorzulegen. Der Offshore-Netzentwicklungsplan wird ab 2018 nicht mehr aufgestellt. Siehe hierzu § 17b EnWG Rn 45. Heimann
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2. Erarbeitung des Netzentwicklungsplans
EnWG § 12b
2. Erarbeitung des Netzentwicklungsplans a) Schritte zur Erstellung des Netzentwicklungsplans. Der Netzentwicklungsplan wird unter Zugrundelegung des genehmigten Szenariorahmens erarbeitet. Um ein Netz zu berechnen, das den Anforderungen der §§ 12b ff. gerecht wird, sind zusätzliche Informationen und Annahmen erforderlich. Dabei sind die Schritte Regionalisierung, Modellierung der Stromeinspeisung und Marktsimulation14 von entscheidender Bedeutung. Die Bestimmung der Netzbelastung erfolgt auf Basis der betriebsmittelscharfen Nachbildung des Übertragungsnetzes. In der Folge wird ein Netz berechnet. Diese Netzberechnungen müssen analysiert und der Netzoptimierungs-, Netzverstärkungs- und Netzausbaubedarf ermittelt werden. Schließlich erfolgt eine Bewertung der Systemstabilität. Dem gesamten Prozess liegen Planungsgrundsätze zu Grunde.15 Diese beinhalten beispielsweise die Anwendung des NOVA-Prinzips, des (n-1)-Kriteriums, der Berücksichtigung von Belastungsgrenzen der Betriebsmittel und der Einhaltung von Spannungsbändern für einen stabilen Netzbetrieb. Die ÜNB haben gem. § 12b Abs. 1 S. 5 bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans eine geeignete und für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbare Modellierung des deutschen Übertragungsnetzes zu nutzen. Die Netzplanung setzt auf dem heutigen Übertragungsnetz (sog. Ist-Netz) auf. Bekannte Ausbau- und Verstärkungsmaßnahmen werden bei der Netzplanung im Rahmen des sog. Startnetzes16 berücksichtigt. Das Startnetz bildet das Netzmodell, von dem ausgehend alle weiteren Prüfungen durchgeführt werden.17 Es besteht aus dem zum Zeitpunkt der Prüfung jeweils vorhandenen Übertragungsnetz und den im EnLAG vorgesehenen Leitungen, für die der Gesetzgeber die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf bereits vor der Schaffung der Netzentwicklungsplanung festgestellt hatte. Zusätzlich zählt die Bundesnetzagentur auch solche Maßnahmen zum Startnetz, die bereits heute im Bau sind oder bei denen der Baubeginn unmittelbar bevorsteht. Dafür wurde von der jeweils zuständigen Planfeststellungsbehörde die energiewirtschaftliche Notwendigkeit festgestellt. Zudem zählen auch Vorhaben aus dem Bundesbedarfsplangesetz grundsätzlich zum Startnetz, sofern für sie bereits ein Antrag auf Planfeststellung vorliegt. Ob darüber hinaus gehende Maßnahmen ebenfalls im Startnetz zu betrachten sind, ist im Einzelfall zu entscheiden. Nicht ausreichen dürfte die Beantragung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV. Ziel der Netzplanung ist die Ermittlung der Ergebnismaßnahmen. Startnetz und das jeweils betrachtete Zubaunetz (also die Summe bestimmter Zubaumaßnahmen) ergeben zusammen ein Zielnetz.18 Zunächst erfolgt eine Regionalisierung.19 Im Rahmen der Regionalisierung werden Aussagen zu bestehender und zuzubauender Erzeugungsleistung getroffen. Es erfolgt eine Zuordnung der bundesweit aggregierten Daten auf die einzelnen Netzknoten. Die Regionalisierung wurde im Vergleich zu den ersten Durchgängen der Netzentwicklungsplanung fortentwickelt. Aktuelle Angaben finden sich im bereits in der Genehmigung des Szenariorahmens bzw. im jeweils aktuellen Netzentwicklungsplan.20 Mit der Zuordnung der Daten auf die einzelnen Netzknoten liegen die Eingangsdaten für die Marktmodellierung21 vor. Nach den Anforderungen des § 12b Abs. 1 S. 5 haben die ÜNB eine geeignete und für den sachkundigen Dritten nachvollziehbare Modellierung des deutschen
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Hierzu BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 17 ff. 50Hertz/Amprion/TenneT/Transnet BW, Grundsätze für die Planung des deutschen Übertragungsnetzes, 2018. Hierzu BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 22 und 58 ff. BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 35. BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 39. Hierzu BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 18.; Kment/Posser § 12b EnWG Rn 13. Hierzu BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 30 ff. Hierzu BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 32 ff BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 19; Kment/Posser § 12b EnWG Rn 14 ff. 79
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Übertragungsnetzes zu nutzen. Es besteht eine Darlegungslast der ÜNB.22 Ebenso wie der Anspruch auf Datenherausgabe nach § 12f dient diese Anforderung der Transparenz der Netzplanung. Bei der Modellierung der Stromeinspeisung bzw. der Marktsimulation werden die erwartete Einspeisung aus erneuerbaren Energien, die Netzlast und der daraus resultierende Kraftwerkseinsatz simuliert. Das Ergebnis der Marktsimulation ist je nach Szenario ein wirtschaftlich optimierter Kraftwerkseinsatz zur Deckung der residualen Nachfrage nach elektrischer Energie. Die Marktsimulation bildet einen Stundenmittelwert der Einspeise- und Nachfragesituationen und erzeugt so für jede der 8.760 Stunden eines Jahres einen individuellen Netznutzungsfall. Ergebnis der Marktsimulationen sind die Einspeiseleistungen eines Jahres pro Energieerzeugungsanlage und die sich in Verbindung mit der jeweiligen Nachfragesituation ergebenden Handelsflüsse. Die Marktsimulation dient u. a. der Ermittlung der Einhaltung der Ziele der Bundesregierung: Die Annahmen im Szenariorahmen und die energiepolitischen Ziele beeinflussen einander. Die Einhaltung der Ziele kann erst über die Marktsimulation quantifiziert werden.23 Nach Abs. 1 S. 3 EnWG sind die ÜNB im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans 14 verpflichtet, die Regelungen der Spitzenkappung nach § 11 Abs. 2 bei der Netzplanung anzuwenden. Die Spitzenkappung beschreibt die Berücksichtigung der Abregelung von Einspeisespitzen der Onshore-Windenergie- und Photovoltaikanlagen in der Netzplanung, um Netzausbau für selten auftretende Einspeisespitzen zu vermeiden. Dies soll dazu beitragen, den Netzausbaubedarf auf ein wirtschaftlich sinnvolles Maß zu verringern.24 Diese Vorgabe gilt ebenso für den Szenariorahmen.25 Die Bestimmung der Netzbelastung erfolgt auf Basis der betriebsmittelscharfen Nachbil15 dung des Übertragungsnetzes. Die Ergebnisse der Marktsimulation inklusive deren regionaler Verteilung dienen als Eingangsgrößen der Netzanalysen. Für die Netzdimensionierung sind die Daten weiter aufzubereiten. Die Marktdaten werden als Mittelwert über jede Stunde und für jeden Knoten an das Programm für die Netzberechnung übergeben. Vereinfacht dargestellt errechnet das Programm ein mögliches Netz. Diese Netzberechnungen müssen analysiert und der Netzoptimierungs-, Netzverstärkungs- und Netzausbaubedarf ermittelt werden. Schließlich erfolgt eine Bewertung der Systemstabilität.26
16 b) Zusammenarbeit mit den VNB (Abs. 3 S. 4). Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind zur Zusammenarbeit und zur Informationsherausgabe verpflichtet. VNB sind gem. § 3 Nr. 3 „natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verteilung von Elektrizität wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen“. Hierbei gelten die Entflechtungsvorschriften der §§ 6 ff.27 Ein sicheres Netz kann nur geplant werden, wenn die maßgeblichen Informationen der vor- bzw. nachgelagerten Netze vorliegen. Das gewährleistet § 12b Abs. 3 S. 4 im Hinblick auf den Informationsfluss von den VNB zu den ÜNB. Diesem Zweck dient auch die Vorschrift des § 12 Abs. 2, wonach ÜNB notwendige Informationen bereitstellen, um den sicheren und effizienten Betrieb, den koordinierten Ausbau und den Verbund sicherzustellen. Inhalt der Zusammenarbeitspflicht kann insbesondere sein, dem vorgelagerten Netzbetreiber die notwendigen Informationen über die vo-
22 23 24 25 26 27
Danner/Theobald/Kober, § 12b EnWG Rn 30. Siehe dazu Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, 2. Entwurf S. 89 ff. BT-Drucks. 18/7317, S. 85; Danner/Theobald/Kober, § 12b EnWG Rn 20a. Siehe hierzu § 12a EnWG Rn 27. Siehe dazu Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030, 2. Entwurf, S. 166 ff. Hierzu § 2 NABEG Rn 27.
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raussichtliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage im Verteilernetz mitzuteilen.28 Dies ist insbesondere erforderlich, weil die ÜNB keinen Einfluss auf Erzeugung und Verbrauch haben, ihr Netz aber darauf ausrichten müssen. Auf Anforderung sind diese Informationen unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Ebenso wie der Anspruch nach § 12f auf Datenherausgabe ist dieser Anspruch auf die erforderlichen Informationen begrenzt.29 Die Erforderlichkeit ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Gleichzeitig haben die VNB an verschiedenen Stellen im Planungsprozess (§§ 12a, 12b Abs. 3 17 und 12c) die Gelegenheit zur Stellungnahme. Damit können sie auf eine koordinierte Planung hinwirken. Eine gesonderte Verpflichtung der VNB ergab sich bisher aus § 14 Abs. 1a: Stromnetzbetrei- 18 ber mit 10.000 Kunden oder mehr haben auf Verlangen der Regulierungsbehörde innerhalb von zwei Monaten einen Bericht über den Netzzustand und die Netzausbauplanung vorzulegen. Eine weitergehende Verpflichtung trifft Betreiber von 110 kV-Netzen. Diese haben gem. § 14 Abs. 1b jährlich Netzkarten mit den Engpassregionen ihres Hochspannungsnetzes und ihre Planungsgrundlagen zur Entwicklung von Ein- und Ausspeisungen in den nächsten zehn Jahren in einem Bericht auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und der BNetzA zu übermitteln. Zusätzliche Anforderungen an den Netzentwicklungsplan der VNB ergeben sich aus Art. 32 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019.30 Danach müssen VNB mindestens alle zwei Jahre einen Plan zur Netzentwicklung veröffentlichen. Dieser Plan soll für Transparenz sorgen bei den erforderlichen mittel- und langfristigen Flexibilitätsleistungen. Er hat die in den nächsten fünf bis zehn Jahren geplanten Investitionen zu enthalten. Dabei sind z. B. Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zu berücksichtigen. Dieser Plan thematisiert nach den Vorgaben der Richtlinie zudem die Nutzung von Laststeuerung, Energieeffizienz, Energiespeicheranlagen und anderen Ressourcen, auf die als Alternative zum Netzausbau zurückgegriffen wird. Der VNB hat den Netzentwicklungsplan zu konsultieren, die Ergebnisse des Konsultationsverfahrens zusammen mit dem Netzentwicklungsplan zu veröffentlichen und der Regulierungsbehörde vorzulegen. Die Regulierungsbehörde kann Änderungen des Plans verlangen (Art. 32 Abs. 4 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019). Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019 wird umgesetzt mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht.31 Die bisher maßgeblichen § 14 Absätze 1a und 1b werden aufgehoben und durch die Neuregelung des § 14 Absatz 3 und § 14d ersetzt.32 Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben nunmehr der Regulierungsbehörde alle zwei Jahre einen Plan für ihr jeweiliges Elektrizitätsverteilernetz vorzulegen (Netzausbauplan). Aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den Netzentwicklungsplänen der Übertragungsnetzbetreiber und den Netzausbauplänen der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind die relevanten Regionalszenarien unter Einbeziehung der relevanten Übertragungsnetzbetreiber zu entwickeln.33 Für Netzbetreiber mit weniger als 100 000 angeschlossenen Kunden gelten Sonderregelungen (Art. 32 Abs. 5 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019 bzw. § 14d Abs. 6). Bedeutung erlangen die Informationspflichten des EnWG insbesondere auch bei dem Zu- 19 sammenführen von gemeinsamen Maßnahmen (z. B. 110 und 380 kV auf einem Mehrfachgestänge) gem. § 2 NABEG.34
28 BT-Drucks. 17/6072, S. 69. Hierzu auch BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 77 ff. 29 Zur Auslegung des Merkmals der Erforderlichkeit siehe § 12f EnWG Rn 10. 30 Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.6.2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU, Amtsblatt EU L 158/125 vom 14.6.2019 (Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie). 31 Gesetz vom 16.7.2021, BGBl. I S. 3026. 32 Siehe hierzu § 14d EnWG. 33 BR Drs 165/21, 116. 34 Siehe hierzu § 2 NABEG Rn 20 ff. 81
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III. Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 2)
3. Zeitpunkt der Vorlage 20 Der bis zur Umstellung auf den Zweijahresturnus geltende feste Zeitpunkt zur Vorlage des Netzentwicklungsplans wurde in eine gleitende Frist geändert und an den Verlauf des Verfahrens zur Erstellung des Szenariorahmens angepasst.35 Das Gesetz sieht vor, dass die ÜNB den Entwurf des Netzentwicklungsplans spätestens bis 21 zum 10. Dezember eines jeden geraden Kalenderjahres veröffentlichen sollen. Die Festlegung dieses Datums dient dazu eine effektive Konsultation zu gewährleisten. Damit kann sich insbesondere die Öffentlichkeit besser auf dieses Zieldatum einstellen. In begründeten Ausnahmefällen besteht jedoch auch die Möglichkeit, den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans unverzüglich nach Verstreichen der Frist zu veröffentlichen.36 § 12b Abs. 5 bestimmt, dass die Vorlage des konsultierten und überarbeiteten Entwurfs des 22 Netzentwicklungsplans unverzüglich nach Fertigstellung, jedoch spätestens zehn Monate nach Genehmigung des Szenariorahmens gemäß § 12a Absatz 3 Satz 1 zu erfolgen habe. Nach den allgemeinen Maßstäben bedeutet „unverzüglich“ ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB). Gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3b handeln die ÜNB ordnungswidrig, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12b Abs. 5 einen Netzentwicklungsplan nicht oder nicht rechtzeitig vorlegen.
III. Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 2) 23 Die Anforderungen an den Inhalt des Netzentwicklungsplans werden in Abs. 1 und 2 näher ausgeführt. Der gemeinsame nationale Netzentwicklungsplan muss alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Netzes für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb in den nächsten zehn bis 15 Jahren (je nach Betrachtungszeitraum des Szenariorahmens) enthalten. Er beinhaltet alle Ergebnismaßnahmen, die nach den Szenarien des Szenariorahmens erforderlich sind. Darüber hinaus werden einzelne Angaben vorgegeben, die der Netzentwicklungsplan zu enthalten hat.
1. NOVA-Prinzip 24 Die Netzplanung erfolgt nach dem NOVA-Prinzip: Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzausbau. Im Einklang mit dem EEG sowie § 11 sind dazu zunächst die Potenziale der Netzoptimierung und Netzverstärkung auszuschöpfen, um einen kostenoptimalen und ökologischen Ausbau sicherzustellen. Gesetzlich ist hierfür das genannte Stufenkonzept mit jeweils höherem Kostenaufwand vorgesehen.37 Erst bei Ausschöpfen der Optimierungs- und Verstärkungsmöglichkeiten soll ein Netzausbau erfolgen. Optimierungsmaßnahmen sind beispielsweise die Regelung des Lastflusses38 mittels Quer25 reglern oder die Nutzung der Netzreserven durch Einsatz eines Leitungsmonitorings.39 Insbesondere die Nutzung von Potenzialen der witterungsabhängigen Belastbarkeit40 dient als Optimierungsmaßnahme. Die Nutzung eines Leiterseils wird unter Normwitterungsbedingungen definiert. Bei zusätzlichen Kühlungseffekten – beispielsweise durch Wind – können die Leiterseile eine höhere Belastbarkeit aufweisen, die zur Netzoptimierung genutzt werden kann. Es handelt sich in der Re35 36 37 38 39
BT Drs 18/4655, S. 31. BT Drs 18/4655, S. 31. SRU, Wege zu 100 % erneuerbaren Stromerzeugung, S. 296. Hierzu BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 40. Britz/Hellermann/Hermes/Sötebier, § 11 EnWG Rn 57; Danner/Theobald/Kober, § 12b EnWG Rn 16; SRU, Wege zu 100 % erneuerbaren Stromerzeugung, S. 296. 40 Vgl. zur Änderung des Betriebskonzepts § 3 Nr. 1 c) NABEG. Heimann
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3. Erforderlichkeit nach den Szenarien des Szenariorahmens
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gel um Maßnahmen, die durch eine veränderte Betriebsführung ohne Veränderung des Netzes erfolgen können. Wenn eine Optimierung der Netze nicht ausreicht, sind insbesondere Verstärkungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Hier sind neben dem Austausch (z. B. durch Hochtemperaturleiterseile) oder der Zubeseilung auf vorhandenem Gestänge auch die Erneuerung von Schaltanlagen oder der Austausch von Geräten denkbar.41 Diese Maßnahmen dienen v. a. der Erhöhung der Übertragungskapazität von Stromkreisen. Bestehende Trassen werden genutzt. Falls diese ersten zwei kostengünstigeren Optionen nicht ausreichen, ist ein Neubau durchzuführen. Unter die Ausbaumaßnahmen fallen insbesondere der Zubau von 380 kV-Drehstrom-Leitungen oder HGÜ-Leitungen sowie die Errichtung von neuen Schaltanlagen. Dabei geht es um die Erweiterung des Übertragungsnetzes über den Bestand hinaus.42
2. Sicherer und zuverlässiger Netzbetrieb Darüber hinaus ist ein sicherer und zuverlässiger Netzbetrieb zu gewährleisten. Diese Anfor- 26 derung folgt dem (n-1)-Kriterium, wonach das Netz so auszulegen ist, dass zu jeder Zeit ein Betriebsmittel (z. B. Transformator, Kraftwerk, Leitung) ausfallen kann, ohne dass es zu einer Überlastung eines anderen Betriebsmittels oder zu einer Unterbrechung der Energieversorgung kommt.43 Bei den Netzberechnungen ist das Netz also so zu planen, dass bei den prognostizierten Übertragungs- und Versorgungsaufgaben sowohl bei Ausfall als auch bei betrieblicher Ausschaltung eines Betriebsmittels die Netzsicherheit gewährleistet bleibt. Ist ein Netz (n-1)-sicher geplant, treten keine Versorgungs- oder Einspeiseunterbrechungen auf.44 Aufzunehmen sind im Netzentwicklungsplan alle wirksamen Maßnahmen. Dazu zählen 27 auch Betriebseinrichtungen und Nebenanlagen.45 Eine von den ÜNB vorgeschlagene Maßnahme ist wirksam, wenn sie eine drohende Überlastung im Übertragungsnetz verhindert. Berücksichtigt werden dabei (n-0)- und (n-1)-Überlastungen, also nur solche, die entweder schon im Grundzustand des Übertragungsnetzes oder aber bei Ausfall eines Betriebsmittels (z. B. einer Leitung, eines Umspannwerks, usw.) auftreten. Eine Ausbaumaßnahme kann aus Effizienzgründen auf der Ebene des Übertragungsnetzes auch wirksam sein, wenn dadurch die unterlagerten Spannungsebenen entlastet werden.46
3. Erforderlichkeit nach den Szenarien des Szenariorahmens § 12b Abs. 2 S. 1 legt fest, dass der Netzentwicklungsplan alle Maßnahmen umfasst, die nach 28 den Szenarien des Szenariorahmens erforderlich sind, um die Anforderungen des NOVA-Prinzips und des sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs zu erfüllen. Nach der Gesetzesbegründung ist der konkrete Ausbaubedarf aus den Szenarien zu entwickeln.47 Der Netzentwicklungsplan ist nicht allein aus einem Szenario zu entwickeln, sondern aus allen Szenarien des genehmigten Szenariorahmens. Der sich daraus ergebende Transportbedarf kann in allen Szenarien ganz oder teilweise identisch sein.48 Der Netzentwicklungsplan wird mindestens alle vier 41 BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 41; zu Verstärkungsmaßnahmen siehe Britz/Hellermann/Hermes/Sötebier, § 11 EnWG Rn 58. 42 So Danner/Theobald/Kober, § 12b EnWG Rn 16. 43 BT-Drucks. 16/10491, S. 9. 44 Näher dazu 50Hertz/Amprion/TenneT/Transnet BW, Grundsätze für die Planung des deutschen Übertragungsnetzes, Juli 2018, S. 24 f. 45 Hierzu Kment/Posser, § 12b EnWG Rn 20. 46 BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 49. 47 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 48 Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12b Rn 23. 83
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III. Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 2)
Jahre als Entwurf eines Bundesbedarfsplans der Bundesregierung übermittelt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist eine Entscheidung für Vorhaben erforderlich, deren energiewirtschaftlicher Notwendigkeit und vordringlicher Bedarf festgestellt wird. Es muss eine Konkretisierung der Maßnahmen erfolgen. Die Bindungswirkung des Bundesbedarfsplans kann sich nur auf eindeutige Vorhaben beziehen, nicht auf alternative Möglichkeiten.49 Dies ergibt sich auch aus der Formulierung des Abs. 1 S. 1, wonach auf der Grundlage des Szenariorahmens ein Plan vorgelegt wird. Daher ist im Ergebnis auch bei dem zur Bestätigung vorgelegten Netzentwicklungsplan erforderlich, dass es sich um eindeutige Vorhaben handelt, für die der Bedarf festgelegt wird. Mit Aufnahme in den Bundesbedarfsplan ist für gerade diese Vorhaben auch die Planrechtfertigung gegeben. Die hiermit verbundene Beschleunigung des Zulassungsverfahrens würde nicht erreicht, wenn im Rahmen der Zulassungsverfahren erneut der Bedarf wegen bestehender Alternativen geprüft würde.
4. Zeitplan, Ausbaubedarf der nächsten drei Jahre und Verzögerungen 29 Abs. 1 S. 4 definiert die weiteren Anforderungen für Angaben, die der Netzentwicklungsplan enthalten soll. Unter Nr. 1 sind alle Netzausbaumaßnahmen aufzunehmen, die in den nächsten drei Jahren ab Feststellung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind.50 Nach Nr. 2 ist ein Zeitplan für alle Netzausbaumaßnahmen erforderlich. Dies ist in Verbindung mit Nr. 4 zu betrachten, nach der jeweils der Stand der Umsetzung des vorhergehenden Netzentwicklungsplans und bei Verzögerungen die dafür maßgeblichen Gründe zu erläutern sind. Diese Angaben ermöglichen – gemeinsam mit dem Umsetzungsbericht nach § 12d – eine kontinuierliche Überwachung des Umsetzungsstands der Investitionen. Falls erforderlich kann die BNetzA Maßnahmen zur Durchsetzung des Netzentwicklungsplans ergreifen. Hat der Netzbetreiber die Verzögerung zu vertreten, kann die Regulierungsbehörde entweder den Netzbetreiber zur Durchführung der Investition auffordern oder ein Ausschreibungsverfahren einleiten, an dessen Ende dann Dritte die Investition durchführen. 30 Anders als in den übrigen §§ 12a ff. sind bei den Zeitplänen nur Ausbaumaßnahmen genannt. Für die Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen gilt die Anforderung nach dem Wortlaut der Norm demnach nicht. Die Vorgabe ist jedoch im Lichte des Art. 22 der RL 2009/72/ EG europarechtskonform auszulegen. Die Richtlinie erwähnt allgemein Investitionen bzw. einen Zeitplan für Investitionsprojekte. Ebenso spricht § 65 Abs. 2a allgemein von Investitionen, die nach dem Netzentwicklungsplan durchzuführen sind.51 Eine Differenzierung nach den Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen erfolgt nicht. Dies spricht dafür, dass auch in § 12b Abs. 1 S. 4 umfassend alle Investitionen erfasst sein sollen. Ein Zweck des Netzentwicklungsplans liegt nach Art. 22 Abs. 1 lit. c der RL 2009/72/EG darin, den Marktteilnehmern Angaben darüber zu liefern, welche wichtigen Übertragungsinfrastrukturen in den nächsten zehn Jahren errichtet oder ausgebaut werden müssen. Das weist ebenfalls auf eine umfassende Auslegung hin. Ebenso ergibt sich bei der Auslegung nach dem Sinn und Zweck, dass ein Zeitplan auch für Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen erforderlich ist, da nur insgesamt ein sicheres Netz gewährleistet werden kann.52 31 Das Gesetz verwendet in Nr. 1 die Formulierung „Feststellung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde“. Eine Feststellung gibt es allerdings nicht. Gemeint ist an dieser
49 Zum Inhalt und zur Bindungswirkung des Bundesbedarfsplans siehe § 12e EnWG Rn 1 ff; § 1 BBPlG Rn 1 ff. 50 Dies hat Bedeutung für potentielle Aufsichtsmaßnahmen gem. § 65 Abs. 2a EnWG, vgl. Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 22. 51 Hierzu § 12c EnWG Rn 46. 52 So auch Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 26. Heimann
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5. Übertragungstechnologie und Pilotprojekte
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Stelle die Bestätigung des Netzentwicklungsplans nach § 12c.53 Erst zu diesem Zeitpunkt liegt eine Verbindlichkeit vor. Allenfalls kann man an dieser Stelle differenzieren zwischen der Behördenentscheidung und dem Zeitpunkt des Eintritts der formellen Rechtskraft der Entscheidung. Da eine Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat (§ 76), ist an dieser Stelle auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Bestätigung des Netzentwicklungsplans gegenüber den ÜNB abzustellen.
5. Übertragungstechnologie und Pilotprojekte Zudem soll der Netzentwicklungsplan Angaben zu der zu verwendenden Übertragungstechnologie enthalten (Nr. 5). Bei den Übertragungstechnologien kann beispielsweise differenziert werden zwischen konventionellen 380 kV-Drehstromfreileitungen, Drehstromfreileitungen mit höheren Spannungen, erdverlegten 380 kV-Drehstromkabeln, Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) auf Basis von Freileitungen, erdverlegten HGÜ-Kabeln und Gasisolierten Leitern (GIL). Allerdings ist insbesondere die Festlegung, ob und auf welchen Abschnitten ein Vorhaben als Freileitung oder als Erdkabel realisiert wird, grds. auf die nachfolgenden Planungsstufen zu verschieben.54 Eine Besonderheit spielt dabei Nr. 3. Diese befasst sich mit den im Netzentwicklungsplan aufzunehmenden Pilotprojekten. Die ÜNB sind bei der Aufstellung des Netzentwicklungsplanes verpflichtet, für Pilotprojekte die wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten zum Einsatz neuer Technologien zur Übertragung großer Strommengen wie der Hochspannungsgleichstromübertragung und Hochtemperaturleiterseilen zu bewerten und ggf. in ihre Netzausbauplanung einzubeziehen.55 Das Gesetz differenziert dabei: Während für die verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen und für die Prüfung des Einsatzes von neuen Technologien mehrere Pilotprojekte auszuweisen sind, wurde bei dem Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen der Singular „Pilotprojekt“ verwendet. Es reicht insofern ein Pilotprojekt für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen aus. Aufgrund des NOVA-Prinzips sind aber auch mehrere Pilotprojekte möglich. Seit der Novelle 2015 sind auch sonstige Pilotprojekte erfasst. Die Regelung trägt laut Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung, dass die ÜNB kontinuierlich neue Technologien auf eine mögliche Einsatzfähigkeit im Übertragungsnetz hin überprüfen und gegebenenfalls als Pilotprojekte in die Planung einbeziehen sollen. Damit soll sichergestellt werden, dass auch weiterhin neue technische Entwicklungen, die zur Minimierung des Ausbaubedarfs führen könnten, in der Netzentwicklungsplanung berücksichtigt und bewertet werden.56 Für die Pilotprojekte ist die technische Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Dieser Zusatz steht zwar nicht hinter allen Pilotprojekten der Nr. 3, Sinn und Zweck eines Pilotprojektes sprechen jedoch dafür, dass eine solche Bewertung bei allen Pilotprojekten erfolgen soll. Pilotprojekte haben den Zweck, die Auswirkungen der jeweiligen Technik auf die Systemsicherheit, die Umwelt und die langfristige Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung zu prüfen. Es sollen Erfahrungen gesammelt werden, um eine bessere Grundlage für die Technikbewertung zu erhalten. Pilotprojekte sind sinnvoll, um in Bezug auf die Praxistauglichkeit im Rahmen von Einzelprojekten erste Erfahrungen zu sammeln und Hypothesen zu verifizieren.57 Belastbare Aussagen lassen sich erst nach mehrjähriger Betriebserfahrung treffen. Zusätzliche Berichts53 So auch Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 23; Kment/Posser § 12b EnWG Rn 44. 54 So auch Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 29. BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 42 sieht die Angaben zur Technik als Erdkabel als erforderlich an, da diese u. a. Einfluss auf die Übertragungskapazitäten und die Kosten haben. 55 BT-Drucks. 17/6072, S. 68. 56 BT-Drucks. 18/4655, S. 31. 57 BNetzA in der der Stellungnahme zum EnLAG in der Ausschussdrucksache v. 12.12.2008, BT-Drucks. 16/(9)1311. 85
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§ 12b EnWG
III. Inhalt des Netzentwicklungsplans (Abs. 1 und 2)
pflichten enthält daher das BBPlG. Nach § 5 BBPlG haben die ÜNB über die technische Durchführbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkungen zu berichten. Der Bericht kann mit dem Netzentwicklungsplan oder dem Umsetzungsbericht verbunden werden. Sinn eines Pilotprojektes ist der Nachweis der Eignung des Piloten insbesondere auch im Hinblick auf dessen Nachhaltigkeit. Im Zeitraum bis zum Nachweis der technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Eignung und deren Nachhaltigkeit muss eine bewährte Lösung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik im Sinne von § 49 für die Sicherung der Übertragungsaufgaben genutzt werden. Die Netzsicherheit darf durch den Pilotversuch nicht gefährdet werden.58 Es ist fraglich, ob die HGÜ-Technik auf Dauer als Pilottechnik zu qualifizieren ist. Bereits jetzt gibt es internationale Erfahrungen und auch im Offshore-Bereich kommt die HGÜ-Technik regelmäßig zur Anwendung. Ebenso kommen Hochtemperaturleiterseile vermehrt zum Einsatz. Nach dem NOVA-Prinzip prüfen die ÜNB, ob durch den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen ein Neubau von Leitungen vermieden werden kann. Dies entspricht nicht mehr dem Charakter einer Pilottechnologie, sondern zeigt den Übergang zur Technik, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 49 EnWG) entspricht.59
6. Anderweitige Planungsmöglichkeiten (Abs. 1 S. 4 Nr. 6) 37 Die Ergänzung der „Darlegung der in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten von Netzausbaumaßnahmen“ im Katalog der aufzunehmenden Inhalte dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung.60 Es war umstritten, inwiefern die ÜNB Alternativen im Netzentwicklungsplan darzulegen hatten.61 Bereits nach Abs. 4 war eine Abwägung mit den geprüften, in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten erforderlich. Dies setzt eine Alternativenbetrachtung voraus. Nunmehr ist eindeutig geregelt, dass neben den anderweitigen Planungsmöglichkeiten, die sich aus den Szenarien des Szenariorahmens ergeben, auch anderweitige Planungsmöglichkeiten von Netzausbaumaßnahmen im Netzentwicklungsplan darzulegen sind. Gemeint sind damit vor allem anderweitige Planungsmöglichkeiten von Netzverknüpfungspunkten (Anfangs- und Endpunkt) sowie die Prüfung des Verzichts auf einen Neubau und dessen Ersatz durch eine Optimierung oder Verstärkung des bestehenden Netzes. Diese Klarstellung ist zu begrüßen. Sie dient u. a. der Konsistenz mit den umweltfachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung. Im Rahmen der SUP zum Bundesbedarfsplan sind Alternativen zu prüfen.62 Zudem soll sie die Akzeptanz des Netzausbaus steigern.63
7. Einbeziehung des Offshore-Bereichs (Abs. 1 S. 4 Nr. 7 und Abs. 1 S. 6) 38 Inhalt des Netzentwicklungsplans sind ab 2018 auch alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der Offshore-Anbindungsleitungen in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer einschließlich der Netzanknüpfungs-
58 So auch der BDEW in der Stellungnahme zum EnLAG in der Ausschussdrucksache v. 11.12.2008, BT-Drucks. 16/ (9)1308. 59 So z. B. dena, Stakeholder-Prozess „Höhere Auslastung des Stromnetzes“, 2017; a. A. BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4.12 – Rn 41, wonach der Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen in Deutschland auf Höchstspannungsebene noch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. 60 BT-Drucks. 18/4655, S. 31. 61 Ablehnend BK-EnR/Ruge § 12b EnWG Rn 44 sowie Ruge, EnZW 2015, 497, 500 der die neue Fassung nicht als Klarstellung ansieht. 62 Siehe dazu § 12c EnWG Rn 29 ff. 63 BT-Drucks. 18/4655, S. 31. Heimann
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8. Berücksichtigung des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans (Abs. 1 S. 6)
EnWG § 12b
punkte an Land. Für diese Maßnahmen bedarf es der Angabe des geplanten Zeitpunkts der Fertigstellung. Dies war zuvor Inhalt des Offshore-Netzentwicklungsplans nach § 17b.64 Die Instrumente des Offshore-Netzentwicklungsplans und des Offshore-Netzplans wurden abgelöst durch die Erweiterung des Netzentwicklungsplans und durch den Flächenentwicklungsplan nach den §§ 5 ff WindSeeG. Ihnen kommt gemeinsam eine zentrale Steuerungsfunktion für die Planung der erforderlichen Netzanbindungskapazitäten für den Zeitraum ab dem Jahr 2025 zu.65 So legt der Netzentwicklungsplan 2019–2030 die Vorgaben des Flächenentwicklungsplans zugrunde. Der Flächenentwicklungsplan wiederum legt die Reihenfolge der Flächen fest, die zur Ausschreibung für Offshore-Windparks kommen sollen, ebenso wie die Inbetriebnahmejahre von Anbindungssystemen, die für die rechtzeitige Erschließung der jeweiligen Flächen erforderlich sind. Der Netzentwicklungsplan ermittelt auf Basis dieser Vorgaben die erforderlichen Offshore-Anbindungssysteme einschließlich der jeweiligen Inbetriebnahmejahre und landseitigen Netzverknüpfungspunkte.66 Die Prüfung der seeseitigen Maßnahme unterscheidet sich von der Prüfung der landseitigen Maßnahmen. Dies betrifft z. B. die Wirksamkeit einer Maßnahme, die bei der seeseitigen Maßnahme derzeit keine Relevanz hat.67 Durch eine 2019 erfolgte Gesetzesänderung68 sind nun auch Offshore-Anbindungsleitungen, die für die Anbindung von Testfeldern im Sinne des § 3 Nummer 9 des Windenergie-aufSee-Gesetzes erforderlich sind, in den Netzentwicklungsplan aufzunehmen. Solche Leitungen werden als „Testfeld-Anbindungsleitungen“ definiert.69 Testfelder sind gemäß § 3 Nummer 9 WindSeeG Bereiche in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer, in denen im räumlichen Zusammenhang ausschließlich Pilotwindenergieanlagen auf See, die an das Netz angeschlossen werden, errichtet werden sollen und die gemeinsam über eine Testfeld-Anbindungsleitung angebunden werden sollen. Testfelder bieten den Raum, Innovationen an Windenergieanlagen zu erproben, damit sie später bei kommerziellen Windparks mit Netzanschluss standardmäßig zum Einsatz kommen. Von zentraler Bedeutung ist es dabei, verstärkte Anreize zur Senkung der Stromgestehungskosten zu setzen.70 Testfeld-Anbindungsleitungen gelten als Unterfall der Offshore-Anbindungsleitungen. Für sie gelten teilweise Sonderregelungen. So ergibt sich laut Gesetzesbegründung die Erforderlichkeit einer Testfeld-Anbindungsleitung im Rahmen des Netzentwicklungsplans bereits aus der Festlegung eines Testfeldes sowie der Festlegung der Kapazität71 der entsprechenden Anbindungsleitung im Flächenentwicklungsplan nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 WindSeeG.72
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8. Berücksichtigung des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans (Abs. 1 S. 6) Das Instrument des Netzentwicklungsplans wurde auch auf europäischer Ebene eingeführt. 44 Hierbei handelt es sich um einen Plan, der gemeinsam von den Netzbetreibern der EU-Mitgliedstaaten und weiterer Staaten (ENTSO-E-Mitglieder) erarbeitetet wird. Nach Art. 8 Abs. 3b der
64 65 66 67 68 69
Siehe hierzu § 17b EnWG. BT-Drucks. 18/8860, S. 332. BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 73. Hierzu BNetzA, Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom 2019–2030, S. 73 f. Siehe hierzu BT-Drucks. 19/9027, S. 10. Auf diese Definition verweist auch § 3 Nummer 10 WindSeeG, wonach im WindSeeG Testfeld-Anbindungsleitungen im Sinn von § 12b Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 des EnWG erfasst sind. 70 BT-Drucks. 19/9027, S. 24. 71 Zur Kapazitätszuweisung siehe § 70 WindSeeG. 72 BT-Drucks. 19/9027, S. 10 f. 87
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§ 12b EnWG
IV. Veröffentlichung und Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3)
Verordnung (EG) Nr. 714/200973 verabschiedet ENTSO-E alle zwei Jahre einen nicht bindenden gemeinschaftsweiten zehnjährigen Netzentwicklungsplan. Dieser Plan beruht auf den nationalen Investitionsplänen.74 Der gemeinschaftsweite Netzentwicklungsplan (TYNDP) beinhaltet eine Modellierung des integrierten Netzes, die Entwicklung der Szenarien, eine europäische Prognose der Angemessenheit der Stromerzeugung und eine Bewertung der Belastbarkeit des Systems. Als Grundlage für den gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan wird der ENTSO-E Scenario Outlook & Adequacy Forecast erstellt.75 Die europäische Prognose erstreckt sich auf die Gesamtangemessenheit des Stromsystems zur 45 Deckung des bestehenden und des für den nächsten Fünfjahreszeitraum sowie für den Zeitraum zwischen 5 und 15 Jahren nach dem Berichtsdatum zu erwartenden Bedarfs. Die europäische Prognose beruht auf Prognosen für die Angemessenheit der jeweiligen nationalen Stromerzeugung.76 ENTSO-E veröffentlicht alle zwei Jahre den nicht bindenden Netzentwicklungsplan.77 Der gemeinschaftsweite Netzentwicklungsplan hat auch die regionalen (europäischen) Investitionspläne zu berücksichtigen (Art. 8 Abs. 10a in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009).78 Der nationale Netzentwicklungsplan berücksichtigt nach § 12b Abs. 1 S. 6 den gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan. Bestehen Zweifel, ob der nationale Netzentwicklungsplan mit dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan in Einklang steht, konsultiert die Regulierungsbehörde vor der Bestätigung ACER (§ 12c Abs. 1 S. 4).79 Da die Gesetzesformulierung lediglich ein Berücksichtigen vorsieht, kann der nationale Netzentwicklungsplan auch abweichen.80 Das ist insbesondere geboten, wenn sich seit dem letzten TYNDP grundlegende Annahmen wesentlich geändert haben. Beispielsweise kann eine in wesentlichen Teilen geänderte Erzeugungsstruktur ein Abweichen vom TYNDP erforderlich machen. Es kann nur das berücksichtigt werden, was auch unter den aktuellen Gegebenheiten weiterhin zum bedarfsgerechten Ausbau des Übertragungsnetzes erforderlich ist. Dass nicht eine vollständige Deckungsgleichheit des nationalen Netzentwicklungsplans mit dem TYNDP gegeben sein muss, ergibt sich zudem aus den abweichenden Erstellungszeitpunkten. Jeder Plan beruht für sich auf den jeweils aktuellen Grundlagen. Die Einführung des 2-Jahres-Turnus der Bedarfsplanung mit der Vorgabe bestimmter Fristen soll u. a. die bessere Einbeziehung der Vorgaben des Ten-Year Network Development Plans, der in ungeraden Kalenderjahren (und damit jeweils im Vorjahr) erstellt wird, ermöglichen.81
IV. Veröffentlichung und Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3) 46 Die ÜNB mit Regelzonenverantwortung sind verpflichtet, den Entwurf des Netzentwicklungsplans auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. Die Regelung wurde vor allem aufgrund der Erfahrungen der Netzplanung der dena-Netzstudien eingefügt, die sich dem Vorwurf mangelnder Transparenz und Nachvollziehbarkeit ausgesetzt sahen. Zur Erleichterung der Konsultation haben die ÜNB einen gemeinsamen Internetauftritt auf der Seite www.netzentwicklungsplan.de geschaffen. Neben dem Entwurf des Netzentwicklungsplans sind hier auch alle weiteren erforderlichen Informationen zu veröffentlichen. Die ÜNB geben Gelegenheit zur Äußerung. Dies ist Bestandteil der ausgeprägten Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entwicklung des Netzentwicklungsplans und dient der Transparenz der Entscheidungsfindung. Anders als beispielswei73 74 75 76 77 78 79 80 81
ABl. EU Nr. L 211, S. 15. Siehe hierzu BT-Drucks. 18/4655, S. 21. BT-Drucks. 18/4655, S. 21. Art. 8 Abs. 4 der VO 714/2009. BT-Drucks. 18/4655, S. 21. Hierzu § 12c EnWG Rn 8 f. BT-Drucks. 18/4655, S. 23. So auch Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 31. BT-Drucks. 18/4655, S. 23.
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VII. Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber (§ 15a)
EnWG § 12b
se bei der Bedarfsplanung von Schienenwegen oder Bundesfernstraßen liegt die Bedarfsplanung in diesem Stadium v. a. in den Händen der privaten Betreiber der Energienetze. Die Ermittlung des Netzausbaubedarfs korrespondiert mit der unternehmerischen Eigenverantwortung für die Infrastrukturinvestitionsentscheidung.82 Die Beteiligung durch die privaten ÜNB unterliegt keinen weiteren gesetzlichen Anforderungen, insbesondere keiner Frist.83 Die BNetzA kann durch Festlegung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung des Verfahrens treffen (§ 12c Abs. 6).84 Die Ergebnisse der Beteiligung sind von den ÜNB zu berücksichtigen (vgl. § 12b Abs. 4).
V. Inhalt der Vorlage zur Bestätigung Die ÜNB legen den Entwurf des Netzentwicklungsplans der BNetzA zur Bestätigung vor (§§ 12b 47 Abs. 1 S. 1, 12c). Dabei handelt es sich um den konsultierten und überarbeiteten Entwurf des Netzentwicklungsplans (Abs. 5). Beizufügen ist eine zusammenfassende Erklärung zur Berücksichtigung der Ergebnisse der verschiedenen Beteiligungen (Abs. 4). Die ÜNB müssen also nicht auf jede einzelne Stellungnahme eingehen, sondern lediglich eine Erklärung über die Art und Weise, wie die Ergebnisse der Beteiligungen berücksichtigt wurden, beifügen.85 Zusätzlich ist anzugeben, warum der Netzentwicklungsplan nach Abwägung mit den geprüften, in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde.86
VI. Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschriften Kommen die ÜNB ihren Verpflichtungen nach § 12b nicht nach, kann die BNetzA Aufsichts- 48 maßnahmen nach § 6587 ergreifen. Diese umfassen insbesondere die Anordnung der Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen (§ 65 Abs. 2). Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12b Abs. 5 einen Netzentwicklungsplan nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 100.000 A geahndet werden (§ 95 Abs. 2 S. 1).
VII. Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber (§ 15a) Inhalt und Anforderungen an die Erarbeitung des Netzentwicklungsplans der Fernleitungs- 49 netzbetreiber sind in § 15a geregelt. In jedem geraden Kalenderjahr ist ein gemeinsamer nationaler Netzentwicklungsplan88 zu erstellen und der Regulierungsbehörde vorzulegen. Ebenso wie der Netzentwicklungsplan im Strombereich beinhaltet der Netzentwicklungsplan alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum bedarfsgerechten Ausbau des Netzes und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Diese Maßnahmen müssen in den nächsten zehn Jahren netztechnisch für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sein. Auch sind die Projekte der nächsten drei Jahre zu kennzeichnen und ein Zeitplan beizufügen. Ein gemeinschaftsweiter Netzentwicklungsplan ist zu berücksichtigen. 82 Kment, RdE 2011, 341, 343. 83 Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 31 und deWitt/Durinke/Krause, S. 23 sehen eine Zweimonatsfrist als angemessen an. Siehe hierzu § 12c EnWG Rn 50 f. Hierzu Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 46; Kment/Posser § 12b EnWG Rn 60 ff. Hierzu Danner/Theobald/Kober § 12b EnWG Rn 47. Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Schütte, Kap. 108 Rn 6 ff. Der aktuelle Stand ist jeweils auf der Website der Fernleitungsnetzbetreiber veröffentlicht: www.netzentwicklungsplan-gas.de.
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§ 12b EnWG
VIII. Monitoring und Berichterstattung
Ebenso ist vor Vorlage des Entwurfs des Netzentwicklungsplans bei der BNetzA der Öffentlichkeit und nachgelagerten Netzbetreibern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die BNetzA führt eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung durch. Das Verfahren hinsichtlich des Änderungsverlangens unterscheidet sich dann jedoch. Die BNetzA muss innerhalb einer bestimmten Frist Änderungen verlangen. Andernfalls ist der Netzentwicklungsplan für die Fernleitungsnetzbetreiber verbindlich. Eine weitere Ausgestaltung ähnlich eines Bundesbedarfsplans gibt es nicht.
VIII. Monitoring und Berichterstattung 50 Die Vorschriften zum Monitoring (§ 51) und zur Berichterstattung (§ 63 Abs. 1) verweisen auf § 12b. Bei der Durchführung des Monitorings der Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und bei dem jährlichen Bericht über den Netzausbau stehen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie u. a. die Befugnisse nach § 12b zur Verfügung.
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§ 12c Prüfung und Bestätigung des Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde (1) Die Regulierungsbehörde prüft die Übereinstimmung des Netzentwicklungsplans mit den Anforderungen gemäß § 12b Absatz 1, 2 und 4. Sie kann Änderungen des Entwurfs des Netzentwicklungsplans durch die Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung verlangen. Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung stellen der Regulierungsbehörde auf Verlangen die für ihre Prüfungen erforderlichen Informationen zur Verfügung. Bestehen Zweifel, ob der Netzentwicklungsplan mit dem gemeinschaftsweit geltenden Netzentwicklungsplan in Einklang steht, konsultiert die Regulierungsbehörde die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden. (2) Zur Vorbereitung eines Bedarfsplans nach § 12e erstellt die Regulierungsbehörde frühzeitig während des Verfahrens zur Erstellung des Netzentwicklungsplans nach § 12b einen Umweltbericht, der den Anforderungen des § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen muss. Der Umweltbericht nach Satz 1 bezieht den Umweltbericht zum Flächenentwicklungsplan nach § 6 Absatz 4 des Windenergie-auf-See-Gesetzes ein und kann auf zusätzliche oder andere als im Umweltbericht zum Flächenentwicklungsplan nach § 6 Absatz 4 des Windenergie-aufSee-Gesetzes enthaltene erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Der Umweltbericht nach Satz 1 kann sich auf den Bereich des Festlands und des Küstenmeeres beschränken. Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung stellen der Regulierungsbehörde die hierzu erforderlichen Informationen zur Verfügung. (3) Nach Abschluss der Prüfung nach Absatz 1 beteiligt die Regulierungsbehörde unverzüglich die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt wird, und die Öffentlichkeit. Maßgeblich sind die Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt. Gegenstand der Beteiligung ist der Entwurf des Netzentwicklungsplans und in den Fällen des § 12e zugleich der Umweltbericht. Die Unterlagen für die Strategische Umweltprüfung sowie der Entwurf des Netzentwicklungsplans sind für eine Frist von sechs Wochen am Sitz der Regulierungsbehörde auszulegen und darüber hinaus auf ihrer Internetseite öffentlich bekannt zu machen. Die betroffene Öffentlichkeit kann sich zum Entwurf des Netzentwicklungsplans und zum Umweltbericht bis zu einem Monat nach Ende der Auslegung äußern. (4) Die Regulierungsbehörde soll den Netzentwicklungsplan unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung mit Wirkung für die Betreiber von Übertragungsnetzen spätestens bis zum 31. Dezember eines jeden ungeraden Kalenderjahres, beginnend mit dem Jahr 2017, bestätigen. Die Bestätigung ist nicht selbstständig durch Dritte anfechtbar. (5) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung sind verpflichtet, den entsprechend Absatz 1 Satz 2 geänderten Netzentwicklungsplan der Regulierungsbehörde unverzüglich vorzulegen. (6) Bei Fortschreibung des Netzentwicklungsplans kann sich die Beteiligung der Öffentlichkeit, einschließlich tatsächlicher und potenzieller Netznutzer, der nachgelagerten Netzbetreiber sowie der Träger öffentlicher Belange nach § 12a Absatz 2, § 12b Absatz 3 und § 12c Absatz 3 auf Änderungen gegenüber dem zuletzt genehmigten Szenariorahmen oder dem zuletzt bestätigten Netzentwicklungsplan beschränken. Ein vollständiges Verfahren nach den §§ 12a bis 12c Absatz 1 bis 5 muss mindestens alle vier Jahre sowie in den Fällen des § 12e Absatz 1 Satz 3 durchgeführt werden. (7) Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen zu Inhalt und Verfahren der Erstellung des Netzentwicklungsplans sowie zur 91 https://doi.org/10.1515/9783110670516-005
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§ 12c EnWG
Prüfung und Bestätigung des Netzentwicklungsplans
Ausgestaltung des nach Absatz 3, § 12a Absatz 2 und § 12b Absatz 3 durchzuführenden Verfahrens zur Beteiligung der Öffentlichkeit treffen. (8) Die Regulierungsbehörde kann bei Bestätigung des Netzentwicklungsplans oder durch gesonderte Entscheidung bestimmen, wer für die Durchführung einer im Netzentwicklungsplan bestätigten Maßnahme als Vorhabenträger ganz oder teilweise verantwortlich ist. Hierbei berücksichtigt die Regulierungsbehörde ausschließlich Belange, die im öffentlichen Interesse eine möglichst zügige, effiziente und umweltschonende Durchführung der Maßnahmen erwarten lassen. Dazu gehören Vorschläge im Netzentwicklungsplan und etwaige Vereinbarungen von Übertragungsnetzbetreibern zur Bestimmung eines oder mehrerer Vorhabenträger; in diesem Fall ist durch die Übertragungsnetzbetreiber darzulegen, dass durch eine solche anteilige Zuweisung eine möglichst zügige und effiziente Durchführung der Maßnahme erreicht werden kann. Darüber hinaus kann sie insbesondere berücksichtigen ob ein Vorhabenträger bereits für ein Vorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz oder dem Bundesbedarfsplangesetz verantwortlich ist und die bestätigte Maßnahme mit diesem Vorhaben gemeinsam realisiert werden soll, ob durch die Durchführung einer Maßnahme durch einen Vorhabenträger oder durch eine gemeinsame Durchführung der Maßnahme durch mehrere Vorhabenträger die Ziele nach Satz 2 besser erreicht werden können, die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Vorhabenträgers, die bisherigen Fortschritte eines Vorhabenträgers bei der Realisierung von Vorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz und dem Bundesbedarfsplangesetz, in welchem Umfang der Vorhabenträger neben der Durchführung der Maßnahme im Übrigen für Netzausbauvorhaben verantwortlich ist oder sein wird. Vorhabenträger für im Netzentwicklungsplan bestätigte Leitungen zur Höchstspannungs-GleichstromÜbertragung, für welche noch kein Antrag auf Bundesfachplanung nach § 6 Absatz 1 Netzausbaubeschleunigungsgesetz oder in den Fällen des § 5a des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes kein Antrag auf Planfeststellungsbeschluss für das Gesamtvorhaben oder Teile davon gestellt wurde, ist im Geltungsbereich des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes der Übertragungsnetzbetreiber, in dessen Regelzone der südliche Netzverknüpfungspunkt der Leitung gelegen ist. Vorhabenträger für im Netzentwicklungsplan bestätigte Offshore-Anbindungsleitungen ist entsprechend § 17d Absatz 1 der Übertragungsnetzbetreiber, in dessen Regelzone der landseitige Netzverknüpfungspunkt gelegen ist. Die Bundesnetzagentur kann bei der Bestätigung des Netzentwicklungsplans oder durch gesonderte Entscheidung abweichend von den Sätzen 5 und 6 den Vorhabenträger nach den Sätzen 1 bis 4 bestimmen, um eine möglichst zügige, effiziente und umweltschonende Durchführung der Maßnahmen sicherzustellen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Prüfung des Netzentwicklungsplans 6 (Abs. 1) Prüfprogramm der Regulierungsbehörde (Abs. 1 6 S. 1) 8 Informationen der ÜNB (Abs. 1 S. 3)
1. 2.
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1
3. 4.
Änderungsverlangen (Abs. 1 S. 2, Abs. 5) 9 Kohärenz mit dem gemeinschaftsweiten Netzent11 wicklungsplan (Abs. 1 S. 4)
III. 1.
14 Strategische Umweltprüfung (Abs. 2) Zeitpunkt der Erstellung des Umweltbe16 richts Grundsätze der SUP zum Bundesbedarfs18 plan
3
2.
92
2. Regelungszweck
3. 4.
5. 6. IV. 1. 2. 3. 4.
Informationen der ÜNB (Abs. 2 S. 4) und der zu 26 beteiligenden Behörden 28 Inhalt der SUP zum Bundesbedarfsplan 29 a) Vernünftige Alternativen 36 b) Prüfung der Umweltauswirkungen 38 c) Zumutbarkeit d) Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung 39 der Angaben 40 Inhalt des Umweltberichts 42 Rechtsschutz Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung 43 (Abs. 3) Beteiligte und Gegenstand der Beteili44 gung 46 Dauer der Beteiligung (Abs. 3 S. 1) 47 Form (Abs. 3 S. 4) 49 Planungssicherstellungsgesetz
V. 1. 2. 3. VI. 1. 2.
EnWG § 12c
Entscheidung der Regulierungsbehörde 50 (Abs. 4) Überprüfung des Umweltberichts (§ 43 50 UVPG) Bestätigung des Netzentwicklungsplans 51 (Abs. 4) 56 Rechtsschutz (Abs. 4 S. 1 und 2) Festlegungsbefugnis zu Inhalt und Verfahren 57 des Netzentwicklungsplans (Abs. 7) 57 Zweck und Umfang 60 Rechtsschutz
VII. Bestimmung der Durchführungsverantwortung 61 (Abs. 8) VIII. Ordnungswidrigkeiten § 95
66
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 bestimmt die Anforderungen an die Prüfung des Netzentwicklungsplanentwurfs durch die 1 Regulierungsbehörde. Die Regulierungsbehörde kann Änderungen von den ÜNB verlangen. Bei Änderungsverlangen ist der geänderte Netzentwicklungsplan unverzüglich vorzulegen (Abs. 5). Nach Abs. 2 ist frühzeitig zur Vorbereitung des Bundesbedarfsplans ein Umweltbericht zu erstellen. Abs. 3 enthält die Anforderungen für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Beteiligung bestätigt die Regulierungsbehörde den Netzentwicklungsplan (Abs. 4). Zeitliche Vorgaben finden sich in Abs. 4. Abs. 6 befasst sich mit dem Verfahren bei Fortschreibung des Plans. Abs. 7 beinhaltet eine Festlegungskompetenz der Regulierungsbehörde. Nach Abs. 8 kann die Regulierungsbehörde bestimmen, wer ein Vorhaben durchführen soll.
2. Regelungszweck Die Norm dient der Bestimmung der Aufgabenverteilung zwischen Regulierungsbehörde und 2 ÜNB. Verantwortlich für die Erarbeitung des Netzentwicklungsplans sind die ÜNB mit Regelzonenverantwortung.1 Für den Entwurf des Bundesbedarfsplans und die Umweltprüfung, die für dessen Vorbereitung stattfindet, ist die BNetzA verantwortlich. Der von den ÜNB erstellte Netzentwicklungsplan ist der Regulierungsbehörde zur Bestätigung vorzulegen. § 12c bestimmt den Prüfrahmen vor der Bestätigung. Die Regulierungsbehörde kann Änderungen verlangen. Zudem dient die Norm der frühzeitigen Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen der Vorhaben des Bundesbedarfsplans im Rahmen einer SUP. Indem eine weitere Öffentlichkeitsund Behördenbeteiligung geregelt wird, dient auch diese Vorschrift wie bereits §§ 12a und 12b der Schaffung von Transparenz und der Einbindung der Öffentlichkeit.
1 Zu den Übertragungsnetzbetreibern mit Regelzonenverantwortung siehe § 12a EnWG Rn 14. 93
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§ 12c EnWG
I. Allgemeines
3. Entstehungsgeschichte 3 § 12c wurde im Jahr 2011 gemeinsam mit den §§ 12a bis 12g in das EnWG eingefügt. Die Vorschrift setzt Art. 22 der RL 2009/72/EG um. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hat der Bundesrat gefordert, die Abstimmung mit den Ländern zu erweitern und diesen verstärkte Rechte zuzugestehen. Zudem sollte der Netzentwicklungsplan vor Bestätigung durch die Regulierungsbehörde ihrem Beirat zur Beschlussfassung zugeleitet werden. Für die Kosten der im Netzentwicklungsplan festgestellten Maßnahmen solle eine finanzielle Verrechnung unter den ÜNB erfolgen.2 Der Kostenausgleich solle einer regionalen Spreizung der Netzentgelte entgegenwirken und der Akzeptanzsteigerung dienen.3 Die Vorschläge wurden von der Bundesregierung abgelehnt. Ein Abstimmungserfordernis mit den Landesbehörden sei nicht sachgerecht, da es in diesem Schritt um die Ermittlung des energiewirtschaftlichen Bedarfs gehe, nicht um konkrete räumliche Festlegungen wie im Planfeststellungsverfahren. Auch die Beteiligung des Beirats sei nicht erforderlich, da dieser lediglich beratende Funktion habe. Eine demokratische Legitimierung des Bundesbedarfsplans sei bereits durch die Verabschiedung als Gesetz gegeben.4 Im Ergebnis ist der Vorschlag des Gesetzesentwurfs5 unverändert zum Gesetzestext geworden. 4 Änderungen hinsichtlich des Umfangs des Umweltberichts erfolgten 2012 durch die Einführung des Offshore-Netzentwicklungsplans mit dem dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften.6 Der Offshore-Netzentwicklungsplan ist seit 2018 nicht mehr zu erstellen. Stattdessen sind die Inhalte im Netzentwicklungsplan bzw. im Flächenentwicklungsplan des BSH abgebildet.7 Weitere Anpassungen zur Umweltprüfung gab es mit dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung.8 Zuletzt erfolgte eine Anpassung zu den Vorgaben für den Umweltbericht mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften.9 Der Umweltbericht kann sich auf den Bereich des Festlands und des Küstenmeeres beschränken. 5 Mit der Umstellung des Systems der Bedarfsermittlung von einem jährlichen auf einen alle zwei Jahre durchzuführenden Prozess wurde 2015 ein Datum zur Bestätigung eingeführt.10 Zudem wurde der Inhalte des bisherigen § 12d zum Verfahren bei Fortschreibung des Plans in § 12c Abs. 6 überführt. Das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus11 legte 2019 den Adressatenkreis für die Netzentwicklung auf Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung fest. Zudem regelt das Gesetz die Bestimmung der Durchführungsverantwortung neu (Absatz 8). Diese Bestimmung der Durchführungsverantwortung wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht12 erweitert.
2 3 4 5 6 7
BR-Drucks. 343/11 S. 4. BR-Drucks. 343/11 S. 6. BT-Drucks. 17/6248, S. 22. BT-Drucks. 17/6072, S. 22. Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I S. 2730. Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien, Gesetz vom 13.10.2016, BGBl. I S. 2258. 8 Gesetz vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. 9 Gesetz vom 25.2.2021, BGBl. I S. 298. 10 Vgl. Erstes Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts, Gesetz vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2194. 11 Gesetz vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. Hierzu Ruge, ER 2019, 125, 139. 12 Gesetz vom 16.7.2021, BGBl. I S. 3026. Heimann
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3. Änderungsverlangen (Abs. 1 S. 2, Abs. 5)
EnWG § 12c
II. Prüfung des Netzentwicklungsplans (Abs. 1) 1. Prüfprogramm der Regulierungsbehörde (Abs. 1 S. 1) Die Regulierungsbehörde prüft die Übereinstimmung des Netzentwicklungsplans mit den Anfor- 6 derungen gem. § 12b Abs. 1, 2 und 4. Erfasst ist danach die Überprüfung der Anwendung des NOVA-Prinzips und der erforderlichen Inhalte des Netzentwicklungsplans. Zudem ist zu untersuchen, ob der Netzentwicklungsplan alle Maßnahmen beinhaltet, die nach den Szenarien des Szenariorahmens erforderlich sind, um einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb zu ermöglichen. Dabei prüft die BNetzA u. a. die Wirksamkeit einer Einzelmaßnahme, also ob sie zur (n-1)-Sicherheit des Netzes beiträgt. Darüber hinaus wird die Erforderlichkeit hinterfragt. Es wird geprüft, ob die Maßnahme gegenüber veränderten Rahmenbedingungen ausreichend robust ist.13 Zum Prüfprogramm der Regulierungsbehörde gehört auch, ob die Anforderungen an die Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung durch die ÜNB eingehalten wurden.14 Die BNetzA soll den Netzentwicklungsplan spätestens bis zum 31. Dezember eines jeden 7 ungeraden Kalenderjahres bestätigen.
2. Informationen der ÜNB (Abs. 1 S. 3) Damit die Regulierungsbehörde ihrem Prüfauftrag nachkommen kann, benötigt sie Informatio- 8 nen von den ÜNB. Die ÜNB sind daher verpflichtet, der BNetzA auf Verlangen die für ihre Prüfungen erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen (Abs. 1 S. 3). Dies können nach der Gesetzesbegründung u. a. Informationen zu Einspeise- und Lastdaten sowie zu Impedanzen und Kapazitäten von Stromkreisen, Schaltanlagen, Transformatoren und sonstigen Netzbetriebsmitteln sein.15 Das entspricht den zur digitalen Netzberechnung erforderlichen Daten, die im Rahmen des Anspruchs nach § 12f herausgegeben werden können.16 Die Begrenzung auf die erforderlichen Daten bezieht sich auf all das, was für die Prüfung der Anforderungen nach § 12b Abs. 1, 2 und 4 benötigt wird. Nicht von dieser Verpflichtung erfasst sind Daten, die beispielsweise für die SUP erforderlich sind. Dafür gibt es eine Sonderregelung in Abs. 2 S. 4. Weitergehende Informationen kann die Regulierungsbehörde im Rahmen der allgemeinen Ermittlungstätigkeit nach § 68 oder des allgemeinen Auskunftsverlangens nach § 69 erlangen. Auch diese Vorschriften sind vom Erforderlichkeitsgrundsatz geprägt. Die Tätigkeiten werden durch den Untersuchungszweck und damit letztlich durch die Ermächtigungsgrundlage einschließlich der Verfahrensvorschriften begrenzt. Irrelevante Tatsachen dürfen deshalb nicht ermittelt werden.17
3. Änderungsverlangen (Abs. 1 S. 2, Abs. 5) Die Regulierungsbehörde kann Änderungen verlangen. Anders als bei der Genehmigung des 9 Szenariorahmens18 gibt es hinsichtlich des Netzentwicklungsplans eine Bestätigung. Die ÜNB erstellen den Entwurf des Netzentwicklungsplans und ändern diesen auch. Diese Aufgabenverteilung ist sachgerecht, weil die für eine Änderung des Netzentwicklungsplans erforderlichen 13 Ruge, EnZW 2015, 497, 501 sieht es als fraglich an, ob die BNetzA die Möglichkeit zur Aufstellung von Kriterien wie dem Kriterium der Robustheit hat. Siehe § 12b EnWG Rn 49. BT-Drucks. 17/6072, S. 69. Siehe § 12f EnWG Rn 8 ff. Salje, EnWG, § 68 EnWG Rn 5; Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Heimann, Kap. 50 Rn 9. Siehe § 12a EnWG Rn 40 ff.
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§ 12c EnWG
II. Prüfung des Netzentwicklungsplans (Abs. 1)
Daten den Netzbetreibern vorliegen. Eine Änderung eines Vorhabens im vermaschten Netz hat häufig auch Auswirkungen auf andere Vorhaben. Bei Änderungen des Netzentwicklungsplans sind sachgerecht die Interessen der ÜNB zu berücksichtigen. 10 Die ÜNB sind verpflichtet, den geänderten Netzentwicklungsplan unverzüglich vorzulegen (Abs. 5). Unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Diese Legaldefinition gilt für das gesamte Privatrecht und das öffentliche Recht.19 Die Rechtsprechung hat in verschiedenen Bereichen eine Obergrenze von zwei Wochen festgelegt.20 Diese Obergrenze ist auch auf die Vorschrift des § 12c Abs. 5 übertragbar. Da jedoch der Abschluss der Änderungen ein interner Vorgang bei den ÜNB ist, liegt ein Fristbeginn im eigentlichen Sinne nicht vor. Die Netzbetreiber sind aber angehalten, den geänderten Netzentwicklungsplan ohne schuldhaftes Zögern vorzulegen. Geschieht dies nicht, liegt unter den Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 Nr. 1b eine Ordnungswidrigkeit vor.
4. Kohärenz mit dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan (Abs. 1 S. 4) 11 Bestandteil des Prüfprogramms der Regulierungsbehörde ist auch die Berücksichtigung des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans (Ten-Year Network Development Plan, TYNDP).21 Dies ergibt sich bereits aus dem Verweis in § 12c Abs. 1 S. 1 auf § 12b Abs. 1. Darüber hinaus wird in § 12c Abs. 1 S. 4 geregelt, dass neben dem Änderungsverlangen gegenüber den ÜNB auch die Einbindung von ACER erforderlich sein kann. Bestehen Zweifel, ob der nationale Netzentwicklungsplan mit dem gemeinschaftsweit geltenden Netzentwicklungsplan in Einklang steht, konsultiert die Regulierungsbehörde ACER. Das Verhältnis zum gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan ist in Art. 22 Abs. 5 der RL 2009/72/EG angelegt. ENTSO-E verabschiedet alle zwei Jahre einen nicht bindenden gemeinschaftsweiten zehnjährigen Netzentwicklungsplan einschließlich einer europäischen Prognose zur Angemessenheit der Stromversorgung (Art. 8 Abs. 3 lit. b der VO 714/2009). Dieser Plan soll realisierbare Elektrizitätsübertragungsnetze und die für den Handel sowie die Versorgungssicherheit notwendigen regionalen Verbindungen beinhalten.22 Der Ten-Year Network Development Plan ist nicht strikt bindend.23 12 Die Einführung des 2-Jahres-Turnus der Bedarfsplanung mit der Vorgabe bestimmter Fristen soll u. a. die bessere Einbeziehung der Vorgaben des Ten-Year Network Development Plans, der in ungeraden Kalenderjahren (und damit jeweils im Vorjahr) erstellt wird, ermöglichen.24 13 ACER hat die Aufgabe, die nationalen Regulierungsbehörden zu unterstützen, die in den Mitgliedstaaten vorgenommenen Regulierungsaufgaben auf Gemeinschaftsebene zu erfüllen und, soweit erforderlich, die Maßnahmen dieser Behörden zu koordinieren.25 Auftrag von ACER ist auch die Beobachtung der Umsetzung der gemeinschaftsweiten Netzentwicklungspläne.26 Bei Unvereinbarkeiten des nationalen Netzentwicklungsplans mit dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan spricht ACER eine Empfehlung zur Änderung des nationalen Netzentwicklungsplans oder ggf. des gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplans aus (Art. 8 Abs. 11 der VO 714/2009). 19 20 21 22
Jauerning/Mansel, § 121 BGB Rn 1. OLG Hamm, Urt. v. 9.1.1990 – 26 U 21/89 –; OLG Jena, Urt. v. 22.9.1999 – 7 U 229/99 –. Hierzu bereits § 12b EnWG Rn 47 f. Erwägungsgrund 9 der VO (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003, ABl. EU Nr. L 211 S. 15. 23 Hierzu BK-EnR/Ruge § 12c EnWG Rn 9; Kment/Posser § 12c EnWG Rn 4. 24 BT-Drucks. 18/4655, S. 23. 25 Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ABl. EU Nr. L 211, S. 1. 26 Art. 6 Abs. 8 VO (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ABl. EU Nr. L 211, S. 1. Heimann
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1. Zeitpunkt der Erstellung des Umweltberichts
EnWG § 12c
III. Strategische Umweltprüfung (Abs. 2) Die Regulierungsbehörde erstellt frühzeitig während des Verfahrens zur Aufstellung des Netz- 14 entwicklungsplans einen Umweltbericht im Rahmen der SUP. Die Durchführung der SUP richtet sich nach den Vorschriften des UVPG. Der Umweltbericht dient der Vorbereitung des Bundesbedarfsplans nach § 12e. Er ist also nur erforderlich, wenn der Netzentwicklungsplan als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan an die Bundesregierung geleitet wird. Das ist mindestens alle vier Jahre oder bei wesentlichen Änderungen der Fall. Sofern der Netzentwicklungsplan nicht in ein Bundesbedarfsplangesetz mündet, ist auch die SUP bzw. der Umweltbericht nach § 40 UVPG nicht erforderlich. Wird der Bundesbedarfsplan geändert, richtet sich die SUP-Pflicht nach § 12e Abs. 5 i. V. m. § 37 S. 1 UVPG. Danach ist bei einer geringfügigen Änderung des Plans eine SUP nur dann durchzuführen, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass der Plan oder das Programm voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. Sofern keine Pflicht zur Durchführung der SUP besteht, findet § 12c Abs. 2 keine Anwendung. Die SUP ist ein unselbstständiger Teil behördlicher Verfahren zur Aufstellung oder Än- 15 derung von Plänen und Programmen (§ 33 UVPG). Die SUP ist in ein sog. Trägerverfahren integriert.27 Das vorliegende Trägerverfahren ist der Bundesbedarfsplan nach § 12e. Zusätzlich gibt es eine SUP im Bundesfachplanungsverfahren nach §§ 4 ff NABEG sowie eine UVP im Planfeststellungsverfahren.28
1. Zeitpunkt der Erstellung des Umweltberichts Aus § 12c Abs. 2 und § 40 Abs. 1 S. 1 UVPG ergibt sich die Pflicht zur frühzeitigen Erstellung des 16 Umweltberichts. Dies hat während des Verfahrens zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans zu erfolgen. Bezugspunkt des Umweltberichts ist der Bundesbedarfsplan. Dieser ergeht aber erst durch den Gesetzgeber. Der Gesetzgeber ist an den Entwurf des Bundesbedarfsplans nicht gebunden. Zudem ist bei einer frühzeitigen Erstellung des Umweltberichts zu berücksichtigen, dass der Entwurf des Netzentwicklungsplans sich im Laufe des Verfahrens ändern kann und ggf. ACER Empfehlungen ausspricht. Die frühzeitige Erstellung dient jedoch der frühzeitigen Berücksichtigung der Umweltauswirkungen bei der Aufstellung des Plans. Es ist sinnvoll, die SUP nicht nachzuschalten, sondern schon bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans durchzuführen. Grundsätzlich bietet es sich in jeder SUP an, Umweltbericht und Plan aufeinander abgestimmt zu entwickeln, um eine möglichst frühzeitige Berücksichtigung der Erkenntnisse des Umweltberichts in der Erarbeitungsphase des Plans gewährleisten zu können.29 Frühzeitig bedeutet zumindest, dass der Umweltbericht bei der Konsultation des Netzentwicklungsplans vorliegen muss. Dies ist gewährleistet durch die zeitgleiche Konsultation des Entwurfs des Netzentwicklungsplans und des Umweltberichts. Nur so kann das Ziel erreicht werden, der Öffentlichkeit und den eingebundenen Behörden eine wirksame Beteiligung an der SUP zu ermöglichen. Endgültige Aussagen über Umweltauswirkungen lassen sich erst nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens treffen.30 Die Bestätigung des Netzentwicklungsplans erfolgt als Ergebnis einer energiewirtschaftli- 17 chen Prüfung. Ob Umweltbelange dabei Berücksichtigung finden können, ist fraglich.31 Jedenfalls dient die SUP der Vorbereitung der Entscheidung über den Bundesbedarfsplan durch den
27 Siehe hierzu insbesondere UBA/BMU, Leitfaden zur SUP, 2010. 28 Zur SUP in der Bundesfachplanung siehe § 5 NABEG Rn 105 ff; zur UVP in der Planfeststellung siehe § 20 NABEG Rn 22 ff. 29 Hoppe/Beckmann/Kment, § 39 UVPG Rn 10; Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 UVPG Rn 4. 30 Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 UVPG Rn 4. 31 Befürwortend Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 19; Theobald/Kühling/Kober § 12c EnWG Rn 21. 97
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§ 12c EnWG
III. Strategische Umweltprüfung (Abs. 2)
Gesetzgeber. Das Ergebnis der SUP fließt in den Entwurf des Bundesbedarfsplans ein.32 Es bindet aber nicht den abschließend entscheidenden Gesetzgeber.33
2. Grundsätze der SUP zum Bundesbedarfsplan 18 Die Pflicht zur Durchführung der SUP ergibt sich aus der RL 2001/42/EG.34 Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgt im UVPG, insbesondere in den §§ 33 ff UVPG. Der Bundesbedarfsplan ist ein Plan mit einer obligatorischen Pflicht zur SUP. Er ist explizit genannt in § 35 Abs. 1 Nr. 1 UVPG i. V. m. der Anlage 3 Nr. 1.10. Die SUP mündet in einen Umweltbericht. Zweck der SUP ist die frühzeitige Berücksichtigung von Umweltbelangen, um ein hohes Um19 weltschutzniveau auch für die planerischen Entscheidungen sicherzustellen. Die SUP beinhaltet die frühzeitige, systematische und transparente Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen eines Planes oder Programms einschließlich der planerischen Alternativen sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit und der für Umwelt- und Gesundheitsbelange zuständigen Behörden. Die Ergebnisse der SUP sind bei der Ausarbeitung, Annahme oder Änderung von Plänen oder Programmen zu berücksichtigen.35 Die Regulierungsbehörde ist verpflichtet, die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswir20 kungen der Durchführung des Bundesbedarfsplans sowie vernünftige Alternativen zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Die Dokumentation dieser Arbeitsschritte leistet der Umweltbericht. Neben der Dokumentationsfunktion hat der Umweltbericht eine Funktion bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich des Bundesbedarfsplans. Er dient zudem der Information, schafft Transparenz und ermöglicht die Beteiligung.36 Bei der Planung handelt es sich um einen zukunftsbezogenen Prozess mit entsprechenden 21 Prognoseentscheidungen. Die SUP ist ein planungsbezogenes Instrument des integrativen Umweltschutzes. Sie soll sicherstellen, dass bei bestimmten Plänen und Programmen zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig geprüft werden. Ziele der Umweltprüfungen sind es, Umweltschäden im Voraus zu vermeiden, Umweltauswirkungen frühzeitig und schutzgutübergreifend zu erfassen, Umweltbelange mit gleichem Stellenwert wie andere Belange (wirtschaftlicher und sozialer Art) in Entscheidungen einzubringen, für eine Entscheidung unter umfassender Berücksichtigung der Umweltauswirkungen zu sorgen sowie Verfahren durch Beteiligung transparenter zu machen.37 Die SUP beginnt mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens. Diesem Schritt kommt 22 bereits eine entscheidende Bedeutung für den anschließenden Prüfaufwand zu. Um Mehrfachprüfungen zu vermeiden, soll bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens bestimmt werden, auf welcher der Stufen dieses Prozesses bestimmte Umweltauswirkungen schwerpunktmäßig geprüft werden sollen (§ 39 Abs. 3 UVPG). Die Umweltprüfungen der nachfolgenden Prozesse sollen sich lediglich mit den zusätzlichen und anderen erheblichen Umweltauswirkungen sowie mit erforderlichen Aktualisierungen und Vertiefungen befassen (Abschichtungsgedanke).38 In diesem Zusammenhang spielt auch § 12c Abs. 2 S. 2 EnWG eine Rolle: Der Umwelt32 So z. B. BT-Drucks. 19/23491, S. 23: Der Umweltbericht der Bundesnetzagentur wurde bei der Entscheidung berücksichtigt. Hierdurch wird eine wirksame Umweltvorsorge sichergestellt. 33 Kment/Posser § 12e EnWG Rn 17 mit Hinweis auf Art. 8 der SUP-Richtlinie (Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABL.197/30). 34 RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-RL), ABl. EG Nr. L 197, S. 30. 35 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP, S. 1. 36 Zur Bedeutung des Umweltberichts Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 5. 37 Scholles/Wende/Hartlink, UVP-report 2011, 76, 77. 38 Zur Abschichtung im Rahmen der Festlegung des Untersuchungsrahmens in der Bundesfachplanung § 7 NABEG Rn 85 ff Zur Abschichtung der SUP Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 39 UVPG Rn 15 ff. Heimann
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3. Informationen der ÜNB (Abs. 2 S. 4) und der zu beteiligenden Behörden
EnWG § 12c
bericht zum Bundesbedarfsplan kann auf andere oder zusätzliche Inhalte beschränkt werden, als die, die bereits im Plan des BSH für den Bereich der AWZ erfasst sind. Der Umweltbericht bezieht den Umweltbericht zum Flächenentwicklungsplan nach § 6 Absatz 4 des Windenergieauf-See-Gesetzes. Er kann auf zusätzliche oder andere als im Umweltbericht zum Flächenentwicklungsplan enthaltene erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Der Umweltbericht der Bundesnetzagentur kann sich auf den Bereich des Festlands und des Küstenmeeres beschränken. Der Bereich der Ausschließlichen Wirtschaftszone wird in der Strategischen Umweltprüfung zum Flächenentwicklungsplan berücksichtigt. Die Prüfung der Umweltauswirkungen im Meeresbereich kann sich für den Bundesbedarfsplan daher auf den Bereich bis zu den Grenzkorridoren auf der Grenze zwischen der Ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Küstenmeer beschränken. Dies vermeidet Doppelarbeit unterschiedlicher Bundesbehörden. Die Abschichtung führt zugleich zu einer Reduzierung der Komplexität räumlicher Planun- 23 gen und zur Entlastung der Planungsträger auf den nachfolgenden Planungsstufen. Die Steuerungsfunktion der jeweiligen Planungsstufe (Bundesbedarfsplan, Bundesfachplanung und Planfeststellung) prägt Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung. Je konkreter die Festlegungen sind, umso detaillierter erfolgt die Betrachtung der Umweltbelange. 24 In der Grobstruktur gibt es bei der SUP in der Bundesbedarfsplanung folgende Schritte: – Festlegung des Untersuchungsrahmens (Scoping) einschließlich Umfang und Detaillierungsgrad des Umweltberichts (§ 39 UVPG), mindestens mit Behördenbeteiligung; – Erstellung des Umweltberichts (§ 12c EnWG; § 40 UVPG); – Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zum Umweltbericht gleichzeitig mit der Beteiligung zum Entwurf des Netzentwicklungsplans (§§ 41 und 42 UVPG; § 12c Abs. 3 EnWG); – Überprüfung des Umweltberichts: Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (§ 43 UVPG); – Bestätigung des Netzentwicklungsplans unter Berücksichtigung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (§ 12c Abs. 4 EnWG); – Erlass des Bundesbedarfsplans durch den Gesetzgeber (§ 12e EnWG). Das BNatSchG sieht für Projekte und bestimmte Pläne eine Prüfung der Verträglichkeit mit 25 Natura 2000-Schutzgebieten (FFH- und Vogelschutzgebiete) vor. Diese Verträglichkeitsprüfung tritt eigenständig neben die für den Plan einschlägige SUP. Gemäß § 36 Nr. 2 BNatSchG sind Pläne, die bei behördlichen Entscheidungen zu beachten oder zu berücksichtigen sind, entsprechend den nach § 34 Abs. 1 bis 5 BNatSchG für konkrete Projekte geltenden Anforderungen auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen. Die Unverträglichkeit eines Plans führt zu dessen Unzulässigkeit, er kann dann nur in bestimmten Ausnahmefällen und unter Ausgleichsmaßnahmen weiterverfolgt werden. Der Bundesbedarfsplan unterfällt unmittelbar § 36 Nr. 2 BNatSchG, da er gem. § 4 S. 1 NABEG maßgeblich für die Planung von Trassenkorridoren ist. Im Rahmen der Bedarfsplanung kann lediglich eine kursorische Prüfung erfolgen. Es sind noch keine konkreten Trassenverläufe, sondern Anfangsund Endpunkte und ggf. Stützpunkte bekannt.
3. Informationen der ÜNB (Abs. 2 S. 4) und der zu beteiligenden Behörden Die ÜNB stellen der Regulierungsbehörde die für die SUP erforderlichen Informationen zur 26 Verfügung. Diese Pflicht tritt neben die Verpflichtung aus Abs. 1 S. 3, wonach auf Verlangen die für die Prüfung der Übereinstimmung des Netzentwicklungsplans mit den gesetzlichen Anforderungen benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen sind. Die Regelung erlangt besondere Bedeutung vor dem Hintergrund der Aufgabenteilung zwischen der BNetzA und den ÜNB. Weitere Informationen kann die Regulierungsbehörde von den bei der Festlegung des Un- 27 tersuchungsrahmens zu beteiligenden Behörden erlangen. Diese Behörden haben eine Mit-
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III. Strategische Umweltprüfung (Abs. 2)
wirkungspflicht.39 Verfügen sie über Informationen, die für den Umweltbericht zweckdienlich sind, übermitteln sie diese der zuständigen Behörde (§ 39 Abs. 4 S. 4 UVPG). Um den Aufwand zu reduzieren, soll eine Mehrfachnutzung vorhandener Daten erfolgen.
4. Inhalt der SUP zum Bundesbedarfsplan 28 Die SUP zum Bundesbedarfsplan dient der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung die voraussichtlichen Umweltauswirkungen der in den Netzentwicklungsplänen enthaltenen energiewirtschaftlich notwendigen Maßnahmen.40 Gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG besteht die gesetzliche Verpflichtung, die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen nicht nur des Plans selbst, sondern auch der vernünftigen Alternativen zu prüfen. Die Alternativenprüfung beginnt im ersten Schritt mit der Auswahl vernünftiger Alternativen. Im zweiten Schritt sind die ausgewählten vernünftigen Alternativen zu prüfen, d. h. die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten.41 Eine spezielle Überprüfung der konkreten Trassen ist in diesem Schritt grds. noch nicht möglich, da der Bundesbedarfsplan keine konkreten Trassenverläufe, sondern Anfangs- und Endpunkte enthält. Die Umweltprüfung kann entsprechend dem Netzentwicklungsplan Konkretisierungen z. B. bei geplanten Netzverstärkungen vornehmen. Die Einstufung ist jedoch nicht bindend.
29 a) Vernünftige Alternativen. Ziel der Alternativenprüfung ist es, frühzeitig im Planungsprozess über sinnvolle Alternativen nachzudenken, um ein ausgewogenes Planungsergebnis zu erzielen.42 Bereits aus den europarechtlichen Vorgaben ergibt sich, dass die Ziele des Plans bei der Auswahl der Alternativen berücksichtigt werden müssen (Art. 5 Abs. 1 der RL 2001/42/EG). Somit kommt es entscheidend auf die Zielsetzung des Plans an. Vernünftig im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der RL 2001/42/EG können nur solche Alternativen sein, die in vergleichbarer Weise geeignet sind, die mit dem Plan oder dem Programm verfolgten Ziele zu erreichen. Die ausgewählten Alternativen dürfen nicht offensichtlich fernliegend sein. Es obliegt der prüfenden Behörde, den Maßstab festzulegen, welche Alternativen vernünftig sind. Sie muss gem. § 40 Abs. 2 Nr. 8 UVPG die Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen im Umweltbericht darlegen.43 Sofern es keine vernünftigen Alternativen zu einem Vorhaben gibt, ist dies im Rahmen des Umweltberichts darzulegen und zu begründen. 30 Vernünftige Alternativen sind nur solche, die sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit halten. Die „Vernünftigkeit“ der Alternative ist im Sinne einer Zumutbarkeitsgrenze auszulegen.44 Vernünftige Alternativen sind mehr als sich ernsthaft anbietende oder aufdrängende,45 ernsthaft in Betracht kommende46 oder von der Sache her nahe liegende Alternativen.47 Erfasst sind nach den europarechtlichen Vorgaben alle nicht offensichtlich – ohne vernünftige Zwei-
39 Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 40 UVPG Rn 24. 40 Zur SUP zum BBPlG insbesondere Schneider/Höweler/Brodowy/Korr, Weiterentwicklung der Methode für die Strategische Umweltprüfung zum Bundesbedarfsplan, UVP-report 2020, 33. 41 Siehe hierzu BNetzA, Bedarfsermittlung 2019–2030, Entwurf des Umweltberichts – Teil 1, Strategische Umweltprüfung auf Grundlage des 2. Entwurfs des NEP Strom S. 105 ff. 42 Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 UVPG Rn 6. 43 Gegen die von der BNetzA für den Bundesbedarfsplan 2013 durchgeführte SUP wurde bei der EU-Kommission eine Beschwerde eingelegt. Darin ging es u. a. um die Prüfung vernünftiger Alternativen. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Siehe hierzu BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 39. 44 Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 20. 45 Hierzu BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 –. 46 BVerwG, Urt. v. 9.2.2005 – 9 A 90/03 –. 47 BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –. Heimann
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4. Inhalt der SUP zum Bundesbedarfsplan
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fel – fern liegenden Alternativen.48 Es muss sich um realistische bzw. realisierbare49 Alternativen handeln, die mit einem zumutbaren Mehraufwand ermittelt oder umgesetzt werden können. Alternativen, die zwangsläufig nachfolgende Projekte auf der Zulassungsebene mit exorbitanten Kosten belasten und damit ihre Verwirklichung ausschließen, sind nicht vernünftig.50 Bereits im Zusammenhang mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens (§ 39 UVPG) bestimmt das Gesetz, dass der Umweltbericht nur solche Angaben aufweisen soll, die mit zumutbaren Aufwand ermittelt werden können. Dabei zu berücksichtigen sind der gegenwärtige Wissensstand und der Behörde bekannte Äußerungen der Öffentlichkeit, allgemein anerkannte Prüfmethoden, Inhalt und Detaillierungsgrad des Plans sowie dessen Stellung im Entscheidungsprozess.51 Ausgangspunkt für die Auswahl vernünftiger Alternativen ist die vom Gesetzgeber mit dem Bundesbedarfsplan als Trägerverfahren verfolgte Zielsetzung (Planzielkonformität).52 Gemäß § 12e Abs. 2 S. 3 entsprechen die Vorhaben, die im Bundesbedarfsplan aufgeführt sind, den Zielsetzungen des § 1. Danach dienen diese Vorhaben insbesondere einer sicheren, preisgünstigen, effizienten und umweltverträglichen Energieversorgung. Mit Erlass des Bundesbedarfsplans wird für diese Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt (§ 12e Abs. 4). Damit wird zugleich für diese Vorhaben eine verbindliche objektive Planrechtfertigung festgestellt. Daraus folgt für die Auswahl vernünftiger Alternativen, dass nur solche Alternativen in Betracht kommen, die ebenfalls den Zielsetzungen des § 1 entsprechen und der Feststellung einer objektiven Planrechtfertigung zugänglich sind. Es geht nicht um Alternativen des gesamten Plans. Die Nullalternative bzw. Nullvariante entspricht nicht dem mit dem Plan verfolgten Ziel und stellt daher keine vernünftige Alternative dar. Als Vergleich ist im Umweltbericht jedoch die Darstellung der Merkmale der Umwelt, des derzeitigen Umweltzustands sowie dessen voraussichtliche Entwicklung bei Nichtdurchführung des Plans aufzunehmen (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 UVPG). Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung53 beinhalten konkrete Bewertungsmaßstäbe. Dabei handelt es sich um allgemeine Vorgaben oder politische Grundsatzbestimmungen wie die Nachhaltigkeitsstrategie oder die Biodiversitätsstrategie. Insbesondere die Ziele zur Begrenzung des Flächenverbrauchs spielen eine Rolle. Darüber hinaus lassen sich Maßstäbe aus zahlreichen weiteren Regelungen entnehmen, wie beispielsweise aus den Zielbestimmungen des BNatSchG. Gebietsbezogene Standortalternativen kommen als vernünftige Alternativen in Betracht. Räumliche Alternativen bilden ein Kernelement im Rahmen des § 40 UVPG, da durch die zur Prüfung gestellten Pläne und Programme häufig standortrelevante Entwicklungsentscheidungen getroffen werden, die Umweltauswirkungen nach sich ziehen.54 Allerdings wird der geographische Verlauf einer Leitung im Regelfall erst auf einer späteren Planungsebene als vernünftige Alternative zu prüfen sein.55 Bereits im Netzentwicklungsplan erfolgt die Darlegung der in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten von Netzausbaumaßnahmen (§ 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 6). Dies sind nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem anderweitige Planungsmöglichkeiten von Netzverknüpfungspunkten (Anfangs- und Endpunkt).56 Vernünftige Alternativen können grds. auch Technikalternativen sein. Hierbei hat der Gesetzgeber allerdings eine Vorentscheidung getroffen, was als vernünftige Alternative in Betracht kommt. Die in § 12b als Pilotprojekte gekennzeichneten Vorhaben können nicht allgemein als 48 49 50 51 52 53 54 55 56 101
Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 22. Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 40 UVPG Rn 14. Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 23. Vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 UVPG Rn 11. Vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 UVPG Rn 7. BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 41. Siehe hierzu auch § 12a EnWG Rn 17 und BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 40. Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 29. BT-Drs. 18/5581, S. 11 f; Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 22. BT-Drucks. 18/4655, S. 31. Heimann
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III. Strategische Umweltprüfung (Abs. 2)
vernünftige Alternative zur herkömmlichen Übertragungstechnik in Betracht kommen, sondern sind auf Einzelfälle beschränkt. Deren Eignung, den Zielsetzungen des § 1 zu genügen, soll zunächst erprobt werden. Auch die technische Ausführung eines Vorhabens als Freileitung oder Erdkabel betrifft im Allgemeinen erst die Ebene der Bundesfachplanung oder Planfeststellung.57 Mit der Erdkabelnovelle 2015 hat der Gesetzgeber hier eine klare Vorrangregelung eingeführt.58 Der Vorrang der Erdverkabelung bei Gleichstromprojekten und die grundsätzliche Ausführung als Freileitung bei Drehstromprojekten sind in der SUP zu berücksichtigen. Die Betrachtung des Einsatzes verschiedener möglicher Energieerzeugungstechniken (z. B. Windkraft, Photovoltaik) ist nicht Bestandteil der Alternativenprüfung. Ein potenzieller Wandel der Energieversorgung wird bereits bei der Genehmigung des Szenariorahmens (§ 12a) berücksichtigt.59 Insgesamt bestimmen sich die Prüftiefe und der Ermittlungsaufwand der Alternativen35 prüfung nach den Umständen des Einzelfalls.60 Der Ermittlungsaufwand orientiert sich an der Prüftiefe, die sich nach Maßgabe der Abwägungserheblichkeit und dem Gewicht der zu erwartenden Umweltauswirkungen bestimmt. Die Bedeutung der Alternativenprüfung und mit ihr die Anforderungen an die Prüftiefe steigen, wenn der Maßstab der Planung zunimmt.61 Im Übrigen ist auf die Möglichkeit der Abschichtung zu verweisen.62 Es geht um den Bedarf, also um die Frage, ob ein Vorhaben durchgeführt werden soll. Wie die Durchführung aussieht, also der konkrete Trassenverlauf und insbesondere die technische Ausführung, sind mit Ausnahme der Pilotprojekte grds. nicht Bestandteil der Bundesbedarfsplanung.63
36 b) Prüfung der Umweltauswirkungen. Im zweiten Schritt sind die vernünftigen Alternativen im Detail zu prüfen. Dazu ermittelt, beschreibt und bewertet die Regulierungsbehörde die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen der Durchführung des Plans oder Programms (§ 40 Abs. 1 S. 2 UVPG). Die im Schritt der Alternativenprüfung ermittelten vernünftigen Alternativen sind miteinander zu vergleichen. Es werden die einzelnen Vorhaben und der Gesamtplan betrachtet. Im Umweltbericht werden zusätzlich die verschiedenen Möglichkeiten der Übertragung der Elektrizität sowie deren potenzielle Wirkungen als Grundlage der konkreten Umweltprüfung dargestellt. Es können abstrakte Ausführungen zu den Umweltauswirkungen von unterschiedlichen Komponenten von Übertragungstechnologie auf Höchstspannungsebene (z. B. 380 kV- und 220 kV-Drehstrom-Freileitungen, HGÜ-Leitungen, Hochtemperaturleiterseile, Erdkabel usw.) und deren Komponenten (z. B. Umspannwerke, Konverterstationen usw.) aufgenommen werden. 37 Wegen der Abstraktheit des Plans können die voraussichtlichen Umweltfolgen nur grob skizziert werden.64 Auf der Ebene des Bundesbedarfsplans wird jedoch, abgesehen von den Anfangs-und Endpunkten, ggf. Stützpunkten sowie den Grenzkorridoren auf der Grenze der AWZ als Orientierungsräume der Vorhaben, noch keine abschließende Aussage über die konkrete räumliche Verortung eines Vorhabens getroffen. Aus diesem Grund erfolgt die Betrachtung der Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVPG in einem relativ großen Untersuchungsraum zwischen zwei Netzverknüpfungspunkten. Auf dieser Planungsstufe sind die Schutzwürdigkeit und Empfindlichkeit potenziell betroffener flächiger Schutzgutkriterien maßgeblich. Entsprechend des Abstraktionsgrades der Planungsstufe wird eine Abschätzung durchgeführt, inwie57 58 59 60 61 62 63 64
Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 22. Siehe hierzu § 3 und § 4 BBPlG. Dazu auch BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 41. Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 40 UVPG Rn 14. Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –; Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 32. Hierzu Rn 22. Vgl. BT-Drs. 18/5581, S. 11 f; BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 32. Die beschränkte Aussagekraft der SUP für den Bundesbedarfsplan wird teilweise kritisiert, z. B. BK-EnR/Ruge, § 12c EnWG Rn 12. Heimann
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5. Inhalt des Umweltberichts
EnWG § 12c
weit die Schutzgüter des UVPG betroffen sein könnten.65 Die Ergebnisse der SUP für den Bundesbedarfsplan können als erste Hinweise für die vertieften umweltfachlichen Prüfungen in den nachfolgenden Schritten gesehen werden.66
c) Zumutbarkeit. Der Umweltbericht enthält alle Angaben, die mit zumutbaren Aufwand und 38 entsprechend dem gegenwärtigen Wissensstand ermittelt werden können (§ 39 Abs. 2 UVPG). Als zumutbar gilt, was verhältnismäßig ist.67 Daher kann die Prüfung von Alternativen unzumutbar werden, wenn die Betrachtung eines einzelnen alternativen Punktepaares zu einer Neuberechnung des gesamten Netzentwicklungsplans führt. Jedes einzelne Vorhaben ist in das Gesamtnetz integriert. Ändert sich ein Vorhaben im vermaschten Netz, hat dies regelmäßig weitreichende Auswirkungen auf weitere Vorhaben.68 Die vor- und nachgelagerten Lastflüsse verschieben sich. Das Gesamtnetz wäre erneut auf seine Konsistenz hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dies erfordert vom Grundsatz her eine vollständige Neuberechnung des Netzes. Die Frage der Zumutbarkeit spielt daher bei der Berücksichtigung vernünftiger Alternativen auf der Stufe der Bundesbedarfsplanung eine entscheidende Rolle. Der Gesetzgeber hat mit Einfügung des neuen § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 6 (anderweitige Planungsmöglichkeiten) klar zum Ausdruck gebracht, dass alternative Netzverknüpfungspunkte zu prüfen sind. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der Zumutbarkeit im Einzelfall zu beachten. d) Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 7 UVPG 39 sind Schwierigkeiten darzustellen, die bei der Zusammenstellung der Angaben aufgetreten sind. Dabei kann es sich beispielsweise um technische Lücken oder fehlende Kenntnisse handeln. Damit sollen diejenigen Aspekte offen gelegt werden, die nicht abschließend aufgeklärt werden können.69 Um auf derartige Unsicherheiten bei Prognoseentscheidungen reagieren zu können, wird in anderen Umweltprüfungen auf das Instrument der Überwachung nach § 45 UVPG zurückgegriffen.70 Wegen des hohen Abstraktionsniveaus des Bundesbedarfsplans und der Umweltprüfung können Überwachungsmaßnahmen nur schwer identifiziert werden. Projektbezogene Daten fehlen weitgehend. Es können jedoch Empfehlungen aufgenommen werden, welche Aussagen des Umweltberichts auf den nachfolgenden Ebenen (Bundesfachplanung und Planfeststellung) überprüft oder welche weiteren oder detaillierteren Angaben dort erhoben werden sollen.71 5. Inhalt des Umweltberichts Der Umweltbericht besteht aus einem deskriptiven (§ 40 Abs. 2 UVPG) und einem bewertenden 40 Teil (§ 40 Abs. 3 UVPG).72 Zum deskriptiven Teil gehört insbesondere die Beschreibung der voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt nach § 2 Abs. 2 UVPG, also die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Schutzgüter und die Wechselwirkungen zwi65 BNetzA, Bedarfsermittlung 2019–2030, Entwurf des Umweltberichts – Teil 1, Strategische Umweltprüfung auf Grundlage des 2. Entwurfs des NEP Strom, S. 1 ff. 66 BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 42. 67 Vgl. UBA/BMU, Leitfaden zur SUP, S. 15. 68 BT-Drs. 18/5581, S. 11 f. 69 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP, S. 32; Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 61 f. 70 Hoppe/Beckmann/Kment, § 40 UVPG Rn 62. 71 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP, S. 33. 72 Zur Methodik des Umweltberichts für den Bundesbedarfsplan: Schneider/Höweler/Brodowy/Korr, Weiterentwicklung der Methode für die Strategische Umweltprüfung zum Bundesbedarfsplan, UVP-report 2020, 33. 103
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§ 12c EnWG
IV. Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (Abs. 3)
schen den Schutzgütern. Im bewertenden Teil sind neben den Maßstäben der Regelungen zum Zweck der Umweltprüfung sowie die Auswirkungen auf die Schutzgüter auch die Bewertungsmaßstäbe des Fachrechts relevant. Der Bericht muss so gefasst sein, dass er für Dritte die Beurteilung ermöglicht. 41 Im Einzelnen ist nach § 40 Abs. 2 UVPG folgender Mindestinhalt erforderlich: – Inhalt und Ziele des Plans sowie Beziehung zu anderen Plänen und Programmen, – Darstellung der für den Plan geltenden Ziele des Umweltschutzes sowie der Art, wie diese Ziele und sonstige Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung des Plans berücksichtigt wurden, – Darstellung der Merkmale der Umwelt, des derzeitigen Umweltzustands sowie dessen voraussichtliche Entwicklung bei Nichtdurchführung des Plans, – Angabe der derzeitigen für den Plan bedeutsamen Umweltprobleme, – Beschreibung der voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt, – Darstellung der Maßnahmen, die geplant sind, um erheblich nachteilige Umweltauswirkungen zu verhindern, zu verringern und soweit wie möglich auszugleichen, – Hinweise auf Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben, – Kurzdarstellung der Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen sowie eine Beschreibung, wie die Umweltprüfung durchgeführt wurde, – Darstellung der geplanten Überwachungsmaßnahmen sowie – allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung.
6. Rechtsschutz 42 Gegen die SUP im Rahmen der Bedarfsplanung ist kein selbstständiger Rechtsschutz möglich. Gemäß § 33 UVPG ist die SUP ein unselbstständiger Teil behördlicher Verfahren. Nur im Zusammenhang mit dem Trägerverfahren – also dem Bundesbedarfsplan – ist in engen Grenzen ein Rechtsschutz möglich.73
IV. Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (Abs. 3) 43 Abs. 3 regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit74 und der Behörden sowohl für den Entwurf des Netzentwicklungsplans75 als auch für die SUP. Die Beteiligung hat unverzüglich76 zu erfolgen. Die Unterlagen für die SUP und der Entwurf des Netzentwicklungsplans sind am Sitz der BNetzA für sechs Wochen auszulegen und auf der Internetseite der Regulierungsbehörde bekanntzumachen. Daran anschließend kann die betroffene Öffentlichkeit sich einen weiteren Monat lang äußern. Diese Frist wurde mit der Novelle des UVPG von zwei Wochen auf einen Monat erweitert.77 Die Beteiligung spielt eine besondere Rolle, weil mit der gesetzlichen Bedarfsplanung nach § 12e die Planrechtfertigung für das spätere Planfeststellungsverfahren vorliegt. Im Planfeststellungsverfahren wird über den Bedarf nicht mehr entschieden. Einwendungen dagegen haben dann keinen Erfolg. Auch die Gerichte sind grundsätzlich an die Planrechtfertigung gebunden.78 73 Hierzu § 12e EnWG Rn 37 ff Zur verwaltungsgerichtlichen Kontrolle SUP-pflichtiger Fachpläne vgl. Durner, EurUP 2018, 142. 74 Zu den Besonderheiten des PlanSiG siehe Rn 49. 75 Für den Netzentwicklungsplan allein wäre nach Art. 22 Abs. 1 StromRL nur die Beteiligung „aller einschlägiger Interessenträger“ erforderlich. Hierzu BK-EnR/Ruge § 12c EnWG Rn 14. 76 Zur Auslegung des Merkmals unverzüglich siehe Rn 10 sowie Theobald/Kühling/Kober § 12b EnWG Rn 42 und 48. 77 BR-Drucks. 164/17, S. 49. 78 Rubel, UPR Sonderheft 2018, 422, 423. Heimann
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2. Dauer der Beteiligung (Abs. 3 S. 1)
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1. Beteiligte und Gegenstand der Beteiligung Zu beteiligen sind die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt wird, und die Öffentlichkeit. 44 Die Beteiligung richtet sich nach den Vorschriften des UVPG, sofern das EnWG nichts Abweichendes regelt. Nach dem UVPG wird die SUP unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Spezielle Regelungen zur Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung enthalten §§ 41 und 42 sowie §§ 55 und 56 UVPG. Gemäß § 41 UVPG übermittelt die Regulierungsbehörde den Behörden, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich durch den Plan berührt wird, den Entwurf des Plans sowie den Umweltbericht und holt die Stellungnahmen dieser Behörden ein. Die zu beteiligenden Behörden haben die Pflicht, die verfahrensleitende Behörde bei der Planaufstellung durch fachliche Stellungnahmen zu informieren und zu unterstützen.79 Die Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt nach § 42 UVPG, der wiederum auf die Vorschriften der Öffentlichkeitsbeteiligung im Zusammenhang mit der UVP verweist. Zu beteiligen ist danach die betroffene Öffentlichkeit. Die „betroffene Öffentlichkeit“ umfasst nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 9 UVPG alle Personen, deren Belange durch den Plan berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch den Plan berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes. Die Rechtsprechung sieht in den anerkannten Naturschutzvereinigungen Verwaltungshelfer für den Naturschutz,80 die in Bezug auf einen betroffenen Naturschutzbelang der betroffenen Behörde in besonderen Einzelfällen gleichgestellt sind. Der Unterschied zur normalen Öffentlichkeitsbeteiligung besteht darin, dass Behörden die Unterlagen zuzuleiten sind, während die Öffentlichkeit auf die Auslegung der Unterlagen verwiesen wird.81 Behörden haben Mitwirkungspflichten.82 Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung finden sich Sonderregelungen in §§ 60 und 61 UVPG. Diese sind einschlägig, wenn ein Plan erhebliche Umweltauswirkungen in einem anderen Staat haben kann. Es soll sichergestellt werden, dass bei erheblichen Auswirkungen des Bundesbedarfsplans auf die Umwelt in anderen Staaten, dieser auch von den Behörden und Bürgern der betroffenen Staaten beeinflusst werden kann. Sofern eine grenzüberschreitende Beteiligung erforderlich ist, sind auch die Anforderungen des SUP-Protokolls zur Espoo-Konvention zu beachten. Je nachdem, um welchen Nachbarstaat es sich handelt, sind ggf. auch bilaterale Verträge zu beachten. Gegenstand der Beteiligung sind der Entwurf des Netzentwicklungsplans und in den Fäl- 45 len des § 12e zugleich der Umweltbericht. Bei Änderungen des Bedarfsplans ist eine SUP nur unter den Voraussetzungen des UVPG erneut durchzuführen (§ 12e Abs. 5 i. V. m. § 37 UVPG). Bei Fortschreibung des Netzentwicklungsplans kann sich die Beteiligung der Öffentlichkeit, einschließlich tatsächlicher und potenzieller Netznutzer, der nachgelagerten Netzbetreiber sowie der Träger öffentlicher Belange auf Änderungen gegenüber dem zuletzt bestätigten Netzentwicklungsplan beschränken (§ 12c Abs. 6). Ein vollständiges Verfahren muss mindestens alle vier Jahre durchgeführt werden.
2. Dauer der Beteiligung (Abs. 3 S. 1) Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 42 UVPG wird durch die Regelung des Fachrechts er- 46 gänzt.83 Die Mindestfrist von einem Monat wurde im Zusammenhang mit dem Bundesbedarfsplan konkretisiert: Nach § 12c Abs. 3 sind die Unterlagen für eine Frist von sechs Wochen auszu79 80 81 82 83 105
Hoppe/Beckmann/Kment/Wagner, § 41 UVPG Rn 13. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 19/95 –; BVerwG, Urt. v. 6.11.1997 – 4 A 16/97 –. Hierzu Hoppe/Beckmann/Kment/Wagner, § 41 UVPG Rn 18. Hierzu Rn 27. Zu den Besonderheiten des PlanSiG siehe Rn 49. Heimann
§ 12c EnWG
IV. Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (Abs. 3)
legen. Die betroffene Öffentlichkeit kann sich zum Entwurf des Netzentwicklungsplans und zum Umweltbericht bis einen Monat nach Ende der Auslegung äußern. Diese Frist wurde mit der Novelle des UVPG von zwei Wochen auf einen Monat erweitert.84 Diese Frist bezieht sich nur auf die Beteiligung der Öffentlichkeit. Nach § 41 UVPG beträgt die Frist für behördliche Einwendungen mindestens einen Monat. Im EnWG ist eine besondere Frist für behördliche Stellungnahmen nicht vorgesehen. Später eingehende behördliche Stellungnahmen können u. U. noch dann Berücksichtigung finden, wenn dies den weiteren Abstimmungsprozess des Plans nicht hemmt. Zudem gilt der allgemeine Grundsatz, dass verspätet vorgebrachte Belange, die der Behörde bekannt waren oder ihr hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind, zu berücksichtigen sind.85
3. Form (Abs. 3 S. 4) 47 Nach den Regelungen des EnWG sind die Unterlagen für die SUP sowie der Entwurf des Netzentwicklungsplans am Sitz der Regulierungsbehörde auszulegen86 und darüber hinaus auf ihrer Internetseite öffentlich bekanntzumachen. Ergänzend sind weitere Unterlagen auszulegen, deren Einbeziehung die BNetzA für zweckmäßig erachtet (§ 42 Abs. 2 S. 1 UVPG). Das UVPG sieht hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung vor, dass die Auslegungsorte 48 unter Berücksichtigung von Art und Inhalt des Plans von der zuständigen Behörde so festzulegen sind, dass eine wirksame Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit gewährleistet ist (§ 42 Abs. 2 UVPG). Allein die Auslegung am Sitz der BNetzA wird vereinzelt als nicht ausreichend betrachtet.87 Indem gleichermaßen eine Auslegung am Sitz der BNetzA und eine Bekanntmachung im Internet erfolgt, ist jedoch die Möglichkeit einer wirksamen Beteiligung gewährleistet.88 Aufgrund der Abstraktheit des Bundesbedarfsplans bedarf es im Gegensatz zur Beteiligung bei der Bundesfachplanung keiner Auslegung an weiteren Orten.
4. Planungssicherstellungsgesetz 49 Das Gesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG)89 schafft Alternativen für Verfahrensschritte, die normalerweise eine persönliche Anwesenheit der Beteiligten voraussetzen. Das PlanSiG ermöglicht es, Planungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung auch während der Corona-Pandemie fortzuführen. Es schafft Alternativen für Verfahrensschritte, bei denen sonst die Verfahrensberechtigten zur Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte persönlich anwesend sein müssten. Das PlanSiG gilt gem. § 1 Nr. 1 und 9 PlanSiG für die Verfahren nach dem UVPG und dem EnWG. Erfasst ist damit auch das Beteiligungsverfahren zum Umweltbericht für den Bundesbedarfsplan. So kann z. B. die Bekanntmachung sowie die Auslegung von Unterlagen oder Entscheidungen nach §§ 2 und 3 PlanSiG erleichtert werden und im Wesentlichen auf das Internet beschränkt werden. Das PlanSiG bietet für einen befristeten Zeitraum90 Sicherheit und Klarheit für die Planung von Vorhaben.
84 85 86 87 88 89 90
BR-Drucks. 164/17, S. 49. Hoppe/Beckmann/Kment/Wagner, § 41 UVPG Rn 28. Zu den Besonderheiten des PlanSiG siehe Rn 49. Vgl. Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 26. So auch Theobald/Kühling/Kober § 12c EnWG Rn 36. Gesetz v. 20.5.2020, BGBl. I S. 1041. Zunächst war das Gesetz bis zum 31.3.2021 befristet, nunmehr bis zum 31.12.2022.
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2. Bestätigung des Netzentwicklungsplans (Abs. 4)
EnWG § 12c
V. Entscheidung der Regulierungsbehörde (Abs. 4) 1. Überprüfung des Umweltberichts (§ 43 UVPG) Nach Abschluss der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung überprüft die BNetzA die Darstel- 50 lungen und Bewertungen des Umweltberichts unter Berücksichtigung der Stellungnahmen. Das Ergebnis der Überprüfung ist im Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des Plans zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um einen entscheidenden Schritt, weil die BNetzA das abschließende Ergebnis formuliert und festlegt, welches Gewicht die zu erwartenden Umweltfolgen bei der Bedarfsermittlung haben.91 Da der Umweltbericht jedoch für den Bundesbedarfsplan (nicht den Netzentwicklungsplan) erstellt wird, entfaltet er auch erst dort seine Wirkung. Grundsätzlich ändert der Umweltbericht nicht den Netzentwicklungsplan, sondern beeinflusst die Entscheidung über den Bundesbedarfsplan.92
2. Bestätigung des Netzentwicklungsplans (Abs. 4) Den Abschluss der Prüfung des Netzentwicklungsplans bildet die Bestätigung. Die BNetzA be- 51 stätigt den ggf. durch die ÜNB geänderten Netzentwicklungsplan unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Teilweise wird eine Teilbestätigung nicht als mit der geltenden Rechtslage vereinbar angesehen.93 Das Gesetz sieht ein Änderungsverlangen vor. Die ÜNB haben den Netzentwicklungsplan anzupassen. Allerdings spricht bereits die Berücksichtigung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung dafür, dass der Netzentwicklungsplan nicht zwingend in der Fassung des ÜNB-Entwurfs zu bestätigen ist. Auch die Beteiligung von ACER kann zu Änderungen führen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber nicht davon ausging, dass nur die ÜNB den Netzentwicklungsplan ändern können. Die Bestätigung soll spätestens bis zum 31. Dezember eines jeden ungeraden Kalenderjahres erfolgen. Die Regulierungsbehörde kann bestimmen, welcher ÜNB für die Durchführung einer Maßnahme verantwortlich ist (Abs. 8).94 Die Bestätigung des Netzentwicklungsplans ist nur für die ÜNB im Hinblick auf deren Investi- 52 tionsentscheidung verbindlich.95 Dies hat Einfluss auf die Beantragung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV und die Anerkennung der Kosten in der Erlösobergrenze des jeweiligen ÜNB nach §§ 4 und 11 ARegV. Die BNetzA genehmigt Investitionsmaßnahmen für Erweiterungsund Umstrukturierungsinvestitionen in Übertragungsnetze, soweit diese Investition zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energienetzes nach § 11 notwendig sind. Der Antrag muss nach § 23 Abs. 3 S. 2 ARegV eine Analyse des ermittelten Investitionsbedarfs enthalten. Dazu kann der Netzentwicklungsplan als Grundlage dienen. Das OLG Düsseldorf sieht für die Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit einer Investitionsmaßnahme (im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Var. 3 ARegV) bei Maßnahmen, die von den Übertragungsnetzbetreibern verpflichtend in den Netzentwicklungsplan einzubringen sind, die Netzentwicklungsplanung als maßgeblich an. Die Bestätigung einer solchen Maßnahme in dem zum Zeitpunkt der Antragstellung aktuellen Netzentwicklungsplan ist Voraussetzung für die Genehmigung der Investitionsmaßnahme. Zwar nehme § 23 Abs. 1 S. 1 ARegV nicht 91 Storm/Bunge, Lf. 1/12, Kap. 0540, S. 27 f. 92 Theobald/Kühling/Kober § 12c EnWG Rn 21 und 42 hält dies über den Wortlaut der Norm hinaus für angezeigt. Auch nach Kment/Posser § 12c EnWG Rn 40 können die Aussagen des Umweltberichts Auswirkungen auf die Entscheidung hinsichtlich des Netzentwicklungsplans – also auf die energiewirtschaftliche – Prüfung haben. 93 BK-EnR/Ruge § 12c EnWG Rn 18; Kment/Posser § 12c EnWG Rn 46 und 55; Theobald/Kühling/Kober § 12c EnWG Rn 12. 94 Hierzu Ruge, ER 2019, 135, 139; zur alten Fassung bereits Ruge, ER 2015, 131. 95 BT-Drucks. 17/6072, S. 69. 107
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§ 12c EnWG
V. Entscheidung der Regulierungsbehörde (Abs. 4)
ausdrücklich Bezug auf die Netzentwicklungsplanung. Dass eine sachliche Verknüpfung des Merkmals der Notwendigkeit für einen bedarfsgerechten Ausbau im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 ARegV mit dem Ergebnis der Netzausbauplanung geboten ist und die Bedarfsgerechtigkeit einer spezifischen Maßnahme nur mit Blick auf die Netzentwicklungsplanung sachgerecht zu beantworten ist, folge aber aus deren Sinn und Zweck. Liegt eine Bestätigung des aktuellen Netzentwicklungsplans noch nicht vor und war die Maßnahme zum Zeitpunkt der Antragstellung jedoch bereits in den laufenden Netzentwicklungsplan-Prozess eingebracht, kann eine Entscheidung über den Antrag für die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme erst ergehen, wenn dieser Netzentwicklungsplan bestätigt worden ist. Die Änderung eines noch nicht genehmigten Antrags auf Genehmigung einer Investitionsmaßnahme i. S. d. § 23 Abs. 1 ARegV ist zulässig. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zwischen Änderungs- und Neuantrag ist die Identität zwischen der ursprünglich beantragten und der geänderten Maßnahme.96 Besondere Bedeutung erlangt die Verbindlichkeit der Investitionsentscheidung durch § 65 53 Abs. 2a. Bereits nach § 12c Abs. 8 kann die Regulierungsbehörde bestimmen, wer für die Durchführung einer im Netzentwicklungsplan enthaltenen Maßnahme verantwortlich ist. Damit wird zugleich festgelegt, wer Vorhabenträger im Sinne des § 3 Nr. 9 NABEG ist.97 § 65 Abs. 2a ermöglicht die Sicherstellung der in den nächsten drei Jahren erforderlichen Investitionen. Die Norm setzt Art. 22 Abs. 7 der RL 2009/72/EG um.98 Die Regulierungsbehörde hat die Möglichkeit zur Aufforderung bzw. zur Ausschreibung der Investitionsdurchführung. Erforderlich ist dafür, dass ein ÜNB aus anderen als zwingenden, von ihn nicht zu beeinflussenden Gründen eine Investition, die nach dem Netzentwicklungsplan in den folgenden drei Jahren nach Eintritt der Verbindlichkeit nach § 12c Abs. 4 S. 1 durchgeführt werden musste, nicht durchgeführt hat. Zudem muss die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant sein. Die Regulierungsbehörde kann nach Ablauf einer von ihr gesetzten Frist ein Ausschreibungsverfahren durchführen. Nähere Bestimmungen zum Ausschreibungsverfahren kann die Regulierungsbehörde durch Festlegung nach § 29 Abs. 1 treffen. Insofern erlangt der Netzentwicklungsplan gegenüber den ÜNB unmittelbare Rechtswirkung. 54 Ob eine weitergehende Verbindlichkeit vorliegt, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm und aus der Gesetzesbegründung zunächst nicht. Erst mit Erlass des Bundesbedarfsplans werden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf der Vorhaben festgestellt. Allerdings umfasst die Bestätigung des Netzentwicklungsplans bereits die Feststellung, dass die Anforderungen des § 12b Abs. 1, 2 und 4 erfüllt sind. Dazu gehören insbesondere die Einhaltung des NOVA-Prinzips99 und das Erfordernis eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs. Bei der Bestätigung sind die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 55 zu berücksichtigen. Erfasst ist zum einen die Beteiligung nach Abs. 3. Zum anderen werden die Ergebnisse der vorangegangenen Beteiligungen100 über § 12b Abs. 4 einbezogen. Dies gewährleistet eine Berücksichtigung aller vorgetragenen relevanten Belange auf allen Stufen.
3. Rechtsschutz (Abs. 4 S. 1 und 2) 56 Die Bestätigung des Netzentwicklungsplans ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG, der über die Anfechtungs- oder Verpflichtungsbeschwerde durch die ÜNB anfechtbar
96 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.2020 – 3 Kart 739/19 (V). 97 Hierzu § 3 NABEG Rn 45 ff. 98 Hierzu BT-Drucks. 17/6072, S. 92 f. 99 Siehe § 12b EnWG Rn 24 f. 100 Erfasst sind die Beteiligungen bei der Konsultation des Szenariorahmens und bei der Netzentwicklungsplankonsultation der ÜNB (§ 12a Abs. 2 S. 2 EnWG und § 12b Abs. 3 S. 1 EnWG). Heimann
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1. Zweck und Umfang
EnWG § 12c
ist.101 Drittrechtsschutz ist ausdrücklich gem. § 12c Abs. 4 S. 2 nicht möglich.102 Diese Differenzierung zwischen Drittbetroffenen und ÜNB ist dadurch gerechtfertigt, dass der Netzentwicklungsplan eine interne und grobe Planung darstellt, bei der konkrete Betroffenheiten Dritter in der Regel noch nicht erkennbar sind. Die Öffentlichkeit kann sich in der Beteiligungsphase einbringen. Daher kann auch eine Beiladung ermessensfehlerfrei abgelehnt werden.103 Ein Drittrechtsschutz kann nicht über die Verwaltungsgerichte z. B. mit der Berufung auf das Umweltrechtsbehelfsgesetz herbeigeführt werden. § 7 Abs. 2 UmwRG stellt keine Regelung des Rechtswegs dar, sondern setzt die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs voraus. Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Bestätigung des Netzentwicklungsplans weist jedoch § 75 Abs. 4 Satz 1 EnWG dem Oberlandesgericht zu. Es handelt sich um eine von dem für Verletzungen gegen Vorschriften des Umweltrechtsbehelfsgesetzes in der Sache an sich eröffneten Verwaltungsrechtsweg abdrängenden Sonderzuweisung. Auch sind die prozessrechtlichen Regelungen des EnWG im Verhältnis zu solchen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes spezieller und gehen damit vor. Für die Netzbetreiber muss der Rechtsschutz möglich sein, da der Netzentwicklungsplan ihnen gegenüber unmittelbar Rechtswirkung entfaltet. Die im Plan aufgenommenen Vorhaben müssen binnen eines bestimmten Zeitraums realisiert werden.104 Erstinstanzlich zuständig für die Beschwerden der ÜNB ist gem. § 75 das OLG Düsseldorf.
VI. Festlegungsbefugnis zu Inhalt und Verfahren des Netzentwicklungsplans (Abs. 7) 1. Zweck und Umfang Nach Abs. 7 hat die BNetzA eine Festlegungsbefugnis zu Inhalt und Verfahren des Netzent- 57 wicklungsplans. Zweck der Festlegungsbefugnis ist zum einen, dass die Verfahrensabläufe zügig an die gemachten Erfahrungen angepasst werden können bzw. gänzlich neue Entwicklungen berücksichtigen können. Zugleich soll gewährleistet werden, dass durch Standardisierung der Verfahrensabläufe bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans und der Form des Netzentwicklungsplans das Verfahren effizient und effektiv ausgestaltet werden kann. Die Festlegung soll eine erforderliche Flexibilität ermöglichen, da es sich bei dem Konzept des gemeinsamen, nationalen Netzentwicklungsplans um ein neues Instrument handelt und die Rahmenbedingungen daher lernfähig und flexibel sein müssen.105 Die BNetzA kann allgemeine Anforderungen an Inhalt und Verfahren der Erstellung des 58 Netzentwicklungsplans festlegen. Dies können beispielsweise Vorgaben zur Darstellung oder zu den Zwischenschritten bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans sein. Daneben kann auch geregelt werden, wie die Öffentlichkeitsbeteiligung ausgestaltet wird. Dies betrifft die Konsultation des Szenariorahmens nach § 12a und die Konsultation des Entwurfs des Netzentwicklungsplans durch die ÜNB nach § 12b. Beispielsweise können Mindestfristen oder Anforderungen an die Form der Beteiligung festgelegt werden. 59 Bisher wurde eine solche Festlegung nicht erlassen.
101 Zum Rechtsschutz im Rahmen des Netzentwicklungsplans siehe Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 107 ff. 102 Zum Drittrechtsschutz Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 108 ff; Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 200 ff; Knappe, DVBl. 2016,276, 278; Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 464. 103 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.12.2016 – VI-3 Kart 132/15 (V); Kment/Posser § 12c EnWG Rn 45a. 104 Appel, UPR 2011, 406, 412; Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 464. 105 BT-Drucks. 17/6072, S. 69. 109
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§ 12c EnWG
VII. Bestimmung der Durchführungsverantwortung (Abs. 8)
2. Rechtsschutz 60 Die BNetzA trifft die Entscheidung in Form einer Festlegung106 gem. § 29. Als Rechtsbehelf gegen die Festlegung steht den ÜNB die Beschwerde gem. § 75107 zur Verfügung. Ausschließlich zuständig ist gem. § 75 Abs. 4 das OLG Düsseldorf. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.108 Ggf. ist ein Drittrechtsschutz möglich. Dies richtet sich im Einzelfall nach dem Inhalt der Festlegung.
VII. Bestimmung der Durchführungsverantwortung (Abs. 8) 61 Absatz 8 erfasst die Befugnis zur Zuweisung der Durchführungsverantwortung. Die BNetzA kann festlegen, wer für die Durchführung einer Maßnahme ganz oder teilweise verantwortlich ist. Die Regelung enthält ermessenslenkende Vorgaben für die Entscheidung der BNetzA. Die Entscheidung darüber, wer für die Durchführung einer Maßnahme verantwortlich ist, kann in einer von der Bestätigung des Netzentwicklungsplans gesonderten Entscheidung ergehen. Bei der Bestimmung sind ausschließlich Belange zu berücksichtigen, die im öffentlichen Interesse eine möglichst zügige, effiziente und umweltschonende Durchführung der Maßnahmen erwarten lassen. Insbesondere hat die BNetzA zu berücksichtigen, ob ein Vorhabenträger bereits für ein anderes Vorhaben verantwortlich ist, das mit dem neuen Vorhaben gemeinsam realisiert werden soll. Auch die bisherigen Fortschritte eines Vorhabenträgers beim Netzausbau insgesamt sind zu berücksichtigen. Zum anderen kann die Bundesnetzagentur berücksichtigen, ob durch einen oder mehrere Vorhabenträger die genannten Ziele besser erreicht werden können. Zusätzlich ist zu prüfen, inwieweit die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Vorhabenträgers gegeben sind. 62 Dabei kommt es nicht unbedingt auf die Regelzonenverantwortung an.109 Zwar ergibt sich bereits aus dem Zusammenhang mit anderen Vorhaben ein Bezug zur Regelzone, die Norm selber beschränkt sich aber nicht darauf. Die Realisierung einer Maßnahme in der eigenen Regelzone ist der Regelfall. Die Begründung zur Gesetzesänderung unterstreicht an anderer Stelle die Bedeutung der Regelzonenverantwortung.110 Für die Netzentwicklungsplanung wird die enge Verknüpfung zwischen Verantwortung und Erweiterung in der jeweiligen Regelzone herausgestellt. Die Durchführungsverantwortung kann aber auch auf einen anderen der vier ÜNB mit Regelzonenverantwortung oder einen Dritten übergehen. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.111 Ein Dritter müsste zudem die weiteren Vorgaben des Energiewirtschaftsrechts erfüllen. Bereits jetzt gibt es Vorhaben, die außerhalb der eigenen Regelzone eines ÜNB beginnen (z. B. Vorhaben 1 des BBPlG). Auch kann nach Art. 5 Absatz 7 der TEN-E VO112 bei Verzögerungen unter bestimmten Voraussetzungen ein Dritter mit der Realisierung des Vorhabens beauftragt werden. Zudem spricht für diese Auslegung, dass die Vorschrift anders als an anderen Stellen nicht von dem ÜNB mit Regelzonenverantwortung spricht, sondern weitergehend vom Vorhabenträger. Die Regelzonenzuordnung wird dadurch nicht abgeschafft, aber für
106 107 108 109
Siehe zur Entscheidung in Form der Festlegung § 12g EnWG Rn 9. Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Hilzinger, Kap. 56 Rn 1 ff. Hierzu BK-EnR/Roesen/Johanns, § 76 EnWG Rn 5 ff; Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Chatzinerantzis, Kap. 64 Rn 3 f. Anderer Ansicht Ruge, ER 2019, 135, 139; ders., ER 2015, 131. Auch bei der letzten BBPlG-Novelle 2021 wurde im Bundesrat über eine abweichende Regelung diskutiert. Der Antrag aus Nordrhein-Westfalen wurde bereits vom Bundesratsplenum abgelehnt. 110 Vgl. BR-Drucks. 11/19, S. 54. 111 Theobald/Kühling/Kober § 12c EnWG Rn 43; BK-EnR/Ruge § 12c EnWG Rn 23. 112 Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.4.2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009, ABl. EU 115/39. Heimann
110
VII. Bestimmung der Durchführungsverantwortung (Abs. 8)
EnWG § 12c
die Möglichkeit der Zuordnung der Durchführungsbefugnis gilt sie nicht ausschließlich. Der Beziehungsgrad einer Maßnahme zum Bestandsnetz wird aber immer ein wichtiges Kriterium der Ermessensausübung darstellen müssen.113 Für neu in das BBPlG aufgenommene bzw. aufzunehmende HGÜ-Leitungen legt das Gesetz 63 grundsätzlich fest, wer Vorhabenträger sein soll: Bei den HGÜ-Leitungen ist der südliche Netzverknüpfungspunkt maßgeblich. Der ÜNB, in dessen Regelzone der südliche Netzverknüpfungspunkt fällt, ist der Vorhabenträger. Das betrifft aktuell insbesondere den sog. Korridor B (Vorhaben 48 und 49 des BBPlG). Sonderfälle, wie beispielsweise der Beginn in einer Regelzone im Norden, der Verlauf durch eine weitere Regelzone und dann der südliche Netzverknüpfungspunkt im Ausland wurden nicht geregelt. Für Offshore-Anbindungsleitungen ist entscheidend, in wessen Regelzone der südliche Netzverknüpfungspunkt liegt. Das betrifft aktuell die Vorhaben 78 und 79 des BBPlG. Die Bundesnetzagentur kann abweichend von dem Grundsatz einen anderen Vorhabenträger bestimmen. Dann kommen die Sätze 1 bis 4 auch für die Fälle der HGÜLeitungen und der Offshore-Anbindungsleitungen zur Anwendung. Die Entscheidung ist künftig bereits bei der Bestätigung des Netzentwicklungsplans zu treffen. Die Vorhabenträger können in dem Netzentwicklungsplan, den sie nach § 12b Absatz 1 der Regulierungsbehörde zur Bestätigung vorlegen, Vorschläge zur Vorhabenträgerschaft unterbreiten. Hintergrund der Ergänzung ist laut Gesetzesbegründung, dass frühzeitig Klarheit über die Vorhabenträgerschaft geschaffen werden solle. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass sich bei regelzonenübergreifenden HGÜ-Vorhaben die Koordinierung zwischen verschiedenen Übertragungsnetzbetreibern komplex gestaltet sei und zu erheblichen Verzögerungen führen könne. Gründe hierfür seien erhöhte technische Abstimmungsbedarfe bei mehreren beteiligten Übertragungsnetzbetreibern, aber auch unterschiedliche Strategien zur Projektrealisierung und finanzielle Verhältnisse.114 Die Zuweisung der Vorhabenträgerschaft musste bislang nicht durch die Bundesnetzagen- 64 tur erfolgen. Es handelt sich beim Netzentwicklungsplan gerade um einen gemeinsamen Plan aller Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung. Im Netzentwicklungsplan selber machen die Übertragungsnetzbetreiber gemeinsam einen Vorschlag zur Vorhabenträgerschaft. Die Bestimmung, wer Vorhabenträger sein soll, ist der Entscheidung zur Bestätigung des Netzentwicklungsplanes eigentlich fremd. Die Vorhabenträgerschaft ist vielmehr maßgeblich für die konkrete Umsetzung einer Maßnahme, also des Vorhabens selber. Das Vorhaben ist aber erst im Bundesbedarfsplangesetz bzw. im § 12e, der Vorgaben für das Bundesbedarfsplangesetz macht, benannt. Ein Vorhaben kann sich aus verschiedenen Maßnahmen zusammensetzen, sofern sie einen gemeinsamen energiewirtschaftlichen Zweck verfolgen.115 Die Neuregelung verkennt die bisherige Stufung. Es liegt beim Gesetzgeber, wie die Vorhaben letztlich zusammengesetzt sind. Teilweise ist der Gesetzgeber bewusst vom bestätigten Netzentwicklungsplan abgewichen. Dies betrifft z. B. das Vorhaben 5a des Bundesbedarfsplans. Die Übertragungsnetzbetreiber und die Bundesnetzagentur hatten im Durchgang zum Netzentwicklungsplan 2019–2030 verschiedenen Alternativen zum vorgeschlagenen Projekt P44 (Altenfeld – Grafenrheinfeld) geprüft.116 Die später im Gesetz aufgenommene Alternative, das nunmehr als Vorhaben 5a des Bundesbedarfsplans aufgenommene Vorhaben, hat sich in der Prüfung als grundsätzlich ebenfalls als geeignet erwiesen.117 Die über den eigentlichen Netzentwicklungsplan hinausgehende Entscheidung wurde zu Recht ausdrücklich dem Gesetzgeber überlassen. In einem solchen Fall reicht die Neuregelung des Absatzes 8 nicht aus. Ein ähnlicher Vorschlag zur Durchführungsverantwortung wurde auch im Gesetzgebungs- 65 verfahren 2019118 diskutiert. Bereits der 2019 aufgenommene Vorschlag – entspricht im Wesent113 114 115 116 117 118 111
So Danner/Theobald/Kober § 12c EnWG Rn 43 noch zur alten Fassung des § 12c EnWG. BR-Drucks. 165/21 v. 12.2.2021, S. 111. Siehe dazu § 12e EnWG Rn 14. Siehe hierzu Bundesnetzagentur, Bestätigung des Netzentwicklungsplans 2019–2030, S. 159 ff. Siehe hierzu Bundesnetzagentur, Bestätigung des Netzentwicklungsplans 2019–2030, S. 164. Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. Heimann
§ 12c EnWG
VIII. Ordnungswidrigkeiten § 95
lichen dem Absatz 8 bis auf die neuen Nummern 3 und 4 – erhielt in der Literatur Kritik: Die Neuregelung zur Durchführungsverantwortung in § 12c Abs. 8 würde ein grundlegendes Ordnungsprinzip der Energiewirtschaft aushebeln.119 Die jüngste Erweiterung scheint von Einzelfallinteressen getrieben. Im Ergebnis passt die Neuregelung nicht zum Gesamtsystem der Bedarfsplanung und Vorhabenverwirklichung.
VIII. Ordnungswidrigkeiten § 95 66 Gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1b handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12c Abs. 5 einen geänderten Netzentwicklungsplan nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 100.000 A geahndet werden (§ 95 Abs. 2 S. 1).
119 Ruge, EnWZ 2019, 1, 2. Heimann
112
§ 12d Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber und Monitoring durch die Regulierungsbehörde (1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung legen der Regulierungsbehörde jeweils spätestens bis zum 30. September eines jeden geraden Kalenderjahres, beginnend mit dem Jahr 2018, einen gemeinsamen Umsetzungsbericht vor, den diese prüft. Der Umsetzungsbericht muss folgende Angaben enthalten: 1. Angaben zum Stand der Umsetzung des zuletzt bestätigten Netzentwicklungsplans, 2. im Fall von Verzögerungen der Umsetzung die dafür maßgeblichen Gründe, 3. Angaben zu den Risiken, die Verzögerungen hervorrufen können, und Vorschläge für Maßnahmen, um diese Risiken zu verringern, und 4. Angaben zu Möglichkeiten, um die Umsetzung zu beschleunigen, und Vorschläge für Maßnahmen, um diese Möglichkeiten zu nutzen. Die Regulierungsbehörde veröffentlicht den Umsetzungsbericht und gibt allen tatsächlichen und potenziellen Netznutzern Gelegenheit zur Äußerung. (2) Die Regulierungsbehörde führt fortlaufend ein Monitoring über die Planung und den Stand der Umsetzung der Maßnahmen zur Optimierung, zur Verstärkung und zum Ausbau des Übertragungsnetzes durch und informiert hierüber regelmäßig die Öffentlichkeit. Die Betreiber von Übertragungsnetzen und die Behörden stellen der Regulierungsbehörde die für das Monitoring notwendigen Informationen in geeigneter Form zur Verfügung.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Europarechtlicher Hintergrund
1 3 5
III. 1. 2. 3.
7 Umsetzungsbericht (Abs. 1) 7 Gegenstand Aufgaben der ÜNB und der BNetzA 11 Zeitplan
IV.
Monitoring (Abs. 2)
10
13
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm In § 12d Abs. 1 wird der Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber geregelt: S. 1 be- 1 stimmt den Zeitplan und Ablauf. S. 2 befasst sich mit dem Inhalt des Umsetzungsberichts, während S. 3 die Veröffentlichung und Gelegenheit zur Äußerung der Netznutzer erfasst. § 12d Abs. 2 trifft nähere Bestimmungen zum Monitoring.
2. Regelungszweck Die Verpflichtung zur Vorlage eines Umsetzungsberichtes dient der Umsetzung europarechtli- 2 cher Anforderungen. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, jährlich den Umsetzungsstand
113 https://doi.org/10.1515/9783110670516-006
Heimann
§ 12d EnWG
II. Europarechtlicher Hintergrund
des Netzentwicklungsplans zu verfolgen und ggf. bestehende Verzögerungen zu erkennen.1 Die Aufnahme einer eigenen Regelung zum Monitoring der Regulierungsbehörde zeigt die besondere Bedeutung des Monitorings zum Netzausbau und erleichtert die Datenerhebung. Dadurch wird gewährleistet, die Umsetzung engmaschig kontrollieren zu können und ggf. Verzögerungen entgegen wirken zu können.
3. Entstehungsgeschichte 3 Im Zuge der Umstellung von einer jährlichen Netzentwicklungsplanung hin zu einer alle zwei Jahre durchzuführenden Bedarfsermittlung ist der Umsetzungsbericht eingefügt worden. Die Regelung wurde mit der Neuregelung der Vorschriften zur Erdverkabelung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.2 Im Gesetzgebungsverfahren erfolgte eine Trennung des Teils der Bedarfsermittlung vom übrigen Gesetzesentwurf. § 12d Abs. 1 wurde mit Artikel 2 des ersten Gesetzes zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 10.12.20153 erlassen. Der bis dahin geltende § 12d befasste sich mit der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Fortschreibung des Netzentwicklungsplans. Dessen Regelungsinhalt ist nunmehr in § 12d Abs. 6 enthalten. 4 Das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus4 beschränkt für den Umsetzungsbericht den Kreis der Verpflichteten auf Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung.5 Die Inhalte des Umsetzungsberichts wurden näher konkretisiert. Zudem gibt es mit dem neuen Abs. 2 eine Regelung zum Monitoring des Netzausbaus.
II. Europarechtlicher Hintergrund 5 Im Zusammenspiel mit dem Netzentwicklungsplan gibt der Umsetzungsbericht die Möglichkeit, jährlich den Umsetzungsstand der notwendigen Projekte im Strombereich zu verfolgen und zu prüfen, welches die Ursachen für eine Verzögerung in der Umsetzung sind. Damit dient der Umsetzungsbericht der Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen an die jährliche Feststellung des Marktverschlusses durch vertikal integrierte Transportnetzbetreiber gemäß Artikel 22 der Richtlinie 2009/72/EG.6 Entsprechend der Gesetzesbegründung ist die Effektivität der Entflechtung bezogen auf In6 vestitionen daran zu messen, inwieweit selektive Investitionen zu Gunsten verbundener Unternehmen verhindert werden. Nach der Richtlinie soll dies im Wesentlichen durch zwei verschiedene Vorkehrungen erreicht werden: Zum einen soll es eine Äußerungsmöglichkeit der Marktteilnehmer im Prozess der Investitionsplanung geben. Zum anderen ist die Regulierungsbehörde aufgefordert, diese Hinweise zum Teil ihrer eigenen Überprüfung des Investitionsverhaltens zu machen. Der Umsetzungsbericht gibt die Möglichkeit, jährlich den Umsetzungsstand der notwendigen Projekte zu verfolgen und zu prüfen, welches die Ursachen für eine Verzögerung der Umsetzung sind.7
1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 18/4655, S. 24. BT-Drucks. 18/4655, S. 1 ff. BGBl. I S. 2194. Gesetz vom 13.5.2019, BGBl. I S. 706. Hierzu Ruge, ER 2019, 125, 139. BT-Drucks. 18/4655, S. 32. BT-Drucks. 18/4655, S. 24.
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114
3. Zeitplan
EnWG § 12d
III. Umsetzungsbericht (Abs. 1) 1. Gegenstand Der Bericht muss Angaben zum Stand der Umsetzung des zuletzt bestätigten Netzentwicklungs- 7 plans und im Falle von Verzögerungen der Umsetzung die dafür maßgeblichen Gründe enthalten. Damit wird im Wesentlichen die Umsetzungsberichterstattung aus den Netzentwicklungsplänen (§ 12b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4) fortgeschrieben. Eine neue Bedarfsberechnung ist nicht durchzuführen.8 Zusätzlich enthält der Umsetzungsbericht Angaben zu Risiken für Verzögerungen sowie zu Möglichkeiten, die Umsetzung zu beschleunigen. Damit hat man sich den Inhalt des PCI-Monitorings nach Art. 5 Abs. 4 der TEN-E VO angenähert. Auch dort sind jährlich die Fortschritte, die bei der Entwicklung, dem Bau und der Inbetriebnahme des Vorhabens erzielt wurden, aufzunehmen. Zudem sind Verzögerungen zu benennen sowie ein überarbeiteter Plan, der die Bewältigung der Verzögerungen zum Ziel hat, vorzulegen. Diese zusätzlichen Angaben sollen der Regulierungsbehörde, der Öffentlichkeit und der Po- 8 litik ein effektives Controlling des Netzausbaus ermöglichen. Gleichzeitig soll den Netzbetreibern auch die Möglichkeit eröffnet werden, einen Änderungsbedarf an die Regulierungsbehörde und den Gesetzgeber zu adressieren.9 Ziel ist insgesamt die weitere Beschleunigung des Netzausbaus. Maßnahmen bzw. Vorhaben, die von der Bundesnetzagentur nicht nach § 12c bestätigt wur- 9 den, müssen nicht im Umsetzungsbericht aufgenommen werden.10 Es sind die zuletzt bestätigten Maßnahmen bzw. Vorhaben aufzunehmen, vgl. § 12d Abs. 1 S. 2 Nr. 1. Vorhaben des Startnetzes sind ergänzend aufzunehmen, auch wenn sie durch Bundesnetzagentur nicht erneut zu bestätigen sind.
2. Aufgaben der ÜNB und der BNetzA Die Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung sind zur Erstellung und Vorlage 10 eines gemeinsamen Umsetzungsberichtes verpflichtet. Es erfolgt keine neue Bedarfsberechnung. Die BNetzA prüft diesen Bericht. Dabei kann sie insbesondere auf das quartalsweise durchgeführte Monitoring zu den Vorhaben des Bundesbedarfsplans zurückgreifen.11 Darüber hinaus ist die BNetzA verpflichtet, den Umsetzungsbericht zu veröffentlichen. Die BNetzA gibt allen tatsächlichen und potenziellen Netznutzern Gelegenheit zur Äußerung. Eine besondere Form ist nicht vorgesehen. Eine Veröffentlichung im Internet oder in Papierform ist möglich.12 Das Ergebnis der Äußerungen kann in Vorgaben zum nächsten Netzentwicklungsplan oder in andere Regulierungsverfahren einfließen.13
3. Zeitplan Der Umsetzungsbericht ist jeweils spätestens bis zum 30. September eines jeden geraden Kalen- 11 derjahres der BNetzA vorzulegen. Dies ermöglicht den Übertragungsnetzbetreibern einen zeitli-
8 BT-Drucks. 18/4655, S. 32; Theobald/Kühling/Kober § 12d EnWG Rn 7; Kment/Posser § 12d EnWG Rn 7. 9 BT-Drucks. 19/7375, S. 51. 10 BK-EnR/Ruge § 12d EnWG Rn 9. 11 Veröffentlicht unter www.netzausbau.de/vorhaben. 12 Theobald/Kühling/Kober § 12d EnWG Rn 11. 13 BT-Drucks. 18/4655, S. 32. 115
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§ 12d EnWG
IV. Monitoring (Abs. 2)
chen Gleichlauf zum quartalsweise durchgeführten Monitoring der Vorhaben des Bundesbedarfsplangesetzes.14 12 Indem jeweils im geraden Kalenderjahr der Umsetzungsbericht vorzulegen ist, kann gewährleistet werden, dass jährlich ein Bericht entsprechend der europarechtlichen Vorgaben vorgelegt wird. Der konsultierte und überarbeitete Entwurf des Netzentwicklungsplans ist der Regulierungsbehörde spätestens zehn Monate nach Genehmigung des Szenariorahmens vorzulegen.15 Dies ist in der Regel in jedem ungeraden Kalenderjahr der Fall.
IV. Monitoring (Abs. 2) 13 Bereits vor Einfügung des Abs. 2 hat die Bundesnetzagentur ein Monitoring zum Netzausbau und zur Netzoptimierung durchgeführt. Das Monitoring soll kontinuierlich den Umsetzungsstand und die erwartete Fertigstellung der laufenden und geplanten Maßnahmen erfassen und wird regelmäßig veröffentlicht.16 Erfasst sind neben Vorhaben des EnLAG und BBPlG auch Optimierungsmaßnahmen, die darüber hinausgehen. 14 Aufbauend auf dem Monitoring der Regulierungsbehörde hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen zusätzlichen Controlling-Prozess eingeführt. Dieses vorausschauende Controlling ergänzt die bestehenden Prozesse. Ziel des Controllings ist es, dass die Netzausbauvorhaben im Zeitplan realisiert werden können.17 Die ÜNB und die Länderbehörden legen der Regulierungsbehörde die für das Monitoring 15 notwendigen Informationen vor. Insbesondere die ÜNB stellen der Regulierungsbehörde zudem Geodaten zu bestehenden und geplanten Höchstspannungsleitungen zur Verfügung. Diese dienen dazu, Karten für das Monitoring erstellen zu können.18 Die Norm begrenzt – anders als Abs. 1 und weitere Vorschriften der Bedarfsermittlung – 16 den Adressatenkreis bewusst nicht auf Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung. Dies ist als Folge des § 12c Abs. 8 zu sehen. Danach können auch andere als diejenigen mit Regelzonenverantwortung als Vorhabenträger bestimmt werden.
14 BT-Drucks. 18/4655, S. 32. 15 Siehe hierzu § 12b EnWG Rn 20 ff. 16 BT-Drucks. 19/7375, S. 51. Der aktuelle Stand des Monitorings ist jeweils abrufbar unter www.netzausbau.de/ vorhaben. 17 Hierzu BMWi, Vorausschauendes Controlling des Netzausbaus, 2019, abrufbar unter www.bmwi.de. 18 BT-Drucks. 19/7375, S. 51. Heimann
116
§ 12e Bundesbedarfsplan (1) Die Regulierungsbehörde übermittelt den Netzentwicklungsplan mindestens alle vier Jahre der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan. Die Bundesregierung legt den Entwurf des Bundesbedarfsplans mindestens alle vier Jahre dem Bundesgesetzgeber vor. Die Regulierungsbehörde hat auch bei wesentlichen Änderungen des Netzentwicklungsplans gemäß Satz 1 zu verfahren. (2) Die Regulierungsbehörde kennzeichnet in ihrem Entwurf für einen Bundesbedarfsplan die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen sowie die Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land. Dem Entwurf ist eine Begründung beizufügen. Die Vorhaben des Bundesbedarfsplans entsprechen den Zielsetzungen des § 1 dieses Gesetzes. (3) (aufgehoben) (4) Mit Erlass des Bundesbedarfsplans durch den Bundesgesetzgeber wird für die darin enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. Die Feststellungen sind für die Betreiber von Übertragungsnetzen sowie für die Planfeststellung und die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d und §§ 18 bis 24 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz verbindlich. (5) Für die Änderung von Bundesbedarfsplänen gilt § 37 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Soweit danach keine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung besteht, findet § 12c Absatz 2 keine Anwendung.
Übersicht 1.
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1.
8 Verfahren Ablauf des Verfahrens und Aufgabenvertei8 lung Erlass durch den Bundesgesetzgeber (Abs. 1 9 S. 2)
2.
III. 1. 2.
IV.
1 3
12 Inhalt des Bundesbedarfsplans 13 Leitungen und Vorhaben (Abs. 2 und 4) Kennzeichnungen im Entwurf für einen Bundes16 bedarfsplan (Abs. 2) a) Länder- und grenzüberschreitende Höchst16 spannungsleitungen 18 b) Offshore-Anbindungsleitungen
2. 3. 4. V.
Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs 20 Verbindlichkeit der Netzverknüpfungs28 punkte 31 Verbindlichkeit für die ÜNB 33 Verbindlichkeit für die Planfeststellung
1. 2.
Änderung des Bundesbedarfsplans (Abs. 1 und 34 5) 34 Verfahren bei Änderungen (Abs. 1 S. 3) 36 Auswirkungen auf die SUP (Abs. 5)
VI.
Rechtsschutzmöglichkeiten
37
VII. Zuständigkeit des BVerwG für Vorhaben des 42 Bundesbedarfsplans
Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans 20 (Abs. 4)
117 https://doi.org/10.1515/9783110670516-007
Heimann
§ 12e EnWG
I. Allgemeines
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 bestimmt das Verfahren bis zur Annahme des Bundesbedarfsplans als förmliches Gesetz.1 Abs. 2 regelt den Umfang der Kennzeichnung bestimmter Leitungen durch die Regulierungsbehörde sowie das Beifügen einer Begründung. Abs. 4 bestimmt die Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans. Abs. 5 stellt klar, wann eine SUP im Falle von Änderungen des Bundesbedarfsplans erforderlich ist.
2. Regelungszweck 2 Der Bundesbedarfsplan stellt die entscheidende Schnittstelle zum NABEG dar. Der Entwurf wird von der BNetzA an die Bundesregierung übermittelt, um in der Folge als Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz vom Gesetzgeber erlassen zu werden. Mit dem Bundesbedarfsplan stellt der Gesetzgeber die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf fest. Der energiewirtschaftliche Bedarf für diese Vorhaben kann im Planfeststellungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt werden und ist auch für gerichtliche Verfahren verbindlich. Der Bundesbedarfsplan ergeht als Gesetz, weil eine grundlegende Entscheidung über die Weichenstellung für die künftige Infrastrukturentwicklung getroffen wird. Damit wird eine Beschleunigung des Verfahrens herbeigeführt. In dem Entwurf des Bundesbedarfsplans sind u. a. die länder- und grenzüberschreitenden Leitungen zu kennzeichnen. Für diese ist in der Folge die Bundesfachplanung nach dem NABEG durchzuführen.
3. Entstehungsgeschichte 3 § 12e wurde im Jahr 2011 gemeinsam mit den §§ 12a bis 12g neu in das EnWG eingefügt. Ein großer Diskussionspunkt im Gesetzgebungsprozess 2011 war die Rolle der Bundesländer bei Erlass des Bundesbedarfsplangesetzes. Der Bundesrat forderte, eine Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes aufzunehmen.2 Dies wurde in der Gegenäußerung der Bundesregierung mit dem Hinweis abgelehnt, dass der Bundesbedarfsplan ausschließlich Projekte von überregionaler und europäischer Bedeutung beinhalte. Der Bundesrat sei ausreichend beteiligt, eine Zustimmungspflicht nicht erforderlich.3 4 Zugleich forderte der Bundesrat, eine geänderte Formulierung des Gesetzesentwurfs zu den zu kennzeichnenden Leitungen. Im Gesetzesentwurf war „von überregionaler oder europäischer Bedeutung, insbesondere bundesländer- und grenzüberschreitender Leitungen“4 die Rede. Dies wurde auf Antrag des Bundesrates ersetzt durch die „länderübergreifenden und grenzüberschreitenden“ Höchstspannungsleitungen.5 Diese Änderung konkretisiert die Vorgaben, da eine Maßnahme am Übertragungsnetz in ihrer konkreten Ausführung lokalen Charakter haben kann, die elektrotechnische Wirkung jedoch von überregionaler Bedeutung sein kann. Weiteren Anlass zur Diskussion gab die mittlerweile aufgehobene Formulierung zur Reali5 sierung eines möglichen HGÜ-Erdkabel-Pilotprojekts. Die Bundesländer forderten eine Erweiterung der Projekte im Bundesbedarfsplan (Abs. 3).6 Dieser Vorschlag wurde von der Bundesre1 2 3 4 5 6
Siehe hierzu Kap. BBPlG. BR-Drucks. 343/11, S. 4. Hierzu auch BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 27. Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6248, S. 22. BT-Drucks. 17/6072, S. 22. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drucks. 17/6365, S. 7. BR-Drucks. 343/11, S. 4.
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118
1. Ablauf des Verfahrens und Aufgabenverteilung
EnWG § 12e
gierung abgelehnt, da das Gesetz technologieoffen sein solle.7 In der weiteren Diskussion wurde die Regelung in den Folgejahren zunächst erweitert auf zwei Erdkabel-Pilotprojekte,8 später dann im § 12e vollständig aufgehoben.9 Die Möglichkeit der Erdverkabelung ist mittlerweile im Bundesbedarfsplangesetz geregelt.10 Mit dem dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften11 wurde 6 2012 der Offshore-Netzentwicklungsplan12 im EnWG aufgenommen. Ab dem 1. Januar 2018 war der Offshore-Netzentwicklungsplan nicht mehr vorzulegen.13 Von diesem Zeitpunkt an greifen die Neuerungen des § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 EnWG. Teile des Offshore-Netzentwicklungsplans gehen im Netzentwicklungsplan Strom auf. Mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften14 wurde der Offshore-Netzentwicklungsplan auch redaktionell in § 12e gestrichen. Eine weitere Änderung erfolgte ich Jahr 2015: das System der Bedarfsermittlung wurde von 7 einem jährlichen auf einen alle zwei Jahre durchzuführenden Prozess umgestellt. Damit einhergehend ist die Vorlage durch die Regulierungsbehörde und die Befassung des Gesetzgebers auf mindestens alle vier Jahre umgestellt (Erstes Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts).15
II. Verfahren 1. Ablauf des Verfahrens und Aufgabenverteilung Die ÜNB erstellen den Entwurf des Netzentwicklungsplans (§ 12b). Die BNetzA bestätigt den Netz- 8 entwicklungsplan unter den Voraussetzungen des § 12c. Dann kennzeichnet die BNetzA die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Leitungen sowie die Offshore-Anbindungsleitungen (§ 12e Abs. 2 S. 1) und erstellt eine Begründung. Der Bundesbedarfsplanentwurf enthält die bestätigten Ergebnismaßnahmen des Netzentwicklungsplans. Die Maßnahmen des Startnetzes sind nicht Bestandteil des Entwurfs. Dementsprechend sind EnLAG-Projekte und Maßnahmen, für die bereits ein Planfeststellungsbeschluss vorliegt, nicht im Bundesbedarfsplanentwurf aufzunehmen.16 Im nächsten Schritt übermittelt die Regulierungsbehörde der Bundesregierung den Netzentwicklungsplan mindestens alle vier Jahre als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan. Die Bundesregierung legt den Entwurf des Bundesbedarfsplans dem Bundesgesetzgeber vor. Dies erfolgt ebenfalls mindestens alle vier Jahre. Sollten sich wesentliche Änderungen ergeben, übermittelt die Regulierungsbehörde den Entwurf für einen Bundesbedarfsplan auch schon vor Ablauf der vier Jahre. Dafür prüft die BNetzA den Netzentwicklungsplan hinsichtlich der Notwendigkeit, eine Änderung des Bundesbedarfsplans vorzunehmen.17 Damit ist sichergestellt, dass der Gesetzgeber angemessen auf Änderungen reagieren kann. Der Gesetzgeber erlässt den Bundesbedarfsplan als förmliches Gesetz.
7 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6248, S. 22. 8 Zweites Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vom 23.7.2013 BGBl. I S. 2543.
9 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I S. 1066. Siehe hierzu §§ 3 und 4 BBPlG. Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I S. 2730. Siehe hierzu § 17b EnWG. Siehe hierzu § 17b EnWG Rn 45. Gesetz vom 25.2.2021, BGBl I 298. Gesetz vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2194. Zu den Änderungen siehe Ruge, EnZW 2015, 497, 499. Hierzu § 12b EnWG Rn 11. BT-Drucks. 17/6072, S. 69.
10 11 12 13 14 15 16 17
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§ 12e EnWG
III. Inhalt des Bundesbedarfsplans
2. Erlass durch den Bundesgesetzgeber (Abs. 1 S. 2) 9 Der Bundesbedarfsplan wird als Bundesgesetz erlassen. Er bildet die Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz.18 Da es sich um einen rein energiewirtschaftlichen Plan handelt, ist die Kompetenzgrundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) einschlägig. Das Gesetz ergeht als Einspruchsgesetz. Es bedarf nicht der Zustimmung durch den Bundesrat. Die Bundesregierung hat das Recht, Änderungen an dem ihr vorgelegten Dokument vorzu10 nehmen. Das entspricht ihrer auch sonst bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenz bei der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen.19 Der Gesetzgeber geht in seiner Gesetzesbegründung davon aus, dass der Netzentwicklungsplan „Grundlage für die Erarbeitung des Entwurfs“20 eines Bundesbedarfsplans sei. Der Netzentwicklungsplan enthält Angaben, die über die Inhalte des Bundesbedarfsplans hinausgehen. Dies sind insbesondere die Angaben nach § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 3 bis 7. Diese Angaben werden nur teilweise im Bundesbedarfsplan aufgenommen. So erfolgt beispielsweise eine Kennzeichnung für Pilotprojekte für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (Kennzeichnung „D“ im BBPlG) oder Angaben zur Übertragungstechnologie (Kennzeichnung „B“ im BBPlG). Der Gesetzgeber ist bei seiner Entscheidung über den Erlass des Bundesbedarfsplans nicht an den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf gebunden.21 11 Laut Gesetzesbegründung benennt und begründet die Regulierungsbehörde die Projekte überregionaler Bedeutung.22 Dafür ist eine Begründung zu erstellen.23 Die offene Formulierung „Dem Entwurf ist eine Begründung beizufügen“ deutet darauf hin, dass die BNetzA auch eine weitergehende Begründung beifügt. Die Regulierungsbehörde begründet ihre Entscheidung, nämlich die Kennzeichnung der Vorhaben. Bei Erstellung der Gesetzesbegründung kann die Regulierungsbehörde beraten. Insbesondere wird die Bestätigung des Netzentwicklungsplans bei der Erstellung der Gesetzesbegründung genutzt. Der Umweltbericht der Bundesnetzagentur wird bei der Entscheidung durch den Gesetzgeber berücksichtigt.24
III. Inhalt des Bundesbedarfsplans 12 Der Bedarfsplan bestimmt Vorhaben durch verschiedene Merkmale: den Anfangspunkt, den Endpunkt, bei einigen Vorhaben zusätzliche Orte im Trassenverlauf (Stützpunkte), die technische Ausführung, bei Drehstromleitungen die Nennspannung und verschiedene zusätzliche Kennzeichnungen.25 Der Bundesbedarfsplan enthält keine verbindlichen Festlegungen über die Ausführung eines Vorhabens als Netzoptimierungs-, Netzverstärkungs- oder Netzausbaumaßnahme oder den konkreten Verlauf eines Trassenkorridors oder einer Stromleitung innerhalb eines Trassenkorridors. Hierüber wird erst in den nachfolgenden Planungs-und Genehmigungsverfahren entschieden.26 Bislang wurden bewusst nur streckenbezogene Maßnahmen bzw. 18 19 20 21
Siehe hierzu Anlage zum BBPlG. Kment/Posser, § 12e EnWG Rn 5 und 14. BT-Drucks. 17/6072, S. 69. Appel, NVwZ 2011, 408; Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1042; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031. Kritisch äußert sich Durner, NuR 2012, 369, 371: Der regulierungsrechtlich entwickelte Netzentwicklungsplan werde dem Bundestag vorgelegt, der auf dieser Grundlage – und letztlich ohne nennenswerte verbleibende Gestaltungsspielräume – den Bundesbedarfsplan erlässt. 22 BT-Drucks. 17/6072, S. 69. Die Formulierung entspricht dem ursprünglichen Vorschlag der Bundesregierung vor Änderung zu „länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen“. 23 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 24 So z. B. in der Begründung des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften, BT-Drucks. 19/23491, S. 23. 25 Zum vergleichbaren Bedarfsplan des EnLAG BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018 – 4 A 13.17 –, Rn 4; wobei das BBPlG jedoch über die Inhalte des EnLAG-Bedarfsplans hinausgeht. 26 BT-Drucks. 19/23491, S 23. Heimann
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1. Leitungen und Vorhaben (Abs. 2 und 4)
EnWG § 12e
Leitungen mit ihren Netzverknüpfungspunkten in den Bundesbedarfsplan aufgenommen, nicht aber singuläre Anlagen (z. B. Netzbooster).27 Begründet wird dies u. a. mit einer sonst eintretenden Überfrachtung des Bundesbedarfsplans, einer zu starken Eingrenzung der Flexibilität für die Verwirklichung sowie dem abweichenden Genehmigungsverfahren (z. B. immissionschutzrechtliche Genehmigung). Vor allem sei die Aufnahme der singulären Anlagen in den Bundesbedarfsplan auch nicht erforderlich. Die Übertragungsnetzbetreiber sind auch bei Anlagen, die nicht im Bundesbedarfsplan enthalten sind, zur Realisierung verpflichtet. Die Verbindlichkeit ergibt sich aus der Bestätigung der Maßnahme gemäß §§ 12c Abs. 4 Satz 1, 12b Abs. 1 Satz 2 EnWG durch die Bundesnetzagentur in Verbindung mit der Verpflichtung zur bedarfsgerechten Optimierung und zum bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Die Bundesnetzagentur kann die Realisierung nach § 65 Abs. 2a EnWG sicherstellen.28
1. Leitungen und Vorhaben (Abs. 2 und 4) Das Gesetz spricht zunächst von den zu kennzeichnenden „Höchstspannungsleitungen“ 13 (Abs. 2 S. 1). Später wird der Begriff der „Vorhaben“ verwendet (Abs. 2 S. 3 und Abs. 4). Für die Vorhaben werden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. An anderer Stelle steht im Zusammenhang mit dem Netzentwicklungsplan der Begriff der „Maßnahme“ bzw. der „(Pilot-)Projekte“ (§ 12b). Das NABEG erfasst die „länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen“ (§§ 1, 2 Abs. 1, 4 NABEG). Als Vorhaben können diejenigen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstär- 14 kung und zum Ausbau des Übertragungsnetzes zusammengefasst werden, die einen gemeinsamen, selbstständigen energiewirtschaftlichen Zweck haben.29 Damit wird gewährleistet, dass für alle Maßnahmen, die einem gemeinsamen energiewirtschaftlichen Zweck verfolgen, einheitliche Maßstäbe gelten. Dies dient in den Stufen der Bundesfachplanung bzw. der Raumordnung und der Planfeststellung der Planungssicherheit der Vorhabenträger ebenso wie der Beschleunigung. Ein einheitliches Verfahren stellt sicher, dass das Gesamtprojekt, für das der energiewirtschaftliche Bedarf ermittelt wird, später in der Hand einer Planungsbehörde liegen wird. Dies wird dem Zweck des NABEG, nämlich der Beschleunigung durch ein Genehmigungsverfahren aus einer Hand,30 gerecht. Die Abhängigkeit der Verfahrensschritte bei Ländergrenzen überschreitenden Projekten trägt laut der Gesetzesbegründung zu Verzögerungen bei.31 Langwierige Doppelprüfungen können vermieden werden. Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass möglicherweise mehrere Vorhabenträger ein einheitliches Vorhaben vorantreiben müssen. Vielmehr kann durch die Abschnittsbildung in der Bundesfachplanung eine Trennung erfolgen. Diese erfolgt u. a. unter der Voraussetzung, dass für das gesamte Vorhaben die Verwirklichung eines Trassenkorridors möglich sein muss.32 D. h. es ist zu darzulegen, dass kein Planungstorso entsteht. Die Vorhaben des Bundesbedarfsplans entsprechen den Zielsetzungen des § 1.33 Sie sollen 15 u. a. den langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betrieb von Energieversorgungsnetzen sichern.
27 So die Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucks. 19/24236, S. 23. 28 Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucks. 19/24236, S. 24. 29 So jetzt auch in der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften, BT-Drucks. 19/23491, S. 23; Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12e EnWG, Rn 13 f. 30 BR-Drucks. 342/11 S. 27 ff; siehe hierzu Einleitung Rn 49. 31 BR-Drucks. 342/11 S. 29. 32 Zur Abschnittsbildung in der Planfeststellung: BVerwG, Urteil vom 15.12.2016 – Az. 4 A 3.15 –. 33 Hierzu Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 39; Arjomand, N&R 2019, 14. 121
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§ 12e EnWG
III. Inhalt des Bundesbedarfsplans
2. Kennzeichnungen im Entwurf für einen Bundesbedarfsplan (Abs. 2) 16 a) Länder- und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen. Die Regulierungsbehörde kennzeichnet in ihrem Entwurf für einen Bundesbedarfsplan die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen. Hintergrund der Kennzeichnung ist die Eröffnung des Anwendungsbereichs des NABEG und der PlfZV. Dieser ist beschränkt auf länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen, die im Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 2 als solche gekennzeichnet sind. Länderübergreifende Leitungen sind solche, die in zwei Bundesländern verlaufen.34 Grenzüberschreitend bezieht sich auf die Außengrenzen der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Kennzeichnung ist grundsätzlich nicht allein auf die einzelne Maßnahme abzustellen, sondern auf den Vorhabenbegriff.35 Anders hat der Gesetzgeber in der BBPlG-Novelle36 2021 entschieden: Die Vorhaben 78 und 79 des Bundesbedarfsplans, zwei Höchstspannungsleitungen vom Grenzkorridor II nach Hanekenfähr (DolWin4 und BorWin4) wurden in nur einem Einzelabschnitt mit A2 (grenzüberschreitend) gekennzeichnet. Hintergrund ist eine Verfahrensbündelung: Bei diesem Teil des Vorhabens soll nach Möglichkeit eine Bündelung mit dem Vorhaben 1 des Bundesbedarfsplangesetzes erfolgen. Für Vorhaben 1 ist bereits die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur gegeben.37 Die übrigen Teile bleiben in Länderzuständigkeit. Gerade für den Teil im Küstenmeer kann auf laufende und abgeschlossene Verfahren der Länder zu anderen Anbindungsleitungen zurückgegriffen werden. 17 Der Gesetzgeber kann Abweichungen hiervon vornehmen38: Teilweise sind im Bundesbedarfsplan Vorhaben, die einen grenzüberschreitenden oder länderübergreifenden Charakter haben, nicht als solche gekennzeichnet. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass hierfür zum Zeitpunkt der Aufnahme in das BBPlG bereits die Zulassungsverfahren liefen. Eine Kennzeichnung hätte (außer in den Fällen des § 35 NABEG) einen Wechsel der Zuständigkeit im Verfahren bedeutet. Dies betrifft insbesondere Vorhaben, die im ersten Bundesbedarfsplan aufgenommen wurden (z. B. Vorhaben 3039 und 33).40 Um dem Beschleunigungsgedanken Rechnung zu tragen, wurde für das Vorhaben 39 des Bundesbedarfsplans die Kennzeichnung nachträglich geändert.41 Das Verfahren war bereits bei Aufnahme in den Bundesbedarfsplan im Genehmigungsverfahren. Eine Änderung war hierfür eigentlich nicht erforderlich, da die Übergangsregelung des NABEG einschlägig war. Sie dient jedoch der Klarstellung und damit auch der Rechtssicherheit des Planfeststellungsverfahrens. Mit der Novelle des BBPlG42 im Jahr 2021 wurden weitere grenzüberschreitende Vorhaben nicht als solche gekennzeichnet. Dies dient dazu, bei bereits laufenden Vorbereitungsverfahren nicht durch einen Zuständigkeits- und Regimewechsel einen Zeitverzug zu verursachen. Das betrifft z. B. das Vorhaben 69 „Höchstspannungsleitung Güstrow – Schweden (Hansa PowerBridge)“ und das Vorhaben 70 „Höchstspannungsleitung Fedderwarden – Vereinigtes Königreich (NeuConnect)“.
18 b) Offshore-Anbindungsleitungen. Darüber hinaus sind die Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land zu kennzeichnen. Durch diese Kennzeichnung ist für solche Leitungen innerhalb der 12-Seemeilen-Zone
34 35 36 37 38 39 40 41 42
Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/24236, S. 23. Siehe hierzu Rn 14. Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.2021, BGBl. I S. 298. BT-Drucks. 19/23491, S. 34. BK-EnR/Appel § 1 NABEG Rn 8; Kment/Posser § 12e EnWG Rn 24. Hierzu Weisensee, EnWZ 2014, 211, 212 ff. Vgl. hierzu BT-Drucks. 17/13258, S. 18. BT-Drucks. 18/8915, S. 44. Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.2021, BGBl. I S. 298.
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1. Bedarfsfeststellung
EnWG § 12e
ebenfalls der Anwendungsbereich des NABEG eröffnet.43 Der Begriff wurde gleichlautend im WindSeeG und im BBPlG aufgenommen. Bislang sind im BBPlG keine Leitungen als Anbindungsleitungen gekennzeichnet. Auch 19 hier ist eine gesetzliche Kennzeichnung nicht verpflichtend. Es ist möglich, dass Anbindungsleitungen aufgenommen, aber nicht gekennzeichnet werden. So bleibt es bei der Landeszuständigkeit. Hierfür hat der Gesetzgeber sich in der BBPlG-Novelle 2021 entschieden. Mit der Ergänzung des Bundesbedarfsplans sind erstmalig Anbindungsleitungen aufgenommen worden.44 Bis dahin wurde auf eine Ausnahme der Offshore-Anbindungsleitungen im Bundesbedarfsplan bewusst verzichtet. Die Bundesregierung begründete dies wie folgt: In der Vergangenheit seien nicht selten Änderungen der Netzverknüpfungspunkte erfolgt. Da die Netzverknüpfungspunkte jedoch verbindlich vorgegeben werden,45 wäre jedes Mal eine zeitaufwändige Änderung des BBPlG erforderlich gewesen.46 Um Verzögerungsrisiken möglichst zu vermeiden, wurden weiterhin nicht alle in der Bestätigung des Netzentwicklungsplans enthaltenen Offshore-Anbindungsleitungen aufgenommen.
IV. Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans (Abs. 4) 1. Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs Die Feststellungen des Bundesbedarfsplans sind für die ÜNB sowie für die Planfeststellung und 20 die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d und nach den §§ 18 bis 24 NABEG verbindlich. Indem der Gesetzgeber eine Bedarfsplanung vorgibt, steht die Planrechtfertigung grds. fest.47 Der Bedarf steht nicht mehr zur Disposition, d. h. es kann nicht mehr vorgetragen werden, das im Bundesbedarfsplan enthaltene Vorhaben sei nicht notwendig. Im Ergebnis wird der Vorhabenträger hierdurch von der Darlegung der Planrechtfertigung im Planfeststellungsverfahren entlastet.48 Diese Verbindlichkeit gilt sowohl für die Planfeststellungsbehörde als auch für ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren.49 Über den Wortlaut der Norm hinaus erstreckt sich die Planrechtfertigung auch auf Vorhaben, für die lediglich ein Anzeigeverfahren nach § 43f EnWG oder § 25 NABEG erfolgt.50 Für Vorhaben, die in die PCI-Liste aufgenommen werden, folgt die Planrechtfertigung zudem aus Art. 7 Abs. 1 TEN-E VO i. V. m. der PCI-Liste. Die Regelungen entsprechen denjenigen, die bereits aus dem EnLAG und aus anderem 21 Sachzusammenhang bekannt sind, so etwa § 1 EnLAG, § 1 FStrAbG und § 1 BSWAG. Dementsprechend ist die dazu ergangene Rechtsprechung bei der Auslegung heranzuziehen.51 Das BVerwG hat die Planrechtfertigung für das BBPlG anerkannt.52 43 44 45 46 47
Vgl. § 2 Abs. 1 NABEG. BT-Drucks. 19/23491, S. 34 und BT-Drucks. 19/26241, S. 34. BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018 – BVerwG 4 A 13.17, Rn 4. BT-Drucks. 19/23491, S. 23. Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/24236, S. 25. Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351. Zur Frage der Reichweite der Bindungswirkung hinsichtlich der Dimensionierung eines Vorhabens: BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 28 ff. 48 Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 41. 49 Vgl. BVerwG, Urt. v. 19.5.1998 – 4 C 11/96 –; BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –; BVerwG, Urt. v. 30.1.2008 – 9 A 27/06 –; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 47; Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 146. Zur Verkehrswegeplanung siehe insbesondere Rodi/Sauthoff, S. 121, 147. Siehe auch § 43 EnWG Rn 72 ff sowie § 18 NABEG Rn 182 f. 50 Näher dazu Rn 33. 51 Zur Planrechtfertigung der Vorhaben des EnLAG: BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Beschl. v. 26.9.2013 – 4 VR 1/13, BVerwGE 148, 353; BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14; BVerwG Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 1/16; BVerwG, Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5/17, BVerwGE 161, 263; BVerwG, Urt. v. 26.6.2019 – 4 A 5.18. Zur Planrechtfertigung für Vorhaben des BBPlG: BVerwG Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18/16; Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5/17, BVerwGE 161, 263. 52 BVerwG, Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 –, Rn 17. 123
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IV. Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans (Abs. 4)
Die Planrechtfertigung ist ungeschriebene Voraussetzung für jede Fachplanung.53 Nach Auslegung des BVerwG ist das Erfordernis der Planrechtfertigung erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben, gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachrechts ein Bedarf besteht.54 Bezogen auf das Recht zum Energieleitungsausbau ist das der Fall, wenn das Vorhaben energierechtlich notwendig ist.55 Die Planrechtfertigung dient der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dem jedes staatliche Handeln unterworfen ist, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist.56 Wegen der weitreichenden Eingriffe in Rechtspositionen und Belange Dritter muss die Planfeststellung unter Verhältnismäßigkeitserwägungen gerechtfertigt sein.57 23 Ob für ein bestimmtes Vorhaben ein Bedarf besteht, kann entweder administrativ im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens oder unmittelbar durch den Gesetzgeber entschieden werden.58 Die gesetzliche Bedarfsfeststellung entspricht einer sachgerechten staatlichen Funktionsteilung, bei der für bestimmte öffentliche, überörtliche Aufgaben die Bedarfsfeststellung eine eminent politische Entscheidung darstellt, die dem Gesetzgeber zukommt.59 Der Gesetzgeber kann auch die Art und Weise, wie ein von ihm festgestellter Bedarf zu befriedigen ist, und die Dimensionierung eines Vorhabens festlegen.60 Hierbei steht ihm ein weiter Gestaltungsund Prognosefreiraum zu.61 Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Gewaltenteilung, da Planung verfassungs24 rechtlich nicht eindeutig der Exekutive zugewiesen ist.62 Vielmehr kann sie bei hinreichend zwingenden Gründen sogar vollständig von der Legislative wahrgenommen werden (Legalplanung).63 Bei der gesetzlichen Bedarfsplanung nach dem EnWG handelt es sich allerdings nicht um eine Legalplanung. Der Bundesbedarfsplan entscheidet noch nicht endgültig über die Durchführung eines Vorhabens, sondern legt lediglich die Bedarfsfrage verbindlich fest.64 Es bleibt in den nachfolgenden Verwaltungsentscheidungen Raum für eine Abwägungsentscheidung der Exekutive, die alle betroffenen öffentlichen und privaten Belange erfasst und lediglich die Bedarfsfrage nicht abweichend vom Gesetzgeber entscheiden darf.65 Die Festlegung eines derartigen Bedarfs eignet sich bereits ihrer Natur nach für eine gesetzliche Regelung.66 25 Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber bei der Bedarfsfeststellung die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat, verneint das BVerwG regelmäßig.67 Allenfalls sei da22
53 54 55 56
Erbguth/Kluth/Berkemann, S. 16 sowie Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 145; Schmitz/Uibeleisen, Rn 267 ff. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – 4 C 9/06 –. BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12 –, BVerwGE 147, 184; Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351. BVerwG, Beschl. v. 1.4.2005 – 9 VR 7/05 –; Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 145; Schmitz/Uibeleisen, Rn 267; Greinacher, ZUR 2011, 305, 307. 57 Schmitz/Uibeleisen, Rn 267. 58 Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 145 f. 59 Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 146. 60 BVerwG, Beschl. v. 17.2.1997 – 4 VR 17/96 –; Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 146. 61 BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; diesen Ausführungen schließt sich der 4. Senat an: BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14; vgl. auch Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 146. 62 Vgl. hierzu auch BK-EnR-Appel Vor § 1 BBPlG Rn 28 und 36. 63 BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 – Südumfahrung Stendal; Appel, UPR 2011, 406, 413; Wissenschaftliche Dienste des Bundestags, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit planfeststellender Gesetze, WD 3 – 3000 -229/16, S. 1 ff. 64 BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 33 mit Nachweisen zur Rechtsprechung; Appel, UPR 2011, 406, 413; dem folgend Kment/Posser, § 12e EnWG Rn 8; vgl. zur Bundesverkehrswegeplanung Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 50. 65 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.7.1995 – 2 BvR 2397/94 –; BVerwG, Urt. v. 10.4.1997 – 4 C 5/96 –. Ergänzend zu der gesetzlichen Planrechtfertigung wird im Planfeststellungsverfahren regelmäßig die Notwendigkeit eines Vorhabens dargelegt. Siehe dazu beispielsweise BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14. BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 35. 66 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.1998 – 1 BvR 650/97 –, – 1 BvR 830/98 – zum Schienenwegerecht; Appel, UPR 2011, 406, 413. 67 BVerwG, Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18.16; BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14; BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Urt. v. 9.6.2010 – 9 A 20/08 –; BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 22.1.2004 – 4 A 32/02 –; BVerwG, Urt. v. 19.5.1998 – 4 C 11/96 –. Heimann
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2. Verbindlichkeit der Netzverknüpfungspunkte
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von auszugehen, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich sei.68 Nach der Rechtsprechung des BVerwG soll die Bedarfsfeststellung lediglich dann keine Geltung mehr beanspruchen, wenn sich die Verhältnisse seit der letzten Bedarfsfeststellung in der Zwischenzeit so grundlegend gewandelt haben, dass sich die ursprüngliche Bedarfsfeststellung nicht mehr rechtfertigen lässt. Das ist dann der Fall, wenn das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd noch erreicht werden kann.69 Indem der Bundesbedarfsplan mindestens alle vier Jahre neu erlassen wird, kann auf einen grundlegenden Wandel zeitnah durch den Gesetzgeber reagiert werden. Der vordringliche Bedarf ist planungsrechtlich zu verstehen. Teilweise wird der Begriff ent- 26 sprechend den Bedarfsgesetzen für Schiene und Straße als uneingeschränkter Planungsauftrag gesehen.70 Die Vorhaben, für die ein vordringlicher Bedarf gesetzlich festgeschrieben ist, genießen eine Art Privilegierung. Diese ist nicht notwendig zeitlich zu verstehen. Es handelt sich nicht um einen dringlichen Bedarf, denn dieser wird bereits über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit abgebildet. Alle Vorhaben sind für das Netz in zehn bis 15 Jahren energiewirtschaftlich notwendig. Der vordringliche Bedarf kann sich auch aus sachlichen Erwägungen ergeben. So kann beispielsweise ein Vorhaben als vordringlich zu betrachten sein, wenn es die Voraussetzung für Folgeprojekte darstellt. Der vordringliche Bedarf ist Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 16 NABEG.71 Für eine planungsrelevante Auslegung spricht auch § 1 S. 3 NABEG, der die Realisierung der NABEG-Vorhaben aus Gründen des überragenden öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit als erforderlich ansieht. Der Gesetzgeber hat für alle im Bundesbedarfsplan als energiewirtschaftlich notwendige Vorhaben auch den vordringlichen Bedarf festgestellt. Eine getrennte Betrachtung beider Merkmale erfolgt im BBPlG nicht.72 Ein nicht im Bundesbedarfsplan oder im EnLAG enthaltenes Vorhaben kann auch wei- 27 terhin realisiert werden.73 Die gesetzliche Bedarfsfeststellung hat nicht zum Inhalt, dass alle von ihr abweichenden Varianten nicht den Zielsetzungen des EnWG entsprechen und daher ausgeschlossen sind.74 Dem Vorhaben kommen lediglich die planerischen Privilegien nicht zugute. Hierfür muss die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und die Vereinbarkeit mit den Zielen des § 1 im Einzelnen geprüft werden.75 Damit ist gewährleistet, dass auch außerhalb des Netzentwicklungsplans bzw. Bundesbedarfsplans Leitungen gebaut werden können. Allerdings dürfte der Nachweis einer über den bestätigten Netzentwicklungsplan bzw. den Bundesbedarfsplan hinausgehenden Erforderlichkeit einer Leitung schwer zu erbringen sein.76 Für die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme reicht die Bestätigung des Netzentwicklungsplans.77
2. Verbindlichkeit der Netzverknüpfungspunkte Im Bundesbedarfsplan werden die einzelnen Vorhaben mit Hilfe ihrer Netzverknüpfungspunkte 28 als Ausgangs- bzw. Endpunkt einer Höchstspannungsleitung benannt. Über die Art der Ausfüh68 BVerfG, Beschl. v. 8.6.1998 – 1 BvR 650/97 –; BVerwG, Urt. v. 26.10.2005 – 9 A 33/04 –; BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Urt. v. 28.4.2016 – 9 A 9.15, BVerwGE 155, 91. Hierzu auch Ruge, ZUR 2016, 483. 69 BVerwG, Urt. v. 22.1.2004 – 4 A 32/02 –; BVerwG, Beschl. v. 14.7.2005 – 9 VR 20/04 –; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 47; Erbguth/Kluth/Beckmann, S. 146 f. 70 Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 48. 71 Hierzu § 16 NABEG Rn 31 ff. 72 Hierzu Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 48; BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 7. 73 BT-Drucks. 17/12638, S. 16; BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018, 4 A 13.17; BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 28. 74 BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018, 4 A 13.17 zum EnLAG; vgl. für das Straßenplanungsrecht BVerwG, Urt. v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 Rn 31. 75 BT-Drucks. 17/12638, S. 16; BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018, 4A 13.17 Rn 7; BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – 4 A 1.13 – BVerwGE 148, 353 Rn 45; vgl. Weyer in: FS Kühne, S. 423, 434; sowie zum EnLAG Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1352. 76 Unkritisch sieht dies hingegen Kment/Posser, § 12e EnWG Rn 38. 77 Hierzu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.2020 – 3 Kart 739/19 (V). Näher dazu § 12c Rn 52. 125
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§ 12e EnWG
IV. Rechtswirkungen des Bundesbedarfsplans (Abs. 4)
rung und den konkreten Trassenverlauf werden noch keine Aussagen getroffen. Dies erfolgt erst in den nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsverfahren.78 29 Teilweise wurde die Verbindlichkeit der Netzverknüpfungspunkte in Frage gestellt.79 Der Gesetzgeber hat mit § 1 Abs. 2 Satz 2 BBPlG festgelegt, dass die Netzverknüpfungspunkte verbindlich sind. Netzverknüpfungspunkte können nach der Gesetzesbegründung bereits bestehende, zu erweiternde oder neu zu errichtende sein. Der konkrete Standort von Anlagen und Betriebseinrichtungen wird mit der Aufnahme der Vorhaben in den Bundesbedarfsplan noch nicht festgelegt.80 Die verbindliche Festlegung von Netzverknüpfungspunkten bedeutet noch keine verbindliche Vorgabe für den konkreten Standort von neu zu errichtenden notwendigen Anlagen (z. B. Konverter). Der BT-Wirtschaftsausschuss erwägt – ebenso wie die BNetzA – die Möglichkeit einer Stichleitung vom Konverter zum Netzverknüpfungspunkt.81 Für neu zu errichtende Umspannwerke gilt nach der Konzeption des BBPlG ein Suchraum. Der genaue Standort eines neu zu errichtenden Umspannwerks wird vom BBPlG nicht parzellenscharf vorgeschrieben. Die Suche nach geeigneten Standorten für neu zu errichtende Umspannwerke wird jedoch durch die räumliche Bezeichnung im BBPlG eingegrenzt. Der in der nachfolgenden Planungsstufe parzellenscharf festzulegende Standort des Umspannwerks muss einen räumlichen Bezug zu der im BBPlG gewählten Bezeichnung aufweisen.82 30 Das BVerwG83 hat zum EnLAG entschieden, dass Bedarfsplan mit der Bezeichnung von Anfangs- und Endpunkt eines Vorhabens nicht den konkreten Standort von Anlagen und Betriebseinrichtungen festlegt und daher Modifikationen und Konkretisierungen zulässt. Die Angabe des Netzverknüpfungspunktes ist aber verbindlich. Ein kürzeres Vorhaben ist nach der Rechtsprechung als ein Minus zu werten, das zu einem neuen Vorhaben führt. Ein solches Minus kann zwar in der Summe weniger entgegenstehende Belange betreffen, kann aber gleichwohl einzelne Betroffene schwerer oder jedenfalls anders belasten.84 Diese Rechtsprechung ist übertragbar auf das BBPlG.85
3. Verbindlichkeit für die ÜNB 31 Eine vom EnLAG abweichende Verbindlichkeit ergibt sich durch die ausdrückliche Verbindlichkeit der im Bundesbedarfsplan enthaltenen Vorgaben für die ÜNB. Für die im EnLAG aufgeführten Vorhaben steht gem. § 1 Abs. 2 EnLAG ebenfalls die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf fest. Es gibt aber keine Konkretisierung, dass die Feststellung für die ÜNB verbindlich ist. Die Konkretisierung im § 12e hat Bedeutung für die Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV86 und die Sanktionsmöglichkeit nach § 65 Abs. 2a. Die Verpflichtung zum bedarfsgerechten Ausbau des Übertragungsnetzes ergibt sich bereits aus § 11. Darüber hinaus hat die Aufnahme im Bedarfsplan Bedeutung die für die Frist zur Antrag32 stellung nach § 6 NABEG.87 Danach ist der Bundesfachplanungsantrag oder der Antrag auf den Verzicht auf die Bundesfachplanung spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in 78 BT-Drucks. 17/12638, S. 16; BT-Drucks. 19/23491, S. 23; BK-EnR/Appel Vor BBPlG Rn 33 mit Nachweisen zur Rechtsprechung. 79 So Ruge, EnZW 2014, 435, 437. 80 BT-Drucks. 17/12638, S. 16; siehe hierzu auch BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 29. 81 BT-Drucks. 17/13258, S. 19; bestätigt in der Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 19/24236, S. 22; kritisch dazu Ruge, EnZW 2015, 497, 502. 82 BT-Drucks. 19/23491, S. 23. 83 BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018 – 4 A 13.17 –. 84 BVerwG, Beschl. v. 12.9.2018 – 4 A 13.17 –, Rn 5. 85 Zu den Änderungen des Bundesbedarfsplans auf räumliche Planungsverfahren siehe BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 22 ff. 86 Hierzu BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 19. 87 Hierzu § 6 NABEG Rn 31 ff; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198. Heimann
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1. Verfahren bei Änderungen (Abs. 1 S. 3)
EnWG § 12e
den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu stellen. Das Bundesbedarfsplangesetz kann eine hiervon abweichende Frist aufnehmen. Die Bundesnetzagentur kann auf begründeten Antrag des Vorhabenträgers die Frist verlängern.
4. Verbindlichkeit für die Planfeststellung Die Verbindlichkeit der Feststellungen im Bundesbedarfsplan gilt gleichermaßen für die Plan- 33 feststellung nach dem EnWG wie für die Planfeststellung nach dem NABEG.88 Die Planrechtfertigung gilt für das gesamte Vorhaben, also die gesamte Leitung einschließlich der Nebenanlagen.89 Sie gilt darüber hinaus auch für die Bundesfachplanung und das Anzeigeverfahren. Zwar geht diese Auslegung über den Wortlaut hinaus. Die Bundesfachplanung unterfällt als in der Regel als notwendiges Verfahren vor der Planfeststellung nach dem NABEG den gleichen Voraussetzungen. Es muss kein weiterer Nachweis der Planrechtfertigung erfolgen. Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können anstelle des Planfeststellungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden (vgl. § 43f EnWG, § 25 NABEG). Das Anzeigeverfahren dient der Erleichterung und Beschleunigung des Verfahrens. Diesem Gedanken würde eine weitergehende Darlegung der Planrechtfertigung als im Planfeststellungverfahren widersprechen.
V. Änderung des Bundesbedarfsplans (Abs. 1 und 5) 1. Verfahren bei Änderungen (Abs. 1 S. 3) In der Regel ist das Verfahren zum Erlass eines Bundesbedarfsplangesetzes alle vier Jahre 34 durchzuführen. Der Gesetzgeber kann das Gesetz ändern, wenn dafür sachliche Anhaltspunkte bestehen.90 So kann für ein Vorhaben, für das die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt wurden, diese Feststellung mit einem späteren Bundesbedarfsplan entfallen. Dies ist bei den Anpassungen des BBPlG geschehen. Beispielsweise sind die ursprünglichen Vorhaben Nr. 16 und 36 des BBPlG vollständig entfallen. Vom Vorhaben Nr. 19 des BBPlG ist eine einzelne Maßnahme entfallen. Einzelne Vorhaben haben veränderte Netzverknüpfungspunkte (z. B. Vorhaben 4 und 17). Bei wesentlichen Änderungen des Netzentwicklungsplans hat die Regulierungsbehörde den Entwurf für einen Bundesbedarfsplan auch schon in einem kürzeren Turnus der Bundesregierung zu übermitteln. Eine „wesentliche Änderung“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der Regulierungsbehörde einen gewissen Spielraum lässt.91 Im Einzelfall ist zu klären, ob eine wesentliche Änderung vorliegt.92 Das OLG Düsseldorf musste sich in einem Fall einer Genehmigung einer Investitionsmaßnahme mit der Frage befassen, wann es sich bei einer geplanten technischen Ausgestaltung aus netzentwicklungstechnischer Perspektive um eine Wesensänderung der Investitionsmaßnahme handelt.93 Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zwischen Änderungs- und Neuantrag sei die Identität zwischen der ursprünglich beantragten und der geänderten Maßnahme. Ob trotz der Änderungen noch dieselbe Investitionsmaßnahme vorliege, sei mittels einer vorhabenbezogenen, insbesondere das Ziel der Maßnahme in den Blick nehmenden Betrachtung und im Falle NEP-pflichtiger Maßnahmen un-
88 Siehe zum grds. anwendbaren Zulassungsverfahren Einleitung Rn 10; zur Planfeststellung nach dem EnWG §§ 43 ff EnWG; zur Planfeststellung für alle bundesfachgeplanten Vorhaben §§ 18 ff NABEG. 89 Kment/Posser § 12e EnWG Rn 35. 90 So auch Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 33. 91 Zur Wesentlichkeit siehe auch Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 28. 92 Dem folgend Kment/Posser, § 12e EnWG Rn 11. 93 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.2020 – 3 Kart 739/19 (V), Rn 50 ff. 127
Heimann
§ 12e EnWG
VI. Rechtsschutzmöglichkeiten
ter Berücksichtigung der diesbezüglichen Feststellungen und Ergebnisse zu ermitteln.94 Die Rechtsprechung kann Anhaltspunkte für die Definition der wesentlichen Änderung im Sinne des § 12e liefern. Allerdings kann auch eine neue – in der Umweltprüfung nicht betrachtete Maßnahmenzusammenstellung nach Ansicht des OLG Düsseldorf zu einer Einstufung als gleiche Investitionsmaßnahme führen. Dies ist für die Einstufung für den Bundesbedarfsplan zu kurz gegriffen. Ansonsten würde die Strategische Umweltprüfung ihre Wirkung verlieren. Bei geringfügigen Änderungen ist der Bundesbedarfsplan dennoch alle vier Jahre der Bundesregierung vorzulegen. Hierbei ergeben sich jedoch Erleichterungen im Hinblick auf die SUP. 35 Die Änderung des BBPlG ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus noch bedeutender geworden: Mit dieser Novelle wurde im NABEG die bisher durch die BNetzA vorgesehene Fristsetzung durch eine gesetzliche Frist ersetzt. Der Bundesfachplanungsantrag oder der Antrag auf den Verzicht auf die Bundesfachplanung ist spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu stellen, wenn das BBPlG keine hiervon abweichende Kennzeichnung enthält.95 Es könnte ohne Änderung des BBPlG eine Verpflichtung der Vorhabenträger geben, ein obsoletes Projekt voranzutreiben, nur weil sich aus dem veralteten BBPlG eine Verpflichtung ergibt.96 Allerdings wäre ein Vorgehen wegen der Pflichtverletzung nicht angezeigt.
2. Auswirkungen auf die SUP (Abs. 5) 36 Grundsätzlich ist für den Bundesbedarfsplan eine SUP durchzuführen.97 Diese Anforderung ergibt sich bereits aus § 12c Abs. 2 i. V. m. den Regelungen des UVPG. Für die Änderung des Bundesbedarfsplans verweist § 12e Abs. 5 auf die Anforderungen des § 37 S. 1 UVPG. Danach ist eine SUP bei einer nur geringfügigen Änderung des Plans oder bei Festlegung der Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene nur dann durchzuführen, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 4 UVPG ergibt, dass der Plan voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. Es ist also in einer SUP-Vorprüfung zu entscheiden, ob die vollständige Prüfung erfolgen muss. In einer überschlägigen Prüfung hat die zuständige Behörde einzuschätzen, ob der Plan voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. Besteht keine Verpflichtung zur Durchführung der SUP nach dem UVPG, so ist auch § 12c Abs. 2 nicht anzuwenden. Dies dient der Verfahrenserleichterung und der Begrenzung des Aufwands.
VI. Rechtsschutzmöglichkeiten 37 Der Bundesbedarfsplan ergeht als förmliches Parlamentsgesetz. Gegen förmliche Gesetze ist ein bloß eingeschränkter Rechtsschutz möglich. Entweder kann ein direkter Rechtsschutz im Wege einer Individualverfassungsbeschwerde gegen das Gesetz (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) oder inzident im Wege der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG) erfolgen.98 Für beide Verfahren sind die Erfolgsaussichten gering.99 Für die Verfassungsbeschwerde fehlt die Beschwerdebefugnis, da es angesichts der weiteren notwendigen Vollziehungsakte an der unmittelbaren Betroffenheit fehlt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der gesetzlichen Bedarfsplanung einen wei-
94 95 96 97 98
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.2020 – 3 Kart 739/19 (V), Leitsatz 3. Hierzu § 6 NABEG Rn 17. Theobald/Kühling/Henze § 12e EnWG Rn 31. Siehe hierzu § 12c EnWG Rn 14 ff. Siehe hierzu Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 141 ff; Rodi/Heimann, S. 85, 106 f; Appel, UPR 2011, 406, 413. 99 Dazu Rodi/Schmidt, S. 5, 13 f; Appel, UPR 2011, 406, 413; Knappe, DVBl. 2016, 276, 279. Heimann
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VI. Rechtsschutzmöglichkeiten
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ten Gestaltungs- und Prognosespielraum.100 Die gerichtliche Prüfung hat sich auf die Frage zu beschränken, ob der Gesetzgeber mit der Bedarfsfeststellung die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat. Das ist erst der Fall, wenn eine Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist und an gravierenden Fehlern leidet.101 Ein Rechtsschutz ist damit nur unter sehr engen Voraussetzungen erfolgreich. Bei der inzidenten Prüfung der Planrechtfertigung im Verfahren gegen einen Planfeststellungsbeschluss hat das BVerwG festgestellt, dass für die Vorhaben des BBPlG die Planrechtfertigung feststehe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dieser Bedarfsfeststellung seinen weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte.102 Es handelt sich zwar in der Regel um eine Evidenzkontrolle. Mit der Rechtsprechung des BVerwG aus dem Jahr 2019 zum Autobahnneubau nimmt das Gericht im Rahmen der materiell-rechtlichen Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses auch eine Prüfung des Bedarfsplans mit Blick auf umweltbezogene Vorschriften vor.103 (Anerkannte) Umweltverbände können den Bedarfsplan nicht unmittelbar gerichtlich 38 überprüfen lassen. Zwar stellt der Bedarfsplan einen Plan oder ein Programm im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) dar, gegen dessen Annahmeentscheidung somit grundsätzlich ein Rechtsbehelf geltend gemacht werden kann. Allerdings findet nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbsatz 2 UmwRG die Vorschrift keine Anwendung, wenn es sich um einen Plan oder ein Programm handelt, über dessen Annahme in der Form eines förmlichen Gesetzes entschieden wird.104 Teilweise wird die Frage aufgeworfen, ob die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung 39 einer solchen vorgelagerten Planungsentscheidung erweitert werden müsste oder sollte.105 Dagegen kann jedoch vorgebracht werden, dass dies nur erforderlich ist, wenn ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährt werden kann. Es besteht kein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da dieser dem Einzelnen nur einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gewährt, wenn ihm das einschlägige Recht eine Rechtsposition einräumt.106 Im Ergebnis ist nicht zu beanstanden, dass sich die Infrastrukturplanung in einer Planungskaskade vollzieht und der Rechtsschutz dabei abgestuft erfolgt.107 Die Rechtsweggarantie ist nicht verletzt. Das Aarhus-Compliance Committee beschäftigt sich aktuell in einem Verfahren gegen die 40 Bundesrepublik Deutschland mit der Frage, ob die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsschutzes im gestuften Verfahren völkerrechtskonform sei.108 Der Bundesrepublik Deutschland wird vorgeworfen, gegen Bestimmungen der Aarhus-Konvention zu verstoßen. Die Beschwerdeführerin stützt sich dabei auf Artikel 9 Absatz 2, Artikel 9 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 4 und Artikel 3 Absatz 1 der Aarhus-Konvention. Begründet wird die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass es bei mehrstufigen Planungs- und Genehmigungsverfahren keine unmittelbare Rechtsschutzmöglichkeit gebe, um gegen Entscheidungen auf vorgelagerten Planungsebenen vorzugehen. Zudem sei eine inzidente Überprüfung der Bedarfsplanung im Rahmen einer Klage gegen Planfeststellungsbeschluss nicht ausreichend, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleiste. Spezielle Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidungen von Regulierungsbehörden würden nur 100 BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 – Südumfahrung Stendal; BVerfG, Beschl. v. 8.6.1998 – 1 BvR 650/97 –; BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14. 101 BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 – Südumfahrung Stendal; BVerwG, Urt. v. 5.1.1996 – 4 C 5/95; BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 − 7 A 4.12, BVerwGE 147, 184; BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14. Hierzu auch BK-EnR/Appel § 1 BBPlG Rn 18. 102 BVerwG, Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18.16, Rn 17. 103 BVerwG, Urteil vom 11.7.2019 – 9 A 13.18. 104 Hierzu Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 239 ff. 105 So Rodi/Schmidt, S. 5, 14 ff. 106 Hierzu Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 466. 107 Zur Bedarfsfeststellung im Fernstraßenrecht BVerfG, Beschl. v. 9.2.1996 – 1 BvR 1752/95 –; zur Bedarfsfeststellung im Eisenbahnbereich BVerfG, Beschl. v. 8.6.1998 – 1 BvR 650/97 –; Appel, UPR 2011, 406, 413. So auch deWitt/ Scheuten/deWitt § 1 EnLAG, Rn 14. 108 ACCC/C/2020/178 Germany; abrufbar unter https://unece.org/env/pp/cc/accc.c.2020.178_germany. 129
Heimann
§ 12e EnWG
VII. Zuständigkeit des BVerwG für Vorhaben des Bundesbedarfsplans
bestimmten Gruppierungen zur Verfügung stehen. Dies würde ein transparentes und einheitliches Rechtsschutzsystem verhindern.109 Die Bundesrepublik Deutschland ist der Auffassung, dass die Vorwürfe unbegründet seien und kein Verstoß gegen die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Aarhus-Konvention bestehe.110 Es bestehe eine wirksame und ausreichende Möglichkeit, gegen die Entscheidung am Ende vorzugehen. Inzident werde die Rechtmäßigkeit der vorhergehenden Verfahrensschritte geprüft. Diese Auffassung wird mit dem Prüfmaßstab des BVerwG begründet. Eine Überprüfung, die den Maßstäben der Aarhus-Konvention gerecht wird, dürfte im Ergebnis anzunehmen sein.111 Gegen die SUP kann nicht separat gerichtlich vorgegangen werden. Es kann aber den Fall 41 geben, dass die SUP den europäischen Vorgaben nicht genügt. In diesem Fall der europarechtlich fehlerhaften SUP besteht ein weitergehender Rechtsschutz. Folge einer fehlerhaften SUP ist nicht die Ungültigkeit des Gesetzes. Es kann aber möglicherweise eine Nichtanwendbarkeit des Bundesbedarfsplans aus einem Verstoß gegen die SUP-RL resultieren.112 Ob ein Verstoß vorliegt, ist im Rahmen der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klären. Wenn sich unmittelbar aus der SUP-RL etwas ergibt, was bei der Durchführung der SUP nicht beachtet wurde, müsste das nationale Gericht der Frage der Konformität mit dem EU-Recht nachgehen. Das kann im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV durch den EuGH erfolgen. Als weitere Möglichkeit gibt es die Beschwerde bei der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission muss den möglichen Verstoß prüfen.113 Sie kann, wenn ein Verstoß festgestellt wird, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV einleiten.
VII. Zuständigkeit des BVerwG für Vorhaben des Bundesbedarfsplans 42 Das Bundesbedarfsplangesetz enthält eine Rechtswegzuweisung zum BVerwG.114 Der Bundesgesetzgeber hat damit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für konkrete Höchstspannungsleitungen eine erst- und letztinstanzliche Rechtswegzuweisung zu schaffen.115 Gemäß § 6 BBPlG ist für die in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO anzuwenden. Dies gilt für die Planfeststellungsbeschlüsse bzw. Plangenehmigungen sowie auf die Vorhaben bezogene Veränderungssperren, Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren. Zusätzlich erfasst sind mit der BBPlG-Novelle 2021 auch Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für Stromrichteranlagen, die dem Betrieb von Vorhaben aus dem Bundesbedarfsplan dienen. Durch die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts wird eine einheitliche Befassung und Entscheidungsgeschwindigkeit für Entscheidungen gewährleistet, die Vorhaben aus dem BBPlG betreffen. Mit der Ergänzung wurde ein Gleichlauf des Rechtswegs zwischen einer Integration des Konverters in die Planfeststellung nach dem NABEG und der Genehmigung auf Grundlage des BImSchG sichergestellt.116 43 Bereits im Zusammenhang mit der Rechtswegzuweisung in § 1 Abs. 3 EnLAG wurden Einwände wegen einer Gefährdung des Charakters des BVerwG als Rechtsmittelgericht und einer 109 Communication vom 27.1.2020, abrufbar unter https://unece.org/env/pp/cc/accc.c.2020.178_germany. 110 Antwort der Bundesrepublik Deutschland vom 13.8.2020, abrufbar unter https://unece.org/env/pp/cc/ accc.c.2020.178_germany.
111 Näher zur Vereinbarkeit mit den völkerrechtlichen Vorgaben: Recht, Rechtsschutz im Rahmen des beschleunigten Stromnetzausbaus, S. 239 ff. 112 A. A. Kment/Posser, § 12e EnWG Rn 50. 113 So haben beispielsweise der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. und die UVP-Gesellschaft e.V. erfolglos Beschwerde vor der EU-Kommission erhoben. Sie hatten vorgetragen, dass die SUP zum Bundesbedarfsplan gegen die europarechtlichen Vorgaben verstoße. Vgl. hierzu BK-EnR/Appel Vor § 1 BBPlG Rn 39 ff. 114 BVerwG, Beschl. v. 9.5.2019 – 4 VR 1.19 –. Vgl. zu den Überlegungen der Schaffung einer erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG 1. Aufl., § 12e EnWG Rn 28 ff sowie Rodi/Heimann, S. 85, 106 f. 115 Hierzu Rodi/Heimann, S. 85, 106 f. 116 BT-Drucks. 19/23491, S. 23. Heimann
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VII. Zuständigkeit des BVerwG für Vorhaben des Bundesbedarfsplans
EnWG § 12e
Durchbrechung der föderalen Gerichtsstruktur geltend gemacht.117 Diese Bedenken greifen nicht durch, wenn es um bestimmte Rechtsstreitigkeiten geht, bei denen ein gesamtstaatliches Interesse an einer raschen rechtskräftigen Entscheidung besteht, der Ausnahmecharakter der erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG gewahrt bleibt und die Gerichte der Länder weiterhin eine substanzielle Zuständigkeit für Entscheidungen zu raumbedeutsamen Planungen haben.118 Der Gesetzgeber hat einen weiten Entscheidungsspielraum. Die Rechtswegzuweisung ist nur zu beanstanden, wenn sie ganz offensichtlich falsch oder unsachlich ist.119 Bedenken werden auch erhoben, wenn eine Beschleunigung dadurch erkauft werde, dass dem BVerwG eine sehr zeit- und arbeitsaufwändige Kompetenz zugewiesen wird, die mit der ihm sonst obliegenden Tätigkeit als Revisionsgericht nur schwer in Einklang zu bringen sei.120 Nach der Rechtsprechung des BVerwG darf, auch wenn das BVerwG grds. als Rechtsmittel- 44 gericht letzter Instanz eingerichtet worden ist, ihm eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt werden, sofern sich hierfür sachliche Gründe anführen lassen.121 Begründet wurde die erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG im Wesentlichen mit dem Beschleunigungsgedanken. Die durchschnittliche Dauer der dem BVerwG erstinstanzlich zugewiesenen Klageverfahren über Infrastrukturprojekte betrug in den letzten Jahren etwa ein Jahr.122 Da der Bundesbedarfsplan eine konkrete Anzahl der Netzausbauvorhaben enthält, sieht der Gesetzgeber das RegelAusnahme-Verhältnis für die Zuständigkeitsbegründung gewahrt.123 Es besteht ein gesamtstaatliches Interesse an zügigen rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen wegen der gesamtstaatlichen Bedeutung eines raschen Stromnetzausbaus.124 BVerfG und BVerwG sprechen von einer überragenden Bedeutung einer sicheren Energieversorgung.125 Sachliche Gründe für die Zuständigkeitsbestimmung können insbesondere in der Umsetzung der Energiewende, der Abschaltung der Kernkraftwerke bis 2022 sowie der zunehmenden Erzeugung durch erneuerbare Energien gesehen werden, die eine Notwendigkeit des beschleunigten Ausbaus der Übertragungsnetze bedingen.126
117 118 119 120 121 122 123 124
Holznagel/Nagel, DVBl. 2010, 669, 672; kritisch auch Schirmer, DVBl. 2012, 1349, 1357. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; Scheidler, UPR 2011, 379; Appel, UPR 2011, 406, 414. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; Appel, UPR 2011, 406, 414. Vgl. Schirmer, DVBl. 2012, 1349, 1357; Holznagel/Nagel, DVBl. 2010, 669, 672; Paetow, NVwZ 2007, 36. BVerwG, Urt. v. 22.1.2004 – 4 A 32/02 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 –. Vgl. Pressemitteilung des BVerwG vom 6.3.2019 (Nr. 20/2019). BT-Drucks. 17/12638, S. 17 f. Appel, UPR 2011, 406, 414; Rodi/Heimann, S. 85, 106 f Kritisch äußert sich hingegen Schirmer, DVBl. 2012, 1349, 1357 im Zusammenhang mit dem EnLAG, der die Erweiterung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG als problematisch und im Hinblick auf ihre Verfahrensbeschleunigung von zweifelhafter Wirksamkeit ansieht. 125 Siehe nur BVerfG, Beschl. v. 20.3.1984 – 1 BvL 28/82 – Enteignung zugunsten Energieversorgung; BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –. 126 Siehe hierzu bereits Einleitung Rn 1 ff. 131
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§ 12f Herausgabe von Daten (1) Die Regulierungsbehörde stellt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Umweltbundesamt Daten, die für digitale Netzberechnungen erforderlich sind, insbesondere Einspeise- und Lastdaten sowie Impedanzen und Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren, einschließlich unternehmensbezogener Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu Verfügung, soweit dies zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlich ist. (2) Die Regulierungsbehörde gibt auf Antrag insbesondere netzknotenpunktscharfe Einspeise- und Lastdaten sowie Informationen zu Impedanzen und Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren an Dritte heraus, die die Fachkunde zur Überprüfung der Netzplanung und ein berechtigtes Interesse gegenüber der Regulierungsbehörde nachweisen sowie die vertrauliche Behandlung der Informationen zusichern oder die Berechtigung zum Umgang mit Verschlusssachen mit einem Geheimhaltungsgrad nach § 12g Absatz 4 in Verbindung mit § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes haben. Die Daten sind in einem standardisierten, elektronisch verarbeitbaren Format zur Verfügung zu stellen. Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, dürfen von der Regulierungsbehörde nicht herausgegeben werden. In diesem Fall hat die Regulierungsbehörde typisierte und anonymisierte Datensätze an den Antragsteller herauszugeben.
Übersicht c)
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Zurverfügungstellung von Daten an das BMWi 5 und das UBA (Abs. 1) 8 Daten für die digitale Netzberechnung Erforderlichkeit für digitale Netzberechnun9 gen 10 Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung 11 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
2. 3. 4. 5.
Datenherausgabeanspruch Dritter 13 (Abs. 2) 14 Anspruchsberechtigter (Abs. 2 S. 1) 15 a) Nachweis der Fachkunde b) Nachweis des berechtigten Interes17 ses
7.
1. 2. 3. 4. III. 1.
1 4
6.
8. 9.
Zusage der vertraulichen Behandlung oder Berechtigung für den Umgang mit Ver18 schlusssachen d) Zusammenarbeit mit den Regulierungsbe19 hörden anderer EU-Mitgliedstaaten 20 Antragserfordernis (Abs. 2 Satz 1) 21 Umfang der Datenherausgabe 22 Datenformat (Abs. 2 S. 2) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Herausgabe typisierter und anonymisierter Datensätze 23 (Abs. 2 S. 3 und 4) Anspruch auf Herausgabe trotz Einstufung als 25 Verschlusssache Verhältnis zu anderen Informationsansprü26 chen 30 Rechtsschutz 31 Gebühren
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 der Norm regelt die Herausgabe der Daten an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und an das Umweltbundesamt (UBA). Abs. 2 legt die Anforderungen fest, unter denen ein Herausgabeanspruch Dritter besteht.
Heimann https://doi.org/10.1515/9783110670516-008
132
II. Zurverfügungstellung von Daten an das BMWi und das UBA (Abs. 1)
EnWG § 12f
2. Regelungszweck § 12f dient der Transparenz der Netzplanung. Die Regelung wurde vor allem aufgrund der Er- 2 fahrungen der Netzplanung der dena-Netzstudien eingefügt, die sich dem Vorwurf mangelnder Transparenz und Nachvollziehbarkeit ausgesetzt sahen. Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen die BNetzA vorhandene Daten an bestimmte andere Behörden oder an Dritte weiterzugeben hat. Es handelt sich um solche Daten, die benötigt werden, um die Netzberechnungen nachzuvollziehen. Dabei ist ein Ausgleich zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an diesen Daten und an einer transparenten Netzplanung auf der einen Seite und an dem Schutz kritischer Infrastrukturen sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auf der anderen Seite zu schaffen. Um diesen Ausgleich zu gewährleisten, stellt § 12f besondere Voraussetzungen auf. Während die Datenherausgabe an das BMWi und das UBA, soweit dies zur Erfüllung ihrer 3 jeweiligen Aufgaben erforderlich ist, relativ geringen Anforderungen unterliegt, ist die Datenherausgabe an Dritte speziellen Voraussetzungen unterworfen. Dritte haben einen Antrag zu stellen und bestimmte Nachweise zu erbringen. Auch unterscheidet sich die Herausgabe bei den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Während gegenüber dem BMWi und dem UBA auch unternehmensbezogene Daten mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen herausgegeben werden, werden Dritten typisierte und anonymisierte Datensätze zur Verfügung gestellt. Diese Daten sind in einem standardisierten, elektronisch verarbeitbaren Format herauszugeben.
3. Entstehungsgeschichte § 12f wurde mit dem Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften1 neu eingefügt. 4 Entsprechend der Änderungen der Ressortzuständigkeit wurde die Regelung 20142 angepasst. Der Herausgabeanspruch des Bundesumweltministeriums ist mit der Anpassung entfallen.
II. Zurverfügungstellung von Daten an das BMWi und das UBA (Abs. 1) § 12f Abs. 1 regelt speziell, in welchem Umfang Daten an Privilegierte herauszugeben sind. Es 5 handelt sich um solche Berechtigte, denen hoheitliche Aufgaben im Rahmen der Netzplanung oder der strategischen Entwicklung der Energieversorgung übertragen wurden. Berechtigte nach § 12f Abs. 1 sind das BMWi und das UBA. Die Regulierungsbehörde, also die BNetzA, ist zur Herausgabe der Daten verpflichtet. Es besteht im Gegensatz zu der Herausgabe der Daten an Dritte keine Antragspflicht. Der Anspruch auf den Zugang zu Daten soll nach der Gesetzesbegründung insbesondere 6 dazu dienen, wissenschaftliche Analysen, Lösungen und Strategien zur sicheren, wirtschaftlichen und klimaverträglichen Energieversorgung und der Systemintegration erneuerbarer Energien zu erarbeiten.3 Der Anspruch nach § 12f Abs. 1 umfasst die Weitergabe der Daten, die für digitale Netzbe- 7 rechnungen erforderlich sind, insbesondere Einspeise- und Lastdaten sowie Impedanzen und Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren, einschließlich unternehmensbezogener Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
1 EnWR-NRG v. 26.7.2011 (BGBl. I S. 1554). 2 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1066).
3 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 133
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§ 12f EnWG
II. Zurverfügungstellung von Daten an das BMWi und das UBA (Abs. 1)
1. Daten für die digitale Netzberechnung 8 Das Gesetz nennt als Daten für die digitale Netzberechnung die Einspeise- und Lastdaten sowie Impedanzen und Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren. Die Einspeise- und Lastdaten umfassen die Angaben zur eingespeisten und zur in Anspruch genommenen Leistung. Unter Impedanzen versteht man den Quotienten aus der Wechselspannung und der Wechselstromstärke. Gemeint ist das Verhältnis von elektrischer Spannung an einen Verbraucher zu aufgenommenem Strom. Angaben zu Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren ergänzen die genannten Daten. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, wie sich aus dem „insbesondere“ ergibt. Notwendig zur Erfüllung des Gesetzeszwecks sind all die Daten, die dazu dienen, aus dem Szenariorahmen einen Netzentwicklungsplan nachrechnen bzw. nachbilden zu können. All diejenigen Schritte, die von den ÜNB unternommen werden, um den Netzentwicklungsplan nach § 12b zu erarbeiten, müssen nachvollzogen werden können.4
2. Erforderlichkeit für digitale Netzberechnungen 9 Es sind nicht alle Daten weiterzugeben, sondern nur diejenigen, die für digitale Netzberechnungen erforderlich sind.5 Liegen der BNetzA weitergehende Daten vor, sind diese nicht über § 12f weiterzugeben. In Betracht kommen beispielsweise Daten, die im Zusammenhang mit der SUP erhoben wurden. Diese sind nicht weiterzugeben.6
3. Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung 10 Der Anspruch des BMWi und des UBA umfasst nur die Weitergabe von Daten, sofern sie zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderlich sind. Es muss also bei jeder Datenherausgabe geprüft werden, ob die jeweiligen Daten für die Aufgabenerfüllung der anderen Behörde erforderlich sind. Eine ähnliche Regelung beinhaltet § 58 Abs. 4 für den Informationsaustausch zwischen den Regulierungsbehörden und dem Bundeskartellamt. Auch dort ist die Datenweitergabe auf die Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung begrenzt. Dabei muss es sich nicht notwendig um konkrete Aufgaben im Sinne aktuell eingeleiteter oder einzuleitender Verfahren handeln. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Information geeignet ist, die empfangende Behörde bei der zukünftigen Aufgabenerfüllung (abstrakt) zu unterstützen.7 Diese Maßstäbe sind auf die vorliegende Vorschrift zu übertragen. Nicht erforderlich sind solche Daten, die allgemein bekannt sind oder die nur Bedeutung außerhalb der speziellen Aufgabe haben. Wenn es sich aber um Daten handelt, die abstrakt der zukünftigen Aufgabenerfüllung der Behörden dienen, ist eine Erforderlichkeit anzunehmen.
4. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 11 Die BNetzA gibt die unternehmensbezogenen Daten einschließlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse an die gem. § 12f Abs. 1 Berechtigen heraus. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind alle Tatsachen zu verstehen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt – also nicht offenkundig sind – und 4 So auch Kment/Posser § 12f EnWG Rn 9 und Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12f EnWG Rn 6, der das Marktmodell ausdrücklich ausnimmt. 5 Hierzu Kment/Posser § 12f EnWG Rn 9; Theobald/Kühling/Henze § 12f EnWG Rn 16. 6 So auch Kment/Posser § 12f EnWG Rn 7. 7 Salje, EnWG, § 58 EnWG Rn 28. Heimann
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1. Anspruchsberechtigter (Abs. 2 S. 1)
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nach dem Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden müssen, wobei an der Geheimhaltung ein begründetes Interesse bestehen muss.8 Die umfassende Weitergabe dieser Daten ist schon deshalb gerechtfertigt, weil das Ministe- 12 rium und das UBA ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet sind (vgl. § 29 Abs. 2 sowie § 30 VwVfG; § 203 Abs. 2 und 3 sowie § 204 StGB). Das BMWi und das UBA sind an dasselbe Maß an Vertraulichkeit gebunden wie die BNetzA. Dies dient dem Schutz der Betroffenen und soll Umgehungen des Vertraulichkeitsschutzes verhindern.9
III. Datenherausgabeanspruch Dritter (Abs. 2) Bei dem Anspruch nach § 12f Abs. 2 handelt es sich um einen konditionierten Herausgabean- 13 spruch.10 Der Anspruch ist an besondere Voraussetzungen geknüpft. Zur Herausgabe verpflichtet ist die Regulierungsbehörde (Anspruchsverpflichteter).
1. Anspruchsberechtigter (Abs. 2 S. 1) Ein Dritter kann den Anspruch nach § 12f Abs. 2 dann geltend machen, wenn er die Fachkunde 14 zur Überprüfung der Netzplanung und ein berechtigtes Interesse nachweist sowie die Vertraulichkeit der Behandlung der Informationen gewährleistet ist. Dritter kann beispielsweise ein einzelner Bürger oder ein als juristische Person organisiertes Forschungsinstitut sein.11 Besonderheiten können bei dem Datenaustausch mit den Regulierungsbehörden von EU-Mitgliedstaaten auftreten.
a) Nachweis der Fachkunde. Voraussetzung für den Anspruch nach § 12f Abs. 2 ist der Nach- 15 weis der Fachkunde. Das EnWG spezifiziert das Kriterium der Fachkunde nicht. Für die Definition kann jedoch auf andere Rechtsgebiete zurückgegriffen werden:12 Das Merkmal der Fachkunde ist erfüllt, wenn der Antragsteller die Gewähr dafür leistet, dass er für die Ausübung der aufgrund dieser Normen erteilten Rechte erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügt.13 Übertragen auf den § 12f ist fachkundig, wer die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in Bezug auf die Netzplanung nachweisen kann. Das Eignungskriterium muss sich auf die Fähigkeit zur Überprüfung der Netzplanung beziehen. Nur wer die Fähigkeit zum Umgang mit Netzdaten besitzt und in der Lage ist, aus den Netzdaten ein Netz zu berechnen, kann als fachkundig in Betracht kommen. Erforderlich sind zumindest elektrotechnische Fachkenntnisse, die beispielsweise in einem spezifischen Hochschulstudium erworben wurden. Darüber hinaus sind Spezialkenntnisse der Netzplanung erforderlich.14
8 Std. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1960 – I ZR 72/59 – Wurftaubenpresse; Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Ruthig, Kap. 59 Rn 13 ff; Salje, EnWG, § 71 EnWG Rn 2.
9 BK-EnR/Benzin, § 12f EnWG Rn 9 sieht hingegen die Bundesnetzagentur gehalten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch hier zu kennzeichnen.
10 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 11 Vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 70. Weitere Beispiele nennt Kment/Posser § 12f EnWG Rn 12. 12 So auch BK-EnR/Benzin, § 12f EnWG Rn 16, der auf die Fachkunde nach § 7 der V. BImSchV zurückgreift. Wie hier auch Kment/Posser § 12f EnWG Rn 13. 13 Immenga/Mestmäcker/Dreher, § 97 GWB Rn 222 ff; Dreher/Motzke/Opitz, § 97 GWB Rn 28 ff. 14 Theobald/Kühling/Henze § 12f EnWG Rn 22 sieht in der Regel als fachliche Ausbildung ein entsprechend qualifiziertes Ingenieursstudium als erforderlich an. BK-EnR/Benzin § 12f EnWG Rn 16 fordert den Universitätsabschluss als Diplomingenieur der Elektrotechnik oder einen vergleichbaren Abschluss sowie mindestens drei Jahre Erfahrung in der Netzplanung von Höchstspannungsnetzen. 135
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III. Datenherausgabeanspruch Dritter (Abs. 2)
Der Antragsteller hat die Fachkunde in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darzulegen. Das Gesetz bestimmt den Eignungsnachweis nicht näher. Es wird kein Mittel bezeichnet, mit dessen Hilfe eine bestimmte Anforderung zu belegen ist. Im Telekommunikationsrecht reicht als Nachweis die Vorlage von Lebensläufen mit Zeugnissen und Abschlusszertifikaten oder Nachweise über bisherige Tätigkeiten (Referenzen) im Zusammenhang mit dem entsprechenden Sachgebiet.15 Auch im Energiewirtschaftsrecht sind Zeugnisse und Referenzen maßgeblich für den Nachweis der Fachkunde.16
17 b) Nachweis des berechtigten Interesses. Nach der Gesetzesbegründung liegt das für die Herausgabe vorausgesetzte berechtigte Interesse des Antragstellers insbesondere dann vor, wenn das BMWi oder das UBA oder Dritte in deren Auftrag Daten für Netzberechnungen beantragen sowie wenn eine Beauftragung durch eine Bürgerinitiative, eines Umweltverbandes oder eines anderen betroffenen Interessenträgers nachgewiesen wird.17 Damit ist der Nachweis des berechtigten Interesses sehr weit gefasst. Da im Netzentwicklungsplan aufgrund der fehlenden konkreten Leitungsverläufe noch keine konkreten Betroffenheiten ausgemacht werden können, kann auch kein konkreter verbindlicher Verlauf eines Projektes angegriffen werden. Es reicht ein abstraktes Interesse aus.18 Nicht erforderlich ist eine konkrete Betroffenheit durch ein im Netzentwicklungsplan ausgewiesenes Projekt.
18 c) Zusage der vertraulichen Behandlung oder Berechtigung für den Umgang mit Verschlusssachen. Hohe Anforderungen an den Datenherausgabeanspruch stellt jedoch die Einschränkung der Zusage der vertraulichen Behandlung bzw. Berechtigung für den Umgang mit Verschlusssachen, insbesondere wegen des Verweises auf § 12g. Nach der Gesetzesbegründung gewährleistet der Anspruch einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an einer transparenten Netzplanung und zwingenden Geheimhaltungsbedürfnissen des Staates und der Öffentlichkeit, die sich aus dem Interesse des Schutzes kritischer Infrastrukturen sowie des Versorgungssicherheitsgedankens ergeben. Dafür werden je nach Sensibilität der betreffenden Daten bestimmte Voraussetzungen festgelegt. Bei Daten, die von der BNetzA nicht als Verschlusssache angesehen werden, ist es ausreichend, wenn der Dritte die vertrauliche Behandlung gegenüber der herausgebenden Behörde zusichert. Diese Zusicherung kann ggf. mit einer Vertragsstrafe bewehrt sein oder eine ähnliche Maßnahme für den Fall des Zuwiderhandelns getroffen werden.19 Soweit es sich um Verschlusssachen handelt, sind die speziellen diesbezüglichen Verfahren zu durchlaufen.20 Dies kann bei Daten mit einem hohen Geheimhaltungsgrad bedeuten, dass eine Herausgabe im Einzelfall nicht möglich ist. Die Herausgabe der Daten richtet sich dann aber nach den jeweils einschlägigen Verfahren für die Weitergabe von Verschlusssachen an privatrechtlich organisierte Einheiten bzw. für die Weitergabe von Verschlusssachen im öffentlichen Bereich. Der damit verbundene Aufwand ist durch das öffentliche Interesse an einer sicheren und zuverlässigen Stromversorgung gerechtfertigt.21
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Geppert/Schütz/Göddel § 55 TKG Rn 36. Kment/Posser § 12f EnWG Rn 14; Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12f EnWG Rn 10. BT-Drucks. 17/6072, S. 70. So auch Kment/Posser § 12f EnWG Rn 16. BT-Drucks. 17/6072, S. 70; BK-EnR/Benzin § 12f EnWG EnWG Rn 20. Zu der Einstufung als Verschlusssache im Sinne des § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes siehe Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12f EnWG Rn 15. 21 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. Heimann
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4. Datenformat (Abs. 2 S. 2)
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d) Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten. Eine 19 Besonderheit hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen besteht, wenn als Dritter eine Regulierungsbehörde aus einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Anspruch geltend macht. Nach Art. 23 Abs. 12 der RL 2003/54/EG tragen die nationalen Regulierungsbehörden zur Entwicklung des Binnenmarktes und zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen durch transparente Zusammenarbeit untereinander und mit der Kommission bei. Eine Sonderregelung hierzu enthält § 57. Dieser regelt die Zusammenarbeit der BNetzA mit den Regulierungsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten. In diesem Zusammenhang können nichtöffentliche Informationen, welche die BNetzA im Rahmen ihrer Ermittlungen erhalten hat, übermittelt werden. Allerdings wird sich auch hier die Frage der Erforderlichkeit der Informationsweitergabe stellen. Die beteiligten Behörden dürfen die übermittelten Daten und Informationen nur für amtliche Zwecke nutzen und ohne Zustimmung der BNetzA nicht an (unbefugte) Dritte weitergeben.22 Die Wahrung der Vertraulichkeit durch die empfangende Behörde ist sicherzustellen. 2. Antragserfordernis (Abs. 2 Satz 1) Die Herausgabe der Daten an Dritte im Sinne des § 12f Abs. 2 erfolgt auf Antrag. Ein Antrag ist 20 grds. formlos möglich. Er muss die erforderlichen Nachweise der Fachkunde zur Überprüfung der Netzplanung und des berechtigten Interesses enthalten. Darüber hinaus sind die Zusicherung der vertraulichen Behandlung der Informationen oder die Berechtigung zum Umgang mit Verschlusssachen darzulegen.
3. Umfang der Datenherausgabe Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12f Abs. 2 sind diejenigen Daten herauszugeben, die 21 für eine Netzberechnung erforderlich sind. Das Gesetz benennt im Wesentlichen die Daten, die auch nach Abs. 1 herauszugeben sind. Allerdings sieht Abs. 2 im Gegensatz zu Abs. 1 vor, dass netzknotenscharfe Einspeise- und Lastdaten herauszugeben sind. Die netzknotenscharfe Zuordnung erleichtert dem Antragsteller den Umgang mit den Daten. Dies sollte auch bei der Herausgabe von Daten an das BMWi und das UBA erfolgen. Zudem sind nach Abs. 2 Informationen zu Impedanzen und Kapazitäten von Leitungen und Transformatoren herauszugeben. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Gesetzesbegründung nennt zudem Impedanzen und Kapazitäten von Stromkreisen, Schaltanlagen, Transformatoren und sonstige Netzbetriebsmittel.23 Es ist im Einzelfall zu prüfen, welche Informationen weiterzugeben sind.24
4. Datenformat (Abs. 2 S. 2) Die Daten sind in einem standardisierten, elektronisch verarbeitbaren Format zur Verfü- 22 gung zu stellen.25 Beispiele für ein solches Datenformat sind das auf europäischer Ebene verwendete sog. uct-def-file oder das Datenformat, in dem die Daten nach der Kraftwerksnetzanschlussverordnung zur Verfügung gestellt werden.26 22 Salje, EnWG, § 57 EnWG Rn 1. 23 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 24 Zu den erfassten Daten Kment/Posser § 12f EnWG Rn 18. Nach BK-EnR/Benzin § 12f EnWG Rn 14 handelt es sich um einen vergleichbaren Datenumfang wie bei dem Anspruch nach Absatz 1.
25 Zu den Standardisierungsbemühungen auf europäischer Ebene siehe Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12f EnWG Rn 16. 26 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 137
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III. Datenherausgabeanspruch Dritter (Abs. 2)
5. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Herausgabe typisierter und anonymisierter Datensätze (Abs. 2 S. 3 und 4) 23 Die Einschränkungen des § 12f Abs. 2 S. 3 und 4 dienen dem effektiven Schutz der Betriebsund Geschäftsgeheimnisse.27 Hinsichtlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gelten die Maßstäbe des § 71.28 Diese Vorschrift regelt den Umgang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bei allgemeinen energiewirtschaftlichen Verfahren und Informationsbegehren. Gemäß § 71 haben die nach dem EnWG zur Vorlage von Informationen Verpflichteten unverzüglich nach der Vorlage diejenigen Teile zu kennzeichnen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. Dafür ist zusätzlich eine Fassung vorzulegen, die ohne Preisgabe von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen eingesehen werden kann. Wird eine solche Fassung nicht eingereicht, wird das Einverständnis des Betroffenen in eine Einsichtnahme widerleglich vermutet. Für den Fall, dass die Regulierungsbehörde die Kennzeichnung der Unterlagen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse für unberechtigt hält, bestimmt § 71, dass vor der Entscheidung über die Gewährung von Einsichtnahme an Dritte die vorlegenden Personen angehört werden müssen. Nähere Ausführungen zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Angaben zum Umgang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bei regulierten Unternehmen finden sich in einem Hinweispapier der BNetzA.29 24 § 12f Abs. 2 S. 3 geht über die Vorgaben des § 71 hinaus: Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, dürfen von der Regulierungsbehörde nicht herausgegeben werden. Würde man die Herausgabe der Daten mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ersatzlos verweigern, wäre ein Herausgabeanspruch Dritter nie geeignet, um plausible digitale Netzberechnungen durchführen zu können. Beispielsweise können Lastdaten immer auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Mit einem Datensatz mit teilweisen Schwärzungen kann die Netzplanung nicht sinnvoll simuliert werden. Die spezielle Regelung des § 12f Abs. 2 S. 4 ermöglicht daher einen Ausgleich zwischen dem Interesse am Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und dem Interesse an der Herausgabe der Daten. Bei Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat die Regulierungsbehörde typisierte und anonymisierte Datensätze an den Antragsteller herauszugeben.
6. Anspruch auf Herausgabe trotz Einstufung als Verschlusssache 25 Der Antragsteller muss zwar nachweisen, dass er die Berechtigung für den Umgang mit Verschlusssachen hat. Fraglich ist jedoch, wie weitgehend die Herausgabe der Daten erfolgen darf, wenn es sich um Verschlusssachen handelt. Zugunsten der Netzbetreiber hat der Gesetzgeber einen Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aufgenommen. Der Schutz der Allgemeinheit ist nicht speziell geregelt. Bedeutung erlangt dies im Zusammenhang mit der Festlegung europäisch kritischer Anlagen nach § 12g. Die zugrunde liegenden Informationen sind nach § 12g Abs. 4 als Verschlusssache mit dem geeigneten Geheimhaltungsgrad im Sinne von § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes einzustufen. Wenn mit den für die Netzberechnung erforderlichen Daten zugleich Rückschlüsse auf die europäisch kritischen Infrastrukturen möglich sind, könnte aus Gründen der Sicherheit eine Datenherausgabe an Dritte unmöglich werden. Damit wäre jedoch jeder Antrag auf Datenherausgabe nach § 12f Abs. 2 mit dem Hinweis auf die besondere Vertraulichkeit der Daten abzulehnen. Dass ein Anspruch auf Informationszu27 Hierzu bereits Rn 11 f. 28 Zu weiteren Regelungen im EnWG, die sich mit der Weitergabe von Informationen und Daten beschäftigen, siehe BK-EnR/Benzin, § 12f EnWG Rn 2. 29 BNetzA, Hinweispapier zu Umgang und Reichweite zulässiger Schwärzungen bei der Veröffentlichung von Entscheidungen der Bundesnetzagentur in den Bereichen Elektrizität und Gas; Stand: 22.3.2019; abrufbar unter www. bundesnetzagentur.de. Heimann
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7. Verhältnis zu anderen Informationsansprüchen
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gang trotz formaler Einstufung als Verschlusssache möglich sein muss, belegt jedoch bereits die Anforderung des § 12f Abs. 2 S. 1, wonach eine Zusage der vertraulichen Behandlung oder Berechtigung für den Umgang mit Verschlusssachen nachzuweisen ist. Im Zweifel müsste bei Verweigerung der Datenherausgabe durch die BNetzA in einem gerichtlichen Verfahren geklärt werden, ob die Einstufung einer Information als Verschlusssache den einschlägigen materiellen Bestimmungen der Verschlusssachenanweisung entspricht. Dafür wird regelmäßig erforderlich sein, dass das Gericht den entsprechenden Vorgang beizieht. Wird dessen Vorlage wegen seiner Geheimhaltungsbedürftigkeit verweigert, mündet das Verfahren in einen Zwischenstreit (Incamera-Verfahren) und wird der Sache nach dort entschieden.30
7. Verhältnis zu anderen Informationsansprüchen Neben diesem speziellen Anspruch auf Datenherausgabe stehen die Auskunftsansprüche aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, dem Informationsfreiheitsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz.31 Diese Ansprüche sind nur auf die Herausgabe von bestimmten Informationen bzw. auf eine Akteneinsicht gerichtet. Eine umfassende Datenherausgabe, die der nach § 12f entspricht, findet nicht statt. Hier greift der Grundsatz der Spezialität und Subsidiarität.32 Die Vorschriften sind im Lichte des § 12f auszulegen. Es kann nicht zu einer Akteneinsicht in als Verschlusssache eingestufte Dokumente kommen.33 Eine Umgehung des Anspruchs nach § 12f Abs. 2 im Hinblick auf die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist ebenfalls nicht zu befürchten, weil die genannten Gesetze ebenfalls den Geheimnisschutz gewährleisten. In der Regel sind bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur geschwärzte Fassungen der Dokumente herauszugeben. Im energierechtlichen Verwaltungsverfahren ist § 29 VwVfG unmittelbar anwendbar. Aus dessen Abs. 1 ergibt sich ein Akteneinsichtsrecht der Beteiligten.34 Abs. 2 begrenzt das Informationsrecht durch den Geheimhaltungsanspruch. Die Erteilung der Akteneinsicht steht im pflichtgemäßen Interesse der Behörde. Sie hat das Offenlegungsinteresse des Einsichtsberechtigten gegen das Geheimhaltungsinteresse abzuwägen.35 § 1 IFG gewährt Zugang zu amtlichen, also bei der Behörde vorhandenen Informationen. Der Antragsteller muss kein berechtigtes Interesse am Informationszugang geltend machen. Allerdings ist der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen grds. nur zu gewähren, wenn der Betroffene eingewilligt hat (§ 6 S. 2 IFG). Sofern es sich um Auskünfte handelt, die auch § 12f EnWG unterfallen, ist § 1 IFG aufgrund der formellen Subsidiarität nicht einschlägig. Der Begriff der Umweltinformation ist sehr weitreichend.36 Daher kommen auch Informationsansprüche nach dem UIG in Betracht. Dieser Anspruch steht neben den übrigen Informationsansprüchen (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 UIG). Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann durch überwiegende Offenbarungsinteressen überwunden werden. Grundsätzlich unterliegen aber auch im UIG die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einem besonderen Schutz.
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So BVerwG, Urt. v. 29.10.2009 – 7 C 21/08 – zur Auslegung des § 3 Nr. 4 IFG. Hierzu auch Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12f EnWG Rn 17. BK-EnR/Benzin, § 12f EnWG Rn 4. Vgl. auch § 2 Abs. 3 Nr. 4 IFG, wonach ein Anspruch auf Informationszugang nach dem IFG nicht besteht, wenn die Information dem Schutz von Verschlusssachen unterliegt. 34 Da Dritte in der Regel keine Beteiligten im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind, fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen. Siehe hierzu Kment/Posser § 12f EnWG Rn 26. 35 BVerwG, Urt. v. 2.7.2003 – 3 C 46/02 –; Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Ruthig, Kap. 59 Rn 42. 36 Theobald/Kühling/Henze, § 12f EnWG Rn 38 sieht in den Daten in der Regel keine Umweltinformation. Sollte es dennoch zur Überschneidung der Anwendungsbereiche des § 12f EnWG und des UIG kommen, gehe § 12f EnWG als spezialgesetzliche Regelung vor. So auch Kment/Posser § 12f EnWG Rn 24. 139
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III. Datenherausgabeanspruch Dritter (Abs. 2)
8. Rechtsschutz 30 Gegen die Entscheidung der BNetzA ist die Beschwerde nach § 75 statthaft. Sie kommt entweder als Anfechtungs- oder Verpflichtungsbeschwerde in Betracht, sofern es sich bei der Entscheidung um einen Verwaltungsakt handelt, dessen Anfechtung oder Erlass begehrt wird. Wenn der Beschwerdeführer von der Regulierungsbehörde ein sonstiges Verhalten fordert, ist die allgemeine Leistungsbeschwerde möglich. Diese ist zwar nicht explizit in § 75 geregelt, aber nach Art. 19 Abs. 4 GG möglich. Zuständig für die Beschwerde ist das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht (§ 75 Abs. 4). Funktionell zuständig ist der Kartellsenat (§ 108). Für Entscheidungen der BNetzA ist das OLG Düsseldorf zuständig.
9. Gebühren 31 Gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EnWG erhebt die BNetzA Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Herausgabe von Daten nach § 12f Absatz 2. Kostenschuldner ist, wer die Herausgabe der Daten veranlasst hat (§ 91 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EnWG).
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§ 12g Schutz europäisch kritischer Anlagen, Verordnungsermächtigung (1) Zum Schutz des Übertragungsnetzes bestimmt die Regulierungsbehörde alle zwei Jahre diejenigen Anlagen oder Teile von Anlagen des Übertragungsnetzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben kann (europäisch kritische Anlage). Die Bestimmung erfolgt durch Festlegung nach dem Verfahren des § 29. Zur Vorbereitung der Festlegung haben die Betreiber von Übertragungsnetzen der Regulierungsbehörde einen Bericht vorzulegen, in dem Anlagen ihres Netzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten haben kann, vorgeschlagen werden und dies begründet wird. Der Bericht kann auch von allen Betreibern gemeinsam erstellt und vorgelegt werden. (2) Betreiber von Übertragungsnetzen haben zum Schutz ihrer gemäß Absatz 1 Satz 1 bestimmten Anlagen Sicherheitspläne zu erstellen sowie Sicherheitsbeauftragte zu bestimmen und der Regulierungsbehörde nachzuweisen. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu dem Verfahren der Festlegung und zum Bericht gemäß Absatz 1 sowie zu den Sicherheitsplänen und Sicherheitsbeauftragten nach Absatz 2 zu regeln. (4) Die für die Festlegung gemäß Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Informationen, der Bericht der Betreiber nach Absatz 1 Satz 3 sowie die Sicherheitspläne nach Absatz 2 sind als Verschlusssache mit dem geeigneten Geheimhaltungsgrad im Sinne von § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes einzustufen. …
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1.
5 Europäisch kritische Anlagen (Abs. 1) Definition der europäisch kritischen Anlage 5 (Abs. 1 S. 1) 8 Festlegung (Abs. 1 S. 2 bis 4) 9 a) Festlegung durch die BNetzA b) Europäische Vorgaben für die Ermitt11 lung 13 c) Bericht der ÜNB (Abs. 1 S. 3 und 4) d) Anpassung bzw. Neuerlass der Festle15 gung
2.
e)
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Rechtsschutz gegen die Festlegung
1 III.
Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte 17 (Abs. 2)
IV.
Verordnungsermächtigung (Abs. 3)
V.
Geheimhaltungserfordernis: Einstufung als Ver19 schlusssache (Abs. 4)
VI.
Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschrif23 ten
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 12g ermächtigt und verpflichtet die BNetzA dazu, alle zwei Jahre die europäisch kritischen Anla- 1 gen im Wege einer Festlegung zu bestimmen. Grundlage der Festlegung ist ein Bericht der ÜNB (Abs. 1). Die ÜNB haben für diese Anlagen Sicherheitspläne zu erstellen und Sicherheitsbeauftragte zu ernennen (Abs. 2). In Abs. 3 enthält die Norm eine Verordnungsermächtigung zur Konkreti141 https://doi.org/10.1515/9783110670516-009
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§ 12g EnWG
I. Allgemeines
sierung der Anforderungen. Zum Schutz vertraulicher Informationen bestimmt Abs. 4, dass bestimmte Informationen als Verschlusssachen zu behandeln sind.
2. Regelungszweck 2 Die Regelung dient dem Schutz des Übertragungsnetzes als kritische Infrastruktur. Wenn kritische Infrastrukturen ausfallen, kann dies zu erheblichen Belastungen für den Staat, die Wirtschaft und große Teile der Bevölkerung führen.1 Deshalb ist die Gewährleitung des Schutzes solcher Anlagen Kernaufgabe der Sicherheitsvorsorge. Dazu werden ein Verfahren zur Ermittlung und Ausweisung kritischer europäischer Anlagen sowie bestimmte Schutzmaßnahmen bestimmt.2 Die Vorschrift dient der Sicherheitsvorsorge und Gefahrenabwehr. Indem besondere Schutzvorschriften gelten, werden zugleich Schwachstellen des Übertragungsnetzes reduziert. Die besondere Bedeutung der zu schützenden Anlagen liegt in dem grenzüberschreitenden Bezug. Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz in Deutschland, sondern ebenso dem Schutz des Elektrizitätsnetzes der anderen Mitgliedstaaten der EU. 3 Dies hat auch Auswirkungen auf den Ausbau des Übertragungsnetzes. Bereits die Vorschrift zum Netzentwicklungsplan (§ 12b) betont den sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb. Netzbetreiber sind nach §§ 11 und 12 zum Betrieb und zum Ausbau eines sicheren und zuverlässigen Netzes verpflichtet. Die Vorschrift des § 12g tritt neben die allgemeinen Regelungen zur Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung nach §§ 49 f.3 Indem der Schutz bestimmter Anlagen verbessert wird, steigt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes. Dadurch kann möglicherweise ein Netzausbau beschränkt werden.
3. Entstehungsgeschichte 4 Diese Vorschrift dient der Umsetzung der RL 2008/114/EG des Rates vom 8.12.2008 über die Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern.4 Die Richtlinie enthält u. a. die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Anlagen oder Systeme, deren Ausfall oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten hätte, als europäisch kritische Infrastruktur zu ermitteln und erforderlichenfalls durch Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte schützen zu lassen. Durch diese Richtlinie wird ein Verfahren zur Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer Infrastrukturen („EKI“) sowie ein gemeinsamer Ansatz für die Bewertung der Notwendigkeit ihres Schutzes eingeführt. Die neue Risikovorsorge-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG ((EU) 2019/941)5 ergänzt diesen Ansatz. Die Verordnung zur Risikovorsorge schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten zunächst nationale Krisenszenarien erarbeiten sollen, die die wesentlichen Risiken für ihre nationale Stromversorgung darstellen. Auf der Basis müssen die Mitgliedstaaten dann Risikovorsorgepläne erstellen, die sowohl nationale als auch grenzüberschreitende Maßnahmen zur Krisenprävention und -bewältigung enthalten. Zusammen mit der RL 2008/114/EG soll die Risikovorsorge-Verordnung zu einem umfassenden
1 Ein Beispiel dazu findet sich in BK-EnR/König § 12g EnWG Rn 3. 2 Darüber hinausgehend wird die bereits 2009 vom Bundeskabinett beschlossene Nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie) aktuell evaluiert. Siehe hierzu www.bmi.bund.de.
3 Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Ruthig, Kap. 97. 4 ABl. EG 2008 Nr. L 345 S. 75. Siehe hierzu Theobald/Kühling/Henze § 12g EnWG Rn 14 ff. 5 ABl. EU 2019 Nr. L 158 S. 1. Heimann
142
2. Festlegung (Abs. 1 S. 2 bis 4)
EnWG § 12g
Konzept für die Energieversorgungssicherheit der Europäischen Union beitragen.6 § 12g wurde mit dem Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften7 in das EnWG eingefügt.
II. Europäisch kritische Anlagen (Abs. 1) 1. Definition der europäisch kritischen Anlage (Abs. 1 S. 1) Der Begriff der „europäisch kritischen Anlage“ wird in Abs. 1 S. 1 legaldefiniert. Danach han- 5 delt es sich um Anlagen oder Anlagenteile des Übertragungsnetzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten haben kann. Nach dem Anhang I zur RL 2008/114/EG fallen u. a. Infrastrukturen und Anlagen zur Stromübertragung unter die Sektoren mit europäisch kritischen Anlagen. Kriterien zur Einstufung als kritische Anlagen sind in der Richtlinie genannt. Es handelt sich beispielsweise um die mögliche Anzahl der Opfer, wirtschaftliche Folgen und Auswirkungen auf die Öffentlichkeit.8 Eine wesentliche Auswirkung liegt zumindest vor, wenn nachhaltig wirkende Versor- 6 gungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen zu befürchten sind.9 Durch die enge Vermaschung des Elektrizitätsnetzes können Ausfälle einzelner Anlagen oder Anlagenbestandteile weitreichende Folgen haben. Aufgrund miteinander verbundener und voneinander abhängiger Infrastrukturen ist das Elektrizitätsübertragungsnetz beispielhaft für eine kritische Infrastruktur. Werden Anlagen oder Teile von Anlagen zerstört, wird die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens eingeschränkt. Durch die Bedingung, dass mindestens zwei Mitgliedstaaten betroffen sind, ist klargestellt, dass nur Anlagen mit einer europäischen Dimension relevant sind.10 Fragen können im Hinblick auf die Bündelungsoptionen im Bundesfachplanungs- und 7 Planfeststellungsverfahren auftreten. Da die Informationen über europäisch kritische Anlagen einem besonderen Geheimhaltungserfordernis unterliegen, können sich praktische Hindernisse ergeben. Diese betreffen auch die Antragskonferenz nach § 7 und § 20 NABEG. Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, können Vorschläge für einen Trassenkorridor machen. Die BNetzA ist allerdings an die Vorschläge der Länder nicht gebunden (§ 7 Abs. 3 NABEG). Sie muss aber später das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren in die Entscheidung zur Bundesfachplanung aufnehmen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NABEG). Hier können ebenfalls Konflikte mit dem Geheimhaltungserfordernis auftreten.
2. Festlegung (Abs. 1 S. 2 bis 4) Die Bestimmung der europäisch kritischen Anlagen erfolgt durch die BNetzA mittels Festlegung. 8 Grundlage für die Festlegung sind die nach § 1 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen erstellten Gefährdungsszenarien und ein Bericht der ÜNB.
a) Festlegung durch die BNetzA. Der Gesetzgeber hat sich für die Bestimmung einer Infra- 9 struktur als europäisch kritische Anlage im Wege der Festlegung gem. § 29 entschieden. Damit soll ermöglicht werden, dass weitergehende belastende Entscheidungen, etwa zu den Anforde6 Vgl Erwägungsgrund 8 der Verordnung (EU) 2019/941. 7 EnWR-NRG v. 26.7.2011 (BGBl. I S. 1554). 8 Art. 3 Abs. 2 der RL 2008/114/EG. Hierzu Britz/Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12g EnWG Rn 9. 9 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 10 BT-Drucks. 17/6072, S. 70. 143
Heimann
§ 12g EnWG
II. Europäisch kritische Anlagen (Abs. 1)
rungen an Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte, aufgenommen werden können. So können bestimmte standardisierende Anforderungen vorab festgelegt werden.11 10 Eine Festlegung ist eine Entscheidung der Regulierungsbehörde. Der Begriff der „Festlegung“ findet sich ebenso in anderen Bereichen des Regulierungsrechts, z. B. §§ 10, 13, 2 TKG; § 14f AEG und § 13 PostG. Es handelt sich um ein Instrument, mit dem die Regulierungsbehörde gegenüber einem Netzbetreiber oder einer Gruppe von Netzbetreibern Entscheidungen treffen kann.12 Die Zuständigkeit für den Erlass von Festlegungen bestimmt sich nach §§ 54 ff Die Entscheidung nach § 12g wird gem. § 59 von der Beschlusskammer getroffen. Anders als die Entscheidungen nach §§ 12a bis 12f ist die vorliegende Norm nicht vom Katalog der Ausnahmefälle umfasst. Die Festlegung erfolgt von Amts wegen (§ 66 Abs. 1).13 Ein Antrag ist nicht erforderlich. Vor der Festlegung ist grds. allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 66 Abs. 2). Wegen der besonderen Anforderungen an die Geheimhaltung nach § 12g Abs. 4 ist eine umfassende Konsultation in diesem Fall jedoch nicht möglich.
11 b) Europäische Vorgaben für die Ermittlung. Für die Bestimmung der europäisch kritischen Anlagen sind die europäischen Vorgaben maßgeblich. Die Europäische Kommission hat 2006 die Grundsätze und Instrumente dargelegt, die zur Umsetzung des Europäischen Programms für den Schutz kritischer europäischer und nationaler Infrastrukturen (EPSKI) erforderlich sind.14 Der Prozess der Ermittlung und Ausweisung von europäisch kritischen Infrastrukturen ist eines der wesentlichen Elemente des EPSKI. Jeder Mitgliedstaat soll in einem gemeinsamen Prozess potenzielle europäische kritische Infrastrukturen ausweisen, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden. Dafür ist eine Abstimmung mit den anderen Mitgliedstaaten erforderlich. Einzelheiten zur Ermittlung und Bestimmung der europäisch kritischen Infrastrukturen regelt die RL 2008/114/EG.15 12 Die BNetzA hat bei der Festlegung das Verfahren nach Anhang III der RL 2008/114/EG zu beachten. Soll eine Anlage erstmals als europäisch kritische Anlage bestimmt werden, ist vorher eine Konsultation durch das BMWi nach Art. 4 Abs. 1 bis 3 der RL 2008/114/EG durchzuführen. Die BNetzA berücksichtigt das Ergebnis der Konsultation bei ihrer Entscheidung. Die Festlegung erfolgt innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Konsultation (§ 2 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen).
13 c) Bericht der ÜNB (Abs. 1 S. 3 und 4). Zur Vorbereitung der Festlegung haben die ÜNB der Regulierungsbehörde einen Bericht vorzulegen, in dem europäisch kritische Anlagen ihres Netzes vorgeschlagen werden und dies begründet wird. Die ÜNB sind also bereits zu einer Vorprüfung verpflichtet. Sie statten die BNetzA mit den erforderlichen Informationen aus. Der jeweilige Vorschlag ist im Bericht zu begründen. Laut dem gesetzlichen Auftrag des § 11 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 liegt dies im Verantwortungsbereich der ÜNB.16 Einzelheiten zum Bericht können gem. § 12g Abs. 3 in einer Rechtsverordnung bestimmt 14 werden. Dies ist in § 1 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen17 erfolgt. Nach dieser Vorschrift müssen die ÜNB alle zwei Jahre den Bericht vorlegen. Hierin sind neben den gem. § 12g Abs. 1 S. 3 erforderlichen Angaben auch die Mitgliedstaaten der EU zu benennen, die von 11 12 13 14
BT-Drucks. 17/6072, S. 70. Hierzu BK-EnR/Schmidt-Preuß, § 29 EnWG Rn 25 ff. Hierzu Schneider/Theobald/Franke, § 19 Rn 52. Mitteilung der Kommission vom 12.12.2006 über ein Europäisches Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen (EPSKI), KOM (2006) 786, ABl. C 126 v. 7.6.2007. Siehe hierzu Theobald/Kühling/Henze § 12g EnWG Rn 8 ff. 15 Hierzu Theobald/Kühling/Henze § 12g EnWG Rn 33. 16 BT-Drucks. 17/6072, S. 71. 17 Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen v. 6.1.2012 (BGBl. I S. 69). Heimann
144
V. Geheimhaltungserfordernis: Einstufung als Verschlusssache (Abs. 4)
EnWG § 12g
einer Störung oder Zerstörung der Anlagen erheblich betroffen sein können. Dem Bericht sind die jeweils aktuellen Gefährdungsszenarien zugrunde zu legen, die in einem Verfahren nach § 1 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen erstellt werden.18
d) Anpassung bzw. Neuerlass der Festlegung. Die Festlegung erfolgt alle zwei Jahre. Da- 15 durch wird eine Anpassung an aktuelle Gegebenheiten gewährleistet. Sollte die BNetzA vor Ablauf der zwei Jahre die Festlegung ändern wollen, ist dies unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG möglich.19 Dementsprechend haben die ÜNB auch mindestens alle zwei Jahre einen neuen Bericht vorzulegen. Dies wird in der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen nochmals konkretisiert.
e) Rechtsschutz gegen die Festlegung. Als Rechtsbehelf gegen die Festlegung stehen den 16 ÜNB Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde gem. § 7520 zur Verfügung. Ausschließlich zuständig ist gem. § 75 Abs. 4 das OLG Düsseldorf. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Weitergehend ist die Rechtsbeschwerde beim BGH möglich (§ 86). Gegebenenfalls steht ein vorläufiger Rechtsschutz nach § 77 zur Verfügung.
III. Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte (Abs. 2) Der Betreiber einer europäisch kritischen Anlage hat zum Schutz des Übertragungsnetzes einen 17 Sicherheitsplan vorzulegen. Zweck der Erstellung von Sicherheitsplänen ist es, die kritischen Anlagen sowie die zu deren Schutz vorhandenen Sicherheitslösungen zu ermitteln. Die inhaltlichen Mindestanforderungen sind in § 4 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz des Übertragungsnetzes genannt.21 Die Sicherheitspläne werden von der BNetzA überprüft und – sofern sie die Anforderungen erfüllen – bestätigt. Die Sicherheitspläne sind regelmäßig zu überprüfen. Der Sicherheitsbeauftragte dient als Kontaktstelle der Behörden in Sicherheitsfragen und soll über den Bericht nach § 12g Abs. 1 und die Sicherheitspläne Auskunft geben können (§ 3 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen).
IV. Verordnungsermächtigung (Abs. 3) § 12g Abs. 3 enthält eine Verordnungsermächtigung. Danach kann die Bundesregierung ohne 18 Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu dem Festlegungsverfahren, zum Bericht der ÜNB und zu den Sicherheitsplänen und Sicherheitsbeauftragen regeln. Aufgrund dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung die Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen22 erlassen.
V. Geheimhaltungserfordernis: Einstufung als Verschlusssache (Abs. 4) Der Eigenschaft als Information über eine kritische Infrastruktur ist immanent, dass diese Infor- 19 mationen nicht öffentlich werden sollen. Informationen über den Schutz kritischer Infrastruktu18 19 20 21
Siehe hierzu Kment/Posser § 12g EnWG Rn 7 ff. Siehe hierzu auch Theobald/Kühling/Henze § 12g EnWG Rn 27. Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Hilzinger, Kap. 56 Rn 1 ff. Zu den Mindestanforderungen der Sicherheitspläne und den Anforderungen an die Sicherheitseinstufung Britz/ Hellermann/Hermes/Bourwieg § 12g EnWG Rn 12 ff und BK-EnR/König § 12g EnWG Rn 25 ff. 22 Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen v. 6.1.2012 (BGBl. I S. 69). 145
Heimann
§ 12g EnWG
VI. Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschriften
ren werden auf der Basis von Vertrauen und Vertraulichkeit ausgetauscht. Daher sind die für die Festlegung erforderlichen Informationen, der Bericht der Betreiber sowie die Sicherheitspläne als Verschlusssache mit einem Geheimhaltungsgrad nach § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) einzustufen. Erfasst sind alle Informationen über kritische Infrastrukturen, die im Fall ihrer Offenlegung zur Planung und Durchführung von Handlungen missbraucht werden könnten, welche eine Störung oder Zerstörung kritischer Infrastrukturanlagen zur Folge hätten.23 Nach § 4 SÜG sind Verschlusssachen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige 20 Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Die Einstufung als Verschlusssache erfolgt in die Stufen „streng geheim“, „geheim“, „VS-vertraulich“, „VS – nur für den Dienstgebrauch“. Die Voraussetzungen sind mindestens dann erfüllt, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG). Nach § 35 Abs. 1 SÜG erlässt der Bundesinnenminister die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des SÜG. Hiervon wurde u. a. durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) Gebrauch gemacht. 21 § 12f Abs. 2 verweist auf die Norm des § 12g.24 Macht ein Dritter einen Anspruch auf Herausgabe der Daten zur Netzberechnung geltend, muss er die vertrauliche Behandlung der Informationen zusichern oder die Berechtigung zum Umgang mit Verschlusssachen mit einem Geheimhaltungsgrad nach § 12g Abs. 4 i. V. m. § 4 des SÜG haben. 22 Die Vertraulichkeit ist auch gegenüber anderen Behörden zu wahren. Der Austausch von Informationen über europäisch kritische Anlagen muss die Regelungen für den Umgang mit vertraulichen Informationen und Verfahren beachten. Die betreffenden Unternehmen und Organisationen müssen darauf vertrauen können, dass die von ihnen mitgeteilten sensiblen und vertraulichen Daten ausreichend geschützt werden. Im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch auf europäischer Ebene gibt es eine Regelung in Art. 4 Abs. 4 der RL 2008/114/EG. Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich eine ausgewiesene europäisch kritische Infrastruktur befindet, unterrichtet die Kommission jährlich über die Anzahl der ausgewiesenen europäisch kritischen Infrastrukturen in den verschiedenen Sektoren und über die Anzahl der Mitgliedstaaten, die von der jeweiligen ausgewiesenen europäisch kritischen Infrastruktur abhängen. Nur die Mitgliedstaaten, die von einer europäisch kritischen Infrastruktur erheblich betroffen sein könnten, erfahren von deren Identität.
VI. Aufsichtsmaßnahmen und Bußgeldvorschriften 23 Kommen die ÜNB ihren Verpflichtungen nach § 12g nicht nach, kann die BNetzA Aufsichtsmaßnahmen nach § 6525 ergreifen. Diese umfassen insbesondere die Anordnung der Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen (§ 65 Abs. 2). 24 Ordnungswidrig handelt, wer den Bericht der ÜNB nach § 12g Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 1 der Verordnung zum Schutz von Übertragungsnetzen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt (§ 95 Abs. 1 Nr. 3c). Eine Ordnungswidrigkeit liegt auch vor, wenn die Sicherheitspläne nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt werden oder ein Sicherheitsbeauftragter nicht rechtzeitig bestimmt wird (§ 95 Abs. 1 Nr. 3d). Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 100.000 A geahndet werden (§ 95 Abs. 2 S. 1).
23 Art. 2 lit. d der RL 2008/114/EG. 24 Siehe hierzu § 12f EnWG Rn 25. 25 Hierzu Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Schütte, Kap. 108 Rn 1 ff. Heimann
146
§ 14d Netzausbaupläne, Verordnungsermächtigung, Festlegungskompetenz (1) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben der Regulierungsbehörde alle zwei Jahre einen Plan für ihr jeweiliges Elektrizitätsverteilernetz vorzulegen (Netzausbauplan). Informationen der Netznutzer zu geplanten Netzanschlussbegehren sollen in die Netzausbauplanung angemessen einbezogen werden. Die Regulierungsbehörde kann Anpassungen des Netzausbauplans verlangen. (2) Zur Erstellung eines Netzausbauplans teilen die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in geographisch abgrenzbare und räumlich zusammenhängende Gebiete (Planungsregion) auf. Die innerhalb einer Planungsregion angesiedelten Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben sich zu den Grundlagen ihrer Netzausbauplanung abzustimmen. Die Regulierungsbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen die Aufnahme eines Betreibers eines Elektrizitätsverteilernetzes in eine Planungsregion anordnen. Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen einer Planungsregion stimmen unter Einbeziehung der Übertragungsnetzbetreiber ein Regionalszenario ab, welches gemeinsame Grundlage der jeweiligen Netzausbaupläne der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen in der Planungsregion ist. (3) Der Netzausbauplan enthält insbesondere folgende Angaben: 1. Netzkarten des Hochspannungsnetzes und der Umspannstationen auf Mittelspannung mit den Engpassregionen des jeweiligen Netzes, 2. Planungsgrundlagen einschließlich gesonderter Angaben zum Anschluss neuer dezentraler Erzeugungskapazitäten sowie von Lasten und Ladepunkten für Elektrofahrzeuge für die in den nächsten fünf Jahren, im Hochspannungsnetz in den nächsten zehn Jahren, zu erwartenden Ein- und Ausspeisungen, 3. die geplanten Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen, insbesondere diejenigen Maßnahmen, für die die notwendigen öffentlich-rechtlichen Planungs- oder Genehmigungsverfahren bereits eingeleitet wurden, dabei ist zusätzlich anzugeben, ob und zu welchem Zeitpunkt durch den Betreiber eines Elektrizitätsverteilernetzes bereits Investitionsentscheidungen bezüglich dieser Maßnahmen getroffen wurden und bis zu welchem Zeitpunkt der Betreiber des Elektrizitätsverteilernetzes von der tatsächlichen Durchführung einer Maßnahme ausgeht, 4. eine detaillierte Darlegung der engpassbehafteten Leitungsabschnitte und der jeweilig geplanten Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen, 5. den Bedarf an nicht frequenzgebundenen Systemdienstleistungen und die geplante Deckung des Bedarfes und 6. der Umfang, in dem von dem Instrument der Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 Gebrauch gemacht werden soll. Die Darstellung der Angaben nach Satz 1 muss so ausgestaltet sein, dass ein sachkundiger Dritter nachvollziehen kann, 1. welche Veränderungen der Kapazitäten für Leitungstrassen und Umspannstationen sowie bei nicht frequenzgebundenen Systemdienstleistungen mit den geplanten Maßnahmen einhergehen, 2. welche Alternativen der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen geprüft hat, 3. welcher Bedarf an Systemdienstleistungen und Flexibilitätsdienstleistungen nach Realisierung der Maßnahmen verbleibt und 4. welche Kosten voraussichtlich entstehen. Die Regulierungsbehörde kann Vorgaben zu Frist, Form, Inhalt und Art der Übermittlung des Netzausbauplans machen. (4) Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen zu den Absätzen 1 bis 3 treffen. Zumindest den Netznutzern der Hochspan-
147 https://doi.org/10.1515/9783110670516-010
Sasse
§ 14d EnWG
I. Allgemeines
nungsebene und den Übertragungsnetzbetreibern ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem sie betreffenden Netzausbauplan zu geben. (5) Bei der Planung des Elektrizitätsverteilernetzausbaus haben Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen die Möglichkeiten von Energieeffizienz- und Nachfragesteuerungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates allgemeine Grundsätze für die Berücksichtigung der in Satz 1 genannten Belange festzulegen. (6) Die Absätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden auf Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn in dem Elektrizitätsverteilernetz die technisch mögliche Stromerzeugung der beiden vorherigen Jahre aus Windenergie an Land oder aus solarer Strahlungsenergie aus den an das Elektrizitätsverteilernetz angeschlossenen Anlagen auf Veranlassung des jeweiligen Betreibers eines Elektrizitätsverteilernetzes um jeweils mehr als 5 Prozent gekürzt wurde.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Erstellung der Netzausbaupläne durch die 7 VNB 7 Bedeutung der Netzausbaupläne 12 Erarbeitung der Netzausbaupläne 17 Zeitpunkt der Vorlage 19 Normadressaten (Abs. 6 S. 1)
IV.
Veröffentlichung und Stellungnahmemöglich34 keit
Inhalt der Netzausbaupläne (Abs. 3 und 22 5)
V.
Aufsichtsmaßnahmen
1
1. 2. 3.
3 4.
1. 2. 3. 4. III.
5. 6.
24 Netzkarten (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) 25 Planungsgrundlagen (Abs. 3 S. 1 Nr. 2) Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaß26 nahmen (Abs. 3 S. 1 Nr. 3) Engpassbehaftete Leitungsabschnitte (Abs. 3 29 S. 1 Nr. 4) Nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistun30 gen (Abs. 3 S. 1 Nr. 5) 33 Spitzenkappung (Abs. 3 S. 1 Nr. 6)
36
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 verpflichtet die Elektrizitätsverteilernetzbetreiber, der Regulierungsbehörde in einem zweijährigen Turnus einen Plan für ihr Netz vorzulegen. In Abgrenzung zum Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber wird hier vom Netzausbauplan gesprochen.1 Abs. 2 regelt die Zusammenarbeit der Netzbetreiber in Planungsregionen. Die Absätze 3 bis 5 spezifizieren die wesentlichen Inhalte der Pläne sowie die Einbeziehung der Netznutzer. Abs. 6 legt fest, welche Elektrizitätsverteilernetze einen Netzausbauplan vorlegen müssen.
2. Regelungszweck 2 Die Norm legt die wesentlichen Grundlagen und Inhalte der Netzausbaupläne für Elektrizitätsverteilernetzbetreiber fest. Kern der Norm ist die Abstimmung der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber zu den Grundlagen ihrer Netzausbauplanung in Planungsregionen, die im § 14 1 BT-Drucks. 19/27453, S. 101. Sasse
148
3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 14d
Abs. 1a und 1b a. F. als Vorgängernormen nicht vorgeschrieben war. Die Norm macht Vorgaben zu den Inhalten der Netzausbaupläne und dient damit im Wesentlichen einer transparenten und effizienten Umsetzung des Netzausbaubedarfs auf der Verteilernetzebene. Durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht dient die Norm zudem nun auch dem Zweck, den Bedarf an nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen sowie Flexibilitätsdienstleistungen zu bestimmen bzw. transparent zu machen. In Verbindung mit § 14e EnWG soll die Norm zudem im Vergleich zur Vorgängernorm die Beteiligung der Netznutzer verbessern und die Transparenz der Netzausbauplanung auf der Verteilernetzebene steigern.
3. Entstehungsgeschichte Die Norm dient der Umsetzung des Art. 32 der RL 2019/9442 und kann als Synthese der Vorgaben aus dem § 14 Abs. 1a und 1b EnWG a. F. und der Vorgaben aus der RL verstanden werden. Die grundsätzliche Verpflichtung der Verteilernetzbetreiber, einen Bericht über den Netzzustand und die Netzausbauplanung zu erstellen, wurde bereits im Rahmen der Novelle des EnWG in 2005 durch Verweis in § 14 Abs. 1 S. 2 a. F. auf die analoge Norm für die Übertragungsnetzbetreiber, den damaligen § 12 Abs. 3a, geschaffen. Vorgegeben wurde ein zweijähriger Turnus, ausgenommen von der Pflicht waren Verteilernetze mit weniger als 10.000 unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Kunden.3 Im Jahr 2011 wurden durch das Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 26. Juli 2011 die Vorgaben für bzw. die Anforderungen an die Elektrizitätsverteilernetzbetreiber deutlich angepasst. Hierzu wurde der § 14 Abs. 1a a. F. geschaffen, der vorsah, dass auf Verlangen der Regulierungsbehörde ein Bericht über den Netzzustand und die Netzausbauplanung zu erstellen ist.4 Es wurde konkretisiert, dass „der Bericht zur Netzausbauplanung […] auch konkrete Maßnahmen zur Optimierung, zur Verstärkung und zum Ausbau des Netzes und den geplanten Beginn und das geplante Ende der Maßnahmen“ zu enthalten hat. Für Betreiber von Hochspannungsnetzen wurden im § 14 Abs. 1b a. F. vor allem insoweit darüberhinausgehende Vorgaben geschaffen, als dass diese jährlich einen Bericht über den Netzzustand und die Auswirkungen des erwartenden Ausbaus von Einspeiseanlagen vorzulegen hatten. Abgegrenzt davon wurde der Netzentwicklungsplan, der nach § 14 Abs. 1b S. 3 nur zu erstellen war, wenn die Regulierungsbehörde zu dem Ergebnis kam, dass ein wesentlicher Ausbaubedarf zu erwarten war. Die Vorgaben zum § 14 Abs. 1b wurden mit dem Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22. Dezember 2016 vor allem hinsichtlich der Transparenz erweitert. Der Bericht war nun nicht mehr nur der Regulierungsbehörde zu übermitteln, sondern neben Netzkarten mit den Engpassregionen des Netzes sowie den Planungsgrundlagen zur Entwicklung von Ein- und Ausspeisungen auf der Internetseite zu veröffentlichen. Insbesondere neu war auch die Vorgabe, dass Veränderungen der Kapazitäten, die geprüften Alternativen sowie die voraussichtlichen Kosten nachvollziehbar dargestellt werden mussten. Der bis dato geltende Verweis auf die Vorgaben für Übertragungsnetzbetreiber wurde gestrichen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht gehen nun die wesentlichen auf die Netzausbauplanung bezogenen Vorgaben des § 14 EnWG a. F. in den neuen Vorgaben des § 14d und 14e EnWG auf. Das eigenständige Regime für die Netzausbauplanung für die Verteilernetzbetreiber 2 RL 2019/944 v. 5.6.2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU.
3 Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7.7.2005, BGBI Nr. 42 S. 1979. 4 Gesetz nur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 26.7.2011, BGBI Nr. 41 S. 1573. 149
Sasse
3
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§ 14d EnWG
II. Erstellung der Netzausbaupläne durch die VNB
wird so weiter ausgebaut. Parallel wird mit dem § 14 Abs. 2 neue Fassung die Möglichkeit für die Regulierungsbehörde, einen Bericht über den Netzzustand und die Umsetzung der Netzausbauplanung anzufordern, auf alle Verteilernetzbetreiber, also auch jene mit weniger als 10.000 Kunden, ausgeweitet.
II. Erstellung der Netzausbaupläne durch die VNB 1. Bedeutung der Netzausbaupläne 7 Die Bedeutung der Netzausbaupläne der VNB ergeben sich zunächst aus Art. 32 Abs. 3 bis 5 der RL EU 2019/944. Demnach stehen die Transparenz sowie die Einbindung der relevanten Netznutzer im Vordergrund. Planungstechnisch wird ein besonderes Augenmerk auf die neuen Erzeugungskapazitäten und neuen Lasten, inkl. der Elektromobilität, gelegt. Die eurorechtlichen Vorgaben sind dabei thematisch eingebettet in die Anreize für die Nutzung von Flexibilität in Verteilernetzen. Auch wenn der § 14 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 eine Darlegungspflicht enthält, welcher Bedarf an Flexibilitätsdienstleistungen nach Realisierung der im Netzausbauplan genannten Maßnahmen verbleibt, so hat sich der Gesetzgeber entschieden, die wesentlichen Regelungsinhalte zum Thema Flexibilität in den Verteilernetzen in der eigenständigen, neuen Norm § 14c EnWG zu regeln. Der § 14d ist folglich eine Norm zur Netzplanung, bei der das Thema Flexibilität nur einer von vielen Aspekten ist. Dabei geht der § 14d über die europarechtlichen Vorgaben bei der Ausgestaltung der Netzausbaupläne insoweit hinaus, als das eine Abstimmung der Netzbetreiber in Planungsregionen erfolgen muss. 8 Trotz der Abstimmung in Planungsregionen bildet der Netzausbauplan im Ergebnis die durch den jeweiligen Netzbetreiber selbst geplanten Maßnahmen ab, die allerdings auf Basis von gemeinsamen bzw. abgestimmten Planungsgrundlagen identifiziert wurden. Es handelt sich nicht um konkrete Trassenverläufe, sondern um eine Liste von geplanten Maßnahmen sowie eine Dokumentation u. a. der Planungsgrundlagen, der engpassbehafteten Leitungsabschnitte, der Kosten, aber auch von geprüften Alternativen. Im Vordergrund steht damit eine Berichtspflicht bzw. die Transparenz der Netzausbauplanung der Verteilernetzbetreiber sowie die Sicherstellung des Austausches zwischen den Stakeholdern und nicht die behördliche Bestätigung des Ausbaubedarfs oder einzelner Maßnahmen. 9 Aus dem Gesetz ergibt sich die folgende Aufgabenverteilung: Es handelt sich um Netzausbaupläne, die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen für ihr jeweiliges, eigenes Netz vorzulegen haben. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum gemeinsamen Netzentwicklungsplan der ÜNB mit Regelzonenverantwortung. Die VNB sind gem. Abs. 2 S. 2 verpflichtet, sich innerhalb der Planungsregionen zu den Grundlagen ihrer Netzausbauplanung abzustimmen. Insbesondere ist nach Abs. 2 S. 3 ein Regionalszenario abzustimmen, welches gemeinsame Grundlage der jeweiligen Netzausbaupläne der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen in der Planungsregion ist. Im Unterschied zu den Betreibern von Übertragungsnetzen legen die Verteilernetzbetreiber der Regulierungsbehörde nicht den Entwurf des Netzentwicklungsplans vor, sondern den – im Prinzip – finalisierten Netzausbauplan. Zwar kann die Regulierungsbehörde nach Abs. 1 S. 3 Änderungen des Netzausbauplans verlangen. Anders als bei den Übertragungsnetzbetreibern gibt es weder bei den Regionalszenarien noch bei dem Plan selbst eine Genehmigung bzw. eine Bestätigung durch die Regulierungsbehörde. Die Übertragungsnetzbetreiber sind bei der Erstellung des Regionalszenarios einzubeziehen, auch ist diesen nach Abs. 4 S. 2 genau wie den Netznutzern hinsichtlich des Plans selbst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 10 Die Netzausbaupläne stehen in einem engen Verhältnis zu § 14 Abs. 2. Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben lt. § 14 Abs. 2 in Ergänzung zur Berichtspflicht nach § 14d oder in begründeten Einzelfällen auf Verlangen der Regulierungsbehörde innerhalb von zwei Monaten einen Bericht über den Netzzustand und die Umsetzung der Netzausbauplanung zu erstellen und ihr diesen vorzulegen. Die Formulierung entspricht grundsätzlich der Vorgängerregelung Sasse
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2. Erarbeitung der Netzausbaupläne
EnWG § 14d
des § 14 Abs. 1a S. 1 a. F. mit der Ausnahme der neuen Einschübe „die Umsetzung der“ vor Netzausbauplanung sowie „in Ergänzung zur Berichtspflicht nach § 14d EnWG oder in begründeten Einzelfällen“. Der zweite Einschub war erst im parlamentarischen Verfahren durch einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ins Gesetz aufgenommen worden und betont die Verbindung des § 14 Abs. 2 zu den Netzausbauplänen nach § 14d. So kann insbesondere der Fortschritt des Netzausbaus in Jahren, in denen keine NAP vorgelegt werden müssen, über den § 14 Abs. 2 nachgehalten werden.5 Der Wortlaut erlaubt aber auch die Ergänzung der Berichtsflicht nach § 14d durch einen Bericht über den Netzzustand. Es ist bereits jetzt gelebte Praxis der Bundesnetzagentur, die Pflicht zur Übermittlung von Netzausbauplänen nach § 14 Abs. 1b a. F. mit einer Abfrage zum Netzzustand nach § 14 Abs. 1a a. F. zu verbinden.6 Den Abschluss der Prüfung des Netzentwicklungsplans bei den Übertragungsnetzbetreibern 11 bildet die Bestätigung. Bei den Übertragungsnetzbetreibern gilt die Bestätigung einer Maßnahme im Netzentwicklungsplan wiederum gemeinhin als Voraussetzung für die Genehmigung der Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV und die entsprechende Anerkennung der Kosten in der Erlösobergrenze des jeweiligen ÜNB.7 Eine entsprechende Bestätigung gibt es bei den Netzausbauplänen für die Verteilernetzbetreiber nicht. Für die Verteilernetzbetreiber ist auch nicht § 23 ARegV maßgeblich, sondern der Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV. Eine Erforderlichkeitsprüfung, die z. B. über den Netzausbauplan erfolgen könnte, sieht der § 10a ARegV nicht vor, sondern stellt lediglich auf die tatsächlich getätigten Investitionen ab. Insofern existiert keine direkte Verbindung der Netzausbaupläne zu den Kostenanerkennungsmechanismen der ARegV.
2. Erarbeitung der Netzausbaupläne Der Netzentwicklungsplan wird unter Zugrundelegung von Regionalszenarien erarbeitet. Diese 12 Regionalszenarien werden wiederum in Planungsregionen abgestimmt, in denen sich die betroffenen Verteilernetzbetreiber gem. Abs. 2 S. 1 somit in einem ersten Schritt zusammenzuschließen haben. In der Gesetzesbegründung wird explizit darauf verwiesen, dass für die Bildung der Planungsregionen ausschließlich die netztechnischen Gegebenheiten ausschlaggebend sein sollten, Eigentumsgrenzen der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sollen hingegen kein relevantes Kriterium für die Aufteilung der Planungsregionen darstellen.8 Insofern lässt sich der Wille des Gesetzgebers so verstehen, dass es hier für einen optimalen Ausbau vor allem die technische Belange im Vordergrund stehen sollten. Die Abstimmung der Regionalszenarien als zweiter Schritt der Netzausbauplanung er- 13 folgt unter Einbeziehung der Übertragungsnetzbetreiber. Diese haben somit in dem Prozess die Möglichkeit, auf Konsistenz zu dem im Rahmen des NEP erstellten Szenariorahmen zu achten. Inwiefern hier konkret auch die Regionalisierung aus dem NEP zur Anwendung kommt, geht aus dem § 14d nicht direkt hervor, eine Berücksichtigung wäre aber naheliegend. Dem steht natürlich nicht entgegen, dass der Betreiber des Verteilernetzes ggf. in Bezug auf sein Netz über genauere oder aktuellere Informationen verfügt und diese dann auch genutzt werden. In diesem Kontext ist auf den Zusammenhang zu § 14e Abs. 2 S. 1 hinzuweisen. Demnach sind Anschlussnehmer berechtigt, ihre Informationen zu geplanten, aber noch nicht beantragten, oder geplanten und bereits beantragten Netzanschlussbegehren an den Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen über die gemeinsame Internetplattform zu übermitteln. Hierbei handelt es sich somit um ein den hier dargestellten Schritten vorgelagerter Prozess.
5 6 7 8
BT-Drucks. 19/27453, S. 99. Bundesnetzagentur, Bericht zum Zustand und Ausbau der Verteilernetze 2020, S. 3. Vgl. Heimann, § 12c Rn 52. BT-Drucks. 19/27453, S. 102.
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Sasse
§ 14d EnWG
II. Erstellung der Netzausbaupläne durch die VNB
Grundsätzlich dient Abs. 2 einer verstärkten Kooperation der Verteilernetzbetreiber.9 Verwiesen wird in diesem Zusammenhang in der Gesetzesbegründung auch darauf, dass „eine Prognose des Zubaus von weiterer Erzeugung und Last auch mit einer Unsicherheit in Bezug auf die exakte Lokalität des Netzanschlusses erfolgt.“10 Die Bestimmung des konkreten Netzausbaubedarfs selbst erfolgt gleichwohl durch den jeweiligen Betreiber eines Elektrizitätsverteilernetzes individuell. Zu den konkreten Inhalten wird auf Abschnitt III verwiesen. Nach Abs. 4 S. 2 ist zumindest den Netznutzern der Hochspannungsebene und den Übertragungsnetzbetreibern Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem sie betreffenden Netzausbauplan zu geben. Die Richtlinie spricht an dieser Stelle noch von den „relevanten Netznutzern“. Der nationale Gesetzgeber hat die relevanten Netznutzer somit als Netznutzer der Hochspannungsnetzebene definiert. 15 Im nächsten Schritt ist nach Abs. 1 S. 1 der Plan der Regulierungsbehörde vorzulegen. Eine Prüfung durch die Regulierungsbehörde wie bei den Übertragungsnetzbetreibern analog des § 12c Abs. 1 S. 1 ist für die Netzausbaupläne der Verteilernetzbetreiber nicht vorgesehen und wäre angesichts der hohen Zahl an Netzbetreibern wohl auch mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Zudem ist der Plan gem. § 14e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 auf der gemeinsamen Interplattform zu veröffentlichen. 16 Mit der Vorlage des Plans an die Regulierungsbehörde bzw. dessen Veröffentlichung ist der schrittweise Prozess der Erstellung der Netzausbaupläne im Regelfall abgeschlossen. Allerdings kann die Regulierungsbehörde Anpassungen des Netzausbauplans verlangen, womit die Vorgabe des Änderungsverlangens durch die Regulierungsbehörde aus Artikel 32 Absatz 4 Satz 3 der RL 2019/944 umgesetzt wird.11 Anders als bei den Übertragungsnetzbetreiber ist in der Norm selbst von Anpassungen und nicht, wie in § 12b Abs. 1 S. 2, von Änderungen die Rede. Ein Wesensunterschied zwischen Anpassungen und Änderungen ist prima facie nicht erkennbar. Es steht zu vermuten, dass es hier um eine sprachliche Abgrenzung zu den ÜNB-Prozessen geht. Dies wäre auch nachvollziehbar, denn es ist zu beachten, dass die Norm bei den Verteilernetzbetreibern anders eingebettet ist als bei den Übertragungsnetzbetreibern. Nach § 12c Abs. 1 S. 1 prüft die Regulierungsbehörde bei den Übertragungsnetzbetreibern die Übereinstimmung des Netzentwicklungsplans mit den Anforderungen gemäß § 12b Absatz 1, 2 und 4. Der Plan wird in der Folge zudem durch die Regulierungsbehörde bestätigt. Änderungen als Ergebnis einer eingehenden Prüfung sind mithin als regulärer Prozessschritt bei den Netzentwicklungsplänen der Übertragungsnetzbetreiber angelegt. Bei den Verteilernetzbetreibern dürften Anpassungen hingegen höchstens in Einzelfällen in Betracht kommen.
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3. Zeitpunkt der Vorlage 17 Eine feste Frist für die Vorlage der Netzausbaupläne wurde auch mit Umstellung auf den Zweijahresturnus nicht eingeführt. Die Regulierungsbehörde kann nach Abs. 3. S. 3 aber Vorgaben zu Frist, Form, Inhalt und Art der Übermittlung des Netzausbauplans machen. Hierfür ist dem Wortlaut folgend keine Festlegung notwendig, wobei Abs. 4 S. 1 auch eine Festlegungskompetenz der Regulierungsbehörde beinhaltet, welche den genannten Abs. 3 S. 3 ebenfalls erfasst. Hinsichtlich möglicher Fristen lässt die Norm somit weite Spielräume, die es zum Beispiel ermöglichen würden, den zeitlichen Ablauf mit den Abläufen bei den Übertragungsnetzbetreibern zu verzahnen. Aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den Netzentwicklungsplänen der Übertragungsnetzbetreiber und den Netzausbauplänen der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind die Regionalszenarien nach Satz 4 schließlich auch unter Einbeziehung der relevanten Übertragungsnetzbetreiber zu entwickeln.
9 BT-Drucks. 19/27453, S. 101. 10 BT-Drucks. 19/27453, S. 101. 11 BT-Drucks. 19/27453, S. 101. Sasse
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4. Normadressaten (Abs. 6 S. 1)
EnWG § 14d
Mit dem zweijährigen Turnus hat sich der Gesetzgeber an den oberen Rand des Möglichen ge- 18 legt, die Richtlinie gibt einen Turnus von mindestens zwei Jahren vor.12 Ein einjähriger Turnus analog zur vorherigen Rechtslage wäre mithin möglich gewesen. In der Gesetzesbegründung wird der zweijährige Turnus „als ausreichend erachtet, da inhaltliche Änderungen der langfristigen Netzausbauplanung mit einem Planungshorizont von zehn Jahren bei jährlicher Aktualisierung grundsätzlich gering“ seien, und „Bedarfsanforderungen sowie spezifische Informationsanforderungen durch die Regulierungsbehörde über § 14 Absatz 2 neu jederzeit möglich“ seien. Auch wird auf den Bürokratieabbau hingewiesen. Gerade letzterer Punkt ist im Kontext vor den zusätzlichen Anforderungen der Abstimmung einer Regionalplanung in den Planungsregionen zu sehen. Es stellt sich dahingehend die Frage, ob eine Ausweitung der Abstimmungserfordernisse inkl. einer angestrebten, stärkeren Verzahnung mit den Planungen der Übertragungsnetzbetreiber einen einjährigen Turnus in zeitlicher Hinsicht überhaupt erlaubt hätte.
4. Normadressaten (Abs. 6 S. 1) Hinsichtlich des Adressatenkreises hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die europarechtlichen 19 Freiräume maximal zu nutzen und sieht eine reguläre Anwendung nur für Verteilernetze mit mehr als 100 000 Kunden vor. Bei der konkreten Umsetzung des Adressatenkreises in Abs. 6 S. 1 entspricht die Formulierung der u. a. auch aus den Entflechtungsvorschriften sowie insbesondere aus der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Land in § 54 Abs. 2 S. 1 bekannten Formulierung. Demnach sind die Vorgaben zum Netzausbauplan nicht anzuwenden, wenn an den Verteilernetzbetreiber „weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind“. Durch die gleichlautende Formulierung im § 54 Abs. 2 S. 1 dürften im Ergebnis zunächst nur Netzbetreiber in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur unter die Berichtspflicht fallen. Eine Indikation für die Anzahl der betroffenen Verteilernetzbetreiber können dabei die Netzstrukturdaten aus dem Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt geben. Es sind für 2020 insgesamt 874 Verteilernetzbetreiber verzeichnet, von den 794 weniger als 100 000 angeschlossene Kunden haben.13 Diese Zahlen schwanken im Zeitablauf etwas, insgesamt ist von ca. betroffenen 80 Netzbetreibern auszugehen. Mit Abs. 6 S. 2 hat der Gesetzgeber allerdings eine Rückausnahme geschaffen, die dazu 20 führt, dass unter Umständen auch Unternehmen mit weniger als 100 000 Kunden einen Netzausbauplan vorlegen müssen. Hierbei handelt es sich um Verteilernetze mit spürbaren Abregelungen von Erneuerbaren Energien. Die Absätze 1 bis 4 sind konkret auch dann für kleinere Netzbetreiber anzuwenden, wenn in dem Elektrizitätsverteilernetz die technisch mögliche Stromerzeugung der beiden vorherigen Jahre aus Windenergie an Land oder aus solarer Strahlungsenergie aus den an das Elektrizitätsverteilernetz angeschlossenen Anlagen auf Veranlassung des jeweiligen Betreibers eines Elektrizitätsverteilernetzes um jeweils mehr als 5 Prozent gekürzt wurde. Hier zeigt sich grundsätzlich die enge Verknüpfung der Netzausbaupläne mit dem Ausbau 21 der Erneuerbaren Energien. So verweist die Begründung für die Rückausnahme auch explizit auf die Abregelung des „vorrangberechtigten“ Stroms.14 Im Kern geht es also bei der Rückausnahme darum, Engpässe im Stromverteilernetz zu vermeiden bzw. zu beseitigen, unabhängig von der Größe des jeweiligen Netzbetreibers.
12 Siehe RL 2019/944, Artikel 32, Abs. 3, S. 1. 13 Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt gemäß § 63 Abs. 3 i. V. m. § 35 EnWG und § 48 Abs. 3 i. V. m. § 53 Abs. 3 GWB, S. 34. 14 BT-Drucks. 19/27453, S. 103. 153
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§ 14d EnWG
III. Inhalt der Netzausbaupläne (Abs. 3 und 5)
III. Inhalt der Netzausbaupläne (Abs. 3 und 5) 22 Bei den Übertragungsnetzbetreibern konkretisiert der 12b Abs. 1 S. 2, dass es um Maßnahmen geht, die für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind. Eine gleichlautende Formulierung für die Verteilernetzbetreiber ist in § 14d nicht vorhanden. Gleichwohl gilt natürlich unabhängig von § 14d auch für die Verteilernetzbetreiber die Verpflichtung des § 11, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz diskriminierungsfrei zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht zu optimieren, zu verstärken und auszubauen, soweit es wirtschaftlich zumutbar ist. Diese Kriterien sind auch an die Netzausbauplanung anzulegen. Eine direkte Vorgabe an die Planung der Netze ergibt sich noch aus Abs. 5. Demnach haben 23 die Verteilernetzbetreiber bei der Planung die Möglichkeiten von Energieeffizienz- und Nachfragesteuerungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Diese Vorgabe ist nicht neu, sondern, gemeinsam mit einer diesbezüglichen Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung, wortgleich bereits in § 14 Abs. 2 EnWG a. F. enthalten. Die Norm ist schon seit 2005 Teil des EnWG, eine konkretisierende Rechtsverordnung existiert hierzu allerdings bislang nicht. Lt. Gesetzesbegründung dient die Vorgabe dazu, sicherzustellen, dass geprüft wurde, ob die „Notwendigkeit der vorgesehenen Leitungskapazitäten nicht durch Energieeffizienz- und Nachfragesteuerungsmaßnahmen oder dezentrale Erzeugungsanlagen entfallen ist.“15 Darüber hinaus ergeben sich die Vorgaben an den Netzausbauplan aus den in Abs. 3 aufgeführten Angaben, die der Plan insbesondere enthalten muss.
1. Netzkarten (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) 24 Nach Abs. 3 S. 1 Nr. 1 enthält der Netzausbauplan Netzkarten des Hochspannungsnetzes und der Umspannstationen auf Mittelspannung mit den Engpassregionen des jeweiligen Netzes. Die Vorgabe aus dem § 14 Abs. 1b EnWG a. F. wurde damit durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht auf die Umspannstationen erweitert.
2. Planungsgrundlagen (Abs. 3 S. 1 Nr. 2) 25 Die Planungsgrundlagen sind nach Abs. 2 in den Planungsregionen abzustimmen. Im Kern geht es um eine Darstellung der zu erwartenden Ein- und Ausspeisungen. Gesonderte Angaben werden lt. Abs. 3 Nr. 2 zu den dezentralen Erzeugungskapazitäten und den Lasten und Ladepunkte für Elektrofahrzeuge gefordert. Da die Planungshorizonte in den höheren Netzebenen länger sind als in den unteren Netzebenen, erfolgt hier eine sinnvolle Differenzierung dahingehend, das für Hochspannungsnetze die zu erwartenden Ein- und Ausspeisungen in den nächsten zehn Jahren, für die übrigen Netzebenen nur in den nächsten fünf Jahren erfolgen muss. Abzugrenzen sind die Planungsgrundlagen dabei von den Planungsgrundsätzen wie bspw. dem NOVA-Prinzip.16 Bei den Planungsgrundlagen geht es nur um die erwarteten Entwicklungen im jeweiligen Verteilernetz bzw. der Planungsregion. Mit welchen Maßnahmen auf diese Entwicklungen reagiert wird spiegelt sich dann wiederum in den Planungsgrundsätzen wieder.
15 BR-Drucks. 613/04, S. 104. 16 Siehe Rn 26. Sasse
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5. Nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistungen (Abs. 3 S. 1 Nr. 5)
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3. Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen (Abs. 3 S. 1 Nr. 3) Der Netzausbauplan enthält zudem die geplanten Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbau- 26 maßnahmen. Damit verdeutlicht der Abs. 3 Nr. 3 auch sprachlich, dass die Netzplanung auch auf der Verteilernetzebene nach dem NOVA-Prinzip: Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzausbau zu erfolgen hat und – nach Zahlen der Bundesnetzagentur – auch erfolgt.17 In der Gesetzbegründung wird ebenfalls ausgeführt, dass grundlegend „auch im Erstellungsprozess der Netzausbaupläne das NOVA-Prinzip (Netzoptimierung vor -verstärkung vor-ausbau) anzuwenden“ ist.18 Unter Bezugnahme auf die relevante VDE-Anwendungsregel für die 110kV-Ebene19 werden an gleicher Stelle auch beispielhaft die Maßnahmen benannten, die in den jeweiligen Kategorien zur Anwendung kommen können. Für die Netzoptimierung werden technische Maßnahmen wie z. B. das Freileitungsmonito- 27 ring genannt, aber auch Maßnahmen, die auf eine Anpassung der Einspeisung oder der Last abzielen, wie z. B. die Spitzenkappung und die Nutzung von Lastmanagement. Die Spitzenkappung wird dabei in Abs. 3 Nr. 6 durch den Gesetzgeber mit Verweis auf den § 11 Abs. 2 auch noch als eigener Punkt adressiert.20 Bei der Nutzung von Lastmanagement bleibt der konkrete, gesetzliche Bezug hingegen offen. Denkbar sind hier Maßnahmen, die steuerbare Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung betreffen und auf Grundlage von § 14a ergriffen werden. Theoretisch könnten hier auch Flexibilitätsdienstleistungen gemeint sind, die mit dem durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht neu geschaffenen § 14c in Verbindung stehen. Hier wäre aber fraglich, ob sich diese wirklich in das NOVA-Prinzip integrieren lassen, denn eine vorrangige Nutzung z. B. vor einer Netzverstärkung oder einem Netzausbau lässt sich pauschal nicht begründen, vielmehr sollte die im konkreten Fall effizienteste Maßnahme gewählt werden. Auch stellt Abs. 3 S. 2 Nr. 3 auf den Bedarf an Systemdienstleistungen und Flexibilitätsdienstleistungen ab, der nach Realisierung der Maßnahmen verbleibt, was dafür spricht, dass die Flexibilitätsdienstleistungen im Sinne des § 14c selbst nicht unter den Kanon aus Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen zu subsumieren wären. Wenn eine Optimierung der Netze nicht ausreicht, sind analog zu den Übertragungsnetzen 28 insbesondere Verstärkungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Falls Optimierung und Verstärkung nicht ausreichen, wäre entsprechend des NOVA-Prinzips der Netzausbau durchzuführen.
4. Engpassbehaftete Leitungsabschnitte (Abs. 3 S. 1 Nr. 4) Bei Abs. 3 Nr. 4 handelt es sich im Grunde um die Ergänzung des Abs. 3 S. 1 Nr. 4 um eine 29 detaillierte Darlegung der engpassbehafteten Leitungsabschnitte sowie der Maßnahmen.
5. Nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistungen (Abs. 3 S. 1 Nr. 5) Neu in die Berichtspflicht für die Verteilernetzbetreiber aufgenommen wurde mit Abs. 3 Nr. 5 30 die Thematik der nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen. Dies ist vor dem Hintergrund der Neugestaltung der Beschaffung dieser Systemdienstleistungen mit dem Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur marktgestützten Beschaffung von Systemdienstleistungen vom 22.11.2020 zu sehen. Eingeführt wurde ein neuer § 12h, demzufolge die 17 18 19 20 155
Bundesnetzagentur, Bericht zum Zustand und Ausbau der Verteilernetze 2020, S. 13. Siehe BT-Drucks. 19/27453, S. 101. Es handelt sich um die Anwendungsregel VDE-AR-N 4121. Siehe Rn 33. Sasse
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III. Inhalt der Netzausbaupläne (Abs. 3 und 5)
Beschaffung der Systemdienstleistungen durch die Netzbetreiber grundsätzlich in einem transparenten, diskriminierungsfreien und marktgestützten Verfahren zu erfolgen hat, sofern durch die Bundesnetzagentur keine Ausnahme festgelegt wurde. Als nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistungen nennt das Gesetz hier Dienstleistungen zur Spannungsregelung, Trägheit der lokalen Netzstabilität, Kurzschlussstrom, dynamische Blindstromstützung, Schwarzstartfähigkeit und Inselbetriebsfähigkeit. Ziel der Vorschrift ist es, den Markt für nicht-frequenzgebundene Systemdienstleistungen für alle Marktteilnehmer zu öffnen und so Effizienzpotentiale zu heben.21 Für Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen stellt § 12h Abs. 2 klar, dass die Dienstleis31 tungen nur zu beschaffen sind, „soweit sie diese in ihrem eigenen Netz benötigen oder die Systemdienstleistungen im Einvernehmen mit den Betreibern von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung beschafft werden.“ Es ist daher zu berücksichtigen, dass nicht alle Systemdienstleistungen durch die Verteilernetzbetreiber zu beschaffen sind. So ist die Frequenzhaltung im Stromnetz unbestritten Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber, die damit im Zusammenhang stehende Trägheit der lokalen Netzstabilität ist entsprechend bei Bedarf durch die Übertragungsnetzbetreiber zu beschaffen.22 Auch die Schwarzstartfähigkeit und die Inselbetriebsfähigkeit dürfte auf Verteilernetzebene nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Im Ergebnis wird von dem Abs. 3 Nr. 5 somit die Spannungsregelung (Blindleistung), der Kurzschlussstrom und die dynamische Blindstromstützung erfasst sein. Von praktischer Bedeutung dürfte vor allem das Blindleistungsmanagement sein.23 32 Gem. Abs. 3 Nr. 5 ist dabei nicht nur der Bedarf an nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen zu nennen, sondern auch die geplante Deckung des Bedarfes. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, dass die Netzausbaupläne darstellen sollen, mit welchem Konzept dieser Bedarf gedeckt werden soll.24 Hier ist auf § 12h Abs. 3 zu verweisen, wonach die Verpflichtung zur marktgestützten Beschaffung nicht für Systemdienstleistungen aus vollständig integrierten Netzkomponenten anzuwenden ist. Die Vorschrift zielt entsprechend darauf ab, eine transparente Darstellung zu erhalten, welcher Teil aus vollständig integrierten Netzkomponenten und welcher Teil durch marktgestützte Maßnahmen beschafft wird.
6. Spitzenkappung (Abs. 3 S. 1 Nr. 6) 33 Nach § 11 Abs. 2 können Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen den Berechnungen für ihre Netzplanung die Annahme zugrunde legen, dass die prognostizierte jährliche Stromerzeugung je unmittelbar an ihr Netz angeschlossener Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie aus Windenergie an Land oder solarer Strahlungsenergie um bis zu 3 Prozent reduziert werden darf (Spitzenkappung). Die Übertragungsnetzbetreiber sind nach § 12b Abs. 1 S. 3 EnWG im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans verpflichtet, die Regelungen der Spitzenkappung bei der Netzplanung anzuwenden. Eine analoge Verpflichtung ist in den Vorgaben des § 14d nicht angelegt, für die Verteilernetzbetreiber bleibt es damit bei der im § 11 Abs. 2 angelegten Kann-Regelung. Der Einsatz der Spitzenkappung ist somit freiwillig. Abs. 3 S. 2 Nr. 3 fordert zudem eine Darlegung, welcher Bedarf an Systemdienstleistungen und Flexibilitäts21 Vgl. BR-Drucks. D446/20, S. 4. 22 Vgl. BR-Drucks. 446/20, S. 12. 23 Vgl. auch Gutachten „Effizienzprüfung marktgestützter Beschaffung von nicht-frequenzgebundenen Systemdienstleistungen (NF-SDL)“ unter Federführung von ef.Ruhr GmbH im Auftrag des BMWi. Im Ergebnis führen die Gutachter aus, dass für die Trägheit der lokalen Netzstabilität, den Kurzschlussstrom, die dynamische Blindstromstützung und die Inselbetriebsfähigkeit die marktliche Beschaffung als nicht effizient einzuschätzen ist. Entsprechende Ausnahmen wurden durch die Bundesnetzagentur mit den Beschlüssen BK6-20-295 bis BK6-20-298, alle vom 18.12.2020, auch bereits festgelegt. 24 BT-Drucks. 19/27453, S. 101. Sasse
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V. Aufsichtsmaßnahmen
EnWG § 14d
dienstleistungen nach Realisierung der Maßnahmen verbleibt. Der Netzausbauplan impliziert demzufolge nicht zwingend eine vollständig engpassfreie Planung. Tatsächlich ist die Anwendung der Spitzenkappung bei den Verteilernetzbetreibern bislang allerdings nicht weit verbreitet, der Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt verzeichnet zum Stichtag 31.12.2019 insgesamt 7 Anwendungsfälle.25
IV. Veröffentlichung und Stellungnahmemöglichkeit Der Netzausbauplan ist gem. Abs. 1 S. 1 der Regulierungsbehörde vorzulegen. Die Veröffentli- 34 chungspflicht ergibt sich nicht aus § 14d, sondern aus den Regelungen zur gemeinsamen Internetplattform aus dem § 14e. Unter anderem sind gem. § 14e Abs. 3 das jeweilige Regionalszenario und der jeweilige Netzausbauplan zu veröffentlichen. Nach Abs. 4 S. 2 ist zumindest den Netznutzern der Hochspannungsebene und den 35 Übertragungsnetzbetreibern Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem sie betreffenden Netzausbauplan zu geben. Daneben sind nach § 14e Abs. 2 S. 1 auch Anschlussnehmer berechtigt, ihre Informationen zu geplanten, aber noch nicht beantragten, oder geplanten und bereits beantragten Netzanschlussbegehren zu übermitteln. Diese müssen nach Abs. 1. S. 2 auch bei der Netzplanung angemessen einbezogen werden. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung z. B. auch für Bürgerinnen und Bürger bzw. eine breite Konsultation der Netzausbaupläne ist gesetzlich nicht vorgesehen. Damit dienen die Beteiligungsmöglichkeiten vorrangig dem Erhalt von für die Netzplanung relevanten Informationen. Eine breitere Beteiligung der Öffentlichkeit ist dem Verteilernetzbetreiber dabei unbenommen.
V. Aufsichtsmaßnahmen Kommen die Verteilernetzbetreiber ihren Verpflichtungen nach § 14d nicht nach, kann die Regu- 36 lierungsbehörde Aufsichtsmaßnahmen nach § 65 EnWG ergreifen. Bereits zur Vorgängerregelung führte der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung aus, dass eine behördliche Kontrolle, sofern nötig, weiterhin nach Maßgabe der §§ 11, 12, 14 Absatz 1a und 65 EnWG ausgeübt werden kann.26 In Betracht kommt hier offenkundig vor allem die Anordnung von Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach § 65 Abs. 2. Einen Bußgeldtatbestand analog zu § 95 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b für die Übertragungsnetzbetreiber sieht das EnWG für die Verteilernetzbetreiber nicht vor.
25 Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt gemäß § 63 Abs. 3 i. V. m. § 35 EnWG und § 48 Abs. 3 i. V. m. § 53 Abs. 3 GWB, S. 121. 26 BR-Drucks. 619/16, S. 142. 157
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§ 14e Gemeinsame Internetplattform, Festlegungskompetenz (1) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, ab dem 1. Januar 2023 eine gemeinsame Internetplattform mit nicht personenbezogenen Daten einzurichten und zu betreiben. Bei der Errichtung und bei dem Betrieb der gemeinsamen Internetplattform sind die geltenden Rechtsvorschriften zur Datensicherheit und zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu beachten sowie die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu deren Sicherstellung zu ergreifen. (2) Anschlussnehmer sind berechtigt, ihre Informationen zu geplanten, aber noch nicht beantragten, oder geplanten und bereits beantragten Netzanschlussbegehren an ein Netz der nach Absatz 1 verpflichteten Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen über die gemeinsame Internetplattform in nicht personenbezogener Form zu übermitteln. Die Beteiligung nach § 14d Absatz 4 Satz 2 hat über die gemeinsame Internetplattform zu erfolgen. (3) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen veröffentlichen unter Beachtung des Absatzes 1 Satz 2 auf der gemeinsamen Internetplattform in nicht personenbezogener Form zumindest 1. das jeweilige Regionalszenario nach § 14d Absatz 2 Satz 4, 2. den jeweiligen Netzausbauplan nach § 14d Absatz 1, 3. die wesentlichen Inhalte der nach Absatz 2 Satz 1 übermittelten Informationen sowie 4. die Stellungnahmen nach Absatz 2 Satz 2. (4) Die Regulierungsbehörde ist auf die Veröffentlichungen nach Absatz 3 in geeigneter Weise hinzuweisen. Sie kann neben der Vorlage des Netzausbauplans auch die Übermittlung einer nicht personenbezogenen Zusammenfassung der Anschlussbegehren und der Stellungnahmen in Textform verlangen. (5) § 14d Absatz 6 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen zu den Absätzen 1 bis 4 treffen.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte 6 Normadressaten
II.
Errichtung, Betrieb und Datenschutz 7 (Abs. 1) Errichtung und Betrieb (Abs. 1 S. 1) 8 Datenschutz (Abs. 1 S. 2)
1. 2.
III.
Eingabemöglichkeiten durch Dritte (Abs. 2) 9
IV.
Veröffentlichungspflichten der Elektrizitätsver11 teilernetzbetreiber (Abs. 3 und 4)
V.
Festlegungsbefugnis der Regulierungsbehörde 14 (§ 14e Abs. 5 S. 2)
1 3
7
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 verpflichtet die Elektrizitätsverteilernetzbetreiber, ab dem 1. Januar 2023 eine gemeinsame Internetplattform einzurichten und zu betreiben. Nach Abs. 2 soll diese Plattform durch Sasse https://doi.org/10.1515/9783110670516-011
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 14e
die Anschlussnehmer genutzt werden können, um Informationen zu Netzanschlussbegehren zu übermitteln. Zumindest den Netznutzern der Hochspannungsebene und den Übertragungsnetzbetreibern ist über die Plattform zudem Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem sie betreffenden Netzausbauplan zu geben. Abs. 3 regelt, welche Informationen Verteilernetzbetreiber auf der Plattform zu veröffentlichen haben. Auf diese Veröffentlichungen ist die Regulierungsbehörde nach Abs. 4 hinzuweisen. Abs. 5 schränkt die Plicht zu Einrichtung und Betrieb der Plattform auf Netzbetreiber mit mehr als 100.000 Kunden ein und beinhaltet eine Festlegungskompetenz der Regulierungsbehörde.
2. Regelungszweck Die Norm dient der Bestimmung, welche Informationen im Rahmen der Erstellung der Netz- 2 ausbauplanung der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber wie übermittelt werden können bzw. müssen und wie diese ggf. veröffentlicht werden. Insofern ist diese Norm nicht isoliert von § 14d zu betrachten. Die Norm berücksichtigt dabei, dass im Rahmen der Netzausbauplanung der notwendige Informationsfluss nicht nur in eine Richtung geht. So geht es einerseits darum, dass sich Anschlussnehmer und relevante Netznutzer in den Prozess der Netzausbauplanung einbringen können. Andererseits geht es darum, dass die Veröffentlichungen der Netzbetreiber an einer zentralen Stelle veröffentlicht werden. Die Gesetzesbegründung betont entsprechend, „dass die gemeinsame Internetplattform die Transparenz der Netzausbauplanung erhöhen sowie die Auffindbarkeit, Vereinheitlichung und den Austausch von Daten zum Netzausbau fördern“ soll.1
3. Entstehungsgeschichte Wie auch der § 14d ist der § 14e im Zuge der Anpassung des EnWG im Rahmen der Umsetzung 3 der europarechtlichen Vorgaben des sog. Winterpakets, konkret des Artikel 32 der RL 2019/ 944, eingeführt worden. Während sich § 14d EnWG dabei mit Ausnahme der Planungsregionen eng an den europäischen Vorgaben orientiert, geht die Einführung einer Internetplattform über die europarechtlichen Vorgaben im engeren Sinne hinaus. Zwar gibt die Richtlinie vor, dass der Verteilernetzbetreiber alle relevanten Netznutzer und die relevanten Übertragungsnetzbetreiber konsultiert und die Ergebnisse des Konsultationsverfahrens zusammen mit dem Netzentwicklungsplan veröffentlicht. Dies hätte jedoch nicht zwingend auf einer gemeinsamen Internetplattform geschehen müssen. Auch wenn die Plattform als Vehikel für die Kommunikation zwischen Verteilernetzbetrei- 4 bern und Dritten sowie als Ort für die Veröffentlichung von Informationen zur Netzausbauplanung bzw. der Netzausbaupläne selbst neu ist, so bestanden Veröffentlichungspflichten zur Netzausbauplanung bereits in § 14 Abs. 1b EnWG a. F. Die Norm sah vor, dass der Bericht der Netzbetreiber mit den Netzkarten, den Angaben hinsichtlich aller in den nächsten fünf Jahren konkret geplanten sowie der für weitere fünf Jahre vorgesehenen Maßnahmen in der 110-Kilovolt-Ebene zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Netzes sowie den Planungsgrundlagen zur Entwicklung von Ein- und Ausspeisungen auf der Internetseite des jeweiligen Verteilnetzbetreibers zu veröffentlichen war. Diese Vorgabe war mit dem Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22. Dezember 2016 eingeführt worden. Nach Auffassung der Bundesnetzagentur waren die Veröffentlichungen jedoch für interessierte Dritte nicht leicht zu finden, so
1 BT-Drucks. 19/27453, S. 104. 159
Sasse
§ 14e EnWG
II. Errichtung, Betrieb und Datenschutz (Abs. 1)
dass eine zentrale Veröffentlichung der Netzausbauberichte auf einer Plattform empfohlen wurde.2 5 Der Plattformgedanke als solcher ist dem EnWG dabei nicht fremd. So sind die Übertragungsnetzbetreiber nach § 22 Abs. 2 S. 2 EnWG verpflichtet, für die Ausschreibung von Regelleistung eine gemeinsame Internetplattform einzurichten. Gleiches gilt nach § 13 Abs. 6 S. 2 auch für die Ausschreibung von Ab- oder Zuschaltleistung aus ab- oder zuschaltbaren Lasten. Die Übertragungsnetzbetreiber haben diese Vorgaben in einer gemeinsamen Plattform umgesetzt. Entsprechende gesetzliche Vorgaben für die Verteilernetzbetreiber zur Errichtung und Betrieb einer gemeinsamen Interplattform existierten vor Einführung des § 14e nicht.
4. Normadressaten 6 Abs. 5 S. 1 verweist auf die De-Minimis-Regel des 14d Abs. 6 S. 1. Demnach müssen Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, keine Netzausbaupläne an die Regulierungsbehörde übermitteln. Da die Internetplattform vorrangig der Steigerung der Transparenz bei den Netzausbauplänen dient, ist eine gleichlautende De-Minimis-Regelung folgerichtig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass lt. 14d Abs. 6 S. 2 ein Netzausbauplan auch vorzulegen ist, „wenn in dem Elektrizitätsverteilernetz die technisch mögliche Stromerzeugung der beiden vorherigen Jahre aus Windenergie an Land oder aus solarer Strahlungsenergie aus den an das Elektrizitätsverteilernetz angeschlossenen Anlagen auf Veranlassung des jeweiligen Betreibers eines Elektrizitätsverteilernetzes um jeweils mehr als 5 Prozent gekürzt wurde.“ Eine entsprechende Rückausnahme oder ein Verweis auf 14d Abs. 6 S. 2 ist zwar im Wortlaut § 14e nicht explizit angelegt, Sinn und Zweck der Regelung spricht aber dafür, dass auch in diesen Fällen die Regelungen des 14e einschlägig sind und u. a. eine Veröffentlichung des Netzausbauplans zu erfolgen hat.
II. Errichtung, Betrieb und Datenschutz (Abs. 1) 1. Errichtung und Betrieb (Abs. 1 S. 1) 7 Die Verpflichtung zu Errichtung und Betrieb richtet sich zunächst an alle Elektrizitätsverteilernetze. Wie bei den in Rn 5 genannten Plattformen der Übertragungsnetzbetreiber macht das Gesetz keine organisatorischen oder unternehmensrechtlichen Vorgaben zu Errichtung und Betrieb der Plattform. Die Verteilernetzbetreiber sind entsprechend frei, hier eine passende Organisationsstruktur und Rechtsform zu wählen. Auch existieren keine Einschränkungen hinsichtlich einer Nutzung der Internetplattform für über die Vorgaben des § 14e EnWG hinausgehende Zwecke.
2. Datenschutz (Abs. 1 S. 2) 8 Abs. 1 S. 2 betrifft den Datenschutz und verweist neben den geltenden Rechtsvorschriften zur Datensicherheit auch auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Auf welche geltenden Rechtsvorschriften zur Datensicherheit hier abgestellt wird ist auch aus der Begründung nicht ersichtlich Es stellt sich die Frage, inwiefern es für bereits geltende Rechtsvorschriften hier tatsächlich einer Regelung bedurft hätte. In Bezug auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist allerdings zu vermerken, dass diese im Hinblick auf Daten der Netzbetreiber vor allem bezogen auf wirtschaftliche Kennziffern im Rahmen der Anreizregulierung in 2 Bundesnetzagentur, Bericht zum Zustand und Ausbau der Verteilernetze 2019, S. 4. Sasse
160
IV. Veröffentlichungspflichten der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber (Abs. 3 und 4)
EnWG § 14e
den vergangenen Jahren auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt hatten.3 Da die Internetplattform von den Verteilernetzbetreibern selbst betrieben wird und offenkundig bereits ein Eigeninteresse an dem Schutz von möglichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen besteht, ist davon auszugehen, das hier auch und vor allem der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter, z. B. in Bezug auf Informationen zu Netzanschlussbegehren, gemeint ist.
III. Eingabemöglichkeiten durch Dritte (Abs. 2) Hinsichtlich des Rechts der Anschlussnehmer, Netzanschlussbegehren über die gemeinsame 9 Internetplattform zu übermitteln, ist darauf hinzuweisen, dass die Norm von „geplanten, aber noch nicht beantragten, oder geplanten und bereits beantragten“ Netzanschlussbegehren spricht. Die Formulierung verdeutlicht, dass die Übermittlung von Informationen einem Antrag nicht gleichzusetzen ist. Netzanschlüsse sind weiterhin beim Stromverteilernetzbetreiber zu beantragen, die entsprechenden Maßgaben u. a. im EEG und der NAV gelten unverändert fort. Sinn und Zweck der Vorgabe ist vielmehr, dass eine für die Planung der Netze optimale 10 Informationsgrundlage geschaffen wird. Auch weist die Begründung zu § 14d Abs. 1 S. 2 darauf hin, dass „eine Prognose des Zubaus von weiterer Erzeugung und Last auch mit einer Unsicherheit in Bezug auf die exakte Lokalität des Netzanschlusses erfolgt.“4 So kann es Situationen geben, in denen noch unklar ist, bei welchem Netzbetreiber und auf welcher Netzebene der Anschluss zum gegebenen Zeitpunkt sinnvollerweise erfolgt, wo eine frühzeitige und transparente Information zu den Planungen des Anschlussnehmers aber für die Erstellung der Planungsgrundlagen relevant ist. Ggf. kann durch das frühzeitige Vorliegen entsprechender Informationen auch die spätere Wahl hinsichtlich des Anschlussnetzbetreibers (sofern es hier Wahlmöglichkeiten gibt) und der Netzebene effizienter gestaltet werden.
IV. Veröffentlichungspflichten der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber (Abs. 3 und 4) Abs. 3 regelt die Veröffentlichungspflichten in Bezug auf die Netzausbauplanung. Benannt 11 werden das Regionalszenario, der Netzausbauplan, die Netzanschlussbegehren, die über die Plattform übermittelt wurden sowie die Stellungnahmen der Netznutzer der Hochspannungsebene und der Übertragungsnetzbetreiber. Die Regionalszenarien sind gem. § 14d Abs. 2 S. 4 innerhalb einer Planungsregion abzu- 12 stimmen. Dabei soll lt. Gesetzesbegründung die Anzahl der Planungsregionen fünf nicht unterschreiten und fünfzehn nicht überschreiten.5 Damit ergibt sich auch eine Indikation für die Anzahl der Regionalszenarien, die auf der Internetplattform zu veröffentlichen sind. Die Netzausbaupläne sind hingegen durch die Verteilernetzbetreiber weiterhin individuell zu erstellen, wodurch sich entsprechend eine deutliche höhere Anzahl an Veröffentlichungen ergeben wird. Bei den nach Abs. 3 S. 1 Nr. 3 zu veröffentlichenden Informationen handelt es sich um die 13 Netzanschlussbegehren, bei den nach Abs. 2 S. 2 genannten Stellungnahmen um die Eingaben der Netznutzer und der Übertragungsnetzbetreiber. In beiden Fällen ist unklar, wie umfangreich bzw. zahlreich diese Informationen sind. Abs. 4 S. 2 zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, dass die Informationen „in einer für die Verwaltung gut handhabbaren Form vorliegen.“6
3 4 5 6
Vgl. dazu insbesondere BGH Az. EnVR 21/18 vom 11.12.2018 und BGH Az. EnVR 12/18 vom 8.10.2019. BT-Drucks. 19/27453, S. 101. BT-Drucks. 19/27453, S. 102. BT-Drucks. 19/27453, S. 104.
161
Sasse
§ 14e EnWG
V. Festlegungsbefugnis der Regulierungsbehörde (§ 14e Abs. 5 S. 2)
V. Festlegungsbefugnis der Regulierungsbehörde (§ 14e Abs. 5 S. 2) 14 Nach Abs. 5 S. 2 hat die Bundesnetzagentur eine Festlegungsbefugnis und kann nähere Bestimmungen zu den Absätzen 1 bis 4 treffen. Zweck der Festlegungsbefugnis ist bei Bedarf eine Vereinheitlichung des Verfahrens.7 Hinsichtlich der hohen Anzahl der Netzbetreiber8 kann dies zweckmäßig sein. Explizit wird in der Begründung auch auf die Möglichkeit verwiesen, den „Kreis der Netznutzer, denen durch den Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen Gelegenheit zu Stellungnahme zu dem Netzausbauplan zu geben ist, zu erweitern.“9 Konkret sieht § 14d Abs. 4 S. 2 vor, dass zumindest den Netznutzern der Hochspannungsebene und den Übertragungsnetzbetreibern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Artikel 32 Abs. 4 S. 1 der RL 2019/944 sieht hier wiederum eine Konsultation aller relevanten Netznutzer vor, ohne jedoch zu definieren, welche Netznutzer als relevant zu betrachten sind. Hier ist jedenfalls zu konzedieren, dass entsprechend auch eine weitergehende Beteiligung als nur der Netznutzer der Hochspannungsebene und der Übertragungsnetzbetreiber möglich gewesen wäre bzw. möglich und durch die Richtlinie gedeckt ist. Angesichts der noch zu etablierenden Prozesse ist allerdings offen, ob eine Ausweitung des Kreises der zu beteiligenden Netznutzer tatsächlich einen Mehrwert hinsichtlich der Planung der Elektrizitätsverteilnetze bietet.
7 BT-Drucks. 19/27453, S. 104. 8 Vgl. Sasse, § 14d Rn 19. 9 BT-Drucks. 19/27453, S. 104. Sasse
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Abschnitt 2 Netzanschluss …
§ 17a Bundesfachplan Offshore des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (1) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erstellt in jedem geraden Kalenderjahr, beginnend mit dem Jahr 2016, im Einvernehmen mit der Bundesnetzagentur und in Abstimmung mit dem Bundesamt für Naturschutz und den Küstenländern einen Offshore-Netzplan für die ausschließliche Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland (Bundesfachplan Offshore). Der Bundesfachplan Offshore enthält Festlegungen zu: 1. Windenergieanlagen auf See im Sinne des § 3 Nummer 49 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die in räumlichem Zusammenhang stehen und für Sammelanbindungen geeignet sind, 2. Trassen oder Trassenkorridoren für Anbindungsleitungen für Windenergieanlagen auf See, 3. den Orten, an denen die Anbindungsleitungen die Grenze zwischen der ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Küstenmeer überschreiten, 4. Standorten von Konverterplattformen oder Umspannanlagen, 5. Trassen oder Trassenkorridoren für grenzüberschreitende Stromleitungen, 6. Trassen oder Trassenkorridoren zu oder für mögliche Verbindungen der in den Nummern 1, 2, 4 und 5 genannten Anlagen und Trassen oder Trassenkorridore untereinander, 7. standardisierten Technikvorgaben und Planungsgrundsätzen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie prüft bei der Erstellung des Bundesfachplans Offshore, ob einer Festlegung nach Satz 2 überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Es prüft insbesondere 1. die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Raumordnungsgesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) geändert worden ist, 2. die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 6 des Raumordnungsgesetzes und 3. etwaige ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassen, Trassenkorridoren oder Standorten. (2) Soweit nicht die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung nach § 37 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegen, führt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie unverzüglich nach Einleitung des Verfahrens nach Absatz 1 einen Anhörungstermin durch. In dem Anhörungstermin sollen Gegenstand und Umfang der in Absatz 1 Satz 2 genannten Festlegungen erörtert werden. Insbesondere soll erörtert werden, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad Angaben in den Umweltbericht nach § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufzunehmen sind. Der Anhörungstermin ist zugleich die Besprechung im Sinne des § 39 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. § 7 Absatz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz gilt für den Anhörungstermin entsprechend mit der Maßgabe, dass der jeweiligen Ladung geeignete Vorbereitungsunterlagen beizufügen sind und Ladung sowie Übersendung dieser Vorbereitungsunterlagen auch elektronisch erfolgen können. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und 163 https://doi.org/10.1515/9783110670516-012
Bader
§ 17a EnWG
(3)
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(7)
Bundesfachplan Offshore des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie
Hydrographie legt auf Grund der Ergebnisse des Anhörungstermins einen Untersuchungsrahmen für den Bundesfachplan Offshore nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Soweit nicht die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung nach § 37 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegen, erstellt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie frühzeitig während des Verfahrens zur Erstellung des Bundesfachplans Offshore einen Umweltbericht, der den Anforderungen des § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen muss. Die Betreiber von Übertragungsnetzen und von Windenergieanlagen auf See stellen dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die hierzu erforderlichen Informationen zur Verfügung. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie beteiligt die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt ist, und die Öffentlichkeit zu dem Entwurf des Bundesfachplans Offshore und des Umweltberichts nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Bei Fortschreibung kann sich die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Träger öffentlicher Belange auf Änderungen gegenüber dem zuletzt öffentlich bekannt gemachten Bundesfachplan Offshore beschränken; ein vollständiges Verfahren nach Satz 1 muss mindestens alle vier Jahre durchgeführt werden. Im Übrigen ist § 12c Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Der Bundesfachplan Offshore entfaltet keine Außenwirkungen und ist nicht selbständig durch Dritte anfechtbar. Er ist für die Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren nach den Bestimmungen der Seeanlagenverordnung vom 23. Januar 1997 (BGBl. I S. 57) in der jeweils geltenden Fassung verbindlich. Die Bundesnetzagentur kann nach Aufnahme einer Leitung in den Bundesnetzplan nach § 17 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz den nach § 17d Absatz 1 anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber durch Bescheid auffordern, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist den erforderlichen Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung der Leitung nach den Bestimmungen der Seeanlagenverordnung zu stellen. Ab dem 31. Dezember 2017 erstellt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie keinen Bundesfachplan Offshore mehr.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang Entstehungsgeschichte
II.
Erstellung des BFO (Abs. 1 S. 1)
III. 1.
14 Inhalt des BFO (Abs. 1 S. 2) Windenergieanlagen auf See (Abs. 1 S. 2 15 Nr. 1) Trassen oder Trassenkorridore (Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 18 5 und 6) Übergang zum Küstenmeer (Abs. 1 S. 2 21 Nr. 3) Konverterplattformen, Umspannanlagen (Abs. 1 22 S. 2 Nr. 4) Technikvorgaben, Planungsgrundsätze (Abs. 1 23 S. 2 Nr. 7)
2. 3. 4. 5.
Bader
IV.
Maßstab des BSH bei der Erstellung (Abs. 1 S. 3, 26 4)
V. 1. 2. 3.
27 Verfahren (Abs. 2 bis 4) 28 Anhörungstermin 34 Umweltbericht Behörden- und Öffentlichkeitsbeteili37 gung
VI.
Rechtswirkungen (Abs. 5)
1 3 6 7
43
VII. Aufforderung zur Planfeststellung 45 (Abs. 6) VIII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan 48 (Abs. 7)
164
2. Regelungszusammenhang
EnWG § 17a
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 17a regelt die Erstellung eines als Bundesfachplan Offshore (BFO) bezeichneten Offshore- 1 Netzplans für die deutsche AWZ durch das BSH.1 Abs. 1 bestimmt dabei die Zusammenarbeit mit weiteren Behörden, listet die vorgesehenen Festlegungen auf und normiert den Prüfungsmaßstab des BSH. Die Absätze 2 und 3 regeln für die Fälle, in denen eine strategische Umweltprüfung erforderlich ist, den Anhörungstermin, die Festlegung eines Untersuchungsrahmens und den zu erstellenden Umweltbericht. Abs. 4 trifft Bestimmungen für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Abs. 5 normiert die Rechtswirkungen des Bundesfachplans Offshore. Abs. 6 ermächtigt die BNetzA, nach Aufnahme einer Leitung in den Bundesnetzplan den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber dazu aufzufordern, den Antrag auf Planfeststellung/-genehmigung der Leitung zu stellen. Abs. 7 normiert das Ende der Bundesfachplanung Offshore und damit den Übergang zum Flächenentwicklungsplan (FEP) nach dem am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen WindSeeG. Dementsprechend tritt § 17a (ebenso wie §§ 17b, 17c) mit Ablauf des Jahres 2025 außer 2 Kraft.2 Ab diesem Zeitpunkt gilt gemäß § 7 WindSeeG allein das Planungsregime des sogenannten „zentralen Systems“.3 Für Festlegungen bis einschließlich 2025 gilt bis dahin der letzte BFO, der BFO 2016/2017.
2. Regelungszusammenhang Der BFO ist Teil eines mehrstufigen Planungsregimes für den Ausbau des Offshore-Netzes in 3 der deutschen AWZ. Die Grundlage der Bedarfsplanung ist der Szenariorahmen nach § 12a, in dem (im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung) die voraussichtliche Entwicklung der Energieerzeugung und des -verbrauchs erarbeitet wird. Parallel legt der BFO neben Trassen und Trassenkorridoren u. a. auch Planungsgrundsätze und standardisierte Technikvorgaben fest und definiert „Cluster“ von Windenergieanlagen auf See, die für eine Sammelanbindung geeignet sind. Der BFO hat den Charakter einer Fachplanung,4 die insbesondere bezüglich der Festlegung von Trassen und Trassenkorridoren auch Elemente der Raumordnung enthält.5 BFO und Szenariorahmen dienten als Grundlage für die Erarbeitung des Offshore-Netzentwicklungsplans (ONEP) nach § 17b, welcher letztmals 2018 vorzulegen war und gemäß § 17d von den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibern umzusetzen ist. Ziel des BFO ist es, die bestehende Netzinfrastruktur und die Netztopologie, insbesondere 4 im Hinblick auf die Netzanbindungen der Offshore-Windparks in der AWZ unter den gegebenen Rahmenbedingungen räumlich zu koordinieren und im Sinne einer vorausschauenden und aufeinander abgestimmten Gesamtplanung festzulegen.6
1 Die Bezeichnung des Plans als „Bundesfachplan Offshore“ wurde gewählt, um den BFO begrifflich vom OffshoreNetzentwicklungsplan (ONEP) abzugrenzen, BT-Drucks. 17/10754 S. 23 li. Sp.
2 Art. 25 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016, BGBl. I 2016 S. 2258.
3 Siehe zum zentralen System § 4 WindSeeG Rn 2 ff. 4 BSH, Bundesfachplan Offshore für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nordsee 2016/2017 (BFO-N 2016/2017) S. 3.
5 Kment/Schink § 17a Rn 44; Schulz/Schulz S. 87, 90; Zierau S. 120; Geber S. 209. 6 BSH, Bundesfachplan Offshore für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nordsee 2016/2017 (BFO-N 2016/2017) S. 1. 165
Bader
§ 17a EnWG
5
II. Erstellung des BFO (Abs. 1 S. 1)
Diese koordinierte Gesamtplanung hat das frühere System ersetzt, wonach Betreiber von Windenergieanlagen auf See einen individuellen Anspruch auf Netzanbindung ihres Projekts hatten, ohne dass es eine aufeinander abgestimmte Ausbauplanung gegeben hätte. Dieser grundlegende Systemwechsel bei der Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See ist bei der Kommentierung des § 17d näher dargestellt.7 Das am 1.1.2017 in Kraft getretene WindSeeG sowie die Neufassung des EEG haben einen weiteren Systemwechsel bei der Förderung von Windenergieanlagen auf See gebracht, mit einem zentralen Ausschreibungssystem ab dem Jahr 2026. Im Zusammenhang mit diesen Neuregelungen wurde auch die Offshore-Netzplanung erneut geändert.8
3. Entstehungsgeschichte 6 § 17a wurde durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20129 geschaffen. Dabei wurden die bereits existierenden Regelungen zu dem früher als Offshore-Netzplan bezeichneten Planungsinstrument übernommen.10 Durch die EEG-Novelle 201411 wurde der ursprüngliche Begriff der „Offshore-Anlage“ redaktionell durch den Begriff der „Windenergieanlage auf See“ ersetzt. Das Erste Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 10.12.201512 änderte die Erstellung des BFO von der jährlichen Erstellung auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus. Durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.201613 wurde Abs. 7 neu aufgenommen. Das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.7.201714 passte die Verweise auf das UVPG an dessen neue Fassung redaktionell an.
II. Erstellung des BFO (Abs. 1 S. 1) 7 Die Erstellung des BFO fällt gemäß Abs. 1 S. 1 in die Zuständigkeit des BSH. 8 Erforderlich ist das Einvernehmen mit der BNetzA. „Einvernehmen“ verlangt eine Willensübereinstimmung der beiden Behörden.15 Eine ohne Zustimmung der BNetzA erstellter BFO wäre rechtswidrig.16 Weiter fordert Abs. 1 S. 1 eine Abstimmung mit dem BfN und den Küstenländern. Der 9 Wortlaut des Gesetzes sowie auch die Gesetzesbegründung enthalten keine Definition des Begriffes der Abstimmung. Die geforderte Abstimmung verlangt keine Willensübereinstimmung
7 § 17d Rn 2 f. 8 Vgl. hierzu § 4 WindSeeG Rn 2 ff. 9 BGBl. I 2012 S. 2730. 10 § 17 Abs. 2a S. 3, 4, Abs. 2b S. 1 in der bis einschließlich 27.12.2012 geltenden Fassung. 11 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I 2014 S. 1066. 12 BGBl. I 2015 S. 2194. 13 BGBl. I 2016 S. 2258. 14 BGBl. I 2017 S. 2808. 15 Zur Abgrenzung von Einvernehmen und Benehmen BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 – 11 VR 12/00 – NVwZ 2001, 90, 91. 16 Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17a Rn 22; Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a Rn 9. Bader
166
II. Erstellung des BFO (Abs. 1 S. 1)
EnWG § 17a
(sonst wäre kein zusätzlicher Begriff neben dem Einvernehmen erforderlich gewesen).17 Vielmehr dürfte die Abstimmung geringere Anforderungen stellen und dem herkömmlich verwendeten Begriff des „Benehmens“ entsprechen (vgl. z. B. § 17 Abs. 3 ROG für die Raumplanung in der AWZ). Das BSH muss dann die genannten Stellen anhören und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wobei es diese Stellungnahmen zwar berücksichtigen, ihnen aber nicht folgen muss.18 Der BFO ist räumlich beschränkt auf die AWZ aufzustellen. Die Planung im Küstenmeer 10 ist nicht umfasst, sondern fällt in den Anwendungsbereich der Bundesfachplanung als Aufgabe der BNetzA.19 Auch wenn das Gesetz nur von einem (einzigen) BFO spricht, hat das BSH in der Praxis 11 zwei separate Pläne für die AWZ der Nordsee und die AWZ der Ostsee aufgestellt. Da die beiden Gebiete ohnehin räumlich getrennt sind, erscheint dieses Vorgehen sinnvoll und begegnet keinen Bedenken.20 Tipp Die Bundesfachpläne Offshore sind abrufbar unter: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresfachplanung/ Bundesfachplaene_Offshore/bundesfachplaene-offshore.html
Die Ursprungsfassung des § 17a sah eine jährliche Erstellung des BFO vor. Mit Gesetz vom 12 10.12.201521 wurde auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus umgestellt. Durch die Umstellung der gesamten Bedarfsplanung (d. h. im Offshore-Bereich neben dem BFO auch Szenariorahmen und ONEP) auf einen zweijährigen Turnus sollen zeitliche Überschneidungen vermieden werden, die sich in der Praxis ergeben hatten, wenn z. B. noch vor Bestätigung eines Netzentwicklungsplans durch die BNetzA bereits die Konsultation für den nachfolgenden Plan gestartet werden musste.22 Einen Sonderfall stellen die BFO 2016 für die deutsche AWZ der Nordsee und Ostsee (BFO- 13 N und BFO-O) dar: Mit Blick auf die Einführung des Ausschreibungsverfahrens durch das WindSeeG hat das BSH zunächst in einem BFO-N 2016, Teil 1 bzw. BFO-O 2016, Teil 123 jeweils eine Fortschreibung hinsichtlich clusterübergreifender24 Netzanbindungen in Nord- und Ostsee vorgenommen. Diese steht vor dem Hintergrund der Übergangsausschreibungen nach §§ 26 ff WindSeeG, in denen ein Zuschlag gemäß § 34 WindSeeG nur erfolgen konnte, soweit in dem betreffenden Cluster Netzanbindungskapazität vorhanden/geplant ist. Mit Blick auf Wettbewerb und Akteursvielfalt in den Ausschreibungen sind clusterübergreifende Netzanbindungen in § 29
17 So auch das Verständnis im Bundesrat, welcher statt Abstimmung eine Einvernehmensregelung bevorzugt hätte, Beschl. v. 14.12.2012, BR-Drucks. 740/12 (Beschluss) Ziff. B.4; auch die Bundesregierung versteht unter Abstimmung keine Willensübereinstimmung, sondern sähe in einer Einvernehmensregelung eine unzulässige Mischverwaltung, BT-Drucks. 17/11269 S. 33 li. Sp. 18 Kment/Schink § 17a Rn 22; Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 9; generell zum Begriff des Benehmens BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 – 11 VR 12/00 – NVwZ 2001, 90, 91. 19 BT-Drucks. 17/10754, S. 23; das neue Instrument des FEP erlaubt gemäß § 4 Abs. 1 nun auch Festlegungen für das Küstenmeer. 20 Ebenso Kment/Schink § 17a Rn 68. 21 BGBl. I 2015 S. 2194. 22 BT-Drucks. 18/6383 S. 12 ff, vgl. dort auch näher zum System der Bedarfsermittlung und zum zeitlichen Zusammenspiel der Planungsinstrumente. 23 Jeweils abrufbar unter: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresfachplanung/Bundesfachplaene_Offshore/ bundesfachplaene-offshore.html. 24 Näher zum Konzept der Cluster unten Rn 17; näher zum Grundsatz der clusterinternen Anbindung und dessen Durchbrechung Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a EnWG Rn 18 ff. 167
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§ 17a EnWG
III. Inhalt des BFO (Abs. 1 S. 2)
S. 2 Nr. 5 WindSeeG angesprochen, müssen aber planungsrechtlich vorgesehen sein. Dies war zuvor nicht der Fall.25 Die entsprechenden Fortschreibungen des BFO-N und des BFO-O hat das BSH vorgezogen, da die erste Übergangsausschreibung bereits zum 1. April 2017 stattfand. Ansonsten hatten die Festlegungen des BFO-N 2013/2014 und des BFO-O 2013 zunächst weiterhin Bestand. Die Gesamtfortschreibung des BFO-N und BFO-O für die Jahre 2016/2017 blieb jeweils einem gesonderten Verfahren vorbehalten, das im Laufe des Jahres 2017 durchgeführt wurde. Zwar sieht § 17a keine Teilplanungen ausschließlich für bestimmte Cluster oder Trassen vor, jedoch wurde die geforderte „gesamthafte Planung“26 durchgeführt, indem die denkbaren clusterübergreifenden Anbindungsmöglichkeiten generell betrachtet wurden. Das spricht für die Zulässigkeit der auf clusterübergreifende Anbindungen beschränkten Teilfortschreibung.
III. Inhalt des BFO (Abs. 1 S. 2) 14 Abs. 1 S. 2 enthält eine abschließende Auflistung möglicher Festlegungen.27 Eine Aufnahme der Festlegungen ist nur erforderlich, soweit dies zur planerischen Steuerung erforderlich ist.28
1. Windenergieanlagen auf See (Abs. 1 S. 2 Nr. 1) 15 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 verlangt, dass im BFO solche (geplanten oder existierenden)29 Windenergieanlagen auf See aufzunehmen sind, die im räumlichen Zusammenhang stehen und für eine Sammelanbindung geeignet sind. Für den Begriff der Windenergieanlage auf See wird auf die Legaldefinition in § 3 Nr. 49 16 EEG verwiesen. Damit sollte nach der Gesetzesbegründung zugleich der Anlagenbegriff des EEG übernommen werden, wonach Anlage das einzelne Windrad ist, nicht der gesamte Windpark.30 § 3 Nr. 49 EEG in der aktuellen Fassung liefert jedoch selbst keine Definition mehr, sondern verweist auf § 3 Nr. 7 WindSeeG. Dort ist die Definition inzwischen in § 3 Nr. 11 WindSeeG gerutscht. Die Windenergieanlage auf See wird (wie früher im EEG) definiert als „jede Anlage zur Erzeugung von Strom aus Windenergie, die auf See in einer Entfernung von mindestens drei Seemeilen gemessen von der Küstenlinie der Bundesrepublik Deutschland aus seewärts errichtet worden ist“. 17 Die Windenergieanlagen auf See, die in räumlichem Zusammenhang stehen und für eine Sammelanbindung geeignet sind, werden im BFO in sogenannten „Clustern“ zusammengefasst.31 Der zunächst außerhalb des Gesetzes entwickelte Begriff des Clusters hat sich durchgesetzt und wird inzwischen auch im WindSeeG32 und im EnWG33 selbst verwendet. Nach der Gesetzesbegründung soll die Ausführung von Sammelanbindungen der Regelfall sein; sofern dies allerdings nicht technisch vorteilhaft ist, kann die Leitung auch als Einzelanbindung dargestellt werden.34 25 Grundsatz 5.4.2.6 des BFO-N 2013/2014; im BFO-O 2013 mangels Bedarf ebenfalls nicht vorgesehen, S. 2 des BFO-O 2016, Teil 1. 26 Kment/Schink § 17a Rn 68. 27 Zum Begriff der Festlegung Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a EnWG Rn 12. 28 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 14. 29 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 17. 30 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp.; Konsequenz ist, dass im Prinzip die WEA eines Offshore-Windparks unterschiedlichen Netzanbindungen zugewiesen werden können, Legler, EWeRK 2013, 5, 6. 31 Eine Abbildung der von 1 bis 13 nummerierten Cluster in der Nordsee findet sich auf S. 18 des BFO-N 2016/2017; die Ostsee-Cluster 1 bis 4 sind dargestellt auf S. 18 des BFO-O 2016/2017. 32 Vgl. u. a. die Definition in § 3 Nr. 1 WindSeeG. 33 § 17b Abs. 3, § 17d Abs. 3. 34 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp. Bader
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4. Konverterplattformen, Umspannanlagen (Abs. 1 S. 2 Nr. 4)
EnWG § 17a
2. Trassen oder Trassenkorridore (Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 5 und 6) Abs. 1 S. 2 Nr. 2 sieht für Anbindungsleitungen für Windparks zunächst die Ausweisung von 18 Trassenkorridoren vor, d. h. von Gebietsstreifen, in denen im Planfeststellungsverfahren die konkrete Kabeltrasse noch festgelegt werden muss.35 Im BFO können jedoch auch bereits Trassen für Kabel ausgewiesen werden, d. h. der konkrete Verlauf der Anbindungsleitungen, wenn dies z. B. aufgrund von Nutzungskonflikten planerisch erforderlich ist.36 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 sieht entsprechend die Möglichkeit der Festlegung von Trassenkorridoren 19 oder konkreten Trassen für grenzüberschreitende Stromleitungen vor, d. h. Leitungen, die als Seekabel zumindest auf dem Gebiet zweier Staaten verlaufen.37 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 betrifft Trassen oder Trassenkorridore für mögliche Verbindungen von 20 Windenergieanlagen und Leitungen untereinander. Hierbei handelt es sich laut Gesetzesbegründung insbesondere um Maßnahmen, die zur Kosteneinsparung (z. B. Anbindung eines Windparks an einen bestehenden Interkonnektor), zur Schaffung eines vermaschten OffshoreNetzes oder zur Verringerung technischer Risiken und Schäden umgesetzt werden. Bei Abs. 1 S. 2 Nr. 6 geht es vorrangig um dauerhafte Verbindungen; Interimslösungen sind nach § 17f zu beurteilen. Das für das Übertragungsnetz an Land geltende sogenannte n-1-Kriterium (wonach der Betrieb auch bei Ausfall einer Komponente gewährleistet sein muss) findet auf die OffshoreAnbindungen weiterhin keine Anwendung.38
3. Übergang zum Küstenmeer (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) Gemäß Abs. 1 S. 2 Nr. 3 sind Festlegungen vorgesehen zu den Orten, an denen die Anbindungs- 21 leitungen die Grenze zwischen der AWZ und dem Küstenmeer (12-Seemeilen-Zone) überschreiten. Dies ist erforderlich, da der BFO sich nur auf die AWZ bezieht. Durch die Festlegung soll vermieden werden, dass die Planungen in BFO und AWZ unabhängig voneinander so erfolgen, dass die Leitungen an unterschiedlichen Punkten auf die Grenze von AWZ und Küstenmeer treffen und eine Verbindung dann technisch nicht möglich wäre.39
4. Konverterplattformen, Umspannanlagen (Abs. 1 S. 2 Nr. 4) Anders als noch der Regierungsentwurf40 erwähnt Abs. 1 S. 2 Nr. 4 neben Konverterplattformen 22 auch Umspannanlagen. Konverterplattformen sind Teil der Hochspannungs-GleichstromÜbertragungstechnik (HGÜ); es handelt sich um eine Plattform des Übertragungsnetzbetreibers, auf welcher der von den Umspannwerken der Windparks ankommende Strom gebündelt, umgespannt und umgerichtet wird.41 Durch die Nennung der Umspannanlagen soll auch die Gleichstromtechnologie erfasst werden, die ohne zentrale Konverterplattform auskommt (sondern mit Transformatoren und Gleichrichtern auf kleineren Plattformen arbeitet); so soll die Technologie-
35 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp. 36 Als Beispiele nennt die Gesetzesbegründung die Fälle, dass bestimmte Gebiete der AWZ bereits vollständig für andere Nutzungsarten verplant sind oder bestimmte Vorranggebiete für andere Aktivitäten (z. B. Schifffahrt) ausgewiesen werden, BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp. 37 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 22. 38 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 f. 39 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp. 40 BT-Drucks. 17/10754 S. 23 re. Sp. 41 BFO-N 2016/2017 S. 32. 169
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§ 17a EnWG
IV. Maßstab des BSH bei der Erstellung (Abs. 1 S. 3, 4)
offenheit sichergestellt werden.42 Aus dieser Gesetzesbegründung wird deutlich, dass nicht die Umspannwerke des jeweiligen Windparks gemeint sind, welche die vom Windpark erzeugte Energie auf die vom Netzbetreiber benötigte Spannung transformieren. Deren Standorte sind nicht vom BFO vorgegeben, sondern werden vom Betreiber des Windparks zusammen mit den konkreten Standorten der Windenergieanlagen geplant.
5. Technikvorgaben, Planungsgrundsätze (Abs. 1 S. 2 Nr. 7) 23 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 ermächtigt das BSH zur Festlegung von standardisierten Technikvorgaben und Planungsgrundsätzen. Hierdurch soll eine gewisse Vereinheitlichung bei der Planung erreicht werden, wodurch u. a. Planungssicherheit auch für Windparkbetreiber und Zulieferer sowie ggf. eine Kostensenkung erreicht werden soll.43 Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel für standardisierte Technikvorgaben die Vor24 gabe einer bestimmten Leistung von z. B. 900 MW für Netzanbindungen. Von der Möglichkeit zu Vorgaben wurde umfänglich Gebrauch gemacht. Weitere standardisierte Technikvorgaben betreffen z. B. die Übertragungsspannung oder die Art und Anzahl von auf der Konverterplattform vorzuhaltenden Schaltfeldern.44 Planungsgrundsätze betreffen z. B. Abstandsvorgaben, die Einrichtung von Sicherheitszonen und die maximale Länge von Drehstrom-Kabelsystemen zwischen Umspannwerk des Windparks und Konverterplattform des ÜNB.45 Bei den standardisierten Technikvorgaben ebenso wie bei den Planungsgrundsätzen gilt, 25 dass Umstände auftreten können, die eine Abweichung im Einzelfall erforderlich machen. Diese ist dann im Einzel-Zulassungsverfahren zu beantragen und zu begründen. Dabei ist es erforderlich, dass die Abweichung die mit der Regel verfolgten Ziele und Zwecke in gleichwertiger Weise erfüllt, bzw. diese nicht in signifikanter Weise beeinträchtigt. Die Grundzüge der Planung müssen bestehen bleiben.46 In der Praxis halten beispielsweise Windenergieanlagen auf See nicht immer den geforderten Mindestabstand von 500 m47 zur Export-Kabeltrasse des Netzbetreibers ein. Eine solche Abweichung wurde ausnahmsweise im Einzelfall genehmigt, wenn sie erforderlich war und die Sicherheit z. B. bei Kabelarbeiten durch Nebenbestimmungen zur Plangenehmigung und eine Vereinbarung zwischen dem ÜNB und dem Windparkbetreiber sichergestellt war.
IV. Maßstab des BSH bei der Erstellung (Abs. 1 S. 3, 4) 26 Abs. 1 S. 3 und 4 konkretisieren die vom BSH bei der Planung zu beachtenden Maßstäbe. Einer Festlegung dürfen keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen; insbesondere (d. h. nicht abschließend) sind die in Nr. 1 bis 3 aufgeführten Prüfungsmaßstäbe zu beachten.48 Zudem sind die nach § 17 Abs. 3 ROG erlassenen Verordnungen anzuwen-
42 So die Begründung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, der die Ergänzung empfohlen hatte, BTDrucks. 17/11705 S. 53 re.Sp. 43 BT-Drucks. 17/10754 S. 24 li. Sp. Allerdings steht die Vorgabe technischer Standards in einem latenten Spannungsverhältnis zur laufenden technischen Fortentwicklung, Broemel, ZUR 2013, 408, 411. 44 BFO-N 2016/2017 S. 24, 32. 45 Vgl. z. B. BFO-N 2016/2017 Abschnitt 5.2.2 (S. 35). 46 BFO-N 2016/2017 S. 12. 47 Planungsgrundsatz 5.3.2.5, S. 47 des BFO-N 2016/2017. 48 Siehe dazu § 5 NABEG Rn 61 ff.; Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17a Rn 37 ff. Bader
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1. Anhörungstermin
EnWG § 17a
den,49 d. h. die als Verordnung erlassenen Raumordnungspläne für die AWZ der Nord- und Ostsee.50 Tipp Die Raumordnungspläne sind abrufbar unter: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresraumplanung/Nationale_Raumplanung/nationale-raumplanung_node.html
V. Verfahren (Abs. 2 bis 4) Abs. 2 bis 4 enthalten eine Reihe von Vorgaben, die das BSH im Verfahren zur Aufstellung des 27 BFO zu beachten hat.
1. Anhörungstermin Gemäß Abs. 2 führt das BSH unverzüglich51 nach Einleitung des Verfahrens einen Anhörungster- 28 min durch, sofern nicht eine strategische Umweltprüfung nach § 37 UVPG ausnahmsweise entbehrlich ist. Eine solche Ausnahme liegt dann vor, wenn der Plan nur geringfügig geändert wird52 und eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 4 UVPG nicht ergibt, dass der Plan voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. Nach § 35 Abs. 4 UVPG ist eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 6 zum UVPG aufgeführten Kriterien erforderlich, wobei auch zu berücksichtigen ist, inwieweit Umweltauswirkungen durch Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Andere Behörden, deren umwelt- oder gesundheitsbezogener Aufgabenbereich berührt wird, sind zu beteiligen. Die Regelung zum Anhörungstermin wurde § 7 NABEG nachgebildet. Abs. 2 verweist auf 29 § 7 Abs. 2 NABEG. Daraus ergibt sich insbesondere, dass die Anhörung öffentlich ist.53 Die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt gemäß § 7 Abs. 2 NABEG auf der Internetseite der Bundesnetzagentur und über örtliche Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich der beantragte Trassenkorridor voraussichtlich auswirken wird. Letzteres passt für den BFO nicht recht; das BSH veröffentlicht üblicherweise in überregionalen Tageszeitungen. Die Mitglieder der Öffentlichkeit haben nach zutreffender Ansicht auch ein Rede- und Antragsrecht.54 Gemäß Abs. 2 S. 5 i. V. m. § 7 Abs. 2 NABEG werden bestimmte Teilnehmer des Anhörungs- 30 termins individuell geladen. Dies sind die betroffenen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt ist, insbesondere die für die Landesplanung zuständigen Landesbehörden, sowie die Vereinigungen. Bei Vereinigungen handelt es sich gemäß § 3 Nr. 8 NABEG um nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigungen, die in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt sind. Zu den Trägern öffentlicher Belange zählen neben Behörden auch private Unternehmen, denen die Wahrnehmung öffentlicher Belange durch oder aufgrund Gesetz über49 BT-Drucks. 17/10754 S. 24 li. Sp. 50 Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee (AWZ Nordsee-ROV) vom 21.9.2009, BGBl. I 2009 S. 3107; Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ostsee (AWZ Ostsee-ROV) vom 10.12.2009, BGBl. I 2009 S. 3861. Derzeit läuft ein Verfahren zur Fortschreibung. 51 Dazu näher Kment/Schink § 17a Rn 72, der von maximal zwei Monaten zwischen Einleitung des Verfahrens und Antragskonferenz ausgeht. 52 Der in § 37 UVPG weiter genannte Fall der „Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene“ ist auf die kommunale Planung bezogen und kommt daher im Fall des BFO nicht in Betracht, so zur identischen Regelung des § 14d UVPG a. F. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 19 m. w. N. 53 Siehe näher § 7 NABEG Rn 133 f. 54 Näher Kment/Schink § 17a Rn 88 f. 171
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§ 17a EnWG
V. Verfahren (Abs. 2 bis 4)
tragen wurde,55 insbesondere die ÜNB. Das BSH ist nicht daran gehindert, auch sonstige Stellen zum Anhörungstermin zu laden. Umgekehrt können Stellen, die nicht zu dem zu ladenden Kreis gehören (z. B. sonstige Verbände oder Bürgerinitiativen), als Teil der Öffentlichkeit teilnehmen. 31 Der Ladung sind geeignete Vorbereitungsunterlagen beizufügen. Geeignet sind Unterlagen, mit deren Hilfe sich die zu ladenden Stellen auf den Anhörungstermin vorbereiten und sich daran auch substantiell beteiligen können.56 Dies dürfte einen Entwurf des BFO und des Umweltberichts bzw. eine Übersicht über die im Umweltbericht zu prüfenden Fragestellungen erfordern.57 Ebenso wie die Ladung kann die Versendung dieser Unterlagen nach Abs. 2 S. 5 elektronisch erfolgen. Durch ausreichende Transparenz und frühzeitige Einbeziehung der Öffentlichkeit soll die 32 notwendige Akzeptanz für die Vorhaben im BFO gewährleistet werden.58 Aus diesem Grund sind auch nicht nur Umfang und Detaillierungsgrad des Umweltberichts (Abs. 2 S. 3) Thema der Anhörung, sondern es sollen Gegenstand und Umfang sämtlicher Festlegungen erörtert werden (Abs. 2 S. 2). Dies dient zugleich dazu, dem BSH als federführender Behörde weitere Informationen zukommen zu lassen59 und das Verfahren zu beschleunigen, indem klärungsbedürftige Sachfragen und hierfür erforderliche Unterlagen/Informationen frühzeitig identifiziert werden.60 Die nähere Ausgestaltung des Anhörungstermins erfolgt durch das BSH, welches dafür ein weites Ermessen hat.61 Gemäß Abs. 2 S. 4 ist der Anhörungstermin zugleich die Besprechung (Scoping-Termin) nach § 39 Abs. 4 S. 2 UVPG. 33 Auf der Grundlage der Ergebnisse des Anhörungstermins legt das BSH einen Untersuchungsrahmen für den BFO fest (Abs. 2 S. 6). Das BSH kann dabei im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens von den Ergebnissen des Anhörungstermins abweichen. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens ist nicht final verbindlich, sondern steht unter dem Vorbehalt weiterer Erkenntnisse.62
2. Umweltbericht 34 Auch der Umweltbericht nach Abs. 3 ist nur zu erstellen, wenn eine Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung besteht.63 35 Für die Anforderungen an den Umweltbericht verweist Abs. 3 S. 1 auf § 40 UVPG. Nach dessen Abs. 1 S. 2 sind die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen der Durchführung des Plans sowie vernünftiger Alternativen zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Daneben enthalten die Umweltberichte zu den BFO jeweils noch die artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 BNatSchG i. V. m. Art. 12 FFH-Richtlinie sowie eine FHH-Verträglichkeitsprüfung nach §§ 34 und 36 BNatSchG.64 Gemäß Abs. 3 S. 2 sind die ÜNB und die Betreiber von Windenergieanlagen auf See zur 36 Mitwirkung verpflichtet, indem sie dem BSH die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen. Die Regelung orientiert sich an § 12c Abs. 2.65 Da die Vorschrift nicht auf vorhandene
55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
Kment/Schink § 17a Rn 83. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 36. Kment/Schink § 17a Rn 85. BT-Drucks. 17/10754 S. 24 li. Sp. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 37. Kment/Schink § 17a Rn 77. Kment/Schink § 17a Rn 87. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 22. Vgl. bereits oben Rn 28. Siehe z. B. im Umweltbericht zum BFO-N 2016/2017 S. 134 ff, 139 ff Die Umweltberichte sind jeweils zusammen mit dem zugehörigen BFO auf der Website des BSH abrufbar. 65 BT-Drucks. 17/10754 S. 24 re. Sp. Bader
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3. Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung
EnWG § 17a
Informationen beschränkt ist, müssen die ÜNB und Anlagenbetreiber ggf. auch Umweltinformationen zunächst selbst erheben, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.66
3. Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung Nach Abs. 4 S. 1 sind die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt ist,67 und die Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des UVPG zu beteiligen. Die maßgeblichen Bestimmungen des UVPG sind § 41 UVPG (Behördenbeteiligung), § 42 UVPG (Öffentlichkeitsbeteiligung) und §§ 60, 61 UVPG (grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung). Gemäß Abs. 4 S. 3 ist im Übrigen § 12c Abs. 3 entsprechend anzuwenden. Den zu beteiligenden Behörden ist nach § 41 UVPG der Entwurf des Plans sowie der Umweltbericht zu übermitteln und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Für die Abgabe der Stellungnahmen ist eine angemessene Frist von mindestens einem Monat zu setzen. Zur Beteiligung der Öffentlichkeit enthält Abs. 4 in S. 1 und 3 widersprüchliche Verweisungen: Abs. 4 S. 1 verweist auf das UVPG, während S. 3 auf § 12c Abs. 3 verweist. Die jeweils in Bezug genommenen Vorschriften enthalten unterschiedliche Regelungen zu den Fristen für die Auslegung. Auch wenn der Verweis auf § 12c Abs. 3 nur „im übrigen“ gelten soll, wird er für spezieller gehalten und für die Einzelheiten herangezogen.68 Die Auslegung ist dann am Sitz des BSH vorzunehmen, außerdem erfolgt eine Veröffentlichung im Internet. Hinsichtlich der Fristen galt eine Auslegungsfrist von 6 Wochen, mit einer Frist von weiteren zwei Wochen zur Stellungnahme (erst ab 29.7.2017 verlängert auf einen Monat). § 12c enthält keine Präklusionsregelung; eine solche ergibt sich erst seit Juni 2017 aus dem UVPG (aktuell § 42 UVPG). Das Recht zur Stellungnahme ist auf die betroffene Öffentlichkeit beschränkt (Abs. 4 i. V. m. § 42 Abs. 3 UVPG und auch § 12c Abs. 3). Nach § 2 Abs. 9 UVPG ist die betroffene Öffentlichkeit jede Person, deren Belange durch den BFO berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch den BFO berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes. Der BFO ist regelmäßig geeignet, erhebliche Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 UVPG genannten Schutzgüter in einem anderen Staat zu haben.69 Nach Abs. 4 S. 1 i. V. m. §§ 60, 61 UVPG ist dann eine grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Ein Erörterungstermin ist für den BFO nicht vorgeschrieben. Neben der formalen Beteiligung führt das BSH in der Praxis Besprechungstermine durch.70 Dies dürfte von seinem Ermessen zur Gestaltung des Verfahrens gedeckt sein. Nach Abs. 4 S. 2 kann sich bei Fortschreibung des BFO die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange auf die Änderungen beschränken. Die Beschränkung liegt im Ermessen des BSH („kann“). Mindestens alle vier Jahre muss jedoch ein vollständiges Verfah-
66 Näher Kment/Schink § 17a Rn 96. 67 In der Beschränkung auf Behörden sieht Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 32 ein redaktionelles Versehen; zustimmend Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17a Rn 55. Anders Kment/Schink § 17a Rn 99: Nach dem eindeutigen Wortlaut seien Träger öffentlicher Belange nicht in die Behördenbeteiligung einzubeziehen, aber in der Antragskonferenz zu beteiligen. In der Praxis wurden ausweislich der Verfahrens-Darstellung in den BFOs auch die Träger öffentlicher Belange regelmäßig angehört. Anderenfalls könnten sie sich jedenfalls als Teil der Öffentlichkeit beteiligen. 68 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 33; Kment/Schink § 17a Rn 102; Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 45 f. 69 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 35. 70 Siehe z. B. BFO-O 2016/2017 S. 10; zur Zulässigkeit freiwilliger Erörterungstermine Landmann/Rohmer/Gärditz § 14i UVPG Rn 20. 173
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VII. Aufforderung zur Planfeststellung (Abs. 6)
ren durchgeführt werden, d. h. jedes zweite Mal (aufgrund der Erstellung im zweijährigen Rhythmus gemäß Abs. 1 S. 1).71
VI. Rechtswirkungen (Abs. 5) 43 Gemäß Abs. 5 entfaltet der BFO keine Außenwirkung und vermittelt Dritten also keine unmittelbaren Rechte. Insbesondere befreit er nicht von der Pflicht, für zu errichtende Anlagen die erforderliche Genehmigung bzw. einen Planfeststellungsbeschluss einzuholen.72 Der BFO ist jedoch gemäß Abs. 5 S. 2 für Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren verbindlich, d. h. die Genehmigungsbehörde darf nicht von seinen Festlegungen abweichen, soweit nicht eine Ausnahme im Einzelfall zulässig ist.73 Nach § 5 Abs. 6 NABEG ist der BFO außerdem von der BNetzA bei der Durchführung der Bundesfachplanung für Anbindungsleitungen zu berücksichtigen, d. h. für Leitungsabschnitte im Küstenmeer. Abs. 5 S. 1 stellt ausdrücklich klar, dass der BFO nicht selbständig anfechtbar ist. Auf44 grund des verwaltungsinternen Charakters ist auch der Anwendungsbereich des UmwRG nicht eröffnet.74 Im Rahmen der Überprüfung von Entscheidungen im Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsverfahren kann jedoch eine inzidente Kontrolle des BFO erfolgen.75
VII. Aufforderung zur Planfeststellung (Abs. 6) 45 Abs. 6 ermöglicht es der BNetzA, nach Aufnahme einer Leitung in den Bundesnetzplan76 den nach § 17d Abs. 1 anbindungsverpflichteten ÜNB zum Stellen eines Antrags auf Planfeststellung zu verpflichten. Die Verwendung des Begriffs „kann“ impliziert dabei ein Ermessen der BNetzA.77 Die Regelung entspricht grundsätzlich § 12 Abs. 2 S. 4 NABEG (der allerdings inzwischen eine Muss-Regelung enthält).78 Unter den Begriff der Leitung fallen die im BFO ausgewiesenen Trassen und Trassenkorridore für Anbindungsleitungen und grenzüberschreitende Stromleitungen, vgl. § 17 S. 1 NABEG.79 Von § 17 S. 1 NABEG nicht erfasst sind dagegen Festlegungen zur Vermaschung des Offshore-Netzes gemäß Abs. 1 S. 2 Nr. 6, denn auf der Ebene der räumlichen Planung erfolgt keine Bewertung oder gar Vorfestlegung über deren tatsächliche Nutzung. Hierfür wäre eine Bewertung auf Grundlage des energiewirtschaftlichen Bedarfs erforderlich. Diese Entscheidung ist dem ONEP vorbehalten. Ggf. kann eine Verbindung untereinander im Einzelfall auch Teil eines Schadensminderungskonzepts sein.80
71 Da der BFO durch den FEP abgelöst wird, vgl. nunmehr § 8 Abs. 2 WindSeeG. 72 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 50; zum Genehmigungsregime Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a EnWG Rn 57 ff. 73 Vgl. zu Abweichungen oben Rn 25; Abs. 5 S. 2 nennt nur Genehmigungen nach der SeeAnlV, müsste aber ebenso für Genehmigungen nach WindSeeG gelten, Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a EnWG Rn 63. 74 Siehe § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 UmwRG. Gleiches gilt für den Flächenentwicklungsplan als Nachfolger des BFO, siehe dazu § 6 WindSeeG Rn 13 ff Zur europarechtlichen Zulässigkeit vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 41 m. w. N. 75 Spieth/Lutz-Bachmann/Böhme/Huerkamp § 17a EnWG Rn 53 ff; Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 38; Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 51. 76 Die Aufnahme erfolgt nachrichtlich, § 17 S. 1 NABEG. 77 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 55. 78 Vgl. dazu § 12 NABEG Rn 92 ff. 79 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 53. 80 BFO 2016/2017 S. 82; Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17a Rn 43. Bader
174
VIII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 7)
EnWG § 17a
Die zu setzende Frist ist angemessen, wenn sie es dem ÜNB erlaubt, die für einen Antrag 46 notwendigen Unterlagen zusammenzustellen und den Antrag innerhalb der Frist stellen zu können. Eine Frist von drei Monaten wird dabei als ausreichend und angemessen angesehen.81 Die Aufforderung nach Abs. 6 stellt gegenüber dem ÜNB einen anfechtbaren Verwaltungs- 47 akt dar.82 Kommt der ÜNB der Anordnung nicht nach, kann gemäß § 94 ein Zwangsgeld von bis zu A 10 Mio. festgesetzt werden.83
VIII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 7) Abs. 7 sieht vor, dass ab dem 31.12.2017 kein BFO mehr erstellt wird. Der BFO 2016/2017 ist also 48 der letzte BFO. Gemäß § 7 Nr. 1 WindSeeG wird der BFO für Festlegungen ab dem Jahr 2026 durch den in §§ 4 ff WindSeeG neu eingeführten Flächenentwicklungsplan (FEP) abgelöst.84 Der erste FEP musste bis zum 30. Juni 2019 bekannt gemacht werden (§ 6 Abs. 8 S. 2 WindSeeG); die Bekanntmachung ist erfolgt.
81 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 54; Kment/Schink § 17a Rn 120. 82 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17a Rn 55. 83 A. A. Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17a Rn 67: § 94 sei nicht anwendbar, da es sich nicht um eine Aufsichtsmaßnahme der BNetzA handele. 84 Siehe dazu die Kommentierung der §§ 4 ff WindSeeG. 175
Bader
§ 17b Offshore-Netzentwicklungsplan (1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen legen der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des Szenariorahmens nach § 12a einen gemeinsamen Offshore-Netzentwicklungsplan für die ausschließliche Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland und das Küstenmeer bis einschließlich der Netzanknüpfungspunkte an Land zusammen mit dem nationalen Netzentwicklungsplan nach § 12b zur Bestätigung vor. Der gemeinsame nationale Offshore-Netzentwicklungsplan muss unter Berücksichtigung der Festlegungen des jeweils aktuellen Bundesfachplans Offshore im Sinne des § 17a mit einer zeitlichen Staffelung alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der Offshore-Anbindungsleitungen enthalten, die spätestens zum Ende des Betrachtungszeitraums im Sinne des § 12a Absatz 1 Satz 2 für einen schrittweisen, bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Ausbau sowie einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich sind. Dabei sind insbesondere die in § 4 Nummer 2 des Erneuerbare-EnergienGesetzes sowie die in § 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes geregelten Ziele für einen stetigen und kosteneffizienten Ausbau der Windenergie auf See zugrunde zu legen und die Verteilung des Zubaus nach § 27 Absatz 4 des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu berücksichtigen. (2) Der Offshore-Netzentwickungsplan enthält für alle Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Angaben zum geplanten Zeitpunkt der Fertigstellung und sieht verbindliche Termine für den Beginn der Umsetzung vor. Dabei legen die Betreiber von Übertragungsnetzen die im Szenariorahmen nach § 12a von der Regulierungsbehörde genehmigten Erzeugungskapazitäten zugrunde und berücksichtigen die zu erwartenden Planungs-, Zulassungs- und Errichtungszeiten sowie die am Markt verfügbaren Errichtungskapazitäten. Kriterien für die zeitliche Abfolge der Umsetzung können insbesondere der Realisierungsfortschritt der anzubindenden Windenergieanlagen auf See, die effiziente Nutzung der zu errichtenden Anbindungskapazität, die räumliche Nähe zur Küste sowie die geplante Inbetriebnahme der Netzanknüpfungspunkte sein. Bei der Aufstellung des Offshore-Netzentwicklungsplans berücksichtigen die Betreiber von Übertragungsnetzen weitgehend technische Standardisierungen unter Beibehaltung des technischen Fortschritts. Dem Offshore-Netzentwicklungsplan sind Angaben zum Stand der Umsetzung des vorhergehenden Offshore-Netzentwicklungsplans und im Falle von Verzögerungen die dafür maßgeblichen Gründe der Verzögerung beizufügen. Der Entwurf des Offshore-Netzentwicklungsplans muss im Einklang stehen mit dem Entwurf des Netzentwicklungsplans nach § 12b und hat den gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan nach Artikel 8 Absatz 3b der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 zu berücksichtigen. (3) Der Offshore-Netzentwicklungsplan enthält Festlegungen, in welchem Umfang die Anbindung von bestehenden Projekten im Sinn des § 26 Absatz 2 des Windenergieauf-See-Gesetzes ausnahmsweise über einen anderen im Bundesfachplan Offshore nach § 17a festgelegten Cluster gemäß § 17d Absatz 3 erfolgen kann. (4) § 12b Absatz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. (5) Ab dem 1. Januar 2018 legen die Betreiber von Übertragungsnetzen keinen OffshoreNetzentwicklungsplan mehr vor.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang
3.
Entstehungsgeschichte
II.
Erstellung des ONEP (Abs. 1 S. 1)
7
1 3
Bader https://doi.org/10.1515/9783110670516-013
8 176
2. Regelungszusammenhang
III. 1.
2.
Inhalt des ONEP 14 14 Festlegungen a) Netzausbaumaßnahmen (Abs. 1 14 S. 2) b) Zeitliche Staffelung: Generelles (Abs. 1 S. 2 18 und 3, Abs. 2 S. 1 und 2) c) Zeitliche Staffelung: Kriterien (Abs. 2 21 S. 3) d) Clusterübergreifende Anbindungen 27 (Abs. 3) 31 Stand der Umsetzung (Abs. 2 S. 5)
IV.
Zu beachtende Vorgaben
33
1. 2. 3. 4.
EnWG § 17b
Erzeugungskapazitäten (Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 2 33 S. 2) 37 Bundesfachplan Offshore (Abs. 1 S. 2) 39 NEP (Abs. 2 S. 6) Technische Standardisierungen (Abs. 2 40 S. 4)
V.
Verfahren (Abs. 4)
VI.
Rechtswirkungen
42 43
VII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan 46 (Abs. 5)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 17b regelt die Erstellung eines Offshore-Netzentwicklungsplans (ONEP) für die deutsche 1 AWZ und das Küstenmeer. Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass der ONEP von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) zu erstellen und der BNetzA zur Bestätigung vorzulegen ist. Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 enthalten Regelungen zu den Inhalten des ONEP und zu den bei der Aufstellung zu beachtenden Vorgaben. Abs. 4 verweist für die nähere Regelung des Verfahrens auf die Vorschriften zum (Onshore-) Netzentwicklungsplan (NEP). Abs. 5 normiert das Ende des Instruments des ONEP, dessen Inhalte teilweise in den Flächenentwicklungsplan (FEP) nach dem WindSeeG und teilweise in den NEP überführt werden. Dementsprechend tritt § 17b (ebenso wie §§ 17a, 17c) mit Ablauf des Jahres 2025 außer 2 Kraft.1 Ab diesem Zeitpunkt gilt gemäß § 7 WindSeeG nur noch das Planungsregime des sogenannten „zentralen Systems“.2
2. Regelungszusammenhang Der ONEP ist Teil eines mehrstufigen Planungsregimes für den Ausbau des Offshore-Netzes.3 3 Der ONEP berücksichtigt die Festlegungen des BFO (§ 17b Abs. 1 S. 2) und ist gemäß § 17d von den ÜNB umzusetzen. Er stellt daher das rechtliche Bindeglied zwischen der Bundesfachplanung, d. h. dem BFO, und der Errichtung der Anlagen dar.4 Die Vorschrift führt das Element der Bedarfsplanung5 für die Offshore-Anbindungsplanung 4 ein; mit ihrer Einführung wurde erstmals der Umsetzungszeitpunkt und die Art und Größe der Anbindungsleitungen planerisch vorgegeben.6 Die Bedarfsplanung des ONEP ersetzt das frühere System, wonach Betreiber von Windenergieanlagen auf See einen Anspruch auf Netzanbindung ihres Projekts zum Zeitpunkt seiner technischen Betriebsbereitschaft hatten. Für diesen Systemwechsel stellt die Einführung des ONEP ein zentrales Element dar, zusammen mit den
1 Art. 25 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016, BGBl. I 2016 S. 2258. Siehe zum zentralen System § 4 WindSeeG Rn 2 ff; zur Geltung des ONEP bis einschl. 2025 siehe unten Rn 46. Siehe dazu bereits § 17a Rn 3. Kment/Schink § 17b Rn 2. BT-Drucks. 17/1054 S. 24 re. Sp. BK-EnR/Uibeleisen § 17b Rn 2.
2 3 4 5 6
177
Bader
§ 17b EnWG
II. Erstellung des ONEP (Abs. 1 S. 1)
Regelungen des § 17d zur Zuweisung von Anbindungskapazität für Windenergieanlagen auf See.7 5 Der ONEP ist verzahnt mit der Onshore-Netzentwicklungsplanung, da er gemäß Abs. 2 S. 6 mit dem Entwurf des NEP nach § 12b in Einklang stehen muss. Die europäische Netzplanung, nämlich der gemeinschaftsweite Netzentwicklungsplan des ENTSO-E, ist gemäß Abs. 2 S. 6 zu berücksichtigen.8 ONEP und NEP waren der Bundesregierung mindestens alle vier Jahre als Entwurf für einen 6 Bundesbedarfsplan (§ 12e) zu übermitteln; nach Umstellung des Offshore-Planungssystems ist nunmehr allein der NEP zu übermitteln.
3. Entstehungsgeschichte 7 § 17b wurde durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20129 geschaffen. Durch die EEG-Novelle 201410 wurde der ursprüngliche Begriff der „Offshore-Anlage“ redaktionell durch den Begriff der „Windenergieanlage auf See“ ersetzt. Das Erste Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 10.12.201511 änderte die Erstellung des ONEP von der jährlichen Erstellung auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus. Durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.201612 wurden Abs. 1 S. 3, Abs. 3 und Abs. 5 neu aufgenommen, wodurch die Netzplanung an das neue WindSeeG angepasst wurde.
II. Erstellung des ONEP (Abs. 1 S. 1) 8 Der ONEP ist nach Abs. 1 S. 1 von den ÜNB gemeinsam zu erstellen. Diese Pflicht ist nicht auf die gemäß § 17d Abs. 1 S. 1 anbindungsverpflichteten ÜNB13 beschränkt, sondern betrifft sämtliche ÜNB. Anders als der BFO hat der ONEP nicht nur die AWZ, sondern auch das Küstenmeer (129 Seemeilen-Zone) einschließlich der Netzanknüpfungspunkte an Land zu umfassen. Da es im ONEP nicht um eine räumliche Planung geht, sondern um die Planung, ob und wann bestimmte Netzanbindungen zu errichten sind, wäre eine separate Planung für AWZ und Küstenmeer bzw. Netzanknüpfungspunkte nicht sinnvoll möglich. Das Ob und Wann eines kompletten OffshoreNetzanbindungssystems kann nur einheitlich geplant werden. Ebenfalls abweichend von der Praxis beim BFO14 wurde ein einheitlicher ONEP für Nord10 und Ostsee erstellt. Das ist schon deshalb sinnvoll, weil EEG und WindSeeG einheitliche Ausbauziele für den Zubau von Offshore-Wind-Kapazität vorsehen, die gemäß Abs. 1 S. 3 bei der Planung zu berücksichtigen sind.
7 Vgl. näher § 17d Rn 2 f. 8 Zum europarechtlichen Hintergrund der Netzentwicklungspläne Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17b Rn 3 ff und Schneider/Theobald/Hermes § 7 Rn 65. 9 BGBl. I 2012 S. 2730. 10 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I 2014 S. 1066. 11 BGBl. I 2015 S. 2194. 12 BGBl. I 2016 S. 2258. 13 D. h. solche ÜNB, in deren Regelzone die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll. 14 Siehe § 17a Rn 11. Bader
178
1. Festlegungen
EnWG § 17b
Tipp Aktuelle Informationen zur Netzplanung an Land und Offshore einschließlich der relevanten Unterlagen (wie Entwürfe und Konsultationsdokumente) werden von den ÜNB im Internet zur Verfügung gestellt unter http://www.netzentwicklungsplan.de.
Der ONEP bedarf ebenso wie der NEP der Bestätigung durch die Regulierungsbehörde, die 11 BNetzA. Das Verfahren der Prüfung und Bestätigung durch die BNetzA ist in § 17c geregelt. Der Entwurf des ONEP ist der BNetzA zusammen mit dem Entwurf des NEP zur Bestäti- 12 gung vorzulegen. Die parallele Erstellung dient dazu, die entsprechenden Verfahren anzugleichen und Synergien herzustellen.15 § 17d Abs. 7 Nr. 1 a. F. (vor der Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher 13 Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht) hatte die BNetzA ermächtigt, durch Festlegung nähere Bestimmungen zu Inhalt und Verfahren der Erstellung des ONEP zu treffen. Von dieser Ermächtigung hat die BNetzA keinen Gebrauch gemacht.
III. Inhalt des ONEP 1. Festlegungen a) Netzausbaumaßnahmen (Abs. 1 S. 2). Gemäß Abs. 1 S. 2 muss der ONEP alle wirksamen 14 Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der OffshoreAnbindungsleitungen enthalten. Dabei geht es angesichts des Ist-Zustandes des Offshore-Netzes zunächst um den weiteren Ausbau,16 während im Onshore-Netz Optimierung und Verstärkung vorrangig sind.17 Aufzunehmen sind alle Maßnahmen, die für einen schrittweisen, bedarfsgerechten und 15 wirtschaftlichen Ausbau sowie einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich sind. Hierin manifestiert sich der mit Einführung des ONEP angestrebte Systemwechsel18: Der Fokus liegt nicht mehr allein auf dem Ausbau, sondern auch auf Wirtschaftlichkeitserwägungen und dementsprechend einem schrittweisen Vorgehen.19 Für den „bedarfsgerechten“ Ausbau ist nicht mehr auf den individuellen Bedarf der einzelnen Windpark-Projekte abzustellen, sondern auf den im Szenariorahmen und anhand der gesetzlichen Vorgaben für die Ausbau-Kapazitäten ermittelten Bedarf. Die Planung muss auf das Ende des Betrachtungszeitraums im Sinne des § 12a Abs. 1 S. 2 16 ausgerichtet sein. Der dort normierte Betrachtungszeitraum für den Szenariorahmen beträgt 10 bis 15 Jahre. Es fehlt eine Bezugnahme auf § 12a Abs. 1 S. 3 bezüglich des Szenarios für 15 bis 20 Jahre. Dies wird z. T. für ein Redaktionsversehen gehalten, da die Begründung zur Einführung des Verweises auf § 12a20 besagt, dass ein Gleichlauf mit dem neuen Betrachtungszeitraum des Szenariorahmens nach § 12a Abs. 1 S. 2 und 3 erreicht werden soll.21 Die Frage ist letztlich allerdings eher akademischer Natur: Selbst wenn der Wortlaut des Gesetzes nur den aus dem Verweis resultierenden Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren vorsieht, so wurden doch inhaltlich (in Übereinstimmung mit Abs. 2 S. 2) sämtliche Szenarien des Szenariorahmens bei der Erstel15 16 17 18 19 20
BT-Drucks. 17/10754 S. 24 re. Sp. Vgl. z. B. ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 11. Vgl. zum sogenannten NOVA-Prinzip § 12b Rn 24 f.; Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17b Rn 8. Vgl. dazu bereits Rn 5. Näher zur zeitlichen Staffelung Rn 21 ff. Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 10.12.2015, BGBl. I S. 2194. 21 BT-Drucks. 18/6383 S. 20; für ein Redaktionsversehen: Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17b Rn 9. 179
Bader
§ 17b EnWG
III. Inhalt des ONEP
lung des ONEP berücksichtigt.22 Inzwischen wird als Nachfolger des ONEP der FEP erstellt (erstmals in 2019),23 dessen Planungshorizont eigenständig in § 5 Abs. 1 S. 1 WindSeeG normiert ist („mindestens bis zum Jahr 2030“). 17 Der ONEP stellt informatorisch auch das so genannte Startnetz dar. Dieses beinhaltet zum einen sämtliche geplanten und in Betrieb befindlichen Netzanbindungssysteme für OffshoreWindparks, die zur Erfüllung eines individuellen Anspruchs auf Netzanschluss eines Windparkbetreibers aufgrund der alten Rechtslage (§ 118 Abs. 12 i. V. m. § 17 Abs. 2a a. F.) beauftragt wurden oder zur Erfüllung dieses Anspruchs erforderlich sind (Startnetz alt). Zum anderen umfasst es die Anbindungssysteme, die aufgrund eines bestätigten O-NEP beauftragt wurden oder auf denen Offshore-Windparks in der ersten Ausschreibung des Übergangsmodells im Wege eines Zuschlags Kapazität erhalten haben (Startnetz neu).24
18 b) Zeitliche Staffelung: Generelles (Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 S. 1 und 2). Gemäß Abs. 1 S. 2 sind die Ausbaumaßnahmen im ONEP mit einer zeitlichen Staffelung vorzusehen. Gemäß Abs. 2 S. 1 sind jeweils der geplante Termin der Fertigstellung sowie ein verbindlicher25 Termin für den Beginn der Umsetzung anzugeben. Der Termin für den Beginn der Umsetzung wird durch Rückrechnung vom geplanten Termin der Fertigstellung bestimmt. Als Termin für den Beginn der Umsetzung wird dabei das Jahr der Vergabeentscheidung vorgegeben,26 so dass der anbindungsverpflichtete ÜNB entsprechend rechtzeitig vorher ausschreiben muss. Auch hinsichtlich des Fertigstellungstermins wird nur das relevante Jahr bestimmt; der genaue Termin wird erst im Rahmen der Umsetzung des ONEP nach § 17d zu einem späteren Zeitpunkt verbindlich fixiert.27 19 Im ONEP 2025 stand die Zulässigkeit der Beauftragung der Anbindungen unter dem Vorbehalt, dass die jeweiligen Anbindungssysteme nach Durchführung der letzten Ausschreibung im Übergangssystem auch tatsächlich benötigt werden. D. h. eine Beauftragung der bestätigten Anbindungen durfte erst dann erfolgen, wenn in einem der beiden Gebotstermine im Übergangssystem mindestens eines der bestehenden Projekte, welche die betreffende Netzanbindung nutzen könnten, auch tatsächlich einen Zuschlag erhalten hat. Dies wurde im ONEP 20172030 wieder aufgegriffen. Weiter wurde ein Vorbehalt hinsichtlich solcher Leitungen begründet, die erst ab dem Jahr 2026 in Betrieb gehen sollen. Da der ONEP nicht mehr für Festlegungen ab 2026 gilt, durften diese erst beauftragt werden, wenn sie im neuen NEP 2019–2030 erneut bestätigt wurden.28 20 Nach Abs. 2 S. 2 sind neben den von der BNetzA im Szenariorahmen bestätigten Erzeugungskapazitäten29 bei der Planung auch die zu erwartenden Planungs-, Zulassungs- und Errichtungszeiten sowie die am Markt verfügbaren Errichtungskapazitäten30 zu berücksichtigen. Nur durch Berücksichtigung der aktuellen Schätzungen kann realistisch geplant werden. Beispielsweise hat sich herausgestellt, dass die Errichtungszeiten länger sind als in der Vergangenheit angenommen. Im ONEP 2017-2030 setzen die Übertragungsnetzbetreiber die Dauer des Vergabeverfahrens für eine Netzanbindung mit durchschnittlich zwölf Monaten an. Für die Er22 Vgl. z. B. im ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 24; außerdem sind inzwischen letztlich die vom EEG und WindSeeG vorgegebenen Ausbauzahlen zugrunde zu legen, vgl. hierzu Rn 33 ff. 23 Dazu unten Rn 46 sowie näher § 4 WindSeeG Rn 2 ff. 24 BNetzA, Bestätigung des ONEP 2017-2030, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 22. 25 Zu den Rechtswirkungen des ONEP siehe unten Rn 43 f. 26 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 30. 27 Siehe zum Fertigstellungstermin § 17d Rn 12 ff; im FEP wird nunmehr auch das Quartal der Fertigstellung geplant. 28 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 42. 29 Siehe unten Rn 33 ff, auch zu den inzwischen zu berücksichtigenden gesetzlichen Vorgaben. 30 Hierbei handelt es sich um eine Offshore-Besonderheit, welche die §§ 12b ff. nicht kennen, Legler, EWeRK 2013, 5, 7 (in Fn 11). Bader
180
1. Festlegungen
EnWG § 17b
richtung eines DC-Netzanbindungssystems wird von 60 Monaten ausgegangen, für AC-Netzanbindungssysteme mit einer Übertragungskapazität von 750 MW ebenfalls.31
c) Zeitliche Staffelung: Kriterien (Abs. 2 S. 3). Abs. 2 S. 3 nennt eine Reihe von Kriterien 21 für die zeitliche Abfolge der Umsetzung der Netzanbindungen. Die Reihenfolge der Aufzählung der Kriterien im Gesetz ist nicht maßgeblich für ihre Anwendung; die Kriterien sind aus Sicht der BNetzA gesetzlich gleichrangig.32 Die ÜNB wenden mit Zustimmung der BNetzA33 die Kriterien in folgender Reihenfolge an, um die zeitliche Staffelung der erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen: – Kriterium 1: Küstenentfernung – Kriterium 2: Effiziente Nutzung der Anbindungskapazität – Kriterium 3: Geplante Inbetriebnahme der Netzverknüpfungspunkte – Kriterium 4: Realisierungsfortschritt der anzubindenden Offshore-Windparks. Das Kriterium der Küstenentfernung wird deshalb als wichtigstes Kriterium angesehen, weil die Länge der erforderlichen Kabel direkt die Höhe der Kosten beeinflusst. Im Sinne eines für die Stromverbraucher34 effizienten Offshore-Netzausbaus sollen daher küstennahe Cluster zuerst erschlossen werden.35 Zur Vornahme der Staffelung erfolgt eine Einteilung in fünf Entfernungszonen.36 Als zweites Kriterium wird die in Abs. 2 S. 3 genannte effiziente Nutzung der Anbindungskapazität herangezogen. Um eine möglichst effiziente Nutzung der Übertragungskapazität zu erreichen, werden Netzanbindungssysteme bevorzugt dort errichtet, wo ihnen ein möglichst hohes noch zu erschließendes Erzeugungspotenzial gegenübersteht.37 Das Kriterium der geplanten Inbetriebnahme der Netzanknüpfungspunkte an Land wird nicht zur Ermittlung der zeitlichen Staffelung, sondern zur Überprüfung der anhand der Kriterien 1 und 2 erhaltenen zeitlichen Staffelung verwendet. Es wird überprüft, ob hinreichend sinnvolle Netzverknüpfungspunkte für die sich aus der Staffelung ergebenden Netzanbindungssysteme existieren.38 Wenn das nicht der Fall ist, wird die Reihenfolge der Anbindungsmaßnahmen entsprechend angepasst. Das Kriterium des Realisierungsfortschritts der anzubindenden Offshore-Windparks dient erst im letzten Schritt als Plausibilitätskontrolle: Die zeitliche Staffelung, die sich anhand der Kriterien 1, 2 und 3 ergibt, wird daraufhin geprüft, ob sie im Hinblick auf den aktuellen Planungs- und Realisierungsfortschritt bzw. die Realisierungswahrscheinlichkeit der anzubindenden OWP zu grob unangemessenen Ergebnissen führen würde.39 Die Aufzählung der Kriterien in Abs. 2 S. 3 ist aufgrund des offenen Wortlauts („können“) nicht zwingend.40 Ausweislich der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ist sie auch nicht 31 ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 35; grundsätzlich bestätigt durch BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 6138572/1/2, S. 30. 32 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 25. 33 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 25 ff; eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Kriterien findet sich in BNetzA, Bestätigung des ONEP 2013 v. 19.12.2013, S. 40 ff Der ONEP 2013 wird inzwischen nach seinem Planungshorizont auch als ONEP 2023 bezeichnet. 34 Die letztlich die Kosten des Ausbaus tragen, siehe näher § 17f Rn 20 ff. 35 ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 36. 36 Eine Abbildung der Zonen findet sich z. B. auf S. 37 des ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB. Anzumerken ist, dass gemäß § 26 Abs. 2 WindSeeG die außerhalb der Cluster 1–8, also der Zonen 1 und 2, liegenden Projekte keine „bestehenden Projekte“ sind und daher nicht an den Übergangsausschreibungen teilnehmen konnten. Die Cluster 9 ff können somit erst ab 2026, d. h. im Planungsregime des FEP, relevant werden. 37 ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 38. 38 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 27. 39 ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 38. 40 BK-EnR Uibeleisen § 17b Rn 26. 181
Bader
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§ 17b EnWG
III. Inhalt des ONEP
abschließend. Im ONEP – wurden jedoch keine anderen oder zusätzlichen Kriterien herangezogen.41
27 d) Clusterübergreifende Anbindungen (Abs. 3). Abs. 3 ermöglicht die Planung von clusterübergreifenden Netzanbindungen für „bestehende Projekte“ im Sinne des § 26 WindSeeG. Die Vorschrift steht vor dem Hintergrund der Einführung des Ausschreibungsverfahrens für „bestehende Projekte“ in §§ 26 ff WindSeeG. 28 Grundlage für die Festlegung von clusterübergreifenden Netzanbindungen sind die im BFO getroffenen Festlegungen dazu, inwieweit dies fachplanerisch möglich ist. Erforderlich ist, dass sowohl der BFO als auch der ONEP zum Ergebnis kommen, dass eine clusterübergreifende Anbindung des Projekts ausnahmsweise erfolgen kann und dies gemäß § 17d Abs. 3 für eine effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitung erforderlich ist.42 Zwar besagte die Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 16 a. F. eigentlich, dass das Verfahren 29 zur Erstellung und Bestätigung des ONEP 2025 noch nach den alten Vorschriften zu Ende geführt werden sollte. Zum Zeitpunkt der Bestätigung durch die BNetzA war der neue Abs. 3 auch noch nicht in Kraft getreten. Allerdings hat die BNetzA zu Recht gesehen, dass sich die Regelung ausdrücklich auf bestehende Windparkprojekte im Sinne des § 26 Abs. 2 WindSeeG, mithin auf das Übergangssystem bezieht, so dass sich der neue Abs. 3 nur auf den ONEP 2025 beziehen kann, der die Anbindungssysteme für die Ausschreibungen im Übergangssystem regelt. Daher ist sie zu Recht von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers ausgegangen und hat den neuen Abs. 3 angewendet.43 Vor diesem Hintergrund hat die BNetzA im ONEP 2025 für die Nordsee eine clusterübergrei30 fende Anbindung für die Cluster 7 und 6 (im Sinne des BFO-N) bestätigt. Weiter hat sie für die Ostsee drei eigentlich zum Cluster 2 gehörende Netzanbindungen für die clusterübergreifende Anbindung auch der Cluster 1 und 4 (jeweils im Sinne des BFO-O) bestätigt.44 Im ONEP 20172030 kam eine weitere Möglichkeit der clusterübergreifenden Anbindung in der Ostsee hinzu.45
2. Stand der Umsetzung (Abs. 2 S. 5) 31 Abs. 2 S. 5 verlangt, dass im ONEP jeweils der Stand der Umsetzung des vorangehenden ONEP berichtet wird. Weiter sind im Falle von Verzögerungen die dafür maßgeblichen Gründe anzugeben. Hierdurch wird ein Monitoring der Umsetzung des ONEP durch die ÜNB selbst erreicht.46 Weiter werden die relevanten Informationen über Verzögerungen und deren Gründe auf diese Weise nicht nur der BNetzA, sondern auch öffentlich bekannt. Die BNetzA kann die Gründe ggf. bei einer Entscheidung über Durchsetzungsmaßnahmen berücksichtigen.47 Die Identifizierung der Gründe für Verzögerungen dient auch dazu, dass diese bei der Fortschreibung des ONEP berücksichtigt werden können,48 um eine realistische Planung zu erhalten. 41 Das früher für den ONEP 2013 (der inzwischen nach seinem Planungshorizont auch als ONEP 2023 bezeichnet wird) von den ÜNB vorgeschlagene zusätzliche Kriterium der Lage von Offshore-Windparks in raumordnungsrechtlich ausgewiesenen Vorrang- oder Eignungsgebieten wurde von der BNetzA abgelehnt, dazu Brinktrine/Harke/Ludwigs/Remien/Pries S. 84 ff. 42 BT-Drucks. 18/8860 S. 335. Der Grundsatz der clusterinternen Anbindung wurde bestätigt von OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.3.2016 – VI-3 Kart 169/14(V). 43 BNetzA, Beschl. v. 25.11.2016 – 613-8572/1/1, S. 35 f Der Beschluss wurde erst am 1.1.2017 als Datum des Inkrafttretens der Neuregelungen wirksam, S. 2 des Beschlusses. 44 BNetzA, Beschl. v. 25.11.2016 – 613-8572/1/1, S. 2 mit Begründung auf S. 35 bis 37. 45 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 38 f. 46 Kment/Schink § 17b Rn 13; Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17b Rn 21. 47 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17b Rn 16. 48 Kment/Schink § 17b Rn 13. Bader
182
2. Bundesfachplan Offshore (Abs. 1 S. 2)
EnWG § 17b
In der Praxis wird die BNetzA die Information über Verzögerungen und deren Gründe 32 bereits unabhängig von der nächsten Fortschreibung des ONEP erhalten. Wenn sich Verzögerungen abzeichnen, wird die BNetzA üblicherweise von den Betreibern der auf die betreffende Netzanbindung angewiesenen Offshore-Windparks involviert, auch außerhalb von formellen Verfahren. Sie erhält dann ggf. auch Kopien der relevanten Korrespondenz sowohl von den Betreibern der betroffenen Offshore-Windparks als auch vom ÜNB und erlangt in solchen Fällen detailliertere Informationen als über den ONEP.
IV. Zu beachtende Vorgaben 1. Erzeugungskapazitäten (Abs. 1 S. 1 und 3, Abs. 2 S. 2) Grundlage des ONEP ist gemäß Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 der genehmigte Szenariorahmen nach § 12a. Die dort genannten Erzeugungskapazitäten sind dem ONEP zugrunde zu legen. Dabei ist grundsätzlich die prognostizierte Offshore-Erzeugungsleistung des vorangegangenen Szenariorahmens maßgeblich, d. h. für den ONEP 2017-2030 gelten grundsätzlich die Angaben des Szenariorahmens 2017-2030. Allerdings sind gemäß dem mit Wirkung vom 1.1.2017 eingefügten Abs. 1 S. 3 die Ausbauziele des § 4 Nr. 2 EEG und § 1 WindSeeG zugrunde zu legen. Weiter ist die Verteilung des Zubaus nach § 27 Abs. 4 WindSeeG zu berücksichtigen, d. h. die dort normierten jährlichen Zubauraten für die Jahre 2021 bis 2025 sowie auch die Tatsache, dass der Zubau im Jahr 2021 ausschließlich in der Ostsee erfolgen soll. Besondere Vorgaben für den ONEP 2025 enthält außerdem § 118 Abs. 20: Der ONEP 2025 muss alle Maßnahmen enthalten, die erforderlich sind, um einen hinreichenden Wettbewerb unter den bestehenden Projekten im Rahmen der Ausschreibung nach § 26 WindSeeG zu gewährleisten. Der ONEP 2025 soll für die Ostsee die zur Erreichung der in § 27 Abs. 3 und 4 WindSeeG festgelegten Menge erforderlichen Maßnahmen mit einer geplanten Fertigstellung ab dem Jahr 2021 vorsehen, jedoch eine Übertragungskapazität von 750 MW insgesamt nicht überschreiten. Der ONEP 2025 soll für die Nordsee die zur Erreichung der Verteilung nach § 27 Abs. 4 WindSeeG erforderlichen Maßnahmen mit einer geplanten Fertigstellung ab dem Jahr 2022 vorsehen. Vor diesem Hintergrund ist die BNetzA in der Bestätigung des ONEP 2025 von den Vorgaben des Szenariorahmens 2025 abgewichen. Ohne diese Abweichung hätte es an einer ausreichenden Anzahl bestätigter Netzanbindungssysteme für die Jahre 2021 bis 2025 in Nord- und Ostsee gefehlt, da die alte Rechtslage noch einen geringeren Ausbau an Offshore-Anbindungen vorsah.49
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2. Bundesfachplan Offshore (Abs. 1 S. 2) Gemäß Abs. 1 S. 2 ist der jeweils aktuelle BFO zu berücksichtigen. Relevant sind dabei insbe- 37 sondere solche Regelungen, die Auswirkung auf die Mengenplanung haben, z. B. die standardisierten Technikvorgaben. Die Offshore-Netzplanung ist insofern anders strukturiert als die Onshore-Netzplanung: 38 Der NEP nach § 12b EnWG wird auf der Grundlage des Szenariorahmens erstellt und legt seinerseits die Basis für die Festlegung von Trassen im Wege der Bundesfachplanung. Dagegen sind 49 BNetzA, Beschl. v. 25.11.2016 – 613-8572/1/1, S. 19 f Da sich der Beschluss bereits auf die neue Rechtslage stützte, war er aufschiebend befristet auf den 1.1.2017 als Datum des Inkrafttretens der neuen Vorschriften. Der Beschluss ist abrufbar unter: https://www.netzentwicklungsplan.de/de/netzentwicklungsplaene/netzentwicklungsplaene2025. 183
Bader
§ 17b EnWG
V. Verfahren (Abs. 4)
dem ONEP die Trassen oder Trassenkorridore bereits durch den BFO vorgegeben. Das mag sich dadurch erklären, dass der ONEP, anders als der NEP an Land, nicht an eine vorhandene Erzeugungs- und Netzstruktur anknüpfen kann, sondern überwiegend prospektiv auf den zukünftigen Ausbau der Offshore-Windenergie ausgerichtet ist.50
3. NEP (Abs. 2 S. 6) 39 Gemäß Abs. 2 S. 6 muss der Entwurf des ONEP mit dem NEP im Einklang stehen und hat den nach Art. 8 Abs. 3b der VO (EG) Nr. 714/2009 erstellten gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan zu berücksichtigen. Die Abstimmung mit dem NEP ist dabei zwingend, wie sich aus dem Wortlaut ergibt.51 Der ONEP berücksichtigt die im NEP ausgewiesenen Maßnahmen zur Netzoptimierung, Netzverstärkung und zum Netzausbau an Land. Er übernimmt als Eingangsgrößen die Netzverknüpfungspunkte, die das Ergebnis der im Rahmen des NEP durchgeführten Netzanalysen sind.52
4. Technische Standardisierungen (Abs. 2 S. 4) 40 Abs. 2 S. 4 fordert eine weitgehende Berücksichtigung von technischen Standardisierungen. Hierdurch wird ebenso wie durch die Möglichkeit entsprechender Vorgaben im BFO (§ 17a Abs. 1 S. 2 Nr. 7) eine Vereinheitlichung und damit einhergehende Kostenreduktion angestrebt.53 Die technischen Grundsätze der Netzanbindungskonzepte sind selbst nicht Gegenstand des ONEP. Entsprechende Festlegungen sind vielmehr Bestandteil des BFO, der standardisierte Technikvorgaben und Planungsgrundsätze definiert und festlegt. Die Festlegungen des BFO sind feste Einflussgrößen, die im ONEP zu berücksichtigen sind.54 Gleichzeitig wird die Beibehaltung des technischen Fortschritts angeordnet. Somit muss 41 die Planung im ONEP nicht auf Basis standardisierter Lösungen erfolgen, wenn sich fortschrittlichere, aber noch nicht standardisierte Lösungen anbieten. Allerdings muss der technische Fortschritt im ONEP nicht aktiv vorangetrieben werden: Eine Pflicht zur Einplanung von Prototypen55 sieht § 17b anders als § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 3 nicht vor.
V. Verfahren (Abs. 4) 42 Für den Verfahrensablauf gilt § 12b Abs. 3 bis 5 entsprechend. Aus dem Verweis auf § 12b Abs. 3 ergibt sich, dass der ONEP ebenso wie der NEP in einem Zwei-Jahres-Rhythmus zu erstellen ist.56 Auch ansonsten entspricht das Verfahren dem Verfahren bei der Erstellung des NEP. Auf die Kommentierung zu § 12b Abs. 3 bis 5 wird daher verwiesen.57
50 51 52 53 54 55
Schneider/Theobald/Hermes § 7 Rn 71. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17b Rn 23. ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 17. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17b Rn 19. Vgl. z. B. ONEP 2017-2030, 2. Entwurf der ÜNB, S. 34 f. Für Pilotanlagen von Windenergieanlagen auf See gibt es allerdings Sonderregeln (vgl. §§ 68 ff WindSeeG und § 5 Abs. 2 WindSeeG). 56 Vgl. dazu auch § 17a Rn 12 f. 57 § 12b Rn 116 ff, 46. Bader
184
VII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 5)
EnWG § 17b
VI. Rechtswirkungen Die Rechtswirkungen des ONEP sind in § 17b nicht ausdrücklich normiert. Sie ergeben sich aus 43 § 17d: Der ONEP ist verbindlich für die anbindungsverpflichteten ÜNB. Sie haben die Netzanbindungen nach den planerischen Vorgaben zu errichten und zu betreiben (§ 17d Abs. 1 S. 1) und insbesondere auch die zeitlichen Vorgaben einzuhalten (§ 17d Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1). Dementsprechend ist auch der gemäß Abs. 2 S. 1 verbindliche Termin zum Beginn der Umsetzung nur insoweit verbindlich, als dass er eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des anbindungsverpflichteten ÜNB begründet, die der Kontrolle durch die BNetzA unterliegt.58 Der ONEP vermittelt jedoch keine unmittelbaren Rechte für Dritte, insbesondere nicht für 44 die Betreiber von Windenergieanlagen auf See.59 Diesen stehen bei Verspätung des Netzanschlusses Entschädigungsansprüche nach § 17e Abs. 2 zu. Die Entschädigungsregelung knüpft aber nicht an die Daten gemäß ONEP an, sondern an den verbindlich gewordenen Fertigstellungstermin nach § 17d Abs. 2 S. 10 (bzw. diesem gesetzlich gleichgestellte Termine, § 17e Abs. 2 S. 6 und 7). Die Bestätigung des ONEP durch die BNetzA ist als Entscheidung der Regulierungsbehörde 45 mit dem Rechtsbehelf der Beschwerde angreifbar, allerdings gemäß § 75 Abs. 2 nur durch Verfahrensbeteiligte. Die Beschwerde hat gemäß § 76 Abs. 1 keine aufschiebende Wirkung.60
VII. Übergang zum Flächenentwicklungsplan (Abs. 5) Abs. 5 besagt, dass ab dem 1.1.2018 kein ONEP mehr vorzulegen ist. Der ONEP 2017-2030 ist 46 somit der letzte ONEP. Gemäß § 7 Nr. 2 WindSeeG wird der ONEP für Festlegungen ab dem Jahr 2026 teilweise durch Festlegungen in dem in §§ 4 ff WindSeeG neu eingeführten Flächenentwicklungsplan (FEP) und teilweise durch Festlegungen im Netzentwicklungsplan (NEP) gemäß § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 abgelöst. Für die Jahre bis einschließlich 2025 gilt der ONEP weiter. Dies betrifft Anbindungsleitungen für Windenergieanlagen auf See, die bis zum 31.12.2020 in Betrieb genommen werden, sowie auch für solche, die in den Übergangsausschreibungen nach §§ 26 ff WindSeeG einen Zuschlag erhalten haben.61
58 BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 31. 59 So zum verbindlichen Termin des Beginns der Umsetzung (Abs. 2 S. 2) BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/ 1/2, S. 31. Die Möglichkeit einer Inzidentkontrolle wurde angesprochen und offen gelassen von OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.3.2016 – VI-3 Kart 169/14(V). 60 Näher zum Rechtsschutz § 17c Rn 9 f. 61 Siehe § 28 WindSeeG zur Anbindungsplanung für sogenannte bestehende Projekte (gemäß § 26 WindSeeG). 185
Bader
§ 17c Prüfung und Bestätigung des Offshore-Netzentwicklungsplans durch die Regulierungsbehörde sowie Offshore-Umsetzungsbericht der Übertragungsnetzbetreiber (1) Die Regulierungsbehörde prüft in Abstimmung mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die Übereinstimmung des Offshore-Netzentwicklungsplans mit den Anforderungen nach § 17b. Im Übrigen ist § 12c entsprechend anzuwenden. Die Bestätigung des Offshore-Netzentwicklungsplans erfolgt für Maßnahmen nach § 17b Absatz 1 Satz 2, deren geplanter Zeitpunkt der Fertigstellung nach dem Jahr 2025 liegt, unter dem Vorbehalt der entsprechenden Festlegung der jeweiligen OffshoreAnbindungsleitung im Flächenentwicklungsplan nach § 5 des Windenergie-auf-SeeGesetzes. (2) Die Regulierungsbehörde kann in Abstimmung mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eine bereits erfolgte Bestätigung des Offshore-Netzentwicklungsplans nach Bekanntmachung der Zuschläge nach § 34 des Windenergie-auf-See-Gesetzes aus dem Gebotstermin vom 1. April 2018 ändern, soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die betreffende Offshore-Anbindungsleitung noch nicht beauftragt hat und die Änderung für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitung erforderlich ist. (3) Die Betreiber von Übertragungsnetzen legen der Regulierungsbehörde jeweils spätestens bis zum 30. September eines jeden geraden Kalenderjahres, beginnend mit dem Jahr 2018, einen gemeinsamen Offshore-Umsetzungsbericht vor, den diese in Abstimmung mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie prüft. Dieser Bericht muss Angaben zum Stand der Umsetzung des zuletzt bestätigten Offshore-Netzentwicklungsplans und im Falle von Verzögerungen der Umsetzung die dafür maßgeblichen Gründe enthalten. Die Regulierungsbehörde veröffentlicht den Umsetzungsbericht und gibt allen tatsächlichen und potenziellen Netznutzern Gelegenheit zur Äußerung. Ab dem Jahr 2020 ist kein Offshore-Umsetzungsbericht mehr von den Übertragungsnetzbetreibern vorzulegen.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 Regelungszusammenhang und Überblick über 1 die Norm 3 Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
Bestätigung des ONEP Verfahren (Abs. 1 S. 1) Inhalt (Abs. 1 S. 1 und 2)
4 4
3. 4.
Änderung der Bestätigung (Abs. 2) 9 Rechtsschutz
III. 1. 2. 3.
Offshore-Umsetzungsbericht (Abs. 3) 11 Regelungszusammenhang 12 Zweck und Inhalt 14 Verfahren
8
11
6
I. Allgemeines 1. Regelungszusammenhang und Überblick über die Norm 1 § 17c steht in engem Zusammenhang mit § 17b, welcher den Offshore-Netzentwicklungsplan (ONEP) regelt. Abs. 1 bestimmt zunächst Einzelheiten zu der bereits in § 17b Abs. 1 S. 1 angesprochenen Bestätigung des ONEP durch die BNetzA. Abs. 2 erlaubt es der BNetzA, eine bereits
Bader https://doi.org/10.1515/9783110670516-014
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1. Verfahren (Abs. 1 S. 1)
EnWG § 17c
erfolgte Bestätigung des ONEP noch zu ändern, wenn sich nach dem zweiten Gebotstermin der Übergangsausschreibungen nach § 26 ff WindSeeG eine Notwendigkeit dafür ergibt. So wird eine Anpassung der Netzplanung an das Ausschreibungsergebnis ermöglicht. Abs. 3 verlangt die Erstellung eines Offshore-Umsetzungsberichts durch die ÜNB, der Angaben zum Stand der Umsetzung des zuletzt bestätigten ONEP enthält. Ebenso wie §§ 17a, 17b tritt § 17c mit Ablauf des Jahres 2025 außer Kraft.1 Ab diesem 2 Zeitpunkt gilt gemäß § 7 WindSeeG nur noch das Planungsregime des sogenannten „zentralen Systems“.2
2. Entstehungsgeschichte § 17c wurde durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vor- 3 schriften vom 20.12.20123 geschaffen. Die Vorschrift wurde neu gefasst durch das Erste Gesetz zur Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 10.12.2015.4 Neben einer redaktionellen Änderung wurde der Offshore-Umsetzungsbericht eingeführt. Durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20165 wurden Abs. 1 S. 3 sowie der jetzige Abs. 2 eingefügt. Weiter wurde der jetzige Abs. 3 durch S. 4 ergänzt. Abs. 2 wurde sodann noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen am 1.1.2017 nochmals geändert: Mit dem Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22.12.20166 wurde das Datum des in Abs. 2 genannten Gebotstermins ebenso wie im WindSeeG auf den 1. April 2018 geändert.
II. Bestätigung des ONEP 1. Verfahren (Abs. 1 S. 1) Zuständige Regulierungsbehörde ist nach § 54 Abs. 1 die BNetzA. Sie prüft den ONEP in Abstim- 4 mung mit dem BSH. Der Begriff der „Abstimmung“ ist dabei als „Benehmen“ zu verstehen, d. h. das BSH ist anzuhören, ihm kommt aber kein Vetorecht zu. Dafür spricht auch, dass der ONEP nur der BNetzA vorzulegen ist.7 Dabei reicht das Erfordernis der Abstimmung mit dem BSH nur so weit, wie dessen Aufgabenbereich betroffen ist; demnach betrifft die Abstimmung insbesondere die von § 17b Abs. 1 S. 2 geforderte Berücksichtigung der Festlegungen des BFO.8 Für das Verfahren gilt ansonsten § 12c entsprechend; auf dessen Kommentierung wird 5 verwiesen.9
1 Art. 25 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016, BGBl. I 2016 S. 2258. Siehe zum zentralen System § 4 WindSeeG Rn 2 ff. BGBl. I 2012 S. 2730. BGBl. I 2015 S. 2194. BGBl. I 2016 S. 2258. BGBl. I 2016 S. 3106. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17c Rn 5; siehe zum Begriff der Abstimmung auch bereits § 17a Rn 9. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17c Rn 3; Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17c Rn 5. Auch die entsprechende Anwendung der Verfahrensregelungen verdeutlicht, dass die Netzentwicklungsplanung Onshore und Offshore so weit wie möglich parallel erfolgen soll, BT-Drucks. 17/10754 S. 25 li.Sp.
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Bader
§ 17c EnWG
II. Bestätigung des ONEP
2. Inhalt (Abs. 1 S. 1 und 2) 6 Gemäß Abs. 1 S. 1 ist die Übereinstimmung des ONEP mit den Anforderungen nach § 17b zu prüfen. Dabei werden sämtliche dort normierten Anforderungen an den Inhalt des ONEP geprüft. Die von den ÜNB bei Aufstellung des ONEP getroffenen Wertungen, insbesondere hinsichtlich der zeitlichen Staffelung der Netzanbindungen, unterliegen der Überprüfung durch die BNetzA.10 Diese darf allerdings nicht ihre eigenen Planungen an die Stelle der Planungen der ÜNB setzen, solange die Anforderungen des § 17b eingehalten sind.11 Ausbaumaßnahmen, deren geplante Fertigstellung nach dem Jahr 2025 liegt, sind nach 7 Abs. 1 S. 2 nur unter dem Vorbehalt der entsprechenden Festlegung der jeweiligen OffshoreAnbindungsleitung im FEP nach § 5 WindSeeG zu bestätigen. So soll sichergestellt werden, dass der ONEP zwar für den Betrachtungszeitraum des § 12a Abs. 1 S. 2 Offshore-Anbindungsleitungen vorsieht, aber für das zentrale System12 keine unumkehrbaren Vorfestlegungen treffen kann. Zugleich verhindert die Vorschrift, dass bei den ÜNB oder Betreibern von Offshore-WEA ein Vertrauensschutz hinsichtlich von Maßnahmen ab 2026 entstehen könnte.13 Die Planungsinstrumente für Offshore-Anbindungsleitungen im Rahmen des zentralen Systems nach 2025 sind der FEP und der NEP (welcher die Festlegungen des FEP zugrunde legt).14 Tipp Die Bestätigungs-Entscheidungen der BNetzA sind unter https://www.netzausbau.de/Wissen/Ausbaubedarf/Netzentwicklungsplan/de.html bzw. im dort verlinkten Archiv zu finden. Aus der Entscheidung der BNetzA lässt sich entnehmen, inwieweit der von den ÜNB vorgelegte 2. Entwurf des ONEP bestätigt wurde. Es wird allerdings keine finale, konsolidierte Fassung des ONEP erstellt. Daher sind die Bestätigung der BNetzA und der 2. Entwurf der ÜNB zusammen zu lesen. Dabei ist zu beachten, dass der Entwurf ggf. nur teilweise bestätigt wurde.
3. Änderung der Bestätigung (Abs. 2) 8 Nach Abs. 2 kann die BNetzA den bereits bestätigten ONEP nach dem Gebotstermin 1.4.2018 (d. h. dem zweiten und letzten Gebotstermin im Übergangssystem nach §§ 26 ff WindSeeG) ändern. Voraussetzung ist zum einen, dass der anbindungsverpflichtete ÜNB die betreffende Offshore-Anbindungsleitung noch nicht beauftragt hat, da wirtschaftliche Nachteile für den ÜNB und den Auftragnehmer vermieden werden sollen.15 Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Änderung für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitung erforderlich ist. Hiermit ist der Fall gemeint, dass sich nach Durchführung der Übergangsausschreibungen zeigt, dass die bisherige Bestätigung im ONEP zu Fehlentwicklungen der Netzinfrastruktur, insbesondere zu vermeidbaren Leerständen führt.16 Da ab 1.1.2018 kein ONEP mehr zu erstellen ist, der zweite Gebotstermin im Übergangssystem jedoch erst in 2018 stattfand, hat die BNetzA in ihrer Bestätigung des ONEP 2017-2030 eine erneute Prüfung der im O-NEP 2025 bestätigten Anbindungsleitungen nach dem zweiten Gebotstermin erst im 10 BT-Drucks. 17/10754 S. 25; zur Prüftiefe Geber S. 198 ff mit dem Ergebnis, dass eine sehr strenge Prüfung vorzunehmen ist. Auch Broemel, ZUR 2013, 408, 411 sieht einen weitreichenden Entscheidungsspielraum der BNetzA bei der Prüfung. 11 Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17c Rn 28. 12 D. h. das System der Ausschreibung von Offshore-Windparks auf staatlicherseits vorentwickelten Flächen nach §§ 16 ff WindSeeG. 13 Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17c Rn 12. 14 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 15 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 16 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. Hintergrund ist, dass der ONEP zunächst Netzanbindungen für alle Projekte vorsehen musste, die in den Übergangsausschreibungen teilnahmeberechtigt waren. Eine tatsächliche Errichtung ist aber nur erforderlich, soweit Projekte einen Zuschlag erhalten haben, welche die jeweilige Netzanbindung benötigen. Bader
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2. Zweck und Inhalt
EnWG § 17c
Rahmen des erweiterten landseitigen NEP nach § 12b Satz 4 Nr. 7 EnWG (unter Zugrundlegung der Festlegungen des FEP) vorgesehen.17
4. Rechtsschutz Die Bestätigung des ONEP durch die BNetzA ist als Entscheidung der Regulierungsbehörde mit 9 dem Rechtsbehelf der Beschwerde angreifbar, allerdings gemäß § 75 Abs. 2 nur durch Verfahrensbeteiligte. In Betracht kommt je nach Sachlage eine Anfechtungsbeschwerde (gegen Inhalte der Bestätigung) oder Verpflichtungsbeschwerde (auf Erlass einer anders lautenden Bestätigung). Sofern die BNetzA ein Änderungsverlangen gestellt hatte, müssen die ÜNB dieses ggf. separat angreifen, um bei einer Anfechtung der Bestätigung nicht am Rechtsschutzbedürfnis zu scheitern.18 Die Beschwerde hat gemäß § 76 Abs. 1 keine aufschiebende Wirkung. Eine Anfechtung durch Dritte, insbesondere die Betreiber/Entwickler von Offshore-Wind- 10 parks, ist dagegen durch §§ 17c Abs. 1 S. 2, 12c Abs. 4 S. 2 ausgeschlossen. Dies steht im Einklang damit, dass der ONEP Dritten auch keine direkten Rechte gewährt.19 Ebenso wie beim BFO können Dritte auch beim ONEP nur eine inzidente Überprüfung im Rahmen des Rechtsschutzes gegen eine Zuweisungsentscheidung nach § 17d erreichen.20
III. Offshore-Umsetzungsbericht (Abs. 3) 1. Regelungszusammenhang Zunächst waren jeweils im ONEP selbst gemäß § 17b Abs. 2 S. 5 Angaben zum Stand der Umset- 11 zung des vorangehenden ONEP zu machen sowie die Gründe für etwaige Verzögerungen anzugeben.21 Gemäß § 17b Abs. 5 ist ab dem 1. Januar 2018 kein ONEP mehr vorzulegen. Die entsprechenden Angaben werden durch einen eigenen Offshore-Umsetzungsbericht gemäß Abs. 3 ersetzt, der ab 2018 in jedem geraden Kalenderjahr bis zum 30. September22 von den ÜNB vorzulegen ist. Auch das Instrument eines eigenständigen Offshore-Umsetzungsberichts ist jedoch inzwischen ausgelaufen: Gemäß Abs. 3 S. 4 ist ab dem Jahr 2020 kein Offshore-Umsetzungsbericht mehr vorzulegen. Dessen Inhalte werden in den Umsetzungsbericht nach § 12d überführt.23 Die Erstellung eines einheitlichen Umsetzungsberichts steht im Zusammenhang damit, dass beginnend mit dem Entwurf des Jahres 2018 gemäß § 12b Abs. 1 Nr. 7 auch Inhalte der Offshore-Netzplanung in den NEP aufgenommen wurden.
2. Zweck und Inhalt Der Zweck des Offshore-Umsetzungsberichts ist in der Gesetzesbegründung erläutert: Der 12 Offshore-Umsetzungsbericht gibt die Möglichkeit, den Umsetzungsstand der notwendigen Projekte im Offshore-Strombereich zu verfolgen und zu prüfen, welches die Ursachen für etwaige 17 18 19 20
BNetzA, Beschl. v. 22.12.2017 – 613-8572/1/2, S. 18. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17c Rn 24. Vgl. bereits § 17b Rn 44. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17c Rn 25; eine direkte Rechtsschutzmöglichkeit betroffener Windparkbetreiber aus verfassungsrechtlichen Gründen erwägen Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer/Heinitz § 17c Rn 17. 21 Siehe dazu § 17b Rn 31. 22 Hierdurch soll ein zeitlicher Gleichlauf zum Quartalsmonitoring nach dem Bundesbedarfsplangesetz hergestellt werden, BT-Drucks. 18/6383 S. 20. 23 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 189
Bader
§ 17c EnWG
III. Offshore-Umsetzungsbericht (Abs. 3)
Verzögerungen in der Umsetzung sind. Damit dient der Offshore-Umsetzungsplan der Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen an die jährliche Feststellung des Marktverschlusses durch vertikal integrierte Transportnetzbetreiber in Art. 22 RL 2009/72/EG.24 13 Der von Abs. 3 S. 2 geforderte Inhalt des Offshore-Umsetzungsberichts entspricht den zunächst im ONEP geforderten Angaben nach § 17b Abs. 2 S. 5. Auf die Kommentierung dieser Regelung kann daher verwiesen werden.25 Die Gesetzesbegründung erläutert zusätzlich, dass insbesondere Angaben zu den Vorhaben, die für die nächsten drei Jahre nach dem OffshoreUmsetzungsbericht ausgewiesen sind, erwartet werden. Anzugeben ist der tatsächliche Stand sowie bei Verzögerungen die Gründe dafür; neue Bedarfsberechnungen sind nicht durchzuführen.26
3. Verfahren 14 Der Offshore-Umsetzungsbericht war gemeinsam von den ÜNB zu erstellen. Die Prüfung des Berichts oblag der BNetzA, in Abstimmung27 mit dem BSH. 15 Gemäß Abs. 3 S. 3 veröffentlicht die BNetzA den Offshore-Umsetzungsbericht28 und gibt allen tatsächlichen und potentiellen Netznutzern Gelegenheit zur Äußerung. Die Erwähnung der potentiellen Netznutzer ist sinnvoll, da die Entwickler von Offshore-Windparks bei Verzögerungen der Offshore-Netzanbindungen gerade noch nicht Netznutzer sind. Das Ergebnis der Äußerungen kann in Vorgaben im Rahmen der Netzplanung oder in andere Regulierungsverfahren einfließen.29
24 25 26 27 28
BT-Drucks. 18/6383 S. 20; die RL 2009/72/EG v. 13.7.2009 ist veröffentlicht im ABl EG Nr. L 211, S. 55. § 17b Rn 31. BT-Drucks. 18/6383 S. 20. Zum Begriff der Abstimmung bereits oben Rn 4 und § 17a Rn 9. Abrufbar unter https://www.netzentwicklungsplan.de/de/umsetzungsbericht-zum-nep-und-o-nep-2030-version2017-veroeffentlicht. 29 BT-Drucks. 18/6383 S. 20 spricht hinsichtlich der Berücksichtigung bei der Netzplanung vom ONEP, der jedoch ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr vorzulegen ist. Bader
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§ 17d Umsetzung der Netzentwicklungspläne und des Flächenentwicklungsplans (1)
(2)
Betreiber von Übertragungsnetzen, in deren Regelzone die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll (anbindungsverpflichteter Übertragungsnetzbetreiber), haben die Offshore-Anbindungsleitungen entsprechend den Vorgaben des Offshore-Netzentwicklungsplans und ab dem 1. Januar 2019 entsprechend den Vorgaben des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu errichten und zu betreiben. Sie haben mit der Umsetzung der Netzanbindungen von Windenergieanlagen auf See entsprechend den Vorgaben des Offshore-Netzentwicklungsplans und ab dem 1. Januar 2019 entsprechend den Vorgaben des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu beginnen und die Errichtung der Netzanbindungen von Windenergieanlagen auf See zügig voranzutreiben. Eine Offshore-Anbindungsleitung nach Satz 1 ist ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung ein Teil des Energieversorgungsnetzes. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber beauftragt die Offshore-Anbindungsleitung so rechtzeitig, dass die Fertigstellungstermine in den im Flächenentwicklungsplan und im Netzentwicklungsplan dafür festgelegten Kalenderjahren einschließlich des Quartals im jeweiligen Kalenderjahr liegen. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber beauftragt die Offshore-Anbindungsleitung nicht, bevor die Eignung einer durch sie anzubindenden Fläche zur Nutzung von Windenergie auf See gemäß § 12 des Windenergie-auf-See-Gesetzes festgestellt wurde. In diesem Fall beauftragt er die Offshore-Anbindungsleitung unverzüglich nach der Eignungsfeststellung. Er kann die Offshore-Anbindungsleitung abweichend von Satz 2 bereits nach der Bekanntmachung des Verfahrens zur Voruntersuchung einer Fläche nach § 12 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes beauftragen, wenn die Fläche im Flächenentwicklungsplan festgelegt ist und anderenfalls die Einhaltung der Fertigstellungstermine nach Satz 1 nicht gewährleistet ist. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber hat nach Auftragsvergabe die Daten der voraussichtlichen Fertigstellungstermine der Offshore-Anbindungsleitung der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Soweit eine landseitige Maßnahme im Sinn des § 12b Absatz 2 Satz 1 erforderlich ist, 1. um die Offshore-Anbindungsleitung unmittelbar ausgehend vom Netzverknüpfungspunkt an das bestehende landseitige Übertragungsnetz anzubinden und 2. um mindestens 70 Prozent der Kapazität der Offshore-Anbindungsleitung im Kalenderjahr nach dem voraussichtlichen Fertigstellungstermin übertragen zu können, hat der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber gegenüber der Regulierungsbehörde bis zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Ausschreibung eine Stellungnahme abzugeben, wenn die Maßnahme im Sinn des § 12b Absatz 2 Satz 1 zum voraussichtlichen Fertigstellungstermin der Offshore-Anbindungsleitung nicht in Betrieb gehen wird und keine geeigneten Alternativen umsetzbar sind. Nach Bekanntmachung der voraussichtlichen Fertigstellungstermine nach Satz 5 hat der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber mit den Betreibern der Windenergieanlage auf See, die gemäß der §§ 23 oder 34 des Windenergie-auf-See-Gesetzes einen Zuschlag erhalten haben oder denen nach Maßgabe einer Festlegung nach § 70 Absatz 2 Satz 4 Nummer 2 des Windenergie-auf-See-Gesetzes Kapazität auf einer Testfeld-Anbindungsleitung zugewiesen wurde, jeweils einen Realisierungsfahrplan abzustimmen, der die zeitliche Abfolge für die einzelnen Schritte zur Errichtung der Windenergieanlage auf See und zur Herstellung des Netzanschlusses enthält. Dabei sind die Fristen zur Realisierung der Windenergieanlage auf See gemäß § 59 des
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§ 17d EnWG
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Windenergie-auf-See-Gesetzes und die Vorgaben gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 4 des Windenergie-auf-See-Gesetzes im Flächenentwicklungsplan zu berücksichtigen. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber und der Betreiber der Windenergieanlage auf See haben sich regelmäßig über den Fortschritt bei der Errichtung der Windenergieanlage auf See und der Herstellung des Netzanschlusses zu unterrichten; mögliche Verzögerungen oder Abweichungen vom Realisierungsfahrplan nach Satz 6 sind unverzüglich mitzuteilen. Die bekannt gemachten voraussichtlichen Fertigstellungstermine können nur mit Zustimmung der Regulierungsbehörde im Benehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie geändert werden; die Regulierungsbehörde trifft die Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und der volkswirtschaftlichen Kosten. 30 Monate vor Eintritt der voraussichtlichen Fertigstellung werden die bekannt gemachten Fertigstellungstermine jeweils verbindlich. Die Sätze 2, 3 und 7 sind nicht auf Testfeld-Anbindungsleitungen anzuwenden. (3) Betreiber von Windenergieanlagen auf See mit einem Zuschlag nach den §§ 23 oder 34 des Windenergie-auf-See-Gesetzes erhalten ausschließlich eine Kapazität auf der Offshore-Anbindungsleitung, die zur Anbindung des entsprechenden Clusters im Bundesfachplan Offshore nach § 17a oder der entsprechenden Fläche im Flächenentwicklungsplan nach § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes vorgesehen ist. Ausnahmsweise kann eine Anbindung über einen anderen im Bundesfachplan Offshore nach § 17a festgelegten Cluster erfolgen, sofern dies im Bundesfachplan Offshore und im Offshore-Netzentwicklungsplan ausdrücklich vorgesehen ist und dies für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich ist. (4) Die Regulierungsbehörde kann im Benehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie dem Betreiber einer Windenergieanlage auf See, der über zugewiesene Netzanbindungskapazität verfügt, die Netzanbindungskapazität entziehen und ihm Netzanbindungskapazität auf einer anderen Offshore-Anbindungsleitung zuweisen (Kapazitätsverlagerung), soweit dies einer geordneten und effizienten Nutzung und Auslastung von Offshore-Anbindungsleitungen dient und soweit dem die Bestimmungen des Bundesfachplans Offshore und ab dem 1. Januar 2019 des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 des Windenergieauf-See-Gesetzes nicht entgegenstehen. Vor der Entscheidung sind der betroffene Betreiber einer Windenergieanlage auf See und der betroffene anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber zu hören. (5) Die zugewiesene Netzanbindungskapazität besteht, soweit und solange ein Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für die Windenergieanlagen auf See wirksam ist. Wird ein Zuschlag nach den §§ 23 oder 34 des Windenergie-auf-SeeGesetzes unwirksam, entfällt die zugewiesene Netzanbindungskapazität auf der entsprechenden Offshore-Anbindungsleitung, die zur Anbindung der Fläche vorgesehen ist. Die Regulierungsbehörde teilt dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber unverzüglich die Unwirksamkeit eines Zuschlags mit und ergreift im Benehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie angemessene Maßnahmen für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der betroffenen Offshore-Anbindungsleitung. Vor der Entscheidung ist der betroffene anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber zu hören. (6) Anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber sind gegenüber dem Inhaber einer Genehmigung zum Bau von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verpflichtet, die Netzanbindung von dem Umspannwerk der Windenergieanlagen auf See bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungsnetzes auf die technisch und wirtschaftlich günstigste Art und Weise zu errichten und zu betreiben. Inhaber Bader
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Umsetzung der Netzentwicklungspläne und des Flächenentwicklungsplans
EnWG § 17d
einer Genehmigung zum Bau von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz haben einen Anspruch auf Anbindung nach Satz 1 nur dann, wenn der auf der Fläche im Küstenmeer erzeugte Strom ausschließlich im Wege der sonstigen Direktvermarktung nach § 21a des Erneuerbare-EnergienGesetzes veräußert wird und eine Sicherheit entsprechend § 21 des Windenergie-aufSee-Gesetzes bezogen auf die genehmigte Höhe der zu installierenden Leistung an die Bundesnetzagentur zur Sicherung von Ansprüchen des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers nach Absatz 9 geleistet wurde. § 31 Absatz 3 bis 5 des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden. Absatz 2 Satz 5 ist entsprechend für Netzanbindungen nach Satz 1 anzuwenden. Die Anbindungsverpflichtung entfällt, wenn Vorgaben des Flächenentwicklungsplans entgegenstehen oder der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber gegenüber der Bundesnetzagentur eine Stellungnahme nach Satz 4 und Absatz 2 Satz 5 abgibt. Eine Netzanbindung nach Satz 1 ist ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung ein Teil des Energieversorgungsnetzes. (7) Nachdem die Bundesnetzagentur auf Antrag des Inhabers der Genehmigung bestätigt hat, dass der Nachweis über eine bestehende Finanzierung für die Errichtung von Windenergieanlagen auf See in dem Umfang der genehmigten Anlagen gemäß den Vorgaben des § 59 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Windenergie-auf-See-Gesetzes gegenüber der Bundesnetzagentur erbracht worden ist, beauftragt der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber unverzüglich die Netzanbindung nach Absatz 6. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber hat nach Auftragsvergabe den voraussichtlichen Fertigstellungstermin der Netzanbindung der Bundesnetzagentur bekannt zu machen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Der bekannt gemachte voraussichtliche Fertigstellungstermin kann nur mit Zustimmung der Regulierungsbehörde verschoben werden, dabei trifft die Regulierungsbehörde die Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und der volkswirtschaftlichen Kosten. 30 Monate vor Eintritt der voraussichtlichen Fertigstellung wird der bekannt gemachte Fertigstellungstermin verbindlich. (8) Nach Bekanntmachung des voraussichtlichen Fertigstellungstermins nach Absatz 7 Satz 4 hat der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber mit dem Inhaber der Genehmigung zum Bau von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz einen Realisierungsfahrplan abzustimmen, der die zeitliche Abfolge für die einzelnen Schritte zur Errichtung der Windenergieanlage auf See und zur Herstellung des Netzanschlusses einschließlich eines Anschlusstermins enthält. Der Inhaber der Genehmigung für die Errichtung der Windenergieanlagen auf See muss 1. spätestens sechs Monate vor dem verbindlichen Fertigstellungstermin gegenüber der Bundesnetzagentur den Nachweis erbringen, dass mit der Errichtung der Windenergieanlagen begonnen worden ist, 2. spätestens zum verbindlichen Fertigstellungstermin gegenüber der Bundesnetzagentur den Nachweis erbringen, dass die technische Betriebsbereitschaft mindestens einer Windenergieanlage auf See einschließlich der zugehörigen parkinternen Verkabelung hergestellt worden ist, und 3. innerhalb von sechs Monaten nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin gegenüber der Bundesnetzagentur den Nachweis erbringen, dass die technische Betriebsbereitschaft der Windenergieanlagen auf See insgesamt hergestellt worden ist; diese Anforderung ist erfüllt, wenn die installierte Leistung der betriebsbereiten Anlagen mindestens zu 95 Prozent der genehmigten installierten Leistung entspricht.
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Umsetzung der Netzentwicklungspläne und des Flächenentwicklungsplans
Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber und der Betreiber der Windenergieanlage auf See haben sich regelmäßig über den Fortschritt bei der Errichtung der Windenergieanlage auf See und der Herstellung des Netzanschlusses zu unterrichten, dabei sind mögliche Verzögerungen oder Abweichungen vom Realisierungsfahrplan unverzüglich auch der Bundesnetzagentur mitzuteilen. (9) Der Inhaber der Genehmigung zum Bau von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz muss an den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber eine Pönale leisten, wenn er gegen die Fristen nach Absatz 8 Satz 2 verstößt. Die Höhe der Pönale entspricht 1. bei Verstößen gegen Absatz 8 Satz 2 Nummer 1 70 Prozent der nach Absatz 6 Satz 2 zu leistenden Sicherheit, 2. bei Verstößen gegen Absatz 8 Satz 2 Nummer 2 70 Prozent der verbleibenden Sicherheit und 3. bei Verstößen gegen Absatz 8 Satz 2 Nummer 3 dem Wert, der sich aus dem Betrag der verbleibenden Sicherheit multipliziert mit dem Quotienten aus der installierten Leistung der nicht betriebsbereiten Windenergieanlagen und der genehmigten zu installierenden Leistung ergibt. § 65 des Windenergie-auf-See-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden. Unbeschadet der Pönale nach Satz 1 entfällt der Anspruch nach Absatz 6 Satz 1 bei einem Verstoß gegen Absatz 8 Satz 2 Nummer 1. § 59 Absatz 2a des Windenergie-auf-See-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden. (10) Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 nähere Bestimmungen treffen 1. zur Umsetzung des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, zu den erforderlichen Schritten, die die Betreiber von Übertragungsnetzen zur Erfüllung ihrer Pflichten nach Absatz 1 zu unternehmen haben, und zu deren zeitlicher Abfolge; dies schließt Festlegungen zur Ausschreibung und Vergabe von Anbindungsleitungen, zur Vereinbarung von Realisierungsfahrplänen nach Absatz 2 Satz 5, zur Information der Betreiber der anzubindenden Windenergieanlagen auf See und zu einem Umsetzungszeitplan ein, und 2. zum Verfahren zur Kapazitätsverlagerung nach Absatz 4 und im Fall der Unwirksamkeit des Zuschlags nach Absatz 5; dies schließt Festlegungen zur Art und Ausgestaltung der Verfahren sowie zu möglichen Sicherheitsleistungen oder Garantien ein. Festlegungen nach Nummer 2 erfolgen im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. (11) § 65 Absatz 2a ist entsprechend anzuwenden, wenn der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber eine Leitung, die entsprechend den Vorgaben des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans nach § 5 des Windenergieauf-See-Gesetzes nach Absatz 1 errichtet werden muss, nicht entsprechend diesen Vorgaben errichtet.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang Entstehungsgeschichte
II.
Anbindungspflicht der ÜNB (Abs. 1)
Bader
III.
Zeitlicher Ablauf, Fertigstellungstermin 11 (Abs. 2)
IV.
Clusterinterne Anbindung (Abs. 3)
V.
Kapazitätsverlagerung (Abs. 4)
1 2 6 7
19 20
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EnWG § 17d
2. Regelungszusammenhang
VI.
Verlust der Netzanbindungskapazität 24 (Abs. 5)
VIII. Festlegungen (Abs. 10) IX.
VII. Windenergieanlagen im Küstenmeer (Abs. 6 bis 27 Abs. 9)
32
Durchsetzung der Anbindungspflicht 36 (Abs. 11)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 17d regelt die Umsetzung des Offshore-Netzentwicklungsplans (ONEP) bzw. des Flächenent- 1 wicklungsplans (FEP) und des Netzentwicklungsplans (NEP). Abs. 2 normiert dabei die Pflicht der anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zu Errichtung und Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen. Damit im Zusammenhang steht Abs. 11, welcher der BNetzA ermöglicht, die Anbindungsleitung notfalls selbst auszuschreiben, wenn der zuständige ÜNB seiner Pflicht nicht nachkommt. Abs. 2 regelt den zeitlichen Ablauf, die Zusammenarbeit mit den Betreibern der Windenergieanlagen auf See und insbesondere den voraussichtlichen Fertigstellungstermin und dessen Verbindlichwerden. Der verbindliche Fertigstellungstermin ist Voraussetzung für einen individuellen Anspruch des Anlagenbetreibers auf Netzanbindung und an ihn knüpft auch die Entschädigungsregelung des § 17e Abs. 2 an. Abs. 3 normiert den Grundsatz der clusterinternen Anbindung sowie die Möglichkeit einer Ausnahme. Abs. 4 gibt die Möglichkeit einer Kapazitätsverlagerung, d. h. der Verlegung eines Windparks auf eine andere Anbindungsleitung. Abs. 5 regelt den Wegfall von Anbindungskapazität bei Wegfall des Zuschlags oder der Genehmigung/Planfeststellung. Abs. 6–9 regeln Einzelheiten zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer. Abs. 10 ermächtigt die BNetzA zum Erlass von Festlegungen im Einvernehmen mit dem BSH. Abs. 11 schließlich gibt der BNetzA die bereits angesprochene Durchsetzungsmöglichkeit, die Netzanbindung notfalls selbst auszuschreiben, wenn der ÜNB seiner Pflicht aus Abs. 1 nicht nachkommt.
2. Regelungszusammenhang § 17d ist ein zentrales Element des Systemwechsels weg von einem projektakzessorischen 2 Anspruch auf Anbindung von Offshore-Windparks hin zu einem System der Bedarfsplanung und des gesteuerten Mengenausbaus.1 Die Errichtung von Anbindungsleitungen für Windenergieanlagen auf See obliegt weiterhin dem zuständigen ÜNB, allerdings nach den Vorgaben des ONEP bzw. des NEP und des FEP, was insbesondere die zeitliche Staffelung des Ausbaus betrifft. Die Betreiber von Windenergieanlagen auf See hatten ursprünglich einen Anspruch auf 3 Netzanschluss zum Zeitpunkt der Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft ihrer Windenergieanlagen auf See (§ 17 Abs. 2a in der bis einschließlich 27.12.2012 geltenden Fassung). Nach dem Systemwechsel2 stand ihnen erst dann ein Anspruch auf Netzanbindung zu, wenn sie Kapazität auf einer Anbindungsleitung erhalten hatten (seinerzeit: durch Zuweisung der BNetzA) und außerdem der Fertigstellungszeitpunkt der Netzanbindung verbindlich geworden
1 Vgl. zu den Problemen unter dem alten System und dem als „Brandbrief“ bekannt gewordenen Schreiben des ÜNB TenneT an die Bundesregierung BK-EnR/Uibeleisen vor §§ 17a–17j Rn 9 ff; Brinktrine/Harke/Ludwigs/Remien/ Salje S. 54; Schulz/Schulz S. 77 f; Ruge, EnWZ 2013, 3, 3 f. 2 Zur rückwirkenden Stichtagsregelung des § 118 Abs. 12: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.11.2014 – VI-3 Kart 114/14 (V) und dazu Uwer/Meinzenbach, RdE 2015, 273 ff; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.3.2016 – VI-3 Kart 169/14 (V); generell zu der Regelung Brinktrine/Harke/Ludwigs/Remien/Salje S. 55; Wetzer S. 84 ff; Thole, RdE 2013, 397 ff. 195
Bader
§ 17d EnWG
I. Allgemeines
war.3 Seit dem 1.1.2017 ist das System der Zuweisung von Anschlusskapazität durch die BNetzA wieder entfallen. Relevant ist nun (abgesehen vom Sonderfall der Pilotwindenergieanlagen auf See sowie den Regelungen für Windenergieanlagen im Küstenmeer in Abs. 6 ff) die Erteilung eines Zuschlags im Ausschreibungsverfahren nach WindSeeG.4 4 Soweit § 17d nach der Neufassung 2014 Regelungen zur Höchstmenge von zu vergebender Netzanschlusskapazität enthielt, sind diese Regelungen durch die zum 1.1.2017 in Kraft getretenen Änderungen wieder entfallen. Die Ausbauziele bzw. Höchstmengen sind nunmehr im EEG bzw. WindSeeG vorgegeben. 5 Da sich mehrfach geändert hat, wie Windenergieanlagen auf See ein Recht auf Netzanbindung erhalten, sind jeweils die Übergangsvorschriften des § 118 zu beachten. So können in Entwicklung befindliche Offshore-Windprojekte noch einen Anspruch nach § 17 Abs. 2a EnWG a. F. haben5 bzw. über zugewiesene Kapazität nach einer früheren Fassung des § 17d verfügen6 und daher noch unter das frühere Recht fallen (vgl. § 118 Abs. 12 und 21).
3. Entstehungsgeschichte 6 § 17d wurde durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20127 geschaffen und ersetzte den früheren projektakzessorischen Anbindungsanspruch der Betreiber von Windenergieanlagen auf See aus § 17 Abs. 2a EnWG a. F. Eine erste Neufassung erfolgte bereits durch das Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014.8 Durch diese Neufassung wurde insbesondere eine verbindliche Mengensteuerung des Ausbaus von Windenergieanlagen auf See eingeführt, die mit entsprechenden Änderungen beim System der Zuweisung von Anbindungskapazität einherging. Eine redaktionelle Änderung in Abs. 7 erfolgte durch das Gesetz zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vom 21.12.2015.9 Die Norm wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.201610 nochmals neu gefasst, um die Regelungen an die Einführung von Ausschreibungen für Windenergieanlagen auf See und die damit veränderte Netzentwicklungsplanung anzupassen. Die Vorschrift wurde sodann noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen am 1.1.2017 nochmals geändert: Mit dem Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22.12.201611 wurde Abs. 5 S. 1 eingefügt und Abs. 6 geändert. Abs. 6, d. h. die Regelung zur Kostenwälzung, wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur vom 17.7.201712 gestrichen. Die Streichung steht vor dem Hintergrund, dass die Kosten der 3 Ursprünglich ergab sich der Anspruch aus § 17d Abs. 3 S. 1 a. F., nach Änderung zuletzt aus § 17d Abs. 6 S. 1 a. F. in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung.
4 §§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 37 Abs. 1 Nr. 2 WindSeeG sowie § 17d Abs. 3. Eine Verfassungswidrigkeit des WindSeeG wegen Missachtung des Vertrauensschutzes für geplante, aber noch nicht realisierte Windparks sehen Dannecker/Rutloff, EnWZ 2016, 490 ff. Das BVerfG hat die Verfassungsmäßigkeit jedoch im Wesentlichen bestätigt. Der Gesetzgeber musste allerdings nachbessern bezüglich der Planungs- und Untersuchungskosten von Vorhabenträgern, deren nach früherem Recht begonnene Projekte durch das Gesetz beendet wurden (Beschluss vom 30.6.2020, 1 BvR 1679/ 17, 1 BvR 2190/17). 5 Siehe dazu z. B. Schulz/Schulz S. 81 f. 6 Siehe dazu z. B. Broemel, ZUR 2013, 408 ff; Schulz/Kupko, EnWZ 2014, 457 ff. 7 BGBl. I 2012 S. 2730. 8 BGBl. I 2014 S. 1066. 9 BGBl. I 2015 S. 2498. 10 BGBl. I 2016 S. 2258. 11 BGBl. I 2016 S. 3106. 12 BGBl. I 2017 S. 2503. Bader
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II. Anbindungspflicht der ÜNB (Abs. 1)
EnWG § 17d
Offshore-Anbindung aus den Netzkosten herausgenommen und in den Belastungsausgleich nach § 17f überführt wurden.13 Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.201914 wurden Regelungen zu Testfeldanbindungen hinzugefügt. Durch das Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften vom 3.12.202015 wurde Abs. 2 geändert bezüglich der Angabe des jeweiligen Quartals der Fertigstellung der Netzanbindung und der Stellungnahme des anbindungsverpflichteten ÜNB hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Fertigstellung von landseitigen Maßnahmen. Das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16.7.202116 führte insbesondere neue Regelungen zur Netzanbindung von Windenergieanlagen im Küstenmeer ein.
II. Anbindungspflicht der ÜNB (Abs. 1) Abs. 1 S. 1 definiert zunächst den „anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber“: Dies ist derjenige ÜNB, in dessen Regelzone17 die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll. Für die Netzanbindungen in der Nordsee ist danach regelmäßig TenneT zuständig (wobei inzwischen auch Amprion verpflichtet ist, da bestimmte Offshore-Netzanbindungen an eine ihrer weiter im Binnenland gelegenen Umspannanlagen angeschlossen werden sollen). Für die Ostsee ist 50Hertz anbindungsverpflichtet. Abs. 1 S. 1 und 2 statuieren die Pflicht der anbindungsverpflichteten ÜNB, die Leitungen nach Maßgabe der einschlägigen Pläne (zunächst ONEP, nunmehr NEP und FEP) zu errichten und zu betreiben.18 Auch soweit NEP und FEP Festlegungen ab 2026 betreffen,19 ist deren Berücksichtigung bereits heute notwendig, da die Errichtung von Offshore-Netzanbindungen einen langen zeitlichen Vorlauf hat. In der Vorschrift werden die Begriffe der Offshore-Anbindungsleitung und des Netzanschlusses synonym verwendet. Die Offshore-Anbindungsleitung umfasst sowohl die Sammelanbindung (z. B. Gleichstromkomponenten bei Leitungen in der Nordsee) als auch die jeweiligen Verbindungen von der Sammelanbindung zu den Umspannwerken der Windparks.20 Dabei sind die Begriffe technologieneutral.21 Abweichungen von den planerischen Vorgaben sind nicht zulässig.22 Insbesondere sind für den Beginn der Maßnahmen die planerischen Vorgaben zu beachten; sodann ist die Errichtung zügig voranzutreiben. Nähere Vorgaben zum zeitlichen Ablauf finden sich noch in Abs. 2. Die Pflicht der anbindungsverpflichteten ÜNB kann von der BNetzA durchgesetzt werden, vgl. zur Durchsetzungsbefugnis der BNetzA unten zu Abs. 11. Abs. 1 S. 3 besagt, dass Offshore-Anbindungsleitungen ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung ein Teil des Energieversorgungsnetzes sind. Es gelten dann die §§ 20 ff.23 Soweit zur Finanzierung einzelner Netzanbindungen Gemeinschaftsunternehmen zwischen ÜNB und privaten In-
13 14 15 16 17 18
BT-Drucks. 18/12999 S. 18. BGBl. I 2019 S. 706. BGBl. I 2020 S. 2682. BGBl. I 2021 S. 3026. Definiert in § 3 Nr. 30. Kritisch zu dieser Indienstnahme Privater unter verfassungsrechtlichen Aspekten Burgi, GewArch Beilage WiVerw Nr. 01/2014, 76 ff. 19 Vgl. dazu § 7 WindSeeG Rn 4. 20 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 21 BT-Drucks. 17/11705 S. 54 li. Sp. zur ursprünglichen Einführung des § 17d; Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 6. 22 Kment/Schink § 17d Rn 17 f. 23 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 6. 197
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§ 17d EnWG
III. Zeitlicher Ablauf, Fertigstellungstermin (Abs. 2)
vestoren gegründet wurden, unterliegen diese Projektgesellschaften folglich regulatorischen Anforderungen als Netzbetreiber bzw. ÜNB.24
III. Zeitlicher Ablauf, Fertigstellungstermin (Abs. 2) 11 Abs. 2 S. 1 bis 4 regeln, wann der ÜNB die Offshore-Anbindungsleitung zu beauftragen hat. Gemäß S. 1 muss die Beauftragung der Netzanbindung so rechtzeitig erfolgen, dass die Fertigstellungstermine in den im ONEP bzw. im NEP und FEP festgelegten Kalenderjahren und Quartalen liegen.25 Es ist kein bestimmter Vorlauf angegeben, damit zukünftige Beschleunigungen beim Bau der Offshore-Anbindungsleitungen berücksichtigt werden können.26 Eine Ausnahme vom Grundsatz des Abs. 2 S. 1 normieren Abs. 2 S. 2 und 3 für das zentrale System: Eine Beauftragung der Offshore-Anbindungsleitung ist noch nicht sinnvoll, solange die Eignung einer anzubindenden Fläche noch nicht nach § 12 WindSeeG festgestellt wurde; angestrebt ist ein Gleichlauf zwischen dem Ausbau der Windenergie auf See und der entsprechenden OffshoreAnbindungsleitung.27 In einem solchen Fall erfolgt die Beauftragung gemäß Abs. 2 S. 3 unverzüglich nach der Eignungsfeststellung. Für Testfeld-Anbindungsleitungen28 gilt diese Ausnahme nicht; Abs. 2 S. 12 erklärt die Sätze 2 und 3 für nicht anwendbar, da für Testfelder keine behördliche Eignungsfeststellung nach § 12 WindSeeG erfolgt. Abs. 2 S. 4 schließlich ermöglicht es dem ÜNB, die Offshore-Anbindungsleitung ausnahmsweise bereits vor Feststellung der Eignung der anzubindenden Fläche auszuschreiben, wenn anderenfalls die Fertigstellung zum im FEP vorgesehenen Quartal nicht gewährleistet werden kann. Dies steht vor dem Hintergrund, dass die Fertigstellung der Offshore-Anbindungsleitungen zu den im FEP festgelegten Quartalen als wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der gesetzlichen Ausbauziele für OffshoreWindenergie und die Erreichung der Klimaziele des EEG angesehen wird.29 Voraussetzung ist, dass das Verfahren zur Voruntersuchung zumindest bekanntgemacht wurde. Sollte sich später herausstellen, dass die betreffende Fläche nicht geeignet ist, wäre die Leitung für die Anbindung einer anderen Fläche zu nutzen. Die Kosten für die Beauftragung unterfallen auch in den Fällen des Abs. 2 S. 4 dem Belastungsausgleich nach § 17 f.30 12 Nach Abs. 2 S. 5 hat der ÜNB nach der Auftragsvergabe die voraussichtlichen Fertigstellungstermine der BNetzA bekanntzumachen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Sofern die Auftragsvergabe in mehreren Abschnitten erfolgt, dürfte die Pflicht erst dann bestehen, wenn die letzte Vergabe erfolgt ist, da dann die gesamte Errichtungsdauer sicher abschätzbar ist; eine Bekanntmachung des vorläufigen Fertigstellungstermins bereits vor der Vergabe der Leistungen wäre möglich,31 jedoch wird der ÜNB sich kaum früher als nötig festlegen wollen. Während früher die neben der Internet-Veröffentlichung vorgeschriebene Bekanntmachung gegenüber dem Betreiber der Windenergieanlage auf See zu erfolgen hatte, ist nunmehr die BNetzA die Adressatin. Einen Grund für diese Änderung liefert die Gesetzesbegründung nicht, so dass unklar ist, ob es sich hier um ein Redaktionsversehen handelt. Bei den Fertigstellungsterminen handelt es sich jeweils um die windparkspezifischen Termine, d. h. die Termine zur 24 Das betrifft u. a. die grundsätzliche Pflicht zur Trennung von Netzbetrieb und Erzeugung (Unbundling), vgl. die Verfahren der BNetzA zur Zertifizierung der TenneT Offshore 1. Beteiligungsgesellschaft mbH, TenneT Offshore 9. Beteiligungsgesellschaft mbH und TenneT Offshore DolWin3 GmbH & Co. KG als Transportnetzbetreiber, abrufbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/BK06/BK6_75_Zerti_Entfl/ZertiVerf.html. Mangels eigener Regelzonen handelt es sich jedoch nicht um anbindungsverpflichtete ÜNB. 25 Vgl. bereits § 17b Rn 18. 26 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 27 BT-Drucks. 18/8860 S. 336. 28 Zu Testfeldern vgl. § 5 WindSeeG Rn 22 ff. 29 BT-Drucks. 19/31009 S. 15. 30 BT-Drucks. 19/31009 S. 15. 31 Kment/Schink § 17d Rn 25. Bader
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III. Zeitlicher Ablauf, Fertigstellungstermin (Abs. 2)
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Gesamt-Fertigstellung sowohl der Sammelanbindung als auch der jeweiligen Verbindung zum Umspannwerk auf See des Windparks.32 Sofern die Sammelanbindung bereits errichtet ist, bezieht sich der Fertigstellungstermin lediglich auf die noch nicht erfolgte Herstellung der Verbindung zwischen Sammelanbindung und Umspannwerk des Windparks.33 Abs. 2 S. 6 sieht vor, dass der anbindungsverpflichtete ÜNB gegenüber der Regulierungsbehörde bis zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Ausschreibung nach dem WindSeeG eine Stellungnahme abzugeben hat, wenn ein ausreichender landseitiger Netzanschluss zum voraussichtlichen Fertigstellungstermin der Offshore-Anbindungsleitung nicht möglich sein wird. Hierdurch soll vermieden werden, dass Flächen ausgeschrieben werden, bei denen bereits absehbar ist, dass der betreffende Windpark erst verspätet in Betrieb genommen werden könnte oder abgeregelt werden müsste (jeweils mit der Folge einer Entschädigungspflicht).34 Abs. 2 S. 7 sieht vor, dass zwischen ÜNB und Betreiber des Offshore-Windparks ein Realisierungsfahrplan abzustimmen ist, der die einzelnen Schritte zur Errichtung des Netzanschlusses und auch zur Errichtung der Windenergieanlagen auf See enthält. Dabei sind gemäß Abs. 2 S. 8 die Fristen zur Errichtung der Windenergieanlage auf See nach § 59 WindSeeG zu berücksichtigen, um den Gleichlauf zwischen dem Ausbau der Windenergieanlagen auf See und der entsprechenden Offshore-Anbindungsleitung zu gewährleisten.35 Der Realisierungsfahrplan als solcher ist nicht verbindlich,36 sondern lediglich der voraussichtliche Zeitpunkt der Fertigstellung hat bereits eine gewisse Verbindlichkeit. Nach Abstimmung des Realisierungsfahrplans besteht eine Pflicht zur gegenseitigen Unterrichtung nach Abs. 2 S. 9; insbesondere sind mögliche Verzögerungen oder Abweichungen vom Realisierungsfahrplan unverzüglich mitzuteilen. Dies gibt der jeweils anderen Seite die Möglichkeit, die Abweichungen in ihren eigenen Planungen zu berücksichtigen. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben, so dass eine mündliche Information im Prinzip ausreicht.37 Jedoch wird die Unterrichtung schon aus Beweisgründen in der Regel schriftlich oder mindestens per E-Mail erfolgen. Dies gilt umso mehr, als die gegenseitige Unterrichtungspflicht eine gerichtlich durchsetzbare öffentlich-rechtliche Rechtspflicht beider Beteiligter darstellt,38 so dass eine Verletzung auch Schadensersatzersatzansprüche auslösen dürfte.39 Eine Änderung der bekanntgemachten vorläufigen Fertigstellungstermine ist gemäß Abs. 2 S. 10 nur mit der Zustimmung der BNetzA im Benehmen mit dem BSH möglich; die Entscheidung trifft die BNetzA im pflichtgemäßen Ermessen.40 Dabei sind die Interessen der Beteiligten ebenso wie die volkswirtschaftlichen Kosten zu berücksichtigen.41 Bei der Zustimmung handelt es sich um einen anfechtbaren Verwaltungsakt.42 Wenn keine Änderung erfolgt, wird der vorläufige Fertigstellungstermin gemäß Abs. 2 S. 11 dreißig Monate vor Eintritt der voraussichtlichen Fertigstellung zum verbindlichen Fertigstellungstermin. Ist der Fertigstellungstermin einmal verbindlich geworden, kann er nicht 32 BT-Drucks. 18/8860 S. 336; so auch bereits früher BNetzA, Beschl. v. 13.8.2014 – BK6-13-001 (Festlegung zur Bestimmung eines Verfahrens zur Zuweisung und zum Entzug von Offshore-Anbindungskapazitäten), Ziff. 6.1 des Tenors und Begründung auf S. 37 f. 33 BT-Drucks. 18/8860 S. 337. 34 BT-Drucks. 19/20429 S. 58; vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WindSeeG zur entsprechenden Verringerung des Ausschreibungsvolumens im Fall einer Stellungnahme gemäß Abs. 2 S. 6 (dort allerdings redaktionell noch nicht an die neue Satz-Nummerierung angepasst). 35 BT-Drucks. 18/8860 S. 336 f; für Testfelder gilt die Regelung des Abs. 2 S. 7 nicht, vgl. Abs. 2 S. 12. 36 BT-Drucks. 17/11705 S. 54. 37 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 20. 38 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 21. 39 So auch Wetzer S. 107; Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer § 17d Rn 18 ff. 40 Näher Wetzer S. 144 ff; ein Inhaberwechsel der Genehmigung gilt nicht mehr als Grund für eine Verschiebung des Termins, BNetzA, Beschl. v. 14.8.2014 – BK6-13-001, Ziff. 6.3; Schulz/Kupko, EnWZ 2014, 457, 459. 41 Näher Kment/Schink § 17d Rn 35. 42 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 24. 199
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IV. Clusterinterne Anbindung (Abs. 3)
mehr geändert werden.43 Hierdurch sollen die Betreiber von Windenergieanlagen auf See Investitionssicherheit erhalten, da die Entschädigungspflicht bei Verzögerungen gemäß § 17e Abs. 2 an den verbindlichen Fertigstellungstermin anknüpft. Die Verbindlichkeit kann sich im Einzelfall aber auch zu Lasten der Windpark-Betreiber auswirken, denn für diese gelten dann ebenfalls unabänderlich die Realisierungsfristen für die Windenergieanlagen gemäß § 59 WindSeeG.44 In der bis 31.12.2016 geltenden Fassung sprach § 17d Abs. 6 S. 1 a. F. ausdrücklich von einem 17 Anspruch der Betreiber von Offshore-Windparks auf Netzanschluss (bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen). Inzwischen ist dieser Anspruch (mit Ausnahme des neu eingeführten Falles des § 17d Abs. 6) nicht mehr in § 17d, sondern in §§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 37 Abs. 1 Nr. 2 WindSeeG geregelt. Dabei wird differenziert ein Anspruch auf Anschluss des Windparks an die gemäß den planerischen Vorgaben vorgesehene Anbindungsleitung (Netzanschluss) und sodann auf die zugewiesene Kapazität auf dieser Leitung (Netznutzung) zugesprochen, jeweils ab dem verbindlichen Fertigstellungstermin gemäß Abs. 2 S. 11. Bereits nach früherem Recht erhielten die Betreiber von Offshore-Windparks zwar den Ent18 schädigungsanspruch nach § 17e Abs. 2, die Durchsetzung der Errichtung der Netzanbindung oblag jedoch schon damals der BNetzA (ebenso wie nach dem heutigen Abs. 11). Ein Durchsetzungsanspruch des Betreibers des Offshore-Windparks auf Errichtung der Anbindungsleitung wurde nach früherem Recht nicht angenommen45 und dürfte (mit Ausnahme des Falles nach Abs. 6) weiterhin ausgeschlossen sein.46 Hinsichtlich der Nutzung der Kapazität nach Errichtung des Netzanschlusses mag zwar ein individuell durchsetzbarer Anspruch bestehen, jedoch gelten für Unterbrechungen des Netzanschlusses die abschließenden Regelungen des § 17e Abs. 1 und Abs. 3.47
IV. Clusterinterne Anbindung (Abs. 3) 19 Abs. 3 S. 1 setzt den Grundsatz der clusterinternen bzw. flächenunmittelbaren Anbindung um, der sowohl dem BFO als auch dem FEP zugrunde liegt. Abs. 3 S. 2 normiert eine Ausnahme von dieser Regel, wenn dies im BFO und im ONEP ausdrücklich vorgesehen ist und dies für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich ist. Damit folgt die Regelung den Vorgaben des Planungsrechts in § 17b Abs. 3. Auf die Kommentierung zu § 17b Abs. 3 sei daher verwiesen.48 Abs. 3 S. 2 ist anders als die Ausnahmeregelung in § 17b Abs. 3 nicht ausdrücklich auf bestehende Projekte beschränkt. Jedoch wird auf die Zulässigkeit nach BFO und ONEP als Voraussetzung für die Ausnahme abgestellt; eine solche Zulässigkeit ist für den ONEP in § 17b Abs. 3 nur für bestehende Projekte vorgesehen. Die Nachfolge-Pläne des ONEP (FEP und NEP) werden in Abs. 3 S. 2 nicht erwähnt, was ebenfalls dafür sprechen mag, dass die Ausnahme nur für bestehende Projekte im Übergangssystem gedacht ist. Die Gesetzesbegründung enthält dazu keine Aussage.
43 Ggf. kommt eine vorläufige Verschiebung des vorläufigen Fertigstellungstermins in Betracht, um bis zur Klärung der Voraussetzungen einer Verschiebung ein Verbindlichwerden des ursprünglichen Termins zu verhindern (Zustimmung dazu durch vorläufige Anordnung der BNetzA), vgl. BNetzA, Beschl. v. 29.10.2015 – BK6-15-066, S. 5. 44 Zu systematischen Bedenken in diesem Zusammenhang Elspas/Graßmann/Rasbach/Rohrer § 17d Rn 16 mit Fn 20. 45 Vgl. zur früheren Rechtslage Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 26. 46 Kment/Schink § 17d Rn 38; für zweifelhaft hält einen Anspruch auch BK-EnR/Uibeleisen § 17d Rn 31; a. A. Elspas/ Graßmann/Rasbach/Rohrer § 17d Rn 10. 47 Siehe dazu § 17e Rn 33, 66. 48 § 17b Rn 27 ff. Bader
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VI. Verlust der Netzanbindungskapazität (Abs. 5)
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V. Kapazitätsverlagerung (Abs. 4) Abs. 4 S. 1 ermöglicht der BNetzA im Benehmen mit dem BSH, die bereits zugewiesene Anbindungskapazität von einer Leitung auf eine andere zu verlagern, wenn dies einer geordneten und effizienten Nutzung und Auslastung von Offshore-Anbindungsleitungen dient. Bezweckt ist insbesondere die Vermeidung von unnötigem Leerstand.49 Voraussetzung ist weiter, dass die einschlägigen Planungsinstrumente der Verlagerung nicht entgegenstehen, d. h. der BFO und seit dem 1. Januar 2019 der NEP und FEP. Vor der Entscheidung sind der betroffene Betreiber des Offshore-Windparks und auch der anbindungsverpflichtete ÜNB anzuhören (Abs. 4 S. 1). Es handelt sich um eine Ermächtigung im öffentlichen Interesse; ein Anspruch auf eine Kapazitätsverlagerung besteht nicht.50 Abs. 4 spricht nur von zugewiesener Kapazität und bezieht sich laut Gesetzesbegründung auf im Ausschreibungsverfahren erhaltene Netzanbindungskapazität.51 Eine sehr ähnliche Regelung existierte bereits in Abs. 5 der bis zum 31.12.2016 geltenden Vorversion des Gesetzes und erfasste auch die Verlagerung von Vorhaben mit einer Kapazitätszuweisung oder unbedingten Netzanbindungszusage nach altem Recht.52 Diese Regelung gilt nach der Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 21 für diese Projekte fort. Zur alten Rechtslage galt, dass eine Kapazitätsverlagerung auch dann noch grundsätzlich möglich war, wenn der Windpark bereits fertig gestellt und/oder der Netzanschluss bereits physisch hergestellt war.53 Entsprechendes muss auch für Abs. 4 gelten. Gemäß Abs. 10 S. 1 Nr. 2 i. V. m. S. 2 kann die BNetzA im Einvernehmen mit dem BSH durch Festlegung nähere Bestimmungen zum Verfahren der Kapazitätsverlagerung treffen.54
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VI. Verlust der Netzanbindungskapazität (Abs. 5) Abs. 5 S. 1 sieht vor, dass die zugewiesene Netzanbindungskapazität besteht, solange und so- 24 weit ein Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für den Offshore-Windpark wirksam ist. Die Betriebsgenehmigung wird nach § 48 Abs. 7 WindSeeG auf 25 Jahre befristet (mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um 5 Jahre), während die mit dem Zuschlag erlangte Förderung (Marktprämie) nur für 20 Jahre gewährt wird.55 Abs. 5 S. 2 stellt klar, dass jede Unwirksamkeit des Zuschlags automatisch dazu führt, 25 dass die zugewiesene Netzanbindungskapazität auf der jeweiligen Anbindungsleitung entfällt, ohne dass es eines weiteren Vollzugsakts wie einer Kapazitätsentziehung bedarf.56 Dies ist folgerichtig, da nach dem WindSeeG nur bezuschlagte Projekte Förderung, Genehmigung/ Planfeststellung und Netzanbindungskapazität erhalten sollen. Über Abs. 5 S. 2 i. V. m. §§ 60 Abs. 3, 59 WindSeeG findet weiterhin das bereits früher in § 17d a. F. geregelte „use it or lose it“-Prinzip Anwendung; bei Nichteinhaltung bestimmter Fristen verliert der Windpark-Betreiber seinen Zuschlag. Allerdings ist dazu anzumerken, dass sich die Regelungen zur Entziehung von Anbindungskapazität über die Jahre verschärft haben: Zunächst „konnte“ die BNetzA unter bestimmten Voraussetzungen die Kapazität entziehen und einem anderen Anlagenbetreiber zu49 50 51 52
BT-Drucks. 18/8860 S. 337. BK-EnR/Uibeleisen § 17d Rn 38. Zur Vorgängerregelung (Abs. 5 a. F.) BT-Drucks. 18/1304 S. 189. BT-Drucks. 18/8860 S. 337. Die BNetzA hat bereits mehrere Verlagerungsentscheidungen getroffen: BNetzA, Beschl. v. 23.3.2015 – BK6-14127; BNetzA, Beschl. v. 28.1.2016 – BK6-15-168; BNetzA, Beschl. v. 28.1.2016 – BK6-15-169. 53 BNetzA Beschluss vom 23.3.2015 – BK6-14-127, S. 7; bestätigt von OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.2.2017 – VI-3 Kart 84/15(V). 54 Vgl. dazu noch unten Rn 34. 55 Vgl. zum Hintergrund der Regelung BT-Drucks. 18/10668 S. 153. 56 BT-Drucks. 18/8860 S. 337; entsprechend § 64 Abs. 1 Nr. 3 WindSeeG. 201
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VII. Windenergieanlagen im Küstenmeer (Abs. 6 bis Abs. 9)
weisen. Mit Gesetz vom 21.7.201457 wurde mit Wirkung zum 1.8.2014 eine „Soll“-Regelung zur Kapazitätsentziehung eingeführt.58 § 60 Abs. 3 WindSeeG hat daraus nun für die Nichteinhaltung bestimmter Fristen ein „muss“ gemacht. 26 Nach S. 3 hat die BNetzA den anbindungsverpflichteten ÜNB unverzüglich zu informieren. Weiter ergreift sie im Benehmen mit dem BSH angemessene Maßnahmen für eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der betroffenen Offshore-Anbindungsleitung. Hierdurch sollen insbesondere unnötige Leerstände verhindert werden.59 Vor der Entscheidung ist der betroffene ÜNB anzuhören. Falls als Maßnahme eine Kapazitätsverlagerung in Betracht kommt, ist gemäß Abs. 4 S. 2 auch der Betreiber des von der Umhängung betroffenen OffshoreWindparks zu hören.
VII. Windenergieanlagen im Küstenmeer (Abs. 6 bis Abs. 9) 27 Die Abs. 6 bis 9 wurden durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16.7.2021 neu aufgenommen. Sie regeln außerhalb des „zentralen Systems“ des WindSeeG einen individuellen Anspruch auf Netzanbindung (Netzanschluss und Netzzugang) für Offshore-Windparks im Küstenmeer, die keine Förderung nach EEG/WindSeeG in Anspruch nehmen. 28 Abs. 6 nennt die Anspruchsvoraussetzungen. Erforderlich ist neben der Lage im Küstenmeer zunächst das Vorliegen einer BImSchG-Genehmigung für den Offshore-Windpark. Weiter darf der vom Windpark erzeugte Strom ausschließlich im Wege der „sonstigen Direktvermarktung“ nach § 21a EEG vermarktet werden, d. h. ohne EEG-Förderung. Die Bestandskraft der Genehmigung wird nicht verlangt, jedoch ist ebenso wie für Offshore-Windparks im Ausschreibungssystem des WindSeeG eine Sicherheit in erheblicher Höhe zu leisten, nämlich 200 Euro pro Kilowatt installierter Leistung. Der Anspruch entfällt, wenn entweder der FEP entgegensteht oder aber der Netzbetreiber eine Stellungnahme abgibt, wonach die landseitige Ableitung des Stroms nicht möglich ist (mit dem diesbezüglichen Verweis ist ersichtlich Abs. 2 S. 6 gemeint). Die betreffende Netzanbindung ist gemäß S. 6 ab der Fertigstellung ein Teil des Energieversorgungsnetzes, soll jedoch nicht in den Netzentwicklungsplan aufgenommen werden.60 29 Abs. 7 regelt Einzelheiten zum Verfahren, wobei die Regelungen zum voraussichtlichen Fertigstellungstermin und dessen Verbindlichwerden den Regelungen nach Abs. 2 entsprechen. Voraussetzung für die Beauftragung der Netzanbindung durch den ÜNB ist der Nachweis einer „bestehenden Finanzierung“ für die genehmigten Windenergieanlagen. Nach dem in Bezug genommenen § 59 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WindSeeG bedeutet dies, dass verbindliche Verträge über die Bestellung der Windenergieanlagen, der Fundamente, sofern für das gewählte Anbindungskonzept erforderlich, der für die Windenergieanlagen vorgesehenen Umspannanlage und der parkinternen Verkabelung vorgelegt werden müssen. 30 Abs. 8 regelt weitere Einzelheiten zum Vorgehen und insbesondere die in S. 2 aufgeführten Meilensteine für die Errichtung des Offshore-Windparks. Diese sind an § 59 Abs. 2 S. 1 Nr. 3– 5 WindSeeG angelehnt. Die Regelungen sollen eine koordinierte Errichtung von Offshore-Wind-
57 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I 2014 S. 1066. 58 Zur Kapazitätsentziehung BNetzA, Beschl. v. 13.8.2014 – BK6-13-001 (Festlegung zur Bestimmung eines Verfahrens zur Zuweisung und zum Entzug von Offshore-Anschlusskapazitäten), Tenorziffer 6 und Begründung auf S. 37 ff Die Rechtmäßigkeit der vorgenannten Festlegung wurde bestätigt von OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.3.2016 – VI-3 Kart 169/14(V); zur früheren Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 13 a. F. BNetzA, Beschl. v. 19.8.2015, Az. BK6-13-252; zur Soll-Regelung und zur Übergangsvorschrift z. B. Schulz/Schulz S. 106 f; Wetzer S. 94 ff. 59 BT-Drucks. 18/8860 S. 337. 60 BT-Drucks. 19/31009 S. 15. Bader
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VIII. Festlegungen (Abs. 10)
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park und Netzanbindung sicherstellen, um das Risiko zu minimieren, dass Netzanbindung und Windenergieanlagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten fertig gestellt werden.61 Abs. 9 regelt die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Meilensteine des Abs. 8. Die Sank- 31 tionierung der Meilensteine soll das Risiko minimieren, dass zwar eine Netzanbindung errichtet wird, aber keine Windenergieanlagen auf See.62 Gemäß S. 1 und S. 2 werden bei Nichteinhaltung der Meilensteine Pönalen fällig. Diese sind im Prinzip an § 60 WindSeeG angelehnt; die Pönale für Nichtenhaltung der Frist zur technischen Betriebsbereitschaft mindestens einer Windenergieanlage ist jedoch abweichend geregelt: Statt einer zeitlichen Staffelung wie in § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 WindSeeG wird bei Überschreitung der Frist ein Betrag von 70 % der verbleibenden Sicherheit fällig. Bei Nichteinhaltung der Frist für den Errichtungsbeginn entfällt gemäß S. 4 zusätzlich zur Pönale der Anspruch auf die Netzanbindung, d. h. auf Netzanschluss und Netzzugang. Mit Blick darauf erscheint die Regelung des Abs. 9 S. 2 Nr. 2 unklar: Die Pflicht zur Zahlung einer „verbleibenden“ Sicherheit indiziert, dass bereits eine Pönale gemäß Nr. 1 gezahlt wurde; in dem Fall wäre der Anspruch auf Netzanbindung aber bereits erloschen und eine weitere Errichtung des Windparks dürfte kaum mehr stattfinden. Da die Gesetzesbegründung dazu keine Aussage trifft, bleibt unklar, ob mit der Formulierung gemeint ist, dass weitere Pönalen bis zu 100 % des Gesamtbetrags fällig werden, wenn die weiteren Fristen mangels Errichtung des Windparks ebenfalls nicht eingehalten würden. Dagegen spricht, dass sich dann angeboten hätte, direkt einen Pönalebetrag von 100 % statt 70 % der Sicherheit für den Fall der Nichteinhaltung der Frist zum Errichtungsbeginn vorzusehen. Eine Verlängerung der Frist kann gemäß S. 5 beantragt werden. Nach dem dort in Bezug genommenen § 59 Abs. 2a WindSeeG verlängert die Bundesnetzagentur die Realisierungsfristen einmalig, wenn (1.) über das Vermögen eines Herstellers von Windenergieanlagen auf See ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und (2.) mit dem Hersteller verbindliche Verträge über die Lieferung von Windenergieanlagen auf See des Herstellers abgeschlossen wurden. Die Realisierungsfristen dürfen nicht um mehr als 18 Monate verlängert werden. Hinsichtlich der Erstattung von nicht (mehr) benötigten Sicherheiten verweist Abs. 9 S. 3 auf § 65 WindSeeG.
VIII. Festlegungen (Abs. 10) Abs. 10 ermöglicht es der BNetzA, nähere Bestimmungen zur Erstellung und zur Umsetzung der 32 Offshore-Planungsinstrumente durch Festlegungen nach § 29 Abs. 1 vorzugeben. Die bereits früher existierende Regelung wurde an die neue Rechtslage nach der Einführung des WindSeeG und der damit im Zusammenhang stehenden Änderung der planungsrechtlichen Vorschriften angepasst. Abs. 10 S. 1 Nr. 1 erlaubt Festlegungen zur Umsetzung des ONEP bzw. seit 1. Januar 2019 33 des NEP und des FEP, zu den erforderlichen Schritten, die die ÜNB zur Erfüllung ihrer Pflichten nach Abs. 1 zu unternehmen haben, und deren zeitlicher Abfolge; dies schließt Festlegungen zur Ausschreibung und Vergabe von Anbindungsleitungen, zur Vereinbarung von Realisierungsfahrplänen (Abs. 2 S. 6), zur Information der Betreiber der anzubindenden Windenergieanlagen auf See und zu einem Umsetzungszeitplan ein. Von dieser Festlegungsbefugnis (die hinsichtlich des ONEP bereits nach der früheren Rechtslage existierte) hat die BNetzA bislang keinen Gebrauch gemacht. Abs. 10 S. 1 Nr. 2 ermöglicht Festlegungen zum Verfahren der Kapazitätsverlagerung 34 nach Abs. 4 und im Fall der Unwirksamkeit des Zuschlags nach Abs. 5; dies schließt Festlegungen zur Art und Ausgestaltung der Verfahren sowie zu möglichen Sicherheitsleistungen oder Garantien ein. Diese Festlegungen müssen nach Abs. 10 S. 2 im Einvernehmen mit dem BSH getroffen werden. In der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung ermöglichte Abs. 8 Nr. 3 a. F. 61 BT-Drucks. 19/31009 S. 16. 62 BT-Drucks. 19/31009 S. 16. 203
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IX. Durchsetzung der Anbindungspflicht (Abs. 11)
bereits Festlegungen u. a. zum Verfahren der Kapazitätsverlagerung. Die nach der Nr. 3 a. F. getroffene Festlegung63 behandelt aber lediglich andere Aspekte, nicht das Verfahren der Kapazitätsverlagerung. 35 Festlegungen nach Abs. 7, § 29 Abs. 1 sind regelmäßig Allgemeinverfügungen, die sich an die ÜNB und an die Betreiber von Windenergieanlagen auf See richten.64 Da es sich gemäß § 29 Abs. 1 um Entscheidungen der Regulierungsbehörde handelt, ist grundsätzlich die Beschwerde nach § 75 ff zulässig (soweit deren Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind).
IX. Durchsetzung der Anbindungspflicht (Abs. 11) 36 Abs. 11 besagt, dass § 65 Abs. 2a entsprechend anzuwenden ist, wenn der anbindungsverpflichtete ÜNB eine Leitung, die gemäß ONEP bzw. ab 2019 gemäß NEP und FEP errichtet werden muss, nicht entsprechend diesen Vorgaben errichtet. Damit wird die bisherige Durchsetzungskompetenz der BNetzA auch auf die neuen Planungsinstrumente des NEP und des FEP ausgedehnt.65 Von der entsprechenden Anwendung ist die Erwähnung einer dreijährigen Umsetzungsfrist 37 in § 65 Abs. 2a nicht erfasst. Gemäß Abs. 11 greift § 65 Abs. 2a bereits dann, wenn die Netzausbaumaßnahme nicht entsprechend den planungsrechtlichen Vorgaben umgesetzt wird, d. h. es besteht eine Verschärfung gegenüber § 65 Abs. 2a. Der Grund dürfte darin liegen, dass die Offshore-Netzpläne gegenüber den Onshore-Plänen bereits detaillierte Festlegungen zu Umsetzungsbeginn und Fertigstellungszeitpunkt beinhalten.66 Voraussetzung ist allerdings entsprechend § 65 Abs. 2a, dass die Gründe für die Nichtumset38 zung vom ÜNB zu beeinflussen sind.67 Die BNetzA fordert den ÜNB mit Fristsetzung zur Durchführung der betreffenden Investition auf, sofern die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant ist. Nach Ablauf der Frist kann sie ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition durchführen; diesbezüglich besteht (anders als bei der Aufforderung) also ein Ermessen. Ein Vorgehen nach dieser Regelung ist soweit bekannt noch nicht erfolgt.
63 BNetzA Beschl. v. 13.8.2014 – BK6-13-001 (Festlegung zur Bestimmung eines Verfahrens zur Zuweisung und zum Entzug von Offshore-Anschlusskapazitäten). 64 Kment/Schink § 17d Rn 53. 65 BT-Drucks. 18/8860 S. 337; Brinktrine/Harke/Ludwigs/Remien/Salje S. 56 hält die Sanktionsmöglichkeit für nicht sehr überzeugend ausgeprägt. Zum (nachrangigen) Missbrauchsverfahren, Zwangsgeld und Bußgeld Wetzer S. 151 ff, 229. 66 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17d Rn 7. 67 BT-Drucks. 17/10754 S. 25 re.Sp./26 li.Sp. Zur Verfassungskonformität der Regelung Kment/Schink § 17d Rn 55. Verneinend zur Frage, ob subjektives Unvermögen/wirtschaftliche Unmöglichkeit beachtlich ist Wetzer S. 115 f, 231. Bader
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§ 17e Entschädigung bei Störungen oder Verzögerung der Anbindung von Offshore-Anlagen (1)
(2)
Ist die Einspeisung aus einer betriebsbereiten Windenergieanlage auf See länger als zehn aufeinander folgende Tage wegen einer Störung der Netzanbindung nicht möglich, so kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See von dem nach § 17d Absatz 1 und 6 anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber ab dem elften Tag der Störung unabhängig davon, ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung zu vertreten hat, für entstandene Vermögensschäden eine Entschädigung in Höhe von 90 Prozent des nach § 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Fall der Direktvermarktung bestehenden Zahlungsanspruchs abzüglich 0,4 Cent pro Kilowattstunde verlangen. Bei der Ermittlung der Höhe der Entschädigung nach Satz 1 ist für jeden Tag der Störung, für den der Betreiber der Windenergieanlage auf See eine Entschädigung erhält, die durchschnittliche Einspeisung einer vergleichbaren Anlage in dem entsprechenden Zeitraum der Störung zugrunde zu legen. Soweit Störungen der Netzanbindung an mehr als 18 Tagen im Kalenderjahr auftreten, besteht der Anspruch abweichend von Satz 1 unmittelbar ab dem 19. Tag im Kalenderjahr, an dem die Einspeisung auf Grund der Störung der Netzanbindung nicht möglich ist. Soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber eine Störung der Netzanbindung vorsätzlich herbeigeführt hat, kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See von dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber abweichend von Satz 1 ab dem ersten Tag der Störung die Erfüllung des vollständigen, nach § 19 des ErneuerbareEnergien-Gesetzes im Fall der Direktvermarktung bestehenden Zahlungsanspruchs abzüglich 0,4 Cent pro Kilowattstunde verlangen. Darüber hinaus ist eine Inanspruchnahme des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers für Vermögensschäden auf Grund einer gestörten Netzanbindung ausgeschlossen. Der Anspruch nach Satz 1 entfällt, soweit der Betreiber der Windenergieanlage auf See die Störung zu vertreten hat. Ist die Einspeisung aus einer betriebsbereiten Windenergieanlage auf See nicht möglich, weil die Netzanbindung nicht zu dem verbindlichen Fertigstellungstermin nach § 17d Absatz 2 Satz 9 und Absatz 7 Satz 4 fertiggestellt ist, so kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See ab dem Zeitpunkt der Herstellung der Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage auf See, frühestens jedoch ab dem 91. Tag nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin, eine Entschädigung entsprechend Absatz 1 Satz 1 und 2 verlangen. Soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die nicht rechtzeitige Fertigstellung der Netzanbindung vorsätzlich herbeigeführt hat, kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See von dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber abweichend von Satz 1 ab dem ersten Tag nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin die Erfüllung des vollständigen, nach § 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Fall der Direktvermarktung bestehenden Zahlungsanspruchs abzüglich 0,4 Cent pro Kilowattstunde verlangen. Darüber hinaus ist eine Inanspruchnahme des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers für Vermögensschäden auf Grund einer nicht rechtzeitig fertiggestellten Netzanbindung ausgeschlossen. Für den Anspruch auf Entschädigung nach diesem Absatz ist von einer Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage auf See im Sinne von Satz 1 auch auszugehen, wenn das Fundament der Windenergieanlage auf See und die für die Windenergieanlage auf See vorgesehene Umspannanlage zur Umwandlung der durch eine Windenergieanlage auf See erzeugten Elektrizität auf eine höhere Spannungsebene errichtet sind und von der Herstellung der tatsächlichen Betriebsbereitschaft zur Schadensminderung abgesehen wurde. Der Betreiber der Windenergieanlage auf See hat sämtliche Zahlungen nach Satz 1 zuzüglich Zinsen zurückzugewähren, soweit die Windenergieanlage auf See nicht innerhalb einer angemessenen, von der Regulierungsbehörde festzusetzenden
205 https://doi.org/10.1515/9783110670516-016
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§ 17e EnWG
Entschädigung bei Störungen oder Verzögerung
Frist nach Fertigstellung der Netzanbindung die technische Betriebsbereitschaft tatsächlich hergestellt hat; die §§ 286, 288 und 289 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anwendbar. Dem verbindlichen Fertigstellungstermin nach § 17d Absatz 2 Satz 9 steht der Fertigstellungstermin aus der unbedingten Netzanbindungszusage gleich, wenn die unbedingte Netzanbindungszusage dem Betreiber der Windenergieanlage auf See bis zum 29. August 2012 erteilt wurde oder dem Betreiber der Windenergieanlage auf See zunächst eine bedingte Netzanbindungszusage erteilt wurde und er bis zum 1. September 2012 die Kriterien für eine unbedingte Netzanbindungszusage nachgewiesen hat. Erhält der Betreiber einer Windenergieanlage auf See erst ab einem Zeitpunkt nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin einen Zuschlag nach § 23 oder § 34 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, so ist dieser Absatz mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitpunkt, ab dem nach § 24 Absatz 1 Nummer 2 oder § 37 Absatz 1 Nummer 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes der Anspruch auf die Marktprämie nach § 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes frühestens beginnt, dem verbindlichen Fertigstellungstermin gleichsteht. Auf Zuschläge nach § 34 des Windenergie-auf-SeeGesetzes ist Satz 1 in der am 9. Dezember 2020 geltenden Fassung anzuwenden. (3) Ist die Einspeisung aus einer betriebsbereiten Windenergieanlage auf See an mehr als zehn Tagen im Kalenderjahr wegen betriebsbedingten Wartungsarbeiten an der Netzanbindung nicht möglich, so kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See ab dem elften Tag im Kalenderjahr, an dem die Netzanbindung auf Grund der betriebsbedingten Wartungsarbeiten nicht verfügbar ist, eine Entschädigung entsprechend Absatz 1 Satz 1 in Anspruch nehmen. Bei der Berechnung der Tage nach Satz 1 werden die vollen Stunden, in denen die Wartungsarbeiten vorgenommen werden, zusammengerechnet. (3a) Die Absätze 1 bis 3 sind für Windenergieanlagen auf See, die in einer Ausschreibung nach Teil 3 des Windenergie-auf-See-Gesetzes bezuschlagt wurden, mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Entschädigung 90 Prozent des nach dem Windenergie-auf-SeeGesetz jeweils einschlägigen anzulegenden Werts, mindestens aber 90 Prozent des Monatsmarktwerts im Sinne der Anlage 1 Nummer 2.2.3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beträgt. (4) Die Entschädigungszahlungen nach den Absätzen 1 bis 3a einschließlich der Kosten für eine Zwischenfinanzierung sind bei der Ermittlung der Kosten des Netzbetriebs zur Netzentgeltbestimmung nicht zu berücksichtigen. (5) Auf Vermögensschäden auf Grund einer nicht rechtzeitig fertiggestellten oder gestörten Netzanbindung im Sinne des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist § 32 Absatz 3 und 4 nicht anzuwenden. (6) Der Betreiber der Windenergieanlage auf See hat dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber mit dem Tag, zu dem die Entschädigungspflicht des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers nach Absatz 1 oder Absatz 2 dem Grunde nach beginnt, mitzuteilen, ob er die Entschädigung nach den Absätzen 1 bis 2 begehrt oder ob die Berücksichtigung der im Sinne des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 verzögerten oder gestörten Einspeisung nach § 50 Absatz 4 Satz 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erfolgen soll.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Einführung 1 2 Hintergrund der Haftungsregelung 4 Nachträgliche Modifikationen Auslegungsleitfaden der Bundesnetzagen9 tur
Scheuch/Haller
II. 1. 2. 3.
Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung 10 11 Störung 14 Betriebsbereitschaft und Kausalität 16 Höhe des Entschädigungsanspruchs a) Bemessungsgrundlage für den Zahlungsan17 spruch
206
1. Hintergrund der Haftungsregelung
b)
4. 5. 6. III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Vergleichbare Anlage 20 aa) Messung der Windgeschwindig23 keit 25 bb) Abschattungseffekte 26 Selbstbehalt Verschulden des Übertragungsnetzbetrei29 bers Ausschluss weiterer Haftungsansprüche
8. 9. 10.
IV. 33
Entschädigung wegen Verzögerung der Anbin34 dungsleitung 36 Verzögerung der Netzanbindung Betriebsbereitschaft und fiktive Betriebsbereit41 schaft 44 Höhe des Entschädigungsanspruchs 46 Selbstbehalt Verschulden des Übertragungsnetzbetrei49 bers 50 Mitverschulden 51 Ausschluss weiterer Haftungsansprüche
1. 2.
EnWG § 17e
52 Verpflichtung zur Rückzahlung Entschädigung bei Altanlagen mit (un)bedingter 57 Netzanbindungszusage Zuschlag nach dem WindSeeG nach verbindli60 chem Fertigstellungstermin Entschädigung bei Wartung der Anbindungslei61 tung 63 Selbstbehalt 64 Höhe des Entschädigungsanspruchs
V.
Regulatorische Berücksichtigung der Entschädi65 gungszahlungen
VI. 1. 2.
66 Andere Schadensersatzansprüche 67 Verhältnis zu § 32 Abs. 3 und 4 EnWG Schadensersatzpflicht des Betreibers der Wind68 energieanlage auf See
VII. Wahlrecht nach § 17e Abs. 6
71
I. Einführung Mit § 17e wurde eine verschuldensunabhängige Entschädigungsregelung eingeführt. Danach 1 erhält der Betreiber einer Windenergieanlage auf See im Falle einer Störung (Abs. 1), Verzögerung (Abs. 2) oder Wartung (Abs. 3) der Offshore-Anbindungsleitung unabhängig davon, ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber dies zu vertreten hat, dem Übertragungsnetzbetreiber gegenüber einen Entschädigungsanspruch. Im Gegenzug trägt der Betreiber der Windenergieanlage auf See sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach einen Selbstbehalt. Der Anspruch entsteht in der Regel erst ab dem elften Kalendertag der Unterbrechung der Anbindungsleitung bzw. im Fall der Verzögerung nach Abs. 2 ab dem 91. Tag und ist auf 90 Prozent des Zahlungsanspruchs, der dem Betreiber der Anlage nach dem EEG bzw. dem Windenergie-auf-See-Gesetz zustünde, beschränkt. Der Übertragungsnetzbetreiber bekommt die zu leistenden Entschädigungszahlungen vom Letztverbraucher erstattet, jedoch bei Störung oder Verzögerung der Anbindungsleitung nur, wenn er nicht vorsätzlich gehandelt hat. Die Refinanzierung der Entschädigungszahlungen erfolgt gem. § 17e Abs. 4 nicht über die Netzentgelte, sondern über die Offshore-Umlage gem. § 17f, die einen Aufschlag auf die Netzentgelte darstellt.
1. Hintergrund der Haftungsregelung Bereits in ihrem Energiekonzept aus dem Jahr 2010 entschied sich die Bundesregierung als 2 einen Schwerpunkt für den Ausbau von On- und Offshore-Windenergie.1 Offshore-Windenergie sollte mit 25 GW bis zum Jahr 2030 einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des zukünftigen Gesamtenergiebedarfs Deutschlands leisten.2 Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein erheblicher Beschleunigungsbedarf beim Ausbau der Offshore-Windenergie gesehen. Im Zuge dessen kam es mit dem Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtli- 3 cher Vorschriften im Jahr 2012 zum sogenannten Offshore-Systemwechsel. Dazu gehörten neben dem Offshore-Netzentwicklungsplan, der zu einer besseren Planung und Steuerung der 1 Das Energiekonzept – Beschluss des Bundeskabinetts vom 28. September 2010, S. 6 f. 2 Das Energiekonzept – Beschluss des Bundeskabinetts vom 28. September 2010, S. 9. 207
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§ 17e EnWG
I. Einführung
notwendigen Offshore-Investitionen beitragen sollte, auch die Offshore-Haftungsregelungen. Sie sollten potentielle unternehmerische Risiken vorhersehbar machen und verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren schaffen, so dass die Offshore-Projekte sowohl für Übertragungsnetzbetreiber als auch für Betreiber von Windenergieanlagen auf See finanzierbar sind.3 Insbesondere sollten sie vor dem Hintergrund der sich zu dem Zeitpunkt abzeichnenden Verzögerungen bei der Netzanbindung von Offshore-Windparks für Klarheit hinsichtlich der Haftungsrisiken sorgen. Denn bis zur Einführung der Offshore-Haftungsreglungen war unklar, inwiefern Übertragungsnetzbetreiber bei einer verspätet errichteten Offshore-Anbindungsleitung schadensersatzpflichtig sind und ob ihnen diese Beträge über die Netzentgelte erstattet würden.4 Im Zweifel mussten daher sowohl die Übertragungsnetzbetreiber als auch die Betreiber der Windenergieanlagen auf See das Risiko, dass die Netzanbindung für den Offshore-Windpark verspätet sein könnte, in ihren Kalkulationen berücksichtigen.
2. Nachträgliche Modifikationen 4 Da die Erfahrungen mit der Anbindung von Windenergieanlagen auf See bei Einführung der Haftungsregelung noch beschränkt waren und sich auch die Wirkung des Offshore-Haftungsregimes zunächst in der Praxis zeigen sollte, hat der Gesetzgeber nach drei Jahren eine Überprüfung der Entschädigungsregelungen und des Belastungsausgleichs vorgesehen. Gemäß § 17i sollte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bis zum 31.12.2015 die praktische Anwendung und die Angemessenheit der §§ 17e bis 17h überprüfen. Anfang 2016 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen entsprechenden Evaluierungsbericht vorgelegt.5 Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die §§ 17e ff. ein ausgewogenes Haftungssystem 5 darstellen, bei dem das wirtschaftliche Risiko, das mit der Nutzung der Windenergie auf See verbunden ist, angemessen zwischen Betreibern der Windenergieanlagen auf See, Übertragungsnetzbetreibern und Netznutzern verteilt ist.6 Die Regelungen hätten Investitionshemmnisse und Haftungsrisiken reduziert sowie wichtige und richtige Impulse für die Entwicklung der Nutzung der Windenergie auf See gesetzt.7 Dennoch seien noch nicht alle in der Praxis aufgetretenen Fragen abschließend geklärt. Im Zusammenhang mit § 17e seien die Anforderungen an die Begutachtung der technischen Betriebsbereitschaft der Offshore-Windenergieanlagen und Detailfragen zur Berechnung der bei Windenergieanlagen auf See auftretenden Abschattungseffekte noch zu spezifizieren.8 Vielfach wird dabei jedoch auf eine (gerichtliche) Klärung der Übertragungsnetzbetreiber und Betreiber von Windenergieanlagen auf See untereinander gesetzt. Überprüft werden sollte nach dem Evaluierungsbericht auch, ob Anpassungen an den Rege6 lungen zum Selbstbehalt der Betreiber von Windenergieanlagen auf See bei Störung oder Wartung der Anbindungsleitung vorgenommen werden müssen.9 Ergebnis dessen ist die Ergänzung der Vorschrift des § 17e Abs. 3 um einen Satz 2 zum 1.1.2017, wonach bei der Berechnung des Selbstbehalts des Betreibers der Windenergieanlage auf See bei einem Ausfall der Anbindungsleitung wegen Wartungsarbeiten nicht nur – wie im Falle einer Verzögerung oder Störung der
3 4 5 6 7 8 9
Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 1, 28. Kment/Schink, § 17e Rn 1. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4, S. 21. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4, S. 22. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4, S. 21. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4, S. 21.
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3. Auslegungsleitfaden der Bundesnetzagentur
EnWG § 17e
Anbindungsleitung– ein mindestens 24-stündiger Ausfall berücksichtigt wird, sondern volle Stunden addiert werden.10 Zeitlich parallel, allerdings im Zuge der Anpassung des § 17e an das EEG 2017, wurde zudem 7 ausdrücklich geregelt, dass der Entschädigungsanspruch nicht auf dem vollen Zahlungsanspruch nach dem EEG basiert, sondern der im Falle der Direktvermarktung bestehende Zahlungsanspruch für die Berechnung des Entschädigungsanspruchs um 0,4 Cent/kWh zu reduzieren ist.11 Die Erkenntnisse aus der Evaluierung der Haftungsregelungen haben somit nur zu moderaten Modifikationen der gesetzlichen Vorschriften geführt.12 Zum 13.5.2019 wurde die Vorschrift um eine Regelung zur Entschädigungshöhe für Wind- 8 energieanlagen auf See, die in einer Ausschreibung nach Teil 3 WindSeeG bezuschlagt wurden, ergänzt.13 Nach dem neu eingefügten Abs. 3a bemisst sich die Höhe des Entschädigungsanspruchs für solche Anlagen anhand des bezuschlagten Gebotswerts bzw. des Monatsmarktwerts.14 Es bleibt aber auch hier beim anteiligen Selbstbehalt des Anlagenbetreibers. Mit dem Gesetz zur Änderung des WindSeeG zum 10.12.2020 ist in § 17e Abs. 2 S. 1 die Frist angepasst worden, ab welcher der bezuschlagte Bieter frühestens eine Entschädigung vom zuständigen Übertragungsnetzbetreiber verlangen kann. Der Selbstbehalt des Anlagenbetreibers beträgt nunmehr 90 Tage statt wie zuvor 10 Tage.15 Mit dem Gesetz zur Änderung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften vom 21.12.2020 wurden schließlich redaktionelle Folgeänderung zur Aufhebung des bisherigen § 47 EEG 2017 vorgenommen und dessen Fortgeltung für bereits in Betrieb genommene Anlagen, deren Zahlungshöhe sich nach der Norm richtet, geregelt. Mit der Ergänzung der Verweisung auf den mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht neu eingefügten § 17d Abs. 6 wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Inhaber einer Genehmigung zum Bau von Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ausgeweitet, die nach § 17d Abs. 6 einen Anspruch auf Netzanbindung haben.16
3. Auslegungsleitfaden der Bundesnetzagentur § 17e beinhaltet einen Entschädigungsanspruch des Betreibers der Windenergieanlage auf See ge- 9 genüber dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber. Da dieser die Entschädigungszahlungen jedoch gem. § 17f unter bestimmten Voraussetzungen von dem Letztverbraucher über die Offshore-Umlage erstattet bekommt, hat die Bundesnetzagentur in einem Leitfaden zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen dargelegt, wie die Höhe der Entschädigungszahlungen bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen gem. § 17e nach ihrem Verständnis ermittelt werden kann, damit die Entschädigungszahlungen auch später in der Offshore-Umlage anzuerkennen sind.17 Auch wenn der Leitfaden in seiner rechtlichen Qualität 10 Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung v. 22.12.2016, BGBl. I S. 3106. 11 Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien v. 13.10.2016, BGBl I S. 2258. 12 Zu den Änderungen an § 17f vgl. § 17f Rn 2. 13 Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus v. 13.5.2019, BGBl. I S. 706. 14 Vgl. dazu Rn 19. 15 Vgl. dazu Rn 47. 16 Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht v. 16.7.2021, BGBl I S. 3026. 17 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, abrufbar unter: http://www.bundesnetzagentur.de. 209
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§ 17e EnWG
II. Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung
hinter der einer Festlegung der Behörde gem. § 29 Abs. 1 zurückbleibt und den Äußerungen der Regulierungsbehörde in einem Leitfaden eine rechtlich verbindliche Konkretisierungswirkung teilweise abgesprochen wird, stellt er dennoch zumindest eine Auslegungshilfe dar.18 Er soll verdeutlichen, unter welchen Voraussetzungen die Bundesnetzagentur nicht von ihrer Missbrauchsaufsicht Gebrauch macht, und eine einheitliche Praxis sicherstellen.19 Zudem enthält der Leitfaden Vorgaben dazu, welche Nachweise die Übertragungsnetzbetreiber der Bundesnetzagentur vorzulegen haben, um die ordnungsgemäße Auszahlung der Entschädigungszahlungen zu belegen.20 Wohl auch vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur sowohl die Eckpunkte als auch den Leitfaden selbst mit der Offshore-Branche und den Übertragungsnetzbetreibern konsultiert. Auch wenn die Parteien hinsichtlich des Anspruchs nach § 17e von dem Leitfaden abweichen könnten, wird zumindest der Übertragungsnetzbetreiber sich in der Regel eher für eine Orientierung an dem Leitfaden aussprechen, um die Wälzbarkeit der nach § 17e zu leistenden Entschädigungszahlungen über die Offshore-Netzumlage gem. § 17f sicherzustellen.21 Faktisch kommt dem Leitfaden daher auch für § 17e eine Bedeutung zu, zumal der Gesetzgeber einige Details, wie Entschädigungszahlungen nach § 17e zu ermitteln sind, offengelassen hat.
II. Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung 10 § 17e Abs. 1 gewährt dem Betreiber einer Windenergieanlage auf See, wenn er wegen der Störung der Anbindungsleitung keinen Strom einspeisen kann, die Möglichkeit, gegenüber dem anbindungspflichtigen Übertragungsnetzbetreiber für entstandene Vermögensschäden einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen.
1. Störung 11 Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 1 ist zunächst eine gestörte Offshore-Anbindungsleitung. Eine Störung der Anbindungsleitung liegt vor, wenn die elektrische Verbindung zur Übertragung der abzuführenden Energie zum landseitigen Netzverknüpfungspunkt – nach ihrer Fertigstellung – ungeplant unterbrochen ist.22 Die Netzanbindung kann dabei vollständig unterbrochen sein, es reicht jedoch auch aus, wenn sie hinsichtlich ihrer Kapazität nur teilweise unterbrochen ist, dem Betreiber der Windenergieanlage auf See mithin nur noch ein Teil der ihm zugesagten, zugewiesenen oder bezuschlagten Kapazität zur Verfügung steht.23 Das kann z. B. der Fall sein, wenn ein Offshore-Windpark über zwei AC-Anbindungsleitungen an das landseitige Netz angeschlossen wird, aber nur eine der beiden ACLeitungen unterbrochen ist.
18 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.1.2017 – VI-3 Kart 148/15, juris Rn 69; BGH, Beschl. v. 17.7.2018 – EnVR 12/17, juris Rn 26; kritisch konkret zum Leitfaden zur Offshore-Haftungsumlage, der aus seiner Sicht über die bloße Gesetzesauslegung hinausgeht: König, N&R 2015, 130, 135. 19 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 1, S. 3. 20 Riedle, Überwachung der Offshore-Haftungsregelungen, S. 141. 21 Riedle, Überwachung der Offshore-Haftungsregelungen, S. 143. 22 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.1, S. 5. 23 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.1, S. 5. Scheuch/Haller
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2. Betriebsbereitschaft und Kausalität
EnWG § 17e
Die Dauer der Störung der Anbindungsleitung bestimmt sich danach, wann die technische 12 Betriebsbereitschaft der Netzanbindung wiederhergestellt ist.24 Es ist somit für das Ende der Störung nicht auf die tatsächliche Einspeisung, sondern auf die Möglichkeit zur Einspeisung abzustellen. Der Berechnung der Entschädigungszahlungen sind nur solche Tage zugrunde zu legen, an 13 denen die Anbindungsleitung den ganzen Tag, also 24 Stunden, gestört war.25 Das ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien und im Umkehrschluss auch daraus, dass der Gesetzgeber zum 1.1.2017 lediglich bei Entschädigungszahlungen wegen Wartung gem. § 17e Abs. 3 S. 2 von der tagesscharfen auf eine stundenscharfe Berechnung umgestellt hat.26
2. Betriebsbereitschaft und Kausalität Der Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 1 S. 1 kann grundsätzlich nur für betriebsbereite 14 Windenergieanlagen gewährt werden.27 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, aber auch dem Sinn und Zweck der Norm, da nur eine betriebsbereite Anlage bei zur Verfügung stehender Netzanbindung einspeisen und den Zahlungsanspruch nach dem EEG auslösen bzw. den erzeugten Strom vermarkten könnte. Nicht eindeutig ist jedoch, ob dieser Anforderung neben der Kausalität zwischen der Störung der Anbindungsleitung und der Nichteinspeisung durch den Windpark eine eigenständige Bedeutung zukommt.28 In den meisten Fällen, in denen es an der Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage fehlt, 15 ist die Störung der Anbindungsleitung auch nicht kausal für die Unmöglichkeit der Einspeisung. Ein Unterschied könnte bestehen, wenn eine Windenergieanlage erst durch die Störung der Anbindungsleitung beschädigt wird und daher nicht einspeisen kann. In dem Fall scheint es mit Sinn und Zweck des Entschädigungsanspruchs nicht vereinbar, den Entschädigungsanspruch zu versagen.29 Jedoch dürfte die Frage in der Praxis selten relevant sein, da die Betriebsbereitschaft während der Störung vermutet wird, wenn die Windenergieanlage auf See unmittelbar vor der Unterbrechung der Netzanbindung betriebsbereit war.30 Nur das muss der Betreiber der Anlagen nachweisen. Und über den Zeitraum der Störung hinaus besteht kein Entschädigungsanspruch, selbst wenn die Windenergieanlage aufgrund der Störung der Anbindungsleitung länger defekt ist.31 Die Beschränkung der Entschädigung auf die Dauer der Störung ergibt sich bereits aus § 17e Abs. 1 S. 2, der die tagesgenaue Ermittlung der Entschädigungshöhe für den Zeitraum der Störung vorsieht.
24 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.2, S. 6; Britz/Hellermann/Hermes/ Broemel, § 17e Rn 7. 25 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.1, S. 5; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1, S. 8; BK-EnR/Uibeleisen, § 17e Rn 22; Britz/ Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 6; Kment/Schink, § 17e Rn 5. 26 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 26; Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/10668, S. 173; vgl. auch Rn 6 und 63. 27 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.2, S. 4; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1, S. 8. 28 Zur dogmatischen Einordnung der Betriebsbereitschaft ausführlich Johne, Die Entschädigungsregelungen des § 17e EnWG bei der Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See, S. 93 ff. 29 Vgl. dazu ausführlich Thole, EnWZ 2015, 546, 551. 30 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1, S. 8. 31 Vgl. auch Thole, EnWZ 2015, 546, 551 ff, der für den Zeitraum der Entschädigung über die Störung der Anbindungsleitung hinausgeht, dann jedoch einen Anspruch gem. § 280 BGB in Betracht zieht. 211
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§ 17e EnWG
II. Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung
3. Höhe des Entschädigungsanspruchs 16 Die Höhe des Entschädigungsanspruchs beträgt gem. § 17e Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3a 90 Prozent der Vergütung, die dem Betreiber nach den für die betroffene Windenergieanlage auf See jeweils einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Falle der Einspeisung zugestanden hätte. Anders als beim zivilrechtlichen Schadensersatz, der den Geschädigten so stellen würde, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte, bleiben bei einem Entschädigungsanspruch nach § 17e, der lediglich die entgangenen Erlöse betrachtet, andere ggf. beim Betreiber der Windenergieanlage auf See entstandene Schäden unberücksichtigt.32
17 a) Bemessungsgrundlage für den Zahlungsanspruch. Bemessungsgrundlage für die Höhe des Entschädigungsanspruchs ist für Windenergieanlagen auf See, die vor dem 1.1.2021 in Betrieb genommen werden, der nach § 19 EEG im Fall der Direktvermarktung bestehende Zahlungsanspruch abzüglich 0,4 Cent/KWh. 18 Zum 1.1.2017 hat der Gesetzgeber geregelt, dass der im Falle der Direktvermarktung bestehende Zahlungsanspruch um 0,4 Cent/kWh zu kürzen ist. Bis zu dieser Regelung wurde infolge der durch diverse Novellierungen von EEG und EnWG entstandenen unklaren Verweislage teilweise vertreten, dass bei der Direktvermarktung der volle EEG-Vergütungsanspruch (19,4 Cent/kWh) der Berechnung des Entschädigungsanspruchs zugrunde zu legen sei.33 Dagegen sprach, dass die ursprünglich als sog. Managementprämie für die Direktvermarktung hinzugekommenen 0,4 Cent/kWh durch die Umstellung auf die verpflichtende Direktvermarktung in die für den Zahlungsanspruch nach dem EEG anzulegenden Werte integriert worden war.34 Die Direktvermarktung scheidet im Falle der Entschädigung nach § 17e jedoch aus, so dass sich auch die für die Direktvermarktung in dem Zahlungsanspruch enthaltenen 0,4 Cent/kWh nicht in der Entschädigungshöhe widerspiegeln sollen.35 Das LG Bayreuth hat für bis zum 31.12.2016 entstandene Entschädigungsansprüche wegen Verzögerung der Netzanbindung nunmehr dennoch entschieden, dass die Entschädigung auf Basis eines anzulegenden Werts von 19,4 Cent pro kWh zu ermitteln sei.36 Die zum 1.1.2017 erfolgte Änderung des EnWG („abzüglich 0,4 Cent“) sei nicht rückwirkend anzuwenden. Es handele sich nicht um eine Klarstellung, sondern um eine tatsächliche Änderung, für die der Gesetzgeber keine Rückwirkung geregelt habe.37 Das OLG Nürnberg hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 21.9.2020 bestätigt.38 19 Für Windenergieanlagen auf See, die ab dem 1.1.2021 in Betrieb genommen werden, ist bei der Bestimmung der Entschädigungshöhe nach Abs. 3a an den nach dem WindSeeG jeweils einschlägigen anzulegenden Wert anzuknüpfen. Der anzulegende Wert ist der Gebotswert des bezuschlagten Gebots, § 23 Abs. 2 WindSeeG.39 Vor dem Hintergrund, dass sogar Gebote für 0 Cent/kWh abgegeben werden und sich die Einnahmen des Betreibers von Windenergieanlagen auf See in erster Linie aus dem Markterlös ergeben, soll zur Berechnung der Entschädigung zukünftig grundsätzlich der Monatsmarktwert i. S. d. Anlage 1 Nr. 2.2.3 EEG herangezogen werden.40 Übersteigt der anzulegende Wert im Einzelfall den Monatsmarktwert, ist der anzulegende
32 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 12. 33 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27 li. Sp. Prall/Thomas, ZNER 2015, 332, 333 f. 34 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/8860, S. 337. 35 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/8860, S. 337. 36 LG Bayreuth, Urt. v. 19.3.2020 – 1 HK O 28/19. 37 LG Bayreuth, Urt. v. 19.3.2020 – 1 HK O 28/19, juris Rn 39. 38 OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.9.2020 – 3 U 1099/20. 39 Spieth/Lutz-Bachmann, Offshore-Windenenergierecht, § 23 WindSeeG Rn 6. 40 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucks. 19/7375, 19/7914, 19/8435 Nr. 1 – BT-Drucks. 19/9027, S. 13. Scheuch/Haller
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3. Höhe des Entschädigungsanspruchs
EnWG § 17e
Wert maßgeblich. Damit wird, wie auch bei Windenergieanlagen an Land, auf die entgangenen Einnahmen aus Markterlös und ggf. Marktprämie als Entschädigungsbasis abgestellt.41
b) Vergleichbare Anlage. Um die Höhe des Entschädigungsanspruchs zu bestimmen, bedarf 20 es zudem der Ermittlung der nicht eingespeisten Arbeit (sog. Ausfallarbeit). Sie stellt die Differenz zwischen der in einem bestimmten Zeitraum möglichen Einspeisung und der tatsächlich realisierten Einspeisung innerhalb dieses Zeitraums dar.42 Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Betreiber der Windenergieanlage auf See.43 Um die während der Störung eigentlich mögliche Einspeisung zu bestimmen, stellt § 17e 21 Abs. 1 S. 2 auf die durchschnittliche Einspeisung einer vergleichbaren Anlage im entsprechenden Zeitraum ab. Den Gesetzesmaterialien lässt sich nicht entnehmen, worauf dafür abzustellen ist. Deutlich wird jedoch, dass sich der Gesetzgeber für eine möglichst genaue Ermittlung der Ausfallarbeit entschieden hat und nicht für einen pauschalen Ansatz, z. B. unter Zugrundelegung von durchschnittlichen Volllaststunden von Offshore-Windenergieanlagen, um eine Überkompensation der Betreiber der Windenenergieanlage auf See zu vermeiden.44 Die Berechnung der Entschädigungszahlungen muss sich möglichst eng an den Parametern orientieren, die auch für die Bestimmung der Höhe der tatsächlichen Einspeisevergütung maßgeblich sind.45 In ihrem Leitfaden beschreibt die Bundesnetzagentur, wie die Ausfallarbeit zu berechnen und die durchschnittliche Einspeisung einer vergleichbaren Anlage zu bestimmen ist, damit die so ermittelten Entschädigungszahlungen später auch im Rahmen der Offshore-Umlage nach § 17f akzeptiert werden. Sie spricht sich für das auch onshore verwendete Spitzabrechnungsverfahren aus, wonach die Ausfallarbeit in Abhängigkeit von der tatsächlichen Windgeschwindigkeit und unter Berücksichtigung der zertifizierten Leistungskennlinie und eines Korrekturfaktors der Windenergieanlagen auf See ermittelt wird.46 Die Obergrenze der während der Störung eigentlich möglichen Einspeisung und damit 22 auch der Ausfallarbeit stellt immer die in der Netzanbindungszusage bzw. Kapazitätsvergabe vorgesehene (bzw. die nach WindSeeG bezuschlagte) Einspeisekapazität dar.47
aa) Messung der Windgeschwindigkeit. Die Messung der Windgeschwindigkeit erfolgt mit- 23 tels eines geeigneten Messgeräts (sog. Gondelanemometer) an der Gondel der jeweiligen Windenergieanlage bzw. einer benachbarten, typgleichen Windenergieanlage auf See, wenn aus technischen Gründen keine ausreichenden Daten der betroffenen Windenergieanlage selbst zur Verfügung stehen.48 Da bei der Störung der Anbindungsleitung die Windenergieanlage, für die die entgangene Einspeisung ermittelt werden soll, bereits vor der Störung in Betrieb war, stellt
41 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucks. 19/7375, 19/7914, 19/8435 Nr. 1 – BT-Drucks. 19/9027, S. 13. 42 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3, S. 7. 43 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2017 – VI-3 Kart 123/16 (V), juris Rn 83; Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 11. 44 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27. 45 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2017 – VI-3 Kart 123/16 (V), juris Rn 68. 46 Vgl. im Detail Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.1.1, S. 8 f. 47 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.1.1, S. 10; Britz/Hellermann/Hermes/ Broemel, § 17e Rn 12. 48 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.1.1, S. 7 ff. 213
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§ 17e EnWG
II. Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung
sie in der Regel selbst die beste vergleichbare Anlage im Sinne des § 17e Abs. 1 S. 2 dar, so dass auf die jeweils von der Störung betroffene Windenergieanlage abzustellen ist. 24 Einige Betreiber von Windenergieanlagen auf See kritisieren, dass die Windenergieanlagen während einer Störung der Anbindungsleitung nicht in Betrieb seien und daher die auf ihnen installierten Messgeräte nicht richtig vom Wind angeströmt würden, so dass Messergebnisse verfälscht würden. Liefert eine Windenergieanlage auf See keine realitätsnahen Mess- und Einspeisewerte und stehen in diesem Fall andere Messdaten zur Verfügung, die die Realität besser abbilden als die Messdaten der eigenen oder einer nahegelegenen Windenergieanlage, so ist für die Berechnung der Entschädigung auf diese Werte abzustellen. Dies können auch die Daten eines nahe gelegenen FINO-Messmastes sein, wenn die an diesem Mast gemessenen Winddaten eine bessere Vergleichbarkeit gewährleisten als die Daten einer nahegelegenen oder der eigenen Windenergieanlage.49 FINO bezeichnet die drei deutschen Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee.50
25 bb) Abschattungseffekte. Während des normalen Betriebs von Windenergieanlagen auf See kommt es aufgrund der Stellung der Windenergieanlagen zueinander zu unterschiedlich großen Wind-Abschattungen (sog. Wake-Effekt). Da für die Berechnung der Entschädigungszahlungen auf eine vergleichbare Anlage abzustellen ist und die Ausfallarbeit lediglich die Differenz zwischen der tatsächlichen und der bei Funktion der Anbindungsleitung möglichen Einspeisung ermitteln soll, sind diese Abschattungseffekte auch bei der Berechnung der Entschädigungszahlungen zu berücksichtigen. Das Bundeswirtschaftsministerium spricht sich dafür aus, aus Gründen der Gleichbehandlung ein Standard-Wake-Modell zur Berechnung des Effekts zu verwenden.51 In der Praxis hat sich die Verwendung des Park-Modells (Jensen-Modell), das mit überschaubarem Datenaufwand zuverlässige Ergebnisse liefert, als sinnvoll erwiesen.52
4. Selbstbehalt 26 Das Risiko einer Störung der unter großem Zeitdruck und unter Verwendung neuer Technologie zu errichtenden Anbindungsleitung sollte nicht allein beim anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber bzw. dem Letztverbraucher verbleiben. Vielmehr sollten auch die Betreiber von Windenergieanlagen auf See durch einen Selbstbehalt am unternehmerischen Risiko beteiligt werden.53 § 17e Abs. 1 S. 1 (i. V. m. Abs. 3a) gewährt dem Betreiber der Windenergieanlage auf See daher nur 90 Prozent der bei tatsächlicher Einspeisung erzielbaren Erlöse. 27 Neben diesem 10-prozentigen Selbstbehalt, den die Betreiber von Windenergieanlagen auf See bei einer Entschädigung nach § 17e Abs. 1 im Vergleich zu dem Zahlungsanspruch nach § 19 EEG bzw. WindSeeG zu tragen haben, trifft sie auch in zeitlicher Hinsicht ein Selbstbehalt. Für die ersten zehn aufeinander folgenden Tage einer Störung seiner Anbindungsleitung erhält der Betreiber einer Windenergieanlage auf See gem. § 17e Abs. 1 S. 1 noch keine Entschädigung. Pro Kalenderjahr ist sein Selbstbehalt jedoch gem. § 17e Abs. 1 S. 6 auf maximal 18 Kalendertage beschränkt. Er bekommt somit auch bei mehreren kurzen Störungen der Anbindungsleitung spätestens ab dem 19. Kalendertag, an dem in dem Kalenderjahr eine Störung seiner Anbindungsleitung vorliegt, eine Entschädigung nach § 17e Abs. 1. Auch beim Selbstbehalt sind nur solche Tage zu berücksichtigen, an denen die Störung 24 Stunden vorgelegen hat.
49 50 51 52 53
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2017 – VI-3 Kart 123/16 (V), juris Rn 69. https://www.fino-offshore.de. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.4.1, S. 12. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.4.1, S. 12. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27 li. Sp.
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5. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers
EnWG § 17e
Die Beschränkung auf diesen Selbstbehalt (sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe 28 nach) gilt nur dann nicht, soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung der Netzanbindung vorsätzlich herbeigeführt hat.54 Soweit der Betreiber der Windenergieanlage auf See die Störung selbst zu vertreten hat, hat er gem. § 17e Abs. 1 S. 6 keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 17e Abs. 1 S. 1.
5. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers Der Entschädigungsanspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung der Anbindungsleitung zu vertreten hat. Die Einführung einer verschuldensunabhängigen Entschädigungspflicht hielt der Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass der Betreiber mit der Errichtung von Windenergieanlagen auf hoher See ein deutlich erhöhtes Risiko eingeht, ausnahmsweise für gerechtfertigt.55 Soweit der Übertragungsnetzbetreiber eine Störung der Netzanbindung jedoch vorsätzlich herbeigeführt hat, hat der Betreiber der Windenergieanlage auf See keinen Selbstbehalt zu tragen. Er kann in diesem Fall gem. § 17e Abs. 1 S. 4 vom Übertragungsnetzbetreiber bereits ab dem ersten Tag der Störung nicht nur 90 Prozent, sondern 100 Prozent des EEG-Zahlungsanspruchs – im Fall der Direktvermarktung abzüglich 0,4 Cent/kWh – verlangen. Dies muss auch für Windenergieanlagen auf See gelten, die in einer Ausschreibung nach Teil 3 des WindSeeG bezuschlagt wurden. Abs. 3a regelt dies zwar nicht ausdrücklich. Den Gesetzesmaterialien ist aber zu entnehmen, dass dieselben Selbstbehalte und Karenzzeiten wie bisher gelten sollen.56 Dies betrifft auch das Entfallen des Selbstbehalts bei vorsätzlicher Herbeiführung der Störung. Entscheidend für den Übertragungsnetzbetreiber ist, dass er bei einer vorsätzlich herbeigeführten Störung der Anbindungsleitung für die nach § 17e Abs. 1 zu leistenden Entschädigungszahlungen gem. § 17f Abs. 2 S. 1 auch keine Erstattung über die Offshore-Umlage vom Letztverbraucher erhält und somit die gesamten vorsätzlich verursachten Entschädigungszahlungen selbst tragen muss. Die Beweislast für ein vorsätzliches Verhalten des Übertragungsnetzbetreibers liegt beim Betreiber der Windenergieanlage auf See, da vorsätzliches Verhalten ein Tatbestandsmerkmal für die erweiterte Haftung darstellt.57 Da der Entschädigungsanspruch ohne Selbstbehalt nur „soweit“ besteht, wie die Störung auf eine vorsätzliche Handlung des Übertragungsnetzbetreibers zurückgeht, könnte der Nachweis im Einzelfall schwierig sein. Umstritten ist, inwiefern dem Übertragungsnetzbetreiber auch das Verhalten Dritter, z. B. des Herstellers oder Generalunternehmers der Anbindungsleitung, zuzurechnen ist. Teilweise wird das Verschulden eines Dritten als das eines Erfüllungsgehilfe gem. § 278 BGB dem Übertragungsnetzbetreiber zugerechnet, weil von einem gesetzlichen Schuldverhältnis ausgegangen wird.58 Ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Betreiber des Offshore-Windparks und Übertragungsnetzbetreiber lässt sich jedoch auch bezweifeln.59 Auch legt bereits der Wortlaut von § 17e Abs. 1 S. 4 eine Beschränkung auf den Vorsatz des Übertragungsnetzbetreibers nahe und auch die Gesetzesbegründung lässt sich so interpretieren, dass eine vollumfängliche Heranziehung des Übertragungsnetzbetreibers ohne Refinanzierungsmöglichkeit über die OffshoreNetzumlage nur bei eigenem Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers gerechtfertigt ist.60 54 Vgl. Rn 30. 55 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 26 f. 56 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucks. 19/7375, 19/7914, 19/8435 Nr. 1 – BT-Drucks 19/9027, S. 13. 57 BGH, Urt. v. 13.11.2018 – EnZR 39/17, juris Rn 69. 58 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 17; Thole, EnWZ 2015, 546, 554. 59 Ablehnend nach alter Rechtslage: LG Berlin, Urt. v. 12.8.2013 – 99 O 127/11, juris Rn 83. 60 Gundel, RdE 2016, 325, 327. 215
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III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung
Davon scheint auch das Bundeswirtschaftsministerium in seinem Evaluierungsbericht auszugehen, indem es darauf abstellt, dass den Übertragungsnetzbetreiber bei der Auswahl und Überwachung der mit der Errichtung der Anbindungsleitung beauftragten Generalunternehmer kein Verschulden traf und ein etwaiges Verschulden der Generalunternehmer dem Übertragungsnetzbetreiber nicht zugerechnet werden konnte.61
6. Ausschluss weiterer Haftungsansprüche 33 Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber kann gem. § 17e Abs. 1 S. 5 wegen der gestörten Netzanbindung nicht über die Entschädigung gem. § 17e Abs. 1 S. 1 hinaus in Anspruch genommen werden. Dem Betreiber der Windenergieanlage auf See könnte unter Umständen nicht nur der Zahlungsanspruch nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entgangen, sondern darüber hinaus ein weiterer Vermögensschaden entstanden sein, z. B. für eine ggf. notwendige Eigenversorgung der Betriebseinrichtungen eines Windparks mit Dieselgeneratoren oder für Wartungsaufwendungen. Der Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 1 S. 1 soll jedoch für Rechtsklarheit sorgen und abschließend sein, so dass auch solche Vermögensschäden von dem Entschädigungsanspruch mit abgegolten sind.62
III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung 34 Nach § 17e Abs. 2 kann der Betreiber einer Windenergieanlage auf See für seine betriebsbereite oder zumindest fiktiv betriebsbereite Windenergieanlage auf See verschuldensunabhängig Entschädigungszahlungen verlangen, wenn sie wegen der nicht rechtzeitig errichteten Anbindungsleitung nicht einspeisen kann. 35 In der Vergangenheit hatte der Entschädigungsanspruch gem. § 17e Abs. 2 wegen der Verzögerung der Anbindungsleitung in der Praxis die größte Bedeutung unter den Ansprüchen nach § 17e. Insbesondere in den ersten Jahren kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Errichtung von Offshore-Anbindungsleitungen, so dass Entschädigungszahlungen insbesondere in den Jahren 2013 und 2014 oft für viele Monate fällig wurden. Wie sich an den jährlichen Zahlen der Offshore-Umlage, über die die Entschädigungszahlungen an den Letztverbraucher weitergereicht werden, zeigt, gehen die Entschädigungszahlungen langsam zurück, was maßgeblich auf die nicht mehr so großen zeitlichen Verzögerungen bei der Errichtung von Offshore-Anbindungsleitungen zurückzuführen ist.63
1. Verzögerung der Netzanbindung 36 Der Entschädigungsanspruch wegen Verzögerung der Netzanbindung entsteht gem. § 17e Abs. 2 S. 1, wenn die Einspeisung aus einer betriebsbereiten Windenergieanlage auf See nicht möglich ist, weil die Netzanbindung nicht zu dem verbindlichen Fertigstellungstermin nach § 17d Abs. 2 S. 9 fertiggestellt ist. Der verbindliche Fertigstellungstermin ergibt sich aus einem voraussichtlichen Fertigstellungstermin, den der Übertragungsnetzbetreiber gem. § 17d Abs. 2 S. 4 der Regulierungsbehörde gegenüber bekannt zu geben und zu veröffentlichen hat. Gem. § 17d Abs. 2 S. 9 wird der voraussichtliche Fertigstellungstermin 30 Monate vor Eintritt der voraussichtlichen Fertigstellung verbindlich. 61 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.3, S. 17. 62 Vgl. dazu auch Rn 51. 63 Vgl. dazu ausführlicher § 17f Rn 3; die Zahlen der jährlichen Offshore-Haftungsumlage sind abrufbar unter: https://www.netztransparenz.de/EnWG/Umlage-17f-EnWG. Scheuch/Haller
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1. Verzögerung der Netzanbindung
EnWG § 17e
Der Beginn der Verzögerung ist somit eindeutig durch den verbindlichen Fertigstellungster- 37 min gem. § 17d Abs. 2 S. 9 bzw. durch den ihm gleichgestellten Termin aus der unbedingten Netzanbindungszusage gem. § 17e Abs. 2 S. 6 definiert. Erhält der Betreiber einer Windenergieanlage auf See erst ab einem Zeitpunkt nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin einen Zuschlag nach § 23 oder § 34 WindSeeG, wird nach § 17e Abs. 2 S. 7 der Zeitpunkt, ab dem nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 oder § 37 Abs. 1 Nr. 1 WindSeeG der Anspruch auf die Marktprämie nach § 19 EEG frühestens beginnt, dem verbindlichen Fertigstellungstermin gleichgestellt. Beendet ist die Verzögerung einer Netzanbindung, wenn der Netzanschluss fertiggestellt 38 ist.64 Naheliegend wäre davon auszugehen, dass das der Fall ist, wenn erstmals der physikalische Stromfluss über die Anbindungsleitung ermöglicht wird. Die Bundesnetzagentur zählt jedoch auch den sog. Probebetrieb zwischen Anbindungsleitung und Windenergieanlage noch zur Errichtungsphase der Anbindungsleitung. Die Verzögerung ist somit erst nach Abschluss dieses Probebetriebs, jedoch spätestens nach der üblichen Dauer eines normalen Probebetriebs von vier Monaten nach dem ersten physikalischen Stromfluss, beendet.65 Diese Lösung scheint angemessen für den Fall, dass ein solcher Probebetrieb notwendig ist. Denn während des Probebetriebs kann es noch zu häufigeren Unterbrechungen der Anbindungsleitung kommen. Läge in dieser Phase bereits keine Verzögerung mehr vor, kämen lediglich Entschädigungszahlungen wegen Störung oder Wartung der Anbindungsleitung mit erneutem zeitlichen Selbstbehalt für den Windpark in Betracht. Fällt der Probebetrieb jedoch noch in die Errichtungsphase der Anbindungsleitung, dauert die Verzögerung noch an. Soweit während des Probebetriebs dennoch eingespeist werden kann, scheidet der Entschädigungsanspruch aus, weil die Unmöglichkeit der Einspeisung nicht gegeben ist.66 Das LG Bayreuth hält die Netzanbindung dann für fertiggestellt, wenn die Anlage (im konkreten Ausbauzustand) einspeisen kann und der Anlagenbetreiber nicht mehr damit rechnen muss, dass die Leitung jederzeit für Restarbeiten oder Einstellungen ohne oder mit nur kurzfristiger Ankündigung unterbrochen wird.67 Die Fertigstellung sei indiziert durch die erfolgreiche Durchführung von Phase 2 des Probebetriebs und die Mitteilung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers an den Anlagenbetreiber, der Probebetrieb sei nun beendet.68 Der noch als Teil der Errichtungsphase der Anbindungsleitung zu verstehende Probebetrieb 39 ist nicht zu verwechseln mit dem Probebetrieb, der zwischen Übertragungsnetzbetreiber und Hersteller der Anbindungsleitung aus Gewährleistungsgesichtspunkten vereinbart ist.69 Er ist auch zu unterscheiden von einem Probebetrieb oder einer Inbetriebnahmephase, in der der Betreiber der Windenergieanlagen auf See seine Anlagen testet bzw. final in Betrieb setzt. Wäre die Anbindungsleitung nicht verzögert, müsste der Betreiber der Windenergieanlagen diese Arbeiten auch entschädigungslos durchführen. Eine Besserstellung des Betreibers der Windenergieanlagen durch die Verzögerung der Anbindungsleitung soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfolgen.
64 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.2, S. 6. 65 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.2, S. 6; den Probebetrieb als Teil der Errichtungsphase sehen auch Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 27; Kment/Schink, § 17e Rn 21. 66 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.2, S. 6; Britz/Hellermann/Hermes/ Broemel, § 17e Rn 27. 67 LG Bayreuth, Urt. 14.11.2019 – 1 HK O 47/18, juris Rn 45. 68 LG Bayreuth, Urt. 14.11.2019 – 1 HK O 47/18, juris Rn 47. 69 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.2, S. 6; Britz/Hellermann/Hermes/ Broemel, § 17e Rn 27. 217
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III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung
Sachgerecht ist es auch, die Verzögerung spätestens nach dem üblichen Zeitraum für einen Probebetrieb (4 Monate) als beendet anzusehen.70 Denn nur der normale Probebetrieb rechtfertigt, ihn als Teil der Errichtungsphase der Anbindungsleitung anzusehen. Liegt, nachdem die physikalische Einspeisung ja zumindest schon einmal möglich war, ein größeres Problem vor, das den Probebetrieb verzögert, ist dies eher als Störung im Sinne des § 17e Abs. 1 anzusehen, die die dort geregelten Entschädigungszahlungen auslöst.
2. Betriebsbereitschaft und fiktive Betriebsbereitschaft 41 Grundsätzlich setzt auch der Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 2 eine betriebsbereite Windenergieanlage auf See voraus bzw. die Kausalität zwischen Nichteinspeisung und Verzögerung der Anbindungsleitung muss gegeben sein.71 Die Windenergieanlage muss daher grundsätzlich vollständig errichtet sein und darf selbst während des Zeitraums, für den Entschädigung begehrt wird, weder defekt sein noch gewartet werden.72 42 Um Schäden an den Windenergieanlagen oder Wartungsaufwand zu vermeiden, kann es bei längeren Verzögerungen der Anbindungsleitung jedoch sinnvoll sein, zunächst von ihrer Errichtung auf See abzusehen.73 § 17e Abs. 2 S. 4 setzt der Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage daher gleich, wenn ihr Fundament und die für sie vorgesehene Umspannanlage zur Umwandlung der durch sie erzeugten Elektrizität auf eine höhere Spannungsebene errichtet sind und darüber hinaus von der Herstellung der tatsächlichen Betriebsbereitschaft aus Schadensminderungsgründen abgesehen wurde (sog. fiktive Betriebsbereitschaft). Die Umspannanlage ist erst dann errichtet, wenn sie für den Einzug des Exportkabels des Übertragungsnetzbetreibers bereit ist.74 43 Zum Nachweis der installierten Komponenten müssen die Installationsberichte und Abnahmeberichte aus Baufortschrittsberichten sowie Bilddokumentation vorgelegt werden.75 Um nachzuweisen, dass die Errichtung des vollständigen Windparks nur aus Schadensminderungsgründen nicht vorgenommen wurde, müssen zumindest die Verträge über alle Bestandteile der Offshore-Anlage vorgelegt werden, aus denen hervorgeht, dass die Errichtung zum verbindliche Fertigstellungstermin möglich gewesen wäre. Um einen Missbrauch zu Lasten der Netznutzer zu verhindern, werden in der Praxis vom Betreiber der Windenergieanlage sogar die folgenden, noch detaillierteren Nachweise gefordert:76 – Versicherung an Eides statt, dass er von der Herstellung der tatsächlichen Betriebsbereitschaft aus Schadensminderungsgründen abgesehen hat – Den ursprünglichen und den aufgrund der Verzögerung der Netzanbindung angepassten Bauzeitplan – Die entsprechenden ursprünglichen und aufgrund der Verzögerung der Netzanbindung angepassten Lieferverträge für die betreffenden Anlagen oder die Lieferung und Lagerung der Windenergieanlagen an Land anhand von Protokollen und Bilddokumentationen – Dokumente über den Erwerb der Innerparkkabel.
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A. A. Kment/Schink, § 17e Rn 21. Vgl. auch zum Verhältnis zwischen Betriebsbereitschaft und Kausalität Rn 14 f. Kment/Schink, § 17e Rn 22. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27 re. Sp. Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.2, S. 4. 75 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.2.2.2 S. 10. 76 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.2.2.2 S. 10. Scheuch/Haller
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4. Selbstbehalt
EnWG § 17e
3. Höhe des Entschädigungsanspruchs Hinsichtlich der Höhe des Entschädigungsanspruchs bei Verzögerung der Anbindungsleitung 44 verweist § 17e Abs. 2 S. 1 auf § 17e Abs. 1 S. 1 und 2, so dass im Grundsatz auf die Ausführungen zu § 17e Abs. 1 zu verweisen ist.77 Allerdings ergeben sich Besonderheiten bei der Berechnung der Ausfallarbeit. Nach dem Leitfaden der Bundesnetzagentur erfolgt die Berechnung der Ausfallarbeit grundsätzlich wie bei der Störung der Anbindungsleitung.78 Abweichungen können jedoch dadurch notwendig werden, dass nicht immer auf die jeweilige Windenergieanlage selbst abgestellt werden kann.79 Hat der Betreiber der Windenergieanlagen seine Windenergieanlagen trotz der Verzögerung 45 der Anbindungsleitung errichtet, stellt, wie bei der Störung der Anbindungsleitung, die jeweilige Windenergieanlage selbst die beste vergleichbare Anlage dar, so dass hinsichtlich der Windgeschwindigkeit auf an ihr mittels eines geeigneten Messgeräts gemessene Werte abzustellen ist. Liefert die eigene Anlage keine realitätsnahen Messwerte und stehen im Einzelfall andere Messdaten zur Verfügung, die die Realität besser abbilden, ist auf diese abzustellen.80 Gleiches gilt, wenn im Falle der fiktiven Betriebsbereitschaft der Windenergieanlagen im Sinne des § 17e Abs. 2 S. 4 die einzelnen Windenergieanlagen noch nicht errichtet sind.81
4. Selbstbehalt Wie bei dem Entschädigungsanspruch wegen Störung der Anbindungsleitung hat der Betreiber 46 der Windenergieanlage auf See auch nach § 17e Abs. 2 S. 1 einen Selbstbehalt zu tragen – zumindest soweit der Übertragungsnetzbetreiber die Fertigstellung der Anbindungsleitung nicht vorsätzlich verzögert hat. Der Selbstbehalt besteht zum einen – wie bei der Störung – darin, dass der Entschädigungsanspruch gem. § 17e Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 17e Abs. 1 S. 1 (i. V. m. Abs. 3a) auf 90 Prozent der dem Anlagenbetreiber nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Falle der Einspeisung zustehenden Vergütung beschränkt ist. Darüber hinaus entsteht der Anspruch erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Windenergiean- 47 lage auf See betriebsbereit ist, jedoch frühestens ab dem 91. Tag nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin bzw. der diesem in S. 6 und S. 7 gleichgestellten Zeitpunkte. Wurde als Fertigstellungstermin, der später verbindlich geworden ist, kein konkretes Datum, sondern nur ein Monat genannt, ist für die Berechnung des Selbstbehalts vom letzten Tag des Monats als Fristbeginn auszugehen.82 Ist die Windenergieanlage zum verbindlichen Fertigstellungstermin errichtet, trägt der Betreiber der Anlagen somit einen Selbstbehalt von 90 Tagen. Das soll den Betreiber der Windenergieanlagen zu Schadensminderungsmaßnahmen anhalten.83 Hat er die Windenergieanlagen – u. U. im Hinblick auf die Verzögerung der Anbindungsleitung – frühestens 90 Tage nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin errichtet, trägt er keinen zusätzlichen Selbstbehalt. Er kann den Entschädigungsanspruch aber auch erst ab
77 Vgl. Rn 16 ff. 78 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.2, S. 10. 79 Vgl. zu den konkreten Unterschieden Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.2, S. 10 ff. 80 Vgl. Rn 24. 81 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2017 – VI-3 Kart 123/16 (V), juris Rn 69. 82 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27. 83 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27. 219
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§ 17e EnWG
III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung
der Betriebsbereitschaft seiner Anlagen geltend machen, es sei denn, er beruft sich auf die fiktive Betriebsbereitschaft nach § 17e Abs. 2 S. 4. Sofern die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, gelten seine Windenergieanlagen als betriebsbereit und er kann ab dem 91. Tag nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin Entschädigung verlangen. Die Erhöhung des zeitlichen Selbstbehalts von 10 auf 90 Tage steht im Zusammenhang mit der Anpassung der Fristen in § 59 Abs. 2 WindSeeG, durch die der Prozess der Inbetriebnahme von Windenergieanlagen auf See und Anbindungsleitungen insgesamt beschleunigt und parallelisiert werden soll. Durch diese weitere Beschleunigung steige nach den Erwägungen des Gesetzgebers grundsätzlich das Risiko, dass der verbindliche Fertigstellungstermin aufgrund unvorhergesehener Umstände nicht eingehalten werden kann. Die Verschiebung des Beginns der Entschädigungspflicht soll verhindern, dass die Beschleunigung des Verfahrens Entschädigungszahlungen auslöst, wenn die angestrebte Beschleunigung nicht erzielt werden kann.84 Die Tage des Selbstbehalts wegen einer Verzögerung sind getrennt von denen wegen einer 48 Störung oder Wartung zu berechnen.85
5. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers 49 Auch der Entschädigungsanspruch gem. § 17e Abs. 2 besteht grundsätzlich verschuldensunabhängig. Parallel zu § 17e Abs. 1 S. 4 sieht jedoch auch § 17e Abs. 2 S. 2 vor, dass der Übertragungsnetzbetreiber ohne Abzug eines Selbstbehalts und ohne die Möglichkeit einer Wälzung über die Offshore-Netzumlage haftet, soweit er die Verzögerung der Anbindungsleitung vorsätzlich verursacht hat.86 Die vorsätzliche Herbeiführung einer Verzögerung i. S. v. § 17e Abs. 2 S. 2 EnWG setzt voraus, dass der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, dass er zu zusätzlichen Maßnahmen verpflichtet war, und dennoch um seines eigenen Vorteils willen bewusst davon absah.87 Es reicht nicht aus, dass der Netzbetreiber bewusst von Maßnahmen abgesehen hat, die aus seiner Sicht eine Einhaltung des Fertigstellungstermins ermöglicht hätten.88
6. Mitverschulden 50 Anders als bei der Entschädigung wegen Störung der Anbindungsleitung nach § 17e Abs. 1, sieht § 17e Abs. 2 nicht explizit vor, dass der Entschädigungsanspruch entfällt, soweit der Betreiber der Windenergieanlage auf See die Verzögerung zu vertreten hat. Ein Anwendungsfall könnte aber beispielsweise sein, wenn ein Betreiber von Windenergieanlagen auf See seinen Mitwirkungspflichten bei der Anbindung seiner Windenergieanlagen nicht nachkommt und die Fertigstellung der Anbindungsleitung sich deshalb verzögert. Unter Heranziehung des Gedankens von § 254 Abs. 1 BGB wird man jedoch auch hier zu dem Ergebnis kommen, dass der Betreiber der Windenergieanlage auf See den Entschädigungsanspruch nicht geltend machen kann, soweit er die Verzögerung selbst verursacht hat.89
84 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/24039, S. 33. 85 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.1, S. 5 f. 86 Vgl. dazu Rn 28 ff. 87 BGH, Urt. v. 13.11.2018 – EnZR 39/17, juris Rn 74. 88 BGH, Urt. v. 13.11.2018 – EnZR 39/17, juris Rn 72. 89 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 42. Scheuch/Haller
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8. Verpflichtung zur Rückzahlung
EnWG § 17e
7. Ausschluss weiterer Haftungsansprüche Wie § 17e Abs. 1 S. 5 schließt auch § 17e Abs. 2 S. 3 eine Inanspruchnahme des Übertragungs- 51 netzbetreibers für Vermögensschäden wegen einer Verzögerung der Anbindungsleitung über die in § 17e EnWG geregelten Entschädigungszahlungen hinaus aus.90 Dieser Ausschluss gilt sowohl für gesetzliche Ansprüche aus § 32 Abs. 3 EnWG oder sonstigen Vorschriften als auch für vertragliche oder quasi-vertragliche Ansprüche auf der Grundlage einer Netzanbindungszusage und nicht etwa nur für den Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns.91 Er gilt auch für Betreiber von Windenergieanlagen auf See, für die eine unbedingte Netzanbindungszusage nach altem Recht erteilt wurde und tritt auch dann ein, wenn bereits vor Inkrafttreten der Regelung absehbar war, dass der in einer unbedingten Netzanbindungszusage mitgeteilte, nach dem Inkrafttreten der Regelung liegende Termin nicht eingehalten wird.92
8. Verpflichtung zur Rückzahlung Da auch die fiktive Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage auf See ausreicht, um den Entschädigungsanspruch auszulösen, steht nicht fest, ob die Windenergieanlage bei rechtzeitiger Errichtung der Netzanbindung betriebsbereit gewesen wäre und hätte einspeisen können. Das Risiko nimmt der Gesetzgeber in Kauf. Allerdings ist es nur konsequent, dass der Betreiber des Windparks, soweit sein Windpark selbst eine angemessene Zeit, nachdem die verspätete Anbindungsleitung errichtet ist, immer noch nicht in Betrieb ist, die erhaltenen Entschädigungszahlungen gem. § 17e Abs. 2 S. 5 zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen hat. Denn dann ist im Regelfall davon auszugehen, dass die Windenergieanlage auf See auch bei rechtzeitiger Errichtung der Anbindungsleitung nicht betriebs- und damit einspeisebereit und die Verzögerung der Anbindungsleitung somit nicht ursächlich für die Nichteinspeisung war. Der Rückgewähranspruch ist wie der Entschädigungsanspruch verschuldensunabhängig.93 Vom Wortlaut („soweit“) und Sinn und Zweck der Regelung kann der Rückgewähranspruch jedoch nur in dem Umfang gelten, in dem der Windpark nicht innerhalb der Frist errichtet ist.94 Hat sich der Betreiber des Windparks beispielsweise entgegen seiner ursprünglichen Planung dafür entschieden, zwei Windenergieanlagen weniger zu errichten, muss er auch nur die für diese Anlagen zuvor erhaltenen Entschädigungszahlungen zurückerstatten. Welche Zeit angemessen ist, bevor von dem Betreiber der Windenergieanlage auf See die Entschädigungszahlungen zurückzuverlangen sind, soll von der Regulierungsbehörde festgesetzt werden. Gem. § 60 Abs. 1, 3 i. V. m. § 59 Abs. 2 Nr. 5 WindSeeG ist innerhalb von 18 Monaten nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin die technische Betriebsbereitschaft der Windenergieanlagen herzustellen, ansonsten ist der einem Windpark gegenüber erteilte Zuschlag zu widerrufen und eine Pönale wird fällig. Der Gesetzgeber geht somit an anderer Stelle davon aus, dass innerhalb von 18 Monaten die Errichtung eines Offshore-Windparks möglich ist, wenn der übliche Realisierungsfahrplan eingehalten wurde, so dass auch im Rahmen der Rückzahlungsverpflichtung an diesen Zeitraum angeknüpft werden sollte. Die Bundesnetzagen-
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Vgl. dazu auch Rn 33 und Rn 66 f. BGH, Urt. v. 13.11.2018 – EnZR 39/17, juris Rn 23 ff. BGH, Urt. v. 13.11.2018 – EnZR 39/17, juris Rn 38 ff. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 38; Kment/Schink, § 17e Rn 27. So i. E. auch Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 35. Scheuch/Haller
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III. Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung
tur hat sich in ihrem Leitfaden ebenfalls für diesen Zeitpunkt ausgesprochen.95 Er wird auch von der Offshore-Branche als angemessen angesehen.96 56 Zur Absicherung des Rückzahlungsanspruchs hat der Übertragungsnetzbetreiber keine Sicherheitsleistung zu verlangen.97 Soweit der Übertragungsnetzbetreiber die Entschädigungszahlungen über die Offshore-Umlage wälzen kann, trifft jedoch auch nicht ihn, sondern den Letztverbraucher das Ausfallrisiko. Der Übertragungsnetzbetreiber muss jedoch alles unternehmen, um die Forderung gegen den Betreiber der Windenergieanlage auf See einzutreiben.98
9. Entschädigung bei Altanlagen mit (un)bedingter Netzanbindungszusage 57 § 17e Abs. 2 S. 6 stellt eine Übergangsregelung zwischen der bis zum 28.12.2012 geltenden und der aktuellen Rechtslage dar.99 Betroffen sind davon Windparks, die noch nach der alten Rechtslage eine bedingte oder unbedingte Netzanbindungszusage erhalten haben.100 Auch für diese Windparks, die bereits erhebliche Vorarbeiten geleistet haben, soll die Neuregelung Rechtsklarheit hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs schaffen und somit die Finanzierungsrisiken einschränken.101 Auch ihnen steht daher gem. § 17e Abs. 2 S. 1, 6 ein Anspruch auf Entschädigung wegen Verzögerung der Anbindungsleitung zu, wenn ihnen eine unbedingte Netzanbindungszusage bis zum 29.8.2012 erteilt wurde oder ihnen eine bedingte Netzanbindungszusage erteilt wurde und sie zum 1.9.2012 die noch fehlenden Kriterien für eine unbedingte Netzanbindungszusage nachgewiesen haben. 58 Nach alter Rechtslage bekam der Betreiber der Windenergieanlage auf See die unbedingte Netzanbindungszusage und in der Regel auch einen Fertigstellungstermin vom anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber, wenn der Betreiber des Windparks zu bestimmten Stichtagen mit der Erfüllung festgelegter Kriterien die Realisierungswahrscheinlichkeit seiner Windenergieanlage auf See hinreichend nachgewiesen hat. Bei der bedingten Netzanbindungszusage fehlte noch der Nachweis der Baugrunduntersuchung oder Verträge über die Hauptkomponenten bzw. die Finanzierungszusage durch den Betreiber der Windenergieanlage. 59 § 17e Abs. 2 S. 6 setzt die unbedingte Netzanbindungszusage dem verbindlichen Fertigstellungstermin für den Entschädigungsanspruch gleich. Aus Vertrauensschutzgründen hat der Gesetzgeber Windparks, die zwar noch nicht die Realisierungswahrscheinlichkeit vollständig nachgewiesen hatten, aber bis zum nächsten Stichtag das letzte Kriterium für eine unbedingte Netzanbindungszusage nachweisen wollten, nach Bekanntwerden der Neuregelung noch bis zum nächsten Stichtag, zu dem das Kriterium hätten erfüllt werden müssen (1.9.2012), die Möglichkeit gegeben, die Voraussetzungen für eine unbedingte Netzanbindungszusage zu erfüllen. Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach dieser Übergangsvorschrift ist jedoch auch, dass der Betreiber der Windenergieanlage einen Fertigstellungstermin vom Übertra-
95 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 5, S. 13. 96 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.2.2.2 S. 10. 97 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 33. 98 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 5, S. 13. 99 Zum verfassungsrechtlichen Hintergrund und der Verhältnismäßigkeit der Übergangsregelung vgl. ausführlich Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 28 f; zum Diskussionsstand, ob es sich bei der Regelung um eine echte oder unechte Rückwirkung handelt vgl. auch: Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 43 und Kment/Schink, § 17e Rn 30 ff. 100 Vgl. zu den Voraussetzungen der bedingten und unbedingten Netzanbindungszusage: Bundesnetzagentur, Positionspapier zur Netzanbindungsverpflichtung gemäß § 17 Abs. 2a EnWG, Oktober 2009, abzurufen unter: http:// www.bundesnetzagentur.de. 101 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 28 f. Scheuch/Haller
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10. Zuschlag nach dem WindSeeG nach verbindlichem Fertigstellungstermin
EnWG § 17e
gungsnetzbetreiber erhalten hat, der dem verbindlichen Fertigstellungstermin nach § 17e Abs. 2 S. 1 gleichgesetzt werden kann.102
10. Zuschlag nach dem WindSeeG nach verbindlichem Fertigstellungstermin § 17e Abs. 2 S. 7 wurde im Zuge des EEG 2017 und der Einführung des WindSeeG zum 1.1.2017 60 ergänzt und stellt klar, dass wenn ein Betreiber einer Windenergieanlage auf See erst nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin im Ausschreibungsverfahren nach dem WindSeeG einen Zuschlag erhält, sich der Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 2 nicht mehr nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin, sondern nach dem Termin bemisst, ab dem er frühestens auch einen Zahlungsanspruch nach dem EEG hätte. Damit wird der Grundsatz gewahrt, dass der Betreiber der Windenergieanlage auf See durch die Verzögerung der Anbindungsleitung und den darauf beruhenden Entschädigungsanspruch nicht bessergestellt werden soll als ohne Verzögerung der Anbindungsleitung. Denn die Regelung schließt aus, dass der Betreiber der Windenergieanlage – wie üblicherweise gem. § 17e Abs. 2 S. 1 – schon 91 Tage nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin der Anbindungsleitung einen Entschädigungsanspruch hat, obwohl ihm ein Zahlungsanspruch nach dem EEG erst zu einem späteren Zeitpunkt zugestanden hätte. Dass der Zeitpunkt, ab dem nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 oder § 37 Abs. 1 Nr. 1 WindSeeG der Zahlungsanspruch nach dem EEG frühestens beginnt, dem verbindlichen Fertigstellungstermin gleichsteht, bedeutet, dass der Entschädigungsanspruch in diesen Fällen frühestens ab dem 91. Tag nachdem der Zahlungsanspruch nach dem EEG besteht, geltend gemacht werden kann.
IV. Entschädigung bei Wartung der Anbindungsleitung Die dritte Möglichkeit neben der Störung und Verzögerung der Anbindungsleitung, warum eine 61 Offshore-Anbindungsleitung nicht verfügbar sein und eine Windenergieanlage auf See nicht einspeisen kann, ist die betriebsbedingte Wartung der Anbindungsleitung. Nach § 17e Abs. 3 hat der Betreiber der Windenergieanlagen auf See auch in diesem Fall einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch. Voraussetzung ist jedoch, wie nach Abs. 1, dass die Windenergieanlage auf See selbst betriebsbereit ist und nicht z. B. zum selben Zeitpunkt gewartet wird.103 Die Abgrenzung, wann es sich um eine Störung im Sinne des § 17e Abs. 1 und wann um 62 eine Wartung im Sinne des § 17e Abs. 3 handelt, kann mitunter schwierig sein. Nach dem Leitfaden der Bundesnetzagentur beginnt eine Wartung der Netzanbindung, wenn der technische Verknüpfungspunkt zu Zwecken der Wartung der Netzanbindung ganz oder teilweise ausgeschaltet wird.104 Im Unterschied dazu spricht der Leitfaden von einer Störung, wenn die elektrische Verbindung zur Übertragung der abzuführenden Energie zum landseitigen Netzverknüpfungspunkt ungeplant ganz oder teilweise unterbrochen wird.105 Abgeleitet von diesen Definitionen kann man danach unterscheiden, ob es sich um eine ungeplante Unterbrechung (Störung) oder eine geplante Abschaltung (Wartung) handelt. Die Unterscheidung ist relevant, weil die Selbstbehalte der Betreiber der Windenergieanlagen auf See bei einer Unterbrechung 102 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 2.3.1, S. 5; so wohl auch Kment/ Schink, § 17e Rn 20. 103 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 45. 104 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, S. 5. 105 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, S. 5. 223
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§ 17e EnWG
V. Regulatorische Berücksichtigung der Entschädigungszahlungen
der Anbindungsleitung wegen einer Störung getrennt von denen aufgrund einer Wartung zu berechnen sind.106 Zudem wird der Selbstbehalt des Anlagenbetreibers bei der Wartung der Anbindungsleitung anders berechnet.107
1. Selbstbehalt 63 Anders als bei den Entschädigungszahlungen wegen einer Störung der Anbindungsleitung entsteht der Anspruch des Betreibers der Windenergieanlage auf See nicht erst ab dem elften aufeinander folgenden Tag, an dem wegen betriebsbedingter Wartungsarbeiten an der Anbindungsleitung nicht eingespeist werden kann, sondern ab dem elften Tag des Kalenderjahres, an dem die Netzanbindung wegen der Wartung nicht verfügbar ist.108 Zudem wurde zum 1.1.2017 § 17e Abs. 3 dahingehend geändert, dass bei der Wartung – anders als bei der Störung oder Verzögerung – nicht nur Tage in den Selbstbehalt des Offshore-Windparks fallen, an denen die Anbindungsleitung die kompletten 24 Stunden wegen der Wartung nicht zur Verfügung stand, sondern es werden gem. § 17e Abs. 3 S. 2 volle Stunden, an denen die Anbindungsleitung wegen Wartungsarbeiten nicht verfügbar ist, addiert.109 Angefangene Stunden bleiben unberücksichtigt.110 Der Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 3 entsteht somit für den Betreiber der Windenergieanlage auf See nunmehr nach 240 vollen Stunden betriebsbedingter Wartungsarbeiten an der Anbindungsleitung. Hintergrund für diese Änderung ist, dass Wartungsarbeiten oftmals nicht den ganzen Tag dauern bzw. witterungsbedingt an mehreren aufeinander folgenden Tagen jeweils für einige Stunden erfolgen und diese Nichtverfügbarkeit der Anbindungsleitung für die Betreiber der Windenergieanlagen auf See bislang entschädigungslos blieb und auch nicht bei den Tagen des Selbstbehalts berücksichtigt wurde.111
2. Höhe des Entschädigungsanspruchs 64 § 17e Abs. 3 S. 1 verweist hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach auf Abs. 1 S. 1, so dass sich auch die Höhe des Entschädigungsanspruchs wie bei der Störung der Anbindungsleitung bestimmt.112
V. Regulatorische Berücksichtigung der Entschädigungszahlungen 65 Während vor Einführung von § 17e nicht eindeutig geregelt war, inwieweit vom Übertragungsnetzbetreiber gegebenenfalls an Betreiber von Windenergieanlagen auf See zu zahlender Schadensersatz über die Netzentgelte refinanziert werden kann, stellt § 17e Abs. 4 dies für die Ent106 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 29 re. Sp.; Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, S. 5; Kment/Schink, § 17e Rn 7. 107 Vgl. Rn 63. 108 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 29; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1., S. 8. 109 Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung v. 22.12.2016, BGBl. I S. 3106, vgl. zu den Gründen, die gegen eine Änderung des Selbstbehalts sprachen: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1., S. 9. 110 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/10668, S. 173. 111 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.1., S. 8 f. 112 Vgl. dazu Rn 16 ff; so im Ergebnis auch Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 45; Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, Kap. 3.1., S. 7 ff. Scheuch/Haller
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2. Schadensersatzpflicht des Betreibers der Windenergieanlage auf See
EnWG § 17e
schädigungszahlungen nach § 17e nunmehr klar. Dass die Entschädigungszahlungen nach den Abs. 1 bis 3a einschließlich der Kosten für eine Zwischenfinanzierung bei der Ermittlung der Kosten des Netzbetriebs zur Netzentgeltbestimmung nicht zu berücksichtigen sind, bedeutet jedoch nicht, dass der Übertragungsnetzbetreiber sie nicht erstattet bekommen kann. Die Erstattung erfolgt abhängig vom Verschuldensgrad des Übertragungsnetzbetreibers über die Offshore-Umlage gem. § 17 f Die Regelung in § 17e Abs. 4 dient somit zur Vermeidung einer doppelten Erstattung und somit insbesondere zur Klarstellung, dass eine zusätzliche Refinanzierung über die Netzentgelte ausgeschlossen ist.
VI. Andere Schadensersatzansprüche Die Regelungen in § 17e Abs. 1 und Abs. 2 zur Entschädigung des Betreibers von Windenergiean- 66 lagen auf See für eine gestörte oder verzögerte Netzanbindung durch den Übertragungsnetzbetreiber sind abschließend. Der Übertragungsnetzbetreiber soll nach § 17e Abs. 1 S. 5 und Abs. 2 S. 3 für keine weiteren Vermögensschäden, wie z. B. Wartungsaufwendung oder Kosten des Notbetriebs, die dem Betreiber der Offshore-Anlage beim Ausfall der Anbindungsleitung entstehen könnten, in Anspruch genommen werden.113 Für Sachschäden trifft § 17g eine gesonderte Regelung, so dass sie von dieser Regelung nicht umfasst sind.114
1. Verhältnis zu § 32 Abs. 3 und 4 EnWG Zum Verhältnis der Entschädigungsansprüche wegen Störungen oder Verzögerungen einer An- 67 bindungsleitung zu den in § 32 Abs. 3 und 4 geregelten verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen stellt § 17e Abs. 5 noch einmal in Ergänzung zu den Regelungen in § 17e Abs. 1 S. 5 und Abs. 2 S. 3 ausdrücklich klar, dass neben den Ansprüchen gem. § 17e Abs. 1 und 2 keine Ansprüche nach § 32 Abs. 3 und 4 geltend gemacht werden können. Der weitergehende Schadensersatzausschluss bezieht sich jedoch wiederum nur auf Vermögensschäden.115
2. Schadensersatzpflicht des Betreibers der Windenergieanlage auf See Keine ausdrückliche Regelung enthalten die Vorschriften des EnWG für eventuelle Schadens- 68 ersatzpflichten von Betreibern von Windenergieanlagen auf See. Zwar ergibt sich aus § 17e Abs. 1 S. 6, dass der Betreiber einer Windenergieanlage auf See die Entschädigung nach Abs. 1 nicht erhält, wenn er die Störung der Anbindungsleitung selbst zu vertreten hat. Bei einer Gleichstrom-Anbindungsleitung ist es jedoch nicht unüblich, dass mehrere Off- 69 shore-Windparks an einer Anbindungsleitung angeschlossen sind. Die durch einen Betreiber einer Windenergieanlage auf See verursachte Störung oder Verzögerung der Anbindungsleitung könnte somit auch zu Schäden bzw. Ertragsausfällen bei einem zweiten Offshore-Windpark führen. Zwar erhält dieser zweite Windpark die verschuldensunabhängige Entschädigung nach § 17e Abs. 1 oder Abs. 2, eine Geltendmachung von ihm darüber hinaus entstandene Schäden ist gegenüber dem anderen Offshore-Windpark jedoch zumindest nicht durch § 17e Abs. 1 S. 5 und Abs. 2 S. 3 ausgeschlossen. Es bedarf dafür eines Rückgriffs auf die allgemeinen zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche, so dass insbesondere § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, da man von einem Schuldverhältnis zwischen den beiden Offshore-Windparks in der
113 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 27 re. Sp. 114 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 29 re. Sp. 115 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 48. 225
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VII. Wahlrecht nach § 17e Abs. 6
Regel nicht wird ausgehen können.116 Mangels lex specialis sind auch die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber bei einer Inanspruchnahme eines Betreibers einer Windenergieanlage auf See auf die allgemeinen zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche beschränkt.117 70 Voraussetzung für eine Inanspruchnahme des Betreibers einer Windenergieanlage auf See durch einen anderen Offshore-Windpark oder einen Übertragungsnetzbetreiber ist jedoch, dass er als Verursacher für die Störung oder Verzögerung verantwortlich ist. Dieses dürfte in der Praxis in vielen Fällen gerade wegen der immer noch neuen Offshore-Technologie nur schwer eindeutig feststellbar sein.118 Dem von einer Störung oder Verzögerung betroffenen OffshoreWindpark grundsätzlich einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch gegenüber dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zu gewähren, stellt somit in der Praxis eine große Erleichterung dar und dürfte erheblich zur Finanzierbarkeit der Offshore-Windenergieanlagen beigetragen haben.
VII. Wahlrecht nach § 17e Abs. 6 71 In § 17e Abs. 6 ist ein Wahlrecht des Betreibers der Windenergieanlage auf See geregelt. Er kann sich entscheiden, ob er bei einer Störung oder Verzögerung seiner Anbindungsleitung den Entschädigungsanspruch nach § 17e Abs. 1 bzw. Abs. 2 geltend macht oder für die gestörte oder verzögerte Einspeisung eine Verlängerung des Zahlungsanspruchs nach dem EEG begehrt.119 Wie er sein Wahlrecht ausübt, muss der Betreiber der Windenergieanlage auf See dem an72 bindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber an dem Tag, an dem die Entschädigungspflicht nach § 17e beginnt, mitteilen. Bislang haben alle Betreiber von Windenergieanlagen auf See, die einen Anspruch auf Entschädigungszahlung nach § 17e geltend machen konnten, davon auch Gebrauch gemacht und sich somit gegen eine verlängerte Förderung nach dem EEG entschieden.120 Indem der Betreiber der Windenergieanlage auf See dem Übertragungsnetzbetreiber schon zu Beginn des Entschädigungszeitraums seine Wahl mitteilen muss, wird zwar verhindert, dass er sie von den Windverhältnissen abhängig macht.121 Die einheitliche Entscheidung aller Windparks für die Entschädigungszahlung spricht aber auch dafür, dass ein unmittelbarer, wenn auch etwas geringerer Mittelrückfluss durch die Entschädigungszahlungen bereits grundsätzlich attraktiver ist als ein zwar garantierter Mittelrückfluss für einen bestimmten Zeitraum, der jedoch erst zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft beginnt.
116 Vgl. ausführlich dazu Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 533 f. 117 Vgl. ausführlich dazu Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 534 f; Wagner/Bsaisou, JZ 2014, 1031, 1041 f, die jedoch einen Entschädigungsanspruch wie in § 17e auch für Übertragungsnetzbetreiber bevorzugen würden; von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgehend auch: Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 42. 118 Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 534. 119 Im Zuge der EEG-Reform 2017 ist scheinbar eine Anpassung der EEG-Norm in § 17e Abs. 6 versäumt worden, so dass § 17e Abs. 6 noch auf § 50 Abs. 4 S. 1 EEG 2014, statt auf § 47 Abs. 4 S. 1 EEG 2017 verwiesen hat. Dies ist auch bei Aufhebung des § 47 EEG 2017 durch das EEG 2021 nicht korrigiert worden. 120 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.1.5., S. 13. 121 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17e Rn 52. Scheuch/Haller
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§ 17f Belastungsausgleich (1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, den unterschiedlichen Umfang ihrer Kosten für Entschädigungszahlungen nach § 17e, einschließlich der Kosten für eine Zwischenfinanzierung sowie für Maßnahmen aus einem der Bundesnetzagentur vorgelegten Schadensminderungskonzept nach Absatz 3 Satz 2 und 3 und abzüglich anlässlich des Schadensereignisses nach § 17e erhaltener Vertragsstrafen, Versicherungsleistungen oder sonstiger Leistungen Dritter, nach Maßgabe der von ihnen oder anderen Netzbetreibern im Bereich ihres Übertragungsnetzes an Letztverbraucher gelieferten Strommengen über eine finanzielle Verrechnung untereinander auszugleichen. Gleiches gilt für die Kosten nach § 17d Absatz 1 und 6 und nach den §§ 17a und 17b sowie für die Kosten des § 12b Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 sowie des Flächenentwicklungsplans nach § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes. Die Kosten nach den Sätzen 1 und 2 können als Aufschlag auf die Netzentgelte anteilig auf Letztverbraucher umgelegt werden. Die §§ 26, 28 und 30 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes sind entsprechend anzuwenden, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 oder einer Rechtsverordnung nach § 17j nichts anderes ergibt. (2) Soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung der Netzanbindung im Sinne von § 17e Abs. 1 oder die nicht rechtzeitige Fertigstellung der Anbindungsleitung im Sinne von § 17e Abs. 2 vorsätzlich verursacht hat, ist der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber nicht berechtigt, einen Belastungsausgleich nach Absatz 1 Satz 1 zu verlangen. Soweit der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung der Netzanbindung im Sinne von § 17e Abs. 1 oder die nicht rechtzeitige Fertigstellung der Anbindungsleitung im Sinne von § 17e Abs. 2 fahrlässig verursacht hat, trägt dieser an den nach Absatz 1 Satz 1 auszugleichenden Kosten einen Eigenanteil, der nicht dem Belastungsausgleich nach Absatz 1 Satz 1 unterliegt und der bei der Ermittlung der Netzentgelte nicht zu berücksichtigen ist, 1. in Höhe von 20 Prozent für den Teil der nach Absatz 1 Satz 1 auszugleichenden Kosten bis zu einer Höhe von 200 Millionen Euro im Kalenderjahr, 2. darüber hinaus in Höhe von 15 Prozent für den Teil der nach Absatz 1 Satz 1 auszugleichenden Kosten, die 200 Millionen Euro übersteigen, bis zu einer Höhe von 400 Millionen Euro im Kalenderjahr, 3. darüber hinaus in Höhe von 10 Prozent für den Teil der nach Absatz 1 Satz 1 auszugleichenden Kosten, die 400 Millionen Euro übersteigen, bis zu einer Höhe von 600 Millionen Euro im Kalenderjahr, 4. darüber hinaus in Höhe von 5 Prozent für den Teil der nach Absatz 1 Satz 1 auszugleichenden Kosten, die 600 Millionen Euro übersteigen, bis zu einer Höhe von 1 000 Millionen Euro im Kalenderjahr. Bei fahrlässig, jedoch nicht grob fahrlässig verursachten Schäden ist der Eigenanteil des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers nach Satz 2 auf 17,5 Millionen Euro je Schadensereignis begrenzt. Soweit der Betreiber einer Windenergieanlage auf See einen Schaden auf Grund der nicht rechtzeitigen Herstellung oder der Störung der Netzanbindung erleidet, wird vermutet, dass zumindest grobe Fahrlässigkeit des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers vorliegt. (3) Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber hat alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um einen Schadenseintritt zu verhindern, den eingetretenen Schaden unverzüglich zu beseitigen und weitere Schäden abzuwenden oder zu mindern. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber hat bei Schadenseintritt unverzüglich der Bundesnetzagentur ein Konzept mit den geplanten Schadensminderungsmaßnahmen nach Satz 1 vorzulegen und dieses bis zur vollständigen Beseitigung des eingetretenen Schadens regelmäßig zu aktualisieren. Die Bundesnetzagentur kann bis zur vollständigen Beseitigung des eingetretenen Schadens 227 https://doi.org/10.1515/9783110670516-017
Scheuch/Haller
§ 17f EnWG
(4)
(5)
(6)
(7)
Belastungsausgleich
Änderungen am Schadensminderungskonzept nach Satz 2 verlangen. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber kann einen Belastungsausgleich nach Absatz 1 Satz 1 nur verlangen, soweit er nachweist, dass er alle möglichen und zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen nach Satz 1 ergriffen hat. Der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber hat den Schadenseintritt, das der Bundesnetzagentur vorgelegte Schadensminderungskonzept nach Satz 2 und die ergriffenen Schadensminderungsmaßnahmen zu dokumentieren und darüber auf seiner Internetseite zu informieren. Die finanzielle Verrechnung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfolgt anhand der zu erwartenden Kosten für das folgende Kalenderjahr und des Saldos der Einnahmen und Ausgaben des vorangegangenen Kalenderjahres. Netzbetreiber sind berechtigt, die Kosten für geleistete Entschädigungszahlungen, soweit diese dem Belastungsausgleich unterliegen und nicht erstattet worden sind, für Ausgleichszahlungen sowie für die Kosten nach § 17d Absatz 1 und 6, den §§ 17a und 17b sowie für die Kosten nach § 12b Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 und des Flächenentwicklungsplans nach § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes als Aufschlag auf die Netzentgelte gegenüber Letztverbrauchern geltend zu machen. Für den Aufschlag nach Satz 1 sind die §§ 26a bis 28 und 30 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Der rechnerische Anteil des Aufschlags, der auf in den Aufschlag einfließende Kosten für geleistete Entschädigungszahlungen entfällt, darf höchstens 0,25 Cent pro Kilowattstunde betragen. Für Entschädigungszahlungen nach § 17e, die wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstwerte nach Absatz 5 bei der Berechnung des Aufschlags auf die Netzentgelte in einem Kalenderjahr nicht in Ansatz gebracht werden können, findet keine finanzielle Verrechnung zwischen den Betreibern von Übertragungsnetzen nach Absatz 1 Satz 1 statt; der betroffene anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber kann diese Kosten einschließlich der Kosten für eine Zwischenfinanzierung bei dem Belastungsausgleich in den folgenden Kalenderjahren geltend machen. Die Übertragungsnetzbetreiber sind verpflichtet, die für den Belastungsausgleich erforderlichen Aufschläge auf die Netzentgelte sowie die für die Berechnung maßgeblichen Daten spätestens zum 15. Oktober eines Jahres für das Folgejahr im Internet zu veröffentlichen.
Übersicht I. 1. 2.
Einleitung 1 2 Nachträgliche Modifikationen Entwicklung der Offshore-(Haftungs-)Um5 lage
II. 1.
8 Belastungsausgleich 9 Bestandteile des Belastungsausgleichs a) Kosten und Erlöse im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen nach 9 § 17e b) Umlagefähige Netzkosten von Offshore-An15 bindungsleitungen Ausgleich zwischen den Übertragungsnetzbetrei18 bern
2.
III. 1.
20 Aufschlag auf Netzentgelte Höchstgrenzen der Offshore-Netzumlage
Scheuch/Haller
21
2.
Veröffentlichungspflicht
IV.
Zusammensetzung der jährlichen Offshore-Net23 zumlage
V.
Vorfinanzierung des anbindungsverpflichteten 24 Übertragungsnetzbetreibers
VI.
Verschulden des Übertragungsnetzbetrei25 bers
22
30 VII. Schadensminderungsmaßnahmen 1. Zumutbare Maßnahmen zur Schadensverhinde30 rung bzw. -minderung 2. Voraussetzung für den Belastungsaus32 gleich 34 3. Schadensminderungskonzepte
228
1. Nachträgliche Modifikationen
EnWG § 17f
I. Einleitung § 17f regelt den finanziellen Ausgleich der Entschädigungszahlungen nach § 17e sowie seit dem 1 1.1.2019 der Kosten für die Netzanbindung von Offshore-Windparks zwischen allen deutschen Übertragungsnetzbetreibern sowie die Refinanzierung dieser Kosten durch einen Aufschlag auf die Netzentgelte. Den Ausgleich erhält der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber aber nur bzw. nur vollständig, soweit ihn kein Verschulden an der Verzögerung oder Störung der Anbindungsleitung trifft und er alle möglichen und zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen ergriffen hat. Die Regelung sorgt damit für eine angemessene Risikoverteilung zwischen den Beteiligten.1
1. Nachträgliche Modifikationen Die zunächst an § 17f vorgenommenen Änderungen waren eher redaktioneller Natur. Auch 2 in dem vom Bundeswirtschaftsministerium Anfang 2016 vorgelegten Evaluierungsbericht zur praktischen Anwendung und Angemessenheit der §§ 17e bis 17h wurde an den Regelungen des § 17f lediglich bei der Refinanzierung der Schadensminderungsmaßnahmen nach § 17f Abs. 3 Änderungsbedarf gesehen. Aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums könnte klargestellt werden, dass auch die Kosten für Schadensminderungsmaßnahmen in der Offshore-Haftungsumlage zu berücksichtigen sein können, soweit sie nicht der eigentlichen Errichtung der Anbindungsleitung dienen.2 Dieser Vorschlag ist im Zuge der Novelle des EEG 2017 umgesetzt worden und zum 1.1.2017 in Kraft getreten.3 Eine grundlegende Modifikation des § 17f EnWG, die zum 1.1.2019 in Kraft trat, erfolgte 3 mit dem Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG)4 vom 17.7.2017. Damit umfasst der Belastungsausgleich nach § 17f EnWG nicht mehr wie bisher lediglich die Kosten für Entschädigungszahlungen nach § 17e EnWG, sondern darüber hinaus zusätzlich die bis dahin über die Netzentgelte refinanzierten Kostenbestandteile aus Investitionen für die Anbindung von Offshore-Windparks.5 Bis zum 1.1.2019 konnten Übertragungsnetzbetreiber für Leitungen zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See eine Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV beantragen und die Kosten aus genehmigten Investitionsmaßnahmen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten ohne Zeitverzug in ihrer Erlösobergrenze ansetzen. Schließlich wurde mit Gesetz vom 17.12.20186 der auch noch nach Inkrafttreten des NEMoG 4 in § 17f Abs. 1 EnWG verbleibende statische Verweis auf das alte KWKG, dessen Nichtaufhebung ein Redaktionsversehen darstellt, aufgehoben. Die Wälzung der Offshore-Netzumlage erfolgt, wie auch die Umlageprivilegien, entsprechend den Regelungen des KWKG.7 Die Änderung in § 17f Abs. 5 S. 2 und 3 EnWG erstreckt den Verweis auf die Vorschriften für die Wälzung der
1 Zur Verfassungskonformität der Regelung vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 29 ff; Kment/Schink, § 17f Rn 25 ff; für verfassungsrechtlich bedenklich hält die Regelung Burgi, WiVerw 2014, 76 ff.
2 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 1, 3.2.4, S. 4, 19. 3 Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien v. 13.10.2016, BGBl I S. 2258. 19/6155.
4 Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (Netzentgeltmodernisierungsgesetz) v. 17.7.2017, BGBl. I 2017, S. 2503.
5 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), BT-Drucks. 18/ 12999 v. 28.6.2017, S. 18.
6 Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften, BGBl. I 2018, S. 2549.
7 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), BT-Drucks. 19/ 6155 v. 28.11.2018, S. 106. 229
Scheuch/Haller
§ 17f EnWG
I. Einleitung
Offshore-Netzumlage auf die §§ 26a und b KWKG, um insoweit einen vollständigen Gleichlauf des Wälzungsmechanismus zu gewährleisten.8
2. Entwicklung der Offshore-(Haftungs-)Umlage 5 Die Einführung der Offshore-Haftungsumlage im Jahr 2012 stand im Lichte der sich zum damaligen Zeitpunkt abzeichnenden erheblichen Verzögerungen bei der Errichtung von Offshore-Anbindungsleitungen. In den Jahren 2013 und 2014 bestand die Offshore-Haftungsumlage zu 80 bis 90 Prozent aus Entschädigungszahlungen wegen der Verzögerung von Anbindungsleitungen.9 Im Jahr 2014 wurde mit über 900 Millionen Euro die bislang größte jährliche Summe an Entschädigungszahlungen ausgezahlt.10 Da der Aufschlag auf die Netzentgelte zum 1.1.2013 bei Einführung der Norm Ende 2012 6 schon unmittelbar bevorstand, wurden keine aufwändigen Prognosen mehr erstellt, sondern der Gesetzgeber legte in § 17f Abs. 5 S. 3 a. F. für die Offshore-Haftungsumlage 2013 die Höchstgrenzen, also für Haushaltskunden 0,25 Cent/kWh, fest. Im Jahr 2014 wurden von den Netzbetreibern noch einmal die Höchstbeträge gem. § 17f Abs. 5 S. 2 und 3 a. F. erhoben.11 Seitdem gingen nicht nur die Entschädigungszahlungen zurück, sondern die Offshore-Haftungsumlage fiel zumindest für den Haushaltskunden in den Jahren 2015 und 2017 negativ aus. Es kam somit für die Haushaltskunden sogar zu einer geringen Erstattung über die Offshore-Haftungsumlage.12 7 Infolge der Einbeziehung der Offshore-Anbindungskosten in den nun treffend als OffshoreNetzumlage zu bezeichnenden Belastungsausgleich nach § 17f stieg diese für das Jahr 2019 auf 0,416 Cent/kWh für nicht privilegierte Letztverbräuche. Insgesamt wurden Kosten i. H. v. rund 1,7 Mrd. A über die Offshore-Netzumlage refinanziert. Davon entfielen rund 140 Mio. A auf Entschädigungszahlungen nach § 17e EnWG und 1,56 Mrd. A auf Netzanbindungskosten.13 Damit werden zugleich im Jahr 2019 die Übertragungsnetzkosten um 1,56 Mrd. A entlastet.14 Dem Anstieg bei der Offshore-Netzumlage stehen damit Entlastungen der Letztverbraucher bei den Netzentgelten gegenüber, die durch eine Herauslösung der Offshore-Anbindungskosten aus der Bemessungsgrundlage für die vermiedenen Netzentgelte noch verstärkt werden. Für das Jahr 2020 betrug die Offshore-Netzumlage wie bereits im Vorjahr 0,416 Cent/kWh auf die nicht privilegierten Letztverbräuche.15 Für das Jahr 2021 sinkt sie für diese leicht auf 0,395 Cent/kWh.16
8 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss), BT-Drucks. 19/ 6155 v. 28.11.2018, S. 106.
9 Zu den Zahlen im Zusammenhang mit der Offshore-Umlage vgl. die Veröffentlichungen der Übertragungsnetzbetreiber unter: https://www.netztransparenz.de/EnWG/Umlage-17f-EnWG; zur Verteilung zwischen Entschädigungszahlungen wegen Störung, Verzögerung oder Wartung und mit einer guten Übersicht vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.2, S. 14 ff. 10 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.2, S. 14 f. 11 Vgl. zu den Höchstbeträgen Rn 21. 12 Vgl. dazu im Detail https://www.netztransparenz.de/portals/1/Content/Energiewirtschaftsgesetz/Umlage %20 %c2 %a7 %2017f%20EnWG/OHU%20Prognose%202017.pdf. 13 Vgl. dazu im Detail http://dnn9.netztransparenz.de/portals/1/Content/Energiewirtschaftsgesetz/Umlage %20 %c2 %a7 %2017f%20EnWG/Umlage%20 %c2 %a7 %2017f%20EnWG%202018/ ONU%20Prognose%202019 %20Ver%c3 %b6ffentlichung.pdf. 14 BR-Drucks. 13/19, S. 9. 15 https://www.netztransparenz.de/EnWG/Offshore-Netzumlage/Offshore-Netzumlagen-Uebersicht/OffshoreNetzumlage-2020. 16 https://www.netztransparenz.de/EnWG/Offshore-Netzumlage/Offshore-Netzumlagen-Uebersicht/OffshoreNetzumlage-2021. Scheuch/Haller
230
1. Bestandteile des Belastungsausgleichs
EnWG § 17f
II. Belastungsausgleich § 17f Abs. 1 regelt im Grunde in zweifacher Hinsicht einen Belastungsausgleich. Zum einen wer- 8 den gem. § 17f Abs. 1 S. 1 die Belastungen, die gem. § 17e auf die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zukommen, unter allen Übertragungsnetzbetreibern ausgeglichen. Zum anderen werden gem. § 17f Abs. 1 S. 2 die somit auf alle Übertragungsnetzbetreiber zukommenden Belastungen über einen Aufschlag auf die Netzentgelte durch die Letztverbraucher ausgeglichen. Im Folgenden ist mit Belastungsausgleich jedoch in erster Linie der Ausgleich der Übertragungsnetzbetreiber untereinander gemeint, der jedoch immer auch die Basis für den Aufschlag auf die Netzentgelte darstellt.
1. Bestandteile des Belastungsausgleichs a) Kosten und Erlöse im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen nach 9 § 17e. § 17f Abs. 1 S. 1 regelt, welche Kosten und Erlöse, die den Übertragungsnetzbetreibern im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen nach § 17e entstehen, in den Belastungsausgleich eingehen. Neben den Kosten für Entschädigungszahlungen nach § 17e gleichen die Übertragungsnetzbetreiber gem. § 17f Abs. 1 S. 1 auch eventuelle Kosten für eine Zwischenfinanzierung und für Schadensminderungsmaßnahmen sowie erhaltene Vertragsstrafen, Versicherungsleistungen oder sonstige Leistungen Dritter untereinander aus. Welche der nach § 17e vom Übertragungsnetzbetreiber zu zahlenden Entschädigungszah- 10 lungen in den Belastungsausgleich einzustellen sind, richtet sich nach dem Verschuldensgrad des Übertragungsnetzbetreibers. Dazu trifft § 17f Abs. 2 detaillierte Regelungen.17 Vollständig in den Belastungsausgleich einstellen darf der Übertragungsnetzbetreiber die Entschädigungszahlungen nur, wenn er weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat. Wie die Entschädigungszahlungen zu berechnen sind, richtet sich nach § 17e. Die Bundesnetzagentur hat in einem Leitfaden zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen darüber hinaus dargelegt, wie die Höhe der Entschädigungszahlungen bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen gem. § 17e nach ihrem Verständnis ermittelt werden kann, damit die Entschädigungszahlungen in der Offshore-Umlage anzuerkennen sind.18 Kosten der Zwischenfinanzierung stellen Kosten dar, die dem Übertragungsnetzbetreiber 11 unter Umständen durch die Vorfinanzierung von Entschädigungszahlungen gem. § 17f Abs. 6 entstanden sind.19 Dass auch Schadensminderungsmaßnahmen über den Belastungsausgleich zu verrechnen 12 sind, wurde erst zum 1.1.2017 ausdrücklich in § 17f Abs. 1 aufgenommen. Die Finanzierung von in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehenden Schadensminderungsmaßnahmen über die Offshore-Umlage wird damit begründet, dass mit diesen Maßnahmen Verzögerungen, Störungen und Wartungen von Anbindungsleitungen und damit Entschädigungszahlungen nach § 17e möglichst vermieden werden sollen. Durch die Vermeidung von Entschädigungszahlungen wird letztlich die Offshore-Umlage geschont, die dann aber auch die Schadensminderungsmaßnahmen, die dazu geführt haben, decken soll.20 Einen entsprechenden Klarstellungsbedarf hinsichtlich § 17f Abs. 1 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bereits in seinem Anfang 2016 vorgelegten Evaluierungsbericht zu den Entschädigungsregelungen und dem Belastungsaus17 Vgl. dazu Rn 25 ff. 18 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Ermittlung einer umlagefähigen Entschädigung bei Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Offshore-Anlagen, Oktober 2013, abrufbar unter: http://www.bundesnetzagentur.de; vgl. dazu näher § 17e Rn 9. 19 Vgl. dazu Rn 24. 20 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/8860, S. 338. 231
Scheuch/Haller
§ 17f EnWG
II. Belastungsausgleich
gleich nach §§ 17e ff. angemerkt.21 Auch der Gesetzgeber scheint in der zum 1.1.2017 an § 17f Abs. 1 vorgenommenen Ergänzung lediglich eine Klarstellung zu sehen. Allerdings hatte der BGH – vor Inkrafttreten der Neuregelung zum 1.1.2017 – in einem Fall entschieden, dass die Kosten für einen zweiten Transformator, der eine Maßnahme zur Schadensverhinderung im Sinne des § 17f Abs. 3 S. 1 dargestellt hat, nicht über den Belastungsausgleich nach § 17f Abs. 1 finanziert werden müsse; die Offshore-Umlage umfasse nach Wortlaut und Zweck nicht die Kosten für Schadensverhinderungsmaßnahmen.22 Durch die ausdrückliche Aufnahme der Schadensminderungsmaßnahmen nach § 17f Abs. 3 S. 2 und 3 in den Belastungsausgleich nach § 17f Abs. 1 dürfte diese Rechtsprechung hinsichtlich der Schadensminderungs- bzw. -verhinderungsmaßnahmen jedoch überholt sein. 13 Die übrigen Bestandteile des Belastungsausgleichs stellen Leistungen Dritter dar, die der Übertragungsnetzbetreiber seinerseits für die Störung, Verzögerung oder Wartung erhalten hat. Dazu zählen Vertragsstrafen, die sich unter Umständen aus den Herstellerverträgen zur Errichtung der Anbindungsleitung ergeben, und Versicherungsleistungen aus nach § 17h abgeschlossenen Versicherungen. Da dem Übertragungsnetzbetreiber, zumindest wenn ihn kein Verschulden trifft, die ihm durch die Störung, Verzögerung oder Wartung entstandenen Kosten über den Belastungsausgleich ausgeglichen werden, soll er die entsprechenden Erlöse ebenfalls in den Belastungsausgleich einbringen. 14 Der Rechtsprechung des BGH lässt sich unabhängig von den Schadensminderungsmaßnahmen entnehmen, dass er die Aufzählung der Bestandteile des Belastungsausgleichs in § 17f Abs. 1 S. 1 als abschließend ansieht.23
15 b) Umlagefähige Netzkosten von Offshore-Anbindungsleitungen. Nach dem im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (Netzentgeltmodernisierungsgesetz – NEMoG) vom 17.7.2017 neu eingefügten § 17f Abs. 1 S. 2 gehen seit dem 1.1.2019 auch Kosten nach § 17d Abs. 1 (seit 2021 auch Kosten nach § 17d Abs. 6) und nach den §§ 17a und 17b sowie Kosten des § 12b Abs. 1 S. 3 Nr. 7 sowie des Flächenentwicklungsplans nach § 5 WindSeeG in den Belastungsausgleich ein. Diese Anbindungskosten waren bisher Bestandteil der regulären Netzkosten und wurden „ungetrennt“ von den Kosten des landseitigen Übertragungsnetzes über die Netzentgelte refinanziert. Ziel des NEMoG war es, die Kosten der Offshore-Anbindungsleitungen nunmehr transparenter, quasi „in einem eigenen Topf“, auszuweisen. 16 Mit Verordnung vom 14.3.201924 wurde sodann konkretisiert, wie diese Offshore-Netzkosten im Rahmen der Offshore-Netzumlage zu berechnen sind. Die Ermittlung der umlagefähigen Netzkosten von Offshore-Anbindungsleitungen regelt nunmehr § 3a StromNEV. Umlagefähig sollen – der Regulierungspraxis zu den Investitionsmaßnahmen folgend – die zur Errichtung und zum Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlichen Anlagengüter sein. Dies umfasst somit alle Offshore-Anlagengüter sowie die zugehörigen Onshore-Anlagengüter vom Anlandepunkt bis einschließlich der zugehörigen Anlagengüter am jeweiligen Netzverknüpfungspunkt an Land, die den Anlagen 1 zu § 6 Abs. 5 S. 1 StromNEV zugeordnet werden können.25 Für Kapitalkosten von Offshore-Anbindungsleitungen, die bis zum 31.12.2019 fertiggestellt 17 und in Betrieb genommen worden sind, wurde für die betroffenen Übertragungsnetzbetreiber mit der Übergangsregelung des § 32b StromNEV die Möglichkeit geschaffen, sich – einheitlich für alle betroffenen Offshore-Anbindungsleitungen des Übertragungsnetzbetreibers – für eine 21 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4, S. 21; vgl. zum Evaluierungsbericht ausführlicher § 17e Rn 4 ff. 22 BGH, Beschluss v. 12.7.2016 – EnVR 10/15, juris Rn 28. 23 BGH, Beschluss v. 12.7.2016 – EnVR 10/15, juris Rn 28. 24 Verordnung zur Berechnung der Offshore-Netzumlage und zu Anpassungen im Regulierungsrecht v. 14. 3.2019, BGBl. I 2019, S. 333. 25 Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 13/19 S. 16 f. Scheuch/Haller
232
2. Ausgleich zwischen den Übertragungsnetzbetreibern
EnWG § 17f
ergänzende Anwendung der Regelungen der ARegV zu entscheiden.26 Im Ergebnis soll durch die Übergangsregelung sichergestellt werden, dass der in die Offshore-Netzumlage einfließende Anteil der Kapitalkosten der Höhe nach dem Betrag entspricht, der sich als Anteil an der Erlösobergrenze des betroffenen Übertragungsnetzbetreibers ergeben hätte, sofern diese Netzkosten nicht im Rahmen der Offshore-Netzumlage refinanziert würden, sondern in dessen nach der ARegV ermittelte Erlösobergrenze eingeflossen und über die Netzentgelte refinanziert worden wäre.27 Die Übergangsregelung bezieht sich ausschließlich auf die Kapitalkosten. Die Betriebskosten werden allein nach den Vorgaben der StromNEV ermittelt.28
2. Ausgleich zwischen den Übertragungsnetzbetreibern Gem. § 17e sind nur die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zu Entschädi- 18 gungszahlungen gegenüber den Betreibern der Windenergieanlagen auf See verpflichtet. Das sind gem. § 17d Abs. 1 S. 1 Betreiber von Übertragungsnetzen, in deren Regelzone die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll, somit aufgrund der geografischen Lage ihrer Regelzonen die Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH und 50Hertz Transmission GmbH sowie durch die Verschiebung der Netzverknüpfungspunkte ins Landesinnere nunmehr auch die Amprion GmbH. Um jedoch nicht nur den in ihrer jeweiligen Regelzone gelegenen Letztverbrauchern die Kosten im Zusammenhang mit der Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See aufzuerlegen, sollen die Kosten zunächst unter allen Übertragungsnetzbetreibern ausgeglichen werden, so dass sie anschließend über die Offshore-Umlage auch gleichmäßig auf alle Letztverbraucher deutschlandweit verteilt werden.29 Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass der Ausbau der Offshore-Windenergie und die langfristige Sicherstellung der Stromversorgung in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die somit auch von allen Letztverbrauchern mit zu finanzieren ist.30 Die Übertragungsnetzbetreiber gleichen den unterschiedlichen Umfang ihrer Kosten und 19 Erlöse, die im Rahmen des Belastungsausgleichs nach § 17f Abs. 1 S. 1 und S. 2 ansetzbar sind, untereinander aus. Der Anteil, den der einzelne Übertragungsnetzbetreiber zu tragen hat, ergibt sich durch den Verweis in § 17f Abs. 1 S. 4 anhand der Quote nach dem KWKG (sog. KWKQuote), die anhand des Letztverbraucherabsatzes gebildet wird. Durch den Verweis auf §§ 26, 28 und 30 KWKG ergeben sich auch Details, wie die Übertragungsnetzbetreiber den Belastungsausgleich untereinander vornehmen sollen. Jedoch gehen gem. § 17f Abs. 1 S. 4 abweichende Regelungen in § 17f Abs. 2–6 oder die in einer Rechtsverordnung nach § 17j vor. Derzeit existiert keine solche Rechtsverordnung.
III. Aufschlag auf Netzentgelte Wie bereits § 17f Abs. 1 S. 3 berechtigt auch § 17f Abs. 5 S. 1 die Netzbetreiber, die nach dem 20 Belastungsausgleich nach § 17f Abs. 1 auf sie entfallenden Zahlungen als Aufschlag auf die Netzentgelte dem Letztverbraucher gegenüber geltend zu machen. Das gilt zum einen für die Netzbetreiber, die anbindungsverpflichteter Übertragungsnetzbetreiber sind und selbst Entschädigungszahlungen an Betreiber von Windenergieanlagen auf See leisten bzw. die Anbindungskosten tragen mussten, soweit die Kosten grundsätzlich im Sinne des § 17f Abs. 1 wälzbar sind, aber aufgrund der Quote bei ihnen verblieben sind. Zum anderen gilt es für die Netzbetreiber, 26 27 28 29 30 233
Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 13/19 S. 20. Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 13/19 S. 25. Gesetzesbegründung, BR-Drucks 13/19 S. 20. Kment/Schink, § 17f Rn 4. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 31 li. Sp. Scheuch/Haller
§ 17f EnWG
IV. Zusammensetzung der jährlichen Offshore-Netzumlage
die selbst nicht zur Anbindung von Windenergieanlagen auf See verpflichtet sind und daher die Entschädigungszahlungen nur aufgrund des Belastungsausgleichs in Höhe ihrer Quote zu tragen haben. Für sie stellen die im Rahmen des Belastungsausgleichs gem. § 17f Abs. 1 S. 1 zu zahlenden Ausgleichszahlungen somit in der Regel nur einen durchlaufenden Posten dar.31
1. Höchstgrenzen der Offshore-Netzumlage 21 Die bisher in § 17f Abs. 5 S. 2 und 3 vorgesehenen Höchstgrenzen pro KWh für den Aufschlag auf die Netzentgelte sind im Zuge der Überführung der Anbindungskosten von den Netzentgelten in die Offshore-Netzumlage zum 1.1.2019 gestrichen worden. Durch die Einbeziehung der Anbindungskosten in die Offshore-Netzumlage reichten die Höchstgrenzen nicht mehr aus. Nach der Altregelung durften sich die Netzentgelte für Haushaltskunden durch die Umlage höchstens um 0,25 Cent/kWh erhöhen. Die Offshore-Netzumlage für das Jahr 2019 lag aufgrund der Einbeziehung der Anbindungskosten bei 0,416 ct/kWh. Aus dieser Differenz wird ersichtlich, dass den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibern nicht zugemutet werden kann, die Differenz vorzufinanzieren. Eine Aufrechterhaltung der Deckelung hätte zur Folge gehabt, dass über die Jahre enorme Nachholbeträge mit entsprechenden Zwischenfinanzierungskosten, die wiederum über die Umlage zu decken wären, aufgelaufen wären. Der mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht neu gefasste Satz 3, der den überholten bisherigen Satz 3 ersetzt, begrenzt den rechnerischen Anteil, der in dem Aufschlag für die Offshore-Netzumlage auf die geleisteten Entschädigungszahlungen nach Absatz 2 und 3 entfällt, auf höchstens 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Damit wird hinsichtlich dieses rechnerischen Anteils die Rechtslage wiederhergestellt, die bis zum Inkrafttreten des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes im Jahr 2017 bestand. Praktische Auswirkungen dürfte diese Ergänzung auch weiterhin nicht haben, da die Höhe der rechnerisch auf die Entschädigungszahlungen entfallende Anteil bisher sehr deutlich unterhalb dieser Höchstgrenze gelegen hat.32
2. Veröffentlichungspflicht 22 Den Aufschlag auf die Netzentgelte, den die Übertragungsnetzbetreiber für das nächste Jahr erheben wollen, und die für die Berechnung maßgeblichen Daten müssen sie gem. § 17f Abs. 7 zum 15.10. des Vorjahres aus Gründen der Transparenz im Internet veröffentlichen.33 Das heißt, das nicht nur die Aufschläge auf die Netzentgelte pro KWh zu veröffentlichen sind, sondern auch der dieser Berechnung zugrundliegende prognostizierte Letztverbraucherabsatz pro Letztverbrauchergruppe, die für das nächste Jahr prognostizierten Entschädigungszahlungen und sonstigen Kosten sowie die Verrechnungsbeträge aus dem vorangegangenen Kalenderjahr. Die Veröffentlichung erfolgt über die gemeinsame Internetseite der Übertragungsnetzbetreiber www.netztransparenz.de, die eine Informationsplattform der Übertragungsnetzbetreiber darstellt.
IV. Zusammensetzung der jährlichen Offshore-Netzumlage 23 Gem. § 17f Abs. 4 basiert die für jedes Jahr zu ermittelnde Offshore-Umlage zum einen auf den prognostizierten Kosten, die gem. § 17f Abs. 1 S. 1 und S. 2 wälzbar sind. Zum anderen wird 31 Kment/Schink, § 17f Rn 6. 32 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/27453, S. 104. 33 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. Scheuch/Haller
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VI. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers
EnWG § 17f
mit dieser Off-shore-Umlage die Differenz zwischen prognostizierten und tatsächlichen Kosten des vorletzten Jahres ausgeglichen. Beispiel Zum 15.10.2020 ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber die voraussichtlichen Entschädigungszahlungen und sonstigen in den Belastungsausgleich einzustellenden Kostenbestandteile für das Jahr 2021. Bis zum 15.10.2020 ermitteln sie zugleich, um wieviel die für 2019 prognostizierte Offshore-Umlage durch die tatsächlichen Zahlungen und Einnahmen, die in den Belastungsausgleich einzustellen sind, über- oder unterschritten wurde. Diese Differenz aus dem Jahr 2019 wird mit den Prognosezahlen für das Jahr 2021 verrechnet, woraus sich die Höhe der OffshoreNetzumlage für das Jahr 2021 ergibt.
V. Vorfinanzierung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers § 17f Abs. 6 sieht vor, dass Beträge, die wegen einer Überschreitung der Höchstgrenzen für die 24 Offshore-Netzumlage in einem Kalenderjahr nicht in Ansatz gebracht werden können, auch nicht an die anderen Übertragungsnetzbetreiber anhand der sonst üblichen Quote gewälzt werden dürfen, sondern der anbindungspflichtige Übertragungsnetzbetreiber diese vorfinanzieren muss. Die Beträge, die der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber vorfinanzieren muss, kann er gem. § 17f Abs. 6 Hs. 2 einschließlich der Kosten der Zwischenfinanzierung im Belastungsausgleich in den folgenden Kalenderjahren geltend machen. Damit sollte sichergestellt werden, dass alle wälzbaren Entschädigungszahlungen trotz der Höchstgrenzen für die Offshore-Umlage über sie umgelegt werden können.34 Allerdings ist § 17f Abs. 6 durch die Streichung der Höchstbeträge in § 17f Abs. 5 S. 2 und 3 obsolet geworden. Da es keine Beschränkung des Aufschlags auf die Netzentgelte mehr gibt, können die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber sämtliche wälzbaren Kosten unmittelbar über die Offshore-Netzumlage decken und müssen diese nicht vorfinanzieren. Dass der Gesetzgeber § 17f Abs. 6 nicht zeitgleich mit der Streichung der Höchstgrenzen in § 17f Abs. 5 gestrichen hat, dürfte ein Versehen sein, das bei Gelegenheit korrigiert wird.
VI. Verschulden des Übertragungsnetzbetreibers Während § 17e dem Betreiber einer Windenergieanlage auf See einen verschuldensunabhängi- 25 gen Entschädigungsanspruch gewährt, darf der zu dieser Entschädigungszahlung verpflichtete Übertragungsnetzbetreiber sie nur dann in den Belastungsausgleich nach § 17f Abs. 1 einbringen und somit auf die Allgemeinheit umlegen, soweit ihn kein Verschulden trifft. Ihm sollen damit Anreize zur Schadensvermeidung bzw. Schadensminderung gesetzt werden.35 Das gilt jedoch nur für Entschädigungszahlungen, die durch eine Störung oder Verzögerung der Anbindungsleitung hervorgerufen wurden. Da es sich bei einer Wartung um eine geplante Abschaltung und damit sogar in der Regel um eine „vorsätzliche“ Handlung des Übertragungsnetzbetreibers handelt, widerspräche es dem Sinn und Zweck der Offshore-Haftungsregelungen, dem Übertragungsnetzbetreiber diese Entschädigungszahlungen allein aufzuerlegen. Soweit der Übertragungsnetzbetreiber die Störung oder Verzögerung der Anbindungslei- 26 tung, die die Entschädigungszahlung ausgelöst hat, vorsätzlich verursacht hat, entfällt nicht nur der Selbstbehalt des Betreibers der Windenergieanlage auf See, sondern es scheidet gem. § 17f Abs. 2 S. 1 auch die Wälzung über den Belastungsausgleich aus. Damit ist sowohl ein Aufschlag auf die Netzentgelte nach § 17f Abs. 1 S. 3, aber auch eine Refinanzierung über die Netz34 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 35 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.3, S. 17; Kment/ Schink, § 17f Rn 7. 235
Scheuch/Haller
§ 17f EnWG
VII. Schadensminderungsmaßnahmen
entgelte ausgeschlossen. Das gilt jedoch nur für die Entschädigungszahlungen, für die dem Übertragungsnetzbetreiber nachgewiesen werden kann, dass sie auf einer von ihm vorsätzlich herbeigeführten Störung oder Verzögerung basieren. Der Vorsatzbegriff in § 17f Abs. 2 S. 1 ist identisch mit dem des § 17e Abs. 2 S. 2.36 Den Nachweis eines vorsätzlichen Verhaltens müssten demnach entweder die anderen ggf. zum Ausgleich verpflichteten Übertragungsnetzbetreiber oder im Rahmen eines potentiellen Missbrauchsverfahrens der Antragsteller bzw. bei einem Verfahren von Amts wegen die Regulierungsbehörde erbringen.37 Hat der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber fahrlässig die Störung oder Ver27 zögerung der Anbindungsleitung herbeigeführt, trägt er gem. § 17f Abs. 2 S. 2 einen Eigenanteil an den Entschädigungszahlungen, den er weder über den Belastungsausgleich noch über die Netzentgelte erstattet bekommt. Die Höhe des Eigenanteils ergibt sich aus einem prozentualen Anteil an allen in einem Kalenderjahr eingetretenen Entschädigungszahlungen nach § 17e.38 Der Prozentsatz ist gestaffelt und sinkt mit steigender Höhe der Entschädigungszahlungen. Damit soll eine finanzielle Überforderung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers vermieden werden.39 An Entschädigungszahlungen, die im Kalenderjahr über 1 Milliarde Euro hinausgehen, trägt der Übertragungsnetzbetreiber auch bei fahrlässigem Verhalten keinen Eigenanteil mehr.40 Dieser gem. § 17f Abs. 2 S. 2 zu ermittelnde Eigenanteil gilt für alle Formen der Fahrlässigkeit. Hat der Übertragungsnetzbetreiber fahrlässig, jedoch nicht grob fahrlässig gehandelt, ist sein Eigenanteil gem. § 17f Abs. 2 S. 3 auf maximal 17,5 Millionen Euro je Schadensereignis begrenzt.41 28 § 17f Abs. 2 S. 4 sieht eine widerlegbare Vermutungsregel für grobe Fahrlässigkeit vor. Daraus ergibt sich eine Beweislastumkehr.42 Der Gesetzgeber hat damit die Schwierigkeit erkannt, die in der Praxis bestehen dürfte, dem Übertragungsnetzbetreiber ein Verschulden nachzuweisen. Durch die Vermutung der groben Fahrlässigkeit, muss er sich grundsätzlich exkulpieren, wenn er die Entschädigungszahlungen vollständig im Belastungsausgleich ansetzen will. Nach dem Evaluierungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums ist den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibern das zumindest in den Jahren 2013 und 2014 gelungen.43 Für den Nachweis kann er sich auch der nach § 17f Abs. 3 S. 2 der Bundesnetzagentur vorzulegenden Schadensminderungskonzepte bedienen.44 29 Zu der Frage, inwiefern dem Übertragungsnetzbetreiber das Verschulden Dritter zugerechnet werden kann, kann auf die Ausführungen zur Reduzierung des Selbstbehalts des Betreibers der Windenergieanlagen auf See wegen Vorsatz des Übertragungsnetzbetreibers verwiesen werden.45
VII. Schadensminderungsmaßnahmen 1. Zumutbare Maßnahmen zur Schadensverhinderung bzw. -minderung 30 Selbst wenn den Übertragungsnetzbetreiber kein Verschulden an der Störung oder Verzögerung der Anbindungsleitung trifft, hat er gem. § 17f Abs. 3 S. 1 eine Verpflichtung, alle möglichen und
36 37 38 39 40 41 42 43
Lange, RdE 2017, 225, 226; Thole, EnWZ 2018, 12, 13. Riedle, Überwachung der Offshore-Haftungsregelungen, S. 150. vgl. zur Beweislast § 17e Rn 31. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 30 li. Sp. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 30 li. Sp. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.3, S. 16. Zum Begriff des Schadensereignisses vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 9. Kment/Schink, § 17f Rn 12. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.3, S. 17. Zu späteren Jahren konnte in dem Bericht noch keine Aussage getroffen werden. 44 Kment/Schink, § 17f Rn 12. 45 Vgl. dazu § 17e Rn 32. Scheuch/Haller
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2. Voraussetzung für den Belastungsausgleich
EnWG § 17f
zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um einen Schadenseintritt zu verhindern, einen eingetretenen Schaden zu beseitigen und weitere Schäden abzuwenden oder zu mindern. Denkbare Maßnahmen sind beispielsweise Interimslösungen zur vorübergehenden Netzanbindung über eine benachbarte Anbindungsleitung, die Bevorratung von Ersatzteilen, aber auch Munitionsräumungsaktionen im Trassenbereich von Seekabeln, Ersatzbeschaffung von Kabeln oder zusätzliche personelle und logistische Ressourcen.46 Umfasst werden nach Wortlaut und Gesetzesbegründung somit sowohl präventive Maßnahmen zur Verhinderung des Schadens als auch Maßnahmen zur Beseitigung oder Minderung eines bereits eingetretenen Schadens.47 Diese werden jedoch z. B. in § 17f Abs. 3 S. 2 auch unter dem Oberbegriff der Schadensminderungsmaßnahmen zusammengefasst. Über die Zumutbarkeit von Schadensminderungsmaßnahmen ist im Einzelfall unter Be- 31 rücksichtigung ihrer Kosten sowie des Umfangs des zu vermeidenden Schadens zu entscheiden.48 Die Schadensminderungsmaßnahmen müssen in einem ausgewogenen Kosten-NutzenVerhältnis stehen.49 Das bedeutet, dass der voraussichtliche Nutzen der Schadensminderungsmaßnahme größer sein muss als die voraussichtlich mit ihm verbundenen Kosten. Der Nutzen der Maßnahmen bestimmt sich danach, um welchen Betrag die Offshore-Netzumlage entlastet wird. Denn die Schadensminderungsmaßnahmen im Sinne des § 17f Abs. 3 dienen nicht in erster Linie dazu, den Schaden des Übertragungsnetzbetreibers selbst, z. B. in Form seines Eigenanteils, abzuwenden oder die Schäden der Betreiber der Windenergieanlagen auf See zu minimieren. Ausweislich der Gesetzesbegründung dienen sie vorrangig der Reduzierung der OffshoreNetzumlage und damit dem Schutz des Letztverbrauchers.50 Auch wenn durch eine Schadensminderungsmaßnahme, z. B. in Form einer schnelleren Errichtung der Anbindungsleitung, gem. § 17f auf den Letztverbraucher wälzbare Entschädigungszahlungen eingespart werden, kommt diese Maßnahme auch dem Betreiber der Windenergieanlage auf See zugute, der früher einspeisen und damit den vollen Zahlungsanspruch nach den jeweils einschlägigen Vorschriften erwirtschaften kann und u. U. auch dem Übertragungsnetzbetreiber, der damit seinen potentiellen Eigenanteil reduziert.
2. Voraussetzung für den Belastungsausgleich Einen Belastungsausgleich gem. § 17f Abs. 1 S. 1 kann der Übertragungsnetzbetreiber gem. § 17f 32 Abs. 3 S. 4 nur verlangen, soweit er nachweist, dass er die ihm möglichen und zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen vorgenommen hat. Diese Regelung ist erforderlich, da – anders als im allgemeinen Schadensrecht – aufgrund der Möglichkeit zur Wälzung der Entschädigungszahlungen für den Übertragungsnetzbetreiber keine Anreize zur Schadenminderung bestünden.51 Von dem Belastungsausgleich ausgenommen sind aber nur anteilig die Entschädigungszahlungen, die durch eine unterlassene Schadensminderungsmaßnahme vermeidbar gewesen wären.52 Die Nachweispflicht für eine Abs. 3 S. 1 entsprechende Schadensminderung trägt der Über- 33 tragungsnetzbetreiber.53
46 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 31 re. Sp.; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.4, S. 18. 47 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 12; BK-EnR/Uibeleisen, § 17f Rn 36. 48 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 31 re. Sp. 49 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 31 re. Sp.; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.4, S. 18. 50 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 31. 51 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 11; BK-EnR/Uibeleisen, § 17f Rn 35. 52 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 24. 53 Kment/Schink, § 17f Rn 13. 237
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§ 17f EnWG
VII. Schadensminderungsmaßnahmen
3. Schadensminderungskonzepte 34 Den Nachweis über die Schadensminderungsmaßnahmen hat der Übertragungsnetzbetreiber zu erbringen, indem er zum einen gem. § 17f Abs. 3 S. 2 der Bundesnetzagentur unmittelbar nach Schadenseintritt ein Konzept mit den geplanten Schadensminderungsmaßnahmen vorzulegen und dieses bis zur Beseitigung des Schadens regelmäßig zu aktualisieren hat. Die Übertragungsnetzbetreiber haben gemeinsam mit der Bundesnetzagentur ein Standardverfahren für die Meldung von konkreten Schadensfällen und die Übermittlung der Schadensminderungskonzepte entwickelt.54 Zum anderen obliegt dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber gem. § 17f Abs. 3 S. 5 eine Dokumentationspflicht zum Schadenseintritt, zu den der Bundesnetzagentur vorgelegten Schadensminderungskonzepten und den ergriffenen Schadensminderungsmaßnahmen, worüber er auf seiner Internetseite zu informieren hat.55 Was er in diesem Rahmen genau zu veröffentlichen hat, ist nicht eindeutig geregelt. Zu weit ginge eine Verpflichtung, die Schadensminderungsberichte, die der Bundesnetzagentur vorzulegen sind, auch auf der Internetseite zu veröffentlichen. Die Vorlage gegenüber der Bundesnetzagentur dient gerade der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, ggf. auch von betroffenen Windparks. Verlangt werden kann aber zumindest die Veröffentlichung, wann und an welcher Anbindungsleitung eine Unterbrechung oder Verzögerung aufgetreten ist und ob ein Schadensminderungskonzept mit ergriffenen Schadensminderungsmaßnahmen an die Bundesnetzagentur übermittelt wurde. 35 Die Bundesnetzagentur kann an den ihr übermittelten Schadensminderungskonzepten gem. § 17f Abs. 3 S. 3 bis zur Beseitigung des Schadens Änderungen verlangen. Die Bundesnetzagentur überprüft dafür, ob die vorgeschlagenen Schadensminderungsmaßnahmen erforderlich sind, ob sie tatsächlich umgesetzt wurden und ob die angestrebte Schadensminderung erreicht wurde.56 Das Änderungsverlangen steht im Ermessen der Bundesnetzagentur, wobei jedoch die Grenze des dem Übertragungsnetzbetreiber Zumutbaren nicht überschritten werden darf.57 Auch wenn die Schadensminderungskonzepte keiner Genehmigungspflicht der Behörde unterliegen, dürfte bereits die Möglichkeit eines Änderungsverlangens zu mehr Rechtssicherheit bei den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibern beitragen.58 Denn der Entscheidung der Behörde, kommt zumindest eine Indizwirkung zu, ob der Übertragungsnetzbetreiber alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat.59 Jedenfalls entfaltet sie eine Selbstbindung der Behörde. Dritten steht dagegen kein subjektives Recht auf Anpassung der Schadensminderungskonzepte zu.60
54 Vgl. dazu weiter im Detail Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.4, S. 18. 55 Zur Veröffentlichung der TenneT TSO GmbH vgl. http://www.tennettso.de/site/de/Transparenz/veroeffentlichungen/offshore-netzanschluesse/informationen-zu-schadensereignissen; zur Veröffentlichung der 50Hertz Transmission GmbH vgl. http://www.50hertz.com/de/Anschluss-und-Zugang/Engpassmanagement/Informationen-gemae%C3 %9F-17f-EnWG-Offshore. 56 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.2.4, S. 18. 57 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 25; Kment/Schink, § 17f Rn 12. 58 Kment/Schink, § 17f Rn 12. 59 BK-EnR /Uibeleisen, § 17f Rn 41. 60 Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17f Rn 22; Kment/Schink, § 17f Rn 18. Scheuch/Haller
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§ 17g Haftung für Sachschäden an Windenergieanlagen auf See Die Haftung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers gegenüber Betreibern von Windenergieanlagen auf See für nicht vorsätzlich verursachte Sachschäden ist je Schadensereignis insgesamt begrenzt auf 100 Millionen Euro. Übersteigt die Summe der Einzelschäden bei einem Schadensereignis die Höchstgrenze nach Satz 1, so wird der Schadensersatz in dem Verhältnis gekürzt, in dem die Summe aller Schadensersatzansprüche zur Höchstgrenze steht.
I. Überblick über die Norm § 17g ist mit dem Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20121 eingefügt und seither lediglich redaktionell an die mit der EEG-Novelle 20142 eingeführten neuen Begrifflichkeiten3 angepasst worden. Inhaltlich ist die Norm seit ihrem Inkrafttreten unverändert geblieben. Sinn und Zweck der Regelung ist es, das durch den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zu versichernde Haftungsrisiko für Sachschäden und damit die Versicherungssummen und -prämien zu begrenzen.4 Die Versicherungsprämien werden dem Übertragungsnetzbetreiber vom Netznutzer erstattet, so dass die Haftungshöchstgrenze auch im Interesse des Netznutzers liegt.5 Satz 1 sieht eine Haftungshöchstgrenze für nicht vorsätzlich vom anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber gegenüber Betreibern von Windenergieanlagen auf See verursachte Sachschäden vor. Je Schadensereignis ist die Haftung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers auf insgesamt 100 Millionen A begrenzt. Laut dem Evaluierungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums ist bis Ende 2015 kein Fall bekannt geworden, in dem ein Sachschaden diese Höchstgrenze überschritten hätte.6 Der Gesetzgeber hat sich bei der Regelung an bestehenden Haftungsbeschränkungen für andere Spannungsebenen, wie z. B. § 18 Niederspannungsanschlussverordnung, orientiert.7 Die Norm regelt lediglich eine Begrenzung der Haftung der Höhe nach.8 Die Voraussetzungen für die Haftung dem Grunde nach ergeben sich aus den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Der Gesetzgeber hat die Einbeziehung von Sachschäden in die Entschädigungsregelung des § 17e nicht für erforderlich gehalten, da Sachschäden und daraus resultierende Folgeschäden an Windenergieanlagen auf See regelmäßig durch Versicherungen abgedeckt werden können.9 Anders als bei der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 17e bleibt es daher bzgl. Sachschäden gegenüber Betreibern von Windenergieanlagen auf See bei den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften und somit bei einer verschuldensabhängigen Haftung. Zwar ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Vorschrift eine Haftungshöchstgrenze für die Haftung aus den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften regeln soll.10 Es ist jedoch weder
1 BGBl. I S. 2730. 2 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I S. 1066.
3 „Windenergieanlage auf See“ statt „Offshore-Anlage“. 4 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 5 Vgl. § 17h Rn 2. 6 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20. 7 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 8 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 9 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 10 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp. 239 https://doi.org/10.1515/9783110670516-018
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§ 17g EnWG
II. Verteilung bei Überschreiten der Haftungshöchstgrenze
der Vorschrift selbst zu entnehmen, noch nachvollziehbar, warum diese Haftungshöchstgrenze nicht auch bei schuldrechtlichen Ansprüchen Anwendung finden soll.11 5 Von der Haftungsbegrenzung der Norm umfasst sind auch die aus den Sachschäden gegenüber den Betreibern von Windenergieanlagen auf See resultierenden Folgeschäden, die ebenfalls versicherbar sind.12 Selbst wenn zu den Folgeschäden grundsätzlich auch Vermögensschäden zählen können, sind solche Vermögensschäden, die durch die Verzögerung, Störung oder Wartung der Anbindungsleitung entstehen, von der vorliegenden Norm nicht umfasst.13 Denn für solche Vermögensschäden ist die besondere und auch abschließende Vorschrift des § 17e geschaffen worden.14 Ebenfalls nicht von der Norm umfasst sind Sachschäden und daraus resultierende Folge6 schäden, die nicht vom anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber, sondern beispielsweise von einem anderen Betreiber einer Windenergieanlage auf See verursacht wurden. Eine vergleichbare Haftungshöchstgrenze existiert für diese Fälle nicht. In der Praxis kann es mitunter schwierig sein, zu identifizieren, ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber oder der Betreiber der Windenergieanlage auf See den Sachschaden verursacht hat.15
II. Verteilung bei Überschreiten der Haftungshöchstgrenze 7 Satz 2 regelt die Verteilung der 100 Millionen A, wenn die Summe der Einzelschäden je Schadensereignis die Haftungshöchstgrenze überschreitet. In dem Fall soll der Schadensersatz in dem Verhältnis gekürzt werden, in dem die Summe aller Schadensersatzansprüche zur Höchstgrenze steht. Beispiel Durch den Ausfall einer Gleichstrom-Anbindungsleitung, an die die Windenergieanlagen auf See A und B angeschlossen sind, entsteht bei der Windenergieanlage auf See A ein Sachschaden von 50 Millionen A und bei der Windenergieanlage auf See B ein Sachschaden von 70 Millionen A. Der Schadensersatz gegenüber Windenergieanlage auf See A wäre auf 41,7 Millionen A, gegenüber B auf 58,3 Millionen A beschränkt.
8 Voraussetzung für die Kürzung ist jedoch, dass die die Haftungshöchstgrenze überschreitenden Sachschäden wirklich auf ein Schadensereignis zurückgehen. Bei mehreren Schadensereignissen haftet der Übertragungsnetzbetreiber für jedes Schadensereignis gesondert bis zur Höchstgrenze.16
11 Davon ausgehend wohl auch Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 533. 12 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 li. Sp.; entsprechende Versicherungsprodukte haben sich am Markt gezeigt, vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20. 13 Ebenso: Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 533; Kment/Schink, § 17g Rn 3; eine andere Auffassung für denkbar, wenn auch nicht vom Gesetzgebungswillen umfasst, hält Thole, RdE 2013, 53, 59. 14 Vgl. § 17e Rn 66. 15 Vgl. zu dieser Problematik anhand eines Beispielsfalls Knütel/Luh/Koch, EnWZ 2014, 531, 531 ff. 16 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drucks. 17/11705, S. 28, 55. Scheuch/Haller
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§ 17h Abschluss von Versicherungen Anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber sollen Versicherungen zur Deckung von Vermögens- und Sachschäden, die beim Betreiber von Offshore-Anlagen auf Grund einer nicht rechtzeitig fertiggestellten oder gestörten Anbindung der Offshore-Anlage an das Übertragungsnetz des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers entstehen, abschließen. Der Abschluss einer Versicherung nach Satz 1 ist der Regulierungsbehörde nachzuweisen.
I. Überblick über die Norm Die Regelung ist seit ihrer Einführung durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirt- 1 schaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20121 unverändert geblieben. Selbst die im Rahmen der EEG-Novelle 20142 erfolgte Änderung der Bezeichnung von „Offshore-Anlage“ zu „Windenergieanlage auf See“ in den §§ 17a ff wurde in § 17h nicht nachvollzogen. Dieses Redaktionsversehen hat jedoch keinerlei praktische Relevanz.3 Um Vermögens- und Sachschäden aufgrund einer verzögerten oder gestörten Offshore-An- 2 bindungsleitung abzusichern, sollen nach Satz 1 die zur Anbindung von Windenergieanlagen auf See verpflichteten Übertragungsnetzbetreiber eine Versicherung abschließen. Es besteht für sie jedoch keine Versicherungspflicht.4 Eine solche wurde bei Einführung der Norm im Gesetzgebungsverfahren zwar diskutiert, jedoch letztlich verworfen.5 Gegen eine Versicherungspflicht sprach, dass der Markt für entsprechende Versicherungen in der Anfangsphase nach dem sog. Offshore-Systemwechsel als sehr begrenzt eingeschätzt wurde und hohe Versicherungsprämien aufgrund der begrenzten Anzahl an Versicherungsanbietern vermieden werden sollten.6 Da die Kosten der Versicherungen als Kosten des Netzbetriebs über die Offshore-Netzumlage refinanziert werden, hätten im Ergebnis die Netznutzer die Belastungen aus einer hohen Versicherungsprämie zu tragen.7 Durch die fakultative Ausgestaltung der Vorschrift besteht für die anbindungsverpflichteten 3 Übertragungsnetzbetreiber die Möglichkeit, eine Versicherung abzuschließen, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll ist.8 Statt einer Versicherungspflicht, die zum Abschluss unwirtschaftlicher Versicherungen führen könnte, sollen systemimmanente Anreize gewährleisten, dass die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber beim Vorliegen sinnvoller Angebote auch tatsächlich Versicherungen abschließen.9 Der Anreiz zum Abschluss einer Versicherung für Vermögensschäden besteht für die Übertragungsnetzbetreiber darin, dass die Versicherungsleistungen nicht nur beim Belastungsausgleich gem. § 17f Abs. 1, 5 angerechnet werden und somit die von den Netznutzern zu tragende Offshore-Umlage entlasten, sondern unter Umständen auch den Teil der Entschädigungszahlungen mit umfassen können, den der Übertragungsnetzbetrei-
1 BGBl. I S. 2730. 2 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.2014, BGBl. I S. 1066.
3 So auch BK-EnR/Uibeleisen, § 17h Rn 3. 4 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32. 5 Vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/11269, S. 4 re. Sp., S. 34 re. Sp.
6 Unterrichtung durch die Bundesregierung, Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der Bundesregierung, BTDrucks. 17/11269, S. 35 li. Sp.
7 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20. 8 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 re. Sp.; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20.
9 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4., S. 22. 241 https://doi.org/10.1515/9783110670516-019
Scheuch/Haller
§ 17h EnWG
II. Ausblick
ber ansonsten nach § 17f Abs. 2 selbst tragen müsste.10 An den Versicherungsprämien muss sich der Übertragungsnetzbetreiber dagegen nicht mit einem eigenen Anteil beteiligen, sondern diese werden ihm vollständig über die Offshore-Netzumlage erstattet.11 4 Da Sachschäden nicht dem Belastungsausgleich nach § 17f unterfallen und somit vollständig (jedenfalls bis zur Deckelung gem. § 17g) vom anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zu tragen sind, besteht jedenfalls in Bezug auf solche ein Anreiz zum Abschluss von Versicherungen.12 Für sachschadenbezogene Versicherungen konnte sich ein Markt herausbilden, da diese Deckungskonzepte für die Versicherungswirtschaft kalkulierbar sind.13 Berücksichtigt man, dass Versicherungen nur abgeschlossen werden sollen, wenn sie wirt5 schaftlich sinnvoll sind, geht die Steuerungswirkung des Selbstbehalts trotz des Anreizes der Übertragungsnetzbetreiber zum Abschluss einer Versicherung auch nicht verloren.14 In dem Zusammenhang spielt der Nachweis abgeschlossener Versicherungen gegenüber der Regulierungsbehörde nach Satz 2 eine wichtige Rolle. Wird keine Versicherung vom anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber abge6 schlossen, fungiert die Gemeinschaft der Letztverbraucher für die Vermögensschäden – zumindest für den Teil, der nicht dem Selbstbehalt nach § 17f Abs. 2 unterfällt – aufgrund des Belastungsausgleichs nach § 17f Abs. 1, 5 als eine Art Versicherung.
II. Ausblick 7 In seinem Evaluierungsbericht kommt das Bundeswirtschaftsministerium drei Jahre nach Einführung der Norm zu dem Ergebnis, dass der Markt für entsprechende Versicherungsprodukte weiterhin sehr klein sei.15 Es stünden nur Versicherungen für solche Vermögensschäden zur Verfügung, die auf einem vorangegangenen versicherten Sachschaden beruhen. Bislang sei jedoch keine Verzögerung einer Anbindungsleitung auf einen Sachschaden zurückzuführen. Zudem seien die Versicherungsleistungen der Höhe nach begrenzt und sähen hohe Selbstbeteiligungen vor. Das Bundeswirtschaftsministerium hat vor dem Hintergrund auch nach Evaluierung der Vorschrift keine Modifikation hin zu einer Versicherungspflicht vorgeschlagen. Vielmehr kommt es zu dem Ergebnis, dass der Abschluss von Versicherungen weiterhin fakultativ sein sollte, da so die geringstmögliche Belastung der Netznutzer erreicht werden könne.16 Es darf auch bezweifelt werden, ob zu Zeiten, in denen zumindest Entschädigungszahlungen wegen Verzögerungen von Anbindungsleitungen deutlich abnehmen dürften, eine Versicherungspflicht noch sinnvoll wäre. Denn in der Höhe der Versicherungsprämien würden sich voraussichtlich noch die Erfahrungen der Vergangenheit mit erheblichen Verzögerungen widerspiegeln.
10 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 re. Sp.; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20; Wagner, JZ 2014, 1031, 1039; nur beschränkt Anreize für den anbindungsverpflichteten ÜNB zum Abschluss von Versicherungen für Vermögensschäden sieht dagegen Britz/Hellermann/Hermes/Broemel, § 17h Rn 1; König, ZNER 2013, 113, 119; Wagner/Bsaisou, VEnergR 186, 38 ff, 49 f. 11 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/10754, S. 32 re. Sp. 12 Stappert/Steger, § 17h Rn 12. 13 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20. 14 Die Steuerungswirkung des Selbstbehalts nach § 17f Abs. 2 EnWG eingeschränkt sieht dagegen Wagner, JZ 2014, 1031, 1039. 15 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 3.4., S. 20. 16 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, Kap. 4., S. 22. Scheuch/Haller
242
§ 17i Evaluierung Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie überprüft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bis zum 31. Dezember 2015 die praktische Anwendung und die Angemessenheit der §§ 17e bis 17h. Die Evaluierung umfasst insbesondere die erfolgten Entschädigungszahlungen an Betreiber von Windenergieanlagen auf See, den Eigenanteil der anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber an Entschädigungszahlungen, die Maßnahmen und Anreize zur Minderung eventueller Schäden und zur Kostenkontrolle, das Verfahren zum Belastungsausgleich, die Höhe des Aufschlags auf die Netzentgelte für Letztverbraucher für Strombezüge aus dem Netz der allgemeinen Versorgung und den Abschluss von Versicherungen.
I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte Mit dem Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 1 20.12.20121 wurde mit den §§ 17e bis 17h eine Haftungsregelung für verzögerte oder gestörte Netzanbindungen nebst Regelungen zum Belastungsausgleich und zum Abschluss von Versicherungen geschaffen. § 17i sieht eine Evaluierung dieser Regelungen vor. Durch das Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.20142 wurden lediglich eine Anpassung aufgrund der geänderten Ressortzuständigkeit der zuständigen Ministerien3 und eine redaktionelle Änderung vorgenommen.
II. Evaluierung § 17i sieht eine einmalige Evaluierung der §§ 17e bis 17h durch das BMWi im Einvernehmen mit 2 dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Diese hatte bis zum 31.12.2015 zu erfolgen, also 3 Jahre nach Inkrafttreten der §§ 17e bis 17h in ihren ursprünglichen Fassungen zum 28.12.2012. Erforderlich war eine Prüfung der praktischen Anwendung und der Angemessenheit der 3 zu evaluierenden Regelungen. Gemäß S. 2 erfasst die Evaluierung insbesondere die erfolgten Entschädigungszahlungen an Betreiber von Windenergieanlagen auf See, den Eigenanteil der ÜNB an diesen Zahlungen, die Maßnahmen und Anreize zur Schadensminderung und zur Kostenkontrolle, das Verfahren zum Belastungsausgleich, die Höhe des Aufschlags auf die Netzentgelte und den Abschluss von Versicherungen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.4 Die Evaluierung soll dazu dienen, aufgrund vorliegender praktischer Erfahrungen gegebenenfalls notwendige Änderungen vorzunehmen.5 Berichts- und Monitoringpflichten der BNetzA und der Monopolkommission bleiben unberührt.6 Der Evaluierungsbericht wurde inzwischen vom BMWi veröffentlicht.7 Der Bericht kommt 4 zum Ergebnis, dass mit den Entschädigungsregelungen grundsätzlich ein ausgewogenes Haf-
1 2 3 4 5 6 7
BGBl. I 2012 S. 2730. BGBl. I 2014 S. 1066. BT-Drucks. 18/1304 S. 190. Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17i Rn 4. BT-Drucks. 17/10754 S. 32 re.Sp. Britz/Hellermann/Hermes/Broemel § 17i Rn 1. Abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/evaluierungsbericht-paragraph-17i-enwg.pdf.
243 https://doi.org/10.1515/9783110670516-020
Bader
§ 17i EnWG
II. Evaluierung
tungssystem besteht, und empfiehlt grundsätzlich die Beibehaltung der Regelungen, allerdings auch einige Konkretisierungen, die teils noch im Branchendialog erarbeitet werden sollten.8
8 BMWi, Evaluierungsbericht gemäß § 17i EnWG, S. 21 f. Bader
244
§ 17j Verordnungsermächtigung Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die nähere Ausgestaltung der Methode des Belastungsausgleichs nach § 17e sowie der Wälzung der dem Belastungsausgleich unterliegenden Kosten auf Letztverbraucher und ihre Durchführung sowie die Haftung des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers und Vorgaben an Versicherungen nach § 17h zu regeln. Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbesondere Regelungen getroffen werden 1. zur Ermittlung der Höhe der Ausgleichsbeträge; dies schließt Regelungen ein a) zu Kriterien für eine Prognose der zu erwartenden Kosten für das folgende Kalenderjahr, b) zu dem Ausgleich des Saldos aus tatsächlichen und prognostizierten Kosten, c) zur Verwaltung der Ausgleichsbeträge durch die Übertragungsnetzbetreiber sowie d) zur Übermittlung der erforderlichen Daten; 2. zur Schaffung und Verwaltung einer Liquiditätsreserve durch die Übertragungsnetzbetreiber; 3. zur Wälzung der dem Belastungsausgleich nach § 17f unterliegenden Kosten der Übertragungsnetzbetreiber auf Letztverbraucher; dies schließt Regelungen zu Höchstgrenzen der für den Belastungsausgleich erforderlichen Aufschläge auf die Netzentgelte der Letztverbraucher ein; 4. zur Verteilung der Kostenbelastung zwischen Netzbetreibern; dies schließt insbesondere Regelungen zur Zwischenfinanzierung und zur Verteilung derjenigen Kosten ein, die im laufenden Kalenderjahr auf Grund einer Überschreitung der Prognose oder einer zulässigen Höchstgrenze nicht berücksichtigt werden können; 5. zu näheren Anforderungen an Schadensminderungsmaßnahmen einschließlich Regelungen zur Zumutbarkeit dieser Maßnahmen und zur Tragung der aus ihnen resultierenden Kosten; 6. zu Veröffentlichungspflichten der anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber hinsichtlich eingetretener Schäden nach § 17e Absatz 1 und 2, der durchgeführten Schadensminderungsmaßnahmen und der dem Belastungsausgleich unterliegenden Entschädigungszahlungen; 7. zu Anforderungen an die Versicherungen nach § 17h hinsichtlich Mindestversicherungssumme und Umfang des notwendigen Versicherungsschutzes.
I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte § 17i enthält eine Verordnungsermächtigung zur näheren Ausgestaltung der §§ 17e, 17f und 17h. 1 Die Vorschrift wurde mit dem Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.20121 geschaffen. Durch das Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.7.20142 wurde lediglich eine Anpassung aufgrund der geänderten Ressortzuständigkeit der zuständigen Ministerien vorgenommen.3 Das Gesetz zur Beschleunigung
1 BGBl. I 2012 S. 2730. 2 BGBl. I 2014 S. 1066. 3 BT-Drucks. 18/1304 S. 190. 245 https://doi.org/10.1515/9783110670516-021
Bader
§ 17j EnWG
II. Verordnungsermächtigung
des Energieleitungsausbaus vom 13.5.20194 korrigierte in S. 1 der Vorschrift den Verweis auf § 17f (statt zuvor unzutreffend § 17e).
II. Verordnungsermächtigung 2 S. 1 ermächtigt zum Erlass einer Rechtsverordnung zur näheren Ausgestaltung der Methode des Belastungsausgleichs nach § 17f einschließlich von Regelungen zur Haftung des anbindungsverpflichteten ÜNB, zur Kostenwälzung und zu Vorgaben an Versicherungen5 gemäß § 17h. Dies soll ermöglichen, dass der Wälzungsmechanismus kosteneffizient erfolgt und Belastungen für Letztverbraucher möglichst minimiert und geglättet werden. Zudem soll gewährleistet werden, dass Entwicklungen des Versicherungsmarkts berücksichtigt werden können.6 S. 2 enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Regelungsgegenständen, die im 3 Verordnungswege näher ausgestaltet werden können.7 Zuständig ist das BMWi im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für 4 Verbraucherschutz. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich.8 Zunächst wurde von der Verordnungsermächtigung kein Gebrauch gemacht, da kein Bedarf 5 gesehen wurde.9 Auf Basis des S. 1 und S. 2 Nr. 3 und 4 wurde inzwischen die Verordnung zur Berechnung der Offshore-Netzumlage und zu Anpassungen im Regulierungsrecht vom 14. März 201910 erlassen. Diese konkretisiert unter anderem die Berechnung der Offshore-Netzkosten für Zwecke der Offshore-Netzumlage nach § 17f, mit diesbezüglichen Änderungen der Stromnetzentgeltverordnung sowie ergänzend der Anreizregulierungsverordnung.
4 BGBl. I 2019 S. 706. 5 Von einer Versicherungspflicht im EnWG wurde abgesehen, da Versicherungen für einen Teil der Risiken nicht oder noch nicht erhältlich waren, BT-Drucks. 17/11269 S. 34 re. Sp./S. 35 li. Sp.
6 BT-Drucks. 17/10754 S. 32 re. Sp. 7 Näher zu den einzelnen Regelungsgegenständen Praxiskommentar/Stappert/Steger § 17j Rn 7 ff. 8 Ein Vorschlag des Bundesrats, die Verordnung zustimmungspflichtig zu machen, wurde von der Bundesregierung abgelehnt, BT-Drucks. 17/11269 S. 35 li.Sp.
9 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Jahr 2013, BT-Drucks. 17/12363 S. 4. 10 BGBl I 2019 S. 333. Bader
246
…
Teil 5 Planfeststellung, Wegenutzung § 43 Erfordernis der Planfeststellung (1) Die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von folgenden Anlagen bedürfen der Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde: 1. Hochspannungsfreileitungen, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr, 2. Hochspannungsleitungen, die zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See im Sinne des § 3 Nummer 49 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Küstenmeer als Seekabel und landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes verlegt werden sollen, 3. grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, die nicht unter Nummer 2 fallen und die im Küstenmeer als Seekabel verlegt werden sollen, sowie deren Fortführung landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes, 4. Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes, 5. Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimeter und 6. Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen an das Fernleitungsnetz mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern. Leitungen nach § 2 Absatz 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz bleiben unberührt. (2) Auf Antrag des Trägers des Vorhabens können durch Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde zugelassen werden: 1. die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen, insbesondere Konverterstationen, Phasenschieber, Verdichterstationen, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, soweit sie in das Planfeststellungsverfahren für die Energieleitung integriert werden; dabei ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt, 2. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die in einem 20 Kilometer breiten Korridor, der längs der Küstenlinie landeinwärts verläuft, verlegt werden sollen; Küstenlinie ist die in der Seegrenzkarte Nr. 2920 „Deutsche Nordseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., und in der Seegrenzkarte Nr. 2921 „Deutsche Ostseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie jeweils im Maßstab 1: 375 000 dargestellte Küstenlinie,1 3. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr zur Anbindung von Kraftwerken und Pumpspeicherkraftwerken an das Elektrizitätsversorgungsnetz, 4. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines sonstigen Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, 1 Amtlicher Hinweis: Zu beziehen beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Bernhard-Nocht-Straße 78, 20359 Hamburg und in der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert niedergelegt. 247 https://doi.org/10.1515/9783110670516-022
Fest/Riese
§ 43 EnWG
Erfordernis der Planfeststellung
5.
die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung einer Freileitung mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt oder einer Bahnstromfernleitung, sofern diese Leitungen mit einer Leitung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden und in das Planfeststellungsverfahren für diese Leitung integriert werden; Gleiches gilt für Erdkabel mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt, sofern diese im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach den Nummern 2 bis 4 mit verlegt werden, 6. Leerrohre, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach den Nummern 2 bis 4 mit verlegt werden, 7. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Energiekopplungsanlagen und 8. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Großspeicheranlagen mit einer Nennleistung ab 50 Megawatt, soweit sie nicht § 126 des Bundesberggesetzes unterfallen. Satz 1 ist für Erdkabel auch bei Abschnittsbildung anzuwenden, wenn die Erdverkabelung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem beantragten Abschnitt einer Freileitung steht. (3) Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. (4) Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. (5) Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
Übersicht I. 1. 2. 3.
5.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 6 Regelungszweck Verhältnis zu VwVfG und NABEG sowie Plan11 SiG Vorangehende Beschleunigungsgesetzge13 bung 14 Entstehungsgeschichte
II.
Antrag auf Planfeststellung
III. 1.
27 Erfordernis der Planfeststellung Planfeststellungspflichtige Vorhaben 29 (Abs. 1) a) Hochspannungsfreileitungen (Abs. 1 S. 1 29 Nr. 1) b) Netzanbindung von Windenergieanlagen 31 auf See (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) c) Grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen (Abs. 1 S. 1 34 Nr. 3) 34 aa) Allgemein 35 bb) Grenzüberschreitung 36 cc) Verknüpfungspunkt
4.
d)
2.
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3. Fest/Riese
Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangeset41 zes (Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2) e) Gasversorgungsleitungen (Abs. 1 S. 1 44 Nr. 5) f) LNG-Anlagen-Anbindungsleitungen (Abs. 1 47 S. 1 Nr. 6) Planfeststellungsfähige Vorhaben 50 (Abs. 2) 51 a) Nebenanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 55 b) Erdkabel (Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4) aa) Erdkabel im Küstenbereich (Abs. 2 56 S. 1 Nr. 2) bb) Erdkabel zur Anbindung von Kraftwerken und Pumpspeicherkraftwer58 ken (Abs. 2 S. 1 Nr. 3) cc) Sonstige Erdkabel (Abs. 2 S. 1 61 Nr. 4) c) Mitgeführte Leitungen (Abs. 2 S. 1 63 Nr. 5) 64 d) Leerrohre (Abs. 2 S. 1 Nr. 6) e) Energiekopplungsanlagen (Abs. 2 S. 1 66 Nr. 7) 68 f) Energiespeicher (Abs. 2 S. 1 Nr. 8) 70 Errichtung von Leitungen 248
1. Überblick über die Norm
4. 5.
Betrieb von Leitungen Änderung von Leitungen
IV. 1.
79 Materiell-rechtliche Anforderungen 79 Planrechtfertigung 79 a) Grundsätze b) Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfs82 planung c) Planrechtfertigung bei vorheriger behördli83 cher Bedarfsentscheidung Beachtung zwingenden materiellen 85 Rechts 86 a) Energiewirtschaftsrecht 87 b) Raumordnungsrecht 87 aa) Allgemeines 88 bb) Verfahren 89 cc) Rechtswirkung dd) Verhältnis zur Bundesfachpla90 nung 91 c) Umweltverträglichkeitsprüfung 91 aa) Allgemeines 95 bb) UVP-Pflicht 99 cc) Verfahren 101 dd) Variantenprüfung 102 d) Naturschutzrecht aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH103 und VS-Gebiete (1) Schutzsystematik des europä105 ischen Gebietsschutzes 110 (2) Vorprüfung (3) FFH114 Verträglichkeitsprüfung (4) Vermeidungsmaßnah118 men bb) Abweichungsverfahren, Ausnah122 men
2.
73
EnWG § 43
(1)
76
3.
4.
Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interes126 ses 130 (2) Alternativenprüfung 136 (3) Kohärenzmaßnahmen 139 cc) Artenschutz 142 dd) Nationale Schutzgebiete ee) Naturschutzrechtliche Eingriffsrege145 lungen 145 (1) Allgemein 153 (2) Ersatzgeld 155 e) Immissionsschutzrecht 156 aa) Elektromagnetische Felder 157 bb) Koronaeffekte 162 Abschnittsbildung a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenab164 schnitten b) Vorläufige positive Gesamtprog167 nose 172 c) Antrag 175 d) Planrechtfertigung 179 e) Rechtsschutz 180 Abwägungsentscheidung (Abs. 3) 180 a) Allgemeines 184 b) Alternativenprüfung c) Alternativenprüfung nach FFH und Arten193 schutz
V.
Zuständigkeit und Verfahren
VI.
Rechtswirkungen
199
201
207 VII. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 209 2. Rechtsschutz Dritter
207
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 S. 1 enthält eine enumerative Aufzählung derjenigen Energieleitungen, für deren Errichtung, Betrieb und Änderung die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens verpflichtend ist und statuiert für diese Vorhaben einen Planfeststellungsvorbehalt, der in Abs. 1 S. 2 im Anwendungsbereich wieder eingeschränkt wird. Abs. 2 S. 1 enthält eine enumerative Aufzählung derjenigen Energieleitungen und Energieanlagen, für deren Errichtung, Betrieb und Änderung die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens fakultativ auf Antrag des Vorhabenträgers möglich ist. Dabei ist nach Abs. 2 S. 2 auch eine Abschnittsbildung eröffnet, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Erdverkabelung und einem beantragten Abschnitt einer Freileitung steht. Abs. 3 schreibt die Anwendung des allgemeinen planungsrechtlichen Abwägungsgebots verbindlich vor. Abs. 4 ordnet die ergänzende Anwendung der allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts nach den §§ 72 ff VwVfG an. 249
Fest/Riese
1
2
3 4
§ 43 EnWG
5
I. Allgemeines
Abs. 5 ordnet an, dass die Maßgaben des Gesetzes entsprechend gelten, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
2. Regelungszweck 6 § 43 regelt das Erfordernis der Planfeststellung und ist die zentrale Vorschrift im energierechtlichen Planfeststellungsrecht. Sie stellt die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen, Hochspannungsleitungen zur Netzanbindung von OffshoreAnlagen sowie grenzüberschreitende Küstenmeer-Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, Erdkabelvorhaben nach dem Bundesbedarfsplangesetz, Gasversorgungsleitungen und LNG-Anlagenanbindungen unter einen energierechtlichen Planfeststellungsvorbehalt. Der Gesetzgeber verschafft diesen Vorhaben damit die besonderen Durchsetzungsmöglichkeiten der §§ 43–45b bis hin zur Enteignung und vorzeitigen Besitzeinweisung für die Vorhabenrealisierung. 7 Die Vorschrift ermöglicht fakultativ ein energierechtliches Planfeststellungsverfahren für Nebenanlagen zu Energieleitungen, Erdkabel für Netzanschlüsse von Energieanlagen, Erdkabel auf Hochspannungsebene, Leerrohre neben Erdkabeln, Energiekopplungsanlagen und oberirdische Großspeicher. Diese Bestimmung erhöht maßgeblich die Flexibilität des Vorhabenträgers und der Behörde, indem sie einen Spielraum bei der Verfahrensgestaltung und dem Verfahrensgegenstand bietet. Der Vorhabenträger eines Gesamtvorhabens kann entscheiden, ob er bestimmte Anlagen in dem dafür vorgesehenen Verfahren separat genehmigen lässt oder eine energierechtliche Planfeststellung beantragt. Dabei besteht zusätzlich die verfahrensökonomische Wahlmöglichkeit die Planfeststellung bestimmter Anlagen in einer bestimmten Ausführungsweise separat, abschnittsweise oder sukzessive zu verfolgen oder diese in einem Verfahren zu integrieren. Dies dient auch der Beschleunigung des Verfahrens. 8 Die Planfeststellungspflichten und -möglichkeiten für die aufgezählten Energieleitungen und -anlagen dienen dem Zweck, die Energieversorgungsnetze bedarfsgerecht zu optimieren, zu verstärken und auszubauen (§§ 11 ff). Ziel ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltfreundliche Versorgung mit Elektrizität Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht (§ 1 Abs. 1). Mit der vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 27.7.2021 vorgenommenen2 Erweiterung von § 1 um Wasserstoff als dritten Energieträger und der im neuen Abschnitt 3b zur Regulierung von Wasserstoffinfrastruktur, genauer in § 28j Abs. 1 und § 43l Abs. 1, vorgesehenen ausdrücklichen Erstreckung des 5. Teils des Gesetzes auf Wasserstoff sowie der im Rahmen der neuen in § 43l und § 28p vorgesehenen ergänzenden Regelungen zum Genehmigungsrecht, dient die Norm auch Errichtung, Betrieb und Änderung von Wasserstoffnetzen. Die Bündelung der Entscheidung in einem Verfahren und die Zuständigkeit bei einer Planfeststellungsbehörde ermöglicht ein koordiniertes und stringentes Verfahren. 9 Der allgemeine Abwägungsgrundsatz befindet sich in Abs. 3. Die Vorschrift ist verfahrensrechtlich von zentraler Bedeutung und Kernstück des gesamten Planfeststellungsverfahrens. 10 Mit den Absätzen 4 und 5 und den darin enthaltenen Verweisen auf das allgemeine Planfeststellungsrecht des Verwaltungsverfahrensrechts (§§ 72 bis 78 VwVfG) und das Verwaltungsverfahrensrecht der Länder werden letztlich auffangtatbestandsmäßig Lücken des energierechtlichen Planfeststellungsrechts und Doppelregelungen vermieden.
2 Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16. Juli 2021, BGBl. I 2021 S. 3026. Fest/Riese
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3. Verhältnis zu VwVfG und NABEG sowie PlanSiG
EnWG § 43
3. Verhältnis zu VwVfG und NABEG sowie PlanSiG Die allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 ff sind ge- 11 genüber den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 ff VwVfG lex specialis, hingegen gegenüber den besonderen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung für die Höchstspannungsnetze nach den §§ 18 ff NABEG lex generalis. Der nachträglich eingefügte Abs. 1 S. 2, nach dem Leitungen nach § 2 Absatz 1 NABEG unberührt bleiben, normiert diese Wertung. Der Gesetzgeber unterstreicht mit den Sonderregelungen für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen (§ 2 Abs. 1 NABEG) sowie den besonderen Regelungen für die Planfeststellungsverfahren die besondere energiewirtschaftliche Bedeutung dieser Energieleitungen. Hieraus folgt aber nicht, dass die Errichtung und der Betrieb der „normalen“ Hochspannungsleitungen an Bedeutung verlieren. Es bleibt bei der energiewirtschaftlich und energierechtlich festgestellten besonderen Bedeutung des Ausbaus der Energienetze wie in § 1 formuliert. Die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Hochspannungsleitungen, die unter das NABEG fallen, genießen eine über den Normalfall hinausgehende Bedeutung für die Versorgungssicherheit und die Integration der europäischen Versorgungsnetze. Für den Abwägungsprozess und die Frage der Planrechtfertigung kann dies nicht ohne Bedeutung bleiben. Die allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 ff, wie 12 auch jene Verfahren nach dem NABEG, sind gegenüber den besonderen Regelungen des Gesetzes zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG) vom 20.5.20203 lex generalis. Der Gesetzgeber hat sich anlässlich der Pandemiebekämpfung kurzfristig entschieden, das PlanSiG gegenüber 23 enumerativ in § 1 PlanSiG aufgeführten Bundesgesetzen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren vor die Klammer zu ziehen, um den besonderen Umständen der Pandemiebekämpfung Rechnung zu tragen, ohne dass die sich daraus ergebenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Verfahren nach den aufgeführten Bundesgesetzen zum Erliegen bringen sollen. Das PlanSiG weist dabei einen Doppelcharakter auf. Zum einen ist es, wie der Titel aufzeigt, ein Instrument das besonderen Umständen Rechnung trägt und dafür in § 7 Abs. 2 PlanSiG bis zum 31.3.2021 bzw. 31.12.2025 befristet worden. Zum anderen ist es Ausdruck eines Paradigmenwechsels in der Gesellschaft hin zu einer neuen Normalität der Digitalisierung, die dazu führt, dass digitales Verwaltungshandeln als „neue Normalität“ die Regel und analoges Handeln zur begründungsbedürftigen Ausnahme wird. Es entspricht diesem Paradigmenwechsel, dass die Verabschiedung des PlanSiG damit einherging, dass die 16 Energieminister der Länder im Rahmen ihres Energieministertreffens vom 4.05.2020 forderten, dauerhaft solche Regelungen vorzusehen4 und im Innenausschuss des Bundestages am 12.5.2020 ein Beschluss gefasst wurde, indem die Bundesregierung aufgefordert wird zu prüfen, welche mit dem Planungssicherstellungsgesetz befristet zur Verfügung gestellten Instrumente sich in der praktischen Anwendung so bewähren, dass sie auch außerhalb der zu bewältigenden Ausnahmesituation sinnvoll eingesetzt werden können.5 In der einschlägigen Fachliteratur wurde die schnelle Reaktion des Gesetzgebers überwiegend wohlwollend aufgenommen.6 Unterdessen wurde mit dem Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Planungssicherstellungsgesetzes vom 18.3.2021eine Verlängerung des PlanSiG für neue Fälle bis Ende 2022 bzw. von der Geltung her
3 PlanSiG, BGBl. I 2020 S. 1041. 4 Amtscheftreffen 21.4.2020, Energieministertreffen 4.05.2020, TOP 1 Maßnahmen in der Covid-19-Krisensituation (hier Positionierung der Länder zu zeitkritischen energiepolitischen Themen), Abschnitt “Netzausbau und energiewirtschaftliche Genehmigungsverfahren”. 5 4. Ausschuss des Deutschen Bundestages, Ausschuss für Inneres und Heimat, Ausschussdrucksache 19(4)499. 6 Albrecht/Zschiegner, UPR 2020, 252–256; Wysk, NVwZ 2020, 905–910; Krautzberger/Stüer, DVBl 2020, 910–913; Ruge, ZUR 2020, 481–486. 251
Fest/Riese
§ 43 EnWG
I. Allgemeines
bis zum 30. September 2027 beschlossen.7 Es bleibt jedoch abzuwarten, wie schnell nach der Pandemielage die o. g. Evaluation zu einer dauerhaften Integration der verfahrensrechtlichen Vereinfachungen in die Fachgesetze führt.
4. Vorangehende Beschleunigungsgesetzgebung 13 § 43 steht in Zusammenhang mit einer Reihe von Gesetzen zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren. Das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 26.6.1990 reduzierte zur Rechtsvereinheitlichung die Zahl der Spezialvorschriften in einzelnen Fachplanungsgesetzen.8 Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16.12.1991 – am 31.12.2006 außer Kraft getreten9 – war auf die neuen Bundesländer und auf Verkehrswege und Verkehrsanlagen begrenzt.10 Zu den Änderungen des Verfahrens- und Prozessrechts gehörten insbesondere Fristregelungen im Anhörungsverfahren, die Einführung der Plangenehmigung sowie die erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG für die „Verkehrsvorhaben deutsche Einheit“. Das Planungsvereinfachungsgesetz vom 17.12.1993 übertrug die Grundsätze des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes auf alle Verkehrsanlagen.11 Es beinhaltete insbesondere Präklusionsvorschriften für Einwendungen sowie die Instrumente der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens. Durch das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 12.9.1996 wurden die Regelungen der Fachgesetze in das VwVfG übernommen.12 In zwei Investitionsmaßnahmengesetzen trat in den neuen Bundesländern die Planung per Gesetz bei bestimmten Großprojekten an die Stelle des Planfeststellungsverfahrens.13
5. Entstehungsgeschichte 14 Der in § 43 enthaltene energierechtliche Fachplanungsvorbehalt wurde erstmals als § 11a durch Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz14 vom 27.7.2001 Bestandteil des EnWG.15 Der Planfeststellungsvorbehalt galt zunächst für die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen (ausgenommen Bahnstromfernleitungen) mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr sowie für Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm. Die in § 11a enthaltenen Regelungen wurden im Wesentlichen unverändert in § 43 durch 15 Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts16 vom 7.7.2005 überführt. Ein neuer Abs. 1 S. 6 bestimmte die Geltung der §§ 72–78 VwVfG, wodurch sich der Streit über das anzuwendende Verfahrensrecht erledigte.17
7 BT-Drucks. 19/26174; BT-Drucks. 19/26972, BGBl. I 2021 S. 353. 8 RBG, BGBl. I 1990 S. 1221. 9 InfrPBG, BGBl. I 2006 S. 2833. 10 VerkPBG, BGBl. I 1991 S. 2174. 11 PlVereinfG, BGBl. I 1993 S. 2123. 12 GenBeschlG, BGBl. I 1996 S. 1354. 13 Vgl. das Gesetz über den Bau der Südumfahrung Stendal der Eisenbahnstrecke Berlin-Öbisfelde vom 29.10.1993, BGBl. I S. 1906 sowie das Gesetz über den Bau des Abschnitts Wismar/West-Wismar/Ost der Bundesautobahnen A 20 Lübeck-Bundesgrenze (A 11) vom 2.3.1994, BGBl. I S. 734. Vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 –. 14 BGBl. I 2001 S. 1950. 15 Zur Rechtslage vor Einführung des § 11a vgl. Büdenbender, § 11a Rn 5 f. 16 BGBl. I 2005 S. 1970. 17 Die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/7274, S. 19, ging von der Geltung des BVwVfG aus. Fest/Riese
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5. Entstehungsgeschichte
EnWG § 43
Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben (InfrPBG)18 vom 9.12.2006 als § 43 mit Wirkung zum 17.12.2006 neu gefasst. Die damaligen Änderungen führten zu einer grundlegenden Umgestaltung der §§ 43 ff Die Durchführung einer UVP war nun nicht mehr Voraussetzung für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens. Der Katalog der planfeststellungsfähigen Vorhaben wurde erweitert. Ein neuer S. 6 stellte klar, dass die §§ 43a-e lex specialis zu landesrechtlichen Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts sind. Durch das Gesetz wurden neben der Eingrenzung des obligatorischen Erörterungstermins Natur- und Umweltschutzvereinigungen Informations- und Beteiligungsrechte eingeräumt. Die erstinstanzlichen Zuständigkeiten der OVG wurden ausgeweitet (§ 48 VwGO), für enumerativ aufgezählte Vorhaben wurde die erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG begründet (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO).19 Die Beteiligung der Natur- und Umweltschutzvereinigungen wurde durch das Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz vom 9.12.200620 und das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz21 vom 7.12.2006 ausgestaltet. Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze (HSpABeschlG) vom 21.8.2009 mit Wirkung zum 26.8.2009 erfolgte erstmals in der energierechtlichen Planfeststellung eine gesetzliche Bedarfsfestlegung im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG). Ermöglicht wurde zudem die Planfeststellung von Erdkabel-Pilotprojekten. § 43 S. 1 wurden in diesem Zuge eine neue Nr. 3 für die Planfeststellung von Hochspannungsleitungen, die zur Netzanbindung von Offshore-Anlagen (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 2) und eine neue Nr. 4 für die Planfeststellung grenzüberschreitender Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, die nicht unter Nummer 3 fallen und die im Küstenmeer als Seekabel verlegt werden sollen, sowie deren Fortführung landeinwärts (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 3) angefügt und S. 3 im Hinblick auf 110kV-Kabel im Küstenmeer ergänzt (jetzt Abs. 2 S. 1 Nr. 2).22 Durch Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (NABEMaßnG, zusammen mit dem NABEG) vom 28.7.2011 wurden mit Wirkung zum 5.8.2011 S. 2 (jetzt Abs. 1 S. 2) eingefügt, S. 2–5 zu S. 3–6, S. 7 eingefügt (jetzt alle in Abs. 2–4 enthalten), S. 6 wurde S. 8 (jetzt Abs. 5).23 Die Änderungen ermöglichen die Einbeziehung von Nebenanlagen, wie Umspannanlagen oder Netzverknüpfungspunkte, in das Planfeststellungsverfahren. Solche Anlagen mussten vorher gesondert und nach anderen Vorschriften genehmigt werden. Des Weiteren wurde der Katalog planfeststellungsfähiger Vorhaben durch Anfügung eines neuen S. 6 nochmals um Erdkabel mit einer Nennspannung von 110 kV erweitert (jetzt Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und S. 2). Nachgelagert wurde ohne Änderung der Norm der sachliche Anwendungsbereich durch Erlass des Gesetzes über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) vom 23.7.2013 mit Wirkung vom 27.7.2013 mit der Schaffung eines weiteren gesetzlichen Katalogs energiewirtschaftlich notwendiger und zugleich planfeststellungspflichtiger Vorhaben erweitert.24 Im Rahmen des Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts (EEG2014RefG) vom 21.7.2014 mit der Wirkung zum 1.08.2014 wurde S. 1 Nummer 3 als redaktionelle Folgeänderung zur Umbenennung der Offshore-Anlage in Windenergieanlage auf See und der Neunummerierung des EEG 2012 angepasst.25 Der danach zitierte § 5 Nummer 35 EEG 2014 entsprach dabei dem vorherigen § 3 Nummer 9 EEG 2012. Im Rahmen des Artikelgesetzes zum EEG 2014 wurde auch eine 18 19 20 21 22 23 24 25 253
BGBl. I 2006 S. 2833. InfrPBG, BGBl. I 2006 S. 2833. BGBl. I 2006 S. 2819. UmwRG, BGBl. I 2006 S. 2816. EnLAG, BGBl. I 2009 S. 2870. Vgl. dazu die Vorgeschichte zum EnLAG. BGBl I 2011, 1690. BGBl I 2013, 2543. BGBl I 2014, 1066. Fest/Riese
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§ 43 EnWG
I. Allgemeines
neue Nummer 5 (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 4) für Gleichstrom-Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 2 des Bundesbedarfsplangesetzes, dem Katalog nachträglich angefügt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass bei Beschluss des Bundesbedarfsplangesetzes 2013 und der damit verbundenen Aufteilung der neuen Vorhaben der zweiten Netzausbauwelle zwischen Bund und Ländern über die Planfeststellungszuweisungsverordnung (PlfZV) mit Nr. 30 BBPlG auch ein HGÜ-Erdkabel-Projekt in Landesverantwortung vorgesehen wurde, ohne dass die Möglichkeit der Planfeststellung dieser HGÜ-Erdkabelleitung im Katalog des § 43 vorgesehen worden war. Insofern bestand zeitweise ein Widerspruch zu Art. 7 Absatz 3 der TEN-E-Verordnung mit der Vorgabe, den national höchstmöglichen Status für Vorhaben von gemeinschaftlichem Interesse vorzusehen, der mit der Ergänzung des Katalogs um eine Nr. 5 (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 4) rechtzeitig behoben wurde.26 Satz 1 Nummer 3 (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 2) erfuhr eine weitere Änderung durch Streichung des 21 Verweises auf die jeweils gültige Fassung mit dem Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus27 (EnLBBestÄndG) vom 21. Dezember 2015 mit Wirkung zum 31.12.2015 und ist mit der erneuten Novellierung durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien28 vom 13. Oktober 2016 mit Wirkung zum 1.01.2017 bedeutungsgleich in § 3 Nummer 49 EEG geändert worden. Für die folgende Nummer 5 (jetzt Abs. 1 S. 1 Nr. 4) erfolgte mit dem EnLBBestÄndG eine Erweiterung auf Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 5 des Bundesbedarfsplangesetzes, so dass nun nicht nur HGÜ-Trassen mit Erdkabelvorrang und Teilfreileitungsmöglichkeit, sondern auch Wechselstromfreileitungen mit Teilverkabelungsmöglichkeit erfasst sind. Für die folgenden Sätze ist die Einfügung eines neuen Satzes 2 (jetzt Abs. 1 S. 2) als Abgrenzung zum NABEG zu nennen aus der sich die Verschiebung der vorherigen S. 2–8 zu S. 3–9 ergab. Im Zuge des EnLBBestÄndG wurde zudem das BBPlG novelliert und der Bedarfskatalog fortgeschrieben. Darüber wurde der Anwendungsbereich um weitere planfeststellungspflichtige Vorhaben sachlich erweitert. 22 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus29 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 grundlegend neu geordnet. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung30 hatte nur parallel zur Schaffung des neuen § 43j eine Ergänzung des in § 43 enthaltenen Katalogs der planfeststellungsfähigen Nebenanlagen um Leerrohre vorgesehen, nicht aber die Neuordnung der Norm. Infolge der Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2019, der eine Ergänzung von § 43 in weiteren Punkten und eine obligatorische Planfeststellung von Leerrohren als Hauptanlage enthielt, und der gegenüber der Ergänzung offenen Gegenäußerung der Bundesregierung vom 20.2.201931 erfolgte nach Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie vom 2.04.2019 eine umfassende Neustrukturierung der Norm in fünf Absätzen.32 Dabei wurde der Katalog aus § 43 S. 1 in Abs. 1 S. 1 überführt und die Stromvorhaben den Gasvorhaben vorangestellt. Neu eingefügt wurde mit Abs. 1 S. 1 Nr. 6 ein Planfeststellungstatbestand für LNG-Anlagen-Anbindungsleitungen. Dies ist auch vor dem Hintergrund handelspolitischer Auseinandersetzungen zwischen den USA und der EU und dem Angebot der EU zu sehen, den eigenen Handelsbilanzüberschuss über die Förderung des Bezugs von Flüssiggas aus den USA über LNG-Terminals zu mindern. Zugleich spielt die geopolitische Diskussion über LNG-Terminals als Alternative zu Gasimporten aus Russland über das politisch umstrittene Fernleitungsprojekt Nord-Stream II eine Rolle. Der bisherige S. 2 wurde in Abs. 1 S. 2 überführt. Die bisherigen Sätze 3, 5 und 7 wurden in den neuen 26 BR-Drucks. 157/14, Artikel 6 Nr. 8; vgl. auch Fest/Operhalsky, NVwZ 2014,1190, 1195. 27 BGBl. I 2015 S. 2490; Zum Referentenentwurf de Witt/Durinke, RdE 2015, 233, zum Gesetz insgesamt Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177; Ruge, RdE 2016, 105; Schirmer, DVBl. 2016, 285. 28 BGBl. I 2016 S. 2258. 29 BGBl. I 2019 S. 706; Leidinger, NVwZ 2020, 1377–1382. 30 BT-Drucks. 19/7375, S. 13 und 59 f. 31 BT-Drucks. 19/7914, S. 3 f und 21. 32 BT-Drucks. 19/8913, S. 22. Fest/Riese
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II. Antrag auf Planfeststellung
EnWG § 43
Abs. 2 überführt, indem nun die fakultativ planfeststellungsfähigen Vorhaben nach dem Muster der obligatorischen Planfeststellung deutlich übersichtlicher geordnet und zugleich ergänzt wurden. Dabei ist der Bundestag hinsichtlich Abs. 2 S. 1 Nr. 1 inhaltlich dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt und hat sowohl die beispielhafte Aufzählung von Nebenanlagen erweitert, als auch die Möglichkeit der nachträglichen Planergänzung klargestellt. Zum in den neuen Abs. 2 S. 1 Nr. 2 überführten S. 5 wurde ein amtlicher Hinweis zur Verfügbarkeit der Seekarten ergänzt. Der bisherige S. 7 wurde in Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 sowie S. 2 überführt. Die in Abs. 2 S. 1 Nr. 5 neu angefügte fakultative Planfeststellungsmöglichkeit von mitgeführten Mittelspannungsleitungen und Bahnstromleitungen ermöglicht weitergehende Vorhabenbündelungen. Gleichzeitig wurde inhaltlich passend zum ursprünglichen Gesetzentwurf mit Abs. 2 S. 1 Nr. 6 die fakultative Planfeststellungsmöglichkeit für mitverlegte Leerrohre neu eingeführt. Schließlich wurden mit den in Abs. 2 S. 1 Nr. 7 und 8 neu eingefügten Planfeststellungstatbeständen für Energiekopplungsanlagen und Energiespeicher zwei weitere Vorschläge des Bundesrats aufgegriffen. Der zweite Beschluss des Bundesrates vom 12. April 2019, in dem die Endfassung des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes zum Anlass genommen wird, eine noch weitergehende Synchronisierung der Netzentwicklungsplanung Strom und Gas sowie der Infrastrukturen selbst zu verfolgen, zeigt auf, dass hierzu noch über § 43 hinausgehende Gesetzgebungstätigkeit zu erwarten ist.33 Das Abwägungsgebot wurde von S. 4 in Abs. 3, der Verweis auf das VwVfG von S. 6 in Abs. 4 und die lex-specialis-Wirkung gegenüber Landesrecht von S. 8 in Abs. 5 überführt. Während das PlanSiG vom 20.5.2020 und das Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer 23 des Planungssicherstellungsgesetzes vom 18.3.2021 verfahrensrechtliche Regelungen ohne unmittelbare Änderung der Norm außerhalb des Gesetzes hinzufügten bzw. verlängerten,34 wurde gleichfalls ohne Änderung der Norm der sachliche Anwendungsbereich durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften (BBPlG) vom 12.2.2021 mit der Erweiterung des gesetzlichen Katalogs energiewirtschaftlich notwendiger und zugleich planfeststellungspflichtiger Vorhaben erweitert.35 Auch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16. Juli 202136 beinhaltet eine separate Beschleunigungsregelung im vorgelagerten Bereich der Vorhabenträgerschaft in § 12c Abs. 8 und erweitert mit Wirkung vom 27.7.2021 den sachlichen Anwendungsbereich auf Wasserstoff und kommt dabei ohne unmittelbare Änderung der Norm aus, da die relevante Erweiterung von Tatbeständen der Norm im Rahmen der gesonderten Vorschrift § 43l erfolgte.
II. Antrag auf Planfeststellung § 43 Abs. 1 enthält für den Regelfall der obligatorischen Planfeststellungsverfahren keinen aus- 24 drücklichen Hinweis auf eine notwendige Antragstellung. § 43 Abs. 2 S. 1 enthält hingegen sowohl das Antragserfordernis für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der fakultativen Planfeststellung als auch in Abs. 2 S. 2 für die Abschnittsbildung. Nichtsdestoweniger ist es unstreitig, dass der Beginn eines obligatorischen Planfeststellungsverfahrens gleichermaßen von einem Antrag des Vorhabenträgers abhängt. Die Regeln für den Antrag ergeben sich aus dem VwVfG. Der Antrag löst verschiedene Rechtsfolgen aus. Dazu gehören u. a.: 25 – Durchführung einer Vollständigkeitsprüfung, sofern vom Vorhabenträger beantragt, – Beginn der Beteiligung Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeitsbeteiligung, – Möglichkeit bestimmter bauvorbereitender Maßnahmen nach § 44, 33 34 35 36 255
BR-Drucks. 150/19, S. 3. BGBl. I 2020 S. 1041; BGBl. I 2021 S. 353; vgl. dazu Rn 12. BR-Drucks. 570/20, BT-Drucks. 19/23491, BT-Drucks. 19/26241, BR-Drucks. 85/21. BGBl. I 2021 S. 3026. Fest/Riese
§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
– –
Veränderungssperre im Sinne des § 44a ab Auslegung der Planunterlagen sowie nach Öffentlichkeitsbeteiligung Möglichkeit der Beantragung eines vorzeitigen Baubeginns nach § 44c. 26 Ein Tätigwerden der Behörde ohne Antrag eines Vorhabenträgers ist nicht zulässig. Anderes gilt selbstverständlich, wenn ein Vorhaben rechtswidrig errichtet oder geändert worden ist oder betrieben wird, vgl. §§ 43i, 49.
III. Erfordernis der Planfeststellung 27 Bei den in § 43 aufgezählten Vorhaben ist zwischen denjenigen zu unterscheiden, für die eine Planfeststellung obligatorisch ist, die also planfeststellungspflichtig sind („bedürfen der Planfeststellung“) und denen, bei denen eine Planfeststellung fakultativ zulässig ist, die also planfeststellungsfähig sind. („Auf Antrag des Trägers des Vorhabens können durch Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde zugelassen werden“). Abs. 1 S. 1 statuiert für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von bestimmten katalogartig aufgeführten Vorhaben einen Planfeststellungsvorbehalt.37 Vorhaben nach Abs. 1 S. 1 stehen unter einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.38 Abs. 2 S. 1 eröffnet dem Vorhabenträger für die darin katalogartig aufgeführten Vorhaben 28 die Möglichkeit alternativ zu anderen Zulassungsverfahren sich für die energierechtliche Planfeststellung mit ihren Durchsetzungsinstrumenten zu entscheiden. In Teilen dient dieser zweite Katalog dazu, ergänzend zu Abs. 1 Nebenanlangen, mitgeführte Leitungen und mitgeführte Leerrohre im Sinne einer umfassenden und vorausschauenden Realisierung von obligatorisch planfeststellungspflichtigen Vorhaben durchsetzen zu können. In Teilen dient er aber auch schlicht anderen Vorhaben teilweise anderer Vorhabenträger dazu, für ihr jeweiliges Vorhaben ein energierechtliches Planfeststellungsverfahren durchführen zu können. Bei Vorhaben, bei denen eine Planfeststellung lediglich fakultativ zulässig ist, besteht das Erfordernis der Planfeststellung nur, wenn eine Planfeststellung vom Vorhabenträger beantragt worden ist. Wenn der Vorhabenträger in diesem fakultativen Bereich keinen Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens stellt, so richtet sich die Genehmigungsfähigkeit nach den ansonsten einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Die jeweils zuständige Behörde ergibt sich aus dem einschlägigen (Landes-) Fachrecht.
1. Planfeststellungspflichtige Vorhaben (Abs. 1) 29 a) Hochspannungsfreileitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bedürfen Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr der Planfeststellung; die Planfeststellung ist für diese Vorhaben obligatorisch. Der Gesetzgeber unterwirft damit alle Freileitungen im Hoch- und Höchstspannungsbereich dem Erfordernis einer Planfeststellung. Die Regelung ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht auf Erdkabel zu übertragen. Erdkabelteilabschnitte von Freileitungen können allerdings mit einer obligatorisch planfeststellungspflichtigen Freileitung im selben Verfahren planfestgestellt werden, soweit dies nach § 2 EnLAG als insoweit speziellerer Regelung ausdrücklich vorgesehen ist. Der Erdkabelteilabschnitt kann allerdings keine 100 % Erdkabelanteil betragen, da dies gegen den Wortlaut von Abs. 1 S. 1 Nr. 1 verstoßen würde. Es muss beim Blick auf das Vorhaben der prägende Charakter eines Freileitungsvorhabens gewahrt bleiben, bei dem nur für einen Bruchteil der Trasse die Erdverkabelungsmöglichkeit zum Tragen kommt. Für diese Lesart spricht sowohl der systematische Vergleich zu Abs. 1 S. 1 Nr. 4, der eine gesonderte Planfeststellungsmöglichkeit für durch37 Zum Begriff der wesentlichen Änderung vgl. Rn 76 ff. 38 Vgl. § 43c Rn 13. Fest/Riese
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1. Planfeststellungspflichtige Vorhaben (Abs. 1)
EnWG § 43
gehende HGÜ-Kabel beinhaltet, als auch die Regelung in § 2 Abs. 2 S. 4 EnLAG, die eine ausnahmsweise längere Erdverkabelung als 10 km nur für einen Pilotvorhabensabschnitt in Niedersachsen vorsieht. Bahnstromfreileitungen sind von der Regelung ausgenommen. Es gelten die eisenbahn- 30 rechtlichen Sonderregeln, die die energiewirtschaftlichen Vorschriften des EnWG über das Planfeststellungsrecht verdrängen. Fernleitungen sind gem. § 2 Abs. 3 AEG Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur. Ihr Bau und ihre Änderungen bedürfen gem. § 18 AEG der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung oder Plangenehmigung. Insofern sind nach § 3a Planfeststellungsverfahren die §§ 43 ff für Bahnstromfernleitungen gesperrt.
b) Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See (Abs. 1 S. 1 Nr. 2). Nach Abs. 1 S. 1 31 Nr. 2 bedürfen Hochspannungsleitungen, die zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See im Sinne des § 3 Nr. 49 EEG im Küstenmeer als Seekabel und landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes verlegt werden, der Planfeststellung. Infolge mehrerer EEG-Novellen hat sich der Begriff von Offshore-Anlagen zu Windenergieanlagen auf See und die Paragraphenbezeichnung geändert, ohne dass dies den Bedeutungsgehalt verändert hat. Die Vorschrift korrespondiert mit der Verpflichtung des jeweiligen ÜNB, in dessen Regelzo- 32 ne die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll (anbindungsverpflichteter Übertragungsnetzbetreiber nach § 17d Absatz 1), solche Anlagen nach Maßgabe des OffshoreNetzentwicklungsplanes bzw. nunmehr Netzentwicklungsplans Strom und Flächenentwicklungsplanes an das Netz anzuschließen. Vorhabenträger sind dabei bislang die TenneT TSO GmbH für den Bereich der Nordsee sowie die 50Hertz Transmission GmbH für den Bereich der Ostsee, deren Regelzonen unmittelbar an das jeweilige Küstenmeer angrenzen. Es ist jedoch zu verzeichnen, dass mit voranschreitendem Ausbau der Windenergie auf See die Zahl küstennaher Umspannwerke, an die noch weitere Erzeugungskapazitäten angeschlossen werden können, weiter zurückgeht und der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt damit noch weiter landeinwärts rückt. Dies hat bereits im Netzentwicklungsplan Strom – zur Bestätigung von zwei Offshore-Netzanbindungen in der Regelzone der Amprion GmbH geführt. Mit dem Netzentwicklungsplan Strom 2019–2030 sind zwei weitere Offshore-Netzanbindungen in der Amprion-Regelzone vorbehaltlich der Bestätigung im Flächenentwicklungsplan von der BNetzA bestätigt worden. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem sachlichen Anwendungsbereich von Abs. 1 S. 1 Nr. 2, da diese Anschlussleitungen auch mit länderübergreifenden HGÜ-Leitungen in Zuständigkeit der BNetzA (Vorhaben A-Nord, BBPlG Nr. 1, und B, BBPlG Nr. 48, 49) zumindest abschnittsweise gebündelt beantragt werden können und dann insoweit den Regelungen des NABEG unterfallen. Zu diesem Bündelungszweck ist mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften 2021 die erstmalige Aufnahme von zwei Offshore-Anbindungsleitungen in den Katalog des Bundesbedarfsplangesetzes (Vorhaben 78 und 79) erfolgt. Die mit der Anbindung von Offshore-Windanlagen verbundenen Schwierigkeiten gerade bei der Durchquerung des Wattenmeers in der Nordsee machen derartige Planungsverfahren zu einer besonderen Herausforderung. Die Verpflichtung zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gilt räumlich nur in- 33 nerhalb des Küstenmeeres. Das Küstenmeer wird regelmäßig beschrieben durch die Zwölf-Seemeilen-Zone, bei deren Verlassen das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland endet.39 Eine Planfeststellung ist jenseits dieses Bereichs auf Grundlage der §§ 43 ff nicht möglich; außer39 Die Zwölf-Seemeilen-Zone berechnet sich nach der Basis-Linie. Die Basis-Linie wird vom jeweiligen Staat festgelegt und definiert die Grenze eines Staates an der Seeseite. Die Basislinie ist die in amtlich anerkannten Seekarten eingetragene Niedrigwasserlinie entlang der Küste; vgl. dazu auch Art. 2 ff Seerechtsabkommen der Vereinten Nationen. 257
Fest/Riese
§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
halb des Küstenmeeres greifen die Regeln der Seeanlagenverordnung, soweit das Gebiet, in dem die Leitung verlegt werden soll, zur AWZ der Bundesrepublik Deutschland gehört.40
c) Grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) 34 aa) Allgemein. Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bedürfen grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen (HGÜ-Leitungen), die nicht unter Nr. 2 fallen und die im Küstenmeer als Seekabel verlegt werden sollen, sowie deren Fortführung landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes der Planfeststellung. Im Gegensatz zu Wechselstrom-Leitungen können HGÜ-Leitungen Strom über sehr lange Distanzen transportieren, ohne dass die Übertragungsverluste zur Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens führen. Die Vorschrift umfasst Seekabel, die nach Seerechtsübereinkommen im offenen Meer, nach der Seeanlagenverordnung in der AWZ der Bundesrepublik Deutschland und im Küstenmeer auf Grundlage dieses § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 verlegt werden. Die Vorschrift schließt damit die Kette der verschiedenen Genehmigungsverfahren bei Errichtung und Betrieb von Seekabeln. Das Planfeststellungserfordernis gilt unabhängig von der Spannungsebene. Allerdings gilt das Erfordernis der Planfeststellung ausschließlich für HGÜ-Leitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr.41
35 bb) Grenzüberschreitung. Die Gleichstrom-Hochspannungsleitung muss grenzüberschreitend sein. Grenzüberschreitend bedeutet nicht die Überschreitung einer Grenze zwischen zwei Ländern, sondern die Überschreitung der Grenze zwischen mehreren Staaten. Im Falle der Bundesrepublik Deutschland kommen nicht nur innereuropäische Grenzen in Betracht, sondern auch solche zu Nicht EU oder EWR-Mitgliedsstaaten. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn ein Seekabel durch ein Gebiet geführt wird, bei dem nicht zwei Staatsgrenzen unmittelbar aufeinanderstoßen. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Seekabel aus dem Hoheitsgebiet eines Staates heraus über die AWZ und/oder durch das offene Meer in den Hoheitsbereich eines anderen Staates geführt wird. Derzeit gibt es mit dem „Baltic Cable“ zwischen Deutschland und Schweden und NordLink zwischen Norwegen und Deutschland bereits zwei solche Interkonnektoren. Mit dem Netzentwicklungsplans 2019–2030 wurden als weitere Vorhaben „Hansa-PowerBridge“ von Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern nach Schweden und Neuconnect von Conneforde in Niedersachsen in das Vereinigte Königreich bestätigt, welche unter Abs. 1 S. 1 Nr. 3 fallen könnten.42
36 cc) Verknüpfungspunkt. Die Planfeststellungspflicht reicht bis zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilnetzes, was die komplexe Frage der Identifikation dieses Verknüpfungspunktes aufwirft und die Handhabbarkeit der Vorschrift anspruchsvoll gestaltet. Für die Beantwortung ist es unerheblich, ob die Fortführung landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel erfolgt. Beide Varianten werden von der Planfeststellung erfasst. Technisch und wirtschaftlich ist der günstigste Verknüpfungspunkt anzusteuern. 37 Technisch günstig bedeutet, dass der Verknüpfungspunkt geeignet ist, die Energie aufzunehmen und zu verteilen. Der Eignung steht nicht entgegen, wenn Umbau- oder Ausbaumaß40 Als AWZ wird nach Art. 55 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und das Gebiet jenseits des Küstenmeeres bis zu einer Erstreckung von 200 Seemeilen ab der Basislinie bezeichnet. In der AWZ darf der jeweils angrenzende Küstenstaat im begrenzten Umfang souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse wahrnehmen. 41 Vgl. Spieler, NVwZ 2012, 1139, 1140. 42 Zur Auslegung des Begriffs „Grenzüberschreitend“ s. Rn 42 f. Fest/Riese
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1. Planfeststellungspflichtige Vorhaben (Abs. 1)
EnWG § 43
nahmen erforderlich werden, um die technischen Voraussetzungen für die Verknüpfung herzustellen. Maßstab für die technische Eignung eines Verknüpfungspunktes ist auch die Gesamteinbindung in das Netz. Insoweit sind die bestehende Netzstruktur und ein etwaiger Ausbau des Netzes mit zu betrachten. Wirtschaftlich günstig bedeutet, dass die mit der Anknüpfung verbundenen Kosten so ge- 38 ring wie möglich sind. Maßgeblich sind sowohl die Kosten für die Anbindungsleitung selbst als auch etwaige Umbau- und Ausbaukosten am Verknüpfungspunkt. Es geht gerade um eine Gesamtkostenabschätzung; dies gilt auch für den Fall, dass verschiedene Verknüpfungspunkte miteinander verglichen werden müssen. Maßgeblich ist ein objektiver Maßstab. D. h., weder das Interesse des Vorhabenträgers allein 39 noch das Interesse des Übertragungs- oder Verteilnetzbetreibers ist maßgeblich für die Bewertung als technisch und wirtschaftlich günstigste Lösung. Vorhabenträger und Betreiber des Verknüpfungspunktes müssen anhand objektiver Maßstäbe den technisch und wirtschaftlich besten Weg herausfinden, bevor sie sich auf diesen bilateral verständigen und ihn in die europäische (TYNDP), deutsche (NEP) und nachbarstaatliche Netzplanung einbringen. Der Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber ist vor Bestätigung in der jeweiligen Netzplanung von den zuständigen nationalen Behörden, in Deutschland von der Bundesnetzagentur, zu überprüfen. Die Entscheidung ist vollständig gerichtlich überprüfbar. Das bedeutet ein Risiko für den 40 Vorhabenträger. Denn mit dem Planfeststellungsbeschluss sind weitgehende Eingriffsbefugnisse, nicht zuletzt Enteignungsmaßnahmen, zulässig. Entscheidet sich der Vorhabenträger für einen objektiv falschen Anknüpfungspunkt, wird das Planfeststellungsverfahren rechtswidrig. Der Vorhabenträger muss gemeinsam mit dem ÜNB entscheiden, welcher tatsächlich der richtige Anknüpfungspunkt ist. Sämtliche bislang durchgeführte Maßnahmen müssten möglicherweise rückgängig gemacht werden; Schäden müssten ausgeglichen werden. Das finanzielle Risiko und der zeitliche Aufwand sind beachtlich.
d) Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes 41 (Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2). Nach dieser Nummer im Katalog (zuvor S. 1 Nr. 5) wurde das Planfeststellungsverfahren für das Projekt ALEGrO (Aachen-Lüttich-Electric-Grid-Overlay) von der Bezirksregierung Köln durchgeführt. Das Hinzutreten weiterer Anwendungsfälle ist absehbar, da die Vorschrift für eine Mehrzahl von Anwendungsfällen formuliert ist. Mit der Novelle des BBPlG 2015 wurden mehrere Vorhaben des Bundesbedarfsplans für die Teilerdverkabelung gekennzeichnet. Im Hinblick auf die erste Variante (§ 2 Absatz 5 BBPlG – Kennzeichnung E – Erdkabelvorrangvorhaben) haben die Übertragungsnetzbetreiber mit dem Netzentwicklungsplan – beispielsweise eine zweite HGÜ-Erdkabelverbindung in derselben Region als P 313 von der BNetzA bestätigt bekommen, welche unter S. 1 Nr. 5 hätte fallen können, wenn sie nicht im Netzentwicklungsplan 2019–2030 durch Nichtbestätigung wieder vorläufig entfallen wäre. Für die zweite Variante (§ 2 Absatz 6 BBPlG – Kennzeichnung F – Freileitungsvorhaben mit Teilverkabelungsmöglichkeit, bislang BBPLG-Vorhaben Nr. 6, 7, 31 und 34) wäre die Ergänzung des Katalogs planfeststellungspflichtiger Vorhaben angesichts von Nr. 1 nicht zwingend gewesen, zumal die Planfeststellung der EnLAG-Freileitungsvorhaben mit Kabelteilabschnitten hier eine hinreichende Grundlage hatte. Die Variante geht allerdings insoweit über den Tatbestand Nr. 1 hinaus, als es nicht mehr des überwiegenden Freileitungscharakters bedarf und ein Erdkabelabschnitt nun auch als solcher selbständig planfestgestellt werden kann. Dies eröffnet die Möglichkeit längerer eigener Erdkabelteilabschnitte und schafft damit eine größere Flexibilität für den Vorhabenträger. Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ist im Zusammenhang mit dem gleichfalls eingefügten Abs. 1 Satz 2 zu se- 42 hen. Dieser schränkt den neu eingefügten Planfeststellungstatbestand maßgeblich ein, indem er Vorhaben nach § 2 Absatz 1 des NABEG und damit die als grenzüberschreitend und länderübergreifend gekennzeichneten Vorhaben für davon unberührt erklärt. Die durch die Kennzeichnung in diese Kategorien fallenden Vorhaben fallen in die Zuständigkeit des Bundes und 259
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§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
werden nach NABEG planfestgestellt. Satz 2 beugt damit einer Zuständigkeitskollision von Bund und Ländern vor. Dabei ist nicht der technische Charakter des Vorhabens maßgeblich, sondern die rechtlich verbindliche Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz. So weist beispielsweise das Vorhaben ALEGrO (BBPlG Nr. 30) zwischen den Netzknoten bei Aachen und bei Lüttich zwar insgesamt einen grenzüberschreitenden Charakter zwischen Deutschland und Belgien auf, der auch zur Einstufung des Vorhabens als „project of common interest“ in der Unionsliste der TEN-E-Verordnung geführt hat, aber keine Kennzeichnung als A2, grenzüberschreitend im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 2 Bundesbedarfsplangesetz. Das Vorhaben ist damit nicht grenzüberschreitend im Sinne des Gesetzes.43 Dies stimmt auch mit dem Planfeststellungsverfahren überein, das nur auf der deutschen Seite von Oberzier bis Aachen-Lichtenbusch innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalens durchgeführt wird. Andere Beispiele für die Relevanz der Kennzeichnung sind die Vorhaben 8, 32, 33 des Bundesbedarfsplangesetzes mit den Verbindungen zur jeweiligen Grenze nach Dänemark (sog. Westküstenleitung), Norwegen (NordLink s. o. unter Rn 35) und Österreich innerhalb Schleswig-Holsteins und Bayerns in Verantwortung der jeweiligen Landesbehörden. Auch die Planfeststellung des Vorhabens 39 von Güstrow in MecklenburgVorpommern über Perleberg in Brandenburg nach Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt wurde ohne Kennzeichnung als A 1 länderübergreifend im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 Bundesbedarfsplangesetz und damit in Zuständigkeit der jeweiligen Landesbehörden belassen. 43 Die Zusammenschau der Regelungen in Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 sowie Satz 2 zeigt zum einen auf, dass die Erweiterung der technischen Möglichkeiten zu einer Erweiterung der rechtlichen Möglichkeiten der Vorhabenträger wie auch Planfeststellungsbehörden der Länder geführt hat und ein größeres Maß an Flexibilität für die Realisierung von Vorhaben geschaffen wurde. Zum anderen zeigt sich, dass Vorhabenträger nicht nur Spielraum in der Identifizierung von Netzknoten als Start- bzw.- Endpunkt einer Leitung und dem Vorantreiben eines Projektes haben, sondern auch der Gesetzgeber bei der Anerkennung des Projektfortschrittes und jeweiligen Gegebenheiten bei der Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz.44 So kann der Gesetzgeber ein bereits weit entwickeltes Projekt, das nach § 43 planfestgestellt werden könnte, schon deshalb in Landeszuständigkeit belassen, um einen Verfahrenswechsel in das NABEG und den Aufwand der Änderung der Unterlagen zu vermeiden, da eine Verzögerung durch Kennzeichnung der Beschleunigungsintention entgegen liefe. An der bisherigen Handhabung zeigt sich, dass sich der Bund schwerpunktmäßig auf die wichtigen großen HGÜ-Nord-Süd-Trassen sowie wenige länderübergreifende und grenzüberschreitende Verbindungen konzentriert.
44 e) Gasversorgungsleitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 5). Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 (zuvor S. 1 Nr. 2) bedürfen Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm der Planfeststellung. Das Planfeststellungsverfahren ist nicht abhängig von einem bestimmten Druck, mit dem das Gas durch die Leitung gepumpt werden soll. Auch spielt die Länge der Leitung für die Pflicht zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens keine Rolle. Das obligatorische Verfahren nur bei Leitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm 45 ist nicht unbedingt von Vorteil für den Vorhabenträger. Der Umstand, dass Gasversorgungsleitungen oftmals über lange Strecken errichtet werden, lässt es wünschenswert erscheinen, auch Leitungen mit kleinerem Durchmesser dem Erfordernis oder zumindest der Möglichkeit eines Planfeststellungsverfahrens zu unterwerfen. Der Gesetzgeber hat diesen Weg allerdings nicht gewählt. Das Erfordernis der Planfeststellung stellt ausschließlich auf den Durchmesser einer Leitung ab. Erfasst sind damit große Erdgaspipelines wie z. B. die Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung (OPAL) oder das Pipelineprojekt Zeelink. Eine Bündelung mehrerer Leitungen ist energiewirtschaftlich ebenso wenig geregelt wie eine Leitung mit geringem Querschnitt. Zwei oder mehr Leitungen mit einem Durchmesser von jeweils 300 mm oder weniger führen daher nicht zu einer Planfeststel43 Fest/Operhalsky, NVwZ 2014,1190, 1195; Weisensee, EnWZ 2014, 213; Kistner, ZUR 2015, 459. 44 BT-Drucks. 17/13258, S. 18. Fest/Riese
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1. Planfeststellungspflichtige Vorhaben (Abs. 1)
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lungspflichtigkeit. Selbst dann nicht, wenn in dem Leitungsbündel insgesamt mehr Gas transportiert werden kann als in einer Leitung mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm. Auch hier ist es wünschenswert, die Bündelung mehrerer Leitungen oder auch einzelne Gasfernleitungen mit geringem Durchmesser einer Planfeststellung zumindest fakultativ zu unterwerfen. Der Wortlaut des Gesetzes gibt indes keinen Auslegungsspielraum; er müsste entsprechend geändert werden. Diesen Weg hat der Gesetzgeber letztlich für die Implementierung der Wasserstoffinfra- 46 struktur mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht eingeschlagen.45 Hier ist eine relevante Erweiterung des obligatorischen Planfeststellungstatbestands zunächst durch die Vorgabe in § 43l Abs. 2 vorgesehen, wonach die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Wasserstoffleitungen einschließlich der Anbindungsleitungen von Anlandungsterminals für Wasserstoff mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern der Planfeststellung durch die nach Landesrecht für Verfahren nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 zuständige Behörde bedürfen. Unterdessen stellt Abs. 4 klar, dass die bloße Umstellung einer Gasleitung zu einer Wasserstoffleitung wegen der Fortgeltung der behördlichen Zulassung keiner erneuten Planfeststellung bedarf. Aus dem in § 43l Abs. 4 S. 4 und 5 enthaltenen Verweis auf das Anzeigeverfahren nach § 43f für Anpassungsmaßnahmen ergibt sich weitergehend, dass eventuell erforderliche Anpassungsmaßnahmen an älteren Gasleitungen durch ein sog. Coating (Innenrohrummantelung zwecks Abdichtung) regelmäßig als nur anzeigepflichtige unwesentliche Änderung betrachtet und nicht der Planfeststellungspflicht zugeordnet werden sollen. Durch die Vorgabe in § 43l Abs. 1, dass Begriff der Gasversorgungsleitung auch Wasserstoff umfasst, werden neue reine Wasserstoffleitungen ab einem Durchmesser von 300mm nunmehr der energierechtlichen Planfeststellungspflicht unterworfen. Zugleich ist in § 43l Abs. 3 S. 1 eine Erweiterung der fakultativen Planfeststellung dahingehend vorgesehen, dass der Planfeststellungstatbestand auf Antrag auch für Wasserstoffleitungen eines geringeren Durchmessers genutzt werden kann. Die Klarstellung, in § 43 Abs. 3 S. 2, dass § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 unberührt bleibt, bewirkt eine gleichermaßen fakultative Planfeststellungsfähigkeit von Nebenanlagen. In der Folge greift für neue Wasserstoffleitungen nicht mehr das Rohrfernleitungsrecht. Damit geht auch eine Zuständigkeitsverlagerung von den Wasserbehörden zu den Energiebehörden der Länder einher. Dies entspricht der neuen Wertung von Wasserstoff nicht mehr als bloßes Industriegas, sondern als Energieträger im Sinne des Gesetzes. In der Folge ist die Anwendung der vielfältigen Beschleunigungs- und Durchsetzungsinstrumente des 5. Teils auf den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur nur konsequent. Zugleich bedeuten die neuen Regelungen für den Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen auch, dass eine nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 planfestzustellende Gasversorgungsleitung nach § 43l Abs. 8 gleich für einen späteren Wasserstofftransport ausgelegt werden kann. Denn danach sind die zuvor getroffenen Regelungen der Absätze 1 bis 7 entsprechend anzuwenden für Maßnahmen bei Errichtung und Betrieb sowie bei Änderungen und Erweiterungen von Gasversorgungsleitungen einschließlich der Anbindungsleitungen von LNG-Terminals sowie Nebenanlagen, die der Vorbereitung auf einen Transport von Wasserstoff dienen. Damit antizipiert der Gesetzgeber eine spätere Umstellung der Gasinfrastruktur zu einer Wasserstoffinfrastruktur und ermöglicht den Vorhabenträgern sich dafür erneute bauliche Änderungen wie Zulassungsverfahren zu ersparen.
f) LNG-Anlagen-Anbindungsleitungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 6). Abs. 1 S. 1 Nr. 6 stellt die jüngste 47 Ergänzung des Katalogs planfeststellungspflichtiger Energieleitungsvorhaben dar. Danach bedürfen Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen an das Fernleitungsnetz mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern der Planfeststellung. Die Frage hatte sich mangels LNG-Terminal in Deutschland und mangels wirtschaftlicher Perspektive für selbige zuvor nicht gestellt. Nachdem vor dem Hintergrund absehbar endender niederländischer Gaslieferungen, Bedarfswachs45 BGBl. I 2021 S. 3026. 261
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§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
tum bei deutschem Kohleausstieg, dem Verfall der Gaspreise aufgrund amerikanischen Frackings und nicht zuletzt einem klar bezeugten politischen Willen von EU und Bundesregierung angesichts handels- und geopolitischer Diskussionen mit den USA entsprechende LNG-Vorhaben zu fördern mehrere Vorhabenträger Pläne für LNG-Terminals öffentlich gemacht haben, stellte sich auch die Frage des Genehmigungsrechts. Sie kann mit Abs. 1 S. 1 Nr. 6 als beantwortet gelten. Auch die systematische Verortung im Katalog nach den Gasversorgungsleitungen analog zu den zuvor aufgeführten Stromleitungen und Anbindungsleitungen überzeugt. 48 Für die Planfeststellung von Anbindungsleitungen gilt im Wesentlichen dasselbe wie für Gasversorgungsleitungen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5. Auch hier ist das Planfeststellungsverfahren nicht abhängig von einem bestimmten Druck, mit dem das Gas durch die Leitung gepumpt werden soll. Auch spielt die Länge der Leitung für die Pflicht zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens keine Rolle. Das obligatorische Verfahren nur bei Leitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm ist nicht unbedingt von Vorteil für den Vorhabenträger. Der anschlussverpflichtete Fernleitungsnetzbetreiber kann dadurch in die Situation kommen, überdimensionierte Anschlussleitungen für überschaubar ausgelastete LNG-Anlagen verlegen zu müssen. Der Gesetzgeber hat jedoch so entschieden. Das Erfordernis der Planfeststellung stellt ausschließlich auf den Durchmesser einer Leitung ab. Eine Bündelung mehrerer Leitungen ist energiewirtschaftlich ebenso wenig geregelt wie eine Leitung mit geringem Querschnitt. Als erste Anwendungsfälle kommen die Anbindungen der öffentlich diskutierten neuen LNG-Anlagen für Brunsbüttel und Stade in Betracht. 49 Eine Übertragung des Planfeststellungstatbestands auf Wasserstoffleitungen wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht in § 43l Abs. 2 S. 1 vorgesehen (…Anbindungsleitungen von Anlandungsterminals für Wasserstoff mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern bedürfen der Planfeststellung…).46 Die Ermöglichung einer Importinfrastruktur für Wasserstoffanlandung und Netzanschluss entspricht der generellen Anwendbarkeit des 5. Teils nach § 28j Abs. 1 und § 43l Abs. 1 sowie der importorientierten Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Angesichts dessen, dass das ursprünglich für Wilhelmshaven geplante LNG-Terminal nach schwacher Resonanz in einer Marktabfrage nun von der Vorhabenträgerin als Wasserstoffterminal geplant wird, besteht damit auch für derartige Projekte ein entsprechender Genehmigungstatbestand. Zugleich bedeuten die neuen Regelungen für den Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen auch, dass eine nach Abs. 1 S. 1 Nr. 6 planfestzustellende LNG-Anbindungsleitung nach § 43l Abs. 8 gleich für einen späteren Wasserstofftransport ausgelegt werden kann, wie bei Gasversorgungsleitungen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5, vgl. Rn 46. Damit antizipiert der Gesetzgeber auch eine spätere Umstellung der LNG-Importstruktur zu einer Wasserstoffimportstruktur und ermöglicht den Vorhabenträgern sich dafür erneute bauliche Änderungen wie Zulassungsverfahren zu ersparen.
2. Planfeststellungsfähige Vorhaben (Abs. 2) 50 § 43 enthält über die obligatorischen Planfeststellungsverfahren hinaus die Möglichkeit, fakultativ ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Erfasst werden insbesondere Nebenanlagen, bestimmte Erdkabel, Leerrohre sowie bestimmte Energieanlagen. Alle Planfeststellungsverfahren nach Abs. 2 S. 1 sind Antragsverfahren. Die Wortwahl „können durch Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde zugelassen werden“ macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens in das Ermessen des Vorhabenträgers gestellt hat. Ein Verfahren von Amts wegen – ohne Antrag des Vorhabenträgers – ist nicht zulässig.
46 BGBl. I 2021 S. 3026. Fest/Riese
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2. Planfeststellungsfähige Vorhaben (Abs. 2)
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a) Nebenanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 1). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 1 können auf Antrag des Vorhabenträ- 51 gers die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen, insbesondere die Konverterstationen, Phasenschieber, Verdichterstationen, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, in das Planfeststellungsverfahren integriert und durch Planfeststellung zugelassen werden. Dabei ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt. Die Regelung findet ihr Pendant im wortgleichen § 18 Abs. 2 NABEG und ist wie dieser durch 52 das Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze in das EnWG 2011 aufgenommen und 2019 mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus näher ausgeformt worden. Zuvor mussten die notwendigen Nebenanlagen zumeist nach dem BImSchG gesondert zugelassen werden, soweit sie nicht bereits als Folgemaßnahmen in das Planfeststellungsverfahren integriert werden konnten. Die Regelung dient der Beschleunigung des Verfahrens.47 Aus dem Wortlaut („insbesondere“) und der Intention des Gesetzgebers folgt, dass die Aufzählung nicht abschließend ist; neben den benannten Konverterstationen, Phasenschiebern, Verdichterstationen, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkten ist die Vorschrift einschlägig bei Schaltanlagen, Muffenbauwerken, Betriebsgebäuden, Zufahrten sowie sonstigen Anlagen und Nebeneinrichtungen. Erfasst sind damit auch die Konverterstationen für HGÜ-Leitungen.48 Mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht49 ist eine indirekte Erweiterung des Nebenanlagentatbestands um Nebenanlagen von Wasserstoffleitungen erfolgt. Dies ergibt sich zum einen aus der pauschalen Anwendbarkeit des 5. Teils auf Wasserstoffinfrastruktur nach § 28j und § 43l Abs. 1, aber auch aus der Klarstellung von § 43l Abs. 3 S. 2, dass § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 unberührt bleibt. Denn die Übertragung der Begriffe der Gasversorgungsleitung und der Anbindungsleitungen nach § 43l Abs. 2 S. 1 setzt auch die der Nebenanlagen dazu mit voraus. Auch zeigt der Umstellungstatbestand mit der ausdrücklichen Nennung der für den Betrieb notwendigen Anlagen, soweit sie in ein Planfeststellungsverfahren integriert wurden und keine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen sind, in § 43l Abs. 4 auf, dass die Notwendigkeit derselben für Wasserstoffleitungen gesehen wurde. Die Möglichkeit der Umstellung von Gasverdichterstationen zu Wasserstoffverdichterstationen steht der direkten Planfeststellungsfähigkeit neuer Wasserstoffverdichterstationen als Nebenanlagen nicht entgegen. Die Integration von Nebenanlagen in das Planfeststellungsverfahren erfolgt auf Antrag des 53 Vorhabenträgers. Es steht ihm frei, einen solchen Antrag zu stellen und damit die Beschleunigungswirkung herbeizuführen oder die Nebenanlage in einem eigenen Verfahren zu beantragen und genehmigen zu lassen. Für die Einzelmaßnahme ist das dann geltende Fachrecht einschlägig. Bisweilen kann eine Baugenehmigung nach der einschlägigen Landesbauordnung zulässig sein; oder ein immissionsschutzrechtliches Verfahren ist durchzuführen oder die Maßnahme ist möglicherweise genehmigungsfrei. Aus dem abweichenden Verfahren wird in der Regel eine andere Zuständigkeit resultieren. Zugleich resultiert aus dem separaten Verfahren regelmäßig ein anderes Durchsetzungsinstrumentarium und ein anderer Rechtsweg, da baurechtliche und immissionsschutzrechtliche Genehmigung keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zeitigen und die Rechtswegkonzentration zum Bundesverwaltungsgericht nicht bewirken. Insofern muss der Vorhabenträger zwischen einem ggf. schlankeren separaten Zulassungsverfahren mit schwächerem Durchsetzungsinstrumenten und längerem Rechtsweg und umgekehrt einem umfangreicheren Planfeststellungsverfahren, aber umfassenden Durchsetzungsinstrumenten und Rechtswegverkürzung wählen. Für diese Entscheidung sind regelmäßig verschiedene Gesichtspunkte des Einzelfalles wie Grundstücksverfügbarkeit und Umstrittenheit des Vorhabens maßgeblich. 47 BT-Drucks. 17/6073, S. 43. 48 so schon zuvor Spieler, NVwZ 2012, 1139, 1141 f. 49 BGBl. I 2021 S. 3026. 263
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III. Erfordernis der Planfeststellung
Der Gesetzgeber hat auf Vorschlag des Bundesrats klargestellt, dass auch eine nachträgliche Integration in einen Planfeststellungsbeschluss über Planergänzungsverfahren möglich ist, solange dieser gilt. Dies trägt dem Zyklus der Netzentwicklungsplanungen und dem unterschiedlichen Charakter verschiedener Nebenanlagen Rechnung. So mag zum einen der Bedarf einer HGÜ-Leitung mit Konverter ermittelt werden, zum anderen aber in einem Netzentwicklungsplan erst der Bedarf einer Leitung und im folgenden NEP der Bedarf an einer netzoptimierenden sog. Punktmaßnahme, wie z. B. einem Phasenschieber oder Verdichter, nachträglich entstehen. Würde dann ein bereits laufendes Planfeststellungsverfahren von den Antragsunterlagen umgestellt und neu gestartet, würde viel von der ursprünglichen Beschleunigungsintention verloren gehen. Die gesetzliche Klarstellung ermöglicht hier eine sukzessive Zulassung und wahrt damit den Beschleunigungscharakter. Eine Integration in ein Planfeststellungsverfahren ist allerdings nicht möglich, wenn der Vorhabenträger der Nebenanlage nicht identisch ist mit dem Vorhabenträger des Leitungsbauvorhabens, etwa, wenn eine Umspannanlage von einem anderen Unternehmen betrieben wird als die Leitung, die an diese Anlage angeschlossen werden soll. In derartigen Konstellationen ist zu überlegen, ob über eine vertragliche Vereinbarung die Eigenschaft als Vorhabenträger in einer Person benötigt wird und nach Erteilung des entsprechenden Planfeststellungsbeschlusses eine vertragliche Regelung (Konsortialvertrag) über den Betrieb, die Betreiberstellung oder die Inhaberschaftsgenehmigung getroffen wird.
55 b) Erdkabel (Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4). Für verschiedene Erdkabel ist die Planfeststellung fakultativ. Sie erfolgt auf Antrag des Vorhabenträgers.
56 aa) Erdkabel im Küstenbereich (Abs. 2 S. 1 Nr. 2). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 2 kann für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die in einem 20 km breiten Korridor, der längs der Küstenlinie landeinwärts verläuft, verlegt werden sollen, ergänzend zu Abs. 1 S. 1 Nr. 2 auch für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Küstenlinie ist nach Abs. 2 S. 1 Nr. 2 die in der Seegrenzkarte Nr. 2920 „Deutsche Nordseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., und in der Seegrenzkarte Nr. 2921 „Deutsche Ostseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie jeweils im Maßstab 1:375.000 dargestellte Küstenlinie. Sie sind entsprechend des amtlichen Hinweises einsehbar. 57 Die Vorschrift von Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ermöglicht auch jenseits der Anbindung von OffshoreAnlagen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 die Erdkabelverlegung im Küstenmeer. Der praktische Bedarf dafür ist derzeit nicht ersichtlich.
58 bb) Erdkabel zur Anbindung von Kraftwerken und Pumpspeicherkraftwerken (Abs. 2 S. 1 Nr. 3). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 3 können auf Antrag des Vorhabenträgers auch die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr planfestgestellt werden; dies gilt nach S. 2 auch bei Abschnittsbildung, wenn die Erdverkabelung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem beantragten Abschnitt einer Freileitung steht. Der Hinweis auf die Abschnittsbildung stellt klar, dass bei einer Leitung, die wechselweise als Freileitung und als Erdkabel errichtet wird, auch der jeweilige Erdkabelabschnitt planfestgestellt werden kann. Die Möglichkeit zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens ist auf ein 110 kV-Erdkabel oder mehr beschränkt. Kabel mit einer niedrigeren Nennspannung sind von dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. 59 Für den Bereich der Kraftwerks- und Pumpspeicheranbindungsleitungen bedeutet die Ende 2015 erfolgte Aufnahme in den damaligen S. 8 eine erhebliche Erleichterung durch die Eröffnung der Erdverkabelung als Ausführungsalternative. Auch wenn die Zahl der Kraftwerks- und Fest/Riese
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2. Planfeststellungsfähige Vorhaben (Abs. 2)
EnWG § 43
Pumpspeicherneubauten aufgrund der Marktlage überschaubar ist, fehlt es angesichts der bisherigen Auseinandersetzungen über Anbindungsleitungen50 nicht an Praxisrelevanz sowie zukünftigem Potenzial für eine Anwendung. Auch unterhalb der 110 kV-Spannungsebene wären Planfeststellungsverfahren bisweilen 60 sachgerecht. Für den Bereich der Mittelspannung und dabei insbesondere Anbindungsleitungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die im ländlichen Raum öfters verschiedene Grundstücke und Eigentumsverhältnisse auf dem Weg zum Umspannwerk berühren besteht das Defizit fort. Das Gesetz enthält indes diesbezüglich keine Regelungen. Allein die Möglichkeit, ein Erdkabel zu verlegen, bedeutet nicht die Verpflichtung, dieses Verfahren zu wählen. Auch muss damit nicht eine Vermutung zugunsten des Erdkabels vorliegen. Angesichts des Vorrückens des Ausbaus der Erneuerbaren Energien an anspruchsvollere Standorte und zunehmender Erfahrungen mit der Erdverkabelung im Wechselstrombereich bei Pilotprojekten wird die Vorschrift absehbar zu überprüfen sein.
cc) Sonstige Erdkabel (Abs. 2 S. 1 Nr. 4). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ist die Errichtung und der 61 Betrieb sowie die Änderung eines sonstigen Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, planfeststellungsfähig. Die Norm korreliert als Planfeststellungstatbestand mit der Konkretisierung weiterer Voraussetzungen in § 43h, der unter bestimmten Bedingungen einen Erdkabelvorrang auf 110kV-Ebene normiert. Liegen die Voraussetzungen des § 43h vor, so bedarf der Vorhabenträger eines Planfeststellungstatbestandes für die Umsetzung des Erdkabelvorrangs. Die Norm ist zwar im Vergleich zu den vorangehenden Nummern 2 und 3 wie ein Auffang- 62 tatbestand „sonstige“ konstruiert. Die Planfeststellungsfähigkeit ist jedoch anders als bei den vorangehenden Kraftwerksanbindungen klar auf Leitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt begrenzt. Eine Übertragbarkeit auf höhere Spannungsebenen besteht damit nicht. c) Mitgeführte Leitungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 5). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 5 kann die Errichtung und 63 der Betrieb sowie die Änderung einer Freileitung mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt oder einer Bahnstromfernleitung planfestgestellt werden, sofern diese Leitungen mit einer Leitung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden und in das Planfeststellungsverfahren für diese Leitung integriert werden; Gleiches gilt für Erdkabel mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt, sofern diese im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach den Nummern 2 bis 4 mit verlegt werden. Damit trägt der Gesetzgeber zum einen der realen Herausforderung Rechnung, dass im historisch gewachsenen Energieinfrastrukturbereich zum Teil Leitungen auf Mehrfachgestängen geführt wurden, als Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber noch zum selben Unternehmen gehörten oder sich historisch Bündelungsmöglichkeiten anboten, die nun nicht infolge von Zulassungstatbeständen aufgelöst werden sollen. Wo historisch bedingt mehrere Leitungssysteme verschiedener Betreiber meist sukzessive nebeneinandergesetzt wurden, wird damit angereizt, dass diese im Rahmen des Netzausbaus auf Mehrfachgestängen und damit landschaftsentlastend und in insgesamt schmalerer Trasse gebündelt werden. Zum anderen eröffnet der Gesetzgeber neue Bündelungsmöglichkeiten auch im Erdkabelbereich und trägt damit insbesondere Bündelungsinteressen städtischer Verteilnetzbetreiber Rechnung.
50 Vgl. noch zur alten Rechtslage BayVGH, Urt. v. 11.5.2016 – 22 A 15.40004 – Anbindung Gas-Kombinationskraftwerk Haiming; OVG Münster, Urt. v. 24.8.2016 – 11 D 2/14.AK – Anbindung GuD Köln-Niel. 265
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§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
64 d) Leerrohre (Abs. 2 S. 1 Nr. 6). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 6 sind Leerrohre planfeststellungsfähig, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach den Nummern 2 bis 4 mit verlegt werden. Der Gesetzgeber hat damit im Rahmen des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus 2019 dem Erfordernis einer zunehmend vorausschauenden Planung Rechnung getragen, die denselben Planungsraum nicht angesichts aller zwei Jahre neu erfolgender Bedarfsermittlung entsprechend fortlaufend neu aufgräbt.51 Die Norm wird durch die weiteren Voraussetzungen des parallel eingeführten § 43j konkretisiert. Eine Parallelregelung für die länderübergreifenden Leitungen besteht in § 18 Abs. 3 NABEG. 65 Eine Regelung für vorausschauende Planfeststellung weiterer Bedarfe existiert damit nur für den Bereich der Erdkabel, nicht jedoch für den Bereich der Freileitungen. Es gibt sozusagen keine „Leertraversen“ an Freileitungsmasten für einen vorausschauenden Freileitungsbau. Es erscheint angesichts der Vielfalt von Diskussionen über die Umweltwirkungen nicht nur bei Erdkabeln, sondern auch Freileitungen sinnvoll, diese Differenzierung zu überdenken Dies gilt umso mehr, als ein Großteil des Netzausbaus im Übertragungsnetz aus der Verstärkung bereits bestehender Freileitungen und aus Lückenschlüssen im vorhandenen Freileitungsnetz besteht. Gleichwohl hat der Gesetzgeber eine klare Regelung getroffen. Der Tatbestand ist klar auf den Bereich der Stromleitungen ausgelegt und findet keine Anwendung im Bereich der Gasversorgungsleitungen und Wasserstoffleitungen.
66 e) Energiekopplungsanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 7). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ist die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Energiekopplungsanlagen planfeststellungsfähig. Damit hat der Gesetzgeber eine Empfehlung des Bundesrats im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Beschleunigung des Rechts des Energieleitungsausbaus 2019 aufgegriffen. Dabei hat der Gesetzgeber keine Begriffsbestimmung vorgenommen, was eine Energiekopplungsanlage ist. Aufschluss bietet allerdings der Wortlaut, der an den bestimmten Begriff der Energieanlage aus § 3 Nr. 15 anknüpft und diesen nur um den Begriff der Kopplung ergänzt. Wesentliches Merkmal der Energieanlage muss demnach sein, dass Energieerzeugung und/oder Fortleitung gekoppelt sein müssen und dass es sich zumindest auf einer Seite des Kopplungsprozesses um Energie im Sinne des EnWG, also Strom oder Gas handeln muss. 67 Vor dem Hintergrund, dass sowohl mehrere Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber gemeinsam als auch weitere Konsortien von Energieversorgungsunternehmen und energieintensiver Industrie sog. Power-To-Gas-Anlagen projektieren und zum Teil für erste Umsetzungsschritte bereits durch die Bundesregierung über sog. Reallabore gefördert werden, hat der Gesetzgeber hier rechtzeitig eine Rechtsgrundlage für eine energierechtliche Zulassung geschaffen. Dies wirkt frühzeitig verschiedenen Rechtsfragen entgegen, die sich sonst unweigerlich gestellt hätten, z. B. ob eine PtG-Anlage nun Nebenanlage des Stromnetzes oder des Gasnetzes ist und ob ein gemeinsames Konsortium beider Infrastrukturbetreiber einen Nebenanlagenstatus bei fehlender Betreiberidentität zur Hauptanlage beanspruchen könnte.52 Gleichermaßen wird eine Ungleichbehandlung der Konsortien aus Energieversorgungsunternehmen und energieintensiver Industrie gegenüber den Infrastrukturbetreibern vermieden, da nun beide ihre Anlage als Hauptanlage beantragen und die Vorzüge der energierechtlichen Planfeststellung nutzen können. Die vieldiskutierte Frage, inwieweit Infrastrukturbetreiber angesichts des Unbundlings solche Anlagen überhaupt betreiben dürfen,53 ist keine Frage des Genehmigungsrechts.
51 Vgl. dazu § 43j Rn 3 ff. 52 Vgl. dazu Rn 54. 53 Vgl. Ruge, ER 2019, 135, 140. Fest/Riese
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3. Errichtung von Leitungen
EnWG § 43
f) Energiespeicher (Abs. 2 S. 1 Nr. 8). Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 8 ist die Errichtung und der Be- 68 trieb sowie die Änderung von Großspeicheranlagen mit einer Nennleistung ab 50 Megawatt planfeststellungsfähig, soweit sie nicht § 126 des Bundesberggesetzes unterfallen. Auch hiermit hat der Gesetzgeber eine Empfehlung des Bundesrats im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Beschleunigung des Rechts des Energieleitungsausbaus 2019 aufgegriffen. Die Leistungsgröße knüpft an die Grenze der potenziellen Systemrelevanz nach § 13b Abs. 5 an, ab der eine endgültige Stilllegung wegen von Übertragungsnetzbetreibern und BNetzA festgestellter Systemrelevanz verboten sein kann. Das Instrumentarium der energierechtlichen Planfeststellung auf Energiespeicheranlagen zu beschränken, die für das System relevant sein können, erscheint überzeugend und angemessen. Die in Hs. 2 vorgenommene Einschränkung des Tatbestands in Abgrenzung zur bergrechtlichen Planfeststellung von Kavernenspeichern trägt der größeren Sachkompetenz der Bergbehörden für Untergrundspeicher Rechnung. Vor dem Hintergrund, dass die meisten Gasspeicher zugleich Untergrundspeicher sind, bewirkt die Einschränkung eine faktische Fokussierung des Anwendungsbereichs des technologieneutral formulierten Planfeststellungstatbestands auf Stromspeicher. Als Hauptanwendungsfälle kommen sowohl große Batteriespeicher, z. B. für die Erbringung 69 von Systemdienstleistungen wie Regelleistung, als auch Pumpspeicher in Betracht. Dem steht nicht entgegen, dass an anderer Stelle der Norm (beim Netzanschluss) Pumpspeicher ausdrücklich benannt werden, da es fachlich unstreitig ist, dass Pumpspeicher auch Energiespeicher darstellen und vom Wortlaut des Begriffs umfasst sind. Damit beinhaltet der Tatbestand auch eine von Seiten der Pumpspeicher-Projektierer lang ersehnte Weiterentwicklung des Zulassungsrechts weg von einzelnen wasserrechtlichen Planfeststellungen für Ober- und Unterbecken sowie des Kraftwerks als vermeintliche Nebenanlage nach § 68 WHG, hin zur Planfeststellungsfähigkeit der gesamten Energieanlage, die schwerpunktmäßig schließlich nicht dem Wasserbau, sondern der Energiespeicherung dient. Damit geht auch ein Wechsel der verfahrensführenden Behörde von der Wasserbehörde zur Energieplanfeststellungsbehörde einher. Gleichwohl bleibt auch in diesen Fällen die Nutzung der Fachkompetenz der im Verfahren zu beteiligenden Wasserbehörden unabdingbar. Welche Praxisrelevanz diese Vereinfachung entfaltet, bleibt angesichts der bislang bescheidenen Marktperspektiven für neue Pumpspeicher gleichwohl abzuwarten.
3. Errichtung von Leitungen Der Planfeststellungsvorbehalt nach Abs. 1 S. 1 sowie die Planfeststellungsfähigkeit nach Abs. 2 70 S. 1 umfassen den Errichtungsvorgang der Vorhaben. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Errichtung weder im EnWG, im NABEG noch in sonstigen Regelungen des Planungs- und Umweltrechts definiert; auch die Gesetzesbegründungen des EnWG und des NABEG enthalten keine Hinweise.54 Für Beginn und Abschluss der Errichtung von Energieleitungsvorhaben kann auf die auskonturierte Begrifflichkeit der Errichtung nach § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG zurückgegriffen werden.55 Grundsätzlich umfasst der Begriff der Errichtung den gesamten Vorgang des Aufbaus und der Einrichtung der Anlage.56 Errichter ist dabei, wer die Errichtung der Anlage in eigener wirtschaftlicher Verantwortung veranlasst.57 Das ist nicht das Leitungsbauunternehmen, sondern der Netzbetreiber. Abzugrenzen ist die Errichtungsphase von den in § 44 geregelten Vorarbeiten. Vermessun- 71 gen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung 54 Anders jedoch das BImSchG, vgl. Landmann/Rohmer/Dietlein, BImSchG, § 4 Rn 69. 55 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 18. 56 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19; BayObLG, Beschl. v. 30.12.1985 – 3 Ob OWi 150/85 –; Jarass, § 4 Rn 54. 57 OVG Koblenz, Urt. v. 20.7.1987 – 7 A II 3/82. 267
Fest/Riese
§ 43 EnWG
III. Erfordernis der Planfeststellung
von Markierungszeichen, bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen sowie sonstige Vorarbeiten bedürfen nicht der Zulassung durch die Planfeststellung, sondern sind unter den Voraussetzungen des § 44 zulässig. 72 Die Errichtungsphase beginnt mit dem Aufstellen und Errichten von Geräten zur Durchführung der erforderlichen Baumaßnahmen, spätestens mit dem Beginn der Baumaßnahmen an diesem Ort, etwa mit der Aufbereitung des Grundstücks.58 Zu ihr gehört auch die Überprüfung der Funktionsfähigkeit. Diese erfasst alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die grds. ordnungsgemäße Herstellung zu überprüfen und den Probebetrieb vorzubereiten, auch die zeitweise Durchleitung von Strom. Der Probebetrieb eines Energieleitungsvorhabens selbst fällt nicht unter die Errichtungsphase.59 Dieser dient der Prüfung der dauerhaften Systemsicherheit und Funktionsfähigkeit des Energieleitungsvorhabens und beginnt nach Abschluss der Errichtungsphase.
4. Betrieb von Leitungen 73 Der Betrieb einer Anlage beginnt spätestens mit der Verwendung der Energieleitung zur Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, erfasst auch die Wartung sowie Unterhaltung und endet mit der endgültigen Stilllegung.60 Sie umfasst auch den Probebetrieb, der nach der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit aufgenommen wird. 74 Der Beginn des Betriebs ist vor allem von Bedeutung, wenn existierende Anlagen nach einer bestimmten Zeit der Nichtnutzung wieder in Betrieb genommen werden sollen („Wiederertüchtigung“). Solche Wiederaufnahmen eines unterbrochenen Betriebes stellen keine erneute Inbetriebnahme im Rechtssinne dar. Eine erneute Inbetriebnahme oder Aufnahme des Betriebes im Rechtssinne ist nur dann anzunehmen, wenn es zuvor keinen Betrieb gab, und zwar entweder, weil die Leitung nicht existierte oder weil der Betrieb der ursprünglichen Leitung aufgegeben worden war. Der Probebetrieb dient der Prüfung der dauerhaften Funktionsfähigkeit des Energieleitungsvorhabens, nicht aber dem regulären Betrieb. Der Probebetrieb von wiederertüchtigten Anlagen bedarf daher nicht der Zulassung durch Planfeststellungsbeschluss. 75 Der Abbruch der Anlage gehört nicht zum Betrieb der Anlage.61 Er ist daher selbst nicht planfeststellungs- oder plangenehmigungspflichtig. Ggf. können landesrechtliche Vorschriften eine Genehmigung erforderlich machen; auch kann ein Abbruch einen naturschutzrechtlich relevanten Eingriff darstellen, der ggf. genehmigt werden muss. Der Abbruch einer Anlage, der unmittelbar verknüpft ist mit der Errichtung einer neuen Anlage, kann Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens für die Neuerrichtung sein, wenn es sich um das gleiche Vorhaben handelt.
5. Änderung von Leitungen 76 Nur die wesentliche Änderung von Energieleitungsvorhaben unterfällt der Planfeststellung. Unwesentliche Änderungen von Energieleitungsvorhaben können im Anzeigeverfahren nach § 43f zugelassen werden. 77 Zunächst ist durch Auslegung des der Energieleitung zu Grunde liegenden Planfeststellungsbeschlusses unter Berücksichtigung aller Nebenbestimmungen, der Antragsunterlagen und des Verfahrens zu ermitteln, ob die Änderung von dem erteilten Planfeststellungsbeschluss 58 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19. 59 Strittig, vgl. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43 Rn 20; Jarass, § 4 Rn 5; differenziert Landmann/Rohmer/ Dietlein, BImSchG, § 4 Rn 77. 60 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19. 61 Jarass, § 4 Rn 57. Fest/Riese
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1. Planrechtfertigung
EnWG § 43
gedeckt ist.62 Ist das nicht der Fall, ist zu entscheiden, ob die vorzunehmenden Änderungen als unwesentlich einzustufen sind. Änderungen sind unwesentlich, wenn die Änderung eine UVP nicht erforderlich macht, öffentliche Belange nicht berührt werden und Rechte anderer nicht beeinträchtigt oder vertraglich geregelt sind.63 So ist eine Änderung nicht unwesentlich, wenn sie dazu führt, dass ein Strommast nicht den bauordnungsrechtlichen Abstand einhält.64 Für die Änderung des transportierten Gases von Erdgas zu Wasserstoff in einer bestehenden Gasleitung ist nach § 43l Abs. 4 S. 1 nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nötig, da die vorherigen Zulassungen fortgelten. Der Referentenentwurf sah zunächst vor, dass gemäß des neu einzufügenden § 113b lediglich die Zulassung im Wege des Anzeigeverfahrens nach § 43f erforderlich sein soll.65 Die nach Länder- und Verbändeanhörung überarbeitete Fassung66 in Form eines neuen § 43l Abs. 1, der in der Neuordnung der Norm im Gesetzgebungsverfahren schließlich in § 43l Abs. 4 Eingang fand, stellt hingegen klar, dass die bisherigen Zulassungen fortgelten und hinsichtlich unwesentlicher Änderungen, dass Anzeigeverfahren unberührt bleibt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung entfällt in diesen Fällen, da es sich regelmäßig nur um eine Änderung der Betriebsweise nach § 43l Abs. 4 S. 5 in Verbindung mit § 43f Abs. 2 S. 1 Nr. 1 handelt. Der Abbruch einer Anlage dürfte regelmäßig keine wesentliche Änderung sein. Es würde 78 den Wortsinn einer Änderung überspannen, wollte man den Abbruch einer Leitung oder einer sonstigen, dem § 43 unterfallenden Anlage als Änderung ansehen. Nichtsdestoweniger wäre die Erlaubnispflicht des Abbruchs einer Anlage sachgerecht. Denn mit dem Abbruch oder Rückbau können erhebliche Beeinträchtigungen insbesondere der Umwelt verbunden sein. Das Planfeststellungsverfahren dient dazu, diese Auswirkungen entsprechend zu bewerten. Anders ist es im Fall eines Abbruches, der sachlich im Zusammenhang mit der Errichtung oder Änderung einer Anlage steht. Derartige Abbruchmaßnahmen können Gegenstand des Planungsfeststellungsverfahrens sein.
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen 1. Planrechtfertigung a) Grundsätze. Die Eingriffswirkung der begehrten Verwaltungsentscheidung macht es erforder- 79 lich, dass das geplante Vorhaben gerechtfertigt ist.67 Hoheitliche Planung trägt ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst.68 Die Verwirklichung einer Hochspannungsleitung in Übereinstimmung mit den Zielen des § 1 Abs. 1 muss einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität dienen und objektiv erforderlich, d. h. vernünftigerweise geboten sein.69 Die Anforderung der Planrechtfertigung hat ihren Ursprung im Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit in § 1 Abs. 3 BauGB und ist dann unter dem Begriff der Planrechtfertigung in das Planfeststellungs62 63 64 65
Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 21. Vgl. § 43f Rn 21 ff. Hessischer VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht (Energiewirtschaftsrechtsänderungsgesetz), zuletzt abgerufen am 1.2.2021. 66 Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht, Gesetzentwurf vom 10.2.2021; vgl. auch Rn 46, 49 und 52. 67 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; vgl. Ramsauer/Bieback, NVwZ 2002, 277, 280. 68 VGH Kassel, Beschl. v. 19.4.1984 – 2 TH 91/83 –. 69 BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –; BVerwG, Beschl. v. 9.9.1988 – 4 B 37/88 –; BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4/10 –. 269
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§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
recht übernommen worden. Im Rahmen der Planrechtfertigung ist nur die generelle Vollzugsfähigkeit der Planung zu prüfen, es handelt sich um eine erste Planungsschranke; die Erforderlichkeit stellt in diesem Zusammenhang nur ein grobes Raster dar.70 Die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung sind nach den Maßstäben des Abwägungsgebots zu bewerten.71 Zwar darf die Planrechtfertigung nicht mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung und einer etwaigen Alternativen- oder Variantenprüfung verwechselt werden. Einzelheiten des Trassenverlaufs und der Ausgestaltung der Trasse sind Gegenstand der planfeststellungsrechtlichen Entscheidung, können aber nicht die Planrechtfertigung als Ganzes in Frage stellen. Der praktische Nutzen der dogmatischen Abgrenzung zwischen Anforderung der Planrechtfertigung und der Abwägungskontrolle sollte nicht überwertet werden. Gerade in der Praxis der energierechtlichen Planfeststellung spielt die Planrechtfertigung eine nur untergeordnete Rolle.72 Dies hängt damit zusammen, dass der Bau einer Leitung in der Regel auf objektiv vorliegende Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, etwa den Ausbau einer bestimmten Leitung oder den Anschluss eines Kraftwerkes. Die vernünftigen Gründe resultieren beinahe zwangsläufig aus diesen Rahmenbedingungen. 80 Die Planrechtfertigung hat in erheblichem Maße ein prognostizierendes Element.73 Denn zum Zeitpunkt der Beantragung und auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ist nicht absehbar, ob die Leitung tatsächlich errichtet wird. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund in § 43c Nr. 1 ausdrücklich eine zehnjährige Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit Verlängerungsmöglichkeit angeordnet. Aus dem langen Zeitraum wird deutlich, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass die Notwendigkeit einer gesicherten Planung ein Planfeststellungsverfahren erforderlich macht, ohne dass mit Sicherheit von einer Realisierung des Vorhabens ausgegangen werden muss. Die Planrechtfertigung muss der Vorhabenträger in seinem Antrag auf Planfeststellung oder 81 Plangenehmigung belegen. Hierzu werden im Regelfall energiewirtschaftliche Studien und Netzstudien beizubringen sein, aus denen hervorgeht, dass ein energiewirtschaftlicher Bedarf in der Form besteht, dass weitere Leitungskapazitäten notwendig sind oder beispielsweise Dienste für die Netzstabilität geleistet werden. Im Regelfall wird dazu eine nach einem Marktmodell durchgeführte Lastflussrechnung eine hinreichende Auslastung der Leitung belegen können, wie dies im Rahmen der Netzentwicklungspläne Strom und Gas sowie der Netzausbaupläne für die Verteilnetze vorgesehen ist. Im Falle von Leitungen zur Anbindung von Kraftwerken genügt das Vorliegen eines erteilten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides und einer Teilgenehmigung, welche die Annahme rechtfertigen, dass von einer baldigen Errichtung und Inbetriebnahme und damit von einer Erforderlichkeit der Leitung für die sichere und effiziente Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität ausgegangen werden kann.74 Im Falle einer befristeten Genehmigung wurde für einen Planfeststellungsbeschluss nach Fristablauf der Fristverlängerungsantrag für hinreichend erachtet, da es unzumutbar sei, erst nach dem Kraftwerksbau die Planfeststellung beantragen zu können und dafür das Risiko einer Investitionsruine ohne oder nur mit unwirtschaftlichem Aufwand realisierbarer Anschlussleitung zu tragen.75 Die Bedarfsprognose muss zudem nicht auf den Bedarf des anzubindenden Kraftwerks im EnergyOnly-Markt gerichtet sein, sondern kann sich auch auf die Teilnahme an der Netzreserve beziehen.76
70 Vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 16.9.2011 – 1 C 11114/09 –. 71 BVerwG, Beschl. v. 16.3.2006 – 4 BN 38/05 –; BVerwG, Urt. v. 18.3.2004 – 4 CN 4/03 –; BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01 –; BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 – 4 CN 14/00 –. 72 Vgl. Schiller, UPR 2009, 245 ff. 73 BVerwG, Urt. v. 19.3.2003 – 9 A 33/02 –. 74 OVG NRW, Urt. v. 24.8.2016 – 11 D 2/14.AK –. 75 BayVGH, Urt. v. 11.5.2016 – 22 A 15.40004 –. 76 Vgl. BayVGH, Urt. v. 11.5.2016 – 22 A 15.40004 –. Fest/Riese
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1. Planrechtfertigung
EnWG § 43
b) Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfsplanung. Die Feststellung der energiewirt- 82 schaftlichen Notwendigkeit kann auch in einem vorgelagerten Verfahren erfolgen. Dieser Aufgabe hat sich der Gesetzgeber im Rahmen einer gesetzlichen Bedarfsplanung angenommen. Ein gesetzlicher Bedarfsplan ist die Anlage des ENLAG, die Anlage Bundesbedarfsplan des BBPlG und der Anhang VII der Verordnung (EU) Nr. 347/2013, die Unionsliste nach Art. 3 Abs. 4 der TEN-E-Verordnung,77 da die darin enthaltenen Vorhaben von gemeinsamem Interesse mit der Aufnahme in die Unionsliste gleichzeitig Bestandteil nationaler Infrastrukturpläne werden und die höchstmögliche Priorität erhalten.78 Für die Sicherstellung der Energieversorgung als eine Aufgabe der Daseinsversorgung größter Bedeutung79 müssen bei leitungsgebundenen Vorhaben nach EnWG und/oder NABEG umfassend energiepolitische und energiewirtschaftliche Ziele, Prognosen und Zweckvorstellungen geprüft werden.80 Die vorgelagerte Bedarfsprüfung bietet ein gewisses Beschleunigungspotenzial – vor allem aber Planungs- und Investitionssicherheit. Im Falle der legislativen Bedarfsfeststellung ersetzt diese die exekutive Prüfung der Planrechtfertigung im Planfeststellungsverfahren.81 EnLAG (§ 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2) und BBPlG (§ 1 Abs. 1) statuieren, dass die enthaltenen Vorhaben den Zielsetzungen des § 1 entsprechen und dass für sie die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf feststehen. Über die rechtliche Fiktion, dass die europäischen Vorhaben automatischer Bestandteil der nationalen Pläne werden, gilt der energiewirtschaftliche Bedarf auch für europäische Vorhaben, wenn sie nicht wie bislang schon zuvor in die nationalen Pläne aufgenommen wurden. Theoretisch könnte so exekutiv ein legislativer Bedarfsplan ergänzt werden. Der erstmalige Erlass der TEN-EVerordnung 2013 und die Fortschreibungen 2015 und 2017 erfolgten jedoch jeweils parallel bzw. synchron zur nationalen Bedarfsplanung. Die Feststellung ist für die Planfeststellung und die Plangenehmigung verbindlich.82 Eine Prüfung der Planrechtfertigung im Rahmen des Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens und der gerichtlichen Kontrolle ist weder erforderlich noch zulässig.83 Die fachgerechte Prüfung beschränkt sich in diesen Fällen auf die Frage, ob der Gesetzgeber mit der Bedarfsfeststellung die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat.84 Davon kann nur ausgegangen werden, wenn die Feststellung des Bedarfs offensichtlich unsachlich ist und wenn es für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte.85 Allein die technische Möglichkeit, die Übertragungskapazität bestehender Stromleitungen durch ein Freileitungsmonitoring oder durch den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen zu erhöhen, ist nicht geeignet, die Bedarfsfeststellung im Energieleitungsausbaugesetz in Frage zu stellen.86 Bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Bedarfsplangesetzes muss ein gerichtliches Verfahren ausgesetzt und das Gesetz dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt werden. c) Planrechtfertigung bei vorheriger behördlicher Bedarfsentscheidung. Im Bereich der 83 sog. Punktmaßnahmen im Stromnetz, im Bereich der Verteilnetze und im Bereich der Gasinfra77 Anhang VII UNIONSLISTE DER VORHABEN VON GEMEINSAMEM INTERESSE (,UNIONSLISTE‘), aktuell in der Fassung der Delegierten Verordnung vom 31. 10.2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. 78 Art 3 Abs. 6 Verordnung (EU) Nr. 347/2013. 79 OVG NRW, Urt. v. 21.12.2007 – 11 A 1194/02 –. 80 A. A. Schneller, DVBl. 2007, 529, 536. 81 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –; vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.1.2007 – 9 B 14/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.7.2011 – 9 A 14.10; BVerwG, Beschl. v. 24.5.2012 – 7 VR 4/12 –; vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –. 82 Siehe auch Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351. 83 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes/Kupfer, § 43 Rn 17a. 84 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2005 – 9 A 33/04 –; Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –. 85 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.5.2008 – 9 A 68/07 –; Beschl. v. 16.1.2007 – 9 B 14/06 –. 86 BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4/12 –. 271
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§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
struktur erfolgt bislang keine gesetzliche Bedarfsplanung. Die Bedarfsermittlung erfolgt gleichermaßen über die Netzentwicklungspläne Strom und Gas und endet jeweils mit der den NEP bestätigenden Genehmigungsentscheidung der BNetzA. Für den Bereich der Verteilnetze bestehen bislang Netzausbaupläne (NAPs), die nach der neuen Umsetzungsgesetzgebung zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie im 2021 ins EnWG eingefügten § 14d zu einer Art regionaler Verteilnetzplanung für ganze Planungsregionen weiterentwickelt werden sollen. Sofern eine Punktmaßnahme, z. B. ein Umspannanlage samt der diese mit dem Netzverbindenden Anbindungsleitungen, eine Gasversorgungsleitung oder Nebenanlage zu dieser planfestgestellt werden, so besteht die Planrechtfertigung aus dem Verweis auf den jeweiligen bestätigten Netzentwicklungsplan. Dieser verfügt zwar nicht über den Gesetzesrang der gesetzlichen Bedarfspläne, entspricht jedoch dem gesetzlichen Verfahren der Bedarfsermittlung nach den §§ 12 ff und damit den grundsätzlichen Anforderungen an eine Planrechtfertigung nach diesem Gesetz und dem anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik. Gleiches gilt im Bereich der Verteilnetze zukünftig für die Netzausbaupläne nach § 14d. 84 Einen Sonderfall stellt die behördliche Bedarfsentscheidung für Wasserstoffinfrastruktur nach dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht dar.87 Hierbei ist im Rahmen der sog. Übergangsregulierung für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur eine Ad-hoc Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit von Wasserstoffnetzinfrastrukturen der Bundesnetzagentur nach § 28p vorgesehen. Bei dieser Prüfung der Regulierungsbehörde steht zwar ein gemeinsamer Realisierungsfahrplan von Netznutzer und Netzbetreiber als Grundlage der Prüfung im Vordergrund. Es ist aber in § 28p Abs. 2 S. 2 eine ausdrückliche Klarstellung vorgesehen, dass die Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit nach Satz 1 auch die Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit der Wasserstoffnetzinfrastruktur umfasst. Dies weicht zwar von der grundlegenden Konzeption der bisherigen gesetzlichen wie behördlichen Bedarfsermittlung und Bedarfsprüfung im Bereich von Strom und Gas ab, soll aber dem zügigen Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur dienen. Dies wird nicht zuletzt dadurch ersichtlich, dass die o. g. Netzentwicklungsplanverfahren für Strom und Gas grundsätzlich zwei Jahre beanspruchen, während hinsichtlich der Wasserstoffinfrastruktur § 28p Abs. 5 eine gesetzliche Entscheidungsfrist von vier Monaten ab Antragseingang sowie eine gesetzliche Fiktion der Bedarfsbestätigung bei fehlender Entscheidung zum Fristablauf vorgesehen ist. Inwieweit diese Regelungen so verabschiedet werden und dann zum Tragen kommen bleibt abzuwarten. Dies gilt umso mehr, als dass § 28p Abs. 1 nicht nur die Antragstellung des Netzbetreibers, sondern auch die Unterlagennachforderungsmöglichkeit der BNetzA vorsieht. Damit dürfte es regelmäßig fraglich sein, wann vollständige Antragsunterlagen vorliegen und die Frist zu laufen beginnt. Insofern muss sich erst in der Praxis herausstellen, ob mit dieser neuen Form der Bedarfsprüfung auch eine reale Beschleunigung im Bereich der Wasserstoffinfrastruktur zustande kommt. Darüber hinaus muss auf die Querwirkung der neuen Vorgabe in § 113b verwiesen werden, der das Defizit einer fehlenden energieträgerübergreifenden Netzplanung dadurch kompensieren soll, dass er eine mögliche Ausplanung einer Gasversorgungsleitung für die mögliche Einplanung im Wasserstoffbereich im Rahmen des Gas-NEP vorsieht. Damit wird zum einen vermieden, dass die Ausplanung im Rahmen des Gas-NEP, ohne dass eine Einplanung im Rahmen der Wasserstoffbedarfsprüfung sichergestellt ist, eine Rückbaupflicht im Außenbereich nach § 35 BauGB auslöst, da die Ausplanung nur fakultativ ist. Insofern wird ein sonst drohender Attentismus der Netzbetreiber abgewendet. Zugleich wird deutlich, dass die vorgesehene Konzeption unterschiedlicher und separater Bedarfsprüfungsmechanismen für die Ausplanung und wiederum Einplanung derselben Leitungen den Komplexitätsgrad im Bereich von Netzplanung wie Planfeststellung erhöht. Nicht umsonst arbeitet die dena mit der sog. dena III Netzstudie bereits an einem Systementwicklungsplan. Es mag sein, dass der Gesetzgeber die Zahl der separaten Bedarfsprüfungen zunächst erhöht, um neben den europäischen Weichenstellungen auch die Ergebnisse der dena-III-Netzstudie abzuwarten. Spätestens 87 BGBl. I 2021 S. 3026. Fest/Riese
272
2. Beachtung zwingenden materiellen Rechts
EnWG § 43
mittelfristig sollte das System jedoch im Sinne einer dauerhaften und effizienten Lösung überarbeitet werden. Mit der im neuen § 112b vorgesehenen Berichtsfrist der BNetzA gegenüber der Bundesregierung zum 30.6.2025 in Sachen Wasserstoffregulierung zeichnet sich eine Weiterentwicklung des beschriebenen Mechanismus bereits jetzt ab.
2. Beachtung zwingenden materiellen Rechts Das Planfeststellungsverfahren ist inhaltlich umfassend. Der Planfeststellungsbeschluss muss 85 im Ergebnis alle relevanten Gesichtspunkte, die für und gegen die Errichtung der Leitung gerade in der vom Vorhabenträger vorgeschlagenen Trasse sprechen, berücksichtigen. Die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses umfasst die materiell-rechtlichen Anforderungen aller einschlägigen Gesetze.
a) Energiewirtschaftsrecht. Das Energiewirtschaftsrecht enthält eigene materielle Anforde- 86 rungen an Energieleitungen. Nach § 49 Abs. 1 sind Energieleitungen so zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist und die anerkannten Regeln der Technik beachtet werden. § 49 Abs. 2 konkretisiert dies über den Verweis auf die technischen Regelwerke des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. für den Bereich Elektrizität und der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V. für den Bereich Gas und nach dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht auch für den Bereich Wasserstoff.88 Die Einhaltung der technischen Regelwerke begründet die Vermutung der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik. Gleichwohl wird die Sicherheit vor allem von Gasversorgungsleitungen immer wieder hinterfragt und ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung von Planfeststellungsbeschlüssen. In der Rechtsprechung ist dabei anerkannt, dass nach dem Regelungskonzept des § 49 und des § 2 GasHDrLtgV dem gasbranchenspezifischen Regelungswerk der Deutschen Vereinigung des Gasund Wasserfaches e. V. (DVGW) besondere Bedeutung zukommt. Das DVGW-Regelwerk verfolgt mit Rücksicht auf die Besonderheiten von der öffentlichen Versorgung mit Gas dienenden Gashochdruckleitungen, mit denen im dicht besiedelten Bundesgebiet zwangsläufig Siedlungsgebiete durchquert oder zumindest gestreift werden müssen, ein primär auf die Sicherheit der Anlage selbst ausgerichtetes Sicherheitskonzept. Das Regelwerk ist primär darauf ausgerichtet, schwerwiegende Gefahren erst gar nicht entstehen zu lassen, die von dem transportierten Stoff ausgehen können, wenn dieser freigesetzt wird, in Brand gerät oder explodiert. Das Sicherheitskonzept des Gasbranchenverbandes setzt an der Gasleitung selbst an, indem es Regeln vorsieht, die eine hohe technische Sicherheitsausstattung der Leitung selbst gewährleisten und die Leitung vor Einwirkungen Dritter wirksam schützen. Dieses Konzept findet seine Bestätigung in § 3 Abs. 1 GasHDrLtgV, der Anforderungen an die Beschaffenheit von Gashochdruckleitungen aufstellt, in § 3 Abs. 2 GasHDrLtgV, wonach zwingend ein Schutzstreifen einzurichten ist, sowie in § 3 Abs. 3 GasHDrLtgV, der einen Schutz der Leitung gegen äußere Einwirkungen fordert. Anstelle von Abständen zu schutzwürdigen Objekten baut das Sicherheitskonzept schwerpunktmäßig auf einem Primärschutz der Anlage auf. Die Pipeline muss selbst so sicher gebaut werden, dass es bei ihrem Betrieb nach Maßgabe der vorhandenen technischen Erkenntnisse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schon gar nicht zu Unfällen oder Gefahren kommen kann. Geringe oder fehlende Abstände zu Schutzobjekten werden durch eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen kompensiert. Die zuweilen geäußerte Forderung nach der Einhaltung bestimmter Abstände zu bebauten Gebieten oder Meidung solcher Gebiete findet im Regelwerk des DVGW keine Stütze. Die technischen Regeln des DVGW können mit Blick auf die fehlende Festlegung von (Mindest)Abständen zu schutzwürdigen Objekten auch nicht als defizitär ange88 BGBl. I 2021 S. 3026. 273
Fest/Riese
§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
sehen werden. Vielmehr erweisen sie sich im Zusammenspiel mit den Vorgaben der GasHDrLtgV als praxisgerechtes Sicherheitsregime.89
b) Raumordnungsrecht 87 aa) Allgemeines. Nach den gesetzlichen Regelungen des ROG, der RoV und den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Grds. ist ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, wenn: – die diesbezüglichen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 RoV erfüllt sind oder – landesrechtliche Vorschriften ein derartiges Raumordnungsverfahren vorschreiben. Bei der Verpflichtung zur Durchführung von Raumordnungsverfahren ist zwischen Freileitungen und Erdverkabelungen zu unterscheiden. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ROG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 und S. 3 Nr. 14 RoV soll für die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr sowie Gasleitungen ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, wenn diese im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. Zudem wurde in § 43l Abs. 7 klargestellt, dass der Begriff der Gasleitung auch Wasserstoffnetze umfasst.90 Für Erdkabel muss – nach der gegenwärtigen Rechtslage – unabhängig von der Netzspannung kein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden. Landes- und bundesrechtlich kann sich eine Verpflichtung zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ergeben, wenn das Vorhaben eine raumordnerische Bedeutung hat. Dies gilt auch dann, wenn das Vorhaben nicht in der Liste des § 1 RoV aufgeführt ist. Es dürfte jedoch vielfach an der Raumbedeutsamkeit der baulichen Anlagen, insbesondere der unterirdischen Leitungen, fehlen. Sie kann sich allerdings ggf. aus raumprägenden oberirdischen Anlagen begründen lassen, z. B. wenn eine Freileitung zwischen zwei Übergabestationen einen Erdkabelabschnitt aufweist und die gesamte Leitung mit der Gesamtheit der Anlagen zu betrachten ist. Aus Sicht des Vorhabenträgers kann die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens durchaus auch Vorteile bringen und ist nicht notwendigerweise eine Belastung für den Vorhabenträger. Es kann vielmehr Planungssicherheit herbeiführen und ist mit einem überschaubaren – auch finanziellen – Aufwand zu absolvieren. Durch die Beteiligung der Behörden und der Öffentlichkeit verschafft es dem Vorhabenträger und auch der späteren Planfeststellungsbehörde einen guten Überblick über zu erwartende Konfliktbereiche.91
88 bb) Verfahren. Das Raumordnungsverfahren dient der Feststellung, ob die Planung mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt und wie raumbedeutsam Planungen und Maßnahmen unter den Gesichtspunkten der Raumordnung aufeinander abgestimmt und durchgeführt werden können (Raumverträglichkeitsprüfung). Im Raumordnungsverfahren ist die raumbedeutsame Auswirkung der Planung und der Maßnahme auf die in den Grundsätzen der Raumordnung gem. § 2 Abs. 2 ROG genannten Belange unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (§ 15 Abs. 1 S. 2 ROG). Die Raumverträglichkeitsprüfung dient dazu, einer Zulassungsentscheidung (Planfeststellung) eine verwaltungsinterne Klärung der raumordnerischen Verträglichkeit vorzuschalten.
89 cc) Rechtswirkung. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist eine gutachterliche Äußerung, welche für die nachfolgende Planfeststellung nicht bindend ist.92 Das Ergebnis des Raum89 90 91 92
OVG NRW, Urt. v. 4.9.2017 – 11 D 14/14.AK –. BGBl. I 2021 S. 3026. Zur Relevanz der Raumordnungsverfahren im Netzausbau s. Franke/Recht, ZUR 21, 15 ff. BVerwG, Beschl. v. 4.6.2008 – 4 BN 12/08 –; Thüringer OVG, Beschl. v. 25.2.2008 – 1 N 508/07 –.
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ordnungsverfahrens ist als sonstiges Erfordernis der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG in die Abwägung einzustellen und gem. § 4 Abs. 1 S. 1 ROG zu berücksichtigen.
dd) Verhältnis zur Bundesfachplanung. Das Raumordnungsverfahren ist mit der Bundes- 90 fachplanung im Sinne der §§ 5 ff NABEG nicht gleichzusetzen. Die Bundesfachplanung der §§ 5 ff NABEG stellen eine spezialgesetzliche Regelung für die besonderen Hochspannungsleitungen mit einem öffentlichen Interesse dar. Der Gesetzgeber hat insoweit dort – also bei den §§ 5 ff NABEG – eine Sonderregelung geschaffen. Diese verdrängt einen Teil des Raumordnungsrechts und führt dazu, dass sich die Fachplanung auch gegenüber der Raumordnung im Übrigen durchsetzen kann.93 Die Bundesfachplanung entfaltet Bindungswirkung für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 1 NABEG).94 Jenseits des NABEG bleibt es bei den raumordnerischen Anforderungen. c) Umweltverträglichkeitsprüfung aa) Allgemeines. Die UVP ist ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfah- 91 ren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen (§ 2 Abs. 1 S. 1 UVPG). Die UVP wird unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt (§ 2 Abs. 1 S. 3 UVPG). Tatsächlich ist die UVP mittlerweile der zentrale Bestandteil eines Planfeststellungsverfahrens. Denn die Umweltverträglichkeit steht im Mittelpunkt der rechtlichen Erwägungen und Abwägungen ebenso wie im Mittelpunkt der öffentlichen Erörterung. Der Zweck der UVP eines Hochspannungsleitungsvorhabens ist es, sicherzustellen, dass zur 92 wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet und die Ergebnisse der durchgeführten Umweltprüfungen so früh wie möglich berücksichtigt werden (§ 1 UVPG). Die UVP umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mit- 93 telbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UVPG), Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UVPG), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UVPG) sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 UVPG). Der Versuch die energierechtliche Planfeststellung einer Gaspipeline wegen der Treibhausgasemissionen des darin transportierten Gases und dessen Auswirkungen auf das Schutzgut Klima anzugreifen, die in der UVP nicht als Auswirkungen des konkreten Vorhabens und von daher als von vorneherein nicht gegeben angesehen wurden, hat nicht verfangen.95 Auch die Treibhausgasemissionen der Stahlrohrproduktion für die Pipeline werden nicht als solche des Vorhabens selbst erachtet.96 Vorhaben i. S. d. UVPG sind gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 1a) UVPG bei Neuvorhaben u. a. die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage. Zwar sind bei der Beschreibung der Umstände, die zu erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens führen können, auch „eingesetzte Stoffe“ zu berücksichtigen, und damit auch Baustoffe für die Errichtung einer Anlage. Durch die Bezugnahme auf „Umweltauswirkungen des Vorhabens“ wird jedoch verdeutlicht, dass es sich um Auswirkungen im Rahmen des nach § 2 Abs. 4 UVPG definierten Vorhabens handeln muss. Eine Ausweitung des Vorhabenbegriffs erfolgt durch die Anlage 4, Nr. 4 c) bb) zum UVPG auch unter Berücksichtigung des dahinterliegenden Richtlinienrechts nicht.97 93 94 95 96 97 275
Franke/Recht, ZUR 21, 15 ff m. w. N. Vgl. § 15 NABEG Rn 16 ff. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.3.2020, OVG 11 A 7.18 –. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2019, OVG 11 S 80.18 –. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.3.2020, OVG 11 A 7.18 –, Rn 59 ff. Fest/Riese
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Grundsätzlich ist, um Verwirrungen bei den Begrifflichkeiten zu vermeiden, klarzustellen, dass grds. zwischen einer Umweltverträglichkeitsuntersuchung und der UVP zu unterscheiden ist. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist Bestandteil der Antragsunterlagen und wird vom Antragsteller (Vorhabenträger) und den Gutachtern, die der Vorhabenträger beauftragt hat, erarbeitet. Die insoweit vom Vorhabenträger anzufertigende Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist Bestandteil der Antragsunterlagen. Die UVP selbst obliegt der Behörde. Die Behörde muss die eingereichten Unterlagen einschließlich der jeweiligen Gutachten und Fachbeiträge daraufhin untersuchen, ob die Umweltverträglichkeit des Vorhabens gegeben ist. In Teilen wird anstelle der Umweltverträglichkeitsuntersuchung der Begriff der Umweltstudie verwendet, ohne dass damit ein inhaltlicher Unterschied verbunden wäre.
95 bb) UVP-Pflicht. Nach § 6 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.1 des UVPG besteht eine unbedingte Verpflichtung zur Durchführung einer UVP für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 220 kV oder mehr. Damit fällt der ganz überwiegende Teil der Projekte der Bedarfspläne Strom unter die UVP-Pflicht. Die UVP-Pflicht gilt nach § 6 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.2.1 auch für Gasversorgungsleitungen, ausgenommen Anlagen, die den Bereich eines Werksgeländes nicht überschreiten, mit einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von mehr als 800 mm. Dies trifft die großen Pipelineprojekte des Netzentwicklungsplans Gas. 96 Nach § 7 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.2 und Nr. 19.1.3 des UVPG ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV und mit einer Länge von 5 km bis zu 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. Eine UVP-Pflicht im Einzelfall besteht dann, wenn das Vorhaben nach überschlägiger Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Bewertung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG) zu berücksichtigen wären. Kriterien für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ergeben sich aus der Anlage 2 UVPG. Die allgemeine Vorprüfungspflicht gilt nach § 7 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.2.2 und 19.2.3 auch für Gasversorgungsleitungen, ausgenommen Anlagen, die den Bereich eines Werksgeländes nicht überschreiten, mit einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von 300 mm bis zu 800 mm und einer Länge von 5 km bis 40 km und einem Durchmesser von mehr als 300 mm. Der Begriff der Gasversorgungsleitung in Anlage 1 Nummer 19.2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 43l Abs. 2 S. 2 auch Wasserstoffnetze. Für die Umrüstung von Gasversorgungsleitungen zu Wasserstoffleitungen wurde mit § 43l Abs. 4 S. 5 zugleich klargestellt, dass dies als Änderung der Betriebsweise keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf.98 97 Nach § 7 Abs. 2 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.4 des UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von weniger als 5 km und einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. 98 Wenn eine UVP bereits im Rahmen des Raumordnungsverfahrens durchgeführt worden ist, kann sie im Planfeststellungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden (§ 16 Abs. 2 UVPG). Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Untersuchungstiefe der UVP auf den jeweiligen Planungsstand abgestimmt wird und keine einseitige Verlagerung der UVP in die eine oder andere Planungsstufe erfolgt. Auch ist es wichtig, dass Unterlagen, auf die sich der Vorhabenträger oder die Planfeststellungsbehörde berufen, nicht veraltet sind. Eine Aussage darüber, ab welchem Zeitraum Unterlagen überarbei-
98 BGBl. I 2021 S. 3026. Fest/Riese
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tet werden müssen, kann nicht getroffen werden. Dies hängt von dem jeweiligen fachlichen Gegenstand ab.
cc) Verfahren. Die UVP beginnt damit, dass die zuständige Planfeststellungsbehörde auf An- 99 trag des Vorhabenträgers eines Vorhabens oder auf dessen Ersuchen um Unterrichtung über den Untersuchungsumfang nach § 5 UVPG oder von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens feststellt, ob nach den §§ 6–14 UVPG für das Energieleitungsvorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP besteht (§ 5 Abs. 1 S. 1 UVPG). Ist dies der Fall, ist eine entsprechende UVP mit vorgeschalteter Umweltverträglichkeitsun- 100 tersuchung durchzuführen. dd) Variantenprüfung. Die Vorschrift zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung verlangt vom 101 Vorhabenträger u. a. die Prüfung etwaiger technischer Varianten. Dabei geht es um Varianten innerhalb des gleichen Vorhabens. Nicht erforderlich ist eine Prüfung eines vollständig neuen Vorhabens als Alternative zu dem angestrebten Vorhaben. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geht es also nicht darum, die Planrechtfertigung erneut zu hinterfragen. Auch ist eine sog. Null-Variante – also der Verzicht auf das Vorhaben insgesamt – nicht Gegenstand einer Variantenprüfung. d) Naturschutzrecht. Innerhalb der Umweltverträglichkeitsuntersuchung sind die durchquer- 102 te Gebietskulisse und die naturschutzfachliche Bewertung der Wirkungen des Vorhabens darin von zentraler Bedeutung. Das Naturschutzrecht basiert auf einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen. Oftmals geregelt auf europarechtlicher Grundlage finden sich bundesrechtliche und landesrechtliche Vorschriften. Zugleich bestehen darin zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe, die nur teilweise untergesetzlich konkretisiert wurden und dem Antragssteller in einem engen Rahmen eine gewisse Methodenfreiheit für die Auslegung im Einzelfall belassen.99 Insbesondere gilt es, folgende Schutzbereiche oder Schutzgebiete im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu betrachten: – FFH-Gebiete, – Vogelschutzgebiete (SPA), – Nationalparke, – Naturschutzgebiete, – Landschaftsschutzgebiete, – Biotope. Daneben spielen das besondere Artenschutzrecht und die Eingriffsregelung eine maßgebliche Rolle.
aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH- und VS-Gebiete. Die rechtlichen Grundlagen des 103 europäischen Gebietsschutzes beruhen auf der RL 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VS-Richtlinie) sowie der RL 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie). In diesen Richtlinien hat die Europäische Union das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 und ein gestuftes Schutzregime für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und damit den Rahmen sowohl für Gebietsschutz wie Artenschutz vorgeschrieben. Hochspannungsfreileitungen haben eine besondere Sensibilität im Hinblick auf die Avifauna. Dabei spielt der Vogelschutz wegen Kollisionsgefahren verschiedener Vogelarten eine herausra99 Vgl. Knauff, EnWZ 2019, 51. 277
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gende Rolle. Der Schutzstatus ergibt sich aus der Ausweisung als Vogelschutzgebiet. Vogelschutzgebiete können ausgewiesene oder faktische Vogelschutzgebiete sein. 104 Zentrale Normen des europäischen Gebietsschutzes sind Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFHRichtlinie. Sie stecken den Rechtsrahmen für die Vereinbarkeit der Zulassung von Vorhaben und Projekten mit den Zielvorgaben des europäischen Gebietsschutzes ab. Die Vorgaben des Art. 6 Abs. 3, 4 der FFH-Richtlinie werden auf nationaler Ebene in der Vorschrift des § 34 BNatSchG umgesetzt. Darüber hinaus finden sich in den Naturschutzgesetzen der Länder Bestimmungen, die im Wesentlichen inhaltlich der Vorschrift des § 34 BNatSchG entsprechen, auch wenn sie vom Wortlaut des § 34 BNatSchG teilweise leicht abweichen.100 Alle Normen sind im Lichte des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie auszulegen.
105 (1) Schutzsystematik des europäischen Gebietsschutzes. Bei einem ausgewiesenen Schutzgebiet kommt es auf die Festsetzungen der Schutzgebietsausweisung im Einzelnen an. Wenn ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ausgeschlossen werden kann, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf die betroffene Art auch kein Verstoß gegen den Gebietsschutz vorliegt.101 Schließlich ist nicht vorstellbar, dass das Erhaltungsziel einer empfindlichen Art beeinträchtigt sein könnte, ohne dass ein Verstoß gegen Tötungsverbot, Störungsverbot oder Lebensstättenschutz absehbar ist. 106 Bei faktischen Vogelschutzgebieten gilt eine unbedingte Veränderungssperre. Die Realisierung eines Vorhabens dürfte in diesem Fall grds. schwierig sein. Nachdem das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren abgeschlossen wurde und damit in Deutschland das von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz der Vogelschutzgebiete entstanden ist (vgl. Art. 4 Abs. 3 VRL), unterliegt die zuweilen in Beteiligungsverfahren und Gerichtsverfahren vorgetragene Behauptung, es gebe ein faktisches Vogelschutzgebiet, besonderen Darlegungsanforderungen. Insofern verringert sich nach ständiger Rechtsprechung auch die gerichtliche Kontrolldichte.102 Soweit von Seiten der Rechtsprechung weitergehend auf die Überwachungspflicht des Richtlinienrechts abgestellt und eine behördliche Prüfung erwartet wurde, ob die ausgewiesene Gebietskulisse angesichts der Entwicklung der Erhaltungszustände noch den aktuellen Anforderungen genügt oder Nachmeldungen erforderlich werden,103 so kann auf das bestehende Monitoring- und Berichterstattungs-System der Naturschutzbehörden zum Netz Natura 2000 hingewiesen werden, das u. a. deutliche Aussagen dazu trifft, dass kein Nachmeldebedarf gesehen wird.104 Schließlich kann die Frage der wirksamen Festsetzung eines VSGs auch dahinstehen, wenn eine Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Vorhaben mit diesem im Einklang steht, weil keine erheblichen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die wertbestimmenden Arten zu erwarten sind.105 Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 und 2 BNatSchG sind Hoch- und Höchstspannungsleitungen vor Er107 lass des Planfeststellungsbeschlusses auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Die Trassen der planfestzustellenden Hoch- und Höchstspannungsleitungen sind möglichst frühzeitig auf ihre FFH-Verträglichkeit gem. § 34 Abs. 1 bis Abs. 5 BNatSchG zu untersuchen.
100 101 102 103 104
Vgl. z. B. § 53 LNatSchG NRW. Vgl. dazu auch Rn 116. Vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 10. November 2016 – 9 A 18/15 –; BVerwG, Urt. v. 28. April 2016 – 9 A 9/15 –. OVG Münster, B. v. 5.10.2018 – 11 B 1129/18-. Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, FFH-Bericht 2019 des Landes Nordrhein-Westfalen, LT-Vorlage 17/2335. 105 BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 3.15, 4 A 4.15 –. Fest/Riese
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§ 34 BNatSchG erfordert eine mehrstufige Prüfungsfolge. In einem ersten Schritt findet 108 eine Vorprüfung – das sog. Screening – statt. Dies dient der Feststellung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen eines geschützten Natura 2000-Gebietes möglich und damit eine FFH-Verträglichkeitsprüfung notwendig ist (§ 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG).106 Ergibt die Vorprüfung, dass es anhand objektiver Umstände offensichtlich ausgeschlossen ist, dass das Vorhaben ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigt, bedarf es keiner weiteren Prüfungsschritte mehr. Anderenfalls ist die zweite Prüfungsstufe, die FFH-Verträglichkeitsprüfung, einzuleiten. Zeigt die Verträglichkeitsprüfung, dass die Errichtung, der Betrieb oder die Änderung der Hochund Höchstspannungsleitungen nicht geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet im Hinblick auf dessen Erhaltungsziele erheblich zu beeinträchtigen, ist das Vorhaben FFH-rechtlich zulässig. Kommt die FFH-Verträglichkeit zu dem Ergebnis, dass erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind, ist das Vorhaben vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG). Die Abweichungsprüfung gestattet unter engen Voraussetzungen – auf der letzten Prüfstu- 109 fe – die ausnahmsweise Zulassung der Errichtung, des Betriebs oder der Änderung der Hochund Höchstspannungsleitungen trotz der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes (§ 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG).
(2) Vorprüfung. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG müssen Vorhabenträger von Plänen und Projekten in einer Vorprüfung zunächst untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes überhaupt in Betracht kommen. Ergibt die Vorprüfung, dass die erhebliche Beeinträchtigung eines Schutzgebiets offensichtlich ausgeschlossen ist, ist die FFH-Verträglichkeit des Planes oder Projektes nachgewiesen. Kommt die Vorprüfung dagegen zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist und kann das beantragte Vorhaben ggf. gemeinsam mit anderen Plänen und Projekten die Erhaltungsziele des Natura 2000-Gebietes beeinträchtigen, ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.107 Soweit aufgrund der Vorprüfung nachteilige Auswirkungen auf ein Natura 2000-Gebiet wegen der Errichtung, der Änderung oder des Betriebs einer Hoch- und Höchstspannungsleitungen zu befürchten sind, sind diese Befürchtungen durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation auszuräumen.108 Das Fehlen erheblicher Beeinträchtigungen muss positiv festgestellt werden. Dabei ist unbeachtlich, ob es sich bei den untersuchten Wirkfaktoren um direkte oder indirekte, kurzfristige oder längerfristige Einwirkungen handelt. Bei Hoch- und Höchstspannungsleitungen zeigt sich in der Praxis, dass sich die FFH-Unverträglichkeit oftmals aus folgenden Umständen ergibt: – Die Leitung greift unmittelbar in FFH-Gebiete ein und verursacht Flächenverluste und damit erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensraumtypen und geschützten Arten. – Die Hochspannungsfreileitung liegt in unmittelbarer Nähe eines FFH-Gebiets und wirkt sich mittelbar auf prägende Lebensraumtypen und Arten des FFH-Gebiets aus. So besteht etwa die Gefahr, dass Vögel, die innerhalb eines FFH-Gebiets ihren Lebensraum oder ihre Brutplätze haben, durch die Hochspannungsfreileitung gefährdet werden. Die Auswirkungen auf ein Natura 2000-Gebiet sind folglich auch dann zu berücksichtigen, wenn die Hochspannungsfreileitung nicht durch ein Natura 2000-Gebiet verläuft.
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(3) FFH-Verträglichkeitsprüfung. Schutzgebiete im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG sind so- 114 wohl FFH-Gebiete als auch Vogelschutzgebiete. Beide Gebietstypen sind Bestandteil des Gebietsnetzes Natura 2000. Während FFH-Gebiete solche Gebiete sind, die in der Liste der Gebiete von 106 Vgl. etwa Sächsisches OVG, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. 107 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 108 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 279
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gemeinschaftlicher Bedeutung geführt werden (Art. 4 Abs. 2 UA 3, Abs. 5 FFH-Richtlinie), sind Vogelschutzgebiete solche Gebiete, die durch die EU-Mitgliedsstaaten als Schutzgebiete gemeldet und ausgewiesen werden (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 VS-Richtlinie).109 115 Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung wird untersucht, ob das Vorhaben die Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebietes beeinträchtigt. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Vorhabenträger bzw. der Planfeststellungsbehörde.110 Es ist darzulegen, dass aus wissenschaftlicher Sicht keine vernünftigen Zweifel bestehen und es zu keinen erheblichen Beschränkungen kommt.111 Untersucht wird nicht, ob das betroffene Natura 2000-Gebiet an sich beeinträchtigt wird, 116 sondern ob es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der spezifischen Erhaltungsziele des Natura 2000-Gebietes kommt.112 Als Erhaltungsziele gelten diejenigen Ziele, die im Hinblick auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines in Anhang I der FFH-Richtlinie aufgeführten natürlichen Lebensraumtyps oder einer in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind. Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes wird in Art. 1 Buchstabe e FFH-Richtlinie, der Erhaltungszustand einer Art in Art. 1 Buchstabe i FFH-Richtlinie legal definiert. Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben.113 Die geschützten Arten sind jedenfalls dann artspezifisch zu untersuchen, wenn und soweit zwischen den im Gebiet geschützten Arten deutliche Unterschiede im konkreten Leitungsanflugrisiko bestehen.114 Im Hinblick auf die Untersuchungsmethode sind die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen.115 Für die Praxis liegt eine besondere Herausforderung darin, dass nur für die baubedingten Auswirkungen auf die vorhandenen allgemeinen Standards zurückgegriffen werden kann. Für die betriebsbedingten Auswirkungen kann, anders als im Windenergiebereich mit der Nutzung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative116 in Erlassen und Leitfäden der Landesnaturschutzministerien oder, wo nicht vorhanden, über Heranziehung des sog. Helgoländer Papiers der Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, für den Bereich des Netzausbaus bislang nicht auf eine abschließende Artenliste mit der Einordnung der jeweiligen Betroffenheit und Standardisierung der Untersuchungsmethoden zurückgegriffen werden. Dabei wurde es gerichtlich nicht beanstandet, dass die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch solche zu den Verlustrisiken bei Windenergieanlagen sein können, da sie am ehesten vergleichbar seien.117 Das Bundesamt für Naturschutz hat versucht, mit zwei Veröffentlichungen in 2018 und 2019118 diese Lücke zu schließen, dabei aber starken Widerspruch unter erfahrenen Umweltgutachtern und Netzbetreibern auf Fachveranstaltungen wie dem BNetzA-Wissenschaftsdialog im Oktober 2019 ausgelöst, so 109 Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 32 Rn 1 f. 110 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 111 EuGH, Urt. v. 7.9.2004 – C-127/02 –; BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –; BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/ 06 –.
112 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 113 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 – 8 D 58/08 –.
114 BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 –. 115 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 –; BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3.06; BVerwG, Urt. v. 6.11.2012 – 9 A 17.11 –.
116 BVerwG, Urt. v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 –. 117 BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 –. 118 Bernotat, D., Rogahn, S., Rickert, C., Follner, K. & Schönhofer, C. (2018): BfN-Arbeitshilfe zur arten- und gebietsschutzrechtlichen Prüfung bei Freileitungsvorhaben. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). BfN-Skripten 512; Liesenjohann, M., Blew, J., Fronczek, S., Reichenbach, M. & Bernotat, D. (2019): Artspezifische Wirksamkeiten von Vogelschutzmarkern an Freileitungen. Methodische Grundlagen zur Einstufung der Minderungswirkung durch Vogelschutzmarker – ein Fachkonventionsvorschlag. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). BfN-Skripten 537; https:// www.bfn.de/themen/planung/eingriffe/veroeffentlichungen.html. Fest/Riese
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dass auch hier trotz des teilweise irrtümlich von Seiten des BfN verwendeten Begriffs der Fachkonvention nicht von einer solchen gesprochen werden kann. Die verschiedenen Veröffentlichungen stellen vielmehr weitere Erkenntnisquellen nach den behördenverbindlichen Verwaltungsvorschriften (z. B. in NRW VV-Artenschutz und VV-Habitatschutz) und Leitfäden (z. B. in NRW Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen, charakteristische Arten und Methodenhandbuch Artenschutz) dar, auf deren Grundlage die Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörden hier mit den jeweiligen naturschutzfachlichen Untersuchungen im Einzelfall eine Bewertung vornehmen müssen. Auch wenn das BfN-Papier in vielen Details fachlich trägt, kann ein so weitreichender Automatismus der schematisierten Bewertung die gebotene Einzelfallbetrachtung der arten- und habitatschutzrechtlichen Bewertung nicht ersetzen. Die BfN-Papiere bieten in der bestehenden Systematik eine mögliche Methode einer konservativen Vorprüfung im Sinne der Stufe I der Artenschutzprüfung und damit eine Indikation für eine vertiefte Prüfung der Stufe II, auf der dann auch länderspezifische Abweichungen, Einzelfallbetrachtungen und gut begründete abweichende Bewertungen zum Tragen kommen. Hinsichtlich dieser naturschutzfachlichen Frage ist die Situation in Arten- und Habitatschutzrecht vergleichbar. Das Vorhaben ist unzulässig, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass eine erhebliche 117 Beeinträchtigung ausgeschlossen ist. Grundsätzlich kann jede Beeinträchtigung, die ein Erhaltungsziel nachteilig berührt, erheblich sein.119 Dabei ist das Vorhaben nicht allein, sondern in Zusammenschau mit anderen Projekten und Plänen zu betrachten (sog. Summationsbetrachtung). Da die Erhaltungsziele der Schutzgebiete im Mittelpunkt der Prüfung stehen, müssen neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick genommen werden, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt sind.120 Eine Summationsbetrachtung ist allerdings nur insoweit möglich, als die Auswirkungen der anderen Pläne oder Projekte und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind. Als absehbar können insbesondere solche Projekte gelten, die in der Bedarfsplanung enthalten sind. Hierbei lässt sich auch die Umweltprüfung der Netzentwicklungsplanung heranziehen. Der Netzausbau ist jedoch nicht isoliert zu betrachten, da ein Zusammenwirken mit den Umweltwirkungen anderer Vorhaben aus anderen Vorhabenkategorien nicht ausgeschlossen werden kann. So ist es z. B. denkbar, dass ein Netzausbauvorhaben dieselbe Vogelpopulation wie ein in der näheren Umgebung geplantes Windenergievorhaben betrifft. In solchen Fällen ist über die Absehbarkeit des anderen Vorhabens zu entscheiden. Erkennbarer Sinn und Zweck der von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL geforderten Summationsbetrachtung ist, auch eine schleichende Beeinträchtigung durch nacheinander genehmigte, für sich genommen das Gebiet nicht erheblich beeinträchtigende Vorhaben zu verhindern. Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht vereinbar, sämtliche bereits genehmigten Vorhaben bei der Summationsbetrachtung außer Betracht zu lassen und nur noch das beantragte sowie – etwa durch Erlass eines Vorbescheids – „planerisch verfestigte“ Vorhaben in die Ermittlung der Zusatzbelastung einzubeziehen. Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Reihenfolge „tatsächlich vorgeschlagene“ oder „planerisch verfestigte“ Projekte in die Summationsbetrachtung einzubeziehen sind, bedarf der Konkretisierung. Nachdem zunächst die Rechtsprechung versuchte, Kriterien auszuformen,121 hat der Gesetzgeber 2017 in §§ 10–13 UVPG eine Konkretisierung vorgenommen. Gerade bei einem regelmäßigen Zusammentreffen von älteren Bestandsnetz-Bestandteilen und neuen Netzausbauprojekten wird sich diese Frage in der Praxis stellen.
119 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 120 BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 121 BVerwG, Urt. v. 18.6.2015 – 4 C 4/14 –; Urt. v. 17.12.2015 – 4 C 7/14, 4 C 8/14, 4 C 9/14, 4 C 10/14, 4 C 11/14 –; OVG Münster, Urt. v. 16.6.2016 – 8 D 99/13.AK –. 281
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
118 (4) Vermeidungsmaßnahmen. Bei Freileitungen kommt sowohl hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Verbote mit dem Tötungsverbot als auch hinsichtlich des Gebietsschutzes mit dem Erhaltungsziel einer bestimmten empfindlichen Vogelart eines Schutzgebietes jeweils dem Kollisionsrisiko entscheidende Bedeutung zu. Die Beurteilung, ob ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko vorliegt, ist in erster Linie eine naturschutzfachliche Fragestellung, für die die zuständigen Behörden vom Bundesverwaltungsgericht eine Einschätzungsprärogative eingeräumt bekommen haben. Diese bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.122 Zur Vermeidung von Kollisionsrisiken werden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Maßnahmen anerkannt, die das projektbedingte Kollisionsrisiko real vermeiden oder hinreichend mindern.123 Von Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen sind sog. Kompensationsmaßnahmen zu unterscheiden, da sie nicht gewährleisten können, dass das Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL beeinträchtigen wird.124 119 Allerdings ist eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes dann nicht zu unterstellen, wenn Schadensminderungs- und Schadensvermeidungsmaßnahmen den Eintritt einer Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes von Anfang an verhindern oder ihre negativen Auswirkungen jedenfalls so begrenzen, dass sie in Ansehung des Erhaltungsziels bzw. des Schutzzwecks als unerheblich zu bewerten sind.125 Beim Bau einer HöchstspannungsFreileitung kommt angesichts der Umstellung zahlreicher Trassen von 220kV-Leitungen auf 380kV-Leitungen regelmäßig der Rückbau der alten Trasse im Rahmen des Ersatzneubaus als schadensmindernde Maßnahme in Betracht. Der Rückbau kann jedoch dann nicht als schadensmindernde Maßnahme in Ansatz gebracht werden, wenn der Trassenverlauf der neu zu errichtenden und der rückzubauenden Freileitung nicht deckungsgleich ist und die Leitungsanflüge andere Populationen oder andere Vogelarten betreffen können.126 120 Weiterhin ist eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes nach der Rechtsprechung des BVerwG auszuschließen, wenn der Beeinträchtigung lediglich ein Bagatellcharakter zukommt.127 Die Anerkennung der Bagatellschwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, der auf den gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 EUV zurückzuführen ist und unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiestes steht.128 Sind die vorhabenbedingten Zusatzbelastungen danach aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung auszulösen, ist das Vorhaben zuzulassen.129 Höchstrichterlich noch nicht endgültig geklärt ist bislang, ob auch im Rahmen der Prüfung von Bagatellschwellen das Vorhaben gemeinsam mit anderen Projekten und Plänen130 oder für sich allein131 zu betrachten ist. Im Zweifel ist es für den Vorhabenträger von Vorteil von der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen auszugehen, da die Beweislast für das Unterschreiten der Bagatellschwelle den Vorhabenträger trifft und die Auswirkungen einer falschen Einschätzung der Erheblichkeit den richtigen Umgang mit den Beeinträchtigungen abschneidet und eine fehlende Einplanung von Vermeidungsmaßnahmen das Vorhaben gravierend um Jahre zurückwerfen kann. 122 123 124 125
BVerwG, Urt. v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 –. BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 –. EuGH, Urt. v. 15.5.2014 – C-521/12 –. Siehe BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, BNatSchG, § 34 Rn 13; Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 34 Rn 26. 126 BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 –. 127 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 – Rn 124; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 128 BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 129 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 130 OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 – 8 D 58/08 –. 131 So BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; OVG Bautzen, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –; VGH Kassel, Urt. v. 19.3.2012 – 9 B 1916/11 –. Fest/Riese
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Für Hoch- und Höchstspannungsleitungen ist somit zu beachten, dass mit ihnen einherge- 121 hende Flächenverluste, die lediglich einen Bagatellcharakter aufweisen oder durch Vermeidungsmaßnahmen unterhalb der Schwelle erheblicher Beeinträchtigungen bleiben, nicht als erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes zu werten sind.132 Eine Querung eines FFHGebietes mit einem Leitungsvorhaben ist also nicht vollkommen ausgeschlossen.
bb) Abweichungsverfahren, Ausnahmen. Kann eine erhebliche Beeinträchtigung eines FFHGebietes nicht ausgeschlossen werden, auch nicht durch vorhabenintegrierte Maßnahmen zur Schadenvermeidung oder Schadensminderung, muss – wenn ein positiver Planfeststellungsbeschluss ergehen soll – ein Abweichungsverfahren durchgeführt werden. Auf der Grundlage eines Abweichungsverfahrens darf ein Planfeststellungsbeschluss für eine Hoch- und Höchstspannungsleitung nur erlassen werden, soweit das Projekt oder Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt oder Vorhaben verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG). Verschärfte Zulassungsvoraussetzungen gelten, wenn das betroffene Natura 2000-Gebiet prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten einschließt (§ 34 Abs. 4 BNatSchG).133 Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dann nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dagegen erst nach Einholung einer Stellungnahme der EU-Kommission berücksichtigt werden. Weiterhin kann ein Planfeststellungsbeschluss für eine Hoch- und Höchstspannungsleitung auf der Grundlage eines Abweichungsverfahrens nur erlassen werden, wenn die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes Natura 2000 notwendigen Kohärenzmaßnahmen vorgenommen werden (§ 34 Abs. 5 BNatSchG). Die Abweichungsprüfung umfasst damit insgesamt drei Schritte: – die abwägende Beurteilung von Abweichungsgründen, – die Prüfung weniger beeinträchtigender Alternativen und – die Ermittlung notwendiger Kohärenzmaßnahmen.134 Dieselbe Struktur ist bei der Prüfung artenschutzrechtlicher Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Verboten einschlägig (§ 45 Abs. 7 BNatSchG).
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(1) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Für die Durchfüh- 126 rung eines erfolgreichen Abweichungsverfahrens müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses sprechen. Neben den ausdrücklich in § 34 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BNatSchG benannten öffentlichen Interessen können auch sonstige, im Gesetz nicht benannte öffentliche Interessen zur Rechtfertigung der Planung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen herangezogen werden. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich 2019 klargestellt, dass nach § 1 Abs. 2 S. 3 EnLAG und 127 § 1 Abs. 1 S. 3 BBPlG die Realisierung der Vorhaben nach diesen Gesetzen aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Eine wortlautgleiche Formulierung, die nun redundant geworden ist, befand sich bereits zuvor in § 1 S. 3 NABEG. Damit hat der Gesetzgeber für diese Vorhaben bereits die 132 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. 133 OVG Bautzen, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. 134 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. 283
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
Erfüllung dieser Ausnahmevoraussetzung vorgegeben. Für die energierechtlich planfeststellungspflichtigen oder planfeststellungsfähigen Vorhaben im Übrigen verbleibt die Herausforderung, die Erfüllung der Voraussetzung im Einzelnen fachlich zu begründen. In den Fällen, in denen eine vergleichbare fachliche Grundlage und Bedeutung für das jeweilige System besteht, lässt sich die Wertung des Gesetzgebers entsprechend übertragen. So verfügen beispielsweise die Vorhaben des Gas-Netzentwicklungsplanes über eine vergleichbar gute Darlegung des energiewirtschaftlichen Bedarfs wie die Vorhaben des Strom-NEP, nur, dass diese nicht in eine Bedarfsgesetzgebung überführt wurden und für sie dementsprechend auch keine vergleichbare gesetzliche Aussage zum öffentlichen Interesse und zur öffentlichen Sicherheit ausdrücklich getroffen wurde. Ähnlich verhält es sich mit den Verteilnetzvorhaben der NAPs. Auch wenn eine den Bedarfsgesetzen und § 1 S. 3 NABEG entsprechende Regelung im EnWG nicht enthalten ist, so verdeutlicht § 1 dennoch, dass die Herstellung einer sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung im öffentlichen Interesse steht, sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland als auch im Hinblick auf ein künftiges europäisches Strom- und Gasnetz. 128 Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses werden nach der Rechtsprechung des BVerwG solche Gründe anerkannt, die in ihrer Gewichtigkeit mit den in § 34 Abs. 4 BNatSchG genannten Gemeinwohlgütern vergleichbar sind.135 Rein private Interessen vermögen, wenn ihre Realisierung nicht zugleich auch öffentlichen Interessen dient, eine positive Abweichungsentscheidung nicht zu stützen.136 In Literatur und Rechtsprechung werden u. a. die wirtschaftliche Entwicklung einer Region und die Schaffung von Arbeitsplätzen als wirtschaftlicher Grund im Sinne des § 34 Abs. 3 BNatSchG anerkannt.137 Erforderlich ist insoweit, dass das wirtschaftliche Interesse einen konkreten Bezug zum Vorhaben haben muss.138 Auch hat die Rechtsprechung bestätigt, dass für Energieerzeugungsanlagen zwingende Gründe des öffentlichen Interesses sprechen können. Die Gewährleistung der Energieversorgung ist ein Gemeinschaftsinteresse hohen Ranges und darf vorrangig gefördert werden. Die Sicherung der Strom- und Fernwärmeversorgung ist ein öffentlicher Belang von erheblichem Gewicht, der die zu erwartenden Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets überwiegt, wenn plausibel dargelegt wird, dass das Vorhaben die Strom- und Fernwärmeversorgung sicherstelle, weil es angesichts des gesetzlich vorgesehenen Ausstiegs aus der Kernenergie und der Überalterung einiger fossiler Kraftwerke zu erheblichen Ausfällen an Kraftwerksleistung kommen werde.139 Bei der Planung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen gilt es folglich zu bedenken, 129 dass die öffentlichen Interessen an der Errichtung der Leitungen schwerer als das Integritätsinteresse des habitatrechtlichen Gebietsschutzes wiegen müssen. Voraussetzung für eine fehlerfreie Abwägung der gegenläufigen Interessen ist, dass das zwingende öffentliche Interesse umso gewichtiger sein muss, je schwerer die Beeinträchtigung der betroffenen Naturschutzbelange ist.140 Die Gewichtung des öffentlichen Interesses muss den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung berücksichtigen.141
135 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 136 Schumacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 84; Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 34 Rn 31; Jarass, NUR 2007, 371, 376.
137 BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 –; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 845. 138 BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 –. 139 VGH Mannheim, Urt. v. 20.7.2011 – 10 S 2102/09 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5.7.2007 – OVG 2 S 25/ 07 –.
140 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 85. 141 Sächsisches OVG, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. Fest/Riese
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(2) Alternativenprüfung. Für ein erfolgreiches Abweichungsverfahren ist es erforderlich, dass 130 der Vorhabenträger bzw. die Planfeststellungsbehörde nachweisen, dass zumutbare Alternativen zu dem gewählten Vorhaben oder Projekt nicht bestehen.142 Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die FFH-rechtliche Alternativenprüfung nicht Teil einer planerischen Abwägung.143 Die behördliche Alternativenprüfung steht nicht im Ermessen, sie unterliegt uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle.144 Das Bestehen einer Alternative setzt voraus, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche mit ihr erreichen lassen.145 Die Alternative orientiert sich stets an dem tatsächlich beabsichtigen Vorhaben. Der Vorhabenträger muss sowohl Standort- als auch Ausführungsalternativen prüfen. Die sog. Null-Variante scheidet als Alternative aus: Denn sprechen für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob auf das Vorhaben insgesamt verzichtet werden kann.146 Die Realisierung eines anderen Vorhabens stellt ebenfalls keine Alternative zum geplanten Vorhaben dar. Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn sie auf ein anderes Projekt hinausläuft.147 Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbstständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht nicht berücksichtigt zu werden.148 Die Alternativen zu dem geplanten Vorhaben müssen zumutbar sein.149 Das ist gem. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG n. F. dann der Fall, wenn der mit dem Vorhaben verfolgte Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes erreicht werden kann und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet ist. Der europarechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es rechtfertigen, dass naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen ausscheiden: das dem Vorhabenträger zugemutete Maß an Vermeidungsanstrengungen darf nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für die betroffenen gemeinschaftsrechtlichen Schutzgüter stehen. In diesem Zusammenhang können auch finanzielle Erwägungen den Ausschlag geben. Weil den Vorhaben ein Raumordnungsverfahren vorangegangen ist, stellt sich die Frage, ob eine Alternativenprüfung überhaupt noch erforderlich ist. Denn im Grunde sollte das Ergebnis des vorangegangenen Raumordnungsverfahrens deutlich machen, dass es zumutbare Alternativen zu dem Vorhaben nicht gibt. Indes muss unterstellt werden, dass die Alternativenprüfung in einem Raumordnungsverfahren nur eingeschränkt erfolgen kann. Sofern die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde insoweit Vermerke und Handlungsempfehlungen veröffentlich hat, sind diese gem. Art. 3 GG i. V. m. der Verwaltungspraxis zu beachten.
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(3) Kohärenzmaßnahmen. Führt die Errichtung, die Änderung oder der Betrieb einer Hoch- 136 und Höchstspannungsleitung zu einer erheblichen Beeinträchtigung FFH-geschützter Gebietsbestandteile mit der Folge, dass das Schutzgebiet diese Funktion nicht mehr voll wahrnehmen kann, so kann dies nicht ohne einen Ausgleich in Kauf genommen werden.150 Der Vorhabenträger muss die Durchführung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen anbieten. 142 143 144 145 146 147 148 149 150 285
Vgl. Winter, NuR 2010, 601 ff; BVerwG, Urt. v. 17.5.2002 – 4 A 28/01 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.5.2002 – 4 A 28/01 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. Fest/Riese
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen muss sich funktionsbezogen an der jeweiligen verursachten erheblichen Beeinträchtigung ausrichten, derentwegen sie ergriffen wird.151 Die notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen können folglich nur in Abhängigkeit von der Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzgebiets identifiziert werden.152 Als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt sind beispielsweise die Wiederherstellung oder Verbesserung bestehender Schutzgebiete oder die Neuanlage von Lebensräumen.153 Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfach138 lichen Maßstäben zu beurteilen.154 Nach der Rechtsprechung des BVerwG sind Kohärenzsicherungsmaßnahmen dann geeignete Maßnahmen, wenn nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht.155 137
139 cc) Artenschutz. Im Bereich des Artenschutzes ist zu prüfen, ob durch das Vorhaben im Hinblick auf die europäisch geschützten Arten (Arten nach Anhang IV FFH-Richtlinie und die Vogelarten gem. Art. 1 der VS-Richtlinie) Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG unter Berücksichtigung der Maßgabe nach § 44 Abs. 5 und 6 BNatSchG verwirklicht werden. Dies setzt zunächst eine ordnungsgemäße Bestandserfassung voraus.156 Dazu ist ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag mit den Planunterlagen einzureichen. In diesem Rahmen kommt den Vermeidungsmaßnahmen, wie z. B. sog. Vogelmarkern, herausragende Bedeutung zu.157 Sind Verbotstatbestände erfüllt, ist eine Überwindung der Verbote durch eine Ausnahme 140 nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich. Die Voraussetzungen für die Ausnahme sind in dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag darzulegen.158 Andere besonders geschützte Arten unterliegen im Rahmen der Planfeststellung nicht den 141 Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverboten des § 44 BNatSchG; diese werden ausschließlich im Rahmen der Eingriffsregelung nach § 13 ff BNatSchG behandelt.
142 dd) Nationale Schutzgebiete. Neben dem europäischen Gebiets- und Artenschutz bestehen weitere nationale Schutzgebietskategorien, die nicht vergleichbar europarechtlich unterlegt sind. Dazu zählen insbesondere Landschaftsschutzgebiete (§ 22 BNatSchG), Naturschutzgebiete (§ 23 BNatSchG), Nationalparke (§ 24 BNatSchG) und gesetzlich geschützte Biotope (§ 30 BNatschG). In einzelnen Ländern bestehen auch Biosphärenreservate (§ 25 BNatSchG). Naturschutzgebiete, Nationalparke und gesetzlich geschützte Biotope verfügen über gesetz143 liche Bauverbote, so dass eine neue Inanspruchnahme dieser Flächen grundsätzlich ausscheidet. Die bestehenden Ausnahmeregelungen sind entsprechend des hohen naturschutzfachlichen Werts der Flächen streng gefasst. Eine Relevanz für den Netzausbau entfalten diese Schutzgebietskategorien daher nur selten, z. B. wo die Schutzgebiete nachträglich unter Bestandsleitungen ausgewiesen wurden, die nun erneuert werden müssen. Landschaftsschutzgebiete und Biosphärenreservaten sind regelmäßig weitaus großräumi144 ger ausgewiesen und verfügen daher über eine große Flächenrelevanz für den Netzausbau. Hier kommt es zunächst auf die Schutzgebietsausweisung, insbesondere in einem Landschaftsplan oder einer Landschaftsschutzverordnung an. Dem für Landschaftsschutzgebiete 151 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. 152 BVerwG, Urt. v. 4.6.2017 – 4 A 16.16 –. 153 EU-Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, Stand: Januar 2007, S. 16 mit weiterführenden Anmerkungen zur Realisierung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 3.15, 4 A 4.15 –. Vgl. Rn 118 ff. Vgl. Rn 122 ff.
154 155 156 157 158
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bestehenden gesetzlichen Veränderungsverbot kann mit einer Befreiungsentscheidung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG begegnet werden, dessen Voraussetzungen bei Energieleitungen regelmäßig vorliegen dürften. Die meisten Schutzgebietsausweisungen stammen aus einer Zeit vor der Energiewende und haben sich bei der Festlegung der Veränderungsverbote nicht mit den Notwendigkeiten der Energiewende befasst. Teilweise wurde auch ohne besondere Zonierung verschiedener Landschaftsbildeinheiten einfach der Außenbereich eines Kreises als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Die Befreiungsgründe in § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sind einfacher gefasst als bei den europäischen Natura 2000-Gebieten.159 Das Vorliegen von Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, genügt. Dies ist vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen für Energieleitungen160 und von § 1 regelmäßig gegeben. Die Befreiungsentscheidung wird dann in den Planfeststellungsbeschluss einkonzentriert.
ee) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelungen (1) Allgemein. Unabhängig von der Festsetzung der Ausweisung etwaiger Schutzgebiete gilt 145 das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot. Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren (§ 13 BNatSchG). Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des BNatSchG sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können (§ 14 BNatSchG). Die Errichtung, Änderung oder der Betrieb der Hochspannungsleitung, ob Erdkabel oder Freileitung, sind grds. Eingriffe im Sinne des § 14 BNatSchG. Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen (§ 15 Abs. 1 BNatSchG). Der Vorhabenträger ist verpflichtet, solche Beeinträchtigungen zu unterlassen, die durch eine schonendere Ausführungsvariante am gleichen Standort vermieden werden können. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neugestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neugestaltet ist (§ 15 Abs. 2 BNatSchG). Bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens steht der Planfeststellungsbehörde ebenso wie bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Ggf. ist dabei an die Ausübung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative durch eine ihr in der Sache übergeordnete, oberste Naturschutzbehörde auf dem Erlasswege gebunden. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind im Einzelfall nach ständiger Rechtsprechung vom Gericht hinzu159 Vgl. Rn 122 ff. 160 Vgl. Rn 127. 287
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
nehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.161 Eine Begrenzung von Kompensationsmaßnahmen auf 25 Jahre ist angesichts einer Lebensdauer einer Leitung von 40 bis 80 Jahren nicht beanstandet worden, weil bei den gegenständlichen Pflanzungen davon ausgegangen werden kann, dass Bäume nach diesem Zeitraum von 25 Jahren hinreichend angewachsen sind und erfahrungsgemäß keiner Unterhaltungspflege mehr bedürften.162 Werden die mit der Errichtung von Leitungstrassen verbundenen Eingriffe im Einzelfall 152 nicht vollständig ausgeglichen oder kompensiert, sind sie nur zulässig, wenn die Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft gem. § 15 Abs. 5 BNatSchG ergibt, dass andere Belange im Range vorgehen. Wenn diese Belange vorgehen, sind Ersatzzahlungen gem. § 15 Abs. 6 BNatSchG zu leisten. Auch wenn die Bundesregierung vom Vorhaben einer umfassenden Bundeskompensationsverordnung seit deren Scheitern 2013 Abstand genommen hat und insoweit die Kompensationsregelungen der Länder weiter Anwendung finden, war mit dem Entwurf die Auffassung deutlich geworden, dass anders als bei den Eingriffen in den Naturhaushalt (z. B. für die Versiegelung des Mastfundaments oder der Erdkabelmuffe lässt sich an anderer Stelle eine Entsiegelung vornehmen) die Eingriffe in das Landschaftsbild durch neue Freileitungen ab einer Höhe von 20 Metern regelmäßig für nicht ausgleichbar oder ersetzbar im Sinne des § 15 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG erachtet werden.163 Der Verordnungsentwurf scheiterte letztlich nicht an diesem Regelungsvorschlag, sondern aus grundsätzlichen Kompetenzerwägungen. Die Länder schlugen vielmehr ausdrücklich vor, dass die vom Bund avisierten Regelungen auf den Netzausbau in Zuständigkeit des Bundes Anwendung finden sollten und erklärten sie damit in Sache implizit für gerechtfertigt.164 Dies hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus wieder aufgegriffen und für den Bereich der Vorhaben in Bundeszuständigkeit neue Verordnungsermächtigungen geschaffen und einen neuen Entwurf für eine Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft im Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung vorgelegt.165 Die neue Regelung adressiert damit den Bereich der Energieleitungen, die dem NABEG unterfallen und in Zuständigkeit der BNetzA fallen. Die nach § 43 von den Landesbehörden zu genehmigenden Leitungen bleiben davon unberührt. Es ist in der Sache allerdings überzeugend, dass eine landschaftsgerechte Wiederherstellung oder Neugestaltung der Landschaft im Sinne von § 15 Abs. 2 BNatSchG, sodass der unvoreingenommene Beobachter, der die vom Eingriff betroffene Örtlichkeit nicht kennt, diese danach nicht als Fremdkörper in der Landschaft erkennen kann, beim heutigen Netzausbau regelmäßig nicht mehr möglich ist. Bei modernen Freileitungsmasten handelt es sich um vertikale Strukturen mit der üblichen Höhe von rd. 80 Metern. Daher wird, wenn eine solche Anlage zugelassen wird, für diese Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes auch regelmäßig Ersatz in Geld zu leisten sein, nur eben nach den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen.166
161 162 163 164 165
BVerwG, Urt. v. 9.06.2004 – 9 A 11.03 –. BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 –. Vgl. § 12 Abs. 1 S. 3 BKompV-E, BR-Drucks. 332/13. Vgl. BR-Drucks. 332/1/13, Hauptempfehlung Nr. 1. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Referentenentwurf zur Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft im Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung vom 13.9.2019, https://www.bmu.de/gesetz/referentenentwurf-zur-verordnung-ueber-die-kompensation-von-eingriffenin-natur-und-landschaft-im-zus/. 166 Vgl. § 35 Abs. 5 LNatSchG NRW; Gemeinsamer Erlass der Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen über die „Ersatzgeldermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch Freileitungen mit Masthöhen über 20 Meter“, v. 25.10.2018 – Az. MULNV III-5 605.1320.03. Fest/Riese
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2. Beachtung zwingenden materiellen Rechts
EnWG § 43
(2) Ersatzgeld. Die Zahlung von Ersatzgeld wird nach § 15 Abs. 6 BNatSchG zulässig, wenn ein 153 Eingriff zulässigerweise durchgeführt wird, obwohl die Beeinträchtigung nicht zu vermeiden, nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen ist. Die Höhe der Ersatzzahlung richtet sich nach der Schwere und der Dauer des Eingriffs. Sie ist nach Möglichkeit vor dem eigentlichen Eingriff zu leisten. Sie umfasst die Kosten der 154 nicht durchgeführten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der Kosten für deren Planung und Erhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung des Personals und der Verwaltungskosten. Zusammengefasst handelt es sich hier um eine vollständige Kompensation zur Durchführung der Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durch die Behörde, die eigentlich durch den Vorhabenträger hätte erfolgen sollen. Ähnlich der gerichtlichen Anerkennung eines Repowering von Windenergieanlagen und damit eines Rückbaus von Altanlagen als Teilkompensation eines neuen Eingriffs kann davon ausgegangen werden, dass der Rückbau einer 220kV-Bestandstrasse für den Ersatzneubau einer 380kV-Bestandstrasse als Teilkompensation angerechnet werden kann.167 Dabei ist der Eingriff durch die Bestandstrasse nach aktuellem Verfahren fiktiv neu zu berechnen, um ihn für den Eingriff der neuen Trasse nach demselben Maßstab gegenrechnen zu können. Gegebenenfalls erforderliche und umzusetzende Kompensationsmaßnahmen für den Eingriff in den Naturhaushalt (§ 14 BNatSchG), Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 BNatSchG sowie artenschutzrechtliche Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen (§ 44 BNatSchG) können in den Fällen auf das ermittelte Ersatzgeld angerechnet werden, in denen die regelmäßig anzunehmende fehlende Ausgleichbarkeit nicht greift und sie zur nachhaltigen Gliederung und Anreicherung des Landschaftsbildes beitragen. Das Ersatzgeld ist nach § 15 Abs. 6 S. 7 BNatSchG zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden.
e) Immissionsschutzrecht. Die Planfeststellungsbehörde hat zu prüfen, ob das Vorhaben den 155 immissionsschutzrechtlichen Vorgaben entspricht. Immissionsschutzrechtlich sind vor allem die 26. BImSchV-Verordnung über elektromagnetische Felder sowie die Regeln der TA Lärm von Bedeutung.
aa) Elektromagnetische Felder. Die von den Hochspannungsleitungen ausgehenden elektro- 156 magnetischen Felder sind gem. § 3 Abs. 2 BImSchG Immissionen. Konkrete Vorgaben zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern ergeben sich aus § 22 Abs. 1 BImSchG i. V. m. der 26. BImSchV.168 Dort werden Grenzwerte hinsichtlich der elektrischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte von Niederfrequenzanlagen festgelegt, die im Einwirkungsbereich der Anlage in den Gebäuden oder auf Grundstücken, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, einzuhalten sind. Die Rechtsprechung erachtet diese Grenzwerte als ausreichend und dem Stand der Wissenschaft entsprechend.169 Dies gilt auch für die Befürchtung negativer Auswirkungen auf Nutztiere.170 Mit der Novellierung sind auch neue Vorgaben hinsichtlich Hochspannungsgleichstromleitungen und ein Minimierungsgebot zur Verbesserung des Schutzniveaus hinzugetreten. Die Einhaltung der magnetischen und elektrischen Feldstärkewerte gem. der 26. BImSchV muss durch den Vorhabenträger nachgewiesen werden. Die Minimierung ist ein abwägungserheblicher Belang.171 167 Vgl. VGH Kassel, Urt. v. 12.2.1993 – 4 UE 2744/90; VG Schleswig, Urt. v. 18.8.2009 – 1 A 5/08. 168 Vgl. allgemein zur 26. BImSchV Kutscheidt, NJW 1997, 2481. Die 26. BImSchV ist am 14.8.2013 neu gefasst worden, BGBl I 2013, 3266; Köck, ZUR 2014, 131.
169 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.1996 – 11 VR 46/95 –; Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 1.16; VGH Kassel, Urt. v. 22.3.1993 – 2 A 3300 –, – 2 A 3316/89 –.
170 OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 1.7.2011 – 1 KS 20/10 –. 171 BVerwG, B. v. 26.9.2013 – 4 VR 1.13 –. 289
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§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
157 bb) Koronaeffekte. Von zunehmend größerer Bedeutung ist angesichts verdichteter Räume – Wohn- und Gewerbenutzung – der Schallschutz. Von Hochspannungsfreileitungen gehen, insbesondere bei sehr feuchter Witterung, Koronaeffekte aus, die knistern oder brummen. Koronaeffekte entstehen durch Entladungen an Hochspannungsleitungen; dieser Effekt tritt auf, wenn ein elektrisches Potenzialgefälle eine Ionisierung bewirkt, die für eine Funkentladung nicht ausreicht, aber stark genug ist, Geräusche zu verursachen. 158 Maßstab für die Bewertung der Zulässigkeit des Vorhabens ist im Hinblick auf die Schallemissionen und die Schallimmissionen die TA Lärm. Sie schreibt an den relevanten Immissionsorten (Nr. 2.3 TA-Lärm) die höchstzulässigen Immissionsrichtwerte tags und nachts vor (Nr. 6 TA-Lärm). 159 Der Vorhabenträger hat systematisch wie folgt vorzugehen: in einem ersten Schritt werden die Gebiete identifiziert, die einer bestimmten Art der Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung zuzuordnen sind. In der Regel unproblematisch ist dies bei entsprechenden Festsetzungen in Bebauungsplänen. Fehlt eine entsprechende Festsetzung, muss anhand der tatsächlichen Gegebenheiten eine Einordnung vorgenommen werden. Im regelmäßig von Freileitungen betroffenen Außenbereich gilt der Mischgebietswert, wobei der niedrigere Nachtwert von 45 dB(A) regelmäßig maßgeblich ist.172 Im Einzelfall kann das jeweilige Schutzniveau an die tatsächlichen Umstände angepasst werden, wenn die tatsächliche oder im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung die tatsächlichen Gegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigt. Eine derartige Anpassung des Schutzniveaus – abweichend von den in den Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsarten – muss die Ausnahme bleiben und daher sorgfältig erfolgen. Maßgeblich ist, ob das Schutzniveau insgesamt tatsächlich heruntergestuft und die zulässige Schallemission hochgesetzt werden kann. Lassen die tatsächlichen Nutzungen ein derartiges Vorgehen zu, ohne dass die Interessen der Betroffenen angemessen beeinträchtigt werden, so ist dieses methodische Vorgehen grds. zulässig. Zu unterscheiden ist diese Korrektur von der Gemengelage, also, wenn gewerblich, industri160 ell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Nr. 6.7 TA-Lärm). Dieses Aufeinandertreffen hat zur Folge, dass sich das regelhaft vorgegebene Zumutbarkeitsmaß in dem einen Gebiet erhöht und in dem anderen vermindert.173 Ein unmittelbares räumliches Aneinandergrenzen der unterschiedlichen Gebiete ist für die Annahme einer Gemengelage nicht erforderlich.174 Es müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit des Zwischenwertes die Ortsüblichkeit und 161 die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzungen von Bedeutung ist. Die Obergrenze für Gemengelagen darf die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nicht überschreiten (Nr. 6.7 Abs. 1, S. 2 TA Lärm). Der Stand der Lärmminderungstechnik ist einzuhalten (Nr. 6.7 Abs. 1, S. 3 TA Lärm).
3. Abschnittsbildung 162 Vorhaben können in selbstständigen Abschnitten untergliedert verwirklicht werden.175 Die planungsrechtliche Abschnittsbildung ist als richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebo-
172 Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 1.7.2011 – 1 KS 20/10 –. 173 BVerwG, Beschl. v. 12.9.2007 – 7 B 24/07 –; BVerwG, Beschl. v. 6.2.2003 – 4 BN 5/03 –; VGH München, Beschl. v. 5.6.2009 – 10 CS 09/1313 –.
174 OVG Lüneburg, Urt. v. 14.2.2007 – 12 LC 37/07 –; VGH Mannheim, Beschl. v. 26.2.2004 – 10 S 951/03 –. 175 BVerwG, Beschl. v. 1.9.1965 – IV C 180.65 –; BVerwG, Beschl. v. 22.3.1973 – IV B 158.72 –; BVerwG, Urt. v. 26.6.1981 – 4 C 5.78 –; BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/91 –; BVerwG, Beschl. v. 26.6.1992 – 4 B 1 11/92 –. Fest/Riese
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3. Abschnittsbildung
EnWG § 43
tes176 nicht voraussetzungslos zulässig,177 weil sie ein gewisses Erschwerungspotenzial für den Rechtsschutz Betroffener bietet. Während die Abschnittsbildung im EnWG gesetzlich nicht geregelt ist, wird sie im NABEG in § 19 S. 2 als Instrument der Verfahrensbeschleunigung erwähnt. Die Streckenbildung entscheidet über den Umfang des planfestzustellenden Verfahrensge- 163 genstandes. Als solche wird ihre Rechtmäßigkeit als Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses kontrolliert. Zulässig ist die Abschnittsbildung, wenn sachliche Gründe für die Aufteilung des Gesamtvorhabens sprechen, sodass sie vernünftigerweise geboten ist. Es ist nicht erforderlich, dass zwingende Gründe eine Abschnittsbildung erfordern. Die Grenze für eine zulässige Abschnittsbildung liegt vielmehr darin, dass die Abschnittsbildung nicht dazu dienen darf, bestehenden oder befürchteten Konflikten ohne sachlichen Grund aus dem Weg zu gehen und einer Lösung zu entziehen. Die Bildung von Abschnitten bietet sich besonders bei umfangreichen Vorhaben an sowie in den Fällen, in denen die Verwirklichung bestimmter Abschnitte besonders dringlich oder besonders konfliktbelastet ist.
a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenabschnitten. Die Bildung von Trassenabschnit- 164 ten muss gerechtfertigt und insbesondere mit den Anforderungen des Abwägungsgebotes und dem Gebot der Problembewältigung vereinbar sein.178 Dies gilt sowohl, wenn die Abschnittsbildung auf Antrag des Vorhabenträgers oder von Amts wegen vorgenommen wird. Da die Abschnittsbildung der Rechtfertigung bedarf, ist auf die Notwendigkeit der Abschnittsbildung gesondert in den Antragsunterlagen einzugehen. Zur Rechtfertigung muss vorgetragen werden, dass sich in den unterschiedlichen Abschnit- 165 ten verschiedene Konflikte erwarten lassen, deren Bewältigung gerade durch die Abschnittsbildung erleichtert wird.179 Dabei geht es nicht darum, Abschnitte zu bilden, um Konflikten zu entgehen, sondern um die Konfliktbewältigung zu optimieren. Die Komplexität des Konfliktpensums kann sich in der Gruppe der Betroffenen oder den besonderen fachrechtlichen Anforderungen abzeichnen. Der dem Fachplanungsrecht innewohnende Grundsatz der umfassenden Problembewälti- 166 gung erfordert, dass Abschnitte nur in Vorschau auf nachfolgende Teile genehmigt und umgesetzt werden dürfen. Die Abschnittbildung muss demnach auf einer bereits fortgeschrittenen Gesamtplanung basieren und sich durch diese begründen lassen.180 Im Hinblick auf diese muss die Bildung von Abschnitten aus sich selbst heraus inhaltlich gerechtfertigt erscheinen.181 Das ist der Fall, wenn anzunehmen ist, dass sie die Verwirklichung des Vorhabens praktikabler und das Verwaltungsverfahren insgesamt durch die Reduktion von Komplexität in den Abschnitten effizienter macht. Eine sachliche Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung erfordert aber nicht, dass der betreffende Abschnitt auch eine selbständige Versorgungsfunktion hat.182
b) Vorläufige positive Gesamtprognose. Die Zulassung des Vorhabens in einzelnen, selbst- 167 ständigen Abschnitten ist nur zulässig, wenn hinsichtlich des Gesamtvorhabens eine positive Prognose abgegeben werden kann. Das ist der Fall, wenn der Realisierung des Gesamtvorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Es ist zu vermeiden, dass einzelne 176 Zum EnLAG BVerwG, Beschl. v. 22.6. 2010 – 7 VR 4.10 –; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/91 –; BVerwG, Beschl. v. 23.3.1973 – IV B 158.72 –. Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 29. Kopp/Schenke, § 72 Rn 30. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4/10 –; BVerwG, Beschl. v. 24.5.2012 – 7 VR 4/12 –. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6. 1992 – 4 B 1 11/92 –; BVerwG, Beschl. v. 21.12.1995 – 11 VR 6/95 –. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.12.2008 – 9 B 28/08 –. BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 3.15, 4 A 4.15 –.
177 178 179 180 181 182 291
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
Abschnitte genehmigt oder gar realisiert werden, ohne dass die Gesamtkonzeption genehmigungsfähig oder realisierbar ist. Abschnitte des Gesamtvorhabens sind in der Regel konzeptionell in eine Gesamtplanung eingebunden,183 sodass sie bei isolierter Betrachtung184 Schwächen aufweisen, die durch das Gesamtvorhaben gerechtfertigt werden.185 Die Verbundenheit der Teilabschnitte muss sich in einem „planerischen und insbesondere konzeptionellen Zusammenhang“ zeigen.186 Hintergrund der Betrachtung der Gesamtkonzeption ist die Gewährleistung der effektiven Problembewältigung in dem in Abschnitten untergliederten Verfahren wie in einem einheitlichen Verfahren. Der Untersuchungsrahmen, beispielsweise für Alternativen, darf durch die Aufteilung des Vorhabens in Abschnitte nicht durch zwischenzeitliche Schaffung vollendeter Tatsachen derart eingeengt werden, dass die sich durch das Gesamtvorhaben stellenden Probleme unbewältigt bleiben.187 Für die Betrachtung der Gesamtkonzeption erforderlich und ausreichend ist eine Gesamtschau,188 die mit einem „vorläufig positiven Gesamturteil“ abgeschlossen wird und in das Verfahren des jeweiligen Abschnitts Eingang findet.189 Die Gesamtschau ist mit einer gröberen Prüfungsintensität vorzunehmen; die Vorteile der Abschnittsbildung sollen dadurch freilich nicht aufgehoben werden. Diese Einschätzung wird besonders schwerfallen, wenn bereits feststeht, dass künftig Abschnitte durch besondere Schutzgebiete führen werden. Doch ist auch die Einschränkung ausgewiesener Schutzgebiete grds. nicht undenkbar. So ist es möglich, dass auch bereits im Rahmen der Gesamtschau Abweichungsverfahren oder Ausgleichsmaßnahmen vorausschauend in Betracht gezogen werden, um nicht zur Unüberwindbarkeit eines Hindernisses zu gelangen.190 Im Verfahren für einen selbstständigen Abschnitt müssen daher auch die nachfolgenden Abschnitte betrachtet werden.191 Mit Blick auf die nachfolgenden Abschnitte darf die Verwirklichung der nachfolgenden Abschnitte nicht von vornherein unüberwindbaren Hindernissen ausgesetzt sein.192 Nachfolgende Abschnitte müssen jedoch noch nicht Gegenstand eines konkreten Planungsverfahrens sein.193
172 c) Antrag. Der Vorhabenträger ist durch die Abschnittsbildung berechtigt, die Anträge und Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren sukzessive einzureichen. Ob es darüber hinaus zulässig ist, einen Planfeststellungsbeschluss über einen Abschnitt zu erlassen, bevor ein weiterer Abschnitt überhaupt beantragt ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Man wird dies auf der einen Seite nicht strikt verlangen können. Auf der anderen Seite ist eine positive Prognose des Gesamtvorhabens nur dann möglich, wenn eine gewisse Verfestigung der Planung auf die übrigen Abschnitte eingetreten ist. Diese Verfestigung dürfte regelmäßig dann erreicht sein, wenn die Antragsunterlagen für die weiteren Abschnitte fertiggestellt sind. Einer formellen Beantragung bedarf es nicht; die Behörde muss aber diese weiteren Planungen kennen, um die von ihr vorzunehmende Abwägung und Prognose durchführen zu können.
183 184 185 186 187 188
Vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/92 –. Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.2.1996 – 4 A 27/95 –. BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/92 –. BVerwG, Urt. v. 21.1.1998 – 4 VR 3.97 –. BVerwG, Beschl. v. 2.11.1992 – 4 B 205/92 –. BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 – 9 B 38/07 –; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 –; VGH München, Urt. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40007 –. 189 VGH München, Urt. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40007 –. 190 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 –. 191 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 A 4/04 –. 192 BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 A 4/04 –. 193 BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 – 4 A 47/96 –. Fest/Riese
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3. Abschnittsbildung
EnWG § 43
Die Abschnittsbildung ist auf Antrag des Vorhabenträgers zu prüfen. Die Antragstellung hat 173 im Grundsatz zwei Rechtswirkungen: sie ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Einleitung des Verwaltungsverfahrens und gleichzeitig auch materiell-rechtlich die Voraussetzung für die Feststellung des Plans; im Antrag wird die Reichweite des Abschnitts bestimmt. Die Behörde hat dabei ihre Ermessenspflicht auszuüben. Maßstab für die Ermessensausübung ist die Sachdienlichkeit der Abschnittsbildung unter Beachtung des notwendigen positiven Gesamturteils für das Vorhaben insgesamt. Eine Abschnittsbildung ohne entsprechenden Antrag des Vorhabenträgers ist nicht zuläs- 174 sig.
d) Planrechtfertigung. Für das Gesamtvorhaben muss eine Planrechtfertigung nachgewiesen sein.194 Bislang ungeklärt ist, welche Anforderungen an die Planrechtfertigung der Abschnitte zu stellen sind. Auf der einen Seite soll die Abschnittsbildung zulässig sein, um bestimmte Konfliktfelder optimiert zu lösen, das Verfahren zu beschleunigen und dem Vorhabenträger sukzessive Planungssicherheit zu verschaffen. Auf der anderen Seite muss verhindert werden, dass die Abschnittsbildung zu einem Torso führt oder bestehende Konflikte integriert werden. Besonders bei langstreckigen, planfeststellungsfähigen Energieleitungen werden Abschnitte in der Regel nicht selbstständig über eine ausreichende Planrechtfertigung verfügen, sondern auf die des Gesamtvorhabens zurückgreifen. Im Fernstraßenrecht ordnet die Rechtsprechung dies als nicht hinreichende materiell-rechtliche Voraussetzung ein und fordert für jeden Abschnitt eine selbstständige Verkehrsfunktion.195 Danach muss also aus ex ante-Sicht gewährleistet sein, dass bereits die Verwirklichung eines Abschnitts in der Weise sinnvoll ist, dass der Abschnitt eine eigene Funktion wahrnehmen kann. Das Kriterium gilt nicht generell als Grundsatz des Fachplanungsrechts und wurde im Eisenbahnrecht nicht implementiert.196 Offengeblieben ist, ob die Rechtsprechung diese Anforderungen auch an energiewirtschaftliche Vorhaben stellt.197 Abschnitte planfeststellungsfähiger Energieleitungen erfordern keine jeweils selbstständige Verkehrsfunktion. Das ergibt sich bereits aus praktischen Überlegungen. Ein Straßenabschnitt kann – sofern er in sich fertiggestellt ist – benutzt werden. Solche Abschnitte werden genutzt, wie die sukzessive Realisierung von Bundesautobahnen oder Bundesstraßen zeigt. Eine nicht fertiggestellte Hochspannungsleitung – sei es als Erdkabel oder als Freileitung – ist indes nicht nutzbar. Eine Energieleitung benötigt am Anfang und am Ende einen Anschluss an das Netz, einen Abschnitt oder einen Erzeuger. Nur wenn ein Stück Leitung zu einem Anschlusspunkt oder einem Erzeuger oder einem Abnehmer führt, ist eine Nutzung überhaupt denkbar. Dies bestätigt die Zieldefinition des EnWG: während in § 1 Abs. 1 S. 1 FStrG auf die Bildung eines „zusammenhängenden Verkehrsnetzes“ abgestellt wird, ist eine entsprechende Formulierung in § 1 Abs. 1 nicht enthalten. Der Konflikt zwischen Verfahrensbeschleunigung und Vermeidung halbfertiger Projekte kann im Zweifelsfall dadurch abgemildert werden, dass die Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Abschnitt mit der Bedingung versehen wird, dass mit dem Bau erst begonnen werden kann, wenn die gesamte Leitung genehmigt ist. Dieses auf den ersten Blick verlockende Vorgehen stößt allerdings dann auf Bedenken, wenn die Verfahrensbeschleunigung auch dadurch erreicht werden soll, dass der Vorhabenträger gerade abschnittsweise mit dem Bau beginnen kann, und zwar auch dann, wenn ein weiterer Abschnitt noch nicht planfestgestellt ist. Im Ergebnis wird man wohl abwägen müssen, ab wann ein positives Gesamturteil für 194 Vgl. oben Rn 76 ff. 195 BVerwG, Beschl. v. 2.11.1992 – 4 B 205/92 –; BVerwG, Urt. v. 8.6.1995 – 4 C 4/94 –. 196 BVerwG, Beschl. v. 21.12.1995 – 11 VR 6/95 –; im Anschluss daran: BVerwG, Beschl. v. 30.12.1996 – 11 VR 25/ 95 –.
197 BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 –. 293
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IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
die Realisierung des Gesamtvorhabens gefällt werden kann. Besteht eine ausreichende Sicherheit, bedarf es einer wie zuvor beschriebenen Bedingung nicht.
179 e) Rechtsschutz. Die Planfeststellung von Abschnitten eines gesamten Vorhabens und die Vorbehaltsentscheidung haben Konsequenzen für den Rechtschutz: – Jeder Planfeststellungsbeschluss und jede Plangenehmigung – auch sofern diese nur einzelne Abschnitte umfassen – ist rechtsmittelfähig. – Jede Abschnittsbildung ist am eigenen Verfahren mit eigener Öffentlichkeitsbeteiligung – soweit gesetzlich gefordert – durchzuführen. – Private und Umweltverbände haben in jedem einzelnen Verfahren ggf. Einwendungen zu erheben. – Sind verschiedene Plangenehmigungen oder Planfeststellungsbeschlüsse über Abschnitte über Bedingungen oder Auflagen miteinander verbunden, kann sowohl der eigentliche Beschluss bzw. die Genehmigung rechtsmittelfähig sein und darüber hinaus der – spätere – Eintritt der Bedingung oder das Wirksamwerden einer etwaigen Auflage. – Vorbehaltsentscheidungen sind in der Regel zweistufig. Beide Stufen – Erlass der Vorbehaltsentscheidung und Aufhebung des Vorbehalts – sind rechtsmittelfähig.
4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3) 180 a) Allgemeines. Bei der Planfeststellung sind gem. S. 3 die vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Dieses Gebot umfasst den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis.198 Das rechtsstaatliche Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine Abwägung nicht 181 stattgefunden hat, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge einzustellen war, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zum objektiven Gewicht einzelner Belange außer Verhältnis steht.199 Planung ist der komplexe Prozess der Gewinnung, Auswahl und Verarbeitung von Informa182 tionen, der Zielsetzung und der Auswahl einzusetzender Mittel.200 Hieraus folgt auch der planerische Grundsatz der Konfliktbewältigung, wonach durch eine Planung keine neuen Problemlagen geschaffen werden dürfen und bei der Planaufstellung bereits alle möglichen Konflikte vorausschauend betrachtet werden müssen.201 Das mit der fehlerfrei durchgeführten UVP das für die Planungsbehörde relevante Abwägungsmaterial zutreffend bestimmt worden ist,202 mag im Einzelfall überzeugen, sich jedoch nicht auf Fälle mit Herausforderungen jenseits der UVP übertragen lassen.203 Ein optimales Abwägungsergebnis zu erreichen, ist eine Aufgabe, die den Vorhabenträger 183 und auch die Behörde vor erhebliche Herausforderungen stellt. Diese Herausforderung bedingt, 198 BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 – IV C 50/72 –. Vgl. auch Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 300 ff; Hoppe/Bönker/Grotefels, S. 166 ff. 199 Vgl. nur BVerwG, Urt. v 12.12.1969 – IV C 105/66 –; BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 – IV C 21/74 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 – 4 BN 40/10 –; BVerwG, Urt. v. 29.11.2017 – 7 A 17/12 –, BVerwGE 161,17-52, Rn 63. Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 336 ff. 200 BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 –. 201 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 1.11.1974 – IV C 38/71 –; BVerwG, Urt. v. 9.3.1979 – 4 C 41/75 –; BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 BN 4/97 –; BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –. 202 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.3.2020, OVG 11 A 7.18, Rn 175. 203 vgl. Klewar, IR 2020, 183-185. Fest/Riese
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4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3)
EnWG § 43
dass Planungsnormen der Verwaltung zwangsläufig große Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten einräumen; Planung ohne Gestaltungsfreiheit wäre ein Widerspruch in sich.204 Die Gestaltungsfreiheit der Planungsbehörden folgt bereits daraus, dass die Normen des Planungsrechts final programmiert sind und eine ziel- und zweckgerichtete Festlegung von verbindlichen Handlungs- und Entscheidungsrahmen enthalten.205 Die zur Überprüfung der Planfeststellungen aufgerufenen Gerichte räumen den Behörden eine gewisse planerische Gestaltungsfreiheit ein, die letztlich einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist, wenn das Abwicklungsmaterial vollständig erfasst und in sich richtig gewichtet ist.206 Dies ist maßgeblich für die notwendige Planung und Rechtssicherheit, die erreicht werden muss. Denn im Grunde ist jedes Abwägungsergebnis diskutierbar.
b) Alternativenprüfung. Nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen müssen 184 grds. alle ernsthaft in Betracht kommenden Planungsalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden.207 In praktischer Hinsicht werden Alternativen und Varianten vornehmlich betrachtet und bewertet, um nachzuweisen, dass die festgestellte Trasse die vorzugswürdigste ist. Planungsalternativen von Energieleitungen können sich sowohl auf die Führung der Tras- 185 sen als auch auf die Ausführung des Vorhabens beziehen. Der Begriff der Alternative ist von einem anderen Vorhaben zu unterscheiden. Die Alterna- 186 tivenprüfung verlangt nicht, dass der Vorhabenträger oder die beteiligte Behörde ein völlig anderes Vorhaben prüfen muss, um deren Realisierung mit dem beantragten Vorhaben zu vergleichen.208 Dies hätte zur Konsequenz, dass eine unbegrenzte Zahl von Alternativen betrachtet werden müsste. Eine solche Alternativenprüfung ist unrealistisch; sie wird von den überkommenen Grundsätzen der Alternativenprüfung nicht gefordert. Geht man von dieser Differenzierung zwischen Alternative und anderen Vorhaben aus, so stellt sich die Frage, welches das Vorhaben ist, innerhalb dessen die Alternativen geprüft werden müssen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ein Vorhaben definiert wird durch den Ausgangspunkt A und den Endpunkt B. Verschiedene Trassenverläufe innerhalb des Bereichs zwischen Endpunkt und Anfangspunkt können als Alternativen angesehen werden. Sie müssen freilich ausreichend ermittelt werden, um Abwägungsfehler vermeiden zu können.209 Einwendungen, ob die Trassenführung vom Ausgangspunkt A zum Endpunkt B überhaupt zulässig ist, ist hingegen eine Frage der Planrechtfertigung, nicht der Alternativenprüfung. Im Rahmen der Alternativenprüfung ist es nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden, wenn die Vorbelastung für die Bewertung von Trassenalternativen herangezogen wird.210 Insofern ist es möglich die tatsächliche Vorbelastung durch eine Bestandstrasse schutzmindernd zu berücksichtigen. Dies fällt bei einem Großteil des Übertragungsnetzausbaus ins Gewicht. Dabei sollte die Vorbelastung nicht ausnahmslos und unterschiedslos, sondern schutzgutspezifisch betrachtet werden. Die Schutzwürdigkeit eines Grundstücks wird dadurch erheblich gemindert, dass die schutzwürdige Nutzung nach Errichtung einer Hochspannungsleitung in deren Einwirkungsbereich begründet wird. Auch das Interesse an der Vermeidung einer Mehrbelastung kann aus diesem Grund hinter anderen abwägungsrelevanten Belangen zurückstehen.211 204 205 206 207
BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 – IV C 21/74 –. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66 –; Hoppe/Bönker/Grotefels, S. 175 ff. BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79/76 –; BVerwG, Urt. v 29.1.1991 – 4 C 51/89 –. Vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –; BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 – 9 VR 5/06 –; BVerwG, Beschl. v. 9.4.2003 – 9 A 37/02 –; BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 – jeweils m. w. N. 208 Vgl. Schink, DÖV 2011, 905, 914. 209 BVerwG, Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5.17, 4 A 7.17 und 4 A 11.17 –. 210 BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 3.15, 4 A 4.15 –. 211 BVerwG, Beschl. v. 28.3.2020 – 4 VR 5/19 –. 295
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§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
Gegenstand des Verfahrens ist die vom Vorhabenträger beantragte Trasse. Das Planfeststellungsverfahren wird als Antragsverfahren auf Grundlage des vom Vorhabenträger eingereichten Plans durchgeführt. Die Planfeststellungsbehörde kann von sich nur eine Planalternative feststellen, die den eingereichten Plan lediglich modifiziert. Es ist ihr nicht erlaubt, über eine Modifikation hinaus vom Antrag abzuweichen. Drängt sich ihr eine Planungsalternative auf, die mehr als eine Modifizierung des eingereichten Plans ist, muss sie bei dem Vorhabenträger auf eine Planänderung hinwirken, oder, wenn dieser sich darauf nicht einlässt, die Planfeststellung in der beantragten Form ablehnen, wenn die Feststellung des eingereichten Plans aufgrund der vorziehenden Planungsalternative rechtswidrig wäre. Ebenso ist es grds. Teil der planerischen Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers, die Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung einer Alternativtrasse zu bestimmen.212 188 Innerhalb dieses Rahmens erfolgt die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials. Diese ist als offener Vorgang der Informationsgewinnung und -verarbeitung angelegt, der ziel- und ergebnisorientiert und so konkret sein muss, dass eine sachgerechte Entscheidung möglich ist. Die Planfeststellungsbehörde hat bei der vergleichenden Betrachtung von Trassenalternativen den Sachverhalt soweit aufzuklären, wie dies nach ihren Zielvorstellungen für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Planungsverfahrens erforderlich ist.213 Zwar ist der Abwägungsvorgang fehlerhaft, wenn die Planfeststellungsbehörde bestimmte Planungsvarianten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials nicht beachtet. Dies setzt jedoch voraus, dass eine bestimmte Alternativlösung nach Lage der Dinge ernsthaft in Betracht kommt, sie sich anbietet oder gar aufdrängt, zumindest aber naheliegt.214 Ob dies der Fall ist, kann sich ggf. erst aufgrund einer gerichtlichen Beweisaufnahme klären lassen.215 Die Planung eines Vorhabens, das einen wertvollen und schutzwürdigen Naturraum durchschneidet, kann etwa an einem Abwägungsfehler leiden, wenn Alternativen, die in diesen Raum nicht eingreifen, nicht ausreichend untersucht worden sind.216 189 Zu den einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den vom Vorhabenträger eingebrachten und den von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Planfeststellungsverfahrens vorgeschlagen werden.217 Andererseits ist im gerichtlichen Verfahren eine Behauptung, eine bestimmte Trassenalternative wäre ernsthaft in Betracht gekommen und hätte sich aufdrängen müssen, nicht schlüssig, wenn diese Trasse trotz einer ausgedehnten Variantendiskussion im Planfeststellungsverfahren von niemandem, auch nicht von dem mit entsprechendem Sachverstand ausgestatteten anerkannten Naturschutzverein, ins Gespräch gebracht worden ist.218 Die Planfeststellungsbehörde ist aber nicht verpflichtet, die Prüfung von Standortalternati190 ven bis zuletzt offen zu halten. Sie braucht den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Wahl der Trasse und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, Varianten in jeder Beziehung gleich intensiv zu prüfen, sondern darf eine Variante, die aufgrund einer Grobanalyse weniger geeignet erscheint, in einem früheren Verfahrensstadium ausscheiden.219 Wird in dieser Weise verfahren, ist die Planung nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine von ihr verworfene 187
212 BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –. 213 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –. 214 BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – IV C 58/81 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 –. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –. BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Urt. v. 24.9.1997 – 4 VR 21/96 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –.
215 216 217 218 219
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296
4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3)
EnWG § 43
Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdigere hätte aufdrängen müssen.220 Im Rahmen der Abwägung ist zu prüfen, ob die mit der Planung verfolgten Ziele an einem 191 anderen Standort unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen verwirklicht werden können.221 Stehen mehrere (vom Vorhabenträger eingebrachte) Trassenalternativen in engerer Auswahl, können eine unterschiedliche Eingriffsintensität und ein unterschiedlicher Grad der Kompensation bei gleicher Zielsetzung bei einer sachgerechten Auswahl grds. nicht außer Betracht bleiben.222 Die Bestätigung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht.223 Dabei steht es der Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer allgemein bestehenden rechtlichen und fachgesetzlichen Bindungen grds. frei, die Bewertungskriterien festzulegen.224 Hinsichtlich der Ausführungsalternativen ist darauf hinzuweisen, dass § 2 Abs. 2 EnLAG abschließend für Vorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Planfeststellungsbehörde vom Vorhabenträger die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels gegen dessen Willen verlangen kann.225 Ist das zur Planfeststellung gestellte Projekt kein Pilotvorhaben nach § 2 Abs. 1 EnLAG, ist ein solches Verlangen ausgeschlossen. Es kann auch nicht auf das Abwägungsgebot des § 43 Abs. 3 EnWG gestützt werden. Die im EnLAG normierte Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens eines Pilotvorhabens verlöre ihren Sinn, wenn die Planfeststellungsbehörde bei ihrem Fehlen dem Vorhabenträger als Ergebnis einer fachplanerischen Abwägung Errichtung und Betrieb eines Erdkabels aufgeben könnte, das mit Eingriffen in die Rechte des Vorhabenträgers und der Grundeigentümer verbunden wäre.226 Gleiches gilt für die Vorhaben nach Bundesbedarfsplangesetz in Landeszuständigkeit, die nicht über eine Kennzeichnung für eine Erdkabelausführung enthalten. In der gerichtlichen Kontrolle ist zu prüfen, ob es überhaupt objektiv eine sachgerechte 192 Alternative zu der angegriffenen Planung gab, die im Planfeststellungsbeschluss nicht erörtert wurde. Kommt das Gericht hierbei zu dem Ergebnis, dass eine Planungsalternative gegeben sei, so hat es zu prüfen, ob diese Alternative auch im Abwägungsvorgang hätte ermittelt und gewertet werden müssen.227 Eine bestimmte Trassenwahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre.228 Es ist nicht Aufgabe der Judikative, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren” Planung leiten zu lassen. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn sich eine alternative Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, darstellen würde, wenn sich diese Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist.229 Die Bewertung der privaten und öffentlichen Belange und ihre Gewichtung im Verhältnis untereinander macht das Wesen der Planung als einer im Kern politi220 221 222 223 224 225 226 227 228 229
BVerwG, Urt. v. 25.1.1996 – 4 C 5/95 –. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. BVerwG, Beschl. v. 9.4.2003 – 9 A 37/02 –. BVerwG, Beschl. v. 15.5.1996 – 11 VR 3/96 –. vgl. BVerwG, Urt. v. 3.4.2019 – 4 A 1.18 – BVerwGE 165, 166. vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.7.2020 – 4 VR 7/19, 4 VR 3/20 –. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. Bayer. VGH, Urt. v. 19.6.2012 – 22 A11.4018 –. BVerwG, Urt. v. 13.5.2009 – 9 A 72/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 21.5.2008 – 9 A 68/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –. 297
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§ 43 EnWG
IV. Materiell-rechtliche Anforderungen
schen Entscheidung aus, die gerichtlich nur auf die Einhaltung rechtlicher Schranken hin überprüfbar ist.230
193 c) Alternativenprüfung nach FFH und Artenschutz. Die Alternativenprüfung im Rahmen der Abwägungsentscheidung innerhalb eines Planfeststellungsverfahrens ist abzugrenzen von der naturschutzfachlichen Alternativenprüfung, die sich aus folgenden Gesichtspunkten ergeben kann: – Prüfung zumutbarer Alternativen im Rahmen eines Abweichungsverfahrens nach FFHRecht, – Überprüfung zumutbarer Alternativen nach Artenschutz und – mittelbare Alternativenprüfung aufgrund des naturschutzrechtlich allgemein geltenden Grundsatzes des Vermeidungsgebotes.231 194 Im Falle der erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes ist – will der Vorhabenträger eine positive Entscheidung über seinen Antrag erhalten – ein Abweichungsverfahren erforderlich. Dieses richtet sich nach Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 BNatSchG und den einschlägigen Landesnaturschutzgesetzen der Länder. Eine Voraussetzung für die Durchführung eines Abweichungsverfahrens ist die Prüfung, ob zumutbare Alternativen bestehen. Eine zumutbare Alternative ist in diesem Fall weiter zu verstehen, als die Alternativenprüfung bei der Abwägungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren. Eine Alternative kann auch eine völlig neue Trassenführung sein, auch unter Abänderung von Anfangspunkt und Endpunkt. Diese Alternative muss indes zumutbar sein. Die Zumutbarkeit orientiert sich an einer Gesamtbelastung, die mit einer anderen Trasse oder einer anderen Trassenführung verbunden wäre. Dabei kann nicht allein darauf abgestellt werden, ob für den Vorhabenträger selbst die Alternative zumutbar ist oder nicht. Vielmehr umfasst die Zumutbarkeitsprüfung auch das Interesse an der Herstellung eines konsistenten Umleitungsnetzes, das der sicheren Energieversorgung dienen soll. Dieses öffentliche Interesse wird im Einzelfall für den Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sprechen und Einfluss auf die Bewertung der Zumutbarkeit haben. 195 Die artenschutzrechtliche Abweichungsprüfung sieht ebenfalls für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Arten eine Alternativenprüfung vor. Diese orientiert sich grds. an den gleichen Maßstäben wie im FFH-Recht. Auch hier gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der sich vor allem an der Frage kristallisiert, welche Maßnahme noch eine Alternative ist und welche Alternative zumutbar ist. 196 Mittelbar kann es zu einer Alternativenprüfung kommen im Hinblick auf das naturschutzfachlich generell geltende Vermeidungsgebot. Die Frage, ob ein Eingriff vermieden werden kann oder nicht, führt unmittelbar zu der Frage, welche Maßnahmen getroffen und umgesetzt werden können, um den beantragten Eingriff zu vermeiden. Dies führt letztlich mittelbar zu einer Alternativenprüfung. Der allgemeine Vermeidungsgrundsatz und die damit verbundene Alternativenprüfung müssen sich allerdings in dem Rahmen bewegen, der das vom Vorhabenträger gekennzeichnete Vorhaben betrifft. Im Naturschutzrecht bleibt es daher bei dem beantragten Vorhaben. Der Vorhabenträger muss im Rahmen des Vermeidungsgebotes nicht neue oder andere Vorhaben betrachten. Maßgeblich sind allein etwaige Alternativen innerhalb der antragsgegenständlichen Trasse. 197 Die engere Auswahl mehrerer Trassenvarianten erfordert nicht stets die Entwicklung ausgearbeiteter Konzepte für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und deren ausschließender Vergleich.232 198 Die Pflicht zur UVP bezieht sich nur auf das konkrete, vom Vorhabenträger zur Prüfung gestellte Projekt, nicht jedoch auf die von der Planfeststellungsbehörde behandelten Trassenva230 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. 231 Winter, NuR 2010, 601, 602. 232 BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –. Fest/Riese
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VI. Rechtswirkungen
EnWG § 43
rianten. Die Planfeststellungsbehörde darf Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem frühen Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche UVP ausscheiden.233 Ob und inwieweit eine Alternativenprüfung zu erfolgen hat, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Beantwortung sich nach dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot richtet; dem UVP-Recht selbst lässt sich hierzu keine Aussage entnehmen.234
V. Zuständigkeit und Verfahren Die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde ergibt sich aus dem Landesrecht, wenn nicht in den 199 besonderen Fällen des NABEG die BNetzA zuständig ist. Unabhängig von der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit gilt in jedem Fall der Konzentrationsgrundsatz im Sinne des § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG. Das Verfahren richtet sich nach den Regelungen der §§ 43 ff i. V. m. den §§ 72 ff VwVfG und 200 ggf. §§ 2–6 PlanSiG. Hinsichtlich der Auslegung der neuen Vorgaben für digitalisierte Verwaltungsverfahren nach PlanSiG sei auf das dahinterliegende europäische Richtlinienrecht hingewiesen.235 Einer besonderen Aufmerksamkeit des Vorhabenträgers wie der Planfeststellungsbehörden bedürfen die Beteiligungsrechte anerkannter Umweltverbände. Auf das durch die UVPRL unterlegte UVPG und die Klagemöglichkeiten der Verbände auf Grundlage des Umweltrechtsbehelfsgesetzes infolge der sog. Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs236 sei auch an dieser Stelle hingewiesen.
VI. Rechtswirkungen Die Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses sind in § 75 VwVfG normiert. Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet gem. § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwVfG Genehmigungswirkung, indem festgestellt wird, dass das geplante Vorhaben einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihnen berührten öffentlichen Belange zulässig ist.237 Die Feststellung der Zulässigkeit des Vorhabens berechtigt den Vorhabenträger zur Errichtung und zum Betrieb der jeweiligen Hochspannungsleitung. Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG sind neben der Planfeststellung andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich (Konzentrationswirkung).238 Der Planfeststellungsbeschluss regelt gem. § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend.239 In § 45 ist die sog. enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses angeordnet.240
233 BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –; BVerwG, Urt. v. 16.8.1995 – 4 B 92/95 –. 234 BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 – 9 VR 5/06 –. 235 vgl. Albrecht/Zschiegner, UPR 2020, 252-256; Wysk, NVwZ 2020, 905-910; Krautzberger/Stüer, DVBl 2020, 910913; Ruge, ZUR 2020, 481-486. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. Vgl. § 43c Rn 12 ff. Vgl. § 43c Rn 15 ff. Vgl. § 43c Rn 21 ff. Vgl. § 45 Rn 15 f.
236 237 238 239 240 299
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201 202
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VII. Rechtsschutz
Aus § 43i ergibt sich eine Überwachungspflicht umweltbezogener Bestimmungen regelmäßig des Genehmigungsinhabers hinsichtlich des genehmigten Betriebes und ggf. der Genehmigungsbehörde mit Anordnungskompetenz von Maßnahmen, falls der Energieinfrastrukturbetreiber sich nicht an die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses halten sollte.241
VII. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 207 Der Vorhabenträger hat keinen Anspruch auf Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses in dem Sinne, dass bei Erfüllung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen dem Antrag zwingend stattgegeben werden muss.242 Dies folgt aus der besonderen Struktur des planungsrechtlichen Abwägungsgebots.243 208 Allerdings steht dem Vorhabenträger ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit zu. Stehen einem Vorhaben unter dem Blickwinkel der planerischen Abwägung keine rechtlichen Hindernisse entgegen, steht der Planfeststellungsbehörde kein eigenständiges Versagungsermessen zu.244
2. Rechtsschutz Dritter 209 Statthafter Rechtsbehelf gegen Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung im Hauptsacheverfahren ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. § 43e sieht eine Begründungsfrist von sechs Wochen vor.245 Umweltverbände müssen keine Verletzung von subjektiven Rechten geltend machen. Eine von der Fachplanung betroffene Gemeinde ist hinsichtlich des Abwägungsgebots darauf beschränkt, eine fehlerhafte Abwägung ihrer eigenen Belange zu rügen. Die so beschränkte Abwägungskontrolle kann hinsichtlich fremder Belange insoweit eine gewisse Ausdehnung erfahren, als gleichgerichtete Interessen, wie die Belange benachbarter Anlieger, die nur einheitlich mit den entsprechenden Belangen eines Antragstellers gewichtet werden können, in die Prüfung einzubeziehen sind.246 210 Nach § 43 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 70 Abs. 1 VwVfG bedarf es vor der Erhebung einer Klage, die einen Planfeststellungsbeschluss zum Gegenstand hat, keiner Nachprüfung in einem Nachprüfungsverfahren.247 § 43e Abs. 1 S. 1 schließt die aus § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO folgende aufschiebende Wirkung von 211 Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen nach den §§ 43 ff aus. Der Betroffene hat die Möglichkeit, einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen.248
241 242 243 244 245 246 247 248
Vgl. § 43i Rn 17 ff. VGH München, Urt. v. 30.3.2006 – 22 A 1/40059 –. Vgl. Rn 180 ff. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 – 7 C 25/93 –. Vgl. § 43e Rn 19 f Vgl. dazu auch Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 173 ff. BVerwG, Beschl. v. 28.3.2020 – 4 VR 5/19 –. Vgl. § 43e Rn 12. Vgl. § 43e Rn 24 ff.
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§ 43a Anhörungsverfahren Für das Anhörungsverfahren gilt § 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Maßgaben: 1. Der Plan ist gemäß § 73 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes innerhalb von zwei Wochen nach Zugang auszulegen. 2. Die Einwendungen und Stellungnahmen sind dem Vorhabenträger und den von ihm Beauftragten zur Verfügung zu stellen, um eine Erwiderung zu ermöglichen; datenschutzrechtliche Bestimmungen sind zu beachten; auf Verlangen des Einwenders sollen dessen Name und Anschrift unkenntlich gemacht werden, wenn diese zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nicht erforderlich sind; auf diese Möglichkeit ist in der öffentlichen Bekanntmachung hinzuweisen. 3. Ein Erörterungstermin findet nicht statt, wenn a) Einwendungen gegen das Vorhaben nicht oder nicht rechtzeitig erhoben worden sind, b) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen zurückgenommen worden sind, c) ausschließlich Einwendungen erhoben worden sind, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen, oder d) alle Einwender auf einen Erörterungstermin verzichten. Findet keine Erörterung statt, so hat die Anhörungsbehörde ihre Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist abzugeben und sie der Planfeststellungsbehörde zusammen mit den sonstigen in § 73 Absatz 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes aufgeführten Unterlagen zuzuleiten. 4. Soll ein ausgelegter Plan geändert werden, so kann im Regelfall von der Erörterung im Sinne des § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 9 Absatz 1 Satz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte Unionsrechtliche Bezüge
II.
Anhörungsverfahrens
1 9
1. 2. 3.
13 14
III.
18 Auslegung des Plans (Nr. 1) Zur Verfügung stellen von Einwendungen und 25 Stellungnahmen (Nr. 2) Verzicht auf den Erörterungstermin 31 (Nr. 3) Planänderungen (Nr. 4)
37
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 43a modifiziert als lex specialis die gleich betitelte Vorschrift über das Anhörungsverfahren aus § 73 VwVfG, welche die im EnWG anwendbaren allgemeinen Bestimmungen enthält. Nr. 1 schreibt vor, dass die Auslegung des vollständig eingereichten Plans innerhalb von zwei Wochen nach Zugang erfolgen muss, und zwar nach § 73 Abs. 2 VwVfG in den Gemeinden erfolgen muss, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt. Nr. 2 ordnet an, dass die Einwendungen und Stellungnahmen dem Vorhabenträger – unter Einhaltung des einschlägigen Datenschutzrechts – zur Verfügung zu stellen sind, um eine Erwiderung zu ermöglichen. Nr. 3 regelt vier alternative Fälle, in denen ein Erörterungstermin entfällt. 301 https://doi.org/10.1515/9783110670516-023
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1 2
3
4
§ 43a EnWG
I. Allgemeines
Nr. 4 betrifft Fälle der Planänderung bereits ausgelegter Pläne und die dabei stattfindende Öffentlichkeitsbeteiligung. Im Regelfall kann dabei von der Erörterung im Sinne von § 73 Abs. 6 VwVfG und § 9 Abs. 1 S. 3 UVPG abgesehen werden. 6 Eine Parallelvorschrift zur Regelung des Anhörungsverfahrens im Anwendungsbereich des NABEG besteht in § 22 NABEG. 5
2. Regelungszweck 7 Die Vorschrift enthält energierechtliche Modifikationen für das Anhörungsverfahren als maßgeblichen Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren. Das Anhörungsverfahren soll Betroffenen, Vereinigungen und Behörden die Beteiligung im Verfahren ermöglichen und die Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung der zu erwartenden oder möglichen Auswirkungen des Vorhabens unterstützen.1 Wesentliche Folgen der Modifikationen sind eine Verschlankung und Verkürzung des Ver8 fahrens zum Zwecke der Vereinfachung und Beschleunigung. Neben kürzeren Fristen wird für bestimmte Fälle der Wegfall der Erörterung vorgesehen, sodass eine zügigere Genehmigung ermöglicht wird.2
3. Entstehungsgeschichte 9 Die Vorschrift war bei Einführung der energierechtlichen Planfeststellung3 nicht deren Bestandteil, sondern wurde später durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben4 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 43a eingefügt. § 43a Nr. 2 S. 1 a. F. wurde bei Gelegenheit der Einführung des neuen Bundesnaturschutz10 gesetzes durch Art. 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege5 vom 29.7.2009 mit Wirkung zum 1.3.2010 geändert. Dabei wurde die Formulierung „die nach § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften im Rahmen des § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes anerkannten Vereine“ durch die Formulierung „die vom Bund oder Land anerkannten Naturschutzvereinigungen“ ersetzt. § 43a Nr. 5 S. 1, 2 a. F. wurden durch Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes über Maßnahmen zur Be11 schleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze6 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 geändert. Die Frist von drei Monaten nach Nr. 5 S. 2 a. F., innerhalb derer die Erörterung abgeschlossen werden muss, blieb unverändert. Jedoch wurde die Möglichkeit der Behörde, auf eine Erörterung zu verzichten, durch vier alternative Tatbestände ersetzt, sodass es sich nicht mehr um eine Ermessensentscheidung der Behörde handelt. Nr. 2 wurde durch Art. 4 Nr. 14 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungs12 ausbaus7 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 eingefügt. Die bisherigen Nummern 2 und 3 wurden zu Nummer 3 und 4.
1 Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 5. 2 Vgl. dazu Säcker/Pielow, § 43a Rn 2 ff. 3 Durch Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz v. 27.7.2001, BGBl. I S. 1950. Gesetz v. 9.12.2006, BGBl. I S. 2833. BGBl. I 2009 S. 2542. BGBl. I 2011 S. 1690. BGBl. I 2019 S. 706.
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1. Auslegung des Plans (Nr. 1)
EnWG § 43a
4. Unionsrechtliche Bezüge Das Anhörungsverfahren erfüllt die Anforderungen an eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne 13 des §§ 18 ff UVPG. Die Vorschriften finden ihre Grundlage in Art. 6 und 9 der Richtlinie über die UVP.8
II. Anhörungsverfahrens § 73 VwVfG als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung des Anhörungsverfahrens kommt bereits über den allgemeinen Verweis in § 43a S. 1 zur Anwendung. § 43a enthält in gebündelter Form Modifikationen für das Anhörungsverfahren bei der energierechtlichen Planfeststellung. Das Anhörungsverfahren erfüllt wichtige Funktionen in mehrfacher Hinsicht: Allgemeiner Zweck des Anhörungsverfahrens ist die Gewährleistung eines vorverlagerten Rechtsschutzes für Betroffene. Sie können Einwendungen erheben, die später zum Gegenstand der Erörterung des Vorhabens gemacht werden müssen. Die Erhebung von Einwendungen schließt ein Entfallen des Erörterungstermins aus. Gleichzeitig dient die Anhörung durch die Einbeziehung von Betroffenen, Vereinigungen und Behörden auch dazu, die zuständige Behörde umfangreich über den zu entscheidenden Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. Hierdurch soll eine informierte und ausgewogene Entscheidungsfindung der Behörde ermöglicht werden.9 Das Anhörungsverfahren wird gem. § 73 Abs. 1 S. 1 VwVfG infolge der Planeinreichung durch den Vorhabenträger bei der zuständigen Behörde eingeleitet. Es schließt im Anwendungsbereich des EnWG unmittelbar an die Planeinreichung an. Eine Antragskonferenz wie im NABEG nach §§ 20, 21 NABEG ist nicht vorgesehen. Im Plangenehmigungsverfahren ist § 43a als Vorschrift über das Planfeststellungsverfahren nicht anwendbar. Das ergibt sich bereits aus § 43b i. V. m. § 74 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 VwVfG.10
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1. Auslegung des Plans (Nr. 1) Nr. 1 modifiziert die Fristenregelung des § 73 Abs. 2 VwVfG für die energierechtliche Planfeststellung. Nach § 73 Abs. 2 VwVfG fordert die zuständige Behörde innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst eine Auslegung des Plans in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, für einen Monat. Nach § 73 Abs. 1 S. 2 VwVfG besteht der Plan aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Durch das Anhörungsverfahren werden Betroffene und Vereinigungen in die Lage versetzt, Einwendungen und Stellungnahmen zu erheben, die später Gegenstand der Erörterung werden. Nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG endet die Frist zur Einreichung von Stellungnahmen und Einwendungen zwei Wochen nach Ende der Auslegungsfrist. Die Monatsfrist nach § 73 Abs. 2 VwVfG wird durch Nr. 1 auf zwei Wochen verkürzt. Der Wortlaut ist unglücklich gewählt, weil er der Formulierung des § 73 Abs. 3 VwVfG („auszulegen“) ähnelt und so darauf deuten könnte, dass – entgegen des ausdrücklichen Verweises auf 8 RL 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten i.d.F RL 2014/52/EU und RL 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. 9 BR Drucks. 11/19, S. 66. 10 Vgl. VGH München, Urt. v. 24.5.2011 – 22 A 10.40049 –. 303
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§ 43a EnWG
II. Anhörungsverfahrens
§ 73 Abs. 2 VwVfG – die dreiwöchige Auslegungsfrist der Gemeinden gemäß § 73 Abs. 3 VwVfG gekürzt werden soll.11 Dies dürfte jedoch nicht der Fall sein, wie die – wenn auch nicht ganz eindeutige -12 Gesetzesbegründung zum PlVereinhG nahelegt.13 Insbesondere wird der Verweis auf § 72 Abs. 2 VwVfG im Wortlaut der Nr. 1 trotz zahlreicher Änderungen belassen.14 Aufgrund des missverständlichen Wortlauts besteht Klarstellungsbedarf durch den Gesetzgeber.15 23 Die Auslegung erfolgt nach § 73 Abs. 2 VwVfG in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Dies wurde in Nr. 1 a. F. ausdrücklich (und damals als Abweichung von § 73 Abs. 2 VwVfG) normiert. Aufgrund der vereinheitlichenden Änderung in § 73 Abs. 2 VwVfG, die nunmehr ebenso lautet, stellt dies keine Modifikation dar. Durch die Formulierung mit dem Zusatz „voraussichtlich“ wird der Behörde im energiewirtschaftlichen Planfeststellungsverfahren eine Prognoselast auferlegt.16 Sie muss abschätzen, in welchen Gemeinden mit Auswirkungen des Vorhabens zu rechnen sind. In die Prognose sind alle tatsächlichen, mittelbaren und unmittelbaren gebietsbezogenen Auswirkungen einzubeziehen.17 Hierbei ist der Zustand nach Einreichung der Unterlagen bei der zuständigen Behörde als ex anteZustand maßgeblich.18 Für die Entscheidung, wo die Auslegung des Planes erfolgt, hat die Behörde infolge der Verkürzung der Frist aus Nr. 1 nur zwei Wochen Zeit. 24 Ergeben sich später aufgrund neuer Erkenntnisse Auswirkungen des Vorhabens in weiteren Gemeinden, so ist der Plan nachträglich auch dort auszulegen. Dies gebietet bereits der Zweck des Anhörungsverfahrens als Teil der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die dadurch in Kauf zu nehmende Verzögerung des Anhörungsverfahrens ist durch die erreichte Rechtssicherheit gerechtfertigt. Da bei der Auslegung nach Nr. 1 grds. auf den ex ante-Zustand abzustellen ist, wird die ursprüngliche Entscheidung der Behörde über die Auslegung durch die später gebotene Einbeziehung weiterer Gemeinden nicht rechtswidrig. Für die Auslegung des Plans in weiteren Gemeinden liegt die analoge Anwendung von § 73 Abs. 8 S. 2 VwVfG nahe.19
2. Zur Verfügung stellen von Einwendungen und Stellungnahmen (Nr. 2) 25 Nr. 2 Satz 1 ordnet an, dass die Einwendungen und Stellungnahmen dem Vorhabenträger zur Verfügung zu stellen sind. 26 Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Grundlage für die seit jeher übliche Praxis geschaffen, die im Rahmen der Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung ergangenen Einwendungen und Stellungnahmen dem Vorhabenträger zur Verfügung zu stellen. Der Vorhabenträger entwirft die Erwiderung zu den Einwendungen und Stellungnahmen, die Behörde berücksichtigt den Entwurf bei der Abwägung. 27 Die Einwendungen und Stellungnahmen sind auch den Beauftragten des Vorhabenträgers zur Verfügung zu stellen. Dies sind die Dienstleister, die Vorhabenträger in dem Verfahren unterstützen, etwa Umweltgutachter, Rechtsanwaltskanzleien, technische Dienstleister. Die Behörde hat jedoch vorher das Einverständnis des Vorhabenträgers einzuholen, es sei denn es liegt eine entsprechende Bevollmächtigung des Dienstleisters vor. 28 Nr. 2 Satz 2 ordnet an, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten sind. Aufgrund der allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen hätte es dieser Anordnung 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Ausführlich zur Problematik Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43a Rn 6a ff. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43a Rn 6c. Kment/Kment, EnWG, § 43a Rn 3 und § 43 Rn 7. BT-Drucks. 17/9666, S. 21. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43a Rn 6e. Vgl. Schröder, NuR 2007, 380, 381. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 30. Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 30. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43a Rn 7.
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3. Verzicht auf den Erörterungstermin (Nr. 3)
EnWG § 43a
nicht bedurft; mangels weiterer Ausgestaltung ist die Anordnung rein deklaratorisch und hat keinen eigenständigen Regelungscharakter. Es gelten die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die durch § 43a nicht modifiziert werden. Auf Verlangen des Einwenders müssen nach Nr. 2 Satz 3 Schwärzungen erfolgen. Auf die 29 Möglichkeit, Schwärzungen zu verlangen, ist gemäß Nr. 2 Satz 4 in der Bekanntmachung hinzuweisen. Sofern bei der Abgabe der Einwendung nicht ein Unkenntlichmachen des Namens und der Anschrift verlangt wird, dürfen die Einwendungen ungeschwärzt weitergereicht werden. Wenn der Name oder die Anschrift zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens erforderlich sind, kommt eine ungeschwärzte Weitergabe in Betracht.20 Nach der Übergabe der Einwendungen und Stellungnahmen an den Vorhabenträger ist 30 auch dieser datenschutzrechtlich verantwortlich. Behörde und Vorhabenträger sind gemeinsam Verantwortliche i. S. v. Art. 26 DSGVO.
3. Verzicht auf den Erörterungstermin (Nr. 3) Nr. 3 trifft Sonderregeln für den Erörterungstermin im Anhörungsverfahren. Nach § 73 Abs. 6 S. 1 VwVfG hat die Anhörungsbehörde die Einwendungen mit dem Vorhabenträger, den Behörden, den Betroffenen und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, zu erörtern. Die Durchführung des Erörterungstermins ist der Regelfall.21 In Abweichung zu § 73 Abs. 6 S. 1 VwVfG listet Nr. 3 abschließend Voraussetzungen auf, bei deren Vorliegen der Erörterungstermin nicht stattfindet. Die Erörterung entfällt in den in Nr. 3 vorgesehenen vier Fällen, die denen des § 10 Abs. 3 NABEG entsprechen.22 Ein Ermessen ist für den Entfall der Erörterung nicht vorgesehen. Ein Entfall der Erörterung birgt stets das Risiko, dass nicht alle abwägungsrelevanten Belange ermittelt werden können. Da die Erörterung nun in den vorgesehenen Fällen ex lege ausscheidet, unterliegt die zuständige Behörde allerdings nicht der Gefahr, eine ermessensfehlerhafte Entscheidung zu treffen. Eine Erörterung mit einer bestimmten Auswahl an Personen anstelle des Fortfalls der Erörterung ist ausweislich des Wortlauts der Norm nicht zulässig. Findet keine Erörterung statt, so hat die Anhörungsbehörde nach Nr. 3 S. 2 ihre Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist abzugeben und zusammen mit den sonstigen in § 73 Abs. 9 VwVfG aufgeführten Unterlagen der Planfeststellungsbehörde zuzuleiten. In den vor dem 1.6.2015 geltenden Fassungen wurde aufgrund eines Redaktionsversehens23 auf Nr. 5 S. 2 a. F. verwiesen. Dies ist nunmehr korrigiert.24 Die weiterzuleitenden Unterlagen im Sinne von § 73 Abs. 9 VwVfG sind der Plan, die Stellungnahmen der Behörden, die Stellungnahmen der Vereinigungen und die nicht erledigten Einwendungen. Eine Sanktion ist für ein Überschreiten der Frist nicht vorgesehen. Vorhabenträger können in Fällen schuldhafter Verzögerung bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen Amtshaftungsansprüche geltend machen. Das größte Problem bei einer Darlegung etwaiger Amtshaftungsansprüche dürfte sein, dem zur Entscheidung berufenen Gericht darzulegen, dass das Vorhaben insgesamt genehmigungsfähig war und welcher Schaden durch die Verzögerung konkret eingetreten ist.
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BT-Drucks. 19/9027, S. 14. Vgl. die Kritik am Erörterungstermin von Riese/Dieckmann, DVBl. 2010, 1343 ff. Vgl. Ausführungen dort, § 10 NABEG Rn 35 ff. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43a Rn 19. Vgl. BT-Drucks. 17/9666, S. 21. Nebel/Riese
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§ 43a EnWG
III. Planänderungen (Nr. 4)
III. Planänderungen (Nr. 4) 37 Nr. 4 regelt, dass bei Planänderungen im Regelfall auf eine Erörterung verzichtet werden kann. Dadurch soll eine Beschleunigung der Planänderung nach Auslegung erreicht werden. Die Entscheidung über den Verzicht steht im Ermessen der Anhörungsbehörde.25 Die Planänderung nach Nr. 4 ist von einer solchen nach § 43d und § 76 VwVfG zu unter38 scheiden: Nr. 4 hat eine Änderung des Planes nach der Auslegung, aber vor seiner Feststellung durch die zuständige Behörde zum Gegenstand.26 § 43d und § 76 VwVfG hingegen behandeln eine Änderung des Planes nach seiner Feststellung. Die Vorschrift modifiziert § 73 Abs. 8 S. 2 VwVfG. 39 Auch Änderungen des Plans nach Auslegung und vor Feststellung unterfallen dem Plan40 feststellungsvorbehalt, sodass sie Teil des Planfeststellungsbeschlusses werden müssen. Hierzu muss für die Änderungen nachträglich eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Aufgrund der bereits durchgeführten oder gerade stattfindenden Öffentlichkeitsbeteiligung für den ursprünglichen Plan gelten hierbei veränderte Maßstäbe.
25 Vgl. auch Kment/Kment, EnWG, § 43a Rn 10; Säcker/Pielow, § 43a Rn 27. 26 Vgl. auch Kment/Kment, EnWG, § 43a Rn 9. Nebel/Riese
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§ 43b Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung Für Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung gelten die §§ 73 und 74 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Maßgaben: 1. Bei Planfeststellungen für Vorhaben im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 wird a) für ein bis zum 31. Dezember 2010 beantragtes Vorhaben für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen oder Gasversorgungsleitungen, das der im Hinblick auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit dringlichen Verhinderung oder Beseitigung längerfristiger Übertragungs-, Transport- oder Verteilungsengpässe dient, b) für ein Vorhaben, das in der Anlage zum Energieleitungsausbaugesetz vom 21. August 2009 (BGBl. I S. 2870) in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt ist, die Öffentlichkeit einschließlich der Vereinigungen im Sinne von § 43a Nr. 2 ausschließlich entsprechend § 18 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit der Maßgabe einbezogen, dass die Gelegenheit zur Äußerung einschließlich Einwendungen und Stellungnahmen innerhalb eines Monats nach der Einreichung des vollständigen Plans für eine Frist von sechs Wochen zu gewähren ist. 2. Verfahren zur Planfeststellung oder Plangenehmigung bei Vorhaben, deren Auswirkungen über das Gebiet eines Landes hinausgehen, sind zwischen den zuständigen Behörden der beteiligten Länder abzustimmen.
Übersicht III.
I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte Unionsrechtliche Bezüge
II.
Anwendung von §§ 73 und 74 VwVfG
1. 2. 3.
Sonderregeln für dringliche Vorhaben (Nr. 1) 13 14 Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. a 18 Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. b Sonderregelungen für die Verfahren
IV.
Abstimmungspflicht der Länder (Nr. 2)
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19 23
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 43b modifiziert die §§ 73 und 74 VwVfG für Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung: 1 Nr. 1 regelt für besonders dringliche Vorhaben Verfahrensbeschleunigungen. Hierbei wird 2 unter lit. b) auf die Vorhaben aus dem EnLAG Bezug genommen. Nr. 2 ordnet an, dass Verfahren bei Vorhaben, deren Auswirkungen über das Gebiet eines 3 Landes hinausgehen, zwischen den zuständigen Behörden der beteiligten Länder abzustimmen sind.
2. Regelungszweck Die Vorschrift sollte als Bestandteil des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für 4 Infrastrukturvorhaben für eine Flexibilisierung und Beschleunigung des Zulassungsverfahrens für energiewirtschaftliche Vorhaben bewirken. Die Auswirkungen betreffen verschiedene Verfahrensstadien, sodass eine Systematisierung der Norm nur schwer möglich ist. Die Norm 307 https://doi.org/10.1515/9783110670516-024
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§ 43b EnWG
I. Allgemeines
umfasste ursprünglich fünf Nummern und war wesentlich umfangreicher gestaltet. Durch nachträgliche Änderungen ist der Großteil der ursprünglichen Beschleunigungsregelungen entfallen.
3. Entstehungsgeschichte 5 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben1 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 43b eingefügt. Im Gesetzgebungsverfahren wurde dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung2 in Abs. 2 6 S. 2 hinzugefügt, dass eine Plangenehmigung ergänzend zu § 74 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 des VwVfG auch dann erteilt werden kann, wenn Rechte anderer nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Darüber hinaus erfuhr die Vorschrift weitere kleinere Änderungen. § 43b Nr. 1 S. 1 wurde mit Wirkung zum 26.8.2009 durch Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes zur Be7 schleunigung des Ausbaus der Hochspannungsnetze3 vom 21.8.2009 neu gefasst. Dabei wurde die bereits bestehende Formulierung in Nr. 1 S. 1 lit. a) überführt und eine weitere Alternative, die die nach jeweils aktuellem Gesetzesstand in die Anlage des EnLAG aufgenommenen Vorhaben umfasst, als Nr. 1 S. 1 lit. b) hinzugefügt. Der Verweis auf § 18 UVPG wurde nur mit redaktioneller Wirkung korrigiert, da § 18 (damals § 9) UVPG anders gefasst war. § 43b wurde vom Anwendungsbereich mit Wirkung zum 1.6.2015 durch Art. 4 Nr. 2 des Ge8 setzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG)4 vom 31.5.2013 in Verbindung mit Art. 1b des ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 24.5.20145 auf § 73 VwVfG erweitert. Dabei wurde der zuvor in Nr. 1 S. 1 enthaltene Verweis auf den Umweltvereinigungsbegriff des § 43a durch den Verweis auf den weiten Vereinigungsbegriff in § 73 VwVfG ersetzt. Zugleich wurden die Sätze 2 bis 5 sowie die bis dahin geltenden Nummern 2,3 und 5 aufgehoben und Nr. 4 zur neuen Nr. 2. Anlass und Ziel des PlVereinhG war es, die zuvor als Sonderregelungen für die energierechtliche Planfeststellung getroffenen Beschleunigungsregelungen auf das allgemeine Planfeststellungsrecht zu erweitern und dadurch Planfeststellungen nach §§ 72-78 VwVfG insgesamt zu beschleunigen.6 Die Kritik an der auf Vorhabenkategorien bezogenen Beschleunigungsgesetzgebung hat sich damit in wesentlichen Teilen auf das Planfeststellungsrecht insgesamt verlagert. Dies gilt insbesondere für die Diskussion über die richtige Umsetzung des europäischen Verfahrensrechts. Mit dem PlVereinhG wurde vor dem Hintergrund der Diskussion um das Großvorhaben Stuttgart 21 auch die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung jenseits der NABEGVorhaben zum Standard. Die Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung soll für mehr Transparenz und Akzeptanz bei Großvorhaben sorgen. Insofern wurde die Einführung mit der Erfahrung begründet, dass eine möglichst breite und frühzeitige Beteiligung dazu beitrage, dass die Entstehung von Konflikten vermieden und bestehende Konflikte beseitigt würden, so dass das eigentliche Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren entlastet und die gerichtliche Anfechtung von Behördenentscheidungen reduziert würde.7 Diese Hoffnungen haben sich nur begrenzt bewahrheitet. Bürger, welche ein Vorhaben wegen der Veränderung ihrer näheren Umgebung als nachteilig empfinden und ablehnen, ändern diese Einschätzung regelmäßig nicht infolge frühzeitigerer Information und umfangreicherer Beteiligungsmöglichkeit und verzichten dadurch auch nicht auf Rechtsbehelfe. Dies gilt umso mehr, wenn der Bedarf am Vorhaben infrage ge1 2 3 4 5 6 7
BGBl. I 2006 S. 2833. BR-Drucks. 363/05, S. 29. BGBl. I 2009 S. 2870. BGBl. I 2013 S. 1388. BGBl. I 2014 S. 538. BR-Drucks. 171/12. BR-Drucks. 171/12, S. 22.
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II. Anwendung von §§ 73 und 74 VwVfG
EnWG § 43b
stellt wird, und dieser aufgrund der gesetzlichen Bedarfsplanung nicht Gegenstand der Beteiligung anlässlich eines Zulassungsverfahrens zu einem Vorhaben sein kann. Insofern kann der Mehraufwand der Beschleunigungsintention gegenläufig wirken. Die frühzeitige Beteiligung ist vor allem dadurch von Wert, dass der Vorhabenträger seine Planung frühzeitig derart modifizieren kann, dass der Umfang der Konflikte und damit die Zahl der Einwender minimiert werden kann. Der Umfang dieses Effekts im Vorfeld des Verfahrens ist stark Vorhabenabhängig und lässt sich nicht pauschal quantifizieren. In der Vorschrift wurde durch Art. 2 Abs. 6 Nr. 5 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts 9 der Umweltverträglichkeitsprüfung8 vom 20. Juli 2017 mit Wirkung vom 29. Juli 2017 der Verweis auf das UVPG redaktionell von § 9 zu § 18 UVPG angepasst.9 Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus10 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 erfolgte eine Anpassung der Verweisung von § 43 S. 1 zu § 43 Abs. 1 S. 1 EnWG.
4. Unionsrechtliche Bezüge Die Norm enthält mit der Bezugnahme auf das UVPG auch einen europarechtlichen Bezug. Dabei 10 ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung die Aufnahme diverser Rechtsprechung zu einem weiteren Verständnis der UVP in das Gesetz mit dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung verfolgt und sich der entsprechende Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren befindet.11 Von besonderer Bedeutung ist weiterhin, dass eine wesentliche Komponente der Beschleunigungswirkung, die materielle Präklusion von Einwendungen mit dem Kausalitätserfordernis des Verfahrensfehlers für den Mangel, durch das viel beachtete Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15.10.2015 durch die Beschränkung auf missbräuchliches Vorbringen im Wesentlichen zu Fall gebracht hat.12 In der Folge müssen Umweltverbände und Individualbetroffene in Planfeststellungsverfahren für den Erfolg einer späteren Klage nicht mehr Mängel kurzfristig innerhalb der in § 43b Nr. 1 vorgesehenen Sechs-Wochen-Frist rügen. Der sich aus dem Ausbleiben derartiger Einwendungen vielleicht zunächst ergebende Beschleunigungseffekt kann sich bei Erfolg der Klage schnell in einen Verzögerungseffekt bei der Umsetzung von (Groß-)Vorhaben wandeln, da nun im gerichtlichen Klageverfahren gänzlich neue Aspekte vorgebracht werden können werden können und die Kontrolldichte damit deutlich zunimmt. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund eine Anpassung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vorgenommen.13 Dies wird nicht ohne Rückwirkung auf die Zulassungsverfahren bleiben, in denen zukünftig auch nicht in das Verfahren eingebrachte, potenzielle Einwendungen von Amts wegen antizipiert werden könnten, um die Rechtssicherheit zu stärken und das Klagerisiko zu minimieren. Insofern ist ein wesentlicher Teil der ursprünglichen Beschleunigungsgesetzgebung europarechtlich obsolet geworden.
II. Anwendung von §§ 73 und 74 VwVfG Bereits in § 43 Abs. 4 ist ein Anwendungsbefehl für die allgemeinen verwaltungsverfahrens- 11 rechtlichen Vorschriften der §§ 72–78 VwVfG enthalten, wonach diese für das energierechtliche 8 BGBl. I 2017 S. 2808. 9 BT-Drucks. 18/11499, S. 47. 10 BGBl. I 2019 S. 706. 11 BR-Drucks. 164/17. 12 EuGH, Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14; Jacob, jM 2016, 166; Wendt, jurisPR-UmwR 11/2015 Anm. 2; Ruge/Kohls, ZUR 2016, 33, Anm. 35; Klinger, ZUR 2016, Anm. 41; Mayer, NuR 2016, 106. 13 BGBl. I 2017 S. 1298, BT-Drucks. 18/9526. 309
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§ 43b EnWG
III. Sonderregeln für dringliche Vorhaben (Nr. 1)
Planfeststellungsverfahren nach Maßgabe des EnWG gelten. Gleich zu Beginn von § 43b werden die §§ 73 und 74 VwVfG für grds. anwendbar erklärt, aber zugleich Modifikationen unterworfen. 12 § 73 VwVfG beinhaltet die Regelungen zum Anhörungsverfahren. § 74 VwVfG beinhaltet die zentralen Bestimmungen für die eigentliche Planfeststellung durch die Planfeststellungsbehörde. Die mit dem PlvereinhG auf sieben Absätze erweiterte Vorschrift enthält die Bestimmungen über Inhalt und Anfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG können dem Vorhabenträger im Planfeststellungsbeschluss Schutzvorkehrungen auferlegt werden, die „zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.“ Sind solche Schutzvorkehrungen untunlich, hat der Betroffene nach § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG Anspruch auf eine angemessene Geldentschädigung. Hierzu trifft § 45a Modifikationen, indem er die Bestimmung der Höhe der Entschädigung aus dem Planungsverfahren in ein nachgelagertes Entschädigungsverfahren auslagert. § 74 Abs. 4 und 5 VwVfG regeln die Zustellung und Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses. § 74 Abs. 6 VwVfG sieht die Möglichkeit des Ersatzes der Planfeststellung durch die Plangenehmigung vor. § 74 Abs. 7 VwVfG ist durch die spezielle Regelung des Anzeigeverfahrens in Fällen unwesentlicher Bedeutung nach § 43f in seiner Anwendung gesperrt.
III. Sonderregeln für dringliche Vorhaben (Nr. 1) 13 § 43b Nr. 1 gilt zunächst für alle in § 43 Abs. 1 S. 1 aufgeführten Vorhaben. Davon umfasst sind nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hochspannungsfreileitungen, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr, nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hochspannungsleitungen, die zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See im Sinne des § 3 Nr. 49 EEG im Küstenmeer als Seekabel und landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes verlegt werden sollen, nach Abs. 1 S. 1 Nr. 3 grenzüberschreitende Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, die nicht unter Nr. 2 fallen und die im Küstenmeer als Seekabel verlegt werden sollen, sowie deren Fortführung landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes, nach Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes, nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm und nach Abs. 1 S. 1 Nr. 6 Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen an das Fernleitungsnetz mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern. Erdkabel sind aus dem Anwendungsbereich von Nr. 1 demnach ausgenommen, soweit sie nicht unter die o. g. Nummern von § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2–4 fallen.
1. Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. a 14 Die verfahrensrechtlichen Sonderregelungen gelten für die bis zum 31.12.2010 beantragten Vorhaben für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen oder Gasversorgungsleitungen, die der im Hinblick auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit dringlichen Verhinderung oder Beseitigung längerfristiger Übertragungstransporte oder Verteilengpässen dienen. Während der Zeitpunkt der Antragstellung mit dem Eingang des Antrags auf Planfeststel15 lung bei der zuständigen Behörde exakt feststellbar ist, ist dies bei der besonderen Dringlichkeit eines Vorhabens weitaus schwieriger. Das Gesetz enthält dazu keine klare Maßgabe. Im Rahmen der Modalitätenäquivalenz zu lit. b), welche zahlreiche Vorhaben aus der dena Netzstudie I enthält, kann grds. angenommen werden, dass Vorhaben der dena Netzstudien besonders dringlich sind.
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IV. Abstimmungspflicht der Länder (Nr. 2)
EnWG § 43b
Da im Grundsatz bei den Planfeststellungen nach § 43 keine Eröffnungskontrolle erfolgt, 16 sind die Netzbetreiber selbst investitionsverantwortlich, sodass es von ihrer Netzentwicklungsverantwortung umfasst ist, die Dringlichkeit einzuschätzen. Der Netzbetreiber muss also selbst darlegen, ob sein Vorhaben besonders dringlich im Sinne von § 43b Nr. 1 lit. b) ist. Streit besteht darüber, inwieweit die zuständige Behörde an diese Einschätzung gebunden 17 ist. Teilweise wird einer Bindungswirkung der Ausführung des Vorhabenträgers gegenüber der Behörde ausgegangen.14 Dagegen wird vorgebracht, dass wegen der Folge des Verzichts auf den Erörterungstermin diese Voraussetzung sehr restriktiv auszulegen ist und die Behörde demnach einen strengen Prüfungsmaßstab anzulegen hat.15
2. Vorhaben nach § 43b Nr. 1 lit. b Die verfahrensrechtlichen Sonderregelungen gelten für Vorhaben, die in der Anlage zum EnLAG 18 aufgeführt sind. Bezug genommen wird auf das EnLAG in der jeweils geltenden Fassung, sodass sich Änderungen in der Anlage des EnLAG auf den Anwendungsbereich auswirken.
3. Sonderregelungen für die Verfahren Anders als der ursprüngliche Beginn von § 43b nahelegte, modifiziert Nr. 1 nicht § 74 VwVfG, sondern § 73 VwVfG. Für die vom Gesetzgeber in Nr. 1 aufgeführten beiden Arten dringlicher Vorhaben ist eine besondere Verfahrensbeschleunigung im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit eingeführt worden. Die zuvor als umständlich formuliert kritisierte Vorschrift16 ist durch die Anpassung des Gesetzestextes deutlich leichter handhabbar geworden. Demnach wird die Öffentlichkeit einschließlich der Vereinigungen im Sinne von § 43a Nr. 2 ausschließlich entsprechend § 9 Abs. 3 UVPG mit der Maßgabe einbezogen, dass die Gelegenheit zur Äußerung einschließlich des Vortrags von Einwendungen und der Abgabe von Stellungnahmen innerhalb eines Monats nach Einreichung des vollständigen Plans für eine Frist von sechs Wochen zu gewähren ist. Nach dieser Frist eingehende Äußerungen, Einwendungen und Stellungnahmen wollte der Gesetzgeber ausschließen, was durch die neue Rechtsprechung zur Präklusion hinfällig geworden ist.
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IV. Abstimmungspflicht der Länder (Nr. 2) Nach Nr. 2 ist das Verfahren zur Planfeststellung oder Plangenehmigung bei Vorhaben, deren 23 Auswirkungen über das Gebiet eines Landes hinausgehen, zwischen den zuständigen Behörden der Länder abzustimmen. Was unter dieser Abstimmung zu verstehen ist, ist nicht näher normiert. Losgelöst vom Abstimmungsgebot muss die Frage anhand der Zuständigkeit der Behör- 24 den im Sinne des § 3 VwVfG beantwortet werden. § 3 VwVfG gilt über den Verweis in § 43 Abs. 4 auf § 72 Abs. 1 VwVfG. Örtlich zuständig ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG die Behörde, in deren Bezirk das Vorhaben liegt. Liegt das Vorhaben in mehreren Ländern, handelt es sich also um länderübergreifende Vorhaben. So treffen gem. § 3 Abs. 2 S. 4 VwVfG die fachlich zuständigen
14 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43b Rn 7; Lecheler, DVBl. 2007, 713, 718. 15 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 43b Rn 6. 16 Schütte, RdE 2007, 300, 302. 311
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§ 43b EnWG
IV. Abstimmungspflicht der Länder (Nr. 2)
Aufsichtsbehörden die Entscheidung über die Planfeststellung bzw. Plangenehmigung gemeinsam. 25 Nr. 2 hat Vorhaben im Blick, die nicht zwingend in mehreren Ländern liegen, sondern Auswirkungen über die Landesgrenze hinweg entfalten. In einem solchen Fall werden die Behörden des Nachbarlandes jedoch bereits als Träger öffentlicher Belange beteiligt. 26 Nr. 2 ist daher als ein informelles Abstimmungsgebot zu qualifizieren. Über gemeinsame Terminabsprachen und Besprechungen hinaus soll die Genehmigung des Vorhabens insgesamt vorangebracht werden.
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§ 43c Rechtswirkungen der Planfeststellung und Plangenehmigung Für die Rechtswirkungen der Planfeststellung und Plangenehmigung gilt § 75 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Maßgaben: 1. Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft, es sei denn, er wird vorher auf Antrag des Trägers des Vorhabens von der Planfeststellungsbehörde um höchstens fünf Jahre verlängert. 2. Vor der Entscheidung nach Nummer 1 ist eine auf den Antrag begrenzte Anhörung nach den für die Planfeststellung oder für die Plangenehmigung vorgeschriebenen Verfahren durchzuführen. 3. Für die Zustellung und Auslegung sowie die Anfechtung der Entscheidung über die Verlängerung sind die Bestimmungen über den Planfeststellungsbeschluss entsprechend anzuwenden. 4. (weggefallen)
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2. 3. 4. 5.
Rechtswirkung der Planfeststellung 12 Genehmigungswirkung 15 Konzentrationswirkung 21 Gestaltungswirkung Ausschluss- und Duldungswirkungen Enteignungsrechtliche Vorwirkung
25
III.
Rechtswirkung der Plangenehmigung
IV. 1. 2. 3.
Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlus27 ses 31 Dauer der Wirksamkeit (Nr. 1) 38 Anhörung vor Verlängerung (Nr. 2) 39 Verfahren bei Verlängerung (Nr. 3)
V.
Übergangsregelungen
1 7 11
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23 24
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Norm erklärt § 75 VwVfG, welcher die Rechtswirkungen von Planfeststellung und Plan- 1 genehmigung im allgemeinen Planfeststellungsrecht regelt, für anwendbar und modifiziert ihn für das energierechtliche Planfeststellungsverfahren. Nr. 1 modifiziert § 75 Abs. 4 VwVfG, so dass die Dauer der Rechtswirkung eines festgestell- 2 ten Plans insgesamt zehn Jahre beträgt. Die Frist kann um 5 Jahre verlängert werden. Nr. 2–3 dienen der näheren Ausgestaltung der Fristverlängerung. Nach Nr. 2 ist vor der 3 Entscheidung über die Verlängerung eine Anhörung durchzuführen. Nach Nr. 3 gelten für die Zustellung und Auslegung sowie die Anfechtung der Entscheidung über die Verlängerung die Bestimmungen über den Planfeststellungsbeschluss.
2. Regelungszweck Die Norm erklärt § 75 VwVfG für das energierechtliche Planfeststellungsverfahren für anwend- 4 bar. Diesen Anwendungsbefehl hätte es aufgrund von § 43 Abs. 4, der das gesamte allgemeine Planfeststellungsrecht der §§ 72 ff VwVfG für anwendbar erklärt, nicht eigens bedurft. 313 https://doi.org/10.1515/9783110670516-025
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§ 43c EnWG
II. Rechtswirkung der Planfeststellung
Die Norm enthält Sonderregelungen zu § 75 VwVfG, modifiziert aber die dort normierten Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses nicht. 6 Die Verlängerung der Gültigkeit der Planentscheidung ist der Beschleunigung der Verwirklichung von Vorhaben nicht unmittelbar zuträglich. Allerdings wird so die Notwendigkeit einer erneuten Genehmigung bei längerer Verzögerung vermieden, wodurch die Norm letztlich doch beschleunigend wirkt. 5
3. Entstehungsgeschichte 7 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben1 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 43c eingefügt. Im ersten Entwurf des Bundesrates des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfah8 ren für Infrastrukturvorhaben2 war die Vorschrift als § 11d enthalten. Der erste Entwurf enthielt in Nr. 5 eine Regelung, nach der der Plan – in Ergänzung zu Nr. 1 – außer Kraft tritt, wenn die Durchführung des Plans fünfzehn Jahre nach ihrem Beginn nicht abgeschlossen ist. Die Regelung wurde nicht näher begründet. In den Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates3 wurde kritisiert, dass durch die Regelung für bereits begonnene Vorhaben die Genehmigung nachträglich entfällt und dadurch ein neues Planungsverfahren angestrengt werden müsste. Dies wirke nicht verfahrensbeschleunigend und nehme zudem zusätzliche Planungsmittel der Länder in Anspruch. Sofern ein neues Genehmigungsverfahren scheitert, würde ein Planungstorso entstehen, der letztlich zurückgebaut werden müsste. Das erfordere die Aufwendung zusätzlicher finanzieller Mittel. Daher hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme4 nach Art. 72 Abs. 2 GG die Streichung von Nr. 5 vorgesehen. Dieser Entscheidung schloss sich der Bundestag an. Nr. 5 wurde nicht Teil des Gesetzes. Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Verein9 heitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG) vom 31. Mai 20135 hat mit Wirkung zum 1. Juni 20156 die bisherige Nummer 4 aufgehoben, in der eine Legaldefinition des Beginns des Vorhabens enthalten war. Die Vorschrift war wegen der inhaltsgleichen Übernahme der Regelung in § 75 Abs. 4 S. 2 VwVfG entbehrlich geworden. Seit dem 1. Juni 2015 ist die Norm unverändert.7 10
II. Rechtswirkung der Planfeststellung 11 Die grundlegenden Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses sind in § 75 VwVfG normiert.8 § 43c modifiziert diese Rechtswirkungen nicht, enthält aber eine Sonderregelung über die Verlängerung der Geltung des Planfeststellungsbeschlusses.9
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BGBl. I 2006 S. 2833. BR-Drucks. 363/05. BR-Drucks. 363/1/05, S. 3. BR-Drucks. 363/05, S. 2. BGBl. I 2013 S. 1388. Art. 16 Satz 2 (BGBl. I 2013 S. 1388, 1394) in der Fassung des Art. 1 b des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 24. Mai 2014, BGBl. I 2014 S. 538. 7 BGBl. I 2014 S. 538. 8 Siehe hierzu Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 75 Rn 1 ff, 6 ff. 9 Vgl. allgemein zu den Rechtswirkungen auch BK-EnR/Pielow, EnWG, § 43c Rn 2 ff; Wahl/Dreier, NVwZ 1999, 606, 609. Nebel/Riese
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2. Konzentrationswirkung
EnWG § 43c
1. Genehmigungswirkung Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet gem. § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwVfG Genehmigungswir- 12 kung.10 Das geplante Vorhaben, einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an einbezogenen Anlagen, ist im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange zulässig.11 § 43c modifiziert diese Rechtswirkung nicht. Die Errichtung, der Betrieb sowie die Änderung der in § 43 Abs. 1 S. 1 genannten planfest- 13 stellungspflichtigen Vorhaben stehen unter einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.12 Dies gilt nicht für die in und Abs. 2 Satz 1 genannten Nebenanlangen, die (nur) planfeststellungsfähig sind.13 Planfeststellungsfähig bedeutet, dass die genannten Vorhaben auf Antrag einem Planfeststellungsverfahren unterzogen werden können. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht; wird kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, müssen alle notwendigen Einzelgenehmigungen eingeholt werden. Die Wirkung des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt für die Errichtung, den Betrieb sowie die wesentliche Änderung der in § 43 Abs. 1 S. 1 genannten Vorhaben, besteht darin, dass der Vorhabenträger mit der Erwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses die den in § 43 Abs. 1 S. 1 genannten Vorhaben präventiv entgegenstehende Sperre im konkreten Fall durch eine öffentlich-rechtliche Zulassung beseitigt.14 Auch unwesentliche Änderungen im Sinne vom § 43f unterliegen dem präventiven Ver- 14 bot mit Erlaubnisvorbehalt. In diesen Fällen wird das Verbot nicht durch Zulassung, sondern durch die Entscheidung über die förmliche Freistellung von der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens aufgehoben.15
2. Konzentrationswirkung Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG sind neben der Planfeststellung andere behördliche Ent- 15 scheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich.16 Dem Planfeststellungsbeschluss kommt eine Konzentrationswirkung zu.17 Diese geht über die immissionsschutzrechtliche Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG hinaus. Der Planfeststellungsbeschluss nach § 75 Abs. 1 VwVfG umfasst auch alle wasserrechtlichen Erlaubnisse.18 In formeller Hinsicht bedeutet dies, dass sich die Zuständigkeiten und Entscheidungsbe- 16 fugnisse der jeweiligen Fachbehörden bei der Planfeststellungsbehörde als einziger, zentraler Behörde konzentrieren.19 Die Fachbehörden verlieren ihre Zuständigkeiten, sind aber gem. § 73 Abs. 2 VwVfG zu beteiligen.20 Ferner ersetzt das Planfeststellungsverfahren mit seinen besonde10 Zur Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich rechtserheblicher Abwägungsfehler gem. § 43c EnWG i. V. m. § 75 VwVfG siehe VGH München, Urteil vom 11.5.2016 – 22 A 15.40004 –, juris, Rn 50 ff. 11 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 75 Rn 8. 12 Vgl. auch BK-EnR/Pielow, EnWG, § 43c Rn 2. 13 Vgl. zur Unterscheidung von planfeststellungspflichtigen und planfeststellungsfähigen Vorhaben § 43 Rn 47 ff. 14 BVerwG, Urt. v. 22.2.1980 – IV C 24.77 –; BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. 15 Vgl. § 43 Rn 27 und § 43f Rn 15. Vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14 –, Rn 19. 16 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 75 Rn 10. 17 Siehe hierzu auch VGH München, Urteil vom 20.11.2012 – 22 A 10.40041 –, juris, Rn 29, 61 und Wahl/Dreier, NVwZ 1999, 606, 609. In Art. 8 III lit. a) VO (EU) Nr. 347/2013 zu den Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur wird bei der Regelung der Genehmigungsverfahren für Vorhaben von gemeinsamem Interesse mit dem sog. integrierten Schema die Konzentrationswirkung eines Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, Britz/Hellermann/ Hermes/Kupfer, § 43c Rn 6. 18 Siehe OVG Bautzen, Beschluss vom 15.12.2005 – 5 BS 300/05 – juris, Rn 16 (zu einem straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss). 19 BVerwG, Urt. v. 30.7.1998 – 4 A 1/98 –. 20 Kopp/Ramsauer, § 75 Rn 7c). 315
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II. Rechtswirkung der Planfeststellung
ren Vorschriften alle Fachplanungsverfahren als solche und damit insbesondere die fachgesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften.21 In materieller Hinsicht sind alle Anforderungen, die die jeweiligen Fachplanungsgesetze an das Vorhaben stellen, zu beachten. Eine materielle Konzentrationswirkung, nach der zwingende Vorgaben des Fachrechts durch die Abwägungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren ersetzt werden, geht vom Planfeststellungsbeschluss nicht aus.22 Die Konzentrationswirkung bedeutet indes nicht, dass notwendigerweise alle mit einem Vorhaben zusammenhängenden Maßnahmen über den Planfeststellungsbeschluss genehmigt werden können. Es geht vielmehr darum, das Vorhaben zu definieren und abzugrenzen und die materiell-rechtliche Reichweite eines Planfeststellungsbeschlusses festzusetzen. Das Tatbestandsmerkmal des „Vorhabens“ ist weder rein „tatsächlich“ noch „funktional“, sondern in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 1 VwVfG „ermächtigungsgrundlagenbezogen“ auszulegen.23 Die Rechtsprechung prüft im Einzelfall, wie weit die Kompetenz der Planfeststellungsbehörde geht, planfeststellend tätig zu werden.24 Eine unzulässige Einbeziehung der nicht planfeststellungsbedürftigen Anlagen in das Planfeststellungsverfahren kann zur Rechtswidrigkeit des gesamten Planfeststellungsbeschlusses führen.25 Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 können neben der Hochspannungsleitung selbst, die für deren Betrieb notwendigen Anlagen, insbesondere Konverterstationen, Phasenschieber, Verdichterstationen, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, als Nebenanlagen in das Planfeststellungsverfahren integriert werden. Bei Infrastrukturmaßnahmen, etwa zu einer Umspannanlage führende Straßen, bei Betriebsgebäuden, die nicht oder nicht ausschließlich der Netzleitung dienen, auch wenn sie auf dem Gelände einer Umspannanlage errichtet werden, muss die Integration in das Planfeststellungsverfahren begründet werden.26 Über § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 hinaus können nach § 43 S. 7 i. V. m. § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG alle notwendigen Folgemaßnahmen in das Planfeststellungsverfahren integriert werden. Eine Integration von Nebenanlagen am Planfeststellungsverfahren ist nicht möglich, wenn der Vorhabenträger der Nebenanlage nicht identisch mit dem Vorhabenträger des Leitungsbauvorhabens ist.27 Wo die Grenze zwischen zulässiger Folgenbewältigung nach § 75 Abs. 1 VwVfG und unzulässiger Miterledigung eines weiterreichenden Planvorhabens verläuft, lässt sich nicht generell festlegen.28 Die Gerichte sind grds. zurückhaltend mit der Integration „fremder Maßnahmen“ als Folgemaßnahme in ein Planfeststellungsverfahren, weil dies oftmals zu einem Zuständigkeitswechsel auf Behördenseite führt.29 Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt es für sich nicht, Verfahren und Behördenzuständigkeit zu koordinieren.30 Grds. gilt, dass die Erstreckung der Planungskompetenz des Trägers eines Vorhabens auf notwendige Folgemaßnahmen an anderen Anlagen dem Gebot der Problembewältigung dient. Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen entstehen.31 Notwendige Folgemaßnahme sind Regelungen außerhalb der eigentlichen Zulassung des Vorhabens, die für
21 BVerwG, Beschl. v. 26.6.1992 – 4 B 1 – 11/92 –. 22 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1001/04 –; Urt. v. 18.5.1990 – 7 C 3/90 –; vgl. auch BK-EnR/Pielow, EnWG, § 43c Rn 4. 23 VG Köln, Urt. v. 11.8.2009 – 14 K 4720/06 –. 24 OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2010 – 20 B 1320/09 –. 25 BVerwG, Urt. v. 19.2.2015 – 7 C 10.12, 7 C 11.12. 26 kritisch: OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2010 – 20 B 1320/09 –. 27 Vgl. auch § 43, Rn 54. 28 BVerwG, Beschl. v. 13.7.2010 – 9 B 103/09 –. 29 BVerwG, Urt. v. 19.2.2015 – 7 C 11/14 –. 30 BVerwG, Urt. v. 14.3.2018 – BVerwG 4 A 11/17 –. 31 BVerwG, Beschl. v. 13.7.2010 – 9 B 103/09 –. Nebel/Riese
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4. Ausschluss- und Duldungswirkungen
EnWG § 43c
eine angemessene Entscheidung über die durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme erforderlich sind.32
3. Gestaltungswirkung Der Planfeststellungsbeschluss regelt gem. § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG alle öffentlich-rechtlichen Be- 21 ziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den durch den Plan Betroffenen.33 Der Planfeststellungsbeschluss gestaltet die Rechtslage im Verhältnis zwischen den Formträgern und Betroffenen, indem er subjektiv öffentliche Rechte begründet, ändert oder beseitigt. Die öffentlichrechtlichen Rechtsbeziehungen werden durch den Planfeststellungbeschluss, im Gegensatz zur Duldungswirkung gem. § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG, bereits mit der Zustellung an den Vorhabenträger nach § 74 Abs. 4 VwVfG abschließend gestaltet. Der Vorhabenträger ist im Rahmen der Befolgungspflichten an den Inhalt des festgestellten 22 Plans gebunden. Das Bauwerkverzeichnis nimmt als Teil des Planfeststellungsbeschlusses an dessen rechtsgestaltender Wirkung nach § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG teil.34 Der Vorhabenträger ist insoweit zur Planverfolgung verpflichtet, als das Vorhaben nur mit den auferlegten Vorgaben zu verwirklichen ist; er ist insbesondere an die ihm aufgegebenen Schutzauflagen gebunden.35 Der Vorhabenträger ist zur Durchführung des Vorhabens berechtigt. Das Bauwerkverzeichnis setzt fest, welche baulichen Anlagen der Vorhabenträger errichten, betreiben oder ändern darf.36 Der Planfeststellungsbeschluss verpflichtet den Vorhabenträger aber nicht zur Durchführung des beantragten Vorhabens. Wird jedoch innerhalb der Frist nicht mit Arbeiten begonnen, so tritt der Plan ipso iure – also ohne weitere Handlungen der Planfeststellungsbehörde – außer Kraft.37 In diesem Fall stellt sich allerdings die Frage, wann tatsächlich mit den Arbeiten begonnen worden ist oder nicht. Sind etwa vorbereitende Maßnahmen ausreichend oder muss für einen wesentlichen Teil des Projektes mit der Umsetzung begonnen worden sein. Neben diesen objektiven Aspekten wird es auch um subjektive Komponenten gehen. Es ist durchaus von Relevanz, ob die Arbeiten mit dem Willen begonnen werden, das Vorhaben tatsächlich umzusetzen oder ob diese allein dazu dienen, das Eintreten der Unwirksamkeit zu verhindern. Wo insoweit die Grenzen zu ziehen sind, ist abstrakt schwer zu beurteilen. Die Betrachtung im Einzelfall ist entscheidend. Zusammenfassend dürfte gelten, dass der Vorhabenträger substantiell und ernsthaft mit der Umsetzung des planfestgestellten Vorhabens beginnt. Beginnt der Vorhabenträger mit der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens, so ist er verpflichtet, sämtliche Maßnahmen umzusetzen. Eine nur teilweise Realisierung – etwa die Errichtung der Masten ohne Schutzstreifen, keine Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen – ist in der Regel unzulässig.
4. Ausschluss- und Duldungswirkungen Außerdem wird durch § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG gewährleistet, dass mit der Unanfechtbarkeit des 23 Planfeststellungsbeschlusses Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung der Nutzung ausgeschlossen sind.38 Die Duldungswirkung des Abs. 2 S. 1 umfasst öffentlich-rechtliche Ansprüche sowohl der Betroffenen 32 33 34 35 36 37 38
OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.12.2016 – 7 LB 70/14 –. Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 75 Rn 20. BVerwG, Urt. v. 5.3.1997 – 11 A 5/96 –. BVerwG, Urt. v. 19.12.2007 – 9 A 22/06 –. BVerwG, Urt. v. 5.3.1997 – 11 A 5/96 –. Siehe § 43c Rn 27, vgl. auch Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 43c Rn 12; Kment/Turiaux, EnWG, § 43c Rn 2 f. BVerwG, Urt. v. 19.12.2007 – 9 A 22/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.9.1992 – 4 C 34-38/89 –.
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IV. Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses
als auch der Behörden.39 Sie umfasst außerdem privatrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach den §§ 861 ff, 903 ff, 1004 BGB. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit privatrechtsgestaltende Wirkung.40 Die Betroffenen können infolge des – bestandskräftigen – Planfeststellungsbeschlusses ausschließlich Ansprüche nach § 75 Abs. 2 S. 2 ff VwVfG auf Schutzmaßnahmen oder Entschädigung geltend machen.41
5. Enteignungsrechtliche Vorwirkung 24 § 45 ordnet die sog. enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses an.42 Die Zulässigkeit der Enteignung steht mit dem Erlass des Planbeschlusses bzw. der Plangenehmigung fest und die Enteignungsbehörde ist an den festgestellten Plan gebunden. In dem Enteignungsverfahren ist dann nur noch zu prüfen, ob die Enteignung hinsichtlich der konkret in Anspruch zu nehmenden Rechte zur Verwirklichung des Vorhabens erforderlich ist, in welcher Höhe eine Enteignungsschädigung zu zahlen ist und ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Enteignung vorliegen.
III. Rechtswirkung der Plangenehmigung 25 Gemäß § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG (n. F.) hat die Plangenehmigung – allgemein und auch in der energierechtlichen Planfeststellung – die Rechtswirkungen der Planfeststellung. Plangenehmigung und Planfeststellung werden in den Rechtswirkungen gleichgestellt. Daher hat im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren auch die Plangenehmigung die Rechtswirkungen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung.43 Keine Rechtswirkung entfaltet ein Planfeststellungsbeschluss, der funktionslos geworden 26 ist. Das ist der Fall, wenn die Verhältnisse wegen der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der die Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit ausschließt.44
IV. Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses 27 Wird die Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses begonnen, so tritt er außer Kraft, es sei denn, er wird vorher auf Antrag des Vorhabenträgers von der Planfeststellungsbehörde um höchstens fünf Jahre verlängert.45 Es bedarf keines weiteren Aktes der Planfeststellungsbehörde – weder gestaltender noch feststellender Art nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist; die Wirksamkeit der Zulassungsentscheidung endet ex nunc und ipso iure.46 Eine gesetzlich vorgeschriebene Wirkung eines bestandskräftigen Bescheides von zehn Jah28 ren ist ungewöhnlich lang.47 Ausweislich des Wortlauts ist eine Verlängerung vor Ablauf der
39 40 41 42 43 44 45 46 47
Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 75 Rn 61. BGH, Urt. v. 10.12.2004 – V ZR 72/04 –. Siehe hierzu Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 75 Rn 63 ff. Vgl. dazu § 45 Rn 186 f. BT-Drucks. 17/9666, S. 20; a. A. (mit ausführlicher Darstellung) Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 24 ff. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43c Rn 11. Vgl. Wickel, UPR 2007, 201, 205. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43c Rn 12. Ähnliche Regelung in § 9 Abs. 3 LuftVG; § 14c Nr. 1 WaStrG; § 17c Nr. 1 FStrG; kritisch Teßmer, ZUR 2006, 469, 474. Nebel/Riese
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1. Dauer der Wirksamkeit (Nr. 1)
EnWG § 43c
Frist erforderlich, eine nachträgliche Verlängerungsmöglichkeit gibt es nicht.48 Der Gesetzgeber räumt mit dieser langen Geltungsdauer und einmaligen Verlängerungsmöglichkeit den Planungsgebern und Vorhabenträgern eine erhebliche Rechts- und Planungssicherheit ein. 29 Gesetzlich vorgegebene Befristungen sind etwa bekannt bei: – Planfeststellungsbeschlüssen nach § 75 Abs. 4 VwVfG (fünf Jahre), – dem immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid nach § 9 Abs. 2 BImSchG (zwei Jahre), – der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (drei Jahre) und – Baugenehmigungen nach § 73 Abs. 1 MBauO49 (drei Jahre). Der Vorhabenträger wird durch die lange Laufzeit in die Lage versetzt, sich Vorhaben weit vor 30 seiner Realisierung genehmigen zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass der Vorhabenträger – vom Gesetzgeber gebilligt – eine gewisse Vorratsplanung durchführen kann.50 Denn angesichts sich ständig wechselnder Rahmenbedingungen wird der Vorhabenträger ebenso wenig wie die Genehmigungsbehörde wissen, ob nach Ablauf einer Frist von zehn Jahren es tatsächlich zu einer Realisierung kommen wird. Dieser Gesichtspunkt der Reserveplanung oder Vorsorgeplanung hat Einfluss auf die Frage der Planrechtfertigung. Diese verlangt vom Vorhabenträger den Nachweis und von der Genehmigungsbehörde die Bestätigung, dass die Realisierung des Vorhabens vernünftigerweise geboten ist. Maßstab dafür kann ausschließlich die Planungssituation während des Planfeststellungsverfahrens sein, die mit einem erheblichen Prognoseanteil einhergeht, nämlich gerechnet auf eine Zeit von mindestens zehn Jahren ab Unanfechtbarkeit der Entscheidung.
1. Dauer der Wirksamkeit (Nr. 1) § 43c Nr. 1 stellt zunächst den Grundsatz auf, dass zehn Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit mit der Durchführung des Plans begonnen werden muss. Unanfechtbarkeit bedeutet, dass das Vorhaben nicht mehr durch nationale Verwaltungsgerichte aufgehoben werden kann. Die Unanfechtbarkeit tritt auch ein, wenn – aus welchen Gründen auch immer – ein Betroffener das BVerfG anruft. Auch die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte führt nicht dazu, dass der Eintritt der Unanfechtbarkeit verhindert wird. Ein in ein verwaltungsgerichtliches Verfahren eingebundenes Vorlageverfahren zum Europäischen Gerichtshof indes hindert den Eintritt der Unanfechtbarkeit. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur planangemessenen Verwirklichung des Vorhabens. Eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht (vgl. § 75 Abs. 4 S. 2 VwVfG). Bisher fand sich eine Definition in Nr. 4. Dies ist nunmehr entbehrlich, weil § 75 Abs. 4 S. 2 VwVfG diese Bestimmungen aufgenommen hat. Der Gesetzgeber unterstreicht mit dieser Regelung die großzügige Zuweisung einer rechtssicheren Position. Die Definition von dem Beginn der Durchführung eines Plans ist wünschenswert, da vielfach diskutiert wurde, wie umfangreich die Maßnahmen sein müssen, damit der Verfall eines Planfeststellungsbeschlusses umgangen werden kann. Der Gesetzgeber verlangt nach § 75 Abs. 4 S. 2 VwVfG eine Tätigkeit, die drei Voraussetzungen erfüllen muss: – Die Tätigkeiten müssen nach außen erkennbar sein. Eine rein planerische, organisatorische oder buchhalterische Maßnahme reicht nicht aus. 48 Siehe hierzu auch Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 43c Rn 16; BK-EnR/Pielow, EnWG, § 43c Rn 11; Kment/ Turiaux, EnWG, § 43c Rn 5. 49 Vgl. die Bestimmungen der jeweiligen Landesbauordnung. 50 Vgl. zur Vorratsplanung auch Kment/Turiaux, EnWG, § 43c Rn 2; Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 43c Rn 8; siehe auch De Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 51. 319
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§ 43c EnWG
V. Übergangsregelungen
–
Die Tätigkeit muss mehr als von geringfügiger Bedeutung sein. Hier stellt sich die Frage, was eine mehr als nur geringfügige Bedeutung sein soll. Die Beantwortung dieser Frage hängt vom Umfang des eigentlichen Vorhabens ab. – Die Maßnahme muss zur planmäßigen Verwirklichung des Vorhabens beitragen. Der Gesetzgeber verbietet willkürliche Maßnahmen. Die Tätigkeit muss in die planmäßige Realisierung des Vorhabens insgesamt eingebunden sein. 35 Eine restriktive Auslegung ist angesichts der weitreichenden Restriktionen, die mit einem planfestgestellten Vorhaben verbunden sind, geboten. 36 Der Planfeststellungsbeschluss kann auf einen Dritten übertragen werden. Die Maßnahme muss dadurch nicht durch denjenigen Vorhabenträger durchgeführt oder neu begonnen werden, der den Planfeststellungsbeschluss beantragt hat. 37 Der Vorhabenträger – sei es als ursprünglicher Empfänger des Planfeststellungsbeschlusses oder als späterer Rechtsnachfolger des Planfeststellungsbeschlusses – kann mit der Durchführung der Maßnahmen Dritte beauftragen.
2. Anhörung vor Verlängerung (Nr. 2) 38 Vor der Entscheidung über die fünfjährige Verlängerung der Wirksamkeit des unanfechtbaren Planes ist eine auf den Antrag begrenzte Anhörung nach dem für die Planfeststellung oder Plangenehmigung vorgeschriebenen Verfahren durchzuführen. Die Anordnung hat zur Folge, dass, wenn ein Verlängerungsantrag für einen Planfeststellungbeschluss gestellt wird, grds. ein Erörterungstermin im Sinne von § 73 VwVfG i. V. m. § 43a durchzuführen ist.
3. Verfahren bei Verlängerung (Nr. 3) 39 Für die Zustellung und Auslegung sowie die Anfechtung der Entscheidung über die Verlängerung sind die Bestimmungen über den Planfeststellungsbeschluss entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass vor allem § 74 entsprechend der im EnWG vorgenommenen Modifikationen Anwendung findet (§ 43b). Die Entscheidung über die Verlängerung ist ein Verwaltungsakt. Es steht allen ein Rechtsmittel zu, die auch üblicherweise Rechtsmittel geltend machen können.
V. Übergangsregelungen 40 Die wichtigste Übergangsregelung ist § 118 Abs. 3 S. 2. Nach § 118 Abs. 3 S. 2 gilt § 43c auch für Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen, die vor dem 17. Dezember 2006 ergangen sind, soweit der Plan noch nicht außer Kraft getreten ist.
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§ 43d Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens Für die Planergänzung und das ergänzende Verfahren im Sinne des § 75 Abs. 1a Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und für die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens gilt § 76 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Maßgabe, dass im Falle des § 76 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes von einer Erörterung im Sinne des § 73 Abs. 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 9 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden kann. Im Übrigen gelten für das neue Verfahren die Vorschriften dieses Gesetzes.
Übersicht 2.
I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 3 Regelungszweck Entstehungsgeschichte Unionsrechtliche Bezüge
II.
Modifizierte Geltung von § 76 Abs. 1 VwVfG 12 (S. 1) 12 Allgemeines 12 a) Anwendungsbereich 14 aa) Planänderung 16 bb) Planergänzung 18 cc) Ergänzendes Verfahren b) Verhältnis zu § 43f (Unwesentliche Ände20 rungen)
1.
1 3. 8
Neues Planfeststellungsverfahren (§ 76 Abs. 1 22 VwVfG) Modifikation durch S. 1, Absehen von der Erörte24 rung
11 III. 1.
2.
IV.
29 Geltung von § 76 Abs. 2, 3 VwVfG Absehen von einem neuen Verfahren (§ 76 30 Abs. 2 VwVfG) 30 a) Allgemeines 32 b) Modifikation durch § 43d Vereinfachtes neues Verfahren (§ 76 Abs. 3 33 VwVfG) Sonstige Verfahrensvorschriften (S. 2)
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm S. 1 legt als Anwendungsbereich des § 43d die Planergänzung, das ergänzende Verfahren und 1 die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens fest. Für diese Verfahren gilt § 76 VwVfG. § 76 Abs. 1 VwVfG wird dahingehend modifiziert, dass von einer Erörterung im Sinne des VwVfG und des UVPG abgesehen werden kann. 2 Nach S. 2 gelten für diese Verfahren ansonsten die Vorschriften des EnWG.
2. Regelungszweck Die Vorschrift dient der gesetzlichen Klarstellung und sichert die gängige Verwaltungspraxis 3 rechtlich ab.1 Bei Änderungen des Plans vor Fertigstellung des Vorhabens wird die Anwendbarkeit des § 76 VwVfG lediglich deskriptiv klargestellt. Sie ergibt sich in diesen Fällen bereits aus der grundlegenden Verweisung auf die §§ 72–78 VwVfG in § 43 Ab. 4. Hingegen ergibt sich die Anwendbarkeit des § 76 VwVfG für die Fälle des ergänzenden Verfahrens und der Planergänzung nur aufgrund der besonderen Anordnung in § 43d, welcher für die energierechtliche Planfeststellung konstitutiv ist.2 1 Vgl. zu § 17d AEG BT-Drucks. 16/54, S. 34. 2 So auch: Säcker/Pielow, EnWG, § 43d Rn 1; a. A.: Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43d Rn 2. 321 https://doi.org/10.1515/9783110670516-026
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§ 43d EnWG
I. Allgemeines
Die Vorschrift verfolgt durch die Herstellung von Rechtssicherheit das übergeordnete Ziel der Verfahrensbeschleunigung.3 Die Verschlankung der durchzuführenden Planfeststellungsverfahren ist durch die im Vorfeld bereits getroffene Planentscheidung gerechtfertigt und vermeidet Doppelprüfungen. § 43d legt fest, welche Verfahrensvorschriften in der energierechtlichen Planfeststellung 5 in den Fällen der Planergänzung, ergänzendes Verfahren und Planänderung vor Fertigstellung zur Anwendung kommen. Die Norm enthält zwei Sonderregelungen zu den allgemeinen Regelungen der Planfest6 stellung in §§ 75 Abs. 1a und 76 VwVfG. Zum einen wird § 76 VwVfG für die Planergänzung sowie das ergänzende Verfahren nach § 75 Abs. 1a VwVfG für anwendbar erklärt. Zum anderen modifiziert die Vorschrift den in seinem Anwendungsbereich erweiterten § 76 Abs. 1 VwVfG insofern, als von einer Erörterung generell abgesehen werden kann.4 Die Verfahren der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens dienen der Fehlerkor7 rektur.5 Eine andere Funktion kommt der Planänderung vor Fertigstellung zu. Häufig erweisen sich Änderungen des Vorhabens erst während der Bauarbeiten als notwendig und zweckdienlich. Da diese Änderungen nicht durch die Planentscheidung zugelassen sind, ist eine entsprechende Anpassung erforderlich. Hierzu und nicht der Korrektur einer rechtwidrigen Entscheidung dient die Planänderung vor Fertigstellung.6 Durch § 43d werden Planergänzung, ergänzendes Verfahren und Planänderung einheitlich der Geltung von § 76 VwVfG unterstellt.
4
3. Entstehungsgeschichte 8 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben7 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 43d eingefügt. In der Fassung des ersten Entwurfs der Bundesregierung8 erfuhr die Vorschrift eine Ände9 rung dahingehend, dass S. 3 gestrichen wurde, wonach Einwendern und Vereinigungen, die Stellung genommen haben, vor dem Abschluss des Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist.9 Die Änderung betraf zugleich alle vergleichbaren Vorschriften in anderen Fachplanungsgesetzen.10 Die Streichung wurde damit begründet, dass eine Anhörung der Einwender und Vereinigungen bereits nach geltender Rechtslage in einem erneuten Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Bei Planergänzungen und ergänzenden Verfahren nach § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG sind die Vorschriften über die Planänderung nach § 76 VwVfG anzuwenden. Für den Fall einer wesentlichen Planänderung bedeutet dies, dass ein erneutes Planfeststellungsverfahren mit Auslegung der Planunterlagen durchzuführen ist. Die Betroffenen sind ausreichend beteiligt über die Auslegung der Planunterlagen und die Möglichkeit der Abgabe von Einwendungen und Stellungnahmen. Die Streichung sollte insofern beschleunigend wirken, als die Gefahr unnötiger doppelter Beteiligungen minimiert wird.11
3 Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 3. 4 Säcker/Pielow, EnWG, § 43d Rn 1. 5 Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43d Rn 3. 6 Vgl. Kment/Kment, § 43d Rn 3. 7 Gesetz v. 9.12.2006, BGBl. I S. 2833. 8 BR-Drucks. 363/05, S. 30. 9 Für das AEG BT-Drucks. 16/3158, S. 40. 10 Vgl. BT-Drucks. 16/3158, S. 45. 11 BT-Drucks. 16/3158, S. 40. Nebel/Riese
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1. Allgemeines
EnWG § 43d
Die Norm hat durch das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und an- 10 derer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben nur eine Folgeänderungen aufgrund von Veränderungen des UVPG erfahren; inhaltliche Änderungen sind nicht erfolgt.12
4. Unionsrechtliche Bezüge Die Norm gibt der Behörde die Möglichkeit, auf eine Erörterung im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 11 UVPG zu verzichten. Das Absehen von der Erörterung ist unionrechtskonform. Nach Art. 4 Abs. 2 der EU-UVP-RL 2011/92/EU können die Mitgliedstaaten bei Projekten des Anhangs II selbst entscheiden, ob die Vorhaben einer Prüfung im Sinne der Art. 5–10 unterfallen sollen. Nach Anhang II Nr. 13 lit. a) fällt darunter die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II, die selbst erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können. § 43d stellt eine solche Entscheidung des Gesetzgebers dar.
II. Modifizierte Geltung von § 76 Abs. 1 VwVfG (S. 1) 1. Allgemeines a) Anwendungsbereich. Trotz der missverständlichen, weil mit § 76 VwVfG identischen Über- 12 schrift der Vorschrift „Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens“ ist der Anwendungsbereich für drei Fälle eröffnet: für die Planergänzung, das ergänzende Verfahren sowie die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens.13 Die Anwendungsfälle unterscheiden sich strukturell: Planergänzung und ergänzendes 13 Verfahren dienen der Heilung erheblicher Mängel im Planfeststellungsverfahren zur Vorbeugung der Aufhebung von rechtswidrigen Planfeststellungsbeschlüssen oder -genehmigungen, § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG. Das Verfahren der Planänderung hingegen beruht auf zwischenzeitlich geänderten tatsächlichen Umständen. aa) Planänderung. Eine Planänderung liegt nur vor, wenn die Identität des Vorhabens ge- 14 wahrt bleibt.14 Trotz der Änderungen am feststellenden Teil der Planentscheidung muss das Konzept, das dem Vorhaben zugrunde liegt, erhalten bleiben.15 Ansonsten liegt ein neues Projekt vor, das in einem neuen Verfahren planfeststellt oder plangenehmigt werden muss. Keine bloße Planänderung liegt mehr vor, wenn die ursprüngliche Abwägung die Änderung nicht abdeckt und insoweit neu durchzuführen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Ergebnis der Abwägung ein anderes sein wird.16 Änderungen an der Begründung bleiben ohne Einfluss auf die Rechtswirkungen der Plan- 15 entscheidung und stellen daher keine Planänderung dar. bb) Planergänzung. Die Planergänzung dient gem. § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG der Erhaltung man- 16 gelhafter Planungsentscheidungen und statuiert damit den Vorrang der Planerhaltung vor 12 Art. 13 Nr. 2 G v. 29.5.2017 I 1298 mWv 2.6.2017. 13 Kment/Kment, § 43d Rn 2; Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 1. 14 BVerwG, Urt. v. 27.3.1992 – 7 C 18/91 –; BVerwG, Beschl. v. 2.2.1996 – 4 A 42/95 –; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 76 Rn 8. 15 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 76 Rn 5 m. w. N. 16 Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43d Rn 2. 323
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§ 43d EnWG
II. Modifizierte Geltung von § 76 Abs. 1 VwVfG (S. 1)
dem Anspruch auf Planaufhebung.17 Der vorher festgestellte Plan behält seine Rechtswirkungen und bleibt bzw. wird bestandskräftig. 17 Nach § 75 Abs. 1a S. 1 VwVfG sind Abwägungsmängel nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Liegen solche erheblichen Abwägungsmängel vor, führen diese nach § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG nur dann zur Aufhebung der Planungsentscheidung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können.
18 cc) Ergänzendes Verfahren. Wie die Planergänzung dient das ergänzende Verfahren der Behebung von Fehlern im vorangegangenen Verfahren. Mit dieser Vorschrift will der Gesetzgeber die Aufhebung als radikale Folge einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vermeiden, wenn der Fehler durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann.18 § 43d beschränkt die Zulässigkeit einer Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren nicht auf Form- oder Verfahrensfehler.19 Im ergänzenden Verfahren sind alle Mängel der Abwägung heilbar, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter fehlerfreier Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält.20 Entscheidend ist allein, dass die Möglichkeit besteht, den Fehler im ergänzenden Verfahren zu beheben.21 Ergebnis eines solchen Verfahrens ist ein Ergänzungsbeschluss gem. § 75 Abs. 1a VwVfG. 19 Dieser ist Grundlage für die Bestandkraft des vorangegangenen Planfeststellungsbeschlusses.
20 b) Verhältnis zu § 43f (Unwesentliche Änderungen). Der Anwendungsbereich von § 43d zeigt keinen Überschneidungsbereich mit dem des § 43 f Die Regelung unterscheidet sich von § 43f hinsichtlich der Funktion der anzuwendenden Verfahren.22 Die Planergänzung und das ergänzende Verfahren im Sinne von § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG erfolgen zur Korrektur eines Planfeststellungsbeschlusses. Die Planergänzung und das ergänzende Verfahren dienen der Erhaltung des Plans und räumen dieser Priorität gegenüber der Aufhebung ein. Auch die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens dient der Anpassung des Planfeststellungsbeschlusses an tatsächliche Bedürfnisse; etwa, wenn die Genehmigungswirkung der ergangenen Entscheidung zur Verwirklichung des Vorhabens nicht mehr ausreicht. 21 § 43f hingegen betrifft den vereinfachten Umgang mit unwesentlichen Änderungen und Erweiterungen einer planfestgestellten Hochspannungsleitung zur Vermeidung der Durchführung eines förmlichen Verfahrens.23
2. Neues Planfeststellungsverfahren (§ 76 Abs. 1 VwVfG) 22 Aus § 76 Abs. 1 VwVfG ergibt sich der Grundsatz, dass für den Fall einer Änderung des festgestellten Plans vor Fertigstellung des Vorhabens – aber nach Erlass des Planes – ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Für dieses gelten nach § 76 Abs. 2, 3 VwVfG jedoch einige Vereinfachungen, wenn es sich um unwesentliche Änderungen handelt. Die Planänderung vor der Planfeststellung regelt § 73 Abs. 8 VwVfG.
17 18 19 20 21 22 23
Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 8. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 19/95 –. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 19/95 –. BVerwG, Urt. v. 5.12.2008 – 9B29/08 –. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 19/95 –. Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 43d Rn 2. Vgl. die Kommentierung zu § 43 f.
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3. Modifikation durch S. 1, Absehen von der Erörterung
EnWG § 43d
Gegenstand des neuen Planfeststellungsverfahrens ist die Änderung des bereits zugelasse- 23 nen Vorhabens.24 Ergebnis dieses Verfahrens ist ein Änderungsplanfeststellungsbeschluss, der dem alten Plan seine neue, maßgebliche Gestalt verleiht.25
3. Modifikation durch S. 1, Absehen von der Erörterung § 76 Abs. 1 VwVfG wird durch S. 1 in zweifacher Hinsicht modifiziert: Zum einen wird § 76 Abs. 1 VwVfG in seinem Anwendungsbereich auf ergänzendes Verfahren und Planergänzung erweitert. Zum anderen kann auch in den Fällen des § 76 Abs. 1 VwVfG bei der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens von einer Erörterung im jedenfalls durchzuführenden Anhörungsverfahren abgesehen werden.26 Liegen die Voraussetzungen von S. 1 vor, kann von einer Erörterung im durchzuführenden Anhörungsverfahren gem. § 73 Abs. 6 VwVfG bzw. § 9 Abs. 1 S. 3 UVPG abgesehen werden. Die Erörterung ist nur ein Teil der im Übrigen vorzunehmenden Öffentlichkeitsbeteiligung.27 Das Absehen von der Erörterung im Sinne von § 73 Abs. 6 VwVfG ist in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Das Ermessen der Behörde ist nicht indiziert oder auf andere Weise vorausbestimmt.28 Ermessenslenkende Elemente enthält die Vorschrift nicht.29 Die Ausübung des (Verfahrens-)Ermessens, wird im Falle der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens, welches der Abwägungsfehlerbehebung dient, zu berücksichtigen haben, dass dem Erörterungstermin eine wesentliche Funktion für die Einhaltung des Abwägungsgebotes zukommt. Ein ergänzendes Verfahren kommt nur dann in Frage, wenn erhebliche Abwägungsfehler vorliegen, also solche, die im Sinne von § 75 Abs. 1a S. 1 VwVfG offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Zudem betrifft § 43d den Fall einer wesentlichen Planänderung: Da sich durch eine wesentliche Planänderung aber regelmäßig auch die Abwägungsproblematik neu stellt, wird in solchen Fällen der Verzicht auf einen Erörterungstermin im Regelfall eine rechtswidrige Ausübung des Ermessens darstellen.30 Die Behörde muss sich im Wesentlichen von der Bedeutung der Änderung leiten lassen. Je bedeutsamer die Änderung ist, desto mehr Einfluss auf den Abwägungsvorgang ist ihr zuzuschreiben, sodass auf eine Erörterung nicht verzichtet werden kann.31 Die Betroffenen müssen jedoch trotzdem angehört und die Behörden sowie anerkannte Naturschutzvereine beteiligt werden.32
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III. Geltung von § 76 Abs. 2, 3 VwVfG Ohne Modifikation wirken in der energierechtlichen Planfeststellung die in § 76 Abs. 2 und 3 29 VwVfG normierten Regelungen über unwesentliche Änderungen. Die Modifikation durch § 43d erstreckt sich nur auf wesentliche Änderungen.
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Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 76 Rn 10. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 76 Rn 23. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 17. So auch Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 17. Anders noch im Entwurf BT-Drucks. 16/54, S. 19; vgl. auch Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 18. Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 18. So auch Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43d Rn 3; Kment/Kment, § 43d Rn 3. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43d Rn 3. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 76 Rn 28. Nebel/Riese
§ 43d EnWG
IV. Sonstige Verfahrensvorschriften (S. 2)
1. Absehen von einem neuen Verfahren (§ 76 Abs. 2 VwVfG) 30 a) Allgemeines. Unwesentliche Fälle, in denen Rechte Dritter nicht berührt werden oder die Betroffenen zugestimmt haben, können durch die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren freigestellt werden. Für den Fall, dass es dennoch durchgeführt wird, bedarf es nach § 76 Abs. 3 VwVfG keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe. 31 Die Planänderung, die Planergänzung oder das ergänzende Verfahren ist von unwesentlicher Bedeutung, wenn die Änderung im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist. Das ist der Fall, wenn Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden.33 Auf § 43f, der die „Unwesentlichkeit“ definiert, darf entsprechend zurückgegriffen werden, auch wenn er Vorhaben von vornherein vom Planfeststellungsverfahren freistellt.34 Danach wären Vorhaben unwesentlich, wenn die Änderung oder Erweiterung andere öffentliche Belange nicht berührt oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen (Nr. 2) und Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden (Nr. 3). Zudem dürfte für die Änderung die Durchführung einer UVP nicht erforderlich sein (Nr. 1).
32 b) Modifikation durch § 43d. Für unwesentliche Änderungen im Sinne von § 76 Abs. 2 VwVfG, in denen sich die zuständige Behörde trotzdem entscheidet, ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen, trifft § 43d keine Änderungen an § 76 Abs. 3 VwVfG. § 43d gilt jedoch auch für Fälle unwesentlicher Änderungen, wenn sich die Behörde im Rahmen ihres Ermessens entscheidet, doch ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen.35
2. Vereinfachtes neues Verfahren (§ 76 Abs. 3 VwVfG) 33 Nach § 76 Abs. 3 VwVfG ist ein Anhörungsverfahren und eine öffentliche Bekanntgabe der Planentscheidung entbehrlich, wenn bei unwesentlichen Änderungen das Ermessen dahingehend ausgeübt wird, dass nicht von einem neuen Planfeststellungsverfahren abgesehen wird. 34 Trotzdem müssen die Betroffenen angehört sowie Behörden und anerkannte Naturschutzvereine beteiligt werden.36
IV. Sonstige Verfahrensvorschriften (S. 2) 35 Im Übrigen gelten für das neue Verfahren die Vorschriften dieses Gesetzes. Damit ordnet S. 2 an, dass für das „neue“ Verfahren – dies ist das nach § 76 Abs. 1 VwVfG durchzuführende Planfeststellungsverfahren und das Ergänzungsverfahren – ebenfalls die Sondervorschriften der energierechtlichen Planfeststellung nach §§ 43 ff gelten.37 Dadurch kommen etwa die Modifikationen des § 43a bzgl. des Anhörungsverfahrens nach § 73 VwVfG zur Anwendung.
33 34 35 36 37
Vgl. BVerwG Urt. v. 20.10.1989, – 4 C 12.87 –; Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 43d Rn 6. Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 43d Rn 8, der § 43f nicht für „ohne Weiteres auf § 43d übertragbar“ hält. Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 43d Rn 7. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 76 Rn 28. Kment/Kment, § 43d Rn 7.
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§ 43e Rechtsbehelfe (1) Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend. (2) Treten später Tatsachen ein, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, so kann der durch den Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung Beschwerte einen hierauf gestützten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Frist von einem Monat stellen und begründen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerte von den Tatsachen Kenntnis erlangt. (3) Der Kläger hat innerhalb einer Frist von sechs Wochen die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. § 87b Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend. (4) Für Energieleitungen, die nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 planfestgestellt werden, sowie für Anlagen, die für den Betrieb dieser Energieleitungen notwendig sind und die nach § 43 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 planfestgestellt werden, ist § 50 Absatz 1 Nummer 6 der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden. § 50 Absatz 1 Nummer 6 der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch anzuwenden für auf diese Energieleitungen und auf für deren Betrieb notwendige Anlagen bezogene Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren sowie für Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für Anlagen, die für den Betrieb dieser Energieleitungen notwendig sind.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Entstehungsgeschichte Unionrechtliche Bezüge
II.
Rechtsschutz betroffener Eigentümer, Nachbarn 11 und Gemeinden 12 Hauptsacheverfahren 12 a) Allgemeines 15 b) Zuständigkeit c) Aufschiebende Wirkung (Abs. 1 17 S. 1)
1.
d) e)
3.
Begründungsfrist (Abs. 3 S. 1) 19 Zurückweisung durch das Gericht (Abs. 3 22 S. 2) 24 Einstweiliger Rechtsschutz a) Antrags- und Begründungsfrist (Abs. 1 S. 2, 25 Abs. 2) 28 b) Sofortige Vollziehbarkeit 29 Anwendung von § 58 VwGO (Abs. 1 S. 4)
III.
Rechtsschutz von Umweltverbänden
IV.
Spätere Änderung der Tatsachen 38 (Abs. 2)
1 6 9
2.
32
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 S. 1 schließt die aus § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO folgende aufschiebende Wirkung von Wider- 1 spruch und Anfechtungsklage gegen Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen 327 https://doi.org/10.1515/9783110670516-027
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§ 43e EnWG
I. Allgemeines
nach §§ 43 ff aus. Abs. 1 S. 2 definiert eine Einlegungs- und Begründungsfrist von einen Monat ab Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. der Plangenehmigung für Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO. Auf diese Frist ist in der Rechtsbehelfsbelehrung nach Abs. 1 S. 3 hinzuweisen. Die Hinweispflicht wird durch § 58 VwGO näher ausgestaltet, der nach Abs. 1 S. 4 entsprechend anzuwenden ist. 2 Abs. 2 S. 1 normiert eine Ausnahme von der strengen Frist nach Abs. 1 S. 2. Diese beginnt erneut zu laufen, wenn später, d. h. nach Beginn der Monatsfrist ab Zustellung aus Abs. 1 S. 2 Tatsachen eintreten, aus denen sich eine besondere (neue) Beschwer ergibt. Die Frist von einem Monat beginnt nach Abs. 2 S. 2 mit Kenntniserlangung durch den potenziell Betroffenen. 3 Abs. 3 S. 1 regelt eine sechswöchige Frist, in der die zur Begründung der Anfechtungsklage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben sind. Abs. 3 S. 2 knüpft daran an, indem er § 87b Abs. 3 VwGO, wonach verspätet vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel durch das Gericht zurückgewiesen werden können, für anwendbar erklärt. 4 Abs. 4 S. 1 regelt die Anwendung der Rechtswegverkürzung zum Bundesverwaltungsgericht auf Offshore-Anbindungsleitungen und deren Nebenanlagen (d. h. Konverter) nach § 43 Abs. 1 Nr. 2. Abs. 4 S. 2 erweitert diesen Anwendungsbereich auch auf Entscheidungen zum vorzeitigen Baubeginn, dem Anzeigeverfahren sowie Genehmigungen nach BImSchG für Nebenanlagen.
2. Regelungszweck 5 Die Vorschrift enthält Sonderregelungen für den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz, die dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung dienen. Soweit gerichtliche Verfahren gegen Planentscheidungen nicht durch besondere Fristen oder Planerhaltungsvorschriften ausgeschlossen werden, sollen diese zu einem schnellen Abschluss kommen.1 Soweit keine Modifikationen getroffen werden, gelten die allgemeinen Grundsätze.
3. Entstehungsgeschichte 6 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben2 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 43e eingefügt. Der Paragraph umfasste in der Fassung des Entwurfs der Bundesregierung3 lediglich drei Absätze. Abs. 1 S. 5 und 6 wurden im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu einem eigenen Abs. 2. Inhaltliche Änderungen erfuhr der Paragraph jedoch nicht. Bereits mit Einfügung des energierechtlichen Planfeststellungsvorbehalts war in § 11a Abs. 3 EnWG 2001, später in § 43 Abs. 3 EnWG 2005 bis zum 16.12.2006 der Entfall der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsklagen gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung normiert. 7 Die ursprünglich in § 43e Abs. 1 enthaltenen Verweise auf die Rechtsgrundlagen der energierechtlichen Planfeststellung und Genehmigung wurde mit Wirkung zum 1.6.2015 durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG)4 vom 31.5.2013 in Verbindung mit Art. 1b des ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 24.5.20145 gestrichen. Dabei wurde auch Absatz 4 zur Erheblichkeitsschwelle für Abwägungsfehler aufgehoben. Anlass und Ziel des PlVereinhG war es, die zuvor als Sonderregelungen für die energierechtliche Planfeststel1 2 3 4 5
Vgl. Schröder, NuR 2007, 380, 382; Schneller, DVBl. 2007, 529, 533; Gramlich, LKV 2008, 530, 534. Gesetz v. 9.12.2006, BGBl. I S. 2833. BR-Drucks. 363/05, S. 30 f. BGBl. I 2013 S. 1388. BGBl. I 2014 S. 538.
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4. Unionrechtliche Bezüge
EnWG § 43e
lung getroffenen Beschleunigungsregelungen auf das allgemeine Planfeststellungsrecht zu erweitern und dadurch Planfeststellungen nach §§ 72-78 VwVfG insgesamt zu beschleunigen.6 Die Kritik an der auf Vorhabenkategorien bezogenen Beschleunigungsgesetzgebung hat sich damit in wesentlichen Teilen auf das Planfeststellungsrecht insgesamt verlagert. Dies gilt insbesondere für die Diskussion über die richtige Umsetzung des europäischen Verfahrensrechts. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes 8 und anderer Vorschriften vom 3.12.2020 am 10.12.20207 wurde sowohl Abs. 4 eingefügt, als auch die neue Norm § 54a WindSeeG geschaffen, die Bestimmungen über Rechtsbehelfe hinsichtlich der Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen für Offshore-Anbindungsleitungen beinhalten. In § 54a Abs. 2 WindSeeG wird dabei die Anwendung von § 43e Abs. 1–3 auf die in § 54a Abs. 1 WindSeeG aufgezählten Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen geregelt. Vorangegangen war ein Änderungsantrag Nordrhein-Westfalens und ein entsprechender Beschluss des Bundesrates § 43e zur Schaffung eines Abs. 4 sowie § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO für den Entfall der aufschiebenden Wirkung und eine Rechtswegverkürzung zu Gunsten der Offshore-Anbindungsleitungen sowie dazugehöriger Nebenanlagen,8 den die Bundesregierung und der Bundestag in abgeänderter und erweiterter Form aufgriffen.9 Im Ergebnis werden sowohl direkt, als auch offshore über die Verweisungen auf § 50 VwGO und § 43e die OffshoreAnbindungsleitungen hinsichtlich der Rechtsbehelfe den Transportleitungen an Land gleichgestellt. Vor dem Hintergrund, dass diese gleichermaßen in § 43 als planfeststellungspflichtige Vorhaben aufgeführt sind, überzeugt dies gesetzessystematisch. Dies gilt auch vom Sinn und Zweck her, wie Offshore-Anbindungsleitungen aus Gründen einer effizienten Netzplanung zunehmend über mehr als hundert Kilometer landeinwärts zu Netzknoten bisheriger Kraftwerke verlegt werden und sie damit auch HGÜ-Kabeln gleichen, die im Transportnetz eingefügt werden. Der Gesetzgeber hat damit parallel zu höheren Ausbauzielen und Netzplanung der Offshore-Anbindungsleitungen verfahrensrechtlich Vorsorge für beschleunigte Abläufe getroffen.
4. Unionrechtliche Bezüge Die Regelung der Rechtsbehelfe steht im Benehmen der Mitgliedsstaaten. Dies verdeutlicht 9 auch Art. 37 Abs. 15 RL 2009/72/EG, wonach Beschwerden an die Regulierungsbehörde die nationalen Rechtsbehelfe unberührt lassen. Wichtige unionsrechtliche Bezüge ergeben sich im Hinblick auf den Rechtsschutz von Um- 10 weltverbänden. Anerkannte Umweltverbände sind bei Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann, infolge der Trianel Entscheidung des EuGH10 nicht nur zur Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften, die Rechte Dritter begründen, befugt.11 Vielmehr können Umweltverbände im Sinne des UmwRG aus einer Verletzung des gesamten durch nationales Recht umzusetzenden europäischen Umweltrechts eine Klagebefugnis herleiten.12 Diese Erweiterung der Reichweite der Klagebefugnis von Umweltverbänden ist im Rahmen der Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 8. April 2013 vom deutschen Gesetzgeber in das nationale Recht integriert worden.13 In der folgenden Altrip-Entscheidung des EuGH vom 7.11.201314 wurde der Rechtsschutz vom Unterbleiben auf Verfahrensfehler der UVP 6 BR-Drucks. 171/12. 7 BGBl. I 2020, S. 2682. 8 BR-Drucks. 314/20 (Beschluss). 9 BT-Drucks. 19/24039 (Beschlussempfehlung und Bericht), S. 14 f. 10 EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. 11 EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. 12 EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. 13 BGBl. I 2013, S. 753. 14 EuGH, Urt. v. 7.11.2013 – C-72/12 –. 329
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§ 43e EnWG
II. Rechtsschutz betroffener Eigentümer, Nachbarn und Gemeinden
erweitert. Von besonderer Bedeutung ist weitergehend, dass eine wesentliche Komponente der Beschleunigungswirkung, die materielle Präklusion von Einwendungen mit dem Kausalitätserfordernis des Verfahrensfehlers für den Mangel, durch das viel beachtete Urteil des EuGH vom 15.10.2015 durch die Beschränkung auf missbräuchliches Vorbringen im Wesentlichen zu Fall gebracht hat.15 In der Folge müssen Umweltverbände und Individualbetroffene in Planfeststellungsverfahren für den Erfolg einer späteren Klage nicht mehr Mängel kurzfristig innerhalb der in § 43b Nr. 1 vorgesehenen Sechs-Wochen-Frist rügen. Der durch das PlVereinhG in § 75 Absatz 1a VwVfG verlagerte Absatz ist damit faktisch weggefallen. Der sich aus dem Ausbleiben derartiger Einwendungen vielleicht zunächst ergebende Beschleunigungseffekt kann sich bei Erfolg der Klage schnell in einen Verzögerungseffekt bei der Umsetzung von (Groß-)Vorhaben wandeln, da nun im gerichtlichen Klageverfahren gänzlich neue Aspekte vorgebracht werden können und die Kontrolldichte damit deutlich zunimmt. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund eine Anpassung mit dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vorgenommen.16 Insofern ist ein wesentlicher Teil der ursprünglichen Beschleunigungsgesetzgebung europarechtlich obsolet geworden.
II. Rechtsschutz betroffener Eigentümer, Nachbarn und Gemeinden 11 Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung gestatten dem Vorhabenträger die Verwirklichung des Vorhabens. Die für den Vorhabenträger begünstigende Wirkung steht der enteignungsrechtlichen Vorwirkung und den Duldungspflichten gegenüber. Bei den Planentscheidungen handelt es sich somit regelmäßig um Verwaltungsakte mit Doppelwirkung.
1. Hauptsacheverfahren 12 a) Allgemeines. Zulässiger Rechtsbehelf gegen Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung im Hauptsacheverfahren ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft. Nach § 43 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 70 Abs. 1 VwVfG bedarf es vor der Erhebung einer Klage, die einen Planfeststellungsbeschluss zum Gegenstand hat, keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. Wird trotz Entfalls des Widerspruchsverfahrens ein Widerspruch eingelegt, ist dieser als unzulässig zurückzuweisen und hemmt den Lauf der Klagefrist nicht. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Klagebefugnis erforderlich. Die Voraussetzung ist enger 13 als die Beteiligung im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung, wo anstelle einer Verletzung in subjektiven Rechen eine Betroffenheit in Belangen ausreicht. Die Präklusionsregeln aus § 43b Nr. 1 können dazu führen, dass eine Klagebefugnis schon nicht dargelegt werden kann, sodass eine Klage als unzulässig abzuweisen ist.17 Gemeinden können gegen Entscheidungen nach § 43 vorgehen, indem sie geltend machen, 14 dass sie in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verletzt sind.
15 b) Zuständigkeit. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2 VwGO i. V. m. § 43 Abs. 1 EnWG ist das OVG erstinstanzlich zuständig u. a. für Planfeststellungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb, die Änderung sowie jeweils die Änderung der Linienführung von Hochspannungsfreileitungen 15 EuGH, Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14; Jacob, jM 2016, 166; Wendt, jurisPR-UmwR 11/2015 Anm. 2; Ruge/Kohls, ZUR 2016, 33, Anm. 35; Klinger, ZUR 2016, Anm. 41; Mayer, NuR 2016, 106. 16 BGBl. I 2017 S. 1298. 17 Vgl. Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 183 ff sowie die Kommentierung zu § 43a und § 43b. Fest/Riese
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1. Hauptsacheverfahren
EnWG § 43e
mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr, Erd- und Seekabeln jeweils mit einer Nennspannung von 110 kV oder Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm. Vorhaben, die in denr Anlagen des EnLAG und des BBPlG aufgeführt sind oder § 54a Wind- 16 SeeG und Abs. 4 unterfallen, werden von § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2 VwGO nicht erfasst, sondern unterliegen der spezielleren Erstzuständigkeit des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO.18
c) Aufschiebende Wirkung (Abs. 1 S. 1). Nach Abs. 1 S. 1 hat die Anfechtungsklage gegen 17 einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung keine aufschiebende Wirkung. Auch wenn die Verweisungen auf Vorschriften der energierechtlichen Planfeststellung entfallen sind, ergibt sich aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Norm, dass hier nicht allgemeines Planfeststellungsrecht geregelt werden soll, sondern Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen für Energieleitungen im Sinne des Energiewirtschaftsrechts adressiert werden. Abs. 1 S. 1 stellt eine generelle Entscheidung des Gesetzgebers für eine grundsätzliche sofortige Vollziehbarkeit von energierechtlichen Planfeststellungsbeschlüssen dar.19 Diese Grundentscheidung kann etwa als Anhaltspunkt dienen, wenn im einstweiligen Verfahren der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist.20 Der ex lege-Entfall der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ist kein Verstoß gegen 18 Art. 19 Abs. 4 GG, weil effektiver Rechtsschutz nicht unmöglich gemacht wird. Vielmehr besteht die Möglichkeit, einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen.21
d) Begründungsfrist (Abs. 3 S. 1). Der Kläger hat gem. Abs. 3 S. 1 innerhalb einer Frist von 19 sechs Wochen nach Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Dies stellt eine Verschärfung der Mitwirkungslast des Klägers dar. Anders als zunächst vom OVG Bautzen22 angenommen geht die Regelung zur Begründungsfrist in § 43e Abs. 3 EnWG nicht als spezielleres Gesetz § 6 Satz 1 UmwRG vor. Mit der in § 6 Satz 1 UmwRG vorgesehenen Verpflichtung, die Klage innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung zu begründen, beabsichtigte der Gesetzgeber eine einheitliche und abschließende Regelung für alle Rechtsbehelfe im Anwendungsbereich der UmwRG zu schaffen.23 Pauschale Bezugnahmen auf in der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebrachte Einwendun- 20 gen und Stellungnahmen reichen zur Begründung der Klage nicht aus.24 Die Begründungsfrist hängt mittelbar von der Klagefrist aus § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO ab, die 21 einen Monat ab Zustellung beträgt. Die Klagefrist kann jedoch nach § 58 Abs. 2 VwGO verlängert werden.
e) Zurückweisung durch das Gericht (Abs. 3 S. 2). In Abs. 3 S. 2 verweist auf § 87b Abs. 3 22 VwGO. Das Gericht hat die Möglichkeit der Zurückweisung, wenn die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO kumulativ vorliegen. Die Zulassung des Vorbringens kann danach zurückgewiesen werden, wenn sie die Erledigung des Rechtsstreits nach der freien Überzeugung des Gerichts verzögern kann (§ 87b Abs. 3 Nr. 1 VwGO) und der Beteiligte die Verspätung nicht genü18 19 20 21 22 23
Vgl. Wickel, UPR 2007, 201, 205 f und Rn 8. OVG Münster, Beschl. v. 19.3.2008 – 11 B 289/08 –. OVG Bautzen, Beschl. v. 30.11.2010 – 4 B 500/09 –. BT-Drucks. 14/4599, S. 161 f. OVG Bautzen, Beschl. v. 3.7.2018 – 4 B 335/17 –. BVerwG, Urt. v. 28. November 2018 – 9 A 8.17 –, Rn 14; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 26. November 2019 – 4 C 23/18 –; BT-Drucks. 18/9526, S. 41 f. 24 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43e Rn 10; OVG Greifswald, Urt. v. 22.8.2012 – 5 K 6/10 –. 331
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§ 43e EnWG
II. Rechtsschutz betroffener Eigentümer, Nachbarn und Gemeinden
gend entschuldigt (§ 87b Abs. 3 Nr. 2 VwGO) und der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist (§ 87b Abs. 3 Nr. 3 VwGO). 23 Eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits wird selten gegeben sein, denn bei komplexen Vorhaben, wie es bei Leitungsvorhaben nach dem EnWG und NABEG meistens der Fall ist, ist in der Regel ohnehin mehr als ein Termin für die Verhandlung anzuberaumen. Wenn eine der drei Voraussetzungen nach § 87b Abs. 3 VwGO nicht vorliegt, ist das verspätete Vorbringen durch das Gericht zu berücksichtigen.
2. Einstweiliger Rechtsschutz 24 Nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO ist das OVG erstinstanzlich zuständig, was sich nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO als „Gericht der Hauptsache“ auf die Zuständigkeit im einstweiligen Verfahren auswirkt. Nach § 80 Abs. 5 S. 2 VwGO kann der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage gestellt werden. Ein vorheriger Antrag bei der zuständigen Behörde ist nicht Voraussetzung für die gerichtliche Entscheidung. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses der Plangenehmigung.25 Die Dauer der aufschiebenden Wirkung bestimmt sich nach § 80b Abs. 1 S. 1 VwGO – danach dauert diese bis zur Abweisung der Anfechtungsklage.
25 a) Antrags- und Begründungsfrist (Abs. 1 S. 2, Abs. 2). Abs. 1 S. 2 enthält eine Frist für den Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO. Danach beträgt die Frist zur Stellung und Begründung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einen Monat ab Zustellung des Bescheids. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist nach den allgemeinen Regeln nicht fristgebunden, setzt jedoch einen noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt voraus, so dass zur Stellung des Antrags letztlich auch die Klagefrist von einem Monat nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO zu beachten ist. Späterer und neuer Sachvortrag bleibt unberücksichtigt.26 26 Allerdings kommt gem. Abs. 1 S. 3 durch die Anwendung von § 58 VwGO bei fehlerhaften oder fehlenden Rechtsbehelfsbelehrungen auch eine längere Frist in Betracht. Eine behördliche oder gerichtliche Fristverlängerung (etwa zur Begründung eines Antrags) kann im Anwendungsbereich der energierechtlichen Planfeststellung nicht erfolgen. Die damit einhergehende Erhöhung der Mitwirkungslast für Betroffene erfolgt zur Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Voraussetzung dafür ist freilich, dass eine Zustellung der Entscheidung erfolgte und darin in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die besondere Frist hingewiesen wurde. Eine einfache Bekanntgabe nach § 41 VwVfG reicht nicht aus. Mit entsprechender Belehrung müssen individuelle Zustellungen nach § 37 Abs. 6 VwVfG, § 74 Abs. 4 VwVfG und öffentliche Bekanntmachungen § 74 Abs. 5 VwVfG versehen werden.27 27 Abs. 2 enthält eine Frist für den Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO, wenn später eingetretene Tatsachen, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen. Der durch den Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung beschwerte kann einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO binnen einer Frist von einem Monat stellen und begründen. Im Rahmen dieses Antrags ist die Prüfung auf die rechtzeitig geltend gemachten später eingetretenen Tatsachen beschränkt, da andernfalls diese Monatsfrist leerlaufen würde.28
25 26 27 28
VGH München, Urt. v. 24.5.2011 – 22 A 10/40049 –; Kuhla, NVwZ 2002, 542, 544. OVG Bautzen, Beschl. v. 3.7.2018 – 4 B 335/17 –, Rn 14. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43e Rn 11. BVerwG, Beschl. v. 29. Oktober 2020 – 4 VR 7/20 –, Rn 12.
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3. Anwendung von § 58 VwGO (Abs. 1 S. 4)
EnWG § 43e
b) Sofortige Vollziehbarkeit. Auch bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung haben Rechts- 28 behelfe grds. aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 S. 2 VwGO. Durch § 43e Abs. 1 S. 1 wird jedoch davon abweichend angeordnet, dass die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung keine aufschiebende Wirkung hat, sodass die Entscheidungen kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind. Es kann ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO gestellt werden. Zu dessen Begründung muss vorgetragen werden, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers auf Beibehaltung des bisherigen Zustands bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache das Vollzugsinteresse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt.29 Im vorläufigen Rechtsschutz wird durch das Gericht dabei eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vorgenommen, wobei der gegenwärtige Erkenntnisstand als Grundlage dient. In der Abwägung ist die Gewichtungsvorgabe in § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG zu beachten. Mit ihr hat der Bundesgesetzgeber der Verwirklichung des Vorhabens auf eigenes Risiko des Vorhabenträgers insoweit den Vorrang eingeräumt bzw. das öffentliche Interesse an einem zügigen Ausbau von Energieleitungen anerkannt.30 Dieses gesteigerte Vollzugsinteresses tritt auch nicht deshalb zurück, weil die Schaffung vollendeter Tatsachen drohte, die zur Folge haben könnten, dass gewichtige, auch unionsrechtlich geschützte Gemeinwohlbelange des Gewässer-, Gebiets- und Artenschutzes irreversibel beeinträchtigt werden.31
3. Anwendung von § 58 VwGO (Abs. 1 S. 4) Nach Abs. 1 S. 4 gilt § 58 VwGO entsprechend. Dieser regelt Beginn und Dauer der Fristen von 29 Rechtsbehelfen. Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Monatsfrist nach § 43e Abs. 1 S. 3 nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.32 In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es auch dann, wenn sie durch unzutreffende, unvollständige oder irreführende Angaben geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Das ist bei einer Versäumnis der Klagebegründungsfrist schon deshalb nicht der Fall, wenn der Antragsteller den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtzeitig und in der richtigen Form gestellt hat.33 Findet die Belehrung nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Form durch die Planfeststel- 30 lungsbehörde statt, gilt abweichend von § 58 Abs. 1 VwGO nach § 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist ab Zustellung. Wird nicht die erforderliche Zustellung vorgenommen, so besteht wegen § 58 Abs. 2 VwGO 31 keine Fristbindung für den Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO.34 Lediglich über das Institut der Verwirkung kann eine zeitliche Begrenzung der Angreifbarkeit der Verwaltungsentscheidung herbeigeführt werden. Dazu muss ein Zeitraum vergangen sein, von dem anzunehmen ist, dass 29 OVG Bautzen, Beschl. v. 14.7.2010 – 4 B 460/09 –. 30 BVerwG, Beschl. v. 14.2.2017 – 4 VR 20.16 –, Rn 22; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 31.5.2018 – 5 KM 213/18 OVG –, Rn 16 in Bezug auf eine Gasversorgungsleitung. 31 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2012 – 7 VR 7.12 u. a. –; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 31.5.2018 – 5 KM 213/18 OVG –, Rn 17. 32 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.2.2013 – 7 VR 13.12 –, Rn 9; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2019 – OVG 11 S 80.18 –, Rn 46. 33 OVG Bautzen, Beschl. v. 3.7.2018 – 4 B 335/17 –, Rn 14 m. w. N. 34 Posser/Wolff/Kimmel, § 58 Rn 24. 333
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§ 43e EnWG
III. Rechtsschutz von Umweltverbänden
er die bei Zustellung ohne Belehrung vorgesehene Jahresfrist übersteigt (Zeitmoment) und ein Untätigbleiben des Rechtsschutzsuchenden (Umstandsmoment) vorliegen.
III. Rechtsschutz von Umweltverbänden 32 Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung ist nach den allgemeinen Regeln gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO begründet, wenn die Entscheidung rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Dieser Maßstab gilt jedoch nur, soweit gesetzlich nichts Aanderes bestimmt ist. Bei Klagen von Umweltverbänden ist neben der Rechtswidrigkeit der Entscheidung eine 33 Verletzung in subjektiven Rechten nicht zu fordern.35 Umweltverbände machen keine originär eigenen Belange geltend, wie etwa Drittbetroffene 34 oder von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffene, sondern Belange, deren Trägerschaft erst besonders angeordnet sein muss. Infolge der Trianel Entscheidung des EuGH36 sind anerkannte Umweltverbände bei Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann zur Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften befugt.37 So können Umweltverbände im Sinne des UmwRG aus einer Verletzung des gesamten durch nationales Recht umzusetzenden europäischen Umweltrechts eine Klagebefugnis herleiten.38 Die ursprünglich anderweitige Rechtslage im Umweltrechtsbehelfsgesetz wurde dahingehend angepasst. 35 Bei der Genehmigung von Leitungen im Planfeststellungsverfahren kann immer eine Pflicht zur Durchführung einer UVP nach dem UVPG bestehen, sodass es sich dabei stets um Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, für die die Vorschriften des Gesetzes auch Anwendung finden. Für Vorhaben, die im Wege des Plangenehmigungsverfahrens zugelassen werden, und für die eine UVP nach dem UVPG nicht durchzuführen ist, finden die Vorschriften des UmwRG keine Anwendung. 36 Der dem UmwRG zu Grunde liegende Art. 10a Abs. 3 S. 3 UVP-RL ist in dem Sinne zu verstehen, dass zu den „Rechten, die verletzt werden können“ und als deren Träger die Umweltverbände gelten, zwingend die nationalen Rechtsvorschriften gehören müssen, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union. Kann das nationale Verfahrensrecht nicht im Einklang mit den Erfordernissen des Unionsrechts ausgelegt werden, ist die Richtlinie unmittelbar anzuwenden.39 Verbände können sich daher darauf berufen, dass das Leitungsvorhaben gegen die Anfor37 derungen der FFH-Richtlinie40 verstößt, obwohl sich aus den Bestimmungen keine unmittelbaren Rechte Dritter ergeben. Ob die Verbände über drittschützende Vorschriften und unionsrechtliche Umweltvorschriften hinaus auch befugt sind, etwaige Verletzungen solcher umweltbezogener Vorschriften geltend zu machen, die allein im nationalen Recht begründet sind, insbesondere ob dies bereits nach gegenwärtiger Rechtslage aus einer unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention folgt, war früher offen.41 In seiner Entscheidung zu Datteln IV führte das OVG Münster aus, dass das sich aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz und der insoweit unmittelbar anwendbaren sog. Aarhus-Konvention ergebende 35 36 37 38 39 40
Kopp/Ramsauer, § 75 Rn 46c. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 – C-115/09 –. RL 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. 41 OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 – 8 D 58/08 –. Fest/Riese
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IV. Spätere Änderung der Tatsachen (Abs. 2)
EnWG § 43e
Verbandsklagerecht für Umweltverbände die Möglichkeit eröffne, die Verletzung von nationalen Umweltvorschriften vor Gericht rügen zu können.42
IV. Spätere Änderung der Tatsachen (Abs. 2) Abs. 2 begegnet besonderen Härten, die aus der besonderen Frist des Abs. 1 S. 2 entstehen. 38 Treten nach Beginn der Monatsfrist ab Zustellung neue Tatsachen ein, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, so kann der Antrag trotzdem gestellt werden. Die Ausnahme ist wegen der Rechtsschutzgarantie in Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich geboten. Jeweils die Kenntnis neuer Tatsachen durch den Beschwerten43 setzen wieder die Monats- 39 frist in Gang. Kritisiert wird, dass der jeweils neue Beginn der Monatsfrist bei Kenntnis neuer Tatsachen dem Beschleunigungsgedanken widerspricht. Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO wird durch die Regelungen zum 40 vorläufigen Rechtsschutz im Fachplanungsrecht – hier § 43e Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EnWG – nicht verdrängt.44 Prüfungsmaßstab ist, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist.
42 OVG Münster, Urt. v. 12.6.2012 – 8 D 38/08 –. 43 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43e Rn 13; einschränkend OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2010 – 11 B 638/ 10.
44 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.8.2018 – 9 VR 2/18 –, zum Paralleltatbestand § 17e FStrG; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2019 – 7 MS 73/18 –. 335
Fest/Riese
§ 43f Änderungen im Anzeigeverfahren (1) Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können anstelle des Planfeststellungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden. Eine Änderung oder Erweiterung ist nur dann unwesentlich, wenn 1. nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Absatz 2 hierfür keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, 2. andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen und 3. Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. (2) Abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung nicht durchzuführen bei 1. Änderungen des Betriebskonzepts, 2. Umbeseilungen oder 3. Zubeseilungen. Satz 1 ist nur anzuwenden, wenn die nach Landesrecht zuständige Behörde feststellt, dass die Vorgaben der §§ 3, 3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung eingehalten sind. Satz 1 Nummer 2 und 3 ist ferner jeweils nur anzuwenden, sofern einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets oder eines bedeutenden Brut- oder Rastgebiets geschützter Vogelarten nicht zu erwarten ist. Satz 1 Nummer 3 ist bei Höchstspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 220 Kilovolt oder mehr ferner nur anzuwenden, wenn die Zubeseilung eine Länge von höchstens 15 Kilometern hat. (3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 kann eine Änderung oder Erweiterung auch dann im Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn die nach Landesrecht zuständige Behörde im Einvernehmen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde feststellt, dass die Vorgaben nach den §§ 3, 3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung eingehalten sind, und wenn weitere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen. (4) Der Vorhabenträger zeigt gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde die von ihm geplante Maßnahme an. Der Anzeige sind in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich ergibt, dass die geplante Änderung oder Erweiterung den Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 genügt. Insbesondere bedarf es einer Darstellung zu den zu erwartenden Umweltauswirkungen. Die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet innerhalb eines Monats, ob anstelle der Anzeige ein Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist oder die Maßnahme von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist. Prüfgegenstand ist nur die jeweils angezeigte Änderung oder Erweiterung; im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bedarf es keiner Prüfung der dinglichen Rechte anderer. Die Entscheidung ist dem Vorhabenträger bekannt zu machen. (5) Für die Zwecke dieses Paragrafen sind die Begriffsbestimmungen des § 3 Nummer 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz entsprechend anzuwenden.
Fest/Nebel https://doi.org/10.1515/9783110670516-028
336
1. Überblick über die Norm
EnWG § 43f
Übersicht I. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 6 Regelungszweck 11 Entstehungsgeschichte 13 Unionsrechtliche Bezüge Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 14 VwVfG
II.
Unwesentliche Änderung oder Erweiterung 21 (Abs. 1) Keine Pflicht zur Durchführung einer Umwelt26 verträglichkeitsprüfung (S. 2 Nr. 1) Keine Berührung öffentlicher Belange (S. 2 30 Nr. 2) Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer 36 (Abs. 1 S. 2 Nr. 3)
IV.
Abweichung von Abs. 1 S. 2 Nr. 2 54 (Abs. 3)
V.
4. 5.
Durchführung des Anzeigeverfahrens 55 (Abs. 4) Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 56 S. 1) Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 58 3) Entscheidung über die Zulassung eines Vorha59 bens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 S. 4) 64 Prüfgegenstand (Abs. 4 S. 5) 66 Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6)
VI.
Rechtswirkungen
1. 2.
1. 2. 3.
III. 1. 2.
Abweichung vom UVPG (Abs. 2) Fallgruppen (Abs. 2 S. 1; Abs. 5) Voraussetzungen (Abs. 2 S. 2–4)
47 48 51
3.
68
72 VII. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 77 2. Rechtsschutz Dritter
72
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 S. 1–2 regeln die Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens. Nach S. 1 können unwe- 1 sentliche Änderungen oder Erweiterungen eines Vorhabens von der Planfeststellungspflicht befreit und durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden. Nach der Legaldefinition in Abs. 1 S. 2 ist eine Änderung oder Erweiterung nur unwesentlich, wenn die Voraussetzungen der Nr. 1–3 kumulativ vorliegen. Nach Abs. 1 S. 2 Nr. 1 darf keine UVP durchzuführen sein; nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 dürfen andere öffentliche Belange nicht berührt sein, es sei denn die erforderlichen behördlichen Entscheidungen liegen vor und stehen dem Plan nicht entgegen. Nach Abs. 1 S. 2 Nr. 3 dürfen Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen werden entsprechende Vereinbarungen getroffen. Abs. 2 S. 1 regelt in Abweichung vom UVPG die Entbehrlichkeit der UVP für die drei 2 Fallgruppen Änderung des Betriebskonzepts, Umbeseilung und Zubeseilung. Die Abs. 2 S. 2-4 schränken diese Entbehrlichkeit wieder ein, indem sie nähere Voraussetzungen für die drei Fallgruppen bestimmen. Abs. 2 S. 2 knüpft die Anwendung für alle drei Fallgruppen daran, dass die Vorgaben über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) eingehalten sind. Abs. 2 S. 3 regelt für die Fallgruppen Nrn. 2 und 3 die zusätzliche Voraussetzung keiner erheblichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Schutzgebieten oder eines bedeutenden Brut- und Rastgebiets geschützter Vogelarten. Abs. 2 S. 4 beinhaltet für die Fallgruppe Nr. 3 die zusätzliche Voraussetzung, dass betroffene Höchstspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 220 kV (Übertragungsnetz) nicht länger als 15 km sein dürfen. Abs. 3 regelt eine Ausnahme von Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (keine anderen öffentlichen Belange 3 berührt), dass ein Anzeigeverfahren auch genügen soll, wenn Planfeststellungsbehörde und Immissionsschutzbehörde einvernehmlich feststellen, dass die Vorgaben über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) eingehalten werden und wenn weitere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen.
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§ 43f EnWG
I. Allgemeines
Abs. 4 S. 1–6 regelt die Durchführung des Anzeigeverfahrens. Der Vorhabenträger muss die von ihm geplante Maßnahme gem. Abs. 4 S. 1 gegenüber der Planfeststellungsbehörde anzeigen. Der Anzeige sind nach Abs. 4 S. 2 in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich die Unwesentlichkeit der geplanten Änderung oder Erweiterung im Sinne der Voraussetzungen der vorangehenden Absätze ergibt. Insbesondere sind nach Abs. 4 S. 3 die zu erwartenden Umweltauswirkungen darzustellen. Nach Abs. 4 S. 4 entscheidet die Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats, ob anstelle der Anzeige ein Planfeststellungs- oder eines Plangenehmigungsverfahren durchzuführen ist oder die Maßnahme von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist. Nach Abs. 4 S. 5 Hs. 1 ist die Prüfung auf die Änderung oder Erweiterung zu beschränken. Nach Abs. 4 S. 5 Hs. 2 bedarf es im Fall von Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Änderung des Betriebskonzepts) keiner Prüfung dinglicher Rechte anderer. Die Entscheidung über das durchzuführende Verfahren ist dem Vorhabenträger gem. Abs. 4 S. 6 bekanntzumachen. 5 Abs. 5 verweist auf die Begriffsbestimmungen des § 3 Nummer 1 NABEG für Zubeseilung, Umbeseilung und Änderung des Betriebskonzepts.
4
2. Regelungszweck 6 Das Anzeigeverfahren ist ein Antragsverfahren. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber zwei Intentionen: Zum einen soll durch eine Verfahrensvereinfachung eine Verfahrensbeschleunigung erfolgen.1 In Fällen von unwesentlicher Bedeutung, die keiner Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht unterfallen und in denen öffentliche Belange nicht berührt und Rechte anderer nicht bzw. nur unterhalb von Grenzwerten beeinträchtigt werden, soll der Verwaltungs-, Zeit- und Kostenaufwand eines Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens entfallen. Eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung ist – nach einer entsprechenden Entscheidung der Behörde – von einem förmlichen Verfahren freigestellt, weil in diesen Fällen die Durchführung eines aufwendigen und komplexen Verwaltungsverfahrens nicht gerechtfertigt ist. 7 Zum anderen soll das Anzeigeverfahren die Verfahrenshoheit der Planfeststellungsbehörde absichern.2 Allein aus den Gründen der Verfahrensbeschleunigung wäre es nicht notwendig gewesen, eine neue Regelung zur Zulassung von unwesentlichen Änderungen durch ein Anzeigeverfahren in die energierechtlichen Planfeststellungsvorschriften aufzunehmen.3 Bereits vor Einfügung des Anzeigeverfahrens durch das Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze4 konnten in Fällen unwesentlicher Bedeutung die Durchführung einer Planfeststellung und Plangenehmigung nach § 74 Abs. 7 VwVfG entfallen.5 Dass die Sicherung der Verfahrenshoheit zwar ein Anliegen, nicht aber den Hauptzwecke des § 43f darstellt, ist bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.6 8 Infolge der Regelung nach § 43f hat nicht, wie in § 74 Abs. 7 VwVfG vorgesehen,7 der Vorhabenträger rechtlich zu bewerten, ob er von dem Erfordernis einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung freigestellt ist.8 Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, zu entscheiden, ob eine Änderung einer Plangenehmigung oder einer Planfeststellung bedarf. Durch das Anzeigeverfahren soll – im Interesse des Vorhabenträgers wie der Planfeststellungsbehörde – vor Baubeginn und vor Einleitung eines Zulassungsverfahrens durch eine behördliche Entscheidung rechtssicher geklärt werden, ob ein förmliches Verfahren notwendig ist bzw. welche sonstige Verfahrensart ein1 2 3 4 5 6 7 8
BR-Drucks. 342/11, S. 2. BT-Drucks. 17/6073, S. 30. Zur Parallelnorm § 25 NABEG vgl. Rn 10. Vgl. zur Entstehungsgeschichte Rn 11 f. Zur Abgrenzung von § 74 Abs. 7 VwVfG und § 43f EnWG vgl. Rn 14 ff. Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435. Vgl. zu § 74 Abs. 7 VwVfG: Fehling/Kastner/Störmer/Wickel, VwVfG, § 74, Rn 201–220. BT-Drucks. 17/6073, S. 30.
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 43f
schlägig ist. Der Vorhabenträger wird so davor geschützt, dass die Planfeststellungsbehörde nach der Änderung oder Erweiterung erklärt, dass die spezifische Änderung oder Erweiterung eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung bedurft hätte. Der Vorhabenträger wie die Planfeststellungsbehörde sollen zu einem frühen Zeitpunkt Klarheit darüber erhalten, welche Unterlagen einzureichen sind. Ob diese Klarheit dem Regelungszweck entsprechend geschaffen wird, wird unterschiedlich bewertet.9 Dies dürfte angesichts ihrer Komplexität insbesondere aufgrund abweichender Regelungen vom europarechtlich determinierten UVPG und gleichzeitig gewachsener Klagemöglichkeiten der Umweltverbände noch zunehmen. Mit der Zahl der Ausnahmetatbestände wächst unbestreitbar das Risiko der Verkennung der Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens für den Vorhabenträger. § 95 nimmt § 43f nicht in Bezug. Die Vornahme einer unwesentlichen Änderung oder Erwei- 9 terung ohne Erfüllung der Anzeigepflicht ist im allgemeinen energierechtlichen Planfeststellungsverfahren, anders als im Anwendungsbereich des NABEG gem. § 33 Abs. 1 Nr. 4, nicht bußgeldbewehrt. Die Vorschrift findet ihr Pendant in § 11 NABEG über das vereinfachte Verfahren in der 10 Bundesfachplanung.10 Eine inhalts- und weitgehend wortgleiche Parallelvorschrift für das Planfeststellungsverfahren im Anwendungsbereich des NABEG ist mit § 25 NABEG geschaffen und parallel weiterentwickelt worden. Im Immissionsschutzrecht können unwesentliche Änderungen nach § 15 BImSchG im Anzeigeverfahren zugelassen werden.11
3. Entstehungsgeschichte Vor Einführung der Norm fand aufgrund der Verweisung im jetzigen § 43 Abs. 4 EnWG die Rege- 11 lung des § 74 Abs. 7 VwVfG Anwendung.12 Die Vorschrift wurde durch Art. 2 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze13 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 43 f erlassen. Der Gesetzgeber hat durch Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energielei- 12 tungsausbaus14 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 die Vorschrift neu geordnet. Die bisherigen ersten beiden Sätze wurden in Absatz eins überführt und die bisherigen Sätze 3– 7 in Absatz 4 S. 1–4 und S. 6. Mit der Einfügung der neuen Absätze 2, 3 und 5 hat das Anzeigeverfahren eine weitere energieleitungsspezifische Ausgestaltung und Ausweitung erfahren. In den neuen Absätzen 2 und 3 wurden Konkretisierungen vorgenommen, wann ein Anzeigeverfahren zusätzlich zu den bisherigen unwesentlichen Änderungen und Erweiterungen durchgeführt werden kann. Dies soll die rechtssichere Anwendung des Anzeigeverfahrens erhöhen und dadurch zur Verfahrensbeschleunigung beitragen.15 Der ursprüngliche Entwurf der Norm hat im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen erfahren.16 Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 2021 mit Wirkung zum 4.03.2021 die Norm in den Absätzen 2 und 3 durch die Einfügung der Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anzeigeverfahrens nachgeschärft.17 Die Bundesregierung verfolgtDer Gesetzgeber hat zudem mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung rei9 Vgl. Kment/Turiaux, § 43f, Rn 3. 10 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 11 Vgl. hierzu: Giesberts/Reinhardt/Büge, BImSchG, § 15 Rn 14. 12 Näher dazu: Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 2 f. 13 BGBl. I 2011 S. 1690. 14 BGBl. I 2019 S. 706. 15 BT-Drucks. 19/7375, S. 60 f. 16 BT-Drucks. 19/7375, S. 13 f. 17 BGBl. I 2021 S. 298. 339
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§ 43f EnWG
I. Allgemeines
ner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16. Juli 2021 mit Wirkung zum 27. Juli 202118 auf Vorschlag des Bundesrates19 eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs der Norm vorgenommen. Über die Einführung von Wasserstoff als drittem Energieträger in § 1 und der ausdrücklichen Erstreckung des 5. Teils auf Wasserstoffinfrastruktur nach § 43l Abs. 128j soll hinausgehend wurde eine Klarstellung in § 43l Abs. 41 S. 4 erfolgendahingehend vorgenommen, dass für über die Fortgeltung der Genehmigungen für Gasversorgungsleitungen bei der Umrüstung auf Wasserstoff hinausgehende Anpassungsmaßnahmen an der Gasversorgungsleitung § 43f unberührt bleibt. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Bundesregierungder Gesetzgeber beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur den Schwerpunkt in der Umstellungrüstung von bestehenden Gasversorgungsleistungen sieht und deren erneute Planfeststellung dafür vermeiden möchte. Während neuere Leitungen ggf. ohne Anpassungsmaßnahmen auskommen können, drängen sich solche vor allem für ältere Bestandsleitungen auf. Dafür wird ausdrücklich auf § 43f hingewiesen und mithin verdeutlicht, dass in der Norm damit neben § 43 für neue Leitungen die wesentliche Grundlage für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur gesehen wird.20
4. Unionsrechtliche Bezüge 13 Aufgrund der Vorgaben der RL 2011/92/EU vom 13.12.2011 in der Fassung der Richtlinie 2014/ 52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die UVP bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL)21 können unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben nur dann durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn für diese keine UVP durchzuführen ist.22 Die gesetzliche Auflistung bestimmter Fälle, in denen keine UVP durchzuführen ist, ist eine nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 UVP-Richtlinie zulässige Alternative zu einer Einzelfallprüfung. Die genannten Voraussetzungen sollen die in Anhang III der UVP-Richtlinie genannten Auswahlkriterien berücksichtigen. So ist bezüglich der Merkmale der Projekte in Nummer 1 des Anhangs III bei Änderungen des Betriebskonzepts, bei Umbeseilungen und bei Zubeseilungen mit einer Länge von bis zu 15 Kilometern unter Beibehaltung der Maststruktur die Größe der vorzunehmenden Änderungen gering, natürliche Ressourcen werden allenfalls für die Herstellung der entsprechenden Kabel genutzt, anfallende Abfälle sind bei Umbeseilungen im Wesentlichen die technologisch veralteten Kabel, bei Zubeseilungen und Änderungen des Betriebs fällt kein nennenswerter Abfall an und ein Unfallrisiko mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien ist nicht zu erwarten. Mit Blick auf die ökologische Empfindlichkeit der geographischen Räume, die in Nummer 2 des Anhangs III der UVP-Richtlinie aufgeführt sind, kann eine Beeinträchtigung von ausgewiesenen „Natura 2000“-Gebieten, von bedeutenden Brut- oder Rastgebieten geschützter Vogelarten und von Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte durch die Zubeseilung nicht generell ausgeschlossen werden. Daher ist die Durchführung des Anzeigeverfahrens nur zulässig, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung derartiger Gebiete durch die konkrete Änderung oder Erweiterung nicht zu erwarten ist.23
18 BGBl. I 2021 S. 3026Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht, Gesetzentwurf vom 10.2.2021. 19 BR-Drucks. 165/21 (Beschluss) vom 26.3.2021. 20 Vgl. dazu § 43 Rn 46. 21 ABl. EU L 124 v. 25.4.2014, S. 1 ff. 22 Vgl. dazu Rn 26 ff. 23 BT-Drucks. 19/7375, S. 60. Fest/Nebel
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5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG
EnWG § 43f
5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG Zwar sind über die Verweiskaskade in § 43 Abs. 4 die allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 ff VwVfG auch in den energierechtlichen Planfeststellungsverfahren anwendbar. Allerdings wird mit der Einführung des Anzeigeverfahrens nach § 43f als Sonderregelung für die energierechtlichen Planfeststellungsverfahren die Anwendung von § 74 Abs. 7 VwVfG im Bereich der energierechtlichen Planfeststellung ausgeschlossen. Dabei gilt die Norm für alle Energieleitungsvorhaben, deren Zulassungsverfahren sich nach den §§ 43 ff EnWG richten.24 Im Anwendungsbereich des NABEG sperrt die im Verhältnis zu § 43f speziellere Regelung des § 25 die allgemeine Regelung in § 74 Abs. 7 VwVfG.25 Abweichend von § 74 Abs. 7 VwVfG wird die Durchführung eines Anzeigeverfahrens bei unwesentlichen Änderungen als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt angeordnet. Die Freistellung von einem förmlichen Verfahren erfolgt im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren ausschließlich über das Anzeigeverfahren.26 Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Anzeigeverfahrens erreichen, dass der Vorhabenträger nicht unter Berufung auf § 74 Abs. 7 VwVfG mit den Bauarbeiten beginnt, bevor eine entsprechende Entscheidung der Planfeststellungsbehörde darüber getroffen worden ist, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.27 Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen gerade nicht aufgrund gesetzlicher Anordnung.28 Der Wortlaut und die Anwendungsbereiche der Freistellungstatbestände von § 74 Abs. 7 VwVfG sind nicht deckungsgleich mit dem Wortlaut und Anwendungsbereich der Freistellungstatbestände in § 43 f Jedoch ähneln sich strukturell die drei Nummern in Absatz 1 und § 74 Abs. 7 VwVfG. Der Wortlaut von § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und von § 74 Abs. 7 Nr. 1 VwVfG ist nahezu identisch. Demnach dürfen öffentliche Belange von dem Vorhaben nicht berührt sein oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen müssen vorliegen und dürfen dem Plan nicht entgegenstehen. Nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 3 dürfen Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Nach § 74 Abs. 7 Nr. 1 VwVfG dürfen Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sein. Rechte anderer werden beeinflusst, wenn sie in einer mehr als nur geringfügigen Weise negativ berührt werden.29 Dies erfordert nur die vernünftigerweise in Betracht kommende Möglichkeit einer indirekt relevanten nachteiligen Auswirkung auf ein abwägungsbeachtliches Recht eines anderen.30 Eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter meint dagegen den direkten Zugriff auf fremde Rechte (insbesondere Eigentumsrechte).31 Eine Beeinflussung nach § 74 Abs. 7 Nr. 2 VwVfG ist insofern eine geringere Einwirkung als eine Beeinträchtigung im Sinne von § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 3. Allerdings würde die gesetzgeberische Intention des Anzeigeverfahrens – nämlich die Verfahrenshoheit der Behörden zu sichern und zu verhindern, dass der Vorhabenträger die Entscheidung darüber trifft, ob ein Vorhaben einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung bedarf oder ob es von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist – unterlaufen, wenn sich der Vorhabenträger unter Berufung darauf, dass Rechte anderer im Sinne von § 74 Abs. 7 Nr. 2 VwVfG nicht beeinflusst würden, ohne behördliche Entscheidung mit dem Bau beginnen würde. Ob im Einzelfall Rechte nur berührt oder schon beeinflusst werden, ist schwierig abzugrenzen. Würde 24 25 26 27 28 29 30 31 341
Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 6; Kment/Turiaux, § 43f Rn 4. Vgl. dazu § 25 NABEG Rn 19 ff. Vgl. dazu Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1432. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 34. Vgl. auch: Engel, KommP spezial, 2014, S. 189 (194). Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 263. Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.4.2000 – 5 S 1136/98 –; VGH München, Beschl. v. 20.10.2003 – 8 AE 03/40047 –. Vgl. dazu Rn 36 f. Fest/Nebel
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§ 43f EnWG
II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1)
§ 74 Abs. 7 VwVfG neben § 43f zur Anwendung kommen, könnte auch diese rechtliche Bewertung erst nach Baubeginn von der Behörde getroffen werden. 19 § 74 Abs. 7 VwVfG umfasst zwar auch die Errichtung von Vorhaben, § 43 f lediglich die Änderung oder Erweiterung derselben. Auch beinhaltet § 43 f mit der Neuordnung nun weitere energieleitungsspezifische Ausnahmetatbestände, die § 74 Abs. 7 VwVfG nicht kennt. Die Anwendungsbereiche von § 74 Abs. 7 VwVfG und § 43 f sind insofern unterschiedlich und § 43 f mittlerweile deutlich erkennbar als speziellere Norm ausgestaltet. In der Folge besteht kein eigenständiger Anwendungsbereich für § 74 Abs. 7 VwVfG bei der Errichtung von Vorhaben im Sinne des § 43, da in einem solchen Fall immer ein Planfeststellungs- oder eine Plangenehmigungsverfahren erforderlich ist. § 43f regelt damit abschließend die Möglichkeit, bei einem grundsätzlich planfeststellungspflichtigen Energieleitungsvorhaben von der Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren absehen zu können.32 20 Im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren besteht ein dreistufiges Verfahrenssystem, um die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung von Energieleitungsvorhaben zuzulassen: – Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können durch ein Anzeigeverfahren nach § 43f zugelassen werden. Dies betrifft insbesondere die Änderung des Betriebskonzepts, Umbeseilung und Zubeseilung (Abs. 1 Nr. 1-3). – Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung können nach § 43b i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG durch die Erteilung einer Plangenehmigung zugelassen werden, wenn eine UVP nicht durchzuführen ist, Rechte anderer nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich schriftlich einverstanden erklärt haben und mit den Trägern öffentlicher Belange das Benehmen hergestellt worden ist. – In allen anderen Fällen erfolgt die Zulassung der Errichtung, unwesentliche Änderung oder Erweiterung im förmlichen Planfeststellungsverfahren nach den §§ 43 ff i. V. m. §§ 72 ff VwVfG.
II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1) 21 Das Anzeigeverfahren gilt nur für eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung, nicht aber für die erstmalige Errichtung von Energieleitungsvorhaben. Änderungen setzen in jedem Fall eine bestehende Anlage voraus, deren Ausgangssubstanz zumindest in Teilen bestehen bleibt.33 Abs. 1 S. 2 beinhaltet eine Legaldefinition der Unwesentlichkeit von Änderungen oder 22 Erweiterungen. Wann eine Änderung oder Erweiterung unwesentlich ist, wird abschließend geregelt. Die Regelung ist nicht analogiefähig. Die in den Nr. 1–3 enthaltenen Voraussetzungen müssen ausweislich des Wortlauts („und“) kumulativ vorliegen. Eine Änderung im Sinne der Regelungen sind Änderungen der Lage, der Beschaffenheit 23 oder des Betriebs einer Leitung. Dabei ist eine solche Änderung immer dann planungsrechtlich relevant, wenn sie von der ursprünglichen Zulassung nicht mehr gedeckt ist.34 Der Begriff der Änderung umfasst auch eine Erweiterung der Anlange, diese stellt lediglich den Spezialfall einer Änderung dar.35 Die Abgrenzung beider Begriffe hat wenig praktische Relevanz.36
32 33 34 35 36
So auch Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 6. Zur Abgrenzung von Errichtung und Änderung siehe: Pleiner, S. 313. BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16.04 –. Säcker/Pielow, § 43f Rn 5. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43f Rn 4.
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1. Keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (S. 2 Nr. 1)
EnWG § 43f
24 Beispiele für unwesentliche Änderung oder Erweiterung sind etwa: Anbringen von Wettermessgeräten und Änderung der Betriebsweise zur Höherauslastung nach Wetterlage und damit einhergehender Leiterseilkühlung (sog. Freileitungsmonitoring), – Änderungen der Beseilung, i. d. R. in eine höhere Spannungsebene oder Hochtemperaturleiterseile (sog. Umbeseilung), – Zubeseilung an vorhandenen Masten bei bestehendem Platz am Querträger, – Zubeseilung ergänzender Leiterseile durch einen zusätzlichen Querträger bei gleichzeitiger geringfügiger Erhöhung des Mastes, – geringfügige Masterhöhungen aus sonstigen Gründen und Änderungen des Mastbildes, – kleinräumige Verschwenkung von Maststandorten in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse, – von ursprünglichen Zulassungen abweichender Wiederaufbau der Energieinfrastruktur nach Katastrophenfällen, insbesondere durch Verwendung heute verfügbarer elektrotechnischer Betriebsmittel und unter Berücksichtigung besserer Resilienz gegen Katastrophenfälle, – Mitverlegungen zusätzlicher Erdkabel im Kabelgraben vergleichbar der Zubeseilung und – Verkleinerungen und Rückbauten. Die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2 unterliegen voller verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. 25 Maßgebend ist nicht die ex ante Betrachtung der zuständigen Planfeststellungsbehörde, sondern die objektive ex post-Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse.37 –
1. Keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (S. 2 Nr. 1) Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können nach Abs. 1 S. 2 Nr. 1 nur durch ein 26 Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn für das Leitungsvorhaben keine UVP durchzuführen ist. Aufgrund der Vorgaben der UVP-RL ist bei bestimmten Leitungsvorhaben eine UVP durchzuführen. Eine UVP muss gem. Art. 6 UVP-RL unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Die UVP-RL ist mit dem UVPG in nationales Recht umgesetzt worden. Da bei unwesentlichen Änderungen kein förmliches Zulassungsverfahren – und folglich auch keine Öffentlichkeitsbeteiligung – durchgeführt wird, ist das Anzeigeverfahren kein geeignetes Trägerverfahren zur Umsetzung der Vorgaben der UVP-RL. Nach §§ 1 Abs. 1; 2 Abs. 4 Nr. 2; 5 und 9 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchfüh- 27 rung einer UVP für die Änderung und Erweiterung von Vorhaben. Die Notwendigkeit einer UVP ist im Einzelfall anhand dieser Normen i. V. m. der Anlage 1 zum UVPG zu überprüfen.38 Eine UVP-Pflicht besteht nach Nr. 19.1.1 der Anlage 1 für Errichtung und Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 220 kV oder mehr. Nach Anlage 1 Nr. 19.1.2 und Nr. 19.1.3 des UVPG ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (Screening) für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV und mit einer Länge von 5 km bis zu 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. Nach Anlage 1 Nr. 19.1.4 des UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls für die Errichtung und Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von weniger als 5 km und einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. Eine UVP-Pflicht im Einzelfall besteht dann, wenn das Vorhaben nach überschlägiger Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Bewertung der Um37 So Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 261 zur Prüfung des Entfallens von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren. 38 Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43f Rn 5. 343
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§ 43f EnWG
II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1)
weltauswirkungen zu berücksichtigen wären. Kriterien für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ergeben sich aus der Anlage 2 UVPG. Vergleichbar ist für den Bereich der Gasversorgungsleitungen auf die UVPG-Tatbestände nach Nr. 19.2 der Anlage 1 zum UVPG hinzuweisen. Hier besteht die UVP-Pflicht nach Nr. 19.2.1 der Anlage 1 zum UVPG für Fernleitungen einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von mehr als 800 mm. Nach Anlage 1 Nr. 19.2.2 und Nr. 19.2.3 des UVPG ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (Screening) für Leitungen einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von 300 mm bis zu 800 mm und einer Länge von 5 km bis 40 km und einem Durchmesser von mehr als 300 mm durchzuführen. Nach Anlage 1 Nr. 19.2.4 des UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls für Leitungen einer Länge von weniger als 5 km und einem Durchmesser von mehr als 300 mm durchzuführen. 28 Mit der Neufassung der Vorschrift wurde 2019 eine Abweichung vom UVPG unmittelbar in der Norm in Absatz 2 geregelt. Danach ist die UVP in den in Abs. 2 S. 1 genannten Fallgruppen entbehrlich, soweit die näheren Voraussetzungen von Abs. 2 S. 2–4 eingehalten werden.39 Die Neuregelung wurde vom Gesetzgeber auf die Vereinbarkeit mit der UVP-Richtlinie geprüft und wird auch in der Literatur als unionsrechtskonforme Richtlinienumsetzung und spezielle Regelung gegenüber § 9 UVPG angesehen.40 In der Folge wird die Neuregelung, was nicht UVPPflichtig ist, auch als Stärkung der Rechtssicherheit sowohl auf Seiten der Vorhabenträger als auch auf Seiten der Behörden bewertet.41 Die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung ist in der Folge unter Berücksichtigung der 29 Abweichung vom UVPG im Einzelfall zu prüfen. Auch wenn die Normierung ersichtlich vor dem Hintergrund des Ausbaus der Übertragungsnetze Strom erfolgte, führt die allgemeine Adressierung von Energieleitungen in der Norm für die Praxis dazu, dass das Anzeigeverfahren sich nicht nur für das Freileitungsmonitoring als Änderung des Betriebskonzepts zur Höherauslastung des Übertragungsnetzes, sondern auch für die Verstärkung von naturgemäß kürzeren 110kV-Verteilnetz-Hochspannungsleitungen und die Umnutzung von Gasfernleitungen für grünen Wasserstoff aufdrängt.
2. Keine Berührung öffentlicher Belange (S. 2 Nr. 2) 30 Neben der Entbehrlichkeit einer UVP dürfen auch andere öffentliche Belange durch die Änderungen oder Erweiterungen nicht (negativ) berührt werden.42 Energieleitungsvorhaben dienen einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucher31 freundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität (§ 1 Abs. 1). Mit dem Erlass des Energieleitungsausbaugesetzes und des Bundesbedarfsplans wird für die darin enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt (§ 12e Abs. 4 S. 1). Diese öffentlichen Belange werden durch Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben zweifellos (positiv) berührt. Die Berührung dieser öffentlichen Belange führt aber nicht dazu, dass der Freistellungstatbestand des Abs. 1 S. 2 Nr. 2 nicht erfüllt wäre. Abs. 1 S. 2 Nr. 2 1. Alt. ist vielmehr so zu verstehen, dass den Änderungen oder Erweiterun32 gen von Leitungsvorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstehen dürfen.43 Öffentliche Belange stehen dem Vorhaben bereits dann entgegen, wenn sie von dem Vorhaben (negativ) be-
39 S. Kommentierung zu Abs. 2 unter Rn 47 ff. 40 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198; Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1434; vgl. auch Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435 (436). 41 Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1433. 42 Vgl. zur Parallelnorm § 74 VwVfG: Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 81 und Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 177. 43 Säcker/Pielow, § 43f Rn 10. Fest/Nebel
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3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 1 S. 2 Nr. 3)
EnWG § 43f
rührt werden. Unter dem Begriff der Berührung ist jegliche negative Einwirkung auf einen öffentlichen Belang zu verstehen.44 Als mögliche öffentliche Belange kommen neben dem Recht auf körperliche Unversehrtheit 33 insbesondere die Ziele, Zwecke und Schutzgüter der Wasserwirtschaft, des Immissionsschutzrechts, des Schutzes von Natur und Landschaft, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Betracht.45 Sofern von dem Leitungsvorhaben öffentliche Belange berührt werden, ist nach Abs. 1 S. 2 34 Nr. 2 2. Alt. die Zulassung durch ein Anzeigeverfahren gleichwohl zulässig, wenn eine positive Entscheidung der zuständigen Fachbehörde vorliegt. Die Zulassung des Leitungsvorhabens durch ein Anzeigeverfahren ist in solchen Fällen gerechtfertigt, weil die zuständige Fachbehörde das Vorhaben geprüft und nicht beanstandet hat und etwa eine Baugenehmigung oder eine Befreiung von einer Landschaftsschutzverordnung, die den Vorhaben entgegensteht, erteilt hat.46 Mit der Neufassung der Vorschrift wurde 2019 eine Abweichungsregelung in Absatz drei 35 eingefügt, so dass die Tatbestandsvoraussetzung in diesem Sinne zu verstehen ist. Danach kommt es hinsichtlich des schnell berührten Belangs des Immissionsschutzrechts nicht auf die regelmäßig gegebenen Änderungen elektromagnetischer Felder unterhalb der Grenzwerte an, sondern auf die Einhaltung derselben.47 Durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vorgenommene Ergänzung in Absatz 3 wird klargestellt, dass eine Berührung (im Sinne von § 43f Absatz 1 Satz 2 Nummer 2) auch von Lärmschutzbelangen unerheblich ist, wenn die Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Immissionsschutzbehörde die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm feststellt.
3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 1 S. 2 Nr. 3) Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können nach Abs. 1 S. 2 Nr. 3 durch ein Anzeigeverfahren nur zugelassen werden, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Die Voraussetzung nach Abs. 1 S. 2 Nr. 3 1. Alt., wonach Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, entspricht weitgehend wörtlich der Voraussetzung zur Erteilung einer Plangenehmigung im allgemeinen Planfeststellungsverfahren nach § 74 Abs. 6 Nr. 1. 1. Alt VwVfG.48 Dass § 74 Abs. 6 Nr. 1 VwVfG nunmehr unwesentliche Rechtsbeeinträchtigungen ausnimmt, ändert hieran nichts. Die Voraussetzung nach Abs. 1 S. 2 Nr. 3 2. Alt., wonach alternativ eine Zulassung auch dann durch ein Anzeigeverfahren erfolgen kann, wenn mit vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, entspricht zwar nicht dem Wortlaut, aber dem Sinn und Zweck von § 74 Abs. 6 2. Alt VwVfG.49 Der Kreis der in ihren Rechten Betroffenen muss der Behörde bekannt und klar abgrenzbar sein. Der Begriff der Rechte im Sinne von Abs. 1 S. 2 Nr. 3 stimmt mit dem Begriff der Rechte in § 74 Abs. 6 Nr. 1 überein.50 Mit einer Rechtsbeeinträchtigung ist nicht die bei jeder Planung gebotene wertende Einbeziehung der Belange Dritter in die Abwägungsentscheidung ge-
44 45 46 47 48 49 50 345
Vgl. Kment/Turiaux, § 43f, Rn 11. Vgl. etwa: BVerwG, Urt. v. 23.9.2014 – 7 C 14/13 –. Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 181. S. Kommentierung zu Abs. 3 unter Rn 54. Zu den Unterschieden zu § 74 Abs. 7 Nr. 2 vgl. Rn 14 f. Säcker/Pielow, § 43f Rn 11. Vgl. dazu: Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 163 m. w. N. Fest/Nebel
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II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1)
meint, sondern nur der direkte Zugriff auf fremde Rechte.51 Der Begriff umfasst damit alle subjektiven öffentlichen Rechte und rechtlich geschützten Interessen, die in der planerischen Abwägung nicht überwunden werden können.52 Dies sind etwa die Eigentumsrechte von Dritten einschließlich ihrer betrieblichen Existenz oder die Betroffenheit eines Grundstücks, auf das zur Verwirklichung des geplanten Vorhabens zugegriffen wird, auch wenn dieses nicht unmittelbar in Anspruch genommen, jedoch die gegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert wird oder die Maßnahme das Grundstück schwer und unerträglich betrifft.53 Zu den subjektiven öffentlichen Rechten zählen auch die Schutzgüter des Art. 2 Abs. 2 GG,54 das Recht auf Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen und anderen rechtlich erheblichen Nachteilen, sofern sie wesentlich sind, d. h. über das für jedermann nach Lage der Dinge zumutbare Maß hinausgehen.55 Eine wesentliche (negative) Berührung der Rechte Dritter ist jedenfalls anzunehmen, wenn dem geplanten Vorhaben abwägungsrelevante Normen anderer Genehmigungsverfahren, etwa der Bauleitplanung, entgegenstehen.56 Zu den Rechten anderer zählt nicht das Mitwirkungsrecht der Naturschutzverbände nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG.57 Die Voraussetzung, dass das Recht anderer nicht beeinträchtigt werden darf, ist auch keine die anerkannten Naturschutzverbände schützende Norm.58 Durch die Verletzung des Beteiligungsrechts eines anerkannten Naturschutzverbandes wegen der Nichtdurchführung eines an sich gebotenen Planfeststellungsverfahrens ist der Naturschutzverband allerdings klagebefugt.59 Auf Gewicht und Bedeutung der voraussichtlichen Rechtsbeeinträchtigungen kommt es nicht an. Eine Bagatellgrenze, nach der geringfügige Rechtsbeeinträchtigungen einer Genehmigungsfreistellung im Anzeigeverfahren nicht entgegenstehen, gibt es für Abs. 1 S. 2 Nr. 3, anders als bei den Abweichungsbestimmungen zu den vorangehenden Nummern 1 und 2 in den Absätzen 2 und 3, nicht. Ob durch die Realisierung des Vorhabens bei einer Freistellung von einem förmlichen Verfahren durch das Anzeigeverfahren Rechte Dritter beeinträchtigt werden, setzt eine Prognose voraus. Da das Planfeststellungsverfahren gerade der Prüfung dient, ob und inwieweit Rechte Dritter beeinträchtigt sein können, kommt ein Anzeigeverfahren nur in Betracht, wenn eine hinreichend sichere Beurteilung der Frage möglich ist, ob Rechte Dritter beeinträchtigt werden können.60 Konkrete Vereinbarungen mit den Betroffenen über die Hinnahme bzw. die Duldung der Auswirkung eines Vorhabens haben zur Folge, dass von dem Vorhaben ausgehende Rechtsbeeinträchtigungen bei der Beurteilung der Voraussetzung nach S. 2 Nr. 3 außer Betracht bleiben. Gelingt es mit allen Personen, die durch das Vorhaben in ihren Rechten beeinflusst werden können, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen, in der sich die Betroffenen mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts einverstanden erklären, so kann eine 51 So BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; VGH München, Urt. v. 11.3.2005 – 22 A 4/40063 –; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.9.2002 – 7 MS 180/02 –. Anders indes VGH Kassel, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14: Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt nicht nur dann vor, wenn unmittelbar durch das Vorhaben auf das Eigentum Dritter zugegriffen wird, sondern auch dann, wenn schutzwürdige Belange Dritter durch das Vorhaben berührt sein können. So auch Kümper, DÖV 2017(856), wie hier Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435 (438). Offen gelassen: BVerwG, Beschl. v. 31.7.2017 – 4 B 12/17. 52 BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 – 11 VR 12/00 –; Vgl. auch: Danner/Theobald/Missling, § 43f Rn 20. 53 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 209. 54 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Planvereinfachungsgesetz, BT-Drucks. 12/4328, S. 19. 55 VGH Mannheim, Beschl. v. 7.5.1998 – 5 S 1060/98 –. 56 Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –; zur Parallelnorm d. § 8 LuftVG auch: BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 – 4 C 36/13 –. 57 BVerwG, Urt. v. 22.3.1995 – 11 A 1/95 –. 58 BVerwG, Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43/96 –. 59 BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 –; BVerwG, Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43/96 –. 60 Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 21; vgl. auch Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 164 m. w. N. Fest/Nebel
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1. Fallgruppen (Abs. 2 S. 1; Abs. 5)
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Freistellung von einem förmlichen Verfahren erfolgen, sofern auch die anderen Voraussetzungen vorliegen.61 Auch wenn der Wortlaut des § 43f im Gegensatz zu § 74 Abs. 6 Nr. 1 VwVfG keine Form 44 vorschreibt,62 sind an die Vereinbarung formell dieselben Anforderungen zu stellen. Notwendig ist die Schriftform, d. h. die eigenhändige Unterschrift des Betroffenen oder eine Erklärung zur Niederschrift der Behörde, wenn der Betroffene diese eigenhändig unterzeichnet. Verpflichtet sich ein Betroffener zu Rechtsübertragungen im Sinne des §§ 311 b, 925 BGB, ist notarielle Beurkundung notwendig und ausreichend.63 Vereinbarungen im Sinne des § 43f sind etwa Verträge mit Eigentümern über die Inan- 45 spruchnahme ihrer Grundstücke für das Vorhaben, über Bauhöhenbeschränkungen, über die Änderung von Zufahrten sowie vorliegende grundbuchlich gesicherte beschränkte persönliche Dienstbarkeiten oder Einwilligungen des Eigentümers zur Eintragung solcher Dienstbarkeiten zum Bau und Betrieb der Leitung. Schriftliche Vereinbarungen und Einverständniserklärungen der Betroffenen, mit denen sie 46 sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben, wirken auch gegen den Rechtsnachfolger und sind für diesen verbindlich.
III. Abweichung vom UVPG (Abs. 2) Der im Rahmen der Neuordnung des Anzeigeverfahrens neu eingefügte Absatz 2 beinhaltet eine 47 Abweichung von den Vorgaben des UVPG für bestimmte Fallgruppen unter bestimmten Voraussetzungen und konkretisiert damit die Anzeigetatbestandsvoraussetzung der fehlenden UVPPflichtigkeit nach Abs. 1 S. 2 Nr. 1.
1. Fallgruppen (Abs. 2 S. 1; Abs. 5) Abs. 2 S. 1 zählt drei Fallgruppen auf, Änderung des Betriebskonzepts, Um- und Zubeseilung, 48 bei denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung – abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung – nicht durchzuführen ist, sofern die Voraussetzungen der folgenden Sätze vorliegen. Die Norm enthält dabei keine eigene Begriffsbestimmung. Der Wortlaut von Abs. 2 S. 1 ist grundsätzlich energieträgerneutral gehalten und eröffnet die Anwendung auf Strom- wie Gasleitungen. Allein der Wortlaut der Nummern 2 und 3 mit Um- und Zubeseilung nimmt klar Bezug auf Leiterseile von Strom-Freileitungen und schränkt damit die Anwendung dieser Nummern auf diesen Bereich ein. Die folgenden Sätze des Absatzes enthalten gleichfalls keine Begriffsbestimmungen. Abs. 2 49 S. 2 schränkt Satz 1 nur in Bezug auf die Einhaltung der Grenzwerte für elektromagnetische Felder ein, da der Gesetzgeber diese Umweltwirkungen vor Augen hatte und dem bewusst Rechnung tragen wollte. Durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vorgenommene Einfügung, dass im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen eines Anzeigeverfahrens auch die Vorgaben der TA Lärm eingehalten werden müssen, wird auch ein angemessener Lärmschutz sichergestellt. Treibende Motivation des Gesetzgebers war, dass sich in der Praxis gezeigt habe, dass insbesondere bei Zu- und Umbeseilungen die Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht in jedem Fall sicher gewährleistet werden kann. Durch die Ergänzung soll damit die Gewährleistung eines weiterhin hohen Um-
61 Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 22. 62 Säcker/Pielow, § 43f Rn 11. 63 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 240. 347
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III. Abweichung vom UVPG (Abs. 2)
weltschutzniveaus sichergestellt werden.64 Danach ist die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 unter Berücksichtigung der weiteren Vorgaben der TA Lärm festzustellen. Für den Bereich von Gasleitungen stellt beides kein Hindernis dar, da eine Änderung der Betriebsweise dort regelmäßig weder elektromagnetischen Felder noch Lärm beeinflusst. Abs. 2 S. 1 ist schließlich im Kontext von Abs. 5 zu sehen, der auf die entsprechende Anwendung der Begriffsbestimmungen in § 3 Nr. 1 NABEG verweist. 50 Die Begriffsbestimmungen des NABEG sind wie das ganze Gesetz auf den Netzausbau Strom zugeschnitten, während das EnWG einen weiteren Anwendungsbereich kennt und unter Energieleitungen auch Gasversorgungsleitungen fasst bzw. und zukünftig auch Wasserstoffleitungen fassten soll.65 Der Verweis auf die Begriffsbestimmungen des NABEG entsprach der Zielsetzung der Bundesregierung vor allem den Netzausbau des Übertragungsnetzes zu beschleunigen. Eine Intention über Abs. 5 den Anwendungsbereich des Anzeigeverfahrens zu Lasten von Gasfernleitungen zu beschneiden ist hingegen weder aus dem Gesetzentwurf noch aus dem Verfahren ersichtlich und kann dementsprechend auch nicht hineingelesen werden. Weitergehend eröffnet die Vorgabe der nur „entsprechenden“ Anwendung der NABEG-Begriffsbestimmungen die Übertragung der Abweichungsregelung für die Fallgruppe Nr. 1 (Änderung des Betriebskonzepts) auch auf Gasversorgungs- und Wasserstoffleitungen, während dies für die beiden anderen Nummern schon vom Wortlaut her nicht in Betracht kommt. Die Formulierung in § 3 Nr. 1 c) NABEG zur Erläuterung der Änderung des Betriebskonzepts, dass lediglich die Auslastung der Leitung angepasst und keine oder allenfalls geringfügige und punktuelle bauliche Änderungen erforderlich sind, lässt sich auch auf Gasversorgungs- und Wasserstoffleitungen übertragen. So könnte perspektivischkann eine Anpassung der Auslastung auch in einer Senkung der transportierten Energiemenge durch den Transport von Wasserstoff mit geringerer Energiedichte liegen., sofern der Entwurf eines Mit dem Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht Gesetzeskraft erlangt, wovon angesichts in dieser Hinsicht übereinstimmender Positionierungen von Bundesregierung, Bundesrat und einschlägige Branchenverbänden ausgegangen werden kannwurde in § 43l Abs. 4 S. 5 ausdrücklich klargestellt, dass Änderungen und Erweiterungen von Gasversorgungsleitungen zur Ermöglichung des Transports von Wasserstoff Änderungen des Betriebskonzepts nach § 43f Absatz 2 Nummer 1 gleichstehen.66 Eine perspektivisch in Betracht kommende Umstellung einer Gasversorgungsfernleitung für den Transport oder die Verteilung grünen Wasserstoffs mit entsprechenden Anpassungsmaßnahmen67 würde daher von der UVP-Pflichtigkeit befreit dem Anzeigeverfahren unterfallen, wenn auch die Übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, vgl. § 43l Abs. 4 S. 4 und 5 des Gesetzentwurfs.
2. Voraussetzungen (Abs. 2 S. 2–4) 51 Die erste Voraussetzung für sämtliche zuvor genannten Fallgruppen des Abs. 2 S. 1. ist die Einhaltung der Grenzwerte für elektromagnetische Felder. Hinsichtlich der möglichen Betroffenheit insbesondere dicht besiedelter Gebiete, aber auch generell der menschlichen Bevölkerung durch elektro64 BR-Drucks. 570/20, S. 41. 65 vgl. Rn 12Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht, Gesetzentwurf vom 10.2.2021. 66 BGBl. I 2021 S. 3026Sowohl die Länder, als auch die Branche hatten sich schon zuvor in diese Richtung positioniert, vgl.: BR-Drucks. 570/20, Beschluss vom 6.11.2020, Ziffer 7; Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB Gas), Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) und Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Auf dem Weg zu einem wettbewerblichen Wasserstoffmarkt – Gemeinsamer Verbändevorschlag zur Anpassung des Rechtsrahmens für Wasserstoffnetze, April 2020. 67 Vgl. dazu § 43 Rn 46 und Rn 77. Fest/Nebel
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IV. Abweichung von Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (Abs. 3)
EnWG § 43f
magnetische Felder, wird den Merkmalen der potenziellen Auswirkungen in Nummer 3 des Anhangs III der UVP-Richtlinie Rechnung getragen, indem auf die Grenzwerte und relevanten Vorsorgeanforderungen der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) verwiesen wird. Diese stellen sicher, dass die Auswirkungen gering bleiben, da die Grenzwerte fachlich aus Wirkschwellen abgeleitet sind, unterhalb derer die nachgewiesenen Feldwirkungen vermieden werden, und die Vorsorgeanforderungen auch unterhalb der Grenzwerte bei (immissionsschutzrechtlich) wesentlichen Änderungen eine Minimierung der Felder nach dem Stand der Technik fordern.68 Die Gesetzesänderung stellt zugleich eine späte Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar, welche eine UVP-Pflichtigkeit auch bei Umweltauswirkungen unterhalb der Grenzwerte für elektromagnetische Felder befürwortet hatte.69 Diese Rechtsprechung ist durch die Neuregelung im Hinblick auf die Fallgruppen von Absatz 2 hinfällig. Die zweite Voraussetzung adressiert nur die Fälle von Satz 1 Nummer 2 und 3, mithin Um- 52 und Zubeseilung. Naturgemäß können andere und vor allem zusätzliche Leiterseile neue Kollisionsrisiken oder Barrierewirkungen für die Avifauna bewirken. Daher knüpft der Gesetzgeber mit dem Wortlaut an die Terminologie des europarechtlich unterlegten Naturschutzrechts an und adressiert die erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets oder eines bedeutenden Brut- oder Rastgebiets geschützter Vogelarten, wie es auch außerhalb des Netzes Natura 2000 vorkommen kann. Bedeutende Brut- oder Rastgebiete geschützter Vogelarten sind größtenteils bei den zuständigen Behörden bekannt und dort abzufragen. Bei bedeutenden Brut- oder Rastgebieten handelt es sich u. a. um Ramsar-Gebiete, die entsprechend dem Übereinkommen über Feuchtgebiete – insbesondere als Lebensraum für Wat- und Wasservögel – von internationaler Bedeutung (Ramsar-Konvention) ausgewiesen sind, sowie Important Bird Areas (IBA), die nach international einheitlichen Kriterien identifiziert werden, da sie als wichtig für den Artenund Biotopschutz speziell für Vögel eingestuft werden. Sowohl für Ramsar-Gebiete als auch IBAs sind deutschlandweite, digitale Gebietskulissen verfügbar und bei den zuständigen Behörden abzufragen. Dabei sind nicht alle Arten gleichermaßen durch Freileitungsvorhaben betroffen. Auch eine fachgutachterliche Artenschutzprüfung wird sich nach Durchführung einer Relevanzprüfung auf die hier planungsrelevanten Arten und somit (in Anlehnung an die windenergiesensiblen Arten) auf die freileitungssensiblen Arten fokussieren. Hierbei handelt es sich um diejenigen Arten, die aufgrund ihrer spezifischen Verhaltensweisen, ihrer Habitatansprüche sowie ihrer Vorkommensgebiete und Seltenheit als kollisionsgefährdet an Freileitungen einzustufen sind. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass in einem bedeutenden Brut- oder Rastgebiet auch freileitungssensible Arten vorkommen.70 Die dritte Voraussetzung adressiert nur die Fälle von Satz 1 Nummer 3, mithin der Zubesei- 53 lung. Hierbei wird die Zubeseilung auf Ebene des Übertragungsnetzes, mithin bei Freileitungen ab 220 kV an den UVP-Schwellenwert von weniger als 15 km Länge geknüpft. Da die Leitungen des Übertragungsnetzes regelmäßig größere Längen aufweisen und eine abschnittsweise Beantragung als Umgehung vor dem Hintergrund der kumulativen Umweltauswirkungen nicht in Betracht kommt, begrenzt diese Tatbestandsvoraussetzung die Fälle der Zubeseilung auf wenige Anwendungsfälle auf Übertragungsnetzebene und vor allem das darunterliegende Hochspannungsnetz (110 kV) der Verteilnetzbetreiber.71
IV. Abweichung von Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (Abs. 3) Im neuen Absatz 3 werden Fälle konkretisiert, in denen ein Anzeigeverfahren nunmehr auch 54 durchgeführt werden kann, obwohl andere öffentliche Belange im Sinne des Absatz 1 Satz 2 68 69 70 71 349
BT-Drucks. 19/7375, S. 61. BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – 4 A 1/13 –, BVerwGE 148, 353-373. BT-Drucks. 19/7375, S. 61. S. Kommentierung zu Rn 2. Fest/Nebel
§ 43f EnWG
V. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4)
Nummer 2 berührt sind. Der Absatz soll Anwendung finden, wenn Belange der elektrischen und magnetischen Felder berührt sind, weil infolge der Änderung des Betriebskonzepts durch Maßnahmen der Höherauslastung (sog. Freileitungsmonitoring) sich die Felder erheblich erhöhen können. Dies wird insbesondere in den Fällen des Absatzes 2 regelmäßig der Fall sein, sofern die Änderung auf eine nicht nur geringfügige Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Leitung und damit der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung im Sinne der 26. BImSchV abzielt. In einem solchen Fall wird präzisiert, dass ein Anzeigeverfahren dennoch durchgeführt werden kann, wenn die Vorgaben der § 3, § 3a und § 4 der 26. BImSchV eingehalten sind, die die geltenden Schutz- und Vorsorgeanforderungen im Hinblick auf elektrische und magnetische Felder enthalten. Die Schutzanforderungen verlangen, dass die Grenzwerte für elektrische und magnetische Felder entsprechend der Verordnung eingehalten werden und Wirkungen wie Funkentladungen, die zu erheblichen Belästigungen und Schäden führen können, vermieden werden. Als Vorsorgeanforderung ist insbesondere die Durchführung einer Minimierungsprüfung gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen. Die zuständige Behörde muss die eingereichten Unterlagen prüfen und im Rahmen der Entscheidung über das Anzeigeverfahren nach Absatz 4 Satz 4 feststellen, dass die entsprechenden Vorgaben eingehalten sind. Bei der geforderten Feststellung der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde handelt es sich damit um eine „sonstige behördliche Entscheidung nach anderen Rechtsvorschriften […], bei der Belange des Immissionsschutzes berücksichtigt werden“, im Sinne von § 7 Absatz 2 Nummer 2 der 26. BImSchV, so dass eine gesonderte Anzeige nach dieser Verordnung nicht erforderlich ist. Der Schutz- und Vorsorgestandard im Hinblick auf elektrische und magnetische Felder bleibt insgesamt auch bei Anwendung des Anzeigeverfahrens vollumfänglich erhalten. Zusätzlich dürfen weitere öffentliche Belange nicht berührt sein oder müssen die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und diese dürfen dem Plan nicht entgegenstehen.72 Entsprechendes gilt für die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm, die z. B. bei sog. Koronageräuschen maßgeblich sein können und gleichermaßen von der zuständigen Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde zu prüfen ist.
V. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4) 55 Absatz 4 regelt die Durchführung des Anzeigeverfahrens.
1. Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 56 Gemäß Abs. 4 S. 1 zeigt der Vorhabenträger gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde die von ihm geplanten Maßnahmen an. Für die Anzeige gelten gem. § 43 Abs. 4 EnWG i. V. m. § 72 Abs. 1 Hs. 1 VwVfG die allgemeinen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nach §§ 9 VwVfG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Die in § 117b enthaltene Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften wurde von dieser bisher nicht in Anspruch genommen.73 Zwar liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde, ob anstelle eines Planfeststellungs57 oder eines Plangenehmigungsverfahrens eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung durch ein Anzeigeverfahren zugelassen wird. Es liegt aber in der Hand des Vorhabenträgers, dieses Entscheidungsverfahren durch eine entsprechende Anzeige einzuleiten.74 Hält der Vorhabenträ-
72 BT-Drucks. 19/7375, S. 61. 73 Vgl. die Kommentierung zu § 117b, Rn 8. 74 Säcker/Pielow, § 43f Rn 12. Fest/Nebel
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3. Entscheidung über die Zulassung
EnWG § 43f
ger es für sinnvoller, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, kann er einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde stellen.
2. Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 3) Der Anzeige muss sich entnehmen lassen, auf welches Vorhaben sich die Anzeige bezieht. Nach 58 Abs. 4 S. 2 sind der Anzeige in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich ergibt, welche konkreten Änderungen geplant und dass diese Änderungen unwesentlich sind. Die Notwendigkeit der Vorlage von Unterlagen zur UVP-Pflichtigkeit wird durch S. 5 betont. Ohne diese Unterlagen ist es der Planfeststellungsbehörde nicht möglich, über eine Freistellung zu entscheiden. Dennoch gilt auch im Verfahren nach § 43f der (modifizierte) Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 VwVfG.75
3. Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 S. 4) Nach Abs. 4 S. 4 entscheidet die für die Planfeststellung zuständige Behörde, ob ein Planfeststellungs- oder eines Plangenehmigungsverfahren durchzuführen ist. Andernfalls erfolgt die Freistellung des Vorhabens von einem förmlichen Verfahren. Die Entscheidung muss innerhalb eines Monats erfolgen. Der Beginn dieser Frist ist nicht näher bestimmt. Anzunehmen ist, dass die Frist als Entscheidungsfrist zu laufen beginnt, wenn der Behörde alle erforderlichen Unterlagen vollständig vorliegen.76 Die Frist dient der Verfahrensbeschleunigung.77 Beim Vorliegen aller Voraussetzungen ist es in das Ermessen der zuständigen Planfeststellungsbehörde gestellt, ob anstelle eine Planfeststellungsverfahrens oder eines Plangenehmigungsverfahrens die Änderung oder Erweiterung einer Hochspannungsleitung durch ein Anzeigeverfahren zugelassen wird.78 Die Abweichung von den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts entspricht vergleichbaren Normen des Fachplanungsrechts, etwa § 8 Abs. 3 S. 1 LuftVG. Bei der Entscheidung handelt es sich um einen dem Planfeststellungsbeschluss entsprechenden, mit Außenwirkung versehenen und von betroffenen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG und des § 42 VwGO.79 Anders als in § 16 Abs. 2 S. 2 BImSchG kennt das energierechtliche Anzeigeverfahren keine Genehmigungsfiktion. Der Vorhabenträger darf die Änderungen oder Erweiterungen eines Vorhabens daher nicht etwa dann vornehmen, wenn sich die Planfeststellungsbehörde nicht innerhalb der in Abs. 4 S. 4 bestimmten Monatsfrist geäußert hat. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine dem § 16 Abs. 2 S. 2 BImSchG entsprechende Formulierung aufnehmen müssen. Eine Genehmigungsfiktion würde zudem die vom Gesetzgeber intendierte Verfahrenshoheit der Planfeststellungsbehörde konterkarieren. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Anzeigeverfahrens gerade erreichen, dass der Vorhabenträger nicht mit den Bauarbeiten beginnt, bevor eine entsprechende Entscheidung der Planfeststellungsbehörde getroffen wurde.80
75 76 77 78 79 80 351
Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 25; Kment/Turiaux, § 43f, Rn 13. So auch Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43f Rn 8. BT-Drucks. 17/6073, S. 34. Ausdrücklich BR-Drucks. 342/11, S. 56. Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Säcker/Pielow, § 43f Rn 15. Fest/Nebel
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VI. Rechtswirkungen
4. Prüfgegenstand (Abs. 4 S. 5) 64 Abs. 4 S. 5 ist der einzige Satz des Absatzes 4, der 2019 neu in den Kontext der Vorgaben zur Durchführung des Anzeigeverfahrens eingefügt wurde. Damit sollte klargestellt werden, dass die Ausweitung des Anzeigeverfahrens nicht das Bestandsnetz einer neuen Prüfung unterwerfen soll, sondern nur die Auswirkungen der jeweils angezeigten Änderung oder Erweiterung Prüfgegenstand sind. Gleichzeitig darf der Wortlaut von Abs. 4 S. 5 Hs. 1 nicht dazu verleiten Umweltauswirkungen außerachtzulassen, die mit denen der Änderung oder Erweiterung kumulieren. Berücksichtigt werden sollen nach der Gesetzesbegründung daher auch die Umweltauswirkungen der Bestandsleitung, soweit sie für die Zulässigkeit der Änderung oder Erweiterung von Bedeutung sind.81 65 Abs. 4 S. 5 Hs. 1 adressiert den Prüfgegenstand in der Fallkonstellation der Änderung des Betriebskonzepts nach Abs. 2 S. 1 Nr. 1. Aspekte, die bereits im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Verfahren geprüft bzw. nachgewiesen wurden, wie u. a. das Vorliegen der entsprechenden dinglichen Rechte, sind nicht erneut nachzuweisen.82
5. Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6) 66 Nach Abs. 4 S. 6 muss die Entscheidung, ob eine Freistellung erfolgt oder doch ein förmliches Verfahren durchgeführt wird, dem Vorhabenträger bekannt gemacht werden. Dass die Bekanntgabe nur gegenüber dem Vorhabenträger erfolgen muss, ist sachgerecht, weil anzunehmen ist, dass sich das Informationsinteresse Dritter in engen Grenzen hält. Rechte Dritter dürfen schließlich nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sein. Weitere Vorgaben für die Art der Bekanntgabe enthält Abs. 4 S. 6 nicht, sodass auf § 41 67 VwVfG zurückzugreifen ist. Die Regelung enthält keine Erweiterung des geltenden Rechts, sondern entspricht den Regelungen des VwVfG.
VI. Rechtswirkungen 68 Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG und hat sowohl Regelungs- als auch Außenwirkung.83 Die Außenwirkung besteht schon in der Maßgeblichkeit der Entscheidung für den außerhalb der Behörde stehenden Vorhabenträger. Das verdeutlicht Abs. 4 S. 6, wonach die Entscheidung dem Vorhabenträger bekanntzugeben ist. Die Regelungswirkung ergibt sich zunächst aus der zulassenden Wirkung der Entschei69 dung. Die Entscheidung, dass kein förmliches Verfahren durchgeführt werden muss, hat zugleich zur Folge, dass die Änderung oder Erweiterung öffentlich-rechtlich zugelassen ist.84 Die Entscheidung nach § 43f ist daher als Genehmigung i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 2 VwGO anzusehen.85 Mangels Planfeststellung oder Plangenehmigung tritt die Konzentrationswirkung des § 75 70 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG nicht ein.86 Soweit für das Vorhaben andere behördliche Entscheidungen erforderlich sind, müssen sie eingeholt werden.
81 82 83 84 85 86
BT-Drucks. 19/7375, S. 61. BT-Drucks. 19/7375, S. 61. Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 29.9.2011 – 11 D 93/09 –; a. A. Danner/Theobald/Missling, § 43f Rn 29. Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –. BT-Drucks. 19/7375, S. 61.
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2. Rechtsschutz Dritter
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Ebenso wenig kann mangels durchgeführter Öffentlichkeitsbeteiligung eine Präklusionswir- 71 kung eintreten.
VII. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers Der Verzicht auf die Durchführung eines förmlichen Verfahrens steht nach S. 1 („können“) ausdrücklich im Ermessen der Behörde. Das Ermessen der Behörde hat sich nach dem allgemeinen Beschleunigungsgrundsatz zu richten. Der Vorhabenträger kann bei ablehnender Entscheidung über die Gestattung eines Vorhabens über das Anzeigeverfahren auf ermessensfehlerfreie Bescheidung klagen.87 Widersprüchliche Aussagen existieren zur Frage, ob Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zu erheben ist, die Verpflichtungsklage auf ermessensfehlerfreie Entscheidung scheint vorzugswürdig.88 Einen Anspruch auf Erteilung der Freistellung im Anzeigeverfahren hat der Vorhabenträger aufgrund des Ermessensspielraums der Behörde indes nicht.89 Sowohl Widerspruch wie Verpflichtungsklage haben grds. aufschiebende Wirkung, § 43f wird dem Wortlaut nach nicht von § 43e erfasst.90 Strittig ist die erstinstanzliche Zuständigkeit für gegen Entscheidungen nach § 43f gerichtete Klagen.91 Sinnvoll im Sinne des angestrebten Beschleunigungseffektes erscheint es, die sich aus § 48 Abs. 1 Nr. 4 ergebende Zuständigkeit des OVG bei Planfeststellungsbeschlüssen vor dem Hintergrund der Ergänzungsklausel § 48 Abs. 1 S. 2 auch bei der Entscheidung über die Einschlägigkeit des Planfeststellungsverfahrens anzunehmen.92 Für den Bereich des Netzausbaus auf Ebene des Strom-Übertragungsnetzes führt dies zu einem Auseinanderfallen des Rechtsweges im Vergleich zur erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO für die Streitigkeiten über Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungsverfahren. Insofern gilt es für den Vorhabenträger in Zweifelsfällen gut abzuwägen, ob nicht der Weg eines Planfeststellungsverfahrens mit kürzerem Instanzenzug schneller ist, als der Weg über das Anzeigeverfahren mit längerem Instanzenzug. Ebenso kann der Vorhabenträger gegen die Entscheidung, unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen ohne Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durch ein Anzeigeverfahren zuzulassen, Klage erheben. Der Vorhabenträger wird durch eine solche Entscheidung in seinen Rechten verletzt, weil er durch einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss oder durch eine bestandskräftige Plangenehmigung eine gesicherte Rechtsstellung erlangt, die ihn vor immissionsschutzrechtlichen Abwehransprüchen der Nachbarn schützt.93
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2. Rechtsschutz Dritter Ein Dritter kann keinen Rechtsschutz dagegen geltend machen, dass die Behörde die Änderung 77 oder Erweiterung eines Vorhabens zulässt, ohne dass die Freistellungstatbestände erfüllt sind.94 87 88 89 90 91 92
Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17. Vgl. Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 30; Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17. So auch Theobald/Kühling/Missling, § 43b Rn 31. So Säcker/Naujoks, § 29 NABEG, Rn 53; a. A. wohl Beckmann, UPR 2013, S. 331 (335). Kment/Turiaux, § 43f, Rn 19. Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –; OVG Schleswig, Urt. v. 12.2.2008 – 4 KS 5/07 –; Beckmann, UPR 2013, S. 331 (335). 93 Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17; Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 185. 94 a. A. zur Parallelnorm des § 25 NABEG: de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25, Rn 58 f. 353
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VII. Rechtsschutz
Unterbleibt eine an sich notwendige Planfeststellung, hat ein betroffener Dritter grds. keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens, sondern nur Abwehr-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche. Denn der Einzelne kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden; er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht.95 Der Dritte kann beanspruchen, dass ihm daraus, dass ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren rechtswidrig unterblieben ist, keine Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsposition erwächst. Eine derartige Beeinträchtigung liegt vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben ist.96 § 43f Satz 2 Nr. 3 ist insoweit drittschützend.97 Hingegen wird das Recht eines anerkannten Naturschutzvereins auf Beteiligung in 78 Planfeststellungsverfahren verletzt, wenn die Behörde die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens nicht im Wege der Planfeststellung, sondern in Form des – nicht beteiligungspflichtigen – Anzeigeverfahrens zulässt, weil sie die rechtlichen und naturschutzfachlichen Voraussetzungen, unter denen nach einer Vorprüfung des Einzelfalls von einer UVP und damit von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen werden darf, verkannt hat. Gegen eine solche Entscheidung ist dem übergangenen Naturschutzverein die Anfechtungsklage eröffnet. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall.98
95 BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –; BVerwG, Urt. v. 22.2.1980 – 4 C 24/77 –; VGH München, Beschl. v. 20.10.2003 – 8 AE 03/40047 –. 96 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Beschl. v. 26.6.2000 – 11 VR 8/00 –; BVerwG, Urt. v. 14.12.1973 – 4 C 50.71 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.1.2007 – 10 S 1/07 –. 97 Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –; zu § 8 LuftVG auch: BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 – 4 C 36/13 –. 98 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 – 4 C 7/88 –; BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 –; Hamb. OVG HH, Beschl. v. 24.2.2010 – 5 Bs 24/10 –. Fest/Nebel
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§ 43g Projektmanager Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann einen Dritten, der als Verwaltungshelfer beschäftigt werden kann, mit der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten wie 1. der Erstellung von Verfahrensleitplänen unter Bestimmung von Verfahrensabschnitten und Zwischenterminen, 2. der Fristenkontrolle, 3. der Koordinierung von erforderlichen Sachverständigengutachten, 4. dem Qualitätsmanagement der Anträge und Unterlagen der Vorhabenträger, 5. der Koordinierung der Enteignungs- und Entschädigungsverfahren nach den §§ 45 und 45a, 6. dem Entwurf eines Anhörungsberichtes, 7. der ersten Auswertung der eingereichten Stellungnahmen, 8. der organisatorischen Vorbereitung eines Erörterungstermins und 9. der Leitung des Erörterungstermins auf Vorschlag oder mit Zustimmung des Trägers des Vorhabens und auf dessen Kosten beauftragen. Die Entscheidung über den Planfeststellungsantrag liegt allein bei der zuständigen Behörde.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Beauftragung eines Dritten (§ 43g S. 1 Nr. 1– 10 9) 10 Projektmanager 15 Verhältnis zur Planungsbehörde
1. 2. III. 1.
2.
Übertragbare Aufgaben (§ 43g S. 1 Nr. 1– 21 9)
IV.
Anwendungsbereich
V.
Wirkung auf die Entscheidung über den Plan26 feststellungsantrag
VI. 1. 2. 3.
28 Finanzierung 28 Kostentragung 30 Vergabeverfahren 35 Vertragsbeendigung
1 7
Voraussetzungen und Wirkung der Beauftra16 gung Entscheidung über den Einsatz (§ 43g S. 1 a. E., 16 S. 2)
23
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm S. 1 regelt den zeitlichen und inhaltlichen Anwendungsbereich der Vorschrift, bestimmt das 1 Verfahren über die Beauftragung und den Einsatz eines Projektmanagers1 und führt in einer nicht abschließenden Aufzählung die Tätigkeiten auf, die von einem Projektmanager übernommen werden können. S. 2 stellt klar, dass die Tätigkeiten des Dritten nicht den Kern des Abwägungsvorgangs betreffen dürfen.
1 Zum synonymen Gebrauch des „Projektmanagers“ und des „privaten Dritten“ vgl. Rn 10. 355 https://doi.org/10.1515/9783110670516-029
Nebel/Riese
§ 43g EnWG
I. Allgemeines
2. Regelungszweck 2 Die Vorschrift dient der Beschleunigung des Netzausbaus und durch den Einbezug von Kapazität und Sachverstand von Dritten, die für die Behörde im Planfeststellungsverfahren in Form einer partiellen Verfahrensprivatisierung unterstützend tätig werden.2 Der Einsatz von Projektmanagern soll die Planfeststellungsverfahren effektivieren, beschleunigen und vereinheitlichen.3 Der Gesetzgeber hat sich am Immissionsschutzrecht orientiert.4 Die Einschaltung privater Dritter hier zu einer Straffung und Bündelung der Abläufe im Planungsverfahren geführt.5 Der Projektmanager muss einen Spagat zwischen einem höheren Verfahrenstempo einer3 seits und der höchstmöglichen Rechtssicherheit des Vorhabens andererseits vollbringen.6 Der Gesetzgeber sieht in dem Projektmanager auch eine Art Mediator, der auch die Aufga4 be der Konfliktvermittlung übernehmen und die Einigung der Parteien vereinfachen soll.7 Die Einschaltung eines privaten Dritten soll die Behörde entlasten. Insbesondere sollen 5 zeitintensive Abstimmungen zwischen Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde durch den Projektmanager wahrgenommen bzw. koordiniert werden. Die Organisation und Durchführung des Zulassungsverfahrens für Leitungsvorhaben sei überdurchschnittlich komplex und für die Behörden entsprechend aufwendig.8 Die in § 43g normierten Aufgaben des Projektmanagers zur Unterstützung der Behörde im 6 Planfeststellungsverfahren sind von der seit jeher übliche Beauftragung Dritter, insbesondere von (Fach)Planungsbüros zur technischen Erarbeitung des Planwerks, abzugrenzen.9 Die Tätigkeiten des Projektmanager sind vielmehr (auch) als Rechtsberatungsleistungen einzuordnen.10
3. Entstehungsgeschichte 7 Die Vorschrift wurde durch Art. 2 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze11 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 43g eingefügt. Die Vorschrift erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf. Die Einschaltung eines privaten Dritten im energiewirtschaftlichen Zulassungsverfahren war zuvor nicht normiert.12 2 Die grundlegenden Überlegungen zur Stärkung der Kooperation von Privaten im Städtebaurecht gelten auch für § 43g, vgl. zur Einschaltung eines Dritten in der Bauleitplanung Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 4b Rn 1 ff m. w. N. Aktuell Mehde, DVBL 2020, 1312. 3 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 4 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Nach § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV soll vor der eigentlichen Antragstellung zwischen Behörde und Vorhabenträger erörtert werden, ob eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann, indem sich der behördliche Verfahrensbevollmächtigte auf Vorschlag oder mit Zustimmung und auf Kosten des Antragstellers eines Projektmanagers bedient. Die Ersetzung des ursprünglich in § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV verwendeten Begriffs des „Dritten“ durch „Projektmanager“ hatte keine Änderung in der Sache zur Folge. 5 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 6 Vgl. zur Intention des Gesetzgebers BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 7 Hadlich/Rennhack, LKV 1999, 9; Ortloff, NVwZ 2012, S. 17 (18). 8 Vgl. Rockitt, UPR 2016, S. 435 f. 9 Insofern ist die vereinzelt gebliebene und wenig überzeugende Rechtsprechung, wonach bereits die Möglichkeit einer Befangenheit eines Planungsbüros nicht von der Hand zu weisen sei, wenn das Büro aufgrund seiner Beauftragung erhebliche wirtschaftliche Interessen an dem Fortgang des Projektes habe (OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009 – 10 D 121/07 –) schon dem Grunde nach auf den Projektmanager nicht anzuwenden. Vgl. aber jüngst OVG Lüneburg 12. Senat, Beschl. v. 11.2.2019 – 12 ME 219/18. 10 Vgl. hierzu Rn 33. 11 BGBl. I S. 1690. 12 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Nebel/Riese
356
1. Projektmanager
EnWG § 43g
Der Gesetzgeber hat durch Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energielei- 8 tungsausbaus13 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 § 43g geändert. Ergänzt wurde, dass der Projektmanager auch als Verwaltungshelfer beschäftigt werden kann; zudem wurden die Nr. 4 und 5 neu eingefügt.14 Inhaltlich sind die vorgenommenen Änderungen ohne Bedeutung; es handelt sich um von den relevanten Regelungen der Beschleunigungsgesetzgebung mitgezogenes Gesetzgebungsmaterial. Die Vorschrift erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf. Eine parallele und weitgehend wortgleiche Regelung findet sich in § 29 NABEG. 9
II. Beauftragung eines Dritten (§ 43g S. 1 Nr. 1–9) 1. Projektmanager Der Dritte und der Projektmanager unterscheiden sich nicht. Aus dem Umstand, dass in der Überschrift des § 43g von Projektmanager, im Normtext selbst hingegen von Dritten gesprochen wird, folgen keine inhaltlichen Konsequenzen, beide Begriffe werden synonym verwendet. § 43g stellt keine spezifischen Anforderungen an die Qualifikation des Projektmanagers, theoretisch kann jede rechtlich selbstständige natürliche oder juristische Person außerhalb der Planfeststellungsbehörde und des konkreten Verwaltungsverfahrens beauftragt werden.15 Ohne vertiefte Expertise und Praxiserfahrungen im Planfeststellungsrecht kann der Projektmanager die Behörde aber nicht unterstützen; der Projektmanager erbringt insofern (zumindest immer auch) rechtliche Beratungstätigkeiten; eine reine organisatorische Bewältigung des Vorgangs würde auch zu keiner Verfahrensbeschleunigung führen. Der Projektmanager muss daher eigenständig in der Lage sein, die konkreten rechtlichen Fragen zu bewerten und die Konstellationen rechtlich eigenständig zu analysieren. Erst auf dieser Grundlage kann der Projektmanager seine Verfahrenssteuerungskompetenz und mediatorischen Fähigkeiten einbringen.16 Das heißt aber nicht, dass der Projektmanager eine (abschließende) inhaltliche Bewertung der Gutachten oder Stellungnahmen vornehmend darf.17 Der Dritte ist grds. als Verwaltungshelfer einzuordnen,18 er ist damit insbesondere nicht Teil der beauftragenden Behörde oder Beliehener. Der Gesetzgeber hat nun klarstellend ergänzt, dass der Projektmanager auch als Verwaltungshelfer tätig sein kann.19 Das Gesetz stellt keine Anforderungen an die Neutralität des Dritten. „Dritter“ im Sinne von § 43g ist aber nur ein am konkreten Verwaltungsverfahren Unbeteiligter.20 Da der Projektmanager im Auftrag und nach Weisung der Behörde tätig werden muss, ist auch nach § 20 Abs. 1 VwVfG die Verfolgung von Eigeninteressen an der Planung unzulässig.21 Die Bundesregierung kann nach § 117 b Verwaltungsvorschriften über die Durchführung des Verfahrens zur Aufgabenübertragung nach § 43 g erlassen, was jedoch bisher nicht geschehen ist.22
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BGBl. I 2019 S. 706. BT-Drucks. 19/7375, S. 14. Säcker/Pielow, § 43g Rn 2. Vgl. dazu auch Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, S. 1040 (1045). Vgl. dazu Rn 22. Zur Einordnung des Projektmanagers als Verwaltungshelfer vgl. Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 393, Fn. 4. Klarstellend nun BT-Drucks. 19/7375, S. 62. Vgl. dazu auch Rn 15 ff. Danner/Theobald/Missling, Energierecht, § 43g Rn 6-7. Vgl. die Kommentierung zu § 117b. Nebel/Riese
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§ 43g EnWG
III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung
2. Verhältnis zur Planungsbehörde 15 Der Dritte wird im Auftrag der zuständigen Behörde tätig, er steht als auch in deren Lager. Das vertragliche Innenverhältnis besteht zwischen Behörde und Projektmanager. Die Beauftragung des Dritten erfolgt in der Regel auf Grundlage eines Werkvertrags (§§ 631 ff BGB).23 Wegen der Vertraulichkeit und der Wahrung des Datenschutzes muss im Innenverhältnis zwischen Behörde und Projektmanager sichergestellt werden, dass dieser wie die Behörde die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen zum Umgang mit Daten einhält.24
III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung 1. Entscheidung über den Einsatz (§ 43g S. 1 a. E., S. 2) 16 Die Beauftragung eines Projektmanagers erfordert ein Zusammenwirken zwischen Genehmigungsbehörde und Vorhabenträger. Sowohl die Behörde als auch der Vorhabenträger können den Einsatz eines Projektmanagers vorschlagen. Kommt der Vorschlag von Seiten der Behörde, ist die Zustimmung des Vorhabenträgers für den Einsatz des Projektmanagers erforderlich.25 Dies führt allerdings in der Praxis lediglich dazu, dass dem Vorhabenträger der Einsatz des privaten Dritten nicht in Kosten gestellt werden. Denn der Einsatz von Verwaltungshelfern durch die Behörde war bereits vor Aufnahme der Norm in das EnWG grundsätzlich möglich und kann unabhängig von § 43g erfolgen.26 Die letztendliche Entscheidung über die Beauftragung eines Projektmanagers liegt im Er17 messen der Behörde. Der Vorhabenträger kann keinen entsprechenden Anspruch geltend machen. Die Entscheidung über den Einsatz erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde. Das Zustimmungserfordernis ist keine verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeitsvorausset18 zung des Einsatzes des Dritten, sondern Voraussetzung für die Abrechnung der Kosten des Projektmanagers gegenüber dem Vorhabenträger. Hat dieser dem Einsatz des Projektmanagers nicht zugestimmt, können gegenüber dem Vorhabenträger keine Kosten geltend gemacht werden.27 Der Einsatz eines Projektmanagers ohne Zustimmung des Vorhabenträgers ändert nichts an 19 der Wirksamkeit der Beauftragung des Managers. Die Verfahrensschritte, die vom Projektmanager vorbereitet oder durchgeführt werden, bleiben wirksam. Die fehlende Zustimmung des Vorhabenträgers ist in der Regel nach § 46 VwVfG unbeachtlich und hat somit keine rechtlich nachteiligen Auswirkungen auf die Planfeststellungsentscheidung. Aus der Norm ergibt sich nicht, ob die Zustimmung des Vorhabenträgers jeweils zur Über20 tragung jeder der einzelnen Aufgaben aus der Aufzählung in Nr. 1–9 oder nur einmalig generell erforderlich ist. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist zur Ausschöpfung der Beschleunigungspotenziale ein effektives Zusammenwirken von Vorhabenträger und Projektmanager angestrebt. Demnach ist die Abstimmung zwischen beiden dergestalt geboten, dass einvernehmlich über die Übernahme von konkreten Aufgaben entschieden wird.
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Kment/Turiaux, § 43g, Rn 4. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Vgl. dazu auch § 117b Rn 12. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43g, Rn 4. Vgl. Kment/Turiaux, § 43g, Rn 2; Säcker/Pielow, § 43g Rn 10. a. A. wohl: Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43g, Rn 4; Danner/Theobald/Missling, Energierecht, § 43g Rn 11; Säcker/Pielow, § 43g Rn 26. Nebel/Riese
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V. Wirkung auf die Entscheidung über den Planfeststellungsantrag
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2. Übertragbare Aufgaben (§ 43g S. 1 Nr. 1–9) S. 1 enthält neun Aufgaben, die von dem privaten Dritten übernommen werden können. Die 21 Aufzählung ist ausweislich des Wortlauts („wie“) nicht abschließend. Der Gesetzgeber hat insofern eine Öffnungsklausel für die dem Projektmanager übertragbaren Aufgaben eingeführt. Die Öffnungsklausel gilt aber nur für die Durchführung von Verfahrensvorschriften. Genuine Hoheitsaufgaben hat die Genehmigungsbehörde – zumindest in der Regel – aus- 22 schließlich durch eigene Bedienstete wahrzunehmen.28 Soll der private Dritte Aufgaben übernehmen und ausführen, die nicht Teil der Nr. 1–9 sind, muss die Aufgabenübertragung von der Öffnungsklausel des § 43g gedeckt sein. Dies grds. dann der Fall, wenn die Tätigkeiten des Projektmanagers keine hoheitlichen Aufgaben sind, also „nicht unmittelbar in den Kern des Abwägungsvorgangs vorstoßen“. Die Letztverantwortung der Planfeststellungsbehörde muss gewahrt bleiben.29
IV. Anwendungsbereich Dem Einsatz des Dritten muss ein Vorschlag oder die Zustimmung des Vorhabenträgers vo- 23 rausgehen. Andernfalls können ihm gegenüber keine Kosten geltend gemacht werden.30 Der Einsatz eines Projektmanagers ist in jedem Punkt des Verfahrens zulässig. Ebenso ist es zulässig, dem Projektmanager im Laufe des Verfahrens weitere Tätigkeiten zu übertragen. Ihm müssen nicht bestimmte Tätigkeiten oder Tätigkeiten in bestimmtem Umfang bereits von Beginn an übertragen werden. Der Projektmanager darf (und sollte) bereits vor der Eröffnung des förmlichen Verfah- 24 rens durch die Stellung des Antrags des Vorhabenträgers tätig sein. Zwar endet die Aufzählung der übertragbaren Tätigkeiten in Nr. 9 mit der Leitung des Erörterungstermins. Dies ist aber keineswegs als zeitliche Grenze für die Beauftragung des Projektmanagers zu verstehen. Mit Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses endet die Tätigkeit des Projektmanagers i. S. d. § 43g. Der Projektmanager kann die Behörde auch in den Klageverfahren unterstützen; es steht dem Vorhabenträger zudem offen, den mit dem Vorhaben vertrauten Projektmanager in eigener Verantwortung weiter im Rahmen der Verwirklichung des Vorhabens nach der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zu beteiligen. Die Zustimmung bzw. der Vorschlag des Vorhabenträgers zum Einsatz des Projektmanagers 25 verliert seine Rechtswirkung mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Im Verfahren der Planänderung muss der Vorhabenträger erneut zustimmen bzw. einen Vorschlag unterbreiten.
V. Wirkung auf die Entscheidung über den Planfeststellungsantrag Der private Dritte ist von einem unmittelbaren Mitwirken bei der Entscheidung über den Plan- 26 feststellungsbeschluss ausgeschlossen (S. 2). Eine unmittelbare Wirkung auf den Planfeststellungsbeschluss ist nach S. 2 ausdrücklich 27 unzulässig. Planung ist eine genuin hoheitliche Aufgabe, sodass bereits der Vorbehalt des Gesetzes ein Wirken des privaten Dritten in den Verwaltungsverfahren untersagt. Konkret bedeutet dies, dass die Verantwortung für die Vollständigkeit des Abwägungsmaterials, seine Gewichtung sowie die Abwägung selbst den Befugnissen des Projektmanagers entzogen ist. Gleiches gilt für die inhaltliche Bewertung von Gutachten und Fachbeiträgen.31 28 29 30 31 359
Vgl. OVG Lüneburg 12. Senat, Beschl. v. 11.2.2019 – 12 ME 219/18 –. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Vgl. dazu Rn 27 ff. Vgl. dazu auch OVG Lüneburg 12. Senat, Beschl. v. 11.2.2019 – 12 ME 219/18 –. Nebel/Riese
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VI. Finanzierung
VI. Finanzierung 1. Kostentragung 28 Die Finanzierung des Einsatzes des privaten Dritten erfolgt auf Kosten des Vorhabenträgers. Da der Vorhabenträger die Kosten zu tragen hat, wird die Einsetzung eines Projektmanagers nur dann in seinem Interesse liegen, wenn sie voraussichtlich zu einer erheblichen Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens führen wird.32 Soweit die von dem Dritten übernommenen Aufgaben vorher von der Planfeststellungsbe29 hörde wahrgenommen wurden, ergeben sich für die Vorhabenträger zusätzliche Kostenbelastungen. Eine Ermäßigung der Genehmigungsgebühren ist bislang als Ausgleich nicht vorgesehen, wäre allerdings nach dem Äquivalenzprinzip angemessen. Durch die Kostenfolge des § 43g S. 1 trägt der Vorhabenträger einen Teil der Verwaltungskosten. Kritisiert wird, dass dies mit dem System der Erhebung einer Verwaltungsgebühr nicht im Einklang stehe.33
2. Vergabeverfahren 30 Sobald für den Einsatz des Projektmanagers ein Vergabeverfahren erforderlich ist, dürfte der gesetzlich intendierte Beschleunigungseffekt ausbleiben.34 Die Beauftragung eines Projektmanagers nach § 43g EnWG durch die Planfeststellungsbe31 hörden als staatlicher öffentlicher Auftraggeber i. S. v. § 99 Nr. 1 GWB stellt einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag i. S. v. § 103 Abs. 1, 4 GWB dar.35 Aufgrund der im Normalfall einschlägigen besonderen Ausnahmeregelung des § 116 Abs. 1 32 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB besteht indes keine Pflicht zur Anwendung des GWB-Kartellvergaberechts und damit keine Pflicht zur Durchführung eines europaweit bekanntzumachenden Vergabeverfahrens, soweit der Projektmanager (auch) als Rechtsanwalt im Sinne von § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung tätig ist und er im Rahmen der Beauftragung nach § 43g EnWG Rechtsdienstleistungen erbringt. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB ist das GWB-Kartellvergaberechts nicht anzuwenden 33 auf Rechtsdienstleistungen, durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen, dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird. Der Sinn und Zweck der Tätigkeit eines Projektmanagers ist durch seine Tätigkeiten gerichtlichen Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit den Leitungsbauvorhaben zu vermeiden bzw. das Risiko einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschusses oder -genehmigung zu verringern, was zwingend erfordert, durchgehend rechtliche Bewertungen des von ihm unterstützten Verfahrens vorzunehmen, um so die gesetzlich intendierte Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.36 Ungeachtet der Ausnahmeregelung von § 116 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB sind die Tätigkei34 ten des Projektmanagers als Rechtsdienstleistungen einzuordnen. Diese sind als juristische Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV zur Richtlinie 2014/24/EU und somit als soziale
32 So Landmann/Rohmer/Kutscheidt/Dietlein, 9. BImSchV, § 2 Rn 17 zum Projektmanager im immissionsschutzrechtlichen Verfahren. 33 Vgl. Danner/Theobald/Missling, Energierecht, § 43g Rn 16. 34 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 35 Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 395. 36 So auch VK Südbayern, Beschluss v. 22.12.2015 – Z3-3/3194/1/48/09/15. Der Beschluss ist durch die Rücknahme des Antrags gegenstandslos geworden (OLG München, Beschl. v. 8.3.2016 – Verg 01/16). Nebel/Riese
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3. Vertragsbeendigung
EnWG § 43g
und andere besondere Dienstleistungen i. S. v. § 130 GWB einzuordnen.37 Die Anwendung des GWB-Kartellvergaberechts besteht daher ab Erreichen des Auftragsschwellenwerts von 750.000,00 EUR.
3. Vertragsbeendigung Auch nach Zustimmung des Vorhabenträgers bzw. dessen Vorschlag zur Einsetzung des Dritten behält die Behörde sämtliche Verwaltungskompetenzen.38 Sie kann das Verfahren jederzeit an sich ziehen und (wieder) sämtliche Schritte in Eigenregie vorbereiten und durchführen. Dazu kann die Behörde jederzeit den privaten Dritten aus seiner Tätigkeit entlassen. Die fortbestehende Gewährleistungsverantwortung der Behörde kann sich zu einer Verpflichtung verdichten, den Projektmanager abzuberufen oder ihm bestimmte Aufgaben zu entziehen. Ob der Vorhabenträger seine Zustimmung bzw. seinen Vorschlag zum Einsatz des Dritten später zurückziehen kann, ist nicht geregelt. Die auf ihm lastende Finanzierungsverantwortlichkeit spricht dafür, dass er die Absetzung des Projektmanagers in seiner Verantwortung hat. Zudem obliegt es dem Vorhabenträger, mit dem Projektmanager zusammenzuarbeiten und ihn in das Verfahren und seine Vorbereitung einzubeziehen. Der Vorhabenträger kann seine Zustimmung daher jederzeit zurückziehen, sofern dafür ein sachlicher Grund gegeben ist.39 Ein grundloser Entzug der Zustimmung ist nicht möglich, da das Verwaltungsverfahren dadurch unnötig verzögert würde. Es empfiehlt sich, entsprechende Regelungen in den Vertrag zur Beauftragung des Projektmanagers aufzunehmen. Im Verhältnis zwischen Behörde und Drittem kann der Werkvertrag nach § 649 S. 1 BGB durch die Behörde bis zur Vollendung des Werkes jederzeit – auch ohne Angabe von Gründen – gekündigt werden. Die Kündigung nach § 649 S. 1 BGB ist an keinerlei Voraussetzungen gebunden. Kündigt die Behörde den Werkvertrag, so ist der Projektmanager nach § 649 S. 2 BGB berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Für die Vertragsgestaltung empfiehlt sich zur Erleichterung der Berechnung der Vergütung in einem solchen Fall die Aufnahme einer entsprechenden Klausel. Andernfalls wird nach § 649 S. 3 BGB vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.
37 So auch Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 395. 38 Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43g, Rn 8. 39 Zustimmend: Kment/Turiaux, § 43g, Rn 6. 361
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§ 43h Ausbau des Hochspannungsnetzes Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder weniger sind als Erdkabel auszuführen, soweit die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freileitung den Faktor 2,75 nicht überschreiten und naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen; die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Soll der Neubau einer Hochspannungsleitung weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse durchgeführt werden, handelt es sich nicht um eine neue Trasse im Sinne des Satzes 1.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 3 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Anwendungsbereich
III. 1. 2. 3.
17 Ausführung als Erdkabel (S. 1 Hs. 1) 19 Nennspannung von 110 kV oder weniger 20 Errichtung auf einer neuen Trasse (S. 2) 27 Kostenfaktor
1 4.
a) Kosten für Errichtung und Betrieb 36 b) Abschnittsweise Betrachtung 41 Naturschutzfachliche Belange
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IV. 1. 2. 3.
Ausführung als Freileitung (S. 1 Hs. 2) Kein Entgegenstehen öffentlicher Interes44 sen 51 Antrag des Vorhabenträgers 54 Entscheidung der Behörde
V.
Rechtsschutz
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 S. 1 Hs. 1 verpflichtet den Vorhabenträger, Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder weniger auf neuen Trassen grds. als Erdkabel aufzuführen. Voraussetzung ist, dass ein Kostenfaktor von 2,75 nicht überschritten wird und naturschutzfachliche Belange der Erdverkabelung nicht entgegenstehen. Der Begriff der neuen Trasse wird in S. 2 konkretisiert. S. 1 Hs. 2 ermöglicht dem Vorhabenträger, abweichend von S. 1 Hs. 1, die Ausführung des 2 Vorhabens als Freileitung zu beantragen. Die zuständige Behörde kann die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.
2. Regelungszweck 3 § 43h Hs. 1 setzte eine Pflicht zur Erdverkabelung für die Nennspannung von 110 kV oder weniger beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen fest. Das Erdkabel soll auf der Spannungsebene von 110 kV beim Neubau in neuen Trassen zum Regelfall werden.1 Der Vorrang greift nur, sofern die Mehrkosten für die Erdverkabelung den Faktor 2,75 nicht überschreiten und naturschutzfachliche Belange der Ausführung als Erdkabel nicht entgegenstehen. Mit der Einfügung des § 43h wurde geregelt, dass die Erdverkabelung unter diesen Voraussetzungen 1 BT-Drucks. 17/6073, S. 35. Fest/Riese https://doi.org/10.1515/9783110670516-030
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 43h
die Vorzugsvariante ist; dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis bzw. das Verständnis des § 43h als Vorrangregelung für die Erdverkabelung ist aber nicht unumstritten.2 Für den Vorhabenträger läuft § 43h darauf hinaus, dass er, wenn er nicht auf die Planfeststellung des Erdkabels verzichtet oder von sich aus eine Erdverkabelung plant, er aufgrund des vergleichenden Kostenfaktors und der Ermittlung des öffentlichen Interesses – letztendlich aber auch zur Ermittlung der naturschutzfachlichen Belange – eine komplette Doppelplanung des Vorhabens vorzunehmen hat. Grundsätzlich soll die Ausführung als Erdkabel die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Errichtung neuer Hochspannungsleitungen erhöhen und den notwendigen Netzausbau beschleunigen. Der Gesetzgeber hat sich von der Pflicht zur Erdverkabelung eine beträchtliche Entlastung des Landschaftsbildes versprochen. Die Vorschrift hatte insoweit Pilotcharakter für spätere Ausweitungen der Erdverkabelung.3 Im Gegensatz zu den Pilottrassen des EnLAG und den später eingeführten Erdverkabelungsmöglichkeiten nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2-45 und NABEBBPlG hat der Gesetzgeber einer Verteuerung des Netzausbaus mit einem Kostenfaktor vorgebeugt. Daher ist die Pflicht zur Erdverkabelung an die Voraussetzung gebunden, dass die Mehrkosten für die Erdverkabelung den Faktor 2,75 nicht überschreiten. In den Fällen, in denen der Vorhabenträger zur Verlegung eines Erdkabels verpflichtet ist, eröffnet S. 1 Hs. 2 die Möglichkeit, die Ausführung des Vorhabens als Freileitung zu beantragen. Die zuständige Behörde kann die Errichtung als Freileitung ausnahmsweise zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Die Pflicht zur Erdverkabelung war – abgesehen von den Pilotvorhaben im EnLAG – zuvor im deutschen Recht nicht vorgesehen. Es existierten daher zunächst keine Vorbilder oder Parallelvorschriften, die Orientierung für die Anwendung der Vorschrift bieten können. Mittlerweile wurden zahlreiche Vorschriften im Rahmen der Beschleunigungsgesetzgebung weiter ausdifferenziert. Zu den Begriffen der neuen Trasse und Bestandstrasse sowie den mit den Worten „überwiegend in“ und „unmittelbar neben“ in Bezug genommenen Begriffen des Ersatz- und Parallelneubaus bieten daher die parallel zu Satz 2 normierten Begriffsbestimmungen in § 3 Nr. 2–6 NABEG Orientierung. Der unbestimmte Rechtsbegriff des öffentlichen Interesses wird in vielen unterschiedlichen Konstellationen verwendet, ist aber in keinem Zusammenhang – auch nicht in § 43h – legal definiert. Die Gesetzesbegründung enthält keine Konkretisierung.4 Nicht zuletzt deshalb ist die konkrete Anwendung von § 43h mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Auch bei der Berechnung des Kostenfaktors von 2,75 besteht Rechtsunsicherheit. Die Grundlagen der Berechnung ergeben sich weder aus dem Gesetzestext noch aus der Begründung. In der Praxis ist die Regelung weniger leicht handhabbar als es auf den ersten Blick scheint. Die Probleme bei der Auslegung und Anwendung des § 43h bestehen vor allem in der nicht besonders gelungenen Struktur der Vorschrift. Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern der Gesetzgeber auf die Schwierigkeiten der praktischen Anwendbarkeit der Regelung reagiert.
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3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung 10 des Netzausbaus Elektrizitätsnetze5 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 43h eingefügt.
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Vgl. dazu Rn 12 sowie BR-Drucks. 374/12, S. 2. Ruge, RdE 2016, 105. Vgl. dazu Rn 12. BGBl. I 2011 S. 1690.
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II. Anwendungsbereich
Der Entwurf der Regierungsfraktionen und der Bundesregierung6 wurde im Gesetzgebungsverfahren um die Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange – neben dem Kostenfaktor – erweitert. Diese Änderung geht auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie7 zurück. Danach soll die Durchführung einer Erdverkabelung als Regelfall nicht obligatorisch sein, wenn der Kostenfaktor nicht überschritten ist, sondern erst, wenn zusätzlich naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen. Dies berücksichtigt die besonderen Eingriffswirkungen der Erdverkabelung. Das Land Brandenburg hat am 27.6.2012 einen Gesetzesantrag zur Änderung von § 43h in den Bundesrat eingebracht.8 Bei der Anwendung der Regelung habe sich gezeigt, dass diese den Netzausbau nicht beschleunige, sondern verzögere. § 43h lasse zu großen „Interpretationsspielraum“ zu und bedürfe der Konkretisierung. Nach dem Gesetzesantrag sollen in Hs. 1 nach dem Wort „naturschutzfachliche“ die Worte „und öffentliche“ eingefügt werden. Der Hs. 2 soll hingegen gestrichen werden.9 Der Antrag führte nicht zu einer Änderung der Norm. 12 Satz 2 wurde durch Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus10 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 eingefügt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung11 hatte die Ergänzung ursprünglich nicht enthalten. Sie wurde durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 2.4.2019 erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt.12 11
II. Anwendungsbereich 13 Zunächst ist zu berücksichtigen, dass nach § 43 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2–4 auf Antrag des Vorhabenträgers auch die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 kV in verschiedenen Fallkonstellationen und von Erdkabeln mit einer Nennspannung unter 110kV sowie von Leerrohren für Erdkabel im Zusammenhang mit diesen nach § 43 Abs. 2 S. 1 Nrn. 5 und 6 planfestgestellt werden können. Bei Vorhaben, bei denen eine Planfeststellung lediglich fakultativ zulässig ist, besteht das Erfordernis der Planfeststellung nur, wenn eine Planfeststellung vom Vorhabenträger beantragt worden ist. Wenn der Vorhabenträger in diesem fakultativen Bereich keinen Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens stellt, so richtet sich die Genehmigungsfähigkeit nach den ansonsten einschlägigen Gesetzen und Verordnungen.13 Soweit der Vorhabenträger keinen Antrag auf Planfeststellung stellt, ist er an die Vorgaben der §§ 43 ff nicht gebunden und auch nicht an die Vorgaben des § 43h. 14 Soweit durch den Antrag des Vorhabenträgers der Anwendungsbereich von § 43h eröffnet ist, ist dieser auf Hochspannungsleitungen bis zu 110 kV oder weniger beschränkt. 220 kV- oder 380 kV-Leitungen sind durch die Regelung nicht erfasst. 15 Es ist fraglich, wie lange die Differenzierung zwischen 110 kV-Leitungen, 220 kV-Leitungen und 380 kV-Leitungen bei der Frage, ob die Verlegung als Erdkabel oder als Freileitung erfolgen soll, noch sinnvoll ist. Zweifel bestehen zum einen, weil der Vorhabenträger bei einer Erdverkabelung mit einer 380 kV-Leitung ohne Pilotstatus nicht die Vorteile eines Planfeststellungsbeschlusses in Anspruch nehmen kann, sondern auf die Einholung von Einzelgenehmigungen bei üblicherweise unterschiedlichen Behörden angewiesen ist, so dass die Erdverkabelung im Wechselstrombereich auf Höchstspannungsebene jenseits von Pilottrassen regelmäßig unter6 BT-Drucks. 17/6073, 17/6249. 7 BT-Drucks. 17/6366, S. 19. 8 BR-Drucks. 374/12. 9 BR-Drucks. 374/12, S. 1. 10 BGBl. I 2019 S. 706. 11 BT-Drucks. 19/7375. 12 BT-Drucks. 19/8913, S. 27. 13 Vgl. § 43 Rn 50 ff. Fest/Riese
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2. Errichtung auf einer neuen Trasse (S. 2)
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bleibt und nur in seltenen innerstädtischen Fallkonstellationen, wie z. B. in Berlin, verfolgt wird. Zum anderen wurde mit der ersten Pilottrasse des EnLAG in der Gemeinde Raesfeld mittlerweile ein Erdkabelpilot in Betrieb genommen, so dass das tragende Argument gegen umfangreichere Erdverkabelungsmöglichkeiten, mangelnde Betriebserfahrungen, mit jedem Jahr Betriebserfahrung und jedem weiteren realisierten Kabelabschnitt absehbar schwächer wird. Gleichwohl sind die Erfahrungen nun auch mehr als zehn Jahre nach Regelung der ersten Kabelpiloten noch recht überschaubar. Der Gesetzgeber hat insoweit eine eindeutige Regelung getroffen.14 Für Vorhaben, deren Planfeststellung vor dem Inkrafttreten der Vorschrift am 5.8.2011 bean- 16 tragt worden ist, ist die Pflicht zur Erdverkabelung nach § 118 Abs. 11 S. 1 grds. nicht anwendbar.15 Nach § 118 Abs. 11 S. 2 steht es dem Vorhabenträger allerdings frei, die Anwendbarkeit zu beantragen.
III. Ausführung als Erdkabel (S. 1 Hs. 1) Gemäß § 43h Hs. 1 sind Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen als Erdkabel auszuführen, 17 soweit sie die Gesamtkosten für die Errichtung und den Betrieb des Erdkabels den Faktor von 2,75 nicht überschreiten. Unter den Voraussetzungen, dass ein Kostenfaktor von 2,75 nicht überschritten wird und naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen, besteht aufgrund der gesetzlichen Anordnung eine Pflicht zur Erdverkabelung für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV. Der Grundsatz zur Verpflichtung einer Verlegung als Erdkabel hat damit vier tatbestandli- 18 che Voraussetzungen: – eine Nennspannung von 110 kV oder weniger, – neue Trasse im Sinne von Abs. 2, – Unterschreiten des Kostenfaktors von 2,75, – keine entgegenstehenden naturschutzfachlichen Belange.
1. Nennspannung von 110 kV oder weniger Der Gesetzgeber hat die Anwendung des § 43h auf Leitungen mit einer Nennspannung von 19 110 kV oder weniger beschränkt. Energieleitungen, die eine darüberhinausgehende Nennspannung aufweisen, werden von § 43h nicht erfasst. Dies gilt sowohl für Wechselstromleitungen als auch für Gleichstromleitungen oder sonstige Leitungen mit höherer Nennspannung.
2. Errichtung auf einer neuen Trasse (S. 2) Die Verpflichtung zur Verlegung eines Erdkabels setzt nach S. 1 Hs. 1 zunächst voraus, dass die 20 Verkabelung in einer neuen Trasse erfolgen soll. Eine Konkretisierung wurde mit der Anfügung von S. 2 dahingehend vorgenommen, dass es sich nicht um eine neue Trasse im Sinne des Satzes 1 handelt, wenn der Neubau einer Hochspannungsleitung weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse durchgeführt werden soll. Der Begriff der Trasse ist mittlerweile in § 3 Nr. 6 NABEG definiert worden. Gleiches gilt 21 für den zur Konkretisierung verwendeten Begriff der Bestandstrasse in § 3 Nr. 2 NABEG. Die von S. 2 weitergehend zur Konkretisierung verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe „überwiegend in“ und „unmittelbar neben“ sind durch die Begriffsbestimmungen für den Ersatz- und Parallelneubaus in § 3 Nr. 4 und 5 NABEG konkretisiert worden. 14 Vgl. Sailer, NVwZ 2019, 612. 15 Vgl. BayVGH, B. v. 4.5.2012 – 22 AS 12.40045 –; BayVGH, Urt. v. 4.4.2013 – 22 A 12.40048 –. 365
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III. Ausführung als Erdkabel (S. 1 Hs. 1)
Der Gesetzgeber hat insofern in § 43h S. 2 den Versuch einer Konkretisierung eines im EnWG unbestimmten Rechtsbegriffes durch die Verwendung weiterer im EnWG unbestimmter Rechtsbegriffe vorgenommen, deren genauer Bedeutungsgehalt sich erst durch die parallel im NABEG neu geschaffenen Normen erschließt. Es finden sich keinerlei Anzeichen im Gesetzgebungsverfahren dafür, dass der Gesetzgeber hierbei unterschiedliche Bedeutungsgehalte für die Begrifflichkeiten in EnWG und NABEG beabsichtigte. Vielmehr spricht die parallele Normierung16 dafür, dass der Gesetzgeber sowohl im Bereich des Netzausbaus im Übertragungsnetz wie im Bereich des Verteilnetzes vergleichbare Fallkonstellationen vor Augen hatte und diese vergleichbar konkretisieren wollte. Unter einer Trasse im Sinne der energierechtlichen Planfeststellung ist daher die von einem Leitungsvorhaben in Anspruch genommene oder in ihrer sonstigen Nutzbarkeit beschränkte Fläche, d. h. der konkrete, parzellenscharfe Verlauf der Stromleitung einschließlich der Maststandorte und der sonstigen Nebeneinrichtungen gemeint, der von der zuständigen Behörde im Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren festgelegt wird.17 Eine Hochspannungsleitung wird in einer neuen Trasse errichtet, wenn keine bestehende Hoch- oder Höchstspannungsleitung durch den Neubau in oder unmittelbar neben der Bestandstrasse ersetzt oder ausgebaut wird. Dabei gilt es noch als Ersatz, wenn die bestehende Leitung innerhalb von drei Jahren ersetzt wird. Die Errichtung erfolgt auch in der Bestandstrasse, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente nicht an identischer Stelle, sondern nur in der Bestandstrasse befinden. Die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Ersatz- oder Parallelneubau handelt, mithin die Bestandstrasse zurückgebaut oder bestehen bleiben soll. Die vom Gesetzgeber vorgenommenen Begriffsbestimmungen sind weiter gefasst, als das bisherige Verständnis des Begriffs der neuen Trasse, da zuvor nur der Ersatzneubau in der Bestandstrasse als Fallkonstellation außerhalb des Erdkabelvorrangs gesehen wurde18 und nun auch der Parallelneubau erfasst ist. Damit hat der Gesetzgeber eine, für die Praxis des 110 kVNetzausbaus hochrelevante, erhebliche Einschränkung der bisherigen Erdkabelvorgabe zugunsten der Freileitungsalternative vorgenommen. Faktisch verbleibt der Erdkabelvorrang nur für die Minderzahl der Fälle, in denen keinerlei Bestandsnetz existiert, mit dem die neue Leitung gebündelt werden kann. Die Regelung dürfte daher vor allem noch in dünn besiedelten Regionen mit hohem Ausbau der Windenergie zum Tragen kommen. Diese Einschränkung der Erdverkabelung zu Gunsten der Freileitungsvariante ist vor dem Hintergrund der Intention der Beschleunigung des Netzausbaus durch möglichst weitgehende Nutzung von Bestandstrassen und die Erleichterung für Erweiterungen über Um- und Zubeseilungen im Anzeigeverfahren nach § 43f und § 25 NABEG und zu verstehen. Es ist auch gut nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber die Erweiterung einer Bestandsleitung durch eine Zubeseilung im Anzeigeverfahren gegenüber einer Planfeststellung einer neuen Erdkabeltrasse für schneller und von daher für die zügige Umsetzung der Energiewende als vorzugswürdig erachtet und vor diesem Hintergrund die Rechtslage angepasst hat.
3. Kostenfaktor 27 Auch dann, wenn eine Leitung in einer neuen Trasse errichtet werden kann, entfällt die Verpflichtung zur Verlegung als Erdkabel, wenn die Kosten im Vergleich zur Freileitung den Faktor von 2,75 überschreiten. Aus dem Faktor von 2,75 wird zum einen deutlich, dass der Gesetzgeber 16 BT-Drucks. 19/8913, S. 27 und 35. 17 Vgl. § 3 NABEG Nr. 6. 18 OVG Lüneburg, Beschl. v. 3.12.2013 – 7 MS 4/13 –; Vogt, RdE 2014, 483; OVG Magdeburg, Urt. v. 5.12.2018 – 2 K 108/16 –. Fest/Riese
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3. Kostenfaktor
EnWG § 43h
bei einer Erdkabelausführung mit höheren Kosten als bei einer Freileitungsausführung rechnet. Dies ist nicht zwangsläufig so, dürfte in der Regel aber der Fall sein. Zum anderen lässt sich hieraus ableiten, dass höhere Kosten bei der Erdverkabelung als bei der Freileitungsausführung im Interesse eines zügigen Netzausbaus und einer geringeren Belastung der vom Netzausbau Betroffenen in Kauf genommen werden.19 Der vergleichende Kostenfaktor bedingt eine komplette Doppelplanung des Vorhabens, d. h. 28 sowohl eine Freileitungs- als auch eine Erdkabelvariante.
a) Kosten für Errichtung und Betrieb. Weder aus dem Gesetzestext noch aus der Gesetzbegründung ergibt sich, auf welche Weise der Kostenfaktor von 2,75 in § 43h S. 1 Hs. 1 zu berechnen ist. Insbesondere bleibt unklar, ob auf das Gesamtprojekt oder den Teilabschnitt, auf dem die Erdverkabelung vorgenommen werden soll, abzustellen ist. Nach einer ersten vorläufigen und im Kontext von § 23 Anreizregulierung ergangenen Einschätzung der Beschlusskammer 4 der BNetzA ist weder das Gesamtprojekt noch der Teilabschnitt die richtige Bezugsgröße für den Kostenvergleich. In den Kostenvergleich sollten alle Anlagen einbezogen werden, die sich in der Kabel- und der Freileitungsvariante unterscheiden. Eine alleinige Betrachtung der Leitungstrasse sei nicht zielführend.20 Maßstab für den Kostenvergleich sind die Gesamtkosten für die Errichtung und den Betrieb des Erdkabels im Vergleich zu einer technisch vergleichbaren Freileitung. Die Errichtungskosten sind grds. leicht zu berechnen, wenn das Erdkabel verlegt ist. Bei der Prüfung einer eventuellen Anwendbarkeit des § 43h muss indes eine Kostenschätzung vorgenommen werden. Diese Kostenschätzung ist mit einem hohen Maß an Unsicherheit verbunden. Die voraussichtlich anfallenden Kosten hängen von der technischen Durchführung ab, von den verwendeten Materialien und dem exakten Verlauf des Erdkabels. Die schon dadurch verursachten Schwierigkeiten bei der Kostenrechnung werden damit erhöht, dass bei einer eventuellen gerichtlichen Überprüfung jede Kostenschätzung leicht anfechtbar ist, indem etwaige Gegengutachten vorgelegt werden, aus denen sich geringere Kosten ergeben, als der Vorhabenträger geschätzt hat. Hier droht im Zweifel ein umfangreicher Gutachterstreit und die Schätzung der Kosten ist daher mit großer Vorsicht und Sorgfalt vorzunehmen. Bislang sind allerdings erst wenige Fälle in Bezug auf § 43h entschieden worden. Aufgrund signifikant höher liegender Kosten (Investitionskosten Faktor 6,8) kam es dabei nicht Auseinandersetzungen über die genaue Berechnung.21 Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass der Vorhabenträger festlegen muss, welche Trassenführung er für die Kostenschätzung bei der Errichtung eines Erdkabels wählt. Denn der Trassenverlauf eines Erdkabels ist nicht identisch mit dem Verlauf einer Hochspannungsfreileitung, jedenfalls nicht notwendigerweise. Eine Kostenschätzung setzt daher voraus, dass der Vorhabenträger alternativ sowohl eine Freileitungsvariante als auch eine Erdkabelvariante plant, um einen Kostenvergleich anstellen zu können. Beide Varianten müssen vom Grundsatz her – basierend auf einer Prognose über die Genehmigungsfähigkeit – realisierbar sein. Dieses Vorgehen verursacht einen erheblichen Aufwand, dürfte aber für einen belastbaren Kostenvergleich unumgänglich sein. In die Kostenschätzung fließen auch die Kosten für den Betrieb ein. Zu den Betriebskosten gehören Unterhaltungskosten, geschätzte Reparaturkosten und dergleichen. Gleiches dürfte für diejenigen Aufwendungen gelten, die mit einem höheren Stromverlust verbunden sind. Zu den Kosten zählt des Weiteren im Vergleich zur Freileitung die kürzere Lebensdauer eines Erdkabels im Vergleich zur Lebensdauer einer Freileitung. Hier wird sich eine gewisse Unsicherheit nichtsdestoweniger dadurch ergeben, dass die Lebensdauer der beiden Leitungstypen nicht genau vorausgesagt werden kann. Für weiteren Diskussionsstoff ist gesorgt. 19 BR-Drucks. 374/12, S. 2. 20 Vgl. Stellungnahme der Beschlusskammer 4 der BNetzA vom 14.12.2011. 21 BayVGH, Urt. v. 11.5.2016 – 22 A 15.40004 –. 367
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III. Ausführung als Erdkabel (S. 1 Hs. 1)
In einem nächsten Schritt ist ein Vergleich anzufertigen, bei dem die Kosten für Errichtung und Betrieb eines Erdkabels mit den Gesamtkosten einer vergleichbaren Freileitung gegenübergestellt werden. Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, ob auf die Plan- oder die Projektkosten abzustellen ist. Unklar ist auch, ob die sekundären Kosten – etwa für die Umstellung des Erdungssystems – anzusetzen sind. Dessen ungeachtet muss der Vorhabenträger für die Freileitung in gleicher Weise eine Kostenschätzung vornehmen. Bei einer abschnittsweisen Errichtung als Erdkabel und Freileitung ist bei dem Kostenvergleich auf den jeweiligen Teilabschnitt abzustellen.22
36 b) Abschnittsweise Betrachtung. Bei dem Kostenvergleich ist ausschließlich auf den Teilabschnitt abzustellen, auf dem die Erdverkabelung vorgenommen werden soll. 37 Nach dem Wortlaut sind Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen (nur) dann als Erdkabel auszuführen, soweit die Gesamtkosten für die Errichtung und den Betrieb des Erdkabels den Faktor von 2,75 nicht überschreiten. Insbesondere die einschränkende Konjunktion „soweit“ spricht dafür, auf den konkreten Teilabschnitt abzustellen, auf dem die Erdverkabelung vorgenommen werden soll. 38 Nach der Gesetzesbegründung ist zudem bei der Erdverkabelung ein Mehrkostenfaktor im Verhältnis zur technisch gleichwertigen und im konkreten Fall einsetzbaren Freileitung einzuhalten. Der Mehrkostenfaktor soll also nicht abstrakt für das gesamte Leitungsvorhaben angesetzt werden, sondern nur für die im konkreten Fall zu errichtende Erdverkabelung. 39 Auch systematische Gründe sprechen dafür, bei der Berechnung der Mehrkosten nur auf den Teilabschnitt abzustellen. Gemäß § 43 Abs. 2 S. 2 kann bei der Erdverkabelung eine Abschnittsbildung vorgenommen werden. § 43 Abs. 2 S. 2 und § 43h korrespondieren miteinander. Es ist davon auszugehen, dass eine identische Anwendung der Paragraphen vom Gesetzgeber intendiert ist. Auch im NABEG wird an einer Vielzahl von Stellen die Möglichkeit einer Abschnittsbildung eröffnet.23 Da über die Abschnittsbildung im Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus eine wesentliche Beschleunigung der Verfahren erzielt werden soll, widerspräche es dem gesetzgeberischen Willen bei § 43h, der im gleichen Gesetzespaket erlassen worden ist, eine Abschnittsbildung abzulehnen. § 43h S. 1 Hs. 1 differenziert nicht zwischen langen Leitungsvorhaben und kurzen Leitungsvorhaben. Wenn sich der Faktor von 2,75 auf das gesamte Leitungsprojekt beziehen würde, würde der Kostenfaktor stets erreicht werden, wenn die Voraussetzungen einer Erdverkabelungspflicht von Teilabschnitten bei langen Leitungsabschnitten geprüft würden. Andererseits würde eine Erdverkabelung bei kurzen Abschnitten oftmals ausscheiden, da in diesen Fällen häufig der Faktor von 2,75 überschritten würde. Eine solche Betrachtung würde dazu führen, dass die Vorhabenträger lediglich kurze Abschnitte beantragen würden, um eine Erdverkabelung zu vermeiden. 40 Zudem ist im Zweifel bei hoheitlichen Regelungen, die das in Art. 14 GG gewährleistete Eigentum einschränken, die Auslegung vorzugswürdig, die für den Adressaten einen geringeren Eingriff bedeutet.
4. Naturschutzfachliche Belange 41 Die Verpflichtung zur Verlegung einer 110 kV-Leitung als Erdkabel hat zur Voraussetzungen, dass naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen. Der Gesetzgeber nimmt damit die naturschutzfachliche Bewertung des Vorhabens in den Vergleich ein. Das ist richtig und zielführend. Denn entgegen einer landläufigen Meinung ist ein Erdkabel nicht in jedem Fall die naturschutzfachlich bessere Lösung als die einer Freileitung. Dies gilt offenkundig dann, wenn 22 Vgl. dazu auch Rn 36 ff. 23 § 5 Abs. 4 S. 2 NABEG; § 11 NABEG; § 19 NABEG. Fest/Riese
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1. Kein Entgegenstehen öffentlicher Interessen
EnWG § 43h
beispielsweise ein Feuchtbiotop gequert werden muss oder besonders schutzwürdige Bodenfunktionen durch ein Erdkabel beeinträchtigt werden können. Es ist also erforderlich, die naturschutzfachliche Auswirkung eines Erdkabels zu prüfen. Über die dabei anzuwendenden Kriterien sollte vor dem Antrag eine Abstimmung zwischen Behörde und Vorhabenträger erfolgen. Ergibt sich in der Prüfung, dass naturschutzfachliche Belange entgegenstehen, kommt eine Verlegung als Erdkabel nicht in Betracht. Schwierig wird die Bewertung dann, wenn naturschutzfachliche Belange in Teilabschnitten 42 einem Erdkabel entgegenstehen und anderen Teilabschnitten nicht. Ein ständiger Wechsel von Freileitung auf Erdkabel und zurück auf eine Freileitung ist weder technisch noch betriebswirtschaftlich sinnvoll. § 43h S. 1 bietet für einen derartigen Konflikt keine Lösung an. Ist der Konflikt nicht anders zu bewältigen, muss ggf. ein Wechsel von Freileitung auf Erdkabel und wieder zurück in Kauf genommen werden. Etwas Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Ausnahmevorschrift zu § 43h S. 1 Hs. 2 eingreift. Eine erweiterte Auslegung des Begriffs der naturschutzfachlichen Belange auf alle umweltschutzfachlichen Belange wird zwar teilweise vertreten,24 findet aber im Gesetzeswortlaut keine Unterstützung und kann von daher, soweit die umweltschutzfachlichen Belange nicht von den naturschutzfachlichen Belangen mitgezogen werden, z. B. weil eine bodenschutz- oder wasserrechtlich relevante Kabelverlegung zugleich empfindliche geschützte Arten berührt, nicht rechtssicher begründet werden.
IV. Ausführung als Freileitung (S. 1 Hs. 2) In den Fällen, in denen der Vorhabenträger nach Hs. 1 zur Ausführung als Erdkabel verpflichtet 43 ist, eröffnet Hs. 2 die Möglichkeit, die Ausführung des Vorhabens als Freileitung zu beantragen. Die zuständige Behörde kann die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Umstritten ist, ob Pflicht zur Erdverkabelung in S. 1 Hs. 1 Vorrang gegenüber der Möglichkeit zur Freistellung gegenüber S. 1 Hs. 2 beanspruchen kann bzw. ob aufgrund der Möglichkeit zur Freistellung überhaupt davon gesprochen werden kann, dass das Erdkabel der Regelfall sein soll. Tatsächlich steht dem Vorhabenträger ein Wahlrecht zu, ob eine Leitung als Erdkabel oder als Freileitung ausführen will. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Gesetzgeber § 43h als Vorrangregelung für die Erdverkabelung ausgestaltet hat.
1. Kein Entgegenstehen öffentlicher Interessen Bei dem Begriff der öffentlichen Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbe- 44 griff, der der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Der Behörde kommt kein Beurteilungsspielraum bei der Ausfüllung des Begriffes der öffentlichen Interessen zu. Wenn man davon ausgeht, dass die Errichtung einer Freileitung zulässig ist, wenn dies 45 der Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und damit der Beschleunigung des Netzausbaus nicht entgegensteht,25 muss die Behörde eine Prognoseentscheidung darüber treffen, welches Verfahren weniger Belange beeinträchtigt und mithin die größere Akzeptanz bei der Bevölkerung findet. Diese Entscheidung könnte die Behörde eigentlich erst begründet treffen, wenn die Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt ist. Allerdings ist es für den Vorhabenträger unzumutbar, bis zur Beendigung der Öffentlichkeitsbeteiligung das Vorhaben sowohl in der Variante als Erdkabel als auch in der Variante als Freileitung zu entwickeln.
24 Vogt, RdE 2014, 483. 25 Vgl. dazu Rn 49. 369
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IV. Ausführung als Freileitung (S. 1 Hs. 2)
Der Begriff des öffentlichen Interesses steht stellvertretend für eine Vielzahl sinnverwandter Variationen wie etwa die Definition der Begriffe des „öffentlichen Belangs“, dem „Gemeinwohl“ oder dem „Wohl der Allgemeinheit“. Der Begriff des öffentlichen Interesses ist in keinem Verwendungszusammenhang – auch nicht für den Bereich der energierechtlichen Planfeststellung – legal definiert. Auch die Gesetzesbegründung trägt nicht zur Konkretisierung des Begriffes bei. Der Inhalt des öffentlichen Interesses in S. 1 Hs. 2 lässt sich nur aus einer Gesamtschau der Erwägungen in der Gesetzesbegründung, der Systematik und dem Sinn und Zweck der jeweiligen gesetzlichen Regelung konkretisieren. Nach der Gesetzesbegründung wird die Erdverkabelung durch § 43h zum Regelfall. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach Erdverkabelungen die Regel und Freileitungen die Ausnahme sein sollen, könnte man ableiten, dass besondere öffentliche Interessen erfüllt sein müssen, um anstelle eines Erdkabels eine Freileitung errichten zu dürfen. Um eine Ausführung als Freileitung zuzulassen, muss indes keine Konstellation vorliegen, die die Erdverkabelung gegenüber der Freileitung als vorzugswürdig erscheinen lässt. Einem solchen Verständnis steht der eindeutige Wortlaut des § 43h S. 1 Hs. 2 entgegen. S. 1 Hs. 2 lässt eine Befreiung von der Pflicht zur Erdverkabelung nicht in den Fällen zu, in denen ein öffentliches Interesse an der Realisierung der Stromleitungen besteht, sondern dann, wenn öffentliche Interessen einer Ausführung als Freileitung nicht entgegenstehen. Es müssen also keine besonderen öffentlichen Interessen erfüllt sein, um anstelle eines Erdkabels eine Freileitung errichten zu dürfen, sondern öffentliche Interessen dürfen der Errichtung nicht entgegenstehen. Weder im Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung finden sich Anhaltspunkte dafür, dass für einen Antrag auf Errichtung einer Freileitung besondere materielle Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Aus der systematischen Auslegung ergibt sich, dass höhere Kosten der Ausführung als Freileitung – die letztendlich der Endverbraucher über die Netznutzungskosten zu tragen hat – keine öffentlichen Interessen sind, die der Errichtung einer Freileitung entgegengehalten werden können. Diese Problematik wird mit der Vorgabe des Kostenfaktors 2,75 im S. 1 Hs. 1 bereits abgehandelt. Ebenso können naturschutzfachliche Belange der Errichtung einer Freileitung nicht als öffentliche Interessen entgegengehalten werden, da auch diese im S. 1 Hs. 1 abgehandelt werden. Eine Verringerung der naturschutzrechtlichen Eingriffsintensität, eine Verringerung der Umweltauswirkungen etc. muss nicht vorliegen, um eine Ausführung als Freileitung zuzulassen. Diese Normkonstruktion schließt das vom Gesetzgeber selbst genannte Beispiel einer gemeinsamen Trassenführung einer Leitung nach dem NABEG26 nicht aus. Das öffentliche Interesse besteht dann nicht in der kostengünstigeren Gestaltung des Netzausbaus oder der Vermeidung des naturschutzfachlichen Eingriffs für ein Erdkabel, sondern im Planungsgrundsatz der Infrastrukturbündelung, der selber einen öffentlichen Belang darstellt und zahlreichen weiteren Belangen zugleich Rechnung trägt.27 Einer Ausführung als Freileitung stehen öffentliche Interessen dann entgegen, wenn eine Ausführung als Freileitung zu Verfahrensverzögerungen führt oder gar der Realisierung des Vorhabens entgegensteht. Proteste gegen die Errichtung einer Freileitung dürfen nicht mit den öffentlichen Interessen gleichgesetzt werden. Solche Proteste sind zunächst als Individualinteressen zu werten. Wenn Proteste aber zu einer Verzögerung des Netzausbaus führen, könnten sie ggf. zu einem „negativen“ öffentlichen Interesse erstarken. Private Interessen bleiben daher grds. unberücksichtigt. Bei der Prüfung ist lediglich zu prüfen, ob einer Freileitung öffentliche Interessen entgegenstehen, keine „Abwägung“ der Betroffenheit der öffentlichen und privaten Interessen bei einer Ausführung als Erdkabel oder als Freileitung vorzunehmen.
26 BT-Drucks. 17/6073, S. 35. 27 Vgl. Landesraumordnung der Länder; a. A. Vogt, RdE 2014, 483. Fest/Riese
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V. Rechtsschutz
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2. Antrag des Vorhabenträgers Voraussetzung für die Zulassung einer Ausführung als Freileitung ist ein entsprechender Antrag 51 des Vorhabenträgers. Die Behörde hat nicht von Amts wegen zu prüfen, ob sich durch eine Zulassung als Freileitung Beschleunigungseffekte erzielen lassen, weil öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Der Antrag nach Hs. 2 ist gleichzeitig mit dem Antrag auf Planfeststellung zu stellen, denn 52 erst innerhalb des Verfahrens lässt sich klären, ob öffentliche Interessen der Freileitung entgegenstehen. Dem Antrag sind alle Unterlagen beizufügen, aus denen sich die Rechtfertigung ergibt, dass 53 die Tatbestandsvoraussetzungen des § 43h S. 1 Hs. 1 nicht oder eine ausnahmsweise Zulassung nach § 43h S. 1 Hs. 2 zulässig ist.
3. Entscheidung der Behörde Nach S. 1 Hs. 2 entscheidet die für die Planfeststellung zuständige Behörde, ob bei Vorliegen 54 der Voraussetzungen des S. 1 Hs. 1 das Vorhaben dennoch als Freileitung ausgeführt werden kann. Die Regelung enthält keine Entscheidungsfrist. Auch wenn öffentliche Interessen einer Ausführung eines Vorhabens als Freileitung nicht 55 entgegenstehen, ist es in das Ermessen der Planfeststellungsbehörde gestellt, ob sie die Errichtung als Freileitung zulässt. Nach § 40 VwVfG hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Dem Vorhabenträger obliegt gegenüber der Behörde nicht die Darlegungslast, dass der Er- 56 richtung als Freileitung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er das Nichtvorliegen entgegenstehender öffentlicher Interessen darlegt. Hier gilt vielmehr der Amtsermittlungsgrundsatz.
V. Rechtsschutz Die Entscheidung über die Verlegung als Erdkabel oder die ausnahmsweise Zulassung als Frei- 57 leitung ergeht mit dem Planfeststellungsbeschluss. Eine separate Antragsbehandlung und Bescheidung eines etwaigen Antrages ist nicht zulässig. Für den Rechtsschutz gelten daher die üblichen Regeln für Rechtsmittel gegen Planfeststellungsbeschlüsse.
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§ 43i Überwachung (1) Die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde hat durch geeignete Überwachungsmaßnahmen sicherzustellen, dass das Vorhaben im Einklang mit den umweltbezogenen Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung durchgeführt wird; dies gilt insbesondere für Bestimmungen zu umweltbezogenen Merkmalen des Vorhabens, dem Standort des Vorhabens, für Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden sollen, für bodenschonende Maßnahmen sowie für Ersatzmaßnahmen bei Eingriffen in Natur und Landschaft. Die Überwachung nach diesem Absatz kann dem Vorhabenträger aufgegeben werden. Bereits bestehende Überwachungsmechanismen, Daten und Informationsquellen können für die Überwachungsmaßnahmen genutzt werden. (2) Die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass das Vorhaben im Einklang mit den umweltbezogenen Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung durchgeführt wird. (3) § 28 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht anzuwenden.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 6 Regelungszweck Entstehungsgeschichte Unionsrechtliche Bezüge
II.
Anwendungsbereich
III. 1.
17 Überwachung (Abs. 1) Umweltbezogene Bestimmungen (Abs. 1 20 S. 1)
1
2. 3.
Auferlegung (Abs. 1 S. 2) 22 Nutzung bestehender Überwachungsmechanis25 men (Abs. 1 S. 3)
IV. 1. 2.
28 Maßnahmen (Abs. 2) 29 Auswahlermessen 31 Entschließungsermessen
V.
Verhältnis zur Überwachung im Übrigen
VI.
Rechtsschutz
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 verpflichtet die Genehmigungsbehörde durch geeignete Überwachungsmaßnahmen sicherzustellen, dass das Vorhaben im Einklang mit den umweltbezogenen Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Genehmigung durchgeführt wird. Hs. 2 zählt in der Folge Regelbeispiele für solche umweltbezogenen Bestimmungen auf. Abs. 1 S. 2 ermöglicht der Genehmigungsbehörde eine Ermessensentscheidung, die Über2 wachung dem Vorhabenträger aufzugeben. Abs. 1 S. 3 stellt klar, dass bereits bestehende Überwachungsmechanismen, Daten und 3 Informationsquellen für die Überwachungsmaßnahmen genutzt werden können. Abs. 2 räumt der Genehmigungsbehörde Ermessen ein, Maßnahmen zu treffen, um 4 sicherzustellen, dass die umweltbezogenen Bestimmungen eingehalten werden. Dies stellt eine
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 43i
Eingriffsermächtigung zur Erzwingung rechtmäßiger Zustände dar. Der Genehmigungsbehörde steht dabei ein Auswahl- und Entschließungsermessen zu.1 Abs. 3 stellt klar, dass die allgemeinen Überwachungsvorschriften nach § 28 UVPG nicht 5 anzuwenden sind.
2. Regelungszweck Die Überwachungspflicht umweltbezogener Bestimmungen durch die Genehmigungsbehörde war vor Einführung der Norm nicht im deutschen Recht vorgesehen. Die Norm dient der Umsetzung von Artikel 8a Abs. 4 der geänderten UVP-Richtlinie zur Überwachung bei bestimmten UVP-pflichtigen Vorhaben. Parallelvorschriften, die Orientierung für die Anwendung der Vorschrift bieten können, bestehen dementsprechend im UVPG. Im UVPG wurde bei Umsetzung der Richtlinien eine allgemeine Überwachungspflicht nach § 28 UVPG und eine spezielle für Leitungen, u. a. Rohrleitungsvorhaben, nach § 68 UVPG geschaffen, während § 43i EnWG speziell für Energieleitungen diese Regelungen verdrängt. Die Überwachung dient der Erkennung von negativen Entwicklungen von erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen. Anhand der Ergebnisse der Überwachung können gegebenenfalls entsprechende, angemessene Abhilfemaßnahmen ergriffen werden.2 Im Kern bezweckt die Norm damit die Schaffung rechtmäßiger Zustände und stärkt dafür die Rolle der Genehmigungsbehörden gegenüber den Vorhabenträgern, indem sie die Kompetenz verleiht, überwachungsbezogene Anordnungen treffen zu können. In der Praxis besteht die große Herausforderung des Auseinanderfallens von Fach- und Anordnungskompetenz. Die Genehmigungsbehörden sind keine Fachbehörden für Umweltbelange. Sie verfügen nicht über eigene Überwachungsmechanismen und Ressourcen vor Ort. Sie sind insoweit darauf angewiesen, die Aufgabe den Vorhabenträgern auferlegen zu können und zugleich auf die Fachkompetenz der für die jeweiligen Umweltbelange zuständigen örtlichen Fachbehörden mit ihren etablierten Überwachungsmechanismen für die jeweiligen Belange zurückgreifen zu können. Sie sind damit – wie schon bei der Abfassung von Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung – auf die Fachkompetenz der für die jeweiligen Umweltbelange zuständigen Fachbehörden angewiesen, um Hinweise auf Defizite bei der Umsetzung eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung überprüfen und sachgerechte Anordnungen treffen zu können. Dieser Herausforderung trägt die Norm auf vielfältige Weise Rechnung. Insofern bezwecken insbesondere die Möglichkeit dem Vorhabenträger die Überwachung aufzuerlegen und die Klarstellung der Nutzbarkeit bestehender Überwachungsmechanismen eine Handhabbarkeit der Überwachung.
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3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Abs. 6 Nr. 7 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts 11 der Umweltverträglichkeitsprüfung3 vom 20. Juli 2017 mit Wirkung vom 29. Juli 2017 unter Verweis auf die Umsetzung der o. g. Richtlinien geschaffen.4 Die Norm wurde erst mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus5 12 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 in die Inhaltsübersicht des EnWG aufgenom1 2 3 4 5
BT-Drucks. 18/11499, S. 119. BT-Drucks. 18/11499, S. 119. BGBl. I 2017 S. 2808. Vgl. Rn 7 und 8. BGBl. I 2019 S. 706.
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§ 43i EnWG
III. Überwachung (Abs. 1)
men. Zugleich erfuhr der erste Satz des ersten Absatzes durch Art. 1 Nr. 25 dieses Gesetzes eine Änderung. Dabei wurden nach den Wörtern „ausgeglichen werden sollen,“ die Wörter „für bodenschonende Maßnahmen“ eingefügt. Die Einfügung dieses weiteren Regelbeispiels geht auf Beschluss des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie zurück.6
4. Unionsrechtliche Bezüge 13 Die Norm dient der Umsetzung von Europarecht, genauer der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 2014/52/ EU7 und der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme.8 Die Norm dient dabei konkret der Umsetzung von Artikel 8a Abs. 4 der geänderten UVP-Richtlinie zur Überwachung bei bestimmten UVP-Pflichtigen Vorhaben.
II. Anwendungsbereich 14 Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Norm nur planfestgestellte und plangenehmigte Energieleitungen betrifft. Der ganz überwiegende Teil der Energieinfrastruktur ist historisch gewachsen und stammt aus einer Zeit vor Einführung der Planfeststellungs- bzw.- Plangenehmigungspflicht. Damit wird nur ein geringer Bruchteil des Bestands an Energieleitungen von der Norm adressiert. Betroffen sind damit allerdings alle neueren Stromleitungen, die dem Netzausbau für die Energiewende zugerechnet werden können. 15 Die Norm betrifft nicht nur Vorhaben in Landeszuständigkeit. Über den Verweis in § 18 Absatz 5 (zuvor Absatz 3 Satz 2) des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) gilt die Norm auch für Planfeststellungsverfahren von Vorhaben, die in dessen Anwendungsbereich fallen. Angesichts bislang fehlender Planfeststellungsbeschlüsse der Bundesnetzagentur für Energieleitungen hat sich die Frage nach der Anwendung der Norm in diesem Kontext noch nicht gestellt. Sie dürfte für den Bund deutlich schwieriger zu handhaben sein als für die Länder, bei denen z. B. innerhalb einer Bezirksregierung ein Planfeststellungsdezernat mit einem Naturschutzdezernat im selben Hause und dessen aufsichtlichem Zugriff auf die unteren Naturschutzbehörden zusammenarbeiten kann. Dem Bund fehlt es an einer vergleichbaren Naturschutzverwaltung vor Ort. Inwieweit die Bundesnetzagentur eigene Überwachungskompetenz und damit Fachkompetenz für die Umweltbelange aufbaut, bleibt abzuwarten. 16 § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG verweist auf die Regelungen in Teil 5 des EnWG, so dass § 43i auch für Planfeststellungsverfahren i. S. d. NABEG gilt.9
III. Überwachung (Abs. 1) 17 Die Norm verpflichtet die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde zur Überwachung. Dies ist die zuständige Planfeststellungsbehörde, die zugleich Plangenehmigungsbehörde ist.
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BT-Drucks. 19/8913, S. 28. ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1. ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30. Kment/Turiaux, § 43i Rn 1.
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3. Nutzung bestehender Überwachungsmechanismen (Abs. 1 S. 3)
EnWG § 43i
Die Überwachung ist nur auf die umweltbezogenen Bestimmungen des Planfeststellungsbe- 18 schlusses oder der Plangenehmigung bezogen. Die technische Energieaufsicht ist separat geregelt (§ 49). Absatz 1 hat drei Sätze, die alle auf die Erkennung negativer Entwicklungen ausgerichtet 19 sind: – Nennung umweltbezogener Bestimmungen, – Auferlegung der Überwachung, – Nutzung bestehender Überwachungsmechanismen.
1. Umweltbezogene Bestimmungen (Abs. 1 S. 1) Die umweltbezogenen Bestimmungen werden in der Norm nicht abschließend genannt. Es wer- 20 den weder Normen noch bestimmte Umweltmedien genannt. Insofern bleibt der Begriff ein auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff. In Abs. 1 S. 1 Hs. 2 werden Regelbeispiele für umweltbezogene Bestimmungen aufgezählt. 21 Genannt werden Bestimmungen zu umweltbezogenen Merkmalen und der Standort des Vorhabens, Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden sollen, für bodenschonende Maßnahmen sowie für Ersatzmaßnahmen bei Eingriffen in Natur und Landschaft. In Betracht kommen damit insbesondere Bestimmungen, die Vermeidungsmaßnahmen für den Vogelschutz an Freileitungen zur Vermeidung der Realisierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände, das Bodenmanagement bei Erdkabeln und Ausgleichmaßnahmen nach der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung betreffen. Die nachträgliche Einfügung der bodenschonenden Maßnahmen doppelt in gewisser Weise die Vermeidungsmaßnahmen, da eine schonende Bauausführung ja auch Eingriffe in den Boden minimiert.
2. Auferlegung (Abs. 1 S. 2) Die Verpflichtung zur Überwachung kann dem Vorhabenträger auferlegt werden. Darin gleicht 22 § 43i Abs. 1 S. 2 den insoweit ähnlich gestalteten § 68 Abs. 2 UVPG und § 28 Abs. 1 S. 2 UVPG. Die Delegation der Überwachungsverantwortung beinhaltet die Selbstverständlichkeit, dass 23 sich der Infrastrukturbetreiber nicht nur bei der Errichtung, sondern auch im Betrieb an die Genehmigung hält und die Infrastruktur, die er betreibt, entsprechend überwacht. Die Delegation der Überwachungsverantwortung befreit gleichwohl die Genehmigungsbe- 24 hörde nicht vollständig von ihrer Überwachungsverantwortung. Sie kann dem Vorhabenträger je nach Sachverhalt einmalige oder auch regelmäßige Nachberichte auferlegen, um nicht nur reaktiv auf Berichte Dritter angewiesen zu sein. Soweit sie Kenntnis über Defizite der Eigenüberwachung des Vorhabenträgers durch ernstzunehmende Hinweise erhält, kann sie diese nicht unter Verweis auf die Auferlegung der Überwachung gegenüber dem Vorhabenträger ignorieren. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 3 und Absatz 2 mit der Nutzung vorhandener Überwachungsmechanismen und der vorgesehenen Ermessensausübung.
3. Nutzung bestehender Überwachungsmechanismen (Abs. 1 S. 3) Mit der Klarstellung der Nutzbarkeit bestehender Überwachungsmechanismen stellt der Gesetz- 25 geber darauf ab, dass bereits vielfältige Umweltbelange durch verschiedene Vollzugsbehörden überwacht werden, die nicht von den Genehmigungsbehörden gedoppelt werden müssen. Schließlich bezweckt die Norm die Durchsetzung der Bestimmungen des Planfeststellungsbe375
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§ 43i EnWG
IV. Maßnahmen (Abs. 2)
schlusses bzw. der Plangenehmigung und nicht den Aufbau einer doppelten Überwachungsbehördenstruktur. 26 Die Nutzung bestehender Überwachungsmechanismen setzt zunächst deren Bestehen voraus. Dies kommt im Bereich der Landesverwaltung regelmäßig durch eine Behördenstruktur zum Ausdruck, bei der Ober- und Mittelbehörden wie Bezirksregierungen und Regierungspräsidien nicht nur über Genehmigungsdezernate, sondern auch über Umwelt- und Naturschutzdezernate verfügen, die bei entsprechenden ernstzunehmenden Hinweisen auf ein Defizit hausintern um Bewertung und Stellungnahme gebeten werden können und die wiederum über einen fachaufsichtlichen Zugriff auf untere Umwelt- und Naturschutzbehörden der Kreisverwaltungen verfügen. Insofern kommt das Vorhandensein eines Vollzugsapparates mit einschlägigen Ortskenntnissen als bestehender Überwachungsmechanismus zum Tragen. Gleichfalls von Bedeutung kann auch die Hinzuziehung des Sachverstands weiterer Einrichtungen der Länder sein, wie der Landesumwelt- und Naturschutzämter, staatlicher Vogelschutzwarten sowie staatlich geförderter örtlicher Naturschutzeinrichtungen zur Betreuung bestimmter Schutzgebiete. Entscheidend ist letztendlich die qualifizierte Bewertung eines Sachverhalts durch die Umwelt- und Naturschutzbehörden als Entscheidungsgrundlage für die Genehmigungsbehörden. Sollten aufgrund des Fehlens einschlägiger naturschutzfachlicher Bewertungsmaßstäbe Unklarheiten über die Einhaltung von Vorgaben eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung bestehen, die sich auch nicht durch Hinzuziehung externen Sachverstands beheben lassen, so kann in diesen Fällen eine behördliche naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zum Tragen kommen.10 Die Klarstellung kann hingegen nicht vor dem Aufbau geeigneter Überwachungsmechanis27 men schützen, wo derartige bislang fehlen. Dies trifft absehbar den Bereich der Vorhaben in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur, die anders als Bezirksregierungen oder Regierungspräsidien der Länder über keinen aufsichtlichen Zugriff auf untere Umwelt- und Naturschutzbehörden verfügt. Das Bundesamt für Naturschutz ist insoweit nicht mit dem Vollzugsapparat der Länder vergleichbar. Die Bundesnetzagentur kann insoweit nur auf die Amtshilfe der Landesbehörden bauen, die sie bereits als Träger öffentlicher Belange in die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren maßgeblich eingebunden hat. Für diesen Rückgriff auf die Landesverwaltungen sowie die eigene Nachhaltung der Erkenntnisse werden entsprechende Mechanismen aufzubauen sein, um dem Vollzug der Norm gerecht zu werden.
IV. Maßnahmen (Abs. 2) 28 Bestätigt die Stellungnahme der Überwachungsbehörden das befürchtete Defizit bei der Umsetzung von Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung, ergibt sich daraus eine Handlungsnotwendigkeit für die Genehmigungsbehörde. Das in der Norm vorgesehene Ermessen dürfte sich insoweit auf null reduzieren, da es nicht zu einem Ermessensnichtgebrauch und damit Ermessensausfall kommen darf. Gleichwohl besteht hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen ein Auswahlermessen und ein Entschließungsermessen.
1. Auswahlermessen 29 Gegenüber ordnungsbehördlichem Einschreiten besteht als milderes Mittel regelmäßig die Bitte um Beachtung der Bestimmungen von Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung und Aufforderung zur Stellungnahme gegenüber dem Infrastrukturbetreiber. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass dieser im eigenen Interesse an der Beachtung sämtlicher Vorschriften entsprechend nachsteuert und eigenverantwortlich Abhilfemaßnahmen trifft. 10 BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13 –, BVerfGE 149, 407-421. Fest/Nebel
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VI. Rechtsschutz
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Weigert sich der Infrastrukturbetreiber zu handeln oder reagiert er gar nicht auf die behörd- 30 liche Bitte oder stellt sich die Situation derart dar, dass die Verstöße so kritisch sind, dass ein unmittelbares Handeln geboten ist, kommt das schärfere Schwert einer ordnungsbehördlichen Anordnung entsprechender Maßnahmen in Betracht.
2. Entschließungsermessen Vor Erlass einer behördlichen Anordnung ist der Infrastrukturbetreiber anzuhören. Die Bestim- 31 mungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, hinsichtlich derer ein Verstoß festgestellt wurde, sind dabei zu benennen und die beabsichtigten Maßnahmen, die ihm auferlegt werden sollen, sind hinreichend zu spezifizieren. Gegebenenfalls können Mittel des Verwaltungszwanges nach allgemeinem Verwaltungsrecht angedroht werden. Schließlich kann eine entsprechende Anordnung getroffen werden. 32
V. Verhältnis zur Überwachung im Übrigen Die Klarstellung in Absatz 3, dass die allgemeinen Überwachungsvorschriften nach § 28 UVPG 33 keine Anwendung finden, wirkt nur auf den ersten Blick wie eine redundante Wiedergabe des lex specialis-Grundsatzes. Die Überwachung nach § 28 UVPG wurde als Auffangtatbestand für den Fall konstruiert, dass bundes- oder landesrechtliche Regelungen keine Überwachungsmaßnahmen vorsehen. Insofern ist die Klarstellung zweckmäßig, dass § 28 UVPG nicht ergänzend neben § 43i weitergehende Überwachungsmöglichkeiten eröffnet. Vor Einführung der Norm wurde nicht nur auf das rechtstreue Verhalten der Vorhabenträger 34 gesetzt. Es fanden die generalklauselartig bestehenden Eingriffskompetenzen der Naturschutzbehörden nach den Landesnaturschutzgesetzen Anwendung. Der Anwendungsbereich dieser entfiel mit der Einführung der Norm auch im Bereich der Energieleitungen nicht. Er wird allerdings auf den Bereich jenseits der umweltbezogenen Bestimmungen der Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen beschränkt, z. B. bei nachträglichen Ansiedlungen geschützter und hinsichtlich Energieleitungen sensibler Arten.11
VI. Rechtsschutz Maßnahmen nach Absatz 2 können als Verwaltungsakt ergehen. Die Rechtswegskonzentration 35 zum Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Nr. 6 VwGO adressiert nur Planfeststellungsverfahren, nicht jedoch die Anordnungsverfahren zur Durchsetzung der Bestimmungen eines Planfeststellungsbeschlusses. Für den Rechtsschutz gelten daher die üblichen Regeln für Rechtsmittel.
11 Vgl. hierzu Lau, Rechtsgutachten zum Umgang mit der nachträglichen Ansiedelung von europarechtlich geschützten Arten im Umfeld genehmigter Vorhaben, Juli 2017, http://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/ artenschutz/de/downloads. 377
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§ 43j Leerrohre für Hochspannungsleitungen Bei Vorhaben im Sinne von § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4 können Leerrohre nach § 43 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 in ein Planfeststellungsverfahren einbezogen werden, wenn 1. die Leerrohre im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels verlegt werden und 2. die zuständige Behörde anhand der Umstände des Einzelfalls davon ausgehen kann, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren nach der Planfeststellung zur Durchführung einer Stromleitung im Sinne von § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4 genutzt werden. Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens und des Planfeststellungsbeschlusses sind die Verlegung der Leerrohre, die spätere Durchführung der Stromleitung und deren anschließender Betrieb. Für die Nutzung der Leerrohre zur Durchführung einer Stromleitung und zu deren anschließendem Betrieb bedarf es keines weiteren Genehmigungsverfahrens, wenn mit der Durchführung der Stromleitung innerhalb der Frist des § 43c Nummer 1 begonnen wird und sich die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Merkmale des Vorhabens nicht geändert haben. Die Einbeziehung von Leerrohren nach Satz 1 kann auf einzelne Abschnitte des betroffenen Vorhabens beschränkt werden.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 3 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Anwendungsbereich
III. 1.
18 Tatbestandsvoraussetzungen (S. 1) Räumlicher und zeitlicher Zusammen19 hang
2.
Einzelfallprüfung und Prognoseentschei20 dung
IV. 1. 2. 3.
24 Klarstellungen (S. 2–4) Gleichbehandlung mit Erdkabeln (S. 2) Kein weiterer Genehmigungsbedarf 27 (S. 3) Zulässigkeit der Abschnittsbildung (S. 4)
V.
Rechtsschutz
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 S. 1 bezieht die Norm auf einen Teilbereich der planfeststellungsfähigen Energieleitungen, die vorrangig oder teilweise als Erdkabel (Offshore-Netzanschlüsse und grenzüberschreitende HGÜ mit Seekabeln, HGÜ- und Wechselstrom-Teilverkabelung) planfestgestellt werden müssen oder fakultativ können (Offshore-Hochspannungskabel, Kraftwerksanbindungsleitungen und Hochspannungsleitungen an Land). Dabei räumt die Norm in Hs 1. Ermessen ein, so dass es grundsätzlich dem Vorhabenträger obliegt zu entscheiden, ob er mit den genannten Erdkabel-Vorhaben zugleich Leerrohre mit beantragen und sie somit in die Planfeststellung einbezogen haben möchte. Hs. 2 beinhaltet zwei Voraussetzungen, die Hs. 1 maßgeblich konkretisieren und die Verlegung der Leerrohre an einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erdkabelverlegung sowie eine Leerrohrnutzung für weitere Stromleitungen innerhalb von 15 Jahren nach Planfeststellung knüpfen. 2 S. 2–4 haben Klarstellungscharakter. Sie stellen klar, dass die Leerrohre einschließlich ihrer Nutzung zu Verlegung und Betrieb von Stromleitungen Planfeststellungsgegenstand sind, Fest/Nebel https://doi.org/10.1515/9783110670516-032
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2. Regelungszweck
EnWG § 43j
es für die Nutzung keiner weiteren Genehmigung bedarf und sich die Leerrohrverlegung auch auf einzelne Abschnitte von Vorhaben beziehen kann.
2. Regelungszweck § 43j dient sowohl der Beschleunigung des Netzausbaus durch Erweiterungsmöglichkeit der bereits beschlossenen Netzausbauvorhaben für sich abzeichnenden weitergehenden Bedarf als auch der Minimierung von unvermeidbaren Eingriffen in die Natur bei Erdkabeln. Mit der Ermöglichung einer vorausschauenden Planung von Netzbetreibern und Bundesnetzagentur können auch vorausschauend planerisch wie wirtschaftlich sinnvolle Vorhabenbündelungen und dadurch Minimierung von Rauminanspruchnahmen und entsprechenden Eingriffen erfolgen.1 Damit einhergehend werden weitere Genehmigungsverfahren und Tiefbaukosten vermieden.2 Die Norm begegnet dem oft in der Diskussion über Netzausbauvorhaben nicht unberechtigten Argument, dass der Zyklus der Netzentwicklungsplanung alle zwei Jahre die Ermittlung neuer Bedarfe bewirkt, die zuweilen in den selben Planungsräumen zu dem bereits beschlossenen Bedarf hinzutreten und weitere Eingriffe bewirken. Insofern sehen sich Übertragungsnetzbetreiber und Genehmigungsbehörden aufgrund des rechtlichen Rahmens wiederholt dem Vorwurf einer Salami-Taktik ausgesetzt. Indirekt dient die Norm damit auch der Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz des Netzausbaus. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein mehrmaliger sukzessiver Eingriff in denselben Planungsraum höhere Widerstände auslöst als ein einmaliger Eingriff und dementsprechend der einmalige Eingriff unter Verwendung von Leerrohren eine insgesamt höhere gesellschaftliche Akzeptanz des Netzausbaus bewirkt. Der Gesetzgeber hat dem gegen dieses vorausschauende Handeln absehbaren Einwand unzulässiger Vorratsplanung auf verschiedene Weise Rechnung getragen und die neue Regelung bewusst davon abgegrenzt.3 Dies ist zunächst in der Norm selbst erfolgt, indem gleich zu Anfang durch die Bezugnahme deutlich wird, dass sie auch der Konkretisierung der Planfeststellung von Leerrohren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 dient, in dem sie diese an weitere Voraussetzungen knüpft. Dies sind die o. g. zwei kumulativen Voraussetzungen nach Satz 1 des Zusammenhangs mit einem obligatorisch planfeststellungspflichtigen, energiewirtschaftlich notwendigen Erdkabel sowie der in einer Einzelfallprüfung zu treffenden Prognoseentscheidung über die Nutzung innerhalb von 15 Jahren. Damit knüpft der Gesetzgeber auch ohne ausdrückliche Nennung an die zeitliche Perspektive von Szenariorahmen und Netzentwicklungsplanung Strom nach § 12a Absatz 1 Satz 2 und § 12b Absatz 1 Satz 2 an.4 Die Norm bezweckt damit letztlich eine bessere Umsetzbarkeit der Netzentwicklungsplanung. Weitergehende Vorkehrung gegen den Einwand unzulässiger Vorratsplanung ist die Klarstellung nach Satz 2, dass – der Prognose der Nutzung innerhalb von 15 Jahren entsprechend – mit den Leerrohren auch deren Nutzung für Verlegung und Betrieb der Stromleitung Planfeststellungsgegenstand ist. Damit wird das Leerrohr bereits fiktiv wie eine Stromleitung und damit planfeststellungspflichtige Hauptanlage nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder planfeststellungsfähige Anlage nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4 behandelt. Die Nutzung von Leerrohren unterfällt somit denselben Anforderungen und bietet keinen Anreiz für die Vorhabenträger, weitere Leitungen unter reduzierten Anforderungen zu präjudizieren. Insofern ist die weitere Klarstellung der Entbehrlichkeit einer zusätzlichen Genehmigung der Stromleitung nach Satz 3 nur konsequent. Die Norm bezweckt damit vielmehr die frühzeitige Bündelung verschie-
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Feicht, N&R 2019, 65. Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1434. Ruge, ER 2019,135, 137 m. w. N. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198.
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§ 43j EnWG
I. Allgemeines
dener gleichermaßen notwendiger und zu genehmigender Leitungsvorhaben für unterschiedliche Zieljahre. 7 Der Norm wird entgegen gehalten, sie bezwecke, die zeitliche Perspektive einer reinen Bedarfsplanung auf eine Planungsstufe zu übertragen, die einen hohen Detaillierungsgrad für Bau und Betrieb erfordert, so dass schwer einzuschätzen sei, in welchem Maße veränderte Merkmale des Vorhabens eine erneute Prüfung bedingen.5 Zwar sind unzählige Vorhaben bekannt, die nachträgliche Modifikationen erfahren haben, oft wegen Änderungen der Gesetzeslage aufgrund neuer politischer Weichenstellungen unter Beabsichtigung oder Inkaufnahme verzögernder Umplanungen. Insofern ist die Neuregelung genauso wenig vor neuer demokratischer Willensbildung geschützt wie der Rest des Gesetzes. Unterhalb dieses allgemeinen Lebensrisikos erscheint die Gefahr einer Fehlplanung jedoch relativ gering, da für wesentliche veränderte Merkmale des Vorhabens noch nicht absehbare Technologiesprünge in der Kabeltechnik dazu führen müssten, dass nun ganz andere Kabel anderer Beschaffenheit die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen. 8 Die Norm ist auch ohne ausdrücklichen Bezug im Kontext der parallel neu eingeführten Kennzeichnungsmöglichkeit nach § 2 Absatz 8 BBPlG zu sehen. Die Einzelfallprüfung nach Satz 1 Nr. 2 ist jedoch nicht an die Kennzeichnung geknüpft, wie nicht zuletzt Satz 4 – mit der ausdrücklichen Möglichkeit nur auf einzelnen Abschnitten Leerrohre zu nutzen – verdeutlicht. 9 Die Norm bewirkt zusammen mit den weiteren, Leerrohre betreffenden, Normen von EnWG und NABEG zudem eine weitergehende Annäherung zwischen der Verkehrswegeplanung und der Stromnetzplanung. Die Verkehrswegeplanung kennt schon länger die Differenzierung zwischen einem vordringlichen und einem weitergehenden Bedarf mit Planungsrecht. Die Stromnetzplanung verfügte bereits bislang über die Differenzierung zu einem energiewirtschaftlichen Bedarf, zu einem Zieljahr und zu einem gerechneten mittleren Szenario über fünf weitere Jahre, die stets in der Bedarfsplanung unberücksichtigt blieben. Mit der neuen Norm wurde eine Möglichkeit geschaffen, zumindest den erdkabelbetreffenden Teil dieser weitergehenden Berechnung berücksichtigen zu können.
3. Entstehungsgeschichte 10 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus6 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 eingefügt. 11 Dem Gesetzgebungsverfahren war ein von der Bundesregierung initiierter Stakeholderprozess der dena mit dem Beratungsunternehmen BET vorangegangen, bei dem in der Diskussion mit Übertragungsnetzbetreibern, Bundes- und Landesbehörden die Frage der Ermöglichung vorausschauender Planung über Leerrohre als eine Maßnahme mit Beschleunigungspotenzial identifiziert wurde. Daraus folgte die Aufnahme in den Gesetzentwurf der Bundesregierung7 sowohl für die fakultative Planfeststellung in Zuständigkeit der Länder nach § 43 S. 3 a. F. zusammen mit weiteren Nebenanlagen als auch spiegelbildlich in Zuständigkeit des Bundes nach § 18 Abs. 3 NABEG. Infolge der Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2019, der eine Ergänzungen 12 von § 43 in weiteren Punkten sowie eine obligatorische Planfeststellungsfähigkeit von Leerrohren als Hauptanlage enthielt und der demgegenüber ablehnenden Gegenäußerung der Bundesregierung vom 20.2.2019 verschob sich die fakultative Planfeststellungsfähigkeit im Rahmen der Neustrukturierung von § 43 nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6, nun getrennt von Nebenanlagen nach Nr. 1.8 Die konkretisierende Norm § 43j blieb davon unberührt. Die Planfeststellungsfähigkeit 5 6 7 8
Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198. BGBl. I 2019 S. 706. BT-Drucks. 19/7375, S. 12f und 20 f. BT-Drucks. 19/7914, S. 4 f und 34.
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II. Anwendungsbereich
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von Leerrohren an sich erwies sich im Gesetzgebungsverfahren mithin als unstreitig. Dies zeigt auch der zweite Beschluss des Bundesrates vom 12. April 2019, in dem die Endfassung des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes ausdrücklich zu diesem Punkt begrüßt wird.9
II. Anwendungsbereich Zunächst ist zu berücksichtigen, dass es nach § 43j S. 1 mit der Einräumung einer Ermessensentscheidung grundsätzlich dem Vorhabenträger überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er mit den genannten Erdkabel-Vorhaben zugleich Leerrohre mit beantragen und sie somit in die Planfeststellung einbezogen haben möchte. Dieses Ermessen wird jedoch durch mehrere Regelungen in und außerhalb der Norm wieder eingeschränkt. Eine erste Einschränkung des Anwendungsbereichs bewirkt zunächst in Satz 1 die Bezugnahme auf obligatorisch planfeststellungspflichtige Vorhaben nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4, also Offshore-Netzanschlüsse und grenzüberschreitende HGÜ mit Seekabeln, HGÜund Wechselstrom-Teilverkabelung, da diese wiederum vorangehende Entscheidungen des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrografie zu Offshore-Windenergie und Anbindungsleitungen sowie grenzüberschreitenden Seekabeln voraussetzt bzw. hinsichtlich Nr. 4 direkt auf das Bundesbedarfsplangesetz und damit eine Entscheidung des Bundesgesetzgebers Bezug nimmt. Die zweite Alternative ist die Bezugnahme zu fakultativ planfeststellungsfähigen Vorhaben nach § 43 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, also Offshore-Hochspannungskabeln, Kraftwerksanbindungsleitungen und Hochspannungsleitungen an Land. Bei Vorhaben, bei denen eine Planfeststellung lediglich fakultativ zulässig ist, besteht das Erfordernis der Planfeststellung nur, wenn diese vom Vorhabenträger beantragt worden ist. Wenn der Vorhabenträger in diesem fakultativen Bereich keinen Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens stellt, so richtet sich die Genehmigungsfähigkeit nach den ansonsten einschlägigen Gesetzen und Verordnungen.10 Soweit der Vorhabenträger keinen Antrag auf Planfeststellung stellt, ist er an die Vorgaben der §§ 43 ff nicht gebunden und auch nicht an die Vorgaben des § 43j. Eine weitergehende Einschränkung des Ermessens des Übertragungsnetzbetreibers ergibt sich auch ohne ausdrücklichen Bezug aus der parallel neu eingeführten Kennzeichnungsmöglichkeit nach § 2 Absatz 8 BBPlG. Wenn der Gesetzgeber eine Kennzeichnung eines energiewirtschaftlich notwendigen Vorhabens mit dem Buchstaben „H“ als Leitung mit energiewirtschaftlicher Notwendigkeit und vordringlichem Bedarf an Leerrohren vornimmt, wie dies auf Grundlage des Netzentwicklungsplans – bereits mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus parallel für das in die Zuständigkeit der BNetzA fallende Vorhaben BBPlG Nr. 5 (sog. Süd-Ost-Link, Wolmirstedt-Isar) erfolgte ist, so bewirkt die gleichzeitig fortbestehende Verpflichtung der Übertragungsnetzbetreiber zum bedarfsgerechten Netzausbau nach § 11 eine entsprechende Lenkung bzw. Reduzierung des Antragsermessens. Die entsprechende Leerrohrkennzeichnung bei Vorhaben Nr. 5 ist mit dem BBPlG 2021 wieder entfallen, da diese durch ein neues Vorhaben Nr. 5a ersetzt wurde, dass dem anderslautenden nördlichen Netzverknüpfungspunkt (Klein Rogahn) Rechnung trägt. Mit Ausnahme des weiter nördlich gelegenen Endpunkts und des relativ frühen Zeitpunkts eines Wechsels von der Leerrohrplanung zur Nutzung der bereits geplanten Trasse für einen nachgelagert bestätigten Bedarf bestätigt die Gesetzgebung damit den Sinn und Zweck der Leerrohrregelung. Ein Praxisbeispiel für einen Leerrohr-Anwendungsbereich jenseits der Kennzeichnung auf Grundlage der Einzelfallprüfung nach Satz 1 Nr. 2 und zugleich der Klarstellung zur abschnittsweisen Leerrohrnutzung könnte ist die Planung der Amprion GmbH mit der Bündelung des für das Jahr 2025 geplanten Vorhabens BBPlG Nr. 1 (sog. A-Nord, Emden-Osterath) mit den 9 BR-Drucks. 150/19, S. 2. 10 Vgl. § 43 Rn 50 ff. 381
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III. Tatbestandsvoraussetzungen (S. 1)
zwei für die Jahre 2028 und 2030 geplanten Offshore-Anbindungsleitungen NOR 3–2 und NOR 7–2 zwischen Emden und dem Netzverknüpfungspunkt Hanekenfähr (bei Lingen auf rund einem Drittel des Korridors A-Nord) darstellen. Diese würde bewirkt allerdings angesichts der BNetzAZuständigkeit für den Korridor A-Nord über § 18 Abs. 3 NABEG eine Konzentration der Zuständigkeit für die damit gebündelten Offshore-Anschlüsse bei der BNetzA zu Lasten des ansonsten zuständigen Landes Niedersachsen bewirkenauf dem Teilabschnitt, der der Gesetzgeber 2021 durch Aufnahme der gegenständlichen Offshore-Anbindungsleitungen in den Bundesbedarfsplan (Nr. 78 und 79) Rechnung getragen hat. Angesichts der Ende 2015 erfolgten Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, alle neuen Hochspannungs-Gleichstromtrassen vorrangig erdzuverkabeln und der Entscheidung der Bundesregierung Ende 2019, den Ausbau der OffshoreWindenergie weiter zu erhöhen, sind zahlreiche weitere Erdkabel-Fälle wahrscheinlich, die allerdings überwiegend in die Zuständigkeit der BNetzA und unter die NABEG-Regelungen für Leerrohre fallen dürften. Für Leerrohre in Landeszuständigkeit nach § 43j hatte die Bundesregierung insbesondere Fälle der vorausschauenden Bündelung von zeitlich aufeinander folgenden Offshore-Netzanschlüssen im Blick.11 Wann sich ein erster Praxisfall für § 43j ergibt, bleibt abzuwarten.
III. Tatbestandsvoraussetzungen (S. 1) 18 Gemäß § 43j Hs. 1 bedarf es zunächst eines nach den in Bezug genommenen obligatorisch oder fakultativ planfeststellungsfähigen Erdkabelvorhaben, um eine Leerrohr-verlegung mitbeantragen und mitgenehmigen zu können. Daran schließen zwei tatbestandliche Voraussetzungen nach Hs. 2 an: – Räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels, – Einzelfallprüfung und Prognoseentscheidung.
1. Räumlicher und zeitlicher Zusammenhang 19 Der Gesetzgeber hat die Anwendung des § 43j auf Fälle des räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit der Baumaßnahme eines Erdkabels beschränkt, ohne diesen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang im Gesetz oder dessen Begründung näher zu bestimmen. Angesichts des hohen Koordinationsaufwandes von kilometerlangen Erdkabelbaustellen dürfte ein hoher ökonomischer Anreiz für die Übertragungsnetzbetreiber bestehen, die Bauarbeiten gleichzeitig durchzuführen und die Kabeltrasse zugleich möglichst schmal zu halten. Es dürfte insoweit genügen, wenn die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger im Einzelfall die Mitverlegung der Leerrohre mit den jeweiligen Bauarbeiten für das Erdkabel als Auflage zum Planfeststellungsbeschluss festlegt. Hinsichtlich des räumlichen Zusammenhangs kann davon ausgegangen werden, dass ein kurzer Abzweig von der gebündelten Trasse zu einem Netzverknüpfungspunkt noch im räumlichen Zusammenhang steht und kein neues Zulassungsverfahren auslösen soll. Andernfalls würde bei abweichenden Start- und Endpunkten nur die gebündelte Trasse beschleunigt, während die Leitung zu und von der gemeinsamen Stammstrecke die Beschleunigungsintention durch weitere Zulassungsverfahren konterkarieren könnten. Allerdings darf der sich auch bei Zu- und Abfahrt zu einer gemeinsamen Stammstrecke ergebende räumliche Zusammenhang nicht zu weit verstanden werden. Eine Orientierung bietet hier der Trassenbegriff im Kontext der Verzichtsmöglichkeit auf Bundesfachplanung nach § 5b NABEG in Verbindung mit der Begriffsbestimmung für Parallelneubauten nach § 3 Nr. 5 NABEG.
11 BT-Drucks. 19/7375, S. 58 f. Fest/Nebel
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1. Gleichbehandlung mit Erdkabeln (S. 2)
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2. Einzelfallprüfung und Prognoseentscheidung Die zweite Tatbestandsvoraussetzung, dass die zuständige Behörde anhand der Umstände des Einzelfalls davon ausgehen können muss, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren nach der Planfeststellung zur Durchführung einer Stromleitung im Sinne von § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4 genutzt werden, ist ungleich komplexer. Sie erfordert zunächst eine gut nachvollziehbare Darlegung des Antragstellers in den Antragsunterlagen, die der Planfeststellungsbehörde die Prüfung im Einzelfall und eine entsprechende Prognoseentscheidung ermöglicht. Dies ist zunächst in denjenigen Fällen unproblematisch, in denen der Gesetzgeber die Kennzeichnung für Leerrohre im Bundesbedarfsplan vorgenommen hat12 und schlicht auf diese verwiesen werden kann. In den Fällen, in denen keine gesetzliche Kennzeichnung vorliegt, kann zunächst unmittelbar auf die Netzentwicklungspläne zurückgegriffen werden.13 Dies drängt sich zunächst bei von der Bundesnetzagentur bestätigten Netzentwicklungsplänen auf, die noch keinen Eingang in das Bundesbedarfsplangesetz gefunden haben. Sie verfügen aufgrund der Lastflussrechnungen der Übertragungsnetzbetreiber und der Nachprüfung der BNetzA durch eigene Lastflussrechnungen unter Zuhilfenahme eines einschlägig erfahrenen elektrotechnischen Universitätsinstituts über hinreichend fachlich fundierte Aussagekraft, auf die sich eine Planfeststellungsbehörde bei ihrer Prognose bedenkenlos stützen kann. Dies gilt umso mehr, da die gesetzliche Regelung der Netzentwicklungsplanung in § 12b die Berechnung die Ermittlung der Bedarfe für unterschiedliche Zieljahre vorsieht, aber letztlich nur ein Zieljahr Eingang in Bedarfsplangesetzgebung findet. Für den zunächst in der Bedarfsgesetzgebung unberücksichtigt bleibenden Teil der Netzentwicklungsplanung wurde die Leerrohrgenehmigungsmöglichkeit geschaffen. Gerade für den Bereich der stets besonders zeitkritischen Offshore-Netzanschlüsse drängt sich hierbei die Leerrohrnutzung auf, auch wenn der weitere Ausbau der Offshore-Windenergie in den Szenarien schon weitergehend berechnet wird, als der Gesetzgeber ihn bislang im Förderrecht des EEGs geregelt hat. Es kann angesichts des vorgegebenen 15-Jahre Zeithorizonts seitens der Planfeststellungsbehörden davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber seine Offshore-Ziele wie schon viele vorangehende energiepolitische Ziele fortschreibt. Schwieriger darzulegen und behördlich nachzuvollziehen, aber nicht gänzlich ausgeschlossen, erscheint die Berücksichtigung von Fällen, die zwar Gegenstand eines im Entwurf vorliegenden, aber noch nicht bestätigten Netzentwicklungsplans oder nur Gegenstand weiterer netztechnischer Gutachten sind. Angesichts des Zeithorizonts der Netzentwicklungsplanung erscheint es zweckmäßig, diese zumindest bis zur Abfassung des Planfeststellungsbeschlusses abzuwarten und das Verfahren hinsichtlich der Leerrohre bis dahin unter dem Vorbehalt der Bestätigung des Bedarfs durchzuführen.
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IV. Klarstellungen (S. 2–4) Die Sätze 2 bis 4 weisen Klarstellungscharakter auf.
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1. Gleichbehandlung mit Erdkabeln (S. 2) Die Aussage in S. 2, dass neben der Verlegung der Leerrohre die spätere Durchführung der 25 Stromleitung und deren anschließender Betrieb Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens und des Planfeststellungsbeschlusses sind, ist die logische Konsequenz aus der Tatbestandsvo12 Vgl. Rn 16. 13 Vgl. Rn 5 und 17. 383
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V. Rechtsschutz
raussetzung einer Prognose nach S. 1, Hs. 2 Nr. 2, dass die Behörde davon ausgehen können muss, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren genutzt werden. Wenn man von der Nutzung der Leerrohre ausgeht, dann muss man sie letztlich auch so prüfen, wie wenn sie genutzt würden. 26 In der Folge ergibt sich für die Prüfung der Zulässigkeit der Leerrohre kein anderes Prüfprogramm als für die Erdkabel selbst. Gerade hierin liegt die Vereinfachung und Beschleunigungswirkung der Norm: es werden im selben Planungsraum dieselben Umwelteinwirkungen zu untersuchen, dieselben Belange zu prüfen und im Antrag aufzubereiten und letztlich abzuwägen sein. Die wesentliche Änderung gegenüber den Einzelvorhaben liegt in der größeren Trassenbreite.
2. Kein weiterer Genehmigungsbedarf (S. 3) 27 Die Aussage in S. 3, dass es für die Nutzung der Leerrohre zur Durchführung einer Stromleitung und zu deren anschließendem Betrieb keines weiteren Genehmigungsverfahrens bedarf, wenn mit der Durchführung der Stromleitung innerhalb der Frist des § 43c Nummer 1 begonnen wird und sich die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Merkmale des Vorhabens nicht geändert haben, ist die logische Konsequenz aus den beiden vorangehenden Sätzen. Wenn man von der Nutzung der Leerrohre ausgeht und sie entsprechend wie Stromleitungen genehmigt, dann gibt es grundsätzlich keinen weiteren Genehmigungsbedarf. 28 Auch die mit dem Satz verbundene Klarstellung, dass dafür die Frist nach § 43c von zehn Jahren mit 5 Jahren Verlängerungsmöglichkeit gewahrt werden muss, entspricht letztlich der Tatbestandsvoraussetzung der 15-Jahresprognose nach Satz 1. Schließlich beinhaltet die vermeintliche Bedingung der Wahrung der Merkmale des Vorhabens letztlich die Selbstverständlichkeit, dass die Nutzung der Genehmigung von der Genehmigung gedeckt sein muss. Die Wahrscheinlichkeit der Merkmalsänderung dürfte gering sein.14
3. Zulässigkeit der Abschnittsbildung (S. 4) 29 Satz 4 wurde spiegelbildlich zu § 18 Abs. 3 Satz 6 NABEG vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Praxisfalls eingeführt.15 Bei näherer Betrachtung ergibt sich bereits aus der Zulässigkeit der Abschnittsbildung im Rahmen der Planfeststellung von Energieleitungen und der Gleichbehandlung von Leerrohren mit Erdkabeln, dass für Leerrohre insoweit nichts anderes gelten kann. Es erscheint angesichts der Praxisrelevanz jedoch eine sinnvolle Klarstellung zu sein.
V. Rechtsschutz 30 Die Entscheidung über die Verlegung von Leerrohren ergeht mit dem Planfeststellungsbeschluss für das im Zusammenhang stehende Erdkabel. Insofern richtet sich der Rechtsweg für das Leerrohr akzessorisch nach dem Rechtsweg für das Erdkabel. Bei Vorhaben des Bundesbedarfsplanes oder Energieleitungsausbaugesetzes ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO der Weg zum Bundesverwaltungsgericht vorgesehen. Im Übrigen würde die Überprüfung nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erstinstanzlich vor dem jeweils zuständigen Oberverwaltungsgericht erfolgen.
14 Vgl. dazu auch Rn 7. 15 Vgl. Rn 17. Fest/Nebel
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§ 43k Zurverfügungstellung von Geodaten 1 Soweit für die Planfeststellung, die Plangenehmigung oder das Anzeigeverfahren Geodaten, die bei einer Behörde oder einem Dritten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind, benötigt werden, sind diese Daten auf Verlangen dem Vorhabenträger, den von ihm Beauftragten oder den zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder für die Zwecke der Planfeststellung, der Plangenehmigung oder des Anzeigeverfahrens zur Verfügung zu stellen. 2Der Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 5 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz kann die Herausgabe von Geodaten verweigern, wenn diese Daten besonders schutzbedürftig sind. 3Der Betreiber kann in diesem Fall die Geodaten über ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stellen, wenn ihm die Datenhoheit über seine Geodaten garantiert wird. 4Die §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes und entsprechende Regelungen des Landesrechts bleiben unberührt.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Parallelvorschrift § 31 Abs. 4 NABEG
III.
Inhalt
1. 1 2. 3.
6 8
4.
Zurverfügungsstellungspflicht von Geodaten 9 (S. 1) 13 Verweigerungsbefugnis (S. 2) Zurverfügungstellen im geeigneten Verfahren 16 (S. 3) 19 Kein Ausschluss der §§ 8,9 UIG (S. 4)
9
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm S. 1 verpflichtet Behörden und Dritte, im Rahmen eines Planfeststellungs-, Plangenehmigungs- oder 1 Anzeigeverfahrens auf Verlangen notwendige Geodaten zur Verfügung zu stellen. Nach S. 2 kann der Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen die Herausgabe be- 2 sonders schutzwürdiger Geodaten verweigern und diese gemäß S. 3 über ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stellen. S. 4 bestimmt, dass die §§ 8 und 9 UIG sowie entsprechende landesrechtliche Regelungen 3 von § 43k unberührt bleiben.
2. Regelungszweck Im europarechtlichen Kontext setzt § 43k – ebenso wie die Parallelvorschrift des § 31 Abs. 4 4 NABEG – die Vorgaben der INSPIRE-Richtlinie1 um.2 Nach Art. 1 Abs. 1 der INSPIRE-Richtlinie hat diese zum Ziel, allgemeine Bestimmungen für die Schaffung der Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft für die Zwecke der gemeinschaftlichen Umweltpolitik sowie anderer politischer Maßnahmen oder sonstiger Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können, zu erlassen. 1 Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE).
2 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 31 Abs. 4 NABEG (BT-Drucks. 19/7375, S. 47), auf welche der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie für § 43k verweist (BT-Drucks. 19/9027, S. 15). 385 https://doi.org/10.1515/9783110670516-033
Riese
§ 43k EnWG
5
III. Inhalt
§ 43k soll daher sicherstellen, dass die bei den zuständigen Behörden vorhandenen Geodaten dem Vorhabenträger, den von ihm Beauftragten oder den zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder für die Zwecke der Planfeststellung, der Plangenehmigung oder des Anzeigeverfahrens auf Verlangen zur Verfügung stehen und übermittelt werden.3
3. Entstehungsgeschichte 6 § 43k wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 mit Wirkung vom 17.5.2019 neu in das EnWG eingefügt.4 Weder der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie5 noch der 7 Gesetzentwurf der Bundesregierung6 sahen die Einfügung des § 43k vor; diese fand erstmalig in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie7 sowie dem zugehörigen Bericht8 Erwähnung.
II. Parallelvorschrift § 31 Abs. 4 NABEG 8 § 43k entspricht inhaltlich der Regelung des § 31 Abs. 4 NABEG.9 Wie auch § 43k wurde § 31 Abs. 4 NABEG im Rahmen des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 neu eingefügt. Der Unterschied zwischen beiden Vorschriften besteht lediglich im jeweiligen Anwendungsbereich. Für Vorhaben, die nach dem EnWG zugelassen werden, ist § 43k einschlägig.10
III. Inhalt 1. Zurverfügungsstellungspflicht von Geodaten (S. 1) 9 Gemäß Art. 3 Nr. 2 der INSPIRE-Richtlinie sind Geodaten alle Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet. Nach S. 1 müssen die Geodaten bei einer Behörde oder einem Dritten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sein. Für die Verpflichtung eines Dritten ist es dabei erforderlich, dass dieser die Geodaten zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe erhoben oder erlangt hat.11 Dass die Geodaten gemäß S. 1 für die Planfeststellung, die Plangenehmigung oder das Anzei10 geverfahren benötigt werden müssen, dürfte nicht restriktiv auszulegen sein. Im Sinne einer richtlinienkonformen12 Auslegung des S. 1 sind daher allenfalls solche Geodaten als nicht benötigt anzusehen, die gar keinen räumlichen Bezug zum Vorhaben oder offensichtlich keinen Nutzen für das Verfahren haben. Benötigte Geodaten können beispielsweise Kreuzungen mit anderen Infrastrukturen wie Gas- und Wasserversorgung, Telekommunikationsleitungen und Produktleitungen betreffen.13
3 Vgl. für § 31 Abs. 4 NABEG: BT-Drucks. 19/7375, S. 82. 4 BGBl. I 2019, S. 706. 5 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/referentenentwurf-nabeg.pdf?__blob=publicationFile&v=4. 6 BT-Drucks. 19/7375. 7 BT-Drucks. 19/8913, S. 8, 28. 8 BT-Drucks. 19/9027, S. 15. 9 BT-Drucks. 19/9027, S. 15. 10 BGBl. I 2019, S. 706. 11 BT-Drucks. 19/7375, S. 82. 12 Zum Zweck der INSPIRE-Richtlinie vgl. Rn 4. 13 BT-Drucks. 19/7375, S. 82. Riese
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4. Kein Ausschluss der §§ 8,9 UIG (S. 4)
EnWG § 43k
Zum Kreis der Berechtigten gehören nach S. 1 der Vorhabenträger und die von ihm Beauf- 11 tragten (z. B. ein beauftragtes Planungsbüro) sowie die zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder. Dem Wortlaut des S. 1 nach erfolgt die Zurverfügungstellung der Geodaten auf Verlangen des Berechtigten; dies deutet darauf hin, dass kein förmlicher Antrag zu stellen ist. Gegen ein förmliches Antragserfordernis spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 31 Abs. 4 NABEG, die von einer Übermittlung von Geodaten auf Anfrage spricht.14 Beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen statuiert S. 1 eine Rechtspflicht der Be- 12 hörde oder des Dritten, die Geodaten zur Verfügung zu stellen; ein Ermessen besteht nicht.15
2. Verweigerungsbefugnis (S. 2) S. 2 erlaubt dem Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen im Sinne von § 2 Abs. 5 13 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV), die Herausgabe von besonders schutzwürdigen Geodaten zu verweigern. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BSI-KritisV sind Kritische Infrastrukturen solche Anlagen oder Teile 14 davon, die den in Anhang 1 Teil 3 Spalte B der BSI-KritisV genannten Kategorien zuzuordnen sind und die für die Stromversorgung, Gasversorgung, Kraftstoff- und Heizölversorgung und Fernwärmeversorgung in den Bereichen erforderlich sind, die in § 2 Abs. 2 bis 4 genannt werden. Zudem müssen die Anlagen oder Anlagenteile gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 2 BSI-KritisV den Schwellenwert nach Anhang 1 Teil 3 Spalte D der BSI-KritisV erreichen oder überschreiten. In welchem Fall die Geodaten besonders schützenswert sind, gibt S. 2 nicht vor. Der Be- 15 richt des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, welcher § 31 Abs. 4 S. 2 bis 4 NABEG als Einzelfallregelungen erachtet, deutet jedoch auch auf S. 2 als eine restriktiv zu handhabende Ausnahmeregelung hin.16
3. Zurverfügungstellen im geeigneten Verfahren (S. 3) Gemäß S. 3 kann der Betreiber im Falle des S. 2 die Geodaten über ein geeignetes Verfahren zur 16 Verfügung stellen, wenn ihm die Datenhoheit über seine Geodaten garantiert wird. S. 3 soll, wie auch S. 2, den Schutz der Betreiber Kritischer Infrastrukturen garantieren, 17 indem Umfang oder Inhalt der zu Verfügung zu stellenden Geodaten im Rahmen eines geeigneten Verfahrens reduziert werden.17 Ein geeignetes Verfahren kann zum Beispiel darin bestehen, dass keine Rohdaten vom Betrei- 18 ber übermittelt werden; stattdessen stellen die Betreiber ihre Daten ohne Speichermöglichkeit und unter Hinweis auf entsprechende Nutzungsrechte in einem Online-Portal zur Einsicht zur Verfügung.18
4. Kein Ausschluss der §§ 8,9 UIG (S. 4) Nach S. 4 bleiben die §§ 8 und 9 UIG sowie entsprechende Regelungen des Landesrechts unbe- 19 rührt. S. 4 dient der Klarstellung, dass schützenswerte öffentliche Belange oder grundrechtlich geschützte Belange Dritter einer Herausgabe von Geodaten entgegenstehen im Einzelfall können.19 14 15 16 17 18 19 387
BT-Drucks. 19/7375, S. 47. Zu den Ausnahmen vgl. die folgenden Rn. BT-Drucks. 19/9027, S. 19. BT-Drucks. 19/9027, S. 15. BT-Drucks. 19/9027, S. 15. BT-Drucks. 19/9027, S. 15. Riese
§ 43l Regelung zum Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen (1) Der Begriff der Gasversorgungsleitung in Teil 5 dieses Gesetzes umfasst auch Wasserstoffnetze. (2) Die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Wasserstoffleitungen einschließlich der Anbindungsleitungen von Anlandungsterminals für Wasserstoff mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern bedürfen der Planfeststellung durch die nach Landesrecht für Verfahren nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 zuständige Behörde. Anlage 1 Nummer 19.2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auf Wasserstoffnetze entsprechend anzuwenden. (3) Auf Antrag des Trägers des Vorhabens kann die nach Landesrecht für Verfahren nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 zuständige Behörde die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung von Wasserstoffleitungen einschließlich der Anbindungsleitungen von Anlandungsterminals für Wasserstoff mit einem Durchmesser von 300 Millimeter oder weniger durch Planfeststellung zulassen. § 43 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bleibt unberührt. (4) Behördliche Zulassungen für die Errichtung, die Änderung und den Betrieb einer Gasversorgungsleitung für Erdgas gelten auch als Zulassung für den Transport von Wasserstoff. Das Gleiche ist für Gasversorgungsleitungen für Erdgas anzuwenden, für die zum Zeitpunkt der Errichtung ein Anzeigenvorbehalt bestand. Die §§ 49 und 113c bleiben unberührt. Für erforderliche Änderungen oder Erweiterungen von Gasversorgungsleitungen zur Ermöglichung des Transports von Wasserstoff bleibt § 43f unberührt. Änderungen und Erweiterungen nach Satz 4 stehen Änderungen des Betriebskonzepts nach § 43f Absatz 2 Nummer 1 gleich. (5) Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden auf behördliche Zulassungen und Anzeigenvorbehalte für Gas-, Wasserstoff- und Produktleitungen auf Grundlage eines anderen Gesetzes. (6) Die anlagenbezogenen Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bleiben unberührt. (7) Der in § 35 Absatz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches verwendete Begriff des Gases sowie der in § 1 Nummer 14 der Raumordnungsverordnung genannte Begriff der Gasleitungen umfassen auch Wasserstoffnetze. (8) Die Absätze 1 bis 7 sind entsprechend anzuwenden für Maßnahmen bei Errichtung und Betrieb sowie bei Änderungen und Erweiterungen von Gasversorgungsleitungen einschließlich der Anbindungsleitungen von LNG-Terminals sowie Nebenanlagen, die der Vorbereitung auf einen Transport von Wasserstoff dienen.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
II.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 9 Regelungszweck 15 Entstehungsgeschichte Bezüge zur Kostenregulierung und zu den 17 Schlussvorschriften 19 Unionsrechtliche Bezüge Verhältnis zum Planfeststellungsrecht nach 21 §§ 72 ff VwVfG Anwendungsbereich 5. Teil (Abs. 1)
Fest https://doi.org/10.1515/9783110670516-034
III. 1. 2. 3. 4.
Besondere Regelungen für Wasserstoffinfrastruktur (Abs. 2–4) 23 24 Obligatorische Planfeststellung (Abs. 2) 25 Fakultative Planfeststellung (Abs. 3) Fortgeltung und Sicherheitsanforderungen 27 (Abs. 4 S. 1–3) Anzeige bei Änderungen (Abs. 4 S. 4 und 30 5)
IV.
Fortgeltung und Anzeige bei anderer Rechts35 grundlage (Abs. 5)
V.
Immissionsschutzrecht (Abs. 6)
22
38 388
1. Überblick über die Norm
VI. 1. 2.
Erstreckung des Gasbegriffes in BauGB und 40 ROV (Abs. 7) 41 Gasbegriff in § 35 BauGB (Abs. 7 HS. 1) Gasbegriff in § 1 Nr. 14 ROV (Abs. 7 42 HS. 2)
VII. Wasserstoff-Readiness (Abs. 8)
VIII. Rechtswirkungen IX. 1. 2.
EnWG § 43l
46
49 Rechtsschutz Rechtsschutz des Vorhabenträgers 53 Rechtsschutz Dritter
49
43
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Norm stellt die zentrale Vorschrift im Genehmigungsrecht des EnWG für den Auf- und Ausbau von Wasserstoffnetzen dar. Abs. 1 regelt den Anwendungsbereich dahingehend, dass sämtliche Regelungen zu Gasversorgungsleitungen im 5. Teil auf Wasserstoffnetze zu beziehen sind. Zwar umfasst bereits die Regelung im Abschnitt 3b zu Kostenregulierung der Wasserstoffinfrastruktur in § 28j den Verweis auf die Anwendung weiterer Teile des EnWG, darunter auch den 5. Teil, sodass man die Regelung an dieser Stelle für redundant halten mag. Für die Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Genehmigungsrechts des 5. Teils für Anwender ist jedoch die Klarstellung des Anwendungsbereichs des 5. Teils im Sachzusammenhang des Genehmigungsrechts vorteilhaft. Es bedarf für die Anwendung des Genehmigungsrechts mithin keiner weiteren Recherche im Regulierungsrecht. Abs. 2 S. 1 regelt das Planfeststellungsbedürfnis für neue Wasserstoffleitungen, sowohl für Versorgungsleitungen, als auch Anbindungsleitungen zu Anlandungsterminals. Damit entspricht die Regelung den Planfeststellungstatbeständen für Gasversorgungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und Nr. 6. Er beinhaltet zugleich eine Zuständigkeitsregelung durch Zuordnung der Verfahren zu den Planfeststellungsbehörden, die für die Verfahren für Gasversorgungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 zuständig sind. Abs. 2 S. 2 überträgt die Vorgaben aus Anlage 1 Nummer 19.2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zur UVP-Pflicht bei der Errichtung und dem Betrieb von Gasversorgungsleitungen auf planfeststellungspflichtige Wasserstoffleitungen. Abs. 3 S. 1 adressiert den Fall von Wasserstoffleitungen und dabei erneut Versorgungsleitungen wie Anbindungsleitungen, die einen geringeren Durchmesser von 300mm oder weniger aufweisen, der für die obligatorische Planfeststellungspflicht maßgeblich ist. Für diese kleineren Leitungen beinhaltet dieser Satz einen fakultativen Planfeststellungstatbestand und damit eine Planfeststellungsfähigkeit. Abs. 3 S. 2 beinhaltet eine Klarstellung, dass der fakultative Planfeststellungstatbestand für Nebenanlagen in § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 unberührt bleibt, mithin die Normierung des neuen fakultativen Planfeststellungstatbestands für kleine Leitungen nicht die Anwendung des fakultativen Planfeststellungstatbestands für Nebenanlagen, dessen Anwendung sich bereits aus Abs. 1 ergibt, versperrt. Abs. 4 S. 1 regelt die Fortgeltung behördlicher Zulassungen für Gasversorgungsleitungen. Damit bedarf die Weiternutzung der Leitung für Wasserstoffmoleküle anstelle der bisherigen Erdgasmoleküle keiner erneuten Planfeststellung nach Abs. 2. Abs. 4 S. 2 erstreckt diese Regelung auf Leitungen für die zum Zeitpunkt der Errichtung nur ein Anzeigenvorbehalt bestand. Abs. 4 S. 3 beinhaltet eine Klarstellung, dass die Vorschriften zum maßgeblichen Stand der Technik nach §§ 49 und 113c unberührt bleiben und mithin einzuhalten sind. Abs. 4 S. 4 und 5 beinhalten weitere Klarstellungen zur Anwendung des Anzeigeverfahrens nach § 43 f Abs. 4 S. 4 normiert augenscheinlich die Selbstverständlichkeit, dass bei erforderlichen Änderungen und Erweiterungen der von Gas- zu Wasserstoff umzustellenden Leitungen § 43f Anwendung finden kann. Dies ergibt sich eigentlich bereits aus der energieträgerneutralen Formulierung von § 43f und der Festlegung des Anwendungsbereichs in Abs. 1. Die Aussage erhält jedoch 389
Fest
1
2
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4
§ 43l EnWG
5 6 7 8
I. Allgemeines
Sinn und ein weitaus größeres Gewicht durch den folgenden Satz. Nach Abs. 4 S. 5 sind Änderungen und Erweiterungen nach S. 4 einer Änderung des Betriebskonzepts nach § 43f Abs. 2 gleichgestellt. Die gesetzliche Klarstellung erübrigt Auslegungsfragen und bewirkt für die Anzeigefälle die Entbehrlichkeit einer UVP-Prüfung. Abs. 5 erstreckt Abs. 4 auf Zulassungen für Gas-, Wasserstoff und Produktleitungen nach anderen Gesetzen. Abs. 6 stellt klar, dass die anlagenbezogenen Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes unberührt bleiben. Abs. 7 erstreckt den Begriff des Gases bzw. der Gasleitungen in der Außenbereichsprivilegierung des BauGB und der Raumordnungsverordnung auf Wasserstoff. Abs. 8 erstreckt die Abs. 1–7 auf die sog. Wasserstoff-Readiness noch zu errichtender Gasversorgungs- und Anbindungsleitungen.
2. Regelungszweck 9 Die Norm stellt die zentrale genehmigungsrechtliche Vorschrift für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur dar. Sie stellt zum einen klar, welche der genehmigungsrechtlichen Vorschriften des 5. Teils Anwendung im Bereich der Wasserstoffinfrastruktur finden sollen. Zum anderen regelt sie über den 5. Teil hinaus, welche Vorschriften anderer Gesetze für die Planung und Genehmigung von Gasinfrastruktur auf die Wasserstoffinfrastruktur übertragen werden sollen. Als zentrales Instrument für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur wird auf die gesetzli10 che Klarstellung der Fortgeltung behördlicher Zulassungen für Gasversorgungsleitungen und ihre Nebenanlagen gesetzt. Dies ist allerdings abhängig davon, ob Sie nach Energierecht im alten Anzeigeverfahren oder auf dem Wege der Planfeststellung zugelassen wurden oder als Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz ergangen sind. Der Gesetzgeber hält sich anders als ursprünglich vorgesehen, gegenüber immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlagen zurück, so dass für diese die Verfahren nach BImSchG durchzuführen sind. Mit der Regelung wird die Konsequenz aus der Analyse der Fernleitungsnetzbetreiber Gas in der Grüngasvariante des Netzentwicklungsplans Gas 2020-2030 gezogen, dass in Deutschland eine Wasserstoffinfrastruktur zu rund 90 % aus der bisherigen Gasinfrastruktur durch Umrüstungen entwickelt werden kann.1 Insofern schafft die Norm die Grundlage für eine weitgehende Umstellung relevanter Teile der Gasinfrastruktur unter Vermeidung neuer Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Bestandsinfrastruktur ausgelöst werden müssen. Diese können sich vielmehr auf die relevanten Änderungen an der Bestandsinfrastruktur und erforderliche Lückenschlüsse zwischen umgestellten Leitungen konzentrieren. Diese Weichenstellung weist eine nicht zu unterschätzende Beschleunigungswirkung auf. Der Gesetzgeber hat im Bewusstsein der erheblichen Wirkung dabei zugleich für Fragen der technischen Sicherheit auf § 49 und die dortigen technischen Standards sowie die technische Energieaufsicht, wie auch auf die neue Konkretisierung in § 113c Bezug genommen. Zugleich hat er für die Fragen absehbarer technischer Anpassungen bei der Umrüstung von Gasinfrastruktur zur Wasserstoffinfrastruktur auf den 2019 erweiterten Anzeigetatbestand nach § 43f verwiesen. Mit dem Verweis auf das Antragsverfahren des Anzeigeverfahrens verfolgt der Gesetzgeber 11 wie schon bei § 43f zwei Intentionen: Zum einen soll durch eine Verfahrensvereinfachung eine Verfahrensbeschleunigung erfolgen. In Fällen von unwesentlicher Bedeutung, die keiner Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht unterfallen und in denen öffentliche Belange nicht berührt und Rechte anderer nicht bzw. nur unterhalb von Grenzwerten beeinträchtigt werden, soll der Verwaltungs-, Zeit- und Kostenaufwand eines Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens entfallen. Eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung ist – nach einer entspre1 Fernleitungsnetzbetreiber, Netzentwicklungsplan Gas 2020-2030, Entwurf vom 1.07.2020, https://www.fnbgas.de/netzentwicklungsplan/netzentwicklungsplaene/netzentwicklungsplan-2020/. Fest
390
2. Regelungszweck
EnWG § 43l
chenden Entscheidung der Behörde – von einem förmlichen Verfahren freigestellt, weil in diesen Fällen die Durchführung eines aufwendigen und komplexen Verwaltungsverfahrens nicht gerechtfertigt ist. Zum anderen soll das Anzeigeverfahren die Verfahrenshoheit der Planfeststellungsbehörde absichern.2 Dass die Sicherung der Verfahrenshoheit zwar ein Anliegen, nicht aber den Hauptzwecke des § 43f darstellt, ist bei dessen Auslegung zu berücksichtigen.3 Dafür, dass bei der Umrüstung einer Leitung zur Wasserstoffleitung diese letztlich liegen bleibt und sich im Wesentlichen die Gasmoleküle in der Leitung ändern, erscheint diese Grundsatzentscheidung im Regelfall kein vollumfängliches Planfeststellungsverfahren für die Weiternutzung der Leitung durchzuführen, angemessen. Zugleich ermöglicht das Anzeigeverfahren – im Interesse des Vorhabenträgers wie der Planfeststellungsbehörde – vor Baubeginn und vor Einleitung eines Zulassungsverfahrens durch eine behördliche Entscheidung rechtssicher zu klären, ob ein förmliches Verfahren notwendig ist bzw. welche sonstige Verfahrensart einschlägig ist. Der Vorhabenträger wird so davor geschützt, dass die Planfeststellungsbehörde nach der Änderung oder Erweiterung erklärt, dass die spezifische Änderung oder Erweiterung eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung bedurft hätte. Der Vorhabenträger wie die Planfeststellungsbehörde sollen zu einem frühen Zeitpunkt Klarheit darüber erhalten, welche Unterlagen einzureichen sind. Ob diese Klarheit dem Regelungszweck entsprechend geschaffen wird, wird angesichts der Komplexität und Neuheit der Umrüstung auf Wasserstoff sowie der Abweichung vom europarechtlich determinierten UVPG bei gleichzeitig gewachsenen Klagemöglichkeiten der Umweltverbände unterschiedlich bewertet, da mit der Zahl der Ausnahmetatbestände das Risiko der Verkennung der Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens für den Vorhabenträger wächst.4 Im Kontext von Fortgeltung und Anzeigeverfahren nach Abs. 4 sowie der umfassenden Abbildung des planfeststellungsrechtlichen Instrumentariums nach Abs. 1 ist auch die Erstreckung der Regelungen auf solche nach anderem Zulassungsrecht in Abs. 5 zu sehen. Das Instrumentarium wurde damit darauf ausgelegt, bestehende Leitungen möglichst einfach und zügig in die Wasserstoffinfrastruktur einzubeziehen und damit das Energierecht möglichst breit zur Anwendung zu bringen. Zugleich wurde aus der Analyse der Fernleitungsnetzbetreiber, die Wasserstoffinfrastruktur 12 zu 90 % aus der Gasfernleitungsinfrastruktur entwickeln zu können, der richtige Umkehrschluss gezogen, dass es auch für die rund 10 % Neubau eines Genehmigungsrechts bedarf. Hierbei wurde auf den bekannten energierechtlichen Planfeststellungstatbestand für Gasversorgungsleitungen gesetzt. Dabei hat der Gesetzgeber zugleich die in zahlreichen Studien belegte Importnotwendigkeit größerer Wasserstoffmengen anerkannt, indem dieser nicht nur über Versorgungsleitungen zu Nachbarstaaten, sondern auch über Anbindungsleitungen zu Anlandungsterminals Rechnung getragen werden kann. Dies bedeutet gegenüber dem bisherigen Genehmigungsrecht für industriell benötigte Wasserstoffleitungen nach UVP- und Rohrfernleitungsrecht, regelmäßig in Verantwortung von Wasserbehörden, zum einen mit der Verlagerung ins Energierecht ein Zugang zu den Beschleunigungsinstrumenten für den Leitungsbau im EnWG, zum anderen auch eine Verlagerung der Zuständigkeit zu den Planfeststellungsbehörden für Energieanlagen. Damit einhergehend erfolgte über die obligatorischen Planfeststellungstatbestände für Gasversorgungsleitungen und Anbindungsleitungen hinausgehend eine Ausweitung des Planfeststellungsgegenstands durch fakultative Planfeststellungsmöglichkeit für Leitungen geringerer Leitungsdurchmesser, die im Bereich der Gasinfrastruktur bislang fehlt. Gerade für den Aufbau einer neuen Wasserstoffinfrastruktur mit Leitungen zu neuen Verbrauchern überzeugt diese Weichenstellung. Angesichts der umfassenden Kenntnis der Energieplanfeststellungsbehörden von Vorhaben im Bereich der Gasinfrastruktur und der Erfahrung mit Vorhaben zur erfolgreichen Gestaltung der Marktraumumstellung (sog. L-H-Gasumstellung) in mehreren Ländern überzeugt die energieplanfeststellungsrechtliche Lösung auch im Sinne der Verfahrensbeschleunigung. 2 BT-Drucks. 17/6073, S. 30. 3 Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435. 4 Vgl. bereits zum bisherigen § 43f, Rn 6 ff. 391
Fest
§ 43l EnWG
I. Allgemeines
Von nicht zu unterschätzender Tragweite sind die gesetzlichen Klarstellungen zum erweiterten Verständnis des Gasbegriffs in Vorschriften außerhalb des EnWG. Hierdurch wird erst die Anwendung des Raumordnungsrechts und mithin ein vorgelagertes Raumordnungsverfahren und somit eine Abschichtung der Prüfung großräumiger Alternativen eröffnet. Noch bedeutsamer ist die Erweiterung der baurechtlichen Außenbereichsprivilegierung, so dass weder umgerüstete Leitungen in eine baurechtliche Rückbaupflicht geraten können, noch neue Leitungsprojekte im Außenbereich daran scheitern. Erst mit diesen maßgeblichen Klarstellungen erreicht der Gesetzgeber eine planungs- und genehmigungsrechtliche Gleichstellung der Wasserstoffinfrastruktur mit Strom- und Gasinfrastruktur. 14 Eine Sonderrolle kommt dem Absatz zur Wasserstoff-Readiness zu. Zum einen wird damit eine Art Zwitterlösung adressiert, da es sich eigentlich um Gasversorgungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und noch nicht um Wasserstoffleitungen nach § 43l Abs. 2 S. 1 handelt. Gleichwohl sollen die Leitungen von Anfang an so ausgelegt werden, dass sie später Teil der Wasserstoffinfrastruktur werden können. Damit kann der Planfeststellungsgegenstand über das hinausgehen, was zur Errichtung und einem Betrieb einer Gasversorgungsleitung unbedingt erforderlich wäre, ohne dass bereits der Planfeststellungstatbestand einer Wasserstoffleitung einschlägig wäre. Wenn aber sowohl die Planfeststellung einer Gasversorgungsleitung, als auch die einer Wasserstoffleitung möglich wäre, so sollte aus Gründen der Effizienz5 auch die absehbare Entwicklung von einem Energieträger zum anderen abgebildet werden können. Zum anderen ist dies nicht nur eine Frage des Planfeststellungsgegenstands und mithin Tatbestands, sondern auch der Planrechtfertigung, bei der beide Energieinfrastrukturen zusammenhängen. Dies ist vergleichbar mit dem zusätzlichen Gasnetzausbau zur Ermöglichung der Umstellung anderer Leitungen auf Wasserstoff nach § 113b, dessen Bedarfsbestätigung durch die BNetzA im Netzentwicklungsplan Gas damit klargestellt wird. Ähnlich zur Aussage des Netzentwicklungsplan Gas zur Herausnehmbarkeit von Gasversorgungsleitungen zwecks Umstellung auf Wasserstoff und zur Erforderlichkeit geringfügigen zusätzlichen Gasnetzausbaus für die Funktionsfähigkeit des Netzes im Übrigen, dient Absatz 8 der Absicherung eines bereits absehbaren Umstellungsprozesses. Der wesentliche Unterschied liegt hierbei in der Zeitachse, da der Umstellungsprozess auf Wasserstoff zeitlich weiter entfernt und zwar bis zum den Klimazielen 20450 abstrakt wahrscheinlich, vom konkreten Zieljahr her jedoch noch nicht sicher bestimmbar ist. Insofern wird mit Abs. 8 indirekt eine grundsätzliche Aussage des Gesetzgebers zur grundsätzlich annehmbaren Planrechtfertigung für Wasserstoff-ready-Gasnetzausbau getroffen. Dies erübrigt zwar nicht die Darlegung der Planrechtfertigung im konkreten Fall, z. B. durch Verweis auf Darlegungen der FNB im Rahmen des NEP Gas und weitergehende projektbezogene Ausführungen, verdeutlicht allerdings, dass der Gesetzgeber im Interesse dieser Umstellung hieran nicht allzu hohe Anforderungen gestellt sehen möchte. 13
3. Entstehungsgeschichte 15 Vor Einführung der Norm war eine Anwendung des energierechtlichen Genehmigungsrechts nur für die Fallkonstellation der Gasversorgungsleitung mit Beimischung grünen Wasserstoffs in geringem Umfang möglich (vgl. § 3 Nr. 10c), nicht jedoch für Leitungen reinen Wasserstoffs. Ein Zulassungsregime für Wasserstoffleitungen gab es nur als industrielles Produktleitungen nach UVP- und Rohrfernleitungsrecht (Planfeststellung und Plangenehmigung nach § 65 UVPG wegen UVP-Pflicht bzw. Vorprüfungspflicht nach Nr. 19.5 der Anlage 1 zum UVPG als Errichtung und Betrieb einer Rohrleitungsanlage zum Befördern von nichtverflüssigten Gasen mit einem Durchmesser der Rohrleitung von mehr als 300 mm) und damit ohne die Beschleunigungsinstrumente für Energieleitungen.
5 Vgl. Begründung zu Ziffer 1 BR-Drucks. 165/21/B. Fest
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 43l
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hatte in seinem Referentenentwurf vom 16 19.1.2021 zunächst keine Ergänzung des Genehmigungsrechts im 5. Teil des EnWG vorgesehen, sondern eine pauschale Erstreckung des 5. Teils auf Wasserstoffinfrastruktur nach § 28j und eine Erweiterung der Schlussvorschriften um einen neuen § 113b zur Umrüstung von planfestgestellten Gasversorgungsleitung zu Wasserstoffleitungen.6 Es waren weder ein Genehmigungstatbestand für den Neubau, noch das Planungs- und Baurecht außerhalb des EnWG bedacht worden. Nach entsprechend kritischen Stellungnahmen in der Länder- und Verbändeanhörung7 wurde dies im Gesetzentwurf der Bundesregierung korrigiert. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 12.2.2021 wurden maßgebliche Teile des § 113b nun im Kontext des Genehmigungsrechts als neuen § 43l und zugleich in vier Absätzen deutlich inhaltlich erweitert vorgeschlagen.8 Mit der Einfügung des neuen § 43l hat zum einen das Anzeigeverfahren eine weitere energieleitungsspezifische Ausgestaltung und erhebliche Ausweitung erfahren, die mit der Beschleunigung des zügigen Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur begründet wurde. Zum anderen hat der obligatorische Planfeststellungstatbestand für Gasfernleitungen eine Ausweitung des Anwendungsbereichs erfahren. Dies gilt umso mehr mit seiner fakultativen Anwendung auch auf Wasserstoffleitungen geringeren Durchmessers. Zugleich wurde auf das zuvor bemängelte Problem der Planrechtfertigung bei Nichtberücksichtigung des Bedarfs an Wasserstoffleitungen im Rahmen des Netzentwicklungsplans Gas und erst einem mehrere Jahre später nachgelagerten Aufbau eines separaten Netzentwicklungsplans Wasserstoff nach dem gleichfalls neuen § 28q dahingehend reagiert, dass im Rahmen der Kostenregulierung die regulatorische Ad-hoc-Bedarfsprüfung nach dem neuen § 28p Abs. 2 S. 2 um eine rechtliche Fiktion ergänzt wurde, dass mit der regulatorischen Anerkennung des Bedarfs auch die energiewirtschaftliche Notwendigkeit festgestellt wird. Angesichts dessen, dass der regulatorische Bedarf in selbiger Norm für Fälle von Förderbescheiden gleichfalls rechtlich fingiert wird, könnte es demnach sogar zu einer doppelten Fiktion von regulatorischen und energiewirtschaftlichem Bedarf kommen. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 26.3.2021 unter anderem eine Neufassung der Norm mit 9 statt mit 4 Absätzen vorgeschlagen, um die Norm entsprechend der Systematik der §§ 43 ff zu strukturieren, die Planfeststellungstatbestände noch umfassender auf den Bereich der Wasserstoffinfrastruktur zu übertragen und durch klarstellende Anerkennung prognostischer Studien nach anerkannten fachlichen Standards Problemen bei der Planrechtfertigung insbesondere für neue Leitungsabschnitte zu vermeiden.9 Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung vom 7.04.2021 hierauf mit einer Prüfzusage reagiert10 und letztlich am 28.4.2021 ein Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen mit eine Neufassung in acht Absätzen beschlossen, von denen 7 weitgehend wortlautgleich dem Vorschlag des Bundesrates entsprechen. Zur Begründung wird entsprechend auf die Begründung in der Bundesratsdrucksache verwiesen. Nicht übernommen wurden der Absatz zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen, der wortlautgleich dem vorherigen Gesetzentwurf der Bundesregierung entstammte, und der Absatz zur Planrechtfertigung. In Ihrer Begründung zur Formulierungshilfe verweist die Bundesregierung dabei auf eine Immissionsschutzrechtliche Fragestellung, auf die zuvor bereits das Land Schleswig-Holstein im Bundesrat mit einem Antrag hingewiesen hatte, der jedoch keine Mehrheit erhielt.11 Hinsichtlich des Absatzes zur Planrechtfertigung führt die Bundesregierung knapp aus, dass ihr dieser Absatz entbehrlich erschien
6 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Gesetzgebungsverfahren, Netze und Netzausbau, https:// www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/referentenentwurf-enwg-novelle.html.
7 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Veröffentlichte Verbändestellungnahmen, https://www.bmwi.de/ Navigation/DE/Service/Stellungnahmen/EnWG-Novelle/stellungnahmen-EnWG-Novelle.html.
8 BR-Drucks. 165/21. 9 BR-Drucks. 165/21/B. 10 Kabinettvorlage vom 26.4.2021, Kabinettsache Datenblatt Nr.: 19/09162. 11 BR-Drs. 165/21/B. 393
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§ 43l EnWG
I. Allgemeines
und daher nicht übernommen wurde.12 Die Sachverständigenanhörung im Bundestag am 14.4.2021 fokussierte sich auf die Fragen der getrennten oder gemeinsamen Regulierung und Planung von Gas- und Wasserstoffnetzen, ließ aber die genehmigungsrechtlichen Fragen von § 43l außen vor, so dass die Fassung der Formulierungshilfe letztlich vom Gesetzgeber beschlossen wurde und so mit Wirkung zum 27.7.2021 in Kraft getreten ist.13
4. Bezüge zur Kostenregulierung und zu den Schlussvorschriften 17 Die Norm ist zunächst im Kontext des neuen Abschnitts 3b zur Kostenregulierung der Wasserstoffinfrastrukturprojekte zu sehen, zumal jenseits der Frage der wirtschaftlichen Grundlage entsprechender Vorhaben mehrere Vorschriften des neuen Abschnitts über Bezüge zum 5. Teil verfügen. Dies beginnt mit dem Verweis auf die Anwendung des 5. Teils des EnWG in § 28j und führt über die Fiktion der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit über die Regulierungsentscheidung der BNetzA nach § 28p Abs. 2 S. 2 bis hin zur perspektivischen Planrechtfertigung über den noch zu schaffenden neuen Netzentwicklungsplan Wasserstoff nach § 28q.Gleichwohl behandelt § 43l die verfahrensrechtlichen Anforderungen so umfassend, dass Abschnitt 3b nur hinsichtlich der Genehmigungsvoraussetzung der Planrechtfertigung eine Relevanz entfalten kann, zumal die Bundesregierung den diesbezüglichen Klarstellungsvorschlag des Bundesrates, einen entsprechenden Abs. 7 einzufügen, nicht aufgegriffen hat. Damit bleibt es bei der Vermengung der Förderrechtlichen und regulierungsrechtlichen Bedarfsentscheidung mit der genehmigungsrechtlichen Planrechtfertigung. Da der Bund im Rahmen von § 28p jedoch neben dem Vorliegen verbindlicher Nutzerbestellung noch auf bis zu 2 gesetzliche Fiktionen setzt, zum einen die Fiktion, dass der eEnergiewirtschaftliche Bedarf mit der Regulierungsentscheidung der BNetzA besteht und zum anderen, dass der regulierungsrechtliche Bedarf wiederum dann besteht, wenn zuvor ein Förderbescheid erteilt wurde, hilft diese gesetzgeberische Zurückhaltung und der Kontext des Abschnitts 3b den Planfeststellungsbehörden für die Praxis wenig. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Fehlen einer Erfassung des Wasserstoffinfrastrukturbedarfs durch den Netzentwicklungsplan Gas bei gleichzeitigem Fehlen eines noch neu zu schaffenden Netzentwicklungsplans Wasserstoff als „planloser“ Zustand gerade in der Aufbauphase einer neuen Energieinfrastruktur zu Verzögerungen führt. In der Fallkonstellation der Umstellung von Bestandsinfrastruktur mag die Regelung des § 28p insoweit helfen, wie bereits vorliegende Bestellungen potenzieller Nutzer einer zu schaffenden Wasserstoffinfrastruktur schon vorliegen mögen und die Bedarfsprüfung der BNetzA damit auch eine rechtssichere Annahme einer Planrechtfertigung ermöglicht. Insoweit ist zwar positiv zu bewerten, dass die Regulierungsentscheidung der Bundesnetzagentur nach § 28p als Grundlage für die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Infrastrukturvorhaben anerkannt wird. Die Voraussetzungen des § 28p dürften für die Fallkonstellation neu planfestzustellender Leitungsabschnitte, und mögen sie noch so klein sein, höchst problematisch bleiben. Vor dem Hintergrund der regelmäßig vier Jahre betragenden Zeiträume, die für Vorbereitung und Durchführung eines erforderlichen Planfeststellungsverfahrens anzusetzen sind (vgl dazu § 44a Abs. 2 S. 1), ist nicht davon auszugehen, dass eine Regulierungsentscheidung zum Zeitpunkt der Antragsstellung von Planung und Genehmigung bereits vorliegen wird. Schließlich liegen selten ein halbes Jahrzehnt im Voraus verbindliche Nutzerbestellungen vor, aus denen dann eine Regulierungsentscheidung und Planrechtfertigung abzuleiten wäre. Fehlt dies also, käme der Weg über die doppelte Fiktion in Betracht. Einen Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung jedoch über eine doppelte Fiktion zu begründen, würde letztlich bedeuten, dass eine nachgela12 Kabinettvorlage vom 26.4.2021, Kabinettsache Datenblatt Nr.: 19/09162. 13 Vgl. Stellungnahmen der Sachverständigen in: Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaft und Energie, Ausschussdrucksache 19(9)1029 v. 13.4.2021; Wortprotokoll der 113. Sitzung in: Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaft und Energie Berlin, den 14.4.2021, Protokoll-Nr. 19/113; BGBl. I 2021 S. 3026. Fest
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5. Unionsrechtliche Bezüge
EnWG § 43l
gerte energierechtliche Enteignungsentscheidung auf einem Förderbescheid aufbauen würde. In einem solchen fehlt es jedoch schlicht an den Charakteristika einer lege artis Bedarfsprüfung samt Alternativenprüfung wie einem Netzentwicklungsplan oder vergleichbaren Gutachten, dass dann Grundlage einer hinreichenden Abwägung der Gemeinwohlbelange und privaten Belange im Planfeststellungsverfahren werden kann. Gleichzeitig ist bei Neubauvorhaben, die insbesondere für Lückenschlüsse zwischen umrüstbaren Leitungen und zu neuen Nutzern oder Speichern erforderlich werden, ein Zuwarten auf eine Förder- und Regulierungsentscheidung nicht angezeigt, weil dann entgegen der Intention des Gesetzgebers gar keine vollständige Infrastruktur zustande käme. Aus der Nichtberücksichtigung des Vorschlags des Bundesrates durch die Bundesregierung ist schließlich weder eine Entbehrlichkeit einer soliden Planrechtfertigung noch der Ausschluss einer Planrechtfertigung außerhalb von § 28p abzuleiten. Insoweit verbleibt es Aufgabe des Antragsstellers eine Planrechtfertigung auch ohne Vorliegen einer Regulierungsentscheidung im Einzelfall darzulegen und Aufgabe der Planfeststellungsbehörde dies zu prüfen. Dabei können, solange es keinen Netzentwicklungsplan nach § 28q gibt, wie bei anderen Infrastrukturen übliche Bedarfsprognosen, Bedarfsgutachten und -studien als Grundlage für eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit herangezogen werden. Eine vorhabenscharfe Studie kann verfahrensverkürzend entbehrlich sein, wenn auf eine übergeordnete Bedarfsprüfung einer breiter angelegten Studie zurückgegriffen werden kann. Als derartige Studie kommt auch ohne gesetzliche Klarstellung beispielsweise die auf Bundesebene durchgeführte DENA-Netzstudie III, aber auch die Grüngasvariante des Netzentwicklungsplans Gas in Betracht sowie weitere Studien, welche die absehbaren gesetzlichen und (energie-)politischen Entwicklungen abbilden. Ein solches Vorgehen entspräche den Anfängen der Bedarfsplanung im Bereich des Stromnetzausbaus über die DENA-Netzstudien I und II, bevor diese durch die gesetzlich vorgesehenen Netzentwicklungspläne Strom sowie EnLAG und BBPlG ersetzt wurden. Insofern verbleibt Vorhabenträgern wie Planfeststellungsbehörden ein erheblicher Darlegungsaufwand in der aktuellen Phase vor Einführung einer Netzentwicklungsplanung nach § 28q. Die Norm ist weitergehend in Kontext der neuen Schlussvorschriften unter §§ 113a–c zu 18 sehen, die parallel in das EnWG eingefügt wurden. Dabei ist § 113a hervorzuheben, nach dem die privatrechtlich gesicherten Leitungsrechte im Falle der Umrüstung fortbestehen. Der Gesetzgeber beugt damit der Fallkonstellation vor, dass die Leitung zwar mit oder ohne Anzeige genehmigungsrechtlich liegen bleiben und als Wasserstoffleitung weiter genutzt werden könnte, zugleich aber die in den Grundbüchern eingetragenen Dienstbarkeiten für eine Gasleitung für die Wasserstoffleitung hinterfragt würden. Insofern wird § 43l Abs. 4 S. 1 privatrechtlich gespiegelt. Gleichermaßen ist eine Fortgeltung der Wegerechte vorgesehen. Insofern wird § 43l Abs. 4 S. 1 auch konzessionsrechtlich gespiegelt. Nach § 113b können zudem im Netzentwicklungsplan Gas zusätzliche Ausbaumaßnahmen im Gasversorgungsnetz in geringem Umfang gerechtfertigt sein, um bestehende Gasversorgungsleitungen zu Wasserstoffleitungen umzustellen. Dies ermöglicht zugleich zusätzlichen Gasversorgungsnetzausbau, wie auch Wasserstoffumstellungen. Nach § 113c ist ab einem Betriebsdruck von 16 bar die Gashochdruckleitungsverordnung anzuwenden und die technischen Regelwerke des DVGW nach § 49 zu beachten und hierzu das Anzeigeverfahren nach Gashochdruckleitungsverordnung durchzuführen. Insofern erfolgt eine Konkretisierung der sicherheitsrelevanten Vorgaben von § 49 in § 113c, die im Rahmen der Verfahren nach § 43l zu berücksichtigen ist.
5. Unionsrechtliche Bezüge Die Umsetzung der Aufgrund der Vorgaben der RL 2011/92/EU vom 13.12.2011 in der Fassung 19 der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die UVP bei bestimmten öffentlichen und privaten
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§ 43l EnWG
I. Allgemeines
Projekten (UVP-RL)14 wird insoweit verändert, wie zwar auch zukünftig eine UVP-Pflicht bzw. Vorprüfungspflicht besteht, diese bei Wasserstoffleitungen jedoch nicht nach Nr. 19.5 der Anlage 1 zum UVPG bei Errichtung und Betrieb einer Rohrleitungsanlage zum Befördern von nichtverflüssigten Gasen mit einem Durchmesser der Rohrleitung von mehr als 300 mm, sondern nach Abs. 2 S. 1 nunmehr durch Übertragung UVP-Tatbestandes nach Nr. 19.2 der Anlage 1 zum UVPG für die Errichtung und Betrieb einer Gasversorgungsleitung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes mit einem Durchmesser der Rohrleitung von mehr als 300 mm gestützt wird. Nach der UVP-Richtlinie ist es unerheblich, ob die Planfeststellung mit Umweltprüfung nach UVPG oder EnWG erfolgt. Maßgeblich ist die Durchführung der UVP und nicht der Wechsel der verfahrensrechtlichen Aufhängung der Prüfung. 20 Anders verhält es sich hinsichtlich der Umstellung von Bestandsleitungen wegen Fortgeltung des Zulassungsrechts nach Abs. 4 S. 1. Da insoweit keinerlei bauliche Veränderung erfolgt, bedarf es für das liegenbleiben der Infrastruktur auch keiner Umweltprüfung. Ähnlich verhält es sich im Falle des Anzeigeverfahrens nach Abs. 4 S. 3 und 4. Nach der UVP-Richtlinie können unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben nur dann durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn für diese keine UVP durchzuführen ist.15 Die gesetzliche Auflistung bestimmter Fälle, in denen keine UVP durchzuführen ist, ist eine nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 UVP-Richtlinie zulässige Alternative zu einer Einzelfallprüfung. Die genannten Voraussetzungen sollen die in Anhang III der UVP-Richtlinie genannten Auswahlkriterien berücksichtigen. So ist bezüglich der Merkmale der Projekte in Nummer 1 des Anhangs III bei Änderungen des Betriebskonzepts die Größe der vorzunehmenden Änderungen gering, natürliche Ressourcen werden allenfalls für eine Innenwandbeschichtung der Pipelines zwecks zusätzlicher Abdichtung genutzt, bei Änderungen des Betriebs durch Änderung des Mediums im Rohr16 fällt kein nennenswerter Abfall an und ein höheres Unfallrisiko mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien ist grundsätzlich nicht zu erwarten. Mit Blick auf die ökologische Empfindlichkeit der geographischen Räume, die in Nummer 2 des Anhangs III der UVP-Richtlinie aufgeführt sind, kann eine neue Beeinträchtigung von ausgewiesenen „Natura 2000“-Gebieten, von bedeutenden Brut- oder Rastgebieten geschützter Vogelarten und von Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte durch Verbleib der auf Wasserstoff umzurüstenden Leitung im Boden ohne Änderung von Trasse und Durchmesser sogar sicherer ausgeschlossen werden, als bei einem Rückbau, der entsprechende Arbeiten in den Gebieten erfordern würde.
6. Verhältnis zum Planfeststellungsrecht nach §§ 72 ff VwVfG 21 Zwar sind über die Verweiskaskade in § 43 Abs. 4 die allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 ff VwVfG auch in den energierechtlichen Planfeststellungsverfahren anwendbar. Allerdings wird mit der Einführung des Anzeigeverfahrens nach § 43f als Sonderregelung für die energierechtlichen Planfeststellungsverfahren die Anwendung von § 74 Abs. 7 VwVfG im Bereich der energierechtlichen Planfeststellung ausgeschlossen. Dabei gilt die Norm für alle Energieleitungsvorhaben, deren Zulassungsverfahren sich nach den §§ 43 ff EnWG richten.17 Im Anwendungsbereich des § 43l sperrt die im Verhältnis zu § 43f speziellere Regelung über die Verweiskaskade die allgemeine Regelung in § 74 Abs. 7 VwVfG. Abweichend von § 74 Abs. 7 VwVfG wird die Durchführung eines Anzeigeverfahrens bei unwesentlichen Änderungen als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt angeordnet. Die Freistellung von einem förmlichen Verfahren erfolgt im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren aus-
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ABl. EU L 124 v. 25.4.2014, S. 1 ff. Vgl. dazu § 43f Rn 26 ff. BR-Drucks. 165/21, S. 153. Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 6; Kment/Turiaux, § 43f, Rn 4.
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1. Obligatorische Planfeststellung (Abs. 2)
EnWG § 43l
schließlich über das Anzeigeverfahren.18 Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Anzeigeverfahrens erreichen, dass der Vorhabenträger nicht unter Berufung auf § 74 Abs. 7 VwVfG mit den Bauarbeiten beginnt, bevor eine entsprechende Entscheidung der Planfeststellungsbehörde darüber getroffen worden ist, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.19 Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen gerade nicht aufgrund gesetzlicher Anordnung.20 Der Wortlaut und die Anwendungsbereiche der Freistellungstatbestände von § 74 Abs. 7 VwVfG sind nicht deckungsgleich mit dem Wortlaut und Anwendungsbereich der Freistellungstatbestände in § 43 f Jedoch ähneln sich strukturell die drei Nummern in Absatz 1 und § 74 Abs. 7 VwVfG.21
II. Anwendungsbereich 5. Teil (Abs. 1) Hinter Absatz 1 verbirgt sich die Anwendung der 19 übrigen Normen des 5. Teils einschließlich 22 ihrer Verweisungen, insbesondere der auf das Verwaltungsverfahrensrecht. Damit finden nicht nur die Regelungen für Planfeststellungsverfahren oder diese ersetzende Verfahren Anwendung, sondern auch das Durchsetzungsinstrumentarium der §§ 44 ff für Vorarbeiten, Veränderungssperre, vorzeitige Besitzeinweisung und vorzeitigen Beginn sowie das energierechtliche Enteignungsrecht der §§ 45 ff Gerade diese Anwendbarkeit der fachrechtlichen Durchsetzungsund letztlich Beschleunigungsinstrumente stellt einen maßgeblichen Unterschied zum bisherigen Zulassungsrecht für Wasserstoffinfrastruktur als industrielle Pipelines dar. Diese Weichenstellung entspricht dem neuen Status des Wasserstoffs in § 1 als Energieträger für die Allgemeinheit. Die rechtliche Durchsetzung des Gemeinwohlinteresses am Auf- und Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur ist daher nur folgerichtig.
III. Besondere Regelungen für Wasserstoffinfrastruktur (Abs. 2–4) Die Absätze 2–4 beinhalten wichtige Klarstellungen zur Übertragung der §§ 43 ff auf den neu ins 23 EnWG aufgenommenen Energieträger Wasserstoff. Auf die entsprechende Kommentierung der betreffenden Normen kann insoweit verwiesen und der Fokus hier auf die wasserstoffspezifischen Klarstellungen gelegt werden. Die Struktur der Abs. 2–4 folgt insoweit der Struktur der §§ 43 ff Die obligatorische Planfeststellung wird vor der fakultativen, Hauptanlagen vor Nebenanlagen geregelt. Das Planfeststellungsverfahren vor dessen Entbehrlichkeit bzw. dem dieses ersetzenden Anzeigeverfahren. Aussagen zum Verfahren werden vor Verfahrensbestandteilen, Tatbeständen und Voraussetzungen getroffen.
1. Obligatorische Planfeststellung (Abs. 2) Die Normierung der grundsätzlichen Planfeststellungspflicht für Wasserstoffleitungen und An- 24 bindungsleitungen folgt systematisch den Planfeststellungstatbeständen für Gasversorgungsleitungen und Anbindungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und Nr. 6. Der Absatz beinhaltet zugleich eine eher untypische Zuständigkeitsregelung durch Zuordnung der Verfahren zu den Planfeststellungsbehörden, die für die Verfahren für Gasversorgungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 zuständig sind. Damit wird nicht nur inhaltlich an die Gasversorgungsleitungen angeknüpft, sondern zugleich auch auf die insoweit erfahrenen Behörden gesetzt und den Ländern 18 19 20 21 397
Vgl. dazu Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1432. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 34. Vgl. auch: Engel, KommP spezial, 2014, S. 189 (194). Vgl. im Einzelnen die Kommentierung Fest/Nebel zu § 43 f Rn 14 ff. Fest
§ 43l EnWG
III. Besondere Regelungen für Wasserstoffinfrastruktur (Abs. 2–4)
eine ansonsten ggf. erforderliche Anpassung ihrer Zuständigkeitsverordnungen zur Zuordnung der neuen Verfahren nach § 43l erspart. Dieses Vorgehen nimmt den Ländern nicht die Freiheit der Regelung welche Landesbehörden für die Verfahren nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 zuständig sind und bewirkt gleichzeitig eine Zuständigkeitskonzentration im Sinne des beschleunigten Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur. Zugleich wird nicht nur an die Planfeststellungstatbestände nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und Nr. 6 angeknüpft, sondern auch an die UVP-pflicht für Gasversorgungsleitungen.22 Die UVP ist nach Anlage 1 Nr. 19.2.1 zum UVPG verpflichtend für Fernleitungen einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von mehr als 800 mm. Nach Anlage 1 Nr. 19.2.2 und Nr. 19.2.3 des UVPG ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (Screening) für Leitungen einer Länge von mehr als 40 km und einem Durchmesser von 300 mm bis zu 800 mm und einer Länge von 5 km bis 40 km und einem Durchmesser von mehr als 300 mm durchzuführen. Nach Anlage 1 Nr. 19.2.4 des UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls für Leitungen einer Länge von weniger als 5 km und einem Durchmesser von mehr als 300 mm durchzuführen.
2. Fakultative Planfeststellung (Abs. 3) 25 Aus dem Planfeststellungsbedürfnis nach Abs. 2 in Verbindung mit der Anwendbarkeit des 5. Teils nach Abs. 1 ergibt sich bereits die Anwendbarkeit von § 43 Abs. 2 und damit die fakultative Planfeststellungsfähigkeit von Nebenanlagen zu Wasserstoffleitungen und Anbindungsleitungen. Abs. 3 S. 1 adressiert dementsprechend den darüberhinausgehenden Fall kleinerer Wasserstoffleitungen. Dies wird erneut sowohl auf Versorgungsleitungen wie Anbindungsleitungen bezogen. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal in Abgrenzung zur obligatorischen Planfeststellung ist der geringere Durchmesser von 300mm oder weniger, wobei das Gesetz hier wie schon in § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 keine Aussage darüber trifft, wie der Durchmesser zu berechnen ist bzw. ob der Innendurchmesser (hierfür sprechen die technische Normung und Historie) oder Außendurchmesser (hierfür sprechen der Wortlaut und die Systematik mit dem Energieanlagenbegriff) maßgeblich ist. Angesichts des für die Wasserstoffinfrastruktur ober wie unterhalb des Durchmessers aufgezeigten Weges in die Energieplanfeststellung mag dies hier anders als bei der Gasinfrastruktur dahinstehen. 26 Erwähnenswert ist die darauffolgende in Abs. 3 S. 2 vorgenommene Klarstellung, dass der fakultative Planfeststellungstatbestand für Nebenanlagen in § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 unberührt bleibt, deshalb, weil damit vorbeugend klargestellt wird, dass die Normierung des neuen fakultativen Planfeststellungstatbestands für kleine Leitungen nicht die Anwendung des fakultativen Planfeststellungstatbestands für Nebenanlagen versperrt. Zugleich verdeutlicht der Gesetzgeber damit im Umkehrschluss, dass die übrigen (strombezogenen) Tatbestände der fakultativen Planfeststellung nach § 43 Abs. 2 S. 1 nicht einschlägig sind.
3. Fortgeltung und Sicherheitsanforderungen (Abs. 4 S. 1–3) 27 Während Abs. 4 S. 1 die Fortgeltung der behördlichen Zulassungen für auf Wasserstoff umzustellenden Gasversorgungsleitungen anordnet, adressiert Abs. 4 S. 2 die Fallkonstellation der Leitungen aus Zeiten des Anzeigeverfahrens. Abs. 4 S. 1 adressiert damit die jüngeren Leitungen, die seit Einführung der obligatorischen Planfeststellung zugelassen wurden, während Abs. 4 S. 2 die zuvor errichteten älteren Leitungen adressiert. Damit trägt Abs. 4 S. 2 dem Umstand Rechnung, dass nur ein kleiner Bruchteil des vorhandenen Gasnetzes seit Einführung der UVP-rechtlichen bzw. ab 2005 energierechtlichen Planfeststellung zugelassen wurde und der weit überwiegende Teil der Gasinfrastruktur bereits zuvor bestand. 22 Vgl. Rn 19. Fest
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4. Anzeige bei Änderungen (Abs. 4 S. 4 und 5)
EnWG § 43l
Auf den ersten Blick mag die Klarstellung, dass die §§ 49 und 113c unberührt bleiben, re- 28 dundant wirken, da die Geltung der Paragrafen neben § 43l unbestritten ist. Die Klarstellung ist jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit den vorangehenden beiden Sätzen zur Fortgeltung von Zulassungen und Leitungen aus Zeiten des Anzeigeverfahrens sowie der parallelen Ergänzung von § 49 als zentraler Norm für den zu beachtenden Stand der Technik nach den technischen Regelwerken von VDE und DVGW für Strom und Gas um Regelwerke für Wasserstoff zu sehen. Insofern kommt der Klarstellung eine Hinweisfunktion auf die geänderte Fassung von § 49 und die neuen technischen Regelwerke für Wasserstoff zu, die selbstverständlich bei einer Umstellung der Leitung von Erdgas zu Wasserstoff und dann im Betrieb zu beachten sind. Dies bildet dann auch die Grundlage der technischen Energieaufsicht, die sich nicht nur nach Abs. 1, sondern damit auch ausdrücklich nach Abs. 4 S. 3 auf Wasserstoffnetze erstreckt. Weitergehend ist die Klarstellung vor allem wegen der wasserstoffspezifischen Konkretisie- 29 rung von § 49 im neuen § 113c von Bedeutung. Damit wird mittelbar auch auf die Gashochdruckleitungsverordnung und die Übertragung dort maßgeblicher Regelungen auf Wasserstoff Bezug genommen.
4. Anzeige bei Änderungen (Abs. 4 S. 4 und 5) Neben der Fallkonstellation, dass eine Gasversorgungs- oder Anbindungsleitung ohne Änderun- 30 gen auf der Grundlage der früheren Zulassung oder damaligen Zulassungsrechts nach Abs. 4 S. 1 oder 2 für den Wasserstofftransport genutzt wird, ist die Fallkonstellation denkbar, dass die Umstellung Änderungen an der Leitung bedingt. Hierfür ist z. B. maßgeblich mit welchem Druck welche Menge Wasserstoff durch welche Leitung transportiert werden soll. Ein höherer Druck kann eine Innenabdichtung durch eine Innenwandbeschichtung einer älteren Leitung erfordern. Hierbei bliebe die Leitung äußerlich und im Wesentlichen unverändert.23 Es ist jedoch auch denkbar, dass die unveränderte Weiternutzung der Hauptanlage Änderungen an einer Nebenanlage erfordert. Für derartige Fallkonstellationen hat der Gesetzgeber das Anzeigeverfahren nach Abs. 4 S. 4 und 5 in Verbindung mit § 43f vorgesehen. Während sich der Inhalt von Abs. 4 S. 4, einer Anwendbarkeit des Anzeigeverfahrens, bereits aus dem energieträgerneutralen Formulierungen von § 43f in Verbindung mit der Anwendung auf Wasserstoff nach Abs. 1 herleiten lässt, beinhaltet Abs. 4 S. 5 in diesem Kontext eine wesentliche gesetzliche Klarstellung, so dass beide Sätze im Zusammenhang zu betrachten sind. Abs. 4 S. 4 beinhaltet mit der Aussage, dass § 43f unberührt bleibt zunächst den allgemei- 31 nen Verweis auf das volle Prüfprogramm von § 43f. Es muss demnach von der Planfeststellungsbehörde geprüft werden, ob die Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens vorliegen. Dabei ist zunächst in den Blick zu nehmen, ob eine Abweichung der Lage, Beschaffenheit oder des Betriebs vorliegt, die als Änderung nicht von der ursprünglichen Zulassung im Sinne von Abs. 4 S. 1 und 2 gedeckt ist.24 Der Begriff der Änderung umfasst auch eine Erweiterung der Anlange, wie sie z. B. in einer Innenwandbeschichtung gesehen werden kann, diese stellt lediglich den Spezialfall einer Änderung dar.25 Die Abgrenzung beider Begriffe hat wenig praktische Relevanz.26 Da unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 nur durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden können, wenn für das Leitungsvorhaben keine UVP durchzuführen ist, kommt dem nachfolgenden Abs. 4 S. 5 herausragende Bedeutung zu. Denn nach den Vorgaben der UVP-RL und deren nationaler Umsetzung im UVPG in Verbindung mit Abs. 2 S. 2 ist bei Wasserstoff-Leitungsvorhaben im Sinne der UVPG-Tatbestände nach Nr. 19.2 der Anlage 1 zum UVPG eine UVP unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Mit der 23 24 25 26 399
Vgl. Rn 20. BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16.04 –. Säcker/Pielow, § 43f Rn 5. Britz/Hellermann/Hermes/Kupfer, § 43f Rn 4. Fest
§ 43l EnWG
III. Besondere Regelungen für Wasserstoffinfrastruktur (Abs. 2–4)
Neufassung von § 43f wurde 2019 eine Abweichung vom UVPG unmittelbar in § 43f Absatz 2 geregelt. Danach ist die UVP in den in § 43f Abs. 2 S. 1 genannten Fallgruppen entbehrlich, soweit die näheren Voraussetzungen von Abs. 2 S. 2–4 eingehalten werden.27 Die Neuregelung wurde vom Gesetzgeber auf die Vereinbarkeit mit der UVP-Richtlinie geprüft und wird auch in der Literatur als unionsrechtskonforme Richtlinienumsetzung und spezielle Regelung gegenüber § 9 UVPG angesehen.28 In der Folge wurde die Neuregelung, was nicht UVP-Pflichtig ist, auch als Stärkung der Rechtssicherheit sowohl auf Seiten der Vorhabenträger als auch auf Seiten der Behörden bewertet.29 Genau auf die erste dieser Fallgruppen, die Änderung des Betriebskonzepts nimmt Abs. 4 S. 5 nun Bezug. Auch hier weist die grundsätzlich energieträgerneutrale Formulierung von § 43f bereits den Weg, zumal Änderungen eines Betriebskonzepts nicht nur im Bereich von Stromleitungen, sondern eben auch im Bereich von Gasleitungen erfolgen können, auch wenn die Vorschrift im Kontext der Beschleunigung des Stromnetzausbaus eingeführt wurde und die auf § 43f Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Änderung des Betriebskonzepts) folgenden Anzeigetatbestände für Zu- und Umbeseilungen vom Wortlaut her klar auf Stromleitungen bezogen sind. Zwar ist § 43f Abs. 2 S. 1 auch im Kontext von § 43f Abs. 5 zu sehen, der auf die entsprechende Anwendung der Begriffsbestimmungen in § 3 Nr. 1 NABEG verweist, wobei das NABEG naturgemäß nur Stromleitungen adressiert. Für das EnWG ist der aus der Zielsetzung ersichtliche breitere Energieträgeransatz maßgeblich, der auch nicht durch die Verweisung auf NABEGBegriffsbestimmungen seine prägende Wirkung verliert. Eine Intention über § 43f Abs. 5 den Anwendungsbereich des Anzeigeverfahrens zu Lasten von Gasfernleitungen zu beschneiden ist weder aus dem damaligen Gesetzentwurf noch aus dem Gesetzgebungsverfahren ersichtlich und konnte dementsprechend auch nicht überzeugend hineingelesen werden. Weitergehend eröffnet die Vorgabe der nur „entsprechenden“ Anwendung der NABEG-Begriffsbestimmungen die Übertragung der Abweichungsregelung für die Fallgruppe Nr. 1 (Änderung des Betriebskonzepts) auch auf Gasversorgungs- und Wasserstoffleitungen, während dies für die beiden anderen Nummern schon vom Wortlaut her nicht in Betracht kommt. Die gesetzliche Klarstellung, dass Änderungen nach Abs. 4 S. 4 unter den Tatbestand der Änderung des Betriebskonzepts fallen, erübrigt nun entsprechende Auslegungsfragen und bewirkt für die Anzeigefälle die Entbehrlichkeit einer UVP-Prüfung. 32 Die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Anzeige bleibt jedoch unter Berücksichtigung der Abweichung vom UVPG im Einzelfall zu prüfen. Neben der Entbehrlichkeit einer UVP dürfen nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 1. Alt auch andere öffentliche Belange durch die Änderungen oder Erweiterungen nicht (negativ) berührt werden.30 Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 3 weitergehend durch ein Anzeigeverfahren nur zugelassen werden, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.31 Diese Tatbestandsvoraussetzungen der Anzeige korrelieren insbesondere mit den Sicherheitsanforderungen nach Abs. 4 S. 3 in Verbindung mit §§ 49 und 113c, die sowohl einen öffentlichen Belang darstellen, als auch für die Nichtbeeinträchtigung der Rechte Dritter maßgeblich sind.32 33 Die in § 43f Abs. 2 S. 2 vorgenommene Einschränkung des Anzeigetatbestands der Änderung des Betriebskonzepts durch eine Prüfung der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV zu elektromagnetischen Feldern und der TA Lärm ist zwar im Bereich der Anzeige von Betriebsänderungen bei Stromleitungen praxisrelevant, nicht jedoch bei Gas- und Wasserstoffleitungen, 27 S. Kommentierung zu § 43f Abs. 2 unter Rn 47 ff. 28 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198; Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1434; vgl. auch Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435 (436). 29 Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429, 1433. 30 Vgl. zur Parallelnorm § 74 VwVfG: Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 81 und Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 177; vgl. zu § 43f Rn 30 ff. 31 Vgl. zu § 43f, Rn 36 ff. 32 So ist auch die Begründung des Beschlusses des Bundesrats zu verstehen, BR-Drucks. 165/21 (Beschluss). Fest
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IV. Fortgeltung und Anzeige bei anderer Rechtsgrundlage (Abs. 5)
EnWG § 43l
die von anderen technischen Gegebenheiten geprägt sind. Gleiches gilt für die gleichfalls 2019 in § 43f Abs. 3 geschaffene Regelung nach der es für die Berührung der öffentlichen Belange auf die Einhaltung der Grenzwerte und nicht auf Veränderung der Werte unterhalb der Grenzwerte ankommt. Die Voraussetzung nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 3 1. Alt., wonach Rechte anderer nicht beein- 34 trächtigt werden, entspricht weitgehend wörtlich der Voraussetzung zur Erteilung einer Plangenehmigung im allgemeinen Planfeststellungsverfahren nach § 74 Abs. 6 Nr. 1. 1. Alt VwVfG.33 Dass § 74 Abs. 6 Nr. 1 VwVfG nunmehr unwesentliche Rechtsbeeinträchtigungen ausnimmt, ändert hieran nichts. Die Voraussetzung nach § 43f Abs. 1 S. 2 Nr. 3 2. Alt., wonach alternativ eine Zulassung auch dann durch ein Anzeigeverfahren erfolgen kann, wenn mit vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, entspricht zwar nicht dem Wortlaut, aber dem Sinn und Zweck von § 74 Abs. 6 2. Alt VwVfG.34 Die Anzeigevoraussetzung adressiert den direkten Zugriff auf fremde Rechte und damit alle subjektiven öffentlichen Rechte und rechtlich geschützten Interessen, die in der planerischen Abwägung nicht überwunden werden können.35 Ob durch die Realisierung des Vorhabens bei einer Freistellung von einem förmlichen Verfahren durch das Anzeigeverfahren Rechte Dritter beeinträchtigt werden, setzt eine Prognose voraus. Da das Planfeststellungsverfahren gerade der Prüfung dient, ob und inwieweit Rechte Dritter beeinträchtigt sein können, kommt ein Anzeigeverfahren nur in Betracht, wenn eine hinreichend sichere Beurteilung der Frage möglich ist, ob Rechte Dritter beeinträchtigt werden können.36 Diese allgemeinen Anforderungen im Rahmen des Anzeigeverfahrens, für die auch an dieser Stelle auf die weitergehende Kommentierung zu § 43f verwiesen sei, haben eine wasserstoffspezifische Ergänzung in § 113a erfahren. Die Überleitungsvorschrift § 113a regelt analog zur Fortgeltung des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsrechts die Fortgeltung der Konzession, soweit erforderlich, und der privatrechtlichen Trassensicherung über Dienstbarkeiten. Insofern wurde die Anzeigevoraussetzung der Nichtbeeinträchtigung der Rechte anderer in dinglicher Hinsicht geregelt. Mit den gesetzlichen Klarstellungen zum Sicherheitsstandard nach Abs. 4 S. 3 in Verbindung mit §§ 49 und 113c sowie zu den dinglichen Rechten nach § 113a hat der Gesetzgeber an zwei Stellen mit besonderem Diskussionspotenzial klare Entscheidungen im Sinne der Vereinfachung des Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur getroffen.
IV. Fortgeltung und Anzeige bei anderer Rechtsgrundlage (Abs. 5) Auch wenn im Rahmen des Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur die werterhaltende Weiter- 35 nutzung der Gasversorgungsleitungen klar ersichtlich im Vordergrund steht, sind Fälle denkbar, nach denen zum einen Teile der Gasinfrastruktur, insbesondere Nebenanlagen, nach an anderem Zulassungsrecht zugelassen wurden und nun aber im Zusammenhang mit einer Leitung nach Energierecht zusammen auf Wasserstoff umgestellt werden sollen. Nebenanlagen zu Gasversorgungsleitungen können bereits nach dem geltenden Genehmigungsregime des § 43 EnWG fakultativ – auch nachträglich – in ein Planfeststellungsverfahren integriert werden, § 43 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EnWG. Demnach unterfallen für den Betrieb von Energieleitungen erforderliche Anlagen jedoch grundsätzlich anderen Genehmigungsregimen, insbesondere dem des 33 Zu den Unterschieden zu § 74 Abs. 7 Nr. 2 vgl. Rn 14 f. 34 Säcker/Pielow, § 43f Rn 11. 35 So BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 – 11 VR 12/00 –; BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; VGH München, Urt. v. 11.3.2005 – 22 A 4/40063 –; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.9.2002 – 7 MS 180/02 –. Anders indes VGH Kassel, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14: Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt nicht nur dann vor, wenn unmittelbar durch das Vorhaben auf das Eigentum Dritter zugegriffen wird, sondern auch dann, wenn schutzwürdige Belange Dritter durch das Vorhaben berührt sein können. So auch Kümper, DÖV 2017(856), wie hier Grigoleit/Klanten, EnWZ 2020, 435 (438). Offen gelassen: BVerwG, Beschl. v. 31.7.2017 – 4 B 12/17. 36 Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 21; vgl. auch Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 164 m. w. N. 401
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V. Immissionsschutzrecht (Abs. 6)
Bundes-Immissionsschutzgesetzes.37 Abs. 5 erweitert demnach diesen Mechanismus aus dem Bereich der Planfeststellung auf den Bereich der diese ersetzenden Anzeige, um bestehende Infrastruktur möglichst einfach, umfassend und zügig in die Wasserstoffinfrastruktur einzubeziehen und damit das Energierecht möglichst breit zur Anwendung zu bringen. 36 Zum anderen bestehen bereits industrielle Leitungen für Wasserstoff, die außerhalb des Energierechts zugelassen wurden und nun für eine Verbindung mit neuen Wasserstoffleitungen nach Energierecht zu einem Verbund in Betracht kommen und in der Folge ggf. in selbiges Energierecht überführt werden sollen. Eine vergleichbare Konstellation kann bei anderen industriellen Gasen oder Stoffen entstehen, wenn andere Produktleitungen zu Wasserstoffleitungen umgestellt werden sollen. Während Abs. 4 die Infrastruktur der Gasnetzbetreiber adressiert, nimmt Abs. 5 auch die Infrastruktur nach Rohrfernleitungerecht im Kontext der Umrüstung von Chemie- und Raffinerieparks in den Blick. 37 Inhaltlich kann auf die Ausführungen zu Abs. 4 bzw. § 43f verwiesen werden, da hier mit der Erstreckung des Anwendungsbereichs keine inhaltliche Modifikation verbunden wurde. Hervorzuheben ist allerdings, dass das Energierecht mit Absatz 5 noch stärker als zuvor in eine andere Zulassungsregime verdrängende Rolle hineinwächst. Dies ist gewollt (Wortlaut „ist anzuwenden“) und wird wie diverse Regelungen zum Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur für viele Anwender noch gewöhnungsbedürftig sein. Der Gesetzgeber priorisiert damit den schnellen Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur nach Energierecht. Inwieweit Vorhabenträger die höhere Rechtssicherheit einer Zulassung nach anderem Zulassungsrecht gegen eine energierechtliche Anzeige aus Gründen der zügigeren Vorhabenrealisierung bereit sind einzutauschen, wird erst die Praxis zeigen und mit einigem Abstand beurteilt werden können.
V. Immissionsschutzrecht (Abs. 6) 38 Abs. 6 beinhaltet die Klarstellung, dass das Immissionsschutzrecht unberührt bleibt. Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf, der eine Abs. 4 ähnelnde Fortgeltungsregelung vorsah, und dem Neufassungsbeschluss des Bundesrates bei dem die gleichfalls zur Diskussion stehende Streichung der Verdichterregelung nicht mehrheitsfähig war, hat die Bundesregierung hier während des Gesetzgebungsverfahrens ihre Auffassung in Richtung strengerer Regelungen geändert. Im Kabinettsbeschluss zur Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen hat die Bundesregierung die Regelung damit begründet, dass eine Fortgeltung von Genehmigungen, der Systematik des Bundes-Immissionsschutzgesetzes widerspräche.38 Die Unberührtheitsklausel wurde dabei so gefasst, dass auch die Regelungen in Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von ihr umfasst sind. 39 Anders als bei der Fortgeltung der behördlichen Zulassungen für Gasversorgungsleitungen und deren Nebenanlagen, also auch energierechtlich planfestgestellter Verdichteranlagen, gilt eine derartige Fortgeltung damit nicht für immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen. Die immissionsschutzrechtlichen Anlagen können mithin nur vereinfacht auf Wasserstoff umgestellt werden, wenn entweder ein Verfahren nach Immissionsschutzrecht durchgeführt oder über das Anzeigeverfahren nach Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 aus dem Immissionsschutzrecht in das Energierecht gewechselt wird. Inwiefern der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in welchem Umfang wie schnell Verdichteranlagen erfordert und in welchem Umfang dann auf welchen zulassungsrechtlichen Weg gesetzt wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.
37 So die Begründung des Beschlusses des Bundesrats, BR-Drucks. 165/21 (Beschluss). 38 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht, hier: Formulierungshilfe für Änderungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, Kabinettsache Datenblatt Nr.: 19/09162 vom 26.4.2021. Fest
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VII. Wasserstoff-Readiness (Abs. 8)
EnWG § 43l
VI. Erstreckung des Gasbegriffes in BauGB und ROV (Abs. 7) Abs. 7 adressiert wie die beiden vorangehenden Absätze Regelungen außerhalb des EnWG. Da- 40 bei geht es nicht nur um das maßgebliche Verfahrensrecht, sondern vor allem auch um maßgebliche Auswirkungen auf Verfahrensbestandteile und materielle Voraussetzungen für eine Zulässigkeit.
1. Gasbegriff in § 35 BauGB (Abs. 7 HS. 1) Halbsatz 1 hat gravierende inhaltliche Auswirkungen. Er adressiert mit der Außenbereichspri- 41 vilegierung eine Genehmigungsvoraussetzung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit, welche in die Prüfung der Zulässigkeit in energierechtlichen Verfahren einkonzentriert ist. Ohne die gesetzliche Klarstellung würde die separate Begriffsbestimmung des Wasserstoffes in § 3 sonst dazu führen, dass Wasserstoffleitungen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile, sprich außerhalb des Innenbereichs, bauplanungsrechtlich unzulässig wären. Eine frei werdende Gasversorgungsleitung könnte dann nicht umgestellt, sondern müsste zurückgebaut werden. Die Norm wendet dieses dem Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur gegenläufige Szenario ab und privilegiert damit Wasserstoffleitungen genauso wie Strom- und Gasversorgungsleitungen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
2. Gasbegriff in § 1 Nr. 14 ROV (Abs. 7 HS. 2) Die Regelung in Halbsatz 2 erweitert auf den ersten Blick nur die Pflicht zur Durchführung eines 42 Raumordnungsverfahrens für Gasleitungen auf Wasserstoffleitungen und bewirkt mithin dieselbe Arbeitsteilung zwischen Planungs- und Genehmigungsebene, die auch schon aus dem Bereich der Gasversorgungsleitungen bekannt ist. Gleichwohl ist diese gesetzgeberische Weichenstellung nicht zu unterschätzen, da der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens bei Neubauabschnitten im Rahmen des Aufbaus der Wasserstoffinfrastruktur eine entlastende Wirkung gegenüber dem nachgelagerten Planfeststellungsverfahren zukommen kann. Dies gilt insbesondere für die räumliche Prüfung von Realisierungsalternativen, die dann bei der Alternativenprüfung im Planfeststellungsverfahren zu Grunde gelegt und in der Abwägung entsprechend berücksichtigt werden kann.
VII. Wasserstoff-Readiness (Abs. 8) Angesichts eines aktuell noch fortdauernden Ausbaus der Gasinfrastruktur infolge der L-H-Gas- 43 umstellung und auch von Umstellungsprozessen von Kohle zu Gasnutzung wird zunehmend durch die parallel bestehende Klima- und Dekarbonisierungsziele die Frage nach der langfristigen Nachhaltigkeit weiteren Gasnetzausbaus aufgeworfen.39 Abs. 8 kann neben den übrigen Vorschriften zur Umstellung von Gasleitungen auf Wasserstoffleitungen als erste, genehmigungsrechtliche Antwort auf diese Diskussion im Gasbereich gesehen werden. Dem Dekarbonisierungserfordernis soll durch eine Auslegung der neuen Infrastruktur auf eine spätere Wasserstofftauglichkeit (sog. Wasserstoff-Readiness) Rechnung getragen werden. Dies ermöglicht und erleichtert damit spätere Umstellungsprozesse.40 39 S. exemplarisch PM und Stellungnahme des Umweltverbandes DUH zum Netzentwicklungsplan Gas v. 29.5.2020, https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/gasnetzplanung-klimaziele-muessentreiber-bei-aus-und-umbau-der-gasinfrastruktur-werden/. 40 Zum Regelungszweck sie eingehend Rn 14. 403
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§ 43l EnWG
VIII. Rechtswirkungen
Die Regelung entfaltet ihre Regelung an mehreren Stellen. Zum einen wird klargestellt, dass damit nicht nur Gasversorgungsleitungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und reine Wasserstoffleitungen nach § 43l Abs. 2 S. 1 planfeststellungsbedürftig sind, sondern auch Gasversorgungsleitungen, die von Anfang an so ausgelegt werden, dass sie später Teil der Wasserstoffinfrastruktur werden können. Damit kann der Planfeststellungsgegenstand über das hinausgehen, was zur Errichtung und einem Betrieb einer Gasversorgungsleitung unbedingt erforderlich wäre, ohne dass dies aus dem Planfeststellungstatbestand für Gasversorgungsleitungen herausfiele und ohne, dass bereits der Planfeststellungstatbestand einer Wasserstoffleitung einschlägig wäre. Es wird mithin ein Delta zwischen den Tatbeständen abgewendet und mithin der Notwendigkeit weiterer Verfahren in der Zukunft vorgebeugt. Zugleich wird mit der entsprechenden Anwendung der Absätze 1–7 auch der in Abs. 3 S. 1 enthaltene fakultative Planfeststellungstatbestand für kleinere Wasserstoffleitungen damit auch auf kleinere Gasversorgungs- und Anbindungsleitungen unter der Maßgabe übertragen, dass diese Wasserstoff-ready ausgelegt werden. Damit wird eine planfeststellungrechtliche Lücke weitgehend geschlossen, die sich aus dem in § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 maßgeblichen Durchmesser ergibt.41 45 Die Regelung hat über den Tatbestand hinausgehende Wirkung auf die Planrechtfertigung, bei der Gas- und Wasserstoffinfrastruktur zusammenhängen. Der Umstellungsprozess auf Wasserstoff liegt regelmäßig bei einer kurzfristig zunächst als neue Gasversorgungs- oder Anbindungsleitung erforderlichen Leitung zeitlich weiter entfernt, als bei einer im Rahmen eines Umstellungsprozesses der Gasqualität freiwerdenden Leitung. Gleichwohl bleibt eine spätere Umstellung insbesondere der Fernleitungsinfrastruktur als Transportinfrastruktur bis zu den Klimazielen 2050 abstrakt wahrscheinlich, nur vom konkreten Zieljahr her noch nicht sicher bestimmbar. Eine solche Prognose kann sich allerdings auch bei Verteilnetzinfrastruktur vor dem Hintergrund ergeben, dass ein erheblicher Teil der Industrie auf Ebene der Verteilnetze angeschlossen ist. Weitergehend kann sich die Fallgestaltung ergeben, dass innerstädtische Gebiete hoher Nutzerdichte bestehen, die sich absehbar nicht über Fernwärmeinfrastrukturen und Wärmepumpen effizient elektrifizieren lassen. Hier ist es zweckmäßig entsprechende Prognosen zu treffen, inwieweit eine zu erneuernde Verteilernetzinfrastruktur nicht gleich Wasserstoff-ready auf eine spätere Umstellung ausgelegt wird. Insofern wird mit Abs. 8 indirekt eine grundsätzliche Aussage des Gesetzgebers zur grundsätzlich annehmbaren Planrechtfertigung für Wasserstoff-ready-Gasnetzausbau getroffen. Dies erübrigt zwar nicht die Darlegung der Planrechtfertigung im konkreten Fall, z. B. durch Verweis auf Darlegungen der FNB im Rahmen des NEP Gas und weitergehende projektbezogene Ausführungen zum prognostizierten späteren Umstellungsbedarf. Dem Gesetzgeber war dabei auch die Gesetzesstruktur mit § 15a bekannt, nach der ein Netzentwicklungsplan Gas derzeit keine Bedarfsprüfung über den Zeithorizont der nächsten zehn Jahre vornimmt und insoweit keine Aussagen zum langfristigen Umstellungsbedarf trifft. Weitergehend war das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bei der Dena beauftragte Projekt einer Dena III-Netzstudie bekannt, bei der versucht wird eine langfristige und integriertere Planung zu entwickeln und ihre Einführung vorzubereiten. Auf letztere wurde in der Begründung des Bundesratsbeschlusses auch ausdrücklich hingewiesen. Dies verdeutlicht, dass der Gesetzgeber im öffentlichen Interesse an einer vorausschauenden Infrastrukturplanung und Auslegung derzeit keine verunmöglichenden, allzu hohen Anforderungen an die Darlegung dieser Umstellungsprognose gestellt sehen möchte. Diese Intention muss bei Anwendung und Auslegung von Abs. 8 berücksichtigt werden.
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VIII. Rechtswirkungen 46 Die Entscheidung der zuständigen Behörde sowohl hinsichtlich der Verfahrenswahl (Verzicht auf Planfeststellung), als auch inhaltlich (Planfeststellungsbeschluss), ist ein Verwaltungsakt
41 S. § 43 Rn 45. Fest
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1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers
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im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG und hat sowohl Regelungs- als auch Außenwirkung.42 Die Außenwirkung besteht schon in der Maßgeblichkeit der Entscheidung für den außerhalb der Behörde stehenden Vorhabenträger. Auch wenn die Bekanntgabe in § 43l selbst nicht angelegt ist, ergibt sich dies aus den in Bezug genommenen §§ 43 ff. Die Regelungswirkung ergibt sich zunächst aus der zulassenden Wirkung der Entschei- 47 dung. Auch die Entscheidung, dass kein förmliches Verfahren durchgeführt werden muss, hat zugleich zur Folge, dass die Änderung oder Erweiterung öffentlich-rechtlich zugelassen ist.43 Die Entscheidung nach § 43l Abs. 4 S. 4 und 5 in Verbindung mit § 43f ist daher als Genehmigung i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 2 VwGO anzusehen.44 Bei Planfeststellungsbeschlüssen nach Abs. 2 und 3 gilt die Konzentrationswirkung des § 75 48 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG. Bei Anzeigeverfahren nach Abs. 4 S. 4 und 5 tritt hingegen mangels Planfeststellung oder Plangenehmigung die Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG nicht ein.45 Soweit für das Vorhaben dann andere behördliche Entscheidungen erforderlich sind, müssen diese eingeholt werden. Beispielsweise kann der Fall eintreten, dass kein Planfeststellungsbeschluss besteht und erforderlich ist, aber gleichwohl Arbeiten an der Leitung und dafür Grundstückinanspruchnahmen über bisherige dingliche Rechte hinaus erforderlich werden, so kann angesichts fehlender enteignungsrechtlicher Vorwirkung eine Entscheidung nach § 45 Abs. 2 S. 2 über die Zulässigkeit der Enteignung erforderlich werden.
IX. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers Gegen Bestimmungen eines Planfeststellungsbeschlusses zur Zulassung einer Wasserstofflei- 49 tung kann der Vorhabenträger als Adressat vorgehen. Hierbei gelten keine Besonderheiten gegenüber Planfeststellungsbeschlüssen für Strom- und Gasleitungen nach § 43.46 Insbesondere ergibt sich aus der in § 43l Abs. 1–3 und 8 vorgenommenen Ausweitung der Planfeststellungstatbestände von § 43 Abs. 1 S. 1 N. 5 und 6 sowie § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte nach § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 VwGO auch für Verfahren wegen der energierechtlichen Planfeststellung von Wasserstoffleitungen und ihrer Nebenanlagen. Der absehbar praxisrelevantere Verzicht auf die Durchführung eines förmlichen Verfahrens 50 steht nach Abs. 4 S. 4 i. V. m. § 43f S. 1 („können“) ausdrücklich im Ermessen der Behörde. Die Voraussetzungen des § 43f Abs. 1 S. 2 unterliegen voller verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Maßgebend ist nicht die ex ante Betrachtung der zuständigen Planfeststellungsbehörde, sondern die objektive ex post-Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse.47Der Vorhabenträger kann bei ablehnender Entscheidung über die Gestattung eines Vorhabens über das Anzeigeverfahren auf ermessensfehlerfreie Bescheidung klagen.48 Widersprüchliche Aussagen existieren zur Frage, ob Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zu erheben ist, die Verpflichtungsklage auf ermessensfehlerfreie Entscheidung scheint vorzugswürdig.49 Einen Anspruch auf Erteilung der
42 43 44 45 46 47
Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 29.9.2011 – 11 D 93/09 –; a. A. Danner/Theobald/Missling, § 43f Rn 29. Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –. BT-Drucks. 19/7375, S. 61. Vgl. zu § 43 Rn 207 ff. So Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 261 zur Prüfung des Entfallens von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren. 48 Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17. 49 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, § 43f Rn 30; Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17. 405
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§ 43l EnWG
IX. Rechtsschutz
Freistellung im Anzeigeverfahren hat der Vorhabenträger aufgrund des Ermessensspielraums der Behörde indes nicht.50 51 Sowohl Widerspruch wie Verpflichtungsklage haben grds. aufschiebende Wirkung, § 43f wird dem Wortlaut nach nicht von § 43e erfasst.51 Strittig ist die erstinstanzliche Zuständigkeit für gegen Entscheidungen nach § 43f gerichtete Klagen.52 Sinnvoll im Sinne des angestrebten Beschleunigungseffektes erscheint es, die sich aus § 48 Abs. 1 Nr. 4 ergebende Zuständigkeit des OVG bei Planfeststellungsbeschlüssen vor dem Hintergrund der Ergänzungsklausel § 48 Abs. 1 S. 2 auch bei der Entscheidung über die Einschlägigkeit des Planfeststellungsverfahrens anzunehmen.53 Ebenso kann der Vorhabenträger gegen die Entscheidung, unwesentliche Änderungen oder 52 Erweiterungen bei der Umstellung einer Gasversorgungs- oder Anbindungsleitung hin zu einer Wasserstoffleitung ohne Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durch ein Anzeigeverfahren zuzulassen, Klage erheben. Der Vorhabenträger wird durch eine solche Entscheidung in seinen Rechten verletzt, weil er durch einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss oder durch eine bestandskräftige Plangenehmigung eine gesicherte Rechtsstellung erlangt, die ihn vor Abwehransprüchen der Nachbarn schützt.54
2. Rechtsschutz Dritter 53 Wird eine Wasserstoffleitung durch Planfeststellung nach den Abs. 2 und 3 zugelassen, so gelten im Hinblick auf den Rechtsschutz keine Besonderheiten im Vergleich zur Planfeststellung nach § 43.55 Im Hinblick auf den Rechtsweg gilt dasselbe wie für den Rechtsschutz des Vorhabenträgers.56 Ein Dritter kann hingegen in der anderen Fallkonstellation der Weiternutzung einer Be54 standsleitung keinen Rechtsschutz dagegen geltend machen, dass eine Leitung ohne Änderung weitergenutzt wird oder die Behörde die Änderung oder Erweiterung einer Gasversorgungs- oder Anbindungsleitung zu einer Wasserstoffleitung zulässt, ohne dass die Freistellungstatbestände erfüllt sind.57 Unterbleibt eine an sich notwendige Planfeststellung, hat ein betroffener Dritter grds. keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens, sondern nur Abwehr-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche. Denn der Einzelne kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden; er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht.58 Der Dritte kann beanspruchen, dass ihm daraus, dass ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren rechtswidrig unterblieben ist, keine Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsposition erwächst. Eine derartige Beeinträchtigung liegt vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben
50 51 52 53
So auch Theobald/Kühling/Missling, § 43b Rn 31. So Säcker/Naujoks, § 29 NABEG, Rn 53; a. A. wohl Beckmann, UPR 2013, S. 331 (335). Kment/Turiaux, § 43f, Rn 19. Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –; OVG Schleswig, Urt. v. 12.2.2008 – 4 KS 5/07 –; Beckmann, UPR 2013, S. 331 (335). 54 Vgl. Kment/Turiaux, § 43f, Rn 17; Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 185. Die auf Stromleitungen und das Immissionsschutzrecht bezogenen Ausführungen dürften sich grundsätzlich auch auf Gasleitungen übertragen lassen, selbst wenn sich die Betroffenheit anders gestaltet und eher auf den Explosionsschutz abzustellen ist, vgl. Begründung zu BR-Drucks. 165/21 (Beschluss). 55 Vgl. zu § 43 Rn 209 ff. 56 Vgl. Rn 49 ff. 57 a. A. zur Parallelnorm des § 25 NABEG: de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25, Rn 58 f. 58 BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –; BVerwG, Urt. v. 22.2.1980 – 4 C 24/77 –; VGH München, Beschl. v. 20.10.2003 – 8 AE 03/40047 –. Fest
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2. Rechtsschutz Dritter
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entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben ist.59 Abs. 4 S. 4 i. V. m. § 43f Satz 2 Nr. 3 ist insoweit drittschützend.60 Hingegen wird das Recht eines anerkannten Naturschutzvereins auf Beteiligung in 55 Planfeststellungsverfahren verletzt, wenn die Behörde die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens nicht im Wege der Planfeststellung, sondern in Form des – nicht beteiligungspflichtigen – Anzeigeverfahrens zulässt, weil sie die rechtlichen und naturschutzfachlichen Voraussetzungen, unter denen nach einer Vorprüfung des Einzelfalls von einer UVP und damit von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen werden darf, verkannt hat. In der Folge ist ein anerkannter Naturschutzverband wegen der Nichtdurchführung eines an sich gebotenen Planfeststellungsverfahrens klagebefugt. Gegen eine solche Entscheidung ist dem übergangenen Naturschutzverein die Anfechtungsklage eröffnet. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall.61
59 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Beschl. v. 26.6.2000 – 11 VR 8/00 –; BVerwG, Urt. v. 14.12.1973 – 4 C 50.71 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.1.2007 – 10 S 1/07 –. 60 Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14.T –; zu § 8 LuftVG auch: BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 – 4 C 36/13 –. 61 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 – 4 C 7/88 –; BVerwG, Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43/96 –; BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 –; Hamb. OVG HH, Beschl. v. 24.2.2010 – 5 Bs 24/10 –. 407
Fest
§ 44 Vorarbeiten (1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung eines Vorhabens oder von Unterhaltungsmaßnahmen notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen, bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen sowie sonstige Vorarbeiten durch den Träger des Vorhabens oder von ihm Beauftragte zu dulden. Weigert sich der Verpflichtete, Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden, so kann die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag des Trägers des Vorhabens gegenüber dem Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten die Duldung dieser Maßnahmen anordnen. (2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in denen die Vorarbeiten durchzuführen sind, durch den Träger des Vorhabens bekannt zu geben. (3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger des Vorhabens eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag des Trägers des Vorhabens oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
12 Anwendungsbereich Sachlicher Anwendungsbereich Zeitlicher Anwendungsbereich
III.
Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1. 20 S. 1) 21 Berechtigte 23 Verpflichtete Gegenstand und Grenzen der Duldungs25 pflicht 26 a) Gegenstand der Vorarbeiten 28 aa) Vorbereitung der Planung bb) Vorbereitung der Baudurchfüh31 rung cc) Vorbereitung von Unterhaltungsmaß33 nahmen 35 b) Zeitliche Begrenzung der Duldung c) Sachliche Begrenzung der Dul39 dung
1. 2. 3.
4.
Durchsetzung durch Anordnung mittels Duldungsverfügung (Abs. 1 S. 2) 45
IV.
Informationspflicht des Berechtigten 49 (Abs. 2) 50 Rechtscharakter 51 Adressat der Norm (Vorhabenträger) 52 Informationsempfänger Einzelheiten – Anforderung an Form, Bestimmt53 heit und Frist
1 8
12 17
Nebel/Fest https://doi.org/10.1515/9783110670516-035
1. 2. 3. 4.
56
V.
Rechtsschutz
VI. 1. 2. 3.
60 Entschädigung (Abs. 3) Entschädigungsanspruch (Abs. 3 S. 1) 64 Weitergehende Haftung Festsetzung durch Behörde (Abs. 3 S. 2) 66 a) Verhandlungen 67 b) Antrag eines Beteiligten 68 Anhörung 69 Rechtsschutz
4. 5.
61 65
408
3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 44
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 S. 1 ordnet als Hauptregelungsgehalt der Vorschrift die Duldung von Vorarbeiten zum 1 Zwecke der Vorbereitung von Planung und Baudurchführung des Vorhabens sowie von Unterhaltungsmaßnahmen an. Nach Abs. 1 S. 2 kann die Duldungspflicht, die zunächst sowohl Private berechtigt als auch verpflichtet, mittels einer behördlichen Duldungsverfügung durchgesetzt werden. Diese kann als Verwaltungsakt als Grundlage für die Anwendung von Verwaltungszwang dienen. Abs. 2 verpflichtet den Vorhabenträger dazu, die Absicht zur Durchführung von Vorarbeiten 2 mindestens zwei Wochen vorher bekanntzumachen. Nach Abs. 3 S. 1 ist für unmittelbare Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten. Nach 3 Abs. 3 S. 2 wird die Höhe der Entschädigung auf Antrag eines der Beteiligten durch die nach Landesrecht zuständige Behörde nach Anhörung der Beteiligten (Abs. 3 S. 3) festgesetzt.
2. Regelungszweck Die Norm dient der Verfahrensbeschleunigung und ist ein Kernbestandteil des Verkehrswegeplanungsrechts und entsprechend in zahlreichen anderen Fachgesetzen enthalten, u. a. in § 7 LuftVG, § 16a FStrG, § 3 MBPlG und § 17 AEG. Eine vergleichbare Regelung enthält auch § 209 BauGB, die für die nach dem BauGB vorzunehmenden Maßnahmen die Durchführung von Arbeiten gestattet. Die Duldungspflicht besteht, soweit für das Vorhaben die Durchführung eines energierechtlichen Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren beantragt worden ist oder ein solches beantragt werden soll. Die Vorschrift sichert das Verfahren der Planfeststellung und Plangenehmigung ab, indem dem Vorhabenträger ermöglicht wird, die für seine Planung relevanten Informationen zu sammeln. Für die Erarbeitung der Planunterlagen ist es häufig erforderlich, dass fremde Grundstücke zur Vermessung und sonstigen (Vor-) Untersuchung betreten werden. Durch die Gewährung des Zugangs zur Feststellung der relevanten Eigenschaften des späteren Planungsbereichs wird nicht zuletzt für die Behörde die Schaffung einer umfassenden Tatsachengrundlage ermöglicht. Die Duldungspflicht umfasst Vorarbeiten zum Zwecke der Vorbereitung der Planung, zur Vorbereitung der Baudurchführung des Vorhabens (Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen) oder zur Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen. Entschädigungsfähig sind unmittelbare Vermögensschäden, wodurch mittelbare Einbußen, wie etwa entgangener Gewinn, nicht ersatzfähig sind.
4
5
6
7
3. Entstehungsgeschichte Die energierechtliche Planfeststellung der §§ 43 ff enthält eine Regelung zu Vorarbeiten seit Ein- 8 fügung des § 11b durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie vom 27.7.2001 mit Wirkung zum 3.8.2001.1 Die Norm wurde seitdem dreimal geringfügig inhaltlich erweitert. Die erste Erweiterung betraf die Durchsetzung der Duldung mittels Anordnung nach Abs. 1 9 S. 2. Diese wurde aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit durch das Zweite Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts2 vom 7.7.2005 mit Wir1 BGBl. I 2001 S. 1950. 2 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit, BT-Drucks. 15/5268, S. 53. 409
Nebel/Fest
§ 44 EnWG
II. Anwendungsbereich
kung zum 13.7.2005 eingefügt.3 Dies wurde mit der Ermöglichung der „besseren Durchsetzung der Verpflichtung nach Abs. 1 Satz 1“ begründet.4 10 Die zweite Erweiterung erfolgte in Zusammenfassung mit der Neufassung des EnWG vom 9.12.2006 durch Art. 7 Nr. 6 das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben (InfrPBG) mit Wirkung zum 17.12.2006.5 In diesem Rahmen in den Anwendungsbereich nach Abs. 1 S. 1 auch die Vorbereitung der Baudurchführung aufgenommen. Die dritte Erweiterung erfuhr die Norm durch Art. 4 Nr. 27 des Gesetzes zur Beschleuni11 gung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019.6 Auf Grundlage der zweiten Erweiterung wurden nach dem Wort „Markierungszeichen“ die Wörter „bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen“ eingefügt.7
II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich 12 Die Duldungspflicht gilt für Vorarbeiten von Vorhaben im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 und damit sowohl für Strom- als auch für Gasversorgungsleitungen unabhängig davon, ob sie obligatorisch oder fakultativ der energierechtlichen Planfeststellung unterfallen. 13 Die Duldungspflicht erstreckt sich damit auch auf Vorarbeiten für Nebenanlagen nach § 43 Abs. 2, für die eine energierechtliche Planfeststellung oder Plangenehmigung verfolgt wird. 14 Vorarbeiten nach § 44 sind abzugrenzen von dem vorzeitigen Baubeginn nach § 44c. Der vorzeitige Baubeginns nach § 44c und die Vorarbeiten nach § 44 existieren nach Abs. 1 Satz 4 eigenständig und unabhängig voneinander.8 Durch § 44 wird der Vorhabenträger ipso iure berechtigt, ohne dass noch eine behördliche Entscheidung erforderlich ist, etwa bei bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen.9 Die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nach § 44c erfolgt durch förmlichen Bescheid. Vorarbeiten, für die eine Zulassungsentscheidung notwendig ist, müssen nach § 44c beantragt werden. Der Vorhabenträger ist nicht ipso iure nach § 44 berechtigt, diese umzusetzen. 15 Für beide Vorschriften gilt gleichermaßen, dass nicht jeder naturschutzrechtliche Eingriff im Sinne der §§ 14 ff BNatSchG zu einem Ausschluss führt. Bei § 44c EnWG müssen im Hinblick auf die ökologischen Beeinträchtigungen zum betreffenden Zeitpunkt die notwendigen Kompensationsmaßnahmen bereits ausreichend feststehen. Es muss eine konkrete Planung dafür geben.10 § 44 EnWG gilt über den Verweis in § 18 Absatz 3 Satz 2 NABEG auch für Vorhaben nach 16 dem NABEG.11
3 BGBl. I 2005 S. 1970. 4 BT-Drucks. 15/5268, S. 122. 5 BGBl. I 2006 S. 2833 ff. 6 BGBl. I 2019 S. 706. 7 BT-Drucks. 19/8913, S. 29. 8 BT-Drucks. 19/9027, S. 16. 9 vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 4/20. 10 BT-Drucks. 19/9027, S. 16. 11 vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 4/20; BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 1/20. Nebel/Fest
410
2. Verpflichtete
EnWG § 44
2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die Duldungspflicht gilt – soweit deren weitere Voraussetzungen vorliegen – für den Bereich 17 der Vorbereitung der Planung bereits vor, im Übrigen ab der Antragstellung. Anders als beim vorzeitigen Baubeginn nach § 44c muss das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht abgeschlossen sein, bevor sich der Vorhabenträger auf § 44 berufen kann. Soweit der Vorhabenträger eine behördliche Anordnung nach Abs. 1 Satz 2 beantragt, müs- 18 sen die Antragsunterlagen insoweit vollständig vorliegen, dass eine Entscheidung nach Abs. 1 S. 2 getroffen werden kann. Auch nach der Feststellung des Plans oder der Erteilung der Plangenehmigung kann eine 19 Duldungspflicht nach § 44 bestehen. Dies kann insbesondere auf die Vorbereitung der Planung für sich nachträglich ergebende Änderungsbedarfe in Planergänzungsverfahren z. B. für Nebenanlagen nach § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, aber auch auf die Vorbereitung der Baudurchführung bezogen sein.
III. Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1. S. 1) Durch § 44 wird der Vorhabenträger ausweislich des Wortlauts („haben zu dulden“) von Abs. 1 20 S. 1 ipso iure berechtigt, ohne dass noch eine behördliche Entscheidung erforderlich wäre. Das schließt nicht aus, dass zur späteren Konkretisierung und Ausgestaltung der Verpflichtung zur Duldung von Vorarbeiten noch Verwaltungsakte ergehen können.12
1. Berechtigte Als Berechtigte nennt Abs. 1 S. 1 den „Träger des Vorhabens oder von ihm Beauftragte“. Die Ent- 21 scheidungsbefugnis zur Durchführung von Arbeiten liegt grds. beim Vorhabenträger. Wie auch bei der späteren Umsetzung des Vorhabens muss nicht der Vorhabenträger in persona die Vorarbeiten ausführen, sondern kann die Duldungspflicht durch Beauftragung auch für Dritte, zum Beispiel Subunternehmer, beanspruchen.13 Von § 44 werden ausschließlich solche Personen erfasst, die vom Vorhabenträger beauftragt sind; also nicht etwa Unternehmen, die zur Erstellung eines eigenen Angebots für den Vorhabenträger auf einem Grundstück tätig werden wollen. Mit dem Vorhabenträger ist der (spätere) Antragsteller auf Planfeststellung gemeint, also 22 der, für den das Zulassungsverfahren durchgeführt werden soll.14 Für nicht planfeststellungsoder plangenehmigungsfähige Vorhaben besteht keine Duldungspflicht im Sinne von § 44.15
2. Verpflichtete Als Verpflichtete nennt Abs. 1 S. 1 „Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte“. Die Verpflich- 23 tung zur Duldung von Arbeiten knüpft an die Beziehung zu dem entsprechenden Grundstück an. Neben dem dinglich berechtigten Grundstückseigentümer sind auch alle sonstigen Nutzungsberechtigten, egal ob dinglicher oder schuldrechtlicher Natur, verpflichtet.16
12 13 14 15 16 411
Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 4. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 5; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 7. So auch Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 5. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 3; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 4. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 6 m. w. N.; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 8. Nebel/Fest
§ 44 EnWG
24
III. Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1. S. 1)
Eine Besonderheit ist, dass von § 44 nicht nur eine Belastung für Eigentümer und Nutzungsberechtigte an Grundstücken ausgeht, die später tatsächlich durch das Vorhaben in Anspruch genommen werden, sondern zum Beispiel auch für Eigentümer und Nutzungsberechtigte solcher Grundstücke, die für Alternativtrassen in Betracht kommen.17 Ausgangspunkt der Verpflichtung ist nicht die Inanspruchnahme durch das Vorhaben, sondern die Erforderlichkeit der Vorarbeiten. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass in der Phase der Planerstellung großflächig die zu befürchtenden Auswirkungen des Vorhabens untersucht werden müssen.18 Außerdem ist die Untersuchung und Darstellung von Planungsalternativen erforderlich.19 Freilich wird die Erforderlichkeit von Vorarbeiten bei Grundstücken, die nicht durch das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollten, geringer ausgeprägt sein. So sind etwa Bodenuntersuchungen bei Freileitungen im Regelfall nur erforderlich, wenn eine Stelle auch als Maststandort in Frage kommt.20
3. Gegenstand und Grenzen der Duldungspflicht 25 Aufgrund der belastenden Wirkung ohne ergangene Verwaltungsentscheidung und der Möglichkeit, dass das betroffene Grundstück einer Zulassung des Vorhabens gar nicht zugänglich ist oder aus anderen Gründen nicht in Anspruch genommen wird, ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Duldungspflicht bereits verfassungsrechtlich geboten.
26 a) Gegenstand der Vorarbeiten. Gegenstand der Vorarbeiten im Sinne von § 44 sind die Vorbereitung: – der Planung, – der Baudurchführung eines Vorhabens oder – von Unterhaltungsmaßnahmen. 27 Die Aufzählung ist ausweislich des Wortlautes der Vorschrift abschließend, sodass eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelung dem Gesetzgeber vorbehalten bleibt.
28 aa) Vorbereitung der Planung. Wichtigster Anwendungsbereich der Regelung sind diejenigen Erkundungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die für die Planungsarbeiten des Vorhabenträgers benötigten Erkenntnisse zu gewinnen. Damit sichert die Vorschrift das Verfahren der Planfeststellung und Plangenehmigung ab, 29 indem dem Vorhabenträger ermöglicht wird, die für die Erstellung seiner Antragsunterlagen für Planfeststellung oder Plangenehmigung relevanten Informationen zu sammeln. Für die Erarbeitung dieser ist es häufig erforderlich, dass fremde Grundstücke zur Vermessung und sonstigen (Vor-) Untersuchungen betreten werden. Gleichzeitig ist der Übergang von Voruntersuchungen zu bauvorbereitenden Maßnahmen teilweise fließend, da z. B. bei Bodenproben für erdverlegte Leitungen gefundene Kampfmittel oder archäologische Funde nicht wieder ausgebracht, sondern dauerhaft entnommen werden. Durch die Gewährung des Zugangs zur Feststellung der relevanten Eigenschaften des späteren Planungsbereichs wird nicht zuletzt für die Behörde die Schaffung einer umfassenden Tatsachengrundlage ermöglicht.21 17 Ziekow/Kirchberg, Rn 61; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 5; Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 7; BKEnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 13. 18 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.8.2002 – 4 VR 9/02 –. 19 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 7 m. w. N. 20 BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 8. 21 Ähnlich Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 1: Vorarbeiten verbessern indirekt den Abwägungsvorgang. Nebel/Fest
412
3. Gegenstand und Grenzen der Duldungspflicht
EnWG § 44
Das Erfordernis eines „funktionalen Zusammenhangs“22 der Vorarbeiten mit dem Zulas- 30 sungsverfahren ist auch Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.23
bb) Vorbereitung der Baudurchführung. Zulässig sind auch Vorarbeiten zur Vorbereitung 31 der Baudurchführung, explizit aufgeführt hat der Gesetzgeber bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen. Zudem hat der Gesetzgeber mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der „sonstigen Vorarbeiten“ eine Art Auffangtatbestand für vergleichbare oder mit den genannten Maßnahmen einhergehende Vorarbeiten geschaffen. Dieser wird im Einzelfall auszulegen sein. Sobald der vorzeitige Baubeginn nach 44c oder gar der Planfeststellungsbeschluss erlassen ist, 32 kann er zwar als Grundlage für die Duldung von Vermessungen und Untersuchungen dienen, sodass es eines Rückgriffs auf § 44 eigentlich nicht mehr bedarf.24 Sofern Dritte Rechtsschutz gegen die Planentscheidung ersuchen, kann es jedoch dazu kommen, dass diese nicht mehr vollziehbar ist. Die Entkoppelung der Vorbereitung der Baudurchführung von der Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses verspricht in dieser Hinsicht Beschleunigungspotenzial. cc) Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen. Nach Abs. 1 S. 1 sind Betroffene auch zur 33 Duldung der Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen verpflichtet. Der Begriff der Unterhaltungsmaßnahmen wird auch in anderen Fachgesetzen verwendet, sodass sich daran orientiert werden kann.25 Mit Unterhaltungsmaßnahmen sind Maßnahmen gemeint, die der Bewahrung oder Wiederherstellung eines planungsrechtlich genehmigten Zustandes dienen, um die Funktionsfähigkeit der Anlage zu erhalten, wiederherzustellen und/oder sie an neue technische Standards anzupassen.26 Die Planfeststellungs- oder Plangenehmigungspflicht der Unterhaltungsmaßnahmen ist für 34 die Duldungsverpflichtung ohne Belang.27 Allerdings muss sich die Unterhaltungsmaßnahme auf ein Vorhaben beziehen, welches selbst durch Planfeststellung oder Plangenehmigung zugelassen wurde.
b) Zeitliche Begrenzung der Duldung. Ab wann sich der Vorhabenträger auf die Duldungs- 35 pflicht berufen kann, ist nicht gesetzlich geregelt. Konkretisierungen ergeben sich dazu aus einer Zusammenschau mit dem sachlichen Anwendungsbereich: Die geplanten Vorarbeiten müssen erforderlich sein. Dies ist nur der Fall, wenn der Vorhabenträger über ein hinreichend bestimmtes Konzept verfügt, aus dem sich die Grundlagen des geplanten Projektes ergeben. Die Planfeststellungsbehörde kann die Duldung von Vorarbeiten anordnen, bevor die Bundesfachplanung abgeschlossen ist.28 Zunächst erfasst § 44 die Phase bis zur Einreichung des Plans durch den Vorhabenträger bei 36 der Behörde. Da auch nach der Planeinreichung immer wieder das Bedürfnis auftreten kann, neue Alternativen zu untersuchen oder Gutachten nachzureichen, ist anerkannt, dass die Vorbereitung der Planung im Sinne von § 44 Abs. 1 S. 1 bis zum Abschluss der Planfeststellung reicht.29 22 23 24 25 26 27 28 29
BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 6 f. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 7. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.8.2002 – 4 VR 9/02 – juris, Rn 8 (zu § 16a FStrG). § 42 WHG; § 3 MBPlG; § 6 FStrG; § 17 AEG. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 34. Vgl. zum Eisenbahnrecht Hermes/Sellner/Vallendar, § 18 Rn 59. BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 1/20. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 10; Ziekow/Kirchberg, Rn 60; für die Zeit nach Auslegung BVerwG, Beschl. v. 3.3.1994 – 7 VR 4/94; 7 VR 5/94; 7 VR 6/94 –. 413
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§ 44 EnWG
III. Pflicht zur Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1. S. 1)
Die zeitliche Beschränkung der Vorbereitung der Planung wird von der sich anschließenden bzw. fortdauernden Vorbereitung der Baudurchführung abgelöst. Abs. 1 S. 1 stellt nun eine eigene Grundlage für die Vorbereitung der Baudurchführung dar, sodass diesbezüglich der Rückgriff auf die Planentscheidung nicht mehr erforderlich ist. 38 Das BVerwG30 hat klargestellt, dass die Erweiterung auf Maßnahmen zur Vorbereitung der Baudurchführung auch gerade dazu dient, Vorarbeiten kurz vor sowie nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu ermöglichen.31 37
39 c) Sachliche Begrenzung der Duldung. Die sachliche Reichweite der Duldungsverpflichtung wird bereits durch die Zweckdienlichkeit der Maßnahme in Bezug auf den Anwendungsbereich der Norm begrenzt. Abs. 1 S. 1 zählt beispielhaft auf: notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen sowie sonstige Vorarbeiten.32 Bei den in Abs. 1 S. 1 genannten Beispielen handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung. In Betracht kommen ferner etwa Aufschürfungen, Entnahmen von Bodenproben, Bohrungen, Grabungen oder längerfristige Messungen durch den Aufbau von Messstationen.33 Auch wenn sich Vorarbeiten nicht nur auf Grundstücke erstrecken müssen, auf denen sich 40 später Leitungen befinden sollen,34 so können Vorarbeiten – anders als bei § 16a FStrG – richtigerweise nicht in Räumen und Gebäuden durchgeführt werden. Eine analoge Anwendung des § 16a FStrG scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus.35 Bei der beispielhaften Aufzählung von Vorarbeiten wählte der Gesetzgeber solche, die typischerweise auf Grundstücken durchgeführt werden. Auch wenn Abs. 1 S. 1 keine abschließende Aufzählung enthält, so müssen sonstige Vorarbeiten doch mit den genannten vergleichbar sein. Zu dulden sind neben den tatsächlichen Vorarbeiten richtigerweise auch das Befahren und 41 Betreten der Flächen.36 Andernfalls wäre die Durchführung der Vorarbeiten – nicht die eigentliche Ausführung – unmöglich.37 Zu weitgehend ist indes die Ansicht, dass eine Lagerung von Geräten und Arbeitsmaterial stets zu dulden ist.38 Richtiger erscheint eine differenzierte Betrachtung, die Vorarbeiten ermöglichen soll, aber auch die legitimen Interessen der Eigentümer und Nutzungsberechtigten wahrt. Kurzfristige Lagerungen von Geräten und Materialen sind zu dulden, jedoch nicht längerfristige und unverhältnismäßige Lagerungen. Kurzfristig meint beispielsweise tage- oder stundenweise Lagerungen, ohne die die Durchführung der Vorarbeiten denklogisch unmöglich wäre. Lagerungen von Materialen und Geräten, die die Vorarbeiten zwar erleichtern, aber nicht für die Durchführung der Vorarbeiten notwendig sind und die sich zudem über einen langen Zeitraum erstrecken, sind dem Eigentümer und Nutzungsberechtigen nicht zuzumuten. Dies gilt vor allem angesichts des Umstands, dass ein Planfeststellungsbeschluss in den meisten Fällen noch nicht vorliegt. Solche Lagerungen sind weder von der Duldungspflicht in sachlicher Hinsicht erfasst noch wären sie notwendig im Sinne des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.39
30 31 32 33 34 35 36 37 38 39
BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12 –. BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12 –, juris, Rn 14. Vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 7.8.2002 – 4 VR 9/02 –, juris, Rn 8 (zu § 16a FStrG). Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 8. Siehe Rn 24. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 6. A. A. scheinbar BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 10. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 10. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 10. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 10. vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 4/20.
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4. Durchsetzung durch Anordnung mittels Duldungsverfügung (Abs. 1 S. 2)
EnWG § 44
Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte muss die Vorarbeiten dulden und darf sie nicht 42 behindern, ihn trifft jedoch keine aktive Mitwirkungspflicht, es sei denn die Durchführung ist ohne die Mitwirkung unmöglich (z. B. Öffnen des Tors).40 Die Duldungsverpflichtung aus Abs. 1 S. 1 lässt andere erforderliche Erlaubnisse und Ge- 43 nehmigungen unberührt. Soweit beispielsweise bei Bohrungen das Grundwasser so betroffen wird oder aus anderen Gründen eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, muss der Vorhabenträger diese einholen.41 Der allgemeine rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert Beschrän- 44 kungen der Reichweite der Duldungspflicht.42 Flurschäden sind auf das Unvermeidbare zu begrenzen.43 Die Umstände, die die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme rechtfertigen, müssen dabei durch den Vorhabenträger bewiesen werden.44
4. Durchsetzung durch Anordnung mittels Duldungsverfügung (Abs. 1 S. 2) Falls sich der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte weigert, die ihm durch Gesetz aufgegebene und durch den Vorhabenträger angekündigte Duldungspflicht zu beachten und zu duldende Vorarbeiten nicht zulässt oder unzulässig erschwert, ist die Durchsetzung mittels Duldungsverfügung durch die Behörde nach Abs. 1 S. 2 möglich. Die Anordnung der Duldung durch eine Behörde stellt einen Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG dar, vor dessen Erlass der Adressat nach § 28 VwVfG anzuhören ist.45 Als Verwaltungsakt muss die Duldungsverfügung auch inhaltlich hinreichend bestimmt sein, § 37 VwVfG. Die Anforderungen an die erforderliche Konkretisierung der Duldungsverfügung bestimmen sich – so das BVerwG – nach dem Informationsinteresse des Betroffenen.46 Erforderlich sind die genaue Bezeichnung der betroffenen Grundstücke, die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der voraussichtlichen Dauer der Vorarbeiten sowie mindestens überschlägige Angaben zu deren Art und Umfang. Eine metergenaue Angabe einzelner Bohrpunkte ist jedoch nicht erforderlich.47 Erlass und Inhalt der Duldungsverfügung stehen im Ermessen der Behörde („kann“).48 Im Regelfall wird die Behörde auch die sofortige Vollziehung der Duldungsverfügung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO anordnen, sodass eine gegen die Duldungsverfügung erhobene Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat. Die sofortige Vollziehbarkeit muss die Behörde nach § 80 Abs. 3 VwGO besonders begründen. Eine eigene Anhörung für die sofortige Vollziehung ist nicht erforderlich.49 Die Duldungsverfügung kann als vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt als Grundlage für die Anwendung von Verwaltungszwang dienen. Die letztendliche Vollstreckung der Duldungsverfügung richtet sich nach dem jeweiligen Landesvollstreckungsrecht.50
40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 415
Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 13; BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 10. Hermes/Sellner/Schütz, § 17 Rn 15. Siehe dazu bereits Rn 30. BVerwG, Beschl. v. 1.4.1999 – 4 VR 4.99 –, juris, Rn 11. Salje, EnWG, § 44 Rn 15. Siehe zu den Folgen einer unterbliebenen Anhörung BVerwG, B. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12 –, juris, Rn 9. BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020, 4 VR 4/20; BVerwG, B. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12 –, juris, Rn 11. BVerwG, B. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12 –, juris, Rn 11; siehe auch Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 20. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 20. Vgl. nur Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Schoch, § 80 Rn 258 ff m. w. N. Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 20. Nebel/Fest
45
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§ 44 EnWG
IV. Informationspflicht des Berechtigten (Abs. 2)
IV. Informationspflicht des Berechtigten (Abs. 2) 49 Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in denen die Vorarbeiten durchzuführen sind, durch den Vorhabenträger bekanntzugeben. Die Bekanntmachung ist Voraussetzung für das Entstehen der Duldungspflicht.51
1. Rechtscharakter 50 Die Bekanntgabe nach Abs. 2 ist ein Realakt und kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG.52 Das folgt bereits daraus, dass die Duldungsverpflichtung ipso iure entsteht und kein Handeln einer Behörde erforderlich ist, sondern lediglich eine Information durch den Vorhabenträger. Ungeachtet dessen ist der Vorhabenträger regelmäßig als juristische Person des Privatrechts organisiert und kann (ohne Beleihung) nicht hoheitlich tätig werden.53
2. Adressat der Norm (Vorhabenträger) 51 Der Vorhabenträger kann als Berechtigter nur von der Duldungspflicht Gebrauch machen, wenn er seine Verpflichtung zur Information richtig ausführt. Aus dem Vergleich mit Abs. 1 „durch den Vorhabenträger oder von ihm Beauftragte“ ergibt sich, dass der Vorhabenträger die Verpflichtung nach Abs. 2 selbst ausführen muss.54 Eine Delegation an Beauftragte ist ausweislich des Wortlauts nicht zulässig.
3. Informationsempfänger 52 Als Informationsempfänger werden der Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte in Abs. 2 genannt. Der Vorhabenträger hat nicht die freie Wahl, sondern muss sich bei der Person des Informationsempfängers an den Auswirkungen der geplanten Arbeiten orientieren. Eine Information des Eigentümers ist jedenfalls dann unumgänglich, wenn die Arbeiten geplant sind, die der sonstige Berechtigte nicht im Rahmen des ihm zustehenden Nutzungsrechts ausführen darf.55
4. Einzelheiten – Anforderung an Form, Bestimmtheit und Frist 53 Die Bekanntgabe kann – nach Wahl des Vorhabenträgers56 – sowohl in individueller Form gegenüber dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten (vgl. § 41 Abs. 1 VwVfG) als auch durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in denen die Vorarbeiten durchzuführen
51 52 53 54 55
BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 22. Ebenfalls dieser Ansicht: BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 21; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 15. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 21; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 15. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 18. Vgl. mit Bsp. Hermes/Sellner/Schütz, § 17 Rn 40. Nach Auffassung von Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 16 sei aus Gründen der Rechtssicherheit immer zu empfehlen, auch den Eigentümer zu informieren. 56 Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 15; BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 20. Nebel/Fest
416
V. Rechtsschutz
EnWG § 44
sind (vgl. § 41 Abs. 3, 4 VwVfG), erfolgen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich eine Rangfolge zwischen individueller und öffentlicher Bekanntmachung nicht ableiten.57 Da die Bekanntmachung kein Verwaltungsakt ist, finden die entsprechenden Bestimmun- 54 gen des VwVfG nicht unmittelbar Anwendung (§ 37 VwVfG). Der Vorhabenträger ist dennoch aus Billigkeitsgründen und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dazu verpflichtet, eine gewisse Bestimmtheit seiner Bekanntmachung einzuhalten. Dies erfordert die verständliche Darlegung von voraussichtlichem Beginn und Ende der Arbeiten, Art und Umfang der Arbeiten und die genaue Bezeichnung der Grundstücke bzw. Teile von größeren Grundstücken.58 Die Bekanntgabe muss mindestens zwei Wochen vor Ausführung der Arbeiten gesche- 55 hen. Die Zwei-Wochen-Frist erfordert keine Reaktion des Betroffenen. Sie dient dem Betroffenen zur Vorbereitung der Maßnahmen, etwa indem der Ist-Zustand aus Beweisgründen protokolliert wird.59 Während der Frist kann der Betroffene dem Vorhabenträger anzeigen, dass er nicht zur Duldung der Arbeiten bereit ist.60 Der Betroffene ist jedoch nicht an diese Frist gebunden. Sie entfaltet keine Präklusionswirkung zulasten des Betroffenen.
V. Rechtsschutz Da die Bekanntgabe kein Verwaltungsakt ist, kann dagegen durch Betroffene auch kein 56 Rechtsschutz ersucht werden.61 Ihnen steht es frei, frühzeitig zu erwidern, dass sie der ihnen obliegenden Duldungsverpflichtung nicht nachkommen werden. Weigert sich der Berechtigte des Grundstücks entweder vorab durch Mitteilung oder unmit- 57 telbar vor oder während der Ausführung der Arbeiten, muss der Vorhabenträger eine Duldungsverfügung nach Abs. 1 S. 2 bei der zuständigen Behörde erlangen.62 Die Duldungsverfügung nach Abs. 1 S. 2 ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 58 VwVfG. Gegen sie steht dem betroffenen Grundstückseigentümer der gegen Verwaltungsakte einschlägige Rechtsschutz durch Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 VwGO offen.63 Der Vorhabenträger hat wegen des der Behörde zum Erlass der Duldungsanordnung eingeräumten Ermessens gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 („kann“) die Möglichkeit der Verpflichtungsklage auf Neubescheidung.64 Sofern eine oberste Landesbehörde, beispielsweise die jeweiligen Umweltministerien als Planfeststellungsfeststellungsbehörden für die Anordnung der Duldungsverfügung zuständig sind, findet ein Vorverfahren gem. § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO nicht statt. Ein trotzdem eingelegter Widerspruch ist bereits unzulässig. Diesem kann demnach auch keine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO zukommen, sodass die Duldungsanordnung sofort vollziehbar ist. Andernfalls ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO zu rechnen, wenn die Vorarbeiten im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse des Vorhabenträgers liegen. Für die das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit reicht es bereits aus, wenn das Vorhaben in einem Bedarfsplan als vordringlicher
57 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 24. A. A. Marschall/Ronellenfitsch, § 16a Rn 11, Vorrang der individuellen Bekanntgabe. 58 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 25; BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 19; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 19. 59 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 26; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 18. 60 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 26; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 18. 61 Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 23. 62 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 27. 63 Zur Zuständigkeit des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12-, juris, Rn 5 f sowie die vorhergehende Entscheidung des VG Düsseldorf, B. v. 20.9.2012 – 3 K 6556/12 –, juris, Rn 2. Zur Zuständigkeit siehe BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 17; Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 28; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 26. 64 Eingehend BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 14. 417
Nebel/Fest
§ 44 EnWG
VI. Entschädigung (Abs. 3)
Bedarf eingestuft ist.65 Dies trifft auf alle Vorhaben des EnLAG und des Bundesbedarfsplans im Sinne von § 12e Abs. 4 S. 1 zu. 59 Im Falle der sofortigen Vollziehbarkeit der Duldungsverfügung steht dem Betroffenen lediglich der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO offen. Der Betroffene kann eine Überprüfung nur bezüglich der materiellen Voraussetzungen der Duldungspflicht anstrengen, d. h., ob neben den sachlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Bekanntgabe stattgefunden hat.66 Einwendungen gegen das Vorhaben selbst können in diesem Verfahren nicht vorgebracht werden.67
VI. Entschädigung (Abs. 3) 60 Entstehen durch die Vorarbeiten einem Betroffenen unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Vorhabenträger eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag des Trägers des Vorhabens oder des Berechtigten die Entschädigung durch Verwaltungsakt fest.68 Nicht geregelt ist der Ausgleich von Vermögensvorteilen von Vorarbeiten Betroffener. Dies ist z. B. denkbar, wenn für die Untersuchung von Trassenalternativen Bodenproben entnommen und dabei Kampfmittel entsorgt werden, der Trassenraum aber letztlich aufgrund einer nachgelagerten Entscheidung für eine anderweitige Vorzugstrasse nicht in Anspruch genommen wird. Der Gesetzgeber hat hier offenbar keine Regelungsnotwendigkeit gesehen, so dass die daraus erwachsenden Vorteile beim Grundeigentümer ohne Ausgleich verbleiben.
1. Entschädigungsanspruch (Abs. 3 S. 1) 61 Abs. 3 S. 1 sieht einen Entschädigungsanspruch in Geld vor. Dieser ist jedoch der Vermeidung von Beeinträchtigungen und der Wiederherstellung von unvermeidbaren Beeinträchtigungen nachrangig.69 Das ist so beispielsweise in § 34 Abs. 2 KrWG ausdrücklich geregelt. Ersatzfähig sind nur unmittelbare Vermögensnachteile, sodass durch die Beeinträchtigung entgangener Gewinn nicht ersatzfähig ist.70 62 Die Ausführung der durch § 44 gedeckten Vorarbeiten muss ursächlich für den entstandenen Schaden sein („durch“). Auf ein Verschulden des Vorhabenträgers kommt es für die Entschädigung nach Abs. 3 nicht an.71 63 Entschädigungsberechtigt sind auch Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte, die nicht unmittelbar von Vorhaben betroffen waren („einem Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigten“), auf deren Grundstück sich aber Folgen von Vorarbeiten ergeben haben.
2. Weitergehende Haftung 64 Durch den in Abs. 3 S. 1 gewährten Entschädigungsanspruch wird eine weitergehende Haftung des Vorhabenträgers wegen schuldhaften Verhaltens nicht ausgeschloss65 BVerwG, Beschl. v. 1.4.1999 – 4 VR 4.99 –. juris, Rn 12; siehe auch BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 15. 66 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 30. 67 BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 – 7 VR 10/12-, juris, Rn 15; Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 30; Kment/ Turiaux, EnWG, § 44 Rn 25. 68 BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 27. 69 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44 Rn 31; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 21. 70 Büdenbender, § 11b Rn 20. 71 BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 24. Nebel/Fest
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5. Rechtsschutz
EnWG § 44
en.72 Für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche muss aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung vorliegen, die nicht gegeben ist, soweit eine Rechtfertigung durch Abs. 1 S. 1 vorliegt.73
3. Festsetzung durch Behörde (Abs. 3 S. 2) Das Verfahren zur Festlegung der Höhe der Entschädigung ist mit dem Enteignungsverfahren 65 vergleichbar. Der Umfang der erlittenen Schäden ist maßgeblich für die Höhe der durch den Vorhabenträger zu leistenden Entschädigung.74
a) Verhandlungen. Die Verhandlung zwischen den Beteiligten geht der Entscheidung durch 66 die Behörde nach Abs. 3 S. 2 vor. Die Struktur der Festlegung der Entschädigungshöhe, vorrangig durch Verhandlung zwischen den Beteiligten, entspricht weitgehend dem Entschädigungsverfahren nach § 45a.
b) Antrag eines Beteiligten. Scheitern die Verhandlungen, kommt infolge eines Antrags von 67 einem der Beteiligten eine Festlegung durch die Behörde in Betracht. Die zuständige Behörde ist die zuständige Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsbehörde. Die Zuständigkeit bestimmt sich im Regelfall nach Landesrecht; im Anwendungsbereich des NABEG, wo § 44 über den Verweis in § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG ebenfalls zur Anwendung kommt, nach § 31 Abs. 2 NABEG.
4. Anhörung Nach Abs. 3 S. 3 sind die Beteiligten vor der Entscheidung der Behörde zur Festsetzung der 68 Entschädigungshöhe anzuhören.
5. Rechtsschutz Auch gegen den Umfang der Entschädigung steht der Rechtsweg offen. In jedem Fall muss die 69 Behörde zur Entscheidung über die Entschädigungshöhe vorher angerufen sein. Sonst wird sich ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nicht begründen lassen.75 Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung ist demnach die Entscheidung der Behörde. Trotz der Berechtigung und Verpflichtung Privater durch § 44 Abs. 3 S. 1 steht gem. § 40 70 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen, da es sich der Sache nach um einen Ausgleichsanspruch nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG handelt.76
72 73 74 75 76 419
BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 32; Kment/Turiaux, EnWG, § 44 Rn 21. So auch BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 32. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 26. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 30. BK-EnR/Pielow, EnWG, § 44 Rn 31. Nebel/Fest
§ 44a Veränderungssperre, Vorkaufsrecht (1) Vom Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren oder von dem Zeitpunkt an, zu dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen, dürfen auf den vom Plan betroffenen Flächen bis zu ihrer Inanspruchnahme wesentlich wertsteigernde oder die geplante Baumaßnahmen erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden (Veränderungssperre). Veränderungen, die in rechtlich zulässiger Weise vorher begonnen worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden davon nicht berührt. Unzulässige Veränderungen bleiben bei Anordnungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und im Entschädigungsverfahren unberücksichtigt. (2) Dauert die Veränderungssperre über vier Jahre, im Falle von Hochspannungsleitungen über fünf Jahre, können die Eigentümer für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile Entschädigung verlangen. Sie können ferner die Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die vom Plan betroffenen Flächen verlangen, wenn es ihnen mit Rücksicht auf die Veränderungssperre wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, die Grundstücke in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu benutzen. Kommt keine Vereinbarung nach Satz 2 zustande, so können die Eigentümer die entsprechende Beschränkung des Eigentums an den Flächen verlangen. Im Übrigen gilt § 45. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 steht dem Träger des Vorhabens an den betroffenen Flächen ein Vorkaufsrecht zu.
Übersicht b)
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1.
15 Veränderungssperre (Abs. 1) 17 Unzulässige Maßnahmen (Abs. 1 S. 1) 22 a) Beginn und Ende (ipso iure) 27 b) Räumlicher Geltungsbereich 29 c) Wirkungen 34 Bestandsschutz (Abs. 1 S. 2) Keine Berücksichtigung unzulässiger Verände36 rungen (Abs. 1 S. 3) 37 Entschädigung (Abs. 2) 37 a) Allgemeines
1 c) 13 d)
2. 3. 4.
e) f) III.
Entschädigungsverpflichteter und -berechtigter 38 Voraussetzungen und Umfang der Entschä40 digung (Abs. 2 S. 1) Vereinbarung einer beschränkt persönli46 chen Dienstbarkeit (Abs. 2 S. 2) Entsprechende Beschränkung des Eigen48 tums (Abs. 2 S. 3 und 4) 49 Verfahren und Rechtsschutz
51 Vorkaufsrecht (Abs. 3) 52 a) Allgemeines 54 b) Anwendungsbereich c) Ausübung und Rechtswirkung
56
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 S. 1 regelt die mit Planauslegung oder infolge individueller Bekanntgabe ipso iure eintretende Veränderungssperre samt der Rechtswirkungen im Rahmen einer Legaldefinition. Abs. 1 S. 2 nimmt als Härtefallregelung Arbeiten, welche in rechtlich zulässiger Weise vor2 her begonnen wurden, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung von der Sperrwirkung aus. Nebel/Fest https://doi.org/10.1515/9783110670516-036
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2. Regelungszweck
EnWG § 44a
Nach Abs. 1 S. 3 bleiben unzulässige Veränderungen, die nicht nach Abs. 1 S. 2 ausnahmeweise zulässig sind, bei der Festlegung der Höhe einer Entschädigung nach Abs. 2 bzw. nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG unberücksichtigt. Abs. 2 S. 1 gewährt eine Entschädigung für eine über längere Zeit hinaus auferlegte Veränderungssperre beschränkt diese jedoch dahingehend, dass erst nach vier bzw. fünf Jahren Entschädigung zu gewähren ist. Nach Abs. 2 S. 2 kann der Eigentümer ferner die Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit oder nach Abs. 2 S. 3 eine Enteignung verlangen. Abs. 2 S. 4 verweist hierzu auf die energierechtliche Regelung der Enteignung in § 45. Aus Abs. 3 ergibt sich ein die Veränderungssperre flankierendes Vorkaufsrecht für den Vorhabenträger.
3
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6
2. Regelungszweck Der allgemeine Beschleunigungsgedanke in der energierechtlichen Planfeststellung stößt an seine Grenzen, wenn durch die Veränderung oder den Verkauf vom geplanten Vorhaben betroffener Grundstücke in tatsächlicher Hinsicht neue Schwierigkeiten geschaffen werden. Zur Bewahrung des Ist-Zustandes des Planungsbereichs treten nach § 44a Abs. 1 ipso iure vom Beginn der Auslegung der Pläne oder von dem Moment der individuellen Bekanntgabe an auf den vom Plan betroffenen Flächen Veränderungssperren ein. Dieses Sicherungsinstrument ist als Kernbestandteil des Verkehrswegeplanungsrechts in das Gesetz übernommen worden1 und den entsprechenden Regelungen in den Fachplanungsgesetzen, u. a. § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG, § 19 AEG und § 4 MBPlG, ähnlich. Eine Parallelvorschrift für die energierechtliche Planfeststellung besteht zudem in § 16 NABEG. Anders als § 16 NABEG: – tritt die Veränderungssperre nach § 44a Abs. 1 bereits ipso iure, und nicht erst bei einer entsprechenden (Ermessens-)Entscheidung der BNetzA in Kraft, – wird die Veränderungssperre nach § 44a Abs. 1 nicht in der Handlungsform einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG erlassen,2 – setzt die Veränderungssperre nach § 44a auf das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren (Auslegung des Plans bzw. individuelle Bekanntgabe nach § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG) auf, und nicht auf die getroffene Entscheidung über die Bundesfachplanung, – enthält § 44a Abs. 2 Entschädigungsregelungen und – enthält § 44a Abs. 3 ein Vorkaufsrecht für den Träger des Vorhabens. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit werden mit der Ausweisung der Leitungsvorhaben im Bedarfsplangesetz nach § 12e Abs. 4 S. 1 höhere Anforderungen3 an die Voraussetzungen der Veränderungssperre nach der parallelen Regelung in § 16 NABEG gestellt als in § 44a und nach den Regelungen über Veränderungssperren in den sonstigen Fachplanungsgesetzen. Die Eingriffsintensität der Veränderungssperren ist identisch. Hingegen ist der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre nach § 16 NABEG ggf. geringer, da die Veränderungssperre auf einzelne Abschnitte von Trassenkorridoren zu beschränken ist.4 Die Veränderungssperre dient dem öffentlichen Zweck, die Räume für die späteren Planfeststellungsverfahren zu sichern.5 Im Vordergrund steht dabei nicht das private oder unternehmerische Interesse an einem möglichst profitablen Projekt. Eine Veränderungssperre nach § 44a Abs. 1 begründet für das gesamte, sich aus den ausgelegten Unterlagen ergebende Gebiet 1 2 3 4 5
BT-Drucks. 16/54, S. 40. Vgl. § 16 NABEG Rn 18 ff. Vgl. § 16 NABEG Rn 22 ff. Vgl. § 16 NABEG Rn 35 ff. Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 2.
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§ 44a EnWG
II. Veränderungssperre (Abs. 1)
eine Sperrwirkung, um die Gebiete für die spätere Planfeststellung der Energieleitungen nach dem §§ 43 ff zu sichern. Diese Sperrwirkung soll zudem Verzögerungen der Vorhabenverwirklichung verhindern und reiht sich so in die verschiedenen Maßnahmen des Gesetzgebers zur Verfahrensbeschleunigung ein. 12 Der beschleunigte Netzausbau u. a. der Höchstspannungs-Übertragungsnetze kann dadurch behindert oder ggf. sogar vereitelt werden, dass nach Auslegung der Planunterlagen auf den Flächen der voraussichtlich betroffenen Gebiete Veränderungen vorgenommen werden. Wesentlich wertsteigernde Veränderungen können die Entschädigungsverpflichtung für den Vorhabenträger erhöhen oder die geplante Baumaßnahme erheblich erschwerende Veränderungen die Verwirklichung des Vorhabens verzögern bzw. verteuern. Um dies zu verhindern, tritt per Gesetz die Sperrwirkung ein. In diesem Fall dürfen Vorhaben oder bauliche Anlagen nicht realisiert werden, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen. Sonstige erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen am Grundstück oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück sind untersagt.
3. Entstehungsgeschichte 13 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben (InfrPBG)6 vom 9.12.2006 als § 44a mit Wirkung zum 17.12.2006 in das Gesetz eingefügt. Mit Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften wurde in Abs. 2 S. 1 das Wort Hochspannungsfreileitungen durch Hochspannungsleitungen ersetzt.7 Die parallelen Normen in § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG und § 19 AEG bestehen über14 wiegend bereits seit 1999/2000, was auch dazu führt, dass diese Normen mittlerweile von der Rechtsprechung auskonturiert worden sind.8 Das EnWG kannte vor Einführung des § 44a keine vergleichbare Norm.9
II. Veränderungssperre (Abs. 1) 15 Abs. 1 S. 1 normiert den Inhalt der Veränderungssperre und deren Rechtswirkungen. Sämtliche vom Plan betroffenen Flächen sind als Inhalt der Veränderungssperre von deren Sperrwirkung erfasst. Die Rechtsfolgen der Veränderungssperre treten mit dem maßgeblichen Zeitpunkt der Plan16 auslegung oder individuellen Bekanntgabe gem. § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG nach Abs. 1 S. 1 ein. Als Wirkung der Veränderungssperre dürfen wesentlich wertsteigernde oder die geplante Baumaßnahme erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden.
1. Unzulässige Maßnahmen (Abs. 1 S. 1) 17 Nach Abs. 1 S. 1 dürfen vom Beginn der Veränderungssperre auf den vom Plan betroffenen Flächen wesentlich wertsteigernde oder die geplante Baumaßnahme erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden. Wesentlich wertsteigernde Veränderungen sind alle tatsächlichen Maßnahmen, die den 18 Grundstückswert des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks nicht nur unwesent6 7 8 9
BGBl. I 2006 S. 2833 ff. BGBl. 2021 I 298. Vgl. dazu auch die Kommentierung zu § 16 NABEG. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 1.
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1. Unzulässige Maßnahmen (Abs. 1 S. 1)
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lich erhöhen.10 Dies kann z. B. bei der Anlegung von Stellplätzen11 oder etwa bei einer Intensivierung der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung der Fall sein.12 Rechtliche Veränderungen, etwa die Verlängerung eines Pachtvertrages, sind hingegen nicht von der Sperrwirkung der Veränderungssperre erfasst.13 Des Weiteren dürfen keine die geplante Baumaßnahme erheblich erschwerende Verän- 19 derungen vorgenommen werden. Dies können sonstige erhebliche Veränderungen am Grundstück oder an einer baulichen Anlage, wie etwa Ablagerungen, Aufschüttungen oder Abgrabungen, sein, die zur Errichtung der planfestgestellten Leitungsanlage wieder beseitigt werden müssten.14 In Betracht kommt auch die Verlegung von Leitungen.15 Unter Missachtung der Veränderungssperre vorgenommene Veränderungen sind 20 rechtswidrig. Dies hat zur Folge, dass der Eigentümer daraus später keine Rechte auf Entschädigung gegenüber dem Vorhabenträger geltend machen kann. Die zuständigen Behörden können während des Bestands der Veränderungssperre gegen 21 etwaige Veränderungen mit den Mitteln der Eingriffsverwaltung vorgehen. § 44a Abs. 1 kann dafür mangels Bestimmtheit nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen, vielmehr kommt das Bauordnungsrecht des jeweiligen Landes in Betracht.16 Von Bedeutung sind die Untersagung von wertsteigernden Veränderungen und die Beseitigung von Veränderungen, die die geplante Baumaßnahme erheblich erschweren. Die entsprechenden Normen sind im Regelfall Ermessensvorschriften,17 jedoch hat der Vorhabenträger auf das Eingreifen wegen des Schutznormcharakters von § 44a Abs. 1 einen Anspruch.18
a) Beginn und Ende (ipso iure). Die Wirkung der Veränderungssperre tritt kraft Gesetzes 22 nach Abs. 1 S. 1 ein: – mit Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren (Var. 1) oder – von dem Zeitpunkt an, zu dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen (Var. 2). Nach § 73 Abs. 3 S. 1 VwVfG i. V. m. § 43 a Nr. 1 haben die Gemeinden einen ihnen nach § 73 23 Abs. 2 VwVfG zugeleiteten Plan innerhalb von zwei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Die Veränderungssperre beginnt nach Var. 1 grds. am ersten Tag der Auslegung des Plans.19 Davon abweichend beginnt nach § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG die Veränderungssperre bei indivi- 24 dueller Planeinsicht mit dem Moment der Möglichkeit der Einsichtnahme: Auf eine Auslegung kann danach verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen bekannt ist und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.20 § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG ist nicht anwendbar, wenn ein Vorhaben UVP-pflichtig ist, weil in diesen Fällen nach § 9 Abs. 1 S. 1 und 3 UVPG neben der betroffenen Öffentlichkeit auch die allgemeine Öffentlichkeit zu beteiligen ist.21
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 423
Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a, Rn 12. BVerwG, Urt. v. 11.11.1998 – 11 A 13/97 –. Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 5. OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 26.8.2010 – 2 U 14/10 –; Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 44a Rn 11. Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 16. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 6. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 21. Vgl. §§ 79, 80 MBauO. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 10 m. w. N. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 6. Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 6. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 73 Rn 65. Nebel/Fest
§ 44a EnWG
II. Veränderungssperre (Abs. 1)
Da jedoch – anders als in entsprechenden Regelungen des Fachplanungsrechts22 – in Abs. 1 S. 1 ein Hinweis auf § 73 Abs. 3 VwVfG fehlt, erstreckt sich der Anwendungsbereich der Vorschrift sowohl auf die Fälle des § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG als auch auf sonstige Fälle, in denen es nicht zu einer Auslegung des Plans kommt, aber die Voraussetzungen des § 44a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 erfüllt sind. Insbesondere greift die Veränderungssperre auch in den Verfahren, an deren Ende die Plangenehmigung oder der Planverzicht steht.23 Denn auch wenn § 44a ausschließlich die Planfeststellung in Bezug nimmt, sind Vorhabenträger, deren Vorhaben mittels Plangenehmigung oder kraft Gesetzes legalisiert werden, in gleicher Weise schutzwürdig, da auch sie die Realisierung eines dem Allgemeinwohl dienenden Vorhabens anstreben.24 26 Die Veränderungssperre endet nach Abs. 1 S. 1 mit der Inanspruchnahme der Flächen durch den Träger des Vorhabens. Unter dem Begriff der „Inanspruchnahme“ ist die Begründung einer Rechtsposition zu verstehen, die es dem Vorhabenträger gestattet, die bisher aufgrund der Veränderungssperre verbotenen Maßnahmen kraft eigenen Rechts auszuschließen.25 Dazu zählen: – der Erwerb des Eigentums, – Erlangung des Besitzes oder – die Bestellung einer Dienstbarkeit.26 25
27 b) Räumlicher Geltungsbereich. Die Veränderungssperre betrifft nach Abs. 1 S. 1 die vom Plan betroffenen Flächen. Dazu gehört bei der Leitungserrichtung auch der Schutzstreifen.27 Grundstücke, die an die vom Plan betroffenen Flächen angrenzen, sind ebenfalls nicht erfasst.28 Grundlage zur Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs der Veränderungssperre ist damit der ausgelegte oder zur Einsicht in sonstiger Weise zur Verfügung gestellte Plan inklusive des Grunderwerbsverzeichnisses und des Grunderwerbsplans.29 Voraussetzung der Entstehung der Veränderungssperre ist, dass der Plan parzellenscharf darstellt, welche Grundstücke oder Grundstücksteile im Sinne von Abs. 1 S. 1 betroffen sind.30 Ändert sich nach Eintritt der Veränderungssperre im Planfeststellungsverfahren der Flächeninhalt, etwa durch eine Trassenänderung, geschieht zweierlei: Neu in Anspruch genommene Gebiete werden erst dann von der Veränderungssperre betroffen, wenn deren Voraussetzungen nach Abs. 1 S. 1 auch für die neuen Flächen vorliegen. Nicht mehr in Anspruch genommene Flächen werden, wenn sie nicht mehr im Plan enthalten sind, von der Sperre frei.31 28 Es kommt nicht darauf an, ob die Flächen für das Vorhaben selbst, für Folgemaßnahmen an Anlagen Dritter (§ 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG) oder für Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung (§ 20 IV BNatSchG) benötigt werden.32 Die bloß mittelbare Betroffenheit entfaltet keine Sperrwirkung.
29 c) Wirkungen. Sowohl die Veränderungssperre als auch das gesetzliche Vorkaufsrecht stellen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2,
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 AEG. So auch Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 44a Rn 7; a. A. Kment/Turiaux, § 44a Rn 6. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 7. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 8; Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 1. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 8; Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 3 jeweils m. w. N. Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 28. OVG Lüneburg, Urt. v. 21.6.2006 – 7 KS 63/03 –, – 7 KS 63/04 –. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 9. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 10. Vgl. Kment/Turiaux, § 44a Rn 10. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 13.
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424
2. Bestandsschutz (Abs. 1 S. 2)
EnWG § 44a
Abs. 2 GG dar. Diese sind auch zulässig, da die Realisierung von Energieleitungen im Regelfall dem Allgemeinwohl dient, jedenfalls im Rahmen der Planrechtfertigung aber mit den Zielen von § 1 Abs. 1 übereinstimmen muss.33 Dies wird auch in der enteignungsrechtlichen Vorwirkung von Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung nach § 45 Abs. 1 deutlich. Die Beschränkung der Veränderungssperre auf wesentliche und erhebliche Veränderungen sowie die Regelungen des § 44 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 dienen der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.34 Eine Regelung wie bei § 9a Abs. 5 FStrG, wonach die oberste Landesstraßenbaubehörde Ausnahmen von der Veränderungssperre zulassen kann, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, besteht ausweislich des Wortlauts von § 44a nicht. Die Sperrwirkung von Abs. 1 S. 1 wirkt auch gegenüber den kommunalen Planungsträgern. Ein Bebauungsplan, der der Veränderungssperre widersprechende Vorhaben bauplanungsrechtlich legalisiert, ist nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB und daher nichtig.35 Auch in anderen Genehmigungsverfahren, insbesondere bei Genehmigungsverfahren zur Errichtung anderer Anlagen der Energieversorgung, haben die Behörden die Veränderungssperre zu beachten.36 Die Veränderungssperre hat auch Auswirkungen auf das Gewicht, mit dem die Belange Betroffener in die Abwägung in der Planungsentscheidung einzustellen sind.37 Rechtswidrige, entgegen der Veränderungssperre vorgenommene Änderungen bleiben in der Abwägung unberücksichtigt. Die Veränderungssperre muss sich jederzeit durch das Vorhaben „rechtfertigen“, dessen Verwirklichung sie dient. Ist das nicht (mehr) der Fall, steht also etwa eine beabsichtigte Geländeinanspruchnahme in keinerlei Zusammenhang mit dem betreffenden Ausbauvorhaben oder erweist sich schlichtweg als willkürlich, oder entfällt nachträglich der Sicherungszweck, weil das Vorhaben nicht mehr ernsthaft betrieben wird, aufgegeben wurde oder endgültig unmöglich geworden ist, kann die Berufung auf die Veränderungssperre rechtsmissbräuchlich sein.38
30
31
32
33
2. Bestandsschutz (Abs. 1 S. 2) Nach Abs. 1 S. 2 werden Veränderungen, die in rechtlich zulässiger Weise vor Inkrafttreten der 34 Veränderungssperre begonnen worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung von der Veränderungssperre nicht berührt. Hierfür ist der tatsächliche Beginn der Veränderungen maßgeblich.39 Der Zeitpunkt, zu dem eine Veränderung öffentlich-rechtlich gestattet oder zugelassen ist, ist ohne Bedeutung. Die Ausnahme nach Abs. 1 S. 2 zielt auf den tatsächlichen Gebrauch einer Genehmigung.40 Veränderungen sind in rechtlich zulässiger Weise begonnen, wenn sie in formeller und ma- 35 terieller Hinsicht legal sind; dies beinhaltet die öffentlich-rechtliche und die zivilrechtliche Prüfung. Unterhaltungsarbeiten umfassen alle Arbeiten, die der Instandhaltung und Reparatur des bisherigen Nutzungsbestandes dient.41 Die Fortführung der bisher erlaubten Nutzung setzt vo33 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 4; Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 3. 34 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 4. 35 BVerwG, Beschl. v. 21.1.1993 – 4 B 206/92 –; BVerwG, Urt. v. 12.8.1999 – 4 CN 4/98 –; VGH Mannheim, Urt. v. 14.11.1996 – 5 S 5/95 –. 36 OVG Lüneburg, Urt. v. 23.6.2016 – 12 KN 64/14 –. 37 Zur Parallelvorschrift § 19 AEG Hermes/Sellner/Schütz, AEG, § 19 Rn 9. 38 OVG Saarlouis, Urt. v. 25.9.1987 – 2 R 150/84 –. 39 Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 7. 40 BGH, Urt. v. 3.3.2005 – III ZR 186/04 –. 41 Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 13. 425
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§ 44a EnWG
II. Veränderungssperre (Abs. 1)
raus, dass auf dem betreffenden Grundstück selbst die Nutzung, die fortgeführt wird, bisher stattgefunden hat. In keinem der Fälle darf daher eine zusätzliche Nutzung oder Wertsteigerung erfolgen.42
3. Keine Berücksichtigung unzulässiger Veränderungen (Abs. 1 S. 3) 36 Unzulässige Veränderungen sind solche, die durch die Veränderungssperre untersagt, also rechtswidrig sind. Bei Anordnungen nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG und im Entschädigungsverfahren gem. Abs. 1 S. 3 bleiben unzulässige Veränderungen unberücksichtigt.43
4. Entschädigung (Abs. 2) 37 a) Allgemeines. Die Veränderungssperre ist nach Abs. 1 S. 1 durch die Eigentümer der betroffenen Grundstücke zunächst grds. ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden.44 Nach der entschädigungslosen Zeitdauer von vier bzw. fünf Jahren haben die betroffenen Eigentümer jedoch einen Anspruch auf Entschädigung für die durch die Veränderungssperre nach Ablauf der entschädigungslosen Zeit entstandenen Vermögensnachteile. Unter den Voraussetzungen von Abs. 2 S. 2, 3 kann auch die Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit verlangt werden. Abs. 2 S. 4 verweist hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrensrechts auf § 45.
38 b) Entschädigungsverpflichteter und -berechtigter. Ausweislich des Wortlauts kommt als Entschädigungsberechtigter nur der Eigentümer in Betracht. In verfassungskonformer Auslegung wird der Kreis der Berechtigten jedoch auf sonstige dingliche Berechtigte erweitert.45 Hierbei müssen allerdings Doppelentschädigungen für Fälle, in denen der dingliche Berechtigte seinen Schaden abwälzen konnte, vermieden werden.46 Entschädigungsverpflichtet ist der Vorhabenträger als durch die Veränderungssperre Be39 günstigter. Nicht entschädigungsverpflichtet ist die genehmigende Planbehörde.47
40 c) Voraussetzungen und Umfang der Entschädigung (Abs. 2 S. 1). Für die Zeitdauer von vier bzw. im Falle von Hochspannungsfreileitungen fünf Jahren muss der Eigentümer die Wirkung der Veränderungssperre ohne Anspruch auf Entschädigung dulden. Dauert die Veränderungssperre länger als vier Jahre, im Falle von Hochspannungsfreileitun41 gen länger als fünf Jahre, können nach Abs. 2 S. 1 die Eigentümer für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile Entschädigung verlangen. Die um ein Jahr verlängerte entschädigungsfreie Zeit für Hochspannungsleitungen be42 steht aufgrund der besonderen Komplexität der Vorhaben.48 Hochspannungsleitungen sind solche, die mit 110 kV-Nennspannung oder mehr betrieben werden. Dabei kommt es entsprechend der gesetzlichen Klarstellung nicht mehr darauf an, ob die Leitung in Freileitungsbauweise mit oder ohne Teilverkabelungsabschnitt oder als Erdkabel realisiert wird. Die ursprüngliche Geset42 43 44 45
Vgl. auch Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 17-18. Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 11. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 24. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 27 m.w.N.; Vgl. zudem für das FStrG Marschall/Schlosser, FStrG, § 9a Rn 8, für das AEG Hermes/Sellner/Schütz, AEG, § 19 Rn 35. 46 Kment/Turiaux, § 44a Rn 31. 47 Kment/Turiaux, § 44a Rn 32. 48 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 25. Nebel/Fest
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4. Entschädigung (Abs. 2)
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zesformulierung stammte aus Zeiten, in denen auf Hochspannungsebene nur Freileitungen errichtet wurden. Eine unterschiedliche Behandlung der Grundeigentümer, die von Erdkabeln betroffen sind, aufgrund der örtlichen Bauweise, hätte zu erheblichen Wertungswidersprüchen geführt. Vor diesem Hintergrund ist die nachträgliche Vereinheitlichung sehr zu begrüßen. Der Gesetzgeber versteht die Norm auch dahingehend, dass nach § 1 Absatz 2 Satz 1 BBPlG auch die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen einschließlich der notwendigen Änderungen an den Netzverknüpfungspunkten zu den Vorhaben gehören.49 Die Fristenunterscheidung stößt teilweise auf Kritik.50 Mit der gesetzlichen Ausweitung auf Erdkabel muss sich der Gesetzgeber jedoch auch fragen lassen, wie er den verbleibenden Unterschied zu den gleichfalls erdverlegten Gas-Pipelines ohne Wertungswidersprüche begründen möchte. Auch wenn dem Stromnetzausbau im Rahmen der Energiewende eine besondere Rolle zukommt, die nicht zuletzt in den gesetzlichen Bedarfskatalogen von EnLAG und BBPlG sowie der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts deutlich wird, so rückt gerade der Fortschritt derselben Energiewende auch mit gesetzlichen Wertungen die Gasinfrastruktur zunehmend in den Fokus, wie z. B. im Artikelgesetz zum KVBG mit der Novelle des KWKG zur Flankierung des Kohleausstieges durch mehr Anreize für Gaskraftwerke zum Ausdruck kommt. In der Folge wird sich die unterschiedliche Behandlung der vergleichbar betroffenen Grundeigentümer an Stromund Gasleitungen hier nicht auf Dauer rechtfertigen lassen. Die Frist beginnt mit der Wirksamkeit der Veränderungssperre, also ab der Planaus- 43 legung bzw. der individuellen Bekanntgabe der Planunterlagen gem. § 73 Abs. 3 S. 2 VwVfG.51 Entschädigung kann nur für Substanzverluste als unmittelbare Vermögensschäden gewährt 44 werden.52 Entgangener Gewinn ist in diesem Rahmen nicht ersatzfähig. Die Entschädigung wird nicht (rückwirkend) für den Zeitraum gewährt, in dem die Veränderungssperre entschädigungslos zu dulden war.53 Die Höhe der Entschädigung wird wie bei der Veränderungssperre nach BauGB durch die 45 infolge der Nutzungsbeschränkung eingetretene Minderung des Bodenwertes bestimmt.54 In Fällen erschwerter Nutzung orientiert sich die Höhe der Entschädigung an der sog. „Bodenrente“. Dies ist der Betrag, den ein entsprechender Nutzungswilliger für ein Nutzungsrecht der faktisch nicht mehr möglichen Nutzung am Grundstück hätte zahlen müssen.55 Die vereitelte Nutzung muss zulässig und der Entschädigungsberechtigte auch in der Lage und gewillt gewesen sein, die Nutzung zu verfolgen.
d) Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (Abs. 2 S. 2). Nach Abs. 2 46 S. 2 können die Eigentümer ferner die Vereinbarung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die vom Plan betroffenen Flächen verlangen, wenn es ihnen mit Rücksicht auf die Veränderungssperre wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, die Grundstücke in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu benutzen. Wirtschaftlich unzumutbar dürfte die bisherige Nutzung dann sein, wenn ihr Ertrag in keinem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht.56 Für den Entschädigungsverpflichteten besteht ein Kontrahierungszwang.57 Ein in diesem 47 Zusammenhang diskutiertes Problem stellt die Frage dar, inwieweit eine beschränkt persönliche 49 BR-Drucks. 570/20, S. 36. 50 Etwa: Kment/Turiaux, § 44a Rn 29, der in den unterschiedlichen Fristen eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung erkennt. 51 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 15. 52 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 17. 53 Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 20. 54 BGH, Urt. v. 25.6.1959 – III ZR 220/57 –. 55 BGH, Urt. v. 11.6.1992 – III ZR 210/90 –. 56 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 31. 57 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 19. 427
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§ 44a EnWG
III. Vorkaufsrecht (Abs. 3)
Dienstbarkeit dem Eigentümer gegenüber der ohnehin zu leistenden, „nicht zumutbaren“ Entschädigung einen Vorteil bringen soll. Denn die Gegenleistung für eine entsprechende Dienstbarkeit entspricht letztlich einer Entschädigung, wobei das Grundstück durch Eintragung einer Dienstbarkeit für die Zukunft zusätzlich belastet wird. Der Wortlaut lässt andererseits wenig Deutungsspielraum.58
48 e) Entsprechende Beschränkung des Eigentums (Abs. 2 S. 3 und 4). Kommt eine Vereinbarung nach Abs. 2 S. 2 nicht zustande, können die Eigentümer die entsprechende Beschränkung des Eigentums an den Flächen verlangen, wobei nach Abs. 2 S. 4 im Übrigen § 45 gilt. Während noch in der Vorauflage angesichts der ähnlichen Formulierung des § 9 FStrG eine durch den Eigentümer zu verlangende (Teil)Enteignung angenommen wurde, hat sich in der Zwischenzeit eine rege Diskussion um die Auslegung des Satz 3 entwickelt. Die Diskussion wird allerdings unscharf geführt. Es geht letztlich nicht um die Frage, ob eine Enteignung zulässig ist oder nicht. Denn es geht darum, wie weit eine mögliche Enteignung reicht. Eine Vollenteignung, also der Entzug des Eigentums, wird regelmäßig nicht in Betracht kommen. Denkbar sind allerdings Nutzungsbeschränkungen, die dazu dienen, die Möglichkeit offen zu halten, das planfestgestellte Vorhaben in Zukunft realisieren zu können.59 Es bleibt insgesamt aber unklar, was der eigenständige Regelungsgehalt des Satz 3 ist. Durch ihre Nähe zum Wortlaut überzeugt am ehesten die Auffassung, dass Satz 3 lediglich den Kontrahierungszwang des Vorhabenträgers bekräftigt.60 Dem Eigentümer steht also in Fällen, in denen eine (zweiseitige) Vereinbarung nach Satz 2 nicht zustande kommt, ein (einseitiger) Anspruch hierauf zu.61
49 f) Verfahren und Rechtsschutz. Über die Entschädigung eines Grundstückseigentümers für Vermögensnachteile aufgrund einer Veränderungssperre entscheidet die Enteignungsbehörde. Die Durchführung des Verfahrens vor der Enteignungsbehörde stellt für die gerichtliche Geltendmachung beider Ansprüche eine Sachurteilsvoraussetzung dar. Damit soll – auch im Interesse einer weitgehenden Entlastung der Gerichte – die besondere Sachkunde der Verwaltungsbehörde nutzbar gemacht und eine gleichmäßige Behandlung aller Beteiligten gewährleistet werden.62 Ohne vorausgegangenes Vorschaltverfahren besteht für die Anrufung des Gerichts nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das Erfordernis eines Vorschaltverfahrens hängt nicht davon ab, ob die Behörde im bisherigen 50 Verfahren ihren Förderungspflichten hinreichend nachgekommen ist.63
III. Vorkaufsrecht (Abs. 3) 51 Nach Abs. 3 steht dem Träger des Vorhabens in den Fällen des Abs. 1 S. 1 an den betroffenen Flächen kraft Gesetzes ein Vorkaufsrecht zu.
52 a) Allgemeines. Das Vorkaufsrecht dient der effektiven Umsetzung des geplanten Vorhabens durch den Vorhabenträger. Im Falle des Verkaufs durch den ursprünglichen Grundstückseigen-
58 59 60 61 62 63
Zur Problematik ausführlich: Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 23. Vgl. Kment/Turiaux, § 44a Rn 35; ähnlich Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 23. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 19; im Ergebnis wohl auch Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 23. Vgl. auch Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 44a Rn 31. BGH, Beschl. v. 24.10.1991 – III ZR 96/90 –. BGH, Beschl. v. 24.10.1991 – III ZR 96/90 –.
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428
4. Entschädigung (Abs. 2)
EnWG § 44a
tümer kann durch die Ausübung des Vorkaufsrechts ein komplexes Enteignungsverfahren vermieden werden.64 Ursprünglich war die Regelung des Vorkaufsrechts auch zur Vereitelung des Erwerbs von 53 Sperrgrundstücken durch Verbände angedacht. Diese Befürchtung dürfte durch die Ausweitung der Verbandsklagerechte relativiert sein; auch wenn in diesen Fällen auch eine Vollüberprüfung der Planentscheidung nicht möglich ist.65
b) Anwendungsbereich. Das gesetzliche Vorkaufsrecht betrifft in räumlicher und zeitlicher 54 Hinsicht genau die Grundstücke, die auch von der Veränderungssperre nach Abs. 1 S. 1 erfasst sind. Die Wirkbereiche der Vorschriften sind kongruent. Die Vorschrift ist aufgrund der Grundrechtsrelevanz im Hinblick auf Art. 14 GG eng auszu- 55 legen. Dadurch ist ein Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn Grundstücke nur vorrübergehend in Anspruch genommen werden sollen, etwa während der Phase der Baudurchführung. Ein Eigentumsübergang wäre in solchen Fällen nicht aus dem Plan heraus gerechtfertigt.66 Außerdem ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn statt eines vollständigen oder teilweisen Erwerbs nur ein dingliches Nutzungsrecht eingetragen werden soll.
c) Ausübung und Rechtswirkung. Auf das Vorkaufsrecht nach Abs. 3 finden die zivilrechtli- 56 chen Regeln der §§ 463–473 BGB entsprechende Anwendung.67 Nach den schuldrechtlichen Regeln setzt die Ausübung zunächst einen wirksamen Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und einem Dritten voraus. Das Vorkaufsrecht kann durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Vorhabenträgers gegenüber dem Vorkaufsverpflichteten ausgeübt werden. Durch die Ausübung kommt ein neuer Kaufvertrag zwischen dem Vorhabenträger und dem Vorkaufsverpflichteten zu denselben Bedingungen, wie sie mit dem Dritten vereinbart wurden, zustande. Die Ausübung durch den Vorhabenträger ist kein Verwaltungsakt, sondern eine zivilrechtliche Handlung, sodass der Rechtsschutz dagegen vor den Zivilgerichten zu suchen ist.68 Die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts im Sinne von §§ 1094 ff BGB hat keine 57 dingliche, sondern nur schuldrechtliche Wirkung, was von Einfluss auf die Bedeutung des Vorkaufsrechts für den Vorhabenträger und die Rechtsschutzmöglichkeiten des Dritten ist. Übt ein Vorhabenträger das Vorkaufsrecht in Bezug auf ein Grundstück aus, das ein Antrag- 58 steller/Kläger im Laufe des Planfeststellungsverfahrens vom Vorkaufsverpflichteten zu Eigentum erworben hat, kann der ursprüngliche Eigentümer trotzdem gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen. Aufgrund der fehlenden dinglichen Wirkung des Vorkaufsrechts wird die Antrags- und Klagebefugnis nicht in Frage gestellt, wenn sich der vorherige Käufer später gegen den Planfeststellungsbeschluss wehrt. „Die Eigentümerstellung des Antragstellers, aus der sich seine Klage- und Antragsbefugnis herleitet, wird durch die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts nämlich nicht berührt. Auf dieses sind die §§ 504 ff. BGB entsprechend anzuwenden. Durch seine Ausübung kommt ein neuer selbständiger Kaufvertrag zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat, § 505 Abs. 2 BGB. Eine dingliche Wirkung hat die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts dagegen nicht. Sie wirkt deswegen nicht gegenüber dem Antragsteller, der das Grundstückseigentum im Jahre 1994 von den Vorkaufsverpflichteten erworben hat.“69
64 65 66 67 68 69 429
Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 25. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44a Rn 35: „nach wie vor sinnvoll“. Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 28. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.12.1996 – 11 VR 21/95 –. Kment/Turiaux, § 44a Rn 39. BVerwG, Urt. v. 30.12.1996 – 11 VR 21/95 –. Nebel/Fest
§ 44a EnWG
III. Vorkaufsrecht (Abs. 3)
59 Erfüllt der Vorkaufsverpflichtete den Kaufvertrag mit dem Dritten, wird dieser durch §§ 873, 925, 893 Abs. 1 BGB Eigentümer des Grundstücks. In einem solchen Fall bleibt der Vorkaufsberechtigte auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Eine dingliche Absicherung des Vorkaufsrechtes ist durch die Eintragung einer Vormerkung möglich.70
70 Säcker/Pielow, EnWG, § 44a Rn 28. Nebel/Fest
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§ 44b Vorzeitige Besitzeinweisung (1)
(1a)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
Ist der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten und weigert sich der Eigentümer oder Besitzer, den Besitz eines für den Bau, die Änderung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne des § 43 benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen, so hat die Enteignungsbehörde den Träger des Vorhabens auf Antrag nach Feststellung des Plans oder Erteilung der Plangenehmigung in den Besitz einzuweisen. Der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung müssen vollziehbar sein. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht. Der Träger des Vorhabens kann verlangen, dass nach Abschluss des Anhörungsverfahrens gemäß § 43a eine vorzeitige Besitzeinweisung durchgeführt wird. In diesem Fall ist der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss dem vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren zugrunde zu legen. Der Besitzeinweisungsbeschluss ist mit der aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sein Ergebnis durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt wird. Anderenfalls ist das vorzeitige Besitzeinweisungsverfahren auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen. Die Enteignungsbehörde hat spätestens sechs Wochen nach Eingang des Antrags auf Besitzeinweisung mit den Beteiligten mündlich zu verhandeln. Hierzu sind der Antragsteller und die Betroffenen zu laden. Dabei ist den Betroffenen der Antrag auf Besitzeinweisung mitzuteilen. Die Ladungsfrist beträgt drei Wochen. Mit der Ladung sind die Betroffenen aufzufordern, etwaige Einwendungen gegen den Antrag vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde einzureichen. Die Betroffenen sind außerdem darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag auf Besitzeinweisung und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann. Soweit der Zustand des Grundstücks von Bedeutung ist, hat die Enteignungsbehörde diesen bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in einer Niederschrift festzustellen oder durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift oder des Ermittlungsergebnisses zu übersenden. Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller und den Betroffenen spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Dieser Zeitpunkt soll auf höchstens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an den unmittelbaren Besitzer festgesetzt werden. Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Besitz entzogen und der Träger des Vorhabens Besitzer. Der Träger des Vorhabens darf auf dem Grundstück das im Antrag auf Besitzeinweisung bezeichnete Bauvorhaben durchführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen. Der Träger des Vorhabens hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung für die Entziehung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechts ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung sind von der Enteignungsbehörde in einem Beschluss festzusetzen. Wird der festgestellte Plan oder die Plangenehmigung aufgehoben, so sind auch die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Träger des Vorhabens hat für alle durch die Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. Ein Rechtsbehelf gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5
431 https://doi.org/10.1515/9783110670516-037
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§ 44b EnWG
I. Allgemeines
Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses gestellt und begründet werden.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 8 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
Vorzeitige Besitzeinweisung (Abs. 1 S. 1) 17 Voraussetzungen (Abs. 1 S. 1, 2, 3) 22 Anspruchsinhalt
III.
8. 9.
Besitzeinweisung vor Planerlass – „Vorvorzeiti23 ge“ Einweisung (Abs. 1a) 23 Parallelvorschrift in § 27 Abs. 1 NABEG 25 Allgemeines 28 Antrag und Anhörung Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinwei33 sung Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung 36 (Prognoseentscheidung, Abs. 1a S. 2) 39 Aufschiebende Bedingung (Abs. 1a S. 3) Bestätigung durch Planfeststellungsbe42 schluss 44 Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1a S. 4) 46 Rechtscharakter, Rechtsmittel
IV.
Benötigte Grundstücke
V.
Verfahren (Abs. 2, 3)
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
1
1. 2.
Antrag 50 Ausgangszustand des Grundstücks 52 (Abs. 3)
VI. 1. 2. 3.
53 Besitzeinweisungsbeschluss (Abs. 4) 54 Individuelle Bekanntgabe (Abs. 4 S. 1) 55 Wirksamkeit (Abs. 4 S. 2, 3) 57 Rechtswirkung 57 a) Grundstücksinhaber (Abs. 4 S. 4) 58 b) Vorhabenträger (Abs. 4 S. 5)
12
48 50
17
VII. Entschädigung für Vermögensnachteile 59 (Abs. 5) 59 1. Berechtigter (Abs. 5 S. 1) 60 2. Verpflichteter (Abs. 5 S. 1) 61 3. Höhe (Abs. 5 S. 2) VIII. Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses/ 63 der Plangenehmigung (Abs. 6) 63 1. Akzessorietät (Abs. 6 S. 1) 2. Entschädigung für besondere Nachteile (Abs. 6 66 S. 2) IX. 1. 2.
68 Rechtsschutz (Abs. 7) 68 Aufschiebende Wirkung (Abs. 7 S. 1) Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO (Abs. 7 70 S. 2)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 regelt die Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinweisung und normiert einen Anspruch des Vorhabenträgers auf vorzeitige Besitzeinweisung nach Feststellung des Plans. Nach Abs. 1a kann bereits in einem früheren Stadium, nach Abschluss des Anhörungs2 verfahrens, ein vorzeitiges Besitzeinweisungsverfahren auf Grundlage des zu erwartenden Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden. Nach Abs. 1a S. 3 muss der Besitzeinweisungsbeschluss in diesem Fall unter der aufschiebenden Bedingung erlassen werden, dass sein Ergebnis durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt wird. Abs. 2 und 3 treffen Regelungen über das anzuwendende Verwaltungsverfahren. So ist 3 nach Abs. 2 S. 1 eine mündliche Verhandlung der Enteignungsbehörde mit den Beteiligten obligatorisch. Abs. 4 betrifft die Rechtswirkungen und die Bekanntgabe des vorzeitigen Besitzeinwei4 sungsbeschlusses nach Abs. 1 oder Abs. 1a. Abs. 5 normiert eine Entschädigungspflicht des Vorhabenträgers. Die Vorschrift hat einen 5 anderen sachlichen Anwendungsbereich als § 45a, da es nicht um Nebenanordnungen einer
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 44b
Entscheidung des Fachplanungsrechts geht. Nach Abs. 5 S. 2 wird die Höhe der Entschädigung grds. nicht durch Verhandlung, sondern durch Behördenentscheidung bestimmt. Abs. 6 normiert die Abhängigkeit des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses vom Be- 6 stand des festgestellten oder genehmigten Plans. Zwar ist die Rechtmäßigkeit der Besitzeinweisung akzessorisch, allerdings bedarf es im Falle der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Besitzeinweisung. Abs. 7 trifft Regelungen zum Rechtsschutz des Betroffenen, die als lex specialis § 80 7 Abs. 1, Abs. 5 S. 1 VwGO vorgehen.
2. Regelungszweck Im Planfeststellungsverfahren bleiben die Rechte privater Dritter grds. unberührt. Die Verwirklichung der planfestgestellten oder -genehmigten Vorhaben macht jedoch in der Regel den Zugriff auf fremden Grund und Boden unvermeidbar. Der Zugriff auf die erforderlichen Grundstücke wird durch das sich dem Zulassungsverfahren nach § 45 anschließende bzw. nach § 45b parallel verlaufende Enteignungsverfahren ermöglicht. Will der Vorhabenträger bereits vor Abschluss des Enteignungsverfahrens mit der Verwirklichung des Vorhabens beginnen, muss er sich mit dem Eigentümer gütlich einigen. Kommt eine solche Einigung nicht zustande, kann er sich in den Besitz einweisen lassen. Die vorzeitige Besitzeinweisung soll bereits vor Abschluss des Enteignungsverfahrens dem Vorhabenträger Klarheit über den zügigen Beginn der Arbeiten auf konfliktträchtigen Grundstücken geben, sodass dessen Planungssicherheit verbessert wird. Damit trägt die Norm praktisch unumgänglichen Erfordernissen Rechnung: die Umsetzung planfeststellungsfähiger Vorhaben ist häufig komplex und bedarf der Vernetzung verschiedener Gewerke, was schon vor der Enteignung Abstimmungsbedarf und damit ein besonderes Bedürfnis nach Planungssicherheit auslöst. Die gesamte Norm dient damit der Beschleunigung des Fachplanungsvorhabens.1 Angesichts des gewachsenen Widerstandes gegen Leitungsbauprojekte in der Bevölkerung hat die Vorschrift zunehmend an Bedeutung gewonnen.2 Der mit § 27 Abs. 1 NABEG identische, neu eingefügte Abs. 1a sorgt für zusätzliche Beschleunigung, indem danach das vorzeitige Besitzeinweisungsverfahren bereits parallel zum Zulassungsverfahren ablaufen kann, sodass die vorzeitige Besitzeinweisung unmittelbar mit dem Planerlass bzw. der Plangenehmigung wirksam wird. Der Gesetzgeber strebte hierdurch eine Straffung des Gesamtverfahrens an.3
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3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsver- 12 fahren für Infrastrukturvorhaben (InfrPBG)4 vom 9.12.2006 als § 44b mit Wirkung zum 17.12.2006 in das Gesetz eingefügt. Die Vorschrift ist § 21 AEG, § 20 WaStrG, § 27g LuftVG, § 6 MBPlG, § 29a PBefG, § 18f FStrG 13 sowie Regelungen in zahlreichen Landesstraßen und -abfallgesetzen ähnlich gestaltet. Diese Normen bestehen mehrheitlich bereits seit 1999/2000, was auch dazu führt, dass diese Normen mittlerweile von der Rechtsprechung auskonturiert worden sind. Das EnWG kannte eine solche Regelung zuvor nicht.5 1 2 3 4 5
BT-Drucks. 17/6073, S. 31; vgl. Britz/Hellermann/Hermes, § 44b Rn 1. Feurstein, RdE 2014, S. 326. BT-Drucks. 17/6073, S. 30 f. BGBl. I 2006 S. 2833 ff. Zur Rechtslage vor Erlass des § 44b vgl. Riedel, RdE 2008, 81 ff.
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§ 44b EnWG
II. Vorzeitige Besitzeinweisung (Abs. 1 S. 1)
Die letzte Änderung erfolgte mit der Einfügung von Abs. 1a durch Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus Elektrizitätsnetze6 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011. Die Einfügung von Abs. 1a sorgt für den Gleichlauf der Vorschriften des EnWG mit den Regelungen des NABEG. Seitdem ist die Norm unverändert. Der Bundesrat hat die Einfügung von §§ 44b Abs. 1a, 45b in seiner Stellungnahme mit 15 folgender Begründung abgelehnt:7
14
„Eine aufschiebend bedingte Besitzeinweisung vor dem förmlichen Abschluss des tragenden Genehmigungsverfahrens brächte allenfalls Zeitgewinne von wenigen Wochen […] Auch die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf ein paralleles Besitzeinweisungsverfahren des mit Verfahrensrecht und örtlichen Verhältnissen weniger vertrauten Vorhabenträgers ist verfehlt. Wenn es überhaupt ein Parallelverfahren geben kann, muss das im Ermessen der fachkundigen Behörde liegen, die das Verfahren auch gegenüber Betroffenen und Öffentlichkeit zu verantworten hat.“
16 Die Bundesregierung hat den Vorschlag des Bundesrates abgelehnt und misst der Möglichkeit der parallelen Durchführung von vorzeitiger Besitzeinweisung und Zulassungsverfahren unter Vorbehalt ein Beschleunigungspotenzial bei.8 Die Durchführung eines Besitzeinweisungsverfahrens vor dem Planerlass – wie auch Gegenstand von § 27 Abs. 1 NABEG – änderte die zuvor bestehenden Möglichkeiten zum Zwecke der weiteren Beschleunigung des gesamten Realisierungsverfahrens.9
II. Vorzeitige Besitzeinweisung (Abs. 1 S. 1) 1. Voraussetzungen (Abs. 1 S. 1, 2, 3) 17 Das vorzeitige Besitzeinweisungsverfahren findet auf Antrag des Vorhabenträgers statt. In diesem muss er sein Verlangen nach Besitzeinweisung und das Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen darlegen.10 18 Der Eigentümer oder Besitzer muss sich weigern, den Besitz eines für den Bau, die Änderung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne des § 43 benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche dem Vorhabenträger zu überlassen (Abs. 1 S. 1). Die Voraussetzung verdeutlicht den Vorrang der gütlichen Einigung zwischen Vorhabenträger und Eigentümer.11 Die Weigerung des Eigentümers kann der Vorhabenträger als Voraussetzung seines Anspruchs auf Besitzeinweisung nur hinreichend darlegen, wenn er Gespräche mit dem Eigentümer geführt hat und diese nicht zu einer Vereinbarung geführt haben. Der Vorhabenträger muss dabei mindestens den Besitzübergang nach § 854 Abs. 2 BGB angeboten haben; ein konkretes Kaufangebot muss er dem Eigentümer zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht unterbreitet haben.12 19 Der sofortige Beginn von Bauarbeiten muss geboten sein (Abs. 1 S. 1). Dafür muss das Grundstück für den Bau, die Änderung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne von § 43 benötigt werden. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus dem Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung.13 Der sofor6 BGBl. I 2011 S. 1690 ff. 7 BT-Drucks. 17/6249, S. 15. 8 BT-Drucks. 17/6249, S. 15. 9 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 5. 10 Zu den Voraussetzungen ausführlich: Feurstein, RdE 2014, S. 326 f. 11 Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 6. 12 Kment/Kment, § 44b Rn 7. 13 Theobald/Kühling/Missling EnWG § 44b Rn 7-8; vgl. auch die Kommentierung unter Rn 48. Nebel/Fest
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2. Allgemeines
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tige Baubeginn auf dem Grundstück ist geboten, wenn das Verwirklichungsinteresse des Vorhabenträgers das Ruheinteresse des Eigentümers überwiegt.14 Die Dringlichkeit ist durch den Vorhabenträger plausibel darzulegen.15 Der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung müssen vollziehbar sein, Abs. 1 20 S. 2. Rechtsbehelfe gegen den Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung haben nach § 43e Abs. 1 S. 1 keine aufschiebende Wirkung, sodass die Vollziehbarkeit in der Regel mit der Wirksamkeit nach § 43 VwVfG zusammenfällt.16 Die Vollziehbarkeit kann jedoch infolge eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO gehemmt sein.17 Weiterer Voraussetzungen bedarf es nach Abs. 1 S. 3 nicht. Dies verdeutlicht den ab- 21 schließenden Charakter der Regelung.18
2. Anspruchsinhalt Wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 S. 1 und 2 vorliegen, hat der Vorhabenträger einen An- 22 spruch auf Erlass des Besitzeinweisungsbeschlusses. Durch diesen wird der Vorhabenträger neuer Besitzer des Grundstücks. Der ursprüngliche Besitzer verliert seinen Besitz.
III. Besitzeinweisung vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1a) 1. Parallelvorschrift in § 27 Abs. 1 NABEG Abs. 1a ist inhaltsgleich mit § 27 Abs. 1 NABEG. Indem § 27 Abs. 1 S. 2 NABEG hinsichtlich der 23 materiell-rechtlichen Voraussetzungen auf § 44b verweist, wird dieselbe Regelungswirkung erreicht, wie es § 44b vorsieht.19 Vorzeitig ist nicht die Besitzeinweisung selbst. Diese ist mit einer aufschiebenden Bedin- 24 gung zu erlassen, so dass sie erst bei Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss die ihr zugedachte rechtliche Wirkung entfalten kann. Trotzdem handelt es sich um einen wirksamen Verwaltungsakt.20
2. Allgemeines Nach Abs. 1a S. 1 kann der Vorhabenträger bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses 25 verlangen, dass eine vorzeitige Besitzeinweisung durchgeführt wird. Auf den Erlass des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses besteht ein Anspruch. Voraussetzung ist ein Antrag des Vorhabenträgers und ein zu erwartender Planfeststellungsbeschluss, der als spätere tragfähige Grundlage für die Einweisung dient. Sie darf daher nur ergehen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass einem späteren Enteignungsantrag entsprochen wird.21 In dem Antrag sind das Vorhaben und die vom Besitzeinweisungsbeschluss in Anspruch zu nehmenden Grundstücke genau zu bezeichnen. 14 15 16 17 18 19 20 21 435
Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 7; zur Zulässigkeit von Vorarbeiten vgl. die Kommentierung zu § 44 Rn 19 ff. VGH München, Beschl. v. 23.4.2002 – 8 AS 02.40027 –. Vgl. § 43e Rn 17 f. Vgl. § 43e Rn 24 ff. Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44b Rn 3; Scheidler, GewArch 2010, 97, 101. Vgl. Scheidler, RdE 2013, S. 107 f. Zur Wirkung vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 9. OLG Jena, Urt. v. 3.3.2010 – BI U 687/08 –. Nebel/Fest
§ 44b EnWG
III. Besitzeinweisung vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1a)
Dabei lässt sich von der „Vorvorzeitigkeit“ der Besitzeinweisung sprechen, da die vorzeitige Besitzeinweisung – wie in Abs. 1 bereits vorgesehen gewesen – erst nach Planerlass, aber vor Abschluss des Enteignungsverfahrens stattfinden soll. Die Besitzeinweisung nach Abs. 1a bzw. § 27 Abs. 1 NABEG findet hingegen zeitlich vor der bereits bekannten vorzeitigen Einweisung auf Basis einer Prognose statt, also wenn ein Planfeststellungsbeschluss noch nicht ergangen ist.22 Zuständig für den Erlass des Beschlusses ist nach Abs. 1 S. 1 die Enteignungsbehörde. Bei 27 ihr muss der Vorhabenträger den Antrag einreichen. Eine Übertragung von Aufgaben auf die BNetzA per Rechtsverordnung wie nach § 2 Abs. 2 NABEG ist im EnWG nicht vorgesehen.
26
3. Antrag und Anhörung 28 Der Vorhabenträger kann den Antrag nach Abs. 1a erstmals nach Abschluss des Anhörungsverfahrens nach § 43a stellen. Das Anhörungsverfahren wird mit Ende des Erörterungstermins abgeschlossen, sodass zu diesem Zeitpunkt der Antrag frühestens gestellt werden kann. Im Plangenehmigungsverfahren und bei Freistellung von Planfeststellung und -ge29 nehmigung nach § 43f findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 43a statt, sodass diese nicht als Anknüpfungspunkt für die Antragstellung dienen kann. Eine Besitzeinweisung ist auch im Plangenehmigungsverfahren möglich.23 Der Antrag 30 kann in solchen Fällen zusammen mit den eingereichten Unterlagen für die Erteilung der Plangenehmigung gestellt werden. Hinsichtlich der enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Plangenehmigung werden in der 31 Literatur weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht.24 Diese Zweifel sind nicht begründet. Der Hinweis auf den Wortlaut des § 44b überzeugt letztlich nicht. Die Plangenehmigung stellt eine eigenständige planerische Entscheidung dar, letztlich sind der gesetzgeberische Wille und der Wortlaut der Bestimmung deutlich ausreichend. Das damit geltende Abwägungsgebot trägt den Ansprüchen des Betroffenen Rechnung.25 Wenn der Plangenehmigung in Abweichung zu den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in der energierechtlichen Planfeststellung ausdrücklich eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt, müssen auch die besonderen enteignungsrechtlichen Institute, wie die vorzeitige Besitzeinweisung im Plangenehmigungsverfahren, anwendbar sein.26 Auch im Anzeigeverfahren nach § 43f findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Bei un32 wesentlichen Änderungen im Sinne von § 43f kann auf ein Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren verzichtet werden und stattdessen das Vorhaben in einem Anzeigeverfahren zugelassen werden. Der Entscheidung im Anzeigeverfahren werden keine enteignungsrechtlichen Wirkungen zugedacht, sodass auf ihrer Grundlage keine Enteignung vorgenommen werden kann. Eine Besitzeinweisung auf Grundlage von Abs. 1a ist daher nicht möglich.27 Nicht zuletzt ist im Regelfall im Anzeigeverfahren die Anwendung enteignungsrechtlicher Institute entbehrlich. Voraussetzung von § 43f S. 3 Nr. 3 ist, dass Rechte anderer nicht beeinträchtigt oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.
22 23 24 25 26 27
Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 7. A. A.: Kment/Kment, § 44b Rn 10; kritisch u. a.: Danner/Theobald/Missling, EnWG, § 44b Rn 10c. Ausführlich: Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 24f; vgl. auch die Kommentierung zu § 45 Rn 17a. Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 45 Rn 7–8. Vgl. zum Problem noch: Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 10c. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 10.
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6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 1a S. 3)
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4. Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinweisung Anders als der Normtext – in Abweichung zu § 45b – nahelegt, ist nicht die Besitzeinweisung 33 selbst vorzeitig. Diese ist so mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sie erst bei Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss die ihr zugedachte rechtliche Wirkung entfalten kann. Vorzeitig ist damit das Besitzeinweisungsverfahren.28 Für die vorzeitige Besitzeinweisung nach Abs. 1a gelten die Voraussetzungen nach Abs. 1. 34 Danach muss der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten sein und sich der Eigentümer oder Besitzer weigern, den Besitz eines für den Bau, die Änderung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne des § 43 benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen.29 Ferner müssen der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung vollziehbar sein. 35 Dies wird dadurch modifiziert, dass nach Abs. 1a S. 2 der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss anstelle einer vollziehbaren Entscheidung der Besitzeinweisung zugrunde zu legen ist.
5. Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung (Prognoseentscheidung, Abs. 1a S. 2) Anders als Abs. 1 setzt Abs. 1a nicht die Vollziehbarkeit von Planfeststellungsbeschluss bzw. 36 Plangenehmigung voraus. Vielmehr ist dem vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss zu Grunde zu legen. Auch ohne dass die Norm die tatbestandliche Voraussetzung ausdrücklich formuliert, ist es notwendig, dass die zuständige Behörde eine Prognose über den zu erwartenden Planfeststellungsbeschluss trifft.30 Die Prognoseentscheidung ist auf Grundlage des abgeschlossenen Anhörungsverfahrens 37 zu treffen. In diesem Zeitpunkt sind der Behörde die wesentlichen Einwendungen Betroffener und alle übrigen Aspekte des Vorhabens bekannt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Behörde zu diesem Zeitpunkt über ausreichende Kenntnisse über das Vorhaben verfügt, um eine derartige Prognoseentscheidung abgeben zu können. In der Prognose muss keine Abwägung der Belange in der Weise durchgeführt werden, wie 38 sie für den eigentlichen Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist. Vielmehr kann die Behörde im Rahmen einer Abschätzung prognostizieren, ob mit dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zu rechnen ist; und in welcher Weise dieser zu erwarten ist. Besonderes Gewicht hat die Behörde dabei auf die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümernutzer zu legen. An einer grds. Prognoseentscheidung ändert dies indes nichts.
6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 1a S. 3) Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss ist gem. Abs. 1a S. 3 mit einer aufschiebenden Bedin- 39 gung zu erlassen. Abs. 1a S. 3 ist Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Nebenbestimmung gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 VwVfG in Form einer aufschiebenden Bedingung. Aus diesem Grund ist die Vorschrift auch nicht verfassungswidrig.31 Der teilweise vorgetragenen Befürch-
28 29 30 31
Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 10c. Zu den Voraussetzungen vgl. auch: Scheidler, RdE 2013, S. 107 (111 f). Vgl. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b, Rn 13. A. A. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1044 f; die allerdings mittlerweile scheinbar ebenfalls von der Verfassungskonformität ausgehen, vgl. Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463; kritisch auch Kment, NVwZ 2012, 1134, 1136. 437
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III. Besitzeinweisung vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1a)
tung „irreversibler Folgen“ kann entgegengehalten werden, dass eine tatsächliche Veränderung der Besitzlage erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingungen erfolgt.32 40 Bei einer aufschiebenden Bedingung treten die Rechtswirkungen mit Eintritt des – ungewissen – Ereignisses ein. Bei der Bestätigung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses durch den Plan handelt es sich um ein ungewisses Ereignis. 41 Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit Bekanntgabe gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam.33 Der Wirksamkeit steht nicht entgegen, dass der Besitzeinweisungsbeschluss mit einer aufschiebenden Bedingung verknüpft ist. Dies ist insbesondere für den jeweils Betroffenen wichtig, sofern er Rechtsmittel gegen den Besitzeinweisungsbeschluss einlegt. Weitergehende Rechtswirkungen entfaltet der Verwaltungsakt mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung.34 Das führt dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.35
7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 42 Die Voraussetzung, wonach die Besitzeinweisung vom Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses abhängig zu machen ist, ist von zentraler Bedeutung. Abs. 1a S. 3 spricht von der Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss. Weitere Konkretisierungen fehlen. Dabei wird der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung die Besitzeinweisung regelmäßig nicht ausdrücklich (wörtlich) bestätigen. Eine Bestätigung liegt daher bereits vor, wenn der Planfeststellungsbeschluss/die Plangenehmigung mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist.36 Weitere Einzelheiten ergeben sich aus einem Vergleich mit Abs. 1. Dort muss der Planfest43 stellungsbeschluss vollziehbar sein, Abs. 1 S. 1. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss führt nicht zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e Abs. 1 S. 1. Der Rechtsmittelführer muss beim zuständigen Gericht beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er die Wirksamkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses beseitigen will.
8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1a S. 4) 44 Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt den vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss, wenn er mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist. Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt hingegen den vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss nicht, wenn dessen Inhalt erheblich vom Besitzeinweisungsbeschluss abweicht. Interessant wird vor diesem Hintergrund die Frage, wie mit unwesentlichen Abweichungen zwischen Besitzeinweisungsbeschluss und Planfeststellungsbeschluss umzugehen ist. Im Zweifel ist der Besitzeinweisungsbeschluss zu ergänzen.37 Wird der im Besitzeinweisungsverfahren zugrunde gelegte Planungsstand nicht durch die 45 Planungsentscheidung bestätigt, ist die Besitzeinweisung auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen. Die Formulierung im Gesetzestext ist widersprüchlich, da nicht das Besitzeinweisungsverfahren, sondern der Besitzeinweisungsbeschluss zu er32 VG Weimar, Beschl. v. 6.3.2014 – 7 E 190/14.We –. 33 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75; zur Sonderregelung des § 44b Abs. 4 S. 2 vgl. die Kommentierung unter Rn 53-54. 34 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. 35 Knack/Henneke/Meyer, § 43 Rn 14. 36 Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 16. 37 Weghake, NVwZ 2016, S. 496 (497). Nebel/Fest
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1. Antrag
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gänzen ist.38 Auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses ist ein neuer Besitzeinweisungsbeschluss zu erlassen.
9. Rechtscharakter, Rechtsmittel Die vorzeitige Besitzeinweisung ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Sie begünstigt 46 den Vorhabenträger und belastet den betroffenen Grundstückseigentümer. Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss ist aufschiebend bedingt zu erlassen. Nichtsdes- 47 toweniger handelt es sich dabei um einen wirksamen Verwaltungsakt.
IV. Benötigte Grundstücke Den sachlichen Anwendungsbereich der Norm beschreibt Abs. 1 S. 1 mit den für den Bau, die Än- 48 derung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne des § 43 benötigten Grundstücken. Welche Grundstücke genau benötigt werden, muss sich aus dem Planfeststellungsbeschluss bzw. der Plangenehmigung ergeben.39 In der Regel wird dies aus dem Grunderwerbsplan bzw. dem Grunderwerbsverzeichnis ersichtlich sein. Ebenfalls erfasst sind Flächen für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen im 49 Sinne des § 15 BNatSchG.40 Gleiches gilt für Flächen für notwendige Folgemaßnahmen an Anlagen Dritter.41 Nicht erfasst sind Grundstücke, beispielsweise für den Netzanschluss immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtiger Anlagen.42
V. Verfahren (Abs. 2, 3) 1. Antrag Beim vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren nach Abs. 1, Abs. 1a handelt es sich um ein An- 50 tragsverfahren im Sinne von § 22 S. 2 Nr. 2 VwVfG. Es wird nur auf Antrag des Vorhabenträgers eingeleitet. Im Antrag ist das jeweilige Vorhaben konkret zu benennen und zu beschreiben.43 Beteiligte des Verfahrens sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Vorhabenträger (Antragsteller) und Grundstückseigentümer (Antragsgegner) sowie sonstige dinglich oder schuld-rechtlich Berechtigte. Zuständig für den Erlass des Beschlusses ist die Enteignungsbehörde. Nach Abs. 2 S. 1 hat die Enteignungsbehörde spätestens sechs Wochen nach Eingang des 51 Antrags auf Besitzeinweisung mit den Beteiligten mündlich zu verhandeln. Abs. 2 S. 1 ist eine spezielle Regelung der Anhörung nach § 28 VwVfG. Die Verhandlung dient auch dazu, die Beteiligten zu einer gütlichen Einigung zu bewegen.44 Zur mündlichen Verhandlung sind der Antragsteller und die Betroffenen zu laden (Abs. 2 S. 2). Dabei ist den Betroffenen der Antrag auf Besitzeinweisung mitzuteilen (Abs. 2 S. 3). Die Ladungsfrist beträgt drei Wochen (Abs. 2 S. 4). Mit der Ladung sind die Betroffenen aufzufordern, etwaige Einwendungen gegen den Antrag vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde einzureichen (Abs. 2 S. 5). Die 38 39 40 41 42 43 44 439
So auch Kment, NVwZ 2012, 1134, 1137. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 7-8. Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44b Rn 6. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44b Rn 6. OLG Jena, 6.5.2008 – 5 U 444/06 –. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 12. Kment/Kment, § 44b Rn 15. Nebel/Fest
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VI. Besitzeinweisungsbeschluss (Abs. 4)
Betroffenen sind außerdem darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag auf Besitzeinweisung und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann (Abs. 2 S. 6).
2. Ausgangszustand des Grundstücks (Abs. 3) 52 Gemäß § 44b Abs. 3 S. 1 hat die Enteignungsbehörde den Zustand des Grundstücks bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in einer Niederschrift festzustellen oder durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen, soweit er von Bedeutung ist. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift oder des Ermittlungsergebnisses zu übersenden (§ 44b Abs. 3 S. 2). § 44b Abs. 3 S 2 enthält damit ein Beweissicherungsverfahren für Fälle, in denen der Zustand des Grundstücks von Bedeutung und zwischen den Beteiligten strittig ist.45 Ziel dieser Beweissicherung ist die Ermittlung der Grundlage für eine spätere Entschädigungsleistung.46 Eine Beweissicherung kommt auch dann in Betracht, wenn bereits absehbar ist, dass infolge der geplanten Arbeiten eine Feststellung des für die Entschädigung maßgeblichen ursprünglichen Zustands nicht mehr möglich ist.47
VI. Besitzeinweisungsbeschluss (Abs. 4) 53 Das vorzeitige Besitzeinweisungsverfahren nach Abs. 1, Abs. 1a wird mit einem vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss abgeschlossen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Der Behörde steht hierbei kein Ermessen zu.48 Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG.
1. Individuelle Bekanntgabe (Abs. 4 S. 1) 54 Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller und den Betroffenen spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung zuzustellen. Die Verwaltungszustellungsgesetze finden Anwendung.
2. Wirksamkeit (Abs. 4 S. 2, 3) 55 Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Dieser Zeitpunkt soll auf höchstens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an den unmittelbaren Besitzer festgesetzt werden. Welche Frist angemessen ist, wird sich nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen, wobei die Dringlichkeit der geplanten Maßnahme gegen das Interesse des Betroffenen, sich auf den Besitzverlust einzustellen, abzuwägen ist.49 Angesichts des klaren Wortlautes der Norm ist eine abweichende Beurteilung in Fällen 56 des vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahrens nach Abs. 1a nicht geboten.50 Da aber das Verfahren parallel zum Zulassungsverfahren betrieben wird, sodass dem Eigentümer Zeit bleibt, sich 45 46 47 48 49 50
OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.11.2018 – OVG 11 S 69.18 –. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 19. So (zur Parallelregelung in § 29a PBefG): OVG Weimar, Beschl. v. 11.3.1999 – 2 EO 1247 –. Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 19. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 11. So auch: Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 44b Rn 22a.
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3. Höhe (Abs. 5 S. 2)
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auf den Besitzverlust einzustellen, dürfte in der Regel die Festsetzung der Wirksamkeit unmittelbar mit Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss möglich sein, was § 44a Abs. 4 S. 4 auch zulässt.51
3. Rechtswirkung a) Grundstücksinhaber (Abs. 4 S. 4). Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Be- 57 sitz entzogen und der Vorhabenträger Besitzer. Da der Besitz die tatsächliche Sachherrschaft meint, kann die tatsächliche Durchsetzung der bis dahin bestehenden gesetzlichen Fiktion geboten sein.52 Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss kann mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden.
b) Vorhabenträger (Abs. 4 S. 5). Der Vorhabenträger wird infolge der Besitzeinweisung neu- 58 er Besitzer, sodass er auf dem Grundstück das im Antrag auf Besitzeinweisung bezeichnete Bauvorhaben durchführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen darf. VII. Entschädigung für Vermögensnachteile (Abs. 5) 1. Berechtigter (Abs. 5 S. 1) Der von der vorzeitigen Besitzeinweisung Betroffene hat Anspruch auf Ersatz der durch die 59 vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung für die Entziehung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechts ausgeglichen werden. Diese Verzinsung soll damit den Regelfall des Ausgleichs darstellen.53
2. Verpflichteter (Abs. 5 S. 1) Zur Leistung der Entschädigung ist der Vorhabenträger als durch die vorzeitige Besitzeinwei- 60 sung Begünstigter verpflichtet.
3. Höhe (Abs. 5 S. 2) Anders als etwa im Entschädigungsverfahren nach § 45a wird die Art und Höhe der Entschädi- 61 gung nicht vorrangig durch Verhandlung zwischen Vorhabenträger und Eigentümer, sondern durch die Enteignungsbehörde in einem Beschluss festgelegt. Die Entschädigung kann bereits im Besitzeinweisungsbeschluss enthalten sein. Entschädigung kann wie bei der Veränderungssperre54 nur für Substanzverluste als unmittel- 62 bare Vermögensschäden gewährt werden.55 Entgangener Gewinn ist in diesem Rahmen nicht ersatzfähig. Die Höhe der Entschädigung wird, wie bei der Veränderungssperre nach BauGB, durch
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Säcker/Pielow, EnWG, § 44b, Rn 21. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 13. Theobald/Kühlung/Missling, EnWG, § 44b Rn 34. Vgl. die Kommentierung zu § 44a Rn 43 f. Vgl. Kment/Kment, § 44b Rn 20. Nebel/Fest
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IX. Rechtsschutz (Abs. 7)
die infolge der Nutzungsbeschränkung eingetretene Minderung des Bodenwertes bestimmt.56 Die Höhe der Entschädigung wird sich im Regelfall an der örtlich üblichen Miete oder Pacht orientieren.57
VIII. Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses/der Plangenehmigung (Abs. 6) 1. Akzessorietät (Abs. 6 S. 1) 63 Die nachträgliche Aufhebung von Planfeststellungsbeschluss bzw. Plangenehmigung hat Folgen auf die vorzeitige Besitzeinweisung. Wird die Zulassungsentscheidung aufgehoben, so ist der ursprüngliche Besitzer unter Aufhebung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses wieder in den Besitz einzuweisen. Der Vorhabenträger muss das Grundstück unter Beseitigung der vorgenommenen Veränderungen zurückgeben.58 Eine Aufhebung der Planentscheidung kommt in Betracht, wenn diese rechtswidrig ist.59 64 Zusätzlich dazu ist ein Planfeststellungsbeschluss gem. § 77 S. 1 VwVfG von Amts wegen aufzuheben, wenn das Vorhaben endgültig aufgeben worden ist. Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden, wenn ein Plan gem. § 43c Nr. 1 außer Kraft tritt, 65 weil nicht innerhalb der maßgeblichen Frist mit seiner Umsetzung begonnen worden ist.60
2. Entschädigung für besondere Nachteile (Abs. 6 S. 2) 66 Für den Fall der Aufhebung der vorzeitigen Besitzeinweisung sieht Abs. 6 S. 2 einen besonderen Entschädigungsanspruch des ursprünglichen Grundstücksbesitzers vor. Der Vorhabenträger hat für alle durch die Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. „Besondere Nachteile“ sind dabei alle maßgeblichen Verluste nach der Differenzhypothese, die Formulierung dient nur der Abgrenzung zu Abs. 5. Aufwendungen für die Wiederherstellung des ursprünglichen Grundstückszustands sowie ein Ausgleich wegen nicht behebbarer Nachteile, wie bleibende Verschlechterungen eines Ackerbodens, sind ebenfalls ersatzfähig.61 Anders als etwa im Entschädigungsverfahren nach § 45a wird die Höhe der Entschädigung 67 nicht vorrangig durch Verhandlung zwischen Vorhabenträger und Eigentümer, sondern durch die Enteignungsbehörde festgelegt.
IX. Rechtsschutz (Abs. 7) 1. Aufschiebende Wirkung (Abs. 7 S. 1) 68 Rechtsbehelfe gegen die vorzeitige Besitzeinweisung, womit die Entscheidung nach Abs. 1 und Abs. 1a gemeint ist, haben keine aufschiebende Wirkung.62 Widerspruch und Anfechtungsklage hemmen also die Vollziehbarkeit der Besitzeinweisung nicht. Damit ist Abs. 7 S. 1 ein Bundesgesetz im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 VwGO. 56 57 58 59 60 61 62
BGH, Urt. v. 25.6.1959 – III ZR 220/57 –. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 15. Hermes/Sellner/Schütz, § 21 Rn 44. Vgl. die Kommentierung zu § 43e Rn 24 f. Säcker/Pielow, EnWG, § 44b Rn 28. Hermes/Sellner/Schütz, § 21 Rn 45. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.11.2018 – OVG 11 S 69.18 –.
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2. Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO (Abs. 7 S. 2)
EnWG § 44b
Das ist beim vorvorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss solange ohne Belang, wie nach 69 Abs. 1a S. 3 die aufschiebende Bedingung, d. h. die Bestätigung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses durch den Planerlass noch nicht eingetreten ist.
2. Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO (Abs. 7 S. 2) Abs. 7 S. 2 bringt eine Sonderregelung für das Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung kann nur binnen eines Monats nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses gestellt und begründet werden. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist grds. nicht fristgebunden. Abs. 7 S. 2 führt jedoch eine Frist von einem Monat ein. Dies soll zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. Nach § 58 Abs. 1 VwGO muss der Beteiligte über die besondere Frist schriftlich oder elektronisch belehrt werden. Ist die Belehrung unvollständig oder fehlerhaft, gilt nach § 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist bei dem Gericht der Hauptsache nach § 81 Abs. 1 VwGO analog schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu stellen. Die Begründung darf getrennt vom Antrag später erfolgen, muss aber innerhalb der einmonatigen Frist bei Gericht eingehen. Da die vorzeitige Besitzeinweisung ein belastender Verwaltungsakt mit Doppelwirkung ist, stehen Betroffenen die üblichen Rechtsmittel zur Verfügung: Widerspruch und Anfechtungsklage. Der jeweils andere Betroffene dürfte regelmäßig zu einem Verwaltungsverfahren und einem Verwaltungsprozess nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendigerweise beigeladen werden.
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§ 44c Zulassung des vorzeitigen Baubeginns (1)
1
In einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren kann die für die Feststellung des Plans oder für die Erteilung der Plangenehmigung zuständige Behörde vorläufig zulassen, dass bereits vor Feststellung des Plans oder der Erteilung der Plangenehmigung in Teilen mit der Errichtung oder Änderung eines Vorhabens im Sinne des § 43 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 und Absatz 2 einschließlich der Vorarbeiten begonnen wird, wenn 1. unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange einschließlich der Gebietskörperschaften mit einer Entscheidung im Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren zugunsten des Vorhabenträgers gerechnet werden kann, 2. der Vorhabenträger ein berechtigtes oder ein öffentliches Interesse an der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns darlegt, 3. der Vorhabenträger nur Maßnahmen durchführt, die reversibel sind, 4. der Vorhabenträger über die für die Maßnahmen notwendigen privaten Rechte verfügt und 5. der Vorhabenträger sich verpflichtet, a) alle Schäden zu ersetzen, die bis zur Entscheidung im Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durch die Maßnahmen verursacht worden sind, und b) sofern kein Planfeststellungsbeschluss oder keine Plangenehmigung erfolgt, den früheren Zustand wiederherzustellen. 2 Ausnahmsweise können irreversible Maßnahmen zugelassen werden, wenn sie nur wirtschaftliche Schäden verursachen und für diese Schäden eine Entschädigung in Geld geleistet wird. 3Die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns erfolgt auf Antrag des Vorhabenträgers und unter dem Vorbehalt des Widerrufs.4§ 44 bleibt unberührt. (2) 1Die für die Feststellung des Plans oder für die Erteilung der Plangenehmigung zuständige Behörde kann die Leistung einer Sicherheit verlangen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Verpflichtungen des Vorhabenträgers nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 sowie Absatz 1 Satz 2 zu sichern. 2Soweit die zugelassenen Maßnahmen durch die Planfeststellung oder Plangenehmigung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Behörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. 3Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung zurückgenommen wurde. (3) Die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns ist den anliegenden Gemeinden und den Beteiligten zuzustellen. (4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns haben keine aufschiebende Wirkung.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
11 Anwendungsbereich Sachlicher Anwendungsbereich Zeitlicher Anwendungsbereich
23
III.
Verfahrensrecht (§ 44c Abs. 1 S. 3)
IV.
Materiellrechtliche Voraussetzungen (§ 44c 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–5) 30 Günstige Prognoseentscheidung (Nr. 1) Bestehen eines öffentlichen oder eines berechtig36 ten Interesses (Nr. 2) 40 Reversibilität der Maßnahmen (Nr. 3)
1 9 1. 2. 12 19
Nebel/Fest https://doi.org/10.1515/9783110670516-038
3.
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2. Regelungszweck
4. 5.
V. 1. 2.
Verfügung über die notwendigen privaten Rech44 te (Nr. 4) Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht 45 (Nr. 5)
VI. 1. 2.
EnWG § 44c
56 Rechtsschutz Rechtsschutzmöglichkeiten des Vorhabenträ58 gers Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter (Rn 47– 60 52)
52 Wirkung und Dauer der Zulassung 52 Wirkung der Entscheidung Beginn und Dauer der Gestattungswir55 kung
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Nach Abs. 1 Satz 1 kann die Planfeststellungsbehörde den vorzeitigen Baubeginn zulassen, wenn die materiellrechtlichen Voraussetzungen nach Nr. 1 bis Nr. 5 kumulativ vorliegen. Nach Abs. 1 Satz 2 können ausnahmsweise irreversible Maßnahmen zugelassen werden. Abs. 1 Satz 3 stellt verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns. Abs. 1 Satz 4 stellt klar, dass die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns und die Vorarbeiten nach 44 unabhängig voneinander bestehen. Nach Abs. 2 Satz 1 kann die Planfeststellungsbehörde zur Sicherung der Schadensersatzbzw. Wiederherstellungspflicht eine Sicherheitsleistung verlangen. Nach Abs. 2 Satz 2 hat die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Vorhabenträger anzuordnen, den früheren Zustand wiederherzustellen. Nach Abs. 2 Satz 3 gilt dies auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung zurückgenommen wurde. Abs. 3 regelt die Bekanntmachung der Entscheidung. Abs. 4 ordnet gesetzlich die sofortige Vollziehung der Entscheidung an.
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2. Regelungszweck Die Vorschrift dient der Beschleunigung des Netzausbaus und durch die Möglichkeit vor Ab- 5 schluss des Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens mit Teilen der Errichtung bzw. Änderung eines Leitungsvorhabens bzw. mit den dazugehörigen Vorarbeiten zu beginnen. § 44c normiert das im Fachplanungsrecht verbreitete Rechtsinstitut der Zulassung des 6 vorzeitigen Baubeginns für das energierechtliche Planfeststellungsverfahren. Die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns soll die Realisierung von komplexen Infrastrukturvorhaben, welche mit einem aufwändigen Genehmigungsverfahren verbunden sind, beschleunigen. Sinn dieses Rechtsinstituts ist es nicht, abtrennbare Teile des Vorhabens endgültig vorab zu genehmigen; vielmehr soll dem Vorhabenträger aus Beschleunigungsgründen schon vor der endgültigen Entscheidung der Beginn der Ausführung ermöglicht, also das in diesem Verfahrensstadium grundsätzlich (noch) bestehende präventive Errichtungs- bzw. Benutzungsverbot partiell beseitigt werden.1 § 44c im Speziellen soll der Behörde bei engen Bauzeitfenstern (z. B. wegen zu beachten- 7 der Brut- oder Vegetationszeiten) oder bei besonders komplexen Bauabschnitten oder notwendigen Sonderbauten (z. B. im Zuge einer Flussquerung) die Möglichkeit zu geben, den Druck aus dem Verfahren zu nehmen.2 Damit soll die Regelung, unnötige Wartezeiten in den Fällen, in 1 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1431. 2 BT-Drucks. 19/7375, S. 63. 445
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§ 44c EnWG
I. Allgemeines
denen ein positiver Ausgang des Verfahrens zu erwarten ist, vermeiden. Das Risiko eines negativen Ausgangs verbleibt allerdings beim antragstellenden Vorhabenträger. 8 Das Fachplanungsrecht enthält eine Vielzahl von parallelen Regelungen, etwa in § 17 WHG, § 37 KrWG, § 57b BbergG, § 14 Abs. 2 WaStrG; auch in § 8a BImSchG ist das Rechtsinstitut der Zulassung des vorzeitigen Beginns normiert. Die älteren Parallelregelungen sind deutlich schlanker und (damit) handhabbarer; der Vergleich mit § 44c zeigt sich die überbordende Energiewende-Gesetzgebung, deren detaillierte Einzelfallregelung die Rechtsanwendung erschwert.3
3. Entstehungsgeschichte 9 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus4 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 eingefügt.5 Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren wurde in Abs. 1 klargestellt, dass die Möglichkeit zur Durchführung von Vorarbeiten nach § 44 EnWG unberührt bleibt.6 Weiterhin wurde § 44c Abs. 4 Satz 2 des Regierungsentwurfs gestrichen.7 Hiernach waren § 1 Abs. 3 EnLAG und § 6 BBPlG entsprechend anzuwenden. Die Streichung des § 44c Abs. 4 Satz 2 ist (laut Gesetzesbegründung) eine Folgeänderung der Änderungsbefehle zu § 6 BBPlG und § 1 Abs. 3 EnLAG;8 tatsächlich gilt die Verweisung an das Bundesverwaltungsgericht nun (wieder) ausschließlich für sämtliche Streitigkeiten – auch für auf diese Vorhaben bezogene Veränderungssperren, Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren –, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die im EnLAG und/oder im BBPlG bezeichnet sind, nicht aber für sämtliche Leitungsvorhaben der §§ 43 ff EnWG. 10 Der Vorhabenträger soll die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns ursprünglich nur für Vorhabens im Sinne des § 43 Satz 1 Nr. 1 oder 3 bis 5 beantragen können. Dabei handelte es sich um den Teilbereich der Energieleitungen, die dem Transport von Strom dienen. Ein Antrag für Gas-Vorhaben im Sinne des § 43 Satz 1 Nr. 2 wäre demnach unzulässig. Diese Verweisung war infolge der Neufassung von § 43, durch dasselbe Gesetz mit dem § 44c eingeführt wurde, veraltet. Dies lässt sich nur dadurch erklären, dass mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung keine Neufassung von § 43 beabsichtigt war.9 Infolge der Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Februar 2019, der eine Ergänzungen von § 43 in weiteren Punkten enthielt und der demgegenüber offenen Gegenäußerung der Bundesregierung vom 20.2.2019, erfolgte im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens eine Neustrukturierung von § 43.10 Dass die Anpassung der Verweisung an diese Neustrukturierung unterblieb, muss als redaktionelles Versehen gewertet werden. Es waren demnach als Anwendungsbereich die Vorhaben nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4 gemeint. Dementsprechend wurden die nun in § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und 6 verorteten Gasvorhaben nicht erfasst, auch wenn dies systematisch vor dem Hintergrund der gleichermaßen im Gasbereich vorgenommenen Ermittlung des energiewirtschaftlichen Bedarfs über den Netzentwicklungsplan Gas, der im Übrigen zu verzeichnenden verfahrensrechtlichen Gleichstellung der Strom- und Gastransportinfrastruktur in den §§ 43ff und nicht zuletzt angesichts der fachlichen Notwendigkeiten einer rechtzeitigen Marktraumumstellung von L- auf H-Gas keinen Sinn machte. Der Gesetzgeber hatte hier schlicht isoliert auf die Notwendigkeit der Beschleuni3 Vgl. dazu auch Riege, EnWZ 2020, 305 (305) m. w. N. 4 BGBl. I 2019 S. 706. 5 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 15 f. 6 Vgl. BT-Drucks 19/8913, S. 30. 7 Vgl. BT-Drucks 19/8913, S. 30. 8 Vgl. BT-Drucks. 19/9027, S. 16. 9 BT-Drucks. 19/7375, S. 13. 10 BT-Drucks. 19/8913, S. 22 f. Nebel/Fest
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1. Sachlicher Anwendungsbereich
EnWG § 44c
gung der Vorhaben im Strombereich geachtet. Mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften wurde in Absatz 1 Satz 1 die Verweisung in Absatz 1 Nummer 1 bis 6 und Absatz 2 geändert und der Verweis auf § 43 an dessen geltende Fassung angepasst. Der Verweis bezog sich zuvor redaktionell fehlerhaft auch eine veraltetet Fassung des EnWG: Zudem wird der Verweis auf alle in § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 und Absatz 2 genannten Anlagen und damit sämtliche der energierechtlichen Planfeststellung unterworfenen Anlagen erstreckt. Unter den Voraussetzungen des § 44c kann die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns in diesen Fällen sachgerecht sein.11
II. Anwendungsbereich Bei der Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns handelt es sich um eine 11 vorläufige Anordnung,12 welche sachlich und zeitlich der späteren Planfeststellung oder Plangenehmigung voraus geht.13
1. Sachlicher Anwendungsbereich Der Vorhabenträger einer Energieanlage, die nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–6 oder Absatz 2 energierechtlich planfestgestellt werden soll, kann nach Absatz 1 Satz 1 einen vorzeitigen Baubeginn beantragen. Soweit für ein Vorhaben im Sinne des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–6 auch die Zulassung einer Nebenanlage nach § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 beantragt worden ist, kann auch für die Nebenanlagen die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nach § 44c beantragt werden, die auf dem Wege der Planergänzung nachträglich in den Planfeststellungsbeschluss für eine Anlage nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–6 integriert werden sollen. Im Übrigen ist eine Anwendung der Norm auf Vorhaben nach § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 2–8 mit der gesetzlichen Erweiterung auf alle energierechtlich planfeststellungsfähigen Energieanlagen direkt möglich. § 44c gilt dem Wortlaut nach ausdrücklich für die o. g. Vorhaben, für die ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren beantragt worden ist und auch für deren Änderung und damit auch für das Anzeigeverfahren nach § 43f EnWG.14 Dies setzt allerdings die behördliche Entscheidung über die Verfahrensfreistellung nach § 43f Abs. 4 S. 3 voraus, da ein vorzeitiger Beginn ohne behördliche Freistellungsentscheidung sonst zu einem Wertungswiderspruch gegenüber Sinn und Zweck von § 43f führen würde.15 Faktisch entfällt damit aber dieser sachliche Anwendungsbereich bei der Änderung, da sich der Vorhabenträger dann für die Vorhabenumsetzung direkt auf die Freistellungsentscheidung stützen kann. § 44c EnWG gilt über den Verweis in § 18 Absatz 5 NABEG auch für Vorhaben nach dem NABEG.16 Der vorzeitige Baubeginn kann sowohl für Teilmaßnahmen als auch für Vorarbeiten nach § 44 beantragt werden. Der vorzeitige Baubeginns nach § 44c und die Vorarbeiten nach § 44 existieren nach Abs. 1 Satz 4 eigenständig und unabhängig voneinander.17 Durch § 44 wird der Vorhabenträger ipso iure berechtigt, ohne dass noch eine behördliche Entscheidung erforderlich ist, etwa bei 11 12 13 14 15 16 17 447
BR-Drucks. 570/20, S. 36. Vgl. die Formulierung in § 14 Abs. 2 WaStrG. BT-Drucks. 19/7375, S. 65. Vgl. auch Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1431. Vgl. auch § 43f Rn 7. BR-Drucks. 11/19, S. 70; vgl. dazu auch Ruge, ER 2019, 135 (138). BT-Drucks. 19/9027, S. 16. Nebel/Fest
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II. Anwendungsbereich
bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen. Die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nach § 44c erfolgt durch förmlichen Bescheid. Vorarbeiten, für die eine Zulassungsentscheidung notwendig ist, müssen nach § 44c beantragt werden. Der Vorhabenträger ist nicht ipso iure nach § 44 berechtigt, diese umzusetzen. 18 Für beide Vorschriften gilt gleichermaßen, dass nicht jeder naturschutzrechtliche Eingriff im Sinne der §§ 14 ff BNatSchG zu einem Ausschluss führt. Bei § 44c EnWG müssen im Hinblick auf die ökologischen Beeinträchtigungen zum betreffenden Zeitpunkt die notwendigen Kompensationsmaßnahmen bereits ausreichend feststehen. Es muss eine konkrete Planung dafür geben.18 Während der Norm in der Literatur teilweise nur eine geringe Beschleunigungswirkung zugemessen wird, da zu erwarten sei, dass eine für das Netzausbauvorhaben gegebenenfalls erforderliche Rodung ökologisch wertvoller Wälder aufgrund der Irreversibilität einer solchen Maßnahme, im Rahmen der vorzeitigen Zulassung kaum erlaubt sein wird,19 bietet die gegenläufige Rechtsprechung zum vorzeitigen Beginn nach Immissionsschutzrecht für die neue TeslaFabrik in Brandenburg eine gute Orientierung wie weit ein vorzeitiger Baubeginn tragen kann,20 auch wenn der engere Wortlaut der Norm im Vergleich zu § 8a BImSchG geringfügig engere Grenzen setzt.21 Danach lässt sich die Beseitigung von Wirtschaftswäldern bei gleichzeitig vorliegendem Kompensationskonzept jedenfalls als vom sachlichen Anwendungsbereich getragen erachten.
2. Zeitlicher Anwendungsbereich 19 Soweit die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns in einem Planfeststellungsverfahren beantragt wird, sollte die Entscheidung grds. nicht vor Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen;22 der Vorhabenträger kann die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns gleichwohl vor diesem Zeitpunkt beantragen. Drängt die Zeit, muss er – soweit dies mangels behördlicher Entscheidung möglich ist – auf die Regelung über Vorarbeiten nach § 44 zurückgreifen. Grds. ist davon auszugehen, dass das Anhörungsverfahren im Sinne von § 43a in Verbindung 20 mit § 73 VwVfG wesentliche Informationen für die Prognose nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 generiert, so dass dessen Durchführung abgeschlossen sein sollte, bevor die Behörde eine Entscheidung über die vorzeitige Zulassung trifft.23 Eines Abwartens auf die Ergebnisse des Erörterungstermins bedarf es indes nicht.24 Abhängig vom Einzelfall – etwa bei engen Bauzeitfenstern wegen zu beachtender Brut21 oder Vegetationszeiten – kann die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns erfolgen, wenn die vollständigen Antragsunterlagen über diejenigen Teile des Vorhabens vorliegen, die von der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns betroffen sind, so dass die relevanten Auswirkungen des Vorhabens auf die öffentlichen und privaten Belange ausreichend beurteilt und eine Prognoseentscheidung nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 getroffen werden kann. Die Planfeststellungsbehörde hat hier ein Verfahrensermessen, welches sie unter Berücksichtigung des primären Normzwecks der Verfahrensbeschleunigung auszuüben hat. Materiellrechtlich sind insbesondere die netztechnischen Voraussetzungen des Vorhabens und die Vorgaben der 26. BImSchV zu berücksichtigen, wenn eine UVP und/oder eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, sind die Spielräume der Behörde begrenzt. 18 19 20 21 22 23 24
BT-Drucks. 19/9027, S. 16. Leidinger, NVwZ 2020, 1377-1382. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.2.2020, 11 S 8/20. vgl. Riege, EnWZ 2020, 305-310. BT-Drucks. 19/7375, S. 65. Vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –. Zu apodiktisch und unscharf die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 19/7375, S. 63.
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1. Günstige Prognoseentscheidung (Nr. 1)
EnWG § 44c
Vor Einleitung des Verfahrens und nach der Feststellung des Plans oder der Erteilung 22 der Plangenehmigung ist der Antrag nach Abs. 1 Satz 3 unzulässig. Die Zulassung nach § 44c setzt zwingend ein begonnenes Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren voraus. Außerhalb dieses Verfahrens kommt eine Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nicht in Betracht. Eine bereits erteilte Zulassung des vorzeitigen Beginns wird als vorläufige Anordnung mit der Erteilung der Entscheidung über die Feststellung des Plans oder die Erteilung der Plangenehmigung gegenstandslos; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren tritt Erledigung ein.25
III. Verfahrensrecht (§ 44c Abs. 1 S. 3) Zuständig für die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns ist die Behörde, die das Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren durchführt.26 Abs. 1 S. 3 stellt klar, dass die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nur auf Antrag des Vorhabensträgers erfolgt. Es widerspräche dem Gesetzeszweck, wenn andere Verfahrensbestimmungen als diejenigen, die sich direkt aus § 44c ergeben, anzuwenden wären.27 Für das Verfahren nach § 44c selbst ist keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Nebenbestimmungen (etwa Auflagen oder Auflagenvorbehalt) sind grds. entsprechend § 36 VwVfG möglich;28 der auf Vorläufigkeit angelegte Normzweck kommt auch in Abs. 1 S. 3 zum Ausdruck, wonach die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns zwingend mit einem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen ist; der Gesetzgeber hat die Widerrufsvorbehalte nicht in das Ermessen der Behörde gestellt, sondern sie zwingend ausgestaltet hat. Auch diese zeigt, dass die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns eine vorläufige Anordnung ist und keinen endgültigen Charakter hat.29 Nach Abs. 3 ist die Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns den anliegenden Gemeinden und den Beteiligten zuzustellen.
23 24 25 26 27
28
IV. Materiellrechtliche Voraussetzungen (§ 44c Abs. 1 S. 1 Nr. 1–5) Die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 44c Abs. 1 S. 1 Nr. 1–5 müssen kumulativ vorlie- 29 gen.30 Im Zweifel hat der Vorhabenträger das Vorliegen der Voraussetzungen von Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–5 nachzuweisen.
1. Günstige Prognoseentscheidung (Nr. 1) Voraussetzung nach Nr. 1 ist die Prognose durch die Behörde, dass mit einer Entscheidung 30 zu Gunsten des Vorhabenträgers gerechnet werden kann, also eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine stattgebende Entscheidung spricht.
25 26 27 28 29 30 449
VGH Mannheim, Beschl. v. 17.11.2009 – 10 S 1851/09 –. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. Vgl. dazu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 25.3.2002 – 3 M 87/01–. BR-Drucks. 11/19, S. 70. Vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. Nebel/Fest
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IV. Materiellrechtliche Voraussetzungen (§ 44c Abs. 1 S. 1 Nr. 1–5)
Die Prognose nach § 44c ist von der positiven Gesamtbeurteilung als Verklammerung von Teilvorhaben zu unterscheiden; sie entfaltet keine Bindungswirkung für das Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren.31 Grundlage der von der Behörde nach § 44c anzustellenden Prognose sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im Rahmen der Entscheidung über die Feststellung des Plans oder die Erteilung der Plangenehmigung abgearbeitet werden müssen, der Fokus liegt aber insbesondere auf den netztechnischen Voraussetzungen des Vorhabens.32 Eine Zulassung des vorzeitigen Beginns kommt nur auf Grundlage hierfür ausreichender Informationen in Betracht. Ob neben den vollständigen Antragsunterlagen auch die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung vorliegen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Planfeststellungsbehörde hat ihr Verfahrensermessen unter Berücksichtigung der Verfahrensbeschleunigung auszuüben.33 Wenn eine UVP durchgeführt werden muss, sind die von den Teilen des Vorhabens oder der Vorarbeiten ausgehenden Umweltauswirkungen auf Grundlage des UVP-Berichts für das Gesamtvorhaben, der vorliegenden Einwendungen und der behördlichen Stellungnahmen zu bewerten.34 Erst dann kann beurteilt werden, ob mit einer Entscheidung zugunsten des Vorhabenträgers gerechnet werden kann und können die Ergebnisse der o. g. Bewertung und der weiteren rechtlichen Prüfungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Teilmaßnahmen bzw. Vorarbeiten berücksichtigt werden. Gleiches gilt bei der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung.35 Ebenso ist der vorzeitige Baubeginn erst nach Abschluss der Minimierungsprüfung nach § 4 Abs. 2 der 26. BImSchV zuzulassen, da vor Durchführung dieser Prüfung die Details der Ausführung der Anlage nicht endgültig feststehen können und daher nicht damit gerechnet werden kann, dass die Entscheidung zugunsten des Vorhabenträgers in der beantragten Form ergehen wird.36
2. Bestehen eines öffentlichen oder eines berechtigten Interesses (Nr. 2) 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 setzt voraus, dass der Vorhabenträger ein berechtigtes Interesse oder öffentliches Interesse an der Zulassung des vorzeitigen Beginns darlegt. Es genügt für das berechtigte Interesse jedes verständige, durch die besondere Sachlage 37 gerechtfertigte Interesse. In der Regel reicht hierfür das Interesse des Betreibers an einer zeitlichen Beschleunigung aus, z. B. um den im Netzentwicklungsplan oder Netzausbaucontrolling37 anvisierten Fertigstellungstermin einzuhalten.38 Alternativ zur Darlegung des berechtigten Interesses des Antragstellers kommt die Zulas38 sung des vorzeitigen Beginns auch bei einem öffentlichen Interesse hieran in Betracht. Dieses öffentliche Interesse muss gerade an dem vorzeitigen Beginn und dem mit ihm verbundenen Zeitgewinn bestehen. Es ist – im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung – im Ergebnis regelmäßig dann anzunehmen, wenn durch die vorzeitigen Maßnahmen der Umweltschutz verbessert wird.39 Ein berechtigtes Interesse oder öffentliches Interesse ist ausgeschlossen, sofern Zweifel 39 an der Rechtmäßigkeit der Teilmaßnahmen oder der Vorarbeiten bestehen, mit denen vorzei31 32 33 34 35 36 37 38 39
OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2016 – 2 M 43/16 –. BR-Drucks. 11/19, S. 70. Vgl. dazu Rn 20 f. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. BR-Drucks. 11/19, S. 70. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199. BR-Drucks. 11/19, S. 71. BT-Drucks. 19/7375, S. 64.
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5. Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht (Nr. 5)
EnWG § 44c
tig begonnen werden soll.40 In diesem Fall scheitert der Antrag bereits daran, dass keine günstige Prognose nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 vorliegt.
3. Reversibilität der Maßnahmen (Nr. 3) Die Zulassung sowie die Durchführung von Maßnahmen nach § 44c Absatz 1 S. 1 EnWG ist nur zulässig, wenn die Maßnahmen reversibel sind. Reversibel ist eine Maßnahme, wenn die durch sie hervorgerufenen Beeinträchtigungen sowohl in zeitlicher wie räumlicher Hinsicht eingriffsnah rückgängig zu machen bzw. umkehrbar sind.41 Hierzu zählen solche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, die so behoben werden können, dass der ursprüngliche Zustand ohne bleibende Auswirkungen wiederhergestellt ist. Dies ist der Fall, wenn insbesondere die geschädigten natürlichen Ressourcen und/ oder beeinträchtigten Funktionen der natürlichen Ressourcen und/oder des Naturhaushaltes in den Ausgangszustand zurückversetzt werden können.42 Nach § 44c Absatz 1 S. 2 EnWG können zur Vermeidung einer Verzögerung der Baudurchführung irreversible Maßnahmen durchgeführt werden, soweit keine ökologische Beeinträchtigung droht. Sonstige umweltrechtliche Anforderungen etwa nach BNatSchG oder WHG bleiben unberührt. Umfasst sein kann insbesondere das Beseitigen von Bäumen innerhalb eines wirtschaftlich genutzten Waldes (z. B. Fichtenmonokultur) außerhalb der Brut- und Vegetationszeiten im Gegensatz zu Bäumen mit ökologischem Wert und innerhalb dieser kritischen Zeiten.43 Die Freimachung einer Schneise in einem Wald zur Errichtung einer Stromleitung könne sich als irreversible Maßnahme darstellen, da das Nachwachsen des Baumbestandes Jahrzehnte in Anspruch nehme. Es sei gleichzeitig denkbar, dass die irreversible Abholzung selbst nur einen wirtschaftlichen Schaden für den Forstwirt hervorrufe und keine ökologische Beeinträchtigung drohe. In solchen Fällen können irreversible Maßnahmen zugelassen werden, wenn für die wirtschaftlichen Schäden eine Entschädigung in Geld geleistet wird.44 Als Kriterium kann (auch) auf die Beschaffenheit des Waldes abgestellt werden. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob die Beseitigung eines über lange Zeit gewachsenen Naturwaldes oder gar von nicht wiederherstellbaren Naturdenkmalen in Rede steht oder die Beseitigung eines Wirtschaftswaldes, der zudem bauplanungsrechtlich als künftiges Industriegebiet ausgewiesen sei.45
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4. Verfügung über die notwendigen privaten Rechte (Nr. 4) Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 4 muss der Vorhabenträger über die für die konkreten Maßnahmen erforder- 44 lichen privaten Rechte verfügen.
5. Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht (Nr. 5) Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 muss sich der Vorhabenträger verpflichten, alle bis zur Entscheidung im 45 Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durch die Maßnahmen verursachten Schä-
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BR-Drucks. 11/19, S. 71. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. BT-Drucks. 19/7375, S. 63. BR-Drucks. 11/19, S. 71; Ruge, ER 2019, 135, 139; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.2.2020 – 11 S 8/20 –; Riege, EnWZ 2020, 305-310. 44 BT-Drucks. 19/7375, S. 64. 45 OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.2.2020 – 11 S 8/20-. 451
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V. Wirkung und Dauer der Zulassung
den zu ersetzen und falls das Vorhaben nicht planfestgestellt oder genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Verpflichtung kann seitens des Vorhabenträgers durch einseitige Erklärung gegenüber der Behörde abgegeben werden.46 Die Verpflichtung nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. a ist verschuldensunabhängig und umfasst alle Schäden, die durch die vorzeitige Ausführung adäquat kausal verursacht worden sind. Hierzu gehört auch der entgangene Gewinn für das Ziehen von Früchten auf dem Grundstück.47 Die Vorläufigkeit der Entscheidung zeigt sich auch darin, dass der Vorhabenträger Träger des Vorhabens (der Unternehmer) sich verpflichten muss, den früheren Zustand wiederherzustellen, wenn die Planfeststellung oder Plangenehmigung nicht erteilt wird. Hätte die Zulassung vorzeitigen Beginns endgültigen Charakter, so schlösse die Bestandskraft des Zulassungsbescheides die Beseitigungspflicht aus.48 Die Verpflichtung nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. b ist verschuldensunabhängig.49 Die Behörde kann vom Vorhabenträger eine Sicherheit verlangen, wenn zu befürchten ist, dass der Vorhabenträger seiner Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht nicht nachkommt. Die Sicherheit kann in Form einer Bürgschaft erbracht werden. Die Höhe der Sicherheit richtet sich nach der im Einzelfall zu erwartenden Entschädigung.50 Nach Abs. 2 S. 2 hat, soweit die zugelassenen Maßnahmen durch die Planfeststellung oder Plangenehmigung für unzulässig erklärt sind, die Behörde gegenüber dem Vorhabenträger anordnen, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt nach Abs. 2 S. 3 auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung zurückgenommen wurde. Der Gesetzgeber hat die Behörde damit (nochmals) explizit ermächtigt, die Schadensersatz- bzw. Wiederherstellungspflicht nach Abs. 1 S. 1 Nr. 5 durchzusetzen.
V. Wirkung und Dauer der Zulassung 1. Wirkung der Entscheidung 52 Die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns stellt keine Zulassung des Vorhabens dar, es handelt sich um eine vorläufige Anordnung, die jederzeit widerruflich ist.51 Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist ein Verwaltungsakt, der zwar nicht die feststellen53 de, wohl aber die Gestattungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung vorwegnimmt, indem präventive Erlaubnis- und Genehmigungsvorbehalte beseitigt werden.52 Damit wird der Vorhabenträger berechtigt, vor Abschluss der Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren das Leitungsvorhaben bzw. dessen Nebenanlagen auf eigenes Risiko teilweise oder sogar vollständig zu realisieren. Die Entscheidung nach § 44c entfaltet keine Bindungswirkung für das Planfeststellungs54 oder Plangenehmigungsverfahren,53 es handelt sich um keine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.54 46 47 48 49 50 51 52
BT-Drucks. 19/7375, S. 64. BT- BR-Drucks. 11/19, S. 71. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –. BT-Drucks. 19/7375, S. 64. BR-Drucks. 11/19, S. 71. Vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –. Vgl. dazu auch VGH Mannheim Beschl. v. 17.11.2009 – 10 S 1851/09 –; OVG Greifswald, Beschl. v. 25.3.2002 – 3 M 87/01–. 53 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –, OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2016 – 2 M 43/16 –. 54 VG Karlsruhe Beschl. v. 12.8.2009 – 4 K 1648/09 –.A. A. OVG Koblenz, Beschl. v. 4.3.2016 – B 10233/16 –. Offen gelassen von VGH Mannheim Beschl. v. 17.11.2009 – 200910/09 – und OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2016 – 2 M 43/16 –. Nebel/Fest
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2. Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter (Rn 47–52)
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2. Beginn und Dauer der Gestattungswirkung Eine bereits erteilte Zulassung des vorzeitigen Beginns wird als vorläufige Anordnung mit 55 der Erteilung der Entscheidung über die Feststellung des Plans oder die Erteilung der Plangenehmigung gegenstandslos. Wird der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung später erteilt, tritt ihr gestattender Teil an die Stelle der vorläufigen Zulassung. Die Gestattungswirkung besteht somit zwischen dem Wirksamwerden des Zulassungsbescheids und dem Wirksamwerden der Entscheidung über die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns und ist somit kraft Gesetzes auflösend bedingt bzw. befristet.55 Die Entscheidung nach § 44c lebt auch bei Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung nicht wieder auf.56
VI. Rechtsschutz In Abs. 4 wird die sofortige Vollziehung gesetzlich angeordnet, um die Wirksamkeit der Vor- 56 schrift zu gewährleisten. Gerade in engen Bauzeitfenstern sei die sofortige Vollziehung nötig, um die Umsetzung der Baumaßnahmen zu gewährleisten.57 Über § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO fällt die Entscheidung über den vorzeitigen Beginn als Teil der 57 dort erfassten sämtlichen Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in Energieleitungsausbaugesetz und dem Bundesbedarfsplangesetz bezeichnet sind, unter die Sonderzuweisung zum Bundesverwaltungsgericht. Soweit Stromleitungsvorhaben außerhalb dieser Gesetze durch den weitergehenden Bezug Auf § 43 Abs. 1 S. Nr. 1–4 betroffen sind, so ist das jeweilige OVG nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO zuständig.
1. Rechtsschutzmöglichkeiten des Vorhabenträgers Der Vorhabenträger kann gegen die Versagung der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns mit 58 dem Rechtsmittel der Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage vorgehen. Der Vorhabenträger kann bei einer positiven Entscheidung nach § 44c und bei späterer Ab- 59 lehnung der Genehmigung einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG wegen fehlgeschlagener Investitionen geltend machen. Die Vorhabenträger kann gegenüber der Behörde auf diesen Anspruch durch schriftliche Erklärung verzichten.
2. Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter (Rn 47–52) Dritte können gegen die Zulassungsentscheidung nach § 44c Widerspruch einlegen und Anfech- 60 tungsklage erheben. Aufgrund der gesetzlichen Anordnung des sofortigen Vollzugs in Abs. 4 haben die Rechtsmittel Dritter indes keine aufschiebende Wirkung. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 entfalten keine drittschützende Wirkung, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3–5 61 dagegen schon.58
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VGH Mannheim Beschl. v. 17.11.2009 – 10 S 1851/09 –. VGH Mannheim Beschl. v. 17.11.2009 – 10 S 1851/09 –. BT-Drucks. 19/7375, S. 64. Vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 30.4.1991 – 7 C 35/90 –; OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2016 – 2 M 43/16 –
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§ 45 Enteignung (1) Die Entziehung oder die Beschränkung von Grundeigentum oder von Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteignung ist zulässig, soweit sie zur Durchführung 1. eines Vorhabens nach § 43 oder § 43b Nr. 1, für das der Plan festgestellt oder genehmigt ist, oder 2. eines sonstigen Vorhabens zum Zwecke der Energieversorgung erforderlich ist. (2) 1Einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung bedarf es in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 nicht; der festgestellte oder genehmigte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. 2Hat sich ein Beteiligter mit der Übertragung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechtes schriftlich einverstanden erklärt, kann das Entschädigungsverfahren unmittelbar durchgeführt werden. 3Die Zulässigkeit der Enteignung in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde fest. (3) Das Enteignungsverfahren wird durch Landesrecht geregelt.
Übersicht b)
I. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte 10 Art. 14 GG Unionsrechtliche Bezüge
II. 1.
17 Zulässigkeit der Enteignung 17 Materielle Zulässigkeit a) Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 18 Nr. 1
2. 3.
Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 22 24 c) Erforderlichkeit 28 Feststellung der Zulässigkeit 30 Enteignungsbegünstigte
III.
Enteignungsverfahren
IV.
Rechtsfolgen
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V.
Rechtsschutz
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1 6 16
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 regelt die grds. Zulässigkeit der Entziehung oder Beschränkung von Grundeigentum oder Rechten am selben. Nach Abs. 1 Nr. 1 ist die Enteignung zulässig, soweit sie für Vorhaben notwendig ist, für die ein Plan festgestellt oder genehmigt ist. Abs. 1 Nr. 2 bezieht sich auf sonstige zum Zwecke der Energieversorgung erforderliche Vorhaben. An diese Unterscheidung knüpft Abs. 2 an, indem nach S. 1 auf die bindende enteig2 nungsrechtliche Vorwirkung von Planfeststellung und Plangenehmigung abgestellt wird und nach S. 3 für Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 2 eine zusätzliche Entscheidung der nach Landesrecht zuständigen Behörde erforderlich ist. Abs. 2 S. 2 regelt den direkten Übergang in das Entschädigungsverfahren, soweit ein Beteiligter schriftlich sein Einverständnis gegeben hat.
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3. Entstehungsgeschichte
EnWG § 45
Abs. 3 verweist schließlich auf die landesrechtliche Ausgestaltung des Enteignungsverfah- 3 rens. Die Länder haben hierzu Enteignungsgesetze erlassen.1
2. Regelungszweck Bereits seit 1935 finden sich im EnWG Regelungen zur Enteignung „für Zwecke der öffentlichen 4 Energieversorgung“. Eine umfassende Versorgung mit Elektrizität und Gas kann ohne eine Inanspruchnahme fremden Eigentums nicht gewährleistet werden. Besonders deutlich tritt diese Notwendigkeit beim Ausbau von Leitungen zu Tage. Dies erklärt die hohe Anzahl von gerichtlichen Verfahren zu Enteignungen in Zusammenhang mit Energieleitungen.2 Ohne die Möglichkeit einer Enteignung würde nicht nur der Ausbau von Vorhaben zum Zwecke der Energieversorgung erheblich verlangsamt, auch die entstehenden Kosten würden erheblich ansteigen. Ausführliche Darstellungen zum Zweck der Regelung finden sich auch im Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts von 1997.3 Bei aller Notwendigkeit, den Ausbau der Energieversorgung zu gewährleisten, dürfen die 5 nach Art. 14 GG geschützten Rechte der Eigentümer nicht außer Acht gelassen werden. Ziel des § 45 ist es daher, gemeinsam mit den landeseigenen Enteignungsgesetzen, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Belangen der Energieversorgung und den grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen der Eigentümer zu erreichen.
3. Entstehungsgeschichte § 11 EnWG 19354 enthielt die erste Regelung der Enteignung „für Zwecke der öffentlichen Energieversorgung“. Zu diesem Zeitpunkt war der Reichswirtschaftsminister für die Feststellung der Zulässigkeit einer Enteignung verantwortlich. 1997 wurde die Regelung im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts5 angepasst und in § 12 verschoben. In diesem Zusammenhang wurde erstmalig zwischen Vorhaben, für die der Plan festgestellt oder genehmigt ist und sonstigen Vorhaben zum Zwecke der Energieversorgung unterschieden. Im EnWG 2005 wurde die Vorschrift dann nahezu wortgleich in § 45 übernommen. Die heutige Fassung des § 45 wurde maßgeblich durch Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben6 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 erreicht. Eine lediglich redaktionelle Änderung erfuhr § 45 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 durch Art. 1 Nr. 38a des Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften7 vom 26.7.2011 mit Wirkung zum 4.8.2011. Durch Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG) vom 31. Mai 20138 mit Wir-
1 Vgl. die Aufzählung bei § 45a Rn 22. 2 Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 1 m.z.w. N.; Wichert, NVwZ 2009, 876. 3 BT-Drucks. 13/7247, S. 20 (Im Entwurf war die Enteignungsregelung noch als § 7 geplant, im Gesetzgebungsverfahren wurde diese auf § 12 verschoben). Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13.12.1935 mit Wirkung zum 16.12.1935, RGBl. I S. 1451. BGBl. I 2008 S. 730. BGBl. I 2006 S. 2833 ff. BGBl. I 2011 S. 1554 ff. BGBl. I 2013 S. 1388.
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I. Allgemeines
kung zum 1. Juni 20159 wurde als Folgeänderung zur Änderung des § 43b in Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Verweis auf § 43b Nr. 2 gestrichen.
4. Art. 14 GG 10 Nach § 45 ist eine Enteignung und damit der schwerste mögliche Eingriff in Art. 14 GG gestattet. § 45 ist daher immer auch im Lichte des Art. 14 GG anzuwenden.10 Die Eingriffsermächtigung wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Nach Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG ist eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.11 11 Zudem darf die Enteignung gem. Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (sog. Junktimklausel). § 45 dient dem Wohl der Allgemeinheit. Dies wird schon aus dem Zweck des EnWG, wie er 12 in § 1 Abs. 1 festgelegt ist, deutlich. Das Gesetz an sich und § 45 im Speziellen zielen auf die Sicherstellung der Versorgung der Allgemeinheit mit Gas und Elektrizität ab. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass § 45 nur auf solche Vorhaben anwendbar ist, die 13 tatsächlich – zumindest teilweise – auch die allgemeine Stromversorgung fördern. Eine Enteignung zugunsten rein privatnütziger Vorhaben kommt nicht in Betracht.12 Dies ist nicht mit der Enteignung zugunsten privater Energieversorger gleichzusetzen, welche nach der BoxbergEntscheidung des BVerfG grds. zulässig ist.13 § 45 legt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Enteignung zum Zwecke der Ener14 gieversorgung gesetzlich fest. Eine Regelung des Enteignungsverfahrens und insbesondere der Art und des Ausmaßes der Entschädigung findet sich in § 45 nicht. Der Verweis des § 45 Abs. 3 auf die landeseigenen Enteignungsgesetze genügt aber den Anforderungen der Junktimklausel. Ein Enteignungsgesetz, das keine Entschädigungsregelung enthält, ist zwar grds. nichtig.14 15 Zulässig ist es aber, für die Durchführung des Enteignungsverfahrens und die Regelung der Enteignungsentschädigung auf ein allgemeines Enteignungsgesetz zu verweisen.15
5. Unionsrechtliche Bezüge 16 Die Vorschrift ist in ihrem Regelungsgehalt nicht unionsrechtlich determiniert. Nach Art. 345 AEUV lassen die Verträge die Eigentumsordnungen der Mitgliedsstaaten unberührt. In einem Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Fearon/Irish Land Commission16 hat der EuGH bereits 1984 entschieden, dass die Norm die Einrichtung eines Systems der staatlichen Enteignung nicht in Frage stellt. Der EuGH betonte aber auch, dass der Eigentumsordnung im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit der Grundsatz der Nichtdiskriminierung zugrunde liegen muss.17 Aus unionsrechtlicher Sicht bedeutet dies, dass sich im Rahmen des Enteignungssystems eine Schlechterstellung von sonstigen Unionsbürgern gegenüber deutschen Staatsbür-
9 Art. 16 Satz 2 (BGBl. I 2013 S. 1388, 1394) in der Fassung des Art. 1b des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 24. Mai 2014, BGBl. I 2014 S. 538. BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –. Hierzu ausführlich: BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 7 ff. Dazu sogleich unter Rn 30 f. BVerfG, Urt. v. 24.3.1987 – 1 BvR 1046/85 –; vgl. auch Rn 26 f. BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 –. BVerfG, Urt. v. 10.3.1981 – 1 BvR 92/71 –. EuGH, Urt. v. 6.11.1984 – Rs 182/83 –. EuGH, Urt. v. 6.11.1984 – Rs 182/83 –.
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1. Materielle Zulässigkeit
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gern verbietet. Sowohl die Berechtigung des Vorhabenträgers als auch die Verpflichtung der Eigentümer erfolgt vollkommen unabhängig von der Staatszugehörigkeit.
II. Zulässigkeit der Enteignung 1. Materielle Zulässigkeit Die Zulässigkeit der Enteignung ist in § 45 Abs. 1 geregelt. Entscheidend ist, dass die Enteignung 17 für ein Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 erforderlich ist. Ein Vorhaben ist dann energiewirtschaftlich erforderlich, wenn es eine vorhandene gegenwärtige oder jedenfalls in absehbarer Zeit entstehende Versorgungslücke schließen soll oder wenn es der Versorgungssicherheit dient.18
a) Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 1. § 45 Abs. 1 Nr. 1 erfasst Vorhaben nach § 43 18 oder § 43b Nr. 1, für die der Plan festgestellt oder genehmigt ist. Es kommen also ausschließlich die in § 43 aufgezählten speziellen Leitungsvorhaben in Betracht, wobei auch § 43b Nr. 1 einbezogen wird. Nach Abs. 2 S. 1 entfaltet der Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung. Der festgestellte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend ist.19 Eine Enteignung ist für diese Vorhaben nach § 45 erst zulässig, wenn der Plan festgestellt 19 oder genehmigt wurde. Eine Enteignung kommt daher grds. erst dann in Betracht, wenn ein Planfeststellungsverfahren bzw. Plangenehmigungsverfahren abgeschlossen wurde. Nach § 45b und § 27 Abs. 2 NABEG können Planfeststellungs- und Enteignungsverfahren auch parallel durchgeführt werden (vorzeitiges Enteignungsverfahren).20 Durch die Formulierung des Abs. 2 S. 1 HS. 2 wonach auch der „genehmigte“ Plan dem 20 Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für dieses bindend ist, ergibt sich, dass auch der Plangenehmigung diese enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt.21 Dies ergab sich bisher zusätzlich aus § 43b Nr. 3 a. F., der als lex specialis die allgemeine Vorschrift des § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG a. F. verdrängte.22 Durch die seit dem 1.6.2015 angeordnete Geltung der §§ 73; 74 Abs. VI VwVfG n. F. ergibt sich diese Folge nunmehr direkt aus dem VwVfG. Durch die Verweisung auf § 74 VwVfG werden auch die Voraussetzungen für den Rückgriff auf das Verfahren der Plangenehmigung gem. § 74 Abs. VI VwVfG stärker betont. In der Rechtsliteratur machen einzelne Stimmen verfassungsrechtliche Bedenken im Hin- 21 blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung der Plangenehmigung geltend, die insgesamt allerdings nicht überzeugen.23 Da im Rahmen des Leitungsbaus der Widerstreit zwischen öffentlichen und privaten Belangen im Gegensatz zu anderen Konstellationen der Plangenehmigung nicht außergewöhnlich sei und die Abwägungsklausel des § 43 Abs. 1 Satz 4 EnWG dem Rechnung trage, wird diesen Zweifeln von anderer Seite entgegen getreten.24 Die Anhörung der Grundstückseigentümer nach § 28 VwVfG genüge, um enteignungsrechtliche Vorwirkung zu rechtfertigen.25 Dem ist angesichts der in mehreren Neufassungen der Norm nicht beseitigten 18 19 20 21
Thür. OLG, Urt. 3.3.2010 – Bl U 687/08 –. Theobald/Kühling/Theobald, EnWG, § 45 Rn 35. Zum Verhältnis von § 45 zu § 27 NABEG: Weghake, NVwZ 2016, S. 496 (498). Vgl. schon VGH München, Urt. v. 24.5.2011 – 22 A 10.40049 –; ebenso: Engel, KommP Spezial, 2014, S. 189 (194); Theobald/Kühling/Theobald, EnWG, § 45 Rn 39. 22 Vgl. die Kommentierung zu § 45 in der Vorauflage, Rn 16. 23 Etwa: de Witt, RdE 2006, S. 141 (143). 24 Ausführlich zur Problematik: Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 24 f. 25 Theobald/Kühling/Theobald, EnWG, § 45 Rn 39. 457
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II. Zulässigkeit der Enteignung
Anordnung der Vorwirkung zu folgen. Die Plangenehmigung stellt eine planerische Entscheidung dar, das damit geltende Abwägungsgebot trägt den Ansprüchen des Betroffenen Rechnung.26
22 b) Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2. Für Vorhaben, die sich nicht unter § 43 oder § 43b Nr. 1 subsumieren lassen, kommt eine Enteignung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 in Betracht. § 45 Abs. 1 Nr. 2 erfasst alle sonstigen Vorhaben zum Zwecke der Energieversorgung. Mit Blick auf § 3 Nr. 18, der Energieversorgungsunternehmen definiert, ist unter Energieversorgung grds. das Beliefern Dritter mit Energie bzw. das Betreiben eines Versorgungsnetzes zu verstehen. Die Sicherstellung der Energieversorgung ist eine öffentliche Aufgabe von großer Bedeutung, die zum Bereich der Daseinsvorsorge gehört.27 Daher ist § 45 Abs. 1 Nr. 2 nicht eng auszulegen. Die Norm kann etwa zur Enteignung von Grundstücken, die für einen Windpark benötigt werden, herangezogen werden.28 Aufgrund der besonderen Standortanforderungen und der herausgehobenen Bedeutung für die Integration erneuerbarer Energien kommt eine Enteignung auch für die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken in Betracht. Die umstrittene Frage, ob reine Erzeugungsanlagen ebenfalls Vorhaben im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 darstellen, wurde durch den BGH mittlerweile bejaht.29 Neben den Energieversorgungsanlagen selbst werden auch mit diesen unmittelbar verbundene Hilfseinheiten, wie z. B. Leitungen und Zuwegungen, erfasst.30 Für Nebenanlagen zu „sonstigen Vorhaben“ im Sinne der Nr. 2 ist entscheidend, dass auch die Nebenanlage Vorhaben der Elektrizitäts- bzw. Gaswirtschaft dient und zumindest mittelbar allgemeinnützig ist.31 Anlagen zur (industriellen) Eigenversorgung können mangels Allgemeinwohldienlichkeit eine Enteignung nicht rechtfertigen.32 Bei Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 muss die Enteignung unmittelbar dem Zweck der Ener23 gieversorgung dienen. Dafür muss nach Auffassung von BVerwG und BGH eine Versorgungslücke vorliegen.33 Zur Feststellung ist eine Erforderlichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der gesamten Versorgungssituation vorzunehmen, die negativ ausfallen muss, soweit technische Alternativen der Bedarfsdeckung bestehen.34 Dazu gehören auch mögliche Stromimporte.35 Diese Bedarfsfeststellung ist gerichtlich eingeschränkt überprüfbar und nach Ansicht des BGH restriktiv vorzunehmen.36 Politische Ziele wie der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien (vgl. § 1 Abs. 1 EnWG, § 1 Abs. 2 EEG) rechtfertigen ohne einen Bezug auf die Versorgungslage die Enteignung daher nicht.37
24 c) Erforderlichkeit. Eine Enteignung ist nur dann zulässig, wenn diese für die Durchführung eines der vorgenannten Vorhaben erforderlich ist. Wie bereits dargestellt, ist die Enteignung nach § 45 immer an Art. 14 GG zu messen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit ist 26 So auch: OVG Münster, Urt. v. 6.9.2013 – Az. 11 D 118/10.AK –; Vgl. auch BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 14. 27 BVerfG, Beschl. v. 20.3.1984 – 1 BvL 28/82 –; BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –. 28 Thür. OLG, Urt. v. 3.3.2010 – Bl U 687/08 –. 29 BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –; zur Entscheidung auch Greinacher, ER 2015, S. 235 (236); a. A.: Britz/ Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 25. 30 Kment/Kment, § 45 Rn 13; vgl. zur Vielzahl der relevanten Anlagen auch: Pielow, RdE 2017. S. 27 (32). 31 Gegen die Enteignung zugunsten einer Zuwegung: OLG Jena, Urt. v. 30.12.2013 – BI U 299/12 –; mit überzeugenden Argumenten dagegen: Wichert, NVwZ 2014, S. 1471 f. 32 Kment/Kment, § 45 Rn 14. 33 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –. 34 BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –. 35 Kritisch zur Entscheidung: Demmer, IR, 2015, S. 159 (160). 36 BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –, unter Verweis auf BVerwG, 17.1.1986 – 4 C 6.84 –. 37 BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –. Nebel/Riese
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2. Feststellung der Zulässigkeit
EnWG § 45
Ausdruck der Notwendigkeit der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in das Grundrecht auf Eigentum.38 Die Enteignung muss geeignet sein, das Vorhaben zu fördern. Es darf kein milderes Mittel geben, das die Verwirklichung des Vorhabens ebenso ermöglicht. Zudem muss die Enteignung im Einzelfall verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist insbesondere der auf Art. 14 Abs. 1 GG beruhende Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs in das Eigentum zu beachten. Dieser Grundsatz besagt, dass die Enteignung nur als letztes Mittel zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes in Betracht kommt. Sie ist daher unzulässig, wenn der Zweck, dem sie dienen soll, auch auf eine andere, weniger schwer in die Rechte des Betroffenen eingreifende Weise erreicht werden kann.39 Dieser Grundsatz der Enteignung als ultima ratio ist in dreierlei Hinsicht zu berücksichtigen. Zunächst kommt eine Enteignung nicht in Betracht, wenn das Vorhaben ohne diese verwirklicht werden kann, eine Inanspruchnahme des betreffenden Grundstücks also nicht notwendig ist. Bei Vorhaben nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 ist dies bereits im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses zu beachten, bei Vorhaben nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 hat die nach § 45 Abs. 2 S. 3 zuständige Behörde dies zu berücksichtigen. Ist eine Inanspruchnahme des Grundstückes notwendig, so hat ein freihändiger Erwerb stets Vorrang vor einer Enteignung.40 Der Vorhabenträger muss daher zunächst versucht haben, auf privatrechtlichem Wege eine Einigung mit dem Eigentümer zu erzielen, bevor ein Enteignungsverfahren Erfolg haben kann. Dieser Vorrang des freihändigen Erwerbs hat auch in die Enteignungsgesetze der Länder Eingang gefunden.41 Ist eine Inanspruchnahme des Grundstücks notwendig und der Versuch eines freihändigen Erwerbs gescheitert, so kommt eine vollumfängliche Enteignung nur dann in Frage, wenn für die Erreichung des Vorhabenzwecks nicht die Einräumung einer Grunddienstbarkeit bzw. Pacht ausreichend ist.
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2. Feststellung der Zulässigkeit Bei der Frage nach der Zuständigkeit für die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung ist 28 zwischen Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 1 und Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 2 zu unterscheiden. Bei Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 1 stellt die Planfeststellungsbehörde bereits abschließend im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses bzw. der Plangenehmigung die Zulässigkeit fest. Nach Abs. 2 S. 1 ist die zuständige Enteignungsbehörde an diese Entscheidung gebunden.42 Sie kann aufgrund dieser enteignungsrechtlichen Vorwirkung die Entscheidung dem Grunde nach nicht mehr überprüfen – eine Verhältnismäßigkeitsprüfung hat sie gleichwohl durchzuführen.43 § 45 Abs. 2 S. 3 ordnet hingegen ein zweistufiges Verfahren an. Die nach Landesrecht zu- 29 ständige Genehmigungsbehörde stellt die Zulässigkeit der Enteignung dem Grunde nach fest. Sie prüft, ob nach dem Maßstab des Art. 14 GG das Wohl der Allgemeinheit die Enteignung rechtfertigt, ob also energierechtlicher Bedarf besteht. Die nach Landesrecht zuständige Enteignungsbehörde verfügt die Enteignung danach tatsächlich.44
38 Zur Bestimmung der Erforderlichkeit: BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –; dazu auch Greinacher, ER 2015, S. 235 (238). BVerwG, Urt. v. 3.6.1954 – I C 73.53 –. Vgl. BVerwG, Urt. v. 18.8.1964 – I C 48.63 –. Vgl. § 5 Nr. 1 NEG; § 4 Abs. 2 EEG NW. Vgl. § 19 NEG; § 18 EEG NW sowie Rn 16, 16a. BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 28 m. w. N. Vgl. Thür. OLG, Urt. v. 30.12.2013 – Bl U 229/12 –.
39 40 41 42 43 44
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§ 45 EnWG
III. Enteignungsverfahren
3. Enteignungsbegünstigte 30 Begünstigter der Enteignung ist das Energieversorgungsunternehmen als Vorhabenträger. Bei der Enteignung zum Zwecke der Realisierung von Energieversorgungsvorhaben handelt es sich um eine Enteignung zugunsten privater Unternehmen.45 Die Enteignung zu Gunsten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens ist jedenfalls dann zulässig, wenn einem solchen Unternehmen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes die Erfüllung einer dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe zugewiesen wird und zudem sichergestellt ist, dass es zum Nutzen der Allgemeinheit geführt werde. Die Enteignung für Zwecke der öffentlichen Energieversorgung zu Gunsten privatrechtlich organisierter Energieversorgungsunternehmen ist mit Art. 14 GG vereinbar.46 31 Der Person des Begünstigten kommt keine ausschlaggebende Bedeutung bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Enteignung zu. Entscheidend ist, dass das Vorhaben tatsächlich den Anforderungen des § 45 gerecht wird.47 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass von einer allgemeinen Gemeinwohlbindung nach der Energierechtsreform des Jahres 1998 nur noch schwerlich gesprochen werden kann.48 Dessen ungeachtet ist die Sicherstellung der Energieversorgung eine öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung. Die Energieversorgung gehört zum Bereich der Daseinsvorsorge und ist eine Leistung, deren der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf.49 Dient das Vorhaben der allgemeinen Energieversorgung, wird dieser Zweck erreicht sowie dauerhaft gesichert, so ist eine Enteignung zulässig.50 Sowohl das BVerwG als auch das BVerfG bekräftigen zudem, dass die energiewirtschaftlichen Aufsichtsinstrumentarien nicht mit der Liberalisierung des Energiemarktes beseitigt wurden.51 Vielmehr seien sie an neue Marktbedingungen angepasst und die staatliche Gewährleistungsverantwortung für die Energieversorgung auch durch Private dadurch gewahrt worden.52 Lediglich zur Verwirklichung rein privatnütziger Vorhaben ist eine Enteignung daher unzulässig. Ausreichend ist, dass sich der Nutzen für das allgemeine Wohl, im Rahmen des § 45 die Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, wenigstens als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergibt.53 Eine vordergründige Gewinnerzielungsabsicht des Vorhabenträgers steht der Einordnung eines Vorhabens als der allgemeinen Energieversorgung dienend daher nicht entgegen.
III. Enteignungsverfahren 32 Gemäß § 45 Abs. 3 richtet sich das Enteignungsverfahren nach dem jeweiligen Landesenteignungsgesetz. 33 Das Enteignungsverfahren wird auf Antrag des Energieversorgungsunternehmens durch die Enteignungsbehörde eingeleitet.54 Die primäre Aufgabe der Enteignungsbehörde ist es, auf eine Einigung zwischen dem Eigentümer und dem Antragsteller hinzuwirken.55 Auch dies ist Ausdruck des Grundsatzes des geringstmöglichen Eingriffs in das Eigentum. Die durch Abs. 2 S. 1 angeordne45 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 14 m.w.z.N. 46 BVerfG, Beschl. v. 20.3.1984 – 1 BvL 28/82 –; BVerwG, Urt. v. 17.1.1986 – 4 C 6/84 –; BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –; BVerfG, Beschl. v. 10.9.2008 – 1 BvR 1914/02 –. 47 BVerfG; Beschl. v. 10.9.2008 – 1 BvR 1914/02 –. 48 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 18. 49 OLG Celle, Beschl. v. 28.5.2008 – 4 U 11/08 –. 50 BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –. 51 Zur diesbezüglichen Diskussion vgl. BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 13. 52 BVerwG, Urt. v. 11.7.2002 – 4 C 9/00 –, BVerfG, Beschl. v. 10.9.2008 – 1 BvR 1914/02 –. 53 Salje, EnWG, § 45 Rn 14. 54 Vgl. § 20 und 29 NEG; § 18 und § 25 EEG NW. 55 Vgl. § 30 Abs. 1 NEG; § 27 Abs. 1 EEG NW. Nebel/Riese
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V. Rechtsschutz
EnWG § 45
te eigentumsrechtliche Vorwirkung führt nicht dazu, dass die Eigentumsposition bereits entzogen ist. Auch im „einstufigen Verfahren“ (vgl. Rn 24) bedarf es danach eines nachgelagerten Enteignungsverfahrens, das sich nach den jeweils landesrechtlichen Vorschriften richtet.56 Vermag sowohl im Vorfeld als auch in der mündlichen Verhandlung keine Einigung erzielt 34 werden, entscheidet die Enteignungsbehörde durch Beschluss.57 Die durch die Enteignungsbehörde im Fall des § 45 Abs. 1 Nr. 2 durchzuführende Allgemeinwohlprüfung beinhaltet auch die Prüfung der Rechtmäßigkeit des zu errichtenden Vorhabens. Ist diese nicht bestandskräftig festgestellt, hat die Enteignungsbehörde selbstständig eine Rechtmäßigkeitsprüfung durchzuführen.58 Denn eine Enteignung (hier: nach § 45 Abs. 1 Nr. 2) ist nur zulässig, wenn die notwendigen Gestattungen und Genehmigungen vorliegen oder wenn keine ernsthaften Zweifel an der zukünftigen Erteilung der Genehmigungen bestehen.59 Ist eine Genehmigung erteilt, aber angefochten, kann dem Enteignungsantrag nur stattgegeben werden, wenn die Enteignungsbehörde in ihrer Prüfung dazu kommt, dass dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.60
IV. Rechtsfolgen Im Enteignungsbeschluss wird sowohl die Enteignung, als auch die dafür zu leistende Entschä- 35 digung ausgesprochen. Eine Enteignung kann entweder in Form einer vollständigen Eigentumsentziehung oder einer Eigentumsbeschränkung im Wege der zwangsweisen Einräumung einer Grunddienstbarkeit oder Pacht ergehen. Für Leitungszwecke kommt allerdings in aller Regel keine Vollenteignung in Frage, sondern lediglich eine Eigentumsbeschränkung.61 Die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit stellt in der Praxis den Regelfall der Anwendung des § 45 dar.62 Diesbezüglich hat der BFH in seiner Grundsatzentscheidung klargestellt, dass eine einmalige Entschädigung, die für das mit einer immerwährenden Dienstbarkeit gesicherte und zeitlich nicht begrenzte Recht auf Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt wird, nicht zu den nach dem EStG steuerbaren Einkünften zählt.63 Sobald der Enteignungsbeschluss unanfechtbar geworden ist, kann die Enteignungsbehörde 36 auf Antrag die Ausführungsanordnung treffen.64 Ist die Ausführungsanordnung nicht mehr anfechtbar, so sendet die Enteignungsbehörde den Enteignungsbeschluss und die Ausführungsanordnung an das Grundbuchamt und ersucht es, die neue Rechtslage in das Grundbuch einzutragen.65 Eine Zustimmung des vormaligen Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt ist nicht notwendig.
V. Rechtsschutz Sowohl Planfeststellungsbeschluss als auch Enteignungsbeschluss und Ausführungsanordnung 37 sind Verwaltungsakte. Der betroffene Eigentümer kann diese mit der Anfechtungsklage nach 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 461
Kment/Kment, § 45 Rn 10. Vgl. § 32 Abs. 1 NEG; § 30 Abs. 1 EEG NW. BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –. Schlick, NJW 2015, S. 2703. BGH, Urt. v. 12.3.2015 – III ZR 36/14 –. Theobald/Kühling/Theobald, EnWG, § 45 Rn 20. Helmes, NVwZ 2015, S. 915 (919). BFH, Urt. v. 2.7.2018 – IX R 31/16 –; Kanzler, FR 2019, S. 19 (19 ff). Vgl. § 36 NEG; § 33 EEG NW. Vgl. § 36 Abs. 5 NEG; § 33 Abs. 7 EEG NW. Nebel/Riese
§ 45 EnWG
V. Rechtsschutz
§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO angreifen, der Vorhabenträger den Erlass mittels einer Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO einfordern.66 38 Für den betroffenen Eigentümer ergibt sich die Klagebefugnis hinsichtlich des Planfeststellungsbeschlusses aus Art. 14 Abs. 1 GG. Dabei hat der Eigentümer einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses, welche grds. auch solche Normen umfasst, die ihm keine subjektiven Rechte gewähren. Für den Erfolg der Anfechtungsklage muss der geltend gemachte Rechtsfehler allerdings erheblich, insbesondere kausal für die Eigentumsbetroffenheit sein.67 Klagebefugt ist außerdem der Inhaber eines Erbbaurechts.68 Der Kläger kann dabei immer nur den Regelungsinhalt des angegriffenen/versagten Ver39 waltungsaktes anfechten/einfordern. Wurde die Zulässigkeit der Enteignung für ein Vorhaben nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 bereits im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses festgestellt und ist dieser Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig geworden, so kann sich die Anfechtungsklage nur noch auf die im Rahmen des Enteignungsbeschlusses selbst getroffenen Entscheidungen, d. h. auf formelle Fehler des Enteignungsverfahrens oder die Erforderlichkeit der konkreten Enteignung beziehen. In den Fällen der Enteignung nach Abs. 1 Nr. 2 dürfte dies nach hier vertretener Auffassung anders liegen, da es sich bei der Zulässigkeitsprüfung nicht um ein eigenständig anfechtbares Verfahren handelt.69
66 67 68 69
BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 37. BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 2/16 –; BVerwG, Urt. v. 22.6.2017 – 4 A 18/16 –. BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 4 A 5/17 –, juris. In diesem Sinne: Theobald/Kühling/Theobald, EnWG, § 45 Rn 46; a. A.: BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 37. Nebel/Riese
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§ 45a Entschädigungsverfahren Soweit der Vorhabenträger auf Grund eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung verpflichtet ist, eine Entschädigung in Geld zu leisten, und über die Höhe der Entschädigung keine Einigung zwischen dem Betroffenen und dem Träger des Vorhabens zustande kommt, entscheidet auf Antrag eines der Beteiligten die nach Landesrecht zuständige Behörde; für das Verfahren und den Rechtsweg gelten die Enteignungsgesetze der Länder entsprechend.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 3 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Verpflichtung zur Entschädigung in Geld
III.
Verfahren
1 8 11
1. 2. 3. 4.
14 Allgemeines 18 Vereinbarung Festsetzung durch die Behörde 23 Höhe der Entschädigung
IV.
Rechtsweg (Hs. 2)
21
24
14
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Nach Hs. 1 wird die Entscheidung über die Höhe einer durch den Vorhabenträger aufgrund 1 eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung zu leistenden Entschädigung aus dem Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren in ein gesondertes Verfahren ausgelagert. Die Entschädigungshöhe kann entweder über eine Einigung zwischen den Beteiligten oder andernfalls auf Antrag durch die nach Landesrecht zuständige Behörde bestimmt werden. Hs. 2 bestimmt die Anwendbarkeit der jeweiligen Landesenteignungsgesetze für das Ver- 2 fahren und den Rechtsweg des Entschädigungsverfahrens.
2. Regelungszweck § 45a setzt einen Anspruch auf Entschädigung voraus, dessen Höhe es in der eigentlichen Plan- 3 entscheidung zeitlich nachfolgend festzulegen gilt. Der Anspruch auf Entschädigung selbst ergibt sich aus § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG. Dieser kommt in Betracht, wenn dem Vorhabenträger durch die Planfeststellungsbehörde nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen auferlegt werden können, die zum Wohle der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind, dies aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht statthaft oder nach der Art des Vorhabens nicht sinnvoll ist.1 Obwohl die systematische Stellung von § 45a – unmittelbar im Anschluss an § 45 – darauf 4 schließen lässt, handelt es sich nicht um eine enteignungsrechtliche Regelung.2 Der Entschädigungsanspruch setzt vielmehr unterhalb der Schwelle zur Enteignung ein,3 Enteignungsfra1 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 45a Rn 2. 2 Vgl. BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45a Rn 1. 3 BVerwG, Urt. v. 29.1.1991 – 4 C 51/89 –. 463 https://doi.org/10.1515/9783110670516-040
Nebel/Riese
§ 45a EnWG
II. Verpflichtung zur Entschädigung in Geld
gen sind von § 45a nicht erfasst. § 45a regelt Fälle, in denen der Eingriff in Rechtspositionen gerade keine Enteignung darstellt.4 5 Der Anspruch auf Entschädigung ist dem Grunde nach Teil der Planentscheidung. Über § 45a kann lediglich die Höhe festgelegt werden. 6 Die Entschädigungshöhe musste vor Einfügung des § 45a im Planfeststellungsverfahren bzw. bei Erteilung der Plangenehmigung geregelt werden. Mit der Neuregelung wird dies in ein nach Landesrecht geregeltes Verfahren ausgelagert, sodass im Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren keine Festsetzung der Höhe einer zu leistenden Entschädigung stattfindet.5 Der Gesetzgeber verspricht sich Beschleunigungspotenziale für das Planfeststellungsverfahren.6 Die Norm erfasst nach dem eindeutigen Wortlaut ausschließlich Fälle, in denen eine Ent7 schädigung in Geld vorgesehen ist. Sie regelt die Festlegung durch behördliche Entscheidung auf Antrag eines der Beteiligten für den Fall, dass über die Höhe einer zu leistenden Entschädigung keine Einigung durch eine vorrangige Verhandlung gefunden wird. Im Übrigen verweist die Norm auf ein durch Landesrecht ausgestaltetes Verfahren im Landesenteignungsgesetz.
3. Entstehungsgeschichte 8 Die Vorschrift wurde mit Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben7 vom 9.12.2006 mit Wirkung zum 17.12.2006 als § 45a eingefügt und ist seitdem unverändert. Die Norm erfuhr im Gesetzgebungsverfahren ausgehend vom ersten Entwurf der Bundes9 regierung8 vom 4.11.2005 keine Änderungen und ist mit dem heutigen Gesetzeswortlaut identisch. Die Regelung des Entschädigungsverfahrens war nicht Bestandteil der kontroversen Diskussion des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben.9 Die Norm ist entsprechend den Vorschriften der § 28a LuftVG, § 22a AEG und § 7a MBPlG 10 formuliert und mit diesen gleichzeitig in einem Artikelgesetz beschlossen worden. Als Vorbild könnte § 19a FStrG gedient haben, der bereits mit Art. 26 Nr. 5 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes10 vom 28.6.1990 mit Wirkung zum 1.7.1990 in das FStrG eingefügt wurde.11
II. Verpflichtung zur Entschädigung in Geld 11 § 45a setzt einen Anspruch auf Entschädigung voraus, dessen Höhe es in der eigentlichen Planentscheidung zeitlich nachfolgend festzulegen gilt. Der Anspruch auf Entschädigung ergibt sich aus § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG.12 Ein Anspruch kommt in Betracht, wenn dem Vorhabenträger durch die Planfeststellungsbehörde nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen auferlegt werden können, die zum Wohle der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind, dies
4 Kment/Kment, EnWG, § 45a Rn 2; ausdrücklich auch: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.11.2018 – OVG 11 S 59.18 –.
5 Vgl. BT-Drucks. 16/54, S. 39. 6 Vgl. BT-Drucks. 16/54, S. 31. 7 BGBl. I 2006 S. 2833. 8 BT-Drucks. 15/54. 9 Vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BT-Drucks. 16/3158. 10 BGBl. I 1990 S. 1221. 11 So BT-Drucks. 16/54, S. 39 (Begr. zu § 22a AEG – BT-Drucks. enthält keine Begr. zu § 12a EnWG). 12 BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45a Rn 1; weitere Anspruchsgrundlagen annehmend: Theobald/Kühling/ Missling, EnWG, § 45a Rn 4. Nebel/Riese
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1. Allgemeines
EnWG § 45a
aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht statthaft oder nach der Art des Vorhabens nicht sinnvoll ist.13 Die zuständige Behörde kann in diesem Fall im Rahmen der Planentscheidung einen Anspruch auf Entschädigung für Dritte festschreiben. Über den Entschädigungsanspruch ist im Verwaltungsstreitverfahren nur insoweit zu ent- 12 scheiden, als auch im Planfeststellungsverfahren darüber zu befinden wäre. Darin ist die Verpflichtung des Vorhabenträgers dem Grunde und der Höhe nach auszusprechen, hinsichtlich der Höhe bleibt der Ausspruch aber auf die für die Berechnung maßgeblichen Faktoren beschränkt. Weitergehende Festsetzungen brauchen auch im Planfeststellungsverfahren nicht getroffen zu werden, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Ausgestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet.14 Entschädigung in Geld nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG kommt auch neben einer Enteignungs- 13 entschädigung in Betracht, etwa für solche Einbußen, die durch die Enteignung nicht ausgeglichen werden können, beispielsweise Kosten für Mehrwege durch Ersatzlandbeschaffung.15 Eine Entschädigung ist ferner möglich bei einer Einschränkung privater Vermögenswerte. Dazu gehören beispielsweise anerkannte Jagdrechte.16
III. Verfahren 1. Allgemeines § 45a enthält eigene Regelungen zum Verfahren und verweist im Übrigen im Hs. 2 auf das Verfahren der Enteignungsgesetze in den Ländern. Aus sich heraus sind daher die Regeln des § 45a nicht ausreichend, um das gesamte Thema etwaiger Entschädigungszahlungen abzudecken. Hs. 1 lagert die Entscheidung über die Höhe des Anspruchs von der Planentscheidung aus und stellt somit eine Abschichtungsregel dar.17 In getrennten Verfahren wird jeweils über Bestand und Höhe der Entschädigung entschieden. Ob ein Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach besteht, entscheidet sich demnach nach dem Inhalt der Planfeststellung oder -genehmigung.18 Wurde in der Planentscheidung kein Anspruch auf Entschädigung festgelegt, müssen Betroffene gegen die Planentscheidung vorgehen. Geschieht dies nicht und die Planentscheidung erwächst in Bestandskraft, besteht keine Möglichkeit mehr, über ein Vorgehen nach § 45a Entschädigung zu erhalten.19 Die Abschichtung durch § 45a erleichtert die Planentscheidung. Der erzielte Beschleunigungseffekt kommt dem Vorhabenträger zugute. Für Betroffene kann sich eine belastende Wirkung ergeben, da sie zwei unterschiedliche Wege zur Erlangung des Rechtsschutzes einschlagen müssen: Sie müssen zum einen sicherstellen, dass ihnen ein Anspruch auf Entschädigung zugesprochen wird. Zum anderen müssen sie sich – in einem gesonderten Verfahren – um die Höhe der Entschädigung bemühen. Entgegen dem ersten Anschein erweitert die Abschichtung die Möglichkeiten der Interessenswahrnehmung durch Betroffene: Durch die Auslagerung der Festsetzung der Entschädigungshöhe bleibt wegen des Entscheidungsdrucks für die zuständige Behörde mehr Raum, die Erforderlichkeit einer Entschädigung zu ermitteln. Die Höhe kann im Anschluss ohne Zeit13 14 15 16 17 18 19 465
Vgl. Mann/Sennekamp/Uechtritz/Lieber, VwVfG, § 74 Rn 228 f. Vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –. Vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2010 – III ZR 237/09 –. LG Meiningen, Urt. v. 14.6.2006 – BLK O 2/05 –. Vgl. auch Bauer, NVwZ 1993, 441 ff. BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45a Rn 2. VGH Mannheim, Urt. v. 13.2.1995 – 5 S 1701/94 –. Nebel/Riese
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§ 45a EnWG
III. Verfahren
druck konsensual zwischen dem Vorhabenträger und dem Betroffenen durch Verhandlung festgelegt werden.
2. Vereinbarung 18 Nach Hs. 1 ist eine Festlegung der Entschädigungshöhe durch „Einigung“ zwischen dem Vorhabenträger und dem Betroffenen vorrangig. Dies verdeutlicht zunächst, dass die Höhe der Entschädigung im Wege der konsensualen Entscheidungsfindung durch Verhandlung bestimmt werden soll. Das Gesetz beabsichtigt jeweils eine individuelle Verhandlung zwischen einem – „dem“ – Betroffenen und dem Vorhabenträger. Der Vorrang der Verhandlung entlastet zudem die Behörde. 19 Für jeden Verhandlungsbeteiligten ist ein „Ausstieg“ aus den Verhandlungen durch Antrag auf behördliche Festsetzung an die nach Landesrecht zuständige Behörde möglich, wenn bei den Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann. Pauschale Festsetzungen sind etwa in Form eines Angebotes durch den Vorhabenträger an alle Betroffenen zulässig. Er kann darin die Annahme des Angebotes oder den Einstieg in weitere Verhandlungen in Aussicht stellen. Zu erwarten ist, dass jeweils die Initiative zur Findung einer einvernehmlichen Lösung vom Vorhabenträger selbst ausgeht.20 Der Antrag ist Voraussetzung der behördlichen Festsetzung, er kann sowohl durch den Vor20 habenträger als auch durch den Eigentümer oder sonstigen Berechtigten gestellt werden. In dem Antrag muss das Scheitern der vorherigen Einigungsversuche darzulegen ist.21
3. Festsetzung durch die Behörde 21 Die für die Festsetzung der Entschädigung der Höhe nach zuständige Behörde wird durch die Länder bestimmt.22 Für die Entscheidung dem Grunde nach ist entsprechend den obigen Ausführungen die Planfeststellungsbehörde zuständig.23 Sofern eine solche Bestimmung nicht eigener Bestandteil des entsprechenden Landesrechtes ist, gilt nach Hs. 2 der Verweis auf das jeweilige Landesenteignungsgesetz. Danach ist die Landesenteignungsbehörde zuständig. Voraussetzung für die Entscheidung der Behörde ist der Antrag eines der Beteiligten. Sind 22 die Verhandlungen über die Höhe der Entschädigung gescheitert, besteht für den Vorhabenträger oder den Betroffenen die Möglichkeit, den Antrag nach Hs. 1 zu stellen.24 Zwar impliziert die Stellung des Antrags nach Hs. 1 das Scheitern der Verhandlungen, jedoch ist das Scheitern der Verhandlungen im Antrag schlüssig darzulegen. Dies trägt auch der durch den Gesetzgeber angestrebten Entlastung der Behörde Rechnung. Das Gesetz erhebt die Verhandlung als moderne Form des Verwaltungsverfahrens zu einer Art „Wunschvorstellung“.
4. Höhe der Entschädigung 23 Der Betroffene mit Anspruch auf Entschädigung in Geld ist so zu stellen, wie er ohne die im Planfeststellungsbeschluss bzw. der Plangenehmigung rechtmäßiger Weise mögliche Beeinträchtigung stünde. Dabei sind grds. nur substanzbezogene Beeinträchtigungen ersatzfähig,
20 21 22 23 24
Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hellermann, § 45a Rn 4. Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 45a Rn 7. Vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –; Kment/Kment, EnWG, § 45a Rn 5. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 45a Rn 7.
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IV. Rechtsweg (Hs. 2)
EnWG § 45a
nicht aber entgangener Gewinn.25 Zur Höhe der Entschädigung ist im energiewirtschaftlichen Entschädigungsverfahren bislang keine Rechtsprechung ergangen.
IV. Rechtsweg (Hs. 2) Rechtsschutz kann im Regelfall zivilrechtlich bei den Landgerichten, Kammer für Baulandsa- 24 chen, ersucht werden.26 Der Rechtsschutz richtet sich gem. Hs. 2 nach den Enteignungsgesetzen der Länder. Folgende Landesenteignungsgesetze sind für Verfahren und Rechtsschutz maßgeblich: – Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG) v. 25.7.1978, BayRS III S. 601; – Landesenteignungsgesetz Baden-Württemberg (LEntG)v. 6.4.1982, GBl. 1982 S. 97; – Berliner Enteignungsgesetz v. 14.7.1964, GVBl. S. 737; – Enteignungsgesetz des Landes Brandenburg (EntGBbg) v. 19.10.1992, GVBl. I S. 430; – Enteignungsgesetz für die Freie Hansestadt Bremen v. 5.10.1965, Brem.GBl. S. 129; – Hamburgisches Enteignungsgesetz (EntEigG HA) v. 11.11.1980, HmbGVBl. 1980 S. 305; – Hessisches Enteignungsgesetz (HEG) v. 4.4.1973, GVBl. I S. 107; – Enteignungsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern v. 2.3.1993, GVOBl. M-V 1993 S. 178; – Niedersächsisches Enteignungsgesetz (NEG) v. 12.11.1973, Nds. GVBl. S. 441, i. d. F. v. 6.4.1981, Nds. GVBl. S. 83; – Gesetz über die Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesenteignungs- und ‑entschädigungsgesetz – EEG NW) v. 20.6.1989, GV NW S. 365; – Landesenteignungsgesetz Rheinland-Pfalz (LEnteigG) v. 22.4.1966, GVBl. S. 103; – Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum für das Saarland (Enteignungsgesetz) v. 26.7.1922, PrGS 22 S. 211; – Sächsisches Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (SächsEntEG) v. 18.7.2001, SächsGVBl. S. 453; – Enteignungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt v. 13.4.1994, GVBl. LSA S. 508; – Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum Schleswig-Holstein v. 11.6.1874, GS. Schl.H. S. 221, i. d. F. der Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts, GS Schl.-H. II Gl.Nr. 214–1; – Thüringer Enteignungsgesetz (ThürEG) v. 23.3.1994, GVBl. S. 329.
25 Giesberts/Reinhardt/Tünnesen-Harmes, WHG, § 96 Rn 5. 26 Vgl. § 41 Landesenteignungsgesetz BaWü; § 50 Abs. 1 S. 2 EEG NW; § 43 Abs. 1 S. 2 NEG. 467
Nebel/Riese
§ 45b Parallelführung von Planfeststellungs- und Enteignungsverfahren 1
Der Träger des Vorhabens kann verlangen, dass nach Abschluss der Anhörung ein vorzeitiges Enteignungsverfahren durchgeführt wird. 2Dabei ist der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen. 3Der Enteignungsbeschluss ist mit der aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sein Ergebnis durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt wird. 4Anderenfalls ist das Enteignungsverfahren auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen.
Übersicht 1. 2. 3. 4.
I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Verfassungsmäßigkeit Entstehungsgeschichte
II.
Parallelvorschrift in § 27 Abs. 2 NABEG
III.
Parallelvorschrift in § 44b Abs. 1a, § 27 Abs. 1 14 NABEG (vorzeitige Besitzeinweisung)
IV.
Enteignungsbeschluss vor Planerlass – vorzeiti15 ge Enteignung (S. 1)
1 8 10 13
7.
Allgemeines 15 19 Antrag und Anhörung 24 Rechtscharakter Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Progno28 seentscheidung, S. 2) 32 Aufschiebende Bedingung (S. 3) Bestätigung durch Planfeststellungsbe35 schluss 37 Ergänzung des Verfahrens (S. 4)
V.
Rechtsschutz
5. 6.
39
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Die Norm ist dem Wortlaut von § 27 Abs. 2 NABEG entsprechend formuliert. Nach S. 1 hat der Vorhabenträger nach der Anhörung Anspruch auf die Durchführung eines vorzeitigen Enteignungsverfahrens, sobald das Anhörungsverfahren abgeschlossen ist und er ein entsprechendes Verlangen gegenüber der Behörde ausspricht. Das Verfahren kann als vorzeitig bezeichnet werden, weil es vor Eintritt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt wird. Es ist aber gleichzeitig vorläufig, weil die Entscheidung nach S. 3 unter eine aufschiebende Bedingung gestellt werden muss und von der Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss abhängt. Nach S. 2 ist der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss zu2 grunde zu legen. Um zu bestimmen, was als zu erwartender Planfeststellungsbeschluss Grundlage des vorzeitigen Verfahrens ist, muss die Behörde eine Prognose treffen. Nach S. 3 ist der Erlass einer aufschiebenden Bedingung als Nebenbestimmung obligato3 risch, wonach der vorzeitige Enteignungsbeschluss erst dann seine spezifischen Rechtswirkungen entfaltet, wenn der Planfeststellungsbeschluss tatsächlich in dem zugrunde gelegten Umfang ergeht. Nach S. 4 ist in dem Fall, dass die Prognose über den zu erwartenden Planfeststellungsbe4 schluss der zuständigen Behörde nicht (so) eintritt, der vorzeitige Enteignungsbeschluss zu ergänzen. In diesem Fall kann die Ergänzung bzw. der Neuerlass unmittelbare Rechtswirkungen entfalten, da eine aufschiebende Bedingung zur Herstellung einer rechtmäßigen Entscheidung nicht mehr erforderlich ist.
Nebel/Riese https://doi.org/10.1515/9783110670516-041
468
3. Verfassungsmäßigkeit
EnWG § 45b
2. Regelungszweck Das Planfeststellungsverfahren, mit dessen Abschluss die Verwirklichung eines Vorhabens für 5 zulässig erklärt wird, lässt die Rechte privater Dritter grds. unberührt. Die Verwirklichung der planfestgestellten Vorhaben macht nichtsdestoweniger in der Regel den Zugriff auf fremden Grund und Boden erforderlich. Kommt eine gütliche Einigung mit den dinglich Berechtigten nicht zustande, kann der Vorhabenträger zwar nach § 44b eine vorzeitige Besitzeinweisung erwirken. Allerdings lässt § 44b die dingliche Rechtslage unverändert. Um sich in die Position des dinglich Berechtigten zu versetzen, bleibt dem Vorhabenträger damit nur das Enteignungsverfahren nach § 45. Um die Realisierung des Vorhabens gegenüber dem Enteignungsverfahren zu beschleunigen, ermöglicht § 45b den Erlass eines vorzeitigen Enteignungsbeschlusses, der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses Zugriff auf Grundstücke bereits vor Abschluss des Verfahrens ermöglicht.1 Unter Beachtung der Grundrechte der Betroffenen kann durch den Vorhabenträger erst mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses von der Enteignung Gebrauch gemacht werden. Bei dem vorzeitigen Enteignungsbeschluss handelt es sich um ein spezielles enteignungs- 6 rechtliches Institut, das als Teil der Beschleunigungsgesetzgebung der besonderen Dringlichkeit der Vorhaben Rechnung tragen kann.2 Es erfüllt eine vergleichbare Funktion wie die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.3 Durch die parallele Durchführung von Zulassungs- und Enteignungsverfahren soll das Verfahren insgesamt gestrafft werden.4 Die Regelung vorverlagert das eigentliche Enteignungsverfahren. Wirksamkeit und Um- 7 setzung der Maßnahme hängen indes vom Vorliegen eines Planfeststellungsbeschlusses ab. Es wird angenommen, dass die Zahl der Anwendungsfälle überschaubar sein wird, da die Vorhabenträger das Verfahren auf eigenes Kostenrisiko betreiben müssen.5
3. Verfassungsmäßigkeit Einzelne Stimmen in der Rechtsliteratur kritisieren die Norm nach wie vor als verfassungswid- 8 rig, weil sie weder erforderlich noch verhältnismäßig sei.6 Dem ist nicht zu folgen. Die Vorschrift lässt lediglich Verfahrensschritte, die in jedem Fall durchgeführt werden 9 müssten, zu einem früheren Zeitpunkt zu. Da zumindest in einfach gelagerten Fällen hierdurch eine Verfahrensbeschleunigung möglich erscheint, ist die Norm erforderlich und angemessen.7 Das damit verfolgte Allgemeinwohlziel des beschleunigten Ausbaus der Stromnetze stellt ein unumgängliches öffentliches Bedürfnis dar.8 Aufgrund der aufschiebenden Bedingung nach § 45b S. 3 ist es hinnehmbar, dass im Zeitpunkt des Verfahrens möglicherweise nicht alle relevanten Gesichtspunkte des Vorhabens geklärt sind. Denn durch sie tritt im vorläufigen Verfahren noch kein endgültiger Enteignungserfolg ein.9 Soweit vorgetragen wird, dass mit § 44b Abs. 1a EnWG eine ausreichende Möglichkeit der Verfahrensstraffung bestünde, ist dem
1 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/6073, S. 35, 30 f. 2 Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45b Rn 1. 3 Zur ähnlich gelagerten vorzeitigen Besitzeinweisung nach dem BauGB: Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 116 Rn 1.
4 Kment/Kment, § 45b Rn 1. 5 BT-Drucks. 17/6249, S. 18. 6 Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1044 f; dieselben, NVwZ 2013, S. 463; wohl auch Britz/Hellermann/Hermes/ Hermes, § 45b Rn 3. 7 So die Äußerung der BReg, BT-Drucks. 17/6249, S. 17 f. 8 Weghake, NVwZ 2016, 496 (500). 9 Vgl. Kment, NVwZ 2012, 1134 (1138). 469
Nebel/Riese
§ 45b EnWG
III. Parallelvorschrift in § 44b, 27 NABEG
entgegenzuhalten, dass es dem Vorhabenträger hier nicht um die Besitz- sondern um die Eigentümerposition an dem Grundstück geht, die mit § 44b nicht zu erlangen ist.10
4. Entstehungsgeschichte 10 Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 8 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze11 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 45b eingefügt und ist seitdem unverändert. Vor Einfügung bestand im EnWG 2007 keine vergleichbare Regelung. Vorbild war insbesondere die Regelung des § 33 BauGB.12 Die Norm erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem 11 ursprünglichen Entwurf.13 Der Bundesrat hat die Einfügung der §§ 44b Abs. 1a, 45b in seiner Stellungnahme mit folgender Begründung abgelehnt:14 „Eine aufschiebend bedingte Besitzeinweisung vor dem förmlichen Abschluss des tragenden Genehmigungsverfahrens brächte allenfalls Zeitgewinne von wenigen Wochen […] Auch die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf ein paralleles Besitzeinweisungsverfahren des mit Verfahrensrecht und örtlichen Verhältnissen weniger vertrauten Vorhabenträgers ist verfehlt. Wenn es überhaupt ein Parallelverfahren geben kann, muss das im Ermessen der fachkundigen Behörde liegen, die das Verfahren auch gegenüber Betroffenen und Öffentlichkeit zu verantworten hat.“
12 Die Bundesregierung hat den Vorschlag abgelehnt und misst der Möglichkeit der vorzeitigen Enteignung unter Vorbehalt ein Beschleunigungspotenzial bei.15 Die Durchführung eines Enteignungsverfahrens noch vor dem Planerlass, wie sie auch Gegenstand von § 27 Abs. 2 NABEG ist, ist erstmals Gegenstand eines Fachplanungsgesetzes. Die Neuregelung in § 45b und § 27 Abs. 2 NABEG geht somit über die bisher bestehenden Möglichkeiten hinaus.
II. Parallelvorschrift in § 27 Abs. 2 NABEG 13 § 45b ist inhaltsgleich mit § 27 Abs. 2 NABEG. § 45b unterliegt aufgrund seiner systematischen Stellung nach § 45 der gleichen Systematik wie § 27 Abs. 2 NABEG, der hinsichtlich der materiellrechtlichen Voraussetzungen auf § 45 verweist.16
III. Parallelvorschrift in § 44b Abs. 1a, § 27 Abs. 1 NABEG (vorzeitige Besitzeinweisung) 14 Unter ähnlichen Bedingungen wie in § 45b bzw. § 27 Abs. 2 NABEG kann auch ein weniger weitreichendes vorzeitiges Besitzeinweisungsverfahren nach § 44b Abs. 1a, § 27 Abs. 1 NABEG durchgeführt werden.17
10 11 12 13 14 15 16 17
Theobald/Kühling/Missling, EnWG § 45b Rn 18; a. A. weiterhin: Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, 463 f. BGBl. I 2007 S. 1690. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, 31. BT-Drucks. 17/6073. BT-Drucks. 17/6249, S. 15. BT-Drucks. 17/6249, S. 17 f. Vgl. die Kommentierung zu § 27 NABEG. Vgl. die Kommentierung zu § 44b.
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2. Antrag und Anhörung
EnWG § 45b
IV. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – vorzeitige Enteignung (S. 1) 1. Allgemeines Gemäß S. 1 kann der Vorhabenträger vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses verlangen, dass ein vorzeitiger Enteignungsbeschluss erlassen wird. Auf den Erlass besteht ein Anspruch des Vorhabenträgers. Voraussetzung ist ein Antrag des Vorhabenträgers und ein zu erwartender Planfeststellungsbeschluss, der als spätere tragfähige Grundlage für die Enteignung dient. In dem Antrag sind das Vorhaben und die vom Enteignungsbeschluss in Anspruch zu nehmenden Grundstücke genau zu bezeichnen.18 Von der „Vorzeitigkeit“ der Enteignung kann gesprochen werden, da die energierechtliche Enteignung nach § 45 im Regelfall auf der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines festgestellten Plans aufbaut, nach § 45b jedoch davon abweichend auf Basis einer Prognose stattfindet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist also zu diesem Zeitpunkt noch nicht ergangen. Vorzeitig ist im Kern nicht die Enteignung selbst, sondern – wie es § 45b auch benennt – das Enteignungsverfahren. Die Enteignungsentscheidung ist mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlassen, sodass sie erst bei Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss die ihr zugedachte rechtliche Wirkung entfalten kann.19 Zuständig für den Erlass des Beschlusses ist die nach Landesrecht für das Planfeststellungsverfahren zuständige Behörde. Bei ihr muss der Vorhabenträger den Antrag einreichen. Eine Übertragung von Aufgaben an die BNetzA ist im Anwendungsbereich des EnWG im Gegensatz zum NABEG nicht vorgesehen.
15
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18
2. Antrag und Anhörung Der Vorhabenträger kann den Antrag nach S. 1 erstmals nach Abschluss des Anhörungsverfahrens nach § 43a stellen. Das Anhörungsverfahren wird nach Ende des Erörterungstermins abgeschlossen, sodass mit Abschluss des Anhörungsverfahrens der Antrag gestellt werden kann. Der Abschluss der Anhörung kann jedoch nicht in jedem Fall als Anknüpfungspunkt für die Antragstellung dienen. Im Plangenehmigungsverfahren und bei Verzicht auf Planfeststellung und -genehmigung nach § 43f findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 43a statt. Eine vorzeitige Enteignung ist aber auch im Plangenehmigungsverfahren möglich.20 Der Antrag kann in solchen Fällen zusammen mit den eingereichten Unterlagen für die Erteilung der Plangenehmigung gestellt werden. Dies folgte ursprünglich aus § 43b Nr. 3, der der Plangenehmigung die Rechtswirkungen der Planfeststellung zuschrieb und damit die Vorschrift des § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG, wonach der Plangenehmigung die enteignungsrechtliche Vorwirkung fehlt, als spezielle Norm verdrängte. Mittlerweile ergibt sich diese Folge direkt aus dem VwVfG. Denn der zwischenzeitlich mehrfach geänderte § 43b ordnet seit dem 1.6.2015 die Geltung der §§ 73; 74 Abs. VI VwVfG n. F. an. Durch die Verweisung auf § 74 VwVfG werden auch die Voraussetzungen für den Rückgriff auf das Verfahren der Plangenehmigung gem. § 74 Abs. VI VwVfG stärker betont. Hinsichtlich der enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Plangenehmigung werden nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, die im Ergebnis nicht überzeugen.21 Diesen ist angesichts der Ausgestaltung der Plangenehmigung als planerische Entscheidung
18 19 20 21 471
Kment/Kment, § 45b Rn 3. Vgl. Rn 33. Vgl. Kment/Kment, § 45b Rn 6. Ausführlich: Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45 Rn 24 ff. Nebel/Riese
19
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§ 45b EnWG
IV. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – vorzeitige Enteignung (S. 1)
nicht zu folgen.22 Die Plangenehmigung stellt eine planerische Entscheidung dar, das damit geltende Abwägungsgebot trägt den Ansprüchen des Betroffenen Rechnung.23 Dadurch hat die Plangenehmigung sämtliche Rechtswirkungen des energiewirtschaftlichen Planfeststellungsbeschlusses, einschließlich der enteignungsrechtlichen Vorwirkung. Wenn der Plangenehmigung in Abweichung zu den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG im Bereich der Energiewirtschaft ausdrücklich eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zugeschrieben wird, müssen auch besondere enteignungsrechtliche Institute wie die vorzeitige Enteignung im Plangenehmigungsverfahren anwendbar sein.24 Auch im Anzeigeverfahren nach § 43f findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Bei un23 wesentlichen Änderungen im Sinne von § 43f kann auf ein Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren verzichtet und stattdessen das Vorhaben in einem Anzeigeverfahren zugelassen werden. Der Entscheidung im Anzeigeverfahren werden keine enteignungsrechtlichen Wirkungen zugedacht, sodass auf ihrer Grundlage keine Enteignung vorgenommen werden kann. Eine vorzeitige Enteignung ist daher auf Grundlage von § 43f nicht möglich. Nicht zuletzt ist im Regelfall die Anwendung enteignungsrechtlicher Institute im Anzeigeverfahren entbehrlich. Voraussetzung ist nach § 43f S. 2 Nr. 3, dass Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.
3. Rechtscharakter 24 Die vorzeitige Enteignung ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Sie begünstigt den Vorhabenträger und belastet den betroffenen Grundstückseigentümer. 25 Der vorzeitige Enteignungsbeschluss ist aufschiebend bedingt zu erlassen. Nichtsdestoweniger handelt es sich dabei um einen wirksamen Verwaltungsakt. Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit einer aufschiebenden Bedingung bereits mit Bekanntgabe gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam.25 § 45 stellt die Voraussetzungen auf, die für eine Enteignung vorliegen müssen. Die enteig26 nungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses und der Plangenehmigung ergibt sich aus § 45 Abs. 1 Nr. 1 (Planfeststellung) und daran anknüpfend aus § 43b Nr. 3 (Plangenehmigung); diese trägt nach Bestätigung des Enteignungsbeschlusses durch den Planfeststellungsbeschluss die wirksam gewordene Enteignung. Der weitere Regelungsgehalt ergibt sich aus § 45 Abs. 3. Danach finden für das Enteignungs27 verfahren die Regelungen der Landesenteignungsgesetze Anwendung.26 Entsprechendes gilt für die Rechtsmittel.
4. Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Prognoseentscheidung, S. 2) 28 S. 2 enthält keine materiellen Voraussetzungen für den Erlass eines vorzeitigen Enteignungsbeschlusses. Diese ergeben sich aus dem voranstehenden § 45, nach dem ein Enteignungsbeschluss ergehen kann. Diese Norm wird durch S. 2 dahingehend modifiziert, als dass eine Prognose über den zu erwartenden Planfeststellungsbeschluss zu treffen ist. Diese Prognoseentscheidung ist Grundlage für den vorzeitigen Enteignungsbeschluss.
22 Vgl. die Kommentierung zu § 45 EnWG Rn 21; BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 14 f; Theobald/Kühling/ Theobald, EnWG, § 45 Rn 39. 23 Vgl. BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 45 Rn 14 f. 24 A. A.: Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 45b Rn 4-6. 25 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. 26 Vgl. jeweils die Kommentierung dazu bei § 45. Nebel/Riese
472
6. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss
EnWG § 45b
Die Prognoseentscheidung ist auf Grundlage des abgeschlossenen Anhörungsverfahrens 29 zu treffen. In diesem Zeitpunkt sind der Behörde die wesentlichen Einwendungen Betroffener und alle übrigen Aspekte des Vorhabens bekannt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Behörde zu diesem Zeitpunkt über ausreichende Kenntnisse über das Vorhaben verfügt, um eine derartige Prognoseentscheidung abgeben zu können. Vor diesem Hintergrund wird der Plangenehmigung z. T. die enteignungsrechtliche Vorwirkung abgesprochen. Dem steht der eindeutige Wortlaut von § 43b Nr. 3 entgegen. In der Prognose muss keine Abwägung der Belange in dem Umfang durchgeführt werden, wie 30 sie für den eigentlichen Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist. Hinsichtlich der Beurteilungsgrundlage ist zwischen Tatbestand und Rechtsfolge zu unterscheiden. Der Tatbestand muss vollständig aufgeklärt sein. Anderenfalls ist eine Enteignung nicht zulässig. Die Entscheidungsgrundlage darf daher keine wesentlichen Lücken oder streitigen Themen enthalten. Zulässig ist eine Prognose hinsichtlich der letztendlich von der Planfeststellungsbehörde zu treffenden Entscheidung. Ist diese Prognose positiv in dem Sinne, dass mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist auch ein entsprechender Beschluss über die Zulässigkeit des Enteignungsverfahrens möglich. Die Behörde kann im Rahmen einer Abschätzung prognostizieren, ob mit dem Erlass eines 31 Planfeststellungsbeschlusses zu rechnen ist und in welcher Weise dieser zu erwarten ist. Besonderes Gewicht hat die Behörde dabei auf die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümernutzer zu legen. An einer grundsätzlichen Prognoseentscheidung ändert dies indes nichts.
5. Aufschiebende Bedingung (S. 3) Der vorzeitige Enteignungsbeschluss ist gem. S. 3 mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlas- 32 sen. S. 3 ist Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Nebenbestimmung gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 VwVfG in Form einer aufschiebenden Bedingung. Aus diesem Grund ist die Vorschrift auch nicht verfassungswidrig.27 Denn der teilweise vorgetragenen Befürchtung „irreversibler Folgen“ kann entgegengehalten werden, dass eine tatsächliche Veränderung der Besitzlage erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingungen erfolgt.28 Bei einer aufschiebenden Bedingung treten die Rechtswirkungen mit Eintritt des – unge- 33 wissen – Ereignisses ein. Bei der Bestätigung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses durch den Plan handelt es sich um ein solches ungewisses Ereignis. Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit einer aufschiebenden Bedingung mit Bekanntgabe 34 gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam.29 Der Wirksamkeit steht es also gerade nicht entgegen, dass der Enteignungsbeschluss mit einer aufschiebenden Bedingung verknüpft ist. Dies ist insbesondere auch für den jeweils Betroffenen wichtig, sofern er Rechtsmittel gegen den Enteignungsbeschluss einlegt. Rechtswirkungen entfaltet der Verwaltungsakt mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung.30 Das führt dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.31
6. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss Die Anforderungen des Gesetzgebers, die Enteignung vom Vorliegen des Planfeststellungsbe- 35 schlusses abhängig zu machen, sind von zentraler Bedeutung. S. 3 spricht von der Bestätigung 27 A. A. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1044 f; die allerdings hinsichtlich § 44b mittlerweile scheinbar von der Verfassungskonformität ausgehen, vgl. Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463. 28 VG Weimar, Beschl. v. 6.3.2014 – 7 E 190/14.We –. 29 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. 30 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. 31 Vgl. Knack/Henneke/Peuker, § 43 Rn 17. 473
Nebel/Riese
§ 45b EnWG
V. Rechtsschutz
durch den Planfeststellungsbeschluss; weitere Konkretisierungen fehlen. Dabei wird der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung die Besitzeinweisung regelmäßig nicht ausdrücklich (wörtlich) bestätigen. Eine Bestätigung dürfte vorliegen, wenn der Planfeststellungsbeschluss/die Plangenehmigung mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist.32 36 Weitere Einzelheiten ergeben sich aus einem Vergleich mit § 45. Dort muss der Plan festgestellt sein. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss führt nicht zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e Abs. 1 S. 1. Der Rechtsmittelführer muss daher gerichtlich beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er auch die Wirksamkeit des Enteignungsbeschlusses beseitigen will.
7. Ergänzung des Verfahrens (S. 4) 37 Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt den vorzeitigen Enteignungsbeschluss, wenn er mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist. Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt hingegen den vorzeitigen Enteignungsbeschluss nicht, wenn dessen Inhalt erheblich vom Enteignungsbeschluss abweicht. Interessant wird vor diesem Hintergrund die Frage, wie mit unwesentlichen Abweichungen zwischen Enteignungsbeschluss und Planfeststellungsbeschluss umzugehen ist. Im Zweifelsfall ist der vorzeitige Enteignungsbeschluss zu ergänzen.33 Wird der im Enteignungsverfahren zugrunde gelegte Planungsstand nicht durch die Pla38 nungsentscheidung bestätigt, ist die Enteignung auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen. Die Formulierung im Gesetzestext ist widersprüchlich, da nicht das Enteignungsverfahren, sondern der Enteignungsbeschluss zu ergänzen ist. Auf der Grundlage des – nunmehr ergangenen – Planfeststellungsbeschlusses ist ein neuer Enteignungsbeschluss zu erlassen. Ist ein Grundstück vom Vorhaben nach dessen Umsetzung nicht mehr betroffen, ist der (vorläufige) Enteignungsbeschluss aufzuheben.34
V. Rechtsschutz 39 Der vorzeitige Enteignungsbeschluss ist aufschiebend bedingt zu erlassen. Dies steht seiner äußeren Wirksamkeit indes nicht entgegen,35 vielmehr tritt diese bereits mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts gem. § 43 Abs. 1 VwVfG ein.36 Das führt dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Eintritt der Bedingung mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.37 Der Vorhabenträger kann dadurch auf den Bestand des Enteignungsbeschlusses vertrauen. Für den jeweils Betroffenen ist wichtig, sofern er gedenkt, Rechtsmittel gegen den Enteig40 nungsbeschluss einzulegen, dass dieser seine innere Wirksamkeit erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung entfaltet.38 Ob die Rechtswirkungen des aufschiebend bedingten Enteignungsbeschlusses ausreichend sind, um eine Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO zu 32 33 34 35
Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 45b Rn 7. So zu § 44b: Weghake, NVwZ 2016, S. 496 (497). Theobald/Kühling/Missling, EnWG § 45b Rn 13. A. A. Kment/Kment, EnWG, § 45b Rn 8, der von der Hemmung der Außenwirkung bis zum Eintritt der Bedingung ausgeht. 36 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. 37 Vgl. Knack/Henneke/Peuker, § 43 Rn 17. 38 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. Nebel/Riese
474
V. Rechtsschutz
EnWG § 45b
begründen, ist zweifelhaft. Vor allem aufgrund der in einem Trassenkorridor möglichen Verschiebung von Maststandorten und der planerischen Gestaltungsfreiheit ist anzunehmen, dass eine gerichtliche Klärung der Enteignung erst nach Vorliegen des letztendlich das Vorhaben zulassenden Planfeststellungsbeschlusses sinnvoll ist.39 Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses führt die Einlegung von Rechtsmitteln nicht 41 zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e Abs. 1 S. 1. Der Rechtsmittelführer muss daher gerichtlich beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er auch die Wirksamkeit des Enteignungsbeschlusses beseitigen will.
39 A. A.: Theobald/Kühling/Missling, EnWG § 45b Rn 16; Kment/Kment, EnWG, § 45b Rn 8. 475
Nebel/Riese
Teil 10 Evaluierung, Schlussvorschriften § 117b Verwaltungsvorschriften Die Bundesregierung erlässt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Durchführung der Verfahren nach den §§ 43 bis 43d sowie 43f und 43g, insbesondere über 1. die Vorbereitung des Verfahrens, 2. den behördlichen Dialog mit dem Vorhabenträger und der Öffentlichkeit, 3. die Festlegung des Prüfungsrahmens, 4. den Inhalt und die Form der Planunterlagen, 5. die Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Zügigkeit der Verfahrensabläufe und der vorzunehmenden Prüfungen, 6. die Durchführung des Anhörungsverfahrens, 7. die Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Verfahren, 8. die Beteiligung anderer Behörden und 9. die Bekanntgabe der Entscheidung.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1
Anwendungsbereich, Verfahren und In8 halt
4
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Norm stellt klar, dass die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zum Erlass 1 allgemeiner Verwaltungsvorschriften über die Durchführung des energiewirtschaftlichen Planfeststellungsverfahrens nach dem EnWG ermächtigt ist.1 Als inhaltliche Orientierung sind einzelne Verfahrensabschnitte benannt, die von der Ermächtigung erfasst werden. Die Aufzählung ist nicht abschließend.
2. Regelungszweck Die Vorschrift dient der Klarstellung, dass die Bundesregierung gem. Art. 84 Abs. 2 GG allge- 2 meine Verwaltungsvorschriften für den Vollzug der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 bis 43d, 43f bis 43g erlassen kann.2 Die Verwaltungsvorschriften dienen der Vereinheitlichung der von den Ländern durchzufüh- 3 renden energierechtlichen Planfeststellungsverfahren und sollen eine bundesweit einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen. Diese Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis der Planfeststellungsbehörden der Länder soll dazu beitragen, die Durchführung von Planfeststellungsverfahren zu beschleunigen. Die Vorhabenträger können sich auf eine bundesweit konsistente Genehmigungspraxis einstellen, was insbesondere bei länderübergreifenden Vorhaben zu Zeit- und 1 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 117b Rn 1. 2 BT-Drucks. 17/6073, S. 35. 477 https://doi.org/10.1515/9783110670516-042
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§ 117b EnWG
II. Anwendungsbereich, Verfahren und Inhalt
Kostenersparnissen führen sollte. Auch § 117b dient damit nicht zuletzt der Verfahrensbeschleunigung.3
3. Entstehungsgeschichte 4 Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze4 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 117b eingefügt und ist seitdem unverändert. Die Regelung erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen.5 5 Bereits 2010 kündigte die Bundesregierung die Erarbeitung von (rechtlich unverbindlichen) 6 Muster-Planungsleitlinien und Musterbescheiden für die energierechtliche Planfeststellung als Maßnahmenpaket ihres Energiekonzeptes an.6 Für die Entwicklung sollte eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Moderation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zuständig sein.7 Auf der Grundlage der Muster-Planungsleitlinien sollen später die die Planfeststellungsbe7 hörden der Länder bindenden Verwaltungsvorschriften im Sinne von § 117b erlassen werden. Ergebnisse stehen jedoch weiterhin aus.
II. Anwendungsbereich, Verfahren und Inhalt 8 Bisher hat die Bundesregierung soweit ersichtlich noch keine Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage von § 117b für den Vollzug der energierechtlichen Planfeststellung erlassen. Die auf Grundlage des Art. 84 GG nach § 117b zu erlassenden Verwaltungsvorschriften fin9 den ausschließlich auf Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage der § 43 ff Anwendung. Für Leitungen, für die die Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff. NABEG nicht von der BNetzA auf Grundlage einer Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 2 NABEG, sondern von den nach Landesrecht zuständigen Behörden durchgeführt werden, gelten diese Verwaltungsvorschriften hingegen nicht. Für den Fall, dass eine bundeseinheitliche Planfeststellung durch die BNetzA nicht durch Erlass einer Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 2 NABEG begründet wird, bietet es sich an, eine Verfahrensvereinheitlichung zumindest durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften des Bundes herbeizuführen. Damit ließe sich eine einheitliche Genehmigungspraxis der Planfeststellungsverfahren im Anwendungsbereich des NABEG erreichen, auch wenn diese entgegen der ursprünglichen Intention von Landesbehörden durchgeführt werden. Die Verwaltungsvorschriften bedürfen zu ihrem Erlass der Zustimmung des Bundesrates, da sie in das grundsätzlich den Ländern obliegende Verwaltungsverfahren eingreifen.8 Soweit den von der Bundesregierung auf Grundlage von § 117b erlassenen Verwaltungsvor10 schriften unmittelbare Außenwirkung zukommt, sind diese zu veröffentlichen. Fehlt bei einer Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung die rechtsstaatlich bzw. um des effektiven Rechtsschutzes willen gebotene Bekanntgabe, ist die Verwaltungsvorschrift unwirksam und nicht anzuwenden.9 Die Publikation erfordert eine ordnungsgemäße Verkündung in den Amtsblättern der Länder oder dem Bundesgesetzblatt.
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Kment/Kment, § 117b Rn 1. BGBl. I 2011 S. 1690. BT-Drucks. 17/6073. Energiekonzept der Bundesregierung vom September 2010, S. 19. BT-Drucks. 17/3049, S. 11. Kment/Kment, § 117b Rn 3. BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 – 5 CN 1/03 –.
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II. Anwendungsbereich, Verfahren und Inhalt
EnWG § 117b
§ 117b zählt beispielhaft und nicht abschließend mögliche Inhalte für Verwaltungsvor- 11 schriften auf (Nr. 1–9). Aus der Aufzählung wird deutlich, für welche Regelungsmaterien der Gesetzgeber Vereinheitlichungsbedarf in der Praxis der Planfeststellungsverfahren der Länder gesehen hat. Bei der Ausübung der Ermächtigung ist vor allem die Zielrichtung des § 117b zu beachten. Die Verwaltungsvorschrift darf ausschließlich der Durchführung der Verfahren und einzelner Verfahrensschritte dienen.10 Materiell-rechtliche Regelungsgegenstände sind nicht zulässig. Zulässig ist indes eine verfahrenssteuernde Verwaltungsvorschrift, die – mittelbar – auch materiell-rechtliche Auswirkungen haben kann. Dies ist bei fast allen Verfahrensregelungen der Fall und steht dem Erlass einer Verwaltungsvorschrift nicht entgegen. Kommt es auf Grundlage von § 43g zum Einsatz eines Projektmanagers,11 ist auch dieser 12 an die Verwaltungsvorschriften gebunden. Soweit die Bundesregierung, wie es § 117b mit dem Verweis auf § 43g ausdrücklich zulässt, Verfahrensvorschriften zum Handeln des Projektmanagers erlässt, ist dies angesichts des damit verbundenen Eingriffs in Art. 12 GG nicht unproblematisch, weshalb ein zurückhaltender Einsatz des § 117b im Zusammenhang mit § 43b vorgeschlagen wird.12
10 BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 117b Rn 7. 11 Vgl. die Kommentierung zu § 43g. 12 BK-EnR/Pielow, Band 1/2, EnWG, § 117b Rn 9. 479
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Teil 4 NABEG Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) In der Fassung vom 25.02.2021 (BGBl. I S. 298)
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 1 Grundsatz Die Beschleunigung des Ausbaus der länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen im Sinne des § 12e Absatz 2 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970), der durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juli 2011 (BGBl. I S. 1554) eingefügt worden ist, erfolgt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Dieses Gesetz schafft die Grundlage für einen rechtssicheren, transparenten, effizienten und umweltverträglichen Ausbau des Übertragungsnetzes sowie dessen Ertüchtigung. Die Realisierung der Stromleitungen, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen, ist aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Regelungszusammenhang
II.
Zielstellungen und Auslegungsgrund7 sätze
1. 2.
7 Verwirklichung der Ziele im Gesetz Verwirklichung der Ziele durch Auslegung des 11 Gesetzes
III.
Überragendes öffentliches Interesse
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I. Allgemeines 1. Überblick Das NABEG enthält Regelungen, die den notwendigen Ausbau des Stromübertragungsnetzes 1 beschleunigen sollen. Zu diesem Zweck etabliert es ein regelmäßig zweistufiges Genehmigungsverfahren, bestehend aus Bundesfachplanung und Planfeststellung. Von diesen beiden Stufen stellt die Bundesfachplanung die eigentliche Neuerung des NABEG dar. Vor dem Inkrafttreten des NABEG – und seit Inkrafttreten der Raumordnungsverordnung 19901 – bedurfte die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV in der Regel eines Raumordnungsverfahrens (vgl. § 15 Abs. 1 ROG i. V. m. § 1 S. 3 Nr. 14 RoV).2 Ein Raumordnungsverfahren führte das Land durch, in dem der Trassenkorridor belegen war. Für länderüberschreitende Vorhaben waren ggf. Raumordnungsverfahren in jedem betroffenen Land durchzuführen. Diese Verfahren werden nun ersetzt durch ein Fachplanungsverfahren, welches nach Bundesrecht und durch eine Bundesbehörde durchgeführt wird. In dieser Fachplanung stellen die raumordnerischen Belange nach §§ 5 Abs. 2, 18 Abs. 4 fallweise nur noch einen (wichtigen) Gesichtspunkt in der Abwägung dar. In einem zweiten Schritt unterlagen die 1 RoV vom 13.12.1990, BGBl. I S. 2766. 2 Vgl. zur früheren Rechtslage Salm, S. 173 ff sowie den Überblick bei Posser/Faßbender/Faßbender/Becker, Kap. 2 Rn 1 ff. 481 https://doi.org/10.1515/9783110670516-043
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§ 1 NABEG
I. Allgemeines
Höchstspannungsleitungen des Übertragungsnetzes der Planfeststellungspflicht nach den einschlägigen Regelungen der §§ 43 ff EnWG sowie der §§ 72 ff VwVfG. Diese Regelungen werden durch das NABEG in seinem Abschnitt 3 nur modifiziert, ohne dass insoweit ein gänzlich neues Fachplanungsverfahren entstanden wäre. Dies war auch nicht notwendig, da sich die Verfahren der eigentlichen Vorhabenzulassung anders als die vorgelagerte überörtliche Korridor- und Trassenplanung grundsätzlich als effizient und „robust“ erwiesen haben. 2 Mit dem NABEG hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, durch angepasste Verfahrensvorschriften und Zuständigkeitsregelungen bei länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekten die Gefahr von Verzögerungen durch komplexe Abstimmungen und durch Koordinierungsdefizite zu beheben.3 Vor diesem Hintergrund formuliert § 1 in den Sätzen 1 und 2 für die Genehmigungsverfahren die Zielsetzungen der Beschleunigung, der Rechtssicherheit, der Transparenz und der Effizienz. In inhaltlicher Hinsicht hebt Satz 2 auch das Ziel eines umweltverträglichen Ausbaus des Übertragungsnetzes hervor. Satz 3 enthält für die Verfahren elementare Regelungen, indem für die Realisierung der in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Stromleitungen ein überragendes öffentliches Interesse und das Interesse der öffentlichen Sicherheit bestätigt werden. Diese Feststellung entfaltet ihre nicht zu unterschätzende Wirkung in den Abwägungsentscheidungen. 3 Die Entstehungsgeschichte des § 14 spiegelt die rechtspolitischen Diskussionen wieder, die unter dem Eindruck der Erfahrungen mit dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) zu der Weiterentwicklung des Genehmigungsregimes und der Übertragung behördlicher Zuständigkeiten auf eine Bundesbehörde, die Bundesnetzagentur, geführt haben. Im Entwurf des NABEG, wie er dem Bundesrat zugeleitet wurde,5 waren in § 12e EnWG für den Bundesbedarfsplan und in § 1 zunächst nicht länderübergreifende Leitungen, sondern Leitungen von „überregionaler und europäischer Bedeutung“ Gegenstand der Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan und des Geltungsbereichs des NABEG. Diese Begriffsbestimmung hätte jedoch in der Praxis schwierige Abgrenzungen zur Folge gehabt: Eine Netzausbaumaßnahme am Übertragungsnetz kann in ihrer konkreten Ausführung eher lokalen Charakter haben, gleichzeitig wird die elektrotechnische Wirkung sehr häufig von überregionaler Bedeutung sein. Netzberechnungen sind komplexe Vorgänge, bei denen jede Maßnahme an einer Stelle im Übertragungsnetz Wirkungen an zahlreichen anderen Stellen im System auslösen kann.6 Auch in der gegenwärtigen Formulierung des § S. 1 wird die Entscheidung für das Vorliegen einer länderübergreifenden Maßnahme möglicherweise nicht sofort eindeutig mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden können. Es müssen Annahmen getroffen und begründet werden (siehe § 2 Rn 6). Gleichwohl ist die Feststellung, ob ein Ausbauvorhaben länderübergreifend oder grenzüberschreitend sein wird, einfacher und mit geringerem Begründungsaufwand zu treffen als die Bestimmung von Leitungen überregionaler und europäischer Bedeutung.
2. Regelungszusammenhang 4 Die Regelungen im NABEG und in §§ 12a bis 12e EnWG sind konzeptionell zusammenhängend zu betrachten. Hier hat der Gesetzgeber einen aufeinander aufbauenden Prozess von den Annahmen für die Bedarfsermittlung (Szenariorahmen, § 12a EnWG) über die schrittweise Entwicklung des energiewirtschaftlichen Bedarfsplans (Netzentwicklungsplan, §§ 12b, 12c EnWG; Bundesbedarfsplan, § 12e EnWG) bis hin zu einer Anlagenerrichtungsgenehmigung gestaltet. Aus systematischen Gründen stehen die Vorschriften zur energiewirtschaftlichen Bedarfsermittlung 3 Vgl. Steinbach, DÖV 2013, 921, 922; BerlKommEnR/Appel, NABEG, Vorbemerkung Rn 7 f. 4 Vgl. auch Einleitung, Rn 50 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Knüll, § 1 Rn 1; ausführlich: BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 2 f.
5 BR-Drucks. 342/11. 6 Zum Maßnahmenbegriff siehe § 12b EnWG Rn 25. Serong
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2. Regelungszusammenhang
NABEG § 1
im EnWG, während das NABEG die speziellen, planungsrechtlichen Vorschriften für einen Teil des Übertragungsnetzes auskoppelt. In dem weiterhin subsidiär auch für NABEG-Leitungen geltenden Teil 5 des EnWG finden sich besondere verfahrensrechtliche Vorschriften der Planfeststellung für Energieleitungen mit einer Nennspannung von 110kV und mehr. In der Gesamtschau ergeben sich fünf Schritte des beschleunigten Netzausbaus7: Schritt 1 bildet der soeben erwähnte Szenariorahmen gemäß § 12a EnWG, der die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abbilden soll und nach seiner Genehmigung durch die Bundesnetzagentur die Grundlage für den nachfolgenden Netzentwicklungsplan (NEP) darstellt. Im NEP (Schritt 2) werden alle für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlichen Maßnahmen identifiziert, die zu einem bedarfsgerechten Ausbau des Netzes führen (§§ 12b, 12c EnWG). Mit dem NEP ist ein Netzausbaubedarf zwischen zwei Punkten (Netzverknüpfungspunkte) beschrieben, ohne dass damit bereits ein Leitungsverlauf verbunden wäre. Der durch die Bundesnetzagentur bestätigte NEP muss – in einem dritten Schritt – mindestens alle vier Jahre in Form des sog. Bundesbedarfsplans durch den Gesetzgeber beschlossen werden. Auf der Grundlage des § 12e EnWG wird dementsprechend das Bundesbedarfsplangesetz erlassen. Dieses wiederum bildet das Fundament für die letzten beiden Schritte: die im NABEG geregelten Genehmigungsverfahren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung. Ein gesetzlich strukturierter und in regelmäßigen Abständen zu wiederholender Prozess, der mit der Analyse der energiepolitischen Ziele der Bundesregierung begonnen hat, endet mit dem Planfeststellungsbeschluss und der damit verbundenen Anlagenzulassung. In S. 1 wird die Beschleunigung des Netzausbaus für länderübergreifende und grenz- 5 überschreitende Höchstspannungsleitungen als Ziel dieses Gesetzes postuliert. In § 12e Abs. 2 S. 1 EnWG sind – ebenso wie in § 2 Abs. 1 NABEG – darüber hinaus auch Offshore-Anbindungsleitungen genannt. Dass diese in § 1 S. 1 unerwähnt bleiben, dürfte ein Redaktionsversehen sein.8 Da der Anwendungsbereich des NABEG in § 2 geregelt ist und § 1 lediglich die grundsätzliche Zielsetzung des Gesetzes beschreibt, ist der Unterschied im Wortlaut der Normen auch nicht von besonderer Brisanz. Höchstspannungsleitungen sind als solche weder im NABEG noch im EnWG definiert. Allerdings lässt sich aus § 25 Abs. 2 S. 4 und § 43f Abs. 2 S. 4 EnWG ableiten, dass jedenfalls Leitungen ab einer Nennspannung von 220 kV dem Höchstspannungsbereich zuzurechnen sind. Demgegenüber rechnen §§ 2 Abs. 3, 5b Abs. 2 und 26 eine Nennspannung von 110 kV und mehr dem Bereich der Hochspannungsleitungen zu. Zum Begriffsverständnis der länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen vgl. die Ausführungen zu § 2 Abs. 1 (Rn 6 ff). § 1 weist einige kleinere Inkonsistenzen mit § 2 auf, der den Anwendungsbereich des NABEG 6 bestimmt. So beschränkt § 2 Abs. 1 diesen auf solche länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen bzw. Offshore-Anbindungsleitungen, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan (§ 12e Abs. 4 S. 1 EnWG) auch als solche gekennzeichnet sind. Zu diesem Zwecke sieht § 2 Abs. 1 und 3 BBPlG entsprechende Buchstabenkennzeichnungen („A1“, „A2“ bzw. „C“) vor. Diese Buchstabenkennzeichnung im BBPlG ist konstitutiv, sie entscheidet letztlich über die Anwendung des NABEG und die behördliche Zuständigkeit der Bundesnetzagentur. § 1 S. 1 hingegen lässt diesen ausdrücklichen Hinweis vermissen. § 1 lässt damit einen weiteren Anwendungsbereich vermuten, als letztlich in § 2 (zweifelsfrei) geregelt. Auf die in § 1 nicht erwähnten Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken wurde bereits hingewiesen (siehe Rn 5).
7 Siehe auch die Übersicht in der Einleitung Rn 73. Die Internetseite der Bundesnetzagentur stellt allgemein verständliche Informationen in Textform und durch weitere Medien bereit: www.netzausbau.de/5schritte (zuletzt abgerufen am 21.7.2021). 8 So auch BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 3. 483
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§ 1 NABEG
II. Zielstellungen und Auslegungsgrundsätze
II. Zielstellungen und Auslegungsgrundsätze 1. Verwirklichung der Ziele im Gesetz 7 Übergreifendes Ziel des Gesetzes ist gemäß Satz 1 die Beschleunigung des Netzausbaus für die in den Anwendungsbereich des NABEG fallenden Höchstspannungsleitungen. Neben der Beschleunigung ist es Ziel des Gesetzes, in den Genehmigungsverfahren die Rechtssicherheit zu stärken, Transparenz herzustellen sowie Effizienz und Umweltverträglichkeit zu gewährleisten (Satz 2). Diese Ziele hat zunächst der Gesetzgeber selbst durch Gestaltung und Integration verschiedener Verfahrenselemente zu verwirklichen gesucht: 8 Maßnahmen zu mehr Rechtssicherheit9 finden sich z. B. in § 15, in dem die Bindungswirkung der Bundesfachplanung festgeschrieben wird und in § 21 Abs. 5, nach dem die Planfeststellungsbehörde die Vollständigkeit der Unterlagen bestätigen muss. Das Ziel höherer Rechtssicherheit verfolgen auch einige der Änderungen und Präzisierungen, die im Zuge der NABEG-Novellierung 2019 eingefügt worden sind. Beispielhaft genannt seien die Präzisierungen in § 5 Abs. 2 und § 18 Abs. 4 zu der an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung, mit denen vorherige Unsicherheiten beseitigt werden sollten.10 Das Ziel einer transparenten Verfahrensführung prägt den Ablauf aller Verfahrensstu9 fen. Dem NABEG liegt die Annahme zu Grunde, dass größtmögliche Transparenz in den Genehmigungsverfahren zu mehr Akzeptanz und in Folge dessen auch zur Beschleunigung des Netzausbaus führen wird.11 Die umfassenden Vorgaben zur Beteiligung der Öffentlichkeit, der anerkannten Umweltvereinigungen und der Träger öffentlicher Belange bauen auf den im EnWG geregelten Beteiligungsformaten bei den vorlaufenden Schritten Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan auf. Insgesamt ist so ein konsistentes System geschaffen worden, in dem Interessierte und Betroffene sich frühzeitig und kontinuierlich in den verschiedenen Stadien der Netzentwicklungsplanung einbringen können. Hervorzuheben im NABEG ist die Einführung der grundsätzlich verpflichtenden frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Form der Antragskonferenzen (§§ 7, 20).12 Der Transparenz dienen im Besonderen die Öffentlichkeit der Antragskonferenzen (§§ 7 Abs. 2 S. 2, 20 Abs. 2 S. 2), der verpflichtende Erörterungstermin (§§ 10 und 22 Abs. 6) und die Veröffentlichung der Antrags- bzw. Planunterlagen (§§ 9 Abs. 4, 22 Abs. 4) sowie der Entscheidung über die Bundesfachplanung und des Planfeststellungsbeschlusses (§§ 13 Abs. 2, 24 Abs. 3 S. 3). Das NABEG wird damit den deutlich gestiegenen Anforderungen der betroffenen Öffentlichkeit gerecht. Anders als regelmäßig noch vor wenigen Jahren treffen Infrastrukturplanungen, insbesondere (aber nicht nur) wenn es sich um Neubaumaßnahmen handelt, mittlerweile häufig auf eine kritische Öffentlichkeit, die umfassende und rechtzeitige Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten (mit Recht) erwartet. Der Gesetzgeber hat mit dem NABEG auf Erfahrungen aus anderen Infrastrukturplanungen (Beispiel: „Stuttgart 21“) reagiert und verfolgt das klare Ziel, Projektwiderstände durch umfassende Transparenz zu vermeiden. Die Zielsetzung der Effizienz kann in einem doppelten Sinne verstanden werden: Zum ei10 nen sollen die Genehmigungsverfahren effizient (und damit auch beschleunigt) geführt werden. Hierzu dienen Fristvorgaben, die einerseits den Vorhabenträger treffen (vgl. z. B. §§ 6 S. 2, 8 S. 1, 12 Abs. 2 S. 4), andererseits für die verfahrensführende Behörde gelten (vgl. nur §§ 5a Abs. 3 S. 1, 7 Abs. 5, 9 Abs. 1, 3 und 4, 11 Abs. 3, 12 Abs. 1, 20 Abs. 3 S. 2, 22 Abs. 1, 3 und 4, 25 Abs. 4 S. 4). Der Effizienz im zweistufigen Genehmigungsverfahren nützen aber auch z. B. die Regelungen 9 Kritisch zum Teil de Witt/Durinke, ER 2016, 22, 24 ff. Vgl. zur Rechtsschutzkonzentration Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462 ff sowie grundlegend Salm, S. 199 ff.
10 Hierzu BT-Drucks. 19/7914, S. 25. 11 BT-Drucks. 17/6073, S. 18. 12 De Witt/Durinke, ER 2016, 22, 26 f; Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 465. Serong
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2. Verwirklichung der Ziele durch Auslegung des Gesetzes
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zur Abschichtung und Vermeidung von Doppelprüfungen bei den Umweltprüfungen (vgl. § 23).13 Das Ziel erschöpft sich jedoch nicht in der beschriebenen verfahrensrechtlichen Komponente, es gilt auch das inhaltliche Ziel eines effizienten Netzausbaus. Hierzu finden sich explizite Regelungen z. B. in § 3 Abs. 2 BBPlG, der bei Leitungen zur Höchstspannungsgleichstromübertragung (HGÜ), die im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichnet und daher vorrangig als Erdkabel auszuführen sind, ausnahmsweise auch die Errichtung, den Betrieb oder die Änderung als Freileitung zulässt, jedoch nur, wenn dies auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten möglich ist. Die Regelung in § 2 Abs. 3 zum Zusammentreffen verschiedener Ausbauvorhaben ist ebenfalls Ausdruck des Effizienzgedankens, der durch die Bündelung verschiedener Infrastrukturmaßnahmen regelmäßig auch zu gesteigerter Umweltverträglichkeit beiträgt. Das Ziel eines umweltverträglichen Netzausbaus wird grundsätzlich und umfassend durch die Umweltprüfungen (Strategische Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die weiteren umweltrechtlich vorgegebenen Prüfungen, insbesondere aus dem Gebietsund Artenschutz14) gewährleistet.
2. Verwirklichung der Ziele durch Auslegung des Gesetzes Die in Satz 2 niedergelegten Ziele der Rechtssicherheit, Effizienz, Transparenz, Umweltverträg- 11 lichkeit und das Ziel der Beschleunigung (Satz 1) sind bei der Anwendung des NABEG als Auslegungsgrundsätze zu beachten. Sie sind sowohl von der Bundesnetzagentur als zuständiger Genehmigungsbehörde (§ 31) als auch von den Vorhabenträgern und den übrigen Beteiligten der Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung gewinnen die Gesetzesziele bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Ausübung von Ermessensnormen (wie z. B. bei der Entscheidung über den Verzicht auf Bundesfachplanung gemäß § 5a Abs. 1 und 2). Dabei können typischer Weise Zielkonflikte15 auftreten. Zumindest bei kurzfristiger Betrachtung kann ein Vorgehen, das in besonderem Maße die Rechtssicherheit des Verfahrens im Blick hat, zu einer längeren Verfahrensdauer führen. Mittel- bis langfristig wäre dann wiederum zu berücksichtigen, inwieweit gerade das verminderte Risiko einer gerichtlichen Aufhebung der Genehmigung der Beschleunigung des Netzausbaus dient. Bei der Gestaltung von Beteiligungsschritten kann ein ähnliches Spannungsverhältnis zwischen den Zielen der Beschleunigung und der Transparenz entstehen. Die Gesetzesziele gelten nicht absolut, sie sind in jeweils angemessenem Umfang bei der Anwendung des NABEG zu berücksichtigen und im eventuellen Falle von Zielkonflikten in einen vernünftigen Ausgleich zu bringen. Dabei muss der zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden. Das in Satz 1 genannte allgemeine Ziel der Beschleunigung des Ausbaus der in den Anwen- 12 dungsbereich des NABEG fallenden Höchstspannungsleitungen prägt das Zusammenwirken von Behörde, Vorhabenträgern und weiteren Beteiligten der Genehmigungsverfahren. Es ist bei der Bemessung von Fristen wie z. B. der Frist zur Abgabe von Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (§§ 9 Abs. 2, 22 Abs. 2) zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Festlegung der Frist, binnen derer die Vorhabenträger die in den Untersuchungsrahmen genannten Unterlagen einzureichen haben (für die Bundesfachplanung ausdrücklich in § 8 S. 1 geregelt). Die Bundesnetzagentur muss das Beschleunigungsziel auch insoweit beachten, als sie bestimmte Verfahrensschritte innerhalb gesetzlich normierter Fristen abschließen soll (vgl. für die Bundesfachplanung insbesondere § 7
13 BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 12; de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Scheuten, § 1 Rn 30. 14 Hierzu Lau, NVwZ 2017, 830 ff; Kment, NVwZ 2015, 616, 620 ff; Schlacke, NVwZ 2015, 626 ff. 15 Vgl. beispielhaft zum Spannungsverhältnis zwischen Beschleunigung, Rechtssicherheit und Transparenz Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462 ff. 485
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II. Zielstellungen und Auslegungsgrundsätze
Abs. 516 und § 12 Abs. 1). Der Wunsch nach größtmöglicher Beschleunigung führt aber nicht zu einer Reduktion des Prüfniveaus in den Genehmigungsverfahren. Weder im Bereich des strikten Rechts noch im Rahmen der Abwägungsentscheidung intendiert das NABEG inhaltlich reduzierte Untersuchungen und Prüfungen. Dies garantieren die in Satz 2 normierten weiteren Zielsetzungen. Satz 2 stellt der Beschleunigung des Netzausbaus weitere Ziele zur Seite. Die Rechtssicherheit des Netzausbaus erfordert rechtssichere Bundesfachplanungsentscheidungen und Planfeststellungsbeschlüsse. Nur wenn letztgenannte sich in eventuellen (aber in der Praxis nicht unwahrscheinlichen) Klageverfahren als rechtmäßig erweisen, kann auch das übergeordnete Ziel eines beschleunigten Netzausbaus erreicht werden. Damit ist zunächst eine Selbstverständlichkeit angesprochen, denn bereits nach den staatsrechtlichen Grundlagen ist die Bundesnetzagentur nach Art. 20 Abs. 3 GG als Teil der Exekutive an Recht und Gesetz gebunden. Die Zielsetzung kann dennoch eine eigenständige praktische Wirkung entfalten, beispielsweise wenn in den Verfahren zu entscheiden ist, wie in umwelt- und naturschutzfachlichen Zweifelsfragen zu verfahren ist.17 Das in Satz 2 genannte Transparenzziel wird, wie in Rn 9 bereits beschrieben, vorrangig durch die im NABEG ausdrücklich geregelten Informations- und Beteiligungsschritte verwirklicht. Bei der Auslegung dieser Verfahrensnormen ist in den Blick zu nehmen, dass diese nicht alleine dem Ziel der Rechtssicherheit, sondern eben gerade auch der Transparenz von Planungen und Genehmigungsverfahren dienen. Diese Transparenz wiederum soll das notwendige Vertrauen in die Verfahren erhalten und eine ausreichende Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen befördern. Fehlt diese Akzeptanz, steigt das Risiko für Proteste, Verzögerungen in den Verfahren und letztlich auch für Klageverfahren – sämtlich Faktoren, die einer möglichst großen Beschleunigung entgegenstehen. Satz 2 benennt des Weiteren das Ziel eines effizienten Netzausbaus. Effizienz meint wirtschaftliches Handeln, aber auch sparsamen Umgang mit Ressourcen.18 Dies ist zum einen bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Dort wo ein Verzicht auf Bundesfachplanung (§ 5a) möglich und sinnvoll ist, führt das einstufiges Genehmigungsverfahren zu einer effizienten Verfahrensgestaltung. Gleiches gilt für die Möglichkeiten einer vorausschauenden Planung19 (Beispiel: Leerrohre gem. § 18 Abs. 3) oder einer Integration einer weiteren Leitungsmaßnahme in die NABEG-Verfahren (§§ 2 Abs. 3, 5b, 26). Die angestrebte Effizienz wird aber auch bei inhaltlichen Entscheidungen zu betrachten sein, insbesondere mit Blick auf das regelmäßig in Ansatz gebrachte Planungsziel der Wirtschaftlichkeit.20 Auch das sog. Geradlinigkeitsgebot bei HGÜ-Erdkabelvorhaben21 (§ 5 Abs. 5) führt bei seiner Anwendung zum Auslegungsgrundsatz eines effizienten Netzausbaus. Schließlich betont Satz 2 ausdrücklich, dass der notwendige Netzausbau auch umweltverträglich erfolgen soll. Diese Zielvorgabe erscheint zunächst als eher symbolischer Satz, da zum Schutz der Umwelt vielfältige fachrechtliche Vorgaben, häufig auch in der Form strikten Rechts, existieren. Sie hat dennoch ihre Berechtigung, da der umweltverträgliche Netzausbau in der 16 In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere die Zweimonatsfrist des § 7 Abs. 5 kaum einzuhalten ist. Sie beinhaltet in jedem Fall die Vollständigkeitsprüfung der Unterlagen nach § 6, die Ladung zur Antragskonferenz mit ausreichendem Vorlauf, die organisatorische Vorbereitung, die Durchführung und die inhaltliche Nachbereitung der Antragskonferenz sowie schließlich das Abfassen des Untersuchungsrahmens. 17 Derartige Zweifelsfragen können in jedem Genehmigungsverfahren zu lösen sein. Hierzu nur ein Beispiel: Zu den Risiken einer fachlich nicht ausreichenden Ermittlung von Kollisionsrisiken von Vögeln mit einer Freileitung im Rahmen einer gebietsschutzrechtlichen Prüfung vgl. die Entscheidung zur sog. Uckermarkleitung: BVerwG, Urt. v. 21.1.2016 – 4 A 5/14 – BVerwGE 154, 73 ff. 18 Schink/Versteyl/Dippel/Knüll, § 1 Rn 23 ff. Vgl. auch BerlKommEnR/Säcker, § 1 EnWG Rn 31 ff. 19 Hierzu Schlacke, Vorausschauende Planung als zulässige Vorratsplanung am Beispiel des Netzausbaus, FS Erbguth, S. 207 ff; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198 ff. 20 In der Praxis wird dieser Planungsgrundsatz häufig aus § 1 Abs. 1 EnWG hergeleitet, vgl. hierzu Rn 19 sowie BerlKommEnR/Appel, § 1 NABEG Rn 12. 21 Vgl. hierzu Riegel/Poth, ER 2017, 65 ff; Otte, UPR 2016, 451, 456; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804 f. Serong
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III. Überragendes öffentliches Interesse
NABEG § 1
öffentlichen Diskussion gelegentlich als „Gegenpol“ zum Ziel der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gesehen wird. Es ist daher zu begrüßen, dass der Gesetzgeber klargestellt hat, dass ein beschleunigter Netzausbau nicht ohne das Ziel seiner Umweltverträglichkeit zu erreichen ist. Da Übertragungsnetzbetreiber, soweit sie sich im Anwendungsbereich des NABEG betäti- 17 gen, zugleich auch Pflichten aus dem EnWG unterliegen (insbesondere der Pflicht zum bedarfsgerechten Netzausbau, vgl. §§ 12 Abs. 3, 12e Abs. 4 S. 2 EnWG), sind auch die in § 1 EnWG niedergelegten dortigen Gesetzeszwecke ergänzend mit zu berücksichtigen. Dies bestätigt ausdrücklich § 5 Abs. 1, nach dem in der Bundesfachplanung Trassenkorridore „zur Erfüllung der in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Ziele“ festgelegt werden. § 1 Abs. 1 EnWG lautet: „Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.“ Neben die bereits in § 1 NABEG genannten Ziele der Effizienz und der Umweltverträglichkeit treten also noch die Ziele der (Versorgungs)Sicherheit sowie der preisgünstigen und verbraucherfreundlichen Energieversorgung. Das Ziel der sicheren leitungsgebundenen Stromversorgung zielt zum einen auf die sog. 18 technische Sicherheit, d. h. die Ungefährlichkeit der Leitungen und der Nebenanlagen für Menschen und Sachen.22 Insoweit ist insbesondere § 49 EnWG zu beachten, der über § 18 Abs. 5 NABEG entsprechende Anwendung findet. Sicherheit meint aber auch Versorgungssicherheit.23 Dem Aspekt der Versorgungssicherheit wird unmittelbar bereits durch den Prozess der Bedarfsfeststellung (Netzentwicklungsplan gem. §§ 12c, 12d EnWG und Bundesbedarfsplan gem. § 12e EnWG) Rechnung getragen. Dieser Prozess ist den im NABEG geregelten Genehmigungsverfahren vorgelagert. Auch in diesen Verfahren kann dem Ziel der Versorgungssicherheit jedoch Bedeutung zukommen, so zum Beispiel bei der Frage, welche Auswirkungen häufige Leitungskreuzungen oder eine Bündelung mehrerer Leitungen auf einem Mast oder auch in paralleler Lage haben können. Schließlich verfolgt § 1 EnWG auch die Ziele einer preisgünstigen und verbraucher- 19 freundlichen Stromversorgung.24 Der Aspekt der Preisgünstigkeit des Übertragungsnetzes spielt in den Planungs- und Genehmigungsverfahren naturgemäß eine wesentliche Rolle, da der Neubau, aber auch die Änderungen und Erweiterungen von Höchstspannungsleitungen nicht unerhebliche Kosten verursachen. Insoweit überlappt sich dieses gesetzliche Ziel mit dem eines effizienten, d. h. wirtschaftlichen Netzausbaus (vgl. Rn 15). Die Bundesnetzagentur muss sich damit auseinandersetzen, welche Kosten entstehen und dies u. a. in die Abwägung verschiedener räumlicher oder technischer Alternativen einstellen.25
III. Überragendes öffentliches Interesse Die Energieversorgung im Allgemeinen und die Sicherstellung einer auch ökologisch nachhaltigen 20 Energieversorgung, die sog. Energiewende, dienen einem grundlegenden Gemeinwohlzweck. In Satz 3 wird für die dem Anwendungsbereich des NABEG unterfallenden Netzausbauvorhaben ein überragendes öffentliches Interesse festgestellt. Der bedarfsgerechte Ausbau des Höchstspan22 BT-Drucks. 13/7274, S. 14. 23 Vgl. hierzu BerlKommEnR/Säcker, EnWG § 1 Rn 5 ff; Britz/Hellermann/Hermes/Hellermann/Hermes, § 1 EnWG, Rn 26 ff. 24 Vgl. hierzu BerlKommEnR/Säcker, EnWG § 1 Rn 19 ff; Britz/Hellermann/Hermes/Hellermann/Hermes, § 1 EnWG, Rn 28 ff. 25 Vgl. beispielhaft zur Berücksichtigung von Kosten einer Erdverkabelung: de Witt/König, DVBl. 2013, 955 ff. Zu den Wechselwirkungen zwischen Planungs- und Regulierungsrecht allgemein: Richter/Schulze, NVwZ 2014, 835 ff; Strobel, DVBl. 2016, 543 ff. 487
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§ 1 NABEG
III. Überragendes öffentliches Interesse
nungsnetzes gehört zu den wesentlichen Aufgaben zur langfristigen Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland.26 Die Energieversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerlässlich für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz.27 Für die Ausbauvorhaben, die sich in dem mehrstufigen und durch Parlamentsgesetz abgeschlossenen Prozess der Bedarfsermittlung als notwendig erwiesen haben, spricht daher ein überragender öffentlicher Zweck.28 § 1 Abs. 1 S. 2 BBPlG bekräftigt mit nahezu wortgleicher Formulierung für sämtliche Netz21 ausbauvorhaben des Bundesbedarfsplans und damit auch für die dem NABEG unterfallenden, mit dem Buchstaben „A1“, „A2“ oder „C“ gekennzeichneten Leitungen das Vorliegen eines überragenden öffentlichen Interesses. Satz 1 dieser Norm ergänzt diese Feststellung durch eine gesetzliche Planrechtfertigung: Der Bundesgesetzgeber bestätigt mit Erlass des Bundesbedarfsplans für die darin enthaltenen Vorhaben deren energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf werden auch durch § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG angeordnet. Bei der Bedarfsfeststellung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungs- und Prognosespielraum.29 Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzliche Festlegung des Bedarfs für ein bestimmtes Vorhaben als zulässigen Vorgang staatlicher Planung und politische Leitentscheidung auf gesamtstaatlicher Ebene grundsätzlich anerkannt.30 Die gesetzliche Planrechtfertigung besitzt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die nach dem NABEG durchzuführenden Genehmigungsverfahren, die diese abschließenden Entscheidungen und deren gerichtliche Überprüfung. Sie führt in Verbindung mit der gesetzlichen Feststellung des überragenden öffentlichen Interesses an der Realisierung der betreffenden Leitungen dazu, dass der Bedarf weder von der Genehmigungsbehörde noch von der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingehend geprüft werden muss.31 Das in Abs. 3 normierte überragende öffentliche Interesse geht mit hohem Gewicht in die 22 einzelnen Abwägungsentscheidungen ein. Die Wahl des Wortes „überragend“ ist nicht so zu verstehen, als seien entgegenstehende Belange stets nachrangig und Abwägungen daher obsolet, aber es ist auch kaum ein stärkeres Wort denkbar, um die große Bedeutung dieser Vorhaben für das Gemeinwohl zu kennzeichnen. Dementsprechend entfaltet die Realisierung der dem NABEG unterfallenden Netzausbauvorhaben eine „hohe Durchsetzungskraft“32 gegenüber den betroffenen öffentlichen und privaten Belangen. Das hohe Gewicht vermag zum einen die Beeinträchtigung privater Rechte, insbesondere des Eigentums, zu rechtfertigen.33 Dementsprechend wirkt die legislative Grundentscheidung des Abs. 3 auch auf Entscheidungen über Veränderungssperren gem. § 16 Abs. 1 NABEG oder auf Duldungsverfügungen gem. §§ 8 S. 2, 18 Abs. 5 NABEG i. V. m. § 44 Abs. 1 S. 2 EnWG.34 Ebenso stark wirkt das überragende öffentliche Interesse aber auch gegenüber öffentlichen Belangen. Daher geht der Bedarf an der Realisierung der dem NABEG unterfallenden Leitungsbauvorhaben auch mit dem entsprechenden Gewicht insbesondere in die nach den §§ 34 Abs. 3 und 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG erforderliche Abwägung ein, 26 BT-Drucks 17/6073, S. 17. 27 Vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 – BVerfGE 134, 242 ff – Garzweiler II; Beschl. v. 20.3.1984 – 1 BvL 28/82 – BverfGE 66, 248, 258. 28 Vgl. auch BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 14 ff. 29 BVerwG, Urt. v. 26.6.2019 – 4 A 5.18 – „Wahle – Mecklar“ – NVwZ 2019, 944, 946; Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4/12 – Thüringer Strombrücke – BverwGE, 147, 184 Rn 36. 30 BVerfG, Beschl. v. 8.6.1998 – 1 BvR 650/97, 1 BvR 830/98 – NVwZ 1998, 1060, 1061. 31 Dies gilt nur dann nicht, sollte die gesetzliche Bedarfsfeststellung evident sachwidrig (und damit verfassungswidrig) sein; BVerwG, Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4/12 – Thüringer Strombrücke – BVerwGE, 147, 184 Rn 36 f; Urt. v. 12.11.2020 – 4 A 13.18 – „Kruckel – Dauersberg“, Rn 28 ff. 32 BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 16. 33 Zu Beispielen und Grenzfällen vgl. BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 17. Mit Blick auf Enteignungen vgl. beispielsweise BVerwG, Urt. v. 12.11.2020 – 4 A 13.18 – „Kruckel – Dauersberg“. 34 BVerwG, Beschl. v. 4.12.2020 – 4 VR 4.20 – Rn 26 und 33. Serong
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sofern im Einzelfall eine entsprechende gebiets- oder artenschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung notwendig werden sollte.35 §§ 34 Abs. 3 und 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatschG beinhalten Ausnahmeregelungen im Fall 23 einer gebietsschutzrechtlichen Unverträglichkeit des Vorhabens gem. § 34 Abs. 2 BNatSchG oder eines artenschutzrechtlichen Verbots gem. § 44 BNatSchG. Eine derartige Ausnahme greift bei Erfüllung strenger Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall. Beide Ausnahmetatbestände kommen bei Vorliegen folgender Voraussetzungen zum Tragen: – zumutbare Alternativen dürfen nicht ersichtlich sein, – zwingende öffentliche Belange sprechen für eine Projektrealisierung; – diese zwingenden öffentlichen Belange überwiegen in einer Abwägung die Belange des Naturschutzes. Eine gesetzgeberische Grundsatzentscheidung zum Vorliegen eines solchen zwingenden öffentli- 24 chen Zwecks – wie es die Realisierung der Höchstspannungsleitungen darstellt, die für die Energiewende zwingend erforderlich sind – kann die Abwägung der Genehmigungsbehörde im Einzelfall nicht vorwegnehmen (siehe Rn 22).36 Die Abwägungskriterien müssen im Einzelfall ermittelt und für ein Gericht nachvollziehbar abgewogen werden. Eine gesetzliche Vorwegnahme der Abwägungsentscheidung würde insbesondere die naturschutzrechtliche Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 3 BNatSchG berühren. § 34 Abs. 3 BNatschG ist eine Umsetzungsvorschrift des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL (Richtlinie 92/43/EWG) in das nationale Recht. Unionsrechtlich ist das Abwägungsgebot nicht durch Gesetz beschränkbar. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL setzt eine Abwägungsentscheidung voraus, bei der die Gewichtung des öffentlichen Interesses den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung gem. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL berücksichtigen muss. Die Prüfung zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses ist daher eng auszulegen, so dass beispielsweise nicht jedem Vorhaben, welches das Erfordernis einer Planrechtfertigung erfüllt, auch ein besonderes Gewicht zukommt, das bereits für sich alleine eine Ausnahme rechtfertigt.37 S. 3 hält sich daher in den Grenzen des Unions- und des Umweltrechts, wenn über den energiewirtschaftlichen Bedarf in Form einer gesetzlichen Planrechtfertigung (siehe Rn 21) hier das abstrakte überragende öffentliche Interesse an den für die Energiewende erforderlichen Energieleitungen festgestellt wird. Die Rechtsprechung erkennt das besondere Gewicht solcher legislativer Grundentscheidungen an.38 Um die für eine Projektrealisierung sprechenden zwingenden öffentlichen Belange weiter 25 zu stärken, hat der Gesetzgeber im Rahmen der NABEG-Novelle 2019 Satz 3 dahingehend erweitert, dass die Realisierung der dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfallenden Leitungen auch im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.39 Eine gleich lautende Ergänzung hat § 1 Abs. 1 S. 2 BBPlG erfahren. Für ggf. notwendige naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen nach § 34 Abs. 4 BNatschG (bei Betroffenheit prioritärer natürlicher Lebensraumtypen oder prioritärer Arten) kommt die öffentliche Sicherheit als einer der enumerativ aufgezählten Gründe in Betracht.40 Im Bereich des Artenschutzes ermöglicht es der neu gefasste S. 3, eine Ausnahme auch nach § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG zu erteilen. Der Gesetzgeber hat zur Begründung auf eine Rechtsprechung des EuGH41 aus dem Jahr 1984 verwiesen, in der die 35 BT-Drucks 17/6037, S. 23. 36 BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 = NVwZ 2010, 123 Rn 15; Stüer, Rn 3418; BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 15 f. 37 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 20.9.2007 – Rs. C-304/05 – Rn 83 sowie Anmerkung zu BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 = jurisPR-BVerwG 24/2009. 38 BVerwG, Urt. v. 4.9.2009 – 4 C 12.07 – (Flughafen Münster-Osnabrück) Rn 16 = BVerwGE 134, 166, 187. Vgl. zum EnLAG auch BVerwG, Urt. v. 26.6.2019 – 4 A 5.18 – „Wahle – Mecklar“ – NVwZ 2019, 944, 946, Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4/12 – „Thüringer Strombrücke“ – BverwGE, 147, 184 Rn 35 ff., und Beschl. v. 26.9.2013 – 4 VR 1/13 – (Hamburg/ Nord – Dollern) Rn 29. 39 Für diese Annahme bereits nach alter Rechtslage: Lau, NVwZ 2017, 830, 835. Eine gesetzliche Änderung angeregt hatte demgegenüber BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 14. 40 Vgl. vertiefend Lau NVwZ 2017, 830, 834 f. 41 EuGH, Urt. v. 10.7.1984 – 72/83 – DVBl. 1985, 333 ff. 489
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§ 1 NABEG
III. Überragendes öffentliches Interesse
Versorgung der Wirtschaft und des Staates mit Erdölerzeugnissen als wesentlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit anerkannt wurde.42 Diese Erwägungen sind nach (zutreffender) Ansicht des Gesetzgebers auf den Stromnetzausbau im Rahmen des Bundesbedarfsplans übertragbar, weil der versorgungssichere Betrieb des Stromnetzes von ebenso großer Bedeutung für das Funktionieren des Staates wie die Versorgung mit Erdölerzeugnissen ist.43
42 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 43 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. Serong
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§ 2 Anwendungsbereich, Verordnungsermächtigung (1) Dieses Gesetz gilt nur für die Errichtung oder Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen und Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Absatz 4 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes als solche gekennzeichnet sind. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, in einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für Leitungen nach Absatz 1 festzulegen, dass die Planfeststellungsverfahren nach Abschnitt 3 von der Bundesnetzagentur durchgeführt werden. (3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten außerdem für den Neubau von Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 Kilovolt sowie für Bahnstromfernleitungen, sofern diese Leitungen zusammen mit einer Höchstspannungsleitung nach Absatz 1 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden können und die Planungen so rechtzeitig beantragt werden, dass die Einbeziehung ohne wesentliche Verfahrensverzögerung für die Bundesfachplanung oder Planfeststellung möglich ist. Satz 1 ist entsprechend für Erdkabel und Leerrohre anzuwenden, sofern diese nach § 26 im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Vorhabens im Sinne von § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes mitverlegt werden können. (4) Dieses Gesetz gilt nicht für Vorhaben, die im Energieleitungsausbaugesetz aufgeführt sind. (5) Das Gesetz ist nicht auf Leitungsabschnitte anzuwenden, die in den Anwendungsbereich des § 44 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder der §§ 133 und 136 des Bundesberggesetzes fallen.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Zweck der Regelung und Entstehungsge2 schichte
II.
Anwendungsbereich (Abs. 1)
III.
Zuständigkeitsverordnung (Abs. 2)
IV.
Zusammentreffen mehrerer Vorhaben 20 (Abs. 3)
1.
2.
Mehrfachgestänge 21 23 a) Voraussetzungen b) Regulatorische Rahmenbedingun26 gen 30 Erdkabel und Leerrohre
V.
Verhältnis zum EnLAG (Abs. 4)
VI.
Abgrenzung bei Offshore-Anbindungsleitungen 35 (Abs. 5)
5 33
10
I. Allgemeines 1. Überblick § 2 enthält zentrale Vorschriften über den Anwendungsbereich des Gesetzes – in Abs. 1 wird in Er- 1 gänzung zu § 1 der Anwendungsbereich grundlegend normiert, Abs. 2 enthält mit einer Verordnungsermächtigung zur Durchführung der Planfeststellungsverfahren die Kompromissformel, die im Bundesrat die Zustimmung zum NABEG erst möglich gemacht hat. Absatz 4 stellt klar, dass Vorhaben, die nicht im Bundesbedarfsplangesetz entsprechend gekennzeichnet, sondern im Energieleitungsausbaugesetz aufgeführt sind, dem NABEG nicht unterfallen. Abs. 5 nimmt bestimmte 491 https://doi.org/10.1515/9783110670516-044
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§ 2 NABEG
I. Allgemeines
Offshore-Anbindungsleitungsabschnitte vom Anwendungsbereich aus. Schließlich trifft Absatz 3 Regelungen zum Zusammentreffen mit anderen Leitungsbauvorhaben und deren Einbeziehung in Bundesfachplanung und/oder Planfeststellung.
2. Zweck der Regelung und Entstehungsgeschichte 2 Der zentrale Streitpunkt bei der Entstehung des NABEG war die Frage, ob die Planungs- und Genehmigungsverfahren für das Übertragungsnetz schneller und effizienter durchgeführt werden können, wenn die Zuständigkeit auch für die Planfeststellung auf eine Bundesbehörde übertragen wird.1 Aus Sicht der Bundesregierung lag darin der eigentliche Schlüssel der Beschleunigung,2 da in den Verfahrensregelungen selbst kein weiteres Beschleunigungspotenzial mehr gesehen wurde.3 Bei gleichzeitiger Schaffung von mehr Transparenz und Beteiligung liegt das eigentliche Beschleunigungspotenzial in dem Planungsverfahren aus Bundesfachplanung und Planfeststellung aus einer Hand, das nicht an geographische Zuständigkeitsgrenzen gebunden ist. Die Bündelung der Zuständigkeiten für Fragen der Regulierung, der Bedarfsplanung und der Genehmigung von Netzausbauvorhaben bei einer Behörde, der Bundesnetzagentur, ermöglicht die Hebung von Synergien in einem kohärenten System.4 Die Haltung der Länder dazu war nicht einheitlich; die Zustimmung einiger Länder konnte nur dadurch gewonnen werden, dass die Entscheidung über die Behörden- und damit Bundeszuständigkeit für die Planfeststellung auf einen späteren Zeitpunkt vertagt wurde. Aufgrund der Aufnahme dieser Formulierung in Abs. 2 verzichtete der Bundesrat beim NABEG, als nicht zustimmungspflichtigem Gesetz,5 auf die Anrufung des Vermittlungsausschuss im Beteiligungsverfahren nach Art. 77 Abs. 3 GG.6 Ebenfalls zentral für die neuen Regelungen zur Netzausbauplanung war zu Beginn das Ver3 hältnis zum EnLAG und seinen in Anlage 1 genannten Projekten. Zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens waren noch wenige Teilabschnitte von sog. EnLAG-Projekten planfestgestellt. Allerdings waren einzelne Raumordnungsverfahren abgeschlossen und in Teilabschnitten hatten auch Planfeststellungsverfahren begonnen. Praxistipp Unter www.netzausbau.de/Vorhaben/uebersicht/report/de.html findet sich ein regelmäßiges Monitoring zum Stand der Ausbauvorhaben gemäß ENLAG und BBPlG.
4 Verzögerungen entstanden auch durch Gesetzesänderungen, die, wie z. B. das Niedersächsische Erdkabelgesetz,7 wiederholt zur Anpassung der Antragsunterlagen und Pläne geführt hatten. In dem Bestreben, die Verfahren des Bundesbedarfsplans nicht durch Rechtsänderungen erneut zu verzögern, ist die Anwendbarkeit des NABEG auf Projekte außerhalb des EnLAG beschränkt. Allerdings hat sich gezeigt, dass auch die dem NABEG unterfallenden Netzausbauvorhaben nicht vollständig von Verzögerungen verschont bleiben. So mussten beispielsweise die Planun1 Siehe beispielhaft BT-Drucks. 17/5816, Antwort auf Fragen 10, 11 und 27. Vgl. zum Ganzen auch Steinbach, DÖV 2013, 921, 922.
2 Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 17/6249 S. 17, li. Sp. 3 BT-Drucks. 17/5580, S. 2 Antwort auf Frage 2. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus, BGBl. I Nr. 19, S. 706 ff, in Kraft getreten am 17.5.2019, hat der Gesetzgeber nun weitere Versuche unternommen, auch Beschleunigungspotenziale in Verfahrensregeln zu heben; vgl. hierzu allgemein Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 ff. 4 Steinbach, DÖV 2013, 921, 924. 5 Vgl. Mikesic/Strauch, RdE 2011, 347, 352. 6 BR-Drucks. 394/11. 7 Niedersächsisches Gesetz über die Planfeststellung für Hochspannungsleitungen in der Erde (Niedersächsisches Erdkabelgesetz) v. 13.12.2007, Nds. GVBl. 2009, 709. Serong
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II. Anwendungsbereich (Abs. 1)
NABEG § 2
gen für den Verlauf der HGÜ-Neubauvorhaben grundlegend überarbeitet werden, nachdem in § 3 BBPlG neue Bestimmungen zum sog. Erdkabelvorrang eingefügt wurden.8
II. Anwendungsbereich (Abs. 1) Der Geltungsbereich des NABEG ist beschränkt auf länderübergreifende und grenzüberschrei- 5 tende Höchstspannungsleitungen und Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land, die im Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 2 EnWG als solche gekennzeichnet sind. Mithin ist der Geltungsbereich zweifelsfrei bestimmbar, er ergibt sich eindeutig durch Entscheidung des Parlaments im Bundesbedarfsplangesetz. Diese ist auch konstitutiv für den Anwendungsbereich des NABEG.9 Länderübergreifende Höchstspannungsleitungen sind solche, die als konkrete Maßnah- 6 men an einer bestehenden Trasse oder zur Errichtung einer neuen Trasse über das geographische Gebiet eines Bundeslandes hinausreichen.10 Auf der Ebene des Bundesbedarfsplans steht dies bereits fest, wenn die beiden Netzverknüpfungspunkte in unterschiedlichen Bundesländern liegen. Der Gesetzgeber des Bundesbedarfsplans ist jedoch auch frei, solche Vorhaben als länderübergreifend zu kennzeichnen, bei denen beide Netzverknüpfungspunkte im selben Bundesland liegen, jedoch davon auszugehen ist, dass in Frage kommende Trassenkorridore auch über das Gebiet eines anderen Bundeslandes verlaufen werden. Der Netzentwicklungsplan als energiewirtschaftlicher Bedarfsplan ist nicht darauf angelegt, konkrete Leitungsprojekte auszuweisen. Vielmehr geht es um die Darstellung von Transportbedarf zwischen konkreten Netzverknüpfungspunkten, die energietechnisch über verschiedene Maßnahmen erreicht werden können. § 3 spannt hier den Bogen von der bloßen Änderung oder Erweiterung einer Leitung über den Ersatz- oder Parallelneubau bis hin zum vollständigen Neubau einer Leitung zwischen zwei Punkten. Soweit der dem Bundesbedarfsplan zu Grunde liegende Netzentwicklungsplan bestimmte Maßnahmen z. B. als „Netzverstärkungsmaßnahme“ oder „Neubau“ beschreibt, entsteht damit keine Bindungswirkung für die dem NABEG unterliegenden Genehmigungsverfahren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung. Die rein elektrotechnische Betrachtungsebene des Netzentwicklungsplans erlaubt es nicht zu antizipieren, ob der spätere Verlauf des Trassenkorridors entlang einer Bestandstrasse (Netzverstärkung) oder als Neubaumaßnahme die raum- und umweltverträglichere Variante ist. Der Begriff der Grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitung erfasst die Verbin- 7 dungsleitungen zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten.11 Bei Landverbindungen sind diese stets in das Übertragungsnetz und die Bewirtschaftung der Regelzonen eingebunden. Anders ist die Situation bei Seekabelverbindungen zwischen Mitgliedsstaaten, die z. T. als alleinstehende Übertragungsleitungen (sog. „merchant lines“) betrieben werden. Beispiel Das sog. Baltic Cable ist eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung zur Kopplung des deutschen mit dem schwedischen Stromnetz durch die Ostsee. Es wird aktuell durch eine selbstständige Betreibergesellschaft, die Baltic Cable AB, betrieben. Das Unterseekabel verbindet auf einer Strecke von 250 km und mit einer Betriebsspannung von 450 kV eine Station bei Lübeck mit einer Station bei Trelleborg in Schweden. Das Verbindungskabel nahm im Dezember 1994 den Betrieb auf.
8 Ruge, ER 2016, 154, 155; Otte, UPR Sonderheft 2016, 451, 457. Vgl. auch Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801 ff., Appel, NVwZ 2016, 1516 ff.
9 So auch BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 8. 10 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Knüll, § 2 Rn 14; BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 6 m. w. N. 11 Dabei ist ausreichend, wenn die betreffende Leitung selbst ihre Fortsetzung jenseits der deutschen Staatsgrenze findet, der im Bundesbedarfsplangesetz benannte Leitungsabschnitt jedoch an der Staatsgrenze endet, so überzeugend: BerlKommEnR/Appel, § 1 Rn 6. 493
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§ 2 NABEG
III. Zuständigkeitsverordnung (Abs. 2)
8 Auch wenn die energiewirtschaftsrechtliche Einordnung solcher Verbindungsleitungen europarechtlich nicht systematisch konsistent geregelt ist, so ist davon auszugehen, dass es sich bei Verbindungsleitungen um einen Teil des Transportnetzes handelt und bei einem eigenständigen Betreiber mithin auch um einen ÜNB12 (§§ 3 Nr. 10 und 31d EnWG). Solche Höchstspannungsleitungen können daher als grenzüberschreitende Leitungen im Bundesbedarfsplan ausgewiesen werden. Der Anwendungsbereich des NABEG erstreckt sich territorial auf das deutsche Staatsgebiet. Daraus folgt, dass solche Seekabel auch unterschiedlichen deutschen Rechtsregimen unterliegen – in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gelten die Genehmigungserfordernisse nach dem BBergG,13 im Bereich der Zwölf-Seemeilen-Zone können die Zuständigkeit der BNetzA für die Bundesfachplanung und die Regelungen des NABEG die bislang erforderliche Raumordnung der Länder ablösen.14 Zu beachten sind die weiteren Klarstellungen des Abs. 5. 9 Nach Abs. 1 sind auch die Anbindungsleitungen zu Offshore-Windparks in der AWZ erfasst. Die AWZ ist kein Staatsgebiet; Leitungen in die AWZ überschreiten mithin die deutsche Staatsgrenze. Das Verhältnis zum Instrument des Flächenentwicklungsplans (§§ 4 ff WindSeeG) sowie zu den Zuständigkeiten des BSH wird durch Abs. 5 sowie im Rahmen des § 12e Abs. 2 EnWG gelöst. Dort wird der gesetzgeberische Wille der Abgrenzung der Offshore-Anbindungsleitungen von den grenzüberschreitenden Leitungen in der separaten Aufzählung deutlich.15 Die Festlegungen des früheren Bundesfachplans Offshore nach § 17a EnWG (und auch des OffshoreNetzentwicklungsplans nach §§ 17b, 17c EnWG) wurden durch das neue Instrument des Flächenentwicklungsplans nach §§ 4 ff WindSeeG abgelöst (§ 7 WindSeeG).16
III. Zuständigkeitsverordnung (Abs. 2) 10 Gegen die grundsätzliche Zuordnung der Verwaltungskompetenz an den Bund sowohl für die Bundesfachplanung als auch für die Planfeststellung bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.17 Die Verfahrensrechte der Länder sind durch das Zustimmungserfordernis der Länder zu der Zuständigkeitsverordnung gewahrt; die grundsätzliche Verwaltungskompetenz des Bundes nach Art. 86, 87 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GG ist bei entsprechender Ausgestaltung des Verwaltungsvollzugs durch die BNetzA gegeben. 11 Die Behördenzuständigkeit für das Planfeststellungsverfahren nach Abschnitt 3 war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NABEG noch nicht abschließend geregelt, vielmehr musste die Bundesregierung hier noch tätig werden und eine Zuständigkeitsverordnung schaffen. Dies geschah mit der Planfeststellungszuweisungsverordnung vom 23.7.2013 (siehe Rn 18). Abs. 2 findet seine korrespondierende Regelung in § 31 Abs. 1 und 2. 12 Die Verfassungsmäßigkeit dieser Verordnungsermächtigung wurde in Veröffentlichungen nach in Kraft treten des Gesetzes kritisch diskutiert.18 Eine positive Bewertung im Lichte der Verfassung ist jedoch ohne Weiteres möglich. Es ist darauf zu achten, dass den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts aus Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG sowie dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Rechnung getragen wird. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG verlangt grundsätzlich, dass die Übertragung von Verwaltungskompe13 tenzen auf den Bund „durch Bundesgesetz“ erfolgen muss. Dieser Gesetzesvorbehalt stellt einen 12 13 14 15 16 17
Vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2017 – EnVR 21/16 = NVwZ-RR 2017, 492 ff. Vgl. hierzu de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Scheuten, NABEG, § 2 Rn 47. So auch: Wemdzio/Roßegger/Ramin, NuR 2012, 239, 242. Vgl. § 12e EnWG Rn 16. Ausführlich hierzu Schulz/Appel, ER 2016, 231, 232 ff. Zur verfassungsrechtlichen Diskussion der Verwaltungskompetenz: Krappel, DVBl. 2013, 551 ff.; Appel, UPR 2011, 406, 411. 18 Umfassend Appel/Eding, NVwZ 2012, 343 ff., kritisch exemplarisch: Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403. Serong
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III. Zuständigkeitsverordnung (Abs. 2)
NABEG § 2
institutionellen Gesetzesvorbehalt dar,19 dessen Schutzrichtung vor allem das föderale Kompetenzgefüge zwischen Bund und Ländern ist. Diesem wird die Verordnungsermächtigung in Abs. 2 durch die Grundsatzentscheidung und durch seinen Zustimmungsvorbehalt der Bundesländer gerecht.20 Darüber hinaus darf die Wirksamkeit eines Gesetzes nicht erst vom Gebrauchmachen einer Verordnungsermächtigung abhängig gemacht werden. Dies ist für das NABEG nicht der Fall, denn die zu erlassende Verordnung kann ausschließlich eine Regelung zur Reichweite der Zuständigkeit über die Planfeststellung als Teilbereich des NABEG treffen. Der Anwendungsbereich des Gesetzes bleibt von der Verordnung unberührt und ist durch das NABEG selbst verbindlich geregelt. Das NABEG genügt daher dem Gesetzesvorbehalt aus Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, indem es das anzuwendende Recht und den gesamten Prozess der Bundesfachplanung konkret und bestimmt geregelt hat. Auch die Zuständigkeit des Bundes für die Planfeststellung ist geregelt; man kann dem Gesetz entnehmen, dass dem Verordnungsgeber eine Pflicht zum Tätigwerden obliegt.21 Das Planfeststellungsrecht mit seinen enteignungsrechtlichen Vorwirkungen ist in höchstem Maße grundrechtsrelevant. Eine formell-gesetzliche Regelung ist im Bereich der Verwaltungsorganisation jedenfalls insoweit erforderlich, als es um Grundfragen des Verwaltungsaufbaus und um Regelungen geht, die für den Grundrechtsschutz und die Grundrechtsausübung entscheidend sind, insbesondere die Festlegung der dafür relevanten Zuständigkeiten der Behörden, der Verfahrensstruktur und der Verfahrensrechte der Beteiligten.22 Im Lichte der vom BVerfG entwickelten Wesentlichkeitstheorie23 und des Bestimmtheitsgrundsatzes ist die Offenheit der Zuständigkeitsentscheidung vertretbar, weil der Anwendungsbereich sowie die Verfahrensrechte und die Rechtsschutzmöglichkeit für die Betroffenen identisch sind. Das wird in der Regelung des § 31 Abs. 2 sehr deutlich: Die Verordnung trifft ausschließlich die Entscheidung darüber, ob die Regelungen des Abschnitt 3 durch die BNetzA oder durch die Bundesländer in der herkömmlichen Zuständigkeit angewandt werden. Ebenso eindeutig ist – unabhängig von der Verfahrenszuständigkeit – die Frage des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Entscheidungen nach dem NABEG geregelt. Der Rechtsschutz gegen einen Planfeststellungsbeschluss nach dem NABEG führt nach § 6 BBPlG i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO erst- und letztinstanzlich zum Bundesverwaltungsgericht. Diese Regelung besteht unabhängig von der Behördenzuständigkeit. Die Verordnungsermächtigung selbst ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt. Wie erwähnt, stellt die Verordnungsermächtigung eine Kompromissformel zwischen Bund und Ländern dar. So führt die Begründung aus, Abs. 2 stelle klar „… dass die Zuordnung der Zuständigkeit für die Planfeststellung auf die Bundesnetzagentur erst durch Rechtsverordnung vorgenommen wird.“24 Diese Formulierung lässt die Frage zu, ob die Zuständigkeitsentscheidung durch das NABEG getroffen ist25 oder erst noch getroffen werden musste. In der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Ablehnung der Länder hinsichtlich der Zuständigkeit der BNetzA für die Planfeststellung äußert die Bundesregierung, sie sei „… mit einer Regelung einverstanden, wonach die Trassen, die Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens durch die Bundesnetzagentur sein sollen, durch eine Verordnung festgelegt werden, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“26 19 Dreier/Schulze-Fielitz, GG, Art. 20 Rn 124 f. 20 Appel/Eding, NVwZ 2012, 342, 344, kritisch dazu Grigoleit/Weißensee, UPR 2011, 401 ff., dem folgend Erbguth, NVwZ 2012, 326 ff. 21 Appel, NVwz 2012, 343, 346. 22 Mangoldt/Klein/Starck/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 Rn 283 m. w. N. 23 BVerfGE 49, S. 89, 126 m. w. N. 24 Vgl. BT-Drucks. 17/6366, S. 18 ff. 25 So z. B. Appel/Eding, NVwZ 2012, 343, 345. 26 BT-Drucks. 17/6249, S. 17. 495
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§ 2 NABEG
IV. Zusammentreffen mehrerer Vorhaben (Abs. 3)
Die Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungsverordnung – PlfZV) vom 23.7.201327 überträgt der BNetzA die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren für die nach § 2 Abs. 1 S. 1 BBPlG als länderübergreifend und die nach § 2 Abs. 1 S. 2 BBPlG als grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen. Die Planfeststellungszuweisungsverordnung ist am 27.7.2013 in Kraft getreten. Damit wurden in Anwendung der Verordnungsermächtigung klare und objektive Kriterien für die Auswahl der Projekte in Planfeststellungszuständigkeit des Bundes gefunden. 19 Der Verordnungsgeber hat sich somit dafür entschieden, die Vorhaben, deren Planfeststellung in die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur überführt wird, nicht enumerativ aufzuzählen. Damit hat er auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einzelne Vorhaben der Zuständigkeit der Länder zuzuweisen. Die PlfZV enthält vielmehr eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Anlage des BBPlG. Indem wiederum ausschließlich die mit „A1“ oder „A2“ gekennzeichneten Vorhaben genannt werden, kann es dazu kommen, dass im BBPlG mit „C“ gekennzeichnete Vorhaben zwar in den Anwendungsbereich des NABEG fallen (Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 BBPlG), aber nur die Bundesfachplanung in der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur durchgeführt wird.
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IV. Zusammentreffen mehrerer Vorhaben (Abs. 3) 20 Abs. 3 ermöglicht die Erweiterung des Anwendungsbereichs des NABEG für Leitungsbaumaßnahmen, die mit einem Vorhaben nach Abs. 1 zusammentreffen. Die Regelung wird – mit weitgehend wortgleichen Formulierungen – in § 5b für die Bundesfachplanung und in § 26 für die Planfeststellung konkretisiert. Für die in Satz 2 erwähnten Leerrohre enthalten §§ 5b, 26 jedoch keine nähere Regelung, insoweit greifen § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und § 18 Abs. 3 die in § 2 Abs. 3 ermöglichte Anwendung des NABEG näher auf.
1. Mehrfachgestänge 21 Die Vorschriften dieses Gesetzes sollen gemäß Absatz 3 S. 1 auch dann gelten, wenn ein Vorhaben, das dem Anwendungsbereich des NABEG unterfällt, mit: – dem Neubau von Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV oder einer Bahnstromfernleitung (in der Regel ebenfalls 110 kV) zusammenfällt und – diese anderen Leitungen zusammen mit der dem NABEG originär unterfallenden Leitung auf einem Mehrfachgestänge geführt werden können und – die Planungen so rechtzeitig beantragt werden, dass die Einbeziehung ohne wesentliche Verfahrensverzögerung für die Bundesfachplanung oder Planfeststellung möglich ist. 22 Es ist technisch möglich und auch in der Praxis zu beobachten, dass Stromleitungen der Höchstspannung (220 kV und mehr, vgl. § 1 Rn 5) und des 110 kV-Netzes auf einem gemeinsamen Gestänge geführt werden. Es entspricht nicht zuletzt häufig der öffentlichen Erwartung, dass bei der Errichtung neuer Freileitungen Bündelungspotenziale ausgeschöpft werden und die Gesamtbelastung minimiert wird. Eine rechtliche Verpflichtung der Verteilnetzbetreiber bzw. der Betreiberin von Bahnstromfernleitungen, Investitionen zum Zwecke der Leitungsmitnahme vor-
27 BGBl. I 2013, 2582, zuletzt geändert durch Gesetz v. 13.5.2019 BGBl. I 2019, 706. Serong
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1. Mehrfachgestänge
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zunehmen und zu tragen, besteht jedoch derzeit nicht. Möglich sind freiwillige Kooperationen der Netzbetreiber, beispielsweise durch Mieten des Mastgestänges.28
a) Voraussetzungen. Es ist zwingende Voraussetzung, dass das Vorhaben nach § 2 Abs. 1 und 23 das hinzukommende weitere Vorhaben auf einem sog. Mehrfachgestänge realisiert werden sollen. Dies bedeutet, dass ein und derselbe Mast genutzt wird. Es ist unbeachtlich, ob für beide Maßnahmen ein neuer Mast errichtet werden oder ein bestehender Mast genutzt werden kann. Im letztgenannten Fall kann zwar zusätzlicher Raumbedarf in Höhe und Breite (Traversen) des Mastes entstehen, der sog. Schutzstreifen der Freileitung wird sich aber allenfalls begrenzt verbreitern. Der Wortlaut des Satzes 1 scheint eine einschränkende Formulierung für die Hochspannungs- 24 leitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr zu beinhalten. Während für Bahnstromfernleitungen keine nähere Maßnahmenbeschreibung vorgenommen wurde, hat der Gesetzgeber für die sonstigen Hochspannungsleitungen ausdrücklich auf den Fall des „Neubaus“ abgestellt. Demgegenüber ermöglichen die § 2 Abs. 3 konkretisierenden Normen der §§ 5b und 26 das Zusammentreffen mit einer Maßnahme der Errichtung, des Betriebs und der Änderung einer Hochspannungsleitung. Relevant kann das Verhältnis von Neubau und Änderung insbesondere sein, wenn eine Hochspannungsleitung geändert und das Vorhaben nach § 2 Abs. 1 dabei auf demselben Mastgestänge mitgenommen werden soll. Da der Gesetzgeber mit dem Gesamtpaket der §§ 2 Abs. 3, 5b, 18 Abs. 3 und 26 die vorausschauende Planung29 für Vorhaben mit einem hohen Bündelungspotenzial umfassend stärken wollte, ist davon auszugehen, dass die scheinbar einschränkende Formulierung („Neubau“) in § 2 Abs. 3 nur ein Redaktionsversehen ist und keine Sperrwirkung für §§ 5b und 26 entfaltet (siehe auch § 5b Rn 5 und § 26 Rn 7). § 2 Abs. 3 verlangt, dass die Planungen so synchron verlaufen und gesteuert werden, dass 25 eine gemeinsame Verfahrensführung ohne Zeitverzug möglich ist. Die Mitführung auf dem Mehrfachgestänge muss so rechtzeitig beantragt werden, dass die Einbeziehung dieser Planung ohne wesentliche Verfahrensverzögerung für Bundesfachplanung oder Planfeststellung erfolgen kann. Dieses Tatbestandsmerkmal wird in § 5b und § 26 nicht mehr ausdrücklich wiederholt, ist aber auch dort vorauszusetzen (siehe § 5b Rn 6 und § 26 Rn 8).30 Was eine wesentliche Verfahrensverzögerung ist, muss im Einzelfall betrachtet werden. In der Regel wird dies voraussetzen, dass die Einbeziehung des anderen Vorhabens in die Bundesfachplanung oder Planfeststellung zu Beginn des Verfahrens (§ 6 oder § 19) oder im zeitlichen Umfeld der Antragskonferenz (§ 7 Abs. 1, § 20 Abs. 1) beantragt wird. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass eine spätere Einbeziehung einer Leitungsmitnahme sich in einer Gesamtprognose als die Lösung herausstellt, die den schnellsten Verfahrenserfolg verspricht. b) Regulatorische Rahmenbedingungen. Einer flächendeckenden gemeinsamen Planung 26 von Leitungen verschiedener Spannungsebenen stehen zwei Mechanismen entgegen: 1. die Eigentumsstruktur der deutschen Netzbetreiberlandschaft 2. und die damit einhergehenden Fragen der Kostentragung bei einer Infrastrukturbündelung.
28 Nicht per se ausgeschlossen erscheint – als ultima ratio – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Enteignung des Netzbetreibers als Grundeigentumsberechtigten, wenn beispielsweise bei einer planerischen Engstelle, für die keine ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen bestehen, nur durch eine Leitungsmitnahme das Vorhaben verwirklicht werden kann. 29 Vgl. Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429 ff; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198. 30 Für Leerrohre i. S. d. Abs. 3 S. 2 gilt durch den Verweis von § 18 Abs. 3 auf den dortigen Absatz 2 eine großzügigere Regelung: § 18 Abs. 2 S. 2 lässt auch eine nachträgliche Integration in die Planfeststellung durch Planergänzung zu. 497
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§ 2 NABEG
IV. Zusammentreffen mehrerer Vorhaben (Abs. 3)
27 Die eigentumsmäßige Unterteilung der Netzbetreiberlandschaft in Verteilnetzbetreiber (VNB) und ÜNB (Übertragungsnetzbetreiber) mit jeweils unterschiedlichen Entflechtungsregimen minimiert die Wahrscheinlichkeit, dass Planungsvorgänge regelmäßig so synchron verlaufen, dass eine gemeinsame Planung ohne Zeitverlust möglich ist. Das ist allerdings Tatbestandsvoraussetzung (siehe Rn 21) 28 Die Netzebenen des Übertragungsnetzes und des Verteilernetzes sind in § 3 Nr. 32 (Übertragung) und Nr. 37 (Verteilung) EnWG beschrieben. Die Ebene des 110 kV-Netzes wird in Deutschland fast ausschließlich der Verteilernetzebene zugeordnet. Keiner der vier deutschen ÜNB verfügt über nennenswerte Anteile an 110 kV-Leitungssystemen.31 Für Betreiber eines Transportnetzes gelten in den §§ 8 bis 10e EnWG besonders scharfe Entflechtungsvorschriften. Der Betrieb von gemeinsamen Transport- und Verteilernetzbetreibern ist gem. § 6d EnWG nur nach den strengen Regeln für den Transportnetzbetreiber möglich. Somit treffen im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 schon aus Gründen der Entflechtung nach dem EnWG grds. getrennte Unternehmen aufeinander. Diese sind allerdings zur Kooperation verpflichtet. Nach § 12 Abs. 2 EnWG sind Betreiber von Übertragungsnetzen „gegenüber Betreibern eines anderen Netzes, mit dem die eigenen Übertragungsnetze technisch verbunden sind, die notwendigen Informationen bereitzustellen, um (…) den koordinierten Ausbau (…) sicherzustellen“. 29 Die Kostenschlüsselung und -teilung bei solchen Gemeinschaftsprojekten ist eine weitere Aufgabe, die zunächst vertraglich und dann auch regulatorisch gelöst werden muss, bevor es zur Infrastrukturbündelung über Unternehmensgrenzen hinweg kommen kann. Ein Netzbetreiber aktiviert seine technischen Anlagen über ihre technisch-wirtschaftliche Nutzungsdauer sowohl bilanziell wie auch kalkulatorisch in den Netzkosten. Die betriebsgewöhnlichen kalkulatorischen Nutzungsdauern sind in Anlage 1 zur StromNEV festgeschrieben. Denkbar ist beispielsweise, dass der unterlagerte Verteilnetzbetreiber für die bei der Bündelung auf einem Mehrfachgestänge anfallenden Investitionen vom ÜNB einen Baukostenzuschuss erhält. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorgänge adressiert das NABEG nicht. Dafür sind regulatorische Lösungen im Rahmen der Verwaltungspraxis und der ARegV bzw. in der StromNEV zu finden.
2. Erdkabel und Leerrohre 30 Durch die Novellierung des NABEG 2019 wurde dem Absatz 3 ein zweiter Satz angefügt, der dessen Anwendungsbereich erstmalig auch auf Erdkabel und Leerrohre erstreckt. Die Regelung in § 2 Abs. 3 bildet eine allgemeine Klammer für die im Gesetz folgenden, in ihren Voraussetzungen teilweise wortgleichen Regelungen in §§ 5b, 18 Abs. 3 und 26. Sie besitzt damit überwiegend klarstellenden Charakter, da der Anwendungsbereich des NABEG auch durch die soeben angesprochenen Regelungen in Abschnitt 2 und 3 eröffnet wäre. Für den Begriff des Erdkabels kann auf die Definition in § 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 3 BBPlG zurückgegriffen werden. 31 Unglücklich erscheint die Formulierung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Mitverlegung von Erdkabeln und Leerrohren. Satz 2 fordert, dass die Erdkabel bzw. Leerrohre „nach § 26 im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Vorhabens im Sinne von § 2 Abs. 5 und 6 BBPlG mitverlegt werden können“. Zunächst überrascht die alleinige Bezugnahme auf § 26, da ja auch §§ 5b und 18 Abs. 3 tatbestandliche Voraussetzungen enthalten. Insbesondere die Mitverlegung von Leerrohren soll nach dem Konzept des novellierten NABEG vornehmlich nach § 18 Abs. 3 umgesetzt werden.32 Da sich das Erfordernis eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs der Mitverlegung aber sowohl in § 26 S. 2 wie auch in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 findet, wirkt sich diese Frage im Ergebnis nicht entscheidend aus. Selbst wenn man also Abs. 3 Satz 2 so verstehen wollte, dass auch für Leerrohre geprüft werden muss, ob diese „nach § 26“ mitverlegt werden können, ginge diese Voraussetzung inhaltlich nicht weiter. 31 Monitoringbericht der BNetzA 2019, S. 39. 32 BT-Drucks. 19/7375, S. 67 und 77. Serong
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VI. Abgrenzung bei Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 5)
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Satz 2 ermöglicht die Mitverlegung von Erdkabel und Leerrohren mit der Baumaßnahme 32 eines Vorhabens nach § 2 Abs. 5 und 6 BBPlG. Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG sind Höchstspannungs-Gleichstromübertragungsleitungen, die nach § 3 BBPlG vorrangig als Erdkabel zu errichten sind. In den dort näher und abschließend beschriebenen Ausnahmefällen ist jedoch auch eine Freileitungsausführung zulässig. Vorhaben nach § 2 Abs. 6 BBPlG sind Höchstspannungs-Drehstromübertragungsleitungen, die grundsätzlich als Freileitungen, auf Teilabschnitten aber auch als Erdkabel errichtet werden können (§ 4 BBPlG). Da Satz 2 auf diese Differenzierungen nicht eingeht, sondern nur allgemein den Begriff der Baumaßnahme verwendet, ist zu klären, inwieweit die Mitverlegung eines Erdkabels oder Leerrohrs bei diesen Vorhaben auch möglich ist, wenn die Verlegung im räumlichen Zusammenhang (gebündelt) mit einer entsprechenden Freileitung bzw. einem Freileitungsabschnitt erfolgen soll. § 5b Abs. 1 S. 2 und § 26 Satz 2 weichen zwar von dieser Formulierung ab, da dort jeweils die „Baumaßnahme eines Erdkabelvorhabens“ in Bezug genommen wird. Es ist möglich, dass damit ein engerer Anwendungsbereich bezweckt war33 Um in der Praxis regelmäßig zu sinnvollen Ergebnissen zu gelangen, bietet sich eine Differenzierung an: Bei Vorhaben nach § 2 Abs. 6 BBPlG sind Erdkabel nur ausnahmsweise und auf Teilabschnitten zulässig, Freileitungen werden in aller Regel den weitaus größeren Anteil an der Gesamtstrecke ausmachen. Es ist davon auszugehen, dass § 2 Abs. 3 S. 2 hier nur eine Bündelung eines Erdkabels (bzw. Leerrohrs) mit einem Erdkabelabschnitt erfasst. Anders stellt es sich bei Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG dar: hier ist davon auszugehen, dass längere Erdkabelabschnitte allenfalls von kürzeren Freileitungsteilabschnitten unterbrochen werden. Gerade bei HGÜ-Erdkabelvorrangvorhaben könnte sich jedoch eine Bündelung mit weiteren Erdkabeln oder Leerrohren über längere Distanzen anbieten.34 Die Möglichkeit, diese Vorhaben auch in einem einheitlichen Verfahren zu bündeln, würde jedes Mal entfallen, wenn ein ggf. kurzer Freileitungsabschnitt Teil des Verfahrens ist. Um diesen legislativ kaum beabsichtigten Effekt zu vermeiden, ist § 2 Abs. 3 S. 2 so auszulegen, dass Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG auch dann einem einheitlichen Verfahren (nach § 5b oder § 26) offenstehen, wenn ausnahmsweise mit einer Freileitung gebündelt werden soll.
V. Verhältnis zum EnLAG (Abs. 4) Abs. 4 enthält dem Grunde nach eine verzichtbare Regelung, da Absatz 1 bereits zweifelsfrei 33 festgelegt hat, dass der Anwendungsbereich des NABEG davon abhängt, dass ein Vorhaben im Bundesbedarfsplangesetz aufgeführt ist und eine besondere Kennzeichnung erhalten hat. Absatz 4 sagt noch einmal klarstellend, dass das NABEG für Vorhaben nach Anlage 1 des EnLAG nicht anwendbar ist. Das EnLAG enthält in der Anlage 1 eine Liste von 22 Vorhaben mit ihren Anfangs- und 34 Endpunkten.35 Für diese gilt der energiewirtschaftliche Bedarf als gesetzlich festgestellt. Die Zuständigkeit für die Durchführung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren liegt bei den Länderbehörden.
VI. Abgrenzung bei Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 5) Der Anwendungsbereich des NABEG ist bei den Offshore-Anbindungsleitungen auf das Küsten- 35 meer beschränkt.36 Für andere, weiter vom Festland entfernte Leitungsabschnitte von Offshore33 Vgl. auch BT-Drucks. 19/7375, S. 81 („…in allen Fällen, in denen verschiedene Spannungsebenen sinnvoll in einem Leitungsgraben gebündelt werden können“). 34 Vgl. die Kennzeichnung des Vorhabens 5 BBPlG gem. § 2 Abs. 8 BBPlG („vordringlicher Bedarf für Leerrohre“). 35 Siehe dazu Teil 2 EnLAG Rn 106 ff. 36 Schulz/Appel, ER 2016, 231, 236; Schink/Versteyl/Dippel/Knüll, NABEG, § 2 Rn 23. 499
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§ 2 NABEG
VI. Abgrenzung bei Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 5)
Anbindungsleitungen ist das NABEG hingegen nicht anwendbar. Abs. 5 grenzt damit auch die Zuständigkeiten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) von denen der BNetzA ab. Dies betrifft die in § 44 Abs. 1 des Gesetzes zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (Windenergie-auf-See-Gesetz – WindSeeG) genannten Anlagen zur Übertragung von Strom aus Windenergieanlagen auf See einschließlich der jeweils zur Errichtung und zum Betrieb der Anlagen erforderlichen technischen und baulichen Nebeneinrichtungen (Einrichtungen), wenn und soweit sie im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Bundesrepublik Deutschland liegen oder sie auf der Hohen See liegen und der Unternehmenssitz des Vorhabenträgers im Bundesgebiet liegt. Für die Anbindungsleitungen ist daher das BSH zuständige Planfeststellungsbehörde (§ 45 Abs. 2 WindSeeG). Der in einer früheren Fassung enthaltene zusätzliche Verweis auf die Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres (Seeanlagenverordnung – SeeAnlV) ist im Rahmen der NABEG-Novelle 2019 gestrichen worden, da die SeeAnlV zum 1.1.2017 außer Kraft getreten ist.37 Fraglich ist damit, ob das NABEG anwendbar sein kann für grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen, die der Übertragung von Energie aus Strömung und Wasser dienen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SeeAnlG), da eine Anpassung des § 2 Abs. 5 NABEG an die (teilweise) Ersetzung des Anwendungsbereichs der Seeanlagenverordnung durch das Seeanlagengesetz unterblieben ist. Allerdings wird die Bedeutung dieser Frage dadurch relativiert, dass primär der Gesetzgeber des BBPlG konstitutiv den Anwendungsbereich des NABEG bestimmt. Durch die Novellierung des NABEG 202138 wurde hingegen klargestellt, dass die Zuständigkeiten des BSH sowie auch der Länderbehörden nach §§ 133 und 136 BBergG für den Bereich des Festlandsockels unberührt bleiben. Interkonnektoren, die als sog. Transit-Rohrleitung gemäß § 4 Abs. 10 BBergG vom Festlandsockel oder vom Gebiet eines anderen Staates in den Festlandsockel der Bundesrepublik Deutschland führen oder diesen durchqueren, bedürfen in oder auf dem Festlandsockel einer Genehmigung nach § 133 Abs. 1 BBergG. Da diese Abgrenzung an Hand von „Leitungsabschnitten“ erfolgt, kann es dazu kommen, dass für eine Offshore-Anbindungsleitung beide Behörden Zuständigkeiten erhalten.
37 Vgl. hierzu Schulz/Appel, ER 2016, 231, 236. 38 Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298). Serong
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§ 3 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind: 1. „Änderung oder Erweiterung einer Leitung“ die Änderung oder der Ausbau einer Leitung einschließlich Änderungen des Betriebskonzepts in einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung grundsätzlich fortbestehen soll; hierzu zählen auch a) die Mitführung von zusätzlichen Seilsystemen auf einer bestehenden Maststruktur einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments (Zubeseilung), b) die Ersetzung eines bereits bestehenden Seilsystems durch ein neues leistungsstärkeres Seilsystem einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments (Umbeseilung) und c) Maßnahmen, die unter Beibehaltung der Masten lediglich die Auslastung der Leitung anpassen und keine oder allenfalls geringfügige und punktuelle bauliche Änderungen erfordern (Änderung des Betriebskonzepts), 2. „Bestandstrasse“ die Trasse einer bestehenden oder bereits zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsleitung, 3. „Errichtung“ der Neubau einer Leitung einschließlich des Ersatz- und Parallelneubaus, 4. „Ersatzneubau“ die Errichtung einer neuen Leitung in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung innerhalb von drei Jahren ersetzt wird; die Errichtung erfolgt in der Bestandstrasse, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente und bei Erdkabeln die Kabel in der Bestandstrasse befinden; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird, 5. „Parallelneubau“ die Errichtung einer neuen Leitung unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung fortbestehen soll; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird, 6. „Trasse“ die von einem Leitungsvorhaben in Anspruch genommene oder in ihrer sonstigen Nutzbarkeit beschränkte Fläche, 7. „Trassenkorridore“ die als Entscheidung der Bundesfachplanung auszuweisenden Gebietsstreifen, innerhalb derer die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist, 8. „Vereinigungen“ nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes anerkannte Umweltvereinigungen, die in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt sind, 9. „Vorhabenträger“ der für die Durchführung einer Maßnahme im nach § 12c Absatz 4 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes bestätigten Netzentwicklungsplan aufgeführte oder nach § 12c Absatz 8 des Energiewirtschaftsgesetzes bestimmte verantwortliche Betreiber von Übertragungsnetzen.
Übersicht I.
Allgemeines
II.
Nr. 1: Änderung oder Erweiterung einer Lei2 tung 5 Nr. 1 a) Zubeseilung 11 Nr. 1 b) Umbeseilung
1. 2.
1
501 https://doi.org/10.1515/9783110670516-045
3.
Nr. 1 c) Änderung des Betriebskonzepts
III.
Nr. 2: Bestandstrasse
IV.
Nr. 3: Errichtung
14
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Strothmann
§ 3 NABEG
II. Nr. 1: Änderung oder Erweiterung einer Leitung
V.
Nr. 4: Ersatzneubau
VI.
Nr. 5: Parallelneubau
VII. Nr. 6: Trasse
26
18 22
29
VIII. Nr. 7: Trassenkorridore IX.
Nr. 8: Vereinigungen
X.
Nr. 9: Vorhabenträger
41 45
I. Allgemeines 1 Die Regelung hat durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 17.5.2019 eine deutliche Ausweitung erfahren. In der Vorgängerregelung wurden die Begriffe „Trassenkorridore“, „Vereinigungen“ und „Vorhabenträger“ legal definiert, wohingegen die neue Regelung nun Legaldefinitionen zu den Begriffen „Änderung oder Erweiterung einer Leitung“, „Bestandstrasse“, „Errichtung“, „Ersatzneubau“, „Parallelneubau“, „Trasse“, „Trassenkorridore“, „Vereinigungen“ und „“Vorhabenträger“ enthält.1 Diese Präzisierung des Gesetzgebers im Sinne einer „Erhöhung der Regelungsdichte“2ist zu begrüßen, da hiermit Begriffsungenauigkeiten und Ungewissheiten in der Rechtsanwendung zukünftig vermieden werden können. Mit den neu eingeführten Definitionen wird ein eindeutiges Verständnis für Begriffe erreicht, die in der bisherigen Planungspraxis nicht immer einheitlich verwandt worden sind, aber für die Anwendung der neuen Beschleunigungsregelungen (Verzicht auf die Bundesfachplanung, Erweiterung des Anzeigeverfahrens) zentrale Bedeutung haben.3
II. Nr. 1: Änderung oder Erweiterung einer Leitung 2 § 3 Nr. 1 enthält die Legaldefinition der „Änderung oder Erweiterung einer Leitung“. Danach ist eine Änderung oder Erweiterung einer Leitung die Änderung oder der Ausbau einer Leitung einschließlich der Änderung des Betriebskonzepts in einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung grundsätzlich fortbestehen soll. Die Änderung oder Erweiterung gemäß Nr. 1 ist abzugrenzen von der Errichtung einer Leitung und von der bloßen Instandsetzung bzw. Reparatur. Keine Änderung der Leitung ist die Instandsetzung oder Reparatur einer Leitung mit bauähnlichen Bauteilen und Seilen, die dem aktuellen technischen Stand entsprechen.4 Das Gesetz nennt drei Anwendungsfälle für die Änderung oder Erweiterung einer Leitung, 3 nämlich die Zubeseilung, die Umbeseilung und die Änderung des Betriebskonzepts. Die Aufzählung ist nicht abschließend, da der Gesetzgeber die Formulierung „hierzu zählen auch“ in § 3 Nr. 1 Hs. 2 gewählt hat. In der Definition der Änderung oder Erweiterung einer Leitung wird auch auf den Begriff der Bestandstrasse Bezug genommen, der in § 3 Nr. 2 erstmals im NABEG legal definiert wird. Der Begriff der Änderung oder Erweiterung einer Leitung wird in den §§ 5a und 25 verwen4 det. § 5a Abs. 1 Nr. 1 sieht vor, dass bei der Änderung oder Erweiterung einer Leitung auf die Durchführung der Bundesfachplanung verzichtet werden soll. § 25 Abs. 1 S. 1 regelt, dass unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen anstelle des Planfeststellungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden können, wobei S. 2 der Regelung sodann die tatbestandlichen enumerativen Voraussetzungen für das Vorliegen der Unwesentlichkeit nennt. Die Regelung hatte vor der Novelle zu Fragestellungen geführt, ob z. B. Um- oder Zubeseilungen dem Grunde nach eine Änderung oder Erweiterung eine Leitung im Sinne des Gesetzes sein könnten. Ebenso bestand aufgrund des Fehlens einer ähnlichen Regelung im Kontext der Bundesfachpla1 2 3 4
BT-Drucks. 19/7375, S. 67. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (196). Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (196). BT-Drucks. 19/7375, S. 67; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (196).
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1. Nr. 1 a) Zubeseilung
NABEG § 3
nung die Situation, dass, auch wenn eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung i. S. d. § 25 vorlag und dementsprechend auf die Planfeststellung verzichtet werden konnte, eine Bundesfachplanung (zumindest im vereinfachten Verfahren) hätte durchgeführt werden müssen. Dieses Ungleichgewicht ist durch die NABEG-Novelle mit der Regelung des § 5a behoben worden.
1. Nr. 1 a) Zubeseilung Die Zubeseilung in der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 a) wird wie folgt definiert: Mitführung von zusätzlichen Seilsystemen auf einer bestehenden Maststruktur einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments. Der Anwendungsfall einer Zubeseilung setzt voraus, dass im Zuge einer Bestandsleitung bereits Freileitungsmasten bestehen, auf den weitere Leiterseile (eines oder mehrerer Seilsysteme) angehängt werden können. Sollen Leiterseile ausgetauscht werden, liegt keine Zubeseilung, sondern u. U. eine Umbeseilung i. S. d. § 3 Nr. 1 b) vor. Denkbar ist, dass bei der Errichtung der Bestandsleitung die Masten bereits mit einer leeren Traverse im Mastbild ausgeführt worden sind, um später weitere Leiterseile aufnehmen zu können. Ob das neue Seilsystem in der Spannungsebene der übrigen Leiterseile auf dem Mast betrieben wird oder ob das neue Leiterseil in einer anderen Spannungsebene betrieben wird, ist für die Qualifikation als Zubeseilung unerheblich.5 Die Maststruktur bleibt bei einer Zubeseilung dann bestehen, wenn Standort, Höhe und Breite der Masten erhalten bleiben; das Austauschen einzelner Masten aus technischen Gründen ist unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen möglich.6 Eine Zubeseilung liegt auch vor, wenn einzelne Masten um bis zu 20 Prozent erhöht werden müssen. Die umbeseilte Leitung muss den Anforderungen des Immissionsschutzrechts und auch technischen Normen genügen. Hinsichtlich des neuen Leiterseils ist nachzuweisen, dass die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte eingehalten werden. Je nach räumlicher Situation kann es daher erforderlich sein, durch die Erhöhung der Masten den Abstand vom Leiterseil z. B. zu einem Immissionsort zu vergrößern. Auch ist der Fall denkbar, dass die Transportaufgabe des neuen Leiterseils zu größeren temperaturbedingten Leiterseilausdehnungen führt, als dies bei den bisherigen Seilen der Leitung der Fall war. Die Leiterseilausdehnungen des neuen Seils dürfen aber nicht die Minimalabstände des maximal ausgedehnten Leiterseils (zu berücksichtigen: zulässige Höchstlast bei Sommerhitze) zur Erdoberkante unterschreiten. Ungeklärt ist, wann noch von „einzelnen Masten“ einer Leitung zu sprechen ist, wenn die Anzahl der in Frage stehenden Masterhöhungen größer eins und kleiner „alle Masten einer Leitung“ ist. Diese Frage kann nicht abstrakt beantwortet, sondern muss im vorhabenspezifischen Kontext gesehen werden. Bei der fallkonkreten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „einzelne Masten“ ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Masterhöhungen bezogen auf die Gesamtanzahl der Masten einer Leitung nicht überwiegen darf und dass man bei einer aufeinanderfolgenden Reihe von zu erhöhenden Masten eher nicht von „einzelnen Masten“ wird sprechen können als bei einer vergleichbaren Anzahl von Masten an einzelnen Stellen der Gesamtleitung. Zu bemerken ist, dass eine Erhöhung einzelner Masten nur eine Zubeseilung im Sinne des Gesetzes sein kann, wenn die Fundamente der zu erhöhenden Masten nicht wesentlich geändert werden. Ab wann ein Fundament wesentlich verändert wird, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern muss vorhabenspezifisch betrachtet werden. Bei der fallkonkreten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „unwesentliche Änderung“ ist zu berücksichtigen, dass das Fundament keine deutliche Erweiterung erfahren darf, um noch als unwesentlich geändert 5 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 6 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 503
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II. Nr. 1: Änderung oder Erweiterung einer Leitung
zu gelten. Als Richtschnur kann ggf. der Wert von 20 Prozent, der in der gleichen Regelung für die Erhöhung der Masten genannt wird, genannt werden, da der Gesetzgeber hier hinsichtlich der Höhe eine Art von Wesentlichkeitsschwelle gesetzt hat. In jedem Fall wird eine unwesentliche Änderung der Fundamente hinsichtlich ihrer Flächeninanspruchnahme aber unter dem Wert von 20 Prozent bleiben müssen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in den meisten Fällen die Fundamente von Masten, die zubeseilt und erhöht werden sollen, aus statischen Gründen deutlich verstärkt werden müssen. Daher scheint die Regelung vor allem für solche Situationen Anwendung finden, bei denen die Bestandsleitung bereits statisch für spätere Zubeseilungen vorbereitet ist.
2. Nr. 1 b) Umbeseilung 11 Eine Umbeseilung liegt gemäß § 3 Nr. 1 b) vor, wenn die Ersetzung eines bereits bestehenden Seilsystems durch ein neues leistungsstärkeres Seilsystem einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments gegeben ist. Im Gegensatz zur Zubeseilung, bei der nur weitere Seilsysteme auf eine bestehende Freilei12 tungsmaststruktur gehängt werden, ist Tatbestandsmerkmal der Umbeseilung eine vollständige Ersetzung eines bereits bestehenden Seilsystems durch ein neues leistungsstärkeres Seilsystem. Ein kompletter Austausch der Leiterseile, ohne dass aber die Übertragungsleistung erhöht wird, ist keine Umbeseilung im Sinne einer Änderung oder Erweiterung einer Leitung gemäß § 3 Nr. 1, sondern eine Instandsetzung oder Reparatur einer Leitung mit bauähnlichen Bauteilen und Seilen, die dem aktuellen technischen Stand entsprechen.7 Relevante Fälle der Umbeseilung sind insbesondere neue Leitungen einer anderen Spannungsebene oder Hochtemperaturleiterseile.8 13 Hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale „erforderliche Erhöhung einzelner Masten“, „um bis zu 20 Prozent“ und „ohne wesentliche Änderungen des Fundaments“ sind die Regelungen der Zubeseilung und der Umbeseilung gleich. Daher wird diesbezüglich auf die Kommentierung der Zubeseilung verwiesen.
3. Nr. 1 c) Änderung des Betriebskonzepts 14 § 3 Nr. 1 c) definiert die Änderung des Betriebskonzepts. Eine solche liegt vor, wenn Maßnahmen, die unter Beibehaltung der Masten lediglich die Auslastung der Leitung anpassen und keine oder allenfalls geringfügige und punktuelle bauliche Änderungen erfordern, geschehen. Die Gesetzesbegründung fasst unter den Begriff der Änderung des Betriebskonzepts insbeson15 dere den Einsatz des witterungsabhängigen Freileitungsbetriebs bei Hoch- und Höchstspannungsleitungen.9 Dieser erfolgt durch die Installation von Temperaturmessgeräten und die höhere Auslastung bestimmter Leitungen bei günstigen Witterungsbedingungen (Freileitungsmonitoring). Dies dürfte der derzeit wichtigste Anwendungsfall der Änderung des Betriebskonzepts sein.10 Auch andere Änderungen des Betriebskonzepts sind denkbar, z. B. solche, die auf dem Einsatz intelligenter Mess- und Schaltstellen und sonstigen Betriebsmitteln beruhen.11 Da Änderungen des
7 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 8 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 9 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 10 So auch Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (196) mit Verweis auf BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 11 BT-Drucks. 19/7375, S. 67. Strothmann
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V. Nr. 4: Ersatzneubau
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Betriebskonzepts stetiger technologischer Entwicklung unterliegen, ist die Aufzählung als beispielhaft zu verstehen.12
III. Nr. 2: Bestandstrasse Unter „Bestandstrasse“ versteht der Gesetzgeber die Trasse einer bestehenden oder bereits zuge- 16 lassenen Hoch- oder Höchstspannungsleitung. Damit sind Trassen gemeint, auf denen entweder bereits eine Hoch- oder Höchstspannungsleitung errichtet wurde und betrieben wird oder Trassen, für die das Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren bzw. ein Anzeigeverfahren abgeschlossen ist und deren parzellenscharfer Verlauf damit feststeht.13 Die Legaldefinition steht damit in engem Zusammenhang mit der Legaldefinition der Trasse in § 3 Nr. 6. Der Begriff der Bestandstrasse ist wichtig, um die Begriffe des Ersatz- und Parallelneubaus (§ 3 Nrn. 4 und 5) und damit verbunden, auch den Verzicht auf die Bundesfachplanung in § 5a, beschreiben zu können. Wenn eine Leitung in engem Bezug zur Bestandstrasse verwirklicht werden soll, ist aufgrund der Realisierung in einem bereits umfänglich geprüften Trassenkorridor in der Regel kein gesondertes Verfahren zur Ermittlung eines raumverträglichen Trassenkorridors notwendig.14
IV. Nr. 3: Errichtung Die Errichtung wird legaldefiniert als Neubau einer Leitung einschließlich des Ersatz- und Paral- 17 lelneubaus. Die Definition der Nr. 3 nimmt mit der Erwähnung des Ersatz- und Parallelneubaus Bezug auf die Nrn. 4 und 5. Ein Ersatz- oder Parallelneubau fällt damit immer auch gleichzeitig unter den Begriff der Errichtung einer neuen Leitung, womit immer dann, wenn das NABEG etwas hinsichtlich der Errichtung einer Leitung regelt, dies auch für den Ersatz- oder Parallelneubau gilt. Solche Normen befinden sich in § 2 Abs. 1 (Anwendungsbereich), § 5 Abs. 5 (Gebot der Geradlinigkeit), § 5b Abs. 1 S. 1 (Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Bundesfachplanung), § 12 Abs. 2 Nr. 3 (Kennzeichnung in der Entscheidung, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet), § 18 Abs. 1 (Planfeststellungserfordernis), § 26 S. 1 (Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Planfeststellung) und § 28 S. 1 (Durchführung eines Raumordnungsverfahrens). Vom Begriff der Errichtung sind begrifflich ausgeschlossen Änderungen oder Erweiterungen einer Leitung nach Nummer 1 eischließlich bloßer Zu- oder Umbeseilungen.15 Keine Errichtung einer Leitung ist auch die Instandsetzung oder Reparatur einer Leitung mit bauähnlichen Bauteilen und Seilen, die dem aktuellen technischen Stand entsprechen.16
V. Nr. 4: Ersatzneubau Die Legaldefinition des Ersatzneubaus lautet wie folgt: Die Errichtung einer neuen Leitung in 18 oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung innerhalb von drei Jahren ersetzt wird; die Errichtung erfolgt in der Bestandstrasse, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente und bei Erdkabeln die Kabel in der Bestandstrasse befinden; die Errichtung
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BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 70 f. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Strothmann
§ 3 NABEG
VI. Nr. 5: Parallelneubau
erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird. 19 Ein Ersatzneubau ist begrifflich auch immer die Errichtung einer neuen Leitung, weshalb die unter § 3 Nr. 3 beschriebenen Folgen zu beachten sind (siehe Rn 18). Der Ersatzneubau in Nr. 4 und der Parallelneubau in Nr. 5 unterscheiden sich dadurch, dass im Falle des Ersatzbaubaus die Bestandsleitung ersetzt wird, während die Bestandstrasse im Falle des Parallelneubaus dauerhaft fortbestehen soll.17 Eine Bestandsleitung gilt dann als ersetzt, wenn die alte Trasse innerhalb von drei Jahren nach Inbetriebnahme der neuen Leitung zurückgebaut worden ist. Die Rückbauverpflichtung selbst wird im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Ersatzneubau und Parallelneubau ist die Prognose der Behörde zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung, ob ein Rückbau innerhalb von drei Jahren möglich ist und damit eine entsprechende Rückbauverpflichtung im Planfeststellungsbeschluss enthalten sein wird.18 In der Praxis zeigt sich, dass Ersatzneubauten oftmals aus technischen Gründen nicht in der Bestandstrasse realisiert werden können, da die Bestandsleitung zur Aufrechterhaltung des sicheren Netzbetriebs zunächst bis zur Fertigstellung der neuen Trasse in der Bestandstrasse fortbestehen muss, und erst im Anschluss zurückgebaut werden kann.19 Dementsprechend umfasst auch der Ersatzneubau die vorübergehende Errichtung unmittelbar neben der Bestandstrasse, wobei ein Abstand von 200 m zwischen den Trassenachsen nicht überschritten werden darf.20 Die Trassenachse ist ein planerisches Hilfsmittel und wird in dem Planfeststellungsbeschluss zeichnerisch dargestellt, um beispielsweise Kreuzungen mit anderen Infrastrukturen durch Winkelangaben beschreiben zu können.21 Der Ersatzneubau kennt zwei Alternativen: Die Errichtung einer neuen Leitung in einer 20 Bestandstrasse und die Errichtung einer neuen Leitung unmittelbar neben einer Bestandstrasse. Die Abgrenzungskriterien zwischen beiden Alternativen liefert die Legaldefinition ebenso: Innerhalb der Bestandstrasse erfolgt die Errichtung, wenn sich die Mastfundamente einer Freileitung oder die Kabel eines Erdkabelvorhabens in der Bestandstrasse befinden. Unmittelbar neben der Bestandstrasse erfolgt die Errichtung, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen der zu ersetzenden und der neu zu errichtenden Leitung nicht überschritten wird. § 5a Abs. 1 Nr. 2 sieht vor, dass bei einem Ersatzneubau einer Leitung auf die Durchführung 21 der Bundesfachplanung verzichtet werden soll. Im Falle eines Ersatz- oder Parallelneubaus sieht § 5a Abs. 2 S. 1 vor, dass auf die Durchführung der Bundesfachplanung verzichtet werden kann, wenn der Ersatz- oder Parallelneubau weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse erfolgt. Die Formulierung in § 5a Abs. 2 S. 1 modifiziert die Legaldefinition des § 3 Nr. 4, indem sie von einem Ersatz- oder Parallelneubau „weit überwiegend in oder unmittelbar neben“ einer Bestandstrasse spricht (siehe § 5a Rn 13 ff.).
VI. Nr. 5: Parallelneubau 22 Unter Parallelneubau versteht der Gesetzgeber die Errichtung einer neuen Leitung unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung fortbestehen soll; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen (vgl. auch Rn 20) nicht überschritten wird, Ein Parallelneubau ist begrifflich auch immer die Errichtung einer neuen Leitung, wes23 halb die unter § 3 Nr. 3 beschriebenen Folgen zu beachten sind (siehe Rn 18). 17 18 19 20 21
BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 68.
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VIII. Nr. 7: Trassenkorridore
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Im Fall eines Parallelneubaus soll die Bestandstrasse dauerhaft fortbestehen.22 Entscheidend 24 für die Abgrenzung zwischen Ersatzneubau und Parallelneubau ist die Prognose der Behörde zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung, ob ein Rückbau innerhalb von drei Jahren möglich ist und damit eine entsprechende Rückbauverpflichtung im Planfeststellungsbeschluss enthalten sein wird.23 Ist die alte Leitung nicht innerhalb von drei Jahren zurückzubauen, ist ein Parallelneubau begrifflich einschlägig. Zur Modifikation der Legaldefinition des Parallelneubaus im Kontext des Verzichts auf die 25 Bundesfachplanung gemäß § 5a Abs. 2 S. 1 („weit überwiegend in oder unmittelbar neben“) siehe § 5a Rn 11 (entsprechende Regelung beim Ersatzneubau).
VII. Nr. 6: Trasse Gemäß § 3 Nr. 6 ist die Trasse die von einem Leitungsvorhaben in Anspruch genommene oder 26 in ihrer sonstigen Nutzbarkeit beschränkte Fläche. Der Gesetzgeber hat intendiert, den Trassenbegriff lediglich für den Anwendungsbereich des NABEG festzulegen – andere Fachgesetze, die den Begriff verwenden, sollen von der Regelung unberührt bleiben.24 Die Trasse einer Energieleitung wird im Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfah- 27 ren von der zuständigen Behörde parzellenscharf festgelegt. Neben dem Leitungsverlauf werden beispielsweise auch Maststandorte einer Freileitung, Kabelabschnitts- oder Kabelübergangsstationen eines Erdkabels und sonstige Nebeneinrichtungen planfestgestellt (zur Planfeststellung einer Konverteranlage siehe § 3 Rn 39 und § 18 Rn 37). Erfasst sind nicht nur die überbauten oder überspannten Flächen, sondern auch jene Flä- 28 chen, die auf Grund der Stromleitung in ihrer sonstigen Nutzbarkeit beschränkt sind.25 Diese Fläche ist der sogenannte Schutzstreifen der Leitung, dessen Notwendigkeit sich aus technischen Normen heraus ergibt.26 Bei Freileitungen ist der Schutzstreifen insbesondere abhängig von den verwendeten Masttypen (Donaumast, Tonnenmast, Einebenenmast usw.), den konkreten Maststandorten, den Spannfeldlängen, der Leiterseilaufhängung und dem maximalen Leiterseilausschwung.27 Von dem Begriff der Trasse nicht umfasst sind außerhalb des Schutzstreifens liegende Flächen (z. B. Zuwegungen),28 aber auch z. B. Baustelleneinrichtungsflächen und der Arbeitsstreifen außerhalb des Schutzstreifens (siehe Rn 37).
VIII. Nr. 7: Trassenkorridore Nr. 7 definiert den Begriff der Trassenkorridore als die als Entscheidung der Bundesfachplanung 29 auszuweisenden Gebietsstreifen, innerhalb derer die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist. Das Finden und Ausweisen eines Trassenkorridors ist Ziel der Bundesfachplanung. Ein 30 Trassenkorridor übernimmt bei linienförmigen Maßnahmen die Anfangs- und Endpunkte aus dem Bundesbedarfsplan29 und beschreibt einen Gebietsstreifen für einen möglichen Trassenverlauf. Die Bundesfachplanung ist dabei nicht so genau, wie die spätere Planfeststellung für das konkrete Trassenbauwerk, ermöglicht aber die Identifikation und Bewertung von Nutzungs22 23 24 25 26 27 28 29 507
BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. § 12e EnWG Rn 28. Strothmann
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VIII. Nr. 7: Trassenkorridore
konflikten und Umweltauswirkungen. Der Trassenkorridor muss den ÜNB und der Genehmigungsbehörde bei der Feintrassierung in der Planfeststellung einen gewissen Spielraum einräumen, gleichzeitig muss der zentralen Anforderung der Bundesfachplanung gerecht werden, eine frühzeitige Prüfung von ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu gewährleisten. Die Darstellung muss also so gewählt sein, dass die Entscheidung zwischen alternativen Trassenkorridoren abwägungsfehlerfrei zu treffen ist. Dies hat auch Auswirkungen auf den Maßstab der Darstellung von Trassenkorridoren. Der Gesetzgeber beschreibt die Trassenkorridore als Flächenkorridor mit einer Breite von 500 Meter bis höchstens 1.000 Meter.30 Bei bestehenden Konfliktlagen muss ein hinreichender planerischer Spielraum für die die Feintrassierung in der Planfeststellung verbleiben.31 Dies bedeutet jedoch nicht, dass in enge Konfliktlage hineingeplant werden soll (siehe § 3 Rn 15). Dies kann im Einzelfall eine Aufweitung des Trassenkorridors über 1.000 Meter hinaus oder auch unter 500 Meter bedeuten.32 Die projektspezifische Breite des Trassenkorridors kann zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt unverändert bleiben, sie kann hingegen auch variieren. In beiden Fällen sind für die Analyse und den Vergleich der Korridore durch den ÜNB geeignete methodische Bewertungsansätze zu wählen. Bereits auf Bundesfachplanungsebene stellt sich in der Praxis die Frage, ob und inwieweit ein Trassenkorridor Leitungsprovisorien, Baustelleneinrichtungsflächen, Kabelabschnittsstationen und Kabelübergabestationen aufnehmen können muss. Innerhalb eines festgelegten Trassenkorridors gelegen sein müssen die Stromleitung selbst inklusive ihres Schutzstreifens. Dies wird klar durch die Legaldefinition der Trasse in § 3 Nr. 7. Ebenso müssen bei Erdkabelvorhaben die weiteren Teile der Leitung im Trassenkorridor gelegen sein, dies sind Kabelabschnittsstationen und Kabelübergabestationen als Übergang zwischen Erdkabel und Freileitung. Teilweise werden Kabelübergabestationen als notwendige Nebenanlagen eingestuft.33 Für eine Klassifizierung als Teil der Leitung spricht jedoch die Begriffsbestimmung der 26. BImSchVVwV. Dort wird unter 2.6 ein Erdkabel als „Gesamtheit einer Anlage zur unterirdischen Fortleitung von Elektrizität, bestehend aus […] einschließlich Nebenbauwerken wie zum Beispiel […] Kabelübergabeanlagen“ beschrieben. Die Verbindlichkeit des festgelegten Trassenkorridors bezieht sich auf die Trasse eines Stromleitungsvorhabens (vgl. § 3 Nr. 6), sie knüpft nicht an die Verwirklichung des Vorhabens (§ 5 Abs. 1 S. 2) an. Aus diesem Aspekt ist bezüglich mehrerer Sachverhalte festzustellen, dass sie nicht Teil der Trasse sind und damit im Regelfall nicht ausschließlich in einem festgelegten Trassenkorridor liegen müssen. Ein über den Schutzstreifen hinausgehender Arbeitsstreifen ist begrifflich nicht Teil der Trasse. Er kann jedenfalls teilweise außerhalb des festgelegten Trassenkorridors liegen. Weitere Baustellenflächen und Zuwegungen sind ebenfalls nicht Teil der Trasse, da sie lediglich an die Verwirklichung des Vorhabens anknüpfen. Dies stellt auch der Gesetzgeber für Flächen außerhalb der Schutzstreifens unter exemplarischer Nennung von Zuwegungen klar.34 Gleichwohl kann es auf Ebene der Bundesfachplanung im Einzelfall erforderlich sein, in sehr ausgeprägten Engstellen bereits über die Realisierungsmöglichkeit in der Bauphase Überlegungen anzustellen. Solche vertieften Untersuchungen sind jedoch nicht generell geboten – sie hängen vielmehr von der planerischen Risikoeinschätzung des Vorhabenträgers ab. Ein Freileitungsprovisorium ist ebenfalls kein Teil der Trasse. Es kann jedenfalls teilweise außerhalb des festgelegten Trassenkorridors liegen. Ein Freileitungsprovisorium ist ein nicht dauerhaftes Mastbauwerk, das beispielsweise bei einer Leitungsmitnahme im Sinne einer Bün30 31 32 33 34
BR-Drucks. 342/11, S. 37. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 3 Rn 5. Ebenso BK-EnR/Appel, NABEG, § 3 Rn 5. Schink/Versteyl/Dippel-Kümper, § 18 NABEG, Rn 12. BT-Drucks. 19/7375, S. 68.
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IX. Nr. 8: Vereinigungen
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delung einer neuen Leitung mit einer Bestandstrasse notwendig werden kann. Das Leitungsprovisorium nimmt die Leiterseile der Bestandsleitung während der Bauarbeiten auf. Das Provisorium wird nach Abschluss der Bauarbeiten außer Betrieb genommen und zurückgebaut. In der Praxis ist es häufig so, dass Provisorien wegen geringerer statischer Anforderungen (z. B. kurze Standzeit, kurze Spannfelder) nur geringe Bauhöhen aufweisen müssen und mobile Fundamente haben. Eine eingehendere Betrachtung des Provisoriums auf Bundesfachplanungsebene hin- 38 sichtlich der Verträglichkeit mit überwiegenden öffentlichen und privaten Belangen wird nur dann erfolgen können, wenn schon auf dieser Ebene im konkreten Einzelfall die technische oder rechtliche Realisierbarkeit des Provisoriums tiefergehend zu prüfen ist, um eine Ergebnisrelevanz im Sinne einer Alternativentscheidung abbilden zu können. Auf Ebene der Bundesfachplanung ist nicht generell gefordert, den konkreten Verlauf der später planfestzustellenden Leitung zu antizipieren – dies muss erst recht für ein Leitungsprovisorium gelten. Konverteranlagen sind nicht unmittelbar Gegenstand der Bundesfachplanung – dennoch 39 muss in einer Bundesfachplanungsentscheidung über eine Höchstspannungs-GleichstromÜbertragungsleitung eine Realisierungsprognose enthalten sein, da eine Gleichstromleitung anderenfalls nicht mit dem vorhandenen Drehstromnetz verbunden werden kann. Demnach muss im Rahmen der Bundesfachplanung gewährleistet werden, dass ein oder mehrere geeignete Konverterstandorte an das Trassenkorridornetz angebunden sind. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Konverterflächen vollständig in Trassenkorridoren befinden. Konverteranlagen werden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (§ 18 Abs. 2) oder in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren zugelassen.35 Zur notwendigen Breite eines Trassenkorridors von 500 m bis 1.000 m siehe § 4 Rn 16. 40
IX. Nr. 8: Vereinigungen Nr. 8 definiert den Begriff der Vereinigungen im Sinne des Gesetzes. Dieser wird im Beteiligungsverfahren in §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 6, 20 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 6 relevant. Durch den Verweis auf die Vorschrift des § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist gewährleistet, dass eine Beteiligung derjenigen Vereinigungen in der Bundesfachplanung und der Planfeststellung nach dem NABEG stattfindet, die in ihren satzungsgemäßen Zwecken berührt sind.36 § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes verlangt für die Einlegung von Rechtsbehelfen nach § 2 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eine Anerkennung bzw. nach § 2 Abs. 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zumindest eine beantragte Anerkennung in- und ausländischer Vereinigungen. Dies ist auf die Begriffsbestimmung im NABEG zu übertragen: die zuständigen Behörden müssen nur solche Vereinigungen berücksichtigen, die anerkannt sind oder (bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen) die Anerkennung beantragt haben. Die BNetzA ist allerdings nicht verpflichtet, die noch nicht anerkannten, aber auf Grund ihres gestellten Antrags auf Anerkennung beteiligungsberechtigten Vereinigungen aktiv zu ermitteln.37 Seit dem 1.3.2010 gelten dabei geänderte Zuständigkeiten für die Anerkennung von Umweltund Naturschutzvereinigungen: Das Umweltbundesamt ist zuständig für die Anerkennung in-
35 Dazu BK-EnR/Appel, NABEG, § 3 Rn 7 ff. 36 BR-Drucks. 342/11, S. 37; vgl. Theobald/Kühling/Wiesendahl, NABEG, § 3, Rn 7. 37 So auch de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Wiesendahl, NABEG, § 3 Rn 14. 509
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X. Nr. 9: Vorhabenträger
ländischer Vereinigungen mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, sowie für die Anerkennung ausländischer Vereinigungen. Die Landesbehörden sind zuständig für die Anerkennung inländischer Vereinigungen, deren Tätigkeitsbereich nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht. Praxistipp Eine Liste der vom Bund anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigungen ist auf der Internetseite des Umweltbundesamtes (www.umweltbundesamt.de) zu finden. Länderlisten müssen jeweils aktuell bei den für den Umweltschutz zuständigen Landesministerien bzw. Behörden erfragt werden. Kontakte finden sich am Ende der Liste des Umweltbundesamtes. Für Fragen und weitere Informationen, z. B. zu den satzungsmäßigen Zwecken der vom Bund anerkannten Umweltvereinigungen steht die „Anerkennungsstelle Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz“ im UBA unter – [email protected] – oder unter der Telefonnummer 0340/2103 2123 zur Verfügung. Postanschrift: Umweltbundesamt I 1.3 Anerkennungsstelle Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Postfach 1406 06813 Dessau-Roßlau
X. Nr. 9: Vorhabenträger 45 Nr. 9 definiert den Vorhabenträger im Sinne dieses Gesetzes. Das Bundesfachplanungsverfahren wie auch das Planfeststellungsverfahren sind Antragsverfahren. Antragsbefugt und nach § 11 EnWG sowie nach § 6 Abs. 1 S. 1 bzw. § 12 Abs. 2 S. 4 auch antragsverpflichtet ist der Betreiber von Übertragungsnetzen (vgl. auch § 3 Nr. 10 EnWG). 46 In Deutschland gibt es mehrere eigenständige Übertragungsnetzbetreibergesellschaften. Die ÜNB sind grds. zur Entwicklung ihres jeweiligen Energieversorgungsnetzes verpflichtet (§ 11 EnWG). Zur Erstellung des nationalen Netzentwicklungsplans trifft sie gem. § 12b Abs. 1 S. 1 EnWG eine besondere Kooperationspflicht. Die jeweiligen Netze sind mithin für einen nationalen bzw. europäischen Transportbedarf auszubauen, der sich aus der Umsetzung des Szenariorahmens nach § 12a EnWG und dem 10-Jahres-Netzentwicklungsplan (TYNDP) der ENTSO-E ergibt. In der Regel ergibt sich der ausbauverpflichtete Netzbetreiber unmittelbar aus dem Netzentwicklungsplan. Vereinbarungen zwischen den ÜNB über die sich aus der Regelzonenzuordnung ergebenden Investitionspflichten können dem NEP zugrunde liegen, sind aber auch daneben grundsätzlich möglich. Ein entsprechendes Regelungsbedürfnis kann beispielsweise eintreten, wenn durch Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes ein Netzverknüpfungspunkt (Anfangs- oder Endpunkt) in die Regelzone eines anderen ÜNB verschoben wird. Sollte eine Unklarheit entstehen oder verbleiben, kann eine Ausbaumaßnahme durch Bestimmung der BNetzA gem. § 12c Abs. 8 EnWG dem einzelnen Netzbetreiberunternehmen zugeordnet werden. Dieser ist dann auch der Vorhabenträger im Sinne von § 3 Abs. 3.38 Einen unwahrscheinlichen, aber möglichen Sonderfall stellt die Durchführung einer Aus47 baumaßnahme durch einen Dritten im Rahmen der Durchsetzungsnorm des § 65 Abs. 2a EnWG39 dar. § 65 Abs. 2a EnWG stellt eine Form der behördlichen Ersatzvornahme dar. Er sanktioniert die Situation, dass ein verpflichteter ÜNB nicht willens ist, seinen Ausbauverpflichtungen nachzukommen. Zur Durchsetzung des notwendigen Netzausbaus kann die Regulierungsbehörde dann im Wege eines Ausschreibungsverfahrens einen Dritten (Projektentwickler)
38 BR-Drucks. 342/11, S. 37. 39 Die Regelung beruht auf Art. 22 Abs. 7 der RL 2009/72/EG. Strothmann
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X. Nr. 9: Vorhabenträger
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finden, der die Investition durchführt. Weitere Einzelheiten des Verfahrens sind unklar. Da die Weigerung des Netzausbaus durch den verantwortlichen Netzbetreiber primär wirtschaftliche Gründe haben wird, sind mit dem Dritten insbesondere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Investition zu vereinbaren.
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§ 3a Zusammenarbeit von Bund und Ländern (1) Bund und Länder wirken zur Realisierung dieser Stromleitungen konstruktiv zusammen. (2) Zeichnet sich bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans ab, dass Ziele der Raumordnung die Bundesfachplanung oder die Planfeststellung berühren können, sollen im Raumordnungsplan Festlegungen getroffen werden, die sicherstellen, dass die Bundesfachplanung und die Planfeststellung nicht erschwert werden.
Übersicht I.
Übersicht und Entstehungsgeschichte
1
II.
Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens 4 (Abs. 1)
III.
Kein Erschweren der Bundesfachplanung und 12 der Planfeststellung (Abs. 2)
1. 2. 3. 4. 5.
Systematische Einordnung 13 14 Adressaten der Norm 18 Tatbestand 20 Rechtsfolge Wirkungen eines Verstoßes gegen die 23 Norm
I. Übersicht und Entstehungsgeschichte 1 § 3a ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus 2019 neu aufgenommen worden. Die Norm enthält in ihrem ersten Absatz eine Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Bundestreue, der von Bund und Ländern gegenseitige Rücksichtnahme und Verständigungsbereitschaft einfordert. Der Bund hat dabei die Länderinteressen gebührend zu berücksichtigen, während die Länder Planung, Genehmigung und Bau der Leitungen konstruktiv und sachlich begleiten müssen. Die amtliche Begründung führt hierzu aus: „Speziell zur Realisierung der Stromleitungen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein konstruktives Zusammenwirken verlangt. Der Bund hat dabei die Länderinteressen gebührend zu berücksichtigen, während die Länder Planung, Genehmigung und Bau der Leitungen konstruktiv und sachlich begleiten müssen“.1
2 Absatz 1 weist eine Parallele zu § 2 Abs. 2 BNatSchG auf, der die Behörden des Bundes und der Länder gemeinsam zur Unterstützung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege verpflichtet. Absatz 2 hingegen erfasst mit der Raumordnung und deren Auswirkungen auf die Bundesfachplanung und die Planfeststellung nach dem zweiten und dritten Abschnitt dieses Gesetzes ein konkretes potentielles Spannungsfeld im Kernbereich der Zulassungsverfahren. Ungeachtet der amtlichen Überschrift der Norm (Zusammenarbeit von Bund und Ländern) ist Absatz 2 nach seinem Wortlaut nicht auf Raumordnungspläne, die in der Zuständigkeit von Länderbehörden aufgestellt oder geändert werden, beschränkt, sondern kann auch Fälle der Raumordnung im Bund (§ 17 ROG) betreffen (siehe Rn 16). Im Gesetzgebungsverfahren war Abs. 2 umstritten. In der Stellungnahme des Bundesrats kritisierte dieser den mittlerweile Gesetz gewordenen Entwurf, er schränke die Planungshoheit der Länder und anderer Planungsträger unverhältnismäßig stark ein und es gebe kein Regelungserfordernis, da das ROG bereits geeignete und angemessene Reglungen zur effektiven Umsetzung des Netzausbaus bereithalte.2 Demgegenüber betonte die Bundesregierung, dass Erfordernisse der Raumordnung wichtige öffentli1 BT-Drucks. 19/7375, S. 68. 2 BR-Drucks. 11/19, S. 15 ff. Serong/Strothmann https://doi.org/10.1515/9783110670516-046
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II. Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Abs. 1)
NABEG § 3a
che Belange sind, denen in den Entscheidungen der Bundesnetzagentur entsprechend §§ 5 und 18 besonders Rechnung zu tragen ist, und dass § 3a insgesamt eine ausgewogene Regelung darstelle3. Dem ist – in der Gesamtschau mit §§ 5 Abs. 2, 18 Abs. 4 – zuzustimmen. Mit der neuen Regelung nimmt sich der Gesetzgeber Problemstellungen an, die in der bishe- 3 rigen Verwaltungspraxis durch Konflikte der Bundesfachplanung mit Zielen der Raumordnung entstanden waren.4 Insoweit sind die Regelungen in §§ 3a, 5 Abs. 2 und 18 Abs. 4 in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber aber auch die Notwendigkeit gesehen, in Absatz 1 die beteiligten Behörden in Bund und Ländern auf das Ziel einer im gesamtstaatlichen Interesse liegenden möglichst raschen Realisierung der diesem Gesetz unterfallenden Stromleitungen zu verpflichten. In den ersten Jahren der Anwendung des NABEG haben sich vereinzelt Risiken gezeigt, dass auf Grund lokaler Widerstände gegen ein Netzausbauvorhaben Länderbehörden unter einen gewissen Druck geraten können, die beschleunigte Realisierung des Vorhabens zu erschweren. Die Verpflichtung zur wechselseitigen Berücksichtigung von teilweise gegenläufigen Interessen liegt dabei schon von Beginn an der Konzeption des NABEG zu Grunde5, sie wird nicht erst durch § 3a konstituiert.
II. Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Abs. 1) In einem Bundesstaat sind der Bund und die Gliedstaaten, also die Länder, wechselseitig zu 4 vertrauensvoller Zusammenarbeit verpflichtet. Dies geht auf das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Bundesstaatsprinzip zurück. Der Verfassungsrechtssatz der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten begründet für sich allein noch keine unmittelbaren Pflichten des Bundes oder eines Landes, er kann hingegen dazu führen, dass Rechte oder Pflichten, die sich aus einem anderweitig begründeten gesetzlichen Rechtsverhältnis ergeben, moderiert, variiert oder ergänzt werden6. So kann dieser Verfassungsrechtssatz auch bei einem verwaltungsrechtlich begründeten Rechtsanspruch Berücksichtigung finden und in diesen hineinwirken. Vorliegend beeinflusst der Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens beispielsweise die sich aus dem NABEG sowie dem allgemeinen Verfahrensrecht ergebenden Beteiligungsrechte der Länder und ihrer Behörden. Umgekehrt gilt dies auch für die den Bund, also primär die Bundesnetzagentur treffenden Pflichten aus dem Verwaltungsverfahrensrecht. Auch bei der Ausübung von Gesetzgebungsbefugnissen ist der ungeschriebene Verfas- 5 sungsgrundsatz von der wechselseitigen Pflicht des Bundes und der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten zu beachten7. Das Bundesverfassungsgericht hat schon sehr früh entschieden: „Bleiben die Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung nicht auf den Raum des Landes begrenzt, so muss der Landesgesetzgeber Rücksicht auf die Interessen des Bundes und der übrigen Länder nehmen“.8 Bedeutung kann dies beispielsweise gewinnen, wenn der Landesgesetzgeber das Landesentwicklungsprogramm oder den Landesentwicklungsplan als formelles Gesetz erlässt.9 Enthält ein solcher Raumordnungsplan Festlegungen insbesondere in der Form von Zielen der Raumordnung, die die Realisierung eines Stromnetzausbauvorhabens erheblich erschweren (vgl. auch die Ausführungen zu Abs. 2), so kann dies dazu führen, dass die Planung des Verlaufs eines Trassenkorridors eher Räume in anderen Ländern in den Blick nimmt – die 3 BT-Drucks. 19/7914, S. 25. 4 Vgl. zu der bisherigen, durch die Neuregelung weitgehend überholten rechtswissenschaftlichen Diskussion beispielhaft: Schmidtchen, BayVBl. 2017, 361 ff; Weghake, DVBl. 2016, 271 ff; Kümper, NVwZ 2015, 1486 ff; Schaller/ Henrich, UPR 2014, 361 (364 ff); Appel, NVwZ 2013, 457 ff. 5 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (199). 6 BVerfGE 42, 117 f., E 13, 54, 5 f); Bauer, Die Bundestreue, S. 303 ff. 7 Bauer, Die Bundestreue, S. 328 ff. 8 BVerfGE 4, 115, 140, vgl. auch E 12, 205, 255. 9 Vgl. hierzu auch Bauer, Die Bundestreue, S. 350 m. w. N. 513
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II. Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Abs. 1)
Auswirkungen solcher Festlegungen bleiben also nicht auf den Raum des jeweiligen Landes begrenzt. Kritisch zu würdigen kann es auch sein, wenn ein Landesgesetz oder eine Landesverordnung aus naturschutzfachlichen Gründen ein Verbot der Errichtung baulicher Anlagen aufstellt und dabei zwar z. B. die Errichtung von Landesstraßen oder Maßnahmen zur Schaffung touristischer Infrastruktur ausgenommen sind, für die Errichtung von Höchstspannungsleitungen, deren vordringlicher Bedarf durch Bundesgesetz festgeschrieben ist, jedoch keine Ausnahme vorgesehen ist.10 Nach dem Vorgesagten knüpft der ungeschriebene verfassungsrechtliche Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens an die in § 3a Abs. 1 festgeschriebene Pflicht zu konstruktivem Zusammenwirken an. Besondere Bedeutung kommt hierbei § 1 Abs. 1 Satz 3 und § 1 Abs. 1 S. 2 BBPlG zu, die jeweils wortgleich festhalten, dass die Realisierung der dem NABEG unterfallenden Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse und im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegen. Diese besondere Wertigkeit rechtfertigt es auch, von den beteiligten Bundesund Länderbehörden die Einhaltung eines verfassungsrechtlich unterfütterten Gebots zu konstruktivem, bundesfreundlichen Verhalten zu verlangen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit muss im Rahmen der Grundsätze eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens erfolgen. Konstruktive Zusammenarbeit meint nicht, dass Bundesnetzagentur und Länderbehörden gemeinsam einen Trassenkorridor oder eine Trasse entwickeln oder abstimmen. Absatz 1 wirkt vielmehr in das aus den Rechten und Pflichten der Verfahrensbeteiligten bestehende Rechtsverhältnis der Bundesfachplanung bzw. der Planfeststellung hinein und ist bei der Ausübung dieser Rechte sowie bei der Erfüllung der Pflichten zu beachten. Ein positives Zusammenwirken der Beteiligten soll zu einem Ausgleich gegenläufiger Interessen führen. Konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass wenn die Länder Alternativvorschläge in das Verfahren einbringen (vgl. § 7 Abs. 3), dies in einer konstruktiven Weise erfolgen sollte. Dadurch wird der Prüfungsmaßstab in den Verfahren nicht modifiziert: Gegenstand der Prüfungen sind ernsthaft in Betracht kommende (vgl. § 5 Abs. 4 S. 1) Alternativen. Die Bundesnetzagentur ist aus § 3a nicht verpflichtet, Alternativvorschläge der Länder stets oder besonders wohlwollend zu prüfen.11 Umgekehrt werden auch die Vorschläge der Länder nicht daran gemessen, ob diese (inhaltlich) „konstruktiv“ sind – entscheidend ist allein, ob sie ernsthaft in Betracht kommen. In Einzelfällen ist allerdings vorstellbar, dass der Umfang eingebrachter Alternativvorschläge dem Maßstab konstruktiven Verhaltens nicht gerecht wird. Durch (ggf. wiederholtes) Einbringen sehr vieler räumlicher oder technischer Alternativvorschläge kann ein Verfahren zeitlich deutlich verlängert werden. Gleiches gilt für den Zeitpunkt, zu dem derartige Vorschläge eingebracht werden12. Das NABEG bietet in verschiedenen Stadien Beteiligungsmöglichkeiten für Länder und Träger öffentlicher Belange. Konstruktiv ist es in der Regel, wenn Alternativvorschläge so früh wie möglich eingebracht werden. Als Idealmaßstab sieht das Gesetz hierfür die Antragskonferenz vor (§ 7 Abs. 1 und Abs. 3 S. 2; § 20 Abs. 1). Entsprechendes gilt auch für weiteres inhaltliches Vorbringen in den Genehmigungsverfahren. Einer guten und beschleunigten Verfahrensdurchführung dient es, wenn entscheidungsrelevante Hinweise und Informationen so früh wie möglich vorgebracht werden. Eine noch zu klärende Frage wird sein, welche Folgen mit einem Verstoß gegen das Gebot konstruktiven Zusammenwirkens verbunden sein können. Eine unmittelbar an § 3a anknüpfende verfahrens10 Vgl. §§ 6, 8 des Thüringer Gesetzes über das Nationale Naturmonument „Grünes Band Thüringen“ vom 11.12.2018, GVBl. 2018, S. 605 ff, zuletzt geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 30.7.2019 (GVBl. 2019, S. 347). 11 BVerwG, NVwZ 2019, 1357, Beschl. v. 9.5.2019, 4 VR 1.19, Rn 24; de Witt/Scheuten/Durinke, NABEG, § 7 Rn 30. 12 Zwar gilt der Grundsatz der materiellen Präklusion nur noch sehr eingeschränkt; vgl. hierzu Rubel, DVBl. 2019, 600, 605 f; Kment, UPR 2016, 487 (490 f.); Schüren/Kramer, ZUR 2016, 400 ff. Der EuGH hat allerdings dem Gesetzgeber die Möglichkeit belassen, spezifische Verfahrensvorschriften vorsehen, nach denen ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist, vgl. EuGH, Urt. v. 20.10.2015, C 137/14, NJW 2015, 3495 ff; Urt. v. 20.12.2017, C 664/15, NVwZ 2018, 225 ff. Serong/Strothmann
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2. Adressaten der Norm
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rechtliche oder prozessrechtliche Regelung ist nicht ersichtlich. Verstößt die Bundesnetzagentur gegen Abs. 1, wird sich dies möglicher Weise in der Rechtmäßigkeit des Abwägungsvorgangs niederschlagen. Soweit eine landesgesetzliche Regelung in Rede steht, kann deren Verfassungskonformität mit Bezug auf den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens zu beurteilen sein. Die schwierige Frage nach der Folge des nicht den Anforderungen des Abs. 1 genügenden Verhaltens im Verwaltungsverfahren wird im Einzelfall zu betrachten sein. Denkbar erscheint eine Berücksichtigung eines Verstoßes gegen § 3a Abs. 1 sowohl beim Rechtsschutzbedürfnis im Kontext einer späteren Klage als auch im Rahmen eines einschränkenden Verständnisses einer materiellen Rechtsposition. Eine konstruktive Zusammenarbeit kann auch in einer Unterstützung durch Erstellung und 10 Abstimmung von fachlichen Standards und Methodenpapieren liegen. Da wo in den Ländern unterschiedliche untergesetzliche Regelwerke, Leitfäden oder ähnliche fachliche Standards existieren, kann dies bei länderübergreifenden Leitungsbauvorhaben die Planungen erschweren. Bund und Länder arbeiten in vielfältigen Bund-Länder-Arbeitsgruppen zusammen.13 Dort erfolgt heute bereits regelmäßig ein konkretes und konstruktives Zusammenarbeiten, als Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind zu nennen die „Handlungsempfehlungen für EMF- und Schallgutachten zu Hoch- und Höchstspannungstrassen“ des LAI.14 Konstruktives Zusammenwirken erfolgt nicht zuletzt auch über den Bundesfachplanungs- 11 beirat (§ 32). Dieser bietet einen geeigneten Rahmen für Informationsaustausch und Kooperation und unterstützt damit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Bund und Ländern.
III. Kein Erschweren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung (Abs. 2) Ausweislich der Gesetzesbegründung intendiert der Gesetzgeber mit Absatz 2 der Norm eine 12 Konkretisierung des in Absatz 1 formulierten Gebots konstruktiver Zusammenarbeit von Bund und Ländern.15 Mit der neuen Regelung nimmt sich der Gesetzgeber Problemstellungen an, die in der bisherigen Verwaltungspraxis durch Konflikte der Bundesfachplanung mit neuen Zielen der Raumordnung entstanden waren.
1. Systematische Einordnung Wie auch Absatz 1 der Regelung ist Absatz 2 letztlich Ausdruck des Verfassungsgrundsatzes des 13 bundesfreundlichen Verhaltens. Die Norm ist im Kontext mit § 5 Abs. 2, der die Prüfungsermächtigung für die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Übereinstimmung der Bundesfachplanung mit den Erfordernissen der Raumordnung enthält und mit § 18 Abs. 4, der die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung im Rahmen der Planfeststellung regelt, zu sehen.
2. Adressaten der Norm § 3a Abs. 2 richtet sich nicht an die Bundesnetzagentur, sondern an den Träger der Raumord- 14 nungsplanung. Der Gesetzgeber nennt in der Gesetzesbegründung explizit die Länder als Adressaten der Regelung: „Als Konkretisierung der konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und Ländern sollen Länder gemäß Absatz 2 bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Raumordnungsplänen, die die Bundesfachplanung oder Planfeststellung nach dem NABEG be-
13 Zum Beispiel in der LANA, LAWA, LABO, LAI usw. 14 https://www.lai-immissionsschutz.de/Veroeffentlichungen-67.html (zuletzt abgerufen am 21.7.2021). 15 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. 515
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§ 3a NABEG
III. Kein Erschweren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung (Abs. 2)
rühren können, Ausnahmen festlegen.“16 Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass nur die Länder Adressaten der Norm sind. Ansonsten würde sich die Norm direkt nur an die Länder mit den Planwerken der hochstufigen Raumordnungsplanung auf Landesebene (Landesentwicklungspläne) richten und nur indirekt an die Ebene der Regionalplanung. In der Praxis kommt im Rahmen der Konformitätsbewertung der Bundesfachplanung den Regionalplänen eine ungleich höhere Bedeutung zu. Nähme man an, nur die Länder seien Adressaten der Norm, so bestünde eine Pflicht der Träger der Regionalplanung aus § 3a Abs. 2 nur über das Gebot des § 13 Abs. 2 S. 1 ROG, Regionalpläne aus den Landesentwicklungsplänen zu entwickeln und dabei das Gebot der Bundestreue zu beachten. Eine solche Schwächung der Regelung kann nur schwerlich vom Gesetzgeber intendiert sein, da das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus gerade die Verfahrensbeschleunigung zum Ziel hat. Ebenso ist im Gesetzgebungsverfahren nicht nur von den Ländern als Adressaten die Rede, sondern von „den Ländern und den kommunalen Regionalplanungsträgern“.17 Adressat der Norm ist jeder Träger der Raumordnungsplanung i. S. d. Raumordnungs15 gesetzes. Dies sind die einzelnen Planungsträger der landesweiten Raumordnungspläne i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ROG sowie die einzelnen Planungsträger der Teilräume der Länder (Regionalpläne) i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ROG, die Planungsträger der Flächennutzungspläne der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 S. 2 ROG sowie die Planungsträger von regionalen Flächennutzungsplänen i. S. d. § 13 Abs. 4 ROG. Nicht zu den Adressaten der Norm gehören die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung gemäß den §§ 5 ff. BauGB für die Flächennutzungsplanung und den §§ 8 ff. für die Bebauungsplanung. Ebenso ist ausweislich der Regelung im ROG auf Bundesebene das Bundesministerium des 16 Innern, für Bau und Heimat Adressat der Norm, wenn es Raumordnungspläne für die ausschließliche Wirtschaftszone und für den Gesamtraum des Bundesgebiets. Dazu ist es in den Fällen des § 17 Abs. 1-3 ROG ermächtigt. Das Verhältnis zwischen Bundesfachplanung und Bauleitplanung als Teil der raumbe17 zogenen Gesamtplanung hat § 5 Abs. 3 S. 1 in der neuen Fassung klargestellt, nach dem städtebauliche Belange im Rahmen der Bundesfachplanung berücksichtigt werden müssen, d. h. im Rahmen der Entscheidung über die Bundesfachplanung gemäß § 12 der Abwägung zuzuführen sind. Insgesamt gesehen geht die Regelung des Abs. 2 hinsichtlich des Adressatenkreises daher deutlich über die Regelung des Abs. 1, in dem nur das Verhältnis des Bundes und der Länder untereinander angesprochen ist, hinaus.
3. Tatbestand 18 Wenn sich bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans abzeichnet, dass Ziele der Raumordnung die Bundesfachplanung oder die Planfeststellung berühren können, sollen im Raumordnungsplan Festlegungen getroffen werden, die sicherstellen, dass die Bundesfachplanung und die Planfeststellung nicht erschwert werden. Die Länder sollen ausweislich der Gesetzesbegründung gemäß Absatz 2 bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Raumordnungsplänen, die die Bundesfachplanung oder Planfeststellung nach dem NABEG berühren können, Ausnahmen festlegen.18 Die Ausnahmen müssen sicherstellen, dass die Planung und Realisierung der Stromleitungen nach dem NABEG nicht erschwert werden.19 Auf der Tatbestandsseite sind die unbestimmten Rechtsbegriffe des „Sich-Abzeichnens“ 19 und des „Berührens“ zu klären. Im Kontext gesehen spricht das Berühren jegliche Form eines mehr oder weniger starken Konflikts der Bundesfachplanung oder der Planfeststellung mit ei16 17 18 19
BT-Drucks. 19/7375, S. 68. Beispielsweise BR-Drucks. 11/19, S. 15. BT-Drucks. 19/7375, S. 68. BT-Drucks. 19/7375, S. 68.
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5. Wirkungen eines Verstoßes gegen die Norm
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nem Ziel der Raumordnung an. Ein solcher Konflikt zeichnet sich im Sinne der Norm ab, wenn der Plangeber während seiner Tätigkeit im Rahmen der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans Kenntnis davon erlangt, dass bei der Schaffung neuer oder der Änderung bzw. Ergänzung bestehender Ziele der Raumordnung mit einer Bundesfachplanung oder einer Planfeststellung konfligieren können. Dabei ist nicht darauf abzustellen, ob die betreffende Bundesfachplanung oder Planfeststellung bereits abgeschlossen ist, sondern es sind auch solche Bundesfachplanungen und Planfeststellungen vom Tatbestand umfasst, die sich zwischen Beantragung und Entscheidung bzw. Beschluss befinden. Als tatbestandliche Handlung ist beispielsweise eine Festlegung von Mindestabständen zu Siedlungen als Ziel der Raumordnung denkbar.
4. Rechtsfolge Auf der Rechtsfolgenseite ist zunächst zu bemerken, dass § 3a Abs. 2 als Soll-Vorschrift ausge- 20 staltet ist. Damit sind die Normadressaten im Regelfall verpflichtet, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung Festlegungen zu treffen, die sicherstellen, dass die Bundesfachplanung und die Planfeststellung nicht erschwert werden. Die Formulierung „soll“ drückt aus, dass von den Normadressaten bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein Tätigwerden im Sinne einer gebundenen Entscheidung gefordert ist. Im Regelfall besteht daher eine Handlungspflicht; Ausnahmen von dieser Regel sind in atypischen Sonderfällen anerkannt.20 Das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls kann stets nur ein Einzelfall sein, der wegen der nun prominenten Aufnahme des § 3a und der damit verbundenen einfachgesetzlichen Ausformung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Bundestreue einer konkreten Begründungspflicht unterliegen dürfte. Eine taugliche Festlegung hingegen kann beispielsweise ein Grundsatz der Raumordnung oder eine Festlegung von Ausnahmen gemäß § 6 Abs. 1 ROG sein. Entscheidend ist ausweislich der Gesetzesbegründung, dass die Bundesfachplanung und 21 die Planfeststellung nicht erschwert werden. Vor dem Hintergrund, dass die Norm des § 3a als Ausdruck des verfassungsmäßigen Prinzips des bundesfreundlichen Verhaltens zu qualifizieren ist, dass der Gesetzgeber hier keine Erheblichkeitsschwelle formuliert oder weitere messbare Voraussetzungen hinzugefügt hat, spricht einiges dafür, den unbestimmten Rechtsbegriff „Erschweren“ weit zu fassen. Daher ist bereits dann von einem Erschweren der Bundesfachplanung oder Planfeststellung 22 auszugehen, wenn in einem laufenden Verfahren Unterlagen neu erstellt, ergänzt oder geändert werden müssten, Verfahrensschritte wiederholt werden müssten oder es z. B. durch Abstimmungen zwischen Vorhabenträger, Bundesnetzagentur und Plangeber zu zeitlichen Verzögerungen im Verfahren kommen würde. Ein Erschweren ist nicht erst dann zu bejahen, wenn beispielsweise eine Trassenkorridor- oder Trassenalternative im laufenden Verfahren wegen Nichtkonformität mit entgegenstehenden Zielen der Raumordnung nicht weiterverfolgt werden könnte. Ein Erschweren kann unabhängig davon vorliegen, ob durch das Ausweisen eines Ziels der Raumordnung ein Vorschlagstrassenkorridor oder eine Trassenkorridoralternative berührt wird – eine Alternative genießt hier keinen geringeren Schutz.
5. Wirkungen eines Verstoßes gegen die Norm § 3a Abs. 2 enthält keine direkte Sanktionierung bei Verstoß gegen die Vorschrift. Dennoch 23 wird ein nachweislicher Verstoß gegen die Norm in aller Regel dazu führen, dass in diesem Wissen abgewogene Ziele der Raumordnung abwägungsfehlerhaft zustande gekommen sind. Im Streitfall wird es bei der im Einzelfall auch bereits praktizierten sogenannten Widerspruchslö20 Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn 11. 517
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§ 3a NABEG
III. Kein Erschweren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung (Abs. 2)
sung bleiben, wonach die Bundesnetzagentur gegenüber raumordnerischen Vorgaben der Landesplanung ihren Widerspruch nach § 5 ROG erklärt und sich damit aus der Bindung an die Vorgabe löst.21 Schließlich ist aus der Norm auch ein Appell an die Bundesnetzagentur und an die Träger der Raumordnungsplanung abzuleiten, sich gegenseitig über die jeweiligen Planungen zu informieren. Dafür liegt mit dem Bundesfachplanungsbeirat gemäß § 32 ein geeignetes Forum vor (vgl. § 32 Rn 8 ff.).
21 Franke/Karrenstein EnWZ 2019, 195 (199). Serong/Strothmann
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Abschnitt 2 Bundesfachplanung § 4 Zweck der Bundesfachplanung Für die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Absatz 4 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes als länderübergreifend oder grenzüberschreitend oder als Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen werden durch die Bundesfachplanung Trassenkorridore bestimmt. Diese sind die Grundlage für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren.
Übersicht I.
Allgemeines
II.
Zweck der Bundesfachplanung
III.
Bestimmung von Trassenkorridoren für die Plan10 feststellungsverfahren 11 Zum Begriff des Trassenkorridors
1.
1 5 2. 3. 4.
12 a) Energierecht 13 b) Bundesfernstraßenrecht 14 c) Raumordnungsrecht 15 Legaldefinition in § 3 Nr. 7 16 Breite eines Trassenkorridors 20 Strukturelle Maßgaben
I. Allgemeines Die Regelung des § 4 ist von der NABEG-Novelle durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus unberührt geblieben. § 4 leitet die Vorschriften über die Bundesfachplanung ein. Er legt den Zweck der Bundesfachplanung fest und stellt klar, dass die Bestimmung der Trassenkorridore für Höchstspannungsleitungen über die Grenzen des Bundesgebietes und über Ländergrenzen hinaus sowie für Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land im Wege der Bundesfachplanung zu treffen ist. Die betroffenen Vorhaben und damit der sachliche Anwendungsbereich werden durch Gesetz eindeutig bestimmt. Dieses Gesetz ist die Entscheidung des Bundesgesetzgebers über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG. Als Verfahrensarten kommen im NABEG das Regelverfahren gemäß § 5, der Verzicht auf die Bundesfachplanung gemäß § 5a sowie das vereinfachte Verfahren gemäß § 11 in Betracht. Dabei ist zu beachten, dass der Verzicht auf Bundesfachplanung gemäß § 5a nur dann in Betracht kommen kann, wenn ein Vorhaben bundesfachplanungspflichtig ist. Dementsprechend kann nach geltender Rechtslage beispielsweise bei der Planung einer Offshore-Anbindungsleitung in Parallelführung mit einem Trassenkorridor eines bundesfachplanungspflichtigen Vorhabens keine Planfeststellung von Leerrohren verbunden mit dem Verzicht auf die Bundesfachplanung für die Offshore-Anbindungsleitung erfolgen. Derzeit besteht für keine Offshore-Anbindungsleitung eine „C“-Kennzeichnung in der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz. Nur eine Offshore-Anbindungsleitung mit einer „C“-Kennzeichnung unterfällt gemäß § 2 Abs. 3 BBPlG i. V. m. § 2Abs. 1 dem Anwendungsbereich des NABEG und damit einer möglichen Bundesfachplanungspflichtigkeit bzw. einem möglichen Verzicht darauf. § 28 stellt klar, dass ein Raumordnungsverfahren für solche Trassen(korridore) nicht mehr erforderlich ist. Die Bundesfachplanung ist nach S. 2 Grundlage, nach § 15 verbindlich für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren.
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§ 4 NABEG
II. Zweck der Bundesfachplanung
II. Zweck der Bundesfachplanung 5 § 4 S. 1 definiert die Bundesfachplanung als Bindeglied zwischen den Verfahrensschritten zur Feststellung des energiewirtschaftlichen Bedarfs der im Bundesbedarfsplan aufgenommenen Höchstspannungsleitungen und der Planfeststellung. Die Norm drückt damit die Zweistufigkeit des Zulassungsverfahrens aus. In der Zusammenschau mit § 15 Abs. 1 S. 1 gesehen dient die Bundesfachplanung nicht allein der Komplexitätsreduktion in der räumlichen Planung (wie z. B. bei Linienbestimmungsverfahren oder Raumordnungsverfahren), sondern die Entscheidung über die Bundesfachplanung gemäß § 12 ist für die Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff verbindlich.1 Die Bundesfachplanung entlastet die Planfeststellung von der Prüfung der Vereinbarkeit der Leitung mit den Erfordernissen der Raumordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG. Die Bundesfachplanung geht mit der strikten Bindungswirkung des § 15 Abs. 1 S. 1 in Richtung Planfeststellung in einem wesentlichen Punkt über die Wirkung einer Linienbestimmung oder eines Raumordnungsverfahrens hinaus.2 Dadurch, dass in dem zweistufigen Zulassungsverfahren auch schon die grobplanerische Ebene der Bundesfachplanung beispielsweise hinsichtlich der Erfordernisse der Raumordnung materiell-rechtliche Wirkung entfaltet, muss sich die Planfeststellung räumlich innerhalb des durch die Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridors bewegen. 6 Diese strikte Bindungswirkung hat Konsequenzen: Ohne eine Entscheidung über die Bundesfachplanung, die materiell-rechtliche Teilvoraussetzungen der Vorhabenzulassung abschließend regelt, ist ein Antrag auf Planfeststellung unzulässig.3 Auch die Grundkonzeption des NABEG, die eine Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für die Bundesfachplanung und eine Zuständigkeit der Länder für die Planfeststellung vorsieht,4 spricht dafür, dass die Bundesfachplanung vor der Beantragung der Planfeststellung abgeschlossen sein muss. Erst, wenn für ein bundesfachplanungspflichtiges Vorhaben die Entscheidung über die Bundesfachplanung getroffen wurde, kann der nächste Verfahrensschritt begonnen werden. Ebenso ist eine Planfeststellung räumlich außerhalb eines Trassenkorridors unzulässig. Es gilt also sowohl eine zeitliche als auch eine räumliche Restriktion. Wenn von dem festgelegten Trassenkorridor während der Planfeststellung abgewichen werden soll, weil etwa neuere Erkenntnisse in der fortschreitenden Planung zu einer fehlenden Genehmigungsfähigkeit führen, ist die Bundesfachplanung diesbezüglich zu wiederholen. In Frage kommt hierzu auch das vereinfachte Verfahren in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, wenn eine Strategische Umweltprüfung nach § 37 S. 1 UVPG nicht erforderlich ist und die Ausbaumaßnahme verwirklicht werden kann, wenn der hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor nur geringfügig geändert wird. Ebenso kommt eine mögliche Prüfung in Frage kommender Alternativen außerhalb des festgelegten Trassenkorridors bei der Einbeziehung von Leerrohren nach § 18 Abs. 3 und von Erdkabeln nach § 26 Satz 2 in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3a vorliegen (siehe § 18 Rn 62). 7 Die Zuerkennung einer materiell-rechtlichen Qualität der Bundesfachplanungsentscheidung führt jedoch nicht dazu, dass der Entscheidung nach § 12 eine Qualität als Verwaltungsakt zuerkannt werden kann (siehe § 15 Rn 27). Ihr wird explizit in § 12 Abs. 3 S. 1 die unmittelbare Außenwirkung abgesprochen,5 was die Intention des Gesetzgebers, mit der Bundesfachplanung die Planfeststellung im Binnenverhältnis des zweistufigen Zulassungsverfahrens hinsichtlich ihrer Komplexität zu entlasten, spiegelt. Gleiches gilt für die Rechtsschutzkonzentration in § 15 Abs. 3 S. 2.
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Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 5. Dazu auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 5. Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 5. Siehe aber die Übertragung der Zuständigkeit für die Planfeststellung auf die Bundesnetzagentur durch § 2 Abs. 2 NABEG i. V.m § 1 PlfZV. 5 Vgl. Rubel, JM 2018, 329 (333). Strothmann
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1. Zum Begriff des Trassenkorridors
NABEG § 4
Die Bundesnetzagentur hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 zu prüfen, ob der Verwirklichung des Lei- 8 tungsvorhabens in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Damit wird der in der Bundesfachplanung abzuarbeitende Prüfungskatalog genannt und der Verweis des § 4 S. 2 in die Planfeststellung konkretisiert. Zu beantworten ist vor dem Hintergrund einerseits der Bindungswirkung der Bundesfach- 9 planung und andererseits der Zweistufigkeit des Zulassungsverfahrens, welche Qualität ein Trassenkorridor haben muss. Im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung wird häufig das Argument vorgetragen, dass die Bundesfachplanung dazu dienen müsse, den beispielsweise aus Aspekten der Raum- und Umweltverträglichkeit am besten geeigneten Trassenkorridor zu finden. Dazu wird unter anderem eine Fundstelle in der Gesetzesbegründung6 genannt, in der es heißt: „Aufnahme in den Bundesnetzplan findet der Trassenkorridor, der die wenigsten Konflikte in Hinblick auf die Raum- und Umweltverträglichkeit aufwirft.“ Die Fundstelle ist in der Gesetzesbegründung zu § 12 verortet. Die Entscheidung beinhaltet nach § 12 Abs. 2 zusammengefasst unter anderem die Feststellung eines raumverträglichen Korridors samt einer Bewertung der erwarteten Umweltauswirkungen. Dieses Ergebnis der Bundesfachplanung wurde durch den Prüfprozess der Bundesfachplanung ermittelt. Maßstäbe dieses Prüfprozesses sind jedoch nicht nur die Raum- und Umweltverträglichkeit, sondern auch das Entgegenstehen überwiegender öffentlicher oder privater Belange (§ 5 Abs. 1 S. 2). Am Ende des Prozesses der Bundesfachplanung, und damit nach der Prüfung öffentlicher und privater Belange sowie der Raum- und Umweltverträglichkeit stehen der Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors, eine Bewertung der zu erwartenden Umweltauswirkungen und das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren als Ergebnis der Bundesfachplanung bereit. Betrachtet man Sinn und Zweck der §§ 5 und 12, so kann im Ergebnis kein Erfordernis der Findung des aus der Perspektive der Raum- und Umweltverträglichkeit am besten geeigneten Trassenkorridors abgeleitet werden. Ansonsten würde durch die Priorisierung der Raum- und Umweltverträglichkeit keine Prüfung der überwiegenden sonstigen öffentlichen und privaten Belange auf gleichem Niveau stattfinden können. Hier geht die Gesetzesbegründung eindeutig über den Wortlaut des Gesetzes hinweg – in der Konsequenz müsste von einer Abwertung der aller sonstigen überwiegenden öffentlichen und privaten Belange ausgegangen werden. Demnach ist festzustellen, dass es keine Pflicht der Bundesnetzagentur geben kann, einen aus Raum- und Umweltverträglichkeitsgesichtspunkten günstigsten Trassenkorridor festzulegen. Die genannte Formulierung in der Gesetzesbegründung geht an dieser Stelle fehl.
III. Bestimmung von Trassenkorridoren für die Planfeststellungsverfahren § 4 S. 2 bestimmt, dass Trassenkorridore die Grundlage für die nachfolgenden Planfeststellungs- 10 verfahren sind.
1. Zum Begriff des Trassenkorridors Der Begriff des Trassenkorridors findet sich in mehreren Fachgesetzen. Anknüpfungspunkte für 11 das Begriffsverständnis finden sich im:
a) Energierecht. Das Energierecht kennt den Begriff der Trasse bzw. des Trassenkorridors in 12 § 17a S. 1 Nr. 2, 5 und 6 EnWG (Bundesfachplan Offshore), § 43h S. 1 EnWG (Erdkabelpflicht für 110 kV-Leitungen auf neuen Trassen), in § 23 Abs. 1 Nr. 6 ARegV (Erdkabel auf neuen Trassen), in § 5 Abs. 4 S. 1 StromNEV (Ausgleichszahlungen an Kommunen für Freileitungen auf neuen 6 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 521
Strothmann
§ 4 NABEG
III. Bestimmung von Trassenkorridoren für die Planfeststellungsverfahren
Trassen) sowie im KWKG (§ 2 Nr. 29 KWKG als Legaldefinition für Anlagen zum Wärmetransport). In allen Fällen, in denen der Begriff der Trasse verwendet wird, ist jeweils der konkrete, parzellenscharfe Verlauf des Leitungsbauwerks (einschließlich des Schutzstreifens) gemeint. Die gleiche Abgrenzung zwischen Trassenkorridor und Trasse als konkretem Bauwerk liegt dem NABEG zu Grunde.
13 b) Bundesfernstraßenrecht. § 16 Abs. 1 FStrG kennt den Begriff der Linienführung und die Linienbestimmung durch das Fernstraßen-Bundesamt. Diese wird auch als „Trassenentscheidung“ bezeichnet.7 Die Linienbestimmung ist eine Entscheidung der Fachplanung und muss die Ergebnisse vorliegender Raumordnungsverfahren berücksichtigen.8 Sie ist nicht parzellenscharf und wird in der Regel im Maßstab 1:25.000 dargestellt.9 Die bestimmte Linie entfaltet Bindungswirkung nur im Innenverhältnis gegenüber der Planfeststellungsbehörde. Diese materiellen Ausgestaltungen und Wirkungen legen einen Vergleich des Linienbestimmungsrechts nach FStrG und den Trassenkorridoren der Bundesfachplanung nach NABEG durchaus nahe. Ein zentraler Unterschied liegt in der Stellung der Linienbestimmung im Verfahren der Verkehrswegeplanung. Die Linienbestimmung ist systematisch Teil der Bedarfsfeststellung auf Ebene der Einzelpläne als Anhang der sektorspezifischen Ausbaugesetze (z. B. Fernstraßenausbaugesetz). Die Bedarfsfeststellung im Energierecht findet auf Ebene des Bundesbedarfsplans im EnWG statt – die Bundesfachplanung konkretisiert die notwendigen Trassenkorridore räumlich.
14 c) Raumordnungsrecht. Das Raumordnungsrecht verwendet in § 8 Abs. 5 Nr. 3 ROG (Landesweite Raumordnungspläne, Regionalpläne und regionale Flächennutzungspläne) den Begriff der „Trasse für Infrastruktur“ in dem Sinne, der der raumordnerischen Grobstrukturierung von raumbedeutsamen Planungen entspricht. Der Begriff der Trasse im ROG entspricht daher dem Trassenkorridor im Sinne des NABEG.
2. Legaldefinition in § 3 Nr. 7 15 Durch die gesetzliche Bedarfsfeststellung im Bundesbedarfsplangesetz (energiewirtschaftliche Notwendigkeit und vordringlicher Bedarf, § 1 Abs. 1 S. 1 BBPlG) ist die Bundesfachplanung mit der Aufgabe betraut, für eine Transportaufgabe zwischen zwei Netzverknüpfungspunkten eine räumliche Verbindung durch Trassenkorridore zu suchen. Ein Trassenkorridor ist gemäß § 3 Nr. 7 ein als Entscheidung der Bundesfachplanung auszuweisender Gebietsstreifen, innerhalb dessen die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist (siehe § 3 Rn 29 ff).
3. Breite eines Trassenkorridors 16 Die Breite eines Trassenkorridors ist nicht gesetzlich festgelegt. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum NABEG beschreibt ein Trassenkorridor nicht eine genaue Linienführung, sondern umfasst einen darüber hinausgehenden Flächenkorridor, der bei der Feintrassierung in der Planfeststellung einen gewissen Spielraum lässt.10 Da auf diese Weise besonderen Anforde7 Vgl. Steinberg, NVwZ 1983, 209. 8 Vgl. Marschall/Ronellenfitsch, § 16 Rn 55; Sauthoff/Witting, in Müller/Schulz, FStrG, § 16 Rn 27. 9 Marschall/Ronellenfitsch, § 16 Rn 50; Sauthoff/Witting, in Müller/Schulz, FStrG, § 16 Rn 20; Hinweise des BMVI zu § 16 FStrG im Allgemeinen Rundschreiben 13/1996 vom 15.4.1996 in: VkBl 1996, 222.
10 BT-Drucks. 17/6073, S. 23. Strothmann
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4. Strukturelle Maßgaben
NABEG § 4
rungen des Einzelfalls besser Rechnung getragen werden kann, sollten Trassenkorridore Breiten von 500 m bis höchstens 1.000 m aufweisen.11 Bei bestehenden Konfliktlagen kann der Trassenkorridor verändert werden.12 Mit dieser wichtigen Auslegungshilfe hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass Trassenkorridore zwar nicht stets starr 500 m bis 1.000 m breit sein müssen – vielmehr hat er in der Gesetzesbegründung eine „soll“-Formulierung gewählt, nur ein „höchstens 1.000 m“ und kein „mindestens 500 m“ verwendet. Die angegebenen Werte sollen als Richtschnur für die Trassenkorridorbreite fungieren.13 Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass ein Trassenkorridor beispielsweise nur in deutlich geringerer Breite (beispielsweise 100 m) festgelegt werden könnte, um z. B. bereits auf Bundesfachplanungsebene eine feintrassiererische, planfeststellungsreife Bündelung mit einer anderen linienhaften Infrastruktur zu untersuchen.14 In systematischer Hinsicht geht das Gesetz davon aus, dass mit der Bundesfachplanung 17 zunächst eine grobe, flächenbezogene Planung erfolgt, die auch mit prognostischen Planungswerkzeugen (wie z. B. der sogenannten „Worst-Case-Analyse“ hinsichtlich des Vorliegens zulassungsrelevanter Tatsachen) arbeiten kann. Aus Gründen der Planungseffizienz und auch zur Operationalisierung der Konfliktbewältigung im Gesamtzulassungsverfahren ist es sinnvoll, einen Trassenkorridor so breit festzulegen, dass auf der nachfolgenden Planungsebene nicht nur eine einzige Möglichkeit zur Feintrassierung besteht. Erst danach erfolgt in der Planfeststellung eine parzellenscharfe Festlegung einer Leitungstrasse.15 Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck kommt zu keinem anderen Ergebnis. Die Mög- 18 lichkeit, dass „bei bestehenden Konfliktlagen der Trassenkorridor geändert werden“16 können soll, beschreibt lediglich die Flexibilität der Bundesfachplanung, die Gebietsstreifen von 500 m bis höchstens 1.000 m Breite festlegen soll, ohne starr an diese Werte gebunden zu sein. Diese Flexibilität ist jedoch überschritten, sobald die Planung für einen Trassenkorridor nicht mehr die gesetzgeberisch intendierten, wesentlichen Unterschiede zu einer Trassenplanung auf Planfeststellungsebene aufweist.17 Ansonsten verkäme die Planfeststellung zu einer reinen Detail- und Ausführungsplanung.18 Aus planungspraktischer Sicht ist es zielführend, vergleichbar breite Trassenkorridore ins 19 Verfahren einzubringen, damit sie auch hinsichtlich der Bewertung der Umweltauswirkungen, der raumordnerischen Konformität und hinsichtlich der Prüfung des Entgegenstehens überwiegender sonstiger öffentlicher und privater Belange verglichen werden können. Trassenkorridore müssen jedoch nicht überall die gleiche Breite aufweisen – die Festlegung der Breite eines Trassenkorridors liegt im Ermessen der Bundesnetzagentur.19
4. Strukturelle Maßgaben Die im gesamten Zulassungsverfahren zu prüfenden Inhalte sind wegen der gesetzlich angeleg- 20 ten Mehrstufigkeit auf die Bundesfachplanung und die Planfeststellung zu verteilen. Die Prüfung der raumordnerischen Verträglichkeit erfolgt primär auf Ebene der Bundesfachplanung (§ 5 Abs. 2) – die Entscheidung über die Bundesfachplanung legt gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ei11 12 13 14 15 16 17
BT-Drucks. 17/6073, S. 23. BT-Drucks. 17/6073, S. 23. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 13. A. A. de Witt/Scheuten/de Witt, § 4 NABEG, Rn 54. I. E. auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 11. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 23. A. A. de Witt/Scheuten/de Witt, NABEG, § 4 Rn 34, der unter Beschleunigungsaspekten für möglichst enge Trassenkorridore plädiert. 18 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 13 m. w. N. 19 Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 4 NABEG, Rn 13. 523
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§ 4 NABEG
III. Bestimmung von Trassenkorridoren für die Planfeststellungsverfahren
nen raumverträglichen Trassenkorridor fest.20 Die übrigen zu prüfenden Materien (überwiegende öffentliche oder private Belange, § 5 Abs. 1 S. 2, § 18 Abs. 4 S. 1) werden jedoch nicht exklusiv einer Planungsebene zugewiesen, sondern ebenenspezifisch auf beiden räumlichen Planungsstufen behandelt. Die Höchstspannungsleitung mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt wird erst in der Planfeststellung beurteilt; in der Bundesfachplanung wird der Trassenkorridor auf seine Eignung hin überprüft.21 Daraus resultiert, dass auf der groberen Planungsstufe der Bundesfachplanung mit prog21 nostischen Methoden gearbeitet werden darf, z. B. „Worst-Case-Analysen“ oder mit einer potenziellen Trassenachse, die auf eine mögliche Trassenführung vorausschaut und so in planerischen Engstellen die Durchlässigkeit eines Trassenkorridors abbilden kann.22 Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem antragstellenden Vorhabenträger hinsichtlich der Methode der Auswahl von Trassenkorridoren einschließlich der Alternativenprüfung im Rahmen der Antragstellung nach § 6 und der Erstellung der ergänzenden Unterlagen nach § 8 eine Methodenhoheit und auch Methodenfreiheit zukommt.23 Die Bundesnetzagentur ist aufgrund ihrer Ergebnisverantwortlichkeit gleichwohl verpflichtet, die Richtigkeit der Ergebnisse zu kontrollieren.24 Dazu gehört auch die Prüfung, ob die von dem antragstellenden Übertragungsnetzbetreiber herangezogenen Methoden fachlich nicht zu beanstanden sind.25 22 Aus der zweistufigen räumlichen Planungskonzeption folgt auch, dass im Rahmen der Bundesfachplanung Trassenkorridoralternativen abgeschichtet werden können, wenn sie aufgrund fortschreitender Planungsergebnisse nicht weiter verfolgt werden.26 Mit der Entscheidung über die Bundesfachplanung werden großräumige Trassenkorridoralternativen ausgeschieden – damit ist sie Grundlage für die Planfeststellung, in der eine vom Vorhabenträger vorzuschlagende Trasse und kleinräumige Trassenalternativen – die sich innerhalb des Trassenkorridors bewegen müssen – geprüft werden.
20 Zur Behandlung der Raumordnung im Rahmen der Planfeststellung siehe § 18 Rn 70 ff. 21 De Witt/Scheuten/de Witt, NABEG, § 4 Rn 49. 22 A. A. offenbar de Witt/Scheuten/de Witt, NABEG, § 4 Rn 50 am Beispiel der Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung. 23 Vgl. Knauff, EnWZ 2019, 51 (56); vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21.1.2016 – Az. 4 A 5.14, Rn 70, („Uckermarkleitung“). 24 Knauff, EnWZ 2019, 51 (56). 25 Knauff, EnWZ 2019, 51 (56). 26 Dazu im Detail Hagenberg, UPR 2015, 442 ff. Strothmann
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§ 5 Inhalt der Bundesfachplanung (1) Die Bundesnetzagentur bestimmt in der Bundesfachplanung zur Erfüllung der in § 1 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke Trassenkorridore von im Bundesbedarfsplan aufgeführten Höchstspannungsleitungen. Die Bundesnetzagentur prüft, ob der Verwirklichung des Vorhabens in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. (2) Die Bundesnetzagentur prüft insbesondere die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Raumordnungsgesetzes und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 6 des Raumordnungsgesetzes. Die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung gilt nur, wenn die Bundesnetzagentur bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans nach § 9 des Raumordnungsgesetzes beteiligt worden ist und sie innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels nicht widersprochen hat. Der Widerspruch nach Satz 2 lässt die Bindungswirkung des Ziels der Raumordnung gegenüber der Bundesnetzagentur nicht entstehen, wenn das Ziel der Bundesfachplanung entgegensteht. Macht die Bundesfachplanung nachträglich ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich, kann die Bundesnetzagentur mit Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie innerhalb angemessener Frist, spätestens aber bis zum Abschluss der Bundesfachplanung, unter der Voraussetzung von Satz 3 nachträglich widersprechen. Muss infolge des nachträglichen Widerspruchs der Raumordnungsplan geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die Bundesnetzagentur die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. § 6 des Raumordnungsgesetzes bleibt unberührt. (3) Städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Abweichend von § 7 des Baugesetzbuchs sind nur § 7 Satz 6 und § 37 Absatz 3 des Baugesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (4) Gegenstand der Prüfung sind auch etwaige ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren. Bei der Durchführung der Bundesfachplanung für Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 6 des Bundesbedarfsplangesetzes zählen zu solchen Alternativen auch die Verläufe von Trassenkorridoren, die sich aus der Berücksichtigung von möglichen Teilverkabelungsabschnitten ergeben und insbesondere zu einer Verkürzung des Trassenkorridors insgesamt führen können. (5) Bei der Durchführung der Bundesfachplanung für ein Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 5 des Bundesbedarfsplangesetzes prüft die Bundesnetzagentur insbesondere, inwieweit zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt des Vorhabens ein möglichst geradliniger Verlauf eines Trassenkorridors zur späteren Errichtung und zum Betrieb eines Erdkabels erreicht werden kann. (6) Bei der Durchführung der Bundesfachplanung für Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land ist der Bundesfachplan Offshore gemäß § 17a des Energiewirtschaftsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung und ab dem 1. Januar 2019 der Flächenentwicklungsplan gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung von der Bundesnetzagentur zu berücksichtigen. (7) Für die Bundesfachplanung ist nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen. (8) Die Bundesnetzagentur darf die Bundesfachplanung in einzelnen Abschnitten der Trassenkorridore durchführen. Dies gilt auch, wenn der Vorhabenträger keinen entsprechenden Antrag gestellt hat.
525 https://doi.org/10.1515/9783110670516-048
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§ 5 NABEG
I. Allgemeines
Übersicht I. 1. 2.
3.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm Zweck und Wesen der Bundesfachpla10 nung 10 a) Funktion 15 b) Prüfungsgegenstand 19 c) Abschließende Entscheidung 25 d) Bindungs- und Außenwirkung e) Einordnung in das gestufte Planungssys30 tem 44 f) Rechtsnatur 46 Entstehungsgeschichte
II.
Anwendungsbereich
III.
Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 60 S. 1) Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder pri61 vater Belange (Abs. 1. S. 2) Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und anderen raumbedeutsamen 65 Planungen und Maßnahmen (Abs. 2) a) Raumverträglichkeit der Bundesfachpla65 nung (S. 1) b) Bindung an die Ziele der Raumordnung 70 (S. 2 bis S. 6) Berücksichtigung städtebaulicher Belange 86 (Abs. 3) Prüfung von alternativen Trassenkorridoren 97 (Abs. 4) Geradliniger Verlauf des Trassenkorridors von 99 erdverkabelten HGÜ-Leitungen (Abs. 5) 102 Offshore-Anbindung (Abs. 6) 105 Strategische Umweltprüfung (Abs. 7)
1. 2.
3. 4. 5. 6. 7.
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8.
FFH-Verträglichkeit
IV.
Entscheidung über die Bundesfachpla109 nung 109 Abwägungsentscheidung 117 Außen- und Bindungswirkung 118 a) Grundsatz 123 b) Unwesentliche Abweichungen c) Sinn und Zweck der Verbindlich125 keit 127 d) Fehlende Außenwirkungen 128 e) Rechtsschutz 129 f) Bewertung Fehlerfolgen und Fehlerkorrektur in der Bundes130 fachplanung 130 a) Allgemeines 133 b) Öffentlichkeitsbeteiligung 134 c) Inzidente Überprüfung 135 d) Gesetzliche Regelungen e) Auswirkungen von Fehlern und Fehlerkor139 rektur aa) Vor Abschluss der Bundesfachpla139 nung bb) Nach Abschluss der Bundesfachpla140 nung cc) Nach Beginn der Planfeststel143 lung dd) Nach Abschluss der Planfeststel145 lung
1. 2.
3.
V. 1. 2.
Zuständigkeit und Verfahren 147 Zuständigkeit 149 Verfahren
147
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Nach Abs. 1 S. 1 bestimmt die BNetzA in der Bundesfachplanung die Trassenkorridore. Dazu prüft sie gem. Abs. 1 S. 2, ob der Realisierung einer Höchstspannungsleitung in dem vorgesehenen Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Gegenstand dieser Prüfung ist nach Abs. 2 S. 1 insbesondere, ob Übereinstimmung mit 2 den Erfordernissen der Raumordnung besteht und ob der vorgeschlagene Trassenkorridor mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen abgestimmt ist. Zu den Erfordernissen der Raumordnung regelt Abs. 2 S. 2 bis S. 6 im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen Ziele der Raumordnung für die Bundesfachplanung Bindungswirkung entfalten. Nach Abs. 3 S. 1 sind städtebauliche Belange in der Bundesfachplanung zu berücksichti3 gen. Abs. 3 S. 2 regelt die Kostentragung und den Ersatz von Aufwendungen in Fällen, in denen Flächennutzungs- oder Bebauungspläne aufgestellt, angepasst oder aufgehoben werden müs-
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2. Zweck und Wesen der Bundesfachplanung
NABEG § 5
sen, weil dem öffentlichen Interesse am Ausbau oder an der Ertüchtigung des Übertragungsnetzes im konkreten Fall Vorrang vor städtebaulichen Belangen zukommt. Gegenstand der Prüfung sind nach Abs. 4 S. 1 auch etwaige ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren. Abs. 4 S. 2 konkretisiert die Alternativenprüfung für Pilotprojekte zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung nach § 2 Abs. 6 BBPlG, bei denen eine teilweise Erdverkabelung in Betracht kommt. Abs. 5 bestimmt einen speziellen Prüfungsinhalt für Vorhaben zur HöchstspannungsGleichstrom-Übertragung gemäß § 2 Abs. 5 BBPlG, bei denen eine grundsätzliche Erdverkabelung vorgesehen ist. Abs. 6 regelt die Prüfung für Anbindungsleitungen von Offshore-WEA zu den Netzverknüpfungspunkten an Land. Nach Abs. 7 ist für die Bundesfachplanung eine SUP notwendig. Gem. Abs. 8 S. 1 darf die BNetzA die Bundesfachplanung in einzelnen Abschnitten durchführen. Diese Befugnis steht der BNetzA nach Abs. 8 S. 2 von Amts wegen zu, also auch, wenn der Vorhabenträger keinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Die Norm steht in enger Wechselwirkung mit den Regelungen über die Entscheidung über die Bundesfachplanung (§ 12) und über die Bindungswirkung der Bundesfachplanung (§ 15).
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2. Zweck und Wesen der Bundesfachplanung a) Funktion. Die Regelung über den Inhalt der Bundesfachplanung ist eine der zentralen Nor- 10 men des NABEG. Mit der Bundesfachplanung hat der Gesetzgeber ein neues fachplanerisches Verfahren1 geschaffen und hierzu auf Elemente des Raumordnungsverfahrens, der Raumplanung und der Fachplanung zurückgegriffen.2 Die Bundesfachplanung wirft nicht nur viele Fragen auf, weil sich dieses neuartige Verfahren nicht ohne weiteres in das überkommene System raumbedeutsamer Planungen einordnen lässt.3 Das Verfahren und die Entscheidung über die Bundesfachplanung sind an einigen Stellen nicht immer unmissverständlich formuliert: So lässt sich etwa der Prüfungsgegenstand der Bundesfachplanung vom Gesetzeswortlaut her kaum erschließen;4 es wird nicht im ausreichenden Maße deutlich, dass die BNetzA bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung eine Abwägungsentscheidung vorzunehmen hat.5 Hinsichtlich mancher Details ist die Bundesfachplanung nicht vollständig normiert. Hinsichtlich des Umgangs mit und der Folgen von Fehlern der Bundesfachplanung ist der Gesetzgeber zwischenzeitlich tätig geworden.6 Über die der Bundesfachplanung vom Gesetzgeber zugedachte Funktion bestehen hingegen 11 keine Zweifel. Über sie lassen sich nicht nur die Grundlagen der Bundesfachplanung erschließen, ihre Kenntnis ist für die praktische Handhabung des komplexen Verfahrens der Bundesfachplanung unerlässlich. Die Bundesfachplanung ist wesentlicher Bestandteil einer aus mehreren Stufen bestehenden Ausbauplanung für Höchstspannungsleitungen von der Bedarfsermittlung bis zur Planfeststellung. Mit der Bundesfachplanung wird der energiewirtschaftliche Bedarf an länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen in einen räumlichkonkretisierten Ausbaubedarf überführt.7 Der Staat greift über die Gesamtplanung wie auch über die Bundesfachplanung im Speziellen aktiv – über die Funktion als Planfeststellungsbehör1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 17/6073, S. 19. Zum status quo ante Erbguth, NVwZ 2012, 326, 326; zur Verfassungsmäßigkeit Durner, NuR 2012, 369, 369. Zur Begriffsgeschichte vgl. Rn 49. Vgl. Rn 49. Vgl. Rn 109 ff. Vgl. BR-Drucks. 520/12. BT-Drucks. 17/6073, S. 24; vgl. dazu die graphische Übersicht des Verfahrensverlaufs im Leitfaden zur Bundesfachplanung, BNetzA, Stand: 7.8.2012.
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§ 5 NABEG
I. Allgemeines
de oder Genehmigungsbehörde hinaus – in die Planung und Umsetzung von Energieleitungsvorhaben ein. Er vollzieht damit für die Energieinfrastruktur nach, was in den sonstigen Bereichen wie dem Fernstraßen-, Eisenbahn- oder Wasserstraßenbau bereits seit langem praktiziert wird. 12 Das primäre Ziel der Bundesfachplanung ist die frühzeitige Sicherung der für die Realisierung der Höchstspannungsleitungen in den späteren Planfeststellungsverfahren benötigten Flächen. Hierzu werden für die im Bundesbedarfsplan (§ 12e EnWG) als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen Trassenkorridore bestimmt (§ 4). Damit erhöht die Bundesfachplanung die Planungs- und Rechtssicherheit der Vorhabenträger; die Investitionsbedingungen für die Vorhabenträger werden erheblich verbessert. 13 Die Bundesfachplanung hat als der Planfeststellung zwingend vorgelagertes Verfahren vorbereitenden Charakter. Sie eröffnet die Möglichkeit zur Abschichtung und bewirkt damit eine Entlastung des Planfeststellungsverfahrens. Die Bundesfachplanung ersetzt nach § 28 das ansonsten gem. § 15 Abs. 1 ROG i. V. m. § 1 S. 2 Nr. 14 RoV für die Planfeststellung regelmäßig erforderliche Raumordnungsverfahren. Sie tritt aber nicht lediglich an die Stelle des Raumordnungsverfahrens. Ihre Funktion geht weit über die Prüfung der Raumverträglichkeit der Höchstspannungsleitungen hinaus. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ist die Entscheidung über die Bundesfachplanung für die Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff verbindlich. Damit befreit sie diese von sämtlichen raumordnerischen Prüfungen. Zudem kann nach § 21 Abs. 4 die Prüfung der Umweltverträglichkeit in den Planfeststellungsverfahren aufgrund der in der Bundesfachplanung bereits durchgeführten SUP auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen der beantragten Stromleitung beschränkt werden. 14 Den für den Ausbau weiterhin verantwortlichen ÜNB werden stärkere Mitwirkungslasten auferlegt. Der Bundesgesetzgeber hat zugleich der BNetzA mehr Kompetenzen und mehr Verantwortung übertragen, als dies üblicherweise bei den Planfeststellungsbehörden der Fall ist.
15 b) Prüfungsgegenstand. In der Bundesfachplanung erfolgt eine verbindliche Grobtrassenplanung für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 1). Die BNetzA bestimmt dazu in der Bundesfachplanung die Trassenkorridore der im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen (§ 4 S. 1 und Abs. 1 S. 1). Sie prüft in der Entscheidung über die Bundesfachplanung, ob der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen (Abs. 1 S. 2). Sie prüft insbesondere die Raumverträglichkeit des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1). Gegenstand der in der Bundesfachplanung vorzunehmenden Prüfung sind auch ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren (Abs. 4 S. 1). Diese Prüfungsinhalte werden für einzelne Vorhaben nach dem BBPlG, bei denen eine (abschnittsweise) Erdverkabelung in Betracht kommt, sowie für Vorhaben zur OffshoreWEA-Anbindung in den Abs. 4 bis 6 und 8 näher konkretisiert. 16 Der Schwerpunkt der Bundesfachplanung liegt in der Prüfung, ob der Trassenkorridor mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt, und in der Abstimmung des Trassenkorridors mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen.8 Die Feststellung bzw. Herstellung der Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors ist erforderlich, um die Trassensicherung für die späteren Planfeststellungsverfahren zu ermöglichen.9 Über die raumordnerische Prüfung hinaus sind in der Entscheidung über die Bundesfach17 planung (auch) alle sonstigen öffentlichen oder privaten Belange einzubeziehen, die – soweit auf der Ebene der Bundesfachplanung erkennbar und von Bedeutung – der Realisierung einer Höchstspannungsleitung innerhalb der für den Trassenkorridor ausgewählten Fläche entgegenstehen können. Auf der Ebene der Bundesfachplanung können die von der detailscharfen Festlegung der Trasse im Planfeststellungsverfahren berührten Belange nicht in einer identischen 8 Vgl. Rn 65 ff. 9 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. Nebel/Sangenstedt
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2. Zweck und Wesen der Bundesfachplanung
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Prüfungsdichte und -tiefe ermittelt und bewertet werden wie im anschließenden Planfeststellungsverfahren. In der Entscheidung über die Bundesfachplanung ist allein sicherzustellen, dass innerhalb des Trassenkorridors die spätere Feststellung einer Trasse möglich ist.10 Für die Bundesfachplanung ist nach Abs. 7 eine SUP nach Maßgabe des UVPG durchzufüh- 18 ren. Dabei sind nach § 40 UVPG die Umweltauswirkungen des vom Vorhabenträger vorgeschlagenen Trassenkorridors und vernünftiger Alternativen in einem Umweltbericht darzustellen und vorläufig zu bewerten.11 Die abschließenden Bewertung, die auch die Ergebnisse der Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung einzubeziehen hat, ist nach § 43 Abs. 2 UVPG in der Entscheidungsfindung über die Bundesfachplanung zu berücksichtigen.12
c) Abschließende Entscheidung. Die Bundesfachplanung schließt mit der Entscheidung über 19 die Bundesfachplanung ab (§ 12 Abs. 1 S. 1). In der Entscheidung über die Bundesfachplanung sind der Verlauf des raumverträglichen Trassenkorridors sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1) festzulegen. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung bestimmt denjenigen Trassenkorridor, der im Hinblick auf die Raum- und Umweltverträglichkeit das geringste Konfliktpotenzial aufwirft; dieser Trassenkorridor findet anschließend nachrichtliche Aufnahme in den Bundesnetzplan (§ 17).13 Der Verlauf des Trassenkorridors und die Länderübergangspunkte sind in der Entscheidung in geeigneter Weise kartographisch auszuweisen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1). Der Entscheidung ist eine Begründung beizufügen, in der die Raumverträglichkeit im Einzelnen darzustellen ist (§ 12 Abs. 2 S. 2). Des Weiteren enthält die Entscheidung eine Bewertung sowie eine zusammenfassende Erklärung der Umweltauswirkungen der Trassenkorridore (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2), außerdem das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3). Die Entscheidung über die Bundesfachplanung erfolgt in einem zweistufigen Prozess: In der ersten Stufe prüft die BNetzA, ob der beabsichtigte Trassenkorridor mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt und ihm auch keine sonstigen öffentlichen und privaten Belange entgegenstehen. Auf dieser Entscheidungsstufe entspricht die vorzunehmende Prüfung der Raumverträglichkeitsprüfung in einem Raumordnungsverfahren. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung schließt – anders als das Raumordnungsverfahren – mit einer verbindlichen Entscheidung ab. Wenn der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer bestimmten Fläche keine auf der Ebene der Bundesfachplanung erkennbaren öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen, kann die BNetzA diese Fläche als Trassenkorridor bestimmen. Stehen der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer für den späteren Trassenkorridor ausgewählten Fläche hingegen bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung zu beachtende öffentliche oder private Belange entgegen, kann die BNetzA die entgegenstehenden Belange in der zweiten Stufe der Entscheidung durch eine Abwägungsentscheidung überwinden.14 Die BNetzA hat in diesen Fällen das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen (§ 1 S. 3) und an der sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität (§ 1 Abs. 1 EnWG) gegen die entgegenstehenden Belange abzuwägen. Überwiegt bei der zu treffenden Abwägung das öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen, so kann ein Trassenkorridor trotz entgegenstehender Belange von der BNetzA bestimmt werden. Bei der zu treffenden Entscheidung handelt es sich nicht um eine fachplanerische Abwägung, sondern um eine den spezifischen Regeln der Bundesfachplanung folgende „gewichtete 10 11 12 13 14 529
Vgl. Rn 58 ff. Dazu eingehend § 7 Rn 78 ff. Vgl. dazu § 7 Rn 101. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Vgl. Rn 109 ff. Nebel/Sangenstedt
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Abwägung“.15 Anders als in der planungsrechtlichen Abwägung, hat der Gesetzgeber der Realisierung der Höchstspannungsleitungen gegenüber entgegenstehenden Belangen grds. eine vorgeprägte Gewichtung eingeräumt. 24 Der BNetzA kommt im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung eine für Abwägungsprozesse anerkannte planerische Gestaltungsfreiheit zu. Die Wertung, ob das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen die entgegenstehenden Belange überwiegt, ist als solches der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. entsprechend § 114 S. 1 VwGO).16 Der BNetzA steht hingegen kein Beurteilungsspielraum über die Inhalte der einer Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer bestimmten Fläche entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belange zu.17
25 d) Bindungs- und Außenwirkung. Ein zentrales Charakteristikum der Bundesfachplanung ist ihre Bindungswirkung. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist für die Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff verbindlich (§ 15 Abs. 1 S. 1).18 Die Bundesfachplanung bindet den Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde. Da Bundesfachplanungen grds. Vorrang vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen haben (§ 15 Abs. 1 S. 2), bindet die Bundesfachplanung insoweit auch die Planungsträger der Länder und Gemeinden. 26 Verbindlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 bedeutet, dass die Festlegung des Trassenkorridors verbindlich ist. Die Leitung kann nur innerhalb des in der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridors genehmigt und verwirklicht werden. Innerhalb dieses Korridors verbleibt ein eigener planerischer Gestaltungsfreiraum der Planfeststellungsbehörde, um den konkreten Trassenverlauf auf Grundlage des Abwägungsmaterials der Bundesfachplanung und des Planfeststellungsverfahrens parzellenscharf festzulegen. Dieser Planungsspielraum ist notwendig, weil auf der Ebene der Bundesfachplanung ein Trassenkorridor von einer Größe von bis zu 1.000 m zu prüfen ist. Es ist auf dieser groben Planungsebene nicht möglich, tatsächlich alle öffentlichen und privaten Belange, die einer Realisierung einer Höchstspannungsleitung entgegenstehen könnten, zu ermitteln und zu bewerten, zumindest dann nicht, wenn die Bundesfachplanung zu einer Beschleunigung des Aufbaus der Höchstspannungsnetze führen soll. 27 Stellt sich im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens heraus, dass an einer Stelle eine Trassenführung ausschließlich außerhalb des festgestellten Trassenkorridors möglich ist, ist die vorangegangene Entscheidung über die Bundesfachplanung zwangsläufig (materiell) fehlerhaft und muss korrigiert werden.19 Dies gilt auch dann, wenn die Trasse in nur einem Teilabschnitt außerhalb des Trassenkorridors verlaufen muss. 28 Die Entscheidung über die Bundesfachplanung soll das spätere Planfeststellungsverfahren dadurch entlasten, dass die Raum- und Umweltverträglichkeit verbindlich festgestellt wird.20 Die verbindliche Festlegung eines Trassenkorridors dient damit der Rechts- und Investitionssicherheit des Vorhabenträgers. Die Verbindlichkeit der Bundesfachplanung sichert zudem die alleinige Zuständigkeit der BNetzA für die Trassenbestimmung ab und gewährleistet eine einheitliche Prüfung des gesamten Trassenkorridors durch eine Behörde (§ 31 Abs. 1). Daher kann nur die BNetzA die Entscheidung über die Bundesfachplanung korrigieren. Eine Bestimmung der Trassenkorridore durch die Länder widerspräche dem Grundgedanken des NABEG, wonach für länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen eine (bundes-)einheitliche Entscheidung getroffen werden soll. Vor allem aber fehlt den Ländern dafür
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Vgl. Rn 42, 113. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 33, 39. Vgl. dazu Rn 116. Vgl. § 15 Rn 16 ff. Vgl. dazu Rn 130 ff. BT-Drucks. 17/6073, S. 27.
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die vom Gesetzgeber eingeräumte Kompetenz. Die Planfeststellungsbehörde hat daher eine von ihr als fehlerhaft bewertete Bundesfachplanung der BNetzA zur Korrektur vorzulegen. Ungeachtet ihrer Bindungswirkung gegenüber den Landesbehörden hat die Entscheidung 29 über die Bundesfachplanung – wie auch in Raumordnungsplänen festgelegte Ziele der Raumordnung – keine unmittelbare Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme (§ 15 Abs. 3 S. 1).21 Die Gesetzesbegründung spricht vom verwaltungsinternen Charakter der Bundesfachplanung.22 Einen solchen hat die Bundesfachplanung allerdings nur, wenn die BNetzA für die Bundesfachplanung und die Planfeststellungsverfahren zuständig ist. Vorhabenträger wie auch Dritte können gegenüber der Entscheidung über die Bundesfachplanung keinen direkten Rechtsschutz geltend machen (§ 15 Abs. 3 S. 2).23 Der Vorhabenträger kann jedoch die ihm von der BNetzA nach § 6 S. 2 auferlegte Verpflichtung, einen Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung zu stellen, anfechten.24 Betroffene Dritte können die von der BNetzA gem. § 16 Abs. 1 mit dem Abschluss der Bundesfachplanung oder nachträglich festgesetzten Veränderungssperren anfechten.25
e) Einordnung in das gestufte Planungssystem. Der Gesetzgeber bezeichnet die Bundesfachplanung als ein fachplanerisches Verfahren sui generis.26 Er hat Elemente des Raumordnungsverfahrens,27 der Raumplanung und der Fachplanung in die Bundesfachplanung integriert. Hinsichtlich ihres Prüfungsgegenstandes, des durchzuführenden Verfahrens und der die Bundesfachplanung abschließenden Entscheidung, vor allem aber hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen unterscheidet sich die Bundesfachplanung von anderen Fachplanungsverfahren. Die Bundesfachplanung lässt sich nicht ohne weiteres in das vertikale und horizontale Geflecht raumbezogener Planungen einordnen; sie oszilliert zwischen räumlicher und sektoraler Planung. Ihre Einordnung wird nicht zuletzt dadurch erschwert, dass die Abgrenzung der Aufgaben und Befugnisse von Fach- und Raumplanung bei der zielförmigen Festlegung von Standortund Trassenausweisungen für raumbedeutsame Infrastrukturvorhaben noch nicht abschließend geklärt ist.28 Der Gesetzgeber hat bei Erlass der Regelungen der Bundesfachplanung auf Elemente des Raumordnungsverfahrens sowie der Raum- und Fachplanung zurückgegriffen. Die Bundesfachplanung weist hinsichtlich ihres Prüfungsgegenstandes deutliche Bezüge zum Raumordnungsverfahren auf. Ebenso wie das Raumordnungsverfahren ist die Bundesfachplanung ein Vorverfahren vor dem eigentlichen fachlichen Zulassungsverfahren. Der enge Bezug wird bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Normen deutlich. In der Bundesfachplanung ist die Übereinstimmung eines Trassenkorridors mit den Erfordernissen der Raumordnung zu prüfen und der Trassenkorridor mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen abzustimmen (Abs. 2 S. 1). Im Raumordnungsverfahren sind die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung oder Maßnahme unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen; insbesondere werden die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und die 21 22 23 24 25 26
Vgl. Kment, RdE 2011, 341, 344. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Vgl. § 15 Rn 41 ff; Kment, RdE 2011, 341, 344; Beckmann, VR 2011, 365. Vgl. dazu Rn 128 und § 6 Rn 42. Vgl. dazu Rn 128 und § 16 Rn 69 f. BT-Drucks. 17/6073, S. 19; so auch Sellner/Fellenberg, NVwZ 2010, 1055; Appel UPR 2011, 406, 413; Grigoleit/ Janßen/Weisensee, RaumPlanung 2011, 145, 148; kritisch Durner, DVBl. 2011, 853, 855 f. 27 BR-Drucks. 342/1/11, S. 14. 28 Vgl. zur Abgrenzung etwa BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; BVerwG, Urt. v. 20.4.2005 – 4 C 18/03 –; BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14/01 –; BayVerfGH, Entscheidung v. 15.7.2002 – Vf. 10-VII-00 –, – Vf. 12-VII-00 –; Spannowsky/Runkel/Goppel/Runkel, ROG, § 1 Rn 72; Battis/Krautzberger/Löhr/Löhr, § 38 Rn 1; Lieber, NVwZ 2011, 910; Kment, NuR 2010, 392; Langguth, ZfBR 2011, 436 jeweils m. w. N. 531
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Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft (§ 15 Abs. 1 S. 2 ROG). Dementsprechend spricht der Gesetzgeber an vielen Stellen von der Raumverträglichkeit der Trassenkorridore.29 Die Bundesfachplanung ist – ansonsten hätte es der Schaffung der Bundesfachplanung auch nicht bedurft – trotzdem nicht identisch mit einem Raumordnungsverfahren. Das Raumordnungsverfahren hat die Aufgabe zu untersuchen, ob ein Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt, wie es unter den Gesichtspunkten der Raumordnung durchgeführt und auf andere Vorhaben abgestimmt werden kann, welche Auswirkungen das Vorhaben hat und wie diese zu bewerten sind.30 Das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens bindet die Planfeststellungsbehörden aber nicht. Die Rechtsprechung bezeichnet das Ergebnis als rein „gutachtliche Äußerung“.31 Hingegen ist es die primäre Funktion der Bundesfachplanung, die für die Realisierung der Höchstspannungsleitungen benötigten Flächen zu sichern. Die Bundesfachplanung erschöpft sich nicht darin, die Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors festzustellen; es ist vielmehr ihre Aufgabe, diese herzustellen. Dementsprechend endet das Verfahren der Bundesfachplanung mit einer Abwägungsentscheidung, mit der entgegenstehende Belange überwunden werden können. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Bundesfachplanung andere Verfahrensschritte beinhaltet als das Raumordnungsverfahren. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ähnelt hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen der Festlegung von Zielen der Raumordnung. Es ist anerkannt, dass zielförmige Festlegungen von Standort- und Trassenausweisungen in Raumordnungsplänen für raumbedeutsame Infrastrukturvorhaben getroffen werden können.32 Bei der Festlegung von Zielen der Raumordnung sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abschließend abzuwägen nach § 7 Abs. 2 S. 1 ROG. Ziele der Raumordnung entfalten grds. keine allgemeine Rechtverbindlichkeit, sie verpflichten ausschließlich die jeweils betroffenen Adressaten.33 Adressaten der Festlegungen in Raumordnungsplänen sind grds. die nachfolgenden Planungsebenen; für die Gemeinden folgt dies insbesondere aus § 1 Abs. 4 BauGB. Private sind nur Adressaten von Zielen der Raumordnung bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen, die der Planfeststellung oder Plangenehmigung bedürfen (§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ROG), oder wenn sie raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen oder öffentliche Stellen an ihnen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden (§ 4 Abs. 1 S. 2 ROG). Um eine Bindungswirkung gegenüber Privaten zu entfalten, müssen Ziele der Raumordnung daher grds. durch nachfolgende Planungsebenen umgesetzt werden.34 Unmittelbare Bindungswirkung gegenüber Privatpersonen können Ziele der Raumordnung darüber hinaus über § 35 Abs. 3 S. 2 und S. 3 BauGB entfalten.35 Auch die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist für nachfolgende Planungsverfahren verbindlich (§ 15 Abs. 1 S. 1). Sie hat grds. Vorrang vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen (§ 15 Abs. 1 S. 2), aber keine unmittelbare Außenwirkung (§ 15 Abs. 3 S. 1) und kann nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die
29 Vgl. etwa § 3 Abs. 1, § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2. 30 Finkelnburg/Ortloff/Kment, S. 323. 31 BVerwG, Beschl. v. 4.6.2008 – 4 BN 12/08 –; BVerwG, Beschl. v. 30.8.1995 – 4 B 86/95 –; Thüringer OVG, Beschl. v. 25.2.2008 – 1 N 508/07 –. 32 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 – 4 CN 9/01 –. 33 Spannowsky/Runkel/Goppel/Runkel, § 3 Rn 30. 34 Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Runkel, § 4 Rn 84. 35 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.4.2007 – 4 CN 3/06 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.7.2006 – 1 C 10052/06 –; OVG Lüneburg, Urt. v. 27.7.2011 – 1 KN 224/07 –; Hoppe, DVBl. 2003, 1345 ff; Loibl, UPR 2004, 419; Jeromin, NVwZ 2006, 1374. Nebel/Sangenstedt
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jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden (§ 15 Abs. 3 S. 2). Auch die Entscheidung über die Bundesfachplanung endet mit einer Abwägungsentscheidung. Die Rechtswirkungen der Entscheidung über die Bundesfachplanung entsprechen aber 38 nicht in vollem Umfang denjenigen von Zielen der Raumordnung.36 Die Bundesfachplanung ist keine Raumordnungsplanung.37 Dies hat der Gesetzgeber mit der Bezeichnung „Bundesfachplanung“ zum Ausdruck gebracht; er spricht zudem von einem fachplanerischen Verfahren.38 Der BNetzA fehlt für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zudem die Kompetenz. Vor allem aber haben Raumordnungs- und Bundesfachplanung eine unterschiedliche Funktion. Die Raumordnungsplanung ist Teil eines mehrstufigen Planungssystems mit einer fortlaufenden Konkretisierung von oben nach unten.39 Raumordnung ist die zusammenfassende, übergeordnete Planung des Raumes. Sie ist überörtlich, fasst vielfältige Fachplanungen zusammen und stimmt diese aufeinander ab.40 Die Raumplanung ist umfassend angelegt und hat daher alle einschlägigen Belange der unterschiedlichen Fachplanungen zu berücksichtigen. Ziele der Raumordnung werden nach § 7 Abs. 1 S. 1 ROG für den gesamten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums festgelegt (§ 1 Abs. 1 ROG). Die Bundesfachplanung hat eine kleinteiligere Perspektive. Sie betrachtet nicht einen be- 39 stimmten Planungsraum in seiner Gänze. Sie dient auch nicht dazu, ein Planungsgebiet durch eine zusammenfassende und fachübergreifende Planung zu entwickeln und zu ordnen. Die Bundesfachplanung ist ein auf die Bestimmung und Sicherung der Trassenkorridore für Höchstspannungsleitungen begrenztes Verfahren, also ausschließlich auf die Ziele eines sektoralen Projektes ausgerichtet. Mit der Bestimmung von Trassenkorridoren werden daher keine Ziele der Raumordnung im Sinne der § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG festgelegt; der Bundesnetzplan nach § 17 ist kein Raumordnungsplan im Sinne des § 7 ROG. In der Literatur wird unter Hinweis auf § 1 Abs. 4 BauGB die Auffassung vertreten, dass die 40 Gemeinden ihre Bauleitpläne nicht an die in der Entscheidung über die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore anpassen müssten, weil darin keine Ziele der Raumordnung ausgewiesen würden.41 Allerdings scheint der Gesetzgeber bei der Novelle 2019 der Auffassung gewesen zu sein, dass es eine solche Anpassungspflicht geben könne. Denn er hat in Abs. 3 S. 2 bestimmt, dass Aufwendungen und Kosten, die durch die erforderliche Aufstellung, Anpassung oder Aufhebung eines Flächennutzungs- oder Bebauungsplans im Hinblick auf eine spätere Bundesfachplanung entstehen, nicht von der Gemeinde selbst zu tragen, sondern zu ersetzen sind. In der Sache kann eine Aktualisierung der Bauleitpläne im Lichte der Ergebnisse der Bundesfachplanung durchaus sinnvoll sein. Die Entscheidung der BNetzA nach § 12 ebnet planungsrechtlich den Weg für eine spätere Nutzung des betreffenden Gebiets durch eine Höchstspannungsleitung, die nach den Darstellungen und Festsetzungen des einschlägigen Flächennutzungs- oder Bebauungsplans dort möglicherweise nicht zulässig wäre. Wenn auf dieser Grundlage dann später ein Planfeststellungsbeschluss nach § 24 ergeht, steht endgültig fest, dass die bestehende Bauleitplanung überholt und inhaltlich unrichtig geworden ist. Das könnte in der Tat Anlass geben, den fraglichen Flächennutzungs- oder Bebauungsplan an die neue Situation anzupassen.42 Aus ähnlichen Erwägungen kann sich auch für Raumordnungspläne Aktualisierungsbedarf ergeben, wenn die Bundesfachplanung zulässigerweise von Zielen der Raumordnung abweicht. Bei der hierzu in Abs. 2 S. 5 getroffenen Regelung ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein nachträglicher Widerspruch der 36 37 38 39
So Durner, DVBl. 2011, 853, 859. A. A. Erbguth, NVwZ 2012, 326, 328, wonach im fachplanerischem Gewand Raumordnung betrieben werde. BT-Drucks. 17/6073, S. 19. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2008 – 1 BvR 2722/06 –; BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 – 4 NB 20/91 –; OVG Bautzen, Urt. v. 17.7.2007 – 1 D 10/06 –; Hendler, UPR 2003, 256; Rojahn, NVwZ 2011, 654. 40 So schon BVerfG, Gutachten v. 16.6.1954 – 1 PBvV 2/52 –. 41 De Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 50; Kümper, NVwZ 2015, 1486, 1490; Mitschang, UPR 2015, 1, 7. 42 Näher dazu u. Rn 92 ff. 533
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BNetzA gegen Ziele eines Raumordnungsplans eine Änderung, Ergänzung oder sogar Aufhebung dieses Plans notwendig machen kann, und sieht dafür vor, dass die BNetzA die entstehenden Kosten zu ersetzen hat.43 41 Zwar hat der Gesetzgeber die Bundesfachplanung als ein fachplanerisches Verfahren konzipiert, das mit einer Abwägungsentscheidung abschließt. Allerdings hat die Entscheidung über die Bundesfachplanung keine Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme (§ 15 Abs. 3 S. 1). Der Gesetzgeber hat die Bundesfachplanung nicht als Planfeststellungsverfahren im Sinne der §§ 72 ff VwVfG ausgestaltet. Auf der Ebene der Bundesfachplanung erfolgt keine Prüfung örtlicher Einzelheiten sowie spezifisch fachgesetzlicher Anforderungen und keine detailscharfe Festlegung der Trasse. Mit der Entscheidung über die Bundesfachplanung werden zudem nicht die charakteristischen Rechtsfolgen der Planfeststellung erzielt. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung regelt nicht alle öffentlichrechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend im Sinne von § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG und entfaltet auch keine Genehmigungswirkung im Sinne von § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwVfG und keine Konzentrationswirkung im Sinne von § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG. 42 Bei einer Einordnung in das Planungsrecht sind die eigenständigen Elemente der Bundesfachplanung zu berücksichtigen. Bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung handelt es sich nicht um eine „klassische“ fachplanerische Abwägung, sondern um eine den spezifischen Regeln der Bundesfachplanung folgende „gewichtete Abwägung“.44 Die Erarbeitung der für die Durchführung der Bundesfachplanung notwendigen Unterlagen erfolgt in einem dreistufigen iterativen Prozess zwischen Vorhabenträger und BNetzA. Zunächst stellt der Vorhabenträger den Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung mit „schlanken“ Unterlagen nach § 6. Hiernach folgt als zweite Stufe und Kern des Abstimmungsprozesses zwischen Vorhabenträger und BNetzA die öffentliche Antragskonferenz nach § 7. 43 Den erforderlichen Inhalt der letztendlich vorzulegenden Unterlagen bestimmt die BNetzA nach § 8 aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz. Die BNetzA kann den Vorhabenträger zudem nach § 6 S. 2 zur Antragstellung verpflichten. Nach Abs. 8 darf die BNetzA die Bundesfachplanung in einzelnen Abschnitten der Trassenkorridore durchführen.45 Dies ist nach Abs. 8 S. 2 auch abweichend vom Antrag des Vorhabenträgers möglich. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung enthält nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren. Diese alternativen Trassenkorridore müssen nicht vom Vorhabenträger eingebracht werden. Sie können auch von der BNetzA oder Dritten im Rahmen der Antragskonferenz in das Verfahren eingeführt werden.
44 f) Rechtsnatur. Der Gesetzgeber hat das Ziel, das Verfahren und den Inhalt der Bundesfachplanung festgelegt. Indes hat er die Rechtsnatur der Bundesfachplanung nicht normiert und sich auch in der Gesetzesbegründung nicht abschließend zur Rechtsnatur der Bundesfachplanung geäußert („fachplanerisches Verfahren sui generis“).46 Dies ist nicht ungewöhnlich. Auch die Rechtsnatur des Ergebnisses des Raumordnungsverfahrens ist nicht gesetzlich festgelegt. Die Bestimmung der Handlungsform des Flächennutzungsplanes nach §§ 5 ff BauGB bereitet seit jeher Schwierigkeiten, auch er wird grds. als hoheitliche Maßnahme sui generis verstanden, dem keine Rechtsnormqualität zukommt.47 Werden in dem Flächennutzungsplan jedoch Festsetzungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB getroffen, erhält er den Charakter einer Rechtsvorschrift 43 Näher dazu u. Rn 81. 44 Vgl. dazu Rn 113. 45 Siehe Kment/Pleiner, DVBl 2015, 542, 542; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 91 ff; de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 42 ff. 46 BT-Drucks. 17/6073, S. 19; Richter/Schulze, NVwZ 2014, 835, 836. 47 Vgl. BVerwG. Urt. v. 20.7.1990 – 4 N 3/88 –; Battis/Krautzberger/Löhr/Löhr, § 5 Rn 46 m. w. N. Nebel/Sangenstedt
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3. Entstehungsgeschichte
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im Sinne von § 47 Abs. 1 VwGO.48 Den zuvor bestehenden Streit über die Rechtsnatur des Bebauungsplans hat der Gesetzgeber mit der Bestimmung in § 10 BauGB, wonach Bebauungspläne als Satzungen erlassen werden, entschieden.49 Die Rechtsnatur der Bundesfachplanung lässt sich nicht abschließend bestimmen. In der 45 Literatur wird insbesondere von einer Planungsentscheidung gesprochen.50 Da die Bundesfachplanung weder einen Verwaltungsakt, eine Rechtsnorm, einen öffentlichen Vertrag noch einen Realakt darstellt, ist sie als aliud einzustufen.51 In weiten Teilen kann es sich bei der Bundesfachplanung um eine „atypische verwaltungsinterne Weisung mit erhöhter Verbindlichkeit“ handeln,52 allerdings dürfte es sich bei der Festlegung der BNetzA gegenüber dem Vorhabenträger nach § 7 Abs. 4 um einen Verwaltungsakt i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG handeln, so dass dem Vorhabenträger – nicht hingegen Dritten – hiergegen Rechtsschutz (Widerspruch und Anfechtungsklage) zur Verfügung steht. Für die Bestimmung der Rechtsnatur bedürfen zunächst die zentralen Grundlagen der Bundesfachplanung weiterer Ausdifferenzierung und dogmatischer Verarbeitung, insbesondere die Reichweite und die Adressaten der Verbindlichkeit der Bundesfachplanung,53 die Auswirkung von materiellen und formellen Fehlern in der Bundesfachplanung54 oder der Rechtsschutz gegenüber der Entscheidung über die Bundesfachplanung.55
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde zunächst durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleuni- 46 gung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze56 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 5 erlassen. Die Regelung erfuhr bereits in ihrer Ausgangsfassung umfangreiche Änderungen im Ge- 47 setzgebungsverfahren. Abs. 1 wurde infolge der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie57 neu gefasst. Die Prüfung der Zielkonformität der Ausbauplanung zu den Zwecken des § 1 Abs. 1 EnWG wurde in den ursprünglichen Entwurf der Koalitionsfraktionen58 aufgenommen. Zur Zielkonformität eines Vorhabens ist nach allgemeinen Grundsätzen die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes als wesentlichem materiell-rechtlichen Gehalt der Planrechtfertigung erforderlich. Daher ist es eine Besonderheit des NABEG, dass Vorhaben mit Zielen außerhalb des NABEG – nämlich denen des EnWG – übereinstimmen müssen. Hierdurch wird eine enge Verzahnung von NABEG und EnWG erreicht. Ferner erfuhr der Bezug der Bundesfachplanung zur Raumordnung eine Änderung. Die Prü- 48 fung der Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Raumordnung aus § 2 Abs. 2 ROG wurde durch die Prüfung der Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG ersetzt. Die Erfordernisse der Raumordnung umfassen die Ziele, Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung. Der Wirkbereich der Raumordnung wurde da-
48 Vgl. BVerwG. Urt. v. 26.4.2007 – 4 CN 3/06 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.7.2006 – 1 C 10052/06 –. Zur akademischen Diskussion vgl. Battis, S. 73 f; Hoppe, DVBl. 2003, 1345 ff; Kment, NVwZ 2003, 1047; Kment, NVwZ 2004, 314; Loibl, UPR 2004, 419; Jeromin, NVwZ 2006, 1374; Schenke, NVwZ 2007, 134. 49 Vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, § 10 Rn 3 ff, 28 m. w. N. 50 Siehe Schlacke, NVwZ 2015, 626, 627; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 23. 51 Beckmann, VRS 2011, 365. 52 Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, 2019, S. 252 ff. 53 Vgl. dazu Rn 117 ff. 54 Vgl. dazu Rn 130 ff. 55 Vgl. dazu Rn 128. 56 BGBl. I 2011 S. 1690. 57 BT-Drucks. 17/6366, S. 6 f. 58 BT-Drucks. 17/6073 und wortgleich BT-Drucks. 17/6249. 535
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I. Allgemeines
durch ausgeweitet. Für den Prüfungsumfang von Abs. 1 S. 2 bis 5 ergab sich im Gesetzgebungsverfahren zunächst keine Änderung. Der Terminus der Bundesfachplanung ist irritierend und hat auch im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren des Jahres 2011 Kritik erfahren.59 In ihrem Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 hatten CDU, CSU und FDP eine Beschleunigung des Planungsrechts vereinbart. Das Verfahrensrecht sollte gestrafft, Doppelprüfungen vermieden und raumordnerische Belange in das Fachplanungsrecht einbezogen werden.60 Die Durchführung einer Bundesfachfachplanung zur Beschleunigung des Netzausbaus wurde in die wissenschaftliche Diskussion durch Schneider in seinem Rechtsgutachten für den Sachverständigenrat für Umweltfragen eingeführt.61 Im Energiekonzept der Bundesregierung vom 28.9.2010 tauchte der Begriff zum ersten Mal in der politischen Diskussion auf. Die Bundesfachplanung sollte von der BNetzA auf der Grundlage des zwischen den Netzbetreibern abgestimmten zehnjährigen Netzausbauplans für das Übertragungsnetz vorgelegt werden.62 Die Begrifflichkeit der Bundesfachplanung sollte aufgrund dieses vorangehend skizzierten Ursprungs daher nicht überbewertet werden.63 Es handelt sich bei der konkreten Verwendung im NABEG letztendlich um einen in politischen Verhandlungen und Kompromissen gefundenen Terminus, der ohne tiefere Auseinandersetzung mit der Dogmatik des Planungsrechts gewählt wurde. Der Begriff selbst lässt daher auf Inhalt, Ziel und Rechtscharakter keine Schlüsse zu; diese ergeben sich vorwiegend aus der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes und aus der Begründung des Gesetzgebers. Durch Art. 4 des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 20. Dezember 201264 erfolgten Änderungen in Abs. 1, die eine Erweiterung der Bundesfachplanung für Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken beinhalteten. Der neu eingefügte Satz 2 in Abs. 1 sah vor, dass der Bundesfachplan Offshore nach § 17a EnWG bei der Bundesfachplanung zu berücksichtigen ist. Durch die Neuregelung sollte die für das Raumordnungsrecht bestehende Pflicht zur Berücksichtigung des Bundesfachplans Offshore durch die BNetzA auf die Bundesfachplanung übertragen werden. Größere Änderungen erfolgten durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 2015.65 Diese Änderungen betrafen die Integration von Vorhaben, die nach § 2 Abs. 5 und 6 BBPlG als Höchstspannungs-, Gleichstrom- bzw. Wechselstrom-Übertragungsleitungen mittels (abschnittsweiser) Erdverkabelung vorgesehen sind, in die Bundesfachplanung des NABEG. Zudem gab es redaktionelle Änderungen. Weitere Änderungen erfolgten durch Art. 7 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13. Oktober 2016.66 Diese Änderungen stehen im Zusammenhang mit der zwischenzeitlichen Entwicklung eines eigenständigen und integrierten Förder-, Planungs- und Zulassungsregimes für Offshore-Windenergieanlagen in den vorgenannten Rechtsgrundlagen. Der bisherige Abs. 1 S. 2 wurde hierzu aufgehoben und in einen neu eingefügten Abs. 3 eingefügt. Zusätzlich wurde in dem neuen Abs. 3 aufgenommen, dass ab dem 1. Januar 2019 der Flächenentwicklungsplan gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes bei
59 Erbguth, NVwZ 2012, 326; Durner, DVBl. 2011, 853; Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 405; Grigoleit/Janßen/Weisensee, RaumPlanung 2011, 145, 149. 60 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP v. 26.10.2009, 17. Legislaturperiode, S. 36. 61 Vgl. Schneider, S. 300. 62 Energiekonzept der Bundesregierung vom 28.9.2010, S. 19. 63 Etwa Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 405, wonach der Gesetzgeber damit nicht im sachlichen Überschneidungsbereich von Raumordnung und Fachplanung im Hinblick auf die unterschiedliche Kompetenzverteilung und die unterschiedliche Ergebnisverbindlichkeit für Klarheit sorgen wollte. 64 BGBl. I 2012 S. 2730. 65 BGBl. I 2015 S. 2490. 66 BGBl. I 2016 S. 2258. Nebel/Sangenstedt
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II. Anwendungsbereich
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der Durchführung der Bundesfachplanung zu berücksichtigen ist. Die weiteren Änderungen waren rein redaktioneller Art. Wichtige Neuerungen hat § 5 zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des 53 Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 erfahren.67 Betroffen war hiervon zum einen der bisherige Abs. 1 S. 3. Diese Bestimmung, die die BNetzA dazu verpflichtet, in der Bundesfachplanung insbesondere die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG) und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG) zu prüfen, wurde inhaltlich unverändert als S. 1 in den neuen Abs. 2 überführt. Zusätzlich wurden in S. 2 bis S. 6 dieses neuen Absatzes differenzierte Regelungen zu der Frage getroffen, welche Bindungswirkungen Ziele der Raumordnung im Verfahren der Bundesfachplanung entfalten. Hierdurch ist ein zentraler Streitpunkt der früheren Gesetzesfassung legislatorisch entschieden und ausgeräumt worden.68 Zum anderen wurde ein neuer Abs. 3 geschaffen, der den Umgang der Bundesfachpla- 54 nung mit städtebaulichen Belangen regelt. Solche Belange sind nach S. 1 der neuen Vorschrift (lediglich) zu berücksichtigen. S. 2 sieht die Erstattung von Aufwendungen und Kosten vor, wenn aufgrund des Ergebnisses der Bundesfachplanung Bauleitpläne aufgestellt, angepasst oder aufgehoben werden müssen. Auch diese Neuregelung zielt darauf ab, bisherige Unklarheiten des Gesetzes zu beseitigen,69 um mehr Rechtssicherheit bei der Anwendung der Bundesfachplanung zu gewährleisten. Die übrigen Absätze des § 5 blieben inhaltlich unverändert; lediglich die Absatznummerierung wurde angepasst.
II. Anwendungsbereich Gemäß Abs. 1 S. 1 bestimmt die BNetzA in der Bundesfachplanung zur Erfüllung der in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Zwecke Trassenkorridore von im Bundesbedarfsplan aufgeführten Höchstspannungsleitungen. Die Bundesfachplanung wird demnach nur für diejenigen Höchstspannungsleitungen durchgeführt, die in dem Bundesbedarfsplangesetz nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG aufgeführt sind und im Sinne von § 2 Abs. 1 dort als länderübergreifende oder grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen oder Offshore-Anbindungsleitungen gekennzeichnet sind. Als Ausnahme können auch Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV sowie Bahnstromfernleitungen in der Bundesfachplanung „mitverarbeitet“ werden, sofern diese zusammen mit Höchstspannungsleitungen im Anwendungsbereich des NABEG auf einem Mehrfachgestänge geführt werden und die Planungen so rechtzeitig beantragt werden, dass ihre Einbeziehung ohne wesentliche Verfahrensverzögerung für die Bundesfachplanung möglich ist (§ 2 Abs. 3). Da sich die Prüfung der Raumverträglichkeit des Trassenkorridors auf der Ebene der Raumordnung bewegt und die raumbedeutsamen Auswirkungen des Trassenkorridors primär unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen sind, wird es in der Regel für die Bestimmung der Trassenkorridore keinen Unterschied machen, ob auf den Höchstspannungsleitungen im Anwendungsbereich des NABEG noch weitere, untergeordnete Leitungen mitgeführt werden. Die Bundesfachplanung wird nicht für diejenigen Vorhaben durchgeführt, die im EnLAG aufgeführt sind (§ 2 Abs. 4). Die Bundesfachplanung wird ferner nicht für diejenigen Vorhaben durchgeführt, die zwar in dem Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG aufgeführt sind, dort aber nicht als von länderübergreifender oder grenzüberschreitender Bedeutung gekennzeichnet sind. Der Anwen67 BGBl. I 2019 S. 706. 68 Siehe zur Auseinandersetzung über den Umgang mit Zielen der Raumordnung in der Bundesfachplanung die eingehende Darstellung in der Vorauflage, § 15 Rn 28 ff. 69 Siehe auch hierzu die Ausführungen in der Vorauflage, § 15 Rn 56 ff. 537
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
dungsbereich der Bundesfachplanung ist nicht mit dem Bundesbedarfsplangesetz nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG kongruent.
III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1) 60 In der Bundesfachplanung erfolgt eine verbindliche Grobtrassenplanung für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Die BNetzA bestimmt in der Bundesfachplanung die Trassenkorridore der im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen (§ 4 S. 1 und Abs. 1 S. 1). Hierzu prüft sie, ob der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen (Abs. 1 S. 2). In der abschließenden Entscheidung über die Bundesfachplanung sind der Verlauf des raumverträglichen Trassenkorridors sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte festzulegen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1).
1. Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange (Abs. 1. S. 2) 61 Die Entscheidung über die Übereinstimmung des zur Prüfung stehenden Trassenkorridors mit den Erfordernissen der Raumordnung bildet den zentralen Prüfungsgegenstand der Bundesfachplanung. Diese erschöpft sich aber nicht hierin. In die in der Bundesfachplanung vorzunehmende Abwägungsentscheidung sind (auch) alle sonstigen öffentlichen oder privaten Belange einzubeziehen, soweit bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung erkennbar ist, dass sie der Realisierung einer Höchstspannungsleitung innerhalb der für den Trassenkorridor ausgewählten Fläche entgegenstehen können. 62 In der Entscheidung über die Bundesfachplanung ist sicherzustellen, dass innerhalb des Trassenkorridors die Festlegung einer konkreten Trasse nicht ausgeschlossen ist. Mögliche Konflikte sind bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung zu vermeiden, zumindest zu minimieren. Der Trassenkorridor muss so gewählt werden, dass alle auf der Ebene der Bundesfachplanung zu berücksichtigenden Interessen angemessen abgewogen sind. 63 Die abschließende Entscheidung über die Bundesfachplanung sichert auf diese Weise die Flächen des Trassenkorridors für die späteren Planfeststellungsverfahren. Weil die Bestimmung der Trassenkorridore für die Planfeststellungsverfahren verbindlich ist, muss die Prüfung der einem Trassenkorridor entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belange in der Bundesfachplanung nach den gleichen Prüfungs- und Entscheidungsinhalten erfolgen wie im späteren Planfeststellungsverfahren. Anders lässt sich die Sicherung eines Trassenkorridors für das spätere Planfeststellungsverfahren nicht erreichen. Auf der Ebene der Bundesfachplanung wird aber nicht die konkrete Trassenführung festgelegt; dies erfolgt erst im Planfeststellungsverfahren. Daher sind auf der Ebene der Bundesfachplanung die von der späteren Trassenführung berührten öffentlichen und privaten Belange nicht in einer identischen Prüfungsdichte und -tiefe zu ermitteln und zu bewerten wie im anschließenden Planfeststellungsverfahren. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der spezifisch fachgesetzlichen Anforderungen der energierechtlichen Planfeststellung erfolgen nicht in der Bundesfachplanung, sondern bleiben der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung vorbehalten. Dies entspricht insoweit der überkommenen Abgrenzung zwischen Raum- und Fachplanung, wonach den Fachplanungsträgern ein ausreichender Planungsspielraum verbleiben muss, damit sie die ihnen eingeräumten Planungsbefugnisse erfüllen können.70 Die für die konkrete Trassenführung notwendige Ermittlung und Bewertung aller berührten 64 öffentlichen und privaten Belange ist angesichts der Breite des Trassenkorridors von bis zu 1.000 m auf der Ebene der Bundesfachplanung zudem nicht zu leisten und ginge mit einem 70 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14/01 –. Nebel/Sangenstedt
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II. Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung
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enormen Zeitverlust einher, was dem angestrebten Beschleunigungseffekt widersprechen würde. Angesichts der mit der Bundesfachplanung verbundenen Rechtsfolgen – etwa die Möglichkeit einer Veränderungssperre – müssen Vorhabenträger und BNetzA das richtige Maß einer Abwägung und Konkretisierung finden, die letztlich die mit der Bundesfachplanung verbundenen Rechtsfolgen rechtfertigt.
2. Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (Abs. 2) a) Raumverträglichkeit der Bundesfachplanung (S. 1). In der Entscheidung über die Bun- 65 desfachplanung ist der Trassenkorridor insbesondere mit den Erfordernissen der Raumordnung und anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen abzustimmen bzw. ist eine entsprechende Übereinstimmung im Wege der Abwägung herzustellen. Die Entscheidung über den Verlauf des Trassenkorridors verläuft auf der Ebene der Raumordnung. Die Festlegung der konkreten Trassenführung erfolgt im Planfeststellungsverfahren. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der spezifisch energierechtlichen Anforderungen bleiben der Entscheidung über die Planfeststellung vorbehalten. Die Auswirkungen des Trassenkorridors sind auf der Ebene der Bundesfachplanung in erster Linie unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Ziel der Untersuchung ist die Bereitstellung aller Informationen, die zur Ermittlung und Beurteilung der Auswirkungen des Trassenkorridors auf raumstrukturelle Aspekte und für die bei fehlender Übereinstimmung vorzunehmende Abwägungsentscheidung notwendig sind. Der Bundesbedarfsplan ist insgesamt nicht auf konkrete raumbezogene Aussagen ausgelegt. Räumlich konkretisiert sind aber die Anfangs- und Endpunkte der neu zu errichtenden Höchstspannungsleitungen, an denen diese mit dem bestehenden Netz verbunden werden. Um die für den Trassenkorridor notwendigen Flächen zu ermitteln, sind in der Bundesfachplanung einerseits großräumige Raumwiderstände und anderseits relativ konfliktarme Bereiche zu identifizieren. Räume sind konfliktbelastet, wenn ihnen in raumordnerischen Ausweisungen der Länder eine mit einem Trassenkorridor nicht zu vereinbarende Nutzung zugewiesen ist, diese Flächen besonders schutzbedürftig sind oder in private Rechte in unverhältnismäßiger Weise durch die spätere Trassenführung eingegriffen würde. Der Trassenkorridor ist nicht grundstücksscharf zu bestimmen. Dies ist auch nicht erforderlich, da die grundstücksscharfe Festlegung der Trasse erst auf der Ebene des Planfeststellungsverfahrens erfolgt. Eine grundstücksscharfe Festlegung des bis zu 1.000 m breiten Trassenkorridors auf der Ebene der Bundesfachplanung würde das Verfahren der Bundesfachplanung überfordern und den Beschleunigungsgedanken konterkarieren.
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b) Bindung an die Ziele der Raumordnung (S. 2 bis S. 6). Seit Inkrafttreten des NABEG 70 bestand im Schrifttum und in der Praxis erhebliche Uneinigkeit darüber, mit welchem Gewicht Ziele der Raumordnung in die Entscheidungen der BNetzA über den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1) eingehen. Ein Teil der Kontrahenten vertrat die Auffassung, dass Raumordnungsziele auch in der Bundesfachplanung nach § 4 Abs. 1 ROG strikte Verbindlichkeit beanspruchten und damit von der BNetzA zu beachten seien; eine Überwindung der strengen Bindungswirkung sollte nur mit den Mitteln des Widerspruchs (§ 5 ROG) und der Zielabweichung (§ 6 ROG) möglich sein. Andere betrachteten die frühere Fassung des § 15 Abs. 1 S. 2 dagegen (auch) als fachgesetzliche Raumordnungsklausel, durch die die BNetzA bei ihren Entscheidungen nach § 12 von der strikten Bindung an bestehende raumordnerische Zielfestlegungen freigestellt werde. Ziele der Raumordnung sollten danach als starke öffentliche Belange in die Abwägung nach § 5 Abs. 1 S. 2 einbezogen werden; abweichend von § 4 Abs. 1 S. 1 ROG sollten sie aber nicht uneingeschränkt zu beachten, sondern – ebenso 539
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
wie Grundsätze und andere Erfordernisse der Raumordnung – nur ihrem Gewicht entsprechend zu berücksichtigen sein.71 Der Gesetzgeber hat das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.201972 zum Anlass genommen, die Bindung der Bundesfachplanung an die Ziele der Raumordnung in Abs. 2 S. 2 bis S. 6 einer neuen eigenständigen Regelung zu unterziehen. Er hat damit in dieser praktisch bedeutsamen Frage für Klarheit und Rechtssicherheit gesorgt. Die früheren Auseinandersetzungen, die hier jahrelang die Diskussion bestimmt haben, sind dadurch gegenstandslos geworden und nur noch von rechtshistorischem Interesse. Mit dem neuen Absatz 2 und einer ergänzenden Klarstellung in § 15 Abs. 1 S. 2 hat der Gesetzgeber zugleich verdeutlicht, wie die Anwendungsbereiche dieser beiden Vorschriften voneinander abzugrenzen sind. § 5 Abs. 2 enthält einen Konfliktlösungsmechanismus für laufende (also noch nicht abgeschlossene) Bundesfachplanungsverfahren, in denen ein in Aussicht genommener Trassenkorridor auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung trifft, die entweder in bereits existierenden Raumordnungsplänen festgelegt (sog. präexistente Raumordnungsziele) oder Gegenstand eines noch in Aufstellung befindlichen Raumordnungsplans sind. Demgegenüber regelt § 15 Abs. 1 S. 2 das Verhältnis abgeschlossener Bundesfachplanungen zu nachfolgenden, mit dem festgelegten Trassenkorridor unverträglichen Landesplanungen, wozu auch die Aufstellung neuer und die Änderung oder Ergänzung bestehender Raumordnungspläne gehören können.73 Bei dem Konfliktlösungskonzept des Abs. 2 hat sich der Gesetzgeber im Grundsatz für eine Widerspruchslösung entschieden.74 Uneingeschränkte Bindungswirkung sollen Ziele der Raumordnung für die Bundesfachplanung nur entfalten, wenn die BNetzA bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans beteiligt worden ist und den raumordnerischen Zielfestlegungen des Plans nicht widersprochen hat (Abs. 2 S. 2). Fehlt es an der Beteiligung der BNetzA, bedarf es allerdings keines (nachträglichen) Widerspruchs, um die strikte Bindungswirkung zu vermeiden. Auch in anderer Hinsicht weisen die Bestimmungen Unterschiede gegenüber Widerspruchslösungen auf, wie sie unter der Geltung des früheren Rechts von verschiedenen Autoren vorgeschlagen worden sind.75 Der in S. 2 bis S. 6 gewählte Mechanismus ist zwar an die allgemeine Widerspruchsregelung des § 5 ROG angelehnt,76 er ist mit ihr aber nicht identisch. Insbesondere verweist Abs. 2 S. 3 für die Begründetheit des Widerspruchs nicht auf die Anforderungen des § 5 Abs. 2 ROG, sondern enthält ein eigenes, offeneres Kriterium (Eröffnung der Widerspruchsmöglichkeit gegen Raumordnungsziele, die der Bundesfachplanung „entgegenstehen“). Bei der Anwendung der neuen Vorschriften sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden. Denkbar ist zunächst, dass sich die Bundesfachplanung mit präexistenten Raumordnungszielen „alter“ Raumordnungspläne konfrontiert sieht, die bereits zu einer Zeit aufgestellt wurden, als es noch keine Bundesfachplanung für Höchstspannungsleitungen gab und der BNetzA diese Aufgabe folglich noch nicht zugewachsen war. Nach dem Gesetzeswortlaut sind S. 2 bis S. 6 nicht auf Raumordnungspläne beschränkt, die erst nach Inkrafttreten des NABEG 2011 und damit in einer Phase erlassen wurden, als bereits die rechtliche Möglichkeit einer Beteiligung der BNetzA als Bundesfachplanungsbehörde bestand. Die Annahme eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals, mit dem der Anwendungsbereich der Vorschrift auf neuere, 71 Der Meinungsstand und die Argumente der Kontrahenten sind in der Vorauflage eingehend dargestellt, s. dort § 15 Rn 28 ff. 72 BGBl. I 2019 S. 706. 73 Eingehend dazu § 15 Rn 30 ff. 74 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199. 75 Eingehend Schlacke/Schubert/Koch, Energie-Infrastrukturrecht, S. 65, 75 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 23 ff sowie Kment, NVwZ 2015, 616, 620; Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1411 u. NVwZ 2015, 1486, 1487; Schink, I+R 2014, 203, 207; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 90; Schlacke, NVwZ 2015, 626, 630. 76 Vgl. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199: Widerspruch i. S. d. § 5 ROG. Nebel/Sangenstedt
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II. Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung
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erst nach diesem Zeitpunkt aufgestellte, geänderte oder ergänzte Raumordnungspläne verengt würde,77 würde dem klaren Willen des Gesetzgebers widersprechen. Wie die Gesetzesbegründung unmissverständlich zum Ausdruck bringt, soll der Konfliktlösungsmechanismus des Abs. 2 auch auf Raumordungsziele Anwendung finden, die vor Einführung der Bundesfachplanung festgelegt wurden.78 Da es bei den „alten“ Raumordnungsplänen schon an der ersten der in S. 2 genannten 75 Voraussetzungen – einer Beteiligung der BNetzA – fehlt, sind präexistente Raumordnungsziele, die in solchen Plänen festgelegt wurden, im Rahmen der Bundesfachplanung nicht zu beachten, sondern nur zu berücksichtigen, soweit sie der Bundesfachplanung entgegenstehen. Konkret bedeutet dies, dass Ziele „alter“ Raumordnungspläne im Rahmen der Abwägung nach Abs. 1 S. 2 durch höher zu gewichtende Belange des Stromnetzausbaus überwunden werden können. Um diese Rechtsfolge herbeizuführen, bedarf es keines (nachträglichen) Widerspruchs der BNetzA. Die Notwendigkeit eines Widerspruchs sieht S. 2 nur in Fällen vor, in denen die BNetzA bei der Aufstellung des betreffenden Raumordnungsplans beteiligt worden ist.79 Ist die BNetzA hingegen im Aufstellungsverfahren für einen Raumordnungsplan betei- 76 ligt worden, kann sie sich von der Bindungswirkung raumordnerischer Zielfestlegungen, die der Bundesfachplanung entgegenstehen, nach S. 2 mit dem Mittel des Widerspruchs befreien. Der Widerspruch bewirkt, dass die strikte Verbindlichkeit, die Raumordnungszielen sonst nach § 4 Abs. 1 ROG zukommt, gegenüber der BNetzA nicht entsteht. Rechtsfolge ist, dass das raumordnerische Ziel in der Bundesfachplanung keine Beachtung – und damit keine uneingeschränkte Durchsetzung – verlangt, sondern in der Abwägung nach Abs. 1 S. 2 zu berücksichtigen ist. Konkret bedeutet dies, dass der betreffende „Gebietsstreifen“ (§ 3 Nr. 7) bei der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 als Trassenkorridor für eine bestimmte Höchstspannungsleitung in Anspruch genommen werden kann, wenn das hieran bestehende öffentlichen Interesse den raumordnerischen Nutzungsanspruch überwiegt. Nach Abs. 2 S. 3 lässt der Widerspruch gegen Ziele der Raumordnung deren Bindungswir- 77 kung im Verhältnis zur BNetzA nur dann nicht entstehen, wenn das betreffende Ziel der Bundesfachplanung entgegensteht. Bei dem Begriff des „Entgegenstehens“ handelt es sich um ein offenes, ausfüllungsbedürftiges Merkmal. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesbegründung verweisen hierzu auf die Anforderungen, von denen der Gesetzgeber die Begründetheit eines Widerspruchs gegen Raumordnungsziele in § 5 Abs. 2 ROG abhängig gemacht hat. Vielmehr heißt es in der Begründung zu S. 3, dass ein Entgegenstehen anzunehmen sei, wenn die Beachtung des Raumordnungsziels eine Gefährdung oder zumindest deutliche Erschwerung der Bundesfachplanung zur Folge hätte.80 Dieser Ansatz erscheint auch im Lichte des neuen § 3a Abs. 2 konsequent, wonach bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Raumordnungsplänen keine Festlegungen getroffenen werden sollen, die die Bundesfachplanung erschweren. Insgesamt sprechen Ausgestaltung und Regelungskontext deshalb deutlich dafür, dass es dem Gesetzgeber angesichts des überragenden öffentlichen Interesses an einem zügigen Ausbau des Übertragungsnetzes darauf ankam, mit Abs. 2 S. 3 eine Sonderregelung zu schaffen, die die Möglichkeiten der BNetzA zum Widerspruch gegen Ziele der Raumord-
77 So Theobald/Kühling/de Witt, § 5 Rn 27. Nach dieser Auffassung soll für präexistente Raumordnungsziele „alter“ Raumordnungspläne nur ein nachträglicher Widerspruch nach Abs. 2 S. 4 in Betracht kommen – mit möglichen Kostenfolgen für die BNetzA nach Abs. 2 S. 5. 78 BT-Drucks. 19/7375, S. 69. 79 Im Ergebnis entspricht dieser Ansatz einer Lösung, die unter der früheren Fassung des NABEG im Schrifttum auch zu § 5 ROG vertreten wurde; so z. B. Appel, NVwZ 2013, 457, 459; BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 117; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 219 f; Mitschang, UPR 2015, 1, 7; Posser/Faßbender/Wagner/Faßbender/ Gläß, Praxishandbuch, Kap. 7 Rn 134. 80 BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 541
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
nung im Vergleich zur allgemeinen Widerspruchsregelung des § 5 ROG stärkt und ihr damit mehr Flexibilität bei der praktischen Anwendung dieses Instruments eröffnet. Obwohl bei der Auslegung des S. 3 somit nur bedingt auf die Maßstäbe des § 5 Abs. 2 ROG zurückgegriffen werden kann, kann die Option einer Durchführung des Vorhabens auf anderen geeigneten Flächen (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 ROG) auch bei der Bundesfachplanung ein wichtiger Faktor sein, der einen Widerspruch der BNetzA gegen raumordnerische Zielfestlegungen ausschließt. Wenn im konkreten Fall relativ problemlos auf konfliktfreie Trassenkorridoralternativen – also solche, die mit den Zielen der Raumordnung im Einklang stehen – ausgewichen werden kann, besteht kein Planungshindernis, das einen Widerspruch nach S. 3 rechtfertigt. Entscheidend für diese Beurteilung sind aber die Umstände des Einzelfalls. Der Anspruch der Bundesfachplanung, Konflikte mit Zielen der Raumordnung möglichst schon im Prozess der Trassenkorridorfindung zu vermeiden,81 hat Grenzen. Er bedeutet nicht, dass sich die BNetzA zur ungeschmälerten Durchsetzung von Raumordnungszielen auf Korridorvarianten verweisen lassen muss, die mit nur schwer überwindbaren planungsrechtlichen Risiken oder anderen (z. B. baulich-technischen) Hindernissen verbunden sind und damit zu einer Gefährdung, erheblichen Verlängerung oder massiven Erschwerung der Bundesfachplanungsverfahren führen würden. Zweck der neuen Widerspruchslösung ist es vielmehr, die BNetzA gerade für solche Fälle mit einem Instrument auszustatten, das im Sinne der Vorgaben des § 1 Zügigkeit, Effektivität und Effizienz der Bundesfachplanung sichert. Solange im Verfahren noch Ungewissheit darüber besteht, ob im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung konfliktfreie Korridoralternativen zur Verfügung stehen und welche Folgen die Nutzung der in Betracht kommenden Möglichkeiten für die nachfolgende Planfeststellung jeweils hätte, ist die BNetzA berechtigt, bereits vor der abschließenden Alternativenentscheidung Widerspruch zugunsten aller potentiell konfliktbehafteten Korridorvarianten einzulegen. Stellt sich im späteren Planungsprozess heraus, dass diese oder ein Teil dieser Korridoralternativen nicht zum Tragen kommen, wird der Widerspruch insoweit gegenstandslos und läuft ins Leere.82 Nach S. 2 muss der Widerspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem die BNetzA im Aufstellungsverfahren für den Raumordnungsplan beteiligt und über das rechtsverbindliche Ziel unterrichtet worden ist, erhoben werden. Neben diesem anfänglichen Widerspruch sieht S. 4 auch die Möglichkeit eines nachträglichen Widerspruchs vor. Von diesem Instrument kann die BNetzA insbesondere dann Gebrach machen, wenn erst nach Erlass des Raumordnungsplans im weiteren Verlauf des Bundesfachplanungsverfahrens Zielkonflikte sichtbar werden, die ein Abweichen von Zielen der Raumordnung erforderlich machen. Wird ein anfänglicher Widerspruch verspätet – also nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist, aber noch im laufenden Aufstellungsverfahren für den Raumordnungsplan – erhoben, ist er wie ein nachträglicher Widerspruch zu behandeln.83 Der nachträgliche Widerspruch muss innerhalb angemessener Frist und spätestens bis zum Abschluss der Bundesfachplanung erfolgen. Er bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Zustimmungserfordernis trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der nachträgliche Widerspruch gegen einen bereits bestehenden oder im Planungsprozess weit fortgeschrittenen Raumordnungsplan richtet und damit einen besonders gravierenden Eingriff in die Planungskompetenz der Länder darstellt. Mit dem nachträglichen Widerspruch und der anschließenden Entscheidung nach § 12 wird ein bestehender Raumordnungsplan punktuell unrichtig, weil – auch mit raumordnerischer Verbindlichkeit – die Option einer dort nicht vorgesehenen Nutzung (Errichtung oder Ausbau einer bestimmten Höchstspannungsleitung) eröffnet wird, durch deren Realisierung entgegenstehende Nutzungen, die durch den Raumordnungsplan ermöglicht werden sollten, ausgeschlossen werden. Außerdem können sich 81 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 69. 82 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 83 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. Nebel/Sangenstedt
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II. Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung
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nach S. 5 – u. U. beträchtliche – Kostenfolgen für den Bundeshaushalt ergeben. Muss der betroffene Raumordnungsplan nämlich infolge des nachträglichen Widerspruchs geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die BNetzA die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.84 Neben dem Widerspruch kommt nach S. 6 auch die Durchführung eines Zielabweichungs- 82 verfahrens nach § 6 ROG in Betracht. Beide Konfliktlösungswege stehen der BNetzA wahlweise nebeneinander zur Verfügung.85 Zu erwarten ist allerdings, dass in der Praxis von der Zielabweichung nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden wird. Der Vorteil der Widerspruchslösung liegt darin, dass die BNetzA durch einfache Erklärung gegenüber der Raumordnungsbehörde den Eintritt der Bindungswirkung nach § 4 Abs. 1 ROG verhindern oder eine entsprechende schon bestehende Bindungswirkung aufheben kann.86 Die Entscheidung darüber, ob die Zielbindung entsteht oder aufrecht erhalten bleibt, liegt hier somit nicht in der Hand der (Landes-)Behörde, die den Raumordnungsplan aufstellt oder aufgestellt hat, sondern bei der BNetzA.87 Da der Widerspruch kraft Gesetzes, d. h. ohne ein eingeschobenes weiteres Verwaltungsverfahren, unmittelbar wirksam wird, wird der Fortgang der Bundesfachplanung durch ihn nicht gehemmt. Für Abstriche vom Beschleunigungsanspruch des NABEG (§ 1) besteht daher bei dieser Lösung keine Notwendigkeit. Anders stellt sich die Situation dagegen bei der Zielabweichung dar. Bei ihr handelt sich um ein landesgesetzlich geregeltes Verfahren in der Zuständigkeit von Landesbehörden. Durch Zwischenschaltung dieses Verfahrens wird die Entscheidungsbefugnis für einen wesentlichen Prüfaspekt der Bundesfachplanung (Notwendigkeit einer Abweichung von Zielen der Raumordnung) der BNetzA entzogen und den Raumordnungsbehörden der Länder zugewiesen. Diese Konstruktion steht erkennbar im Widerspruch zum Konzept der Bundesfachplanung, nach dem die Planungszuständigkeit, einschließlich Prüfung der Raumverträglichkeit, insgesamt bei der BNetzA liegen sollte. Erschwert wird die praktische Handhabung der Zielabweichung außerdem dadurch, dass die einschlägigen Landesvorschriften im Einzelnen erhebliche Unterschiede aufweisen. Sie sehen teilweise nicht nur eine Beteiligung betroffener Gemeinden, Fachbehörden oder regionaler Planungsverbände, sondern darüber hinaus auch Einvernehmens- und Benehmenserfordernisse vor.88 Überdies steht die Zielabweichungsentscheidung im Ermessen der Länder. Daher können diese Verfahren zeitaufwendig sein,89 und sie sind in ihrem Ausgang nur schwer kalkulierbar. Mit dem
84 Man kann allerdings mit guten Gründen die Frage stellen, ob die Kostentragungspflicht der BNetzA in diesen Fällen interessengerecht ist und es nicht angemessener wäre, die Kosten dem Vorhabenträger in Rechnung zu stellen. Selbst wenn man – anders als hier angenommen (vgl. u. Rn 115 und § 7 Rn 26) – nicht der Auffassung ist, dass es sich bei der Bundesfachplanung um eine Planung des Vorhabenträgers handelt, erfolgt dieses Planungsverfahren zur Vorbereitung einer Ausbaumaßnahme, für deren Durchführung der Vorhabenträger verantwortlich ist. Auch wird die Notwendigkeit eines nachträglichen Widerspruchs regelmäßig nicht auf Gründen beruhen, die von der BNetzA zu vertreten sind, sondern auf dem Umstand, dass Zielkonflikte mit Raumordnungsplänen auch bei optimaler Verfahrenssteuerung durch die BNetzA mitunter erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Bundesfachplanung sichtbar werden. Überdies steht die Ersatzpflicht der BNetzA nach S. 5 im auffälligen Widerspruch zur Kostenerstattung bei notwendigen Anpassungen von Bauleitplänen nach Abs. 3 S. 2, für die der Vorhabenträger in die Pflicht genommen werden soll (dazu näher u. Rn 93). 85 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 86 Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 218. 87 Allgemein Spannowsky/Runkel/Goppel/Spannowsky, § 5 Rn 18; speziell zur Bundesfachplanung auch Appel, NVwZ 2013, 457, 459; BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 117; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 218 f. 88 Vgl. Art. 4 BayLPG, § 12 HessLPG, § 8 NiROG, § 11 ThLPG, § 16 LPG NRW. 89 Eine bundesweite Bestandsaufnahme der Vollzugspraxis bei der Zielabweichung gibt es, soweit ersichtlich, nicht. Einen gewissen Eindruck vermittelt aber eine Übersicht, die sich in einer Antwort der Landesregierung Schleswig-Holstein auf eine Kleine Anfrage findet (Drucksache 18/644 v. 22.3.2013, http://www.landtag.ltsh.de/infothek/ wahl18/drucks/0600/drucksache-18-0644.pdf). Danach lag die Dauer der meisten dort aufgeführten Verfahren bei etwa einem Jahr, einige Verfahren dauerten aber auch doppelt so lange. 543
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
Ziel einer zügigen und effektiven Bundesfachplanung dürfte die Zielabweichung deshalb kaum in Einklang zu bringen sein.90 83 Widerspruch und Zielabweichung wirken nicht nur für die Bundesfachplanung, sondern auch für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Wenn die BNetzA mit diesen Werkzeugen bereits im Rahmen der Bundesfachplanung operiert, bedarf es somit später keines erneuten Tätigwerdens auf der Ebene der Planfeststellung.91 Verzichtet die BNetzA nach § 5a auf die Durchführung der Bundesfachplanung, können Widerspruch und Zielabweichung dagegen nur im Planfeststellungsverfahren zur Anwendung kommen. Grundlage hierfür ist der durch die Novelle 2019 eingeführte § 18 Abs. 4. Insgesamt hat der Gesetzgeber die Bundesfachplanung in S. 2 bis S. 6 mit einem durchset84 zungsfähigen Instrumentarium flankiert, das erforderlichenfalls in der Lage ist, dem öffentlichen Interesse an einem beschleunigten Ausbau des Übertragungsnetzes in der Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Zielen der Raumordnung Geltung zu verschaffen. Damit hat er der BNetzA aber keinen Freibrief ausgestellt, bei der Bundesfachplanung künftig ohne Rücksicht auf zentrale raumordnerische Belange der Länder „durchzuregieren“ und die Raumordnung quasi zu „überfahren“.92 Macht die BNetzA von den ihr in Abs. 2 angebotenen Mitteln Gebrauch, hat dies zwar zur Folge, dass das fragliche Raumordnungsziel ihr gegenüber keine strikte Verbindlichkeit mehr entfaltet. Gleichwohl dürfen widerspruchsbefangene Raumordnungsziele in der Bundesfachplanung weder ignoriert noch unterbewertet werden. Sie gehören vielmehr zu den abwägungsrelevanten Belangen, die bei der Prüfung nach Abs. 2 S. 1 ihrer Bedeutung entsprechend zu berücksichtigen sind. Bei ihrer Gewichtung hat die BNetzA in Rechnung zu stellen, dass die Länder grundsätzlich nur Belangen, denen sie für die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums einen besonders hohen Stellenwert beimessen, den Rang eines Raumordnungsziels einräumen werden. Im Sinne eines länderfreundlichen Verhaltens kann der Widerspruch gegen solche Festlegungen daher nicht zum Standardrepertoire der BNetzA gehören, sondern er muss auf Ausnahmefälle beschränkt werden, die jeweils einen erhöhten Begründungsaufwand erfordern. Die Überwindung landesplanerischer Raumordnungsziele darf immer nur ultima ratio sein, wenn andere Möglichkeiten, die gegenläufigen Interessen im Sinne praktischer Konkordanz planerisch sinnvoll miteinander in Einklang zu bringen, ausscheiden.93 Tatsächlich ist nicht zu erwarten, dass der Konfliktlösungsansatz des Abs. 2 zu dramati85 schen Verschiebungen im Vollzug der Bundesfachplanung führen wird. Das praktische Vorgehen der BNetzA ist methodisch darauf angelegt, Zielkonflikte mit der Raumordnung im Rahmen der Vorgaben des § 1 soweit wie möglich zu vermeiden und eine Harmonisierung herbeizuführen. Im Rahmen von Raumwiderstandsanalysen und Raumverträglichkeitsstudien nehmen Ziele der Raumordnung in der Bundesfachplanung eine herausgehobene Stellung ein. Unvereinbarkeit des Vorhabens mit raumplanerischen Zielvorgaben wird dabei als Faktor betrachtet, der eine Zurückstellung des in Aussicht genommenen Trassenkorridors rechtfertigt.94 Zugleich sind aber auch die Raumordnungsbehörden gefordert, ihren Beitrag zur Konsensfindung zu leisten. § 3a verpflichtet die Länder zu einer bundesfachplanungsfreundlichen Raumordnungsplanung. Beide Seiten müssen sich „arrangieren“, um in gegenseitiger Abstimmung zu optimal verträglichen Lösungen zu gelangen. Zu diesem Zweck sehen sowohl die Bundesfachplanung als auch 90 Zweifel an der Eignung des Zielabweichungsverfahrens zur sach- und zeitgerechten Bewältigung von Konflikten zwischen Bundesfachplanung und bestehenden Raumordnungszielen auch bei Kment, NVwZ 2015, 616, 620; Mitschang, UPR 2015, 1, 7; Posser/Faßbender/Wagner/Faßbender/Gläß, Praxishandbuch, Kap. 7 Rn 136. 91 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 92 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199; verkannt von Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 638 ff. 93 So auch Appel, NVwZ 2013, 457, 460; BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 127; Schaller/Henrich, UPR 2014, 361, 366. 94 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7275, S. 69 sowie § 7 Rn 55. Siehe zur Gewichtung von Zielen der Raumordnung auch die Methodenpapiere der BNetzA zur Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, abrufbar unter https:/ www.netzausbau.de/5Schritte/bundesfachplanung/methodik/de.html# doc737604bodyText4. Nebel/Sangenstedt
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3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 3)
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die Raumordnung in ihren Verfahren jeweils eine Beteiligung der „anderen Seite“ vor, die in der Praxis gut und konstruktiv funktioniert. Die neuen Vorschriften geben keinen Anlass zu der Befürchtung, dass sich daran etwas ändern wird.
3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 3) Zu den öffentlichen Belangen, die die BNetzA in der Bundesfachplanung zu berücksichtigen 86 hat, gehören nach Abs. 3 auch städtebauliche Belange. Neben dem Umgang mit den Zielen der Raumordnung ist dies eine weitere praktisch bedeutsame Ausprägung dieses Planungstyps, zu der frühere Fassungen des NABEG keine besonderen Regelungen enthielten. Das Schweigen des Gesetzgebers führte deshalb auch hier zu Diskussionen und Kontroversen. Unterschiedlich beurteilt wurde, inwieweit Konflikte zwischen Bauleitplanung und Bundesfachplanung nach § 15 Abs. 1 S. 295 oder mit Hilfe des einschlägigen bauplanungsrechtlichen Instrumentariums, namentlich §§ 7 und 38 BauGB, zu bewältigen seien.96 Diese Auseinandersetzung hat sich mittlerweile erledigt, nachdem sich die Novelle 2019 der Streitmaterie angenommen hat. Mit Abs. 3 sowie dem geänderten § 15 Abs. 1 S. 2 wurde ein neuer eigenständiger Lösungsansatz eingeführt, der zu mehr Rechtssicherheit in der Bundesfachplanung beitragen dürfte. Abs. 3 regelt, wie in der Bundesfachplanung mit konkurrierenden städtebaulichen Belan- 87 gen umzugehen ist, die der Ausweisung eines bestimmten Gebietsstreifens als Trassenkorridor einer Höchstspannungsleitung entgegenstehen. Der Begriff der „städtebaulichen Belange“ ist weit zu verstehen. Er umfasst alle bauplanungsrechtlich gestatteten Möglichkeiten der Flächeninanspruchnahme. Angesprochen sind damit vor allem Darstellungen und Festsetzungen in Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen, die eine bestimmte Nutzung des fraglichen Gebiets vorsehen. Wo es an einer solchen bauleitplanerischen Verfestigung fehlt, werden die städtebaulichen Belange durch Art und Maß der zulässigen Grundstücksnutzung bestimmt, die sich für den unbeplanten Innenbereich aus § 34 BauGB und für den Außenbereich aus § 35 BauGB ergeben. Auch sonstige Satzungen nach dem Baugesetzbuch und andere städtebauliche Planungen der Gemeinden können Regelungen zur Konkretisierung städtebaulicher Belange enthalten.97 Angesichts der Vielzahl bauplanungsrechtlicher Instrumente und Rechtsquellen, in denen städtebauliche Belange Ausdruck finden können, ist es für die BNetzA eine Herausforderung, die im konkreten Fall relevanten Aspekte vollständig zu ermitteln und ihnen bei der Bestimmung des Trassenkorridorverlaufs angemessen Rechnung zu tragen. Zur Vermeidung von Prüf- und Abwägungsdefiziten ist es deshalb wichtig, dass die betroffenen kommunalen Planungsträger die Beteiligungsmöglichkeiten, die ihnen die Bundesfachplanung eröffnet, nutzen und hierdurch aktiv dazu beitragen, dass Städtebaubelange, für deren Wahrnehmung sie zuständig sind, im Verfahren nicht aus dem Blick geraten. Abs. 3 gilt für laufende (also noch nicht abgeschlossene) Bundesfachplanungsverfah- 88 ren, in denen ein in Aussicht genommener Trassenkorridor mit dem bauplanungsrechtlichen Nutzungsprogramm nicht verträglich ist. Soweit sich die betroffenen städtebaulichen Belange aus Darstellungen und Festsetzungen in Flächennutzungs- oder Bebauungsplänen ergeben, erfasst die Bestimmung sowohl bestehende als auch noch in Aufstellung befindliche Bauleitpläne. Verzichtet die BNetzA nach § 5a auf die Durchführung der Bundesfachplanung, findet die Konfliktbewältigung im Planfeststellungsverfahren statt. Hierfür hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 4 S. 7 und 8 eine eigene, inhaltlich gleichartige Regelung geschaffen. Die Auseinandersetzung mit städtebaulichen Belangen, die erst nach Abschluss der Bundesfachplanung bei der Aufstellung neuer oder bei der Änderung oder Ergänzung bestehender Flächennutzungs- oder Bebauungspläne auftreten, fällt ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3, sondern richtet 95 Siehe dazu die Darstellung in der Vorauflage, § 15 Rn 56. 96 Siehe dazu im Einzelnen die Darstellung in der Vorauflage, § 15 Rn 57 ff. 97 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 545
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sich, wie der Gesetzgeber in der maßgeblichen Vorschrift inzwischen klargestellt hat („nachfolgende Bauleitplanungen“), nach § 15 Abs. 1 S. 2.98 Nach Abs. 3 S. 1 sind städtebauliche Belange in der Bundesfachplanung (lediglich) zu berücksichtigen. Sie genießen also grundsätzlich keinen Vorrang vor den Belangen des Stromnetzausbaus. Der Konflikt zwischen dem energiewirtschaftlichen Interesse, das fragliche Gebiet für eine künftige Höchstspannungsleitung planerisch in Beschlag zu nehmen, und entgegenstehenden bauplanerischen Vorgaben soll vielmehr dadurch bewältigt werden, dass der städtebauliche Nutzungsanspruch mit dem ihm jeweils zukommenden Gewicht in die fachplanerische Abwägung nach Abs. 1 S. 2 eingeht.99 Damit hat sich der Gesetzgeber hier gegen eine Widerspruchslösung entschieden,100 wie sie Abs. 2 für den Umgang mit Zielen der Raumordnung und § 7 S. 1 bis S. 5 BauGB für Abweichungen von Darstellungen in Flächennutzungsplänen vorsieht. Die Anwendung dieser bauplanungsrechtlichen Vorschriften wird in Abs. 3 S. 2 ausdrücklich ausgeschlossen. Angesichts des überragenden öffentlichen Interesses, das der Gesetzgeber der Realisierung von Höchstspannungsleitungen in § 1 S. 3 beimisst, dürfte es für die städtebaulichen Anliegen schwer sein, sich in der Abwägung durchzusetzen. Andererseits gilt auch hier – ähnlich wie bei entgegenstehenden Zielen der Raumordnung –, dass erkannte Nutzungskonflikte möglichst konsensual, durch Herstellung eines Ausgleichs zwischen den widerstreitenden Belangen, gelöst werden sollten.101 Dabei ist die BNetzA nach Sinn und Zweck des Abs. 3 jedoch nicht darauf angewiesen, sich bei der Konsensfindung auf Korridoralternativen einzulassen, die einen erfolgreichen Abschluss der Bundesfachplanung gefährden oder zu einer erheblichen Verlängerung oder Erschwerung dieses Verfahrens führen würden.102 Kommt die Abwägung im Rahmen der Bundesfachplanung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einem bestimmten Verlauf des Trassenkorridors Vorrang vor städtebaulichen Belangen hat, ist der Nutzungskonflikt damit grundsätzlich auch für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren entschieden. Einer gesonderten Abwägung nach § 17 Abs. 4 S. 6 bedarf es insoweit dann hier regelmäßig nicht mehr; vielmehr reicht es aus, dass die Planfeststellungsbehörde auf die vorlaufende Abwägung nach Abs. 3 S. 1 Bezug nimmt. Wenn Entscheidungen nach § 12 von Darstellungen oder Festsetzungen eines Flächennutzungs- oder Bebauungsplans abweichen, führt dies in der Sache dazu, dass die einschlägige Bauleitplanung von der Bundesfachplanung „überregelt“ wird. Denn damit wird planerisch eine Nutzungsoption (Errichtung oder Ausbau einer bestimmten Höchstspannungsleitung) eröffnet, die der Bauleitplan selbst nicht vorsieht. Zugleich können Nutzungen, die nach dem Flächennutzungs- oder Bebauungsplan zulässig sein sollen, aber mit dem Stromleitungsprojekt unverträglich sind, unmöglich gemacht oder erschwert werden. So ist es der Gemeinde wegen des Vorrangs der Bundesfachplanung nach § 15 Abs. 1 S. 2 grds. verwehrt, aus bestehenden Flächennutzungsplänen Bebauungspläne zu entwickeln, deren Festsetzungen das Stromleitungsvorhaben verhindern oder erheblich behindern würden.103 Auch für Eigentümer betroffener Grundstücke und andere Nutzungsberechtigte können sich gravierende Konsequenzen ergeben. Zwar entfalten Entscheidungen nach § 12 für sie keine Bindungswirkung (§ 15 Abs. 3). Jedoch kann die BNetzA unter den Voraussetzungen des § 16 eine Veränderungssperre erlassen und 98 Eingehend dazu § 15 Rn 30 ff. 99 So zur Rechtslage vor Einführung des Abs. 3 schon Kümper, NVwZ 2015, 1486, 1490; Schink/Versteyl/Dippel/ Schink, § 5 Rn 52. 100 Das ergibt sich sowohl aus S. 1, der die Einordnung städtebaulicher Belange als abwägungsrelevante Faktoren von keinem vorgeschalteten Widerspruch der BNetzA abhängig macht, als auch aus S. 2, der allein auf § 7 S. 6 BauGB, nicht aber auf die Widerspruchsregelung des § 7 S. 1 bis 5 BauGB verweist. Kritisch dazu Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 642 f. 101 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 102 Siehe zur vergleichbaren Rechtslage bei der Auseinandersetzung mit Zielen der Raumordnung bereits o. Rn 78. 103 Vgl. § 15 Rn 38; zur Rechtslage vor der Novelle 2019 auch Mitschang, UPR 2015, 1, 7. Nebel/Sangenstedt
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3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 3)
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damit Vorhaben undurchführbar machen, in die u. U. bereits erheblicher Zeit- und Planungsaufwand investiert worden ist. Solche Projekte können dann später nur noch in Ausnahmefällen verwirklicht werden, wenn der Stromleitung im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren die abschließende Zulassung versagt oder das Projekt aus anderen Gründen an diesem Standort nicht mehr weiterverfolgt wird. Insgesamt kann die Bundesfachplanung den kommunalen Planungsträgern daher vielfältigen Anlass geben, bestehende Bauleitpläne zu aktualisieren und an die veränderte Planungssituation heranzuführen. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 2 eine Regelung zum Ersatz von Aufwendungen und Kosten geschaffen, die durch die notwendige Aufstellung eines neuen oder die erforderliche Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines bestehenden Bauleitplans entstehen können. Die Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass die Anpassung betroffener Flächennutzungs- oder Bebauungspläne in solchen Fällen nicht Ausdruck eigener Planungsaktivitäten der Gemeinde, sondern Folge der Bundesfachplanung und damit nicht dem kommunalen Planungsträger zuzurechnen ist. Deshalb wäre es unangemessen, wenn dieser die daraus resultierenden Aufwendungen und Kosten zu tragen hätte. Erstattungspflichtig soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs vielmehr der Vorhabenträger,104 d. h. der jeweils zuständige Übertragungsnetzbetreiber, sein. Erreicht werden soll dies durch eine entsprechende Anwendung von § 7 S. 6 und § 37 Abs. 3 BauGB. Bei der sinngemäßen Anwendung dieser Vorschriften sind verschiedene Erstattungstatbestände zu unterscheiden. Zum einen geht es um den Planungsaufwand, der mit der Aufstellung neuer oder der Aktualisierung bestehender Bauleitpläne verbunden ist. Handelt es sich dabei um die Änderung oder Ergänzung eines Flächennutzungsplans oder um einen Bebauungsplan, der aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist und infolge der Anpassung des Flächennutzungsplans aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden muss, so gilt nach S. 2 i. V. m. § 7 S. 6 und § 37 Abs. 3 S. 2 BauGB, dass der Gemeinde die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen sind. Ist die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans keine Folgemaßnahme aufgrund von Anpassungen eines vorgelagerten Flächennutzungsplans, sind der Gemeinde die Planungskosten nach S. 2 i. V. m. § 37 Abs. 3 S. 2 BauGB zu erstatten. Nach der ratio dieser Bestimmungen kann Kostenersatz nur verlangt werden, wenn Entscheidungen der BNetzA nach § 12 Aktualisierungsbedarf bei der Bauleitplanung auslösen. Das setzt zunächst voraus, dass in der Bundesfachplanung der Verlauf eines Trassenkorridors festgelegt worden ist, der mit dem bauplanerischen Nutzungsprogramm nicht in Einklang steht. Es erscheint allerdings fraglich, ob bereits dieser Umstand die Überarbeitung des betroffenen Flächennutzungs- oder Bebauungsplans rechtfertigt. Eingewandt werden könnte, dass die Anpassung verfrüht ist, solange noch nicht feststeht, dass die Stromleitung innerhalb des in der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridors tatsächlich verwirklicht werden wird. Diese Gewissheit besteht erst mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach § 24. Da das Vorhaben bis zu diesem Zeitpunkt noch scheitern kann, könnten sich zwischenzeitliche Änderungen der Bauleitplanung später als überflüssig erweisen. Es bleibt deshalb abzuwarten, wie die Regelung in der Praxis gehandhabt werden und welches Verständnis die Rechtsprechung hierzu ggf. entwickeln wird. Ähnliches gilt für den zweiten in Abs. 3 S. 2 enthaltenen Erstattungstatbestand. Die Verweiskette führt hier über § 7 S. 6 BauGB zu § 37 Abs. 3 S. 1 BauGB, Nach dieser Vorschrift soll die Gemeinde vom Vorhabenträger Ersatz von Aufwendungen für Entschädigungen nach dem BauGB beanspruchen können, die durch Entscheidungen nach § 12 ausgelöst werden. Von den baurechtlichen Entschädigungsvorschriften, auf die sich diese Bestimmung bezieht, dürfte vor
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
allem § 39 BauGB von Bedeutung sein. Danach können Grundstückungseigentümer oder andere Nutzungsberechtigte eine angemessene Entschädigung wegen „verlorener“ Aufwendungen verlangen, die sie im Vertrauen auf den Bestand eines später geänderten, ergänzen oder aufgehobenen Bebauungsplans getätigt haben. Die Anwendung der Vorschrift setzt im vorliegenden Kontext voraus, dass die Gemeinde die Bundesfachplanung zum Anlass genommen hat, den bestehenden Bebauungsplan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben. Aus den eben genannten Gründen105 wäre ein solches Vorgehen jedoch problematisch, solange noch kein Planfeststellungsbeschluss nach § 24 vorliegt. Für Nachteile aufgrund einer Veränderungssperre enthält § 16 Abs. 6 inzwischen eine gesonderte Entschädigungsregelung; daher bedarf es hier keines Rückgriffs über Abs. 3 S. 2 sowie §§ 7 S. 6 und 37 Abs. 3 S. 1 BauGB auf § 18 BauGB.
4. Prüfung von alternativen Trassenkorridoren (Abs. 4) 97 Gegenstand der in der Bundesfachplanung zur Bestimmung der Trassenkorridore vorzunehmenden Prüfung sind auch etwaige ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren (Abs. 4). Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der Bundesfachplanung die Festlegung im Bundesbedarfsplan nochmals in Frage gestellt wird.106 Alternative bedeutet in diesem Sinne Alternativenführungen von Trassenkorridoren, ohne das Vorhaben insgesamt in Frage zu stellen. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung enthält denjenigen Trassenkorridor, der die wenigsten Konflikte in Hinblick auf die Raum- und Umweltverträglichkeit aufwirft; dieser Trassenkorridor findet anschließend Aufnahme in den Bundesnetzplan.107 Weiterhin folgt aus der Pflicht zur Prüfung von alternativen Trassenkorridoren nicht, dass die BNetzA jeden von einem Land oder einem Vorhabenträger in das Verfahren eingebrachten Trassenvorschlag mit gleicher Intensität bis zur Bundesfachplanungsentscheidung prüfen müsste.108 98 Für Pilotvorhaben zur Höchstspannungs-Wechselstrom-Übertragung im Sinne von § 2 Abs. 6 BBPlG gelten bei der Alternativenprüfung Besonderheiten.109 Diese Vorhaben des Bundesbedarfsplans können nach Maßgabe des § 4 BBPlG als Erdkabel errichtet und betrieben werden, um den Einsatz von Erdkabeln im Drehstrom-Übertragungsnetz pilotweise zu testen. § 4 Abs. 2 BBPlG konkretisiert die Möglichkeit zur Erdverkabelung für neu zu errichtende Leitungen dahingehend, dass diese Technik regelmäßig auf wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten der Leitung in Betracht kommt. Grundsätzlich sollen die Leitungen auf den übrigen Teilabschnitten daher als Freileitung errichtet werden. § 4 Abs. 2 BBPlG definiert weitere tatbestandliche Voraussetzungen, an die der Einsatz von Erdkabeln auf den potenziell in Betracht kommenden Abschnitten geknüpft ist (bspw. spezielle Mindestabstände). Im Falle der Konformität ist die Planrechtfertigung des jeweiligen Trassenkorridors gegeben.110 Die vorgenannten Vorgaben des BBPlG sind nach Abs. 4 S. 2 nunmehr auch im Rahmen der Bundesfachplanung aufzugreifen. Bei der Prüfung alternativer Trassenkorridore ist daher auch aus fachplanerischer Sicht zu erwägen, inwieweit bei den potenziell in Betracht kommenden Trassenkorridoren eine Möglichkeit zur (Teil-)Erdverkabelung besteht, die ggf. zu einer Verkürzung der Trassenkorridore führt. Die Regelung hat insoweit klarstellenden Charakter für den Inhalt der Alternativenprüfung der Bundesfachplanung.111
105 106 107 108 109
Vgl. die Ausführungen bei Rn 95. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 NABEG Rn 69. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Vgl. BVerwG, Urt. v. 9.5.2019 – 4 VR 1/19, 4 VR 1/19 (4 A 2/19). Positiv zur gesetzgeberischen Differenzierung zwischen HDÜ- und HGÜ-Erdkabeln siehe Appel, NVwZ 2016, 1516, 1524. 110 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 17. 111 BT-Drucks. 18/6909, S. 39. Nebel/Sangenstedt
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6. Offshore-Anbindung (Abs. 6)
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5. Geradliniger Verlauf des Trassenkorridors von erdverkabelten HGÜ-Leitungen (Abs. 5) Nach Abs. 5 prüft die BNetzA für Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG insbesondere, inwieweit zwi- 99 schen dem Anfangs- und dem Endpunkt des Vorhabens ein möglichst geradliniger Verlauf eines Trassenkorridors zur späteren Errichtung und zum Betrieb eines Erdkabels erreicht werden kann. Gemäß § 2 Abs. 5 BBPlG sind die im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten Vorha- 100 ben zur HGÜ-Übertragung nach Maßgabe des § 3 BBPlG als Erdkabel zu errichten, zu betreiben oder zu ändern. Die Ausführung als Erdkabel ist im Grundsatz verbindlich.112 Nur auf Teilabschnitten kommt ausnahmsweise die Errichtung als Freileitung in Betracht, siehe § 3 Abs. 1 bis 4 BBPlG. Auch dann sind zwingend die gesetzlich vorgesehenen Mindestabstände zu Wohngebäuden zu wahren.113 Die Anforderungen des Bundesbedarfsplangesetzes sind bei der Anwendung von Abs. 5 zwingend vorauszusetzen. Die Trassierung von HGÜ-Erdkabeln kann Vorhabenträger, Planungs- und Genehmigungs- 101 behörden, Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit vor besondere Herausforderungen stellen.114 In diesem Zusammenhang sieht der Gesetzgeber mit Abs. 5 vor, dass HGÜ-Erdkabel möglichst geradlinig zu realisieren sind. Die Vorschrift, welche auch eine verfahrensrechtliche Dimension aufweist, enthält als materiellen Planungsgrundsatz das (Optimierungs-)Gebot der Geradlinigkeit.115 Mit dem Ziel einer luftliniengleichen Trassenführung sollen die Betroffenheiten bei der Trassensuche gemindert werden und der Netzausbau volkswirtschaftlich effizient erfolgen.116 Ein geradliniger Verlauf führt durch eine Minimierung der zu überwindenden Strecke im Grundsatz zur Kostenreduktion bei der mit immensen Kosten verbundenen Errichtung der Erdkabeltrassen. Die möglichst gerade Führung der Trasse bewirkt gleichzeitig, dass sich der zu untersuchende Raum (sog. Planungsellipse) verkleinert, da ein geradliniger Verlauf grundsätzlich keine weiträumige Suche eines geeigneten Trassenkorridors erfordert.117 So wird die ansonsten unüberschaubare Zahl an denkbaren Trassenkorridoren auf ein vertretbares Maß reduziert.118 Auch aus dieser Vereinfachungsleistung resultiert der nicht unerhebliche Beschleunigungseffekt der Vorschrift.
6. Offshore-Anbindung (Abs. 6) Nach Abs. 6 ist für Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den 102 Netzverknüpfungspunkten an Land bei der Bundesfachplanung der Bundesfachplan Offshore sowie ab 2019 der Flächenentwicklungsplan nach den §§ 4 ff WindSeeG zu berücksichtigen. Der Zweck der Vorschrift liegt darin, die Verknüpfung der Offshore-Anbindungsleitungen mit dem Höchstspannungsnetz im räumlichen Geltungsbereich des NABEG – einschließlich der 12-Meilen-Zone – sicherzustellen.119 Die gesetzliche Berücksichtigungspflicht kann sich zu einer faktischen Bindungswirkung verdichten.120 112 113 114 115
Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 53. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 53. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 70. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 805; zur Abgrenzung verfahrensrechtlicher und materieller Anteile der Vorschrift sowie zur möglichen Qualifizierung als Optimierungsgebot Kment, NVwZ 2016, 1762, 1762 und 1764; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1520. 116 BT-Drucks. 18/6909, S. 40; zu den fünf- bis zehnmal so hohen Kosten von Erdkabeln gegenüber Freileitungen de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 2. 117 BT-Drucks. 18/6909, S. 40. 118 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 70; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 805. 119 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 100. 120 BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 71. 549
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III. Bestimmung des Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1)
Der Bundesfachplan Offshore ist in § 17a EnWG vorgesehen.121 Die Pflicht zur Berücksichtigung des Bundesfachplans Offshore ergibt sich bereits aus raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten. Die Vorschrift hat insofern allein klarstellenden Charakter für die Berücksichtigungspflicht der BNetzA.122 Die Festlegungen der Bundesfachplanung und des Bundesfachplans Offshore sollen im Wege der Abstimmung ineinandergreifen.123 Die Koordination soll dazu führen, dass die Netzübergangspunkte so aufeinander abgestimmt werden, dass zwischen der Bundesfachplanung und dem Bundesfachplan Offshore eine Kongruenz entsteht.124 Der Bundesfachplan Offshore dient der übergreifenden und gesteuerten Planung der Anbindung von Offshore-WEA.125 WEA werden zu Clustern zusammengefasst und die erforderlichen Standorte für Konverter- bzw. Umspannplattformen und Trassen für Seekabelsysteme räumlich festgelegt. Auch weil der Bundesfachplan Offshore Trassen für grenzüberschreitende Stromleitungen und Trassen zu Verbindungen der Netzanschlusssysteme enthält, ist die Berücksichtigung im Rahmen der Bundesfachplanung nach § 5 notwendig. 104 Die Pflicht zur Berücksichtigung des Flächenentwicklungsplans nach den §§ 4 ff WindSeeG wurde mit Gesetz vom 13. Oktober 2016 eingefügt. Der Flächenentwicklungsplan ist das zentrale Planungsinstrument für die Nutzung der Windenergie auf See: Er sieht Flächen für Windparks vor und macht Vorgaben zu deren Anbindung. Der Übergang vom Bundesfachplan Offshore und vom Offshore-Netzentwicklungsplan zum Flächenentwicklungsplan ist in § 7 WindSeeG geregelt. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 WindSeeG trifft der Flächenentwicklungsplan fachplanerische Festlegungen für die ausschließliche Wirtschaftszone. Insbesondere wird mit dem Flächenentwicklungsplan das Ziel verfolgt, eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen zu gewährleisten und Offshore-Anbindungsleitungen im Gleichlauf mit dem Ausbau der Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See zu planen, zu errichten, in Betrieb zu nehmen und zu nutzen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 WindSeeG). Die notwendige Berücksichtigung des Flächenentwicklungsplans ergibt sich bereits aus raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten: Der Wortlaut von Abs. 6 wurde insofern redaktionell an das ab 2019 geltende Recht angepasst.126 Gemäß § 17d Abs. 1 S. 1 EnWG haben anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Offshore-Anbindungsleitungen entsprechend den Vorgaben des Offshore-Netzentwicklungsplans und ab dem 1. Januar 2019 entsprechend den Vorgaben des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 WindSeeG zu errichten und zu betreiben. 103
7. Strategische Umweltprüfung (Abs. 7) 105 Für die Bundesfachplanung ist eine SUP nach Maßgabe des UVPG durchzuführen. Dementsprechend sind die Umweltauswirkungen des vom Vorhabenträger vorgeschlagenen Trassenkorridors und vernünftiger Alternativen nach § 40 UVPG in einem Umweltbericht darzustellen und vorläufig zu bewerten.127 Die abschließenden Bewertung, die auch die Ergebnisse der Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung einzubeziehen hat, ist nach § 43 Abs. 2 UVPG in der Entscheidungsfindung über die Bundesfachplanung zu berücksichtigen.128 Nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 121 122 123 124 125 126 127
Vgl. De Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 55. BR-Drucks. 520/12, S. 47. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 101. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 102. Vgl. BR-Drucks. 520/12, S. 1. BT-Drucks. 18/8860, S. 340. Zur SUP in der Bundesfachplanung eingehend § 7 Rn 74 ff sowie Schlacke, NVwZ 2015, 626, 632; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 56 ff; de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 35 ff. Näher zur Alternativenprüfung in der SUP § 7 Rn 29, 43 ff. 128 Zur Bewertung der Umweltauswirkungen in der SUP näher § 7 Rn 101. Nebel/Sangenstedt
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1. Abwägungsentscheidung
NABEG § 5
i. V. m. §§ 43 und 44 UVPG enthält die Entscheidung der BNetzA über die Bundesfachplanung die abschließende Bewertung der in der SUP ermittelten Umweltauswirkungen; außerdem ist ihr eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, in der darzulegen ist, wie Umwelterwägungen bei der Festlegung des Trassenkorridors einbezogen wurden, wie dabei der Umweltbericht sowie die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der festgelegte Korridor nach Abwägung mit den geprüften Alternativen gewählt wurde.129 Ziel der SUP ist die Bereitstellung aller Informationen, die zur Ermittlung und Beurteilung 106 der Umweltauswirkungen des Trassenkorridors notwendig sind. Die Prüfungen innerhalb der SUP können aber nicht weitergehen als der Konkretisierungsgrad der Bundesfachplanung. Dementsprechend müssen weiterführende Untersuchungen im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, ggf. auch im Rahmen einer dort notwendigen UVP. Auch die Erkenntnisse und Bewertungen der SUP können im anschließenden Planfeststel- 107 lungsverfahren verwendet werden, sofern sie auf dieser Planungsebene relevant und nicht durch neuere Entwicklungen überholt sind.
8. FFH-Verträglichkeit Der Trassenkorridor soll so bestimmt werden, dass erhebliche Beeinträchtigungen von Natura 108 2000-Gebieten ausgeschlossen werden können. Falls erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind, muss bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung eine Auseinandersetzung mit der FFH-Verträglichkeit der Ausbauvorhaben erfolgen.
IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung 1. Abwägungsentscheidung Die Entscheidung über die Bundesfachplanung erfolgt in einem zweistufigen Prozess.130 In 109 der ersten Stufe prüft die BNetzA, ob dem beabsichtigten Trassenkorridor bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung zu berücksichtigende öffentliche und privaten Belange entgegenstehen, insbesondere ob er mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt. Stehen der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer bestimmten Fläche keine öffentlichen oder privaten Belange entgegen, kann die BNetzA – ohne dass es einer Abwägungsentscheidung bedarf – diese Fläche als Trassenkorridor bestimmen. Auf dieser Stufe entspricht die Entscheidung über die Bundesfachplanung der Prüfung der Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors in einem Raumordnungsverfahren. Stehen der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer für den späteren 110 Trassenkorridor ausgewählten Fläche hingegen öffentliche oder private Belange entgegen, hat die BNetzA die entgegenstehenden Belange in der zweiten Stufe mit den Belangen zur Errichtung der Höchstspannungsfreileitungen abzuwägen. Die Festlegung des Trassenkorridors ist zulässig, wenn die Abwägungsentscheidung zu dem Ergebnis führt, dass die entgegenstehenden Belange zurücktreten müssen.131 Im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind die für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalls mit den entgegenstehenden Belangen abzuwägen. Auf dieser Stufe gleicht die Entscheidung einer raumordnerischen Abwägung über die Ziele der Raumordnung. Die Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors wird also nicht lediglich „festgestellt“, sondern sie wird über die Abwä129 Vgl. § 7 Rn 74. 130 Hingegen zu drei Stufen der Abwägung Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 32, 35. 131 So auch Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043, a. A. wohl Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031. 551
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§ 5 NABEG
IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung
gungsentscheidung „hergestellt“. Die BNetzA hat daher insoweit mit der Abwägungsentscheidung auch eine gestalterische Kompetenz. 111 Aus dem Wortlaut des § 5 erschließt sich hinsichtlich der in der Bundesfachplanung zu treffenden Entscheidung nicht direkt, dass die BNetzA bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung eine Abwägungsentscheidung vorzunehmen hat. Nach dem Wortlaut des Abs. 1 S. 2 prüft die BNetzA, ob der Verwirklichung des Vorhabens in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Dem Wortlaut lässt sich lediglich entnehmen, dass es sich bei der zu treffenden Entscheidung nicht um eine fachplanerische Abwägung handelt. Für die im Anwendungsbereich des NABEG vorzunehmende fachplanerische Abwägungsentscheidung in der Planfeststellung hat der Gesetzgeber den üblichen Terminus gewählt, wonach bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange zu berücksichtigen sind (§ 18 Abs. 3 S. 1). 112 Auch lässt die Bestimmung, wonach die BNetzA das öffentliche Interesse an der Realisierung der Stromleitung anderen von dem Vorhaben berührten öffentlichen oder privaten Belangen gegenüberzustellen hat, nicht ohne Weiteres den Umfang des Abwägungsprozesses erkennen. Ausgehend von dem Wortlaut („überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen“) muss es sich in der Sache um eine Abwägungsentscheidung handeln. Denn die Festlegung eines Gebietsstreifens als Trassenkorridor kann nicht erfolgen, wenn die entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belange das öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen überwiegen. Damit sich die Realisierung der Höchstspannungsleitung gegenüber den entgegenstehenden Belangen durchsetzen kann, muss sich das der Realisierung der Höchstspannungsleitungen vom Gesetzgeber zugrunde gelegte öffentliche Interesse gegenüber entgegenstehenden Interessen durchsetzen. Zum einen ist das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen in § 1 S. 3 normiert. Zum anderen ist in § 5 Abs. 1 S. 1 festgeschrieben, dass die Bestimmung der Trassenkorridore dem in § 1 Abs. 1 EnWG normierten Zweck dient, nämlich der möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität. Das öffentliche Interesse muss diejenigen öffentlichen oder privaten Belange überwiegen, die – soweit auf der Ebene der Bundesfachplanung zu berücksichtigen – dem Vorhaben innerhalb der Fläche, die als Trassenkorridor ausgewiesen werden soll, entgegenstehen. Überwiegt bei der zu treffenden Abwägung das öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen, so kann ein Trassenkorridor trotz entgegenstehender Belange von der BNetzA bestimmt und das Vorhaben innerhalb des Trassenkorridors – nach entsprechendem Planfeststellungsbeschluss – realisiert werden. 113 Bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung handelt es sich nicht um eine fachplanerische Abwägung, sondern um eine den spezifischen Regeln der Bundesfachplanung folgende „gewichtete Abwägung“. Mit der Entscheidung über die Bundesfachplanung soll ein Ausgleich zwischen der Wechselwirkung zwischen der Planungshoheit der Länder (und Gemeinden), die ihren Ausdruck in raumordnerischen Plänen (und Bauleitplänen) finden und dem Anliegen des Ausbaus des Übertragungsnetzes geschaffen werden.132 Mit der „gewichteten Abwägungsentscheidung“ hat der Gesetzgeber für die Bundesfachplanung eine Abwägungsentscheidung eigener Art geschaffen. Anders als in der planungsrechtlichen Abwägung hat der Gesetzgeber der Realisierung der Höchstspannungsleitungen gegenüber entgegenstehenden Belangen grds. eine vorgeprägte Gewichtung eingeräumt. Das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen räumt der Bestimmung der Trassenkorridore in der in der Bundesfachplanung zu treffenden „gewichteten Abwägung“ von vornherein Vorrang gegenüber entgegenstehenden öffentlichen wie privaten Belangen ein.133 Eine von den überkommenen dogmatischen Grundlagen der fachplanerischen Abwägungsentscheidung abweichende, sog. bipolare, den spezifischen Regeln des FFH-Rechts folgende Abwägung ist in der Rechtspre132 BT-Drucks 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks 17/6073, S. 27. 133 A. A. De Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 10 f. Nebel/Sangenstedt
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1. Abwägungsentscheidung
NABEG § 5
chung etwa für die einzelfallbezogene Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG anerkannt.134 Bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Realisierung der Höchst- 114 spannungsleitungen und den entgegenstehenden Erfordernissen der Raumordnung ist – entsprechend der gesetzlichen Wertung in den §§ 3 und 4 ROG – der unterschiedlichen Intensität von Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung Rechnung zu tragen und diese mit dem ihnen jeweils eigenen Gewicht in die nach § 5 Abs. 1 S. 2 durchzuführende Abwägung einzustellen. In Raumordnungsplänen festgelegten Zielen der Raumordnung kommt auch in der Bundesfachplanung grundsätzlich eine starke Bindungswirkung zu. Bei Zielkonflikten mit höher zu gewichtenden Belangen des Stromnetzausbaus können landesplanerisch ausgewiesene Raumordnungsziele künftig jedoch mit dem in Abs. 2 verankerten Instrumentarium überwunden werden. Dabei hat die BNetzA mit der gebotenen Zurückhaltung vorzugehen. Die Festlegung eines Trassenkorridors im Widerspruch zu bestehenden Raumordnungszielen wird nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen.135 Bei der Bundesfachplanung handelt es sich um eine raumbedeutsame Planung von Personen 115 des Privatrechts.136 Nicht die BNetzA, sondern die verpflichteten ÜNB planen die Trassenkorridore. In der Bundesfachplanung trifft die BNetzA eine Entscheidung über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen der ÜNB. Bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung handelt es sich daher um eine „sonstige Entscheidung“ im Sinne des § 4 Abs. 2 ROG. Die Erfordernisse der Raumordnung sind daher gem. § 4 Abs. 2 ROG nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 hat die Bundesfachplanung grds. Vorrang vor nachfolgenden Planungen der Länder und Gemeinden. Mit den Instrumenten des Abs. 2 und 3 kann der Bundesfachplanung auch gegenüber abgeschlossenen oder noch in Aufstellung befindlichen Planungen der Länder und Gemeinden Geltung verschafft werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die bestehenden Planungen der Länder und Gemeinden das öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen nicht überwiegen. Die Festlegung des grundsätzlichen Vorrangs der Bundesfachplanung vor Planungen der Länder und Gemeinden korrespondiert mit der in § 5 Abs. 1 S. 2 vorgeschriebenen gewichteten Abwägungsentscheidung, wonach die BNetzA prüft, ob der Verwirklichung des Vorhabens in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Der BNetzA kommt im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung die für Abwägungsprozes- 116 se anerkannte planerische Gestaltungsfreiheit zu.137 Diese ergibt sich – auch ohne ausdrückliche Erwähnung – aus der Übertragung einer Planungsbefugnis auf die entsprechende Behörde in Verbindung mit der Erkenntnis, dass die Befugnis zur Planung einen mehr oder weniger ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit einschließt und einschließen muss, weil Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre.138 Insofern ist die im Einzelfall vorzunehmende Wertung, ob das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen die entgegenstehenden Belange überwiegt, ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Maßstäbe der gerichtlichen Überprüfung der „gewichteten Abwägung“ entsprechen in ihrer Grundstruktur denen, die für die Kontrolle der fachplanerischen Abwägung gelten. Insofern beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung der „gewichteten Abwägung“ auf die Frage, ob die BNetzA die für und wider die Realisierung der Höchstspannungsleitungen streitenden öffentlichen oder privaten Belange rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt 134 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 –; BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 –; BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 C 1/06 –; BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –; BVerwG, Urt. v. 27.1.2000 – 4 C 2/99 – m. w. N. Dazu näher o. Rn 84. A. A. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 9. Vgl. zur naturschutzfachlichen Abwägung BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 C 1/06 –. Vgl. BVerwG, Urt. v 12.12.1969 – IV C 105/66 –; BVerwG, Urt. v 5.7.1974 – IV C 50/72 –; BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 – IV C 21.74 –; BVerwG, Urt. v. 9.11.1979 – 4 N 1/78 –.
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§ 5 NABEG
IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung
hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Abwägung eingehalten hat. Das Gebot der gerechten Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist zudem verletzt, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.139 Der BNetzA steht hingegen kein Beurteilungsspielraum über die Inhalte der einer Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung innerhalb einer bestimmten Fläche entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belange zu.
2. Außen- und Bindungswirkung 117 Die Außen- und Bindungswirkung der Bundesfachplanung ist von großer Bedeutung und zugleich von nicht nur unerheblicher Schwierigkeit. Denn die Bundesfachplanung ist eine Rechtsfigur sui generis, deren genaue Konturen nicht bis ins Einzelne festgelegt sind. Ein besonderer Blick auf die Außen- und Bindungswirkung ist daher notwendig.
118 a) Grundsatz. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist für die Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff verbindlich (§ 15 Abs. 1 S. 1).140 Der Gesetzgeber formuliert damit eine Bindungswirkung, die – so zumindest auf den ersten Blick – den Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde trifft. Da Bundesfachplanungen grds. Vorrang vor Landesplanungen haben, binden die Bundesfachplanungen zudem auch die Planungsträger der Länder und Gemeinden. Verbindlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 bedeutet die Verbindlichkeit der Festlegung des 119 Trassenkorridors.141 Die Leitung kann nur innerhalb des in der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridors genehmigt und verwirklicht werden. Die Planfeststellungsbehörde darf mit der Trasse nicht aus dem Trassenkorridor herausschwenken. Dies gilt auch für den Fall, dass nur der Sicherheitsabstand den Trassenkorridor verlässt, ohne dass dies bei der Leitung selbst der Fall ist. Die komplette Trasse einschließlich des Sicherheitsabstandes muss innerhalb des Trassenkorridors liegen. Dürfte im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens von dem Trassenkorridor abgewichen werden, würde die Zielstellung des Gesetzes und der Bundesfachplanung unterlaufen. Das bedeutet in der Konsequenz auch, dass Trassenverläufe, die den Trassenkorridor verlassen, keine relevante Variante oder Alternative im Abwägungsprozess des Planfeststellungsverfahrens darstellen können. 120 Die Bindung an den Trassenkorridor bezieht sich nicht auf Bauarbeiten für die Errichtung einer Trasse. Machen es die Bauarbeiten erforderlich, kann der festgesetzte Trassenkorridor verlassen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass für die Inanspruchnahme der Flächen, die für die Durchführung der Bauarbeiten benötigt werden, entsprechende Rechte gesichert sind.
139 BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66 –. Vgl. auch die zahlreichen Nachweise bei Hoppe, DVBl. 2003, 1345 ff; zu Abwägungsausfall, -defizit, -fehleinschätzung und –disproportionalität Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 41–44. 140 Vgl. § 15 Rn 16 ff. 141 A. A. Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 405 mit Bezug auf die missverständliche Formulierung in der Begr. des RegE, BT-Drucks. 17/6073, S. 23: bei bestehenden Konfliktlagen könne der festgelegte Korridor über die vorgesehene Breite hinaus verlängert werden. Die Gesetzesbegründung bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Auswahl der Trassenbreite vor der Entscheidung über die Bundesfachplanung. So wie hier auch Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1032; Appel, UPR 2011, 406, 409; Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043. Nebel/Sangenstedt
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2. Außen- und Bindungswirkung
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Innerhalb dieses Korridors verbleibt der Planfeststellungsbehörde ein eigener planerischer 121 Gestaltungsfreiraum, um den Trassenverlauf auf Grundlage des Abwägungsmaterials der Bundesfachplanung in der Planfeststellung parzellenscharf festzulegen. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens er- 122 kannt wird, dass an einer Stelle ausschließlich eine Trassenführung außerhalb des festgestellten Trassenkorridors möglich ist. In diesen Fällen ist die vorangegangene Entscheidung über die Bundesfachplanung zwangsläufig (materiell) fehlerhaft und muss korrigiert werden. Zuständig für eine solche Korrektur ist allein die BNetzA.142
b) Unwesentliche Abweichungen. Es stellt sich die Frage, wie mit solchen Konstellationen 123 umzugehen ist, bei denen der Trassenkorridor nur in einem kleinen, unwesentlichen Bereich verlassen werden muss. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass bei bestehenden Konfliktlagen der Trassenkorridor verändert werden kann.143 Dies ist missverständlich formuliert. Der Gesetzgeber wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Breite des Trassenkorridors variieren kann und dass sie nicht zuletzt von den jeweiligen Konfliktlagen abhängt, nicht jedoch, dass bei Konfliktlagen von einem durch die Entscheidung über die Bundesfachplanung festgestellten Trassenkorridor abgewichen werden kann. Geringfüge Änderungen des Trassenkorridors bzw. der Trasse und kleinräumige Verläufe 124 außerhalb des Trassenkorridors können im vereinfachten Verfahren nach § 11 NABEG durchgeführt werden, soweit die weiteren Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen.
c) Sinn und Zweck der Verbindlichkeit. Die Bindungswirkung entspricht der Systematik im 125 Zusammenspiel von Bundesfachplanung und Planfeststellung. Die Bundesfachplanung ist als komplexes Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ausgestaltet, gerade um ein Ergebnis zu erzielen, das Verbindlichkeit beanspruchen kann. Die verbindliche Festlegung eines Trassenkorridors dient damit der Rechts- und Investitionssicherheit des Vorhabenträgers. Diese Funktion korrespondiert mit der materiellen Verbindlichkeit der Bundesfachplanung. Die Verbindlichkeit der Bundesfachplanung sichert aber auch die Zuständigkeit der 126 BNetzA für die Trassenbestimmung ab. Allein die BNetzA ist für die Durchführung der Bundesfachplanung zuständig (§ 31 Abs. 1). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht das Recht, von der Bundesfachplanung abzuweichen.144 Das von der BNetzA festgelegte Ergebnis soll nicht später von den Landesbehörden wieder in Frage gestellt werden können. Eine Bestimmung der Trassenkorridore durch die Länder widerspräche dem Grundgedanken des NABEG, wonach für länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen eine (bundes-) einheitliche Entscheidung getroffen werden soll. Die Planfeststellungsbehörde hat daher eine von ihr als fehlerhaft bewertete Bundesfachplanung der BNetzA zur Korrektur vorzulegen. Insofern lässt sich von einer formellen Verbindlichkeit der Bundesfachplanung sprechen.
d) Fehlende Außenwirkungen. Ungeachtet ihrer Bindungswirkung gegenüber den Landesbe- 127 hörden hat die Entscheidung über die Bundesfachplanung nach § 12 keine unmittelbare Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme (§ 15 Abs. 3 S. 1). Diese Festlegung hat erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsnatur der Bun-
142 Vgl. dazu Rn 144. 143 BT-Drucks. 16/6073, S. 19, 23. 144 So aber Wagner, DVBl. 2011, 1453; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031. 555
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IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung
desfachplanung,145 die Folgen von Fehlern in der Bundesfachplanung146 und den Rechtsschutz gegen Entscheidungen in der Bundesfachplanung.147
128 e) Rechtsschutz. Vorhabenträger wie auch Dritte können gegen die Entscheidung über die Bundesfachplanung nicht unmittelbar Rechtsschutz geltend machen;148 vorgesehen ist nur eine Inzidentkontrolle (§ 15 Abs. 3 S. 2).149 Der Vorhabenträger kann allerdings die ihm von der BNetzA nach § 6 S. 2 auferlegte Verpflichtung, einen Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung zu stellen, anfechten. Betroffene Dritte sind berechtigt, in diesem Stadium des Verfahrens die von der BNetzA gem. § 16 Abs. 1 festgesetzten Veränderungssperren anzufechten.
129 f) Bewertung. Dass die Entscheidung über die Bundesfachplanung keine unmittelbare Außenwirkung hat (§ 15 Abs. 3 S. 1) und nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden kann (§ 15 Abs. 3 S. 2), anderseits aber für das nachfolgende Verfahren der Planfeststellung nach §§ 18 ff verbindlich ist, erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich. Diese Bindungswirkung entspricht der Systematik im Zusammenspiel von Bundesfachplanung und Planfeststellung. Die Bundesfachplanung ist als komplexes Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ausgestaltet, um ein Ergebnis zu erzielen, das Verbindlichkeit beanspruchen kann. Die verbindliche Festlegung eines Trassenkorridors dient der Rechts- und Investitionssicherheit des Vorhabenträgers. Die Verbindlichkeit der Bundesfachplanung sichert die alleinige Zuständigkeit der BNetzA für die Trassenbestimmung ab. Allein die BNetzA ist für die Durchführung der Bundesfachplanung zuständig (§ 31 Abs. 1). Das von der BNetzA festgelegte Ergebnis soll nicht später von den Landesbehörden wieder in Frage gestellt werden können. Eine Bestimmung der Trassenkorridore durch die Länder widerspräche dem Grundgedanken des NABEG, wonach für länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen eine (bundes-) einheitliche Entscheidung getroffen werden soll. Die Planfeststellungsbehörde hat daher eine von ihr als fehlerhaft bewertete Bundesfachplanung der BNetzA zur Korrektur vorzulegen.
3. Fehlerfolgen und Fehlerkorrektur in der Bundesfachplanung 130 a) Allgemeines. Sowohl das Verfahren der Bundesfachplanung als auch dessen abschließende Entscheidung können fehlerhaft sein, nicht zuletzt deshalb, weil die rechtsverbindliche Festsetzung hoheitlicher Raumplanungen zu den aufwendigsten, schwierigsten und fehleranfälligsten Verwaltungsentscheidungen überhaupt zählt.150 Denkbar sind Verletzungen der detailliert geregelten Verfahrensvorschriften über die Ent131 scheidung der Bundesfachplanung wie auch materiell-rechtliche Fehler bei der Abwägungsentscheidung. Das Risiko derartiger Fehler ist nicht unbeachtlich. Die Bundesfachplanung ist ein Verfahren sui generis. Inhaltlich betrifft das Verfahren verschiedene Rechtsbereiche, die zuvor separat gesetzlich geregelt waren, so etwa das Raumordnungsverfahren je Fachplanung. Nicht zuletzt können Fehler bei der Durchführung der SUP oder bei den naturschutzfachlichen Prüfungen auftreten. In den Vorschriften über die Bundesfachplanung findet sich nunmehr
145 146 147 148 149 150
Vgl. dazu Rn 117 ff. Vgl. dazu Rn 130 ff. Vgl. dazu Rn 128, 134. Vgl. BVerwG, Beschl. V. 24.3.2021 – 4VR 2.20; BVerwG, Urt. v. 9.5.2019 – 4 VR 1/19, 4 VR 1/19 (4 A 2/19). Vgl. dazu Rn 134 sowie eingehend § 15 Rn 41 ff. Durner, DVBl. 2011, 853, 859.
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3. Fehlerfolgen und Fehlerkorrektur in der Bundesfachplanung
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in Gestalt von § 15 Abs. 3 S. 3 eine Regelung zum Grundsatz der Planerhaltung:151 Die Vorschrift sieht die entsprechende Anwendung von § 75 Abs. 1a VwVfG vor. Der Gesetzgeber mag zunächst davon ausgegangen sein, dass solche Regelungen entbehrlich seien, weil die Entscheidung über die Bundesfachplanung gem. § 15 Abs. 3 keine Außenwirkung hat; es handelt sich vielmehr um eine verwaltungsinterne Entscheidung. Im Jahr 2012 wurde dann jedoch eine notwendige Fehlerfolgenregelung in § 15 Abs. 3 S. 3 getroffen.152 Sie ordnet die entsprechende Anwendung von § 75 Abs. 1a VwVfG an. Nach § 75 Abs. 1a VwVfG gilt im Wesentlichen, dass Mängel bei der Abwägung nur erheb- 132 lich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind: Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung einer Planung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt. Die nun ausdrücklich vorgesehene entsprechende Anwendbarkeit dieser Regelungen schafft Rechtssicherheit.153 Damit sind im Ergebnis Entscheidungen, die auf Grundlage der Bundesfachplanung ergehen, gemäß § 15 Abs. 3 S. 3 vorrangig zu erhalten.154 Schädlich ist demgegenüber im Einzelfall eine mit Blick auf einen konkreten Entscheidungsmangel belegbare Möglichkeit einer anderen Abwägungsentscheidung.155
b) Öffentlichkeitsbeteiligung. Wenn eine fehlerhafte Bundesfachplanung korrigiert werden 133 muss, führt dies – soweit erneut ein förmliches Bundesfachplanungsverfahren durchgeführt werden müsste – zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung und konterkariert damit Zweck und Intention des NABEG. Geringfüge Änderungen des Trassenkorridors bzw. der Trasse und kleinräumige Verläufe außerhalb des Trassenkorridors können im vereinfachten Verfahren nach § 11 NABEG durchgeführt werden, soweit die weiteren Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen. c) Inzidente Überprüfung. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung kann ausschließ- 134 lich im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen das Planfeststellungsverfahren überprüft werden (§ 15 Abs. 3 S. 2). Die Bestimmung der Trassenkorridore wird inzident in der gerichtlichen Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses geprüft. Eine Überprüfung der konkreten Trassenfestlegung beinhaltet auch eine Überprüfung, ob der Trassenkorridor fehlerfrei bestimmt wurde. Eine rechtswidrige Bundesfachplanung kann daher nicht unmittelbar durch ein Gericht aufgehoben werden. Da Rechtsschutz gegen das materielle Ergebnis der Bundesfachplanung – die Bestimmung der Trassenkorridore – erst im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses möglich ist, können die Verfahrens- und Formvorschriften über die Entscheidung der Bundesfachplanung gem. § 44a S. 1 VwGO erst zu diesem Verfahrenszeitpunkt überprüft werden. d) Gesetzliche Regelungen. Für die Bundesfachplanung wird nunmehr entsprechend auf die 135 Vorschriften zur Planerhaltung des § 75 Abs. 1a VwVfG nach § 15 Abs. 3 S. 3 verwiesen. Diese Regelungen über die Erheblichkeit von Abwägungsmängeln und über die Planergänzung und das ergänzende Verfahren sind auf den Planfeststellungsbeschluss als Verwaltungsakt ausgerichtet. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist indes kein Verwaltungsakt im 151 152 153 154 155 557
Siehe BT-Drucks. 18/4655, S. 39; zuvor BR-Drucks. 520/12, S. 47. Eingehend dazu § 15 Rn 52 ff. Vgl. BR-Drucks. 520/12, S. 47; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 56. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 58. Siehe Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 59. Nebel/Sangenstedt
§ 5 NABEG
IV. Entscheidung über die Bundesfachplanung
Sinne von § 35 S. 1 VwVfG, weil sie nach dem Gesetzeswortlaut in § 15 Abs. 3 S. 1 keine unmittelbare Außenwirkung hat. Auch vor diesem Hintergrund ordnet § 15 Abs. 3 S. 3 die nicht direkte, sondern entsprechende Anwendbarkeit von § 75 Abs. 1a VwVfG an. 136 Die Regelungen über die Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern nach § 46 VwVfG und die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern nach § 45 VwVfG sind nicht unmittelbar anwendbar. Sie gelten unmittelbar nur für Verwaltungsakte im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG. Die in § 15 Abs. 3 S. 3 angeordnete entsprechende Anwendung von § 75 Abs. 1a VwVfG erstreckt sich aber auf dessen S. 2 Hs. 2, wonach die §§ 45, 46 VwVfG unberührt bleiben. Damit ist deren Anwendung nicht a priori ausgeschlossen. 137 § 45 VwVfG ist einer entsprechenden Anwendung auf andere Verfahrenserfordernisse und -handlungen zugänglich. Diese können bis zum Abschluss der ersten Instanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, wenn und soweit der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, d. h. ohne (gerichtliche) Aufhebung oder jedenfalls Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidung, erreicht werden kann.156 Für eine entsprechende Anwendung von §§ 45, 46 VwVfG streiten nicht zuletzt Sinn und Zweck der Regelung über Fehlerfolgen: Verfahrens- und Formvorschriften sollen „das Verfahren nur im Interesse einer richtigen Sachentscheidung in bestimmte Bahnen und Formen zwingen, haben mithin gegenüber dem materiellen Recht nur eine dienende Funktion“.157 138 Die für die Bundesfachplanung notwendigen Rechtsfiguren zur Planerhaltung, Planergänzung oder Heilung von Form- und Verfahrensfehlern werden sich erst im Zuge der weiteren dogmatischen Verarbeitung der Bundesfachplanung im Detail herausarbeiten lassen. Denn sowohl ihre Notwendigkeit wie auch ihre Ausgestaltung hängen u. a. von der Außen- und Bindungswirkung der Bundesfachplanung, vom Verhältnis von Bundesfachplanung und Planfeststellungsverfahren sowie der Reichweite der inzidenten richterlichen Kontrolle im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen das Planfeststellungsverfahren ab. Ob die Einfügung des § 15 Abs. 3 S. 3 stets zu sachgerechten Ergebnissen führt, bleibt abzuwarten.
e) Auswirkungen von Fehlern und Fehlerkorrektur 139 aa) Vor Abschluss der Bundesfachplanung. Wenn bereits ausgelegte Unterlagen geändert werden und dadurch eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich wird, ist die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe des § 9 Abs. 7 durchzuführen. Von der Durchführung eines Erörterungstermin soll in diesen Fällen grds. abgesehen werden (vgl. § 10 Abs. 4).
140 bb) Nach Abschluss der Bundesfachplanung. Werden materielle oder formelle Fehler der Bundesfachplanung nach Abschluss der Bundesfachplanung, aber vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens erkannt, so hat die BNetzA diese Fehler durch Wiederaufgreifen des Bundesfachplanungsverfahrens zu korrigieren. Einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf es zur Fehlerkorrektur nicht. Eine Behörde kann im Fachplanungsrecht jederzeit einen von ihr erkannten oder als möglich unterstellten Mangel beseitigen, indem sie das Verfahren wieder an dem Punkt aufnimmt, an dem der Fehler geschehen ist, und erneut zu Ende führt.158 Die der Planerhaltung dienende Befugnis der Behörde, das Verfahren selbst nach Klageerhebung jederzeit zur Behebung eines Mangels wieder aufzunehmen und erneut zu Ende zu führen, ergibt sich aus einem für das Fachplanungsrecht allgemein geltenden Grundsatz. Nach diesem Grundsatz umfasst die Ermächtigung zum Erlass der Planungsentscheidung auch 156 BVerwG, Urt. v. 20.8.2008 – 4 C 11.07 –. 157 BT-Drucks. 6/1173, S. 52. 158 OVG Münster, Urt. v. 10.12.2004 – 20 D 134/00 –. Nebel/Sangenstedt
558
3. Fehlerfolgen und Fehlerkorrektur in der Bundesfachplanung
NABEG § 5
die Befugnis zur Fehlerbehebung.159 Die entsprechende Anwendbarkeit von § 75 Abs. 1a S. 1 VwVfG steht dem nicht entgegen, weil die Vorschrift die Erheblichkeit von Mängeln regelt; hieraus ergibt sich kein Verbot der Fehlerbehebung. Das zeigt bereits die ebenfalls entsprechend anwendbare Vorschrift des § 75 Abs. 1a S. 2 Hs. 1 VwVfG, die die Fehlerbehebung erheblicher Mängel regelt. Dürfen erhebliche Mängel behoben werden, so gilt dies erst recht für unerhebliche Mängel. Um den Netzausbau zu beschleunigen, ist es von entscheidender Bedeutung, ob in den 141 Fällen, in denen die BNetzA die Entscheidung über die Bundesfachplanung für fehlerhaft hält und sie daher das Verfahren wieder aufnimmt, erneut ein förmliches Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist, insbesondere, ob eine erneute Durchführung eines Behörden- und Öffentlichkeitsverfahrens erforderlich ist (vgl. § 9 Abs. 7 und § 10 Abs. 4) Geringfüge Änderungen des Trassenkorridors bzw. der Trasse und kleinräumige Verläufe 142 außerhalb des Trassenkorridors können im vereinfachten Verfahren nach § 11 NABEG durchgeführt werden, soweit die weiteren Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen
cc) Nach Beginn der Planfeststellung. Werden materielle oder formelle Fehler der Bundes- 143 fachplanung erst nach Beginn des Planfeststellungsverfahrens erkannt, kann das Verfahren wieder aufgegriffen und insbesondere als ergänzendes Verfahren zu Ende geführt werden. Es bestehen keine Unterschiede zwischen dem Verfahrensstand vor und nach Beginn der Planfeststellung. Nach Beginn der Planfeststellung ist zwischen den Fällen zu unterscheiden, in denen die 144 BNetzA sowohl für die Durchführung der Bundesfachplanung als auch für die Planfeststellung zuständig ist, und den Fällen, in denen die BNetzA nur für die Durchführung der Bundesfachplanung zuständig ist, die Landesbehörden dagegen die Planfeststellungsverfahren durchführen. Die Landesbehörden können mangels Kompetenz Fehler der Bundesfachplanung nicht durch Wiederaufgreifen des Bundesfachplanungsverfahrens korrigieren; dies obliegt allein der BNetzA. Gemäß § 31 Abs. 1 ist die BNetzA für die Durchführung der Bundesfachplanung zuständig. Eine Bestimmung der Trassenkorridore durch die Länder widerspräche dem Grundgedanken des NABEG, wonach für länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen gerade eine (bundes-) einheitliche Entscheidung getroffen werden soll. Die Planfeststellungsbehörde hat daher eine von ihr als fehlerhaft bewertete Bundesfachplanung der BNetzA zur Korrektur vorzulegen. Diese nimmt die Planergänzung vor oder führt das ergänzende Verfahren durch.
dd) Nach Abschluss der Planfeststellung. Werden materielle oder formelle Fehler der Bun- 145 desfachplanung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erkannt, finden die Regelungen über die Erheblichkeit von Abwägungsmängeln, die Planergänzung und das ergänzende Verfahren nach § 15 Abs. 3 S. 3 i. V. m. § 75 Abs. 1a VwVfG Anwendung. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung wird als raumordnerische Beurteilung der Trassenführung in den Planfeststellungsbeschluss übernommen. Die materielle Entscheidung über die Bundesfachplanung geht in dem Planfeststellungsbeschluss auf. Überprüft wird in diesen Fällen nicht die (isolierte) Entscheidung der Bundesfachplanung, sondern der Planfeststellungsbeschluss selbst. Formelle Fehler der Bundesfachplanung sind gemäß § 15 Abs. 3 S. 3 entsprechend § 75 146 Abs. 1a VwVfG zu behandeln. Nach § 75 Abs. 1a S. 2 Hs. 2 VwVfG bleiben auch die §§ 45, 46 VwVfG unberührt. Anders als die materielle Entscheidung über die Bundesfachplanung, gehen formelle Fehler in dem Planfeststellungsbeschluss auf. Sie unterfallen nicht zwangsläufig der inzidenten Kontrolle bei der gerichtlichen Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Allerdings 159 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18.8.2005 – 4 B 18/05 –. 559
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§ 5 NABEG
V. Zuständigkeit und Verfahren
muss vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG auch gegen Verfahrensschritte der Bundesfachplanung Rechtsschutz möglich sein. Konsequenterweise ist in diesen Fällen dann aber auch § 46 VwVfG über die Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern und § 45 VwVfG über die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern entsprechend anzuwenden. Das bestätigt sich nunmehr in Anbetracht von § 15 Abs. 3 S. 3, der über § 75 Abs. 1a S. 2 Hs. 2 VwVfG zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften führt.
V. Zuständigkeit und Verfahren 1. Zuständigkeit 147 Die Bundesfachplanung wird gem. § 31 Abs. 1 von der BNetzA durchgeführt.160 Diese Aufgabenzuweisung gilt unabhängig davon, ob der BNetzA oder den zuständigen Landesbehörden die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens obliegt. 148 Die BNetzA ist gem. § 31 Abs. 3 verpflichtet, dem BMWi sowie dem BMUB regelmäßig in nicht personenbezogener Form über den Verfahrensstand zur Bundesfachplanung zu berichten.
2. Verfahren 149 Das Verfahren der Bundesfachplanung ist gesetzlich deutlich stärker systematisiert, als dies aus anderen Verfahren vergleichbarer rechtlicher Qualität bekannt ist. Fristen für die einzelnen Verfahrensschritte sollen ein stringentes Verfahren sicherstellen. Die Mitwirkungsrechte der Vorhabenträger sind verstärkt worden. Die Bundesfachplanung beginnt mit dem Antrag des Vorhabenträgers (§ 6 S. 1). Grund150 sätzlich beginnen alle Zulassungsentscheidungen mit der Antragstellung, gesetzlich geregelt war dies zuvor allerdings nicht.161 Die BNetzA kann den verpflichteten Vorhabenträger durch Bescheid auffordern, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist den erforderlichen Antrag zu stellen (§ 6 S. 2).162 Der Inhalt der für die Durchführung der Bundesfachplanung notwendigen Unterlagen wird 151 in einem gesetzlich festgelegten, iterativen Prozess zwischen Vorhabenträger und Behörde erarbeitet. Für diesen Prozess hat der Gesetzgeber drei Verfahrensschritte festgelegt und diese mit Fristen versehen. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Festlegung des Verfahrens zur Bestimmung der für die Durchführung der Bundesfachplanung notwendigen Unterlagen zwei Ziele. Zum einen erhält die Antragskonferenz eine dezidiert verfahrensrechtliche Stellung, indem der Gesetzgeber vorschreibt, dass Umfang und Untersuchungstiefe der Antragsunterlagen aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz für den Vorhabenträger verbindlich festgelegt werden. Die BNetzA wird verpflichtet, die Antragskonferenz so sorgfältig durchzuführen und mit einem entsprechenden Ergebnis zu versehen, dass der Vorhabenträger in Kenntnis gesetzt wird, welche Gutachten er anzufertigen und welche Unterlagen er einzureichen hat.163 Diese Verpflichtung der Behörde ist eine Amtspflicht im Sinne des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG. Der Vorhabenträger kann die Einleitung der Bundesfachplanung als ersten Schritt mit 152 „schlanken“ Unterlagen beantragen. Der Antrag muss bestimmte Mindestinhalte enthalten (§ 6
160 Zur Vereinbarkeit mit den Art. 83 ff GG Erbguth, NvWZ 2012, 326, 328; vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 8, 10.
161 Für die Planfeststellungsverfahren im Anwendungsbereich des NABEG ist die Antragstellung in § 19 geregelt. 162 Vgl. § 6 Rn 39 ff. 163 Vgl. § 7 Rn 123 f, 162. Nebel/Sangenstedt
560
2. Verfahren
NABEG § 5
S. 6) und das Vorhaben so allgemeinverständlich darstellen, dass die Festlegung des Untersuchungsrahmens ermöglicht wird (§ 6 S. 5).164 Als zweiten Schritt führt die BNetzA unverzüglich nach Einreichung des Antrags eine Antragskonferenz durch (§ 7 Abs. 1 S. 1). In der Antragskonferenz werden Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung erörtert (§ 7 Abs. 1 S. 2). Die Antragskonferenz ist öffentlich (§ 7 Abs. 2 S. 3), um zu Verfahrenstransparenz, Akzeptanz und Befriedung beizutragen.165 Die BNetzA legt aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz einen Untersuchungsrahmen für die Bundesfachplanung fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der einzureichenden Unterlagen (§ 7 Abs. 4). Die BNetzA wird damit zur konkreten Beschreibung des Untersuchungsrahmens und des Untersuchungsauftrages im Wege einer Amtspflicht verpflichtet. Anders als der im Rahmen der UVP durchzuführende Scoping-Termin nach § 15 UVPG, ist die Antragskonferenz in der Bundesfachplanung nicht nur auf Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP beschränkt; sie bezieht sich vielmehr auf den kompletten materiellen Prüfungsgegenstand der Bundesfachplanung. Im dritten Schritt legt der Vorhabenträger der BNetzA auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz in einer angemessenen Frist alle laut Untersuchungsrahmen nach § 7 Abs. 4 erforderlichen Unterlagen vor (§ 8). Spätestens zwei Wochen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen führt die BNetzA ein auf die spezifischen Bedürfnisse der Bundesfachplanung zugeschnittenes Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durch (§ 9). Soweit die Bundesfachplanung nicht im vereinfachten Verfahren durchgeführt wird, gehört hierzu auch die Durchführung eines Erörterungstermins (§ 10).166 Die Bundesfachplanung ist binnen sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen mit der Entscheidung über den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors sowie den an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkten und der Bewertung der Umweltauswirkungen des Trassenkorridors abzuschließen (§ 12). Die Entscheidung ist den Beteiligten bekanntzugeben sowie an den Auslegungsorten zur Einsicht auszulegen und auf der Internetseite der BNetzA zu veröffentlichen (§ 13). Die durch die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore werden nachrichtlich in den Bundesnetzplan aufgenommen (§ 17).
164 Vgl. dazu § 6 Rn 14 ff. 165 BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 166 Vgl. § 10 Rn 6 ff. 561
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156
§ 5a Verzicht auf Bundesfachplanung (1) Auf die Durchführung der Bundesfachplanung soll in folgenden Fällen verzichtet werden: 1. bei der Änderung oder Erweiterung einer Leitung, 2. bei einem Ersatzneubau oder 3. bei einem Neubau oder der Verlegung von Leerrohren innerhalb eines Trassenkorridors, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 7 des Raumordnungsgesetzes festgelegt oder im Bundesnetzplan ausgewiesen ist. Der Verzicht auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden. (2) Auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann bei einem Ersatz- oder Parallelneubau, der weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse erfolgt, verzichtet werden. Der Verzicht auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden. (3) Über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung ist innerhalb einer Frist von acht Wochen nach Einreichung der entsprechenden Unterlagen zu entscheiden. Der Vorhabenträger muss darin den Verlauf der Bestandstrasse oder des ausgewiesenen Trassenkorridors angeben und nachweisen, dass die Änderung, die Erweiterung oder der Neubau nach Absatz 1 oder 2 auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne Durchführung der Bundesfachplanung möglich ist. § 15 Absatz 3 Satz 1 und 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Wenn ein Vorhaben oder eine Einzelmaßnahme im Bundesbedarfsplangesetz auf Grund seiner besonderen Eilbedürftigkeit entsprechend gekennzeichnet ist, ist auf die Durchführung der Bundesfachplanung zu verzichten. Eine Entscheidung nach Absatz 3 ist in diesem Fall entbehrlich. (5) Bei einem Verzicht auf die Bundesfachplanung erfolgt die Prüfung der öffentlichen und privaten Belange im Sinne des § 5 im Planfeststellungsverfahren. (6) Der Verzicht auf die Durchführung der Bundesfachplanung ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu beantragen, wenn das Bundesbedarfsplangesetz keine hiervon abweichende Kennzeichnung enthält. Die Bundesnetzagentur kann auf begründeten Antrag des Vorhabenträgers die Frist verlängern.
Übersicht I.
Überblick über die Norm
II. 1.
7 Anwendungsbereich Änderung oder Erweiterung einer Leitung 8 (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) 9 Ersatzneubau (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) Neubau oder Verlegung von Leerrohren i. S. d. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Ersatz- oder Parallelneubau weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse 11 (Abs. 2) 11 a) Ersatzneubau (Abs. 2 S. 1, 1. Alt.) 12 b) Parallelneubau (Abs. 2 S. 1, 2. Alt.) c) Weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse (Abs. 2 13 S. 1)
2. 3. 4.
1
Serong/Salm https://doi.org/10.1515/9783110670516-049
III. 1. 2. 3. 4.
5.
Antragsinhalte 17 18 Antragserfordernis 19 Frist 20 Verfahren (Abs. 3) Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis 21 (Abs. 3 S. 1 und S. 2) a) Möglichkeit eines Bundesfachplanungsver22 zichts (Abs. 3 S. 2) 29 b) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 1 32 c) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 2 37 d) Keine SUP-Vorprüfung Möglichkeit der Abschnittsbildung (Abs. 1 S. 2, 41 Abs. 2 S. 2)
562
NABEG § 5a
I. Überblick über die Norm
IV.
1. 2. 3.
Entscheidung über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung (Abs. 3 42 S. 1) Rechtsfolge: Gebundene Entscheidung (Abs. 1 43 S. 1) Rechtsfolge: Ermessensentscheidung (Abs. 2 46 S. 1) 50 Frist (Abs. 3 S. 1)
51
V.
Rechtsschutz (Abs. 3 S. 3)
VI.
Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz 52 (Abs. 4)
VII. Weiteres Verfahren (Abs. 5) VIII. Frist zur Antragstellung (Abs. 6)
55 58
I. Überblick über die Norm In der ursprünglichen Konzeption des NABEG ist die Einführung einer Bundesfachplanung als 1 erstem Teil eines zweistufigen Planungs- und Genehmigungsverfahrens ein zentrales Element für das verfolgte Ziel einer Beschleunigung des Netzausbaus. Die Durchführung der Bundesfachplanung mit ihrer sorgfältigen Prüfung der Raumverträglichkeit und der Umweltauswirkungen des Vorhabens und mit der gesetzlich angeordneten Verbindlichkeit des festgelegten Trassenkorridors für das anschließende Planfeststellungsverfahren soll „ein hohes Maß an Planungs- und Rechtssicherheit“1 gewährleisten. Für einige Fälle hatte der initiale Gesetzgeber des NABEG indes bereits antizipiert, dass die Durchführung einer Bundesfachplanung nicht unbedingt erforderlich sein wird.2 Dementsprechend hatte er insbesondere für Fälle der Zu- oder Umbeseilung und des Ersatz- oder Parallelneubaus die Option des sog. vereinfachten Verfahrens eröffnet. § 11 setzte und setzt allerdings voraus, dass nach § 37 S. 1 UVPG eine Strategische Umwelt- 2 prüfung nicht erforderlich ist. Die Durchführung jener sog. SUP-Vorprüfung verursacht in der Praxis erfahrungsgemäß einen mehrmonatigen Zeitaufwand. Außerdem begrenzte diese tatbestandliche Voraussetzung ebenso wie die nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 in der bis 16.5.2019 geltenden Fassung geforderte vollständige Realisierung in oder unmittelbar neben einer bestehenden oder bereits zugelassenen Trasse den Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens. Ungeachtet dessen ist in der bisherigen Genehmigungspraxis das vereinfachte Verfahren nach § 11 erfolgreich erprobt worden. In den bislang durchgeführten Regelverfahren der Bundesfachplanung hat sich, soweit es sich um Vorhaben der Zu- oder Umbeseilung, des Ersatz- oder Parallelneubaus handelte, hingegen gezeigt, dass auch nach eingehender Prüfung ernsthaft in Betracht kommender Alternativen in der Entscheidung nach § 12 letztlich ganz überwiegend ein an der Bestandsleitung orientierter Trassenkorridor festgelegt worden ist. In Konfliktbereichen, zum Beispiel des Gebiets- oder Artenschutzes, kommt es allerdings punktuell auch zu Umgehungen, d. h. der festgelegte Trassenkorridor entfernt sich von der Bestandsleitung – zum Teil unter Nutzung anderer Bündelungsmöglichkeiten.3 Diese Erfahrungen aus den ersten Jahren der Anwendung des NABEG-Planungsregimes wa- 3 ren im Zuge der Gesetzesnovellierung 2019 zu würdigen. Der Gesetzgeber hat dabei richtiger Weise ein zusätzliches Beschleunigungspotenzial erkannt. Die Einführung einer Möglichkeit des Verzichts auf Bundesfachplanung entspricht auch Anregungen des Schrifttums, der Gesetzgeber möge durch Absehen von der Bundesfachplanung weiteres Beschleunigungspotenzial erzielen.4 In bestimmten typisierten Fallkonstellationen kann von einer Bundesfachplanung abgesehen und das Genehmigungsverfahren unmittelbar mit der Planfeststellung begonnen werden. In der 1 BT-Drucks. 17/6073, S. 19. 2 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 3 Unter www.netzausbau.de/vorhaben sind die bisherigen Entscheidungen der Bundesnetzagentur nach § 12 veröffentlicht.
4 Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 289 f mit dem Vorschlag, den Anwendungsbereich der Bundesfachplanung de lege ferenda insbesondere für Vorhaben zu reduzieren, deren Planungsradius bzw. -region eine deutliche Vorprägung durch lineare Infrastrukturen aufweist. 563
Serong/Salm
§ 5a NABEG
I. Überblick über die Norm
Planfeststellung sind dann selbstverständlich alle sonst in der Bundesfachplanung zu prüfenden öffentlichen und privaten Belange, einschließlich der Prüfung der Raumverträglichkeit, abzuarbeiten (so auch ausdrücklich Abs. 5).5 Diese Fallkonstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine bestehende Leitung bzw. ein ausgewiesener Trassenkorridor sich bei einer konkreten Analyse der räumlichen Situation (vgl. Abs. 3) als günstig für die Realisierung eines weiteren Vorhabens erweisen. Bei derartigen Vorhaben überschaubarer Komplexität reicht die Durchführung des einstufigen Genehmigungsverfahrens aus.6 Die in § 5a neu eingeführte ausdifferenzierte Regelung zum Verzicht auf Bundesfachplanung stellt dabei die ursprüngliche Konzeption und die grundsätzliche Sinnhaftigkeit eines zweistufigen Systems keineswegs in Frage. Nach wie vor sprechen für das zweistufige System, insbesondere angesichts der Ziele frühzeitiger Beteiligung und der Entlastung der Planfeststellung, gute Gründe.7 Der Gesetzgeber hat der Bundesnetzagentur mit § 5a ein Instrumentarium an die Hand gege4 ben, über das die Raumordnungsbehörden bereits verfügten. Gemäß § 16 Abs. 2 ROG kann von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, dass die Raumverträglichkeit einer Planung oder Maßnahme anderweitig geprüft wird. Dies kann der Fall sein, wenn ein Planfeststellungsverfahren die Gewähr dafür bietet, dass die Erfordernisse der Raumordnung angemessen geprüft und in der Entscheidung berücksichtigt werden.8 Entsprechendes gilt, wenn ein Trassenkorridor bereits als Ziel der Raumordnung in einen Raumordnungsplan aufgenommen wurde.9 Die Länder haben auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 ROG entsprechende Regelungen zur Entbehrlichkeit eines Raumordnungsverfahrens erlassen.10 Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, auch im NABEG eine Beschleunigungsoption zu verankern, in einfach gelagerten Fällen ein einstufiges Genehmigungsverfahren genügen zu lassen. 5 Bei der Einführung des NABEG gab der Gesetzgeber an, das vereinfachte Verfahren (§ 11) dem Vorbild des § 16 Abs. 2 ROG nachgebildet zu haben.11 Konsequenter ist es jedoch, wie nun geschehen, die Bundesfachplanung in derartigen Fällen nicht nur zu straffen, sondern auf sie ganz zu verzichten. Hierfür wurden die bisherigen Fallgruppen des § 11 größten Teils in den neuen § 5a überführt, wobei tatbestandliche Voraussetzungen präzisiert und teilweise erleichtert wurden. Die Fälle der Nutzung der Trasse einer bereits bestehenden oder zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsleitung (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a. F.) oder der Errichtung der Ausbaumaßnahme unmittelbar neben einer solchen Trasse (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a. F.) finden sich nunmehr in § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 S. 1. Dabei sind die Legaldefinitionen in § 3 Nr. 1–6 zu beachten. Der Fall der Nutzung eines Trassenkorridors, der bereits im Bundesnetzplan gemäß § 17 ausgewiesen ist (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a. F.) wurde in § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 verankert. Im Ergebnis wurde der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens nach § 11 stark eingeschränkt. 6 § 5a enthält drei Varianten des Verzichts auf Bundesfachplanung. In ihrem ersten Absatz enthält die Norm eine Soll-Regelung: in den dort aufgezählten Fällen ist regelhaft und grundsätzlich auf die Durchführung der Bundesfachplanung zu verzichten. Absatz 2 erweitert den Anwendungsbereich der Vorschrift um weitere Fälle, bei denen der Verzicht im Ermessen der Bundesnetzagentur steht (Kann-Regelung). Die Fallgruppen des Abs. 2 wurden im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens leicht abgeändert.12 Schließlich greift Absatz 4 die in § 2 Abs. 7 BBPlG ermöglichte Kennzeichnung 5 Vgl. auch BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 6 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 196; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1435; Appel/Feurich, ER 2020, 47, 48; kritisch: Kelly/Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 616 f. 7 So auch Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 196; Appel/Feurich, ER 2020, 47, 48; Kelly/Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 616 f Zur Zweistufigkeit des Verfahrens vgl. auch Kment, NVwZ 2015, 616, 618. 8 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 2. Aufl., Rn 351. 9 Vgl. Wagner/Faßbender/Gläß, in: Posser/Faßbender (Hg.), Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 7 Rn 72 und 93, auch m. w. N. 10 Beispiele bei Wagner/Faßbender/Gläß, a. a. O., Kap. 7 Rn 93. 11 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 12 § 5a Abs. 2 hatte im Gesetzentwurf ursprünglich (BT-Drucks. 19/7375, S. 19) folgende Fassung: „Auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann in folgenden Fällen verzichtet werden: 1. bei einem Parallelneubau oder Serong/Salm
564
2. Ersatzneubau (Abs. 1 S. 1 Nr. 2)
NABEG § 5a
für einen gesetzlich angeordneten Bundesfachplanungsverzicht auf. Für die Fälle der Absätze 1 und 2 enthält Absatz 3 verfahrensrechtliche Vorgaben, u. a. ein Antragserfordernis. Absatz 6 enthält eine Fristenregelung für das Stellen dieses Antrags. Für alle Fallgruppen des Verzichts stellt Absatz 5 klar, dass durch die Wahl des einstufigen Genehmigungsverfahrens die Prüfung der öffentlichen und privaten Belange uneingeschränkt im Planfeststellungsverfahren erfolgt.
II. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich des § 5a ist eröffnet, wenn einer der von der Regelung erfassten Fall- 7 gruppen räumlicher Vorprägung vorliegt. Letztere sind in § 3 weitgehend legal definiert.13
1. Änderung oder Erweiterung einer Leitung (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) Eine Änderung oder Erweiterung einer Leitung nach § 5a Abs. 1 Nr. 1 ist nach der Legaldefiniti- 8 on des § 3 Nr. 1 die Änderung oder der Ausbau einer Leitung einschließlich Änderungen des Betriebskonzepts in einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung grundsätzlich fortbestehen soll; hierzu zählen auch a) die Mitführung von zusätzlichen Seilsystemen auf einer bestehenden Maststruktur einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments (Zubeseilung), b) die Ersetzung eines bereits bestehenden Seilsystems durch ein neues leistungsstärkeres Seilsystem einschließlich einer gegebenenfalls hierfür erforderlichen Erhöhung einzelner Masten um bis zu 20 Prozent ohne wesentliche Änderungen des Fundaments (Umbeseilung) und c) Maßnahmen, die unter Beibehaltung der Masten lediglich die Auslastung der Leitung anpassen und keine oder allenfalls geringfügige und punktuelle bauliche Änderungen erfordern (Änderung des Betriebskonzepts).
Die eingeführten Definitionen enthalten für die Praxis hilfreiche Klarstellungen.14
2. Ersatzneubau (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) Ein Ersatzneubau nach § 5a Abs. 1 Nr. 2 ist nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 4
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die Errichtung einer neuen Leitung in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung innerhalb von drei Jahren ersetzt wird; die Errichtung erfolgt in der Bestandstrasse, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente und bei Erdkabeln die Kabel in der Bestandstrasse befinden; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird.
2. bei einem Neubau unter weit überwiegender Nutzung einer Bestandstrasse. Der Verzicht auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden.“ In Kraft getreten ist folgende Fassung des § 5a Abs. 2 (Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019, BGBl. I v. 16. Mai 2019, S. 706): „Auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann bei einem Ersatz- oder Parallelneubau, der weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse erfolgt, verzichtet werden. Der Verzicht auf die Durchführung der Bundesfachplanung kann auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden.“. 13 Siehe weiterführend § 3 Rn 1 ff. 14 Siehe hierzu umfassend § 3 Rn 2 ff Vgl. zu Einzelfragen der Zu- und Umbeseilungen auch Appel/Feurich, ER 2020, 47, 49 ff. 565
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§ 5a NABEG
II. Anwendungsbereich
3. Neubau oder Verlegung von Leerrohren i. S. d. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 10 Eine weitere Konstellation räumlicher Vorprägung, in der von der Durchführung der Bundesfachplanung abgesehen werden soll, ist die Planung eines Neubaus oder der Verlegung von Leerrohren innerhalb eines Trassenkorridors, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 des Raumordnungsgesetzes (ROG) festgelegt oder im Bundesnetzplan ausgewiesen ist gem. Abs. 1 S. 1 Nr. 3. Sinn und Zweck ist eine Verzahnung verschiedener Planungen und damit eine Beschleunigung der zusammengelegten Genehmigungsverfahren insgesamt.15 In zeitlicher Hinsicht muss die Voraussetzung erfüllt sein, dass eine Festlegung in einem Raumordnungsplan nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG oder eine Ausweisung im Bundesnetzplan nach § 17 besteht.
4. Ersatz- oder Parallelneubau weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse (Abs. 2) 11 a) Ersatzneubau (Abs. 2 S. 1, 1. Alt.). Voraussetzung des Anwendungsbereichs des Abs. 2 ist die Planung eines Ersatz- oder Parallelneubaus, der weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse erfolgt. Der Vorhabenträger muss in entsprechenden Unterlagen gem. Abs. 3 S. 2 den Verlauf der Bestandstrasse oder des ausgewiesenen Trassenkorridors angeben. Ein Ersatzneubau ist nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 4 die Errichtung einer neuen Leitung in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung innerhalb von drei Jahren ersetzt wird; die Errichtung erfolgt in der Bestandstrasse, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente und bei Erdkabeln die Kabel in der Bestandstrasse befinden; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird.
12 b) Parallelneubau (Abs. 2 S. 1, 2. Alt.). Ein Parallelneubau i. S. d. Abs. 2 ist nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 5 die Errichtung einer neuen Leitung unmittelbar neben einer Bestandstrasse, wobei die bestehende Leitung fortbestehen soll; die Errichtung erfolgt unmittelbar neben der Bestandstrasse, wenn ein Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird.
13 c) Weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse (Abs. 2 S. 1). Eine weitere Bedingung des Abs. 2 ist, dass der jeweilige Ersatz- oder Parallelneubau der räumlichen Anforderung entspricht, weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse zu erfolgen.16 Eine Bestandstrasse ist gem. § 3 Nr. 2 die Trasse einer bestehenden oder bereits 15 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 36: Es werden „Konstellationen identifiziert, in denen Verfahrensschritte gänzlich verzichtbar sind oder jedenfalls vereinfacht durchgeführt werden können. Dies ist insbesondere der Fall bei der Nutzung bestehender Trassen oder Trassenkorridore, z. B. bei der häufig notwendigen Umbeseilung von 220 Kilovolt-Leitungen auf 380 Kilovolt-Leitungen. (…) Sofern allerdings durch eine vorhandene Leitung bereits eine Trasse vorgegeben ist, die sich insgesamt als verträglich erweist, nimmt die Bundesfachplanung unverhältnismäßig viel Zeit und Ressourcen in Anspruch. (…)“. 16 Eine in diesem Kontext ähnliche Regelung enthält § 43h S. 2 EnWG, die ebenfalls im Zuge der Gesetzesnovelle 2019 (Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019, BGBl. I v. 16. Mai 2019, S. 706), eingeführt wurde und in Bezug auf den Ausbau des Hochspannungsnetzes bestimmt: (S. 1) Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder weniger sind als Erdkabel auszuführen, Serong/Salm
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4. Ersatz- oder Parallelneubau (Abs. 2)
NABEG § 5a
zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsleitung. Denkbar ist auch, dass in verschiedenen Teilabschnitten mit mehreren, unterschiedlichen Bestandstrassen gebündelt wird. Das Tatbestandsmerkmal „weit überwiegend in“ einer Bestandstrasse ist auslegungsbe- 14 dürftig. Die lokale Präposition „in“ ist gem. § 3 Nr. 4 legal definiert, wonach die Errichtung in der Bestandstrasse erfolgt, wenn sich bei Freileitungen die Mastfundamente und bei Erdkabeln die Kabel in der Bestandstrasse befinden. Diese konkretisierte Anforderung wird durch das Tatbestandsmerkmal „weit überwiegend“ allerdings im Falle des Abs. 2 deutlich relativiert. Zwar besteht keine Legaldefinition des Merkmals „weit überwiegend“. Allerdings enthält 15 die Gesetzesbegründung hierzu eine hilfreiche Konkretisierung: „Die weit überwiegende Nutzung einer bestehenden Trasse i. S. d. Absatz 2 Nummer 2 (ursprüngliche Fassung: bei einem Neubau unter weit überwiegender Nutzung einer Bestandstrasse)17 ist vom Gesamteindruck des Einzelfalls abhängig. Als „Daumenregel“ kann von der weit überwiegenden Nutzung ausgegangen werden, wenn über 80 Prozent der zu realisierenden Leitungsmeter innerhalb der vorhandenen Trasse realisiert werden sollen. Die übrigen 20 Prozent müssen nicht unmittelbar neben der bestehenden Trasse realisiert werden, sondern können auch weiter von der bestehenden Trasse abweichen, um insbesondere die Umgehung von Wohnbebauung oder Naturschutzgebieten zu ermöglichen.“18 Die Errichtung erfolgt gem. § 3 Nr. 4 „unmittelbar neben“ der Bestandstrasse, wenn ein 16 Abstand von 200 Metern zwischen den Trassenachsen nicht überschritten wird. Die in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a. F. inhaltsgleich enthaltene Präposition war bisher auslegungsbedürftig gewesen und wurde so verstanden, dass dies eine Parallelführung der Leitung erfordert, die „nur über einen unwesentlichen Teilabschnitt verlassen“19 wird. Gefordert wurde, dass eine neue Trassierung so nah wie fachplanerisch, technisch und baulich möglich an die Bestandstrasse heranreichen müsse, wobei die Unmittelbarkeit im Ergebnis stets eine Frage des Einzelfalls blieb und daher mit Rechtsunsicherheiten verbunden war.20 Insofern führt die neue Definition in § 3 Nr. 4 eine räumliche Grenzziehung ein, der in praxi eine klarstellende und bei der Subsumtion hilfreiche Funktion zukommt.
III. Antragsinhalte Hinsichtlich der erforderlichen Antragsinhalte enthält § 5a vor allem formale Aspekte. Ein Ver- 17 zichtsantrag muss daher bei der Bundesnetzagentur als zuständiger Behörde eingereicht werden und den Anforderungen an Verfahren und Form des § 5a entsprechen.
soweit die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freileitung den Faktor 2,75 nicht überschreiten und naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen; die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. (S. 2) Soll der Neubau einer Hochspannungsleitung weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse durchgeführt werden, handelt es sich nicht um eine neue Trasse im Sinne des Satzes 1. 17 BT-Drucks. 19/7375, S. 19; diese Fassung, die Abs. 2 in Nummern 1 und 2 aufteilte, wurde im Gesetzgebungsverfahren geändert. Die letzte Fassung enthält keine Nummerierung mehr und wird hier zugrunde gelegt. Das Tatbestandsmerkmal „unter weit überwiegender Nutzung der Bestandstrasse“ ist in der hier zugrunde gelegten Fassung „weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse“ so ähnlich, dass die Begründung übertragbar ist. 18 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 19 Steinbach/Franke/Riese/Nebel, NABEG, 2. Aufl. 2017, § 11 Rn 35. 20 Steinbach/Franke/Riese/Nebel, NABEG, 2. Aufl. 2017, § 11 Rn 32 unter Verweis auf de Witt/Scheuten/Durinke, NABEG, 2013, § 11 Rn 17. 567
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§ 5a NABEG
III. Antragsinhalte
1. Antragserfordernis 18 Für einen Verzichtsantrag gem. § 5a besteht ein Antragserfordernis. Ein solches ist zwar nicht explizit in Abs. 3 geregelt. Es ergibt sich jedoch zum einen bei verständiger Auslegung von Abs. 3 S. 1 und S. 2, die für den Beginn der Entscheidungsfrist der Bundesnetzagentur auf die Einreichung entsprechender Unterlagen durch den Vorhabenträger Bezug nehmen, was einer Antragseinreichung entspricht. Zum anderen folgt dies aber auch aus der Fristenregelung des Abs. 6 S. 1 („…zu beantragen“) sowie aus § 35 S. 2 und S. 3, die für die Wahrung der Übergangsfristen unmittelbar auf das Stellen eines Antrags auf Verzicht auf die Bundesfachplanung abstellen.
2. Frist 19 Der Antrag auf Bundesfachplanungsverzicht ist innerhalb der in Abs. 6 geregelten Fristen zu stellen. § 35 enthält darüber hinaus folgende zu beachtende Fristvorgaben und Sonderregelungen (siehe hierzu auch § 35 Rn 11ff): Nach § 35 S. 2 konnte der Vorhabenträger bei Bundesfachplanungsverfahren, die vor dem 17. Mai 2019 beantragt wurden, bis zum 31. August 2019 einen Antrag auf den Verzicht auf die Bundesfachplanung nach § 5a Abs. 3 stellen. Wurde ein solcher Antrag nicht gestellt, wird gem. § 35 S. 3 ein Bundesfachplanungsverfahren durchgeführt, auch wenn ein Fall des § 5a Abs. 1 oder Abs. 2 vorliegt. Ferner stellt § 35 S. 4 in Bezug auf Vorhaben mit abschnittsweise abgeschlossenem Verfahrensstand in der Bundesfachplanung klar, dass das Bundesfachplanungsverfahren auch in den anderen Abschnitten zu Ende zu führen ist. Letzteres soll eine einheitliche Verfahrensgestaltung über Abschnittsgrenzen hinweg ermöglichen.
3. Verfahren (Abs. 3) 20 Abs. 3 sieht vor, dass über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung innerhalb einer Frist von acht Wochen nach Einreichung der entsprechenden Unterlagen zu entscheiden ist und der Vorhabenträger in den Unterlagen den Verlauf der Bestandstrasse oder des ausgewiesenen Trassenkorridors angeben sowie nachweisen muss, dass die Änderung, die Erweiterung oder der Neubau nach Abs. 1 oder 2 auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne Durchführung der Bundesfachplanung möglich ist. Der Verfahrensbeginn erfordert somit die Einreichung eines Verzichtsantrags, über den die Bundesnetzagentur zu entscheiden hat. Weitere verfahrensrechtliche Anforderungen sind nicht geregelt. Insofern gilt nach dem Rechtsgedanken des § 10 S. 2 VwVfG, dass das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Von der Antragsmöglichkeit abzugrenzen sind die Fälle nach Abs. 4, in denen ein Vorhaben oder eine Einzelmaßnahme im Bundesbedarfsplangesetz auf Grund seiner besonderen Eilbedürftigkeit mit „H“ gekennzeichnet ist (vgl. § 2 Abs. 8 BBPlG) und in denen aufgrund der vorgenommenen Legalplanung keine behördliche Verzichtsentscheidung nach Abs. 3 zu treffen ist.21
4. Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis (Abs. 3 S. 1 und S. 2) 21 In formeller Hinsicht hat der Antragsteller Unterlagen i. S. d. Abs. 3 einzureichen. Bei den entsprechenden Unterlagen nach Abs. 3 S. 1 handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite, der durch Abs. 3 S. 2 konkretisiert wird. 21 Siehe hierzu Rn 51 ff. Serong/Salm
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4. Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis (Abs. 3 S. 1 und S. 2)
NABEG § 5a
a) Möglichkeit eines Bundesfachplanungsverzichts (Abs. 3 S. 2). Abs. 3 S. 2 bestimmt, 22 dass in den Antragsunterlagen der Verlauf der Bestandstrasse oder des ausgewiesenen Trassenkorridors anzugeben und nachzuweisen ist, dass die Änderung, die Erweiterung oder der Neubau nach Abs. 1 oder 2 aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ohne Durchführung der Bundesfachplanung möglich ist. Der Nachweis aufgrund der örtlichen Gegebenheiten erfordert jedenfalls, dass der Antragsteller gem. Abs. 3 S. 2 in geeigneter kartographischer Form den Verlauf der Bestandstrasse oder des ausgewiesenen Trassenkorridors angibt. Der Nachweis der Möglichkeit des Bundesfachplanungsverzichts stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der der Auslegung bedarf. Wesensimmanent ist unbestimmten Rechtsbegriffen, dass diese inhaltlich nicht abschließend bestimmbar sind und somit die Klärung verbleibender Zweifelsfragen von den Rechtsanwendungsorganen anhand anerkannter Auslegungsmethoden vorzunehmen ist.22 Die Anforderung des Nachweises der Verzichtsmöglichkeit ist im Kontext mit den räumlichen Gegebenheiten und Sinn und Zweck der beiden Ebenen der Bundesfachplanung und Planfeststellung auszulegen. Die Verknüpfung, dass die Möglichkeit „aufgrund“ der räumlichen Gegebenheiten nachzuweisen ist, legt die Auslegung nahe, dass der Schwerpunkt der Nachweispflicht auf einer Darlegung der Fallgruppen des Absatzes 1 oder 2 liegt. Somit sind die örtlichen Gegebenheiten grundsätzlich bei Vorliegen einer der Fallgruppen des Abs. 1 oder 2 erfüllt. Hierfür sprechen insbesondere nachfolgende Erwägungen. Sinn und Zweck der Bundesfachplanung ist die Ermittlung eines möglichst raum- und umweltverträglichen Gebietsstreifens (vgl. § 4 S. 1), innerhalb dessen eine spätere Stromtrasse verlaufen kann.23 Derartige räumliche Voruntersuchungen haben beispielsweise im Falle des Abs. 1 Nr. 1 bei einer Bestandsleitung oder bei einem bereits ausgewiesenen Trassenkorridor nach Nr. 3 bereits stattgefunden. Dagegen ist das Ziel eines Planfeststellungsverfahrens gem. §§ 18 Abs. 5 i. V. m. §§ 43 Abs. 4 EnWG i. V. m. §§ 72 bis 78 VwVfG, die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die öffentlich-rechtliche Zulassung eines raumbezogenen, ortsfesten Vorhabens mit örtlichen oder überörtlichen Auswirkungen vorzubereiten.24 Das nachfolgende Planfeststellungsverfahrens soll eine einheitliche Entscheidung über komplexe Vorhaben ermöglichen, indem über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens „in einem Verfahren durch eine Behörde eine einheitliche Sachentscheidung mit umfassender Rechtswirkung und Problembewältigung getroffen“25 wird. Die Grenzen eines Verzichts auf Bundesfachplanung wären daher grundsätzlich erst überschritten, soweit eine umfassende Problembewältigung im Beschluss gem. § 24 nicht zu erzielen wäre. Für den Verzicht auf Bundesfachplanung bedeutet dies, dass ein solcher grundsätzlich nur dann nicht möglich ist, wenn es nicht durchführbar wäre, eine umfassende Problembewältigung im Rahmen der einheitlichen Entscheidung gem. § 24 zu erzielen. Denkbar wäre dies allenfalls in einem Fall, in dem es erforderlich wäre, großflächiger Alternativtrassen zu untersuchen, als dies auf Ebene der Planfeststellung (noch) vorgesehen wäre. Zu beachten ist allerdings, dass die Untersuchungstiefe auf Ebene der Planfeststellung parzellenscharf konkretisiert zunimmt, sodass die Problembewältigung grundsätzlich raumkonkreter auf Planfeststellungsebene erfolgen kann. Vor diesem Hintergrund sind auch Sinn und Zweck des § 5a bei der Auslegung zu gewichten, räumlich vorgeprägte Situationen für relativ geringfügige Neuplanungen (Ersatz- oder Parallelneubau weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse) zu nutzen. Ziel ist eine Beschleunigung der Verfahren,26 indem der Verfahrensschritt der Bundesfachpla22 23 24 25 26 569
Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, § 40 Rn 153. Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429 (1435). Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 72 Rn 3. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 72 Rn 5. Ruge, EnWZ 2019, 1 (2). Serong/Salm
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§ 5a NABEG
III. Antragsinhalte
nung bei räumlicher Vorprägung entfällt.27 Auf diese Weise sollen Voruntersuchungen fruchtbar gemacht werden, die bei Planung der Bestandstrasse zur Ermittlung eines möglichst raum- und umweltverträglichen Gebietsstreifens geführt hatten. Daher wäre es problematisch, wenn zwar die Nutzung einer Bestandstrasse beantragt, jedoch absehbar wäre, dass von dieser so weiträumig abgewichen werden müsste, dass de facto ein Neubau beantragt würde. Dieses primäre Anliegen kommt in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck: „Sofern (…) durch eine vorhandene Leitung bereits eine Trasse vorgegeben ist, die sich insgesamt als verträglich erweist, nimmt die Bundesfachplanung unverhältnismäßig Zeit und Ressourcen in Anspruch. Dementsprechend wird für bestimmte Fälle der Verzicht auf Bundesfachplanung ermöglicht. Konflikte und Umweltauswirkungen im Umfeld der Bestandstrasse können im Planfeststellungsverfahren problemlos adressiert und bewältigt werden.“28 Sinn und Zweck sprechen somit dafür, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5a so auszulegen, dass das intendierte Beschleunigungspotenzial der Regelung im Grundsatz zur Entfaltung gebracht wird. 27 In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Neuregelung eine weitere Verfahrenserleichterung neben der Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens nach § 11 einführt, sodass § 11 geändert wurde: „§ 11 Absatz 1 NABEG ermöglicht die Durchführung einer Bundesfachplanung im vereinfachten Verfahren. Um eine Überschneidung mit der neuen Möglichkeit des Verzichts auf Bundesfachplanung zu vermeiden, wird der § 11 Absatz 1 Satz 1 NABEG entsprechend angepasst. Die ursprünglichen Nummern 1 bis 3 werden aus dem Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens herausgenommen und sind nun als Fälle des Verzichts auf Bundesfachplanung geregelt. Zudem kommt ein neuer Fall hinzu, bei dem zukünftig ein vereinfachtes Verfahren möglich sein wird.“29
28 Folglich sind die Voraussetzungen des Bundesfachplanungsverzichts von denen des vereinfachten Verfahrens voneinander abzugrenzen.30 Der Tatsache, dass die ursprünglichen Nummern 1 bis 3 des § 11 Abs. 1 S. 1 a. F. nun weitgehend als Fälle eines möglichen Verzichts auf Bundesfachplanung geregelt sind,31 kommt bei Auslegung der Verzichtsvoraussetzungen erhebliche Bedeutung zu: Unter § 5a zu fassende Vorhaben sollen ohne (die typischerweise auf Ebene der) Bundesfachplanungsverfahren (zu erarbeitenden Fachgutachten) ausschließlich mittels Planfeststellungsverfahren genehmigt werden.32 Im Ergebnis liegt also der Schwerpunkt der Nachweispflicht auf einer plausiblen und kartographisch ausgewiesenen Darlegung der Fallgruppen des Abs. 1 oder 2. Zudem ist kartographisch und textlich nachzuweisen, dass die Änderung, die Erweiterung oder der Neubau nach Abs. 1 oder 2 auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne Durchführung der Bundesfachplanung möglich ist. Dies erfordert eine Begründung, weshalb die räumliche Vorprägung einen Bundesfachplanungsverzicht rechtfertigt. Erforderlich ist hierfür eine belastbare Zukunftsprognose, dass die räumliche Vorprägung voraussichtlich den Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf der Trasse i. S. d. § 19 S. 4 Nr. 1 auf Planfeststellungsebene bilden wird.33
27 28 29 30
Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429 (1435). BT-Drucks. 19/7375, S. 36. BT-Drucks. 19/7375, S. 41. Auf die Notwendigkeit einer Abgrenzung weist auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 11 ausdrücklich hin: BT-Drucks. 19/7375, S. 74 f. 31 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (196). 32 BT-Drucks. 19/7375, S. 74 f.: „§ 11 Absatz 1 Satz 1 NABEG wird angepasst, um eine Überschneidung mit der neuen Möglichkeit des Verzichts auf Bundesfachplanung in § 5a NABEG zu vermeiden. Da die ursprünglichen Nummern 1 bis 3 des § 11 Absatz 1 Satz 1 NABEG nun als Fälle eines möglichen Verzichts auf Bundesfachplanung geregelt sind, werden sie aus dem Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens herausgenommen. (…)“. 33 Zum prognostischen Charakter der Nachweispflicht vgl. auch Appel/Feurich, ER 2020, 47, 52 f Siehe zu den Auswirkungen auf die erforderlichen Inhalte der Antragsunterlagen Rn 29 ff und Rn 32 ff. Serong/Salm
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4. Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis (Abs. 3 S. 1 und S. 2)
NABEG § 5a
b) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 1. Der Umfang der Nachweispflicht der Verzichtsmög- 29 lichkeit nach Abs. 3 S. 1, S. 2 ist als unbestimmter Rechtsbegriff nicht abschließend gesetzlich festgelegt und daher auslegungsbedürftig. Sinnvollerweise richtet sich dieser grundsätzlich danach, welche Sachverhaltsinformationen die Bundesnetzagentur im Einzelfall benötigt, um eine belastbare Abwägungsentscheidung über die Verzichtsmöglichkeit treffen zu können. Dies hängt davon ab, ob ein Fall nach Abs. 1 (gebundene Entscheidung) oder Abs. 2 (Ermessen)34 vorliegt. Im Falle eines Verzichtsantrags aufgrund der räumlichen Vorprägungen nach Abs. 1 ist für 30 die Begründetheit des Verzichtsantrags im Regelfall ausreichend, dass in den Antragsunterlagen die Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 plausibel dargelegt werden. Lediglich im Ausnahmefall evident atypischer Fallkonstellationen ist durch den Antragsteller mit erhöhtem Begründungsaufwand in detaillierteren Unterlagen nachzuweisen, dass ein Verzicht auf Bundesfachplanung möglich ist. In Anlehnung an die Gesetzesbegründung sowie Sinn und Zweck des § 5a sind beispielswei- 31 se folgende atypische Fallgruppen denkbar: Zum einen wäre es atypisch, sofern ein Vorhaben geplant wäre, das sich räumlich nicht exakt den vorgesehenen Fällen nach Abs. 1 Nr. 1–3 zuordnen ließe. Zum anderen wäre eine Ausnahme denkbar, sofern sich bereits auf vorgelagerter Ebene abzeichnet, dass es erforderlich wird, in derart großräumigem Umfang Alternativen zu untersuchen, dass dies auf Ebene der Planfeststellung nicht mehr möglich oder eindeutig nicht zweckmäßig wäre (z. B. aufgrund eines voraussichtlich unlösbaren Konflikts mit den Anforderungen zwingenden Rechts). Voraussetzung wäre die Absehbarkeit eines Konflikts, der auf Planfeststellungsebene nicht oder nicht zweckmäßig zu bewältigen wäre. Es müssten zudem besondere Indizien dafür vorliegen, dass sachliche Gründe dagegen sprechen, die rechtlichen Vorgaben einzig auf parzellenscharfer Ebene der §§ 18 ff zu prüfen. Für die Alternative des § 5a Abs. 1 Nr. 3, 1. Alt., in der ein Neubau oder die Verlegung von Leerrohren innerhalb eines Trassenkorridors in einem Raumordnungsplan festgelegt ist, ist die jeweilige Planungsqualität zu berücksichtigen. Sofern der Raumordnungsplan eine Planungsqualität und -tiefe aufweise, die deutlich unterhalb derer der Bundesfachplanung liegt, ist laut Gesetzesbegründung zu prüfen, ob es sich um einen atypischen Ausnahmefall handelt und ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.35
c) Unterlagen im Fall des § 5a Abs. 2. Da sich der Umfang der Nachweispflicht der Verzichts- 32 möglichkeit nach Abs. 3 S. 1, S. 2 danach richtet, welche Sachverhaltsinformationen die Bundesnetzagentur im Einzelfall für eine belastbare Abwägungsentscheidung über die Verzichtsmöglichkeit benötigt, dürften die Anforderungen nach Abs. 2 sich grundsätzlich von denen des Abs. 1 unterscheiden. Im Fall des Abs. 2 ist der Nachweis der Verzichtsmöglichkeit derart plausibel zu begründen, dass die Bundesnetzagentur ihre zu treffende Ermessensentscheidung auf eine hinreichende Abwägungsgrundlage zu stützen vermag. Mindestanforderungen an die Grundlage der Ermessensausübung sind: Erstens ist die räumliche Möglichkeit der Genehmigung des Ersatzoder Parallelneubaus ohne Durchführung einer Bundesfachplanung plausibel nachzuweisen. Zweitens ist darzulegen, dass kein offensichtlicher Zweifel an der Wahrung des fachplanerischen Rechtsrahmens bei Durchführung lediglich einer Genehmigungsebene besteht. Sofern deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer atypischen Situation bestehen, ist eine ausführliche Begründung erforderlich, weshalb trotz Atypik ein Bundesfachplanungsverzicht möglich ist. Als atypische Fallkonstellationen sind beispielsweise folgende denkbar: Einerseits kann im 33 Einzelfall eine Atypik aufgrund räumlicher Abweichung bestehen. Insofern bedürfte es näherer Begründung, sofern ein Vorhaben geplant wäre, das sich räumlich nicht den vorgesehenen Fällen des Abs. 2 zuordnen ließe. Insbesondere ist das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale „weit 34 Zu den Rechtsfolgen siehe Rn 42 ff. 35 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 571
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§ 5a NABEG
III. Antragsinhalte
überwiegend in“ oder „unmittelbar neben“ einer Bestandstrasse anhand des Gesamteindrucks des Einzelfalls plausibel zu begründen.36 34 Andererseits ist eine Atypik aufgrund absehbarer Notwendigkeit umfangreicher Alternativenprüfung vorstellbar. So wäre es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Abs. 2 atypisch, sofern bei Antragstellung absehbar wäre, dass eine Alternativenprüfung in einem Umfang erforderlich wird, der auf Ebene der Planfeststellung nicht oder nicht zweckmäßig zu bewältigen ist. Denkbar wäre dies, wenn absehbar Alternativtrassen in großflächigerem Umfang zu untersuchen wären als dies auf Ebene der Planfeststellung (noch) praktisch möglich oder rechtlich – unter Wahrung des Gebots der Konfliktbewältigung37 – zulässig wäre. Der Sinn und Zweck des § 5a besteht nämlich darin, räumlich vorgeprägte Situationen für relativ geringfügige Neuplanungen zu nutzen. Auf diese Weise sollen Voruntersuchungen fruchtbar gemacht werden, die bei Planung der Bestandstrasse zur Ermittlung eines möglichst raum- und umweltverträglichen Gebietsstreifens geführt hatten. Eine solche Nutzbarmachung wäre jedoch u. U. nicht mehr möglich, wenn bereits mit Verzichtsantrag absehbar wäre, dass so großräumig Alternativen zu untersuchen wären, dass dies im Rahmen der Planfeststellung nicht lösbar und daher nicht (mehr) mit dem Gebot der Konfliktbewältigung38 vereinbar wäre. Hierfür müssten allerdings besondere Anhaltspunkte bestehen, da die Untersuchungstiefe auf Ebene der Planfeststellung parzellenscharf konkretisiert zunimmt, sodass die Problembewältigung prinzipiell raumkonkreter auf Planfeststellungsebene erfolgen kann.39 Eine Auslegung hat auch Sinn und Zweck des § 5a, nämlich die Verfahrensbeschleunigung durch Wegfall der Bundesfachplanung40 und somit im Grundsatz das intendierte Beschleunigungspotenzial der Regelung zur Entfaltung zu bringen. Im Ergebnis wäre jedenfalls in einem dargelegten atypischen Fall in Frage gestellt, ob Sinn und Zweck des Bundesfachplanungsverzichts (noch) entsprochen werden kann, sodass eine erhöhte Darlegungstiefe des Antrags zu fordern wäre. Ferner wäre es problematisch und würde daher eine umfangreichere Begründung in den 35 Unterlagen erfordern, sofern eine Atypik aufgrund absehbaren Konflikts mit zwingendem Recht bestünde. Als solche wäre es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 5a Abs. 2 beispielsweise als atypisch einzuordnen, sofern bereits auf vorgelagerter Ebene deutliche Anzeichen für einen wahrscheinlich unlösbaren Konflikt mit den Anforderungen zwingenden Rechts (insbesondere Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes)41 bestünden. Für die Berücksichtigung umweltfachlicher Konflikte enthält die Gesetzesbegründung er36 messensleitende Erwägungen zu Abs. 2. Insofern werden weitergehende Anforderungen als 36 Zu den Tatbestandvoraussetzungen siehe Rn 13 ff. 37 Das zu wahrende Abwägungsgebot verlangt, dass mit dem finalen behördlichen Beschluss „grundsätzlich sämtliche Konflikte, die das Vorhaben aufwirft und die von Bedeutung sind, umfassend zu einem Ausgleich gebracht werden müssen (Grundsatz der Problem- oder Konfliktbewältigung)“, siehe Schoch/Schneider/Bier/Riese, § 114 Rn 224 m. w. N. unter Verweis auf u. a. BVerwGE 57, 297 (302). 38 Das zu wahrende Abwägungsgebot verlangt, dass mit dem finalen behördlichen Beschluss prinzipiell alle bedeutenden Konflikte eines Vorhabens umfassend in einen Ausgleich gebracht werden (sog. Grundsatz der Problemoder Konfliktbewältigung), siehe Schoch/Schneider/Bier/Riese, § 114 Rn 224 unter Verweis u. a. auf BVerwGE 57, 297 (302). 39 Hierauf scheint folgende Ausführung der Gesetzesbegründung hinzuweisen, BT-Drucks. 19/7375, S. 71: „Die BNetzA kann nach (Abs. 2) Nummer 2 (ursprüngliche Fassung: bei einem Neubau unter weit überwiegender Nutzung einer Bestandstrasse) insbesondere dann auf die Bundesfachplanung verzichten, wenn sich die Erforderlichkeit einer Abweichung von der bestehenden Trasse im Nachgang zur Entscheidung über den Verzicht auf die Bundesfachplanung, ggf. auch erst auf Planfeststellungsebene zeigt. Denkbar wäre z. B., dass im Gebiet einer Kommune eine Alternative zur Änderung oder Erweiterung der Bestandstrasse ersichtlich wird, die insgesamt verträglicher ist.“. 40 BT-Drucks. 19/7375, S. 36. 41 BT-Drucks. 19/7375, S. 71; im Gegensatz zu Abs. 1 betont die Gesetzesbegründung, dass jeweils im Einzelfall zu prüfen ist, „ob zur Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.“. Serong/Salm
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4. Form: Entsprechende Unterlagen mit Nachweis (Abs. 3 S. 1 und S. 2)
NABEG § 5a
für Abs. 1 gefordert: Auch zu Abs. 2 wird unter Anerkennung eines uneingeschränkten Ermessens der Bundesnetzagentur darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt der Errichtung der Bestandsleitungen zu betrachten ist.42 Im Falle des Abs. 2 ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, „ob zur Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.“43 Voraussetzung wäre allerdings nach Sinn und Zweck des § 5a die Absehbarkeit eines Konflikts,44 der auf Planfeststellungsebene nicht oder nicht zweckmäßig zu bewältigen wäre und ein Abrücken von der Bestandsleitung wahrscheinlich machen würde.45 Ein Planfeststellungsverfahren dient dazu, eine einheitliche Sachentscheidung über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens mit umfassender Rechtswirkung und Problembewältigung zu erzielen.46 Der Antragsteller hat deshalb zu begründen, dass eine umfassende Problembewältigung gem. § 24 erzielt werden kann, ohne zuvor die Raum- und Umweltverträglichkeit des Gebietsstreifens in einem Bundesfachplanungsverfahren zu untersuchen. Diese Darlegung sollte auch eine Aussage dazu enthalten, ob ggf. eine ungewöhnliche bzw. problematische Situation vorliegt. In einem atypischen Fall wäre eine detailliertere Begründung in den Antragsunterlagen zu fordern, dass bei einem Bundesfachplanungsverzicht keine unüberwindbaren Planungshindernisse insbesondere aufgrund zwingender Vorgaben des Arten- und Gebietsschutzrechts oder des zwingenden Immissionsschutzrechts entstehen.
d) Keine SUP-Vorprüfung. Die Unterlagen gem. Abs. 3 S. 1 und S. 2 beinhalten keine Vorprü- 37 fung des Einzelfalls aufgrund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 6 UVPG aufgeführten Kriterien, ob der Plan oder das Programm voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, die im weiteren Aufstellungsverfahren nach § 43 Abs. 2 UVPG zu berücksichtigen wären (sog. SUP-Vorprüfung i. S. d. § 35 Abs. 4 UVPG). Eine SUP-Vorprüfung i. S. d. § 35 Abs. 4 UVPG ist im Falle des § 5a nach Wortlaut, Gesetzesbegründung und aus systematischen Gründen nicht erforderlich. Der Wortlaut des § 5a sieht (weder) die Durchführung einer SUP-Vorprüfung gem. § 35 Abs. 4 UVPG (noch einer Strategischen Umweltprüfung gem. § 35 Abs. 1, 2 UVPG) vor. Im Verzichtsfall ist eine SUP-Vorprüfung auch weder durch das UVPG noch die diesem 38 zu Grunde liegenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/42/EU (sog. SUP-Richtlinie) geboten.47 Bei einem Antrag nach § 5a fehlt es nämlich an einem Plan oder Programm gem. § 2 Abs. 7 UVPG bzw. Art. 2 a) SUP-Richtlinie und damit dem Gegenstand einer Strategischen Umweltprüfung (SUP). Somit fehlt der Bezugsgegenstand, der gem. § 35 UVPG bzw. Art. 3 Abs. 1 SUP-Richtlinie eine SUP-Pflicht auslösen würde. Eine SUP-Vorprüfung widerspräche auch Sinn und Zweck einer Straffung des Genehmigungsverfahrens durch Wegfall der Bundesfachplanung mit ihren entsprechenden Prüfanforderungen. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass die Neuregelungen mit dem Recht der Euro- 39 päischen Union, u. a. auch der SUP/UVP-Richtlinie, vereinbar sind: „Beim Verzicht auf Bundesfachplanung entfällt die vorgelagerte Planungsebene gänzlich, so dass auch keine strategische Umweltprüfung erfolgen muss. Die Berücksichtigung europäischer Umweltstandards wird auf Ebene der Planfeststellung durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 42 43 44 45
BT-Drucks. 19/7375, S. 71; siehe hierzu eingehend Rn 49. BT-Drucks. 19/7375, S. 71. Als Beispiel käme u. a. in Betracht: Ein Leitungsverlauf liegt großflächig in einem Natura 2000-Gebiet. Es wäre z. B. der Extremfall denkbar, dass eine zu erweiternde Bestandsleitung gebietsschutzrechtliche Konflikte hervorrufen würde, da sie durch ein (zwischenzeitlich/nach Errichtung der Leitung festgelegtes) Natura 2000Gebiet verläuft, eine Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3–5 BNatSchG wahrscheinlich scheint und es ggf. andere zumutbare, unter Natura 2000-Gesichtspunkten „bessere“ Alternativen gäbe. 46 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 72 Rn 5; siehe hierzu weiterführend Rn 25. 47 So auch Appel/Feurich, ER 2020, 47, 48. 573
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§ 5a NABEG
Entscheidung (Abs. 3 S. 1)
2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) gewährleistet.“48 In dieselbe Richtung geht auch die Gesetzesbegründung des § 5a, die betont, dass im Verzichtsfalle keine SUP stattfindet.49 40 In systematischer Hinsicht würde bei einer Pflicht zur Durchführung einer SUP-Vorprüfung nach § 35 Abs. 4 SUP die Abgrenzung zu einem vereinfachten Verfahren gem. § 11 konturlos. Letzteres ist besonders in den Fällen der ehemaligen Nummern 1–3 des § 11 a. F. zu beachten, die in Anlehnung an § 11 in § 5a Abs. 1 Nr. 1–3 überführt wurden. Verlangte man hierfür dieselben Voraussetzungen wie im vereinfachten Verfahren, in dem aufgrund der Tatbestandsvoraussetzung keiner SUP-Erforderlichkeit nach § 37 S. 1 UVPG eine SUP-Vorprüfung durchzuführen ist, würde der grundlegenden Systematik der Neuregelungen widersprochen. In systematischer Hinsicht ist nämlich dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Neuregelung eine weitere Verfahrenserleichterung neben der Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens nach § 11 einführt. Daher sind insbesondere die Voraussetzungen dieser Verfahren voneinander abzugrenzen.
5. Möglichkeit der Abschnittsbildung (Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2) 41 Der Antrag kann nach Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 2 auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden. Die Gesetzesbegründung erläutert hierzu: „Sowohl in Absatz 1 als auch in Absatz 2 wird klargestellt, dass auch der Verzicht auf die Bundesfachplanung auf sachlich gerechtfertigte Trassenabschnitte beschränkt werden kann. Solche Abschnitte liegen insbesondere vor, wenn die Netzverknüpfungspunkte am Anfang und Ende dieses Abschnitts technisch oder rechtlich feststehen, so dass die Planung der sonstigen Abschnitte des Vorhabens durch Festlegungen im Abschnitt, in dem von der Bundesfachplanung abgesehen wird, nicht beeinflusst wird.“50 Letzteres Beispiel ist nicht abschließend. Grundsätzlich ist eine abschnittsweise Antragstellung unter Wahrung der Anforderungen der Rechtsprechung an eine Abschnittsbildung51 zulässig.
IV. Entscheidung über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung (Abs. 3 S. 1) 42 Nach Abs. 3 S. 1 entscheidet die Bundesnetzagentur über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung innerhalb einer Frist von acht Wochen nach Einreichung der entsprechenden Unterlagen. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zwischen Abs. 1 und 2 zu differenzieren.
1. Rechtsfolge: Gebundene Entscheidung (Abs. 1 S. 1) 43 Rechtsfolge eines Verzichtsantrags nach Abs. 1 ist, dass die Bundesnetzagentur gem. Abs. 3 S. 1 über das Erfordernis der Bundesfachplanung zu entscheiden hat, wobei auf die Durchführung der Bundesfachplanung in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 3 verzichtet werden soll. Bei Vorliegen
48 49 50 51
BT-Drucks. 19/7375, S. 38. BT-Drucks. 19/7375, S. 70. BT-Drucks. 19/7375, S. 71. Siehe hierzu Bundesnetzagentur, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für Anträge nach § 6 NABEG, Stand: April 2016, S. 25; siehe zu den Anforderungen der Rechtsprechung an eine Abschnittsbildung weiterführend § 6 Rn 48 ff und § 11 Rn 43 ff m. w. N. Serong/Salm
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2. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung (Abs. 2 S. 1)
NABEG § 5a
der Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 ist die Bundesnetzagentur in der Regel verpflichtet, dem Verzichtsantrag stattzugeben. Wenngleich der Verwaltung bei sog. gebundenen Entscheidungen kein Entschließungser- 44 messen zusteht, d. h. den Behörden im Regelfall eine Handlungspflicht (sog. intendiertes Ermessen52) auferlegt wird,53 sind Ausnahmen von dieser Regel in atypischen Fällen anerkannt.54 Bei der Frage, wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist dabei stets das Ziel der Einführung des § 5a zu beachten, nämlich eine Verfahrensbeschleunigung durch Wegfall des Verfahrensschritts der Bundesfachplanung bei räumlicher Vorprägung.55 Atypische Situationen, die dem Eintritt dieser Rechtsfolge entgegenstehen, müssen daher besonders indiziert und offensichtlich sein. Die Gesetzesbegründung enthält ermessenslenkende Aspekte, die Anhaltspunkte für 45 Ausnahmefälle bieten. Insofern geht der Gesetzgeber im Falle des Abs. 1 zwar von der Prämisse aus, dass „aufgrund des engen Bezugs zur Bestandstrasse bzw. aufgrund der Realisierung in einem bereits umfänglich geprüften Trassenkorridor in der Regel kein gesondertes Verfahren zur Ermittlung eines raumverträglichen Trassenkorridors notwendig ist“.56 Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der Bestandsleitungen in der Zeit vor Inkrafttreten der UVP- und Naturschutzrichtlinien errichtet worden sind. Aus diesem Grunde wird gefordert, dass hier jeweils zu prüfen ist, ob es sich um einen atypischen Ausnahmefall handelt und zur Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.57 Für die Fälle eines Neubaus i. S. v. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 wird zwischen zwei Varianten unterschieden. Zum einen wird für einen im Bundesnetzplan ausgewiesenen Neubau klargestellt: „Ein Neubau innerhalb eines Trassenkorridors, der im Bundesnetzplan ausgewiesen ist, nach Absatz 1 Nummer 3 setzt voraus, dass dieser Trassenkorridor bereits einmal in der Bundesfachplanung geprüft wurde und anschließend im Bundesnetzplan ausgewiesen wurde. Hierdurch wird insbesondere die Erweiterung der Kapazität der Leitung durch zusätzliche Leitungen oder Leerrohre in einem laufenden Genehmigungsverfahren ermöglicht.“58 Zum anderen wird für den Fall der Nr. 3, d. h. eines Neubaus innerhalb eines Trassenkorridors, der in einem Raumordnungsplan festgelegt ist, klargestellt, dass dies eine Prüfung in einem Raumordnungsverfahren voraussetzt. Ergänzend wird auf erhöhte Prüfpflichten in atypischen Fällen hingewiesen: „Sofern der Raumordnungsplan eine Planungsqualität und -tiefe aufweist, die deutlich unterhalb der Planungsqualität der Bundesfachplanung liegt, ist zu prüfen, ob es sich um einen atypischen Ausnahmefall handelt und ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.“59
2. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung (Abs. 2 S. 1) Gem. Abs. 2 S. 1 muss die Bundesnetzagentur bei ihrer Entscheidung über einen Verzichtsantrag 46 umfassendes Ermessen ausüben.60 Im Unterschied zu einer Verzichtsentscheidung nach Abs. 1 52 Vgl. BVerwGE 72, 1 (6); BVerwGE 105, 55 (57 f); Maurer/Waldhoff, § 7 Rn 12 m. w. N. Hierzu im Falle des § 5a Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429 (1435). 53 Bader/Ronellenfitsch/Heßhaus, § 22 Rn 11. 54 Maurer/Waldhoff, § 7 Rn 11: Wenn die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen tätig werden soll, so ist sie dazu in der Regel verpflichtet, kann aber in Ausnahmefällen, in atypischen Situationen, davon absehen; sog. intendiertes Ermessen nach BVerwGE 72, 1 (6); BVerwGE 105, 55 (57 f). 55 BT-Drucks. 19/7375, S. 36. 56 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 57 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 58 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 59 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. 60 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (197). 575
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§ 5a NABEG
Entscheidung (Abs. 3 S. 1)
besteht bei Abs. 2 keine gesetzgeberische Vorprägung der Entscheidung in Form intendierten Ermessens. Vielmehr ist die Geeignetheit einer Bestandsleitung für eine weitere mit Bezug hierzu errichtete Stromleitung nicht der Regelfall, da sich die Auswirkungen nach Abs. 2 von Fall zu Fall deutlich unterscheiden können. Somit verfügt die Bundesnetzagentur auf der Rechtsfolgenseite des Abs. 2 über uneingeschränktes Ermessen über die Durchführung der Bundesfachplanung.61 Daher sind als Grundlage der Ermessensausübung erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Möglichkeit einer Konfliktbewältigung ohne Durchführung der Bundesfachplanung zu stellen.62 Abhängig vom jeweiligen Einzelfall hat die Bundesnetzagentur letztere Nachweise in ihrer Ermessensentscheidung umfassend zu würdigen und ihre ermessensleitenden Erwägungen zu dokumentieren. Letztere Erwägungen müssen sich auf durch den Vorhabenträger einzureichende Begründungen stützen können. 47 Die Regelung des Abs. 2 stellt die Rechtsanwendung in ihrem Grad an Unbestimmtheit vor Herausforderungen. Dies liegt darin begründet, dass es sich um eine Regelung handelt, die auf Tatbestandsseite unbestimmte Rechtsbegriffe enthält und auf Rechtsfolgenseite einen Ermessensspielraum eröffnet. Dogmatisch gesehen stellt die Verbindung von unbestimmtem Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite mit Ermessen auf Rechtsfolgenseite eine sog. Koppelungsvorschrift oder einen Mischtatbestand dar.63 Auch bei derartigen Normen sind Tatbestand und Rechtsfolge grundsätzlich separat nach den für sie geltenden Regeln64 zu betrachten, wenngleich im Ausnahmefall Wechselwirkungen denkbar sind.65 Gem. § 40 VwVfG hat die Bundesnetzagentur ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der 48 Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Ermessensleitend ist im Falle des Abs. 2 insbesondere, ob ggf. eine atypische Situation vorliegt, und falls dem so wäre, ob und weshalb trotz Atypik ein Bundesfachplanungsverzicht möglich ist. Atypische Sachverhaltskonstellationen sind insbesondere denkbar bei absehbaren räumlichen Abweichungen von der Bestandstrasse, absehbarer Notwendigkeit umfangreicher Alternativenprüfung oder absehbarem Konflikt mit zwingendem (Umwelt- und Naturschutz-) Recht.66 Die Gesetzesbegründung bietet folgende Anhaltspunkte für entscheidende ermessenslei49 tende Erwägungen im Falle eines Antrags nach Abs. 2: „In Absatz 2 werden Konstellationen genannt, in denen von der Bundesfachplanung abgesehen werden kann. Dies ist der Fall bei einem Parallelneubau (Nummer 1) und bei einem Neubau unter weit überwiegender Nutzung einer Bestandstrasse (Nummer 2). Da sich im Gegensatz zu den in Absatz 1 genannten Fällen die Auswirkungen der Fälle des Absatz 2 im Einzelfalls stark unterscheiden können, so dass nicht in der Regel von der Geeignetheit einer bestehenden Trasse auf die Geeignetheit für eine weitere mit Bezug hierzu errichteten Stromleitung geschlossen werden kann, verfügt die Bundesnetzagentur in Absatz 2 über uneingeschränktes Ermessen über die Durchführung der Bundesfachplanung. Bei der Ausübung des Ermessens ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mehrzahl der bestehenden Leitungen älter als die europäischen Vorgaben der UVPRichtlinie sowie der Naturschutzrichtlinien ist. Die entsprechenden Belange des Umweltrechts, insbesondere des aktuellen Naturschutzrechts, einschließlich des Gebiets- und Artenschutzes wurden daher bei der ursprünglichen Errichtung der Leitung nicht hinreichend berücksichtigt. Deshalb ist hier jeweils zu prüfen, ob zur Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes ein Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen ist.“67 61 62 63 64
Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 71. Siehe Rn 32 ff. Maurer/Waldhoff, § 7 Rn 48. Rechtliche Überprüfbarkeit ist bei unbestimmten Rechtsbegriffen je nach Beurteilungsspielraum teilweise vollumfänglich, teilweise in beschränktem Umfang gegeben; Ermessensentscheidungen sind (ausschließlich) auf Ermessensfehler gerichtlich nachprüfbar. 65 Maurer/Waldhoff, § 7 Rn 49 f. 66 Siehe Rn 33 ff. 67 BT-Drucks. 19/7375, S. 71. Vgl. auch Appel/Feurich, ER 2020, 47, 53. Serong/Salm
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VI. Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz (Abs. 4)
NABEG § 5a
3. Frist (Abs. 3 S. 1) Nach Abs. 3 S. 1 ist über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung innerhalb 50 einer Frist von acht Wochen nach Einreichung der entsprechenden Unterlagen zu entscheiden. Die Fristvorgabe bezieht sich gleichermaßen auf Entscheidungen der Bundesnetzagentur über Verzichtsanträge nach Abs. 1 und Abs. 2. Da die Antragsunterlagen die unverzichtbare Grundlage für die Verzichtsentscheidung bilden, ist Abs. 3 S. 1 nach Sinn und Zweck – in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 8 S. 7, S. 8 i. V. m. § 21 Abs. 5 – so auszulegen, dass ein Fristbeginn die Einreichung vollständiger und plausibler Unterlagen voraussetzt.
V. Rechtsschutz (Abs. 3 S. 3) Hinsichtlich des Rechtsschutzes verweist Abs. 3 S. 3 auf eine entsprechende Anwendung des 51 § 15 Abs. 3 S. 168 und 2. Dort ist bestimmt, dass die Entscheidung nach § 12 nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden kann. Dem NABEG liegt nach § 15 die Grundkonzeption eines gestuften Entscheidungsprozesses mit Rechtsschutzkonzentration zugrunde.69 Dies bedeutet, dass die Bundesfachplanungsentscheidung nicht unmittelbar, sondern erst inzident im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen den Planfeststellungsbeschluss gem. § 24 einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden kann. Dies gilt auch im Falle eines vereinfachten Verfahrens nach § 15 Abs. 3 i. V. m. § 12 Abs. 2, 3, § 1170 und wird in systematischer Konsequenz gem. Abs. 3 S. 3 auch für den Fall eines Bundesfachplanungsverzichts nach § 5a gesetzlich angeordnet. Die amtliche Begründung führt hierzu aus: „Die Entscheidung über den Verzicht auf die Bundesfachplanung hat – ebenso wie die Entscheidung über die Bundesfachplanung – nur einen verwaltungsinternen Charakter und daher keine unmittelbare Außenwirkung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden kann.“71 Mithin ist die Verzichtsentscheidung nicht unmittelbar gerichtlich überprüfbar.
VI. Kennzeichnung im Bundesbedarfsplangesetz (Abs. 4) Anders als die Absätze 1 und 2 erfasst Absatz 4 Fälle, in denen nicht mehr über die Durchfüh- 52 rung der Bundesfachplanung entschieden werden muss, weil der Gesetzgeber diese Entscheidung bereits abschließend getroffen hat. Diese Möglichkeit eröffnet § 2 Abs. 7 BBPlG: Sind Vorhaben oder Einzelmaßnahmen im Bundesbedarfsplan (Anlage zum BBPlG in der jeweils gültigen Fassung) mit dem Buchstaben „G“ gekennzeichnet, so ist aufgrund ihrer besonderen Eilbedürftigkeit auf eine Bundesfachplanung zu verzichten. Absatz 4 wiederholt diese Regelung, ohne sie zu modifizieren oder zu konkretisieren. Da der Gesetzgeber über den Verzicht bereits entschieden hat, ist eine Entscheidung der Bundesnetzagentur nach Absatz 3 obsolet (Abs. 4 S. 2). Eine gewisse Tendenz des Gesetzgebers, bei bestimmten Infrastrukturvorhaben von beson- 53 derer Bedeutung selbst eine abschließende Entscheidung zumindest für Teile des Zulassungs-
68 Der Verweis auf § 15 Abs. 3 S. 1 wurde erst durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) nachträglich und klarstellend eingefügt. 69 Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 199 ff. 70 Steinbach/Franke/Riese/Nebel, NABEG, 2. Aufl. 2017, § 11 Rn 66. 71 BT-Drucks. 19/23491 v. 19.10.2020, S. 36. 577
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§ 5a NABEG
VII. Weiteres Verfahren (Abs. 5)
verfahrens zu treffen, setzt sich hier fort.72 So wie der Gesetzgeber nach § 1 BBPlG i. V. m. § 12e Abs. 4 EnWG die Frage des energiewirtschaftlichen Bedarfs aus den Genehmigungsverfahren verbindlich abschichtet, nutzt er auch hier ein vergleichbares Instrument, um das ansonsten durchzuführende behördliche Verfahren (Bundesfachplanung bzw. Entscheidung über den Verzicht nach Abs. 3) zu entlasten. Der Grund für die legislative Letztentscheidung liegt in der besonderen Eilbedürftigkeit des jeweiligen Vorhabens. Diese kann der Gesetzgeber aus dem ihm vorliegenden, durch die Bundesnetzagentur bestätigten Netzentwicklungsplan (§ 12e Abs. 1 EnWG) ableiten. Hierbei soll insbesondere maßgeblich sein, inwieweit der angestrebte Inbetriebnahmezeitpunkt nur bei einem Verzicht auf Bundesfachplanung gehalten werden kann.73 Zusätzlich kann der Gesetzgeber aus dem nach § 12c Abs. 2 und 3 EnWG begleitend durch die Bundesnetzagentur erstellten Umweltbericht ergänzende Informationen zu den voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen würdigen. Die zu erwartenden Umweltauswirkungen können ggf. Hinweise darauf geben, ob die Konzentration auf ein einstufiges Genehmigungsverfahren sinnvoll erscheint oder ob in der Planfeststellung komplexe Konfliktlagen mit entsprechend umfangreichen Alternativenprüfungen zu erwarten sind. 54 Von der Möglichkeit des § 2 Abs. 7 BBPlG hatte der Gesetzgeber zunächst nur ein Mal Gebrauch gemacht74: Der Bundesbedarfsplan enthält beim Vorhaben 20 für die Maßnahme „Großgartach – Kupferzell“ die Buchstabenkennzeichnung „G“. Für diese Maßnahme, die durch die Vorhabenträger in zwei Abschnitte unterteilt werden soll, hatte noch keine Bundesfachplanung begonnen.75 Im Bundesbedarfsplangesetz sind nun auch für die Vorhaben 5a, 48, 57, 58, 67, 71, 72, 78 und 79 „G“-Kennzeichnungen vorgesehen.76 Zum Teil betreffen diese Kennzeichnungen nur Teilabschnitte der genannten Vorhaben (insoweit ergeben sich Bündelungsmöglichkeiten mit Vorhaben, bei denen die Bundesfachplanung überwiegend bereits abgeschlossen ist).
VII. Weiteres Verfahren (Abs. 5) 55 Wird die Vorhabenzulassung in einem einstufigen Genehmigungsverfahren konzentriert, ist selbstverständlich, dass damit keine Reduktion des Prüfungsumfangs einhergehen kann. In der Planfeststellung sind alle von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange in der Abwägung zu berücksichtigen, § 18 Abs. 4 S. 1. Dies wird in Abs. 5 für den vorherigen Verzicht auf Bundesfachplanung bestätigt (vgl. auch § 5 Abs. 1 S. 2). Gleiches gilt aber natürlich auch für alle einschlägigen Aspekte des zwingenden Rechts.77 Soweit § 5 Abs. 2 der Bundesfachplanung insbesondere die Funktion zuweist, die Übereinstimmung eines Vorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung zu prüfen, wird auch dieses Prüfprogramm in die Planfeststellung verschoben.78 56 Der wichtigste Unterschied zwischen einem einstufigen Genehmigungsverfahren und einer Zulassung mit vorheriger Bundesfachplanung liegt in der Behandlung räumlicher Alternativen. Wird nach Absatz 3 oder auf Grund gesetzlicher Entscheidung (Abs. 4) auf die Bundesfachplanung verzichtet, entfällt auch die Bindungswirkung eines festgelegten Trassenkorridors nach § 15 Abs. 1 S. 1. In der Planfeststellung sind auch die Trassenalternativen zu betrachten, die – 72 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 196. Zu der am 31.12.2015 in Kraft getretenen sog. Erdkabelnovelle (BGBl. I 2015, 2490) und den darin enthaltenen gesetzgeberischen Technologieentscheidungen vgl. Otte, UPR 2016, 451 ff; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801 ff; Appel, NVwZ 2016, 1516 ff. 73 BT-Drucks. 19/7375, S. 72. 74 BBPlG i. d. F. v. 13.5.2019. 75 Siehe die Vorhabeninformationen unter www.netzausbau.de/vorhaben. 76 Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298). 77 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 72. 78 Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1436. Serong/Salm
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VIII. Frist zur Antragstellung (Abs. 6)
NABEG § 5a
allerdings auf Betrachtungsebene eines Trassenkorridors – sonst in der Bundesfachplanung als ernsthaft in Betracht kommende Alternativen (§ 5 Abs. 4) geprüft worden wären.79 Es besteht insbesondere keine Bindungswirkung hinsichtlich der im Verfahren nach § 5a Abs. 1 oder 2 vorausgesetzten Orientierung an einer Bestandsleitung, Bestandstrasse oder an einem Trassenkorridor. Dies bedeutet, dass in der Planfeststellung auch dann keine Beschränkung auf die Prüfung „kleinräumiger Alternativen“ vorgenommen werden kann, wenn dies beim Verzicht auf Bundesfachplanung prognostisch so angenommen wurde.80 Gleiches gilt für die Fälle des Abs. 4: der gesetzliche Verzicht auf Bundesfachplanung führt in der Planfeststellung nicht zu irgendeiner Form von Beschränkung des Trassensuchraums auf einen räumlichen Nahbereich um eine Bestandsleitung.81 Eine Verkürzung der Öffentlichkeitsbeteiligung ist mit einem Verzicht auf Bundesfachpla- 57 nung ebenso wenig verbunden.82 Verfahrensrechte der Öffentlichkeit, der Träger öffentlicher Belange oder anerkannter Umweltvereinigungen werden, da der vollständige Prüfkatalog des zwingenden Rechts wie auch die abwägungsrelevanten Belange in der Planfeststellung zu berücksichtigen sind, nicht beschnitten. Es bleibt am Ende eine Frage der Verfahrensökonomie, ob Hinweise, Belange und Alternativvorschläge bereits in einer vorgelagerten Verfahrensstufe (Bundesfachplanung) vorgetragen werden können oder erst auf der Stufe der Vorhabenzulassung (Planfeststellung).
VIII. Frist zur Antragstellung (Abs. 6) Durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 58 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) hat § 5a noch einen sechsten Absatz erhalten, mit dem eine Regelungslücke geschlossen werden soll (vgl. auch Rn 19). Für das Regelverfahren der Bundesfachplanung sieht § 6 in den Sätzen 2 und 3 vor, dass der Antrag auf Bundesfachplanung spätestens 18 Monate nach Aufnahme eines Vorhabens in den Bundesbedarfsplan (Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG) zu stellen ist, wenn das Bundesbedarfsplangesetz keine hiervon abweichende Frist festlegt, und dass diese Frist nur auf begründeten Antrag des Vorhabenträgers durch die Bundesnetzagentur verlängert werden kann. Der Gesetzgeber verpflichtet die Vorhabenträger durch diese Regelung zu einer beschleunigten Planung und konkretisiert die sich bereits aus §§ 12e Abs. 4, 11 Abs. 1 EnWG ergebende Pflicht, das Übertragungsnetz bedarfsgerecht, d. h. insbesondere hinsichtlich des durch den Gesetzgeber festgestellten vordringlichen Bedarfs, auszubauen. Für Vorhaben, die in den Anwendungsbereich des § 5a Absatz 1 oder 2 fallen, fehlte eine 59 solche Regelung bislang. Es erschiene aber widersinnig, bei diesen Vorhaben, die ja ebenso Bestandteil des Bundesbedarfsplans sind, wie die einem Regelverfahren der Bundesfachplanung unterfallenden Vorhaben, auf die gesetzliche Frist zu verzichten. Dies gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass die unter § 5a fallenden Vorhaben sich regelhaft durch eine geringere planerische Komplexität auszeichnen. § 5a enthält daher nunmehr eine § 6 entsprechende Regelung.83 Für die Fälle der gesetzlichen Kennzeichnung gemäß Absatz 4 bedarf es keines Antrags auf Verzicht und folgerichtiger Weise dann auch keiner gesetzlichen Frist zur Antragstellung. In diesen Fällen ist allenfalls darüber nachzudenken, soweit erforderlich, eine Frist zur Stellung des Antrags auf Planfeststellung (§ 19) in analoger Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 4 zu setzen.
79 BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 80 So im Ergebnis auch Appel/Feurich, ER 2020, 47, 54 f. 81 Dies ergibt sich schon daraus, dass der Grund für einen gesetzlichen Verzicht auf Bundesfachplanung gem. § 2 Abs. 7 BBPlG in der besonderen Eilbedürftigkeit des Vorhabens liegt (vgl. Rn 52) und nicht in vorhandenen Bündelungsoptionen. 82 BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 83 Zu den weiteren Fristenregelungen in der Übergangsvorschrift des § 35 vgl. oben Rn 19. 579
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§ 5b Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Bundesfachplanung (1) In Bundesfachplanungsverfahren kann eine einheitliche Entscheidung über den Trassenkorridor für ein Vorhaben nach § 2 Absatz 1 und für die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr sowie von Bahnstromfernleitungen beantragt werden, sofern diese Leitungen auf einem Mehrfachgestänge geführt werden sollen. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden für Erdkabel, sofern diese im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabelvorhabens nach § 2 Absatz 1 mitverlegt werden sollen. (2) Die Bundesnetzagentur informiert die jeweils für die Raumordnung des Vorhabens zuständigen Behörden der Länder über einen Antrag nach Absatz 1 und weist sie darauf hin, dass sie der Durchführung des gemeinsamen Verfahrens widersprechen können. (3) Sofern die für die Raumordnung des Vorhabens zuständigen Behörden der betroffenen Länder nicht innerhalb von drei Monaten nach der Information nach Absatz 2 der Durchführung des gemeinsamen Verfahrens widersprochen haben, kann eine einheitliche Entscheidung durch die Bundesnetzagentur ergehen.
Übersicht I.
Überblick und Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
Tatbestandsvoraussetzungen 4 Mehrfachgestänge Bündelung mit einem Erdkabel
1
III.
Information der Raumordnungsbehör12 den
IV.
Widerspruchsfrist und einheitliche Entschei14 dung
3 8
I. Überblick und Entstehungsgeschichte 1 § 5b knüpft an die Regelung des § 2 Abs. 3 zum Anwendungsbereich des NABEG an. Ein einheitliches Bundesfachplanungsverfahren soll dann möglich sein, wenn zwei oder mehrere Vorhaben zusammentreffen, von denen nur eines ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 in der Zuständigkeit der BNetzA nach § 31 Abs. 1 ist. Die Norm ermöglicht eine einheitliche Entscheidung in einem einheitlichen Bundesfachplanungsverfahren für ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 und drei weitere Vorhabentypen: – Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV, – Bahnstromfernleitungen – Erdkabel. 2 Die Norm wurde im Rahmen der NABEG-Novellierung 2019 eingefügt und als Parallelregelung zu § 26, der das Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in der Planfeststellung regelt, konzipiert. § 5b ist erst spät in das Gesetzgebungsverfahren durch Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie eingebracht worden.1 Auch vor der Novelle 2019 war die Integration eines Vorhabens zum Neubau einer Hochspannungsfreileitung oder einer Bahnstromfernleitung in ein Bundesfachplanungsverfahren bereits möglich, da § 2 Abs. 3 den Anwendungsbereich des NABEG und damit auch des zweiten Abschnitts (Bundesfachplanung) eindeutig regelte.2 Absatz 1 stellt dies nunmehr – erweitert um die Fallgruppe der Erdkabel – 1 BT-Drucks. 19/8913, S. 39. 2 Steinbach/Franke/Bourwieg/Serong, 2. Auflage, § 2 Rn 24. In der Praxis hat diese Möglichkeit bislang noch keinen Anwendungsfall gefunden. Serong https://doi.org/10.1515/9783110670516-050
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1. Mehrfachgestänge
NABEG § 5b
eindeutig klar. In den Absätzen 2 und 3 ist ein Widerspruchsrecht der für die hinzukommenden Vorhaben originär zuständigen Raumordnungsbehörden der Länder geregelt.
II. Tatbestandsvoraussetzungen Absatz 1 regelt in Satz 1 zunächst Fallkonstellationen, in denen vorgesehen ist, ein Freileitungs- 3 vorhaben nach § 2 Abs. 1 und eine weitere Freileitung auf einem gemeinsamen Mastgestänge zu realisieren. Satz 2 erfasst die gemeinsame Verlegung eines Erdkabelvorhabens nach § 2 Abs. 1 mit einem weiteren Erdkabel.
1. Mehrfachgestänge Tatbestandlich erfordert Satz 1 zunächst das Zusammentreffen eines Vorhabens nach § 2 Abs. 1 4 und einer Bahnstromfernleitung oder einer Hochspannungsleitung mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV. Zusätzliche und entscheidende Voraussetzung ist, dass die Vorhaben gemeinsam auf einem Mehrfachgestänge geführt werden. Der Begriff des „Mehrfachgestänges“ ist nicht näher definiert. Erkennbar sind Mastkonstruktionen gemeint, auf denen Höchstspannungssysteme mit Systemen der anderen genannten Arten gemeinsam geführt werden.3 Hierfür bedarf es mindestens mehrerer Traversen und die Erfüllung der einschlägigen VDE-Normen. Ein besonderer Masttypus ist damit nicht verbunden. Die Leitungssysteme, die auf einem gemeinsamen Gestänge geführt werden sollen, werden regelmäßig unterschiedlichen Netzbetreibern zuzuordnen sein. Denkbar ist aber auch, dass ein Übertragungsnetzbetreiber bei der Realisierung eines NABEG-Vorhabens die Mitnahme einer eigenen Leitung plant. Abweichend von der allgemeinen Regelung in § 2 Abs. 3 erfasst § 5b Abs. 1 S. 1 nicht nur 5 den „Neubau“ von Hochspannungsleitungen und Bahnstromfernleitungen, sondern die Errichtung, den Betrieb und die Änderung dieser Leitungen. Dies kann sich beispielsweise insoweit auswirken, als die Mitnahme einer Höchstspannungsleitung nach § 2 Abs. 1 auf einem existierenden Mastgestänge einer 220kV-Leitung, die nicht neu gebaut, sondern nur baulich verändert wird, nicht ausgeschlossen ist. Zwar soll § 2 Abs. 3 als allgemeine Norm den Anwendungsbereich des NABEG regeln. Dieser Norm ist aber dennoch insoweit kein Vorrang gegenüber der weitergehenden Formulierung in § 5b Abs. 1 S. 1 (und in § 26 S. 1) einzuräumen. Wenn der Gesetzgeber im Gesetz ausdrückliche verfahrensrechtliche Regelungen getroffen hat, wäre es widersinnig, wenn er den Anwendungsbereich dieses Gesetzes insoweit nicht als gegeben angesehen hätte. Die unterschiedliche Wortwahl in § 2 Abs. 3 kann daher nur als Redaktionsversehen bewertet werden (siehe auch § 2 Rn 19). In Satz 1 nicht ausdrücklich erwähnt, aber von § 2 Abs. 3 vorausgesetzt wird, dass durch 6 die Einbeziehung eines zweiten Vorhabens keine „wesentlichen Verfahrensverzögerungen“ für die Bundesfachplanung eintreten. Insoweit ist hier, im Gegensatz zur soeben dargestellten Frage, kein denkbarer Widerspruch zwischen § 2 Abs. 3 und § 5b Abs. 1 S. 1 erkennbar. Das zeitliche Zusammentreffen muss durch die Vorhabenträger herbeigeführt werden. Dabei ist nicht zwingend erforderlich, dass die Vorhaben gemeinsam gem. § 6 beantragt werden. Bei einem späteren Antrag im Laufe eines begonnenen Bundesfachplanungsverfahrens stellt sich jedoch die Frage nach Verzögerungen, die im Einzelfall beantwortet werden muss.4 Ein Zusammentreffen zweier Vorhaben, das sich in der Antragskonferenz nach § 7 Abs. 1 ergibt und unverzüglich beantragt wird, dürfte wesentliche Verfahrensverzögerungen regelmäßig vermeiden können.
3 Vgl. Leibnitz Universität Hannover/TU Dresden/TU Clausthal, Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung von Bahnund Energieleitungsinfrastrukturen, 2012.
4 Vgl. auch § 26 Rn 9. 581
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§ 5b NABEG
7
II. Tatbestandsvoraussetzungen
Für das einheitliche Verfahren nach § 5b bedarf es eines Antrags des Vorhabenträgers. Dieser Antrag kann mit dem Antrag nach § 6 verbunden werden. Es sind aber auch Konstellationen vorstellbar, in denen für das hinzukommende Vorhaben bereits ein Raumordnungsverfahren bei der dort zuständigen Behörde beantragt oder eingeleitet worden ist.5 Da das Vorhaben nach § 2 Abs. 1 das „Leitverfahren“ darstellt, reicht jedenfalls ein Antrag dieses Vorhabenträgers aus. Es ist nicht erforderlich, dass die Träger des oder der zusammentreffenden Vorhaben weitere Anträge nach § 5b stellen. Der Antrag muss alle Informationen und Unterlagen enthalten, aus denen sich ergibt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Die weiteren nach § 6 erforderlichen Angaben bzw. nach § 8 einzureichenden Unterlagen können mit dem Antrag verbunden oder später eingereicht werden.
2. Bündelung mit einem Erdkabel 8 Satz 2 erweitert den Anwendungsbereich des § 5b auf eine Bündelung mit einem Erdkabel (vgl. auch die Regelungen in § 2 Abs. 3 und in § 26 S. 26). Voraussetzung hierfür ist, dass das Erdkabel im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Vorhabens nach § 2 Abs. 1 mitverlegt wird. Anders als § 2 Abs. 3 („…eines Vorhabens im Sinne von § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes“) spricht Satz 2 an dieser Stelle von einem „Erdkabelvorhaben nach § 2 Abs. 1“. Das ist nur scheinbar deckungsgleich (vgl. hierzu auch § 2 Rn 11). Die Formulierung in § 2 Abs. 3 ist etwas weiter, da sie auch die ausnahmsweise zulässigen Freileitungsabschnitte eines HGÜ-Erdkabelvorhabens (vgl. § 3 Abs. 2–4 BBPlG) erfasst. Zieht man also dieses Begriffsverständnis auch für § 5b heran, wird – praktisch sicherlich eher ein Ausnahmefall – eine einheitliche Entscheidung über die Bündelung eines Erdkabels im Schutzstreifen einer Freileitung nach § 3 Abs. 2 oder 3 BBPlG ebenfalls möglich. Da der Gesetzgeber in der Gesamtschau der Regelungen in §§ 2 Abs. 3, 5b und 26 die Möglichkeiten für eine beschleunigte Verfahrensdurchführung erweitern wollte, spricht vieles für diese erweiternde Auslegung des § 5b. 9 Angesichts des eindeutigen Wortlauts erfasst Satz 2 nur Erdkabel, keine Leerrohre. Das mag zunächst verwundern, da § 2 Abs. 3 S. 2 den Anwendungsbereich des NABEG für Erdkabel und Leerrohre, die mitverlegt werden können, erweitert. Leerrohre werden allerdings weder in § 5b für die Verfahrensstufe der Bundesfachplanung noch in § 26 für die Planfeststellung erwähnt. Für Leerrohre besteht jedoch die Möglichkeit eines Verzichts auf Bundesfachplanung gem. § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 3. Voraussetzung hierfür ist, dass sie in einem Trassenkorridor verlegt werden sollen, der bereits im Bundesnetzplan nach § 17 ausgewiesen oder durch ein Raumordnungsverfahren festgelegt worden ist. Bei Leerrohren setzt § 5a also voraus, dass das „Leitverfahren“ zeitlich vorauslaufend bereits abgeschlossen wurde. Für Erdkabel eröffnet § 5b demgegenüber die gleichzeitige und einheitliche Durchführung einer Bundesfachplanung. 10 Der geforderte räumliche Zusammenhang weist im Regelfall auf eine Parallelverlegung der beiden Vorhaben im selben Graben oder im Schutzstreifen hin. Leitgedanke der Regelung ist der Idealfall, dass für beide Vorhaben nur eine Baumaßnahme durchgeführt werden muss, also auch die Eingriffe in die Umwelt und die Belastungen der Grundstückseigentümer und Anrainer minimiert werden. Im Einzelfall, z. B. bei der notwendigen Umgehung lokaler Hindernisse mag auch ein nicht allzu großer Abstand zwischen den Trassen der beiden Vorhaben noch
5 In diesen Fällen wird das Widerspruchsrecht nach Abs. 2 besonders relevant. 6 Die durch Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) eingefügte Änderung des § 26 S. 2 stellt klar, dass ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 auch mit einem weiteren Vorhaben nach § 2 Abs. 1 zu einem einheitlichen Verfahren verbunden werden kann. Obgleich § 5b nicht entsprechend geändert wurde, ist von einem parallelen Verständnis auszugehen, Der Wortlaut von § 5b Abs. 1 S. 2 lässt dies unzweifelhaft zu. Serong
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IV. Widerspruchsfrist und einheitliche Entscheidung
NABEG § 5b
das Kriterium des räumlichen Zusammenhangs erfüllen. Der zeitliche Zusammenhang ist gegeben, wenn die Baumaßnahmen gemeinsam und koordiniert durchgeführt werden.7 Liegen diese Voraussetzungen vor, ist Satz 1 entsprechend anzuwenden. Auch insoweit 11 gilt also die aus § 2 Abs. 3 abzuleitende Voraussetzung, dass keine wesentliche Verfahrensverzögerung eintritt (siehe Rn 6). Das einheitliche Verfahren bedarf eines Antrags (siehe Rn 7).
III. Information der Raumordnungsbehörden Beantragt der Vorhabenträger eine einheitliche Entscheidung über einen Trassenkorridor nach 12 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 und liegen die dort beschriebenen Voraussetzungen vor, führt die Bundesnetzagentur in unteilbarer Zuständigkeit die Bundesfachplanung für die zusammentreffenden Vorhaben durch.8 Zuvor muss sie allerdings die „für die Raumordnung zuständigen Behörden der Länder“ über den eingegangenen Antrag informieren. Die Formulierung greift den Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 ROG („Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde“) auf und lässt damit erkennen, dass die für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (§ 15 ROG) nach jeweiligem Landesrecht zuständigen Behörden gemeint sind. Dies ergibt auch insoweit Sinn, als diese Behörden das Verfahren durchzuführen hätten, das durch die Bundesfachplanung ersetzt wird. Im Einzelfall mag ein solches Raumordnungsverfahren auch schon eingeleitet sein (siehe Rn 7). Die Information der zuständigen Länderbehörden ist zur Vermeidung paralleler Verwaltungsverfahren notwendig und entspricht auch einer konstruktiven Zusammenarbeit im Sinne des § 3a Abs. 1. Ist für die Bundesnetzagentur nicht erkennbar, welches die für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens in einem Bundesland zuständige Behörde ist, weil das fragliche Vorhaben der örtlichen Zuständigkeit mehrerer Raumordnungsbehörden im Land unterliegen könnte,9 so informiert sie die oberste Landesplanungsbehörde.10 Im Rahmen dieser Information weist die Bundesnetzagentur die für die Raumordnungsver- 13 fahren zuständigen Behörden darauf hin, dass diese der Durchführung des gemeinsamen Verfahrens widersprechen können. Dieser Widerspruch ist fristgebunden (Abs. 3). Der Vorhabenträger kann also – anders als bei der Planfeststellung gem. § 26 – die einheitliche Entscheidung über einen Trassenkorridor durch die Bundesnetzagentur nicht ohne das Einverständnis der zuständigen Länderbehörden herbeiführen. Es empfiehlt sich in der Praxis, dieses Einverständnis vor Antragstellung abzustimmen.
IV. Widerspruchsfrist und einheitliche Entscheidung Für den Widerspruch nach Abs. 2 haben die für die Raumordnung zuständigen Behörden (siehe 14 Rn 12) drei Monate Zeit. Die Frist beginnt mit der Information über den Antrag. Geht fristgemäß ein solcher Widerspruch bei der Bundesnetzagentur ein, kann diese keine einheitliche Entscheidung im Sinne des Abs. 1 treffen. Verläuft das nach Abs. 1 S. 1 oder 2 hinzukommende Vorhaben durch mehrere Bundesländer, reicht bereits ein Widerspruch aus, um die einheitliche Entscheidung in einer Bundesfachplanung auszuschließen. Ggf. kann durch entsprechende Abschnittsbildung (vgl. § 5 Abs. 8) unter Beachtung der hierfür geltenden rechtlichen Anforderungen ein einheitliches Bundesfachplanungsverfahren innerhalb der Zuständigkeitsbereiche der Länderbehörden ermöglicht werden, für die kein Widerspruch vorliegt. 7 Vgl. ergänzend § 26 Rn 12. 8 So die amtliche Begründung zu § 2 Abs. 3: BT-Drucks. 19/7375, S. 67. 9 Vgl. zum Beispiel den in Art. 25 Abs. 1 S. 2 BayLPlG geregelten Fall: „Die oberste Landesplanungsbehörde kann bei Vorhaben, von denen mehrere höhere Landesplanungsbehörden betroffen werden, eine von ihnen für zuständig erklären; diese entscheidet im Benehmen mit den übrigen betroffenen höheren Landesplanungsbehörden.“ 10 Die Frist des Abs. 3 beginnt dann mit Information der obersten Landesplanungsbehörde zu laufen. 583
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§ 5b NABEG
IV. Widerspruchsfrist und einheitliche Entscheidung
Ist innerhalb der Dreimonatsfrist kein Widerspruch eingegangen, kann ein einheitliches Bundesfachplanungsverfahren durchgeführt und mit einer einheitlichen Entscheidung über einen Trassenkorridor abgeschlossen werden. Von dem Einverständnis der zuständigen Länderbehörden wird insoweit ausgegangen (gesetzliche Fiktion). Während die Frist läuft und noch keine Äußerung der zuständigen Raumordnungsbehörden der Länder eingegangen ist, kann die Bundesnetzagentur bereits Verfahrensschritte für eine einheitliche Bundesfachplanung vornehmen. Sie kann beispielsweise zu einer Antragskonferenz laden (§ 7 Abs. 2) oder einen Untersuchungsrahmen festlegen (§ 7 Abs. 4). Dies liegt im besonderen Interesse der beschleunigten Durchführung der Genehmigungsverfahren des Stromnetzausbaus: Gemäß § 7 Abs. 1 führt die Bundesnetzagentur unverzüglich nach Eingang des Antrags nach § 6 eine Antragskonferenz durch; die Festlegung des Untersuchungsrahmens soll gemäß § 7 Abs. 5 innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen sein. Da § 5b Abs. 3 die einheitliche Entscheidung über den Trassenkorridor vom Ablauf der Dreimonatsfrist ohne Eingang eines Widerspruchs abhängig macht, nicht aber die einheitliche Durchführung eines Bundesfachplanungsverfahrens bis zur Entscheidung nach § 12, steht der Wortlaut der Norm einem solchen Vorgehen auch nicht entgegen. Es entspricht vielmehr der Vorgabe des § 2 Abs. 3, nach der ein Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in einem Genehmigungsverfahren nicht zu wesentlichen Verfahrensverzögerungen führen darf. Geht dann fristgemäß doch noch ein Widerspruch ein, kann dies aber zu notwendigen Änderungen beispielsweise des Untersuchungsrahmens führen. 16 Die einheitliche Entscheidung über einen Trassenkorridor enthält die in § 12 Abs. 2 vorgegebenen Inhalte. Die einheitliche Entscheidung im Sinne des § 5b kann auch in einem vereinfachten Verfahren gemäß § 11 ergehen, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Trassenkorridor ist hinsichtlich aller Vorhaben, die Gegenstand des einheitlichen Bundesfachplanungsverfahrens waren, für die Planfeststellung verbindlich (§ 15 Abs. 1 S. 1). Die Planfeststellung kann, einen entsprechenden Antrag vorausgesetzt, wiederum nach § 26 einheitlich durchgeführt werden. Entscheidet der Vorhabenträger des Vorhabens, das nach § 5b in die Bundesfachplanung für ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 integriert worden ist, sich aus welchen Gründen auch immer dafür, dieses Vorhaben nicht nach § 26 genehmigen zu lassen, sondern hierfür eine Planfeststellung bei der zuständigen Landesbehörde oder beim Eisenbahn-Bundesamt (Bahnstromfernleitungen) zu beantragen, entfällt allerdings insoweit die Bindungswirkung nach § 15 Abs. 1 S. 1, da diese nur für Planfeststellungen nach den §§ 18 ff gilt. Der Vorrang der Bundesfachplanung gegenüber nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen (§ 15 Abs. 1 S. 2) bleibt hingegen vollumfänglich erhalten. 15
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§ 6 Antrag auf Bundesfachplanung 1
Die Bundesfachplanung beginnt mit dem Antrag des Vorhabenträgers. 2Der Antrag ist spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu stellen, wenn das Bundesbedarfsplangesetz keine hiervon abweichende Kennzeichnung enthält. 3Die Bundesnetzagentur kann auf begründeten Antrag des Vorhabenträgers die Frist verlängern. 4Die für die Raumordnung zuständigen Behörden der Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor verlaufen könnte, sind über die Fristverlängerung zu benachrichtigen. 5Der Antrag kann zunächst auf einzelne angemessene Abschnitte von Trassenkorridoren beschränkt werden. 6Der Antrag soll Angaben enthalten, die die Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7 ermöglichen, und hat daher in allgemein verständlicher Form das geplante Vorhaben darzustellen. 7Der Antrag muss enthalten 1. einen Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf des für die Ausbaumaßnahme erforderlichen Trassenkorridors sowie eine Darlegung der in Frage kommenden Alternativen, 2. bei Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 5 des Bundesbedarfsplangesetzes eine Kennzeichnung von Erdkabel- und Freileitungsabschnitten im Vorschlag und in den infrage kommenden Alternativen sowie die Gründe, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt, 3. Erläuterungen zur Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen unter Berücksichtigung der erkennbaren Umweltauswirkungen und der zu bewältigenden raumordnerischen Konflikte und, 4. soweit ein vereinfachtes Verfahren der Bundesfachplanung nach § 11 für die gesamte Ausbaumaßnahme oder für einzelne Streckenabschnitte durchgeführt werden soll, die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
14 Inhalt des Antrages (S. 6 und 7) 14 Allgemeines Notwendige Unterlagen für die Bundesfachpla21 nung Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen für 23 die Bundesfachplanung (S. 7) a) Trassenkorridor und Alternativen 24 (S. 7 Nr. 1) b) Erläuterung der Alternativen (S. 7 25 Nr. 3) c) Technologiekennzeichnung (S. 7 26 Nr. 4)
3.
1
4.
27 d) Sonstige Unterlagen Unterlagen im vereinfachten Verfahren (S. 7 28 Nr. 4)
10
585 https://doi.org/10.1515/9783110670516-051
III.
Einleitung der Bundesfachplanung durch An30 trag des Vorhabenträgers (S. 1)
IV.
Antrag auf Einleitung der Bundesfachpla33 nung
V.
Abschnittsbildung (S. 5)
VI. 1. 2.
39 Rechtsschutz 39 Verpflichtung zur Antragstellung Anspruch auf Durchführung des Bundesfachpla43 nung
35
Nebel/Riese
§ 6 NABEG
I. Allgemeines
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 S. 1 zufolge beginnt die Bundesfachplanung mit dem Antrag des Vorhabenträgers. Gemäß S. 2 handelt es sich bei der Bundesfachplanung um ein Antragsverfahren. Der An2 trag ist nach S. 2 spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu stellen Die Bundesnetzagentur kann die Frist nach S. 3 Monate verlängern. Die für die Raumordnung zuständigen Behörden der Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor verlaufen könnte, sind nach S. 4 über die Fristverlängerung zu benachrichtigen. Nach S. 5 kann der Antrag auf Bundesfachplanung auf einzelne angemessene Abschnitte 3 beschränkt werden. Der Inhalt des Antrags bestimmt sich nach S. 6. Der Antrag muss das Vorhaben so allge4 meinverständlich darstellen, dass die Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7 ermöglicht wird. Der Antrag muss nach S. 7 Nr. 1 einen Vorschlag für den Verlauf des Trassenkorridors 5 sowie eine Darlegung der in Frage kommenden Alternativen enthalten. Ferner enthält der Antrag nach S. 7 Nr. 2 Erläuterungen zur Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen unter Berücksichtigung der erkennbaren Umweltauswirkungen und der zu bewältigenden raumordnerischen Konflikte. Soweit ein vereinfachtes Verfahren der Bundesfachplanung nach § 11 für die gesamte Ausbaumaßnahme oder für einzelne Streckenabschnitte durchgeführt werden soll, ist die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen notwendig, S. 6 Nr. 4. Durch die Regelung wird verhindert, dass der Netzausbau durch unvollständige Anträge 6 des ÜNB verzögert werden kann. Insofern richtet sich die Verpflichtung der BNetzA, einen Antrag zu stellen, immer auch darauf, die Mindestinhalte nach S. 7 einzuhalten. Prinzipiell sind die in S. 7 genannten Inhalte notwendig, um den Untersuchungsrahmen nach § 7 im Rahmen der Antragskonferenz festlegen zu können.
2. Regelungszweck 7 § 6 soll die reibungslose und zügige Einleitung der Bundesfachplanung absichern. Die Vorschrift soll den zügigen Beginn der Planung der im Bundesbedarfsplan aufgenommenen Leitungsvorhaben und damit den Ausbau des Übertragungsnetzes gewährleisten und dient dem übergeordneten Ziel der Verfahrensbeschleunigung.1 Der Gesetzgeber hat die Unvollständigkeit von Planunterlagen als eine der Ursachen für 8 die Verzögerung des Netzausbaus identifiziert. Die Vorschrift konkretisiert die Pflichten des Vorhabenträgers in Zusammenhang mit den für den Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung einzureichenden Unterlagen. Neben der Normierung von Mindestinhalten des zu stellenden Antrags kann ein Netzbetrei9 ber auf Grundlage von § 6 zur Stellung eines Antrags auf Bundesfachplanung verpflichtet werden. Da eine solche Verpflichtung zur Antragstellung auch im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren nach § 12 Abs. 2 S. 3 möglich ist, ist § 6 die erste Stufe der zwangsweisen Verwirklichung besonders dringlicher Vorhaben.
1 Zur Relevanz der Raumordnungsverfahren im Netzausbau s. Franke/Recht, ZUR 21, 15 ff. Nebel/Riese
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1. Allgemeines
NABEG § 6
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze2 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 6 erlassen. Die Norm erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf.3 Eine Änderung erfolgte durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 20154 mit Wirkung zum 31. Dezember 2015: Die Bestandteile des Antrags des Vorhabenträgers wurden bei Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG durch eine neue Nummer 2 erweitert. Als Folge haben sich die bisherigen Nummern nach hinten verschoben. Durch Art. 2 Nr. 8 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus5 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 wurde zur Beschleunigung der Verfahren und Entlastung der BNetzA Satz 2 mit einer gesetzlichen Frist eingeführt, innerhalb derer spätestens ein Antrag auf Bundesfachplanung durch den Vorhabenträger gestellt werden muss. Der ebenfalls neu eingefügte Satz 3 schafft weitere Flexibilität, sofern der Vorhabenträger insbesondere bei unvorhersehbaren Problemen eine Fristverlängerung benötigt. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften in Satz 3 nach dem Wort „Frist“ die Wörter „höchstens zweimal um bis zu sechs Monate“ gestrichen.6 Die Änderung soll der BNetzA größere Flexibilität bei der Gewährung von Fristverlängerungen geben. Die bisherige Möglichkeit, die Frist für den Antrag auf Bundesfachplanung höchstens zweimal um jeweils bis zu sechs Monate verlängern zu können, sei zu starr gewesen.7
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II. Inhalt des Antrages (S. 6 und 7) 1. Allgemeines Der Inhalt der für die Durchführung der Bundesfachplanung notwendigen Unterlagen wird in 14 einem dreistufigen iterativen Prozess zwischen Vorhabenträger und BNetzA erarbeitet: Der Vorhabenträger hat nach § 8 der BNetzA die für die raumordnerische Beurteilung und 15 die SUP der Trassenkorridore erforderlichen Unterlagen vorzulegen (Stufe 3). Den erforderlichen Inhalt der nach § 8 vorzulegenden Unterlagen bestimmt die BNetzA aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 9 (Stufe 2). Die vor Durchführung der Antragskonferenz einzureichenden Antragsunterlagen hat der Gesetzgeber in S. 7 festgelegt (Stufe 1). Die Festlegung der Mindestinhalte des Antrages nach S. 6 soll bereits auf der ersten Stufe des Prozesses zwischen Vorhabenträger und BNetzA Klarheit und Rechtssicherheit über Art, Inhalt und Umfang der durch den Vorhabenträger in der Bundesfachplanung einzureichenden Unterlagen schaffen. Ziel ist die Flexibilisierung und Effektivierung des Antragsverfahrens, um die Entscheidung über die Bundesfachplanung zu beschleunigen. Mit einem Bußgeld gem. § 34 wird die unvollständige Antragstellung jedoch in § 34 nicht 16 belegt. Ein Bußgeldtatbestand knüpft bei der Bundesfachplanung erst an die Vollständigkeit der auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 8 vorzulegenden Unterlagen an.
2 3 4 5 6 7
BGBl. I 2011 S. 1690. BT-Drucks. 17/6073. BGBl. I 2015 S. 2490. BGBl. I 2019 S. 706. BR-Drucks. 570/20, S. 6. BR-Drucks. 570/20, S. 37.
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§ 6 NABEG
II. Inhalt des Antrages (S. 6 und 7)
Zur Beschleunigung der Verfahren und Entlastung der BNetzA ist der Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan durch den Vorhabenträger zu stellen. Die nötige Flexibilität wird gewährleistet, indem abweichende Fristen für bestimmte Projekte im BBPlG vorgesehen werden können. So kann für einfach gelagerte Vorhaben eine kürzere Frist und für komplexe oder kontroverse Vorhaben eine längere Frist vorgesehen werden.8 Nach Satz 3 kann die BNetzA auf begründeten Antrag des Vorhabenträgers die Frist verlän18 gern. Satz 3 schafft weitere Flexibilität, sofern der Vorhabenträger insbesondere bei unvorhersehbaren Problemen eine Fristverlängerung benötigt, um einen qualitativ hochwertigen Antrag auf Bundesfachplanung einzureichen.9 Satz 3 sieht weder eine Beschränkung hinsichtlich der Dauer der Fristverlängerung noch hinsichtlich der Anzahl der Fristverlängerungsanträge vor. Die vor der Änderung durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften in Satz 3 bestehende Beschränkung auf eine höchstens zweimalige Verlängerung um bis zu sechs Monate“ sei zu starr gewesen.10 Nach S. 4 sind die für die Raumordnung zuständigen Behörden der Länder, auf deren Ge19 biet ein Trassenkorridor verlaufen könnte, über die Fristverlängerung zu benachrichtigen. Da nur solche Leitungen in den Anwendungsbereich des NABEG fallen, die länderübergreifend oder grenzüberschreitend sind, wird dies in der Regel mehrere Länder betreffen. Bei grenzüberschreitenden Leitungen, also solchen, an deren Verwirklichung ein europäi20 sches Interesse besteht, reicht eine Planungskompetenz der BNetzA ohnehin nur bis zur deutschen Staatsgrenze. Eine Verpflichtung zur Information anderer Staaten ergibt sich aus dem NABEG nicht. 17
2. Notwendige Unterlagen für die Bundesfachplanung 21 Maßstab für den Umfang der einzureichenden Unterlagen ist der Sinn und Zweck des Antragsverfahrens. Der Vorhabenträger soll die Beteiligten der Antragskonferenz in die Lage versetzen, ihre Hinweise und Anforderungen an die Antragsunterlagen zu formulieren. Dazu ist es erforderlich, dass der Vorhabenträger alle Informationen mitteilt, die für diese Festlegung erforderlich sind. Der Vorhabenträger muss keine Lösung für etwaige Konfliktfälle bieten, wohl aber auf etwaige Konfliktpotenziale hinweisen. Die Darstellung des Vorhabens im Antrag soll in allgemein verständlicher Form erfolgen. 22 Anders ist nicht zu gewährleisten, dass auch die Öffentlichkeit ihre entsprechenden Hinweise und Anforderungen formuliert. § 7 enthält Hinweise auf den Inhalt des Antrages, ohne diese im Einzelnen zu konkretisieren.
3. Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen für die Bundesfachplanung (S. 7) 23 Der Umstand, dass der Gesetzgeber in S. 7 Mindestinhalte der Antragsunterlagen festgelegt hat, sowie der Umstand, dass die BNetzA den erforderlichen Inhalt der nach § 8 vorzulegenden Unterlagen aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 9 bestimmt, darf nicht dahingehend verstanden werden, dass der Vorhabenträger dem Antrag nach § 7 nur eine Auswahl der notwendigen Antragsunterlagen beizufügen bräuchte. Vielmehr hat der Vorhabenträger bereits bei Stellung des Antrags nach § 6 alle zu diesem Zeitpunkt notwendigen Unterlagen einzureichen, um die Beteiligten der Antragskonferenz in die Lage zu versetzen, Hinweise in der Anforderung zu formulieren. 8 BT-Drucks. 19/7375, 72. 9 BT-Drucks. 19/7375, 72. 10 BR-Drucks. 570/20, S. 37. Nebel/Riese
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4. Unterlagen im vereinfachten Verfahren (S. 7 Nr. 4)
NABEG § 6
a) Trassenkorridor und Alternativen (S. 7 Nr. 1). Gemäß S. 7 Nr. 1 muss der Antrag einen 24 Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf des für die Aufbaumaßnahme erforderlichen Trassenkorridors sowie eine Darlegung der in Frage kommenden Alternativen enthalten. Aufgrund dieser Unterlagen wird die BNetzA in die Lage versetzt, die Antragskonferenz vorzubereiten und die von den Ausbauvorhaben berührten Träger öffentlicher Belange zu identifizieren. b) Erläuterung der Alternativen (S. 7 Nr. 3). Nach S. 7 Nr. 3 muss der Antrag Erläuterungen 25 zur Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen unter Berücksichtigung der erkennbaren Umweltauswirkung und der zu bewältigenden raumordnerischen Konflikte enthalten.
c) Technologiekennzeichnung (S. 7 Nr. 4). Nach Nr. 2 muss der Antrag bei Vorhaben, die 26 nach § 2 Abs. 5 BBPlG als Erdkabel zu errichten und zu betreiben sind, eine Kennzeichnung von Erdkabel- und Freileitungsabschnitten im Vorschlag und in den infrage kommenden Alternativen sowie die Gründe, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt, enthalten. Da gemäß § 3 Absatz 2 BBPlG eine Freileitung nur ausnahmsweise auf Teilabschnitten in Betracht kommt, hat der Vorhabenträger substantiiert und nachvollziehbar zu begründen, warum auf dem jeweiligen Teilabschnitt eine Freileitung errichtet werden soll.11 Damit kann die Bundesnetzagentur überprüfen, ob und inwieweit im speziellen Fall die Freileitungsausnahme zum Tragen kommt. Zudem dient das Begründungserfordernis der Transparenz für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 9.12
d) Sonstige Unterlagen. Zur Vorbereitung des Scoping-Termins hat der Vorhabenträger alle 27 sonstigen Unterlagen einzureichen, die erforderlich sind, um die Beteiligten der Antragskonferenz in die Lage zu versetzen, Hinweise und Anforderungen zu formulieren. Im Vordergrund steht in jedem Fall Sinn und Zweck der Antragskonferenz. Es muss sichergestellt sein, dass die Antragskonferenz abschließend formuliert, welche Inhalte die Antragsunterlagen haben. Natürlich kann es aufgrund neuer Erkenntnisse dazu kommen, dass die Festlegung der Antragskonferenz modifiziert und aktualisiert wird. Dies darf indes nicht deshalb geschehen, weil die eingereichten Unterlagen nicht ausreichend aussagekräftig waren und das Ergebnis der Antragskonferenz unzureichend war. 4. Unterlagen im vereinfachten Verfahren (S. 7 Nr. 4) S. 7 Nr. 4 bestimmt den Inhalt und Umfang der einzureichenden Unterlagen, soweit ein verein- 28 fachtes Verfahren in der Bundesfachplanung nach § 11 für die gesamte Ausbaumaßnahme oder vereinzelte Streckenabschnitte durchgeführt werden soll. Nach S. 6 Nr. 3 muss der Antrag in diesem Fall die Darlegung der für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens erforderlichen Voraussetzungen enthalten. Zur Darlegung der Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens müssen gem. § 11 folgende 29 Bedingungen erfüllt sein: – eine SUP ist nicht erforderlich, – der durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor oder die durch die Bundesfachplanung bestimmte Trasse wird zur Umsetzung der Maßnahme nur geringfügig geändert 11 BT-Drs. 18/6909, S. 40. 12 BT-Drs. 18/6909, S. 40. 589
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§ 6 NABEG
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V. Abschnittsbildung (S. 5)
die Maßnahme soll kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG ausgewiesen ist.
III. Einleitung der Bundesfachplanung durch Antrag des Vorhabenträgers (S. 1) 30 Im Normalfall wird der Vorhabenträger einen Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung stellen. Damit wird das im Sinne von § 22 S. 2 Nr. 2 VwVfG als mitwirkungsbedürftig ausgestaltete Verwaltungsverfahren der Bundesfachplanung eingeleitet. 31 Da nach S. 5 die Beschränkung des Antrags auf einzelne angemessene Abschnitte möglich ist, obliegt es dem Vorhabenträger zu entscheiden, für welchen Umfang der im Bundesbedarfsplan ausgewiesenen Leitung er seinen Antrag stellt. Die Abschnittsbildung entbindet den Vorhabenträger jedoch nicht von seiner Verantwortung, das gesamte, in seinen Verantwortungsbereich fallende Vorhaben zu verwirklichen. Die Verpflichtung zu Ausbau und Unterhaltung des Netzes folgt allgemein aus § 11 Abs. 1 32 S. 1 EnWG.
IV. Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung 33 Die Bundesfachplanung ist ein mitwirkungsbedürftiges Verwaltungsverfahren im Sinne des § 22 S. 2 Nr. 1 2. Alt. und Nr. 2 VwVfG. Dies bedeutet, dass die BNetzA auf Antrag des Vorhabenträgers nach § 6 die Bundesfachplanung einleiten muss, ohne einen Antrag hingegen nicht einleiten darf. Zwar ist die Realisierung der Stromleitungen, die in den Geltungsbereich des NABEG fallen, aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses erforderlich (§ 1 S. 3). Hieraus folgt nicht, dass die BNetzA die Bundesfachplanung von Amts wegen einleiten bzw. durchführen darf. Denn nach § 6 S. 1 beginnt die Bundesfachplanung mit dem Antrag des Vorhabenträgers. Diese Regelung macht die Einleitung der Bundesfachplanung von dem Antrag des nach § 12c Abs. 4 S. 3 EnWG verantwortlichen ÜNB abhängig.13 Die Bundesfachplanung ist unabhängig davon mitwirkungsbedürftig, ob sie im förmlichen 34 oder im vereinfachten Verfahren nach § 11 beantragt und durchgeführt wird.
V. Abschnittsbildung (S. 5) 35 Die Möglichkeit der Bildung von Abschnitten in der Bundesfachplanung nach S. 5 wirkt zusammen mit der Möglichkeit der Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Antragstellung nach S. 2. Die BNetzA kann die Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Antragstellung auf einzelne Abschnitte beschränken. Ebenso ist es denkbar, dass der Vorhabenträger nur für einzelne Abschnitte einen Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung stellt, die BNetzA ihn aber dann verpflichtet, für weitere Abschnitte des Vorhabens einen Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung zu stellen. Die Abschnittsbildung ermöglicht es, die Bundesfachplanung für Trassenkorridore auf ver36 schiedene Verfahren aufzuteilen, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist.14 Dies bietet sich bei besonders umfangreichen Vorhaben, sowie in den Fällen an, in denen die Verwirklichung bestimmter Abschnitte besonders dringlich oder konfliktbelastet ist.15 Die Abschnittsbildung dient primär der Beschleunigung des Netzausbaus. Größere Ausbauvorhaben sollen nicht daran scheitern, dass es an einzelnen Punkten des Vorhabens Konflikte gibt. Die Abschnittsbildung 13 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. 14 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. 15 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. Nebel/Riese
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2. Anspruch auf Durchführung des Bundesfachplanung
NABEG § 6
ermöglicht es zudem, den späteren Bundesnetzplan Schritt für Schritt entsprechend dem jeweils vordringlichen Bedarf zu erarbeiten. Die Bildung von Abschnitten als solche bedarf aufgrund der gesetzlichen Erwähnung in 37 S. 5 keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Nichtsdestoweniger müssen gebildete Abschnitte angemessen sein. Die Einteilung muss demnach im Hinblick auf das abzuarbeitende Problempensum sachlich gerechtfertigt sein. 38 Für zulässig erklärt sind zudem nach S. 5 nur einzelne Abschnitte.
VI. Rechtsschutz 1. Verpflichtung zur Antragstellung Stellt der für die jeweilige Ausbaumaßnahme verantwortliche ÜNB nicht von sich aus den Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung unter Einreichung der dafür erforderlichen Pläne, kann ihn die BNetzA gem. S. 2 mit einer angemessenen Frist per Bescheid dazu verpflichten, den erforderlichen Antrag zu stellen. Ein Widerspruchsverfahren ist durchzuführen (§§ 68 ff VwGO). Ohne die spezialgesetzliche Ermächtigung in S. 4 kann die BNetzA den Vorhabenträger nicht zur Stellung des Antrags auf Durchführung der Bundesfachplanung verpflichten. Die allgemeine rechtliche Verpflichtung, das Vorhaben nicht auszuführen, ohne dass die Planfeststellung dafür durchgeführt und im positiven abgeschlossen wurde, genügt als Voraussetzung für eine Erzwingung der Antragstellung nicht. Der Bescheid zur Verpflichtung ist ein für den Vorhabenträger belastender Verwaltungsakt. Vor Erlass des Bescheids ist dieser gem. § 28 Abs. 1 VwVfG anzuhören. Will sich der Verpflichtete gegen den Bescheid zur Wehr setzen, muss er zunächst Widerspruch einlegen. Bei negativem Widerspruchsbescheid ist Klage zulässig. § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO greift im vorliegenden Fall nicht, da die Anordnung nicht in Zusammenhang mit einer Planfeststellung steht. Ist die sofortige Vollziehung der Verpflichtung zur Antragstellung gem. § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet, hat der Widerspruch ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung. In diesem Fall muss der Vorhabenträger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 VwGO einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellen. Es wird deutlich, dass dieser Mechanismus zu einer Verzögerung führen kann, die dem Beschleunigungsziel vollständig zuwiderläuft, wenn der Vorhabenträger seine Rechtsmittelmöglichkeiten ausschöpft.
39
40
41 42
2. Anspruch auf Durchführung des Bundesfachplanung Ein Anspruch auf Entscheidung der Bundesfachplanung ist im Fachplanungsrecht grds. nicht 43 gegeben. Dem steht der planerische Gestaltungsspielraum der BNetzA entgegen. Der Antragsteller hat lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
591
Nebel/Riese
§ 7 Festlegung des Untersuchungsrahmens (1) Die Bundesnetzagentur führt unverzüglich nach Einreichung des Antrags eine Antragskonferenz durch. In der Antragskonferenz sollen Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung erörtert werden. Insbesondere soll erörtert werden, inwieweit Übereinstimmung der beantragten Trassenkorridore mit den Erfordernissen der Raumordnung der betroffenen Länder besteht oder hergestellt werden kann und in welchem Umfang und Detaillierungsgrad Angaben in den Umweltbericht nach § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufzunehmen sind. Die Antragskonferenz ist zugleich die Besprechung im Sinne des § 39 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. (2) Der Vorhabenträger und die betroffenen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt ist, insbesondere die für die Landesplanung zuständigen Landesbehörden, sowie die Vereinigungen werden von der Bundesnetzagentur zur Antragskonferenz geladen, die Vereinigungen und die Träger öffentlicher Belange mittels Zusendung des Antrags nach § 6. Ladung und Übersendung des Antrags können elektronisch erfolgen. Die Antragskonferenz ist öffentlich; die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt auf der Internetseite der Bundesnetzagentur und über örtliche Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich der beantragte Trassenkorridor voraussichtlich auswirken wird. (3) Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, können in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern Vorschläge im Sinne von § 6 Satz 7 Nummer 1 machen. Die Vorschläge nach Satz 1 können in einer Antragskonferenz oder schriftlich erörtert werden. Für die schriftliche Erörterung ist § 3 Absatz 3 des Bundesbedarfsplangesetzes entsprechend anzuwenden. Die Bundesnetzagentur ist an den Antrag des Vorhabenträgers und die Vorschläge der Länder nicht gebunden. (4) Die Bundesnetzagentur legt auf Grund der Ergebnisse der Antragskonferenz einen Untersuchungsrahmen für die Bundesfachplanung nach pflichtgemäßem Ermessen fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der nach § 8 einzureichenden Unterlagen. (5) Die Festlegungen sollen innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen sein. (6) Eine Antragskonferenz kann unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 11 vorliegen.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
II.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 6 Regelungszweck 8 Entstehungsgeschichte 11 Der innovative Charakter der Regelung 11 a) Fehlende Antragsbindung b) Einführung einer öffentlichen Antragskon13 ferenz c) Das Zusammenspiel zwischen mangelnder Antragsbindung und früher Öffentlichkeits14 beteiligung Der Begriff des Untersuchungsrahmens
Sangenstedt/Salm https://doi.org/10.1515/9783110670516-052
16
1. 2.
III. 1.
Der Untersuchungsrahmen in der Umweltprüfung 16 Der Untersuchungsrahmen in der Bundesfach17 planung Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrah19 mens (Abs. 1 S. 1 und 2) Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorri19 dore a) Die Trassenkorridore als Bezugsgegenstän19 de des Untersuchungsrahmens b) Kriterien zur Bestimmung der verfahrensre22 levanten Trassenkorridore
592
1. Überblick über die Norm
c)
2.
3. 4.
5. 6.
Konsequenzen für die Verfahrensstruktur und die Rollenverteilung der Beteilig32 ten d) Untersuchungs- und Darstellungstiefe bei der Planung von Korridoralternati40 ven e) Erdkabelvorrang für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom47 Übertragung 51 Belange der Raumordnung 51 a) Bedeutung der Raumverträglichkeit b) Übereinstimmung mit den Erfordernissen 53 der Raumordnung (Abs. 1 S. 3) c) Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (§ 5 67 Abs. 2 S. 1 Hs. 2) Berücksichtigung städtebaulicher Belange (§ 5 70 Abs. 3) 74 Umweltbelange a) Bedeutung der Umweltverträglich74 keit b) Der Untersuchungsrahmen der Strategi78 schen Umweltprüfung c) Der Untersuchungsrahmen der Natura 102 2000-Verträglichkeitsprüfung d) Der Untersuchungsrahmen der besonderen 108 artenschutzrechtlichen Prüfung Sonstige öffentliche und private Be113 lange Weitere Gegenstände des Untersuchungsrah117 mens und der Antragskonferenz
IV. 1.
2.
3.
NABEG § 7
Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, 119 Abs. 2) 119 Bedeutung der Antragskonferenz 119 a) Wesentliche Merkmale 121 b) Ziele Teilnehmende der Antragskonferenz (Abs. 2 S. 1 126 und 3) a) Individuell zu benachrichtigende Teilneh126 mende (S. 1) 133 b) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3) Vorbereitung, Organisation und Durchfüh135 rung 135 a) Gestaltungsspielraum der BNetzA b) Individuelle Ladung und Unterrichtung 136 der Öffentlichkeit c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachberei142 tung d) Organisation und praktische Durchfüh149 rung
V.
Alternativvorschläge der Länder und anderer Be153 teiligter (Abs. 3)
VI.
Die Festlegung des Untersuchungsrahmens 160 (Abs. 4 und 5)
VII. Unterbleiben der Antragskonferenz im verein165 fachten Verfahren (Abs. 6)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Vorschrift regelt die Festlegung des Untersuchungsrahmens der Bundesfachplanung 1 durch die BNetzA sowie die diesem Verfahrensschritt vorgeschaltete Antragskonferenz. In Abs. 1 S. 2 und 3 werden zunächst das Themenfeld allgemein sowie einige spezielle 2 Prüfmaterien bestimmt, für die der fachplanerische Untersuchungsrahmen abzustecken ist. Die damit zusammenhängenden Fragen sollen schon in der Antragskonferenz erörtert werden. Allgemein geht es bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens und in der Antragskonferenz nach Abs. 1 S. 2 um Gegenstand und Umfang der Bundesfachplanung sowie – darauf aufbauend – nach Abs. 4 auch um den Inhalt der Unterlagen, die der Vorhabenträger anschließend nach § 8 vorzulegen hat. Behandelt werden sollen nach Abs. 1 S. 3 insbesondere die Prüfung der Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung sowie Umfang und Detaillierungsgrad der Angaben für den Umweltbericht zur SUP. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens wird nach Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 durch eine 3 öffentliche Antragskonferenz vorbereitet, die unverzüglich nach Antragstellung (§ 6) durchzuführen ist. Zu dieser Konferenz lädt die BNetzA nach Abs. 2 S. 1 und 2 den Vorhabenträger, die betroffenen Träger öffentlicher Belange sowie die anerkannten Umweltvereinigungen, die in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt sind (§ 3 Nr. 8), ein. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt nach Abs. 2 S. 3 qua Internet sowie über örtliche Tageszeitungen im vo593
Sangenstedt/Salm
§ 7 NABEG
I. Allgemeines
raussichtlichen Auswirkungsbereich des Korridors. Für den Teiluntersuchungsrahmen der SUP übernimmt die Antragskonferenz zugleich die Funktion eines Scoping-Termins im Sinne des § 39 Abs. 4 S. 2 UVPG. Unterbleiben kann eine Antragskonferenz nach Abs. 6 nur unter den Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nach § 11. 4 Nach Abs. 3 ist Bezugsgegenstand des Untersuchungsrahmens und der Antragskonferenz nicht allein der Korridorverlauf, den der Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 6 S. 7 Nr. 1 vorschlägt. Auch die betroffenen Länder können nach S. 1 in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern eigene Vorschläge in das Verfahren einbringen. Jedoch ist die BNetzA nach S. 4 weder an den Antrag des Vorhabenträgers noch an die Vorschläge der Länder gebunden. 5 Nach Abs. 4 legt die BNetzA aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach pflichtgemäßem Ermessen einen Untersuchungsrahmen für die Bundesfachplanung fest und bestimmt den Inhalt der Unterlagen, die der Vorhabenträger im nachfolgenden Verfahrensschritt nach § 8 einzureichen hat. Die Festlegungen der BNetzA sollen innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen werden (Abs. 5).
2. Regelungszweck 6 Die Festlegung des Untersuchungsrahmens durch die BNetzA bildet den wichtigsten Verfahrensschritt zur effektiven Vorbereitung und Steuerung der Bundesfachplanung. Ziel ist es, bereits in einem sehr frühen Verfahrensstadium zu fixieren, welche konkreten Prüfmaterien und Sachfragen für die fachplanerische Entscheidung über den Verlauf des Trassenkorridors einer Stromleitung zu klären und mit welcher Prüftiefe und Methodik diese Gesichtspunkte im Rahmen der Bundesfachplanung abzuarbeiten sind. Auf dieser Grundlage ist zu bestimmen, welche konkreten Unterlagen mit welchem Inhalt und Detaillierungsgrad der Vorhabenträger nach § 8 vorzulegen hat und welche Mitwirkungsbeiträge von anderen Beteiligten (z. B. Trägern öffentlicher Belange) zu erwarten sind. 7 Durch die verfahrensleitenden Entscheidungen, die die BNetzA mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4 zu treffen hat und die durch eine öffentliche Antragskonferenz vorbereitet werden, wird der weitere Ablauf der Bundesfachplanung maßgeblich vorstrukturiert. Damit bietet das Instrumentarium des § 7 zugleich ein beträchtliches Beschleunigungspotenzial. Das Prüfprogramm und die Mitwirkung der Beteiligten können zielführend auf die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte fokussiert, Umfang, Prüf- und Darstellungstiefe beizubringender Nachweise sowie methodische Fragen frühzeitig geklärt, mögliche Missverständnisse und Fehlvorstellungen ausgeräumt werden. Insgesamt können die Steuerungsmöglichkeiten, die die Vorschrift bietet, wesentlich dazu beitragen, dass der Fachplanungsprozess reibungslos, zügig und konzentriert verläuft und Verzögerungen bei den nachfolgenden Verfahrensschritten vermieden werden.1
3. Entstehungsgeschichte 8 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vom 28.7.20112 erlassen. Ihre ursprüngliche Fassung entsprach – bis auf eine unbedeutende redaktionelle Korrektur3 – der Fassung des Regierungsent-
1 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25; ähnlich zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Führ u. a., S. 63 ff; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 3.
2 BGBl. I 2011 S. 1690. 3 Ersetzung des Wortes „Bundesländer“ durch „Länder“ in Abs. 1 S. 3; siehe dazu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss), BT-Drucks. 17/6366, S. 7. Sangenstedt/Salm
594
4. Der innovative Charakter der Regelung
NABEG § 7
wurfs. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 17.6.20114 hierzu keine konkreten Änderungsvorschläge beschlossen. Allerdings hatte er in allgemeiner Form darum gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Beteiligung der Kommunen bei der Erarbeitung der Bundesfachplanung und im Planfeststellungsverfahren zu stärken.5 Ausweislich der Begründung bezog sich diese Forderung wohl auch auf die Mitwirkung der Kommunen an der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7. Damit konnte sich der Bundesrat jedoch nicht durchsetzen. In ihrer Gegenäußerung vom 22.6.2011 lehnte die Bundesregierung den Vorschlag mit dem Hinweis ab, dass die Rechte der Kommunen im Verfahren durch die Regelungen des NABEG gegenüber den bestehenden raumordnerischen und Planfeststellungsverfahren nicht beschränkt würden; vielmehr würden die Kommunen weiter im bisherigen Maße als Träger öffentlicher Belange beteiligt.6 Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 9 20197 wurde Abs. 3 dahingehend verändert, dass Länder eigene Alternativvorschläge über den Verlauf eines Trassenkorridors nur in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern machen dürfen (S. 1). Solche Alternativvorschläge können nach dem neuen S. 2 in einer Antragskonferenz oder schriftlich erörtert werden, wobei nach dem neuen S. 3 für die schriftliche Erörterung § 3 Abs. 3 BBPlG entsprechend gilt. Die bisherige Regelung des Abs. 6 über Geheimhaltung und Datenschutz wurde durch Art. 3 10 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 2021,8 das am 4. März 2021 in Kraft getreten ist, gestrichen und durch den neuen § 30a abgelöst. Dadurch wurde der bisherige Abs. 7 inhaltlich unverändert zu Abs. 6.
4. Der innovative Charakter der Regelung a) Fehlende Antragsbindung. Die Durchführung eines frühen Termins vor oder zu Beginn 11 eines Antragsverfahrens, in dem die zuständige Behörde – ggf. unter Hinzuziehung weiterer Akteure – den Vorhabenträger berät, ihn über Gegenstand und Umfang notwendiger Prüfungen unterrichtet, Anforderungen an Unterlagen und Nachweise erläutert sowie sonstige verfahrensrelevante Fragen erörtert, ist dem deutschen Planungs- und Zulassungsrecht nicht fremd. Zu nennen sind etwa die allgemeine Beratungs- und Auskunftspflicht nach § 25 Abs. 2 VwVfG,9 die Antragsberatung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 2 Abs. 2 der 9. BImSchV) sowie das Scoping im Rahmen der UVP und SUP (§§ 15 und 39 UVPG). Insbesondere von den Scoping-Regelungen des UVPG hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 7 erkennbar Kredit genommen.10 Jedoch geht die Vorschrift weit über diese herkömmlichen frühen Beratungs- und Steue- 12 rungsinstrumente hinaus.11 Neue Wege werden vor allem dadurch beschritten, dass die BNetzA bei der Fixierung des Untersuchungsrahmens nicht an den Antrag des Vorhabenträgers, durch den das Fachplanungsverfahren nach § 6 S. 1 eröffnet wird, gebunden ist (Abs. 3 S. 4).
4 5 6 7
BR-Drucks. 342/11 (Beschl.). BR-Drucks. 342/11 (Beschl.), S. 3 f. BT-Drucks. 17/6249, S. 17. BGBl. I 2019 S. 706. Zu den Inhalten dieser auch als „NABEG 2.0“ bezeichneten Beschleunigungsnovelle im Einzelnen Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195; Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577; Ruge, EnWZ 2019, 1. 8 BGBl. I 2011 S. 298. 9 Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes enthielt früher ebenfalls eine spezielle Vorschrift über die Antragskonferenz (§ 71e VwVfG a. F.). Diese Regelung ist durch das 4. VwVfÄndG vom 11.12.2008 (BGBl. I S. 2418) mit der zweifelhaften Begründung gestrichen worden, die Bestimmung sei nicht mehr erforderlich, da Antragskonferenzen auch ohne ausdrückliche Regelung praktiziert würden (Begr. RegE, BT-Drucks. 16/10493, S. 17). 10 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 11 Kümper, DÖV 2016, 929, 930 ff. 595
Sangenstedt/Salm
§ 7 NABEG
I. Allgemeines
Damit ist die Bundesfachplanung grds. offener angelegt als andere Antragsverfahren.12 Der Prüf- und Entscheidungsgegenstand richtet sich bei ihr nicht notwendigerweise danach, welchen Korridorverlauf der Vorhabenträger vorschlägt und welche Alternativen er darlegt (§ 6 S. 7 Nr. 1). Vielmehr ist es Aufgabe der BNetzA, mit dem Untersuchungsrahmen zugleich zu bestimmen, welche „ernsthaft in Betracht kommenden“ Korridore (§ 5 Abs. 4 S. 1) im weiteren Verfahren zu prüfen sind. Hierbei kommt dem Konzept des Antragstellers zwar faktisch ein hoher Stellenwert zu.13 Jedoch hat die BNetzA abweichende Vorschläge der Länder (Abs. 3 S. 1) und Vorstellungen anderer Beteiligter gleichfalls einzubeziehen.14
13 b) Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz. Verfahrensrechtliches Neuland stellt des Weiteren die Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz dar, die der Festlegung des Untersuchungsrahmens vorgeschaltet ist. In der Antragskonferenz werden Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung mit dem Vorhabenträger, anderen betroffenen Behörden, sonstigen Trägern öffentlicher Belange, anerkannten Umweltvereinigungen sowie der allgemeinen Öffentlichkeit erörtert (Abs. 1 S. 2, Abs. 2). Mit diesem neuen Beteiligungsinstrument werden die traditionellen Partizipationsmöglichkeiten, die bei der Planung und Zulassung von Großvorhaben bestehen, für Ausbauprojekte im Anwendungsbereich des NABEG beträchtlich fortentwickelt und erweitert. Die Verknüpfung einer behördlichen Antragsberatung oder des UVP-rechtlichen Scoping-Termins mit der Durchführung einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung ist im deutschen Recht bislang einmalig. Die Beteiligung beschränkt sich hier traditionell meist auf eine Mitwirkung anderer Behörden, deren Aufgabenbereich berührt ist,15 während Sachverständige, Umweltvereinigungen und sonstige Dritte lediglich nach Ermessen der zuständigen Behörde hinzugezogen werden.16 Von diesem restriktiven Ansatz hat sich der Gesetzgeber in § 7 gelöst. Dabei hat er sich von der Erwartung leiten lassen, dass eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung eine akzeptanzfördernde, befriedende und beschleunigende Wirkung beim Ausbau der Übertragungsnetze haben wird.17
14 c) Das Zusammenspiel zwischen mangelnder Antragsbindung und früher Öffentlichkeitsbeteiligung. Eine besondere Qualität gewinnt die öffentliche Antragskonferenz vor allem in Kombination mit der fehlenden Antragsbindung. In den Debatten um „Stuttgart 21“ ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden, dass die herkömmliche Öffentlichkeitsbeteiligung in Zulassungsverfahren für Großvorhaben „zu spät“ einsetze, nämlich zu einem Zeitpunkt, in dem die Projektplanung und -gestaltung bereits im Wesentlichen abgeschlossen ist. Sie bezieht sich auf ein „fertiges“ Konzept des Vorhabenträgers, das im Rahmen des Zulassungsverfahrens nur noch für Modifikationen offen ist.18 Eine Möglichkeit zur Einbringung abweichender Konzeptvorstellungen ist in diesem Planungs- und Verfahrensstadium grds. nicht mehr vorgesehen. 12 Zur Bindung der Planfeststellungsbehörde an die Entwicklungsvorstellungen des Vorhabenträgers Hoppe/ Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 782 ff. 13 Die Bedeutung der Vorschläge der Vorhabenträger wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass die BNetzA für den Prozess der Antragstellung methodische Hilfestellungen veröffentlicht hat; siehe BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, August 2012, S. 5 ff und BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für Anträge nach § 6 NABEG, April 2016. 14 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 15 So § 2 Abs. 2 S. 2 der 9. BImSchV; ähnlich § 71e VwVfG a. F. („Besprechung mit allen beteiligten Stellen“). 16 So § 15 Abs. 3 und § 39 Abs. 4 S. 3 UVPG; kritisch zum engen Zuschnitt der Öffentlichkeitsbeteiligung beim UVPrechtlichen Scoping (zu § 5 UVPG a. F.) Führ u. a., S. 64. 17 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 18 Becker, in: Forum für Zukunftsenergien, Akzeptanz von Großprojekten und Infrastruktureinrichtungen – Wie kann sie verbessert werden? Schriftenreihe des Kuratoriums, Band 4, 2011, S. 11, 13; Gärditz, GewArch 2011, 273, 276; Schink, DVBl. 2011, 1377, 1383. Sangenstedt/Salm
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1. Der Untersuchungsrahmen in der Umweltprüfung
NABEG § 7
Damit ist die Öffentlichkeit in ihren Mitwirkungsmöglichkeiten auf solche Änderungen beschränkt, die den eingereichten Plan oder das Konzept des Vorhabenträgers nicht mehr in Frage stellen (z. B. technische Vorkehrungen zur Vermeidung nachteiliger Effekte für einzelne Schutzgüter).19 Nach dem Beteiligungsmodell, das der Gesetzgeber im NABEG für die Bundesfachplanung 15 vorsieht, ist dies anders. Die öffentliche Antragskonferenz findet nach § 7 in einer Frühphase des Verfahrens statt, in der noch unentschieden ist, ob der vom Vorhabenträger vorgeschlagene Trassenkorridor einschließlich der von ihm dargelegten Alternativen oder andere Korridorverläufe Grundlage der weiteren Prüfungen sein sollen. Eine Bindung an den Antrag des Vorhabenträgers besteht nicht. Damit haben die Länder und die beteiligte Öffentlichkeit Gelegenheit, an einem noch offenen Klärungsprozess zur Bestimmung des Prüf- und Entscheidungsgegenstandes der Bundesfachplanung mitzuwirken und dabei eigene, von den Überlegungen des Vorhabenträgers abweichende Planungsvorstellungen einzubringen20 – beschränkt allerdings durch die Vorgabe, dass nur „ernsthaft in Betracht kommende“ Korridorlösungen Berücksichtigung finden können (§ 5 Abs. 4 S. 1).21 Die Möglichkeiten einer Einflussnahme Dritter auf die Planung gehen hier also wesentlich weiter als in Beteiligungsverfahren sonst üblich.
II. Der Begriff des Untersuchungsrahmens 1. Der Untersuchungsrahmen in der Umweltprüfung Der „Untersuchungsrahmen“ ist ein Begriff, der ursprünglich aus dem Bereich der Umweltprü- 16 fung stammt. Bei der UVP bezeichnet die Festlegung des Untersuchungsrahmens – in der Praxis überwiegend „Scoping“ genannt – einen Verfahrensschritt, der der Vorbereitung und inhaltlichen Eingrenzung der UVP für ein UVP-pflichtiges Vorhaben dient. Dabei bestimmt die zuständige Behörde einzelfallbezogen22 (d. h. mit Blick auf Art, Merkmale und Besonderheiten des betrachteten Vorhabens), welche entscheidungserheblichen Sachfragen in welchem Umfang, mit welcher Untersuchungstiefe und mit welcher Methodik in der UVP zu behandeln sind, welche Unterlagen der Vorhabenträger hierzu vorzulegen hat und welche Anforderungen an diese Unterlagen zu stellen sind. Darüber hinaus können weitere für die Durchführung der UVP relevante Sach- und Verfahrensfragen geklärt werden (vgl. § 15 UVPG). Ähnliches gilt für die Festlegung des Untersuchungsrahmens der SUP für Pläne und Programme. Ziel des Scopings bei der SUP ist die Konkretisierung der entscheidungserheblichen Angaben, die nach § 40 UVPG in den Umweltbericht aufzunehmen sind. Auch dazu hat die zuständige Behörde einzelfallbezogen23 (d. h. unter Berücksichtigung von Art, Inhalt und Zuschnitt des fraglichen Plans oder Programms und seiner Stellung im Entscheidungsprozess) zu bestimmen, welche Umweltgesichtspunkte bei der SUP in welcher Breite und Tiefe, mit welchem Untersuchungsaufwand und mit welcher Untersuchungsmethodik zu prüfen sind (vgl. § 39 UVPG).
19 Zu den Grenzen der Befugnis der Planfeststellungsbehörde, Änderungen an dem eingereichten Plan vorzunehmen, Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 785 ff, 794 ff. 20 Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403; Kment, RdE 2011, 341, 345. 21 Näher dazu unter Rn 22 ff. 22 Vgl. Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 2: Klarheit über die voraussichtliche Reichweite der Untersuchung des Vorhabens als Grundlage der Zusammenstellung oder Vervollständigung des nach § 16 UVPG vorzulegenden UVP-Berichts. 23 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 Rn 1; ebenso Balla, NuR 2006, 485: „Definition der individuellen inhaltlichen Anforderungen des jeweiligen Verfahrens“. 597
Sangenstedt/Salm
§ 7 NABEG
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
2. Der Untersuchungsrahmen in der Bundesfachplanung 17 § 7 orientiert sich zwar inhaltlich und strukturell an den genannten Vorschriften des UVPG; jedoch ist der Untersuchungsrahmen bei der Bundesfachplanung wesentlich weiter gefasst. Während das Scoping bei der Umweltprüfung auf das Prüfspektrum der UVP oder SUP beschränkt ist, ist der Fokus nach Abs. 1 S. 2 auf „Gegenstand und Umfang der für die Trassenkorridore vorzunehmenden Bundesfachplanung“ gerichtet. Konkret bedeutet dies, dass sich der Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung auf das gesamte Prüfprogramm bezieht, das zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 12 zu absolvieren ist. Die Prüfgesichtspunkte und Prüfanforderungen einer nach § 5 Abs. 7 notwendigen SUP sind lediglich ein Element des Gesamt-Untersuchungsrahmens der Bundesfachplanung. Dieser umfasst neben der Umweltverträglichkeit weitere Prüfmaterien, so u. a. die Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorridore, deren raumordnerische Beurteilung sowie die Bewertung sonstiger öffentlicher oder privater Belange, die nach § 5 Abs. 1 S. 2 einer positiven fachplanerischen Entscheidung entgegenstehen können.24 18 Trotz der unterschiedlichen Reichweite der jeweiligen Untersuchungsrahmen gibt es deutliche Berührungspunkte und Übereinstimmungen zwischen dem Vorgehen bei der Umweltprüfung und im Verfahren der Bundesfachplanung. In Zweifelsfällen kann es daher sinnvoll sein, zur Auslegung und Ausfüllung des § 7 ergänzend auf die korrespondierenden ScopingVorschriften des UVPG zurückzugreifen. Bedeutung kommt dabei insbesondere § 39 UVPG zu. Diese SUP-rechtliche Regelung ist im Einzelnen wesentlich detaillierter und inhaltsreicher ausgefallen als ihr Gegenstück im NABEG. In der Bundesfachplanung findet § 39 UVPG unmittelbar Anwendung, soweit es um die Bestimmung des Teiluntersuchungsrahmens der integrierten SUP geht.25 In der Sache enthält die Bestimmung jedoch weitgehend keine SUP-spezifischen, sondern übergreifende Verfahrensprinzipien, die für den Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung insgesamt Geltung beanspruchen können. Diese Prinzipien können deshalb auch außerhalb der Umweltprüfung zur Untersetzung des § 7 entsprechend herangezogen werden. Damit wird sichergestellt, dass bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens der Bundesfachplanung einheitliche Maßstäbe zum Tragen kommen, wodurch der Prozess für alle Beteiligten transparenter und unkomplizierter wird. Wichtigstes Beispiel hierfür sind die Abschichtungsgrundsätze für mehrstufige Planungs- und Zulassungsverfahren (§ 39 Abs. 2 und 3 UVPG),26 die auch außerhalb der SUP als Orientierungshilfe für den ebenengerechten Zuschnitt des fachplanerischen Prüfprogramms dienen können.27
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2) 1. Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorridore 19 a) Die Trassenkorridore als Bezugsgegenstände des Untersuchungsrahmens. Wie bei der Umweltprüfung28 hat die Festlegung des Untersuchungsrahmens nicht abstrakt, sondern konkret-einzelfallbezogen zu erfolgen, d. h. mit Blick auf die räumlichen Gegebenheiten, die Umweltsituation und sonstige entscheidungsrelevante Verhältnisse jener Gebiete, durch die die betrachteten Trassenkorridore verlaufen sollen. Die spezifischen Sachfragen, die in der Bundes24 Näher dazu Abschnitt III. 25 Nach § 5 Abs. 7 ist die SUP in der Bundesfachplanung nach den Bestimmungen des UVPG durchzuführen. Für die Festlegung des Untersuchungsrahmens der SUP finden somit hier die Vorgaben des § 39 UVPG unmittelbare Anwendung. 26 Hierzu näher unter Rn 85 ff. 27 Vgl. dazu die Anwendungsfälle bei Rn 68, 72, 105, 111 und 115. 28 Siehe oben Rn 16. Sangenstedt/Salm
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1. Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorridore
NABEG § 7
fachplanung abzuarbeiten sind, die Anforderungen an die Prüfung sowie Inhalt und Umfang der nach § 8 einzureichenden Unterlagen hängen daher maßgeblich davon ab, welche möglichen Trassenkorridore den Prüf- und Entscheidungsgegenstand des Verfahrens bilden. Nach § 5 Abs. 4 S. 1 wird im Verfahren der Bundesfachplanung nicht nur ein bestimmter 20 Korridorverlauf, sondern es werden daneben auch „Alternativen von Trassenkorridoren“ geprüft. Das Ergebnis der Prüfung dieser alternativen Trassenkorridore ist nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Bestandteil der Entscheidung über die Bundesfachplanung. Deshalb umfasst die Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7 notwendigerweise als ersten Schritt die Klärung der im weiteren Verfahren zu betrachtenden Trassenkorridore.29 Nur wenn der Untersuchungsrahmen in dieser Weise gegenständlich eingegrenzt ist, kann bestimmt werden, welche konkreten Prüfgesichtspunkte und Prüfanforderungen für die Beurteilung der ausgewählten Korridoroptionen von Bedeutung sind. Erschwerend kommt hinzu, dass der Gegenstand des Verfahrens bei der Bundesfachpla- 21 nung – anders als in anderen Antragsverfahren – nicht zwingend durch den Antrag des Vorhabenträgers bestimmt wird. Zwar wird dem Korridorverlauf, den der Vorhabenträger zusammen mit der Darlegung in Frage kommender Alternativen nach § 6 S. 7 Nr. 1 in seinem Antrag vorschlägt, in tatsächlicher Hinsicht regelmäßig beträchtliches Gewicht zukommen.30 Denn aufgrund des Antragserfordernisses ist es auch in der Bundesfachplanung der Vorhabenträger, der im Verfahren den „ersten Aufschlag“ macht und es hierdurch selbst in der Hand hat, mit einem überzeugenden Vorschlag für die Aufnahme seiner Planungsvorstellungen in das Prüfprogramm zu sorgen. Nach Abs. 3 S. 4 ist die BNetzA jedoch rechtlich nicht an diesen Antrag gebunden. Sie kann vom Vorschlag des Vorhabenträgers abweichen und vorgeben, dass im Verfahren (auch) andere Korridorverläufe in den Blick zu nehmen sind. Zentrale Bedeutung kommt daher der Frage zu, nach welchen Kriterien die Auswahl der in der Bundesfachplanung zu prüfenden Korridorlösungen zu treffen ist.
b) Kriterien zur Bestimmung der verfahrensrelevanten Trassenkorridore. Das gesetzli- 22 che Kriterium, das für die Auswahl der in der Bundesfachplanung zu betrachtenden Trassenkorridore maßgebend ist, findet sich in § 5 Abs. 4 S. 1. Gegenstand der Prüfung sind danach nur ernsthaft in Betracht kommende Korridore. Dabei handelt es sich um eine bekannte Formulierung aus dem Bereich der Planfeststellung. Zu den Anforderungen, die aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot abzuleiten sind, gehört im Planfeststellungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung, dass sich der Vorhabenträger bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials und bei der anschließenden Abwägung der von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange nicht auf eine von ihm favorisierte Lösung beschränken darf. Vielmehr bedarf es einer vergleichenden Prüfung unter Einbeziehung aller ernsthaft zu erwägenden Alternativlösungen.31 Dieser Alternativenvergleich ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die unter den tatsächlichen Gegebenheiten bestmögliche Lösung zu finden.32 Bei der Einschätzung, welche Planungsalternativen im konkreten Fall „ernsthaft in Be- 23 tracht“ kommen, legen die Verwaltungsgerichte einen engen Maßstab zugrunde. Zu betrachten
29 Siehe dazu bereits oben Rn 12 und 15. 30 Siehe dazu BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, August 2012, S. 5 ff und BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für Anträge nach § 6 NABEG, April 2016, S. 6 ff. 31 BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 – (Flughafen München II); BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 – 4 A 47/96 –; BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 – (Flughafen Berlin-Schönefeld); BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 65; Hoppe/ Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 915 ff. 32 Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 918 unter Berufung auf BVerwG, Beschl. v. 28.8.1987 – 4 N 1/86 –. 599
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
sind danach lediglich Lösungen, die von der Sache her naheliegen,33 sich nach Lage der Dinge anbieten34 oder gar aufdrängen.35 24 Dieses einschränkende Verständnis der Rechtsprechung, das nach dem Wortlaut der Wendung „ernsthaft in Betracht kommen“ keineswegs zwingend ist, kann indessen nicht unbesehen auf die Bundesfachplanung übertragen werden. Vielmehr sprechen gute Gründe dafür, dass hier ein großzügigerer Maßstab angebracht ist, der als „ernsthaft zu erwägende“ Alternativen auch Korridorverläufe anerkennt, die sich u. U. zwar nicht direkt aufdrängen, aber eine realistische, mit angemessenem Aufwand umsetzbare Lösungsmöglichkeit darstellen. 25 Für einen solchen, weiter gefassten Ansatz spricht, dass die Bundesfachplanung nach dem Willen des Gesetzgebers unter rechtlichen Randbedingungen stattfindet, die mit der Situation bei der Planfeststellung nicht identisch sind. Mit ihrer Zurückhaltung bei der Bestimmung der in die Prüfung einzubeziehenden Projektalternativen geht es den Gerichten vor allem darum, der planerischen Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers Rechnung zu tragen.36 Die Planung obliegt dem Vorhabenträger, nicht der Planfeststellungsbehörde. Die Rolle der Planfeststellungsbehörde beschränkt sich auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle. Dabei ist sie grds. an die Entwicklungsvorstellungen des Vorhabenträgers gebunden. Die Planfeststellungsbehörde hat die Planung des Vorhabenträgers abwägend nachzuvollziehen und dabei insbesondere sicherzustellen, dass die Anforderungen des Abwägungsgebots eingehalten werden. Dagegen ist es nicht ihre Aufgabe, eigene Planungsvorstellungen zu entwickeln und im Verfahren durchzusetzen.37 Im Lichte dieser Rollenverteilung ist die restriktive Herangehensweise der Rechtsprechung als Ausdruck ihres Bemühens zu verstehen, bei der gerichtlichen Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Bereiche vorzustoßen, die der Dispositionsbefugnis des Vorhabenträgers vorbehalten sind. Bei der Alternativenprüfung sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers aus verwaltungsrichterlicher Perspektive erst dann überschritten, wenn die Nichtberücksichtigung einer bestimmten Alternative eindeutig sachwidrig wäre und damit einen offensichtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot bedeuten würde.38 Diese Überlegungen lassen sich auf die Bundesfachplanung nicht ohne Abstriche übertra26 gen. Zwar ist es auch hier der Vorhabenträger (also ein bestimmter ÜNB), dem die Planung des in Frage stehenden Trassenkorridors obliegt, und nicht die für das Fachplanungsverfahren zuständige BNetzA. Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich bei der Bundesfachplanung nach §§ 4 ff NABEG nämlich nicht um eine Planung öffentlicher Stellen, sondern um eine Planung des jeweiligen Vorhabenträgers als Person des Privatrechts.39 Hierfür sprechen folgende Argumente: Bereits begrifflich bezeichnet § 3 Nr. 9 die Übertragungsnetzbetreiber i. S. d. § 12c Abs. 8 EnWG als „Vorhabenträger“. Zudem obliegt die Aufgabe des Netzausbaus dem originären Pflichtenkreis der Übertragungsnetzbetreiber gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EnWG.40 Auch die 33 BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –. 34 BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 – (Flughafen München II); VGH Mannheim, Urt. v. 21.10.1988 – 5 S 1088/ 88 –. 35 BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 – (Flughafen München II); BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 – 4 A 47/96 –; BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 – (Flughafen Berlin-Schönefeld); BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 66. 36 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –; BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 66; VGH Mannheim, Urt. v. 21.10.1988 – 5 S 1088/88 –. 37 Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 784. 38 Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 21.10.1988 – 5 S 1088/88 –: „unvertretbare Fehlgewichtung“; BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 – (Flughafen Berlin-Schönefeld): „außer Acht lassen eindeutig vorzugswürdiger Lösungen“; ähnlich BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 66. 39 So neuerdings ausdrücklich Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften, BT-Drucks. 19/24236, S. 26 f zu Ziffer 9. 40 Zum Charakter der Bundesfachplanung und Planfeststellung des NABEG als sog. Antragsverfahren siehe Kümper, DÖV 2016, 929, 930. Sangenstedt/Salm
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NABEG § 7
Systematik der Bundesfachplanung und Planfeststellung widersprechen einer staatlichen Planung, da beide Planungsstufen erstens nur auf Antrag der Übertragungsnetzbetreiber beginnen (vgl. §§ 6 S. 1 und 19 S. 1) und zweitens dem Gebührentatbestand des § 30 unterliegen.41 Jedoch ist die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers mit Blick auf die Aus- 27 wahl der Korridore, die Prüfgegenstand der Bundesfachplanung werden, weniger stark ausgeprägt als in der Planfeststellung.42 Das zeigt sich zum einen daran, dass neben dem Vorhabenträger in Abs. 3 S. 1 auch den Ländern ausdrücklich die Befugnis eingeräumt ist, eigene Vorschläge zum Verlauf des Trassenkorridors im Sinne des § 6 S. 7 Nr. 1 in das Verfahren einzubringen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs soll die BNetzA darüber hinaus auch Korridorvorschläge anderer Beteiligter der Antragskonferenz berücksichtigen.43 Schließlich ist die BNetzA nach Abs. 3 S. 4 weder an den Antrag des Vorhabenträgers noch an Vorschläge der Länder gebunden. Insgesamt lassen diese Regelungen erkennen, dass der Gesetzgeber der BNetzA bei der Bestimmung der in der Bundesfachplanung zu untersuchenden Trassenkorridore einen größeren Spielraum eröffnen wollte, als dies traditionell bei der Alternativenprüfung im Planfeststellungsverfahren der Fall ist. Eine Einengung auf sich unmittelbar aufdrängende Korridore wäre mit dieser Intention nicht vereinbar. Für eine größere Offenheit bei der Auswahl der „ernsthaft in Betracht kommenden Alterna- 28 tiven von Trassenkorridoren“ (§ 5 Abs. 4 S. 1) sprechen überdies SUP-rechtliche Gründe. Die Alternativenprüfung ist nicht nur ein planungsrechtliches Erfordernis. Sie ist zugleich ein wesentliches Element der SUP, die nach § 5 Abs. 7 in das Verfahren der Bundesfachplanung integriert ist. Deshalb ist es zur Vermeidung von Inkonsistenzen und Wertungswidersprüchen unerlässlich, dass zur Bestimmung der Korridoroptionen, die in der Bundesfachplanung zu betrachten sind, sowohl planungsrechtlich als auch SUP-rechtlich gleichartige Grundsätze und Maßstäbe zur Anwendung kommen. Nach § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG werden in dem für die SUP zu erstellenden Umweltbericht die 29 voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen des Plans sowie vernünftiger Alternativen behandelt. Der Begriff der „vernünftigen Alternativen“ ist europarechtlich determiniert; der Gesetzgeber hat diese für das deutsche Recht ungewöhnliche Formulierung wörtlich aus Art. 5 Abs. 1 der SUP-RL44 übernommen. Um bei der Auswahl der zu prüfenden Optionen in der Sache zu einem Gleichklang zwischen dem planungsrechtlichen Kriterium („ernsthaft in Betracht kommende Alternativen“) und dem SUP-rechtlichen Ansatz („vernünftige Alternativen“) zu gelangen, ist in der Literatur z. T. vorgeschlagen worden, in Anlehnung an die Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Abwägungsgebot in der Planfeststellung45 auch bei der SUP nur solche Alternativen als „vernünftig“ zu beurteilen, die „nahe liegen“ oder sich „aufdrängen“.46 Diese 41 So im Ergebnis auch: Appel, NVwZ 2013, 457, 459; BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, August 2012, S. 3; de Witt, ER 2013, 150, 151 und Theobald/Kühling/de Witt, § 5 Rn 3; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 179 ff; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 4 Rn 8; Schaller/Henrich, UPR 2014, 361, 364; a. A. Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Runkel, § 4 ROG Rn 377; Gundel/Lange/Frik, Der Umbau der Energienetze als Herausforderung für das Planungsrecht, 49, 64; Kment, NVwZ 2015, 616, 619 (BNetzA als Träger der Bundesfachplanung); Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1409 f; Mitschang, UPR 2015, 1, 6; Schink/Versteyl/ Dippel/Schink, § 5 Rn 9; Schlacke, NVwZ 2015, 626, 629; Schlacke/Schubert/Koch, Energie-Infrastrukturrecht, S. 65, S. 71 ff. 42 Auch an anderen Stellen sieht das NABEG Einschränkungen der Dispositionsbefugnis des Vorhabenträgers vor. So kann die Behörde den Vorhabenträger nach § 6 Abs. 1 S. 2 und § 12 Abs. 2 S. 4 durch Bescheid auffordern, einen Antrag auf Bundesfachplanung oder Planfeststellung zu stellen, und diese Verfügungen nach § 34 per Zwangsgeld durchsetzen. Kritisch hierzu Kment, RdE 2011, 344 f.: Verlust der Befugnis zur autarken Investitionsentscheidung. 43 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25; näher dazu unten Rn 157. 44 RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme v. 27.6.2001, ABl. EG Nr. L 197/30. 45 Siehe oben Rn 22 f. 46 So beispielsweise Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 20 ff; wohl auch Balla, NuR 2006, 485, 490; Peters/ Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 6. 601
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Auffassung ist jedoch weder mit dem Wortlaut des Begriffs „vernünftige Alternativen“ noch mit den Zielen der SUP vereinbar. Nicht alle Lösungen, die sich nicht sogleich aufdrängen, müssen deswegen schon „unvernünftig“ sein. Vielmehr ist es gerade Zweck der Umweltprüfung, Planungsalternativen, die nicht offensichtlich fernliegen, einer vertieften und systematischen Untersuchung zu unterziehen. Hierdurch soll vermieden werden, dass Optionen, die sich bei näherem Hinsehen als sinnvoll erweisen können, vorschnell aus dem weiteren Prüf- und Entscheidungsprozess ausgeschieden werden.47 Eine Auslegung, die nur Planungsvorstellungen als „vernünftig“ gelten lassen würde, die sich bereits bei vordergründiger Betrachtung gleichsam „von selbst anbieten“,48 wäre mit dieser Intention nicht vereinbar. Aus SUP-rechtlicher Sicht sind Planungsalternativen deshalb schon dann in den Untersuchungsrahmen einzubeziehen, wenn sie realistisch und – im Vergleich mit der Vorzugslösung des Vorhabenträgers – in der Ausführung verhältnismäßig erscheinen.49 Erfüllen Korridorvorschläge diese Voraussetzungen, sind sie auch planungsrechtlich als „ernsthaft in Betracht kommende“ Alternativen zu betrachten und in das Prüfprogramm der Bundesfachplanung aufzunehmen. 30 Für eine Orientierung am „Vernünftigkeitskriterium“ der SUP spricht nicht zuletzt der Sinn der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens wird in § 7 an die Durchführung einer öffentlichen Antragskonferenz gekoppelt. Nach Abs. 1 S. 2 soll sich die Antragskonferenz u. a. mit dem Gegenstand der Bundesfachplanung befassen. Gegenstand der Bundesfachplanung sind die in diesem Verfahren zu betrachtenden Trassenkorridore. Die Frage, welche Korridorlösungen in der Bundesfachplanung zu prüfen sind, ist damit eines der zentralen Themen der Antragskonferenz. Von der Erörterung mit der Öffentlichkeit verspricht sich der Gesetzgeber eine akzeptanzfördernde, befriedende und beschleunigende Wirkung beim Ausbau der Übertragungsnetze.50 Dieser Anspruch dürfte jedoch kaum einzulösen sein, wenn bei der Auswahl der Alternativen ein restriktiver Maßstab anzulegen wäre. Mit Zustimmung oder Akzeptanz ist nur zu rechnen, wenn Planungsoptionen, die nach Lage der Dinge sinnvoll und realisierbar – d. h. „vernünftig“ im Sinne der SUP – erscheinen, nicht schon deshalb vom weiteren Prüfprozess ausgeschlossen werden, weil sie sich vielleicht nicht unmittelbar „aufdrängen“. 31 Der „Vernünftigkeitsmaßstab“ schließt die Möglichkeit ein, dass sich ein bestimmter Korridorverlauf im konkreten Fall als „alternativlos“ erweist. Dies ist dann der Fall, wenn alle anderen denkbaren Optionen erkennbar nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand realisierbar wären. Eine Alternativenprüfung braucht dann naturgemäß nicht stattzufinden. Denn dieses Instrument ist keine lediglich pro forma durchzuführende Übung,51 sondern ein sachlich begründetes Prüf- und Planungserfordernis (Identifikation der unter den tatsächlichen Gegebenheiten bestmöglichen Lösung).52 Wenn Alternativen offensichtlich fernliegen, besteht für eine Alternativenprüfung keine Rechtfertigung. Im Zweifel sollte dem Konzept des Vorhabenträgers allerdings nicht vorschnell Alternativlosigkeit bescheinigt, sondern eine Alternativenprüfung durchgeführt werden.
47 Überzeugend Wulfhorst, NVwZ 2011, 1099, 1101 f; vgl. auch Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 22. 48 Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 21.10.1988 – 5 S 1088/88 –. 49 So inzwischen die h. M., z. B. Ginzky, UPR 2002, 47, 50 u. NuR 2005, 143, 146, Schink, in: Dokumentation zur 28. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Leipzig 2004, 2005, S. 93, 146 f; Spannowsky, UPR 2005, 401, 405; Storm/Bunge/Bunge/Nesemann, Kennzahl 0507, S. 39 f; Uebbing, S. 173 ff; im Ergebnis ähnlich (Einbeziehung aller „nicht offensichtlich fern liegenden Alternativen“ Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 22 f; Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 34 (zu § 14g UVPG a. F., aktuell: § 40 UVPG); Wulfhorst, NVwZ 2011, 1099, 1101; aus europarechtlicher Sicht auch EU-Kommission, Generaldirektion Umwelt, Arbeitshilfe zur Umsetzung der RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, Luxemburg 2003, Nr. 5.14; Erbguth/Calliess, S. 21, 39. 50 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 51 Ginzky, UPR 2002, 47, 50; ähnlich Schink, in: Dokumentation zur 28. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Leipzig 2004, 2005, S. 93, 147 f. 52 Siehe oben Rn 22. Sangenstedt/Salm
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c) Konsequenzen für die Verfahrensstruktur und die Rollenverteilung der Beteiligten. 32 Nach dem Ergebnis der vorstehenden Überlegungen weist die Bundesfachplanung Besonderheiten gegenüber anderen planerischen Antragsverfahren, insbesondere der Planfeststellung, auf. Zum einen ist die Behörde mit Blick auf den Prüf- und Entscheidungsgegenstand des Verfahrens nicht an den Antrag des Vorhabenträgers gebunden. Die in der Bundesfachplanung zu prüfenden Korridorverläufe sind vielmehr als Bezugsgegenstand des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4 von der BNetzA festzulegen. Zum anderen gilt für die Auswahl der in den Blick zu nehmenden Korridoroptionen ein anderer Maßstab als in der Planfeststellung. Entscheidend für die Annahme einer „ernsthaft in Betracht kommenden Alternative“ (§ 5 Abs. 4 S. 1) ist nicht, ob sich ein bestimmter Korridorverlauf in besonderem Maße „anbietet“ oder „aufdrängt“, sondern ob es sich um eine im Sinne von § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG „vernünftige“, d. h. realistische und mit angemessenem Aufwand durchführbare Lösungsmöglichkeit handelt. Die genannten Unterschiede zum herkömmlichen planungsrechtlichen Vorgehen sind bedeutsam, aber weder mit dramatischen Änderungen der traditionellen Verfahrensstruktur noch mit grundlegenden Verschiebungen bei der Rollenverteilung der Beteiligten verbunden. Durch die größere Offenheit der Bundesfachplanung bei der Alternativenprüfung gewinnt die Festlegung des Untersuchungsrahmens nicht den Charakter eines konturenlosen Korridorsuchverfahrens. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der Antragskonferenz, quasi „ins Blaue hinein“ allen potenziell denkbaren Korridoralternativen nachzuspüren. Grundlage der Entscheidung der BNetzA über die Auswahl der Korridorverläufe, die im weiteren Verfahren in den Blick zu nehmen sind, sind vielmehr konkrete Vorschläge der Verfahrensbeteiligten. Hierzu gehören sowohl der Vorschlag aus dem Antrag des Vorhabenträgers (§ 6 S. 7 Nr. 1) als auch Vorschläge von Ländern, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird (Abs. 3). Einzubeziehen sind ferner Vorschläge anderer Verfahrensbeteiligter, z. B. solche von Gemeinden oder Umweltvereinigungen, die nach Abs. 2 an der Antragskonferenz mitwirken.53 Um Berücksichtigung finden zu können, müssen die Vorschläge prüffähig sein. Dafür bedürfen sie der Begründung. Für den Vorschlag des Antragstellers ergibt sich eine entsprechende Erläuterungspflicht aus § 6 S. 7 Nr. 3. Aber auch für Vorschläge anderer Beteiligter reicht es nicht aus, dass lediglich in allgemeiner Form gefordert wird, neben dem Korridorvorschlag des Antragstellers weitere Optionen zu prüfen. Vielmehr ist begründet darzulegen, weshalb eine bestimmte Korridoralternative, die der Vorhabenträger in seinem Antrag unberücksichtigt gelassen hat, ernsthaft in Betracht zu ziehen und in das Prüfprogramm aufzunehmen ist.54 Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an die Substantiierungslast nicht überspannt werden. Die Erläuterung des Vorschlags muss den Darstellungsmöglichkeiten des Vorschlagenden Rechnung tragen. Diese Möglichkeiten sind naturgemäß unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um einen kompetenten ÜNB handelt, der in solchen Planungsverfahren professionell, fachkundig und auf breiter Informations-, Wissens- und Erfahrungsbasis agiert, oder um Mitglieder der Öffentlichkeit, die auf diesem Terrain eher als Laien in Erscheinung treten. Die Formulierung des Abs. 3 S. 4, wonach die Behörde weder an den Antrag des Vorhabenträgers noch an die Vorschläge der Länder – und damit erst recht nicht an Vorschläge anderer Verfahrensbeteiligter – gebunden ist, könnte darauf hindeuten, dass die BNetzA ggf. auch eigene Korridoralternativen in das Verfahren einbringen und weiterverfolgen kann. Ein solches Verständnis der Vorschrift ist zwar mit deren Wortlaut vereinbar.55 Allerdings hat die BNetzA in Ausübung ihres Vorschlagsrechts die gebotene behördliche Neutralität zu wahren. Zu bedenken ist insofern, dass die Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 2 mit einer verbindlichen Entscheidung 53 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25 sowie unten Rn 157. 54 Siehe dazu auch unten Rn 157, 159. 55 In diese Richtung gehend auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 7 Rn 82; a. A. BK-EnR/Appel, § 7 NABEG Rn 46 und § 5 NABEG Rn 115 ff; de Witt, ER 2013, 150, 150 f; Theobald/Kühling//Durinke, § 7 NABEG Rn 5. 603
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
der Behörde über den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors abgeschlossen werden soll. Eine Doppelrolle der BNetzA in diesem Verfahren – nämlich zum einen als Protagonist einer eigenen Alternativplanung, zum anderen als objektive Prüf- und Entscheidungsinstanz bei der vergleichenden Beurteilung der ausgewählten Korridorvorschläge – könnte zu Konflikten führen, die die Legitimation der fachplanerischen Entscheidung in Frage stellen. Tragfähigkeit und Akzeptanz der Bundesfachplanung werden maßgeblich davon abhängen, dass die Behörde eine Position der Neutralität gegenüber dem Prüf- und Entscheidungsgegenstand einnimmt. Ihre Fähigkeit, am Ende ein unvoreingenommenes und abgewogenes Urteil zu treffen, sollte auch dem äußeren Anschein nach nicht in Zweifel gezogen werden.56 Wenngleich eigene Trassenkorridorvorschläge der BNetzA somit zwar gesetzlich nicht ausgeschlossen sind, sprechen die vorgehenden Erwägungen dafür, dass sich die BNetzA in der Bundesfachplanung mit eigenen Vorschlägen zurückhalten und grds. auf eine Überprüfung der ernsthaft in Betracht kommenden Korridorverläufe beschränken sollte, die der Vorhabenträger und andere Vorschlagsberechtigte in das Verfahren eingebracht haben. In der Planungspraxis dürfte die Frage eines Vorschlagsrechts der BNetzA dadurch entschärft werden, dass ernsthaft in Betracht kommende Alternativen regelmäßig durch Träger öffentlicher Belange, Vereinigungen oder die Öffentlichkeit in der Antragskonferenz gem. § 7 Abs. 1 eingebracht werden. 37 Auch mit Blick auf das behördliche Neutralitätsgebot ist es jedenfalls unschädlich, dass die BNetzA mit der Festlegung des Untersuchungsrahmes nach § 7 zugleich bestimmt, welche der vorgeschlagenen Trassenkorridore Gegenstand des weiteren Verfahrens sein sollen. Durch die Auswahl der maßgeblichen Korridoralternativen übernimmt die BNetzA keine eigene planerisch-gestaltende Funktion. Ihre Aufgabe beschränkt sich beim Scoping darauf, die Korridorvorschläge des Vorhabenträgers, der betroffenen Länder und anderer Verfahrensbeteiligter darauf zu überprüfen, ob sie dem gesetzlich vorgegebenen Maßstab („ernsthaft in Betracht kommende Alternativen“, § 5 Abs. 4 S. 1) gerecht werden. 38 Entscheidet die BNetzA, dass ein bestimmter Korridorverlauf, den der Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 6 S. 7 Nr. 1 unberücksichtigt gelassen hat, in die Bundesfachplanung einbezogen werden soll, hat dies zur Folge, dass der Vorhabenträger seine Planung entsprechend anzupassen hat. Die nach § 8 vorzulegenden Unterlagen sind dann um diese Alternative zu ergänzen. Damit wird die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers eingeschränkt. Anderen Verfahrensbeteiligten – insbesondere den Ländern – werden dagegen Möglichkeiten der Einflussnahme auf eine „fremde“ Planung eröffnet, wie sie das deutsche Planungsrecht bislang nicht kannte. Diese Konsequenzen sind indessen rechtspolitisch „gewollt“; der Gesetzgeber verspricht sich von ihnen ein höheres Maß an Akzeptanz und Beschleunigung beim Ausbau der Stromübertragungsnetze.57 Bei der Beurteilung der Tragweite dieser Regelung darf im Übrigen nicht verkannt werden, 39 dass der Eingriff in die Planungsautonomie des Vorhabenträgers Grenzen hat. So kann die BNetzA dem Vorhabenträger nicht aufgeben, eine bestimmte Korridoralternative in seiner Planung als Vorzugslösung auszuweisen. Die Frage, welcher von mehreren Optionen der Vorzug zu geben ist, ist das Ergebnis einer Abwägungsentscheidung, die zunächst der Antragsteller, der auch in der Bundesfachplanung nicht nur Vorhaben- sondern auch Planungsträger ist, selbst zu treffen hat.58 Dabei sind alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen einzubeziehen und vergleichend untereinander abzuwägen. Bestimmt die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens, dass Korridorverläufe, die der Vorhabenträger bei seiner Planung nicht im Blick hatte, in das Prüfprogramm aufzunehmen sind, so ist die Planung zu überarbeiten. Insbesondere der Alternativenvergleich muss dann um diese neue Variante erweitert werden. Dabei kann sich herausstellen, dass frühere Planungsergebnisse revidiert werden müssen, weil sich eine zuvor nicht bedachte Korridorlösung als überlegen erweist. Es kann aber ebenso 56 BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 24; vgl. auch Hien, UPR 2012, 128, 130 f. 57 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 58 Zum Charakter der Bundesfachplanung als Planung des Vorhabenträgers oben Rn 26. Sangenstedt/Salm
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NABEG § 7
gut sein, dass die bisherige Vorzugsplanung des Vorhabenträgers trotz der veränderten Randbedingungen bestätigt wird. Das Resultat dieses komplexen Prüf- und Abwägungsprozesses kann die BNetzA bei ihrer frühen Scoping-Entscheidung nach § 7 nicht vorwegnehmen. Erst wenn der Vorhabenträger seinen Antrag im Lichte der Ergebnisse der Antragskonferenz überarbeitet und dazu die nach § 8 erforderlichen Unterlagen vorlegt, ist die Behörde in der Lage, die Planungsüberlegungen des Vorhabenträgers und die Gründe, die bei der vergleichenden Abwägung mit den einbezogenen Planungsalternativen den Ausschlag für den bevorzugten Trassenkorridor gegeben haben, einer nachvollziehenden Kontrolle59 zu unterwerfen.
d) Untersuchungs- und Darstellungstiefe bei der Planung von Korridoralternativen. 40 Die Bestimmung des Untersuchungsrahmens umfasst mit Blick auf die Alternativenprüfung nicht nur die Auswahl der ernsthaft in Betracht kommenden Korridorverläufe, die in die Bundesfachplanung einzubeziehen sind. Wesentlich für die weitere Vorbereitung und Strukturierung des nachfolgenden Verfahrens ist ferner, mit welcher Untersuchungs- und Darstellungstiefe Korridorvarianten in den vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen (§ 8 S. 1) aufbereitet werden müssen. Deshalb kann es sinnvoll sein, bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens und in der Antragskonferenz auch auf diese Thematik einzugehen. Dabei kann an planungsrechtliche Grundsätze angeknüpft werden, die die Rechtsprechung insbesondere für die Planfeststellung entwickelt hat, wo sich ähnliche Fragen stellen. Diese Prinzipien lassen sich allerdings nicht uneingeschränkt auf die Bundesfachplanung übertragen. Soweit es um den Umweltbericht zur SUP geht, gelten für die Alternativenprüfung nach den Vorschriften des UVPG besondere Anforderungen. Im Bereich der Planfeststellung ist es üblich und nach ständiger Rechtsprechung auch zu- 41 lässig, Planungsalternativen bereits in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden, wenn sie aufgrund einer Grobanalyse weniger geeignet erscheinen. Nach diesem Ansatz sind Alternativen nur soweit vorwegnehmend zu planen, dass im Sinne einer Vorprüfung eine erste vorauswählende Entscheidung auf der Grundlage grober Bewertungskriterien erfolgen kann. Lässt eine Grobanalyse des Abwägungsmaterials nicht erkennen, dass eine bestimmte Planung von vornherein vorzugswürdig ist, müssen die verbleibenden noch ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen einer vergleichenden detailtieferen Untersuchung unterzogen werden. Auf diese Weise kann eine schrittweise Reduzierung der Anzahl der Alternativen unter gleichzeitiger Intensivierung der Prüfung erfolgen.60 Für die Bundesfachplanung bedeutet die Übernahme dieses Ansatzes, dass der Vorhaben- 42 träger in seinen Unterlagen nicht alle ausgewählten Korridoroptionen mit demselben Tiefgang und Detaillierungsgrad zu behandeln hat. Wenn die Erstbewertung (Grobanalyse) ergibt, dass ein Teil der in den Blick genommenen Korridorverläufe anderen Alternativen gegenüber deutlich unterlegen ist, kann sich die Darstellung der nicht weiter zu verfolgenden Lösungsmöglichkeiten auf die Gesichtspunkte konzentrieren, die für den Ausschluss vom weiteren Verfahren wesentlich sind. Dies kann auch in tabellarischer Form geschehen, solange die Aussagen hierdurch nicht so verkürzt werden, dass sie nicht mehr nachvollziehbar sind. Mit Korridoroptionen, für die sich in der vergleichenden Grobbewertung noch kein klares Bild ergibt, muss dagegen eine weitergehende – detailtiefere – Auseinandersetzung erfolgen. Nach verbreiteter Auffassung sollen die vorstehenden Grundsätze auch bei der Alternati- 43 venprüfung anzuwenden sein, die im Rahmen der SUP durchzuführen ist.61 Für die SUP in der Bundesfachplanung (§ 5 Abs. 7) könnte dies zur Folge haben, dass Korridorverläufe, die bei 59 Zu diesem Begriff Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 784. 60 BVerwG, Beschl. v. 26.6.1992 – 4 B 1 11/92 –; BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 – 4 A 47/96 –; BVerwG, Urt. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – Rn 65; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 919. 61 Balla, NuR 2006, 485, 490; Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 6 ff; UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 35; wohl auch Uebbing, S. 176 f; differenzierend Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 21 f. 605
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
der Festlegung des Untersuchungsrahmens als „vernünftige“ Alternativen identifiziert worden sind, anschließend wieder ausgeblendet werden dürfen, wenn sie bereits bei einer Grobanalyse „durchfallen“. Im Umweltbericht müssten dann lediglich Gründe dafür angegeben werden, weshalb diese Optionen nicht weiterverfolgt werden sollen.62 44 Ein solches Vorgehen dürfte indessen mit den Vorgaben des § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG und den Anforderungen, die Art. 5 Abs. 1 der RL 2001/42/EG (SUP-RL) für die Alternativenprüfung in der SUP aufstellt, schwer in Einklang zu bringen und daher nur in engen Grenzen zulässig sein.63 Für die Bundesfachplanung ist jedenfalls davon abzuraten, diesen Weg forciert zu beschreiten – mit „Grobanalysen“ sollte hier innerhalb des Umweltberichts im Zweifel nicht oder lediglich sehr zurückhaltend operiert werden. § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG sieht vor, dass die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkun45 gen der Durchführung des vorgesehenen Plans sowie vernünftiger Alternativen im Umweltbericht dargestellt werden. Bei dieser Formulierung hat sich der Gesetzgeber von der Vorstellung leiten lassen, dass die Untersuchung der Umweltauswirkungen sowohl für den Plan selbst als auch für die zuvor ausgewählten Alternativen „vergleichbar“ zu erfolgen hat.64 Dies entspricht dem Verständnis des europäischen Richtliniengebers. In der Arbeitshilfe der Europäischen Kommission zur Umsetzung der SUP-RL heißt es dazu fast wortidentisch, dass die Umweltauswirkungen des Planentwurfs und der Alternativen „in vergleichbarer Weise“ zu ermitteln, beschreiben und bewerten sind und dass hierfür keine unterschiedlichen Prüfungsanforderungen gelten.65 Das Ausscheiden einzelner Korridoroptionen mit dem Mittel der Grobbewertung würde demgegenüber bedeuten, dass die Beurteilung der Alternativen in der SUP uneinheitlich – nämlich mit unterschiedlicher Prüf- und Detailtiefe – erfolgen kann. 46 Auch Struktur und Zweck der SUP sprechen eher gegen diese Herangehensweise. Die Alternativenprüfung ist in der SUP grds. zweistufig angelegt. Auf der 1. Stufe erfolgt die Auswahl der Alternativen anhand des „Vernünftigkeitsmaßstabs“, auf der 2. Stufe soll sich sodann bei den zuvor ausgewählten Optionen eine vertiefte Untersuchung der Umweltauswirkungen anschließen. Anders als bei der Alternativenbetrachtung in der UVP (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UVPG) genügt es für den Umweltbericht zur SUP nicht, dass der Planungsträger lediglich eine Beschreibung der vernünftigen, von ihm geprüften Alternativen präsentiert und die wesentlichen Gründe dafür nennt, weshalb andere Varianten nach seiner Einschätzung nicht weiterverfolgt werden sollen.66 Verlangt wird vielmehr die Durchführung eines qualifizierten Alternativenvergleichs, der im Umweltbericht im Einzelnen dokumentiert und transparent gemacht werden soll. Gerade bei sensiblen Materien wie dem Stromleitungsausbau dürfte es der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln sein, weshalb eine bloße Grobanalyse genügen sollte, um bei Korridorverläufen, denen zuvor ein „ernsthaftes in-Betracht-Kommen“ bescheinigt worden ist, auf eine vertiefte Umweltuntersuchung zu verzichten. Von dieser Möglichkeit sollte nur dort Gebrauch gemacht werden, wo das Ergebnis der Grobprüfung in hohem Maße evident ist, so dass weitergehende Untersuchungen offensichtlich verfehlt wären.
62 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 35. 63 Gänzlich ablehnend Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 37 (zu § 14g UVPG a. F., aktuell: § 40 UVPG); Wulfhorst, NVwZ 2011, 1099, 1100 f; wohl auch Schink, in: Dokumentation zur 28. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Leipzig 2004, 2005, S. 93, 147 f; Schink, NuR 2005, 143, 146. 64 Begr. RegE Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der RL 2001/42/EG (SUPG), BR-Drucks. 588/04 v. 13.8.2004, S. 78; ähnlich Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 8: „für jede Alternative in vergleichbarem Maß“. 65 EU-Kommission, Generaldirektion Umwelt, Arbeitshilfe zur Umsetzung der RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, Luxemburg 2003, Nr. 5.12. 66 Eine Kurzdarstellung der Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen sieht § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 UVPG lediglich für die 1. Stufe der Alternativenprüfung (Auswahl anhand des „Vernünftigkeitsmaßstabs“) vor; so zutreffend Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 35 u. 59. Sangenstedt/Salm
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1. Bestimmung der zu betrachtenden Trassenkorridore
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e) Erdkabelvorrang für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung. 47 Eine wichtige Facette in der anhaltenden politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung über den verstärkten Ausbau der Stromnetze bilden Forderungen nach alternativen Erdkabellösungen. Diese Thematik hat auch Eingang in die Verfahren der Bundesfachplanung gefunden und ist häufig Gegenstand von Diskussionen in der Antragskonferenz. In der Sache geht es darum, ob bereits bei der Bestimmung des Korridorverlaufs nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 verbindliche Aussagen über die technische Ausführung der geplanten Stromleitung (Freileitung oder Erdkabel) zu treffen sind oder getroffen werden können. Mit dem Inkrafttreten der sog. „Erdkabelnovelle“67 am 31.12.2015 hat diese Frage eine gesetzlich Regelung erfahren. Seither gilt, wie der Gesetzgeber in § 2 Abs. 5 BBPlG festgelegt hat, dass Vorhaben zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (sog. HGÜ-Vorhaben), die im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichnet sind, im Regelfall als Erdkabel zu errichten und zu betreiben oder zu ändern sind.68 Außerdem sieht § 2 Abs. 6 BBPlG vor, dass Vorhaben zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung, die im Bundesbedarfsplan mit „F“ gekennzeichnet sind, als Pilotprojekte nach Maßgabe des § 4 BBPlG als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden können. Für die im Bundebedarfsplan gekennzeichneten HGÜ-Vorhaben („E-Vorhaben“) ist dem in 48 § 2 Abs. 5 BBPlG angeordneten Erdkabelvorrang auch in der Bundesfachplanung – mit der dort angemessenen „mittleren“ Detailtiefe69 – Rechnung zu tragen. Dabei ist zu beachten, dass der in § 2 Abs. 5 BBPlG bestimmte Erdkabelvorrang nur nach Maßgabe des § 3 BBPlG Anwendung findet. Zwar sind die gekennzeichneten HGÜ-Vorhaben auch nach § 3 Abs. 1 BBPlG grundsätzlich als Erdkabel auszuführen. Jedoch kann die BNetzA nach § 3 Abs. 2 und 3 BBPlG unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass solche Leitungen auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten ausnahmsweise als Freileitung errichtet und betrieben oder geändert werden.70 Entsprechende Freileitungsausnahmen sieht das Gesetz zum einen aus Gründen des Arten- oder Gebietsschutzes (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2) 71 sowie zum anderen zu dem Zweck vor, eine Bündelung mit anderen bereits bestehenden oder zugelassenen Leitungen zu ermöglichen (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BBPlG).72 Überdies eröffnet § 3 Abs. 3 67 Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsausbaus v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490). Allgemein zu dieser Novelle de Witt/Durinke, RdE 2015, 233; de Witt/Durinke/Runge, NuR 2016, 525; Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, NABEG, § 5 Rn 2, 18; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801; Schirmer, DVBl 2016, 285. 68 Der mit der „Erdkabelnovelle“ eingeführte Vorrang des Netzausbaus in Erdkabel-Technologie wird zu Recht als Paradigmenwechsel bezeichnet; vgl. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 806. Ziel des Gesetzgebers war es, die Akzeptanz der Bevölkerung für den Netzausbau vor Ort zu erhöhen und dadurch eine Beschleunigung der Verfahren zu erreichen. Dieses Anliegen wurde allerdings teilweise dadurch konterkariert, dass einige bereits weit fortgeschrittene Planungen der ÜNB, die Freileitungslösungen vorsahen, durch die Gesetzesänderung hinfällig wurden und zeitaufwendige Umplanungen stattfinden mussten. Technischer Hintergrund der Fokussierung des Erdkabeleinsatzes auf HGÜ-Vorhaben ist, dass sich Gleichstrom aus Gründen der technischen Realisierbarkeit, der Kosten und der bisherigen Erfahrungen besser zu einem Transport über weite Strecken hinweg eignet; siehe dazu BT-Drucks. 18/ 6909, S. 5, 41 ff. 69 Näher dazu unten Rn 90 ff. 70 Eingehend zu den Ausnahmen gem. § 3 Abs. 2 und 3 BBPlG BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 3 ff. 71 Voraussetzung für die „Freileitungsausnahmen Arten- und Gebietsschutz“ ist, dass entweder gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BBPlG ein Erdkabel gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 auch in Verbindung mit Abs. 5 BNatSchG verstieße und mit dem Einsatz einer Freileitung eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG gegeben ist oder dass gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BBPlG ein Erdkabel nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig wäre und mit dem Einsatz einer Freileitung eine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG gegeben ist. 72 Voraussetzung für die „Freileitungsausnahme Bündelung“ ist, dass gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BBPlG die Leitung in oder unmittelbar neben der Trasse einer bestehenden oder bereits zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsfreileitung errichtet und betrieben oder geändert werden soll und der Einsatz einer Freileitung voraussichtlich keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. 607
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
BBPlG Gebietskörperschaften, auf deren Terrain der Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, die Möglichkeit, in der Antragskonferenz aufgrund örtlicher Belange ein sog. „Freileitungsprüfverlangen“ einzubringen, das unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls dazu führen kann, dass die Leitung auf dem Gebiet der intervenierenden Gemeinde partiell als Freileitung geführt wird.73 Die genannten Ausnahmen setzen nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 BBPlG jeweils zusätzlich voraus, dass ein Abstand der Freileitung von mindestens 400 Metern zu Wohngebäuden im Innenbereich und von mindestens 200 Metern zu Wohngebäuden im Außenbereich gewahrt wird. 49 Der Erdkabelvorrang für HGÜ-Leitungen, die im Bundesbedarfsplan entsprechend gekennzeichnet sind,74 hat auch Auswirkungen auf die Planungs- und Zulassungsverfahren, die für diese Vorhaben durchgeführt werden. Hierfür gelten teilweise neue inhaltliche und methodische Anforderungen, denen sowohl der Vorhabenträger bei seinen Planungen als auch die BNetzA bei der Ausgestaltung und Begleitung der Verfahren Rechnung zu tragen hat. So hat der Vorhabenträger schon bei der Trassenkorridorfindung für den Antrag nach § 6 das für Erdkabelvorhaben geltende Gebot der Geradlinigkeit gem. § 5 Abs. 5 zu beachten,75 das auch ein wesentlicher Prüfaspekt bei der späteren Antragsprüfung durch die BNetzA ist. Bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4 hat die BNetzA sicherzustellen, dass bei der Erarbeitung der Unterlagen, die der Vorhabenträger nach § 8 vorzulegen hat, der Erdkabelvorrang als technologische Verfahrensprämisse zugrunde gelegt wird.76 50 Dabei kann es zur Gewährleistung der späteren Realisierbarkeit der Leitung und zur Vermeidung eines Planungstorsos in bestimmten Konstellationen sinnvoll oder notwendig sein, dass die BNetzA dem Vorhabenträger aufgibt, Trassenkorridoralternativen ausnahmsweise mit einer in der Bundesfachplanung sonst nicht gebotenen Intensität und Prüftiefe zu untersuchen.77 Ein solches Vorgehen bietet sich insbesondere bei folgenden Sachverhalten an: (1) Das Leitungsvorhaben berührt Bereiche mit eingeschränkter Planungsfreiheit. Solche Einschränkungen können sich vor allem aus technischen Engstellen und Querriegeln ergeben, die eine Erdkabelnutzung ausschließen. In diesen Fällen sollte bereits auf Bundesfachplanungsebene abgeklärt werden, ob innerhalb des verbleibenden Raums die Zulassungsfähigkeit des Erdkabelvorhabens gegeben ist. Sofern sich Querriegel oder Engstellen aus Gründen des Arten- oder Gebietsschutzes abzeichnen, kann in den Unterlagen nach § 8 ggf. auch eine Errichtung als Freileitung nach den Ausnahmeregelungen des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 BBPlG in Betracht gezogen werden. (2) Erwägt der Vorhabenträger eine Bündelung mit anderen Hoch- oder Höchstspannungsfreileitungen, sollten ebenfalls schon in der Bundesfachplanung eine belastbare Einschätzung erfolgen, ob die Freileitungsausnahme des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BBPlG in Anspruch genommen werden kann. Zu prüfen ist dafür insbesondere, ob bei 73 Zu dieser Option näher unten Rn 129 und 156. 74 Von dem Erdkabelvorrang sind die gem. § 2 Abs. 5 BBPlG im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten HGÜ-Vorhaben Nr. 1, 3, 4, 5, 5a, 30, 48, 49, 78 und 79 erfasst. Als Erdkabel-Pilotprojekte können die gem. § 2 Abs. 6 BBPlG im Bundesbedarfsplan mit „F“ gekennzeichneten HDÜ-Vorhaben Nr. 6, 7, 17, 31, 32, 34, 41, 42 und 77 errichtet und betrieben oder geändert werden. Dazu Appel, NVwZ 2016, 1516 ff; Franzius, ZNER 2016, 447 ff. 75 Siehe hierzu § 5 Rn 99 ff sowie Appel, NVwZ 2016, 1516, 1520 f; BNetzA, Bundesfachplanung für GleichstromVorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für Anträge nach § 6 NABEG, April 2016; Kment, NVwZ 2016, 1762. 76 In methodischer Hinsicht haben die Vorhabenträger insbesondere bestimmte Anpassungen in der SUP und der Raumverträglichkeitsstudie sicher zu stellen. Eingehend hierzu BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, September 2017; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017. Näher dazu § 8 Rn 15. 77 Siehe dazu näher BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 6 ff. Sangenstedt/Salm
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2. Belange der Raumordnung
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der Bündelungsoption mit erheblichen zusätzlichen Umweltauswirkungen zu rechnen wäre. (3) Vertiefte bundesfachplanerische Untersuchungen sind schließlich auch bei Freileitungsprüfverlangen einer Gebietskörperschaft nach § 3 Abs. 3 BBPlG angezeigt.78 Die BNetzA prüft hier selbst zunächst lediglich das Vorliegen der formellen Voraussetzungen. Ob die geforderte Freileitungsvariante den materiellen Anforderungen gerecht wird, ist dagegen vom Vorhabenträger zu prüfen. Zu diesem Zweck kann die BNetzA ihm bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens aufgeben, geeignete Untersuchungen durchzuführen.79
2. Belange der Raumordnung a) Bedeutung der Raumverträglichkeit. Ein Raumordnungsverfahren findet für Höchstspan- 51 nungsleitungen, für die im Verfahren der Bundesfachplanung Trassenkorridore festgelegt werden, nach § 28 nicht statt. Dies ist auch nicht erforderlich, da die Entscheidung der BNetzA über die Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors beinhaltet. In der Begründung der Entscheidung ist die Raumverträglichkeit nach § 12 Abs. 2 S. 2 im Einzelnen darzustellen. Auch die gesetzliche Definition des Begriffs „Trassenkorridor“ (§ 3 Nr. 7) unterstreicht, dass es um Gebietsstreifen geht, deren Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist. Diese und andere Regelungen des NABEG machen deutlich, dass „Raumverträglichkeit“ einen gewichtigen öffentlichen Belang darstellt, dem in der Bundesfachplanung angemessen Rechnung zu tragen ist. Die raumordnerische Beurteilung der vorgeschlagenen Korridore bildet eine der zentralen Prüfmaterien des Verfahrens.80 Deshalb bedarf dieser Aspekt auch bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens und bei der vorlaufenden Erörterung des Prüfprogramms in der Antragskonferenz vertiefter Betrachtung (Abs. 1 S. 3). Zu klären ist u. a., unter welchen Gesichtspunkten und nach welchen Maßstäben die Raumverträglichkeit eines ins Auge gefassten Trassenkorridors zu beurteilen ist, welche Anforderungen an die Unterlagen, die der Vorhabenträger nach § 8 S. 1 für die raumordnerische Beurteilung vorzulegen hat,81 im konkreten Fall zu stellen sind und welche Informations- und Erkenntnisquellen hierfür genutzt werden können. Für die Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors sind, wie der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 52 hervorgehoben hat, die Übereinstimmung mit den Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung sowie die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu prüfen. Heranzuziehen sind dabei u. a. Inhalte von Raumordnungs- und Regionalplänen der Länder, die Ergebnisse durchgeführter Raumordnungsverfahren sowie landesplanerische Stellungnahmen. Hinsichtlich des Vorrangs der durch solche raumbezogenen
78 So auch Appel, NVwZ 2016, 1516, 1523. 79 Siehe hierzu auch unten Rn 156. 80 Zum starken raumordnerischen Einschlag der Bundesfachplanung eingehend Erbguth, NVwZ 2011, 326, 328 ff und DVBl. 2011, 325 f. Verfehlt ist allerdings die Behauptung, die Bundesfachplanung habe der Sache nach und instrumentell den Charakter eines Raumordnungsverfahrens. Die Bundesfachplanung erschöpft sich nicht in einer bloßen raumordnerischen Beurteilung. Sie wird vielmehr nach umfassender Abwägung aller berührten öffentlichen und privaten Belange (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2) mit einer verbindlichen Entscheidung abgeschlossen, nämlich der Ausweisung eines bestimmten Korridors. Anders als im Raumordnungsverfahren steht mit dieser Entscheidung fest, dass die im anschließenden Planfeststellungsverfahren festzulegende Trasse der Stromleitung nur innerhalb dieses Korridors verlaufen darf (§ 15 Abs. 1 S. 1). Zutreffend zum Charakter der Bundesfachplanung Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332, 334. 81 In der früheren Fassung des § 8 S. 1 wurde die Notwendigkeit, Unterlagen zur raumordnerischen Beurteilung des Vorhabens vorzulegen, besonders hervorgehoben. Die aktuelle Fassung der Vorschrift stellt demgegenüber nur noch allgemein auf die Unterlagen ab, die „laut Untersuchungsrahmen nach § 7 Abs. 4“ erforderlich sind. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden, da der Untersuchungsrahmen nach § 7 Abs. 1 S. 3 auch die raumordnerische Beurteilung umfasst. 609
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Aussagen konkretisierten Belange der Raumordnung ist nach neuer Rechtslage82 zu differenzieren. Ziele der Raumordnung beanspruchen gem. § 5 Abs. 2 S. 2 grundsätzlich Bindungswirkung und damit Vorrang vor Bundesfachplanungen, sofern die BNetzA bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans nach § 9 ROG beteiligt worden ist und dem rechtsverbindlichen Ziel nicht widersprochen hat.83 Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung beanspruchen dagegen– wie bisher – keinen Vorrang vor anderen Belangen, mit denen sich die Bundesfachplanung ebenfalls auseinanderzusetzen hat. Vielmehr gehen sie mit dem ihnen jeweils eigenen Gewicht in die nach § 5 Abs. 1 S. 2 durchzuführende Abwägung ein.84 Dort treten sie mit anderen öffentlichen und privaten Belangen in Konkurrenz, u. a. mit dem Anliegen eines beschleunigten Stromnetzausbaus, dem der Gesetzgeber in § 1 S. 3 das Gewicht eines „überragenden öffentlichen Interesses“ attestiert hat. Ziel der Bundesfachplanung ist es, die unterschiedlichen Belange, die von dem Vorhaben berührt werden, soweit wie möglich miteinander in Einklang zu bringen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs geht es darum, einen Ausgleich zwischen der Planungshoheit der Länder, die ihren Ausdruck in raumordnerischen Plänen findet, und dem Anliegen des Ausbaus des Übertragungsnetzes zu schaffen.85
53 b) Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung (Abs. 1 S. 3). Einen raumordnerischen Prüfgesichtspunkt, dem bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, hat der Gesetzgeber in Abs. 1 S. 3 ausdrücklich genannt. Danach soll in der Antragskonferenz erörtert werden, inwieweit Übereinstimmung der beantragten Trassenkorridore mit den Erfordernissen der Raumordnung der betroffenen Länder besteht oder hergestellt werden kann. Erfordernisse der Raumordnung sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG Ziele, Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung. Ziele der Raumordnung sind textliche oder zeichnerische Festlegungen in Raumord54 nungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, die vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogen sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG). Zu den Raumordnungsplänen gehören vor allem landesweite Raumordnungspläne und Regionalpläne; in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg können auch Flächennutzungspläne die Funktion eines Raumordnungsplans für das Landesgebiet übernehmen (§ 13 Abs. 1 S. 2 ROG). Bis zum Inkrafttreten der Novelle des NABEG durch das Gesetz zur Beschleunigung des 55 Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 201986 war die Stärke der Bindungswirkung, die Ziele der Raumordnung in der Bundesfachplanung entfalten, heftig umstritten.87 Angesichts der hier zu verzeichnenden Kontroversen war die frühere Planungs- und Verfahrenspraxis der Vorhabenträger und der BNetzA in besonderem Maße darauf ausgerichtet, Konflikte der Bundesfachplanung mit Raumordnungszielen zu vermeiden. Dem trug auch die Methodik, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Bundesfachplanungsverfahren zur Anwendung kam, Rechnung: (1) Bereits bei der Grobkorridorfindung und der Strukturierung des dafür erfor-
82 Im Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I, S. 706) wurde das Verhältnis der Bundesfachplanung zur Raumordnung einer neuen eigenständigen Regelung unterzogen. Zu den Inhalten der Gesetzesnovelle im Einzelnen siehe Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195; Ruge, EnWZ 2019, 1. 83 Näher dazu sogleich u. Rn 56 ff sowie eingehend § 5 Rn 70 ff. 84 Unzutreffend Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403: § 5 verzichte auf eine Abwägung und lasse es mit einer bloßen Prüfung der Raumverträglichkeit bewenden. 85 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 86 Hierzu bereits oben Rn 9. Die Novelle trat am 17. Mai 2019 in Kraft. 87 Siehe hierzu umfassend Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung sowie Sangenstedt in der Vorauflage, § 15 Rn 28 ff. Gegen eine strikte Bindungswirkung von Zielen der Raumordnung in der Bundesfachplanung Sangenstedt in der Vorauflage, § 15 Rn 37 ff sowie Appel, NVwZ 2013, 457, 459 und BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 109 ff; de Witt, ER 2013, 150, 152 und de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 22; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, Sangenstedt/Salm
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2. Belange der Raumordnung
NABEG § 7
derlichen Untersuchungsraums fanden Ziele der Raumordnung Berücksichtigung.88 (2) Bei der anschließenden Trassenkorridorfindung für den Antrag nach § 6 stellte die Übereinstimmung mit Zielen der Raumordnung regelmäßig ein Planungsziel der Vorhabenträger dar. Zudem flossen die Ziele der Raumordnung in Raumwiderstandsklassen ein, die im Rahmen von Raumwiderstandsanalysen zur Bewertung des Konfliktpotentials möglicher Trassenkorridore herangezogen wurden.89 (3) Bei der Bestimmung des Untersuchungsrahmens nach § 7 Abs. 4 stellte die BNetzA durch geeignete Vorgaben sicher, dass raumordnerische Zielfestlegungen der Länder ebenengerecht in die weitere Planung einbezogen wurden.90 (4) Insbesondere Raumverträglichkeitsstudien des Vorhabenträgers, die Teil der Unterlagen nach § 8 bildeten, erforderten eine angemessene Auseinandersetzung mit den jeweils vorhabenrelevanten Zielen der Raumordnung.91 Durch diese „raumordnungssensible“ Vorgehensweise gelang es den Beteiligten, mit den rechtlichen Unsicherheiten der bisherigen Regelung sachgerecht umzugehen und etwaige Konflikte mit Zielen der Raumordnung fachlich und pragmatisch sinnvoll zu „entschärfen“. Mit der Novelle vom 13. Mai 2019 hat der Gesetzgeber durch eine Änderung des § 5 Abs. 2 56 für Klarheit in der bisherigen Streitfrage gesorgt, wie Ziele der Raumordnung in der Bundesfachplanung zu behandeln sind. Nach der neuen Regelung entfalten Ziele der Raumordnung grundsätzlich eine starke Bindungswirkung für die Bundesfachplanung. Soweit diese Bindungswirkung gegenüber der BNetzA besteht, hat sie zur Folge, dass die durch raumbezogene Aussagen in Form von Zielen konkretisierten Belange der Raumordnung Vorrang vor anderen Belangen beanspruchen und damit auch den Belangen des Stromnetzausbaus vorgehen. Diesem Vorrangverhältnis der Raumordnung vor der Bundesfachplanung ist in der zu erarbeitenden Raumverträglichkeitsstudie in rechtlicher und methodischer Hinsicht Rechnung zu tragen. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG haben die Ziele der Raumordnung den Charakter verbindlicher Vorgaben. Nach § 4 Abs. 1 ROG sind sie damit auch bei Entscheidungen über die Bundesfachplanung grundsätzlich zu beachten. Uneingeschränkt gilt die starke Bindungswirkung raumordnerischer Zielfestlegungen 57 in der Bundesfachplanung allerdings nur, wenn die in § 5 Abs. 2 S. 2 bis S. 6 genannten zeitlichen und materiellen Anforderungen erfüllt sind.92 Eine strikte Bindung der Bundesfachplanung an Ziele der Raumordnung setzt gem. § 5 Abs. 2 S. 2 voraus, dass die BNetzA (1) bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans nach § 9 ROG beteiligt worden ist und (2) innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels nicht widersprochen hat. In zeitlicher Hinsicht ist eine solche Beteiligung der BNetzA erst seit Übertragung der Aufgabe der Bundesfachplanung durch das NABEG im S. 179 ff, S. 203; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 4 Rn 7 ff; Schaller/Henrich, UPR 2014, 361, 365 f; a. A. (für eine strikte Bindungswirkung von Zielen der Raumordnung in der Bundesfachplanung): Schiller, EurUP 2013, 178, 181; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; differenzierend: Schink/ Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 85 ff; Schlacke/Schubert/Koch, Energie-Infrastrukturrecht, 2015, S. 65, S. 67 ff; Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1409 ff; Mitschang, UPR 2015, 1, 6 f; Kment, NVwZ 2015, 616, 619 f; Schlacke, NVwZ 2015, 626, 629 f; Weghake, Planungs- und Zulassungsverfahren nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, S. 144 ff; offen gelassen bei Reidt/Augustin, UPR 2016, 121, 122. 88 Siehe BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, August 2012, S. 6: „Das Ziel der Grobkorridorfindung liegt darin, großräumige Raumwiderstände zu identifizieren und relativ konfliktarme Bereiche für Trassenkorridore zu ermitteln.“; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für Anträge nach § 6 NABEG, April 2016, S. 15 ff. 89 Zur Praxis der Durchführung einer Raumwiderstandsanalyse auf Ebene der Bundesfachplanung näher Schiller, EurUP 2013, 178, 181 f. 90 Siehe beispielhaft BNetzA, Festlegung des Untersuchungsrahmens gem. § 7 Abs. 4 NABEG für das Vorhaben Nr. 11 BBPlG (Bertikow-Pasewalk) v. 14.11.2014 – 6.07.00.02/11-2-1/10.0, S. 4 ff sowie BNetzA, Festlegung für die Unterlagen nach § 8 NABEG im Bundesfachplanungsverfahren für das Vorhaben Nr. 14 BBPlG (Röhrsdorf-Weida-Remptendorf), Abschnitt 1 (Weida-Remptendorf) v. 19.12.2016 – 6.07.00.02/14-2-1/10.0, S. 8 ff. 91 Dazu näher § 8 Rn 14. 92 Eingehend dazu § 5 Rn 70 ff. 611
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§ 7 NABEG
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Jahr 2011 möglich. Aus diesem Grund sind vor diesem Zeitpunkt in Raumordnungsplänen aufgestellte, geänderte oder ergänzte Ziele für die BNetzA „nicht zu beachten, sondern nur zu berücksichtigen; denn die BNetzA hatte in diesen Fällen keine Möglichkeit, sich bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach dem NABEG zu beteiligen“.93 Für den Nachweis der Beteiligung ist in praktischer Hinsicht sicherzustellen, dass die BNetzA die Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels gem. § 5 Abs. 2 S. 2 von dem jeweiligen Bundesland erhält. Widerspricht die BNetzA dem mitgeteilten Raumordnungsziel, entsteht dessen Bindungswirkung ihr gegenüber nicht, wenn das Ziel der Bundesfachplanung entgegensteht (§ 5 Abs. 2 S. 3). Ein „Entgegenstehen“ ist anzunehmen, wenn die Beachtung des Ziels „eine Gefährdung oder zumindest deutliche Erschwerung der Bundesfachplanung zur Folge hätte.94 Auch ein nachträglicher Widerspruch der BNetzA ist gem. § 5 Abs. 2 S. 4 möglich, sofern 58 die Bundesfachplanung nach Ablauf der in § 5 Abs. 2 S. 2 genannten Zwei-Monats-Frist noch ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich macht. Voraussetzung hierfür ist, dass die BNetzA mit Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie innerhalb angemessener Frist, spätestens aber bis zum Abschluss der Bundesfachplanung, nachträglich widerspricht und das fragliche Raumordnungsziel der Bundesfachplanung nach S. 3 entgegensteht. Damit kann die BNetzA die strikten Bindungswirkungen raumordnerischer Zielfestlegungen erforderlichenfalls auch dann noch beseitigen, wenn diese ihr gegenüber bereits eingetreten waren. Muss der betroffene Raumordnungsplan infolge des nachträglichen Widerspruchs geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, ist die BNetzA allerdings verpflichtet, den Ländern die hierdurch entstehenden Kosten zu ersetzen (§ 5 Abs. 2 S. 5).95 59 Ist die BNetzA im Verfahren zur Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans nicht beteiligt worden oder widerspricht sie den Zielen eines Raumordnungsplans, hat dies nicht zur Konsequenz, dass das in Frage stehende Raumordnungsziel für die Bundesfachplanung bedeutungslos ist und vom Vorhabenträger und der BNetzA ignoriert werden kann. Rechtsfolge ist in diesen Fällen lediglich, dass die strikte Verbindlichkeit, die Raumordnungszielen nach § 4 ROG sonst zukommt, gegenüber der BNetzA nicht entsteht. Dem betreffenden raumordnerischen Belang gebührt dann nicht per se Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Realisierung der Stromleitung. Jedoch geht die Zielfestlegung des Raumordnungsplans in die Abwägung nach § 5 Abs. 1 S. 2 ein, wo sie mit dem ihr zukommenden Gewicht zu berücksichtigen ist. Das Ergebnis der Abwägung hängt dann davon ab, ob der vorgesehenen Ausbaumaßnahme im konkreten Fall höheres Gewicht beizumessen ist als dem widerstreitenden Raumordnungsbelang.96 60 Mit der jetzt getroffenen Regelung des § 5 Abs. 2 hat der Gesetzgeber das Verhältnis der Bundesfachplanung zu den Zielen der Raumordnung auf eine neue, rechtlich klare und ausgewogene Grundlage gestellt. Die Vorrangwirkung raumplanerischer Zielfestlegungen der Länder wird insoweit relativiert, als die BNetzA an der Raumordnungsplanung beteiligt gewesen sein muss und Zielen der Raumordnung widersprechen kann, wenn diese inhaltlich der Bundesfachplanung entgegenstehen. Jedoch erhält die BNetzA damit kein Instrument, das es ihr künftig gestattet, sich unreflektiert über zentrale raumordnerische Belange der Länder hinwegzusetzen. Den durch Raumordnungsziele ausgewiesenen Belangen ist im Rahmen der Abwägung vielmehr angemessen Rechnung zu tragen.97 Insgesamt kommt § 5 Abs. 2 somit ein gewisser Kompromisscharakter zu. Priorität soll für alle Beteiligten weiterhin das Bemühen haben, bereits das Entstehen von Konflikten zwischen Raumordnung und Bundesfachplanung zu vermei93 BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 69 sowie § 15 Rn 74 f. 94 BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 70 sowie § 15 Rn 77 ff. 95 Näher zum nachträglichen Widerspruch sowie zur Bedeutung des nach § 5 Abs. 2 S. 6 ebenfalls zulässigen Zielabweichungsverfahren § 5 Rn 80 ff. 96 Eingehend zu den sich hier stellenden Fragen § 5 Rn 75 f, 78 und 84 f. 97 Kritisch dagegen Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 638 ff. Sangenstedt/Salm
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2. Belange der Raumordnung
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den. Nach § 3a Abs. 1 wirken Bund und Länder zur Realisierung der Stromleitungen konstruktiv zusammen.98 Dabei sind nach § 3a Abs. 2 auch die Raumordnungsbehörden gefordert, durch eine bundesfachplanungsfreundliche Raumordungsplanung ihren Beitrag zur Konsensfindung zu leisten. Beide Seiten sind somit aufgerufen, in gegenseitiger Abstimmung zu optimal verträglichen Lösungen zu gelangen.99 Raumplanerisch gesteuert wird die regionale Entwicklung vor allem durch die Ausweisung von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten und Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 3 ROG). Für die Planung der Trassenkorridore ist dabei insbesondere von Interesse, ob Raumordnungspläne – optional oder verpflichtend – bereits bestimmte Areale für die Nutzung als Stromleitungstrassen ausweisen oder ob Flächen, die der Vorhabenträger als Korridore in Anspruch nehmen möchte, für eine abweichende Raumnutzung reserviert sind.100 Die Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung und die Raumempfindlichkeit des betrachteten Gebiets werden in Planungs- und Genehmigungsverfahren üblicherweise durch Raumverträglichkeitsstudien nachgewiesen. Dieses Instrument wird auch im Verfahren der Bundesfachplanung verwendet.101 Entsprechende Raumverträglichkeitsstudien dienen hier dann zugleich als Unterlage für die raumordnerische Beurteilung nach § 8 S. 1. Zu untersuchen sind darin alle Raumordnungs- und Regionalpläne der Länder, die Relevanz für einen vorgeschlagenen Korridorverlauf haben können. Die Zielvorgaben dieser Pläne sind einer sachlichen und räumlichen Betroffenheitsprüfung zu unterziehen, textliche wie graphische Festlegungen sind auf mögliche Empfindlichkeiten und Konflikte abzuklopfen. Zur Vorbereitung entsprechender Raumverträglichkeitsstudien ist die Antragskonferenz das ideale Forum. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Raumordnungsbehörden der Länder zu. Diese haben aufgrund ihrer Zuständigkeit, Sachkompetenz und Erfahrung den breitesten Überblick über das raumplanerische Geschehen und mögliche Konflikte, die sich bei der Korridorfindung aus den Festlegungen einschlägiger Raumordnungs- und Regionalpläne ergeben können. Deshalb sind sie hier mehr als jeder andere Verfahrensbeteiligte in der Lage, die raumordnerische Komponente der Bundesfachplanung – insbesondere die Auseinandersetzung mit Zielen der Raumordnung – durch die Bereitstellung von Informationen sowie durch Auskünfte, Hinweise und Fachbeiträge zu fördern. Ähnliches gilt für den Umgang mit den Grundsätzen der Raumordnung. Bei dieser Kategorie handelt es sich um Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, die durch Gesetz oder in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden und als Vorgaben für spätere Abwägungs- und Ermessensentscheidungen dienen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG). Im Rahmen der Bundesfachplanung gehen die Grundsätze der Raumordnung nach § 5 Abs. 2 in die Prüfung der Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung ein. Da Grundsätze der Raumordnung keinen strikten Verbindlichkeitsanspruch erheben, sind sie im Rahmen der Raumverträglichkeitsstudie entsprechend dem Gewicht, das dem durch sie ausgewiesenen Interesse zukommt, in die Abwägung einzustellen.102 Dort treten sie ggf. mit anderen Grundsätzen der Raumordnung in Konkurrenz. Ziel der Bundesfachplanung ist es, die unterschiedlichen Belange, die von dem Vorhaben berührt werden, soweit wie möglich miteinander in Einklang zu bringen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs geht es darum, einen
98 Siehe hierzu Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199. 99 Vgl. § 5 Rn 84 f. 100 Näher dazu Kment, NuR 2010, 392, 393 f; Spannowsky, UPR 2000, 418, 425 f, 429 f. 101 Siehe BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 10 ff. 102 Vgl. oben Rn 59. 613
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§ 7 NABEG
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Ausgleich zwischen der Planungshoheit der Länder, die ihren Ausdruck in raumordnerischen Plänen findet, und dem Anliegen des Ausbaus des Übertragungsnetzes zu schaffen.103 65 Der Gesetzgeber hat in § 2 Abs. 2 ROG – gegliedert nach Themenbereichen – allgemeine Grundsätze der Raumordnung fixiert, die, soweit erforderlich, in Raumordnungsplänen konkretisiert werden sollen. Viele der in dieser nicht abschließenden Aufzählung genannten Grundsätze stehen in einem gegenseitigen Spannungsverhältnis. Bei ihrer Anwendung können deshalb räumliche Konflikte zutage treten, die planerisch bewältigt werden müssen. Solche Unverträglichkeiten sind auch bei der Festlegung der Trassenkorridore im Verfahren der Bundesfachplanung zu erwarten. Hier ist einerseits den räumlichen Erfordernissen der Energieversorgung einschließlich des Ausbaus der Energienetze Rechnung zu tragen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG), andererseits soll Rücksicht auf die räumlichen Bedürfnisse beispielsweise des Bergbaus, der Landwirtschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG) und der Verteidigung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 ROG) genommen, Kulturlandschaften sollen erhalten und entwickelt (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 ROG) sowie wichtige ökologische Funktionen des Raums gesichert werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG). Vor diesem Hintergrund müssen die Unterlagen, die der Vorhabenträger nach § 8 S. 1 für die raumordnerische Beurteilung vorzulegen hat, eine textlich-argumentative Auseinandersetzung mit den relevanten Grundsätzen der Raumordnung enthalten.104 Dabei ist im Einzelnen darzustellen, welche Grundsätze durch den vorgeschlagenen Korridorverlauf und die betrachteten Alternativen berührt werden und wie planerisch dafür gesorgt werden soll, dass widerstreitende Belange miteinander in Einklang gebracht werden. Die Fragen, die dabei abzuarbeiten sind, betreffen den Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung und können daher auch Gegenstand der Erörterung in der Antragskonferenz sein. Insbesondere die Raumordnungsbehörden können aufgrund ihrer Vertrautheit mit der Materie hierzu wichtigen Input leisten, ebenso die Vertreter von Fachbehörden, die für Themenbereiche zuständig sind, auf die sich die Grundsätze der Raumordnung beziehen. 66 Neben den Zielen und Grundsätzen sollen in der Antragskonferenz nach § 7 Abs. 1 S. 3 ferner sonstige Erfordernisse der Raumordnung behandelt werden. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG gehören hierzu in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren, namentlich des Raumordnungsverfahrens, und landesplanerische Stellungnahmen. Bei der Korridorplanung hat der Vorhabenträger nur solche Raumordnungserfordernisse einzubeziehen, die für die Entscheidung über den Verlauf des Trassenkorridors Bedeutung haben können. Dies kann etwa der Fall sein, wenn für lineare Infrastrukturen (z. B. Bahnstrecken, Fernstraßen) förmliche landesplanerische Verfahren durchgeführt worden sind. So können die Ergebnisse entsprechender Raumordnungsverfahren Aufschluss über etwaige Bündelungsoptionen geben, die es ermöglichen, den Korridor einer Bahntrasse zugleich für eine Stromleitung in Anspruch zu nehmen. Restriktionen für die Standortwahl können sich aus in Aufstellung befindlichen Raumordnungszielen und landesplanerischen Stellungnahmen ergeben, die in anderen Verfahren abgegeben worden sind. Ohne einen vertieften Austausch mit den zuständigen Landesbehörden dürfte allerdings weder für den Vorhabenträger noch für die BNetzA ohne weiteres erkennbar sein, ob im konkreten Fall raumordnerische Erfordernisse bestehen, die Einfluss auf die Wahl des Korridors haben können. Daher ist es sinnvoll, diese Fragen in der Antragskonferenz abzuklären.
67 c) Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (§ 5 Abs. 2 S. 1 Hs. 2). Nach § 5 Abs. 2 S. 1 ist in der Bundesfachplanung mit Blick auf die Raumver103 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 104 Vgl. BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 10 ff. Sangenstedt/Salm
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2. Belange der Raumordnung
NABEG § 7
träglichkeit nicht allein die Übereinstimmung eines vorgeschlagenen Trassenkorridors mit den Erfordernissen der Raumordnung zu prüfen; gefordert ist außerdem die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. „Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen“ sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG Planungen,105 Vorhaben und Maßnahmen,106 durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebiets beeinflusst wird. Ziel der Abstimmung ist es, kritische Berührungspunkte bei der gemeinsamen Nutzung des Raums frühzeitig zu identifizieren und planerisch zu bewältigen. Ein positiver Effekt kann auch darin bestehen, dass bei der Abstimmung Bündelungsoptionen mit anderen linearen Infrastrukturen sichtbar werden, die u. U. planerisch sinnvoll genutzt werden können.107 Für die Korridorplanung hat dies zur Konsequenz, dass der Vorhabenträger seinen Unterla- 68 gen für die raumordnerische Beurteilung eine Übersicht über den Kreis der raumbedeutsamen Planungen, Vorhaben und Maßnahmen beizufügen hat, bei denen mit Unverträglichkeiten zu rechnen ist, und dazu jeweils anzugeben hat, wie das Konfliktpotenzial zu bewerten und mit ihm umzugehen ist.108 Dabei ist auch darauf einzugehen, inwieweit diese Aspekte bereits auf der Fachplanungsebene oder erst im Rahmen der nachfolgenden Planfeststellung abzuarbeiten sind (ebenengerechte Abschichtung). Für die sachgerechte Zuordnung der Materie kann an die Abschichtungsgrundsätze angeknüpft werden, die in der Umweltprüfung gelten.109 Vielfach werden Unverträglichkeiten und Konflikte mit raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nicht den gesamten Korridorraum, sondern lediglich Teilbereiche betreffen, die erst bei der Feintrassierung der Stromleitung im Planfeststellungsverfahren näher zu betrachten sind. Eine vertiefte Behandlung solcher kleinräumigen Prüfgesichtspunkte in der Bundesfachplanung ist im Allgemeinen nicht sinnvoll. Denn in dieser Planungsphase steht noch gar nicht fest, wo genau die Leitungstrasse innerhalb des Korridors verlaufen und ob das Konfliktpotenzial damit überhaupt zum Tragen kommen wird. Deshalb wird sich die Auseinandersetzung mit raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auf dieser Planungsebene in der Regel auf die perspektivische Aussage beschränken können, dass der Errichtung und dem Betrieb der Stromleitung voraussichtlich keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen werden. Diese Annahme ist beispielsweise dann gerechtfertigt, wenn eine überschlägige Prüfung ergibt, dass innerhalb des geprüften Korridors nutzbare Teilflächen bestehen, bei denen Unverträglichkeiten nicht zu erwarten sind oder durch geeignete planerische oder technische Maßnahmen überwunden werden können. Eine ausreichende Behandlung dieses Problemkreises in der Bundesfachplanung setzt 69 Kenntnis der relevanten raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen voraus. Wichtigster Ansprechpartner hierfür sind Behörden und andere Träger öffentlicher Belange, die solche Planungen und Maßnahmen durchführen oder administrativ begleiten. Ihre Mitwirkung in der Antragskonferenz ist daher in hohem Maße wünschenswert – zum einen, um der BNetzA den zur 105 Hierunter fallen Planungen jeglicher Art, die raumbedeutsam sind, also sowohl fachübergreifende (querschnittsbezogene) Pläne (z. B. Flächennutzungs- und Bebauungspläne) als auch aufgabenbezogene Fachplanungen (Spannowsky/Runkel/Goppel/Runkel, § 3 Rn 120 ff). 106 Hierunter fällt eine Vielzahl raumbedeutsamer Akte wie bspw. die Errichtung oder Änderung größerer baulicher Anlagen, Infrastrukturprojekte, Aufschüttungen, Abgrabungen oder Ablagerungen; näher dazu Spannowsky/ Runkel/Goppel/Runkel, § 3 Rn 123 ff. 107 Vgl. dazu Theobald/Kühling/de Witt, § 5 NABEG Rn 31; Pleiner, Die Bündelung von Leitungen beim Energienetzausbau – Juristische Aspekte, in: Bundesnetzagentur, Wissenschaftsdialog 2017, S. 44, 47 f; Weiland/Wüsteneck/ Lichte/Scholles, uvp-report 30 (2016), 159, 165. 108 Vgl. BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020, S. 8 ff, 13, 27 f; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020, S. 9 ff, 15, 26; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 13. 109 Näher dazu unter Rn 85 ff. 615
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Durchführung ihrer Prüfungen notwendigen Hintergrund zu vermitteln, zum anderen, um den Vorhabenträger kompetent zu beraten und ihn bei der Informationsbeschaffung zur Untersetzung seines Antrags zu unterstützen.
3. Berücksichtigung städtebaulicher Belange (§ 5 Abs. 3) 70 Nach § 5 Abs. 3 S. 1 sind auch städtebauliche Belange in der Bundesfachplanung zu berücksichtigen.110 Der Begriff des „städtebaulichen Belangs“ ist weit zu verstehen. Nach der Gesetzesbegründung ergeben sich städtebauliche Belange „insbesondere aus den Darstellungen bzw. Festsetzungen von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen, aus § 34 BauGB für den unbeplanten Innenbereich, aus § 35 BauGB für den Außenbereich, aus sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch sowie aus sonstigen städtebaulichen Planungen der Gemeinden“.111 Das Spektrum der damit erfassten räumlichen Festsetzungen ist beträchtlich. Eine Beschränkung bspw. auf einen bestimmten Grad an Verfestigung, den eine städtebauliche Planung erreicht haben muss, um die Qualität eines städtebaulichen Belangs zu erreichen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Mindestvoraussetzung dürfte jedoch Erkennbarkeit für Außenstehende, einschließlich des Vorhabenträgers, sein, womit rein interne städtebauliche Überlegungen ausscheiden. 71 Die Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Belange hat Auswirkungen auf Inhalt und Prüfprogramm der Bundesfachplanung. Bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4 hat die BNetzA zu bestimmen, welche städtebaulichen Belange für die anstehende Ausbaumaßnahme von Bedeutung sein können und dementsprechend bei der Ausarbeitung der Unterlagen nach § 8 einzubeziehen sind. Bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung nach § 12 sind die relevanten städtebaulichen Belange nach § 5 Abs. 3 S. 1 ihrem Gewicht entsprechend zu berücksichtigen. Sie haben grundsätzlich keinen Vorrang vor den Belangen des Stromnetzausbaus.112 Die Ermittlung und Berücksichtigung der berührten städtebaulichen Belange kann in den 72 Bundesfachplanungsverfahren eine Herausforderung darstellen. Aufgrund der Weite dieser Kategorie stößt die Handhabung des Abwägungsbelangs in der Praxis an Grenzen. Probleme kann zum einen die Erkennbarkeit relevanter städtebaulicher Belange für Vorhabenträger und Fachplanungsbehörde bereiten. Praktisch berücksichtigungsfähig werden hier i. d. R. nur städtebauliche Belange sein, die einen Mindestgrad an konzeptioneller Konkretisierung aufweisen. Zum anderen ist eine Befassung der Bundesfachplanung mit städtebauliche Belangen nur dort sinnvoll, wie es um Konflikte geht, die auf dieser Verfahrensstufe ebenengerecht abgearbeitet werden können. Dies ist bei städtebaulichen Anliegen, die in erster Linie die Feintrassierung der Trasse betreffen, meist nicht der Fall.113 Angesichts der aufgezeigten Schwierigkeiten ist es wichtig, dass diesem Fragenkreis in der Antragskonferenz die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt wird. Hinweise, Informationen und Erkenntnisse sind hier insbesondere von den beteiligten Behörden oder anderen Trägern öffentlicher Belange auf kommunaler Ebene zu erwarten.114 In § 5 Abs. 3 S. 2 hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung zum Ersatz von Aufwendun73 gen und Kosten getroffen, die durch die notwendige Aufstellung eines neuen oder die erforderliche Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines bestehenden Bauleitplans entstehen können, wenn im Rahmen der Bundesfachplanung entschieden wird, dass bestimmte städtebauliche Belange im konkreten Fall hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einer Inanspruchnah110 Eingeführt worden ist diese Regelung durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019; siehe dazu bereits oben Rn 9. 111 BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 70. 112 Eingehend hierzu § 5 Rn 86 ff; kritisch zu dieser Regelung Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 642 f. 113 Siehe dazu unten Rn 90 f. 114 S. dazu auch § 5 Rn 87. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
NABEG § 7
me des betroffenen Gebietsstreifens zum Zwecke des Stromleitungsausbaus zurücktreten müssen. In diesen Fällen sind, abweichend von § 7 des Baugesetzbuches, nur § 7 Satz 6 und § 37 Absatz 3 des Baugesetzbuches entsprechend anzuwenden. Erstattungspflichtig ist der Vorhabenträger.115 Wegen der Einzelheiten wird auf die eingehende Kommentierung zu § 5 Abs. 3 verwiesen.116
4. Umweltbelange a) Bedeutung der Umweltverträglichkeit. Eine zweite Prüfmaterie, die der Gesetzgeber in 74 den Vorschriften über die Bundesfachplanung besonders herausgestellt hat, ist die Umweltverträglichkeit des Korridorverlaufs. Die Bedeutung der Umwelt für die Korridorplanung zeigt sich vor allem daran, dass in das Verfahren der Bundesfachplanung eine SUP integriert ist, die nach den Bestimmungen des UVPG durchzuführen ist (§ 5 Abs. 7).117 Auf die SUP-Vorschriften des UVPG wird auch an verschiedenen anderen Stellen des NABEG verwiesen. So muss die Entscheidung der BNetzA über die Bundesfachplanung eine abschließende Bewertung der in der SUP ermittelten Umweltauswirkungen enthalten (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 43, 44 UVPG). Außerdem ist ihr eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, wie Umwelterwägungen bei der Festlegung des Trassenkorridors einbezogen wurden, wie dabei die Ergebnisse der SUP berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der festgelegte Korridor nach Abwägung mit den geprüften Alternativen gewählt wurde (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 43, 44 UVPG). Diese Regelungen zeigen, dass den in der SUP ermittelten und bewerteten Umweltbelangen 75 zwar angemessen Rechnung zu tragen ist, dass ihnen aber bei der Bestimmung der Trassenkorridore nicht grds. Vorrang vor anderen Interessen zukommt, die in der Bundesfachplanung gleichfalls zu berücksichtigen sind. Vielmehr gehen sie in die nach § 5 Abs. 1 S. 2 durchzuführende Abwägung ein und treten dort in Konkurrenz mit sonstigen öffentlichen und privaten Belangen. Bei der Abwägung braucht sich nicht notwendigerweise die „umweltfreundlichste“ Lösung durchsetzen. Gewichtigere andere rechtlich relevante Anliegen können vielmehr im konkreten Fall dazu führen, dass beim Schutz der Umwelt gewisse Abstriche hinzunehmen sind und nicht der ambitionierteste Weg beschritten werden muss. Bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens der Bundesfachplanung bildet der Teilun- 76 tersuchungsrahmen der SUP ein wesentliches Element.118 Unterstrichen wird der Stellenwert, der der SUP hier zukommt, durch § 7 Abs. 1 S. 3. Danach soll in der Antragskonferenz insbesondere erörtert werden, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad Angaben in den Umweltbericht nach § 40 UVPG aufzunehmen sind. Aus der Fokussierung des Gesetzes auf die SUP kann indessen nicht geschlossen werden, 77 dass die Konkretisierung des umweltbezogenen Prüfprogramms der Bundesfachplanung auf die Umweltprüfung beschränkt ist. Einzugehen ist vielmehr auch auf den Untersuchungsrahmen anderer Umweltinstrumente. Von erheblicher praktischer Bedeutung für die Trassenplanung sind vor allem die Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen betroffener Natura 2000-Gebiete119 sowie bestimmte artenschutzrechtliche Erfordernisse. Bei diesen Materien 115 BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 70. 116 § 5 Rn 92 ff. 117 Siehe dazu BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung, Februar 2015; BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, September 2017; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 17 ff. 118 Siehe oben Rn 17. 119 Verkannt von Durner, NuR 2012, 369, 372, der § 5 Abs. 2 entnehmen möchte, dass in der Bundesfachplanung – anders als bei Raumordnungsplänen nach § 7 Abs. 6 ROG – keine FFH-Verträglichkeitsprüfung, sondern nur eine SUP durchzuführen sei. 617
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§ 7 NABEG
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
handelt es sich um besonders gewichtige öffentliche Umweltbelange, denen – anders als anderen Umweltgesichtspunkten, die Prüfgegenstand der SUP sind – in der Abwägung nach § 5 Abs. 1 S. 2 grds. Vorrang zukommt. Korridorverläufe, die mit erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets verbunden sein können oder mit artenschutzrechtlichen Verboten nach §§ 44 ff BNatSchG kollidieren, sind regelmäßig keine geeigneten Planungsoptionen und daher zwingend von der Betrachtung auszuschließen, sofern nicht im Einzelfall Ausnahmetatbestände zum Tragen kommen. Die Behandlung dieser speziellen natur- und artenschutzrechtlichen Fragen bedarf, ebenso wie die Durchführung der SUP, frühzeitiger Vorbereitung und Abstimmung, wenn die Bundesfachplanung reibungslos verlaufen und Verzögerungen im weiteren Verfahren ausgeschlossen werden sollen. Insgesamt kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die umweltrechtlichen Aspekte in der Antragskonferenz und bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7 regelmäßig breiten Raum einnehmen werden.
78 b) Der Untersuchungsrahmen der Strategischen Umweltprüfung. Herzstück der SUP ist der Umweltbericht. Nach § 40 Abs. 1 S. 2 UVPG werden die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Planung zur Folge haben kann, im Umweltbericht beschrieben und vorläufig bewertet. Zu ermitteln sind allein solche Umweltauswirkungen, die nach § 40 Abs. 2 UVPG in den Umweltbericht aufzunehmen sind. Auch im Übrigen sind für dieses Prüfverfahren lediglich Umweltfaktoren von Belang, zu denen der Umweltbericht nach § 40 Abs. 2 Angaben enthalten muss. Damit umreißt der Katalog der Angaben für den Umweltbericht zugleich die Konturen des Prüfprogramms der SUP. Die Anforderungen an den Umweltbericht sind in § 40 Abs. 2 UVPG allerdings nur in relativ 79 allgemeiner, abstrakter und unspezifischer Form verzeichnet. Abgebildet wird hier kein starr vorgegebenes, detailliertes Prüfprogramm, sondern eine konkretisierungsbedürftige Themenliste, die dem Verantwortlichen zunächst lediglich eine grobe Orientierungshilfe bietet. Konkretisiert werden die im Umweltbericht abzuarbeitenden Fragen erst durch die Festlegung des Untersuchungsrahmens der SUP. Erst in diesem Verfahrensschritt werden nach § 39 Abs. 1 UVPG Umfang und Detaillierungsgrad der in den Umweltbericht aufzunehmenden Angaben näher bestimmt.120 Für die Bundesfachplanung hat der Gesetzgeber diese Formulierung in § 7 Abs. 1 S. 3 aufgegriffen und damit deutlich gemacht, dass sich die konkreten Inhalte sowie die Untersuchungs- und Darstellungstiefe des Umweltberichts auch bei der Korridorplanung jeweils nach den Grundsätzen des § 39 UVPG bestimmen. 80 Nicht eindeutig zu entnehmen ist dem Gesetz hingegen, wer im Verfahren der Bundesfachplanung für die Erarbeitung des Umweltberichts zuständig ist – der Vorhabenträger oder die BNetzA. § 8 S. 1 beschränkt sich hierzu auf die Aussage, dass der Vorhabenträger alle laut Untersuchungsrahmen nach § 7 Abs. 4 erforderlichen Unterlagen vorzulegen habe, wozu auch die für die SUP der Trassenkorridore erforderlichen Angaben zählen.121 Dabei bleibt indessen offen, ob mit dem Begriff „Unterlagen“ der komplette Umweltbericht oder lediglich Ergebnisse von Umweltuntersuchungen sowie sonstige Daten und Informationen gemeint sind, deren Beibringung dem Vorhabenträger bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens aufgegeben worden ist. Im letztgenannten Fall hätte der Vorhabenträger nur bestimmte Materialien zu übermitteln, auf deren Grundlage der Umweltbericht dann von der BNetzA zu erstellen wäre. 81 Für ein solches Verständnis des § 8 S. 1 (originäre Verantwortlichkeit der BNetzA für den Umweltbericht, Vorhabenträger als bloßer Zulieferer von Informationen) könnte auf den ersten 120 Zum engen Bezug zwischen Untersuchungsrahmen und Umweltbericht bei der SUP Balla, NuR 2006, 485; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 Rn 12, 23; Erbguth/Sangenstedt, S. 77, 94.
121 In der früheren Fassung des § 8 S. 1 wurden die für die SUP der Trassenkorridore erforderlichen Unterlagen sogar ausdrücklich erwähnt. Die aktuelle Fassung der Vorschrift hebt die SUP-Unterlagen nicht mehr besonders hervor; eine inhaltliche Änderung ist damit aber nicht verbunden; vgl. hierzu die Begründung des RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
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Blick sprechen, dass der Umweltbericht nach der Grundsatzregelung des § 40 Abs. 1 S. 1 UVPG von der „zuständigen Behörde“ zu erarbeiten ist. Der Verweis auf den Wortlaut dieser Vorschrift erweist sich jedoch bei vertiefter Betrachtung als nicht tragfähig. Bei der Konzeption der Regelung über den Umweltbericht hatte der Gesetzgeber offenbar die Regelfälle der SUP im Blick, in denen die zuständige Behörde selbst Planungsträgerin ist.122 Träger der Korridorplanung ist dagegen nicht die für die Bundesfachplanung zuständige Behörde, sondern der für das Vorhaben verantwortliche ÜNB. Die BNetzA nimmt hier grds. keine eigene Planung vor, sondern beschränkt sich auf die nachvollziehende Kontrolle eines vom Vorhabenträger geplanten Korridorverlaufs.123 In der Sache erscheint es daher konsequent, dass der Umweltbericht nicht von der BNetzA, sondern – wie auch sonst bei der SUP – vom zuständigen Planungsträger, also dem jeweils verantwortlichen ÜNB, entworfen wird. Eine Zuordnung dieser Aufgabe zum jeweiligen Planungsträger wird auch der Funktion 82 des Umweltberichts besser gerecht als eine Übertragung auf die BNetzA. Der Umweltbericht ist kein Selbstzweck; zwischen ihm und dem Plan, auf den er sich bezieht, besteht ein Verhältnis wechselseitiger Beeinflussung.124 Ziel des Umweltberichts ist es, Erkenntnisse über mögliche nachteilige Umweltfolgen eines Plans oder Programms in systematisch aufbereiteter Form so frühzeitig in den laufenden Planungsprozess einzubringen, dass sie dort noch effektiv einfließen, d. h. ggf. zu Anpassungen oder inhaltlichen Veränderungen des Plans führen können.125 Andererseits hat die konkrete Planung ihrerseits wiederum Einfluss auf den Zuschnitt des Umweltberichts. Gefragt sind im Umweltbericht nach § 39 Abs. 2 und 3 UVPG keine allgemeinen oder abstrakten Umweltbetrachtungen, sondern spezifische Angaben, die einen engen Planbezug aufweisen und sich auf die jeweils planerheblichen Aspekte konzentrieren sollen.126 Deshalb ist es sinnvoll, dass der Plan und der korrespondierende Umweltbericht parallel und eng aufeinander abgestimmt entwickelt werden.127 Dieser wechselseitige Austausch- und Abstimmungsprozess lässt sich besonders einfach 83 und effektiv durchführen, wenn Planung und Umweltbericht in einer Hand liegen. Eine Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Vorhabenträger (Durchführung der Planung und Beschaffung von Informationen für den Umweltbericht) und der BNetzA (Erarbeitung des Umweltberichts) wäre demgegenüber eine vergleichsweise umständliche Prozedur. Sie wäre mit zusätzlichem Abstimmungsaufwand und Reibungsverlusten verbunden, die die Verfahren in der Praxis eher erschweren und verlängern als erleichtern und beschleunigen dürften. Angesichts der Zeitzwänge, denen die Bundesfachplanung unterliegt, besteht bei einem solchen Vorgehen in besonderem Maße die Gefahr, dass Planung und Umweltbericht getrennt und ohne die notwendige innere Verbindung vorangetrieben werden.128 Aus SUP-rechtlichen und verfahrensöko122 Vgl. UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 18: „Verantwortlich für die Erstellung des Umweltberichts ist der Planungsträger.“
123 Hierzu bereits oben Rn 26, 39. 124 Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 23 (zu § 14g UVPG a. F., aktuell: § 40 UVPG). 125 Zur Bedeutung der „Frühzeitigkeit“ des Umweltberichts näher Landmann/Rohmer/Sangenstedt, 90. Aufl., § 1 UVPG Rn 47, 49 (zu § 1 UVPG a. F.; aktuell kommt die Anforderung der Frühzeitigkeit u. a. in § 34 Abs. 1 UVPG zum Ausdruck; siehe hierzu Hoppe/Beckmann/Kment/Leidinger, § 34 Rn 5). 126 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 76; Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 26, 30 (zu § 14g UVPG a. F., aktuell: § 40 UVPG); näher dazu Rn 85, 87 u. 91. 127 EU-Kommission, Generaldirektion Umwelt, Arbeitshilfe zur Umsetzung der RL 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, Luxemburg 2003, Nr. 5.7; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 10; Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 4. 128 Die Beschleunigung des Ausbaus der länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen ist nach § 1 zentrales Ziel des NABEG. Dieses Ziel erfordert ein straffes Zeitmanagement im Verfahren. So hat die BNetzA nach § 9 Abs. 1 und 3 andere Behörden sowie die Öffentlichkeit spätestens zwei Wochen nach Beibringung der vollständigen Unterlagen durch den Vorhabenträger zu beteiligen. Um unter diesen Randbedingungen selbst noch zeitgerecht einen Umweltbericht fertigstellen zu können, müsste die BNetzA dem Vorhabenträger aufgeben, ihr die Unterlagen für den Umweltbericht wesentlich früher zu übermitteln als die übrigen Unterlagen, 619
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
nomischen Erwägungen sollte daher regelmäßig dem Vorhabenträger selbst der Entwurf des Umweltberichts aufgegeben werden. Diese verfahrensleitende Entscheidung hat die BNetzA nach Abs. 4 bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens zu treffen.129 Allerdings sollte ein vom Vorhabenträger abgefasster Umweltbericht nicht ohne vorherige Prüfung und Autorisierung durch die BNetzA in der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung Verwendung finden.130 84 Neben der Klärung der Zuständigkeit für die Erarbeitung des Umweltberichtsentwurfs hat die BNetzA auch die inhaltlichen und sonstigen Anforderungen an den Umweltbericht näher zu bestimmen. Umfang und Detailtiefe der Angaben für den Umweltbericht (Abs. 1 S. 3) sind jeweils planbezogen festzulegen. Hierfür hat der Gesetzgeber wichtige Orientierungspunkte in § 39 Abs. 2 und 3 UVPG fixiert. 85 Ein ganz wesentlicher Faktor ist, ob der Plan Bestandteil eines mehrstufigen Planungsund Zulassungsprozesses ist. Für solche Pläne gilt nach § 39 Abs. 3 UVPG der Grundsatz, dass die Ausgestaltung des Umweltberichts ebenengerecht zu erfolgen hat. Nach diesem Grundsatz ist im Rahmen des Scopings zu entscheiden, auf welcher Verfahrensstufe zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen und zur Optimierung des Prüfverfahrens welche Umweltaspekte schwerpunktmäßig geprüft werden sollen. Die ebenenspezifische Abschichtung ermöglicht eine Schwerpunktsetzung und Konzentration auf die jeweils planerheblichen Aspekte.131 Zu berücksichtigen sind dabei zum einen die einschlägigen planungsrechtlichen Vorschriften (§ 39 Abs. 2 S. 1 UVPG), zum anderen Inhalt, Entscheidungsgegenstand und Detaillierungsgrad des zu prüfenden Plans, seine Stellung im Entscheidungsprozess, Art und Umfang der Umweltauswirkungen sowie fachliche Gesichtspunkte (§ 39 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 UVPG). 86 In der Bundesfachplanung ist die ebenengerechte Ausgestaltung des Umweltberichts ein zentrales Thema bei der Bestimmung des Teiluntersuchungsrahmens der SUP und in der Antragskonferenz. Die Bundesfachplanung bewegt sich auf der mittleren Ebene einer dreistufigen Planungshierarchie. Ihr vorgelagert ist die Bundesbedarfsplanung, die an die Netzentwicklungsplanung der ÜNB anknüpft (§ 12e Abs. 1 EnWG).132 Der Bundesbedarfsplan stellt für die in ihm enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf fest (§ 12e Abs. 4 EnWG). Die Verbindung zur nachfolgenden Planungsebene der Bundesfachplanung wird dadurch vermittelt, dass im Bundesbedarfsplan die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen gekennzeichnet werden (§ 12e Abs. 2 EnWG), für die anschließend nach § 4 durch die Bundesfachplanung Trassenkorridore bestimmt werden (Grobtrassierung133). Der Korridorfindung nachgelagert ist die Ebene der Planfeststellung, bei der es um die abschließende Zulassung der im Bundesbedarfsplan gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen geht. Dabei wird im Einzelnen festgelegt, wo genau innerhalb des zuvor bestimmten 500 bis 1.000 m breiten Trassenkorridors die Leitungstrasse134 verlaufen soll (Feintrassierung). Auf allen Stufen dieses Drei-Stufen-Systems sind Umweltprüfungen (SUP oder UVP) durchzuführen.
die zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch in Arbeit und noch nicht übergabereif sein werden. Bereits dieser Umstand zeigt, dass es bei dieser Konstellation organisatorisch und verfahrenstechnisch schwierig sein dürfte, den inneren Zusammenhang zwischen Planung und Umweltbericht zu wahren. 129 Vgl. BNetzA, Festlegung des Untersuchungsrahmens gem. § 7 Abs. 4 NABEG für das Vorhaben Nr. 11 BBPlG (Bertikow-Pasewalk) v. 14.11.2014 – 6.07.00.02/11-2-1/10.0, S. 7 ff sowie BNetzA, Festlegung für die Unterlagen nach § 8 NABEG im Bundesfachplanungsverfahren für das Vorhaben Nr. 14 BBPlG (Röhrsdorf-Weida-Remptendorf), Abschnitt 1 (Weida-Remptendorf) v. 19.12.2016 – 6.07.00.02/14-2-1/10.0, S. 12 ff. 130 Näher dazu unten Rn 101. 131 Lell/Sangenstedt, UVP-report 2001, 123, 125 f; Hendler/Marburger/Reinhardt/Sangenstedt, S. 37, 47 f; Erbguth/ Sangenstedt, S. 77, 94; Schink, in: Dokumentation zur 28. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Leipzig 2004, 2005, S. 93, 139; Schink, NuR 2005, 143, 144. 132 Dazu näher § 12e EnWG Rn 8. 133 Durner, NuR 2012, 369, 371. 134 Dazu näher § 3 Rn 26 ff. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
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Dafür bedarf es einer ebenenspezifischen Abschichtung der Prüfmaterie. Es müssen Prüfschwerpunkte gebildet werden, die den verschiedenen Planungsstufen zuzuordnen sind. Für die Bundesfachplanung müssen mit Hilfe der o. g. Kriterien (planungsrechtliche Vorgaben, Inhalt, Entscheidungsgegenstand und Detaillierungsgrad des Plans sowie Stellung innerhalb des mehrstufigen Planungsprozesses) die Prüfaspekte bestimmt werden, die für diesen Planungstyp bedeutsam sind und auf dieser Planungsebene am sinnvollsten behandelt werden können. Ziel der Abschichtung ist es, einerseits unnötige Überschneidungen und Mehrfachprüfungen mit dem Umweltprüfprogramm anderer Planungsstufen zu vermeiden (vgl. § 39 Abs. 3 S. 3 UVPG) und andererseits sicherzustellen, dass wesentliche Prüfgesichtspunkte bei der Aufteilung nicht „verloren gehen“. Diese Beurteilung muss jeweils im Einzelfall getroffen und in der Antragskonferenz mit den Beteiligten erörtert werden. Ein „Patentrezept“ oder eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den Umweltprüfprogrammen der verschiedenen Ebenen gibt es nicht. Die einschlägigen Regelungen des § 39 UVPG sind vielmehr so gestrickt, dass sie der BNetzA Spielräume und Flexibilität bei der Abschichtung ermöglichen. Jedoch lassen sich dazu einige allgemeine Hinweise geben und Leitlinien aufzeigen, wie die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Umweltprüfungen im dreistufigen Planungssystem des Stromnetzausbaus sachgerecht und verfahrensökonomisch vernünftig durchgeführt werden kann. Zwischen der Bundesbedarfsplanung und der Bundesfachplanung wird regelmäßig ein eher geringes Überschneidungs- und Abschichtungspotenzial bestehen. Der Grund liegt darin, dass der Bundesbedarfsplan nur in sehr eingeschränktem Maße raumbezogene Aussagen enthält. Trassenkorridore werden in ihn nicht – auch nicht in Form von Grobkorridoren – aufgenommen. Räumlich fixiert sind lediglich die Anfangs- und Endpunkte der Ausbauvorhaben135 sowie mögliche dazwischen liegende Stützpunkte. Wegen des offenen Raumbezugs und der mangelnden Konkretisierung muss sich der Umweltbericht zum Bundesbedarfsplan auf noch relativ unbestimmte Umweltaussagen beschränken. In Betracht kommen vor allem Ausführungen allgemeiner Art zu umweltseitigen Empfindlichkeiten und großflächig relevanten Raumwiderständen, auf die die Ausbauvorhaben treffen können. Insoweit kann eine hier durchgeführte SUP allerdings bereits Anhaltspunkte für mögliche Prüferfordernisse liefern, die auf dieser hochstufigen Planungsebene noch nicht abgearbeitet werden können, denen aber – im Wege einer „Abschichtung nach unten“ – in nachfolgenden Verfahren nachgegangen werden muss. Solche Hinweise kann die Umweltprüfung im Bundesfachplanungsverfahren später aufgreifen und bei ihren Untersuchungen dann ggf. auch an Raumwiderstandsanalysen anknüpfen, die schon im Bedarfsplanverfahren eingeholt worden sind. Größere Entlastungseffekte dürften damit für die SUP auf fachplanerischer Ebene jedoch kaum verbunden sein. Die eigentliche Domäne der Abschichtung liegt bei der Bundesfachplanung in der Abgrenzung von der Planfeststellung. Beide Verfahrenstypen haben vielfältige Berührungspunkte, weil sie – anders als die Bedarfsplanung – einen konkreten Raumbezug aufweisen. Allerdings ist der Untersuchungsraum bei der Bundesfachplanung, die auf die Ausweisung eines Flächenkorridors136 ausgerichtet ist, breiter gefasst als in der Planfeststellung, die darauf abzielt, innerhalb des zuvor markierten Korridors eine bestimmte Trassenlinie parzellenscharf festzulegen. Mit der unterschiedlichen Weite des Blickwinkels ist zugleich eine unterschiedliche Untersuchungstiefe verbunden. Während die Entscheidung im Planfeststellungsverfahren (Feintrassierung der Stromleitung) nur auf der Grundlage exakter Aussagen über die Lage, die konkrete technische Ausgestaltung und sonstige Einzelheiten des Vorhabens getroffen werden kann, soll die Entscheidung über die Grobtrassierung (Korridor der Stromleitung) bereits in einem vorgelagerten Planungsstadium erfolgen, in dem eine Detailplanung, wie sie die Planfeststellung verlangt, noch nicht gefordert ist.
135 § 12e EnWG Rn 28. 136 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249 S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 23. 621
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Die differenzierten planungsrechtlichen Prüfanforderungen im Drei-Stufen-System der Netzausbauplanung müssen konsequenterweise auch bei der Umweltprüfung ihren Niederschlag finden. So wird es im Allgemeinen nicht sinnvoll sein, in der SUP zur Bundesfachplanung detailtiefe Umweltbetrachtungen zu Sachverhalten anzustellen, die planungsrechtlich erst auf der Ebene der Planfeststellung zu behandeln sind. Beispiele hierfür sind kleinräumige Umweltauswirkungen, die in der Bau- oder Betriebsphase im unmittelbaren Umfeld der Leitungstrasse, etwa an einzelnen Maststandorten oder Zuwegungen, auftreten können (z. B. Lärm, Schädigungen von Kleinbiotopen, elektromagnetische Strahlung). Da der genaue Trassenverlauf in diesem Planungs- und Verfahrensstadium noch gar nicht feststeht, müsste zu solchen Umweltauswirkungen in der SUP auf Fachplanungsebene u. U. der gesamte Korridor (als potenzieller Aufnahmeraum der Leitung) einer entsprechenden Detailprüfung unterzogen werden. Der damit verbundene Untersuchungsaufwand wäre beträchtlich. Er wird verfahrensökonomisch in der Regel nicht zu rechtfertigen sein, weil solche kleinräumigen Umweltuntersuchungen in der UVP des anschließenden Planfeststellungsverfahrens meist einfacher, zielgenauer und effektiver durchgeführt werden können. Denn auf dieser Verfahrensstufe kann die Umweltprüfung an eine zwischenzeitlich vorliegende Detailplanung anknüpfen, die es ermöglicht, den Untersuchungsraum auf die Umgebung der tatsächlich vorgesehenen Trasse zu beschränken – wodurch der Aufwand erheblich niedriger gehalten werden kann. 92 Für die SUP in der Bundesfachplanung bieten sich vor allem zwei Schwerpunktfelder an: Zum einen geht es um die Ermittlung und Bewertung solcher Umweltauswirkungen, deren Auftreten in jedem Falle mit Konflikten verbunden ist, unabhängig davon, wo innerhalb des betrachteten Korridors die künftige Trasse konkret verlaufen wird. Ein Beispiel für diese Fallgruppe sind Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Masten einer Freileitung, für die es unerheblich ist, ob die Standorte der Leitungsmasten eher im Zentrum oder eher am Rande des Korridors platziert werden. Zum anderen eröffnet die SUP die Möglichkeit, im Rahmen einer perspektivischen Prüfung bereits auf der Fachplanungsebene Aussagen dazu zu treffen, welche Teilräume innerhalb des Korridors unter Umweltgesichtspunkten voraussichtlich konfliktträchtig sein werden und auf welchen Gebieten demgegenüber keine oder nur geringe – überwindbare – Umweltwiderstände zu erwarten sind. Durch solche umweltbezogenen Sensitivitätsanalysen können wichtige Erkenntnisse für den weiteren Planungsprozess gewonnen werden. Die Feintrassierung wird sich dann im Zweifel auf Korridorbereiche konzentrieren, in denen das Umweltkonfliktpotenzial nach den Ergebnissen der SUP niedrig und überwindbar erscheint. Im Planfeststellungsverfahren ist diesen Umweltaspekten im Rahmen der dort durchzuführenden detailschärferen UVP vertieft nachzugehen, wobei die Ergebnisse der vorangegangenen SUP einzubeziehen sind (vgl. § 39 Abs. 3 S. 3 UVPG). 93 Neben den Fragen der ebenenspezifischen Abschichtung des Prüfprogramms ist bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens der SUP und in der Antragskonferenz auch auf sonstige Anforderungen einzugehen, die bei der Erarbeitung des Umweltberichts in der Bundesfachplanung zu beachten sind. Diskussions- und Klärungsbedarf kann es hier zunächst darüber geben, welcher Prüfaufwand betrieben werden muss und welche Prüfungsmethoden dabei jeweils heranzuziehen sind. 94 Für den Bereich der UVP hat das BVerwG die Anforderungen an den Ermittlungsaufwand und die Untersuchungstiefe in prägnante Worte gekleidet, die für die SUP gleichermaßen Gültigkeit beanspruchen können. Danach ist die Umweltprüfung „kein ‚Suchverfahren’, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären oder gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten.“137 91
137 Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 19/94 –; ähnlich BVerwG, Urt. v. 25.1.1996 – 4 C 5/95 – Rn 26 f; zustimmend Landmann/ Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 30 (zu § 14g UVPG a. F., aktuell: § 40 UVPG): SUP ist kein Anwendungsfeld für Grundlagenforschung; vgl. auch die eingehende Darstellung bei Peters/Balla/Hesselbarth, § 39 Rn 7 ff. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
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§ 39 Abs. 2 S. 2 UVPG enthält eine Reihe von Aussagen und Hinweisen, die in dieselbe Richtung gehen. Danach sind in den Umweltbericht die Angaben aufzunehmen, die mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden können, d. h., der Untersuchungsaufwand für den Bericht muss im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sein.138 Unzumutbar wäre beispielsweise die Forderung an den Vorhabenträger, zur Ermittlung möglicher Beeinträchtigungen von Tierlebensräumen im Bereich eines 100 km langen Trassenkorridors eine originäre flächendeckende Datenerhebung für einzelne Tiergruppen durchzuführen.139 Zur Gewinnung entsprechender Erkenntnisse wird in der Regel eine Abfrage bei den zuständigen Naturschutzbehörden genügen, auch wenn auf diesem Wege insgesamt weniger oder weniger detaillierte Informationen anfallen. Unterbleiben weiterführende Untersuchungen, weil sie für den Vorhabenträger wegen des damit verbundenen Aufwands unzumutbar sind, sind die daraus resultierenden Kenntnislücken hinzunehmen; jedoch muss nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 UVPG im Umweltbericht ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hingewiesen werden. Weitere Kriterien, die dem Prüfaufwand Grenzen setzen, sind nach § 39 Abs. 2 S. 2 UVPG die Ausrichtung am gegenwärtigen Wissensstand und die Beschränkung auf allgemein anerkannte Prüfungsmethoden.140 Damit hat der Gesetzgeber u. a. die Möglichkeit eröffnet, auf geeignete Methodenstandards zurückzugreifen, die sich aus Rechtsvorschriften (z. B. 26. BImSchV), Verwaltungsvorschriften (z. B. TA Lärm), technischen Regelwerken (z. B. VDI-Richtlinien) oder Fachveröffentlichungen (z. B. Leitfäden kompetenter Fachgremien) ergeben.141 Als „Faustformel“ kann im Übrigen festgehalten werden, dass die Untersuchungs- und Darstellungstiefe im Umweltbericht umso größer ist, je nachteiliger Umweltauswirkungen sein können.142 Von Bedeutung ist ferner, welches Interesse die Öffentlichkeit bestimmten Umweltfolgen des Vorhabens entgegenbringt. Bei der Festlegung des Ermittlungsaufwands sind nach § 39 Abs. 2 S. 2 UVPG auch der Behörde bekannte Äußerungen der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 2 Buchstabe c des sog. SEA-Protokolls (UNECE-Protokoll vom 21.5.2003 über die SUP zum Übereinkommen über die UVP im grenzüberschreitenden Rahmen).143 Danach hat der Umweltbericht neben anderen Gesichtspunkten die „Interessen der Öffentlichkeit“ zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund kann es gerechtfertigt sein, Umweltgesichtspunkte, die in besonderem Maße im Fokus der Öffentlichkeit stehen (etwa die Frage möglicher gesundheitlicher Effekte, die durch elektro-magnetische Strahlung im Bereich des vorgesehenen Trassenkorridors auftreten können) im Umweltbericht breiter abzuhandeln als andere, die Öffentlichkeit weniger interessierende Aspekte. Von hoher praktischer Bedeutung ist schließlich die Frage, ob bei Behörden oder anderen in die Bundesfachplanung einbezogenen Stellen Unterlagen oder Erkenntnisse vorhanden sind, die bei der Erarbeitung des Umweltberichts Verwendung finden können. In Scoping-Terminen zum Untersuchungsrahmen der SUP nimmt die Bestimmung der Informationsquellen, auf die der Umweltbericht gestützt werden kann, regelmäßig breiten Raum ein. Dies ist in der Bundesfachplanung ebenso der Fall. Zwar ist in diesen Verfahren grds. der Vorhabenträger für den Entwurf des Berichts zuständig,144 jedoch hat dies nicht zwangsläufig zur Folge, dass ausschließlich er selbst sich um die Beschaffung des dafür notwendigen Datenmaterials 138 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 22. 139 Beispiel in Anlehnung an UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 15. Dort finden sich noch weitere Beispiele. 140 Näher hierzu Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 24 ff. 141 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 14 f. 142 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 12. 143 Vgl. Begr. RegE des Gesetzes zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der RL 2001/42/EG (SUPG), BR-Drucks. 588/04 v. 13.8.2004, S. 76; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 Rn 26. Der Text des SEA-Protokolls ist abgedruckt in BGBl. II 2006 S. 497. 144 Siehe oben Rn 80 ff. 623
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
kümmern muss. § 39 Abs. 4 S. 4 UVPG sieht hier vielmehr ausdrücklich eine Mitwirkung der beteiligten Behörden vor. Verfügen die Behörden über Angaben, die für den Umweltbericht zweckdienlich sind, so sind sie verpflichtet, diese zu übermitteln.145 Für andere Verfahrensbeteiligte (z. B. Kommunen oder anerkannte Umweltvereinigungen) hat der Gesetzgeber keine entsprechende Mitwirkungspflicht fixiert; daher wird in solchen Fällen meist nur eine Herausgabe auf freiwilliger Grundlage in Betracht kommen.146 Ob und unter welchen Voraussetzungen die betreffenden Akteure dazu bereit sind, muss in der Antragskonferenz abgeklärt werden. 99 Aus dem Umstand, dass auf Erkenntnisse und Datenbestände anderer Stellen zurückgegriffen werden kann, folgt zugleich, dass für den Umweltbericht nicht jeweils völlig neue Unterlagen erstellt werden müssen. Die einschlägigen Vorschriften des UVPG sehen beim Umweltbericht aus verfahrensökonomischen Gründen vielmehr eine Mehrfachnutzung von Informationen vor. Nach § 40 Abs. 4 UVPG können Angaben, die der zuständigen Behörde aus anderen Verfahren oder Tätigkeiten bekannt sind, in den Umweltbericht aufgenommen werden, wenn sie für den vorgesehenen Zweck geeignet und hinreichend aktuell sind. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Informationen, die mitwirkungspflichtige Behörden nach § 39 Abs. 4 S. 4 UVPG zur Verfügung stellen oder nicht mitwirkungspflichtige sonstige Beteiligte auf freiwilliger Basis beisteuern. Gleiches gilt für Daten, die beim Vorhabenträger selbst aus parallelen oder früheren Verfahren vorhanden sind. Entscheidend für eine „Zweitverwertung“ im Umweltbericht ist allein die sachliche Eignung und Aktualität der Angaben. Damit ergibt sich für die Mehrfachnutzung ein breites Anwendungsfeld. Eine besonders ergiebige Erkenntnisquelle, von der auch Umweltberichte in der Bundesfachplanung profitieren können, sind die Inhalte von Landschaftsplanungen.147 Angeknüpft werden kann ggf. aber auch an Umweltuntersuchungen, die bereits zuvor auf der Ebene der Bundesbedarfsplanung148 oder in landesbehördlichen Raum- oder Fachplanungsverfahren des gleichen Bezugsraums durchgeführt worden sind. Erneute oder ergänzende Prüfungen sind dagegen erforderlich, soweit für die Bundesfachplanung vertiefende Betrachtungen oder eine andere Maßstäblichkeit notwendig sind oder wenn das vorgefundene Material überholt ist.149 Gewisse Verfahrensvereinfachungen können sich schließlich daraus ergeben, dass die SUP 100 nach § 46 UVPG mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden kann. Entsprechende Koppelungen bieten sich in der Bundesfachplanung vor allem im Verhältnis zur Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung150 und zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung151 an. Da diese Prüfverfahren – trotz einiger Gemeinsamkeiten – unterschiedlich strukturiert sind, stößt eine vollständige Zusammenführung allerdings an rechtliche und praktische Grenzen; es geht vielmehr eher um eine pragmatische Verbindung einzelner Verfahrensschritte.152 In Betracht kommt beispielsweise die gemeinsame Nutzung des Umweltberichts. Zwischen den Angaben, die nach § 40 Abs. 2 UVPG in den Umweltbericht zur SUP aufzunehmen sind, und den Informationen, die für die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung benötigt werden, bestehen vielfältige Bezüge und Überschneidungen. Deshalb kann es sich empfehlen, in einen gesonderten Abschnitt des Umweltberichts die Angaben aufzunehmen, die zugleich für die 145 § 39 Abs. 4 S. 4 UVPG sieht eine Übermittlung an die zuständige Behörde vor. Im Verfahren der Bundesfachplanung wäre dies die BNetzA, die die Informationen dann ihrerseits an den für den Entwurf des Umweltberichts zuständigen Vorhabenträger weiterzuleiten hätte. Zur Vereinfachung dieser Prozedur könnte die BNetzA darauf hinwirken, dass die herausgabepflichtige Behörde die Daten dem Vorhabenträger „auf kurzem Wege“ unmittelbar zur Verfügung stellt. 146 Anders ggf. bei Geodaten, die bei Privaten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind, nach § 31 Abs. 4; dazu näher unten Rn 124. 147 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 15. 148 Dazu bereits oben Rn 89; Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332, 335. 149 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 17. 150 Hierzu sogleich näher Rn 102 ff. 151 Näher dazu Rn 108 ff. 152 Hendler/Marburger/Reinhardt/Sangenstedt, S. 37, 48 f; UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 17. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
NABEG § 7
Natura 2000-Prüfung herangezogen werden sollen.153 Die Nutzung solcher Verknüpfungsmöglichkeiten ist in der Antragskonferenz jeweils mit den zuständigen Fachbehörden zu erörtern und abzustimmen. Der Vorhabenträger hat den Umweltbericht unter Beachtung der Festlegungen, die die 101 BNetzA nach den vorstehenden Grundsätzen zum Untersuchungsrahmen trifft (Abs. 4), zu entwerfen und ihn nach § 8 S. 1 als zentrale Unterlage für die SUP vorzulegen. In der Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung sollten grds. nur Umweltberichte Verwendung finden, die zuvor von der BNetzA auf Vollständigkeit, inhaltliche Plausibilität und Einhaltung der beim Scoping festgelegten Anforderungen überprüft worden sind. In besonderem Maße gilt dies für den bewertenden Teil des Umweltberichts (§ 40 Abs. 3 UVPG). Die Bewertung der Umweltauswirkungen ist das wichtigste Element der Umweltprüfung. Ist der Umweltbericht das Herzstück der SUP,154 so ist die Umweltbewertung das Herzstück des Umweltberichts. In diesem Verfahrensabschnitt ist anhand spezifisch umweltrechtlicher Maßstäbe zu beurteilen, ob die im darstellenden Teil des Umweltberichts (§ 40 Abs. 2 UVPG) beschriebenen Umweltauswirkungen des geprüften Trassenkorridors im Lichte des Ziels der Umweltprüfung, eine wirksame Umweltvorsorge zu gewährleisten (§§ 3 und 40 Abs. 3 UVPG), erheblich sind. Ausschlaggebend für die Erheblichkeit ist, ob die Umweltauswirkungen nach den umweltbezogenen Schutz- und Vorsorgeanforderungen des einschlägigen Fachplanungsrechts hinzunehmen sind.155 Die abschließende Umweltbewertung, die auch die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung einzubeziehen hat, ist nach § 43 Abs. 2 UVPG in der Entscheidung über die Bundesfachplanung (§ 12) zu berücksichtigen, d. h. sie geht in die dort vorzunehmende Abwägung mit anderen Belangen ein.156 Wegen seiner zentralen Bedeutung stellt die Umweltbewertung bei allen Spielarten der Umweltprüfung (UVP und SUP) eine originäre Aufgabe der zuständigen Behörde dar (vgl. 40 Abs. 3 UVPG). Deshalb sollte auch in der Bundesfachplanung nur mit Umweltberichten gearbeitet werden, deren bewertender Teil durch die BNetzA autorisiert ist.157
c) Der Untersuchungsrahmen der Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung. Neben der all- 102 gemeinen Umweltverträglichkeit der Korridorplanung, die im Rahmen der SUP zu untersuchen ist, gehören auch mögliche Schädigungen von Natura 2000-Gebieten zu den Prüfgegenständen, denen in der Bundesfachplanung nachzugehen ist und die damit ein wesentliches Thema der Antragskonferenz und des Untersuchungsrahmens nach § 7 bilden.158 Die Ausweisung von Trassenkorridoren, durch deren Nutzung die Erhaltungsziele und Schutzzwecke eines FFH- oder EUVogelschutzgebiets erheblich beeinträchtigt werden können, ist nach § 36 S. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 BNatSchG grds. unzulässig. In der Bundesfachplanung stellt der Schutz von Natura 2000-Gebieten einen überwiegenden öffentlichen Umweltbelang im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 dar, der der Verwirklichung des Vorhabens entgegensteht. Der Schutzstatus, den der europäische Richtliniengeber diesen Gebieten zuerkannt hat, kann auch in der Abwägung mit ande153 UBA/BMU, Leitfaden zur SUP (Langfassung), März 2010, S. 30 f Dies würde auch dem Vorgehen bei der UVP entsprechen. Nach § 16 Abs. 1 S. 2 und Anlage 4 Nummer 9 UVPG hat der UVP-Bericht in einem gesonderten Abschnitt Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele eines betroffenen Natura 2000Schutzgebiets zu enthalten. 154 Siehe oben Rn 78. 155 Näher hierzu Landmann/Rohmer/Sangenstedt, 90. Aufl., § 1 UVPG Rn 43 (zu § 1 UVPG a. F.; aktuell § 3 S. 2 UVPG); Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14g UVPG Rn 44 (zu § 14 g UVPG a. F.; aktuell § 40 UVPG); Peters/ Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 28 ff. 156 Landmann/Rohmer/Sangenstedt, 90. Aufl., § 1 UVPG Rn 55 ff zu § 1 UVPG a. F.; Landmann/Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 14k UVPG Rn 21 (zu § 14k UVPG a. F., aktuell: § 43 UVPG); Peters/Balla/Hesselbarth, § 43 Rn 5 f. 157 Zur Notwendigkeit einer behördlichen Überprüfung von Umweltbewertungen, die vom Vorhabenträger selbst erarbeitet worden sind, Landmann/Rohmer/Sangenstedt, 90. Aufl., § 1 UVPG, Rn 44 (zu § 1 UVPG a.F); Landmann/ Rohmer/Wulfhorst, 90. Aufl., § 12 UVPG Rn 48 m. w. N. (zu § 12 UVPG a. F.; aktuell § 25 UVPG). 158 Siehe bereits oben Rn 77. 625
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§ 7 NABEG
III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
ren gewichtigen Belangen – etwa dem überragenden öffentlichen Interesse am Ausbau der länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen (§ 1 S. 3) – regelmäßig nicht überwunden werden. Etwas anderes gilt nur, wenn im Einzelfall einer der eng begrenzten Ausnahmetatbestände nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG in Anspruch genommen wird. 103 Nach § 36 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG sind Pläne, die bei späteren behördlichen Entscheidungen zu beachten oder zu berücksichtigen sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu unterziehen, wenn das Vorhaben, das Gegenstand der Planung ist, als solches oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das fragliche Schutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Die erste Voraussetzung ist bei der Bundesfachplanung unzweifelhaft gegeben. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ist die Entscheidung der BNetzA über den Verlauf eines bestimmten Trassenkorridors (§ 12) für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren verbindlich und stellt damit eine „zu beachtende Planung“ im Sinne des § 36 S. 1 Nr. 2 BNatSchG dar. 104 Zur Beantwortung der zweiten Frage (mögliche Eignung des Trassenkorridors zur Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets) ist eine FFH-Vorprüfung durchzuführen. Dabei ist auf der Grundlage verfügbarer Daten und Erkenntnisse abzuschätzen, ob Beeinträchtigungen von FFH- oder EU-Vogelschutzgebieten, die sich innerhalb oder im Umfeld des fraglichen Trassenkorridors befinden, ernsthaft zu besorgen sind. Wesentliche Faktoren für diese überschlägige Beurteilung sind, welche Wirkungen des geplanten Korridorverlaufs für das potenziell betroffene Natura 2000-Gebiet relevant und welche Lebensraumtypen, Arten und Habitate berührt sein können. Zu betrachten sind dabei nicht nur die unmittelbaren Effekte, die von der Errichtung und dem Betrieb der Stromleitung selbst ausgehen, sondern auch das Zusammenwirken mit anderen Vorhaben im Bereich des Korridors. Ergibt die Vorprüfung, dass eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder Schutzzwecke, die mit der Einrichtung des Natura 2000-Gebiets verfolgt werden – auch unter Ausnutzung planerischer und technischer Minimierungsmöglichkeiten – nicht offensichtlich ausgeschlossen werden kann,159 bedarf es einer FFH-Verträglichkeitsprüfung. 105 Bei der Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung stellen sich ähnliche Abschichtungsprobleme wie bei anderen Prüfmaterien der Bundesfachplanung. Da diese Prüfung sowohl auf bundesfachplanerischer Ebene (§ 36 S. 1 Nr. 2 BNatSchG) als auch im anschließenden Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist (§ 34 Abs. 1 BNatSchG), bedarf es einer sinnvollen Aufteilung auf die beiden Verfahrensstufen. Hierfür kann an die Grundsätze angeknüpft werden, nach denen bei der Umweltprüfung abzuschichten ist.160 Ziel der Verträglichkeitsprüfung in der Bundesfachplanung ist die begründete Erwartung, dass der fragliche Korridor bei der späteren Feinplanung der Stromleitung eine Trassenführung ermöglichen wird, die nicht mit den Erhaltungszielen und Schutzzwecken potenziell betroffener Natura 2000-Gebiete kollidiert. Dazu wird es im Allgemeinen nicht notwendig sein, den gesamten Korridorraum bereits einer FFH-rechtlichen Detailprüfung zu unterziehen. Entscheidend ist, ob innerhalb des Korridors – mit einer dem Planungsstand und Konkretisierungsgrad der Bundesfachplanung entsprechenden Prüftiefe161 – Teilräume bestimmt werden können, in denen die Stromleitung voraussichtlich ohne Gebietsbeeinträchtigung realisiert werden kann. Bestehen hieran Zweifel, ist eine Einschätzung vorzunehmen, ob nach Lage der Dinge Ausnahmemöglichkeiten nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG in Anspruch genommen werden können. Wenn auch dieser Weg erkennbar nicht beschritten werden kann, besteht für den Trassenkorridor keine sichere Perspektive – er 159 Zu diesem Maßstab BVerwG, Beschl. v. 26.11.2007 – 4 BN 46.07 –; Landmann/Rohmer/Gellermann, § 34 BNatSchG Rn 9 f m. w. N.
160 Siehe oben Rn 85 ff. 161 Zur geringeren Untersuchungstiefe von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für Pläne im Vergleich zur Projektebene Lütkes/Ewer/Ewer, § 36 Rn 11; Schumacher/Fischer-Hüftle/Schumacher, § 36 Rn 5; ebenso für das Verhältnis zwischen Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren Hennig/Lühmann, UPR 2012, 81, 82. Sangenstedt/Salm
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4. Umweltbelange
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wird damit als Planungsoption regelmäßig ausscheiden. Dagegen braucht auf dieser Planungsebene nicht schon abschließend geklärt zu werden, wo genau innerhalb der in Betracht kommenden Trassenräume die Stromleitung verlaufen soll. Die abschließende „parzellenscharfe“ Feintrassierung ist vielmehr eine Frage des nachfolgenden Planfeststellungsverfahrens. Für die Erwartung, dass innerhalb des fraglichen Korridors eine mit dem Schutzanspruch 106 von Natura 2000-Gebieten kompatible Trassenfindung möglich sein wird, ist ein möglichst hoher Grad an Gewissheit anzustreben. Nur wenn die in der Bundesfachplanung vorgenommene Einschätzung „planfeststellungsfest“ ist, kann vermieden werden, dass bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung, die anschließend im Planfeststellungsverfahren für die konkrete Leitungstrasse durchgeführt wird, unvorhergesehene Konflikte mit Natura 2000-Gebieten zutage treten, die eine Nutzung des Trassenkorridors ausschließen. Da die Entscheidung über den Verlauf des Trassenkorridors, die die BNetzA im Verfahren der Bundesfachplanung nach § 12 trifft, nach § 15 Abs. 1 S. 1 für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren verbindlich ist, kann sie dort nicht mehr korrigiert werden. Abhilfe kann dann nur noch ein nachträgliches Änderungsverfahren zur Bundesfachplanung schaffen,162 das jedoch mit erheblichem zusätzlichem Planungs- und Verfahrensaufwand verbunden sein und den Ausbauprozess beträchtlich verlängern kann. Im Zweifel sollte die FFH-Verträglichkeitsprüfung deshalb bereits in der Bundesfachplanung mit einem Detaillierungsgrad durchgeführt werden, der der Entscheidung Rechts- und Planungssicherheit verleiht. Der konkrete Ablauf der Prüfungen zur Verträglichkeit der Trassenkorridore mit Natura 107 2000-Gebieten und die Anforderungen an die dafür vorzulegenden Antragsunterlagen dürften in den Verfahren etliche Fragen aufwerfen, die in der Antragskonferenz zu behandeln sind. Die BNetzA hat hierzu bei Bedarf Festlegungen nach Abs. 4 zu treffen. Von großer praktischer Bedeutung ist insbesondere, welche Daten, Informationen und fachlichen Erkenntnisse die Umwelt- und Naturschutzbehörden zur Vorbereitung einer notwendigen FFH-Vorprüfung und einer anschließenden FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung stellen können. Soweit die vorhandenen Datengrundlagen lückenhaft sind, muss zusammen mit den zuständigen Behörden ferner geklärt und abgestimmt werden, welche zusätzlichen Untersuchungen und flankierenden Arbeiten (z. B. Erstellung von Karten, Tabellen oder Übersichten) vom Vorhabenträger vorzunehmen sind.
d) Der Untersuchungsrahmen der besonderen artenschutzrechtlichen Prüfung. Die Er- 108 richtung und der Betrieb von Stromleitungen kann zu Konflikten mit störungsempfindlichen oder anfluggefährdeten Arten führen, für die nach §§ 44 ff BNatSchG besondere Schutzanforderungen gelten. Verstößt das Vorhaben gegen eines der in § 44 Abs. 1 BNatSchG genannten artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote, insbesondere gegen das in Nr. 2 dieser Vorschrift enthaltene Störungsverbot, ist es grds. unzulässig. Dementsprechend muss bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung sichergestellt werden, dass nur solche Korridore geplant und zugelassen werden, innerhalb derer eine artenschutzverträgliche Trasse festgelegt werden kann. Die Einhaltung der besonderen artenschutzrechtlichen Anforderungen bildet in der Bundesfachplanung nach § 5 Abs. 1 S. 2 einen überwiegenden – abwägungsfesten – öffentlichen Belang, der konkurrierenden Belangen regelmäßig vorgeht. Verfahrensmäßig bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der Natura 2000-Verträglich- 109 keitsprüfung und der besonderen artenschutzrechtlichen Prüfung. Bei der artenschutzrechtlichen Prüfung handelt es sich um kein formalisiertes Prüfverfahren. Die Behörde muss hier grundsätzlich keine erschöpfenden Ermittlungen (z. B. durch Erstellung eines lückenlosen Arteninventars) durchführen und sich keine absolute Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten können. Gefordert ist vielmehr eine am Maßstab der praktischen Vernunft ausgerichtete Betroffenheitsprüfung. Aufzuklären sind dafür sämtliche Tatsachen und 162 Näher dazu § 5 Rn 139 ff, § 15 Rn 26. 627
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
Umstände, derer es bedarf, um die Einschlägigkeit des Zugriffsverbots und die dafür vorausgesetzte Intensität und Tragweite der Beeinträchtigung sachgerecht beurteilen zu können.163 110 Die Prüfung erfolgt in zwei Schritten: Erforderlich ist zunächst eine Bestandsaufnahme der im Bereich des Korridors vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich des Verbots fallen, und ihrer Lebensräume. Diese Bestandsaufnahme speist sich regelmäßig aus zwei Quellen – einer Auswertung vorhandener Daten, Unterlagen und Erkenntnisse sowie einer Bestandserfassung vor Ort.164 An die Bestandsaufnahme schließt sich im zweiten Schritt die Beurteilung an, ob und inwieweit eine naturschutzrechtlich relevante Betroffenheit vorliegt.165 Maßgebend hierfür sind die Anforderungen des einschlägigen Verbotstatbestands. So ist ein Verstoß gegen das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nur im Falle einer erheblichen Störung gegeben, durch die sich der Erhaltungszustand der lokalen Population der betroffenen Art verschlechtert. Einer solchen drohenden Verschlechterung kann der Vorhabenträger jedoch dadurch entgegenwirken, dass er in seiner Planung geeignete konfliktvermeidende oder -vermindernde Maßnahmen vorsieht.166 Weitere Optionen sind das Ergreifen vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG167 sowie als ultima ratio die Inanspruchnahme artenschutzrechtlicher Ausnahmetatbestände nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. 111 Auch die besondere artenschutzrechtliche Prüfung ist in der Bundesfachplanung grds. ebenengerecht, d. h. mit einer Prüftiefe durchzuführen, die dem Planungsstand und Konkretisierungsgrad dieser Verfahrensstufe entspricht. Dabei ist perspektivisch zu untersuchen, ob das Ausbauvorhaben in dem betrachteten Grobtrassenraum auf nicht ausräumbare artenschutzrechtliche Restriktionen stoßen wird oder ob es voraussichtlich konfliktfrei realisiert werden kann. Letzteres ist dann zu erwarten, wenn innerhalb des Korridors Teilflächen identifiziert werden können, auf denen die vorgesehene Höchstspannungsleitung – ggf. mit Hilfe flankierender Maßnahmen – ohne Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbote errichtet und betrieben werden kann. Eine artenschutzrechtliche Detailprüfung kann dann im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren erfolgen. Wie bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung sollte aber bereits bei der Artenschutzprüfung auf Fachplanungsebene „Planfeststellungsfestigkeit“ angestrebt werden.168 Im Einzelfall kann dies bedeuten, dass ggf. schon hier relativ aufwendige Untersuchungen anzustellen sind. Besteht danach keine begründete Aussicht, dass das Vorhaben in Einklang mit den Erfordernissen des Artenschutzes verwirklicht werden kann, wird der betrachtete Trassenkorridor nicht mehr als realistische Planungsoption in Betracht kommen. 112 In der Antragskonferenz sind die artenschutzrechtlichen Prüferfordernisse sowie die vorhandene Daten- und Erkenntnislage, an die für die notwendigen Untersuchungen angeknüpft werden kann, mit den Naturschutzbehörden und anderen kompetenten Beteiligten169 zu erörtern und das Vorgehen im Einzelnen abzustimmen. Auf dieser Grundlage hat die BNetzA sodann nach Abs. 4 geeignete Festlegungen zum Untersuchungsrahmen zu treffen.
163 BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – Rn 54 ff; Frenz/Müggenborg/Lau, § 44 BNatSchG Rn 13.; Lütkes/Ewer/ Heugel, § 44 Rn 53; krit. zum Maßstab der „praktischen Vernunft“ Landmann/Rohmer/Gellermann, § 44 BNatSchG Rn 23. 164 BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – Rn 59 ff; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 – Rn 37 f; Frenz/Müggenborg/Lau, § 44 BNatSchG Rn 14. 165 BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 – Rn 38; Frenz/Müggenborg/Lau, § 44 BNatSchG Rn 13. 166 BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – Rn 91; BVerwG, Beschl. v. 13.3.2008 – 9 VR 9/07 –; Frenz/Müggenborg/ Lau, § 44 BNatSchG Rn 4, 12; Schumacher/Fischer-Hüftle/Kratsch, § 44 Rn 27. 167 Näher dazu Lütkes/Ewer/Heugel, § 44 Rn 50; Schumacher/Fischer-Hüftle/Kratsch, § 44 Rn 72 ff. 168 Siehe oben Rn 106. 169 Auch die Vertreter des ehrenamtlichen Naturschutzes und der Umweltvereinigungen können hierzu wichtige Beiträge leisten (so zutreffend Landmann/Rohmer/Gellermann, § 44 BNatSchG Rn 23). Sangenstedt/Salm
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5. Sonstige öffentliche und private Belange
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5. Sonstige öffentliche und private Belange Die meisten öffentlichen und privaten Belange, die der Verwirklichung eines Vorhabens entge- 113 genstehen können und nach § 5 Abs. 1 S. 2 in der Bundesfachplanung zu prüfen sind, werden im Rahmen der Raumverträglichkeitsprüfung und der Strategischen Umweltprüfung abgearbeitet. Konflikte können sich darüber hinaus aber auch mit sonstigen öffentlichen oder privaten Belangen ergeben, die für die Korridorfindung von Bedeutung sind. Solche Belange sind, soweit sie erkennbar und auf dieser Verfahrensebene relevant sind, ebenfalls in der Bundesfachplanung zu behandeln und in die Abwägung nach § 5 Abs. 1 S. 2 einzustellen.170 Sie sind deshalb auch Gegenstand der Antragskonferenz nach § 7. Als sonstige öffentliche Belange, die der Festlegung eines Trassenkorridors in der Bun- 114 desfachplanung entgegenstehen können, kommen u. a. Baubeschränkungsgebiete nach § 107 BBergG, Leitungen anderer Betreiber, an deren uneingeschränkter Nutzbarkeit ein besonderes öffentliches Interesse besteht, oder der Erhalt schützenswerter agrarstruktureller Gegebenheiten (z. B. Sonderkulturen wie der Weinanbau in traditionellen Weinanbaugebieten) in Betracht.171 Bei den sonstigen privaten Belangen handelt es sich um Rechte oder Nutzungsansprüche Dritter in Bezug auf ein Gebiet, durch dessen Inanspruchnahme als Trassenkorridor geschützte Positionen des Rechtsinhabers beeinträchtigt werden können. Diese privaten Belange können ihre Grundlage in subjektiv-dinglichen Rechten oder behördlichen Gestattungsakten (z. B. einer Genehmigung) finden, die einer Person oder einem Unternehmen die Befugnis verleihen, sich innerhalb des vorgesehenen Korridorraums in bestimmter Weise zu betätigen (z. B. Bodenschätze abzubauen oder eine Industrieanlage zu betreiben) und einer anderweitigen Inanspruchnahme zu widersprechen. Auch solche privaten Interessen können bei der Korridorfindung i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 im Einzelfall abwägungsrelevant sein. Der Vorhabenträger hat seinen Unterlagen nach § 8 eine Übersicht über die erkennbaren 115 sonstigen öffentlichen privaten Belange beizufügen, die eine Realisierung der Ausbaumaßnahme ausschließen oder gefährden können. Dabei ist jeweils anzugeben, wie das Konfliktpotenzial zu bewerten und wie mit ihm umzugehen ist. Allerdings gilt auch hier der Grundsatz der Ebenengerechtigkeit, d. h. die Darstellung muss dem Planungsstand und Konkretisierungsgrad der Bundesfachplanung Rechnung tragen. Insoweit ist die Ausgangslage ähnlich wie bei der Abstimmung mit „anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen“ nach § 5 Abs. 2 S. 1 Hs. 2.172 Weder ist es planungsrechtlich erforderlich noch verfahrensökonomisch vernünftig, bereits auf dieser Planungsstufe für den gesamten Korridorraum eine flächendeckende und parzellengenaue Ermittlung aller privaten Belange vorzunehmen, die mit Unverträglichkeiten für das Vorhaben verbunden sein könnten. Die Konflikte beschränken sich hier meist auf einzelne Grundstücke, auf denen die Stromleitung später errichtet und betrieben werden soll. Sie betreffen somit in erster Linie die Feintrassierung und sind dementsprechend vorrangig in den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren abzuarbeiten. In der Bundesfachplanung bewegt sich die Planung dagegen im Stadium der Grobtrassierung. Eine Individualisierung privater Betroffenheiten wird hier meist nicht möglich sein, weil die genaue Trassenführung auf dieser Planungs- und Verfahrensebene noch nicht feststeht.173 Anders stellt sich die Situation dort dar, wo private Belange den Korridorraum in seiner gesamten Breite beanspruchen, so etwa bei 170 Vgl. BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 20: „Auffangtatbestand zur Vervollständigung des Abwägungsmaterials“. 171 So auch BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 20. 172 Siehe oben Rn 67 ff. 173 Im Ergebnis ebenso BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 20 sowie Sellner/ Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031. 629
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III. Gegenstände und Inhalte des Untersuchungsrahmens (Abs. 1 S. 1 und 2)
großräumigen Abgrabungen (z. B. Braunkohletagebau) oder großflächigen industriellen Nutzungen. In diesen Fällen sollte die Auseinandersetzung bereits auf fachplanerischer Ebene stattfinden, weil solche Vorhaben die Eignung des Trassenkorridors insgesamt in Frage stellen. Im Übrigen genügt jedoch eine perspektivische Einschätzung, dass private Interessen dem Ausbauvorhaben voraussichtlich nicht entgegenstehen werden, weil der Korridor konfliktfrei nutzbare Teilflächen umfasst oder bestehende Unverträglichkeiten überwunden werden können.174 Die Ermittlung der berührten öffentlichen und privaten Belange kann in der Praxis erhebli116 che Schwierigkeiten bereiten, weil diese Belange für die Vorhabenträger und die BNetzA häufig nicht ohne weiteres erkennbar sind. Umso wichtiger ist es, dass diesem Fragenkreis in der Antragskonferenz die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt wird. Hinweise, Informationen und Erkenntnisse sind hier nicht nur von den beteiligten Behörden oder anderen Trägern öffentlicher Belange zu erwarten. Da die Konferenz öffentlich durchgeführt wird, haben auch „private Betroffene“ die Möglichkeit, eigene Anliegen und Interessen, die durch das Vorhaben tangiert sein können, frühzeitig „anzumelden“ und in das Verfahren einzubringen.
6. Weitere Gegenstände des Untersuchungsrahmens und der Antragskonferenz 117 Für die Themen, die nach § 7 Gegenstand der Antragskonferenz und des Untersuchungsrahmens sein können, besteht kein Numerus clausus. Die in den vorstehenden Abschnitten behandelten Materien decken die wichtigen Elemente des Prüfprogramms der Bundesfachplanung ab; die Zusammenstellung hat jedoch keinen abschließenden Charakter. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll der Fachplanungsprozess durch die Festlegung des Untersuchungsrahmens und die vorlaufende Antragskonferenz umfassend vorbereitet und gesteuert werden. Ziel ist es, die Erarbeitung der Antragsunterlagen und die nachfolgenden Schritte bereits im Vorfeld mit allen Beteiligten so abzuklären und vorzustrukturieren, dass das Verfahren reibungslos, zügig und konzentriert verläuft und vermeidbare Verzögerungen unterbleiben. Dieser Intention entsprechend sind die Antragskonferenz und die Bestimmung des Untersuchungsrahmens prinzipiell offen für alle Sach- und Verfahrensfragen, deren Klärung zur Ausräumung von Fehlvorstellungen beiträgt und die Wirksamkeit und Effizienz der Bundesfachplanung fördert. Hierzu gehören beispielsweise auch die Voraussetzungen und Konsequenzen einer möglichen Abschnittbildung nach § 5 Abs. 8 sowie „ungewöhnliche Fallgestaltungen“, die besonderer Abstimmung bedürfen. 118 Abzustellen ist in dieser Verfahrensstation im Übrigen nicht allein auf die Bedürfnisse des Vorhabenträgers und der mitwirkenden Behörden. Auch dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist angemessen Rechnung zu tragen. Nur auf diese Weise kann die Antragskonferenz die ihr vom Gesetzgeber beigemessene akzeptanzfördernde, befriedende und beschleunigende Wirkung entfalten. Angesichts der komplizierten mehrstufigen Planungshierarchie beim Ausbau der Stromnetze175 sollte der Öffentlichkeit insbesondere der Prüf- und Entscheidungsgegenstand der Bundesfachplanung vermittelt und erläutert werden, welche Sachfragen in anderen Verfahren behandelt werden. So legt der Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 EnWG für die in ihm enthaltenen Höchstspannungsleitungen abschließend die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf fest. Ohne entsprechende Aufklärung in der Antragskonferenz muss damit gerechnet werden, dass die Bedarfsfrage in der Bundesfachplanung bei der Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 erneut aufgeworfen wird und damit
174 S. zur unterschiedlichen Prüfungsdichte und –tiefe in der Bundesfachplanung und im Planfeststellungsverfahren auch § 5 Rn 61 ff.
175 Hierzu bereits oben Rn 86 sowie der Überblick bei Durner, NuR 2012, 369, 370 ff. Sangenstedt/Salm
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1. Bedeutung der Antragskonferenz
NABEG § 7
Diskussionen über hier nicht mehr entscheidungsrelevante Fragen ausgelöst werden, die das Verfahren unnötig erschweren und belasten können.176
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2) 1. Bedeutung der Antragskonferenz a) Wesentliche Merkmale. Nach Abs. 4 sollen die Ergebnisse der Antragskonferenz eine 119 Grundlage für die Festlegung des Untersuchungsrahmens schaffen.177 Für die SUP, die nach § 5 Abs. 7 sowie nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 5 Nr. 1.11 UVPG im Verfahren der Bundesfachplanung durchzuführen ist, dient die Antragskonferenz nach Abs. 1 S. 4 zugleich als Besprechung im Sinne des § 39 Abs. 4 S. 2 UVPG. Jedoch gehen der Zuschnitt und der sachliche Gehalt dieses Instruments in vierfacher Hinsicht über die Reichweite und Bedeutung des herkömmlichen Scoping-Termins bei der UVP und SUP hinaus: (1) Die Antragskonferenz ist in der Bundesfachplanung als verbindlicher Verfahrensschritt 120 ausgestaltet; unterbleiben kann sie (Ermessen der Behörde) nach Abs. 6 nur im vereinfachten Verfahren des § 11.178 In anderen Planungsverfahren mit SUP ist die zuständige Behörde dagegen nicht zwingend verpflichtet, zu einer mündlichen Erörterung einzuladen; nach § 39 Abs. 4 S. 2 UVPG genügt es hier vielmehr, dass den Mitwirkenden Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben wird.179 (2) Gegenstand der Antragskonferenz ist das gesamte Prüfprogramm der Bundesfachplanung, nicht nur der Untersuchungsrahmen der SUP.180 (3) Während am ScopingTermin bei der Umweltprüfung regelmäßig nur der Vorhaben- oder Planungsträger sowie andere zu beteiligende Behörden teilnehmen und Dritte lediglich im Einzelfall hinzugezogen werden können, ist die Antragskonferenz nach Abs. 2 S. 3 generell öffentlich.181 (4) Anders als bei der Umweltprüfung, bei der das Scoping auf ein bestimmtes Projekt des Vorhabenträgers (§ 15 S. 1 UVPG) oder bestimmte Planungs- oder Programmvorstellungen des Planungsträgers (§ 39 Abs. 4 S. 2 UVPG) fokussiert ist, ist die Antragskonferenz in der Bundesfachplanung gegenständlich nicht auf den Korridorvorschlag aus dem Antrag des Vorhabenträgers nach § 6 S. 7 Nr. 1 beschränkt. Damit ist diese Verfahrensstation hier wesentlich offener angelegt als in der Umweltprüfung; insbesondere werden den Beteiligten Möglichkeiten zur Einbringung eigener Alternativvorschläge in den fachplanerischen Prüf- und Entscheidungsprozess eröffnet.182 b) Ziele. In der Sache handelt es sich bei der Antragskonferenz um eine frühe Behörden- und 121 Öffentlichkeitsbeteiligung. Für die Entscheidung des Gesetzgebers, bereits unmittelbar zu Beginn des Bundesfachplanungsverfahrens eine Besprechung mit dem Vorhabenträger unter Hinzuziehung der betroffenen Träger öffentlicher Belange, anerkannter Umweltvereinigungen sowie der allgemeinen Öffentlichkeit durchzuführen, lassen sich verschiedene Gründe nennen.
176 Becker, in: Forum für Zukunftsenergien, Akzeptanz von Großprojekten und Infrastruktureinrichtungen – Wie kann sie verbessert werden? Schriftenreihe des Kuratoriums, Band 4, 2011, S. 11, 13.
177 Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 188. 178 Siehe dazu unten Rn 165 f. 179 Vgl. Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 Rn 41 ff. Bei der UVP ist der Verfahrensschritt des Scopings – und damit auch ein Scoping-Termin – nach § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 UVPG nur durchzuführen, wenn der Vorhabenträger darum ersucht oder die Behörde es für erforderlich hält (vgl. Kment, RdE 2011, 341, 346 sowie Hoppe/Beckmann/ Kment/Kment, § 15 Rn 4, 13). 180 Dazu bereits näher oben Rn 16 ff. 181 Dazu bereits oben Rn 13 sowie Kment, RdE 2011, 341, 346. 182 Eingehend dazu oben Rn 12 und 14 f sowie unten Rn 153 ff. 631
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§ 7 NABEG
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
Zum einen geht es um die Beratung und Unterstützung der BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4. Zur inhaltlichen Eingrenzung und Konkretisierung des Untersuchungsrahmes müssen die Sachfragen geklärt werden, die in der Bundesfachplanung abzuarbeiten sind. Wie oben dargestellt,183 umfasst der Untersuchungsrahmen eine breite Palette von Prüfthemen und Prüfgesichtspunkten, die unterschiedliche Materien und Fachgebiete betreffen. Insoweit stellt die Vorschrift sicher, dass die BNetzA bei der Bestimmung der relevanten Prüfaspekte nicht auf ihre eigenen fachlichen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten beschränkt ist, sondern das Wissen und den Sachverstand von Fachbehörden und anderen Akteuren einbeziehen kann, von denen weiterführender Input erwartet werden kann. Dazu zählen auch Äußerungen der allgemeinen Öffentlichkeit. Zwar werden die meisten Bürgerinnen und Bürger, die an der Antragskonferenz teilnehmen, nicht über die Expertise der anwesenden Behörden oder Vereinigungen verfügen. Gleichwohl können sie – vor allem wenn es sich um Anwohner eines ins Auge gefassten Korridorraums handelt – aufgrund ihrer besonderen Ortskenntnisse entscheidungserhebliche Tatsachen in das Verfahren einbringen, auf die die Planung Rücksicht zu nehmen hat. Durch die Möglichkeit, entsprechende Hinweise schon zu Beginn des Verfahrens zu artikulieren, kann vermieden werden, dass z. B. dem Vorhaben entgegenstehende private Belange184 oder andere relevante Gesichtspunkte erst im späteren Einwendungsverfahren nach § 9 vorgetragen werden, wo sie dann ggf. zeitaufwendige zusätzliche Untersuchungen oder Umplanungen erforderlich machen.185 Zum zweiten bietet die Antragskonferenz dem Vorhabenträger wichtige Hilfestellungen 123 im Hinblick auf die nach § 8 vorzulegenden Unterlagen. Nach Abs. 4 hat die BNetzA zusammen mit dem Untersuchungsrahmen Festlegungen zu den einzureichenden Antragsunterlagen zu treffen. Um diese sachgerecht und zielführend erarbeiten zu können, muss dem Vorhabenträger zunächst vermittelt werden, welche Themen und Prüfaspekte in der Bundesfachplanung zu behandeln sind. Insoweit besteht auf Antragstellerseite ein ähnlich gelagertes Aufklärungsinteresse wie bei der verfahrensführenden BNetzA. Zu diesem Fragenkomplex gehört auch die Bestimmung der Materien und Prüfpunkte, die von der Bundesfachplanung abzuschichten und einer anderen Planungs- und Verfahrensebene zuzuordnen sind.186 Weiterhin muss der Vorhabenträger darüber unterrichtet werden, welche Anforderungen in formaler wie qualitativer Hinsicht an die Antragsunterlagen zu stellen sind. Dabei geht es um Gesichtspunkte wie den Prüfaufwand, die Prüftiefe, den Detaillierungsgrad und die anzuwendende Methodik, mit der Untersuchungen durchgeführt werden müssen, sowie um die Art und Weise der Darstellung (z. B. Anfertigung von Kartierungen, Aufbereitung des Materials in tabellarischer oder elektronischer Form).187 Maßgebend hierfür sind – neben verfahrenspraktischen Überlegungen und rechtlichen Erfordernissen – vielfach auch fachliche Vorgaben und Bedürfnisse. Deshalb ist es sinnvoll, dass der Inhalt und die Ausgestaltung der Unterlagen in der Antragskonferenz mit den Fachbehörden und anderen kompetenten Wissens- und Erfahrungsträgern besprochen und abgeklärt werden. Erörterungsbedarf wird in den meisten Verfahren vor allem zur Datenlage und Informations124 beschaffung bestehen. Geklärt werden muss, welche Angaben, die der Vorhabenträger zur Erarbeitung der nach § 8 vorzulegenden Unterlagen benötigt, allgemein zugänglichen Informationsquellen (z. B. Datenbanken und Fachinformationssystemen, deren Nutzung jedermann offensteht) entnommen werden und welche von Behörden oder anderen Institutionen zur Verfügung gestellt 122
183 Siehe Abschnitt III, Rn 19 ff. 184 Dazu näher oben unter Rn 113 ff. 185 So zur vergleichbaren Situation beim Scoping-Termin in der UVP auch Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 25 sowie Führ u. a., S. 63 f.
186 Zu den dafür geltenden Grundsätzen eingehend oben Rn 85 ff. 187 Hierzu näher oben Rn 93 ff. Die dort genannten Grundsätze beziehen sich zwar unmittelbar lediglich auf den Umweltbericht zur SUP. Sie sind jedoch Ausdruck allgemeiner planungsrechtlicher Überlegungen, die für andere Materien des Untersuchungsrahmens gleichermaßen Geltung beanspruchen können. Sangenstedt/Salm
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1. Bedeutung der Antragskonferenz
werden können. Für Erkenntnisse, die bei den beteiligten Behörden vorhanden sind und für den Umweltbericht zur SUP Verwendung finden können (z. B. Karten- und Datenmaterial, Pläne, Gutachten oder Ergebnisse von Monitoringaktivitäten),188 hat der Gesetzgeber in § 39 Abs. 4 S. 4 UVPG eine ausdrückliche Herausgabepflicht verankert.189 Eine Verpflichtung zur Durchführung eigener Ermittlungen oder zur Datenbeschaffung von dritter Seite ist damit nicht verbunden, wohl jedoch eine Hinweispflicht, wenn der Behörde bekannt ist, wo entsprechende Informationen bei anderen Stellen abgefragt werden können.190 Für Angaben, die nicht für den Umweltbericht, sondern zur raumordnerischen Beurteilung oder unter anderen Prüfaspekten beigebracht werden müssen, sieht das NABEG in § 31 Abs. 4 ausdrückliche Mitwirkungspflichten vor. Soweit für die Bundesfachplanung und die Planfeststellung Geodaten, die bei einer Behörde oder einem Dritten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind, benötigt werden, sind diese Daten auf Verlangen dem Vorhabenträger, den von ihm Beauftragten, der Bundesnetzagentur und den zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder für die Zwecke der Bundesfachplanung und der Planfeststellung zur Verfügung zu stellen. Eine Einschränkung dieser Herausgabepflicht gilt lediglich gem. § 31 Abs. 4 S. 2 bis 4, wonach Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen im Sinne von § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-KritisV) die Herausgabe von Geodaten verweigern können, wenn diese Daten besonders schutzbedürftig sind. In diesem Fall kann der Betreiber die Geodaten über ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stellen, wenn ihm die Datenhoheit über seine Geodaten garantiert wird. Zu beachten ist ferner, dass §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes und entsprechende Regelungen des Landesrechts unberührt bleiben, womit der Schutz öffentlicher und sonstiger schützenswerter Belange bei der Herausgabe zusätzlich sichergestellt wird. Mit § 31 Abs. 4 wird somit eine Kooperationspflicht anderer Behörden oder Dritter statuiert, soweit bei ihnen Geodaten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind. Die Inhaber solcher Daten sollten allerdings ohnehin im Hinblick auf die von ihnen vertretenen Belange ein Interesse daran haben, sich durch sachgerechte Beiträge konstruktiv in die Bundesfachplanung einzubringen. Soweit die BNetzA zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben als verantwortliche Fachplanungsbehörde ihrerseits auf den Dateninput von Fachbehörden angewiesen ist, kann deren Inanspruchnahme ggf. auch nach den Grundsätzen der Amtshilfe erfolgen. Bei der Nutzung der Informationen, die Behörden oder Dritte zur Verfügung stellen, muss im Übrigen nach § 30a dafür gesorgt werden, dass die Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz eingehalten werden. Neben die Beratung und Unterstützung der BNetzA und des Vorhabenträgers tritt als weite- 125 rer eigenständiger Zweck191 der Antragskonferenz die Stärkung der Akzeptanz und Legitimation der Bundesfachplanung und ihrer Ergebnisse. Dieser Effekt soll durch die Ausgestaltung als öffentlicher Termin und die damit verbundene frühe Einbeziehung der Öffentlichkeit bewirkt werden. Die Berechtigung jeder Person, an der Antragskonferenz teilzunehmen, wird in der Begründung des Regierungsentwurfs als „vertrauensbildende Maßnahme“ bezeichnet, die zur Verfahrenstransparenz, Akzeptanz und Befriedung beitrage.192 In der Tat werden durch die Offenheit des Verfahrens (fehlende Antragsbindung nach Abs. 3 S. 4, Möglichkeit zur Einbringung von Planungsalternativen nach Abs. 3 S. 1) Schwächen der traditionellen Öffentlichkeits188 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 Rn 49; Peters/Balla/Hesselbarth, § 39 Rn 27. 189 Siehe dazu bereits oben Rn 98. Entsprechendes gilt nach § 15 Abs. 1 S. 3 UVPG für Informationen beteiligter Behörden, die für die Beibringung der Unterlagen des Vorhabenträgers zur UVP zweckdienlich sind.
190 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 Rn 49. 191 Durch diesen zusätzlichen Zweck unterscheiden sich die Ziele der Antragskonferenz in der Bundesfachplanung vom Scoping-Termin in der UVP. Das UVP-rechtliche Scoping dient allein der Unterrichtung des Vorhabenträgers über Inhalt und Umfang der von ihm beizubringenden Unterlagen und der Unterstützung der zuständigen Behörde bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens; so z. B. BVerwG, Urt. v. 9.11.2006 – 4 A 2001/06 – (Flughafen Halle/ Leipzig), Rn 26; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 3; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 23, 25. 192 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 633
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§ 7 NABEG
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
beteiligung beseitigt, die sich bei umstrittenen Großvorhaben in der Vergangenheit z. T. als Akzeptanzbarrieren erwiesen haben.193
2. Teilnehmende der Antragskonferenz (Abs. 2 S. 1 und 3) 126 a) Individuell zu benachrichtigende Teilnehmende (S. 1). Bei der Berechtigung zur Teilnahme an der Antragskonferenz unterscheidet Abs. 2 zwischen solchen Teilnehmenden, die von der BNetzA individuell geladen werden (S. 1), und der allgemeinen Öffentlichkeit, die qua Internet und örtlicher Tageszeitung über den Termin unterrichtet wird (S. 3). Zu den geladenen Teilnehmenden der Antragskonferenz gehört zunächst der Vorhabenträ127 ger. Seine Mitwirkung ist unerlässlich, wenn die Konferenz ihren Sinn und Zweck optimal erfüllen soll. Zum einen bilden der Antrag des Vorhabenträgers und die darin nach § 6 S. 6 enthaltenen Angaben die zentrale Beratungsgrundlage der Konferenz. Deshalb sollte der Vorhabenträger selbst an Ort und Stelle anwesend sein, um für Fragen und Erläuterungen zur Verfügung zu stehen. Zum zweiten ist es ein wesentliches Ziel der Antragskonferenz, dem Vorhabenträger Hilfestellung bei der Vorbereitung der nach § 8 einzureichenden Unterlagen zu geben.194 Diese Funktion kann die Konferenz nur dann effektiv erfüllen, wenn der Adressat der Unterstützung dem Termin nicht fernbleibt. 128 Zu ladende Teilnehmende sind ferner die Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt ist. Durch ihre Mitwirkung wird sichergestellt, dass Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse im Bereich der zu prüfenden Korridore, fachliche und rechtliche Einschätzungen sowie sonstige Sach- und Fachgesichtspunkte, die für die Festlegung des Untersuchungsrahmens sowie für Inhalt und Zuschnitt der Antragsunterlagen Bedeutung haben können, in die Antragskonferenz eingebracht werden.195 Als Träger öffentlicher Belange nennt die Vorschrift selbst beispielhaft „die für die Landesplanung zuständigen Landesbehörden“, womit in der Sache vor allem die Raumordnungsbehörden gemeint sind.196 Regelmäßig einzubeziehen sind auch die Umweltbehörden, deren Teilnahme im Hinblick auf die zu prüfenden Umweltbelange und die Funktion der Antragskonferenz als SUP-rechtlicher Scoping-Termin (Abs. 1 S. 4) geboten ist.197 Entsprechendes gilt für andere Fach- oder Planungsbehörden, die für Materien zuständig sind, mit denen sich die Bundesfachplanung auseinanderzusetzen hat. 129 Weitere nach S. 1 zu benachrichtigende Träger öffentlicher Belange sind die kommunalen Gebietskörperschaften.198 Städte, Gemeinden und Landkreise, auf deren Gebiet ein vorgeschlagener Trassenkorridor verlaufen soll, sind daher ebenfalls zur Antragskonferenz zu laden. Sie sind von dem Vorhaben betroffen, weil Gestaltungsmöglichkeiten, die den Gemeinden im Rahmen der kommunalen Planungshoheit zustehen, durch die Festlegung des Korridors in der Bundesfachplanung eingeschränkt werden. Dieser Betroffenheit trägt auch § 3 Abs. 3 BBPlG199 Rechnung. Die Regelung eröffnet Gebietskörperschaften, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor 193 194 195 196
Dazu bereits oben Rn 14 f. Siehe oben Rn 123 f. Vgl. oben Rn 123 ff. Wagner, DVBl. 2011, 1453, 1455. In § 6 S. 4 werden dieselben Behörden als „die für die Raumordnung zuständigen Behörden der Länder“ bezeichnet. Kritisch zur uneinheitlichen Terminologie Erbguth, NVwZ 2012, 326, 327, Fn 22. Die Verwendung unterschiedlicher Begriffe dürfte vor allem dem Zeitdruck geschuldet sein, unter dem das NABEG seinerzeit erarbeitet worden ist. 197 Soweit eine Korridorplanung im Ausnahmefall grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne des § 54 UVPG haben kann, kann es sinnvoll sein, auch Behörden betroffener Staaten Gelegenheit zur Teilnahme an der Antragskonferenz zu geben. 198 So Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6249, S. 17. 199 Die Vorschrift wurde durch Art. 7 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490) – sog. „Erdkabelnovelle“ – novelliert. Näher zu dieser Novelle bereits oben Rn 47 ff. Sangenstedt/Salm
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2. Teilnehmende der Antragskonferenz (Abs. 2 S. 1 und 3)
NABEG § 7
voraussichtlich verlaufen wird, die Möglichkeit, in der Antragskonferenz auch bei Vorhaben zur Errichtung einer Leitung zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung mit Erdkabelvorrang die Prüfung einer Freileitung zu verlangen, sofern hierfür örtliche Belange geltend gemacht werden können. Mit dieser Option erhalten die Gemeinden Einfluss auf Ausgestaltung und Inhalt der Bundesfachplanung, wovon sich der Gesetzgeber eine Stärkung der Akzeptanz des Netzausbaus verspricht.200 Inwieweit sonstige potenziell betroffene öffentliche oder private Stellen, die öffentliche 130 Aufgaben erfüllen (z. B. die Deutsche Bahn AG oder ein anderes Verkehrsunternehmen, dessen Streckennetz von der Korridorplanung berührt wird), als Träger öffentlicher Belange anzusehen sind, geht aus der Regelung nicht klar hervor. Der Begriff „Träger öffentlicher Belange“ und die jeweilige Handhabung dieser Kategorie im Beteiligungsverfahren werden im deutschen Planungs- und Zulassungsrecht unterschiedlich verstanden und praktiziert.201 Das NABEG enthält für seinen Anwendungsbereich keine Definition der Bezeichnung „Träger öffentlicher Belange“. Auch die Gesetzesmaterialien lassen offen, ob Einrichtungen, Unternehmen oder Verbände, denen die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben obliegt und deren Aufgabenbereich durch den ins Auge gefassten Korridor tangiert wird, in der Antragskonferenz den Behörden und Kommunen gleichgestellt werden sollen. Das Schweigen des Gesetzgebers zu dieser Frage lässt den Schluss zu, dass der BNetzA hier – wie auch sonst bei der Organisation und Durchführung der Antragskonferenz202 – Handlungsspielräume eröffnet werden sollten. Für die Zwecke der Antragskonferenz kommt es vor allem darauf an, dass Vertreter solcher öffentlichen Belange im Termin vertreten sind, die sich nach dem Kenntnisstand und dem Erfahrungswissen der BNetzA als Planungshindernis für den vorgeschlagenen Trassenkorridor erweisen könnten. Da die Bestimmung entsprechender Unverträglichkeiten in diesem frühen Verfahrensstadium naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden ist, sollte der Kreis der einzuladenden Träger öffentlicher Belange im Zweifel eher weiter als eng gefasst werden, um eine vollständige Abklärung des bestehenden Konfliktpotenzials zu ermöglichen. Andererseits ist ein gewisser Pragmatismus bei der Auswahl unschädlich, weil die Antragskonferenz nach S. 3 zusätzlich im Internet und in örtlichen Tageszeitungen angekündigt wird. Deshalb kann damit gerechnet werden, dass interessierte Träger öffentlicher Belange, die sich von dem Vorhaben betroffen fühlen, die Konferenz auch dann aufsuchen werden, wenn sie nicht individuell benachrichtigt werden. Ebenso wie die Träger privater Belange sind sie Mitglieder der Öffentlichkeit und als solche nach S. 3 teilnahme- und äußerungsberechtigt.203 Eine dritte zur Antragskonferenz einzuladende Gruppierung sind die Vereinigungen. Nach 131 der Legaldefinition des § 3 Nr. 8 gehören hierzu nur die nach § 3 UmwRG anerkannten Umwelt-
200 Zu den Voraussetzungen eines Freileitungsprüfverlangens von Gebietskörperschaften eingehend BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 11 ff. Zur Verbindung des alternativen Korridorvorschlags eines Landes mit einem Freileitungsprüfverlangen einer Gebietskörperschaft nach Abs. 3 S. 3 näher unten Rn 156. 201 Für die Beteiligung an der Bauleitplanung nach § 4 Abs. 1 BauGB wird der Begriff „Träger öffentlicher Belange“ weit ausgelegt; danach sind auch private Rechtssubjekte, die Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen (z. B. Verkehrsunternehmen und Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen), im Verfahren wie Behörden einzubeziehen (Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 4 Rn 3). Bei der Planfeststellung sind „private“ Träger öffentlicher Belange den Behörden dagegen nicht gleichgestellt, sondern können sich als sonstige Betroffene nach § 73 Abs. 4 VwVfG im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung in das Verfahren einbringen. Wieder anders im Raumordnungsverfahren, wo nach § 15 Abs. 3 S. 1 ROG grds. nur öffentliche Stellen zu beteiligen sind; jedoch bestehen auf landesrechtlicher Ebene z. T. abweichende Regelungen, nach denen privatrechtlich organisierte Verbände (z. B. der Bauernverband) bei der Beteiligung den Behörden gleichgestellt sind (Spannowsky/Runkel/Goppel/Goppel, § 15 Rn 58). 202 Siehe dazu unten Rn 135. 203 Näher zur Äußerungsberechtigung von Mitgliedern der allgemeinen Öffentlichkeit unten Rn 134. 635
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§ 7 NABEG
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
vereinigungen,204 deren satzungsgemäßer Aufgabenbereich von der Korridorplanung berührt wird.205 Diese Regelung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass nichtanerkannte Umweltvereinigungen sowie andere Organisationen, Verbände und Personenzusammenschlüsse (z. B. Bürgerinitiativen) von der Antragskonferenz ausgeschlossen sind. Solche Formationen und ihre Mitglieder sind vielmehr Teil der Öffentlichkeit nach S. 3 und können damit ebenfalls am Termin teilnehmen. 132 Der Kreis der Teilnehmer, die individuell benachrichtigt werden, wird in Abs. 2 S. 1 nicht abschließend festgelegt. Die BNetzA ist nicht gehindert, weitere Personen oder Funktionsträger zur Antragskonferenz zu laden, durch deren Mitwirkung das Verfahren gefördert werden kann. Für die Besprechung zum Untersuchungsrahmen der SUP, die nach Abs. 1 S. 4 Bestandteil der Antragskonferenz ist, hat der Gesetzgeber in § 39 Abs. 4 S. 3 UVPG ausdrücklich bestimmt, dass die zuständige Behörde bei Bedarf Sachverständige hinzuziehen kann. Für die Behandlung der nicht umweltbezogenen Teile des Untersuchungsrahmens kann nichts anderes gelten. Sinnvoll kann es im Einzelfall auch sein, der BNetzA bekannte Träger privater Belange, die dem vorgeschlagenen Trassenkorridor entgegenstehen können, über den Termin zu benachrichtigen.
133 b) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3). Nach S. 3 Hs. 1 ist die Antragskonferenz öffentlich. An dem Termin kann somit jedermann teilnehmen. Anders als die in S. 1 genannten Teilnehmenden, die individuell benachrichtigt werden, ist die Öffentlichkeit nach S. 3 Hs. 2 auf der Internetseite der BNetzA und über eine Veröffentlichung in der örtlichen Tagespresse über den Termin zu unterrichten. Der Begriff der „Öffentlichkeit“ umfasst hier sowohl die allgemeine Öffentlichkeit als auch die Vertreter von Belangen, die von der Korridorplanung berührt sein können und nicht zu dem nach S. 1 geladenen Teilnehmerkreis zählen. 134 Von der Berechtigung zur Teilnahme zu unterscheiden ist die Frage, ob die interessierte Öffentlichkeit dem Termin lediglich passiv beiwohnen (d. h. bloße Anwesenheit als Zuhörer) oder ob sie aktiv (z. B. durch eigene Vorschläge oder Diskussionsbeiträge) an den Beratungen mitwirken darf.206 Der Regelungstext selbst gibt hierauf keine eindeutige Antwort. Dagegen lassen sich der Begründung des Regierungsentwurfs deutliche Hinweise darauf entnehmen, dass der Gesetzgeber in der Antragskonferenz eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglichen wollte. Zum einen heißt es dort, dass über den Wortlaut des Abs. 3 S. 1 hinaus nicht nur die Länder, sondern auch andere Beteiligte der Antragskonferenz Vorschläge zu alternativen Trassenkorridoren machen könnten.207 Dies setzt voraus, dass sie in der Antragskonferenz auf204 In der Sache erscheint die Beschränkung auf anerkannte Umweltvereinigungen nicht überzeugend. Diese Ausgestaltung vermischt das Recht anerkannter Umweltvereinigungen, Rechtsehelfe gegen Planungs- oder Zulassungsentscheidungen einzulegen, mit der Befugnis von Umweltverbänden, sich an Planungs- und Zulassungsverfahren zu beteiligen. Mit ihrer Anerkennung nach § 3 UmwRG erhalten Umweltvereinigungen nach § 2 UmwRG das Recht, Umweltverbandsklagen gegen bestimmte Planungs- und Zulassungsentscheidungen zu erheben. Für ihre Beteiligung an Planungs- und Zulassungsverfahren verlangt das deutsche Recht dagegen allgemein keine Anerkennung. Hierfür ist es vielmehr ausreichend, dass die Planung oder Zulassung ein Vorhaben betrifft, das den satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Vereinigung berührt (vgl. § 2 Abs. 9 UVPG). 205 Näher hierzu § 3 Rn 41 ff. 206 Streitig. In der Literatur wird vielfach davon ausgegengen, dass der Öffentlichkeit auf der Antragskonferenz lediglich ein Anwesenheitsrecht zusteht; z. B. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1042: die öffentliche Antragskonferenz finde ohne Öffentlichkeitsbeteiligung statt; Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403; Hofmann, JZ 2012, 701, 707; Kümper, DÖV 2016, 929, 935; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 4 Rn 48; Wagner, DVBl 2011, 1453, 1459; BK-EnR/Appel, § 7 NABEG Rn 30 ff; differenzierend mit Blick auf die Praxis Theobald/Kühling/Durinke, § 7 Rn 6: Rede- und Antragsrecht seien zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, könnten praktisch jedoch kaum verwehrt werden; A. A. Kment, RdE 2011, 341, 346; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 7 Rn 30. 207 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Hieran orientiert sich auch die bisherige praktische Handhabung der BNetzA auf Antragskonferenzen. Sangenstedt/Salm
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3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung
NABEG § 7
treten, ihre Überlegungen dort präsentieren und zur Diskussion stellen dürfen. Zum anderen wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass bereits in diesem frühen Verfahrensstadium widerstreitende öffentliche und private Belange zutage träten, die eine Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit erforderlich machten.208 Wenn dem so ist, dann ist es konsequent, dass sich Vertreter solcher Belange in der Antragskonferenz zu Wort melden und ihre Anliegen artikulieren dürfen.209 Solche Interventionen sind nach dem Zweck der Antragskonferenz auch sinnvoll.210 Sie leisten einen Beitrag zur effektiven Vorbereitung und Beschleunigung des Verfahrens, weil sie die Aufmerksamkeit frühzeitig auf mögliche Konfliktpunkte lenken, die in der Planung ggf. aufgegriffen und abgearbeitet werden müssen. Inwieweit sich Mitglieder der allgemeinen Öffentlichkeit, die weder eigene Korridorvorschläge einbringen noch eigene Belange geltend machen, aktiv an der Diskussion beteiligen können, ist eine im Ermessen der BNetzA stehende Frage.211 Dabei sollte im Zweifel großzügig verfahren werden – denn mit einer restriktiven Linie dürfte der akzeptanzstärkende und vertrauensbildende Effekt, den sich der Gesetzgeber von der öffentlichen Durchführung der Konferenz verspricht, nur schwer zu erzielen sein. Andererseits muss es der BNetzA natürlich möglich sein, sachwidrige Wortbeiträge und solche, die erkennbar der Verschleppung des Verfahrens dienen, zu unterbinden.212 Um hier insgesamt die richtige Balance zu finden, bedarf es auf Seiten der Verhandlungsleitung eines hohen Maßes an Fingerspitzengefühl und verfahrenspraktischer Sensibilität.
3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung a) Gestaltungsspielraum der BNetzA. Die Antragskonferenz kann ihre verfahrenssteuernde 135 Funktion nur dann effektiv erfüllen, wenn sie ihrerseits gründlich vorbereitet, zweckmäßig organisiert sowie sachgerecht und zielführend durchgeführt wird. Zu diesen vollzugspraktischen Aspekten finden sich in den Vorschriften über die Antragskonferenz – mit Ausnahme der Anforderungen an die Ladung bestimmter Teilnehmer und die Unterrichtung der Öffentlichkeit – nahezu keine Vorgaben. Der Begründung des Regierungsentwurfs lässt sich hierzu die Aussage entnehmen, dass die BNetzA die Beteiligung der Öffentlichkeit „ausgestalten“ müsse, um die Antragskonferenz „praktisch handhabbar zu machen“.213 Daran wird deutlich, dass die Fachplanungsbehörde nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Antragskonferenz über Handlungs- und Gestaltungsspielräume verfügen soll. Die eigene Zurückhaltung des Gesetzgebers in dieser Frage lässt sich damit erklären, dass mit der Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz seinerzeit Neuland beschritten wurde. Zumindest in der ersten Phase der Umsetzung hatte die Anwendung dieses neuen – innovativen – Instruments214 noch einen gewissen experimentellen Charakter. Da es hierzu in Deutschland an Erfahrungen fehlte, an die hätte angeknüpft werden können, sollte der BNetzA die Freiheit gege-
208 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 209 So auch Kment, RdE 2011, 341, 346; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 7 Rn 30. 210 In diesem Sinne – allerdings ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs – auch Theobald/Kühling/Durinke, § 7 NABEG Rn 6; Wagner, DVBl 2011, 1453, 1459 sowie – unter Beschränkung auf Fachbeiträge zur Festlegung des Untersuchungsrahmens und der Unterlagen gem. § 8 – BK-EnR/Appel, § 7 NABEG Rn 32. 211 Die Situation stellt sich hier in gewisser Weise ähnlich dar wie beim öffentlichen Erörterungstermin im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 18 der 9. BImSchV. Auch dort steht es im Ermessen der Verhandlungsleitung, ob Personen das Wort ergreifen können, die keine oder nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben haben (vgl. Jarass, § 10 Rn 104; Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 227). 212 Vgl. Kment, RdE 2011, 341, 346. Zur Befugnis der Verhandlungsleitung, Maßnahmen zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Sitzungsablaufs zu ergreifen, näher unter Rn 152. 213 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 214 Siehe oben Rn 13. 637
Sangenstedt/Salm
§ 7 NABEG
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
ben werden, sich mit Pragmatismus und verfahrenspraktischer Vernunft ihren eigenen Weg zur Bewältigung der Herausforderung „Antragskonferenz“ zu erschließen.215
136 b) Individuelle Ladung und Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der Vorhabenträger, die betroffenen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt ist, und die Vereinigungen werden nach Abs. 2 S. 1 von der BNetzA individuell zur Antragskonferenz geladen. Dabei ist es der Fachplanungsbehörde freigestellt, ob die Übersendung auf dem traditionellen Postweg per Brief oder formlos elektronisch, d. h. per E-Mail erfolgt (Abs. 2 S. 2). Die Formerfordernisse des § 3a Abs. 2 VwVfG (elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur) gelten hier nicht. 137 Bei den Vereinigungen und den Trägern öffentlicher Belange erfolgt die Ladung unter Beifügung des Antrags, den der Vorhabenträger zuvor nach § 6 bei der BNetzA gestellt hat. Die Übermittlung des Antrags ist für den Erfolg der Antragskonferenz essentiell. Der Antrag bildet die wichtigste Beratungsgrundlage für die Antragskonferenz. Nur auf der Basis aussagefähiger Informationen über den vorgesehenen Korridorverlauf ist es den Beteiligten möglich, sich auf die Antragskonferenz zielgerichtet vorzubereiten und sich dort substantiiert zu äußern. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber in § 6 S. 6 bestimmte Qualitätsanforderungen für den Antrag vorgegeben: dieser soll die Angaben enthalten, die die Festlegung des Untersuchungsrahmens ermöglichen, und das Vorhaben in allgemein verständlicher Form darstellen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist von der BNetzA zu prüfen, bevor der Antrag den Vereinigungen und Trägern öffentlicher Belange nach Abs. 2 S. 1 und 2 übersandt wird. Wird der Antrag den Anforderungen nicht gerecht, ist er für den vorgesehenen Zweck ungeeignet und muss entsprechend nachgebessert werden. 138 Bei der Beifügung des Antrags handelt es sich um eine gesetzliche Mindestvoraussetzung für die Durchführung der Antragskonferenz. Darüber hinaus dürfte es indessen generell sinnvoll sein, den Beteiligten weitere zweckdienliche Unterlagen zugänglich zu machen, z. B. den Entwurf der Tagesordnung sowie eine Aufstellung relevanter Fragen oder Hinweise auf besonderen fachlichen Klärungsbedarf. Da solche ergänzenden Angaben häufig erst nach Versendung der Ladung verfügbar sein werden, hat die BNetzA für die Verfahren, die für die in der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz genannten Vorhaben durchgeführt werden, eigene Websites eingerichtet, die fortlaufend aktualisiert werden. Darin werden jeweils auch der Antrag und alle Begleitinformationen zur Antragskonferenz eingestellt.216 Auf diese Weise kann der Informationsstand zur Vorbereitung auf die Konferenz von interessierten Teilnehmenden stets zeitnah abgerufen werden. 139 Da es praktisch ausgeschlossen ist, alle Mitglieder der Öffentlichkeit individuell zu benachrichtigen, wird die Öffentlichkeit mittels allgemein zugänglicher Informationsquellen über die Antragskonferenz unterrichtet. Abs. 2 S. 3 schreibt hierfür eine Veröffentlichung sowohl auf der Internetseite der BNetzA als auch in der örtlichen Tagespresse vor. Dabei muss es sich um Zeitungen handeln, die innerhalb des Gebiets verbreitet sind, auf das sich der beantragte Trassenkorridor voraussichtlich auswirken wird. Die Auswahl der Zeitungen liegt im Ermessen der BNetzA. Angestrebt werden sollte, einen möglichst breiten Leserkreis zu erreichen. Stehen mehrere Presseorgane zur Verfügung, sollte im Interesse größtmöglicher Transparenz eine Parallelveröffentlichung oder zumindest eine Veröffentlichung in der auflagenstärkeren Zeitung erfolgen.
215 Die bisherige Erfahrung zeigt, dass sich die Praxis der BNetzA bewährt hat, auf der Antragskonferenz auch der allgemeinen Öffentlichkeit Raum zur Äußerung zu geben. Auf diese Weise konnten Antragskonferenzen als Forum der Informationsgewinnung genutzt und dadurch Konfliktpotenziale in den Trassenkorridoralternativen frühzeitig identifiziert werden. 216 Siehe https://www.netzausbau.de/leitungsvorhaben/de.html. Sangenstedt/Salm
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3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung
NABEG § 7
Anders als bei den individuell geladenen Teilnehmern ist bei der Unterrichtung der Öffent- 140 lichkeit nicht vorgesehen, mit der Bekanntmachung des Termins auch den Antrag des Vorhabenträgers zu veröffentlichen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers erscheint im Hinblick auf den Zweck der Antragskonferenz verfehlt. Schon die Tatsache, dass der Antrag nach § 6 S. 6 eine Darstellung des Vorhabens in allgemeinverständlicher Form umfassen soll, spricht dafür, dass er auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Würde anders verfahren, hätte dies zur Folge, dass sich betroffene Mitglieder der Öffentlichkeit nicht adäquat mit dem Vorhaben auseinandersetzen und auf die Antragskonferenz vorbereiten könnten. Um bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens Defizite zu vermeiden, sollten der Vorhabenträger und die BNetzA ein Interesse daran haben, dass z. B. Träger gewichtiger privater Belange, denen in der Bundesfachplanung Rechnung zu tragen ist, an der Antragskonferenz teilnehmen und sich dort qualifiziert einbringen. Voraussetzung dafür ist, dass die Unterrichtung bei den Betroffenen eine entsprechende Anstoßfunktion erfüllt. Insoweit gibt es keinen Grund, die Träger privater Belange anders zu behandeln als Träger öffentlicher Belange, denen der Antrag nach Abs. 2 S. 1 übermittelt wird. Dies geschieht in der bisherigen Verfahrenspraxis dadurch, dass die BNetzA die Unterrichtung der Öffentlichkeit mit einem Hinweis auf ihre o. g. Website217 verbindet, wo der Antrag dann nebst ergänzenden Informationen eingesehen werden kann. In zeitlicher Hinsicht haben die Benachrichtigung der nach Abs. 2 S. 1 zu ladenden Teil- 141 nehmenden und die Unterrichtung der Öffentlichkeit unverzüglich nach Eingang des Antrags zu erfolgen. Da auch die Antragskonferenz nach Abs. 1 S. 1 unverzüglich nach Einreichung des Antrags stattfinden soll, kann für die Ladung und Bekanntgabe des Termins kein anderer Maßstab gelten. Dies kann allerdings nicht bedeuten, dass die BNetzA die Antragskonferenz einleitet, ohne den Antrag zuvor geprüft zu haben. Die Prüfung ist aus zwei Gründen unerlässlich: Zum einen muss sichergestellt sein, dass der Antrag den Anforderungen des § 6 S. 6 entspricht.218 Zum anderen lässt erst der Korridorvorschlag des Vorhabenträgers (§ 6 S. 7 Nr. 1) erkennen, welche Träger öffentlicher Belange in ihrem Aufgabenbereich berührt sein können und damit zur Konferenz zu laden sind. Entsprechendes gilt für die Bestimmung der zu benachrichtigenden Vereinigungen219 sowie für die Frage, in welchen örtlichen Tageszeitungen die Antragskonferenz anzukündigen ist. Diese Prüfungen sind möglichst zügig durchzuführen. Verkürzt werden kann der Prüfprozess dadurch, dass der Vorhabenträger der Behörde nach Absprache bereits im Vorfeld einen Antragsentwurf zur „Vorprüfung“ übermittelt.
c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachbereitung. Der Ertrag, den die Antragskonferenz für 142 die anschließende Festlegung des Untersuchungsrahmens liefert, wird umso größer ausfallen, je gründlicher der Termin inhaltlich vorbereitet wird. Die inhaltliche Vorbereitung ist keineswegs allein Sache der BNetzA – alle Verfahrensbeteiligten sind hier gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Der Vorhabenträger kommt dieser Aufgabe dadurch nach, dass er durch Vorlage des An- 143 trags nach § 6 die zentrale Beratungsgrundlage für die Antragskonferenz liefert. Darüber hinaus sollte er präpariert sein, im Termin ergänzende Erläuterungen abzugeben und Fragen der beteiligten Behörden und Vereinigungen oder aus dem Publikum zu beantworten. Die BNetzA hat bei der Planung der Antragskonferenz für eine sachgerechte inhaltliche 144 Vorstrukturierung der Beratungen zu sorgen. Anzuknüpfen ist dabei an den Antrag des Vorhabenträgers, aber auch Alternativvorschläge der Länder oder anderer Beteiligter nach Abs. 3, 217 Siehe Rn 138. 218 Siehe oben Rn 137. 219 Nach § 3 Nr. 8 sind nur solche Vereinigungen einzubeziehen, deren satzungsgemäßer Aufgabenbereich berührt ist. Nach der Satzung kann der Tätigkeitsbereich der Vereinigung räumlich beschränkt sein. Daher ist zu prüfen, ob das Gebiet, auf dessen Umwelt sich der beantragte Korridor auswirken kann, im räumlichen Tätigkeitsbereich der Vereinigung liegt. 639
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§ 7 NABEG
IV. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
wenn solche noch vor der Antragskonferenz vorgelegt werden. Diese Unterlagen sind im Hinblick auf die in der Konferenz zu erörternden Sachfragen und Prüfgesichtspunkte auszuwerten. Auf dieser Grundlage ist sodann eine geeignete Tagesordnung zu entwerfen. Weitere Mittel zur inhaltlichen Vorbereitung des Termins sind thematische Übersichten oder Fragenkataloge, die den aus Sicht der BNetzA abzuarbeitenden Klärungsbedarf umreißen. Dabei sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Aufstellungen keinen abschließenden Charakter haben, sondern offen für die Einbringung zusätzlicher Aspekte sind. 145 Ein wesentlicher Faktor für die Effektivität und den Erfolg der Antragskonferenz sind die Beiträge der einbezogenen Fachbehörden. Diese sollten sich daher im Vorfeld des Termins eingehend mit dem Antrag und den Begleitunterlagen auseinandersetzen und prüfen, ob und in welcher Weise sie die BNetzA und den Vorhabenträger durch fachlichen Input und die Bereitstellung von Daten, Unterlagen und Informationen unterstützen können. Entsprechendes gilt für andere beteiligte Träger öffentlicher und privater Belange und für die Vereinigungen. Nur bei adäquater inhaltlicher Vorbereitung können sie in der Konferenz Einfluss darauf nehmen, dass der Stellenwert, der den von ihnen vertretenen Belangen bei der Planung des Korridors zukommt, zutreffend erkannt und bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens angemessen berücksichtigt wird. 146 Ein bei der Vorbereitung der Konferenz nur schwer zu bewältigendes Thema ist der Umgang mit alternativen Korridorvorschlägen der Länder nach Abs. 3 oder anderer Beteiligter.220 Um auch hier eine angemessene inhaltliche Vorbefassung zu ermöglichen, wäre es wünschenswert, dass solche Vorschläge bereits im Vorfeld der Antragskonferenz eingebracht werden. Die BNetzA kann sie dann auf die Website221 stellen, so dass sich interessierte Beteiligte noch vor dem Termin damit auseinandersetzen können. Wenn solche Alternativvorschläge erst in der Konferenz selbst vorgestellt und erläutert werden, hat dies zur Folge, dass die übrigen Verfahrensbeteiligten unvorbereitet mit ihnen bis dato unbekannten Planungsvorstellungen konfrontiert werden. Deshalb sollte ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, binnen einer angemessenen Frist noch nachträglich zu dem Vorschlag Stellung zu nehmen. 147 Allerdings setzt das Gesetz nicht voraus, dass alternative Korridorvorschläge bereits vor oder in der Antragskonferenz präsentiert werden. Ein solches Vorgehen wird aus zeitlichen und praktischen Gründen nicht immer möglich sein, nicht zuletzt deshalb, weil die Länder seit der Novelle 2019222 nach Abs. 3 S. 1 verpflichtet sind, ihre Alternativvorschläge mit anderen betroffenen Ländern abzustimmen,223 was einen entsprechenden Zeitaufwand erfordern kann. Für Korridorvorschläge der Länder, die nicht Gegenstand der allgemeinen Antragskonferenz sind, sieht Abs. 3 S. 2 deshalb vor, dass hierzu entweder eine separate Antragskonferenz224 oder eine Erörterung im schriftlichen Verfahren stattfindet. Das schriftliche Verfahren ersetzt insoweit die Erörterung in einer Antragskonferenz. Konsequenterweise sollte den Teilnehmern der Antragskonferenz deshalb auch eine Beteiligungsmöglichkeit im Rahmen der schriftlichen Erörterung eröffnet werden.225 Verfahrenspraktisch kann dies dadurch geschehen, dass die BNetzA alternative Korridorvorschläge der Länder, die ihr erst nach der Antragskonferenz übermittelt werden, auf die Website stellt und den Teilnehmern der Antragskonferenz Gelegenheit zur Äußerung gibt. 220 Zum Umgang mit alternativen Korridorvorschlägen anderer Beteiligter, die in Abs. 3 nicht ausdrücklich erwähnt sind, näher unten Rn 157. 221 Siehe oben Rn 138. 222 Siehe oben Rn 9. 223 Hierzu sogleich näher Rn 153 ff. 224 Dieses Verständnis der Vorschrift wird durch die Formulierung des Abs. 2 S. 3 nahegelegt, wonach die Alterativvorschläge der Länder in „einer“ (nicht in „der“) Antragskonferenz erörtert werden können. 225 Für die kommunalen Gebietskörperschaften hat der Gesetzgeer diese Möglichkeit in Abs. 3 S. 3 ausdrücklich vorgesehen. Danach können die Gemeinden ein Freileitungsprüfverlangen auch im Rahmen der schriftlichen Erörterung vorbringen. Näher dazu unten Rn 156. Sangenstedt/Salm
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3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung
NABEG § 7
Eine Nachbereitung der Antragskonferenz wird häufig auch bei anderen Fragen, die Ge- 148 genstand der Konferenz sind, erforderlich sein. Selbst bei vertiefter Vorbereitung wird es den Teilnehmenden nicht immer möglich sein, sich zu allen relevanten Aspekten schon im Termin selbst abschließend zu äußern. Die BNetzA sollte daher in solchen Fällen Gelegenheit geben, das Vorbringen nach Beendigung der Antragskonferenz noch um Beiträge zu ergänzen, die für eine vollständige Aufklärung der Materie benötigt werden. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass die Festlegung des Untersuchungsrahmens auf sachlich und fachlich ausreichend untersetzter Grundlage erfolgt.
d) Organisation und praktische Durchführung. Für die Antragskonferenz muss ein geeigneter Termin bestimmt werden. Bei der Terminierung ist einerseits zu berücksichtigen, dass den Teilnehmenden eine ausreichende Vorbereitung ermöglicht werden muss. Andererseits muss der BNetzA anschließend genügend Zeit verbleiben, um die Ergebnisse der Antragskonferenz – einschließlich später noch hinzukommender Informationen aus der Nachbereitung – innerhalb der Regelfrist von zwei Monaten (Abs. 5) auszuwerten und auf dieser Grundlage die Festlegungen zum Untersuchungsrahmen zu treffen. Die anzusetzende Dauer der Antragskonferenz richtet sich nach dem zu erwartenden Beratungsbedarf. Dieser ist von der BNetzA anhand des Antrags und anderer zeitbestimmender Faktoren abzuschätzen. Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein können, sind beispielsweise die Länge des beantragten Trassenkorridors, vorliegende oder angekündigte Alternativvorschläge, Art und Umfang voraussichtlicher Konfliktpotenziale sowie die Haltung der betroffenen Öffentlichkeit gegenüber dem Vorhaben. Die Antragskonferenz muss nicht zwingend eintägig durchgeführt werden; denkbar ist auch eine zwei- oder mehrtägige Veranstaltung mit jeweils unterschiedlichen Themenschwerpunkten.226 Auch die Auswahl des Konferenzorts liegt grds. im Ermessen der BNetzA. Generell sollten jedoch nur Örtlichkeiten in Betracht gezogen werden, die für die Beteiligten, insbesondere die betroffene Öffentlichkeit, verkehrstechnisch (auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln) gut erreichbar sind, und zwar zu den Zeiten, in denen die Konferenz stattfindet. Bei sehr langen Trassenkorridoren kann die Antragskonferenz ggf. auch regionalisiert werden, d. h. die Beratungsmaterie kann auf mehrere Teilkonferenzen aufgeteilt werden, die sich dann jeweils schwerpunktmäßig mit bestimmten Korridorabschnitten befassen. Ein solches Vorgehen kann insbesondere bei länderübergreifenden Vorhaben Vorteile bieten, weil die Behördenbeteiligung hierdurch – bei entsprechender Abschnittbildung – auf Behörden eines Landes beschränkt werden kann. Über erhebliche Gestaltungsspielräume verfügt die BNetzA schließlich auch bei der praktischen Durchführung der Antragskonferenz. Hier kann sie alle Maßnahmen ergreifen, die nach ihrer Einschätzung geeignet und sinnvoll sind, um den Zweck der Veranstaltung zu fördern, den Termin handhabbar zu machen und die Ordnung in der Sitzung zu gewährleisten. Zulässig wäre beispielsweise, eine Teilnahme an der Konferenz nur nach vorheriger Anmeldung zuzulassen,227 für die Behandlung einzelner Tagesordnungspunkte einen Zeitrahmen vorzugeben oder eine Redezeitbegrenzung einzuführen. Denkbar wäre ferner, die organisatorische Vorbereitung der Antragskonferenz oder sogar die Sitzungsleitung selbst nach § 29 mit Zustimmung des Vorhabenträgers ganz oder teilweise einem Projektmanager zu übertragen.228 Wegen der Komplexität der Materien, die in der Antragskonferenz zu behandeln sind, dürfte es 226 So auch zum Scoping-Termin bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 20. 227 Beispiel aus Begr. RegE BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 228 In der Liste der Aufgaben, die der Projektmanager nach § 29 übernehmen kann, finden sich zwar die Vorbereitung und Leitung des Erörterungstermins, nicht aber die Übertragung entsprechender Aufgaben bei der Antragskonferenz. Die dortige Aufzählung ist jedoch nicht abschließend; daher können die Möglichkeiten des § 29 auch im vorliegenden Zusammenhang nutzbar gemacht werden. 641
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§ 7 NABEG
V. Alternativvorschläge der Länder und anderer Beteiligter (Abs. 3)
sich überdies in besonderem Maße empfehlen, die Ergebnisse des Termins in einem Protokoll festzuhalten. Bei der Bestimmung der Handlungsmöglichkeiten und Befugnisse, die dem Verhandlungsleiter zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Konferenz und zum Umgang mit Störungen zur Verfügung stehen, können als Orientierungsmaßstab die einschlägigen Vorschriften für Erörterungstermine (§ 73 Abs. 6 S. 6 i. V. m. § 68 Abs. 3 VwVfG; § 18 Abs. 3 bis 5 der 9. BImSchV) dienen.
V. Alternativvorschläge der Länder und anderer Beteiligter (Abs. 3) 153 Neben der öffentlichen Antragskonferenz hat der Gesetzgeber in Abs. 3 in einem weiteren Punkt rechtliches Neuland beschritten und das Planungsrecht um einen innovativen Ansatz bereichert. In diesen Bestimmungen ist er soweit ersichtlich erstmalig von einer traditionell „heiligen Kuh“ des deutschen Verwaltungsrechts im Bereich der Antragsverfahren abgerückt, nämlich der Bindung der Behörde an den Antrag des Vorhabenträgers.229 Nach S. 1 der Vorschrift können Länder, auf deren Gebiet ein vom Vorhabenträger nach § 6 beantragter Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, eigene abweichende Vorschläge über den Verlauf des Trassenkorridors machen. Voraussetzung ist nach S. 1 allerdings, dass die Vorschläge in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern gemacht werden. Nach S. 4 ist die BNetzA weder an den Antrag des Vorhabenträgers noch an die Vorschläge der Länder gebunden. Konkret bedeutet dies, dass der Prüf- und Entscheidungsgegenstand der Bundesfachplanung nicht zwingend durch den Antrag des Vorhabenträgers determiniert wird. Vielmehr hat die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens zu bestimmen, ob es sich bei dem abweichenden Vorschlag des Landes um eine „ernsthaft in Betracht kommende“ Alternative handelt, die in das Prüfprogramm der Bundesfachplanung einzubeziehen ist. Hierdurch erhalten die Länder die Möglichkeit, Einfluss auf Gegenstand und Inhalt der Bundesfachplanung zu nehmen. Ob sich der Alternativvorschlag des Landes dann im Ergebnis durchsetzt, ist eine Frage der Abwägung – immerhin bietet das Verfahren hierfür Chancen. Wegen der Einzelheiten und der Konsequenzen für die Ausgestaltung der Bundesfachplanung wird auf die eingehende Darstellung im Abschnitt III.1 verwiesen. 154 Die Öffnung für alternative Planungsvorstellungen der Länder wird man wohl als Kompensation dafür verstehen können, dass die Länder durch die Einführung der Bundesfachplanung eigene Planungszuständigkeiten verloren haben. In der NABEG-Novelle 2019230 wurde § 7 Abs. 3 S. 1 um die Anforderung ergänzt, dass Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, Alternativvorschläge i. S. d. § 6 S. 7 Nr. 1 nur in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern machen können. Ziel dieser Neuregelung ist es, das „gesamte Potential des Länderengagements bei der Planung zu nutzen, indem Alternativvorschläge konstruktiv und sachgerecht gemeinsam von den jeweils betroffenen Ländern erarbeitet werden“.231 Als betroffen gelten vor allem die Länder, auf deren Gebiet der alternative Trassenkorridor verlaufen würde; einbezogen werden sollten aber auch solche Länder, auf deren Gebiet der Trassenkorridor nach dem Antrag des Vorhabenträgers verlaufen soll.232 Durch die Ergänzung in § 7 Abs. 3 S. 1 soll unterbunden werden, dass ein Land Alternativvorschläge mit dem ausschließlichen oder vorrangigen Ziel vorlegt, seine eigene Betroffenheit durch den Trassenkorridor auszuschließen, und das Verfahren damit unnötig verzögert.233 Außerdem soll verhindert werden, dass die Verfahren durch widerstreitende Alternativvorschläge konkurrierender Länder belastet werden, die sich den Verlauf des Trassenkorridors jeweils gegenseitig „zuschieben“ möchten. Ziel des § 7 Abs. 3 ist es demgegenüber, die Länder bereits im Vorfeld der An229 230 231 232 233
Siehe hierzu bereits oben Rn 12. Siehe oben Rn 9. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 72. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 72. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 72.
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V. Alternativvorschläge der Länder und anderer Beteiligter (Abs. 3)
NABEG § 7
tragskonferenz oder der schriftlichen Erörterung nach Abs. 3 S. 2234 zu einer Harmonisierung unterschiedlicher eigener Planungsvorstellungen zu veranlassen. Ein alternativer Korridorverlauf außerhalb des eigenen Gebiets kann deshalb länderseitig nur vorgeschlagen werden, wenn alle von dem Vorschlag betroffenen Länder bei dessen Ausarbeitung einbezogen worden sind. Bei der Einbringung des Vorschlags hat das vorschlagende Land darzulegen, dass eine entsprechende Abstimmung stattgefunden hat. Für die verfahrensmäßige Behandlung alternativer Korridorvorschläge der Länder sieht 155 Abs. 3 S. 2 zwei Optionen vor. Solche Vorschläge können entweder in einer Antragskonferenz oder schriftlich erörtert werden. Obwohl in Abs. 4 nicht ausdrücklich erwähnt, geht das Ergebnis der schriftlichen Erörterung, ebenso wie der Ertrag der Antragskonferenz, in die Festlegung des Untersuchungsrahmens ein.235 Zur Einhaltung der Frist des Abs. 5 ist es daher unerlässlich, dass die schriftliche Erörterung noch im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragskonferenz stattfindet.236 Nach Abs. 3 S. 3 ist für die schriftliche Erörterung § 3 Abs. 3 BBPlG entsprechend anzu- 156 wenden. Mit dem Verweis auf diese Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass Gebietskörperschaften, die von einem länderseitig vorgeschlagenen Alternativkorridor betroffen wären, ein Freileitungsprüfverlangen nach § 3 Abs. 3 BBPlG nicht nur in der Antragskonferenz, sondern auch im Rahmen der schriftlichen Erörterung nach Abs. 3 S. 2 einbringen können.237 Diese Regelung gilt allein für die im Bundesbedarfsplan gekennzeichneten HGÜ-Leitungen, die grundsätzlich nur als Erdkabel zulässig sind und lediglich ausnahmsweise auf bestimmten Teilstrecken als Freileitung zugelassen werden können.238 Das Freileitungsprüfverlangen der Gebietskörperschaft richtet sich – ebenso wie der alternative Korridorvorschlag des Landes, auf den es sich bezieht – an den Vorhabenträger. Beide sind bei der Vorbereitung der Unterlagen nach § 8 im Kontext zu prüfen. Dementsprechend sind beide Elemente auch Gegenstand der schriftlichen Erörterung nach Abs. 3 S. 2 und des Untersuchungsrahmens nach Abs. 5. Sofern die formellen Voraussetzungen239 erfüllt sind, gibt die BNetzA dem Vorhabenträger bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens neben der Prüfung des – vom Land vorgeschlagenen – alternativen Trassenkorridors für eine Erdverkabelung auch die Prüfung der Freileitungsvariante auf den von der Gebietskörperschaft vorgeschlagenen Teilabschnitten auf.240 Kommt der Vorhabenträger dabei zu dem Ergebnis, dass eine Ausführung innerhalb des landesseitig gewünschten Alternativkorridors vorzugwürdig ist und dem Verlangen der Gebietskörperschaft entsprechend als Freileitung in Betracht kommt, so kann er in den Unterlagen nach § 8 NABEG ein solches Vorgehen vorschlagen. In diesem Fall ist nach § 3 Abs. 3 S. 2 BBPlG ausnahmsweise eine Ausführung als Freileitungsvariante auf Teilabschnitten innerhalb des Alternativkorridors zulässig. Die Zulassung dieser Ausführung liegt nach § 3 Abs. 3 S. 3 BBPlG jedoch allein bei der BNetzA („auf Verlangen der BNetzA“). Sie ist nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und S. 3 Teil ihrer Entscheidung über die Bundesfachplanung. Nach seinem Wortlaut bezieht sich Abs. 3 allein auf länderseitig vorgeschlagene Korridoral- 157 ternativen. Jedoch lässt sich der Begründung des Regierungsentwurfs entnehmen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten des Abs. 3 nicht exklusiv auf Alternativvorschläge der Länder beschränkt wissen wollte. Bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens, so heißt es dort, soll die BNetzA nicht nur die Vorstellungen der Länder, sondern auch Vorschläge anderer Beteilig234 235 236 237 238 239
Siehe hierzu sogleich Rn 155. Siehe dazu auch Rn 161. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 73. Vgl. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 73. Vgl. BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 73 sowie oben Rn 47. Behandelt werden können nur prüffähige Vorschläge (siehe dazu sogleich Rn 158). Bei einem Freileitungsprüfverlangen müssen außerdem die formellen Voraussetzungen des § 3 BBPlG vorliegen. 240 BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 12 f. 643
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§ 7 NABEG
VI. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 4 und 5)
ter der Antragskonferenz zu alternativen Trassenkorridoren berücksichtigen.241 Damit ist der Anwendungsbereich der Vorschrift weiter zu fassen als der Text auf den ersten Blick erkennen lässt. Allerdings sieht das Gesetz für Alternativvorschläge anderer Akteure keine Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern voraus. Deshalb wird in diesen Fällen in besonderem Maße darauf zu achten sein, dass dem Vorschlag eine nachvollziehbare Erläuterung beigefügt wird, die plausibel macht, aus welchen Gründen eine räumliche Verlagerung des Trassenkorridors gewünscht wird und weshalb der vorgeschlagene Alternativkorridor den Antragstellern besser geeignet erscheint.242 Die Berechtigung zur Einbringung von Freileitungsprüfverlangen nach Abs. 3 S. 3 158 i. V. m. § 3 Abs. 3 BBPlG hat der Gesetzgeber dagegen nur den betroffenen Gebietskörperschaften eingeräumt. Anderen potentiell Betroffenen, deren Vereinigungen (z. B. Bauernverband) oder Umweltschutzverbänden, deren satzungemäßer Aufgabenbereich von dem Vorhaben berührt wird, steht dieses Instrument nicht zur Verfügung.243 Sie können bei der Beteiligung am Verfahren zwar vorbringen, dass eine der in § 3 Abs. 1 BBPlG genannten Freileitungsausnahmen vorliegt. Die Geltendmachung örtlicher Belange, die die Prüfung des Einsatzes einer Freileitung verlangen, obliegt dagegen nach § 3 Abs. 3 BBPG allein den Gebietskörperschaften. Das Freileitungsprüfverlangen einer Gebietskörperschaft ist hier als Verfahrensvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Freileitungsausnahme ausgestaltet. Dritten bleibt in solchen Fällen deshalb nur die Möglichkeit, bei ihrer Gemeinde darauf hinzuwirken, dass diese sich am Verfahren beteiligt und ein entsprechendes Prüfverlangen einbringt. 159 Um Eingang in die Bundesfachplanung zu finden, müssen die Alternativvorschläge der Länder und anderer Beteiligter prüffähig, d. h. hinreichend bestimmt und mit einer Begründung versehen sein, die verdeutlicht, weshalb der vorgeschlagene Korridor oder eine gewünschte Freileitungsvariante aus der Sicht der Protagonisten eine ernsthaft in Betracht zu ziehende Alternative darstellt.244 Nur Vorschläge, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind in einer Antragskonferenz oder im schriftlichen Verfahren nach Abs. 3 S. 2 zu erörtern. Ob der Vorhabenträger die Alternative aufzugreifen und seine Unterlagen entsprechend anzupassen hat, entscheidet die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 4.245
VI. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 4 und 5) 160 Nach Abs. 4 legt die BNetzA einen Untersuchungsrahmen fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der nach § 8 einzureichenden Unterlagen. In der Sache handelt es sich dabei um verfahrensleitende Entscheidungen, mit denen der nachfolgende Prüf- und Entscheidungsprozess inhaltlich konkretisiert und vorstrukturiert wird. Rechtlich ist die Entscheidung kein Verwaltungsakt; vielmehr hat sie den Charakter eines nach § 44a VwGO nicht selbständig anfechtbaren Verfahrensrealakts.246 Der Untersuchungsrahmen umfasst grundsätzlich das gesamte Prüfprogramm, das zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 12 über die Bundesfachplanung 241 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 242 Näher dazu bereits oben Rn 35. 243 Vgl. BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 12.
244 Näher dazu oben Rn 35. 245 Dazu bereits näher oben Rn 20 u. 36 ff. 246 Ebenso zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 28; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 33. In diesem Sinne auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 7 Rn 96. A. A. (feststellender Verwaltungsakt): Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 4 Rn 51; Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 13 Rn 77; differenzierend (Festlegungen zum Inhalt der Unterlagen als Verwaltungsakt) Kümper, DÖV 2016, 929, 936 f; offen lassend, allerdings gegen einen Ausschluss von Rechtsbehelfen des Vorhabenträgers nach § 44a VwGO, BK-EnR/Appel, § 7 NABEG Rn 43. Sangenstedt/Salm
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VI. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 4 und 5)
NABEG § 7
zu durchlaufen ist.247 Einzureichen hat der Vorhabenträger nach § 8 die Unterlagen, die dem Nachweis dienen, dass dem beantragten Trassenkorridor nach dem im Untersuchungsrahmen bestimmten Prüfprogramm keine im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 überwiegenden öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen. Nach Abs. 4 Hs. 1 legt die BNetzA den Untersuchungsrahmen nach pflichtgemäßem Er- 161 messen fest. Entgegen der missverständlichen Formulierung des Gesetzes gilt dasselbe für die Bestimmung der einzureichenden Unterlagen; auch dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde. Für die Ausübung des Ermessens sind vor allem die Ergebnisse der Antragskonferenz von Bedeutung; sie sind nach dem Wortlaut der Vorschrift („aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz“) Grundlage der verfahrensleitenden Entscheidungen. Wenn eine schriftliche Erörterung nach Abs. 3 S. 2 stattgefunden hat, sind auch deren Ergebnisse bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens einzubeziehen.248 Eine strikte Bindung der BNetzA an die Ergebnisse der Antragskonferenz und der schriftlichen Erörterung besteht jedoch nicht. Die Antragskonferenz und die schriftliche Erörterung dienen der Vorbereitung der nach Abs. 4 zu treffenden Entscheidungen zum Untersuchungsrahmen und zu den Unterlagen; dort selbst werden dazu aber noch keine verbindlichen Festlegungen getroffen. Ihre Resultate haben vorläufigen Charakter und stehen unter dem Vorbehalt einer Nachprüfung durch die BNetzA. Diese agiert hier also nicht lediglich als Notar der Antragskonferenz; sie hat vielmehr nach Abs. 4 eine eigene Entscheidung zu treffen, bei der sie die Ergebnisse der Antragskonferenz berücksichtigt.249 Soweit die BNetzA von den Ergebnissen der Antragskonferenz abweicht, hat sie dies in ihrer Entscheidung zu begründen. Der Gesetzgeber hat für die Bestimmung des Untersuchungsrahmens und der vorzulegen- 162 den Unterlagen keine bestimmte Form vorgegeben. Angesichts der Fülle und Komplexität der zu treffenden Festlegungen kommt jedoch nur eine schriftliche Unterrichtung des Vorhabenträgers in Betracht.250 Dabei wird es sich regelmäßig um ein umfangreiches Dokument mit diversen Vorgaben handeln. Eine Unterrichtung in schriftlicher Form ist in der Bundesfachplanung nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit geboten.251 Denn der Vorhabenträger ist nach §§ 7 Abs. 4, 8 S. 1 an die Festlegungen gebunden. Bleiben seine Unterlagen hinter diesen Vorgaben zurück, so kann dieses Versäumnis bei vorsätzlichem oder leichtfertigem Handeln nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 sogar als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.252 Deshalb muss Klarheit darüber bestehen, welche Festlegungen die BNetzA nach Abs. 4 im Einzelnen getroffen hat. Während der Vorhabenträger an die Entscheidungen nach Abs. 4 gebunden ist, besteht für 163 die BNetzA keine rechtliche Bindungswirkung. Die Unterrichtung des Vorhabenträgers erfolgt auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Planungsstandes. Sie erfolgt vorbehaltlich neuer Erkenntnisse als vorläufige Entscheidung und ist deshalb nicht geeignet, dem Vorha-
247 Zum Begriff sowie zu den Gegenständen und Inhalten des Untersuchungsrahmens eingehend oben Abschnitt II, Rn 17 f und Abschnitt III, Rn 19 ff.
248 Siehe oben Rn 155. 249 Ebenso zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Nr. 0.4.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV) vom 18.9.1995, GMBl. S. 671. 250 Ebenso für die Unterrichtung des Vorhabenträgers über voraussichtlich beizubringende Unterlagen bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 27; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 35; vgl. auch Nr. 0.4.7 der UVPVwV. 251 Die BNetzA hat für ihre bisherigen Festlegungen gem. § 7 Abs. 4 die Schriftform gewählt; vgl. nur BNetzA, Festlegung des Untersuchungsrahmens gem. § 7 Abs. 4 NABEG für das Vorhaben Nr. 11 BBPlG (Bertikow-Pasewalk) v. 14.11.2014 – 6.07.00.02/11-2-1/10.0 sowie BNetzA, Festlegung für die Unterlagen nach § 8 NABEG im Bundesfachplanungsverfahren für das Vorhaben Nr. 14 BBPlG (Röhrsdorf-Weida-Remptendorf), Abschnitt 1 (Weida-Remptendorf) v. 19.12.2016 – 6.07.00.02/14-2-1/10.0. 252 Näher dazu § 33 Rn 4 ff. 645
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§ 7 NABEG
VII. Unterbleiben der Antragskonferenz im vereinfachten Verfahren (Abs. 6)
benträger absoluten Vertrauensschutz zu vermitteln.253 Die Fachplanungsbehörde ist nicht gehindert, dem Vorhabenträger in einem späteren Verfahrensstadium aufzugeben, zu bestimmten Prüfgesichtspunkten andere oder ergänzende Unterlagen vorzulegen, wenn sich die Sachoder Rechtslage nach Konkretisierung der Planung oder bei vertiefter Prüfung der zunächst eingereichten Unterlagen anders darstellt als bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens angenommen. 164 Abs. 5 bestimmt eine Regelfrist von zwei Monaten, innerhalb derer die nach Abs. 4 zu treffenden Festlegungen abgeschlossen sein sollen. Die Frist beginnt mit der Antragstellung nach § 6. Das setzt allerdings voraus, dass der Antrag den in § 6 S. 6 und 7 genannten Anforderungen entspricht. Wenn dies nicht der Fall ist, verschiebt sich der Fristbeginn bis zur Vorlage des überarbeiteten Antrags.254 Angesichts der Vielzahl und Vielschichtigkeit der Sachfragen und Prüfaspekte, die zur Festlegung des Untersuchungsrahmens geklärt werden müssen, ist die Frist für die BNetzA eine Herausforderung. Sie dürfte in komplizierten und anspruchsvollen Fällen nicht ohne weiteres einzuhalten sein. Im Hinblick auf solche Ausnahmekonstellationen ist Abs. 5 als „Soll-Vorschrift“ angelegt. Von dieser Möglichkeit sollte allerdings im Interesse der gebotenen Beschleunigung des Netzausbaus (§ 1) nur sehr sparsam Gebrauch gemacht werden.
VII. Unterbleiben der Antragskonferenz im vereinfachten Verfahren (Abs. 6) 165 Die Antragskonferenz kann nach Abs. 6 unterbleiben, wenn die Voraussetzungen des § 11 für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen. Ein vereinfachtes Verfahren für die Bundesfachplanung kommt nach § 11 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 nur bei Ausbaumaßnahmen in Betracht, für die ein bereits bundesfachplanerisch bestimmter Trassenkorridor lediglich geringfügig geändert wird oder die kleinräumig außerhalb eines in einem Raumordnungsplan ausgewiesenen Trassenkorridors verlaufen sollen. Ausgeschlossen ist das vereinfachte Verfahren nach § 11 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, wenn die Änderung der bestehenden Bundesfachplanung oder die kleinräumige Überschreitung eines raumplanerisch festgelegten Trassenkorridors zu erheblichen Umweltauswirkungen führen kann und daher eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist. 166 Nach Auffassung des Gesetzgebers handelt es sich bei den Vorhaben, die im vereinfachten Verfahren behandelt werden können, typischerweise um vergleichsweise einfach gelagerte Fälle, für die wegen ihrer Überschaubarkeit und geringeren Komplexität eine Antragskonferenz entbehrlich sein kann. Insoweit gilt allerdings keine Automatik. Ob von einer Antragskonferenz abgesehen werden kann oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls, die die BNetzA nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat.255
253 So auch die einhellige Auffassung zur Parallelregelung in § 15 UVPG (Unterrichtung über den Untersuchungsrahmen); vgl. Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 28; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 33; Peters/ Balla/Hesselbarth, § 15 Rn 18. 254 Siehe oben Rn 137. 255 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Sangenstedt/Salm
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§ 8 Unterlagen Der Vorhabenträger legt der Bundesnetzagentur auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz in einer von der Bundesnetzagentur festzusetzenden angemessenen Frist alle laut Untersuchungsrahmen nach § 7 Absatz 4 erforderlichen Unterlagen vor. Bei absehbarer Nichtwahrung der Frist ist rechtzeitig vor Fristablauf ein Verlängerungsantrag durch den Vorhabenträger bei der Bundesnetzagentur zu stellen. Die Bundesnetzagentur entscheidet über den Verlängerungsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen. 44 des Energiewirtschaftsgesetzes ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bundesnetzagentur die nach § 44 Absatz 1 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes zuständige Behörde ist. Die Bundesnetzagentur prüft die Vollständigkeit der Unterlagen. § 21 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Vorlage 9 der Unterlagen (S. 1 bis 3) 9 Ausgestaltung als Rechtspflicht Abgrenzung von der Antragstellung nach 11 §6 13 Vorzulegende Unterlagen (S. 1)
1. 2. 3.
4.
Vorlagefrist und Fristverlängerung (S. 1 bis 16 3)
III.
Vorarbeiten (S. 4)
IV. 1. 2.
26 Vollständigkeitsprüfung (S. 5 und 6) 26 Bedeutung der Vollständigkeitsprüfung Prüfmaßstab (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 28 S. 2) Weitere Verfahrensfragen (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 31 S. 1 u. 3 bis 5)
1 3
3.
19
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Vorschrift umreißt den der Festlegung des Untersuchungsrahmens (§ 7 Abs. 4) nachfolgen- 1 den Verfahrensschritt. Nach S. 1 hat der Vorhabenträger der BNetzA binnen einer angemessenen Frist alle Unterlagen vorzulegen, die nach Maßgabe des Untersuchungsrahmens für die Bundesfachplanung erforderlich sind. Kann er die Vorlagefrist nicht einhalten, hat er nach S. 2 rechtzeitig eine Verlängerung zu beantragen, worüber die BNetzA gem. S. 3 nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. S. 4 stellt klar, dass der Vorhabenträger oder seine Beauftragten berechtigt sind, Vorarbeiten auf fremden Grundstücken i. S. d. § 44 EnWG durchzuführen, soweit diese Arbeiten für die Erstellung der Unterlagen nach § 8 erforderlich sind; zuständig für die Anordnung einer entsprechenden Duldung des betroffenen Grundeigentümers oder Nutzungsberechtigten ist die BNetzA. Nach S. 5 hat die BNetzA die Vollständigkeit der vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen zu prüfen. Die Vollständigkeitsprüfung umfasst nach S. 6 entsprechend § 21 Abs. 5 sowohl die formelle Vollständigkeit als auch die Plausibilität der Unterlagen und ist innerhalb eines Monats abzuschließen.
2. Regelungszweck § 8 ist gewissermaßen das Gegenstück zu § 7. Geht es bei der Regelung über den Untersuchungs- 2 rahmen darum, das Prüfprogramm der Bundesfachplanung zu konkretisieren und – darauf auf647 https://doi.org/10.1515/9783110670516-053
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§ 8 NABEG
I. Allgemeines
bauend – den Inhalt der einzureichenden Antragsunterlagen zu bestimmen, soll § 8 dafür sorgen, dass die verfahrensleitenden Festlegungen der BNetzA anschließend vom Vorhabenträger ohne Zeitverzug den Vorgaben entsprechend umgesetzt werden.1 Sowohl für die Vorlage der Unterlagen durch den Vorhabenträger als auch für deren Prüfung durch die BNetzA sind Fristen vorgesehen. Erleichtert werden soll die Unterlagenerstellung überdies durch eine flankierende Bestimmung, die die Rechtsgrundlage für hierzu notwendige Vorarbeiten auf fremden Grundstücken schafft.
3. Entstehungsgeschichte 3 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vom 28.7.20112 erlassen. In ihrer ursprünglichen, wesentlich umfangreicheren Fassung folgte sie dem Regelungsvorschlag des Regierungsentwurfs, der im Gesetzgebungsverfahren unverändert blieb. Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 4 20193 wurden zwei Ergänzungen vorgenommen. Eingefügt wurde zum einen der heutige S. 4 (damals S. 2), der für Vorarbeiten, die zur Erarbeitung von Unterlagen nach § 8 durchgeführt werden müssen, die entsprechende Anwendung des § 44 EnWG vorsieht. Zum anderen wurde der heutige S. 6 (damals S. 8) angefügt, wonach für die Vollständigkeitsprüfung der Unterlagen des Vorhabenträgers durch die BNetzA § 21 Abs. 5 entsprechend anzuwenden sein soll. Erhebliche Änderungen hat § 8 jüngst durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bun5 desbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 20214 erfahren, das am 4. März 2021 in Kraft getreten ist. Klargestellt hat der Gesetzgeber zunächst in S. 1, dass der Vorhabenträger fristgerecht nicht nur die für die raumordnerische Beurteilung und die SUP erforderlichen Unterlagen (so die frühere missverständliche Formulierung), sondern alle Unterlagen vorzulegen hat, die nach dem Untersuchungsrahmen, den die BNetzA zuvor nach § 7 Abs. 4 festgelegt hat, für die Bundesfachplanung benötigt werden.5 Eingefügt wurden ferner die neuen S. 2 und 3, die bestimmen, wie zu verfahren ist, wenn für den Vorhabenträger absehbar wird, dass er die Frist zur Vorlage der Unterlagen nicht wahren kann. In diesem Fall hat er rechtzeitig vor Fristablauf einen Verlängerungsantrag zu stellen, über den die BNetzA nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Daneben wurden verschiedene Streichungen vorgenommen. Weggefallen ist zum einen die 6 bisherige Regelung, wonach § 40 Abs. 3 und 4 UVPG entsprechend anzuwenden sein sollten (zuletzt S. 3). Die genannten Bestimmungen des UVPG befassen sich mit Fragen der SUP, und zwar konkret mit der vorläufigen Bewertung der ermittelten Umweltauswirkungen im Umweltbericht (§ 40 Abs. 3 UVPG) sowie mit der Aufnahme von Angaben in den Umweltbericht, die der zuständigen Behörde bereits aus anderen Verfahren oder Tätigkeiten vorliegen (§ 40 Abs. 4 UVPG). Ihre Streichung aus § 8 erfolgte aus Klarstellungsgründen, weil sie nach Auffassung des Gesetzgebers in der Bundesfachplanung unmittelbar gelten und nicht lediglich entsprechend heranzuziehen sind.6 Dieser Beurteilung ist zuzustimmen; tatsächlich hatte der frühere Verweis des § 8 auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 40 Abs. 3 UVPG eher zur Verwirrung als zur Erhellung beigetragen.7 1 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 11. 2 BGBl. I 2011 S. 1690. 3 BGBl. I 2019 S. 706. Zu den Inhalten dieser auch als „NABEG 2.0“ bezeichneten Beschleunigungsnovelle im Einzelnen Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195; Kelly/K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577; Ruge, EnWZ 2019, 1. BGBl. I 2021 S. 298. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. Vgl. dazu die Ausführungen in der Vorauflage, § 8 Rn 12 ff.
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1. Ausgestaltung als Rechtspflicht
NABEG § 8
Aufgehoben wurden außerdem die bisherigen S. 4 – 6, die den Umgang mit Unterlagen 7 behandelten, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder geschützte personenbezogene Daten enthalten. Bei dieser Streichung handelt es sich um keine inhaltliche, sondern eine bloß redaktionelle Folgeänderung. Sie ist dem Umstand geschuldet ist, dass die Anforderungen an Geheimhaltung und Datenschutz für alle Planungs- und Zulassungsverfahren, die nach den Vorschriften des NABEG durchgeführt werden, nunmehr einheitlich im Abschnitt 4 geregelt werden, und zwar in dem neuen § 30a.8 Schließlich wurde die mit der Novelle 2019 eingeführte Vorschrift über Vorarbeiten (S. 4)9 8 noch einmal präzisiert. Klargestellt wurde, dass sich die Zuständigkeit der BNetzA bei der entsprechenden Anwendung des § 44 EnWG ausschließlich auf die Anordnung der Duldung von Vorarbeiten durch den betroffenen Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten bezieht (§ 44 Abs. 1 S. 2 EnWG), nicht aber auf die Festsetzung eine möglichen Entschädigung nach § 44 Abs. 3 S. 2 EnWG.10
II. Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Vorlage der Unterlagen (S. 1 bis 3) 1. Ausgestaltung als Rechtspflicht Die Formulierung des S. 1 („Vorhabenträger legt […] vor“) sowie die Entscheidung des Gesetzge- 9 bers, dass bestimmte vorsätzlich oder leichtfertig begangene Verstöße gegen diese Vorschrift nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können,11 machen deutlich, dass die Einreichung der erforderlichen Unterlagen keine bloße Obliegenheit, sondern eine Rechtspflicht des Vorhabenträgers darstellt. Es soll dem Antragsteller also nicht selbst überlassen bleiben, inwieweit er den Fortgang des Verfahrens durch Übermittlung von Unterlagen fördert oder nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Rechtslage bei der Bundesfachplanung wesentlich von der Situation in anderen Antragsverfahren. So ist dem Träger eines UVP-pflichtigen Vorhabens, wenn er eine Ablehnung seines Antrags vermeiden möchte, zwar anzuraten, alle Unterlagen vorzulegen, deren Beibringung die Behörde nach Durchführung eines Scopings für geboten hält; jedoch sieht § 15 UVPG keine entsprechende Verpflichtung vor.12 Die Ausweisung „echter“ Verpflichtungen sowohl zur Antragstellung (vgl. § 6 S. 2, § 12 10 Abs. 2 S. 4) als auch zur Vorlage der Antragsunterlagen (§ 8 S. 1, § 21 Abs. 1) wird z. T. als unangemessene Verengung der Befugnis des privaten Netzbetreibers zur autarken Investitionsentscheidung betrachtet.13 Dabei wird indessen ausgeblendet, dass der Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers hier der Erfüllung einer im gesamtstaatlichen Interesse liegenden Aufgabe dient,14 nämlich der Beschleunigung des Stromnetzausbaus. Die länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, für die nach § 4 durch die Bundesfachplanung Trassenkorridore zu bestimmen sind, werden nach § 12e Abs. 2 EnWG im Bundesbedarfsplan ausgewiesen. Nach § 12e Abs. 4 EnWG stellt der Bundesbedarfsplan für die in ihm enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf fest; diese Feststellungen sind auch für die ÜNB verbindlich. Nach § 11 EnWG sind 8 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. 9 Siehe oben Rn 4. 10 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. Dieser Hinweis findet sich zwar bereits in der Begründung des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BT-Drucks. 19/7375, S. 73). Offenbar erschien er dem Gesetzgeber später aber nicht mehr ausreichend, weshalb nunmehr eine ausdrückliche Regelung im Gesetz selbst getroffen worden ist. 11 Zu den Grenzen dieses Bußgeldtatbestandes unten Rn 18. 12 Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 34; zustimmend Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 28. 13 Kment, RdE 2011, 344 f. 14 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 32 f. 649
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§ 8 NABEG
II. Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Vorlage der Unterlagen (S. 1 bis 3)
die ÜNB zum bedarfsgerechten Ausbau des Netzes verpflichtet. Diese Verantwortung schließt eine fristgerechte Antragstellung ein.15 An sie muss sich konsequenterweise eine zeitgerechte und vollständige Übermittlung der benötigten Antragsunterlagen anschließen, wenn das Verfahren nach Antragstellung nicht gleich wieder ins Stocken geraten soll. Nur wenn die Bundesfachplanung vom Vorhabenträger in allen Phasen aktiv unterstützt und vorangetrieben wird, kann das in § 1 genannte Ziel eines beschleunigten Stromnetzausbaus erreicht werden. Diesem Zweck dient die Ausgestaltung der Unterlagenregelung als verpflichtender Tatbestand. Es geht dabei nicht um irgendein „wohlverstandenes“ Eigeninteresse der ÜNB, sondern um das öffentliche Interesse an einer zügigen und zielführenden Durchführung der Verfahren.16
2. Abgrenzung von der Antragstellung nach § 6 11 Nach § 6 S. 1 beginnt das Verfahren der Bundesfachplanung mit dem Antrag des Vorhabenträgers, dem nach § 6 S. 6 und 7 verschiedene Angaben und Erläuterungen beizufügen sind. Das Verhältnis dieser Bestimmung zur Regelung über die vorzulegenden Unterlagen (§ 8) wird in der Begründung des Regierungsentwurfs erläutert. Es handele sich, so heißt es dort, um eine zweistufige Antragstellung: Zunächst habe der Vorhabenträger lediglich die Unterlagen vorzulegen, die erforderlich seien, um die Durchführung einer Antragskonferenz zu ermöglichen (§ 6 S. 6 und 7). Anschließend seien nach Maßgabe des Untersuchungsrahmens die Unterlagen einzureichen, die für die weiteren Prüfungen im Verfahren benötigt würden (§ 8).17 Diese Darstellung beschreibt das Verhältnis der beiden genannten Vorschriften durchaus 12 zutreffend, bringt die Dinge aber noch nicht vollständig auf den Punkt. Der Unterschied zwischen den nach § 6 und den nach § 8 vorzulegenden Unterlagen besteht nicht allein darin, dass nach behördlicher Festlegung des Untersuchungsrahmens die zur Untersetzung und Begründung des ursprünglichen Antrags dienenden Unterlagen vervollständigt werden müssen. Vielmehr kann es im Einzelfall geboten sein, auch den Antrag selbst – d. h. seinen Tenor – zu verändern. Die Antragstellung nach § 6 hat lediglich vorläufigen Charakter. Sie steht unter dem Vorbehalt der verfahrensleitenden Entscheidungen, die die BNetzA nach § 7 Abs. 4 zu treffen hat. Hierzu gehört u. a. die Bestimmung der Trassenkorridore, die im weiteren Verfahren zu betrachten sind. Zwar enthält der Antrag des Vorhabenträgers nach § 6 S. 7 Nr. 1 bereits einen Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf des Trassenkorridors (Vorzugslösung) sowie eine Darlegung der aus Antragstellersicht in Frage kommenden Alternativen. Jedoch ist die BNetzA an diesen Antrag nicht gebunden (§ 7 Abs. 3 S. 4). Vielmehr kann sie bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens bestimmen, dass andere ernsthaft in Betracht kommende Korridorverläufe, die ein Land oder ein sonstiger Beteiligter nach § 7 Abs. 3 S. 1 vorschlägt, in die Planung einzubeziehen sind.18 Entscheidet die BNetzA in dieser Weise, hat der Vorhabenträger seine Planung entsprechend anzupassen. Die nach § 8 vorzulegenden Unterlagen sind dann um den neuen Vorschlag zu ergänzen. Betroffen ist davon insbesondere der Alternativenvergleich, der im Rahmen der Abwägung der von der Planung berührten Belange vorzunehmen ist. Er muss um die hinzukommende Variante erweitert werden. Dabei kann sich herausstellen, dass frühere 15 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 24, wo darauf hingewiesen wird, dass eine fristgerechte Antragstellung zu den Maßnahmen gehöre, die von der Regulierungsbehörde nach § 65 Abs. 2a EnWG durchgesetzt werden können. 16 Weniger überzeugend erscheint das weitere Argument aus der Begründung des Regierungsentwurfs, wonach die Verpflichtung zur Vorlage der Unterlagen Ausdruck des Verursacherprinzips sei: Wer ein umweltrelevantes Vorhaben verwirklichen wolle, müsse auch die Informationen liefern, die notwendig seien, um die Raum- und Umweltwirkungen überprüfen zu können (BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25). Kritisch dazu Kment, RdE 2011, 345. 17 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 18 Eingehend dazu § 7 Rn 12, 21 und 153 ff. Sangenstedt/Salm
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3. Vorzulegende Unterlagen (S. 1)
NABEG § 8
Planungsvorstellungen des Vorhabenträgers revidiert werden müssen, weil sich ein zuvor nicht berücksichtigter Korridor als überlegen erweist.19 Die Neubewertung kann zur Folge haben, dass an die Stelle der bisherigen Vorzugslösung des Vorhabenträgers eine bislang nicht bedachte Alternativlösung tritt.
3. Vorzulegende Unterlagen (S. 1) Nach S. 1 hat der Vorhabenträger alle laut Untersuchungsrahmen nach § 7 Absatz 4 erfor- 13 derlichen Unterlagen vorzulegen. Die frühere Fokussierung der Vorschrift auf Unterlagen, die für die raumordnerische Beurteilung der Trassenkorridore und die SUP benötigt werden, ist in der Novelle 2021 zurecht korrigiert worden.20 Zwar bilden diese beiden Materien zwei besonders wichtige Prüfkomplexe der Bundesfachplanung.21 Jedoch wurde schon die frühere Fassung des S. 1 allgemein dahingehend verstanden, dass es sich hierbei um keine abschließende, sondern lediglich eine beispielhafte Aufzählung handelte. In der Tat würde eine Verengung des Blickwinkels auf die Aspekte der Raumordnung und der SUP in der Bundesfachplanung zu nicht hinnehmbaren Prüf- und Planungsdefiziten führen.22 Beizubringen hat der Vorhabenträger vielmehr, wie inzwischen auch der Wortlaut des S. 1 14 selbst unzweifelhaft zum Ausdruck bringt, Unterlagen zu allen Sachfragen und Prüfgesichtspunkten, die zum Untersuchungsprogramm der Bundesfachplanung gehören und für die Korridorplanung im konkreten Fall relevant sind. Maßgebend hierfür sind die verfahrensleitenden Entscheidungen der BNetzA nach § 7 Abs. 4. Gegenstände, Inhalt und Umfang der nach § 8 vorzulegenden Unterlagen sind dem Untersuchungsrahmen zu entnehmen, den die BNetzA aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz festlegt.23 Der Untersuchungsrahmen umfasst das Gesamtspektrum aller Prüfungen, die für die Entscheidung nach § 12 über die Bundesfachplanung durchzuführen sind. Zuschnitt und Substanz dieses Prüfprogramms richten sich nach den materiellen Anforderungen, die für die Bestimmung des Trassenkorridors maßgebend sind. Hierfür kommt es nach § 5 Abs. 1 S. 2 darauf an, dass dem Vorhaben keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Einzureichen sind demzufolge alle Unterlagen, die nach dem Prüfprogramm der Bundesfachplanung, das die BNetzA mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens konkretisiert, den Nachweis dafür liefern, dass dem beantragten Trassenkorridor keine überwiegenden Belange entgegenstehen. Hierzu gehören eine Raumverträglichkeitsstudie (RVS), in der das Vorhaben aus raumordnerischer Sicht zu beurtei-
19 § 7 Rn 38 f. 20 Dazu bereits oben Rn 5. 21 Zu den Prüfkomplexen „Raumverträglichkeit“ und „Strategische Umweltprüfung“ hat die BNetzA methodische Hilfestellungen entwickelt: BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung, Februar 2015; BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, September 2017; BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017. 22 So die Vorauflage, § 8 Rn 9 sowie BK-EnR/Appel, § 8 NABEG Rn 5; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 12. 23 Maßgebend für Inhalt und Umfang der Antragsunterlagen sind die Festlegungen der BNetzA nach § 7 Abs. 4, nicht die Ergebnisse der Antragskonferenz. Die BNetzA trifft zu den vorzulegenden Unterlagen nach pflichtgemäßem Ermessen eine eigene Entscheidung. Zwar hat sie dabei die Empfehlungen und Einschätzungen, die in der Antragskonferenz geäußert worden sind, zu berücksichtigen. Sie ist daran jedoch nicht gebunden und kann im Einzelfall auch abweichende Festlegungen treffen. Siehe dazu auch § 7 Rn 161. 651
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§ 8 NABEG
II. Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Vorlage der Unterlagen (S. 1 bis 3)
len ist,24 sowie ein Umweltbericht für die SUP, in dem die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Korridorlösung und vernünftiger Alternativen dokumentiert und vorläufig bewertet werden.25 Abgebildet werden müssen auch die Ergebnisse erforderlicher natur- und artenschutzrechtlicher Prüfungen (Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung26 und besondere artenschutzrechtliche Prüfung27) sowie der Umgang mit korridorunverträglichen sonstigen öffentlichen und privaten Belangen,28 die die BNetzA im Untersuchungsrahmen als vorhabenrelevant ausgewiesen und zu denen sie nach § 7 Abs. 4 Festlegungen getroffen hat. 15 Bei Erstellung der Unterlagen nach S. 1 für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang gem. §§ 2 Abs. 5 und 3 BBPlG sowie für Erdkabel-Pilotprojekte gem. §§ 2 Abs. 6 und 4 BBPlG gelten bestimmte inhaltliche und methodische Besonderheiten, insbesondere die folgenden: (1) § 5 Abs. 5 sieht bei Erdkabelvorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG eine Prüfung durch die BNetzA vor, inwieweit zwischen dem Anfangs- und Endpunkt der Leitung ein möglichst geradliniger Trassenkorridorverlauf erreicht werden kann. Zwar ist das Gebot der Geradlinigkeit als Prüfauftrag an die BNetzA formuliert; es beinhaltet jedoch zugleich eine Planungsvorgabe des Gesetzgebers, die sich (mittelbar) auch an den Vorhabenträger richtet. Dieser hat dem Gesichtspunkt der Geradlinigkeit schon im Rahmen seiner Planungen – und damit auch bei der Unterlagenerstellung nach § 8 – Rechnung zu tragen.29 (2) In der Raumverträglichkeitsstudie (RVS) ist bei der Prüfung, ob der ins Auge gefasste Trassenkorridor nach § 5 Abs. 2 S. 1 Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung aufweist, grundsätzlich von einer technischen Ausführung als Erdkabel sowie von einer offenen Bauweise als Regelbauweise auszugehen.30 (3) Gleiches gilt für die Erarbeitung des Umweltberichts im Rahmen der SUP. Wesentlich ist hier, dass es sich beim Einsatz von Erdkabeln um eine technische Ausführungsart handelt, bei der andere Umweltauswirkungen auftreten können als bei einem Freileitungsvorhaben.31 (4) Obwohl Fragen der technischen Ausführung oder Bauweise grundsätzlich nicht Prüfgegenstand der Bundesfachplanung sind, kann es bei HGÜ-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang zur Vermeidung eines Planungstorsos angezeigt sein, dass sich der Vorhabenträger beim Vergleich von Trassenkorridoren (Vorzugsvariante und Korridoralternativen) schon in den Unterlagen nach § 8 mit in Betracht kommenden Freileitungsausnahmen nach § 3 Abs. 2 BBPlG und mit von Gebietskörperschaften eingebrachten Freileitungsprüfverlangen nach § 3 Abs. 3 BBPlG auseinandersetzt.32
24 So auch BK-EnR/Appel, § 8 NABEG Rn 8; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 14; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, Kap. 4 Rn 56; dazu näher § 7 Rn 61 ff; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung, Oktober 2020; BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020. 25 Dazu näher § 7 Rn 74 ff. 26 Dazu näher § 7 Rn 102 ff. 27 Dazu näher § 7 Rn 108 ff. 28 Dazu näher § 7 Rn 113 ff. 29 Dazu näher Kment, NVwZ 2016, 1762 ff. Weitergehend wohl Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 5: Gebot der Geradlinigkeit nach § 5 Abs. 5 als Vorrangregelung für die Alternativenauswahl. 30 Zu erforderlichen Anpassungen in den Arbeitsschritten der RVS im Einzelnen BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 13 ff sowie BNetzA, Methodenpapier – Die Raumverträglichkeitsstudie in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, Oktober 2020. 31 Zu erforderlichen Anpassungen in den Arbeitsschritten der SUP im Einzelnen BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017, S. 17 ff sowie BNetzA, Methodenpapier – Die Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung für Vorhaben mit Erdkabelvorrang, September 2017. 32 Siehe dazu auch § 7 Rn 50, 129 und 156 sowie BNetzA, Bundesfachplanung für Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang – Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG, April 2017. Sangenstedt/Salm
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III. Vorarbeiten (S. 4)
NABEG § 8
4. Vorlagefrist und Fristverlängerung (S. 1 bis 3) Für die Vorlage der Unterlagen hat die BNetzA nach S. 1 eine angemessene Frist zu setzen. 16 Welche Frist angemessen ist, hängt davon ab, welche Unterlagen der Vorhabenträger nach Maßgabe der Festlegungen, die die BNetzA nach § 7 Abs. 4 im Lichte der Ergebnisse der Antragskonferenz trifft, zu erarbeiten und einzureichen hat. Das ist eine Frage des Einzelfalls. Ein wesentlicher Zeitfaktor wird dabei sein, inwieweit die Planungsüberlegungen des Vorhabenträgers auf der Antragskonferenz bestätigt worden sind oder Alternativvorschläge nach § 7 Abs. 3, die im ursprünglichen Antrag nach § 6 noch nicht enthalten waren, neu in die Planung einbezogen werden müssen. Nach Vorlage der Unterlagen sollte die Behörde dem Antragsteller aus Gründen der Verfahrenstransparenz entsprechend § 6 der 9. BImSchV eine schriftliche Eingangsbestätigung übermitteln. Für den Fall, dass sich die Vorlagefrist wider Erwarten als nicht ausreichend erweist, eröff- 17 nen die neuen S. 2 und 3 nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit einer Fristverlängerung. Von dieser Regelung verspricht sich der Gesetzgeber einen Beschleunigungseffekt sowie einen Gewinn an Transparenz.33 Diese Erwartung erscheint allerdings nur mit Abstrichen gerechtfertigt, weil die Bestimmung auf halbem Wege stehen bleibt und nicht konsequent zu Ende geführt wurde. Die Verlängerung erfordert nach S. 2 einen Antrag des Vorhabenträgers, der rechtzeitig – 18 d. h. sobald sich abzeichnet, dass die Frist nicht gewahrt werden kann – gestellt werden muss. Damit soll erreicht werden, dass der Antrag nicht erst nach oder unmittelbar vor Fristablauf gestellt wird, sondern so früh, dass der BNetzA noch ein ausreichendes Zeitfenster zur Prüfung verbleibt. Als „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ wird man außerdem in die Vorschrift hineinzulesen haben, dass dem Antrag eine nachvollziehbare Begründung beigefügt werden muss. Darin hat der Vorhabenträger zu erläutern, weshalb es ihm – bspw. durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen oder eine geänderte Prioritätensetzung im Verhältnis zu anderen bei ihm laufenden Planungen – nicht möglich ist, die Frist einzuhalten. Fehlt es daran, ist der Antrag nicht prüffähig und die BNetzA außerstande, eine fundierte Ermessensentscheidung nach S. 3 zu treffen. Wird die fehlende oder unzureichende Begründung auf Aufforderung der BNetzA nicht nachgeliefert oder nachgebessert, hat dies zur Konsequenz, dass der Verlängerungsantrag abgelehnt werden muss. Übermittelt der Vorhabenträger die Unterlagen gleichwohl erst nach Ablauf der – unverändert gebliebenen ursprünglichen – Vorlagefrist, bleibt die Fristüberschreitung für ihn folgenlos. Sanktionen sind hierfür nicht vorgesehen, denn als Ordnungswidrigkeit hat der Gesetzgeber in § 33 Abs. 1 Nr. 1 lediglich die Vorlage unrichtiger oder unvollständiger Unterlagen, nicht aber die verspätete Übermittlung ausgestaltet.34
III. Vorarbeiten (S. 4) Nach S. 4 sind der Vorhabenträger oder von ihm beauftragte Personen oder Unternehmen 19 entsprechend § 44 EnWG befugt, bereits im Kontext der Unterlagenerstellung für die Bundesfachplanung bestimmte Vorarbeiten auf fremden Grundstücken durchzuführen. Betroffene Grundeigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben solche Vorarbeiten innerhalb gewisser Grenzen zu dulden. Zuständig für den Erlass einer entsprechenden Duldungsverfügung nach § 44 Abs. 1 S. 2 EnWG ist die BNetzA. In ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich gilt die Bezugsvorschrift des § 44 EnWG für 20 die Planfeststellung oder Plangenehmigung von Stromleitungen. Ihre Einführung erfolgte seinerzeit mit dem Ziel, die Realisierung solcher Leitungsvorhaben zu erleichtern und zu beschleu33 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. 34 Vgl. § 33 Rn 7. 653
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III. Vorarbeiten (S. 4)
nigen.35 Für die spätere Entscheidung des Gesetzgebers, Vorarbeiten durch Ergänzung des § 8 auch auf bundesfachplanerischer Ebene zu ermöglichen, dürften ähnliche Erwägungen maßgebend gewesen sein.36 Zu beachten ist allerdings, dass bei der entsprechenden Heranziehung des § 44 EnWG im Bereich der Bundesfachplanung nicht alle Arten von Vorarbeiten, die in der Vorschrift genannt sind, gleichermaßen von Bedeutung sind. Vielmehr hat dieses Instrument hier typischerweise einen eingeschränkten Anwendungsbereich. 21 Nach der Legaldefinition in § 44 Abs. 1 S. 1 EnwG sind Vorarbeiten Vermessungen, Bodenund Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen sowie sonstige Vorarbeiten, die zu bestimmten Zwecken – nämlich zur Vorbereitung (1) der Planung eines Vorhabens, (2) der Baudurchführung eines Vorhabens oder (3) von Unterhaltungsmaßnahmen – durchgeführt werden. Bei der entsprechenden Anwendung der Vorschrift in der der Planfeststellung vorgelagerten Bundesfachplanung geht es vor allem um die erste dieser drei Zweckbestimmungen: dem Vorhabenträger soll die Vornahme von Messungen, Untersuchungen und ähnlichen „Erforschungs- und Erkundungshandlungen“ auf fremden Grundstücken ermöglicht werden, um hierdurch Daten und andere Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Erstellung der Unterlagen nach § 8 benötigt werden.37 22 Die beiden weiteren in § 44 Abs. 1 S. 1 genannten Zwecke (Vorbereitung der Baudurchführung, Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen) dürften dagegen für die Bundesfachplanung keine Rolle spielen. Einer der wichtigsten Anwendungsfälle des § 44 EnWG für Vorarbeiten zur Vorbereitung der Baudurchführung sind Untersuchungen an fremden Grundstücken, deren Ergebnisse der Vorhabenträger als Input für die Erstellung einer detaillierten Ausführungsplanung benötigt.38 In der Praxis ist es üblich, dass solche Untersuchungen aus Beschleunigungsgründen bereits vor Abschluss des Planfeststellungsverfahrens oder vor Eintritt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses erfolgen. Ein wesentlicher Faktor ist in diesem Zusammenhang die Frage, wo genau die Stromleitung verlaufen wird. Von ihr hängt nicht zuletzt ab, ob und auf welchen Grundstücken noch welche Vorarbeiten durchgeführt werden müssen, um bei der Ausführungsplanung auf eine ausreichend fundierte Datenbasis zurückgreifen zu können. Auf der Verfahrensstufe der Planfeststellung ist der konkrete Verlauf der Stromleitung bereits erkennbar, weshalb bei der Vorbereitung der Baudurchführung mit entsprechenden Annahmen operiert werden kann. Auf der Ebene der Bundesfachplanung ist die Trassenführung (Feintrassierung) der Leitung dagegen im Einzelnen noch offen, denn Prüfgegenstand ist in diesem Verfahren allein die Festlegung eines – bis zu einem Kilometer breiten – Trassenkorridors. Deshalb wäre es verfrüht, wenn sich der Vorhabenträger im Rahmen der Bundesfachplanung bereits vertieft mit den Modalitäten der späteren Baudurchführung befassen und zu diesem Zweck das Instrumentarium des § 44 EnWG einsetzen würde. Ähnliches gilt für die Vorbereitung von Unterhaltungsmaßnahmen, mit denen die spätere Umsetzung des Vorhabens gesichert werden soll.
35 Vgl. Kment/Turiaux, § 44 Rn 1. Siehe auch § 44 EnWG Rn 32, wo das Beschleunigungspotential der Vorschrift insbesondere in der Möglichkeit gesehen wird, die Vorbereitung der Baudurchführung von der Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu entkoppeln. 36 Der Gesetzesbegründung sind hierzu keine näheren Aussagen zu entnehmen (vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/ 7375, S. 73). Ein Indiz dafür, dass auch die Ergänzung des § 8 auf Beschleunigungserwägungen beruhte, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass diese Bestimmung Bestandteil des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 war (dazu bereits oben Rn 4), dessen Regelungen insgesamt darauf abzielten, den Stromnetzausbau zu erleichtern und zu beschleunigen. 37 So auch deutlich Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. 38 Vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 („Neubau Höchstspannungsleitung Niederrhein – Utforth – Osterath“), – 7 VR 12.12 –, Rn 10 (zu § 44 EnWG); BVerwG, Beschl. v. 17.8.2017 – 9 VR 2/17 –, Rn 14 f (zu § 16a FStrG); BVerwG, Beschl. v. 2.10.2014 – 9 VR 3.14 –, Rn 5 (zu § 16a FStrG); VGH München, Beschl. v. 22.10.2008 – 22 AS 08.40031, Rn 15 (zu § 17 AEG). Eine weitere praxisrelevante Fallgruppe bilden nach der Rechtsprechung Vorarbeiten, die der Vorbereitung von Ausschreibungsunterlagen für die spätere bauliche Umsetzung des Vorhabens dienen. Sangenstedt/Salm
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III. Vorarbeiten (S. 4)
NABEG § 8
Zur Vervollständigung des Bildes gehört der Hinweis, dass die Kategorie „Vorarbeiten“ (§ 44 23 EnWG) nicht mit der Figur des „vorzeitigen Baubeginns“ (§ 44c EnWG) verwechselt werden darf. Während Vorarbeiten vor der eigentlichen Durchführung der Ausbaumaßnahme stattfinden, wird beim vorzeitigen Baubeginn vorläufig zugelassen, dass noch vor der Feststellung des Plans oder der Erteilung der Plangenehmigung mit der Ausbaumaßnahme selbst in Teilen begonnen wird. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Arbeiten, die der Vorbereitung der Baudurchführung dienen und damit „Vorarbeiten“ i. S. d. § 44 EnWG sind, und solchen, die bereits zur Durchführung des Vorhabens gehören und deshalb vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach § 44c EnWG im Wege des „vorzeitigen Baubeginns“ vorläufig zugelassen werden können, kann im Einzelfall schwierig sein. So wird bspw. die Freimachung des Baufeldes durch die Entfernung störender Bäume und Sträucher oder Beseitigung baulicher und sonstiger Hinterlassenschaften einer früheren Nutzung meist nicht als Maßnahme zur Vorbereitung der Baudurchführung nach § 44 EnWG, sondern schon als Teil der Ausbaumaßnahme zu betrachten sein, die „vorzeitig“ und vorläufig nur nach § 44c EnWG zugelassen werden kann. Im Rahmen der Bundesfachplanung findet das Instrument des vorzeitigen Baubeginns allerdings keine Anwendung, weil der Gesetzgeber diese Option hier – anders als bei Vorarbeiten nach § 44 EnwG – nicht eröffnet hat. Für die Einführung einer solchen Regelung besteht weder ein praktisches Bedürfnis noch wäre sie sachgerecht, weil mit dem Bau einer Stromleitung nicht ernsthaft begonnen werden kann, solange keine Klarheit über den Verlauf der Trasse besteht. Nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zu § 44 EnWG und ähnlichen Bestimmun- 24 gen anderer Gebiete des Infrastrukturvorhabenplanungsrechts entwickelt hat,39 sind Vorarbeiten nur unter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Auch insoweit bedarf der relativ unbestimmte und weitreichende Wortlaut der Vorschrift („sonstige Vorarbeiten“) einschränkender Auslegung.40 Für die entsprechende Anwendung in der Bundesfachplanung nach S. 4 bedeutet dies zunächst, dass Vorarbeiten nur erfolgen dürfen und vom Betroffenen zu dulden sind, wenn sie geeignet sind, dem Vorhabenträger relevanten Input für die Unterlagenerstellung nach § 8 zu vermitteln. Messungen oder Untersuchungen, die keine begründete Aussicht dafür bieten, dass auf diesem Wege verfahrenserhebliche Erkenntnisse gewonnen werden können, sind ungeeignet, den Zweck der Regelung zu erfüllen. Der Zugriff auf das fremde Grundstück und die damit einhergehenden Maßnahmen müssen überdies erforderlich sein, um die fraglichen Informationen zu beschaffen. Daran fehlt es, wenn die gesuchten Angaben bspw. in einer öffentlichen Datenbank oder an anderer dem Vorhabenträger zugänglicher Stelle verfügbar sind und damit für die Bundesfachplanung nicht erst durch eigene Untersuchungen generiert zu werden brauchen. Auch dürfen keine Techniken verwendet werden, die für den Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten eine massive Belastung darstellen (z.B. „Rammkernbohrungen“), wenn der Einsatz milderer Mittel ebenso erfolgversprechend wäre. Schließlich müssen Vorarbeiten, die im Sinne des § 8 notwendig sind, im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs auch angemessen sein. Ein wesentlicher Aspekt bei der hierzu vorzunehmenden Abwägung ist nach der Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 44 EnWG der Auffassung war, die bezeichneten Vorarbeiten seien für den betroffenen Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten nur mit geringfügigen Belastungen verbunden. Daraus ziehen die Gerichte den Schluss, dass die Vorschrift keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für Vorarbeiten mit hoher Eingriffsintensität abgibt, so z. B. bei dauerhaften, besonders umfangreichen oder tiefgehenden Eingriffe in die physische Beschaffenheit des Grundstücks.41 39 Siehe dazu u. a. BVerwG, Beschluss vom 4.12.2020 („SuedOstLink“), – 4 VR 4.20 –, Rn 22 ff (zu § 44 EnWG); BVerwG, Beschl. v. 9.10.2012 („Neubau Höchstspannungsleitung Niederrhein –Utforth – Osterath“), – 7 VR 12.12 –, Rn 10 (zu § 44 EnWG); VGH München, Beschl. v. 22.10.2008 – 22 AS 08.40031, Rn 15 (zu § 17 AEG); BVerwG, Beschl. v. 17.8.2017 – 9 VR 2/17 –, Rn 14 f (zu § 16a FStrG); BVerwG, Beschl. v. 2.10.2014 – 9 VR 3.14 –, Rn 6 ff (zu § 16a FStrG). 40 So auch § 44 EnWG Rn 25. 41 Sehr instruktiv hierzu BVerwG, Beschl. v. 17.8.2017 – 9 VR 2/17 –, Rn 14 f (zu § 16a FStrG). 655
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IV. Vollständigkeitsprüfung (S. 5 und 6)
Die in S. 4 angeordnete entsprechende Anwendbarkeit des § 44 EnwRG erstreckt sich auf die gesamte Vorschrift. Eingeschlossen ist auch die Entschädigungsregelung des § 44 Abs. 3 EnWG. Konkret bedeutet dies, dass der Träger des Vorhabens eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten hat, wenn er im Hinblick auf die Erstellung der Unterlagen nach § 8 Vorarbeiten auf fremden Grundstücken durchführt oder durchführen lässt und dem betroffenen Grundeigentümer oder einem sonstigen Nutzungsberechtigten hierdurch unmittelbare Vermögensnachteile entstehen. Zuständig für die Festsetzung der Entschädigung nach § 44 Abs. 3 S. 2 ist, wie der Gesetzgeber in der jüngsten Novelle deutlicher als bisher zum Ausdruck gebracht hat, nicht die BNetzA, sondern die nach Landesrecht zuständige Behörde.42
IV. Vollständigkeitsprüfung (S. 5 und 6) 1. Bedeutung der Vollständigkeitsprüfung 26 Nach S. 5 prüft die BNetzA die Vollständigkeit der vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen. Dabei geht es um Vollständigkeit nach Maßgabe der Vorgaben, die die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 7 Abs. 4 zum erforderlichen Inhalt der einzureichenden Unterlagen getroffen hat.43 Im Rahmen der Vollständigkeitskontrolle findet jedoch noch keine vertiefte Prüfung statt, ob der vom Vorhabenträger vorgeschlagene Trassenkorridor die fachplanerischen Anforderungen erfüllt; die materielle Prüfung des Vorhabens erfolgt im Wesentlichen erst im anschließenden Verlauf des Verfahrens.44 Jedoch muss sich die BNetzA vergewissern, dass die Unterlagen auslegungsfähig sind. Dafür müssen sie so beschaffen sein, dass die Öffentlichkeit ausreichend über Risiken und Unverträglichkeiten, die mit dem Vorhaben verbunden sein können und in der Bundesfachplanung abzuarbeiten sind, sowie über die ins Auge gefassten Maßnahmen zum Umgang mit dem Konfliktpotenzial unterrichtet wird.45 Neben der Vollständigkeit der Unterlagen hat die BNetzA auch die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Erfordernisse und die vom Vorhabenträger reklamierten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu prüfen.46 27 Die Feststellung der Vollständigkeit bildet eine für das weitere Verfahren wesentliche Wegmarke. Denn dieser Zeitpunkt bestimmt zugleich den Anfang der Frist, innerhalb derer die Bundesfachplanung abzuschließen ist. Der Gesetzgeber hat hierfür in § 12 Abs. 1 eine 6 Monats-Frist vorgesehen, die mit Vorlage der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA beginnt. Sobald die Behörde festgestellt hat, dass ihr die Unterlagen vollständig vorliegen, fängt also gewissermaßen die „Verfahrensuhr an zu ticken“.
2. Prüfmaßstab (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 2) 28 Nach S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 2 umfasst die Vollständigkeitsprüfung der Unterlagen durch die BNetzA sowohl die formelle Vollständigkeit als auch eine Plausibilitätskontrolle. Der Verweis auf § 21 Abs. 5 wurde zwar erst durch die Beschleunigungsnovelle 2019 eingefügt.47 In der Sache 42 Siehe dazu bereits oben Rn 8 sowie Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 37. 43 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 44 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25: Vollständigkeitsprüfung beschränkt sich auf die formelle Vollständigkeit und Plausibilität der Unterlagen. 45 Ebenso zur Vollständigkeitsprüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 56. 46 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 34; zu den Anforderungen an den Schutz von personenbezogenen Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eingehend § 30a Rn 18 ff. 47 Siehe oben Rn 4. Sangenstedt/Salm
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3. Weitere Verfahrensfragen (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 1 u. 3 bis 5)
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handelt es sich dabei jedoch um keine Neuerung, sondern eine bloße Klarstellung. Der doppelte Prüfmaßstab aus „formeller Vollständigkeit“ und „Plausibilität“ galt nach der Begründung der ursprünglichen Fassung des Gesetzes schon immer und wurde in der Vollzugspraxis der BNetzA bei der Anwendung des § 8 auch seit jeher so gehandhabt. Damit ist sichergestellt, dass in der Bundesfachplanung und in der Planfeststellung für die Beurteilung der Vollständigkeit gleichartige Anforderungen gelten. Weder das Gesetz selbst noch seine Begründung liefern eine Erläuterung, was unter „for- 29 meller Vollständigkeit“ zu verstehen ist. Gemeint sein dürfte, dass die BNetzA die Unterlagen darauf zu prüfen hat, ob sie Aussagen zu allen Materien und Prüfgesichtspunkten enthalten, auf die entsprechend den Festlegungen nach § 7 Abs. 4 einzugehen war. Die Vollständigkeitsprüfung erschöpft sich jedoch nicht im bloßen „Abhaken“ einer “Unterlagen-Checkliste“. Ergänzend tritt eine Plausibilitätskontrolle hinzu. Bei ihr handelt es sich bereits um den Einstieg in die inhaltliche Prüfung. Sie hat sich allerdings in diesem Verfahrensstadium zunächst auf eine erste Durchsicht zu beschränken, ob die empfangenen Dokumente einleuchtend und nachvollziehbar erscheinen oder ob sich gravierende Mängel und Defizite “aufdrängen“, die die Auslegungsfähigkeit der Unterlagen in Frage stellen.48 Die Entscheidung über die Vollständigkeit der Unterlagen steht im pflichtgemäßen Ermes- 30 sen der BNetzA.49 Eine positive Feststellung schließt nicht aus, dass im Rahmen der nachfolgenden vertieften inhaltlichen Prüfungen neue Erkenntnisse oder Entwicklungen (z. B. Erlass neuer Vorschriften oder ein Wandel der einschlägigen Rechtsprechung) zutage treten, die Änderungen bei den vorgelegten Unterlagen oder die Beibringung zusätzlicher Unterlagen erfordern. Insoweit kommt dem Ergebnis der Vollständigkeitsprüfung nach S. 6 für die BNetzA ebenso wenig eine Bindungswirkung zu wie ihren verfahrensleitenden Entscheidungen nach § 7 Abs. 4.50
3. Weitere Verfahrensfragen (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 1 u. 3 bis 5) Mit der Bezugnahme des S. 6 auf § 21 Abs. 5 wurden im Rahmen der Beschleunigungsnovelle 31 2019 einige wichtige Klarstellungen und Ergänzungen zum Verfahren der Vollständigkeitsprüfung vorgenommen, die in der ursprünglichen Fassung des § 8 noch nicht enthalten waren. Bei der Ausgestaltung der Bezugsvorschrift hat der Gesetzgeber erkennbar Anleihen bei vergleichbaren Regelungen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens (§ 7 der 9. BImSchV) genommen. Daher bietet es sich an, bei Verfahrensaspekten, für die § 21 Abs. 5 keine Lösung enthält, ergänzend auf Bestimmungen zurückzugreifen, die das Immissionsschutzrecht für entsprechende Sachverhalte kennt, sofern nicht Grund zu der Annahme besteht, dass die Heranziehung dieser Vorschriften bei den Planungsverfahren im Anwendungsbereich des NABEG nicht sachgerecht wäre und gesetzgeberisch nicht „gewollt“ war. In zeitlicher Hinsicht hat die Vollständigkeitsprüfung in der Bundesfachplanung nach § 21 32 Abs. 5 S. 1 innerhalb eines Monats nach Eingang der eingereichten Unterlagen zu erfolgen. Diese Frist konkretisiert die bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs zur ursprünglichen Fassung des Gesetzes enthaltene Aussage, dass die Vollständigkeitsprüfung zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung unverzüglich nach Eingang der Unterlagen des Vorhabenträgers zu erfolgen habe.51 Anders als in der immissionsschutzrechtlichen Vergleichsregelung ist eine
48 Sieh dazu auch § 21 Rn 50 f. 49 So für die Vollständigkeitsprüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch Landmann/ Rohmer/Dietlein, § 7 9. BImSchV Rn 9. 50 Siehe dazu § 7 Rn 163. 51 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 657
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IV. Vollständigkeitsprüfung (S. 5 und 6)
Verlängerungsmöglichkeit hier nicht vorgesehen.52 Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelte, der damit den hohen Stellenwert unterstreichen wollte, der dem Beschleunigungsgedanken beim Stromnetzausbau zukommt. Beim Umgang mit unvollständigen Unterlagen folgt die Regelung des NABEG hingegen dem Vorbild der einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Bestimmung. Sind die Unterlagen formell lückenhaft oder inhaltlich nicht plausibel, hat die BNetzA den Vorhabenträger nach S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 3 unverzüglich aufzufordern, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen oder nachzubessern. Je nach Fortschritt der Vollständigkeitsprüfung können Nachforderungen der BNetzA – entsprechend § 7 Abs. 1 S. 3 der 9. BImSchV – auch in Teilschritten erfolgen. Zwar sieht § 21 Abs. 5 ein solches Vorgehen nicht vor. Unter Effizienzgesichtspunkten erscheint es jedoch nur vernünftig, so vorzugehen. Auch für den Vorhabenträger dürfte die Abarbeitung des Nachforderungskatalogs der BNetzA auf diesem Wege leichter zu bewältigen sein, wodurch das Verfahren beschleunigt werden kann.53 Von der Abarbeitung des Nachforderungskatalogs in Teilschritten zu unterscheiden ist die Frage, ob die BNetzA vor Übermittlung des vollständigen Unterlagensatzes schon Teilprüfungen zu bestimmten Unterlagen vornehmen kann, die der Vorhabenträger bereits vorgelegt hat. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist die Behörde nach § 7 Abs. 1 S. 4 der 9. BImSchV sogar verpflichtet, in dieser Weise zu verfahren, soweit die vorliegenden Unterlagen einer Teilprüfung zugänglich sind. Dieser Ansatz könnte für die Bundesfachplanung auch deshalb von Interesse sein, weil vorgezogene Teilprüfungen bei der Berechnung der 6 Monats-Frist nach § 12 Abs. 1 nicht mitzählen; der Lauf dieser Frist beginnt hier erst mit Übermittlung der vollständigen Antragsunterlagen. Obwohl solche Teilprüfungen im gesetzlichen Instrumentenkasten der Vollständigkeitsprüfung nicht – und erst recht nicht als verpflichtendes Element – vorgesehen sind, schließen weder S. 8 noch § 21 Abs. 5 sie als optionale Variante aus. Die Nutzung dieser Option würde für die Verfahren einen Gewinn an Flexibilität (zeitliche Entzerrung der Prüfungen) bedeuten und damit zugleich – ganz im Sinne des NABEG – einen Beitrag zur Effektivität und Beschleunigung leisten.54 Deshalb sollte bei der Vollständigkeitsprüfung in geeigneten Fällen mit entsprechenden Teilprüfungen operiert werden. Um Unsicherheiten über den Beginn der Frist, innerhalb derer die Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 1 abgeschlossen werden muss, zu vermeiden und Verfahrenstransparenz herzustellen, hat die BNetzA dem Vorhabenträger nach positivem Abschluss der Vollständigkeitsprüfung schriftlich zu bestätigen, dass die übermittelten Unterlagen vollständig sind (S. 8 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 4). Nach behördlicher Praxis werden die Feststellung und der maßgebliche Zeitpunkt auch in den Verfahrensakten vermerkt. Rechtlich nicht vorgeschrieben, aber verfahrenspraktisch sinnvoll wäre überdies, die Benachrichtigung des Vorhabenträgers entsprechend § 7 Abs. 2 der 9. BImSchV mit einer Unterrichtung über die voraussichtlich zu beteiligenden Behörden und den geplanten zeitlichen Ablauf des Verfahrens zu verbinden. Das Gesetz lässt offen, was zu geschehen hat oder geschehen kann, wenn der Vorhabenträger Nachforderungen der BNetzA nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommt. Eine § 20 Abs. 2 der 9. BImSchV entsprechende Regelung, wonach der Antrag in solchen Fällen abgelehnt werden soll, enthält das NABEG nicht. Eine Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs käme nur in Betracht, wenn die BNetzA ihr Nachbesserungsverlangen mit erneuter Fristsetzung wiederholt, diesmal aber in Form eines Verwaltungsakts.55 Auch die Ein52 § 7 Abs. 1 S. 1 und 2 der 9. BImSchV sieht für den Abschluss der Vollständigkeitsprüfung einen Zeitrahmen von einem Monat mit der Möglichkeit einer Verlängerung um zwei Wochen vor. 53 Im immissionsrechtlichen Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die die Behörde aus Beschleunigungsgründen u. U. sogar verpflichtet sein könne, bei ihren Nachforderungen in Teilschritten vorzugehen; so etwa Landmann/Rohmer/Dietlein, § 7 9. BImSchV Rn 10. 54 Für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren wird solchen Teilprüfungen jedenfalls ein Beschleunigungseffekt zuerkannt; vgl. Landmann/Rohmer/Dietlein, § 7 9. BImSchV Rn 7. 55 Näher dazu § 34 Rn 15. Sangenstedt/Salm
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3. Weitere Verfahrensfragen (S. 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 S. 1 u. 3 bis 5)
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leitung eines Bußgeldverfahrens nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 wegen unvollständiger Vorlage einer Unterlage dürfte angesichts der subjektiven Anforderungen des Tatbestandes („vorsätzlich oder leichtfertig“) nur in Ausnahmefällen zielführend sein. Erwartungen, der Vorhabenträger könne mit Hilfe von Sanktionen oder formaljuristischen Prozeduren zur Erfüllung seiner Pflichten nach § 8 gezwungen werden, sollten daher realistischerweise eher „niedrig gehängt“ werden. Durchgesetzt werden kann die zeitgerechte Vorlage vollständiger Unterlagen letztlich wohl nur mit politischen Mitteln, etwa durch den Appell an die Verantwortlichkeit der Übertragungsnetzbetreiber, für einen bedarfsgerechten Ausbau der Stromnetze zu sorgen.56 Diese Grundpflicht ist zu ihrer wirksamen Erfüllung zwingend darauf angewiesen, dass die Vorhabenträger bei der planerischen Bewältigung des Leitungsausbaus eine positive verfahrensfördernde Rolle einnehmen. Dazu gehört nicht zuletzt die strikte Beachtung der Anforderungen des § 8.
56 Siehe hierzu bereits oben Rn 10. 659
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§ 9 Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung (1) Spätestens zwei Wochen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen beteiligt die Bundesnetzagentur die anderen Behörden nach § 41 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der folgenden Absätze. (2) 1Die Bundesnetzagentur fordert die Träger öffentlicher Belange innerhalb einer von ihr zu setzenden Frist, die drei Monate nicht überschreiten darf, zur Stellungnahme auf. 2Die Abgabe der Stellungnahmen kann schriftlich oder elektronisch erfolgen. 3 Nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehende Stellungnahmen werden nicht mehr berücksichtigt, es sei denn, die vorgebrachten Belange sind für die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung von Bedeutung. (3) 1Spätestens zwei Wochen nach Versand der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen führt die Bundesnetzagentur eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 42 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durch. 2Die Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt mit der Maßgabe, dass die nach § 42 Absatz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung auszulegenden Unterlagen für die Dauer von einem Monat am Sitz der Bundesnetzagentur und an mindestens einem weiteren geeigneten Auslegungsort in für die vom Trassenkorridor Betroffenen zumutbarer Nähe ausgelegt werden. 3Die Auslegung der Unterlagen nach Satz 1 kann an der Auslegungsstelle auch elektronisch erfolgen; diese elektronische Auslegung kann auf Teile der Unterlagen begrenzt werden. 4Die Auslegung ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur und in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekannt zu machen. 5Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen und muss folgende Angaben enthalten: 1. dem Planungsstand entsprechende Angaben über den Verlauf der Trassenkorridore und den Vorhabenträger, 2. Angaben darüber, wo und wann die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind, und 3. Hinweise auf die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages. 6 Sofern von der Möglichkeit der elektronischen Auslegung Gebrauch gemacht wird, ist in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen. (4) 1Die Unterlagen sind spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem Monat im Internet zu veröffentlichen. 2Die Veröffentlichung im Internet ist entsprechend dem Absatz 3 Satz 3 und 4 bekannt zu machen. (5) 1Jede Person, einschließlich Vereinigungen, kann sich innerhalb von einem Monat nach Ablauf der Veröffentlichungsfrist schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei einer Auslegungsstelle nach Absatz 3 Satz 1 und 2 zu den beabsichtigten Trassenkorridoren äußern. 2Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. 3Rechtsansprüche werden durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit nicht begründet; die Verfolgung von Rechten im nachfolgenden Zulassungsverfahren bleibt unberührt. (6) Ein Verfahren nach den Absätzen 1 bis 5 kann unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 11 vorliegen. (7) 1Werden bereits ausgelegte Unterlagen geändert und wird dadurch eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 42 Absatz 1 in Verbindung mit § 22 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig, sind die Absätze 1 bis 6 nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 anzuwenden. 2Die Behördenbeteiligung ist abweichend von den Absätzen 1 und 2 auf diejenigen Träger öffentlicher Belange zu beschränken, die durch die Änderung in ihrem Aufgabenbereich berührt sind. 3Die Auslegung der geänderten Unterlagen erfolgt abweichend von Absatz 3 Satz 2 neben dem Sitz der Bundesnetzagentur an mindestens einem weiteren geeigneten Auslegungsort in für die von der Änderung der Unterlagen Betroffenen zumutbarer Nähe. 4Die BekanntmaRiese/Nebel https://doi.org/10.1515/9783110670516-054
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NABEG § 9
1. Überblick über die Norm
chung erfolgt abweichend von Absatz 3 Satz 4 in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich die Änderung bezieht, sowie auf der Internetseite der Bundesnetzagentur. 5Die Äußerungsfrist soll abweichend von Absatz 5 Satz 1 und von § 42 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zwei Wochen betragen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 8 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
18 Behördenbeteiligung (Abs. 1 und Abs. 2) 18 Allgemeines 20 Vorlage und Inhalt der Unterlagen a) Behörden und Träger öffentlicher Be24 lange 29 b) Anerkannte Naturschutzverbände 30 Stellungnahmen der Behörden (Abs. 2) 30 a) Aufforderung zur Stellungnahme 33 b) Fristsetzung 36 c) Präklusion
3.
III.
3. 4. 5.
Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3 und 38 Abs. 4) 38 Bekanntmachung Veröffentlichung der Unterlagen im Internet 43 (Abs. 4) 47 Auslegung 50 Inhalt der Auslegung 52 Beginn und Dauer der Auslegung
IV.
Einwendungen (Abs. 5)
V.
Vereinfachtes Verfahren (Abs. 6)
VI.
Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung 62 (Abs. 7)
1 15
1. 2.
54 61
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 ordnet an, dass die BNetzA die Behördenbeteiligung in der Bundesfachplanung nach Maßgabe des § 41 UVPG und nach Maßgabe der folgenden Absätze durchführt. Abs. 2 enthält Vorgaben hinsichtlich der Abgabe von Stellungnahmen in der Behördenbeteiligung. Abs. 3 und Abs. 4 regeln die Auslegung der Unterlagen. Nach Abs. 3 S. 1 und S. 2 hat die BNetzA die Unterlagen innerhalb von zwei Wochen nach Versand der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen für die Dauer von einem Monat an ihrem Sitz und in mindestens einer dem Vorhaben nahegelegenen Außenstelle auszulegen. Abs. 3 S. 3 eröffnet die Möglichkeit der elektronischen Auslegung an der Auslegungsstelle. Abs. 3 S. 4 bis S. 6 regeln die Bekanntmachung der Auslegung. Nach Abs. 4 sind die Unterlagen spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem Monat im Internet zu veröffentlichen (S. 1); die Veröffentlichung im Internet ist öffentlich bekannt zu machen (S. 2). Abs. 5 enthält Vorgaben für die Abgabe von Einwendungen im Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens. Nach Abs. 6 kann die Behördenöffentlichkeitsbeteiligung in der Bundesfachplanung unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 11 vorliegen. Abs. 7 regelt die erneute Öffentlichkeitsbeteiligung.
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§ 9 NABEG
I. Allgemeines
2. Regelungszweck 8 § 9 ist eine verfahrenslenkende Vorschrift und enthält Vorgaben für die Beteiligung der Behörden und der Öffentlichkeit in der Bundesfachplanung. Die Offenlegung erfüllt einen doppelten Zweck. Sie dient dem Schutz der Betroffenen und der Informationsgewinnung. 9 Die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung soll Behörden, Betroffenen und Vereinigungen die Beteiligung am Verfahren ermöglichen. Das Offenlegungsverfahren dient nicht zuletzt der Grundrechtsverwirklichung. Da Verfahrensrechte auch der Sicherung materieller Rechte dienen, ist der Einhaltung der in § 9 normierten Verfahrensvorschriften besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 10 Die Planauslegung hat in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, dem interessierten Bürger den von dem Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden über ihr Interesse an Information und Beteiligung durch Stellungnahme geltend zu machen (Anstoßfunktion).1 Das Abwägungsmaterial wird durch weitere Erkenntnisse über betroffene Belange erweitert und konkretisiert. Die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange dient der Samm11 lung relevanten Materials und den jeweiligen Trägern öffentlicher Belange zukommenden Sachverstands. Für die anerkannten Umweltverbände gilt eine Besonderheit: Sie belegen eine Stellung zwi12 schen der beteiligten Öffentlichkeit und den Trägern öffentlicher Belange. Die Rechtsprechung verlangt von ihnen ein höheres Maß an Kompetenz. Dies zeigt sich darin, dass anerkannte Umweltverbände konkret materiell-rechtlich Einwendungen darlegen und begründen müssen. § 9 lehnt sich an die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung in der energierechtlichen 13 Planfeststellung nach § 43a EnWG i. V. m. § 73 VwVfG an, enthält aber für die Bundesfachplanung notwendige Modifikationen. Insbesondere die Abs. 3 und 4 enthalten Besonderheiten für die Bekanntmachung und die Auslegung der Unterlagen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese Vorschriften sind auf die besonderen Anforderungen der Bundesfachplanung und die Zuständigkeit der BNetzA zurückzuführen. Wesentliche Intention der Modifikation ist eine starke Transparenz sowie eine Beschleunigung der Verfahren. Soweit die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 11 vorliegen, kann die 14 Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung unterbleiben.
3. Entstehungsgeschichte 15 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze2 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 9 erlassen; im Gesetzgebungsverfahren erfuhr die Regelung keine Änderung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf. Durch Art. 120 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Ver16 waltungsrecht des Bundes,3 Art. 2 Abs. 13 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung4 sowie Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus5 wurde § 9 mehrfach geändert. Durch Art. 4 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer 17 Vorschriften vom 25.2.20216 mit Wirkung vom 4.3.2021 wird Abs. 5 über das Verhältnis zu Rechts1 BVerwG, Urt. v. 27.5.1983 – 4 C 40, 44 und 45/81 –; BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 – 4 C 22/08 –. BVerwG, Beschl. v. 19.5.2005 – 4 VR 2000/05 –. BGBl. I 2011 S. 1690. BGBl. I 2017 S. 626. BGBl. I 2017 S. 2808. BGBl. I 2019 S. 706. BGBl. I 2021 S. 298.
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2. Vorlage und Inhalt der Unterlagen
NABEG § 9
vorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz aufgehoben und dieser Regelung in einen neuen § 30a NABEG verschoben.7
II. Behördenbeteiligung (Abs. 1 und Abs. 2) 1. Allgemeines Die Behördenbeteiligung bzw. die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ist in den Abs. 1 18 und 2 geregelt. Missverständlich ist, dass Abs. 1 von „anderen Behörden nach § 41 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ spricht, in Abs. 2 hingegen von „Trägern öffentlicher Belange“, die sprachliche Unterscheidung dürfte sich aber aus der Bezugnahme auf den Wortlaut des § 41 UVPG erklären. Während im VwVfG, in den Regelungen über die energierechtliche Planfeststellung in den §§ 43 ff EnWG und im BImschG ausschließlich von Behörden gesprochen wird, verwenden §§ 4 f BauGB sowie die §§ 12 ff EnWG den Begriff der Träger öffentlicher Belange. Nach der Intention des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Vorschrift weisen die Begriffspaare „andere Behörden“ sowie „Träger öffentlicher Belange“ keine inhaltlichen Unterschiede auf. Der Begriff der Behörde in Abs. 1 ist daher wie der Begriff der Träger öffentlicher Belange in Abs. 2 aufzufassen. Abs. 1 ist zudem missverständlich, weil er darauf verweist, dass sich die Beteiligung anderer 19 Behörden nach den folgenden Absätzen richtet. Obgleich dies zutrifft, regeln die nachfolgenden Abschnitte hierüber hinaus auch die Beteiligung Privater und der Umweltverbände sowie Besonderheiten zum vereinfachten Verfahren. Lediglich Abs. 2 regelt allein die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange.
2. Vorlage und Inhalt der Unterlagen Nach Abs. 1 beteiligt die BNetzA spätestens zwei Wochen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen die anderen Behörden. Die Zwei-Wochen-Frist ist ein weiteres Beschleunigungselement des Gesetzes.8 Abs. 1 ordnet an, dass die Behördenbeteiligung nach § 41 UVPG nach Maßgabe des Abs. 2 erfolgt. § 41 S. 2 UVPG, wonach die zuständige Behörde für die Abgabe der Stellungnahme eine angemessene Frist von mindestens einem Monat setzt, wird durch die Anordnung in Abs. 2 S. 1, wonach die BNetzA eine Frist für die abzugebenden Stellungnahmen setzt, modifiziert. Die von der BNetzA gesetzte Frist darf drei Monate nicht überschreiten. Nach § 41 S. 1 UVPG übermittelt die zuständige Behörde den Behörden den Entwurf des Plans sowie den Umweltbericht. Nach § 73 Abs. 1 S. 2 VwVfG – der in der Bundesfachplanung nicht direkt, in diesem Zusammenhang aber entsprechend anzuwenden ist – besteht der Plan aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben und seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Die Anforderungen an den Umweltbericht sind in § 16 UVPG normiert. Nach der Rechtsprechung sind der zu beteiligenden Behörde nur die ihren jeweiligen Aufgabenbereich betreffenden Unterlagen zuzuleiten.9 Dessen ungeachtet empfiehlt es sich, den zu beteiligenden Behörden die vollständigen Unterlagen zu übersenden.
7 BT-Drucks. 19/23491, 12. 8 BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 9 BVerwG, Beschl. v. 11.4.1995 – 4 B 61/95 –. 663
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§ 9 NABEG
II. Behördenbeteiligung (Abs. 1 und Abs. 2)
24 a) Behörden und Träger öffentlicher Belange. Nach Abs. 1 sind die Behörden nach § 41 UVPG zu beteiligen. Eine Behörde ist nach § 1 Abs. 4 VwVfG jede Stelle, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Es ist gleichgültig, ob dies in hoheitlicher Form, in schlicht hoheitlicher Weise oder in privat-rechtlicher Gestattungsform geschieht.10 Eine Beteiligung der jeweiligen Behörde ist erforderlich, wenn der öffentlich-rechtliche Aufgabenbereich dieser Behörde betroffen ist. Werden lediglich privatrechtliche Interessen, wie etwa das Eigentum, berührt, ist eine Beteiligung nicht als Behörde, sondern als Träger privater Rechte geboten.11 Träger öffentlicher Belange sind neben den Behörden, deren Aufgabenbereich durch die 25 Planung der BNetzA betroffen sein kann, die juristischen Personen oder sonstige Vereinigungen des Privatrechts, die aufgrund der Art und Weise ihrer Tätigkeit oder aufgrund der von ihnen übernommenen Aufgaben öffentliche Interessen wahrnehmen. Dazu gehören beispielsweise die sonstigen Netzbetreiber, die Deutsche Bahn, Infrastrukturunternehmen, Versorgungsunternehmen etc.12 In der Bundesfachplanung sind die Raumordnungs- und Landesplanungsbehörden, die 26 Flurbereinigungs-, Wasserwirtschafts-, Straßenbau- und Bergbehörden, die Kreisverwaltungsbehörden in ihrer Funktion als allgemeine Ordnungs-, Straßenverkehrs- und Landschaftsschutzbehörde und als Baubehörde, die Forstbehörde, die Landwirtschaftskammer oder andere nach Landesrecht für die Förderung der Landwirtschaft zuständige Stellen sowie die Wehrbereichsverwaltung und die Bundesvermögensverwaltung zu beteiligen. Die Standortgemeinden, auf deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, sind als 27 Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Das nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht gewährt ihnen bei überörtlichen oder ortsrelevanten Planungen der Bundesfachplanung unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Zuerkennung ein Recht auf Beteiligung, das sich in Informations- und Anhörungsrechte gliedert.13 Eigene subjektiv-öffentliche Rechte müssen die Gemeinden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung geltend machen.14 Auch die Kreise sind – unabhängig von der ihnen durch Landesrecht übertragenen Aufgabe 28 des Trägers der allgemeinen inneren Staatsverwaltung – in ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörperschaften zu beteiligen (Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG). Die Kreise können von Gemeinden übergreifenden Vorhaben sowohl als Träger kreiseigener Einrichtungen als auch als Träger einer das Kreisgebiet erfassenden Planungshoheit betroffen werden.
29 b) Anerkannte Naturschutzverbände. Nicht zu den Trägern öffentlicher Belange gehören die anerkannten Umweltverbände.15 Diese haben eine besondere Stellung, die zwischen denen der konkret Betroffenen und den Trägern öffentlicher Belange anzusiedeln sind. Sie nehmen nicht wie die Träger öffentlicher Belange ausschließlich öffentliche Interessen wahr. Von ihnen wird ein substantiierter Sachvortrag erwartet. Nach der Rechtsprechung des EuGHs unterliegen die anerkannten Umweltverbände indes nicht mehr einer pauschalen Präklusion jenseits von Extremfällen.16 Das BVerwG formuliert die besondere Rolle der anerkannten Naturschutzverbände wie folgt:
10 11 12 13 14 15 16
BVerwG, Urt. v. 24.1.1991 – 2 C 16/88 –. Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 35a. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 39. BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79/76 –. BVerwG, Urt. v. 17.3.2005 – 4 A 18/04 –. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 73 Rn 36. EuGH, Urt. v. 14.1.2021 – Rs. C-826/18, zunächst EuGH, Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14 –; vgl. dazu: Ludwigs, NJW 2015, S. 3484; Skouris, DVBl. 2016, S. 937; Siegel, NVwZ 2016, 337. Riese/Nebel
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3. Stellungnahmen der Behörden (Abs. 2)
NABEG § 9
„Während die Anhörung Planbetroffener diese Gelegenheit bieten soll, ihre individuellen Betroffenheiten zu artikulieren, dient die Beteiligung der Naturschutzvereinigung der Mobilisierung naturschutzfachlichen Sachverstandes.“17
3. Stellungnahmen der Behörden (Abs. 2) a) Aufforderung zur Stellungnahme. Gemäß Abs. 2 S. 1 fordert die BNetzA die Träger öffentli- 30 cher Belange innerhalb einer von ihr zu setzenden Frist, die drei Monate nicht überschreiten darf, zur Stellungnahme auf. Die Stellungnahme ist eine fachliche Auseinandersetzung mit dem Vorhaben mit den in den 31 Zuständigkeitsbereich der Behörde fallenden Themen. Die Stellungnahme ist schriftlich gegenüber der BNetzA abzugeben. Eine mündliche Darlegung ist nicht ausreichend; der Gesetzgeber verlangt, dass die Stellungnahme aktenkundig ist. Für die Transparenz des Verfahrens ist dies ebenso erforderlich, wie für die Abwägungsentscheidung, die die Behörde zu treffen hat. Eine Stellungnahme per Fax oder E-Mail ist unproblematisch, da der Adressat der Stellungnahme unschwer festzustellen ist. Die Möglichkeit, nach Abs. 2 S. 2 die Stellungnahmen elektronisch zu übermitteln, dient sowohl der Verfahrensbeschleunigung als auch der Kosteneffizienz.18 Mit Blick auf den Gesetzeszweck der Beschleunigung ist eine weite Auslegung der „elektronischen Abgabe“ geboten, um eine möglichst zügige Vorgehensweise unter Nutzung neuer Formate oder Portale zu ermöglichen.19 Die Träger öffentlicher Belange haben ihre Stellungnahmen hinreichend zu substantiieren. Aus ihr muss erkennbar werden, ob und welche öffentlichen Belange aufgrund welchen – vornehmlich materiellen – Rechts zu berücksichtigen sind. Die Äußerung soll sich auf alle für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte beziehen, die sich innerhalb des Aufgabenbereichs der Behörde halten.20 Zwar ist im Gesetz nicht ausdrücklich die Verpflichtung zur Abgabe einer Stellungnahme 32 angesprochen. Das ist unschädlich. Es ergibt sich aus der Natur der Sache sowie aus der Zuständigkeit des jeweiligen Trägers öffentlicher Belange, dass dieser eine Stellungnahme abgeben muss. Diese Feststellung ist wichtig, denn sollte die BNetzA aufgrund fehlender oder fehlerhafter Stellungnahmen eine falsche Entscheidung treffen, können damit Amtshaftungsansprüche verbunden sein, die auf die BNetzA zukommen. b) Fristsetzung. Die BNetzA hat den Trägern öffentlicher Belange, die sie zur Stellungnahme 33 auffordert, eine Frist zu setzen, die drei Monate nicht überschreiten darf. Die Fristenregelung ist keine Besonderheit des NABEG, sondern entspricht § 73 Abs. 3a S. 1 VwVfG. Die Fristenregelung dient der Verfahrensbeschleunigung21 und soll verhindern, dass erst spät abgegebene Stellungnahmen ein Planungsverfahren verzögern können.22 Für die Berechnung der Frist muss nach § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 1 BGB der Tag 34 der Bekanntgabe mitgerechnet werden.23 Es ist zulässig, dass die Planfeststellungsbehörde eine zunächst gesetzte Frist verlängert, allerdings nicht über die Höchstfrist von drei Monaten hinaus. Dies würde dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung widersprechen.24 17 18 19 20 21 22 23 24
BVerwG, Urt. v. 14.7.2011 – 9 A 12/10 – m. w. N. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 52. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 37. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 39. BVerwGE 40, 363. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 47-50; a. A. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 39 (auch über die Drei-Monats-Frist hinaus). 665
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§ 9 NABEG
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III. Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3 und Abs. 4)
Die Fristsetzung hat die BNetzA nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen. Die Frist muss angemessen sein. Angemessenheit richtet sich nach dem Umfang und der Bedeutung der Angelegenheit. Weil der Gesetzgeber von einer Höchstfrist von drei Monaten ausgeht, ist davon auszugehen, dass diese Drei-Monats-Frist für komplexe, aufwändige und schwierige Projekte gilt. Ein normales Verfahren muss entsprechend kürzer bearbeitet werden. Die Stellungnahme muss in entsprechend kürzerer Frist der BNetzA zugehen. Ein zentraler Aspekt für die Ermessensausübung ist dabei der Umfang der Unterlagen und die Konfliktträchtigkeit des jeweils in dem Anhörungsverfahren betroffenen Trassenabschnitts.
36 c) Präklusion. Gemäß Abs. 2 S. 3 sind nach Ablauf der Frist nach S. 1 eingehende Stellungnahmen nicht mehr zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung wird zwingend angeordnet.25 Die Präklusionsregelung ist ein weiteres Element der Verfahrensbeschleunigung.26 Die Versäumung der Einwendungsfrist bewirkt dem § 73 Abs. 3a S. 2 VwVfG vergleichbar eine materiellrechtliche Präklusion, sodass die nicht rechtzeitig vorgetragenen Belange auch im späteren Gerichtsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können.27 Werden zuvor erhobene Einwendungen vor Abschluss des Anhörungsverfahrens zurückgezogen, hat dieser Verzicht die Wirkung nicht erhobener oder verspäteter Einwendungen. 37 Etwas anderes gilt, wenn die vorgebrachten Belange für die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung von Bedeutung sind. Für die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung entscheidende Argumente können, auch wenn sie verspätet vorgetragen werden, nicht unberücksichtigt bleiben. Dies verbietet der Grundsatz der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns. Vor allem aber kann die Nichtberücksichtigung abwägungserheblicher Belange in der Abwägung zu einem Abwägungsfehler führen. Auch § 73 Abs. 3a S. 2 Hs. 1 VwVfG sieht die zwingende Berücksichtigung verspätet vorgebrachter Umstände vor, welche Bedeutung für die Rechtmäßigkeit haben.28
III. Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 3 und Abs. 4) 1. Bekanntmachung 38 Die Auslegung ist auf der Internetseite der BNetzA und in den örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekanntzumachen (Abs. 3 S. 4). 39 Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen und muss dem Planungsstand entsprechende Angaben über den Verlauf der Trassenkorridore und den Vorhabenträger enthalten sowie Informationen, wo und wann die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind und Hinweise auf die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages (Abs. 3 S. 5). 40 Die Bekanntmachung in den örtlichen Tageszeitungen ist geübte Praxis und bedarf keiner näheren Erläuterung. Wichtig ist, dass für jeden Bürger erkennbar ist, dass es eine Bekanntmachung gibt, was Gegenstand der Bekanntmachung ist und wo die Unterlagen ausgelegt sind. Die diesbezüglichen Informationen sind klar und unmissverständlich zu formulieren. 41 Die Bekanntmachung erfolgt im Internet und in den Tageszeitungen der Orte, an denen voraussichtlich Auswirkungen des Vorhabens festzustellen sind. Notwendig ist also, dass die 25 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 40; Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 42. 26 BT-Drucks. 17/6073, S. 25. 27 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.1995 – 11 VR 7/95 –; BVerwG, Urt. v. 24.5.1996 – 4 A 38/95 –; BVerwG, Urt. v. 6.11.1997 – 4 A 16/97 –; BVerwG, Beschl. v. 5.6.1998 – 11 B 27/98 –; BVerfG, Beschl. v. 18.8.1998 – 1 BvR 1364/98 –; BVerwG, Gerichtsbescheid v. 6.11.1998 – 11 A 28/97 –. 28 Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 40. Riese/Nebel
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3. Auslegung
NABEG § 9
BNetzA eine Prognose anstellt, auf welche Gebiete Auswirkungen nicht auszuschließen sind. Es empfiehlt sich, im Zweifel den Bereich potenziell betroffener Gebiete großzügig zu ziehen, um zu vermeiden, dass in bestimmten Gebieten eine Bekanntmachung nicht erfolgt. Dabei ist zu bedenken, dass die großräumige Trassenplanung auch aufgrund raumordnerischer oder landesplanerischer Effekte Auswirkungen auch auf solche Gebiete haben kann, die nicht unmittelbar von dem Vorhaben betroffen sind. Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen (Abs. 3 42 S. 5). Es handelt sich um eine Sollvorschrift. Die BNetzA ist grds. verpflichtet, die Frist von einer Woche zwischen Bekanntgabe und Beginn der Auslegung einzuhalten. Sollten besondere Gründe vorliegen, kann diese Frist verkürzt werden.
2. Veröffentlichung der Unterlagen im Internet (Abs. 4) Nach Abs. 4 S. 1 sind die Unterlagen spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem Monat im Internet zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung im Internet ist entsprechend Abs. 3 S. 3 und S. 4 bekanntzumachen (Abs. 4 S. 2). Die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet findet sich mittlerweile auch in der Fachplanung (bspw. § 10 Abs. 3 S. 1 BImSchG, § 4a Abs. 4 BauGB) und wurde schon früher von der überwiegenden Praxis der Planfeststellungsbehörden bzw. der Vorhabenträger praktiziert. Die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung im Internet bedeutet für die Behörden, dass die BNetzA an geeigneter Stelle und gut sichtbar deutlich macht, dass ein Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung anhängig ist. Zweck der Regelung ist es auch, ohne großen Aufwand erkennen zu lassen, dass ein Vorhaben geplant ist. Dieses Ziel würde konterkariert, wenn die Bekanntmachung an einer nicht ohne weiteres sichtbaren Stelle der Homepage der BNetzA „versteckt“ werden würde. Die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet verlangt nicht, dass die Unterlagen ausdruckbar zur Verfügung stehen. Es ist ausreichend, wenn die BNetzA sämtliche Unterlagen, die Gegenstand des Antragsverfahrens sind, elektronisch zugänglich macht. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass die BNetzA die Möglichkeit einräumt, die Unterlagen herunterzuladen und zu speichern. Das Dateiformat muss einem üblichen Format entsprechen, damit ein interessierter Bürger nicht gezwungen ist, sich unübliche Programme zu verschaffen, um die Dokumente lesen zu können. Dies kann in der Regel das pdf-Format sein. Bereitgestellte Dokumente sollten nicht durch Zugriffssperren wie Passwörter gesperrt sein. Es empfiehlt sich, auf der Internetseite einen Link anzubieten, unter dem ein kostenloses Leseprogramm, wie etwa der Acrobat Reader für pdf-Dokumente, heruntergeladen werden kann.
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3. Auslegung Die Unterlagen sind für die Dauer von einem Monat bei der BNetzA sowie in mindestens einer 47 geeigneten Außenstelle der BNetzA auszulegen, welche sich in für die vom Trassenkorridor Betroffenen zumutbarer Nähe befindet (Abs. 3 S. 2). Geeignete Stellen sind solche, die es dem betroffenen Bürger ermöglichen, mit zumutbarem 48 Aufwand Kenntnis von den Antragsunterlagen zu erlangen. Bei dem Begriff der zumutbaren Nähe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Wichtig ist dabei, auf die konkreten Bedürfnisse der Beteiligten abzustellen. Oftmals werden die Rathäuser nahe gelegener Gemeinden in Betracht kommen.29 Durch die in Abs. 4 S. 1 vorgesehene Verpflichtung, im Internet zu veröffentlichen, bleibt 49 die Vorschrift des unmittelbaren Einblicks vor Ort von besonderer Bedeutung für solche Perso29 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 73. 667
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IV. Einwendungen (Abs. 5)
nen, die über keinen Internetzugang verfügen oder aus sonstigen Gründen unmittelbar Einsicht nehmen wollen oder nehmen müssen. Weitere geeignete Stellen können etwa Bürgerämter, Bürgermeisterämter oder sonstige Verwaltungseinrichtungen sein.
4. Inhalt der Auslegung 50 Gegenstand der Auslegung sind die von § 42 Abs. 2 S. 1 UVPG umfassten Unterlagen, also Planentwurf, Umweltbericht und weitere für zweckmäßig befundene Unterlagen. An jeder Auslegungsstelle müssen die vollständigen Unterlagen ausgelegt werden. Es ist nicht zulässig, die Unterlagen auf diejenigen zu beschränken, die aus Sicht der BNetzA für ein bestimmtes Gebiet relevant sein könnten. 51 Für das Internet bedeutet dies, dass sämtliche Unterlagen bereitgestellt werden müssen. Das gewählte Dateiformat muss einem üblichen und leicht zugänglichen Format entsprechen, damit der betroffene Bürger keine besonderen Programme installieren muss, um Zugang zu den Dokumenten zu haben. Dies kann in der Regel das pdf-Format sein. Bereitgestellte Dokumente sollten nicht durch Zugriffssperren wie Passwörter gesperrt sein. Es empfiehlt sich, auf der Internetseite einen Link anzubieten, unter dem ein kostenloses Leseprogramm, wie etwa der Acrobat Reader für pdf-Dokumente, heruntergeladen werden kann.
5. Beginn und Dauer der Auslegung 52 Die BNetzA hat die Unterlagen spätestens zwei Wochen nach Versand der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen auszulegen. Damit rekurriert § 9 Abs. 3 S. 1 auf § 8. Nach § 8 S. 7 hat die BNetzA die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen zu prüfen. Die BNetzA hat die Unterlagen für die Dauer von einem Monat auszulegen. Die Frist darf 53 weder verkürzt noch verlängert werden. Beides widerspräche dem Wortlaut des Gesetzes. Es würde zudem zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung und Verunsicherung führen, da die betroffenen Bürger von der in der ursprünglichen Bekanntmachung genannten Frist ausgehen dürfen. Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass die Unterlagen von der Internetseite nach einem Monat wieder entfernt werden.30
IV. Einwendungen (Abs. 5) 54 Abs. 5 regelt die Abgabe von Stellungnahmen, die jedermann, einschließlich Vereinigungen, erheben kann. Die Regelung entspricht § 73 Abs. 4 VwVfG in angepasster Form.31 55 Das Einwendungsverfahren soll sicherstellen, dass jedermann, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, von dem Plan Kenntnis erhält und sich hierzu äußern kann. 56 „Jede Person“ ist jede natürliche oder juristische Person, wie Bürger oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts. § 9 gewährt ein Äußerungsrecht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Belangen, wie ein Vergleich mit § 22 Abs. 6 zeigt.32 Anerkannte Naturschutzverbände fallen unter den Anwendungsbereich des Abs. 5. Die frü57 her gleichsam pauschale Präklusion ist nach der Rechtsprechung des EuGHs heute mit Ausnahme von Extremfällen nicht mehr gegeben.33
30 31 32 33
So auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 64, 67. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 88. EuGH, Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14 –; a. A. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, NABEG, § 9 Rn 101.
Riese/Nebel
668
VI. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 7)
NABEG § 9
Die Einwendungen sind schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift geltend zu machen 58 und bei einer der Auslegungsstellen anzubringen. Nach Abs. 5 S. 2 gilt Abs. 2 S. 3 für die Öffentlichkeitsbeteiligung entsprechend. Verfristete 59 Eingaben bleiben unberücksichtigt, sofern sie nicht für die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung von Bedeutung sind. Von zentraler Bedeutung ist S. 3, wonach Rechtsansprüche durch die Einbeziehung der Öf- 60 fentlichkeit nicht begründet werden. Dieser Moment ist zwar ungewöhnlich für ein Einwendungsverfahren, aber der Besonderheit der Bundesfachplanung geschuldet. Nach § 15 Abs. 3 S. 1 hat die Bundesfachplanung keine Außenwirkung und greift nicht in die Rechte der Betroffenen ein. Daher ist es nur konsequent, auch im Anhörungsverfahren die Rechte der Betroffenen auszuschließen. Zu beachten ist allerdings, dass in dem Anhörungsverfahren nach § 22 solche Einwendungen präkludiert sind, die in der Bundesfachplanung hätten geltend gemacht werden können. Der Gesetzgeber will auf diese Weise verhindern, dass strittige Aspekte in mehreren Behörden- und Öffentlichkeitsverfahren diskutiert werden und mit dieser Regelung einen Beschleunigungseffekt erzielen.
V. Vereinfachtes Verfahren (Abs. 6) Nach Abs. 6 kann ein Anhörungsverfahren unterbleiben, wenn die Voraussetzungen eines ver- 61 einfachten Verfahrens nach § 11 vorliegen. Der Verzicht auf die Durchführung der Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung steht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. In der Regel kann das Anhörungsverfahren im Fall des § 11 unterbleiben.34
VI. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung (Abs. 7) Abs. 7 enthält Klarstellungen und Abweichungen von den Vorschriften des UVPG zur erneuten 62 Öffentlichkeitsbeteiligung, wenn der Vorhabenträger im laufenden Verfahren Änderungen der Unterlagen vornimmt. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung kann notwendig werden, wenn die zuvor ausgelegten Unterlagen wesentliche Fehler oder erhebliche Lücken bei der Darstellung der Umweltauswirkungen enthalten und aus diesem Grund in einem wesentlichen Teil korrigiert oder ergänzt werden müssen.35 Mit der Norm wird gewährleistet, dass von der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung eine Anstoßwirkung ausgeht.36 Sofern die Unterlagen aufgrund von Dritten eingebrachter, neuer Alternativen mit erheb- 63 lichen Umweltauswirkungen geändert werden, wird eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit nur notwendig, wenn eine Änderung des Trassenkorridors wahrscheinlich ist und diese Änderung aufgrund neuer oder geänderter Betroffenheit entscheidungserheblich ist.37 Den Sätzen 2 bis 4 kommt eine lediglich klarstellende Funktion zu den Regelungen des UVPG zu. Da der Umfang der neu auszulegenden Unterlagen regelmäßig geringer sein wird als der 64 der kompletten Unterlagen, wird eine verkürzte Äußerungsfrist von zwei Wochen festgesetzt, wobei die Möglichkeit der Festsetzung einer Frist von bis zu einem Monat besteht.38
34 35 36 37 38 669
BT-Drucks. 17/6073, S. 26. BT-Drucks. 19/23491, S. 38. BT-Drucks. 19/23491, S. 38. BT-Drucks. 19/23491, S. 38. BT-Drucks. 19/23491, S. 38. Riese/Nebel
§ 10 Erörterungstermin (1) Die Bundesnetzagentur erörtert die rechtzeitig erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen mit dem Vorhabenträger, den Trägern öffentlicher Belange und denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben. (2) Der Vorhabenträger, die Träger öffentlicher Belange und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Träger öffentlicher Belange und des Vorhabenträgers mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der Erörterungstermin auf der Internetseite der Bundesnetzagentur und in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Im Übrigen sind für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren nach § 67 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Nummer 1 und 4 und Absatz 3 und § 68 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die Vorschriften für Massenverfahren nach den §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend anzuwenden. (3) Ein Erörterungstermin findet nicht statt, wenn 1. Einwendungen und Stellungnahmen gegen das Vorhaben nicht oder nicht rechtzeitig erhoben worden sind, 2. die rechtzeitig erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen zurückgenommen worden sind, 3. ausschließlich Einwendungen erhoben worden sind, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen, oder 4. alle Einwender und Stellungnehmer auf einen Erörterungstermin verzichten. (4) Werden bereits ausgelegte Unterlagen nach der Durchführung eines Erörterungstermins geändert und wird dadurch eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 42 Absatz 1 in Verbindung mit § 22 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig, soll von einem erneuten Erörterungstermin abgesehen werden.
Übersicht a) b)
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Grundsatz, obligatorischer Erörterungster6 min
III. 1. 2.
9 Erörterungstermin 10 Erörterung 15 Ablauf a) Vorbereitung des Erörterungstermins/Be16 nachrichtigung der Beteiligten b) Durchführung des Erörterungster18 mins
1 4
VI. 1.
24
IV.
Befangenheit
V.
Einwendungen und Stellungnahmen
Riese/Nebel https://doi.org/10.1515/9783110670516-055
27
2.
Einwendungen Stellungnahmen
28 33
34 Ausnahmen 35 Zwingende Ausschlussgründe (Abs. 3) a) Keine oder keine rechtzeitige Einwendung/ 36 Stellungnahme (Nr. 1) b) Rücknahme einer Einwendung 41 (Nr. 2) 44 c) Privatrechtliche Titel (Nr. 3) d) Verzicht auf einen Erörterungstermin 45 (Nr. 4) 47 Ausnahmen nach Abs. 2 S. 4 i. V.m a) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 48 VwVfG b) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 4 49 VwVfG
VII. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung
50
670
3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 10
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Nach Abs. 1 ist grundsätzlich ein Erörterungstermin durchzuführen. Der Erörterungstermin ist 1 verfahrensrechtlich und verfahrenstechnisch ein zentraler Bestandteil der Bundesfachplanung.1 Abs. 2 regelt den Ablauf und die sonstigen Rahmenbedingungen der Erörterung. Abs. 3 sieht Ausnahmen von der Pflicht zur Durchführung einer Erörterung vor. Diese unterbleibt, wenn – Einwendungen und Stellungnahmen nicht oder nicht rechtzeitig erhoben worden sind, – rechtzeitig erhobene Einwendungen und Stellungnahmen zurückgenommen worden sind, – die erhobenen Einwendungen ausschließlich auf privaten Titeln beruhen oder – alle Einwender und Stellungnehmer auf einen Erörterungstermin verzichten. Abs. 4 sieht eine Ausnahme von der Pflicht zur Durchführung eines Erörterungstermins bei einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung vor.
2. Regelungszweck Vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung des Erörterungstermins etabliert Abs. 1 den 2 Grundsatz, dass ein Erörterungstermin durchzuführen ist. Der Gesetzgeber räumt der BNetzA diesbezüglich keinen Ermessensspielraum ein. Der Erörterungstermin ist obligatorisch.2 Der Erörterungstermin soll die unterschiedlichen öffentlichen und privaten Interessen aus- 3 gleichen und zugleich der Informationsgewinnung dienen.3 Anders als bei vergleichbaren Regelungen in anderen Fachgesetzen,4 steht ein Verzicht auf den Erörterungstermin nicht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA, sondern ist an die Voraussetzungen des S. 2 geknüpft. Nur wenn diese Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, entfällt der Erörterungstermin. Die Auflistung ist abschließend.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netz- 4 ausbaus Elektrizitätsnetze5 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 10 erlassen. Die Regelung erfuhr keine Änderungen im Gesetzgebungsverfahren und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf.6 Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus7 vom 13.5.2019 mit 5 Wirkung vom 17.5.2019 wurde Abs. 2 und erstmals8 eine Bestimmung zum Ablauf und den sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen eingeführt. Die Regelung ist angelehnt an § 73 Abs. 6 VwVfG.9 Der bisherige § 10 S. 2 (Ausnahmen von der Erörterungspflicht) wurde in den neuen
1 Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 21; siehe auch BT-Drucks. 19/7375, S. 74. 2 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 1 f; de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 6; Schink/Versteyl/Dippel/ Versteyl, § 10 NABEG Rn 20.
3 Eingehend Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 21 ff; vgl. auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 13; de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 13. 4 Dazu auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 12 ff. 5 BGBl. I S. 1690. 6 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 9. 7 BGBl. I 2019 S. 706. 8 Siehe hierzu die Kommentierung in der Vorauflage, Rn 2, 8. 9 BT-Drucks. 19/7375, S. 74. 671
Riese/Nebel
§ 10 NABEG
III. Erörterungstermin
Abs. 3 überführt. Mit Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.202110 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurde Abs. 4 eingefügt.11
II. Grundsatz, obligatorischer Erörterungstermin 6 Nach Abs. 1 erörtert die BNetzA die rechtzeitig erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen mit dem Vorhabenträger, den Trägern öffentlicher Belange, denjenigen, die Stellungnahmen abgegeben haben sowie den Einwendern. Der Erörterungstermin ist obligatorisch.12 Der BNetzA steht kein Ermessensspielraum zu, auch dann nicht, wenn die Einwendungen geringfügiges Gewicht haben mögen oder es nur wenige Einwendungen gibt. Dies entspricht den Vorgaben für das Planfeststellungsverfahren nach § 73 Abs. 6 S. 1 VwVfG. Hingegen entfällt der Erörterungstermin in der Bundesfachplanung, wenn die Tatbestands7 voraussetzungen nach Abs. 3 Nr. 1–4. vorliegen. Abs. 3 entspricht weitestgehend § 16 der 9. BImSchV. Es besteht insoweit ein Unterschied zum immissionsschutzrechtlichen Verfahren, als dass § 10 Abs. 6 BImSchG es im Übrigen in das Ermessen der Genehmigungsbehörde stellt, eine Erörterung durchzuführen. Anders als nach § 16 Abs. 2 9. BImSchV ist der Vorhabenträger nach § 10 nicht verpflichtend vom Wegfall des Termins zu unterrichten. Dessen ungeachtet bietet sich dies aber an. Weitere Möglichkeiten für ein Absehen von einem Erörterungstermin bieten die über Abs. 2 8 S. 4 anwendbaren Ausnahmegründe des § 67 Abs. 2 Nr. 1 und 4. Über das Absehen von einer Erörterung hat die BNetzA nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.
III. Erörterungstermin 9 Bekanntmachung, Ablauf und Verhandlungsführung innerhalb des Erörterungstermins werden nunmehr durch Abs. 2 geregelt, der partiell auf §§ 67, 68 VwVfG verweist. Für eine analoge Anwendung der entsprechenden Vorschriften des § 10 BImSchG, der §§ 14 ff 9. BImSchV und des § 73 Abs. 6 VwVfG besteht daher keine Notwendigkeit mehr.13
1. Erörterung 10 Mündliche Erörterung bedeutet, dass die Beteiligten – BNetzA, Vorhabenträger, Träger öffentlicher Belange, diejenigen, die Stellungnahmen abgegeben haben sowie Einwender – über die in den Einwendungen und Stellungnahmen geltend gemachten Bedenken diskutieren. Eine schriftliche Auseinandersetzung zwischen den vorgenannten Beteiligten ist grds. nicht ausreichend.14 Zusätzlich zu den Betroffenen kann auch der Öffentlichkeit die ausnahmsweise15 Möglich11 keit zur (vollständigen oder teilweisen)16 Teilnahme an der Erörterung eingeräumt werden (Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 68 Abs. 1 S. 3 VwVfG. Ein Rederecht dürfte hingegen nicht bestehen. Diskussionsbeiträge solcher Personen, die keine Einwendungen erhoben haben und die nicht Träger 10 BGBl I 2021 S. 298. 11 BR-Drs. 570/20. 12 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 1 f; de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 6; Schink/Versteyl/Dippel/ Versteyl, § 10 NABEG Rn 20. 13 Siehe hierzu die Kommentierung in der Vorauflage, Rn 8. 14 Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 27. 15 § 10 Abs. 2 S. 4 NABEG i. V. m. § 68 Abs. 1 S. 1 VwVfG. 16 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 14 ff. Riese/Nebel
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2. Ablauf
NABEG § 10
öffentlicher Belange sind, sind nicht statthaft. Nur derjenige, der sich bereits durch eine Einwendung oder Stellungnahme zum Vorhaben positioniert hat, darf sich an der weiteren Diskussion beteiligen, wie aus dem Wortlaut von Abs. 1 und dem in Abs. 2 S. 4 in Bezug genommenen § 69 Abs. 2 S. 1 VwVfG folgt. Freilich ist es ohne weiteres möglich, auch solche Personen in die Diskussion einzubinden, die selbst keine Einwendungen erhoben haben; nämlich dann, wenn der Einwender entsprechende Redevollmachten erteilt.17 Alle Beteiligten müssen zu einem gemeinsamen Termin an einem Ort zusammenkommen, 12 da ansonsten eine mündliche Erörterung nicht möglich ist. Nicht ausreichend für die Durchführung eines Erörterungstermins ist es daher, dass die BNetzA mit Vorhabenträger, Träger öffentlicher Belange, denjenigen, die Stellungnahmen abgegeben haben sowie Einwendern separat über die erhobenen Einwendungen und abgegebenen Stellungnahmen diskutiert und die Ergebnisse zusammenfasst. Sollten alle Beteiligten zustimmen, kann eine andere Art der Erörterung gewählt werden, beispielsweise eine bilaterale. Denn wenn ein Einwender grds. auf einen Erörterungstermin verzichten kann,18 muss es auch möglich sein, mit seinem Einverständnis eine andere Art der Erörterung der geltend gemachten Einwendungen zu wählen. Die Einwendungen und Stellungnahmen zu erörtern bedeutet, dass ein fachlicher Aus- 13 tausch stattfindet. Es ist grds. nicht ausreichend, dass Behörden und Vorhabenträger die erhobenen Einwendungen und abgegebenen Stellungnahmen zur Kenntnis nehmen, ohne darauf zu reagieren. Zur Erörterung kann eine Erläuterung des von der Einwendung/Stellungnahme betroffenen Themas oder eine Erwiderung ausreichend sein. Zwar ist es grds. wünschenswert, dass in Abhängigkeit von der objektiven Bedeutung eines Themas ein fachlicher Austausch erfolgt. Allerdings dürfte es kaum sachgerecht und justiziabel sein, diesbezüglich bestimmte Rederechte und Antwortpflichten herzuleiten. Die Pflicht zur Erörterung beschränkt sich auf den Meinungsaustausch. Sie bedeutet nicht, dass – Vorhabenträger oder BNetzA eine Lösung für das angesprochene Problem anbieten müssen oder – in sonstiger Weise ein Konsens zwischen den Beteiligten herbeigeführt werden muss.19 Es ist insbesondere zulässig, dass die Entscheidung über das erörterte Thema auf einen späte- 14 ren Zeitpunkt verschoben wird. Weder Vorhabenträger noch Genehmigungsbehörde müssen eine Lösung anbieten; es ist legitim, dass der Erörterungstermin insgesamt abgewartet und die dort gefundenen Erkenntnisse abschließend bewertet werden. Es ist zulässig, dass eine Erörterung mit dem Hinweis darauf abschließt, dass die Behörde noch weitere Fakten zusammentragen muss, um eine endgültige Bewertung vornehmen zu können.
2. Ablauf Der Ablauf der Erörterung wird in Abs. 2 i. V. m. §§ 67 Abs. 1, S. 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4, Abs. 3, 68 15 VwVfG näher festgelegt. Nach § 67 Abs. 3 VwVfG i. V. m. Abs. 2 S. 4 soll die BNetzA das Verfahren so fördern, dass es möglichst mit einem Verhandlungstermin erledigt werden kann.20 Die Konzentrationsmaxime gilt jedoch nur im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen.21
a) Vorbereitung des Erörterungstermins/Benachrichtigung der Beteiligten. Die Vorbe- 16 reitung des Erörterungstermins richtet sich nach Abs. 2, Abs. 3 i. V. m. § 67 Abs. 1, S. 3, Abs. 2 17 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 8. 18 Dies folgt bereits aus Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 1 S. 3 VwVfG, wonach bei der Benachrichtigung darauf hinzuweisen ist, dass die Erörterung Ausbleiben eines Beteiligten ohne diesen stattfinden kann. 19 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 4; de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 13. 20 Siehe hierzu Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 67 Rn 28 ff. 21 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 29. 673
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§ 10 NABEG
III. Erörterungstermin
Nr. 1 und 4, Abs. 3 VwVfG. Nach Abs. 2 S. 1 sind der Vorhabenträger, die Träger öffentlicher Belange sowie diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Erörterung bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne diesen stattfinden kann, Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 1 S. 3 VwVfG. 17 Abs. 2 S. 2 sieht eine Besonderheit für Massenverfahren vor: Danach besteht die Möglichkeit zur Ersetzung der Benachrichtigung durch öffentliche Bekanntmachung, wenn mehr als 50 Benachrichtigungen notwendig wären. Die öffentliche Bekanntmachung wird nach Abs. 2 S. 3 dadurch bewirkt, dass der Erörterungstermin auf der Internetseite der BNetzA und in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben aller Voraussicht nach auswirken wird. Die §§ 17-19VwVfG finden nach Abs. 2 S. 4 entsprechende Anwendung.
18 b) Durchführung des Erörterungstermins. Die Durchführung des Erörterungstermins hat sich gem. Abs. 2 S. 4 an den Vorgaben des § 68 Abs. 1 – Abs. 3 VwVfG zu orientieren. Bezüglich Fragen, die über den Regelungsgegenstand dieser Vorschrift hinausgehen, besitzt die BNetzA über ein Organisationsermessen.22 Dies gilt etwa hinsichtlich der Festlegung von Ort und Zeitpunkt des Erörterungstermins. § 68 VwVfG setzt die Bestimmung eines Verhandlungsleiters durch die BNetzA voraus.23 Diesem obliegt die Leitung des Erörterungstermins; dabei kommt ihm die Aufgabe zu, Unklarheiten zu beseitigen und auf eine umfassende Klärung der Sachverhalts hinzuwirken (Abs.- 2 S. 4 i. V. m. § 68 Abs. 2 S. 1, S. 2). Abgesehen davon hat er den äußeren Rahmen für einen ungestörten Ablauf zu schaffen (Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 68 Abs. 3 S. 1 VwVfG). Als Mittel hierfür stehen ihm sein Hausrecht (Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 68 Abs. S. 2) und die nach Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 68 Abs. 3 S. 1, 2 VwVfG eingeräumten sitzungspolizeilichen Befugnisse zu.24 19 Gesetzliche Vorgaben zum erforderlichen Umfang der Erörterung bestehen nicht, sodass der Umfang im Ermessen des Verhandlungsleiters steht.25 Die Erörterung hat sich an den Zielen des Erörterungstermins zu orientieren26 und darf und muss dem Umfang der Einwendung oder Stellungnahme und der Bedeutung des Vorhabens angemessen sein. Je detaillierter und genauer eine Einwendung oder Stellungnahme formuliert ist, desto detaillierter muss die Erörterung sein. Es gehört aber auch zu einem angemessenem und effizient zu organisierenden Erörterungstermin, dass die Erörterung zu einem geeigneten Zeitpunkt abgebrochen werden kann, so beispielsweise dann, wenn erkennbar ist, dass alle Positionen ausgetauscht sind. Die Erörterung ist kein Selbstzweck, sondern zielgerichtet. Auch hier gilt, dass letztlich das Informationsbedürfnis der Betroffenen einerseits erfüllt sein muss und die Behörde andererseits in die Lage versetzt wird, die inhaltlichen Themen in bei der Scheidung zu berücksichtigen. 20 Dem Verhandlungsleiter steht insbesondere das Recht zu, die Einwendungen und Stellungnahmen in verschiedener Weise zu gliedern,27 um eine sachgerechte und gleichzeitig effiziente Durchführung des Erörterungstermins zu ermöglichen. Ihm stehen insoweit verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: – Erörterung jeder einzelnen Einwendung/Stellungnahme, 22 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 18; vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 29; BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 6 ff. 23 Vgl. zur früheren Fassung BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 6 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 30; De Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 7. 24 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 26 ff; vgl. auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 4; ausführlich Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 32. 25 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 23; BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 4. 26 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 23; BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 4; vgl. auch de Witt/ Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 3 ff, 13. 27 Vgl. zu Gliederungsmöglichkeiten auch de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 14. Riese/Nebel
674
IV. Befangenheit
NABEG § 10
–
Erörterung von Themen, die sich aus der Zusammenschau mehrerer Einwendungen/Stellungnahmen ergeben. Die Gestaltungsfreiheit des Verhandlungsleiters umfasst das Recht, bestimmte Einwendun- 21 gen/Stellungnahmen zu interpretieren und zusammenzufassen. Allerdings darf den Einwendern/Stellungnehmern nicht die Möglichkeit auf substanzielle Erörterung oder auf Gehör genommen werden, wobei jedoch kein Rederecht auf unbegrenzte Zeit besteht.28 Zulässig ist grundsätzlich der Hinweis, sich kurz zu fassen oder zum Kern des Anliegens zu kommen.29 Es muss nicht jede Einwendung/Stellungnahme wörtlich oder in jedem der vorgetragenen Aspekte erörtert werden, wenn das Thema an sich Gegenstand der Fachdiskussion ist. Bei ausnahmsweise (Abs. 2 S. 4 i. V.m § 67 Abs. 3 VwVfG) mehrtägigen Erörterungstermi- 22 nen bietet es sich an, eine Tagesordnung zu erstellen und zu Beginn des Erörterungstermins bekanntzumachen. So wird ermöglicht, dass die Einwender und Stellungnehmer nach Möglichkeit zielgerichtet dann am Erörterungstermin teilnehmen können, an dem voraussichtlich das für sie relevante Thema angesprochen wird. Da indes der genaue zeitliche Ablauf eines Erörterungstermins nicht vorhergesagt werden kann, ist die festgelegte Tagesordnung nicht zwingend. Es ist das Recht des Verhandlungsleiters, auf die Einhaltung der Tagesordnung hinzuwirken, zugleich aber auch Abweichungen vorzunehmen, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist. Das Risiko des Einwenders bzw. Stellungnehmers, „sein Thema“ zu verpassen, weil er nicht dauerhaft am Erörterungstermin teilnimmt ist hinzunehmen.30 Alle Beteiligten sind berechtigt, Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Erörterung zu ver- 23 wenden. Dies betrifft etwa die Vorlage von Unterlagen, PowerPoint-Präsentationen, Karten oder sonstigen Dokumenten.
IV. Befangenheit Die Befangenheit etwaiger Beteiligter an dem Genehmigungsverfahren richtet sich nach § 21 24 VwVfG. Zwar fehlt ein ausdrücklicher Hinweis in § 10 Abs. 2 Satz 4 auf diese Vorschrift. Aus der Systematik ergibt sich allerdings, dass diese Norm ebenfalls zu berücksichtigen ist. Danach liegt eine Befangenheit vor, wenn eine Person Anlass dafür bietet, dass Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausführung gerechtfertigt ist.31 Sonderfälle, die auf das besondere persönliche Verhältnis untereinander zurückzuführen sind, sind in § 20 VwVfG geregelt. Die Befangenheit muss auf ein Verhalten zurückzuführen sein, das objektiv Anlass gibt, 25 an der ordnungsgemäßen Amtsausübung Zweifel zu erheben.32 Dafür reicht es nicht aus, dass bestimmte Handlungen oder Maßnahmen einer Person kritisch bewertet werden können und nicht von allen Beteiligten unterstützt werden. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung durch den Verhandlungsleiter rechtfertigt nur dann eine Besorgnis der Befangenheit ihm gegenüber, wenn seine Äußerungen stark unsachlich sind.33 Und sich der Eindruck aufdrängen muss, die Behörde sich bereits auf eine bestimmte Entscheidung festgelegt. Vom Vorhabenträger oder von den Behörden beauftragte Gutachter können nicht befan- 26 gen im Rechtssinne sein. Befangenheit bedeutet immer auch ein Zweifel an der ordnungsgemäßen Amtsausführung. Die Gutachter bekleiden kein Amt in diesem Sinne.34 28 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 36 ff, 38, 41; vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 24. 29 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs/Kamp, VwVfG, § 68 Rn 24. 30 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 39. 31 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 21 Rn 13. 32 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 21 Rn 13; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, VwVfG, § 21 Rn 10 ff. 33 Vgl. VGH München, Urteil vom 29. Dezember 2011 – 22 N 08.190 –, juris, Ls. 1, Rn 21; BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 4; vgl. allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 21 Rn 14. 34 Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 36. 675
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§ 10 NABEG
V. Einwendungen und Stellungnahmen
V. Einwendungen und Stellungnahmen 27 § 10 ist im Zusammenhang mit § 9 zu sehen. Daher sind Einwendungen im Sinne des § 10 alle Äußerungen gemäß § 9 Abs. 635 Und Stellungnahmen alle Äußerungen von Trägern öffentlicher Belange gem. § 9 Abs. 2.
28 a) Einwendungen. Einwendungen sind alle Bedenken, die im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung von betroffenen Bürgern geltend gemacht worden sind.36 Der oder die Betroffene muss zu erkennen geben, an welcher Stelle und aus welchen Gründen Bedenken gegen das Vorhaben bestehen. Eine genaue fachliche oder rechtliche Darlegung ist nicht erforderlich.37 Dies gilt insbesondere für den Fall, dass Betroffene nicht über Fachwissen verfügen. Eine Einwendung, die sich auf eine bestimmte Frage an den Vorhabenträger oder an die 29 Behörde beschränkt, ist keine Einwendung, die erörtert werden muss. Etwas anderes gilt dann, wenn erkennbar ist, dass die Zielrichtung der eigentlichen Frage 30 tatsächlich eine Einwendung ist, die der Betroffene erhebt. Von anerkannten Umweltverbänden ist ein höheres Maß an Detaillierungsgrad und Fach31 wissen zu verlangen.38 Zu Recht weist das BVerwG darauf hin, dass die Betroffenen- und Verbändebeteiligung differenziert zu beurteilen sind: „Während die Anhörung Planbetroffener diesen Gelegenheit bieten soll, ihre individuellen Betroffenheiten zu artikulieren, dient die Beteiligung der Vereinigungen der Mobilisierung natur- oder umweltschutzfachlichen Sachverstandes. Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen und mit dem Ziel nutzbar zu machen, dass für Konflikte zwischen Infrastrukturplanung bzw. industriellen Großvorhaben einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits eine Problembewältigung erzielt wird, bei der die Belange des Natur- und Umweltschutzes nicht vernachlässigt werden.“39
32 Die genannten Anforderungen an eine Einwendung durch anerkannte Umweltverbände haben auch Bedeutung für die Frage der Präklusion. Denn anders als Bürger müssen anerkannte Umweltverbände umfassend vortragen, wenn sie umfassend Einwendungen erheben wollen. Eine pauschale Bezeichnung von Bedenken reicht nicht aus; es droht die Präklusion, wenn erst im weiteren Verlauf eine Konkretisierung der Einwendungen vorgenommen werden soll.40
33 b) Stellungnahmen. Stellungnahmen sind Äußerungen der Träger öffentlicher Belange zu der Frage, ob und inwieweit öffentlichen Belange aufgrund welcher – vordergründig materiellrechtlicher – Vorschriften zu berücksichtigen sind.41 Das Vorbringen muss hinreichend substantiiert sein und soll sich auf alle für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände erstrecken. Darzulegen ist, ob das beabsichtige Vorhaben die Voraussetzungen der Bestimmungen erfüllt, die sich innerhalb des Aufgabenbereichs der Behörde bewegen. Den Trägern öffentlicher Belange obliegt nicht die Wahrnehmung öffentlicher Belange außerhalb ihrer Zuständigkeiten. Hingegen schließt diese Einschränkung Hinweise auf Belange, die im weiteren Verlauf näher untersucht werden soll, nicht aus. Die Träger öffentlicher Belange dürfen daher 35 Ausführliche Herleitung bei de Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 2; im Ergebnis ebenso Schink/Versteyl/ Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 16. 36 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 17. 37 Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 17. 38 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 18 f. 39 BVerwG, Urt. v. 29.9.2011 – 7 C 21/09 – juris, Rn 34 m. w. N. 40 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 18. 41 Vgl. hierzu und zum Folgenden Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann,§ 73 VwVfG Rn 37. Riese/Nebel
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1. Zwingende Ausschlussgründe (Abs. 3)
NABEG § 10
etwa Hinweise auf berücksichtigungsbedürftige Sachverhalte geben sowie weitere Ermittlungen anregen.
VI. Ausnahmen Das Gesetz sieht Ausnahmen vom Erörterungstermin vor. Dabei ist zwischen dem gesetzlich 34 zwingenden Ausschluss (Abs. 3) und der in das Ermessen der BNetzA gestellten Möglichkeit zum Absehen von der Erörterung (Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwVfG) zu differenzieren.
1. Zwingende Ausschlussgründe (Abs. 3) Abs. 3 enthält eine abschließende Aufzählung der Ausnahmen von der Verpflichtung, einen 35 Erörterungstermin durchzuführen. Die Ausnahmevorschriften sind zwingend anzuwenden. Der BNetzA steht kein Ermessen zu. Liegen die im Gesetz genannten Ausnahmen vor, findet ein Erörterungstermin nicht statt. Die Ausnahmeregelungen sind indes restriktiv auszulegen.42 Sollte eine bestimmte Konstellation nicht unter die genannten Ausnahmen fallen, findet der Erörterungstermin zwingend statt.
a) Keine oder keine rechtzeitige Einwendung/Stellungnahme (Nr. 1). Die Erörterung findet nach Nr. 1 nicht statt, wenn eine Einwendung oder Stellungnahme nicht oder nicht rechtzeitig erhoben worden ist. Eine Einwendung bzw. Stellungnahme ist grundsätzlich nicht erhoben, wenn eine Äußerung der Behörde nicht zugeht, denn dann besteht mangels Konfliktes kein Bedarf für einen Erörterungstermin.43 Keine Einwendung liegt vor, wenn diese nicht formgerecht, also nicht schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei einer Auslegungsstelle vorgetragen ist (vgl. § 9 Abs. 6 S. 1.44 Entsprechendes gilt für Stellungnahmen der Träger der öffentlichen Belange, die entgegen § 9 Abs. 2 S. 2 weder schriftlich noch elektronisch abgegeben wurden. Die Einwendung ist nicht rechtzeitig erhoben, wenn sie nicht innerhalb der genannten und bekanntgemachten Frist im Sinne des § 9 bei einer der zuständigen Stellen eingeht. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist der übliche strenge Maßstab anzulegen. Der Eingang einer Einwendung bei einer falschen Behörde führt zur Verfristung. Die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Einwendung trägt der Einwender. Entsprechendes gilt für Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange, die nicht vor Ablauf der nach § 9 Abs. 2 S. 1 von der BNetzA zu setzenden Frist bei dieser eingehen.
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39 40
b) Rücknahme einer Einwendung (Nr. 2). Werden alle rechtzeitig erhobenen Einwendungen 41 oder Stellungnahmen zurückgenommen, findet eine Erörterung nach Nr. 2 nicht statt. Die Einwendungen/Stellungnahmen gelten als nicht eingelegt.45 Dies ist verfahrensrechtlich und verfahrenstechnisch sachgerecht und zulässig. Denn mit der Rücknahme macht etwa der Einwendung deutlich, dass er seine Verfahrensrechte nicht mehr geltend machen will und auch auf einen künftigen gerichtlichen Rechtsschutz verzichtet.46 42 43 44 45 46 677
De Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 18. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 51. Vgl. zur Form: Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 9 NABEG Rn 94. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 54. Siehe zur Einwendung Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 52. Riese/Nebel
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VI. Ausnahmen
Die Rücknahmeerklärung kann mündlich oder konkludent erfolgen, sie darf jedoch keine Bedingungen enthalten, weil es sich um eine verfahrensgestaltende Willenserklärung handelt.47 Erforderlich ist ferner, dass die Rücknahmeerklärung gegenüber der Bundesnetzagentur abgegeben wird und nicht lediglich gegenüber dem Vorhabenträger.48 Die Rücknahme der Einwendung oder Stellungnahme bedeutet für die BNetzA als zuständi43 ge Behörde indes nicht, dass der vorgetragene Einwand nicht möglicherweise relevant sein kann. Der Grundsatz rechtsstaatlichen Handelns verpflichtet die BNetzA selbstverständlich, auch solche Aspekte zu betrachten, die nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind, auch wenn diese nicht oder nicht rechtzeitig vorgetragen wurden oder der Vortrag durch Rücknahme zurückgezogen wird. Enthielt die später zurückgenommene Einwendung oder Stellungnahme daher ein Thema, das objektiv von Relevanz für das Verfahren ist, muss das Thema trotz der Rücknahme von der BNetzA berücksichtigt werden. Ist eine Einwendung zurückgenommen worden, die sich ausschließlich mit privaten Interessen des Einwenders befasste, ist eine Berücksichtigung nicht oder nur noch eingeschränkt erforderlich, weil der Einwender mit der Rücknahme deutlich gemacht hat, dass er eine weitere Beachtung im Genehmigungsverfahren nicht für erforderlich erachtet. 42
44 c) Privatrechtliche Titel (Nr. 3). Sollten ausschließlich Einwendungen eingegangen sein, die auf privatrechtlichen Titeln49 beruhen, findet ein Erörterungstermin nach Nr. 3 nicht statt. Derartige Einwendungen können in einem Gespräch zwischen Vorhabenträger und Einwender oder zwischen BNetzA und Einwender geregelt werden. Es dürfte sich anbieten – und insbesondere im Interesse des Vorhabenträgers und des Einwenders liegen –, eine Vereinbarung über den weiteren Umgang mit den privatrechtlichen Titeln zu treffen, sofern diese reale Auswirkungen auf das Vorhaben haben können.
45 d) Verzicht auf einen Erörterungstermin (Nr. 4). Sollten die Einwender und Stellungnehmer auf den Erörterungstermin verzichten, findet ein Erörterungstermin nach Nr. 4 nicht statt. Erforderlich ist eine ausdrückliche und vorbehaltlose Erklärung, dass das Verfahren ohne einen Erörterungstermin durchgeführt werden soll.50 Verzichten alle Einwender und Stellungnehmer (ohne Ausnahme)51 auf den Termin, so ist die Bundesnetzagentur verpflichtet, vom Erörterungstermin abzusehen – auf etwaige entgegenstehende Interessen der Bundesnetzagentur kommt es nicht an.52 Die Durchführung des Erörterungstermins steht damit zur Disposition der Einwender und Stellungnehmer, solange und soweit alle verzichten.53 Aber auch hier gilt, dass der Verzicht auf den Erörterungstermin nicht bedeutet, dass die 46 erhobene Einwendung oder die in den Stellungnahmen geltend gemachten Bedenken nicht mehr berücksichtigt werden müssten. Ein Verzicht auf die Durchführung des Erörterungstermins bedeutet lediglich, dass dieser Verfahrensschritt nicht durchgeführt werden muss. Ein Verzicht auf die materiell-rechtliche Einwendung ist damit nicht verbunden. Ungeachtet des-
47 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 54. Zum gleichlautenden § 16 Abs. 1 Nr. 2 der 9.BImSchV siehe Landmann/Rohmer/Dietlein, § 16 9.BImSchV Rn 4. 48 BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 16; De Witt/Scheuten/Durinke, § 10 NABEG, Rn 20; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 54. 49 Eine ausführlichere beispielhafte Aufzählung findet sich bei Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 55 ff. 50 BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 16; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 58. 51 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 10 Rn 16. Wegen dieser Anforderung stuft Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 60 den Anwendungsbereich von Nr. 4 als gering ein. 52 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 60. 53 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 10 NABEG Rn 60. Riese/Nebel
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VII. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung
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sen ist die Behörde ohnehin verpflichtet, materielle Bedenken gegen ein Vorhaben zu betrachten und zu bewerten, sofern diese Bedeutung für die Rechtmäßigkeit haben54
2. Ausnahmen nach Abs. 2 S. 4 i. V.m § 67 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwVfG Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwVfG stellt die Ent- 47 scheidung über die Ausnahme vom Erörterungstermin anders als Abs. 3 in das Ermessen der BNetzA.
a) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. Nach Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG 48 kann von dem Erörterungstermin nach pflichtgemäßem Ermessen abgesehen werden, falls die in den Stellungnahmen gegen das Vorhaben vorgebrachten Bedenken von allen Beteiligten geteilt werden. Die Durchführung eines Erörterungstermins wäre in diesem Fall eine bloße Formalität.55 Die Haltung der Beteiligten muss vor der Entscheidung über das Absehen von der Erörterung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden sein. Dies kann auch durch konkludentes Handeln geschehen, da der in Bezug genommene § 67 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG keine bestimmte Form vorschreibt.56 Das konkludente Verhalten muss allerdings zweifelsfrei sein. Vorhabenträger und BNetzA müssen sich vor Augen halten, dass ein Verfahren ohne Erörterungstermin trotz Verpflichtung, an solchen Tisch zu führen, einen erheblichen Verfahrensfehler darstellt.
b) Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG 49 eröffnet die Möglichkeit, vom Erörterungstermin abzusehen, soweit alle Beteiligten auf diesen verzichtet haben. Der Regelung dürfte angesichts der Ausnahmebestimmung des Abs. 3 Nr. 4 (Unterbleiben bei Verzicht durch Einwender und Stellungnehmer) keine eigenständige Bedeutung beizumessen sein. Denn bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Regelung wäre stets zugleich Abs. 3 Nr. 4 erfüllt, der ohne weiteres Zutun der BNetzA den Erörterungstermin ausschließt. Bei Eingang der Verzichtserklärung der Einwender und Stellungnehmer wird unmittelbar die Rechtsfolge des Abs. 3 ausgelöst, sodass für die nach Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 67 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG vorgesehene Ermessensentscheidung der BNetzA kein Raum verbleibt. VII. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung Nach dem neueingefügten Abs. 4 soll in der Regel auf einen Erörterungstermin nach einer er- 50 neuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. § 42 Absatz 1 und § 22 UVPG verzichtet werden. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung indem sie von der Möglichkeit des § 42 Abs. 3 S. 5 UVPG Gebrauch macht, wonach von Erörterungsterminen abgesehen werden kann. Durch die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift räumt der Gesetzgeber der Bundesnetzagentur die Möglichkeit ein, in Einzelfällen dennoch einen Erörterungstermin durchzuführen.57 Abs. 4 gilt auch für Erörterungstermine im Planfeststellungsverfahren. Der Verweis auf § 10 51 in § 22 Abs. 6 S. 2 umfasst auch den neuen Abs. 4.58 Demnach ist abweichend von § 18 Abs. 1 S. 4
54 Vgl. § 9 Abs. 2 S. 3 (siehe dortige Kommentierung, Rn 36) sowie die neu geregelte Vorschrift des § 73 Abs. 3a S. 2 Hs. 1 VwVfG. 55 Vgl. hierzu und zum Folgenden Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann,§ 37 VwVfG Rn 23. 56 Kopp/Ramsauer, § 67 Rn 13; Mann/Sennekamp/Uechtritz/Henkel/Enders, § 67 VwVfG Rn 27. 57 BT-Drucks. 19/23491, S. 38. 58 BT-Drucks. 19/23491, S. 38. 679
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VII. Erneute Öffentlichkeitsbeteiligung
UVPG bei einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 22 UVPG in der Regel kein erneuter Erörterungstermin durchzuführen.59
59 BT-Drucks. 19/23491, S. 38. Riese/Nebel
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§ 11 Vereinfachtes Verfahren (1)
1
Die Bundesfachplanung kann in einem vereinfachten Verfahren durchgeführt werden, soweit nach § 37 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung nicht erforderlich ist und die Ausbaumaßnahme 1. verwirklicht werden kann, wenn der hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor oder die hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trasse nur geringfügig geändert wird, oder 2. kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen soll, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 7 des Raumordnungsgesetzes ausgewiesen ist. 2 Das vereinfachte Verfahren kann auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt werden. (2) In dem vereinfachten Verfahren stellt die Bundesnetzagentur im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden fest, ob die Ausbaumaßnahme raumverträglich ist. (3) 1Das vereinfachte Verfahren ist binnen drei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der Bundesnetzagentur abzuschließen. 2Hat eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 stattgefunden, beträgt die Frist nach Satz 1 sechs Monate.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1.
15 Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1) Kein Erfordernis einer Strategischen Umweltprü18 fung Bündelung mit einer bereits zugelassenen 25 Trasse a) Geringfügige Änderung eines bereits bestimmten Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1 26 Nr. 1) 27 aa) Trassenkorridor 31 bb) Geringfügige Änderung b) Kleinräumiger Verlauf außerhalb eines ausgewiesenen Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1 35 Nr. 2) Abschnittsbildung im vereinfachten Verfahren 39 (Abs. 1 S. 2)
2.
3.
III.
IV. 1 9
1. 2. V. 1. 2. 3. 4.
VI. 1. 2.
Herstellen des Benehmens mit den zuständigen 46 Landesbehörden (Abs. 2) 47 Benehmen 49 Zuständigkeit der Landesbehörden Durchführung des vereinfachten Verfahrens 52 (Abs. 3) 52 Einleitung des Verfahrens Entscheidung über das vereinfachte Verfah55 ren Durchführung einer Behörden- und Öffentlich61 keitsbeteiligung 62 Verfahrensfristen 62 a) Frist nach Abs. 3 S. 1 63 b) Frist nach Abs. 3 S. 2 65 Rechtsschutz Entscheidung über die Raumverträglich65 keit Entscheidung über das vereinfachte Verfah67 ren
Materiell-rechtliche Prüfung im vereinfachten 42 Verfahren (Abs. 2)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 regelt das vereinfachte Verfahren. Dieses kann anstelle einer vollständigen Bundesfach- 1 planung durchgeführt werden, wenn keine SUP erforderlich ist und das Vorhaben: 681 https://doi.org/10.1515/9783110670516-056
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§ 11 NABEG
I. Allgemeines
–
nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 verwirklicht werden kann, wenn der hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor nur geringfügig geändert wird, oder – nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen soll, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 7 des Raumordnungsgesetzes ausgewiesen ist. 2 Nach Abs. 1 S. 2 darf eine Abschnittsbildung in dem Sinne vorgenommen werden, dass nur für einzelne sachlich gerechtfertigte Abschnitte eines Vorhabens ein vereinfachtes Verfahren, für die sonstigen Abschnitte des Ausbauvorhabens jedoch ein förmliches Verfahren durchgeführt wird. 3 Abs. 2 definiert den materiell-rechtlichen Prüfrahmen im vereinfachten Verfahren. Danach soll im Benehmen mit den Landesbehörden die Raumverträglichkeit des Vorhabens festgestellt werden. 4 Abs. 3 regelt die Frist, binnen derer das vereinfachte Verfahren abzuschließen ist. Diese beträgt nach Abs. 3 S. 1 drei Monate und gem. Abs. 3 S. 2 im Falle einer Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 sechs Monate.
2. Regelungszweck 5 Die Vorschrift lässt für bestimmte Fälle ein vereinfachtes Verfahren der Bundesfachplanung mit gewissen (Verfahrens-) Erleichterungen zu. Die Entscheidung über die Durchführung des vereinfachten Verfahrens liegt im Ermessen der BNetzA. Der Gesetzgeber hat dies zu Recht für notwendig erachtet, da in manchen Fällen die Durchführung des zeitlich und inhaltlich komplexen förmlichen Bundesfachplanungsverfahrens den gewünschten Beschleunigungseffekt beim Netzausbau konterkarieren würde. Zudem betrifft das vereinfachte Verfahren Konstellationen, in denen in der Regel ein raum- und umweltverträglicher Trassenkorridor existiert und lediglich die geringfügige Abweichung einer näheren Prüfung unterzogen werden muss. Weil in solchen Fällen der Prüfungsaufwand im Allgemeinen deutlich geringer ist und nur Konstellationen betroffen sind, in denen die Abweichung keiner strategischen Umweltprüfung bedarf, eignet sich ein vereinfachtes Verfahren.1 Die Norm enthält mehrere Beschleunigungselemente: Die mutmaßlich größte Beschleu6 nigungswirkung geht davon aus, dass das vereinfachte Anzeigeverfahren von vielen Anforderungen eines förmlichen Bundesfachplanungsverfahrens – insbesondere von der Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung – befreit ist. Darüber hinaus ergeben sich Beschleunigungseffekte aus der Möglichkeit der frühen Festlegung auf die durchzuführende Verfahrensart sowie der Fristsetzung für die Entscheidung der BNetzA. Das vereinfachte Verfahren dient ferner der Vorhabenbündelung. Es setzt Anreize, bei der 7 Planung der Trassenkorridore möglichst – zumindest teilweise – bereits ausgewiesene Trassenkorridore auszuwählen.2 Das Gebot des Vorrangs der Vorhabenbündelung3 vor dem Neubau von Leitungen auf neuen Trassen wird damit – so die Auffassung des Gesetzgebers – gesetzlich normiert.4 Die Leitungsbündelung führt zu geringeren Eingriffen in Natur- und Landschaft, schont das Landschaftsbild und dient damit dem Umwelt- und Naturschutz.5 Damit will der Gesetzgeber das Gebot, der Vorhabenbündelung Vorrang vor dem Neubau von Leitungen auf neuen Trassen zu geben, gesetzlich normieren.6
1 2 3 4 5 6
BT-Drucks. 19/7375, S. 75. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. Zum Bündelungsgebot siehe auch BVerwG, Urt. v. 14.3.2018 – 4 A 5/17 –; Leidinger, DVBl. 2013, 949, 950 f. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. BT-Drucks. 17/6073, S. 26.
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3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 11
Es ist möglich, dass in bestimmten Konstellationen die Leitungsbündelung zu einer Über- 8 forderung des betroffenen Raums und der betroffenen Bevölkerung führen kann. Denn der Grundsatz der Leitungsbündelung führt dazu, dass bestimmte Belastungen an bestimmten Orten kumuliert werden, an denen ohnehin wegen des Grundsatzes der Leitungsbündelung bereits verschiedene Leitungssysteme oder sonstigen Infrastrukturprojekten errichtet oder verlegt worden sind. Dies kann im Einzelfall zu unzumutbaren Verhältnissen führen.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze7 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 11 erlassen. Die Norm erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf.8 In seiner Stellungnahme9 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung10 bat der Bundesrat darum, die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren zu konkretisieren und enger zu fassen. Er begründet dies mit den erheblichen Umweltauswirkungen, die zusätzlich oder erstmalig bei Aus- und Neubauvorhaben zu befürchten sein können. Zusätzlich sollte nach der Stellungnahme des Bundesrates in Abs. 2 die Formulierung „im Benehmen“ durch „im Einvernehmen“ ersetzt werden. Die Bundesregierung lehnte die Änderungsvorschläge des Bundesrates in ihrer Gegenäußerung11 ab. Die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren seien ausreichend restriktiv formuliert, indem das vereinfachte Verfahren auf solche Fälle beschränkt sei, bei denen nach einer Vorprüfung keine SUP nach § 14d S. 1 UVPG erforderlich sei. Ferner verstoße eine Einvernehmenslösung gegen das grundgesetzliche Verbot der Mischverwaltung. Die Vorschrift findet ausweislich der Gesetzesbegründung ihr Vorbild in § 16 ROG über das vereinfachte Raumordnungsverfahren und ihr Pendant in § 25 über unwesentliche Änderungen im Planfeststellungsverfahren.12 Durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 201513 erfolgten einige Änderungen. Hinzugefügt wurde eine Nummer 4, die eine geringfügige Änderung des Trassenkorridors vorsieht. Ferner wurden die Nummern 1 und 2 dahingehend ergänzt, dass nicht nur die Trasse einer bestehenden, sondern auch einer bereits zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsleitung Bezugspunkt der Ausbaumaßnahme sein kann. Seitdem ist die Norm unverändert. Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus14 vom 13.5.2019 mit Wirkung vom 17.5.2019 wurde der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens beschränkt. Hintergrund war die gleichzeitig eingeführte Regelung des § 5a, die den Verzicht auf die Bundesfachplanung regelt. Von dieser Vorschrift sind nunmehr die ursprünglich unter § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 a. F. geregelten Fälle erfasst. Um Überschneidungen zu vermeiden, musste § 11 angepasst werden.15 Infolgedessen erfasst das vereinfachte Verfahren (in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1) die ursprüngliche Regelung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a. F., nach der die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens möglich war, wenn der durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor nur geringfügig geändert wird. Ferner wurde mit § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 die Möglichkeit 7 BGBl. I 2011 S. 1690. 8 BT-Drucks. 17/6073. 9 BT-Drucks. 17/6249, S. 13 f. 10 BT-Drucks. 17/6249. 11 BT-Drucks. 17/6249, S. 18. 12 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 13 BGBl. I 2015 S. 2490. 14 BGBl. I 2019 S. 706. 15 BT-Drucks. 19/7375, S. 74. 683
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II. Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1)
eingeführt, das Verfahren durchzuführen, sofern eine Ausbaumaßnahme kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen soll, der in einem Raumordnungsplan i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG ausgewiesen ist. Schließlich wurde die im Falle der Durchführung einer Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung geltende Bearbeitungsfrist des Abs. 3 S. 2 auf sechs Monate verlängert. 14 Mit der Aufnahme der durch die Bundesfachplanung bestimmten Trassen aufgrund des Art. 4 Nr. 9 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.202116 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurde klargestellt, dass für Altfälle das vereinfachte Verfahren weiterhin genutzt werden kann.17
II. Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1) 15 Die Durchführung des vereinfachten Verfahrens18 anstelle eines förmlichen Bundesfachplanungsverfahrens setzt gemäß Abs. 1 S. 1 voraus, dass eine SUP nicht erforderlich ist. Abs. 1 S. 1 enthält einen missverständlich formulierten Verweis auf § 37 S. 1 UVPG. Auf den ersten Blick erscheint der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens aufgrund dieses Verweises gering.19 Das vereinfachte Verfahren ist aber nicht nur unter der Voraussetzung anwendbar, dass die Bundesfachplanung nur geringfügig geändert oder nur die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festgelegt wird. Vielmehr ist der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens eröffnet, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 4 UVPG ergibt, dass keine Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht.20 Erforderlich ist weiterhin, dass entweder eine geringfügige Änderung des Trassenkorridors 16 erfolgen muss, um die Ausbaumaßnahme zu verwirklichen (Nr. 1) oder die Ausbaumaßnahme kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen soll, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 7 des Raumordnungsgesetzes ausgewiesen ist. Die Voraussetzungen der Nr. 1 und 2 sind dabei ausweislich des Wortlautes („oder“) alternativ zu verstehen. Diese Fälle eignen sich für ein vereinfachtes Verfahren, da im Regelfall ein raum- und um17 weltverträglicher Trassenkorridor existiert, und lediglich die geringfügige Abweichung des vorgefundenen Zustands einer genaueren Überprüfung unterzogen werden muss. Da der insoweit zu betreibende Prüfungsaufwand erheblich geringer ausfällt und ausschließlich die Fälle erfasst sind, in denen die Abweichung kein Erfordernis einer Strategischen Umweltprüfung auslöst, bietet sich das vereinfachte Verfahren an.21 Es darf in Anbetracht der steigenden Zahl an Bundesfachplanungsentscheidungen und vergleichbaren Ausweisungen in der Raumordnung davon ausgegangen werden, dass das vereinfachte Verfahren künftig an Bedeutung zunehmen und die bezweckte Beschleunigungswirkung entfalten wird.22
1. Kein Erfordernis einer Strategischen Umweltprüfung 18 Grundvoraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des vereinfachten Verfahrens ist, dass nach § 37 S. 1 UVPG eine SUP nicht erforderlich ist.
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BGBl I 2021 S. 298. BT-Drucks. 19/23491, S. 39. Eingehend zum vereinfachten Verfahren auch Appel, ER 2013, 3 ff. Siehe dazu ausführlich Rn 15 ff. Rn 15 ff sowie Appel, ER 2013, 3, 8; BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 25 f; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 23; De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 20 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 29. 21 BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 22 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 197. Riese/Nebel
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1. Kein Erfordernis einer Strategischen Umweltprüfung
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Der Verweis auf § 37 S. 1 UVPG ist nicht gelungen.23 Gemäß § 37 S. 1 UVPG ist, wenn Pläne und Programme nach § 35 Abs. 1 und § 36 UVPG nur geringfügig geändert oder sie die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, eine SUP nur dann durchzuführen, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 4 UVPG ergibt, dass der Plan oder das Programm voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. Zwar ist die Entscheidung über die Bundesfachplanung ein Plan im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 5 Nr. 1.11 UVPG. Es geht beim vereinfachten Verfahren indes regelmäßig nicht um eine Änderung eines Plans. Eine Änderung setzt voraus, dass bereits ein Plan besteht. Dies ist bei der Bundesfachplanung in der Regel gerade nicht der Fall. Es wäre indes falsch, wollte man den Schluss daraus ziehen, dass die Regeln zur SUP im Rahmen des § 11 vollständig entfallen. Allerdings wird für die zu bestimmenden Trassenkorridore – so zumindest im Regelfall – die Bundesfachplanung nicht geringfügig geändert, sondern erstmals durchgeführt. Die Bundesfachplanung legt auch nicht die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene fest. Auf den ersten Blick ist der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens daher gering,24 wenn nicht gar ausgeschlossen.25 Der missverständlich formulierte Verweis in Abs. 1 S. 1 auf § 37 S. 1 UVPG ist daher einschränkend auszulegen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dem vereinfachten Verfahren keinen tatsächlichen Anwendungsbereich zuweisen wollte. Die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens setzt daher lediglich voraus, dass eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 35 Abs. 4 UVPG ergibt, dass die Bundesfachplanung voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat. Maßgeblich ist folglich, ob eine Vorprüfung ergibt, dass keine Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht.26 Diese gesetzgeberische Intention wird auch aus der Gesetzesbegründung deutlich, wonach mit dem vereinfachten Verfahren für Vorhaben, bei denen eine Vorprüfung nach § 37 S. 1 UVPG ergibt, dass keine Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht, ein weiteres Beschleunigungselement in das Gesetz eingefügt wurde.27 Auch das EU-Recht schreibt eine Öffentlichkeitsbeteiligung bei derartigen Verfahren vor.28 Es bleibt vor diesem Hintergrund allein die Möglichkeit, entweder das vereinfachte Verfahren wegen eines fehlerhaften Verweises auf § 37 UVPG insgesamt für ausgeschlossen zu erachten oder eine angemessene, rechtskonforme Auslegung der Vorschrift vorzunehmen. Letzteres erscheint vorzugswürdig. Gemeint ist mit dem Hinweis in § 11 Abs. 1 S. 1, dass eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung wegen offensichtlichen Fehlens von umweltrelevanten Konflikten nicht durchgeführt werden muss und die übrigen in § 11 Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Eine derartige Interpretation ist mit Sinn und Zweck sowie gesetzgeberischem Willen vereinbar und akzeptabel. Im Rahmen einer Vorprüfung des Einzelfalls (SUP-Vorprüfung) muss sich also ergeben, dass die marginale Änderung der bereits getroffenen Entscheidung der Bundesfachplanung bzw. Raumordnungsplanung voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben wird. Gemeint sind faktisch keine erheblich nachteiligen Auswirkungen. Eine Verbesserung der Umweltsituation mit dem vereinfachten Verfahren steht demnach nicht entgegen, auch wenn diese Verbesserung mit erheblichen positiven Auswirkungen verbunden ist. Dies ist etwa möglich in Konstellationen, bei denen große Netzleitungen durch Leitungen mit geringeren Ausmaßen ersetzt werden. Dies erscheint auf den ersten Blick überraschend, ist aber nicht ausgeschlossen. Denn der Einsatz moderner Technologien – wärmegeführter Leitungen etc. – erlaubt es, Masten mit geringen Ausmaßen und Leitungen mit geringeren Leistungen zu errichten. 23 24 25 26
Ähnlich Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 29. Vgl. De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 21. Vgl. Appel, ER 2013, 3, 8; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 23; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 28. In diesem Sinne auch Appel, ER 2013, 3, 8; BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 25 f; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 26; de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 20 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 29. 27 BT-Drucks. 17/6073, S. 26. 28 Vgl. zu Art. 3 Abs. 5 Richtlinie 2001/42/EG (SUP-RL) de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 20. 685
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II. Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1)
Nicht zulässig im Rahmen der SUP-Vorprüfung ist indes eine Saldierung der Vor- und Nachteile kombinierter Maßnahmen. So kann etwa bei einer Bündelung einer vorhandenen Leitung mit einer neu zu errichtenden Leitung die Erheblichkeitsschwelle nicht dadurch umgangen werden, dass erhebliche Beeinträchtigungen einer neuen Leitung mit den ersparten Umweltauswirkungen – etwa durch einen Rückbau – saldiert werden. Maßgeblich ist allein der neue Eingriff. Etwaige Verbesserungen durch Leitungsbündelungen müssen im Rahmen der Gesamtabwägung auf Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit überprüft werden. 24 Erforderlich für die SUP-Vorprüfung ist eine prognostisch überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 6 UVPG aufgeführten Kriterien, ob erhebliche Umweltauswirkungen vorliegen.29 Es ist keine vorweggenommene SUP im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen.30 Die SUP-Vorprüfung wird von der BNetzA vorgenommen, der hinsichtlich der Beurteilung der SUP-Pflicht eine Einschätzungsprärogative zusteht.31 23
2. Bündelung mit einer bereits zugelassenen Trasse 25 Beide Alternativen des Abs. 1 S. 1 knüpfen an das Vorliegen einer Ausbaumaßnahme an. Die Ausbaumaßnahme muss grundsätzlich einen Bezug zu einem bereits zugelassenen Trassenkorridor aufweisen. Um das vereinfachte Verfahren zu eröffnen, muss einer der Tatbestände aus Abs. 1 S. 1 Nr. 1–2 erfüllt sein.
26 a) Geringfügige Änderung eines bereits bestimmten Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 erfordert ein vereinfachtes Verfahren, dass die Ausbaumaßnahme verwirklicht werden kann, wenn der hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor oder die hierfür durch die Bundesfachplanung bestimmte Trasse nur geringfügig geändert wird. Dies erste Alternative wurde durch das Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 2015 eingefügt32 und blieb auch nach dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019u unverändert.33 Die zweite Alternative wurde durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.2021ergänzt und dient der Klarstellung, dass das vereinfachte Verfahren auch weiterhin für diese Altfälle genutzt werden kann. Wenn sich aufgrund nachträglicher Erkenntnisse im Planfeststellungsverfahren herausstellt, dass eine geringfügige Änderung einer im vereinfachten Verfahren genehmigten Trasse notwendig werden, so kann diese Abweichung weiterhin im vereinfachten Verfahren nach § 11 genehmigt werden.
27 aa) Trassenkorridor. Nach § 3 Nr. 7 handelt es sich beim Trassenkorridor um „die als Entscheidung der Bundesfachplanung auszuweisenden Gebietsstreifen, innerhalb derer die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist“. Bei einer Trasse handelt es sich wiederum um „die von einem Leitungsvorhaben in Anspruch genommene oder in ihrer sonstigen Nutzbarkeit beschränkte Fläche“. Eine Trasse im Sinne der Vorschrift ist die konkrete bestehende oder bereits zugelassene Trasse, also die bestehende oder
29 Vgl. Appel, ER 2013, 3, 8; BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 26; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 29; De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 24; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 31. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 31 f. Vgl. De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 24; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 32. BGBl. I 2015 S. 2490. Die nur geringfügigen Änderungen des Wortlauts dieser Alternative dürften rein redaktioneller Natur gewesen sein und keine Auswirkungen auf die Auslegung der Regelung haben, vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 74.
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2. Bündelung mit einer bereits zugelassenen Trasse
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bereits zugelassene Hoch- oder Höchstspannungsleitung. Die Vorschrift privilegiert nur solche Vorhaben, die sich exakt in dieser Trasse befinden. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Trassenkorridore in § 3 Nr. 7 legal definiert. Danach 28 sind Trassenkorridore die als Entscheidung der Bundesfachplanung auszuweisenden Gebietsstreifen, innerhalb derer die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist. Ausweislich dieser Begriffsbestimmung wird deutlich, dass zwischen Trasse und Trassenkorridor zu unterscheiden ist und dass die Trasse innerhalb des Trassenkorridors verläuft, der folglich weiter sein muss.34 Der Trassenkorridor hat die Form eines Gebietsstreifens, innerhalb dessen die konkrete Trasse einer Stromleitung verläuft.35 Ein Trassenkorridor beschreibt also nicht die genaue Linien- bzw. Trassenführung, sondern umfasst einen Flächenkorridor. Nach der Gesetzesbegründung sollen Trassenkorridore Breiten von 500m bis 1000m aufweisen.36 Diese breitere Fläche der Trassenkorridore dient dazu, dass bei der Feintrassierung in der Planfeststellung ein gewisser Spielraum zur Verfügung steht.37 Der Begriff der Trasse ist mittlerweile in § 3 Nr. 6 definiert. Mit einer Trasse im Sinne der 29 energierechtlichen Planfeststellung ist somit der konkrete, parzellenscharfe Verlauf einer Streckenplanung gemeint, der von der zuständigen Behörde im Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren festgelegt wird. Soweit der tatsäch-liche Trassenverlauf von den dem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren zu Grunde gelegten Planunterlagen abweicht, ist der tatsächliche Trassenverlauf heranzuziehen. Die Errichtung einer provisorischen Leitung im Zuge der Umbaumaßnahmen steht einem 30 vereinfachten Verfahren nicht entgegen. Wenn ein Provisorium errichtet wird, um auf diesem die alte Leitung für den Zeitraum aufzuhängen, in dem die neue, ggf. größere Leitung in der alten Trasse errichtet wird, ist ein vereinfachtes Verfahren nach Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 zulässig.
bb) Geringfügige Änderung. Seit dem Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts 31 des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 2015 kann ein vereinfachtes Verfahren auch bei Ausbaumaßnahmen durchgeführt werden, wenn der durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor zur Verwirklichung des Vorhabens nur geringfügig geändert werden muss. Zuvor bestand diese Möglichkeit nicht, selbst wenn sich im Planfeststellungsverfahren aufgrund nachträglicher Erkenntnisse im Einzelfall ausnahmsweise herausstellte, dass eine lediglich geringfügige Änderung eines Trassenkorridors erforderlich ist, um ein Vorhaben zu verwirklichen.38 In diesen Fällen musste immer ein neues Bundesfachplanungsverfahren im Regelverfahren durchgeführt werden, was den Zielen der Beschleunigung des Netzausbaus zuwiderlief. Insofern stellt die Neuregelung eine Vereinfachung für geringfügige Änderungen dar und kann zur Beschleunigung beitragen. Voraussetzung für Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ist, dass eine geringfügige Änderung vorliegt, dass diese 32 für die Verwirklichung des Vorhabens erforderlich ist und dass keine Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht.39 Mehr als geringfügige Änderungen des Trassenkorridors sind ausweislich des Wortlautes 33 nicht möglich.40 Die Geringfügigkeit ist gegeben, wenn die Grundzüge der Planung nicht beeinträchtigt werden und keine erheblichen Umweltauswirkungen hervorgerufen werden.41 Die 34 35 36 37 38 39 40 41 687
Ähnlich de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 9. Vgl. BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 6. BT-Drucks. 17/6073, S. 23; vgl. BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 6. BT-Drucks. 17/6073, S. 23; vgl. BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 6. Vgl. hierzu und zum Folgenden BT-Drucks. 18/4655, S. 38. Vgl. BT-Drucks. 18/4655, S. 38. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 21. So Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 21. Riese/Nebel
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II. Anwendungsbereich (Abs. 1 S. 1)
Geringfügigkeit hat zudem eine räumliche Komponente.42 Insofern sind insbesondere punktuelle Verschiebungen des Trassenkorridors als geringfügige Änderungen einzuordnen.43 Wann eine geringfügige Änderung vorliegt, hängt letztlich vom Einzelfall ab. Den örtlichen Gegebenheiten und der Gesamtlänge des Trassenkorridors kommt insoweit große Bedeutung zu.44 Die geringfügige Änderung des Trassenkorridors muss für die Verwirklichung der Ausbau34 maßnahme erforderlich sein. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird klargestellt, dass die Trasse einer Stromleitung weiterhin soweit wie möglich innerhalb eines bestimmten Korridors verlaufen soll45 und der Vorrang der Bündelung gilt. Für die Beurteilung der SUP-Pflicht ist auch hier im Rahmen einer Vorprüfung zu untersuchen, ob die geringfügige Änderung der Trassenkorridore voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben wird.
35 b) Kleinräumiger Verlauf außerhalb eines ausgewiesenen Trassenkorridors (Abs. 1 S. 1 Nr. 2). Das vereinfachte Verfahren findet nach dem mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus46 eingefügten § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Anwendung, wenn eine Leitung kleinräumig außerhalb eines Trassenkorridors verlaufen soll, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG ausgewiesen ist. In diesen Fällen besteht ein enger räumlicher Zusammenhang zu Flächen, bezüglich derer eine raumordnerische Koordinierung bereits stattgefunden hat. Insofern macht die bereits vorgenommene Raumverträglichkeitsprüfung ein erneutes Verfahren anlässlich der Abweichungen mit sehr überschaubaren Ausmaßen nicht erforderlich.47 Ob eine Ausbaumaßnahme „kleinräumig“ außerhalb des Trassenkorridors i. S. d. Nr. 2 ver36 läuft ist eine Einzelfallfrage, deren Beantwortung von den örtlichen Gegebenheiten und der Gesamtlänge des Trassenkorridors abhängt.48 Was die Ermessensausübung i. R. d. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 betrifft, ist zu berücksichtigen, dass der 37 Raumordnungsplan eine Planungsqualität und- tiefe vorweisen kann, die weit unterhalb der Planungsqualität der Bundesfachplanung anzusiedeln sein kann und die Großzahl der bestehenden Leitungen noch vor Erlass der Vorgaben der UVP-Richtlinie und der Naturschutzrichtlinien verlegt wurden. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, weswegen hier jeweils zu prüfen ist, ob die Durchführung eines Bundesfachplanungsverfahrens zur Wahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzrechts geboten erscheint.49 Der Gesetzgeber hat in die Bundesfachplanung keine Regelungen über die Folgen von Feh38 lern, die in der Bundesfachplanung unterlaufen sind, aufgenommen. Werden materielle oder formelle Fehler der Bundesfachplanung nach Abschluss der Bundesfachplanung, aber vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens erkannt, so hat die BNetzA diese Fehler durch Wiederaufgreifen des Bundesfachplanungsverfahrens zu korrigieren. In diesen Fällen muss die BNetzA kein förmliches Bundesfachplanungsverfahren durchführen, sondern kann zur Fehlerkorrektur das vereinfachte Verfahren in direkter oder entsprechender Anwendung von Abs. 1 S. 1 Nr. 2 durchführen.50
42 43 44 45 46 47
Buschbaum/Reidt, RdE 2015, 385, 394. Vgl. Buschbaum/Reidt, RdE 2015, 385, 394. BT-Drucks. 19/7375, S. 75. Vgl. BT-Drucks. 18/4655, S. 38. BGBl. I 2019 S. 706. Vgl. zur früheren Regelung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 15; vgl. auch Schink/Versteyl/ Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 22. 48 BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 49 BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 50 Vgl. § 5 Rn 124. Riese/Nebel
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III. Materiell-rechtliche Prüfung im vereinfachten Verfahren (Abs. 2)
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3. Abschnittsbildung im vereinfachten Verfahren (Abs. 1 S. 2) Das vereinfachte Verfahren kann nach Abs. 1 S. 2 auf einzelne Trassenabschnitte beschränkt 39 werden. Mit dem Instrument der Abschnittsbildung im Planfeststellungsverfahren kann aus einem Gesamtvorhaben ein Abschnitt herausgegriffen und selbstständig beurteilt werden. Die Abschnittsbildung ermöglicht es, auf Besonderheiten wie bestehende Trassenkorridore Rücksicht zu nehmen und das Verfahren möglichst schlank zu halten. Die Abschnittsbildung im vereinfachten Verfahren unterscheidet sich nicht von der Ab- 40 schnittsbildung im förmlichen Verfahren.51 Die Abschnittsbildung ist sowohl auf Antrag des Vorhabenträgers wie auch von Amts wegen möglich.52 Gebildete Abschnitte sind vor dem Hintergrund des Gesamtvorhabens und seiner Anforderungen in diese Gesamtkonzeption einzustellen. Die Bildung der einzelnen Trassenkorridorabschnitte bedarf der gesonderten Rechtfertigung. Eine vorausschauende Analyse des zu erwartenden Problempensums muss die einzelnen Abschnittsgrenzen sachlich rechtfertigen können. Die Einteilung der Abschnitte darf nicht willkürlich sein.53 Die Aufspaltung des im Bundesbedarfsplan aufgeführten Vorhabens in einzeln zu betrachtende Abschnitte darf nicht dazu führen, dass das vom Gesamtvorhaben aufgeworfene Problemspektrum nicht in dem Umfang abgearbeitet wird, wie dies bei einer einheitlichen Verwaltungsentscheidung der Fall wäre. Wird die Bundesfachplanung für einen Abschnitt durchgeführt, bleibt dieser in das Gesamtvorhaben eingebettet. Der Trassenkorridor muss für das Gesamtvorhaben auch ausweisbar sein, sodass die Entscheidung über einen Abschnitt nicht getroffen werden darf, wenn sich im nächsten Abschnitt unüberwindbare Hindernisse zeigen.54 Nach Abs. 1 S. 2 ist es zulässig, das Verfahren der Bundesfachplanung für einzelne Trassen- 41 abschnitte, bei denen die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 vorliegen, im vereinfachten Verfahren und bei anderen Streckenabschnitten – bei denen die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 nicht vorliegen – das Regelverfahren durchzuführen.55 Der Vorteil für den Vorhabenträger ist, dass auf diese Weise das vereinfachte Verfahren auch genutzt werden kann, wenn dessen Voraussetzungen nur für Teilstrecken des Vorhabens vorliegen.56 Denkbar sind etwa Fälle, in denen die Leitung direkt neben einer bereits bestehenden Trasse verlaufen soll und diese Trasse mittlerweile – nach Errichtung der Bestandsleitung – in oder unmittelbar in der Nähe eines FFH-Gebietes oder eines Vogelschutzgebietes liegt. In diesen Fällen kann bereits die Erhöhung der Masten zur Notwendigkeit einer Überprüfung der FFH-Verträglichkeit und sonstiger naturschutzrechtlicher Belange führen. Trotz Vorliegens der Voraussetzungen des Abs. 1 scheidet daher für den entsprechenden Abschnitt des Vorhabens ein vereinfachtes Verfahren aus. Für den herausgegriffenen Teil ergeht ebenfalls eine Entscheidung der Bundesfachplanung.
III. Materiell-rechtliche Prüfung im vereinfachten Verfahren (Abs. 2) Nach Abs. 2 stellt die BNetzA im vereinfachten Verfahren im Benehmen mit den zuständigen 42 Landesbehörden fest, ob die Ausbaumaßnahme raumverträglich ist. Die Raumverträglichkeit muss von der zuständigen Behörde positiv festgestellt werden. Der Prüfungsmaßstab in den Fällen des Abs. 1 S. 1 Nr. 1–2 entspricht dem Maßstab, der bei der Bundesfachplanung nach § 5 Abs. 4 anzusetzen ist.57 In diesen Fällen ist auch zu prüfen, ob der Realisierung der Höchstspan51 52 53 54 55 56 57
Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 26. Vgl. § 12 Rn 64 ff. Vgl. § 12 Rn 72 ff. Vgl. § 12 Rn 77 ff. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 33; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 25. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 25. Vgl. hierzu § 5 Rn 66 ff; § 12 Rn 13 ff; Vgl. auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 36; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 47. 689
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IV. Herstellen des Benehmens mit den zuständigen Landesbehörden (Abs. 2)
nungsleitung in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen und es hat eine umfassende Abwägung zu erfolgen.58 43 Die Fälle, in denen eine Raumverträglichkeit im Sinne von Abs. 2 abgelehnt oder zumindest in Zweifel gezogen werden muss, dürften angesichts der Voraussetzungen, nach denen nach Abs. 1 die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens zulässig ist, selten sein. Zudem ist eine Bündelung von Leitungsvorhaben grds. raumverträglich. Gerade diese Bündelung ist Voraussetzung für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens, sei es die Bündelung auf einem Gestänge oder die Bündelung durch die Parallelführung mehrerer Trassen. Zwei Konstellationen sind denkbar, bei denen die Raumverträglichkeit in Frage gestellt werden kann: 44 Gerade der Grundsatz der Leitungsbündelung führt dazu, dass an Engstellen eine Bündelung von leitungsgebundenen Vorhaben – Freileitung, Gasleitung, Straßen etc. – zu einer Raumunverträglichkeit führen kann. 45 Die in engem räumlichen Zusammenhang zum bereits ausgewiesenen Verlauf erfolgende Führung des (neuen) Trassenkorridors im Sinne von Abs. 1 S. 1 Nr. 1. und 2 verursacht Zusatzkonflikte, die die Raumverträglichkeit in Frage stellen.
IV. Herstellen des Benehmens mit den zuständigen Landesbehörden (Abs. 2) 46 Die Feststellung der Raumverträglichkeit gemäß Abs. 2 erfolgt im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden. Gemäß Abs. 2 stellt die BNetzA in dem vereinfachten Verfahren im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden anhand der vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen fest, ob die Ausbaumaßnahme raumverträglich ist.59 Da im vereinfachten Verfahren gem. § 9 Abs. 7 die Durchführung eines Anhörungsverfahrens unterbleiben kann, soll auf Grundlage der eingereichten Unterlagen die Prüfung der Raumverträglichkeit jedenfalls im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden hergestellt werden.60
1. Benehmen 47 Die Raumverträglichkeit soll durch die BNetzA im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden festgestellt werden. Bei einer Entscheidung „im Benehmen“ besteht anders als beim „Einvernehmen“, wie beispielsweise in § 36 BauGB, kein verbindliches Mitspracherecht, sodass die Genehmigungsbehörde auch gegen die durch eine Landesbehörde vorgebrachte Meinung entscheiden kann.61 Die Regelung ist insofern mit § 16 Abs. 1 S. 1 FStrG vergleichbar.62 Benehmen bedeutet im Gegensatz zum Einvernehmen, dass eine Zustimmung der anderen Stelle nicht erforderlich ist.63 Das Benehmen schreibt der BNetzA lediglich vor, dass sie den Landesbehörden die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen muss.64 Der Landesbehörde steht kein Widerspruchsrecht zu. Erforderlich ist lediglich, dass die Landesbehörde angehört wird und dass die BNetzA die vorgebrachten Argumente bei der Entscheidung berücksichtigt.65 Wenngleich das
58 Vgl. ausführlich Appel, ER 2013, 3, 6 f; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 37; De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 39; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 46. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. BVerwG, Urt. v. 29.4.1993 – 7 A 2/92 –; VGH Mannheim, Beschl. v. 8.5.2012 – 8 S 217/11 –. Vgl. Appel, ER 2013, 3, 9; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34. Vgl. Appel, ER 2013 3, 9; Erbguth, NVwZ 2012, 326. 327; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34; de Witt/Scheuten/ Durinke, § 11 NABEG, Rn 43; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 48. 64 BVerwG, Urt. v. 29.4.1993 – 7 A 2/92 –. 65 Vgl. Appel, ER 2013, 3, 9; Erbguth, NVwZ 2012, 326. 327; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34; Schink/Versteyl/ Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 48.
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1. Einleitung des Verfahrens
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Erzielen einer Einigung angestrebt ist, kann sich die BNetzA nach sorgfältiger Abwägung über die Stellungnahme der Länder, soweit erforderlich, hinwegsetzen.66 Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat darauf gedrängt, dass das Benehmen 48 durch ein Einvernehmen ersetzt wird.67 Die Bundesregierung hatte diesen Vorschlag abgelehnt.68 Argument war, dass die Einvernehmensregelung als Mitentscheidungsbefugnis gegen das Verbot der Mischverwaltung verstoße und die Interessen der betroffenen Länder bereits verfahrensmäßig ausreichend gesichert seien.69
2. Zuständigkeit der Landesbehörden Mit zuständigen Landesbehörden sind die Behörden des § 7 Abs. 2 S. 1 gemeint, also die für 49 Landesplanung zuständigen Behörden. Im förmlichen Verfahren der Bundesfachplanung werden diese im Rahmen der Antragskonferenz bei der Bestimmung des Untersuchungsrahmens nach § 7 beteiligt. Die Zuständigkeit der Landesbehörde für die Landesplanung richtet sich nach Landesrecht. 50 Welche Länder einbezogen werden müssen, richtet sich nach der Betroffenheit des Landes durch das Vorhaben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass für einen Teilabschnitt zwei Länder und deren Behörden zuständig sind, da die Frage der Raumverträglichkeit nicht an der Landesgrenze endet. In diesen Fällen ist das Benehmen von mehreren Landesbehörden einzuholen. Die Antragskonferenz kann nach § 7 Abs. 7 unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für das 51 vereinfachte Verfahren nach § 11 vorliegen.70 Der BNetzA steht insoweit nach § 7 Abs. 7 Ermessen zu („kann“).
V. Durchführung des vereinfachten Verfahrens (Abs. 3) 1. Einleitung des Verfahrens Das vereinfachte Verfahren setzt grundsätzlich einen Antrag des Vorhabenträgers gemäß § 6 52 voraus.71 Ein Antrag auf Einleitung der Bundesfachplanung ist unabhängig davon erforderlich, ob 53 sie im förmlichen oder im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden soll. Das vereinfachte Verfahren selbst wird entweder durch einen entsprechenden Antrag des Vorhabenträgers gem. § 6 S. 1 i. V. m. S. 7 Nr. 4 oder durch die nach außen bekannt gegebene Entscheidung der BNetzA eingeleitet. Während die BNetzA die Bundesfachplanung auf Antrag des Vorhabenträgers einleiten muss und ohne einen Antrag nicht tätig werden darf, kann sie die Entscheidung über die Verfahrenswahl von Amts wegen treffen.72 Strebt der Vorhabenträger von sich aus das vereinfachte Verfahren an, sind von ihm nach 54 § 6 S. 7 Nr. 4 die dafür erforderlichen Voraussetzungen mit den Antragsunterlagen darzulegen. Diese Darlegung entfaltet indes keine Bindungswirkung für die BNetzA.73 66 67 68 69 70 71 72
Appel, ER 2013, 3, 9; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34; De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 43. BT-Drucks. 17/6249, S. 14. BT-Drucks. 17/6249, S. 18. BT-Drucks. 17/6249, S. 18. Siehe ausführlich zu diesem Aspekt de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 31 ff. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 5; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 6. So auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 5; de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 29; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 6. 73 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 5; De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 29; Schink/Versteyl/Dippel/ Schink, § 11 NABEG Rn 6. 691
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§ 11 NABEG
V. Durchführung des vereinfachten Verfahrens (Abs. 3)
2. Entscheidung über das vereinfachte Verfahren 55 Nach Abs. 1 S. 1 entscheidet die BNetzA – soweit alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen – nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Bundesfachplanung im Wege des vereinfachten Verfahrens oder doch im Regelverfahren durchgeführt werden kann.74 Der Vorhabenträger hat keinen Anspruch auf Durchführung des vereinfachten Verfahrens.75 Über die eigentliche Durchführung des vereinfachten Verfahrens enthält § 11 wenige Anforderungen, sodass den §§ 6 bis 10 entnommen werden muss, inwiefern sie auch beim vereinfachten Verfahren Anwendung finden.76 Die Durchführung des vereinfachten Verfahrens ist – wenn die tatbestandlichen Vorausset56 zungen vorliegen – im Sinne der Beschleunigung der Ausbauverfahren auch gegen den Willen des Antragstellers zulässig. Die BNetzA muss nicht das Einvernehmen mit dem Antragsteller herstellen. Sie kann auch dann die Bundesfachplanung im Wege des vereinfachten Verfahrens durchführen, wenn der Vorhabenträger die Durchführung eines förmlichen Verfahrens beantragt hat. Von dieser Möglichkeit kann die Behörde indes nur Gebrauch machen, wenn sie nach Eingang der Antragsunterlagen des Vorhabenträgers zu dem Entschluss kommt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen. Im Vordergrund steht bei der Ausübung des Ermessens, dass in sachgerechter Weise die 57 verschiedenen Verfahrensmöglichkeiten genutzt werden.77 Ziel ist es, rechtskonform und möglichst effektiv das Vorhaben realisieren zu können. Gründe der Praktikabilität können daher für die Ermessensausübung ausschlaggebend sein. Für die Entscheidung über die Verfahrenswahl hat der Gesetzgeber keine Verfahrensfrist 58 gesetzt. Diesbezüglich unterscheidet sich die Regelung von der Bearbeitungsfrist78 in Abs. 3 S. 1, wonach binnen drei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA eine Entscheidung über die Raumverträglichkeit der Maßnahme zu treffen ist. Ein vereinfachtes Verfahren kann von der BNetzA auch von Amts wegen durchgeführt wer59 den. Das bedeutet, dass die BNetzA auch dann ein vereinfachtes Verfahren durchführen kann, wenn der verantwortliche Vorhabenträger die Einleitung eines förmlichen Verfahrens der Bundesfachplanung beantragt hat und die BNetzA gleichwohl das vereinfachte Verfahren für zulässig und zweckmäßig hält.79 Selbst wenn sich die BnetzA für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens entscheidet, kann sie nach pflichtgemäßem Ermessen festlegen, welche verzichtbaren Verfahrensschritte im Einzelnen durchgeführt werden.80 Die Entscheidung über die Durchführung des vereinfachten Verfahrens ist keine Sachent60 scheidung. Sie hat vorbereitenden Charakter und schließt die Entscheidung über die Bundesfachplanung nicht ab. Sie ist eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a VwGO und kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG.
3. Durchführung einer Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung 61 Nach § 9 Abs. 7 kann ein Anhörungsverfahren unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren gem. § 11 vorliegen. Im Regelfall findet im vereinfachten Verfahren keine 74 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 5; de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 29; Schink/Versteyl/Dippel/ Schink, § 11 NABEG Rn 6. Vgl. De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 29. De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 30. Ähnlich Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 6. De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 30. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 5; de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 29; Schink/Versteyl/Dippel/ Schink, § 11 NABEG Rn 6. 80 De Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 30.
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1. Entscheidung über die Raumverträglichkeit
NABEG § 11
Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen der planenden Behörde, sie „kann“ von der Durchführung absehen.81
4. Verfahrensfristen a) Frist nach Abs. 3 S. 1. Nach Abs. 3 S. 1 ist das vereinfachte Verfahren binnen drei Monaten 62 nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA abzuschließen. Die für das Regelverfahren der Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 1 vorgesehene sechsmonatige Frist wird also erheblich verkürzt, um eine Beschleunigung zu bewirken.82 Da keine Sanktion geregelt ist, kommt dieser Fristvorgabe jedoch lediglich eine Appellwirkung zu.83 Die Frist beginnt mit der Erklärung der BNetzA, dass die eingereichten Unterlagen vollständig sind. Das Verfahren wird durch Entscheidung der Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen. Die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ist nicht in § 11, sondern in § 12 geregelt, der in § 12 Abs. 3 Modifizierungen für § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 gegenüber der Entscheidung im regulären Verfahren der Bundesfachplanung enthält.84 b) Frist nach Abs. 3 S. 2. Seit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus85 63 verlängert sich die dreimonatige Frist nach Abs. 3 S. 1 nicht mehr auf vier, sondern auf sechs Monate, wenn eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 stattgefunden hat. Ziel der Gesetzesänderung war es, die tatsächliche Anwendung des vereinfachten Verfahrens in Fällen vorangegangener Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung durch Einräumung einer realistischen Bearbeitungszeit zu erhöhen. Die Änderung ist zu begrüßen, zumal allein die Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung im Regelfall drei Monate in Anspruch nimmt.86 Nach dem Wortlaut ist für die Anwendung der Sechs-Monatsfrist erforderlich, dass beide 64 Beteiligungen stattgefunden haben („und“).87 In diesem Fall ist ist das vereinfachte Verfahren binnen sechs Monaten abzuschließen, wobei auch hier das Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA erforderlich ist. Die Frist beginnt mit der Erklärung der BNetzA, dass die eingereichten Unterlagen vollständig sind.
VI. Rechtsschutz 1. Entscheidung über die Raumverträglichkeit Das vereinfachte Verfahren ist ein spezielles Verfahren der Bundesfachplanung. Gemäß § 12 65 Abs. 3 ist das Ergebnis des vereinfachten Verfahrens Teil der Entscheidung über die Bundesfachplanung. Die Bindungswirkung des vereinfachten Verfahrens folgt aus § 15 und entspricht der
81 Vgl. zum Verzicht auf die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung ausführlich de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 35 ff. 82 Vgl. Appel, ER 2013, 3, 10; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34. 83 Vgl. Appel, ER 2013, 3, 10; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 34. Ähnlich Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 51. 84 Siehe § 12, Rn 82 ff; vgl. auch Appel, ER 2013, 3, 10; de Witt/Scheuten/Durinke, § 11 NABEG, Rn 44, 47. 85 BGBl. I 2019 S. 706. 86 BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 87 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 52; a. A. (ohne Begründung) Appel, ER 2013, 3, 10, wonach die Fristverlängerung auch greift, wenn nur eine der beiden Beteiligungen (Behörden- oder Öffentlichkeitsbeteiligung) stattgefunden hat. 693
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§ 11 NABEG
VI. Rechtsschutz
Rechtswirkung der im förmlichen Verfahren durchgeführten Bundesfachplanung.88 Die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ist folglich für die Planfeststellungsbehörde nach § 15 Abs. 1 S. 1 verbindlich. 66 Gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 hat die Entscheidung über den Abschluss der Bundesfachplanung im vereinfachten Verfahren (wie im Regelverfahren) keine unmittelbare Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme.89 Der Vorhabenträger kann bzw. Dritte können gegenüber der im Wege des vereinfachten Verfahrens durchgeführten Bundesfachplanung keinen Rechtsschutz geltend machen. Die Entscheidung über den Abschluss der Bundesfachplanung im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 12 Abs. 3 kann gem. § 15 Abs. 3 S. 1 nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss als Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme geprüft werden.90
2. Entscheidung über das vereinfachte Verfahren 67 Die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens steht nach Abs. 1 S. 1 im Ermessen der BNetzA, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Entscheidung über die Durchführung des vereinfachten Verfahrens ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG. Gemäß § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Der Vorhabenträger kann nicht bei der von seinem Antrag auf Durchführung des förmlichen oder des vereinfachten Bundesfachplanungsverfahrens abweichenden Entscheidung auf ermessensfehlerfreie Bescheidung klagen. Eine derartige Klage wäre kontraproduktiv, denn die angestrebte Beschleunigung durch ein vereinfachtes Verfahren würde durch eine Klage gegen die vorangehende Entscheidung über die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens verhindert werden. 68 Bei einer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss selbst kann die Entscheidung über das vereinfachte Verfahren (inzident) überprüft werden. Unproblematisch ist der Fall, in dem ein förmliches Verfahren trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt wurde. Sollte die Behörde irrtümlicherweise annehmen, die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren lägen vor, ist dies für den Vorhabenträger und die Behörde insofern problematisch, als dass das vereinfachte Verfahren einen gegenüber dem Regelverfahren eingeschränkten Verfahrens- und Prüfungsumfang aufweist, der ggf. zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen kann.
88 Vgl. dazu auch de Witt/Krause, ER 2013, 109 ff; Appel, ER 2013, 3, 10; BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 40; Schink/ Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 57. 89 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 40; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 57. 90 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 11 Rn 40; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 11 NABEG Rn 57. Riese/Nebel
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§ 12 Abschluss der Bundesfachplanung (1) Die Bundesfachplanung ist binnen sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der Bundesnetzagentur abzuschließen. (2) 1Die Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Bundesfachplanung enthält 1. den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors, der Teil des Bundesnetzplans wird, sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte; der Trassenkorridor und die Länderübergangspunkte sind in geeigneter Weise kartografisch auszuweisen; 2. eine Bewertung sowie eine zusammenfassende Erklärung der Umweltauswirkungen gemäß den §§ 43 und 44 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung des in den Bundesnetzplan aufzunehmenden Trassenkorridors; 3. bei Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 5 des Bundesbedarfsplangesetzes eine Kennzeichnung, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet, und 4. das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren. 2 Der Entscheidung ist eine Begründung beizufügen, in der die Raumverträglichkeit im Einzelnen darzustellen ist. 3Bei Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 5 des Bundesbedarfsplangesetzes sind auch die Gründe anzugeben, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt. 4Die Bundesnetzagentur hat nach Abschluss der Bundesfachplanung den nach den §§ 11 und 12 des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichteten Vorhabenträger durch Bescheid aufzufordern, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist den erforderlichen Antrag auf Planfeststellung zu stellen. 5Die zuständigen obersten Landesbehörden der Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor verläuft, sind von der Frist zu benachrichtigen. (3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 enthält die Entscheidung im Fall des vereinfachten Verfahrens nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 den Verlauf der geringfügigen Änderung und im Fall des vereinfachten Verfahrens nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine Darstellung der kleinräumig außerhalb des Trassenkorridors verlaufenden Abschnitte der Ausbaumaßnahme.
Übersicht cc)
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Entscheidung über die Bundesfachplanung 15 (Abs. 2) Verlauf des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1 15 Nr. 1) 15 a) Allgemeines b) Prüfung entgegenstehender öffentlicher 19 oder privater Belange c) Übereinstimmung mit den Erfordernissen 20 der Raumordnung aa) Vereinbarkeit mit den Zielen der 26 Raumordnung bb) Prüfung der Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Raumord33 nung
1.
2. 3. 4.
Prüfung der Übereinstimmung mit den sonstigen Erfordernissen der Raumordnung 34 35 dd) Trassenkorridor 44 Umweltauswirkungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) 48 FFH-Recht 53 Artenschutzrecht
III.
Kennzeichnung zur Erdkabeleignung
IV.
Prüfung alternativer Trassenkorridore (Abs. 2 58 S. 1 Nr. 4)
V. 1.
64 Abschnittsbildung Abschnittsbildung auf Antrag des Vorhabenträ67 gers 72 Abschnittsbildung von Amts wegen 74 Rechtfertigung der Trassenabschnitte 77 Vorläufige positive Gesamtprognose
1 11
695 https://doi.org/10.1515/9783110670516-057
2. 3. 4.
54
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§ 12 NABEG
VI.
I. Allgemeines
Begründung der Entscheidung (Abs. 2 S. 2, 80 3)
VII. Entscheidungsfrist (Abs. 1)
84
IX.
Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Bundes91 fachplanung
X.
Verpflichtung zum Antrag auf Planfeststellung 92 (Abs. 2 S. 4, 5)
VIII. Entscheidung im vereinfachten Verfahren 88 (Abs. 3)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Die Norm ist heterogen in ihrer Zusammensetzung. Sie enthält Bestimmungen zum Verfahren der Bundesfachplanung (Abs. 1), zu Inhalt und Form der Entscheidung der Bundesfachplanung (Abs. 2 S. 1, 2), zur Entscheidung der Bundesfachplanung im vereinfachten Verfahren nach § 11 (Abs. 3) sowie zum Planfeststellungsverfahren (Abs. 2 S. 3 und 4). 2 Abs. 1 setzt eine Frist von sechs Monaten fest, innerhalb der die Bundesfachplanung nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA abzuschließen ist. 3 Die Entscheidung über die Bundesfachplanung nach Abs. 2 S. 1 beinhaltet: – den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte (Abs. 2 S. 1 Nr. 1), – eine Bewertung sowie eine zusammenfassende Erklärung der Umweltauswirkungen der Trassenkorridore (Abs. 2 S. 1 Nr. 2),bei Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 5 BBPlG eine Kennzeichnung, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet (Abs. 2 S. 1 Nr. 3), – das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren (Abs. 2 S. 1 Nr. 4) und – eine Begründung, in der die Raumverträglichkeit im Einzelnen darzustellen ist (Abs. 2 S. 2). Bei Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 5 BBPlG sind auch die Gründe anzugeben, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt (Abs. 2 S. 3). Der Trassenkorridor und die Länderübergangspunkte sind in geeigneter Weise kartographisch auszuweisen (Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 2). 4 Abs. 2 S. 4 sieht vor, dass die BNetzA nach Abschluss der Bundesfachplanung dem nach den §§ 11, 12 EnWG verantwortlichen Vorhabenträger durch Bescheid dazu verpflichtet, innerhalb einer angemessenen Frist den erforderlichen Antrag auf Planfeststellung zu stellen. Nach Abs. 2 S. 5 sind die zuständigen obersten Landesbehörden, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor verläuft, von der gesetzten Frist zu benachrichtigen. 5 Abs. 3 setzt den Inhalt der Entscheidung im Falle der Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 11 fest. Abweichend von Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 muss die Entscheidung im Fall des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 den Verlauf der geringfügigen Änderung des nach der Bundesfachplanung für die Ausbaumaßnahme bestimmten Trassenkorridors bzw. im Fall des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 eine Darstellung der kleinräumig außerhalb des Trassenkorridors verlaufenden Abschnitte der Ausbaumaßnahme enthalten. sind 6 Die Norm steht in enger Wechselwirkung mit den Regelungen über den Inhalt der Bundesfachplanung (§ 5) und über die Bindungswirkung der Bundesfachplanung (§ 15).
2. Regelungszweck 7 Die Regelung über den Abschluss der Bundesfachplanung ist eine der zentralen Normen des NABEG. Der Schwerpunkt der Norm liegt in den in Abs. 1 und 2 genannten Inhalten der Entscheidung über die Bundesfachplanung. In der Bundesfachplanung erfolgt eine verbindliche Riese/Nebel
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3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 12
Grobtrassenplanung für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. In der abschließenden Entscheidung über die Bundesfachplanung sind der Verlauf des raumverträglichen Trassenkorridors sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte festzulegen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1). Die Entscheidung über die Bundesfachplanung bestimmt denjenigen Trassenkorridor, der die wenigsten Konflikte im Hinblick auf die Raum- und Umweltverträglichkeit aufwirft; dieser Trassenkorridor findet anschließend Aufnahme in den Bundesnetzplan (§ 17). Der BNetzA kommt damit die komplexe Aufgabe zu, einen Trassenkorridor zu definieren, der der Planfeststellungsbehörde und dem Vorhabenträger die notwendige Planungssicherheit gibt, gleichzeitig aber auch ausreichende Flexibilität für die Festlegung des konkreten Trassenverlaufs im Planfeststellungsverfahren einräumt. Der Trassenkorridor muss so gewählt werden, dass alle auf der Ebene der Bundesfachplanung zu berücksichtigenden Interessen angemessen abgewogen sind. Absehbare Konflikte sind bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung zu vermeiden, zumindest zu minimieren. Der Verlauf des Trassenkorridors und die Länderübergangspunkte sind in der Entscheidung 8 kartographisch auszuweisen (Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 2). Grundlage, Abbildungsprozess und die Gründe für die konkrete Festlegung des Trassenkorridors müssen sich in der Begründung wiederfinden. Die das vereinfachte Verfahren nach § 11 flankierende Regelung in Abs. 3 erweitert die 9 Vereinfachung auf die das Verfahren abschließende Entscheidung in den in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 enumerativ aufgezählten Fällen. Im vereinfachten Verfahren ist lediglich die geringfügige Änderung bereits durch Bundesfachplanung bestimmter Trassenkorridore bzw. die Durchführung von nur kleinräumig außerhalb der im Raumordnungsplan bereits ausgewiesenen Korridore verlaufenden Ausbaumaßnahmen geboten. Die Darstellung kompletter Trassenkorridore erübrigt sich, da das vereinfachte Verfahren gerade dann Anwendung findet, wenn die Leitung in oder in der unmittelbaren Nähe bereits bestehender oder bereits zugelassener Trassen errichtet werden soll. Dementsprechend weicht der Inhalt der Entscheidung über die Bundesfachplanung von Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 ab. Die nunmehr vorgesehene Verpflichtung des nach §§ 11, 12 EnWG verpflichteten Vorhaben- 10 trägers zur Stellung des Antrags auf Planfeststellung durch die BNetzA sichert ihre Verfahrenshoheit ab. Die Vorschrift baut auf der in § 6 S. 2 vorgesehenen Pflicht des Vorhabenträgers zur Antragstellung in der Bundesfachplanung auf. Die Zusammenschau mit der korrespondierenden Möglichkeit zur Verhängung von Zwangsgeldern und den Bußgeldvorschriften ergibt, dass die BNetzA alle wesentlichen Verfahrenshandlungen des Vorhabenträgers durchsetzen kann, bis die Behörde in die Lage versetzt ist, den Plan festzustellen. Bei der Bundesfachplanung handelt es sich insofern nicht um ein klassisches Antragsverfahren.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des 11 Netzausbaus Elektrizitätsnetze1 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 12 erlassen. Die Norm erhielt im Gesetzgebungsverfahren eine klarstellende Änderung in Abs. 2 S. 3 a. F. 12 (jetzt S. 4) durch die Einfügung von „auf Planfeststellung“ nach Antrag. Ferner wurde Abs. 2 S. 4 a. F. (jetzt S. 5) angefügt, wonach die zuständigen obersten Landesbehörden eines von einem Trassenkorridor betroffenen Landes über die einem Vorhabenträger zur Antragstellung auf Planfeststellung gesetzte Frist zu informieren sind. Die Zuständigkeit der Landesbehörde bezieht sich auf die Verantwortlichkeit als Planfeststellungsbehörde, sodass die Änderung eine Folge der Zuständigkeitsänderung für die Planfeststellung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist.
1 BGBl. I 2011 S. 1690. 697
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§ 12 NABEG
II. Entscheidung über die Bundesfachplanung (Abs. 2)
Durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 20152 erfolgten Änderungen hinsichtlich von Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG, also solchen Vorhaben mit Erdkabelvorrang. Zunächst wurde mit einer neuen Nummer 3 in Abs. 2 der Inhalt der Entscheidung der BNetzA bei Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG um eine Kennzeichnungspflicht erweitert. In diesen Fällen muss die Entscheidung der BNetzA nun auch eine Kennzeichnung enthalten, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet. Ferner wurde in Abs. 2 ein neuer S. 3 eingefügt, der die Begründungspflicht der BNetzA bei Vorhaben nach § 2 Abs. 5 BBPlG erweitert. Bei Vorhaben mit Erdkabelvorrang sind nun auch die Gründe anzugeben, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt. Die übrigen Änderungen waren redaktioneller Art oder Folgeänderungen aufgrund der Änderungen in § 11. Seitdem ist die Norm unverändert. 14 Die Regelung erfuhr durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus3 vom 13.5.2019 mit Wirkung vom 17.5.2019 weitere Überarbeitungen. So handelt es sich bei der Aufforderung des Vorhabenträgers zur Stellung eines Antrags auf Planfeststellung nach Abs. 2 S. 4 nicht mehr um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung der BNetzA. Ferner wurde die Bestimmung des Abs. 3 über die Inhalte der Bundesfachplanungsentscheidung im vereinfachten Verfahren nach § 11 an die mit dem Gesetz ebenfalls vorgenommene Änderung des Anwendungsbereichs dieser besonderen Verfahrensart angepasst. 13
II. Entscheidung über die Bundesfachplanung (Abs. 2) 1. Verlauf des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 15 a) Allgemeines. Die Aufgabe der Bundesfachplanung ist die verbindliche Grobplanung durch die Festlegung eines Trassenkorridors („Grobkorridorplanung“).4 Die eigentliche Planung wird folglich nicht vorweggenommen, sondern die beantragten Korridore werden bei dem Verfahrensschritt der Bundesfachplanung grob beschrieben.5 Die entsprechenden Anforderungen an diese Grobkorridorfindung kann der Vorhabenträger dem von der BNetzA veröffentlichten Leitfaden zur Bundesfachplanung entnehmen.6 Die BNetzA hat dazu alle von dem Verlauf des Trassenkorridors berührten öffentlichen und privaten Belange zu ermitteln, zu gewichten und hiernach eine Abwägungsentscheidung vorzunehmen.7 Sie prüft in der Entscheidung über die Bundesfachplanung, ob der Trassenkorridor mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt und stimmt ihn mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen ab (§ 5 Abs. 2 S. 1). Die Feststellung bzw. Herstellung der Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors ist erforderlich, um die Trassensicherung für die späteren Planfeststellungsverfahren zu ermöglichen.8 16 Die Entscheidung über den Verlauf des Trassenkorridors ergeht auf der Ebene der Raumordnung. Die konkrete Trassenführung erfolgt im Planfeststellungsverfahren. 17 Der Bundesbedarfsplan ist nicht insgesamt auf konkrete raumbezogene Aussagen ausgelegt. Räumlich konkretisiert sind aber die Anfangs- und Endpunkte der neu zu errichtenden Höchstspannungsleitungen, an denen diese mit dem bestehenden Netz verbunden werden.
2 BGBl. I 2015 S. 2490. 3 BGBl. I 2019 S. 706. 4 BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 6; vgl. auch de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 3, 30 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 8. Vgl. de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 3; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 8, 14. BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 6 ff. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 14. BT-Drucks. 17/6073, S. 24.
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1. Verlauf des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1 Nr. 1)
NABEG § 12
Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der spezifisch energierechtlichen Anfor- 18 derungen bleiben der Entscheidung über die Planfeststellung vorbehalten. Aus diesem Grund können die Aussagen zu den detaillierten Auswirkungen erst im Planfeststellungsverfahren prognostiziert werden. Die Auswirkungen des Trassenkorridors sind auf der Ebene der Bundesfachplanung in erster Linie unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Ziel der Untersuchung ist die Bereitstellung aller Informationen, die zur Ermittlung und Beurteilung der Auswirkungen des Trassenkorridors auf raumstrukturelle Aspekte und für die bei fehlender Übereinstimmung mit den Erfordernissen, insbesondere mit den Zielen der Raumordnung, vorzunehmende Abwägungsentscheidung notwendig sind. Nichtsdestoweniger müssen bereits auf Ebene der Bundesfachplanung erkennbare Konflikte, die im späteren Planfeststellungsverfahren auftauchen könnten, bewältigt werden. Denn nur wenn der Trassenkorridor so gewählt wird, dass eine Realisierung im späteren Planfeststellungsverfahren möglich ist, ist die Bundesfachplanung sachgerecht und rechtmäßig.
b) Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange. Die Entscheidung 19 über die Übereinstimmung des zur Prüfung stehenden Trassenkorridors mit den Erfordernissen der Raumordnung bildet den zentralen Prüfungsgegenstand der Bundesfachplanung. Sie geht aber darüber hinaus. In der vorzunehmenden Abwägungsentscheidung sind (auch) alle sonstigen öffentlichen oder privaten Belange einzubeziehen, wenn diese bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung erkennbar der Realisierung einer Höchstspannungsleitung innerhalb der für den Trassenkorridor ausgewählten Fläche entgegenstehen können.
c) Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung. In der Entscheidung über die Bundesfachplanung ist der Trassenkorridor insbesondere mit den Erfordernissen der Raumordnung und anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen abzustimmen. Eine entsprechende Übereinstimmung ist im Wege der Abwägung herzustellen. Zu den Erfordernissen der Raumordnung gehören nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG die Ziele, die Grundsätze und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung. Um die für den Trassenkorridor notwendigen Flächen zu ermitteln, sind in der Bundesfachplanung einerseits großräumige Raumwiderstände und anderseits relativ konfliktarme Bereiche zu identifizieren.9 Hierbei sind etwa Landesentwicklungsprogramme bzw. Landesentwicklungsgesetze, Landesentwicklungspläne bzw. Landesraumordnungspläne, Regionalplan, Bauleitpläne oder landesplanerische Stellungnahmen zu berücksichtigen.10 Räume sind konfliktbelastet, wenn ihnen in raumordnerischen Ausweisungen der Länder mit einem Trassenkorridor nicht zu vereinbarende Nutzungen zugewiesen, diese Flächen besonders schutzbedürftig sind oder durch die spätere Trassenführung in private Rechte in unverhältnismäßiger Weise eingegriffen würde. Sind die bekannten Konflikte so schwerwiegend, dass absehbar ist, dass diese durch die Bundesfachplanung oder das spätere Planfeststellungsverfahren nicht überwunden oder ausgeräumt werden können, scheiden diese konfliktbeladenen Räume aus der weiteren Betrachtung aus.11 Bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen und entgegenstehenden Erfordernissen der Raumordnung sind – entsprechend der gesetzlichen Wertung in den §§ 3 und 4 ROG – die unterschiedliche Intensität von Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung zu berücksichtigen und
9 Vgl. de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 18 ff; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 18. 10 Vgl. de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 21; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 18. 11 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 18. Ähnlich de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 8. 699
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II. Entscheidung über die Bundesfachplanung (Abs. 2)
diese mit dem ihnen jeweils eigenem Gewicht in die nach § 5 Abs. 2 S. 1 durchzuführende Abwägung einzustellen.12
26 aa) Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen Festlegungen in Raumordnungsplänen. 27 Im Rahmen einer Raumverträglichkeitsstudie sind von den Vorhabenträgern die Ziele der in Frage kommenden Pläne und Programme einer sachlichen Relevanz- und räumlichen Betroffenheitsprüfung zu unterziehen. Weiterhin sind textliche Ausweisungen und graphische Festlegungen darzustellen und mit Blick auf das Vorhaben zu bewerten.13 In Raumordnungsplänen festgelegten Zielen der Raumordnung kommt zwar auch in der 28 Bundesfachplanung eine starke Bindungswirkung zu. Ziele der Raumordnung sind bei der in der Bundesfachplanung vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen, jedoch nicht zu beachten im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 ROG.14 Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist eine „sonstige Entscheidung“ im 29 Sinne des § 4 Abs. 2 ROG.15 Bei der Bundesfachplanung handelt es sich um eine raumbedeutsame Planung von Personen des Privatrechts, denn nicht die BNetzA, sondern die verpflichteten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) planen die Trassenkorridore. In der Bundesfachplanung trifft die BNetzA eine Entscheidung über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen der ÜNB. Die Erfordernisse der Raumordnung sind daher nach § 4 Abs. 2 ROG nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 hat die Bundesfachplanung grundsätzlich Vorrang vor Planungen der 30 Länder und Gemeinden. Dieser Vorrang gilt nicht nur für zukünftige Planungen der Länder und Gemeinden, sondern auch für bereits abgeschlossene Planungen. „Grundsätzlich Vorrang“ bedeutet, dass der Vorrang zumindest dann gilt, wenn die bestehenden Planungen der Länder und Gemeinden das öffentliche Interesse an der Realisierung der Höchstspannungsleitungen nicht überwiegen. Die Festlegung des grundsätzlichen Vorrangs der Bundesfachplanung vor Planungen der Länder und Gemeinden korrespondiert mit der in § 5 Abs. 2 S. 1 vorgeschriebenen gewichteten Abwägungsentscheidung, wonach die BNetzA prüft, ob der Verwirklichung des Vorhabens in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. 31 Die Raumverträglichkeit muss auf Grundlage einer Analyse der vorgefundenen Konfliktpotenziale geprüft werden. Diese können beispielsweise in einem dreistufigen System erfasst werden, welches die Konflikte als gering, mittel oder schwer kennzeichnet. Die verschiedenen Trassen können anhand dieser Kriterien verglichen werden. Diejenige Trasse, die die geringsten schweren Konfliktfelder aufweist, ist die Vorzugsvariante.16 Die aktuelle Fassung des Leitfadens zur Bundesfachplanung der BNetzA listet einen Min32 destumfang für die Prüfung der Raumverträglichkeit auf. Wird von diesem Inhalt abgewichen, so ist dies zu dokumentieren und zu begründen.17
12 Vgl. dazu § 5 Rn 65 ff. 13 BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 9; vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 24. 14 A. A. Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031, wonach Ziele der Raumordnung durch die in der Bundesfachplanung vorzunehmende Abwägung nicht überwunden werden könnten. 15 A. A. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 19. 16 Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 5; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 20. 17 Vgl. Leitfaden, S. 10. Riese/Nebel
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1. Verlauf des Trassenkorridors (Abs. 2 S. 1 Nr. 1)
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bb) Prüfung der Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Raumordnung. Nach § 3 33 Abs. 1 Nr. 3 ROG sind Grundsätze der Raumordnung Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen. Sie sind ebenfalls bei der Bestimmung von Trassenkorridoren und in der die Bundesfachplanung abschließenden Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.
cc) Prüfung der Übereinstimmung mit den sonstigen Erfordernissen der Raumord- 34 nung. Sonstige Erfordernisse der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG sind in Aufstellung befind-liche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen. Sie sind wie die Grundsätze der Raumordnung bei der Bestimmung von Trassenkorridoren und in der die Bundesfachplanung abschließenden Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.
dd) Trassenkorridor. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung enthält den Verlauf eines 35 raumverträglichen Trassenkorridors sowie die an Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Trassenkorridors in § 3 Nr. 7 legal definiert. Demnach ist ein Trassenkorridor im Sinne der Bundesfachplanung der Gebietsstreifen, innerhalb dessen die Trasse einer Stromleitung verläuft und für die die Raumverträglichkeit festgestellt werden soll oder festgestellt ist.18 Der Gesetzgeber hat die Breite der Trassenkorridore nicht gesetzlich definiert; sie sollen ausweislich der Gesetzesbegründung eine Breite von 500 m bis höchstens 1.000 m aufweisen.19 In der Gesetzesbegründung heißt es, dass bei bestehenden Konfliktlagen der Trassenkorridor verändert werden kann.20 Dies ist missverständlich formuliert. Der Gesetzgeber wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Breite des Trassenkorridors variieren kann und dass sie nicht zuletzt von jeweiligen Konfliktlagen abhängt, nicht jedoch, dass bei Konfliktlagen von einem durch die Entscheidung über die Bundesfachplanung festgestellten Trassenkorridor abgewichen werden kann.21 Die BNetzA kann daher je nach rechtlichen und örtlichen Gegebenheiten den Trassenkorridor breit oder weniger breit wählen. Die Breite des Trassenkorridors muss sich angesichts der mit der Festlegung verbundenen Rechtsfolgen an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren. Verschiedene Aspekte sind für die angemessene Breite des Korridors maßgeblich: Zu berücksichtigen ist zunächst, dass von der Breite des Trassenkorridors auch der räumliche Untersuchungsbereich abhängt. Je breiter der Korridor gewählt wird, umso mehr Zeit können möglicherweise die Bestandsaufnahmen und Untersuchungen im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Antragsunterlagen in Anspruch nehmen. Die Festlegung des Gesetzgebers, wonach die Bundesfachplanung binnen sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA abzuschließen ist, spricht dafür, die Breite des Trassenkorridors so gering wie möglich zu halten. Hingegen kann die Festlegung eines möglichst breiten Korridors sachgerecht sein, wenn ein Gebiet mit wenigen Konfliktpunkten gequert wird, um dem späteren Planfeststellungsverfahren eine möglichst große Flexibilität einzuräumen. 18 19 20 21
Vgl. dazu § 3 Rn 1 ff und § 11, Rn 25 ff. BR-Drucks. 17/6073, S. 23. BT-Drucks. 17/6073, S. 19, 23. So etwa Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 405. Bei bestehenden Konfliktlagen könne der festgelegte Korridor über die vorgesehene Breite hinaus verlängert werden(mit Bezug auf die missverständliche Formulierung in BTDrucks. 17/6073, S. 23). Die Gesetzesbegründung gilt aber ausschließlich für die Auswahl der Trassenbreite vor der Entscheidung über die Bundesfachplanung. 701
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§ 12 NABEG
II. Entscheidung über die Bundesfachplanung (Abs. 2)
Ein möglichst breiter Korridor kann geboten sein, um dem späteren Planfeststellungsverfahren eine hohe Flexibilität einzuräumen, gerade wenn es in einem Gebiet viele Konfliktpunkte gibt. Bei intensiven Konfliktlagen besteht die Gefahr, dass sich im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ergibt, dass ausschließlich eine Trassenführung außerhalb des festgestellten Trassenkorridors möglich ist. Selbst wenn der Trassenkorridor nur in einem kleinen, unwesentlichen Bereich verlassen werden muss, ist die erfolgte Entscheidung über die Bundesfachplanung fehlerhaft und muss korrigiert werden. Dies kann zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen. Insofern sprechen auch Gründe der Verfahrensbeschleunigung dafür, den Gebietsstreifen, der den Trassenkorridor bildet, nicht zu eng zu bemessen. 41 Ein Trassenkorridor ist hingegen eng zu fassen, wenn die örtlichen Gegebenheiten es erfordern, den Korridor möglichst exakt festzulegen, um die notwendige Planungssicherheit herzustellen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Gebiet mit sehr vielen Konfliktpunkten in einem räumlich eingegrenzten Bereich festgesetzt werden soll. 42 Die Ausweisung des Trassenkorridors wird Bestandteil der Entscheidung der Bundesfachplanung und nimmt an ihren Rechtswirkungen teil. Sie hat Verbindlichkeit gegenüber der Planfeststellungsbehörde. Der Entscheidung ist eine Begründung beizufügen, in der die Raumverträglichkeit im Einzelnen darzustellen ist (Abs. 2 S. 2). 43 Der Verlauf des Trassenkorridors und die Länderübergangspunkte sind gem. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 in geeigneter Weise kartographisch nachzuweisen. Die geeignete kartographische Ausweisung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der rechtlichen Überprüfung durch Gerichte unterliegt. Die Geeignetheit hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Der Maßstab wird sich voraussichtlich im Bereich der heutigen Raumordnung (in der Regel 1:50.000) oder der Linienbestimmung nach FStrG (1:25.000) bewegen. Die Sicherung der Trassenkorridore erfordert nicht ihre grundstücksscharfe Ausweisung. Dies folgt bereits daraus, dass auf der Ebene der Bundesfachplanung keine Festlegung der Trasse, sondern die Bestimmung eines bis zu 1.000 m breiten Trassenkorridors erfolgt.
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2. Umweltauswirkungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) 44 Nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 NABEG i. V. m. § 43 und § 44 UVPG sind im Rahmen einer SUP die Umweltauswirkungen des ausgewiesenen Trassenkorridors zu bewerten und die Entscheidungsfindung unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zu erläutern. 45 In der SUP werden die umweltrelevanten Vorgaben und Ziele der Raumordnung entsprechend der Prüfungstiefe der Bundesfachplanung betrachtet. Untersuchungsgegenstand ist die Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter: – Mensch (einschließlich menschlicher Gesundheit), – Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, – Boden, Wasser, Luft, Klima, – Landschaft und Erholung, – Kultur- und sonstige Sachgüter sowie – die Wechselwirkung zwischen den o. g. Faktoren.22 46 Die Auswirkungen sollen frühzeitig und umfassend ermittelt werden, damit das Ergebnis so früh wie möglich bei allen nachfolgenden Entscheidungen berücksichtigt wird. 47 Ziel der SUP ist die Bereitstellung aller Informationen, die zur Ermittlung und Beurteilung der Umweltauswirkungen des Trassenkorridors notwendig sind. Dabei bewegt sich die Studie auf dem Konkretisierungsgrad der Bundefachplanung (keine Kenntnis der konkreten Leitungsachsenlage). Weiterführende Untersuchungen bzw. Kartierungen werden im Rahmen des nach-
22 Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 32. Riese/Nebel
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4. Artenschutzrecht
NABEG § 12
folgenden Planfeststellungsverfahrens durchgeführt. Dort kann auf die Erkenntnisse der SUP zurückgegriffen werden, sofern diese noch aktuell sind.
3. FFH-Recht Die Bundesfachplanung ist ein Plan im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie.23 Der Trassenkorridor muss so gewählt werden, dass erhebliche Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten ausgeschlossen werden können. Falls erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind, muss sich bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung mit der FFH-Verträglichkeit der Ausbauvorhaben auseinandergesetzt werden.24 Soweit Beeinträchtigungen auch unter Berücksichtigung von möglichen Vermeidungsmaßnahmen nicht sicher ausgeschlossen werden können, muss eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Die FFH-Vorprüfung ist dann ausreichend, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung eines Erhaltungsziels eines FFH-Gebiets offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Beurteilung der Erheblichkeit der prognostizierten Beeinträchtigungen muss in Abhängigkeit von ihrer Art und ihrem Ausmaß sowie den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen erfolgen.25 Falls erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind, sollen bereits auf der Ebene der Bundesfachplanung die Voraussetzungen dargelegt werden, unter denen im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren eine Ausnahme im Sinne des § 34 Abs. 3, 4 BNatSchG zulässig ist. Dabei wird auch aufgezeigt, wie durch entsprechende Kompensationsmaßnahmen die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sichergestellt wird. Voraussetzung für eine Ausnahme ist darüber hinaus die Prüfung zumutbarer Alternativen. Gerade dieser Aspekt muss im Rahmen der Bundesfachplanung beachtet werden. Denn nach Festlegung des Trassenkorridors ist die Alternativenprüfung nur noch eingeschränkt möglich. Es gilt zu vermeiden, dass mangelnde Erwägungen in der Bundesfachplanung zu nachteiligen Folgen für eine mögliche Abweichungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren führen. Das zwingende öffentliche Interesse an der Bestimmung des Trassenkorridors ergibt sich in der Regel aus § 1 S. 3, wonach die Realisierung der Stromleitungen, die in den Geltungsbereich des NABEG fallen, aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Die im Einzelnen zu berücksichtigenden Gebiete und deren Erhaltungsziele werden im Rahmen der Antragskonferenz nach § 7 mit den zuständigen Naturschutzbehörden abgestimmt. Diese Abstimmung erfolgt unter dem Gesichtspunkt der spezifischen Konfliktsituation für die einzelnen Schutzgebiete.
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4. Artenschutzrecht Der Trassenkorridor soll so bestimmt werden, dass das Eintreten von Verbotstatbeständen nach 53 Artenschutzrecht ausgeschlossen werden kann.26 Zu der im anschließenden Planfeststellungsverfahren erforderlichen artenschutzrechtlichen Prüfung wird in einer artenschutzrechtlichen Vorprüfung (Artenschutz-Screening) die Festlegung des potenziellen Untersuchungsrahmens ermittelt.27
23 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 37. 24 Ähnlich Schlacke, NVwZ 2015, 626, 630; de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 53 f; Schink/Versteyl/Dippel/ Dippel, § 12 NABEG Rn 37 f. 25 Anders de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 63. 26 A. A. de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 55. 27 A. A. de Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 53; 55; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 38. 703
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§ 12 NABEG
IV. Prüfung alternativer Trassenkorridore (Abs. 2 S. 1 Nr. 4)
III. Kennzeichnung zur Erdkabeleignung 54 Nach Abs. 2 S. 1 Nr. 3 muss die Entscheidung der BNetzA bei Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 5 BBPlG eine Kennzeichnung enthalten, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet. Abs. 2 S. 1 Nr. 3 führt damit eine Kennzeichnungspflicht von Abschnitten, die für die Verlegung von Erdkabeln geeignet sind, ein.28 Zweck dieser Kennzeichnungspflicht ist es, dass die Beteiligten für nachfolgende Verfahren 55 wissen, wo Erdkabel verlegt werden können.29 Dadurch soll die Transparenz des Ergebnisses der Bundesfachplanung und die Akzeptanz für den Netzausbau verstärkt werden.30 Die Gesetzesbegründung erwähnt bei den Beteiligten ausdrücklich die Bürgerinnen und Bürger,31 was das gesetzgeberische Anliegen zur Stärkung der Transparenz und Akzeptanz gerade durch die Allgemeinheit hervorhebt. Durch die Kennzeichnung der bloßen Eignung eines Trassenkorridors für Erdkabel wird 56 sichergestellt, dass das Ergebnis der Bundesfachplanung die Prüfung und Entscheidung im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren nicht vorwegnimmt.32 Dies erscheint aufgrund der verschiedenen Prüfanforderungen sachgerecht.33 Wenngleich das Ergebnis der Planfeststellungsverfahren nicht vorweggenommen wird, so präjudiziert die Kennzeichnung der Erdkabelmöglichkeit im Trassenkorridor im Zusammenhang mit dem Erdkabelvorrang nach § 2 Abs. 5, § 3 BBPlG bis zu einem gewissen Grad auch schon für das Planfeststellungsverfahren, welche Technologie grundsätzlich zum Tragen kommt.34 Zu beachten ist, dass die Kennzeichnung auch nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 kartografisch im Bundesnetzplan auszuweisen ist.35 Von der Regelung des Abs. 1 S. 1 Nr. 3 dürften insbesondere vier Trassenkorridore für 57 Höchstspannungsleitungen zur Gleichstromübertragung betroffen sein, deren südlicher Netzverknüpfungspunkt in Bayern oder in Baden-Württemberg liegt (vgl. Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG).36
IV. Prüfung alternativer Trassenkorridore (Abs. 2 S. 1 Nr. 4) 58 Die Entscheidung über die Bundesfachplanung enthält nach Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ferner das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren. Diese Alternativenprüfung unterliegt den Besonderheiten der Bundesfachplanung und weicht von den in den Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren etablierten Alternativenprüfungen ab. Gegenstand der Raumverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren sind letztlich 59 nur die vom Willen des Vorhabenträgers getragenen Trassenalternativen (§ 15 Abs. 1 S. 3 ROG).37 Im Raumordnungsverfahren könnte der Vorhabenträger nicht zur Prüfung von Standortoder Trassenalternativen verpflichtet werden, auch wenn in der Praxis in Raumordnungsverfahren Standort- oder Trassenalternativen geprüft werden.
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Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Ähnlich BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 39. Spannowsky/Runkel/Goppel/Goppel, § 15 Rn 43 weist zutreffend darauf hin, dass es trotz des geänderten und insoweit missverständlichen Wortlauts des § 15 Abs. 1 S. 3 ROG, der nunmehr auf alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen abstellt, bei der alleinigen Dispositionsbefugnis des Trägers der Planung oder Maßnahme verbleibt. Riese/Nebel
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IV. Prüfung alternativer Trassenkorridore (Abs. 2 S. 1 Nr. 4)
NABEG § 12
In der Bundesfachplanung können hingegen Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, Vorschläge für einen alternativen Verlauf eines Trassenkorridors in die Antragskonferenz einbringen (§ 7 Abs. 3 S. 1). Vor allem ist die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nicht an den Antrag des Vorhabenträgers und die Vorschläge der Länder gebunden (§ 7 Abs. 3 S. 4). Die BNetzA kann daher den Vorhabenträger aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz verpflichten, sowohl andere als auch zusätzliche als die von ihm bei der Antragstellung eingebrachten Trassenkorridore zu untersuchen und in den einzureichenden Antragsunterlagen darzustellen. Daher bestimmt im Ergebnis die BNetzA und nicht der Vorhabenträger, welche Trassenkorridore in der Bundesfachplanung geprüft werden.38 Die Rechtsprechung betrachtet die Variantenprüfung im Planfeststellungsverfahren als Teil der planerischen Abwägung. Die Standort- oder Trassenalternativen müssen untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden.39 In der Abwägung sind die im Einzelfall in Betracht kommenden Möglichkeiten von im Hinblick auf die betroffenen Belange zum beantragten Vorhaben günstigeren Alternativen zu berücksichtigen, sofern sie sich nach Lage der Dinge anbieten oder sogar aufdrängen.40 Stehen mehrere Trassenalternativen in der engeren Auswahl, können eine unterschiedliche Eingriffsintensität und ein unterschiedlicher Grad der Kompensation bei einer sachgerechten Auswahl grds. nicht außer Betracht bleiben.41 Die Planfeststellungsbehörde ist nicht verpflichtet, Varianten in jeder Beziehung gleich intensiv zu prüfen, sondern darf eine Variante, die aufgrund einer Grobanalyse weniger geeignet erscheint, in einem frühen Verfahrensstadium ausschließen.42 Allerdings leidet die Planung eines Vorhabens, das einen wertvollen und schutzwürdigen Naturraum durchschneidet, an einem Abwägungsfehler, wenn Alternativen, die in diesen Raum nicht eingreifen, nicht ausreichend untersucht worden sind.43 In der Bundesfachplanung sind hingegen nach § 5 Abs. 4 S. 1 alle ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren Gegenstand der Prüfung. Neben dem seitens des Vorhabenträgers bevorzugten Trassenkorridor sind gem. § 6 S. 7 Nr. 1 auch die in Frage kommenden Alternativen darzulegen. Die Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen ist neben der Darstellung in der Karte zu erläutern (§ 6 S. 7 Nr. 3). Hierzu sind die Methode der Variantenauswahl, die gewählten Kriterien und ggf. deren Gewichtung offen zu legen.
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V. Abschnittsbildung Nach § 5 Abs. 8 S. 1 darf die BNetzA die Bundesfachplanung in einzelnen Abschnitten der 64 Trassenkorridore durchführen. Dies ist nach § 5 Abs. 8 S. 2 auch abweichend vom Antrag des Vorhabenträgers möglich. Mit der ausdrücklichen Aufnahme der Regelung, die Bundesfachplanung in einzelnen Ab- 65 schnitten der Trassenkorridore durchführen zu können, verdeutlicht der Gesetzgeber, dass der Bundesnetzplan nach der verwaltungspolitischen Leitvorstellung Schritt für Schritt entsprechend dem jeweils vordringlichen Bedarf entwickelt und erarbeitet werden soll.44 Der jeweils
38 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 40. 39 BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. 40 Vgl. dazu die zahlreichen Nachweise auf die Rspr. bei Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 76; Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 124 ff. 41 BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. 42 BVerwG, Urt. v. 24.9.1997– 4 VR 21/96 –. 43 BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. 44 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. 705
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V. Abschnittsbildung
auf einen Abschnitt begrenzte Entscheidungsumfang reduziert Komplexität im Verfahren und lässt eine schnellere Entscheidung zu. Die Abschnittbildung dient damit unmittelbar dem übergeordneten Ziel der Verfahrensbeschleunigung. 66 Die Regelung nach S. 2, die die Behörde ermächtigt vom Antrag des Vorhabenträgers abzuweichen, hat besonderes Gewicht, weil sie so nur für die Bundesfachplanung und nicht für das Planfeststellungsverfahren besteht.
1. Abschnittsbildung auf Antrag des Vorhabenträgers 67 Das Verfahren der Bundesfachplanung ist als mitwirkungsbedürftiges Verwaltungsverfahren im Sinne von § 22 Nr. 2 VwVfG ausgestaltet und wird mit dem Antrag des Vorhabenträgers auf Bundesfachplanung eingeleitet. Nach § 6 S. 5 kann der Antrag auf einzelne angemessene Abschnitte von Trassenkorridoren beschränkt werden. Dabei obliegt es zunächst dem Vorhabenträger, wie und wann er seinen Antrag stellt. Die Antragstellung hat zwei Rechtswirkungen: Sie ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für 68 die Einleitung des Verwaltungsverfahrens und zugleich auch materiell-rechtliche Begrenzung der Entscheidung über die Bundesfachplanung. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf einzelne angemessene Abschnitte wird nicht 69 nur die Bildung von Abschnitten für zulässig erklärt, sondern auch mit der Anforderung einer inhaltlichen Rechtfertigung verbunden. Die Voraussetzung der Angemessenheit aus § 6 S. 5 findet sich in der Vorschrift über den 70 Inhalt der Bundesfachplanung in § 12 Abs. 2 nicht wieder. Daraus folgt, dass auf die Angemessenheit des Abschnitts in der Begründung der Entscheidung der Bundesfachplanung nicht gesondert einzugehen ist. Das Kriterium findet sich hingegen in § 19 S. 2, ist aber mit diesem nicht vergleichbar, weil in der Bundesfachplanung im Gegensatz zur Planfeststellung eine Entscheidung ohne Außen- und Gestattungswirkung getroffen wird. Der Vorhabenträger kann auch einen vollständigen Antrag auf Bundesfachplanung stel71 len, der das gesamte im Bundesbedarfsplan ausgewiesene Vorhaben umfasst. Den Verzicht auf die Abschnittsbildung muss er nicht besonders rechtfertigen.
2. Abschnittsbildung von Amts wegen 72 Die Bundesfachplanung kann abschnittsweise nach § 5 Abs. 8 S. 2 auf Initiative der Behörde abweichend vom Antrag des Vorhabenträgers zunächst nur für einen einzelnen Abschnitt erfolgen. Der Gesetzgeber hat der zuständigen Behörde damit eine im sonstigen Fachplanungsrecht unbekannte Befugnis zur eigenmächtigen Abschnittsbildung verliehen.45 Reicht der Vorhabenträger einen vollständigen Antrag ein, muss das Verwaltungsverfahren nicht einheitlich durchgeführt werden. Dadurch wird der Charakter als mitwirkungsbedürftiges Verwaltungsverfahren nicht berührt: 73 Der Antrag des Vorhabenträgers begrenzt als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Einleitung der Bundesfachplanung den Gegenstand des Verfahrens in materiell-rechtlicher Hinsicht. Darüber darf die zuständige Behörde nicht hinausgehen. Durch die Ermächtigung in Abs. 8 S. 2 darf sie aber dahinter zurückbleiben und nur einen Teil des beantragten Verfahrens durchführen.
45 Vgl. Ziekow, § 74 Rn 30; in diesem Sinne auch: BVerwG, Urt. v. 11.7.2001 – 11 C 14/00 –. Riese/Nebel
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VI. Begründung der Entscheidung (Abs. 2 S. 2, 3)
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3. Rechtfertigung der Trassenabschnitte Nach § 5 Abs. 8 S. 1 ist die Bildung „einzelner“ Abschnitte zulässig. Dadurch wird die Eigen- 74 ständigkeit der Abschnitte in Bezug auf das Gesamtvorhaben verdeutlicht. Die Betonung der Eigenständigkeit des für einen Abschnitt durchzuführenden Verfahrens ist überhaupt nur erforderlich, weil bei der Abschnittsbildung eine für die Gesamtplanung maßgebliche Gesamtkonzeption existiert. Gebildete Abschnitte sind vor dem Hintergrund des Gesamtvorhabens und seiner Anforde- 75 rungen in diese Gesamtkonzeption einzustellen. Die Einbettung des Abschnitts in das Gesamtvorhaben hat zur Folge, dass Schwächen des Abschnitts durch das Gesamtvorhaben gerechtfertigt werden können. Allerdings muss der Abschnitt in Vorausschau auf die Planung der folgenden Abschnitte stattfinden. Die Bildung der einzelnen Trassenkorridorabschnitte bedarf vor diesem Hintergrund der 76 gesonderten Rechtfertigung. Sie darf nicht willkürlich sein. Eine vorausschauende Analyse des zu erwartenden Problempensums muss die einzelnen Abschnittsgrenzen sachlich rechtfertigen können.
4. Vorläufige positive Gesamtprognose Die Aufspaltung des im Bundesbedarfsplan aufgeführten Vorhabens in einzeln zu betrachtende 77 Abschnitte darf nicht dazu führen, dass das vom Gesamtvorhaben aufgeworfene Problempensum nicht in dem Umfang abgearbeitet wird, wie dies bei einer einheitlichen Entscheidung der Fall wäre. Wird die Bundesfachplanung für einen Abschnitt durchgeführt, bleibt dieser in das Gesamt- 78 vorhaben eingebettet. Der Trassenkorridor muss für das Gesamtvorhaben auch ausweisbar sein, sodass die Entscheidung über einen Abschnitt nicht getroffen werden darf, wenn sich im nächsten Abschnitt unüberwindbare Hindernisse zeigen. Um die Vorteile der Abschnittsbildung nicht aufzuheben, schwächen sich die Untersuchungsanforderungen nach den Abschnittsgrenzen deshalb ab. Für das Vorhaben muss über den jeweiligen Abschnitt hinaus eine vorläufig positive Gesamtprognose ergehen. Eine solche Gesamtprognose muss positiv ausfallen, wenn der Führung des Trassenkorri- 79 dors über den konkret zu behandelnden Abschnitt hinaus keine erkennbaren Hindernisse entgegenstehen, die dazu führen, dass der Trassenkorridor für das Gesamtvorhaben nicht ausweisbar ist.
VI. Begründung der Entscheidung (Abs. 2 S. 2, 3) Nach Abs. 2 S. 2 ist der Entscheidung eine Begründung beizufügen, in der die Raumverträglich- 80 keit im Einzelnen darzustellen ist. Der Prüfungsvorgang und die Entscheidung über die Raumverträglichkeit der Trassenkorridore sind zu dokumentieren.46 Die Begründung der Entscheidung in der Bundesfachplanung ist für die spätere Entschei- 81 dung im Planfeststellungsverfahren nicht zu unterschätzen. In der Begründung finden sich die zentralen Argumente für die Auswahl des Trassenkorridors, der für das spätere Planfeststellungsverfahren maßgeblich sein soll. Die Begründung muss daher (zumindest) folgende Erläuterungen enthalten: – Zielrichtung und Zielstellung des Vorhabens, – private und öffentlich-rechtliche Belange, die zu berücksichtigen waren (Abwägungsmaterial), 46 BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Siehe hierzu auch BNetzA, Leitfaden zur Bundesfachplanung, S. 23 f. 707
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§ 12 NABEG
VII. Entscheidungsfrist (Abs. 1)
– Abwägungsvorgang und Abwägungsinhalte, – Abwägungsergebnis und – Hinweis auf Trassenalternativen, die in Betracht gezogen, aber verworfen worden sind.47 82 Nach Abs. 2 S. 3 sind bei Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 5 BBPlG auch die Gründe anzugeben, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt. Insofern wird der Begründungsumfang für Vorhaben mit Erdkabelvorrang erweitert.48 Bei Vorhaben mit einem Erdkabelvorrang muss die Bundesnetzagentur nunmehr zusätzlich 83 zur Begründungspflicht der Raumverträglichkeit die Gründe angeben, warum auf bestimmten Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt.49 Der Gesetzgeber will mit dieser Begründungspflicht gewährleisten, dass Freileitungsabschnitte im Verfahren intensiv auf ihre Notwendigkeit geprüft werden.50
VII. Entscheidungsfrist (Abs. 1) 84 Das Verfahren der Bundesfachplanung ist binnen sechs Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der BNetzA abzuschließen.51 Die Frist soll zu einer Verfahrensbeschleunigung beitragen.52 85 Im Falle der Verzögerung des Abschlusses der Bundesfachplanung über die Frist hinaus ist im NABEG keine Sanktion bestimmt. Nichtsdestoweniger ist die Anordnung „binnen sechs Monaten […] abzuschließen“ eindeutig und als objektive Pflicht von den Behörden zu beachten.53 Insofern hat die Frist eher eine Appellfunktion.54 Ob es sich um eine Amtspflicht im Sinne des § 839 BGB handelt, ist fraglich;55 dies wäre nur dann der Fall, wenn die Pflicht, innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden, eine drittgerichtete Pflicht ist.56 Der Dritte könnte der Vorhabenträger sein. Tatsächlich wird man wohl davon ausgehen müssen, dass der Gesetzgeber vor allem die BNetzA in die Pflicht nehmen wollte, ohne gleichzeitig eine Amtspflicht zu begründen. Anders als in anderen Fachgesetzen – etwa im Bundesimmissionsrecht – sieht das Gesetz keine Ausnahme bzw. Fristverlängerungsmöglichkeit vor.57 Auch fehlt eine Öffnungsklausel, wonach ein Verfahren mit besonderem Umfang eine Verlängerung der Frist rechtfertigt. Dies ist im vorliegenden Fall auch sachgerecht.58 Denn das im NABEG geregelte Verfahren ist naturgemäß aufwendig und komplex; eine Berufung auf eine besondere Komplexität und einen besonderen Aufwand soll gerade ausgeschlossen werden. Es ist nicht möglich, dass eine nicht rechtzeitige Entscheidung der Bundesfachplanungsbehörde dazu führt, dass es dieser Entscheidung nicht bedarf. Dies ist keine taugliche Sanktion. Die Länder können für die Verzögerung des in Bundeszuständigkeit befindlichen Verfahrens der Bundesfachplanung keine eigenen Sanktionen vorsehen. 86 Da die Bundesfachplanung notwendige Voraussetzung für die Planfeststellung ist, würde dies im Falle einer eintretenden Verzögerung die Einleitung eines Planfeststellungsver-
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Zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 43. Vgl. BT-Drucks. 18/6909, S. 40; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 44. BT-Drucks. 18/69009, S. 40. Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 10. Vgl. BT-Drucks. 18/69009, S. 40. Siehe zum Fristbeginn BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 4; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 12. BT-Drucks. 17/6073, S. 26. Ähnlich Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 12, 51. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 2. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 2 m. w. N. zur Diskussion in Fn 8. Zum Rechtsschutz bei Verstößen gegen Abs. 1 siehe auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 51 f. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 4; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 10. Kritisch zur Kürze der Frist BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 2; De Witt/Scheuten/de Witt, § 12 NABEG, Rn 12 f; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 11. Riese/Nebel
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IX. Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Bundesfachplanung
NABEG § 12
fahrens zur Zulassung der Verwirklichung unmöglich machen. Dies würde der Beschleunigungsintention des NABEG zuwiderlaufen.59 Lediglich mittelbar ist der Verstoß gegen die Vorlagepflichten nach § 8 S. 1 als Ordnungswid- 87 rigkeit sanktioniert. Reicht der Vorhabenträger die auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz geforderten Unterlagen nicht oder nicht vollständig ein, so wird dies unabhängig von einer tatsächlich daraus resultierenden Verzögerung sanktioniert. Die fehlerhafte, unvollständige oder verzögerte Einreichung von Unterlagen durch den Vorhabenträger wird der Behörde die Möglichkeit geben, darauf hinzuweisen, dass sie nicht in der Lage war, die gesetzlich angeordnete Frist einzuhalten. Dieser Hinweis wird allerdings nur dann durchgreifen können, wenn die Behörde im Vorfeld alles unternommen hat, damit gerade dies nicht geschieht. Es ist definitiv nicht im Sinne des NABEG und der dort enthaltenen Verfahrensregeln, dass sich Vorhabenträger und Behörde gegenseitig die Verantwortung für etwaige Verzögerungen zuschieben. Das Gesetz basiert auf einer effektiven und schnellen Bearbeitung sowie auf Zusammenarbeit.
VIII. Entscheidung im vereinfachten Verfahren (Abs. 3) Die Vorgaben an den Entscheidungsinhalt im vereinfachten Verfahren richten sich nach § 12 88 Abs. 3. Sie sind an die mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus einhergegangenen Änderungen des Anwendungsbereichs dieser Verfahrensart angepasst worden. Nunmehr bezieht sich die Vorschrift auf den gesamten Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens.60 In Abweichung von Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 enthält die Entscheidung im Falle des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 den Verlauf der geringfügigen Änderung und im Falle des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 eine Darstellung der kleinräumig außerhalb des Trassenkorridors verlaufenden Abschnitte der Ausbaumaßnahme. Abs. 3 trägt damit den Besonderheiten des vereinfachten Verfahrens gem. § 11 Rechnung und enthält eine Modifizierung gegenüber Abs. 2 S. 1 für die § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts liegt keine Befreiung von der Anforderung des § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 vor, sodass die Entscheidung auch im vereinfachten Verfahren das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren enthalten muss. Die Regelung ist konsequent. Exemplarisch hierfür lässt sich die Herausnahme des Abs. 2 89 S. 1 Nr. 2 nennen: Da die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nämlich unter anderem voraussetzt, dass keine Strategische Umweltprüfung erforderlich ist, muss die Entscheidung im Anwendungsbereich dieser Verfahrensart folgerichtig auch keine abschließende Bewertung nach § 43 UVPG und § 44 UVPG enthalten.61 Abs. 3 impliziert, dass das vereinfachte Verfahren mit einer Entscheidung über die Bundesfach- 90 planung abgeschlossen wird. Eine einheitliche Entscheidung in der Bundesfachplanung ist bei Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht mehr möglich. Die abschnittsweise Durchführung des vereinfachten Verfahrens zwingt zur planungsrechtlichen Abschnittsbildung.
IX. Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Bundesfachplanung Die Möglichkeit des isolierten Rechtsschutzes gegen eine Entscheidung der Bundesfachplanung 91 wird durch die Vorschrift des § 15 Abs. 3 grundsätzlich ausgeschlossen. Gem. § 15 Abs. 3 S. 1 hat die Entscheidung der BNetzA keine unmittelbare Außenwirkung und kann nur im Zuge eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den nachfolgenden Planfeststellungsbeschluss überprüft werden (§ 15 59 Eine Zwischenbilanz zu Beschleunigungseffekten des NABEG ziehen de Witt/Durinke, ER 2016, 22 ff. 60 § 12 Abs. 3 a. F. erfasste die Fälle des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 a. F., während § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a. F. (Aufnahme und Dokumentation einer geringfügigen Änderung des Trassenkorridors) von der formalen Erleichterung ausgenommen war. 61 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 709
Riese/Nebel
§ 12 NABEG
X. Verpflichtung zum Antrag auf Planfeststellung (Abs. 2 S. 4, 5)
Abs. 3 S. 2).62 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für einzelne Entscheidungen, gegen die Rechtsschutz unmittelbar eröffnet ist.63 Dies ist etwa beim Erlass einer Veränderungssperre (§ 16) der Fall.
X. Verpflichtung zum Antrag auf Planfeststellung (Abs. 2 S. 4, 5) 92 Systematisch verunglückt im zweiten Abschnitt „Bundesfachplanung“, aber doch durch die systematische Nähe zum Abschluss der Bundesfachplanung gerechtfertigt,64 findet sich in Abs. 2 S. 4 die Ermächtigung der BNetzA zur Verpflichtung eines Vorhabenträgers zur Stellung des Antrags auf Planfeststellung. Bestand nach früherer Rechtslage insoweit ein Ermessen der BNetzA, ist die Aufforderung des Vorhabenträgers nunmehr zwingend vorgesehen.65 Die Verpflichtung zur Antragstellung auf Planfeststellung ist wie die in § 6 S. 1 unmittel93 bar66 geregelte Pflicht des Vorhabenträgers zur Antragstellung auf Bundesfachplanung über § 34 mittels Zwangsgeld durchsetzbar. Nach Abs. 2 S. 4 ist bei der Verpflichtung zur Antragstellung durch die BNetzA eine ange94 messene Frist zu bestimmen. Der Gesetzgeber hat zu Recht darauf verzichtet, zu definieren, wann eine Frist angemessen ist. Daher obliegt es der Einschätzung der BNetzA, zu bestimmen, wann eine Frist angemessen ist.67 Die BNetzA muss die Dauer der Frist so sachlich rechtfertigen können, dass sie als angemessen erscheint. Hierbei kommt der Behörde ein Entscheidungsspielraum zu. Hintergrund der Regelung ist, dass dem Vorhabenträger ausreichend Zeit bleiben muss, um den Anforderungen an den Antrag gerecht zu werden.68 Die Frist ist von dem Umfang, der Schwierigkeit und der Komplexität des Ausbauvorhabens abhängig.69 Denn der Vorhabenträger muss zunächst die Antragsunterlagen in den Grobzügen erstellen. Vergleichbare Fristenregelungen für ähnliche Interessenlagen finden sich bei den städtebaulichen Geboten in §§ 176 Abs. 1, 178 BauGB. 95 Nach § 19 S. 2 kann der Antrag auf Planfeststellung auf einen einzelnen angemessenen Abschnitt der Trasse beschränkt werden. Damit korrespondiert die Befugnis der BNetzA, den Vorhabenträger zunächst nur für einen solchen Abschnitt zur Antragstellung zu verpflichten.70 In zeitlicher Hinsicht muss nach dem Wortlaut gem. Abs. 2 S. 4 die Entscheidung über die 96 Bundesfachplanung ergangen sein, bevor eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zulässig ist. Dadurch ist gleichzeitig in räumlicher Hinsicht festgelegt, dass die BNetzA nur insoweit zu einer Antragstellung verpflichten kann, wie die Entscheidung über die Bundesfachplanung reicht.71 Nach Abs. 2 S. 5 sind die zuständigen obersten Landesbehörden der Länder, auf deren Gebiet 97 ein Trassenkorridor verläuft, von der Frist zur Antragstellung auf Planfeststellung zu benachrichtigen. Die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden stellt auf deren Verantwortlichkeit als Planfeststellungsbehörde ab. Da die BNetzA aufgrund § 2 Abs. 2 i. V. m. der Planfeststellungszuweisungsverordnung bundesweit einheitlich zuständige Planfeststellungsbehörde ist, ist S. 5 in 62 Kritisch hierzu Appel/Rietzler, NuR 2017, 227, 228; Knappe, DVBl. 2016, 276 ff, 280. 63 Hierzu und zum Folgenden Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Durner, Kap. 102 Rn 102; Posser/Faßbender/Posser/ Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13, Rn 112 ff. 64 Zur Diskussion um die systematische Stellung siehe BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 16. 65 Damit soll eine zügige Abfolge der verschiedenen Verfahrensschritte gewährleistet werden, BT-Drucks. 19/7375, S. 75. 66 Anders als dies nach § 6 S. 2 a. F. der Fall war, gilt die Pflicht zur Antragstellung nunmehr unabhängig von einer Aufforderung durch die BNetzA. 67 Ausführlich hierzu BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 14. 68 BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 69 Zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 46. 70 Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 46. 71 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 12 NABEG Rn 47. Riese/Nebel
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X. Verpflichtung zum Antrag auf Planfeststellung (Abs. 2 S. 4, 5)
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seiner Wirkung obsolet.72 Ob dennoch die Informationspflicht greift, ist fraglich, weil es in diesem Fall keine „zuständige Landesbehörde“ gibt.
72 A. A. scheinbar BK-EnR/Appel, NABEG, § 12 Rn 17. 711
Riese/Nebel
§ 13 Bekanntgabe und Veröffentlichung der Entscheidung (1) Die Entscheidung nach § 12 Absatz 2 und 3 ist den Beteiligten nach § 9 Absatz 1 und 2 sowie dem Vorhabenträger schriftlich oder elektronisch zu übermitteln. Die elektronische Übermittlung kann dadurch bewirkt werden, dass die Entscheidung über die Internetseite der Bundesnetzagentur zugänglich gemacht wird und die Beteiligten und der Vorhabenträger hierüber schriftlich oder elektronisch benachrichtigt werden. (2) Die Entscheidung ist an geeigneten Auslegungsorten in dem Gebiet, auf das sich der festgelegte Trassenkorridor voraussichtlich auswirken wird, sechs Wochen zur Einsicht auszulegen und auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zu veröffentlichen. Findet keine Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 9 Absatz 3 statt, ist die Entscheidung abweichend von Satz 1 am Sitz der Bundesnetzagentur und an mindestens einem weiteren geeigneten Auslegungsort in der Nähe des festgelegten Trassenkorridors sechs Wochen zur Einsicht auszulegen und auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zu veröffentlichen. Für die Veröffentlichung gilt § 9 Absatz 4 entsprechend. Die Bundesnetzagentur macht die Auslegung und Veröffentlichung mindestens eine Woche vorher in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, und auf ihrer Internetseite bekannt.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Zweck der Regelung
II.
Bekanntgabe an Beteiligte (Abs. 1)
III.
Gegenstand der Übermittlung
IV.
Form der Übermittlung
4 7 9
12
V.
Frist der Übermittlung
VI. 1. 2. 3. 4.
Auslegung und Veröffentlichung (Abs. 2) 13 Auslegung 16 Fristberechnung 17 Internetveröffentlichung 18 Ankündigung der Veröffentlichung
13
11
I. Allgemeines 1. Überblick 1 Abs. 1 regelt, wem und in welcher Form die Entscheidung über die Bundesfachplanung individuell zu übermitteln ist. Die Vorschrift dient der Transparenz des Verfahrens, ermöglicht aber auch den Eintritt der Bindungswirkungen der Bundesfachplanung. Die Entscheidung nach § 12 tritt nicht erst mit ihrer Bekanntgabe in Kraft, dies ist vielmehr schon mit Entscheidung der Behörde geschehen. Die Bindungswirkung gegenüber Beteiligten und nach § 15 Abs. 1 S. 2 insbesondere gegenüber den beteiligten Trägern der Landes-, Regional- und Bauleitplanung kann allerdings erst eintreten, wenn diese Kenntnis von der Entscheidung erlangt haben.1 Diese Kenntnis erlangen die Planungsträger in der Regel durch Beteiligung der Bundesnetzagentur im jeweiligen Planaufstellungs- oder –änderungsverfahren. Sie wird durch § 13 zusätzlich entscheidend erleichtert. 1 Die Vorrangregelung des § 15 Abs. 1 S. 2 wirkt als Abwägungsdirektive für nachfolgende Landesplanungen oder Bauleitplanungen und ist eine gesetzliche Betonung des Prioritätsgrundsatzes, vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021, 4 VR 2.20, Rn 30. Serong https://doi.org/10.1515/9783110670516-058
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2. Zweck der Regelung
NABEG § 13
Abs. 2 trifft Regelungen zur öffentlichen Bekanntmachung. Diese erfolgt im Internet und 2 durch Auslegung an den Orten, in deren Gebiet sich der festgelegte Trassenkorridor voraussichtlich auswirken wird. Die Veröffentlichung im Internet und die Auslegung sind angemessen anzukündigen. Die Norm hat durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer 3 Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) umfangreiche, überwiegend klarstellende Änderungen und Ergänzungen erfahren.
2. Zweck der Regelung Das Bundesfachplanungsverfahren ist, wie die Raumordnung, ein zwischenbehördliches Ver- 4 fahren.2 Dennoch ist es ein Antragsverfahren (vgl. § 6). Diese besondere verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Bundesfachplanung wirft die Frage auf, in welcher Form der Abschluss des Verfahrens sowohl dem Antragsteller wie auch den im Verfahren beteiligten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange bekannt gegeben wird. Für die Veröffentlichung des Ergebnisses eines Raumordnungsverfahrens nach § 15 ROG 5 gibt es keine gesonderten Vorschriften. Die Regelungen über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind nicht anwendbar, da eine raumordnerische Beurteilung nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes hat.3 Regelungen finden sich allerdings in den landesgesetzlichen Raumordnungsregelungen, z. B. in – § 32 Raumordnungsverfahren des Landesplanungsgesetz NRW4 (3) Die raumordnerische Beurteilung wird ohne Begründung im Amtsblatt der Bezirksregierung bekannt gegeben. Die raumordnerische Beurteilung wird mit Begründung bei der zuständigen Regionalplanungsbehörde und bei den Kreisen und Gemeinden, auf deren Gebiet sich das Vorhaben erstreckt, für die Dauer von fünf Jahren zur Einsicht für jedermann bereit gehalten und ist in das Internet einzustellen; in der Bekanntmachung wird darauf hingewiesen. Die Gemeinden haben bekannt zu machen, bei welcher Stelle die raumordnerische Beurteilung während der Dienststunden eingesehen werden kann.“
Die Regelung des § 13 geht somit über bekannte Veröffentlichungspflichten vergleichbarer Ent- 6 scheidungen hinaus und dient der Transparenz des Verfahrens. Das gleiche Ziel verfolgt § 44 UVPG, der aufgrund der im Rahmen der Bundesfachplanung durchzuführenden Strategischen Umweltprüfung (SUP) ebenfalls zu beachten ist. Nach § 44 Abs. 1 UVPG ist die Annahme eines Plans oder Programms öffentlich bekannt zu machen. Außerdem sind nach § 44 Abs. 2 UVPG folgende Informationen zur Einsicht auszulegen: 1. 2.
3 4.
der angenommene Plan oder das angenommene Programm eine zusammenfassende Erklärung, wie Umwelterwägungen in den Plan oder das Programm einbezogen wurden, wie der Umweltbericht nach § 40 UVPG sowie die Stellungnahmen und Äußerungen nach den §§ 41, 42, 60 Absatz 1 und § 61 Absatz 1 UVPG berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der angenommene Plan oder das angenommene Programm nach Abwägung mit den geprüften Alternativen gewählt wurde, eine Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 45 UVPG sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung (soweit über die Annahme des Plans oder Programms nicht durch Gesetz entschieden wird).
2 Siehe § 5 Rn 25. 3 Stüer, Rn 349; Durner, DVBl. 2013, 1564, 1568; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 30.8.1995, 4 B 86/95, NVwZ-RR 1996, 67.
4 Neu gefasst durch Gesetz vom 8. Juli 2021 (GV. NRW S. 904), in Kraft getreten am 16. Juli 2021. 713
Serong
§ 13 NABEG
II. Bekanntgabe an Beteiligte (Abs. 1)
Die unter 2. beschriebene sog. zusammenfassende Erklärung wird regelmäßig bereits inhaltlicher Bestandteil der Entscheidung nach § 12 sein. Zum Teil ist dies in § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ausdrücklich geregelt. Soweit § 44 Abs. 2 Nr. 2 UVPG darüber hinausgeht, ist zu empfehlen, auch diese Darstellungen in die Bundesfachplanungsentscheidung zu integrieren, um kein gesondertes Auslegungsdokument erstellen zu müssen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung wird die Entscheidung nach § 12 allerdings nicht enthalten, weil diese nicht isoliert, sondern nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung überprüft werden kann (§ 15 Abs. 3 S. 2).5 Dementsprechend macht es auch keinen Sinn, neben der Entscheidung eine separate Rechtsbehelfsbelehrung auszulegen. Die Entscheidung nach § 12 sollte aber einen Hinweis auf die nachgelagerten Rechtsschutzmöglichkeiten enthalten.
II. Bekanntgabe an Beteiligte (Abs. 1) 7 Eine individuelle Zustellung der Entscheidung in der Bundesfachplanung ist verpflichtend nur gegenüber dem Vorhabenträger als Antragsteller und den Behörden, die im Rahmen der Anhörung des Verfahrens nach § 9 zu beteiligen waren. Es handelt sich bei der Entscheidung nach § 12 nicht um einen Verwaltungsakt, da diese nach ausdrücklicher Bestimmung in § 15 Abs. 3 keine unmittelbare Außenwirkung entfaltet.6 § 41 VwVfG findet daher jedenfalls keine unmittelbare Anwendung. Der Vorhabenträger ist seit der Änderung des § 13 Abs. 1 durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) ausdrücklich erwähnt. Es wäre auch nicht vorstellbar, ihm als Antragsteller die das Verfahren abschließende Entscheidung nicht bekannt zu geben.7 Dies folgt nicht zuletzt aus den ihn treffenden, aus der Entscheidung resultierenden Rechtspflichten, nämlich insbesondere der Pflicht, im Anschluss an die Bundesfachplanung einen Antrag auf Planfeststellung zu stellen (vgl. § 12 Abs. 2 S. 4). Nach dem Wortlaut des Abs. 1 ist die Entscheidung außerdem „den Beteiligten nach § 9 Abs. 1 und 2“ zu übermitteln. § 9 Abs. 1 wiederum nennt als zu beteiligende Stellen die „anderen Behörden nach § 41 UVPG“. Letztgenannte Norm schließlich bestimmt den Kreis der Beteiligten mit den „Behörden, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich durch den Plan oder das Programm berührt wird“. § 9 Abs. 28 verweist auf die (weiteren) Träger öffentlicher Belange. In der Bundesfachplanung erschöpft sich das Prüfprogramm nicht in der Prüfung der Umweltverträglichkeit, sondern umfasst insbesondere auch die Raumverträglichkeit (§ 5 Abs. 2 S. 1) und sonstige öffentliche und private Belange. Die Bekanntgabe der Entscheidung gem. § 13 Abs. 1 erfolgt daher folgerichtig an die nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 beteiligten Behörden und Träger öffentlicher Belange. Weitere Personen, Vereinigungen oder Stellen, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteili8 gung Einwendungen oder Anregungen vorgetragen haben, haben keinen individuellen Übermittlungsanspruch. Dies trägt dem Bundesfachplanungsverfahren als zwar öffentlichem, aber zwischenbehördlichen Verfahren Rechnung. Jedermann kann sich am Verfahren beteiligen, mangels einer unmittelbaren Berührung eigener Rechte auf dieser Planungsstufe bedarf es aber keiner förmlichen Zustellung. Da § 15 Abs. 3. S. 2 den Rechtsschutz gegen Bundesfachplanungsentscheidungen auf die nachgelagerte Ebene verschiebt, ist dies auch nicht erforderlich. Unabhängig davon, dass die Länder, die von der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 oder 3 betroffen sind, bereits Beteiligte im Sinne von Abs. 1 sind, ergibt sich – mittelbar – das Erfordernis einer Übermittlung aus § 14 S. 1, der eine Übermittlung der Entscheidung ausdrücklich voraussetzt. 5 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021, 4 VR 2.20, Rn 9 ff. 6 Ausführlich zum Meinungsstand: Salm, S. 222 ff; Eding, S. 234 ff Offen gelassen durch BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021, 4 VR 2.20, Rn 10.
7 So auch zur bisherigen Rechtslage de Witt/Scheuten/Durinke, § 13 Rn 9; BK-EnR/Appel, § 13 Rn 3. 8 Auch der Verweis auf § 9 Abs. 2 wurde erst durch die o. a. Novellierung des NABEG 2021 klarstellend eingefügt. Zuvor drohte der bloße Verweis auf § 9 Abs. 1 in § 13 Abs. 1 auf eine falsche Spur zu führen. Serong
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IV. Form der Übermittlung
NABEG § 13
III. Gegenstand der Übermittlung Im Falle des Regelverfahrens nach § 12 Abs. 2 ist den beteiligten Behörden, Trägern öffentli- 9 cher Belange und dem Vorhabenträger die jeweilige Entscheidung einschließlich Begründung, Anlagen und Alternativenprüfung zu übermitteln. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung enthält: 1. eine textliche und kartographische Darstellung des Verlaufs des Trassenkorridors und der Länderübergangspunkte, mit der Darlegung und Begründung der festgestellten Raumverträglichkeit; 2. eine Bewertung sowie eine zusammenfassende Erklärung der Umweltauswirkungen gemäß den §§ 43 und 44 UVPG (dies beinhaltet eine Bewertung der Ergebnisse des Umweltberichts im Lichte eingegangener Stellungnahmen und Einwendungen); 3. das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren sowie 4. bei Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 5 des BBPlG (HGÜ-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang) eine Kennzeichnung, inwieweit sich der Korridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet, und der Teilabschnitte, in denen nach § 3 Abs. 2 – 4 BBPlG ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt. Im Falle der Entscheidung im vereinfachten Verfahren (§ 12 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2) ist zu unter- 10 scheiden: Wurde im vereinfachten Verfahren auf die Durchführung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung verzichtet (vgl. § 9 Abs. 6), gibt es in diesem Verfahren keine beteiligten Behörden gem. § 9 Abs. 1 und 2, so dass auch eine Bekanntgabe nach § 13 Abs. 1 unterbleiben kann.9 Nach dem eindeutigen Wortlaut des Abs. 1 und aus denselben Erwägungen ist auch die Bekanntgabe einer Entscheidung über den Verzicht auf Bundesfachplanung (§ 5a Abs. 3) nicht erforderlich.
IV. Form der Übermittlung Die Übermittlung kann schriftlich oder elektronisch erfolgen. Die Wahlmöglichkeit entspricht 11 derjenigen für die Träger öffentlicher Belange, die ihre Stellungnahmen im Bundesfachplanungsverfahren ebenfalls schriftlich oder elektronisch einreichen können (§ 9 Abs. 2 S. 2). Schriftlichkeit verlangt eine verkörperte Gedankenerklärung mit Schriftzeichen in einer lesbaren Form.10 „Schriftliche Übermittlung“ i. S. d. Abs. 1 meint: Übermittlung der Entscheidung in schriftlicher Form. In der Praxis bedeutet dies in der Regel, dass die Entscheidung als Ausdruck, also in Papierform, übermittelt wird. Elektronisch übermittelt ist die Entscheidung, wenn dies unter den Bedingungen des § 3a VwVfG erfolgt ist. Die gleichwertige Regelung der elektronischen zur schriftlichen Übermittlung stellt klar, dass diese auch dann erfolgt ist, wenn die Übermittlung nicht über eine qualifizierte Signatur verfügt.11 Demnach kann die elektronische Übermittlung auch dann erfolgen, wenn auf eine qualifizierte elektronische Signatur verzichtet wurde, solange hierfür der Zugang eröffnet wurde.12 Dies ist bei Behörden und den hier betroffenen Trägern öffentlicher Belange schon dann der Fall, wenn diese über die Angabe einer Email-Adresse auf Briefköpfen oder im Internetauftritt eine Zugangseröffnung für den Emailverkehr herstellen.13 Insoweit reicht in der Regel eine elektronische Übermittlung mittels einfacher Email aus.14 Da eine elektronische Übersendung ab einer bestimmten Dateigröße aus techni9 BK-EnR/Appel, § 13 Rn 2 hält eine Übermittlung in diesen Fällen nicht für rechtlich geboten, aber zweckmäßig. 10 Kopp/Ramsauer, § 37 Rn 28; Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, § 37 Rn 57. 11 Kopp/Ramsauer, § 37 Rn 28a; Rosenbach, DVBl. 2001, 332, 335. 12 Kopp/Ramsauer, § 3a Rn 7. 13 Kopp/Ramsauer, § 3a Rn 12; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, § 3a Rn 18. 14 In der Praxis kann die Schwierigkeit darin liegen, über die E-Mail-Anschriften von allen zu berücksichtigenden Beteiligten zu verfügen. 715
Serong
§ 13 NABEG
VI. Auslegung und Veröffentlichung (Abs. 2)
schen Gründen erschwert oder unmöglich sein kann,15 lässt Abs. 1 Satz 2 es nunmehr ausreichen, dass die Entscheidung über die Internetseite der Bundesnetzagentur abrufbar bereitgestellt wird, hierüber müssen der Vorhabenträger und die Beteiligten allerdings schriftlich oder elektronisch benachrichtigt werden. Die Abrufmöglichkeit auf der Internetseite muss für einen angemessenen Zeitraum bestehen.
V. Frist der Übermittlung 12 Eine besondere Frist zur Übermittlung ist nicht genannt. Diese sollte aber mit Blick auf die aus der Entscheidung resultierenden Rechtsfolgen unverzüglich erfolgen. An die Übermittlung knüpfen sich hinsichtlich des Einwendungsrechts der Bundesländer nach § 14 und der Verbindlichkeit gegenüber den Planfeststellungsbehörden nach § 15 weitere Fristen. Allerdings ist aufgrund der fehlenden Drittwirkung an eine verzögerte Übermittlung keine unmittelbare Rechtsfolge geknüpft. Die Entscheidung ist in Kraft, wenn sie getroffen worden ist.
VI. Auslegung und Veröffentlichung (Abs. 2) 1. Auslegung 13 Die Entscheidung ist mit denselben Inhalten wie in der Übermittlung nach Abs. 1 (Rn 9) auszulegen.16 Eine Einschränkung der Auslegung auf bestimmte Teile der Entscheidung ist nicht erkennbar. Die Auslegung musste nach der früheren Fassung des § 13 Abs. 2 an den Orten erfolgen, an denen die Antragsunterlagen gem. § 9 ausgelegt waren.17 Dies bedeutete, dass die Auslegung auch in denjenigen Regionen erfolgen musste, in denen ernsthaft in Betracht kommende Trassenkorridoralternativen gelegen sind, die zwar Gegenstand der Unterlagen nach § 8 waren, jedoch nicht Bestandteil der Festlegung nach § 12 geworden sind. Dies ist nun nicht mehr erforderlich: Die Bundesnetzagentur muss ausschließlich in dem Gebiet, auf das sich der festgelegte Trassenkorridor (gemeint ist: das innerhalb des festgelegten Trassenkorridors zu verwirklichende Vorhaben) voraussichtlich auswirken wird, geeignete Auslegungsorte auswählen. Dies können, müssen aber nicht dieselben Auslegungsorte sein, die für den festgelegten Trassenkorridor nach § 9 Abs. 3 S. 2 identifiziert worden waren. Geeignet sind Auslegungsstellen, die für die Beteiligten und Betroffenen des jeweiligen Gebiets mit vertretbarem Aufwand erreichbar sind.18 14 Ist die Entscheidung im vereinfachten Verfahren nach § 11 ergangen, enthält sie keinen festgelegten Trassenkorridor, sondern beinhaltet gemäß § 12 Abs. 3 entweder den Verlauf der geringfügigen Änderung oder die Darstellung der kleinräumig außerhalb des Trassenkorridors verlaufenden Abschnitte des Vorhabens. Abs. 2 S. 1 ist dementsprechend auszulegen. Die Auslegungsstellen müssen für das von der Entscheidung jeweils betroffene Gebiet geeignet, d. h. mit vertretbarem Aufwand erreichbar sein. Im vereinfachten Verfahren kann gem. § 9 Abs. 6 auf die Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 3) verzichtet werden. Ist von dieser Option Gebrauch gemacht worden, ist die Entscheidung am Sitz der Bundesnetzagentur und an mindestens einem weiteren geeigneten Auslegungsort in zumutbarer Nähe zum festgelegten Trassenkorridor auszulegen. Die zumutbare Nähe sollte sich dabei nicht nur auf den (in einem vorlaufenden Bun15 BT-Drucks. 19/23491, S. 39. 16 Im Falle von Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie kann die physische Auslegung gemäß § 3 des Gesetzes zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG) durch eine Veröffentlichung im Internet ersetzt werden. Zum PlanSiG vgl. Wormit, DVBL. 2020, 1026 ff; Ruge, ZUR 2020, 481 ff; Wysk, NVwZ 2020, 905 ff. 17 Siehe § 9 Rn 47 ff. 18 Vgl. auch Satz 2: „in zumutbarer Nähe“. Dieser Gedanke ist auf Satz 1 übertragbar. Serong
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4. Ankündigung der Veröffentlichung
NABEG § 13
desfachplanungsverfahren) festgelegten Trassenkorridor beziehen, sondern gerade auf die Bereiche im oder außerhalb des Trassenkorridors, die in dem vereinfachten Verfahren geändert bzw. ausgewiesen worden sind. Satz 2 verdrängt, wenn er anwendbar ist, Satz 1. § 44 Abs. 2 UVPG ist zu beachten (siehe hierzu Rn 6). Daher umfasst die Auslegungspflicht 15 auch die Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 45 UVPG. Diese kann Bestandteil der Entscheidung nach § 12 oder in einem eigenen Dokument niedergelegt sein.
2. Fristberechnung Die Entscheidung ist den zur Auslegung verpflichteten Stellen zu übermitteln und dort sechs 16 Wochen zur Einsicht auszulegen; die Frist beginnt mit Auslegung durch die Auslegungsstellen (Fristberechnung gemäß § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB). Die Auslegung erfolgt in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 wie des Satz 2 für sechs Wochen.
3. Internetveröffentlichung Die Entscheidung ist parallel zur Auslegung auf der Internetseite der BNetzA zu veröffentli- 17 chen.19 Eine Einschränkung der Veröffentlichung auf bestimmte Teile der Entscheidung ist nicht erkennbar mit Ausnahme der Beschränkungen durch Vorschriften der Geheimhaltung und des Datenschutzes (§ 30a Abs. 1).20 Für die Veröffentlichung gilt § 9 Abs. 4 entsprechend (Abs. 2 S. 3). Daraus ergibt sich, dass die Veröffentlichung für die Dauer von (mindestens) einem Monat vorzunehmen ist. Eine längere oder unbefristete Veröffentlichung wäre unschädlich, im Sinne der Transparenz des behördlichen Handelns sogar zu begrüßen. Die Monatsfrist wird nach § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB berechnet.
4. Ankündigung der Veröffentlichung Die Art der Bekanntmachung entspricht § 9 Abs. 3 S. 4. Die Veröffentlichung an den Auslegungs- 18 orten und im Internet auf der Seite der BNetzA ist mindestens eine Woche vorher im Internet und in örtlichen Tageszeitungen anzukündigen (Abs. 2 S. 4).21 Dabei ist die Ankündigung in den örtlichen Tageszeitungen auf diejenigen begrenzt, die dort verbreitet sind, in denen sich das Vorhaben angesichts des festgelegten Trassenkorridors auswirken wird. Die Ankündigung in lokalen oder regionalen Tageszeitungen kann also auf die Regionen begrenzt werden, die von dem festgelegten Trassenkorridor betroffen sind.
19 Die Bundesnetzagentur besitzt für den Aufgabenbereich des Netzausbaus eine eigene Internetseite: www.netzausbau.de. 20 Durch die Regelung in § 30a Abs. 1 wird deutlich, dass § 13 keine gesetzliche Erlaubnisnorm zur Abweichung von diesen Rechtsvorschriften darstellt. Soweit also personenbezogene Daten offenbart, Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte verletzt, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis unterliegen, dürfen diese nur ausgelegt oder im Internet veröffentlicht werden, wenn die Betroffenen zugestimmt haben oder eine (anderweitige) gesetzliche Erlaubnisnorm besteht. 21 Die ursprünglich ebenfalls vorgeschriebene Ankündigung der Veröffentlichung im Amtsblatt der BNetzA ist durch die Novellierung des NABEG 2019 entfallen. 717
Serong
§ 14 Einwendungen der Länder Jedes Land, das von der Entscheidung nach § 12 Absatz 2 und 3 betroffen ist, ist berechtigt, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Übermittlung der Entscheidung Einwendungen zu erheben. Die Einwendungen sind zu begründen. Die Bundesnetzagentur hat innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang der Einwendungen dazu Stellung zu nehmen.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Zweck der Regelung
II.
Betroffenheit
2
III.
Verfahren
IV.
Rechtswirkungen
7 10
5
I. Allgemeines 1. Überblick 1 Nach Abschluss des Bundesfachplanungsverfahrens haben die betroffenen Bundesländer die Möglichkeit, gegenüber der BNetzA Einwendungen zu erheben. Das Verfahren ist fristgebunden.
2. Zweck der Regelung 2 Die Gesetzesbegründung zu § 14 (BT-Drucks. 17/6073, S. 29) erläutert: „Die Einwendungsbefugnis der Länder trägt den besonderen Interessen der Länder und ihrer Planungshoheit Rechnung angesichts der durch § 15 Absatz 1 Satz 1 angeordneten Bindungswirkung. Die Bundesnetzagentur muss ihre Entscheidung im Lichte etwaiger Einwendungen erneut prüfen und rechtfertigen.“
3 Die Vorschrift dient der formellen Sicherung der Interessen der Bundesländer im Fachplanungsverfahren nach dem NABEG. Die Bundesfachplanung hat u. a. das Ziel, die Raumverträglichkeit der festgelegten Trassenkorridore sicherzustellen. Im Ergebnis geht die Bundesfachplanung den Landesplanungen, mithin auch der Raumordnung, der Länder vor (§ 15 Abs. 1 S. 2). Dieses Verhältnis war im Gesetzgebungsverfahren hoch umstritten. Die Änderungsanträge des Bundesrates enthielten zu § 14 den Antrag, diese Vorschrift zu einer Einvernehmensregelung mit dem betroffenen Bundesland zu machen.1 Dem ist der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gefolgt. Die Stellungnahme der Bundesregierung führt u. a. aus: „Eine Einvernehmensregelung verstößt als Mitentscheidungsbefugnis gegen das grundgesetzliche Verbot der Mischverwaltung.“2 Die Rechte und Interessen der Länder sind durch die materiellen Anforderungen an das 4 Bundesfachplanungsverfahren und die Beteiligungsmöglichkeiten der Länder bis hin zu ihrer Vertretung im Bundesfachplanungsbeirat verfahrensmäßig gesichert. Das Einwendungsrecht gem. § 14 eröffnet den Ländern einen Rechtsbehelf im Verwaltungsverfahren der Bundesfachplanung und kompensiert damit auch den Ausschluss der Klagemöglichkeit nach § 15 Abs. 3. 1 BT-Drucks. 17/6249, S. 14. 2 BT-Drucks. 17/6249, S. 18 li. Sp. Serong https://doi.org/10.1515/9783110670516-059
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III. Verfahren
NABEG § 14
Die Einwendung ist jedoch kein Vorverfahren i. S. d. §§ 68, 69 VwGO für die Erhebung einer späteren Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss.
II. Betroffenheit Das Einwendungsrecht haben die Länder, die von einer Bundesfachplanungsentscheidung be- 5 troffen sind. Die Entscheidung erfasst das Regelverfahren nach § 12 Abs. 1 und das vereinfachte Verfahren nach § 12 Abs. 3. Nicht erfasst sind Entscheidungen über einen Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a Abs. 3. Hier wäre ein Einwendungsrecht auch nicht notwendig, da der beim Verzicht auf Bundesfachplanung angenommene Verlauf der Trasse keinerlei Bindungswirkung für das Planfeststellungsverfahren besitzt. Unterteilt die BNetzA die Bundesfachplanung nach § 5 Abs. 8 in Verfahrensabschnitte und betrifft die Einzelentscheidung zu einem Abschnitt ein Bundesland noch nicht unmittelbar, so ist zu prüfen, ob durch den dadurch zwingend vorgegebenen weiteren Verlauf des Trassenkorridors eine Betroffenheit durch die Entscheidung gegeben ist. Es sind angesichts der flächenmäßigen Ausdehnung und der Raumwirksamkeit von Trassenkorridoren Entscheidungen denkbar, die eine Betroffenheit eines Landes in der zwingend sich ergebenden Fortführung des Trassenkorridors auslösen. Dann ist ein Einwendungsrecht gegeben. Betroffen können nur Länder sein, d. h. § 14 gewährt anderen Gebietskörperschaften wie 6 Städten und Gemeinden kein Einwendungsrecht bei Betroffenheit in ihren städtebaulichen Planungen o. ä.3
III. Verfahren Das besondere Einwendungsrecht besteht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Ent- 7 scheidung nach § 13 Abs. 1 (siehe dort zur Fristberechnung Rn 11). Die Einwendung ist zu begründen. Allerdings ist hier § 9 Abs. 2 S. 3 zu beachten. Dieser enthält eine der wenigen Präklusionsvorschriften des NABEG. Danach sind Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange nicht zu berücksichtigen, die verspätet eingehen. In diesem Umfang präkludierte Stellungnahmen können auch nicht im Rahmen des Einwendungsrechts nach § 14 wiederaufleben. Diese Einwendung kann demnach mit Hinweis auf § 9 Abs. 2 S. 3 in der Stellungnahme der BNetzA zurückgewiesen werden, es sei denn, die vorgebrachten Belange sind für die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung von Bedeutung. Dann ist die Auseinandersetzung mit der Stellungnahme eine erneute Möglichkeit für die BNetzA, sich mit dem Belang auseinander zu setzen. Im Wesentlichen sind Betroffenheiten auf Grund von Konflikten mit Erfordernissen der 8 Raumordnung eines Landes vorstellbar. Diese sollten in der Regel natürlich schon im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vorgetragen und nach Möglichkeit gelöst worden sein. Doch gerade hinsichtlich neuer und geplanter Entwicklungen bietet sich hier den Ländern noch einmal die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben. Auch andere Betroffenheiten eines Landes, z. B. auf der Grundlage sonstiger öffentlicher Belange (§ 5 Abs. 1 S. 2) können in diesem Verfahren geltend gemacht werden. Die BNetzA muss die Einwendungen prüfen, sich mit deren Inhalten auseinandersetzen 9 und dazu Stellung nehmen. Eine besondere Form der Stellungnahme ist nicht vorgeschrieben. Die Stellungnahme geschieht gegenüber dem einwendenden Land.
3 Zum Ausschluss des Rechtsschutzes von Gemeinden in der Bundesfachplanung siehe BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021, 4 VR 2.20, Rn 19 ff sowie Appel, ER 2012, 3, 8, vgl. auch Ritgen, NdsVbl. 2016, 1, 3 f. 719
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§ 14 NABEG
IV. Rechtswirkungen
IV. Rechtswirkungen 10 Ob und ggf. in welchem Umfang die BNetzA die Einwendungen der Bundesländer aufgreift, steht in ihrem Ermessen.4 Die Einwendung eines Landes hat keine aufschiebende Wirkung und kann von Dritten im Rahmen einer Inzidentprüfung der Bundesfachplanung nicht geltend gemacht werden. Die Einwendungsmöglichkeit dient in formeller Hinsicht allein der Beteiligung und dem Rechtsschutz der Länder und in materieller Hinsicht insbesondere der Gewährleistung der Übereinstimmung der Bundesfachplanung mit den Erfordernissen der Raumordnung der Länder. Die Einwendungsmöglichkeit in § 14 eröffnet auch keine materiellen Rechte, die die Möglichkeit des Rechtsschutzes eröffnen würden.5 Der Vorhabenträger kann einen Antrag auf Planfeststellung nach § 19 erst nach Abschluss 11 der Bundesfachplanung (bzw. bei Verzicht auf Bundesfachplanung gemäß § 5a) stellen. Dies ergibt sich aus § 4 S. 2. Das Einwendungsverfahren nach § 14 entfaltet jedoch keine Sperrwirkungen. Auch wenn die Monatsfrist zur Einwendung noch läuft, kann die Planfeststellung bereits beginnen. Die Bundesnetzagentur darf sich lediglich durch eine bereits beantragte Planfeststellung in ihrer Prüfung der Einwendungen nicht beeinflussen lassen.
4 Vgl. Appel, ER 2012, 3, 7; de Witt/Scheuten/Durinke, in: NABEG, § 14 Rn 1. 5 Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, NABEG, § 14 Rn 15; Kment, NVwZ 2015, 616, 625 f; Appel, ER 2012, 3, 7; Grigoleit/ Weißensee, UPR 2011, 401, 405; a. A. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043. Serong
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§ 15 Bindungswirkung der Bundesfachplanung (1) Die Entscheidung nach § 12 ist für die Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff verbindlich. Bundesfachplanungen haben grundsätzlich Vorrang vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen. (2) Die Geltungsdauer der Entscheidung nach § 12 Absatz 2 ist auf zehn Jahre befristet. Die Frist kann durch die Bundesnetzagentur um weitere fünf Jahre verlängert werden. Die Fristverlängerung soll erfolgen, wenn sich die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nicht verändert haben. (3) Die Entscheidung nach § 12 hat keine unmittelbare Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme. Sie kann nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden. § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
Übersicht 2.
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Verhältnis der Bundesfachplanung zur nachfolgenden Planfeststellung 16 (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1) Bedeutung der Verbindlichkeit der Entschei16 dung Einschränkungen bei der Bindung der Planfest20 stellung an die Korridorentscheidung? Keine unmittelbare Außen- und Gestattungswir27 kung (Abs. 3 S. 1)
1. 2. 3.
III.
1.
1 10
Vorrang der Bundesfachplanung vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen 30 (Abs. 1 S. 2) Überblick – Anwendungsbereich und Gegen30 stand der Regelung
3. 4. IV. 1. 2. 3. 4. V. 1. 2. 3.
Landesplanungen und Bauleitplanungen 32 36 Reichweite des Vorrangs 37 Rechtswirkungen des Vorrangs 41 Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2) 41 Gerichtliche Inzidentkontrolle 46 Vorverlagerung des Rechtsschutzes? Zuständigkeit des Bundesverwaltungsge51 richts 52 Planerhaltung (Abs. 3 S. 3) Geltungsdauer der Entscheidung 63 (Abs. 2) 63 Zweck der Regelung 64 Regelgeltungsdauer (S. 1) Verlängerung der Frist (S. 2 und 3)
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Vorschrift bestimmt, welche Rechts- und Bindungswirkungen die Bundesfachplanung ge- 1 genüber anderen das Vorhaben betreffenden Planungen und Zulassungen entfaltet und wie Entscheidungen nach § 12 gerichtlich überprüft werden können. Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 regeln das Verhältnis der Bundesfachplanung zur nachfol- 2 genden Planfeststellung. Nach Abs. 1 S. 1 ist die in der Bundesfachplanung getroffene Entscheidung der BNetzA über den Trassenkorridor (§ 12) für anschließende Planfeststellungsverfahren, in denen über die Ausbaumaßnahme (Errichtung und Betrieb oder Änderung einer Stromleitung) entschieden wird, verbindlich. Sie hat nach Abs. 3 S. 1 aber keine unmittelbare Außenwirkung und ersetzt nicht die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme. 721 https://doi.org/10.1515/9783110670516-060
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§ 15 NABEG
I. Allgemeines
Im Verhältnis zu nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen kommt der Bundesfachplanung nach Abs. 1 S. 2 grds. Vorrang zu. 4 Nach Abs. 3 S. 2 kann gegen die Entscheidung nach § 12 unmittelbar kein Rechtsbehelf eingelegt werden. Eine Überprüfung dieser Entscheidung kann nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens erfolgen, das gegen den Planfeststellungsbeschluss für eine nachfolgende Ausbaumaßnahme gerichtet ist (Inzidentkontrolle). 5 In Abs. 3 S. 3 hat der Gesetzgeber mit dem Verweis auf § 75 Abs. 1a VwVfG klargestellt, dass der Grundsatz der Planerhaltung auch für die Bundesfachplanung gilt. Mängel bei der Abwägung sind danach nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Abwägungsmängel sowie Verletzungen von Verfahrensoder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung der Bundesfachplanungsentscheidung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Abs. 2 sieht für Entscheidungen nach § 12 eine befristete Geltungsdauer von zehn Jahren 6 mit Verlängerungsmöglichkeit um weitere fünf Jahre vor. 3
2. Regelungszweck 7 Es handelt sich um eine der zentralen und wichtigsten Bestimmungen des NABEG. Mit ihr hat der Gesetzgeber den Verbindlichkeitsanspruch der Bundesfachplanung sowohl gegenüber den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren als auch im Verhältnis zu nachfolgenden landeseigenen Planungen und nachfolgenden Bauleitplanungen unterstrichen. So wie die Bundesbedarfsplanung nach § 12e Abs. 4 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf des Vorhabens verbindlich feststellt, soll mit der Entscheidung nach § 12 im Bundesfachplanungsverfahren der Trassenkorridor verbindlich festgelegt werden.1 Die Vorschrift ist erkennbar von der Intention getragen, die neue Bundesfachplanung als 8 „starkes“, rechtssicheres, leistungs- und durchsetzungsfähiges Planungsinstrument zu etablieren. Davon zeugt zum einen der Anspruch, dass die BNetzA den Verlauf der Trassenkorridore mit verbindlicher Wirkung für das Planfeststellungsverfahren bestimmt, zum anderen die Ausstattung der Bundesfachplanung mit einem grundsätzlichen Vorrang vor Landesplanungen und Bauleitplanungen, die nachfolgend durchgeführt werden. Ziel ist die Beschleunigung des Netzausbaus sowie der Planungs- und Zulassungsverfahren2 – ein Anliegen, dem der Gesetzgeber in § 1 S. 3 den Rang eines überragenden öffentlichen Interesses zuerkannt hat. Der angestrebte Beschleunigungseffekt soll auf mehrfache Weise erreicht werden: Zum ers9 ten soll nach Abs. 1 S. 1 durch die verbindliche Festlegung von Trassenkorridoren bereits auf vorgelagerter Planungsstufe eine entsprechende Entlastung der späteren Planfeststellungsverfahren erfolgen, zu deren Entscheidungsprogramm diese Materie dann nicht mehr gehört.3 Im Verhältnis zum Planungsgeschehen auf Landesebene und zur Bauleitplanung wird zum zweiten durch die Vorrangregelung des Abs. 1 S. 2 sichergestellt, dass die Ergebnisse der Bundesfachplanung nicht durch nachfolgende Planungsaktivitäten der Länder und Kommunen konterkariert werden.4 Auch die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der nach Abs. 3 S. 2 nur in Form einer Inzidentkontrolle im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die spätere Zulassungsentscheidung eröffnet wird, soll zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. Gleiches gilt für den in Abs. 3 Satz 3 verankerten Grundsatz der Planerhaltung, von dessen Aufnahme sich der Gesetzgeber mehr Rechtssicherheit im Interesse eines beschleunigten Übertragungsnetzausbaus versprach.5 1 2 3 4 5
Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 18 f und 27. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 75 f. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/10754, S. 35.
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3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 15
3. Entstehungsgeschichte § 15 wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vom 28.7.20116 eingeführt. Bereits in seiner Ausgangsfassung erfuhr Abs. 1 S. 2 im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eine formal kleine, aber inhaltlich substantielle Änderung. Während es im Regierungsentwurf noch hieß, dass Bundesfachplanungen grds. Vorrang vor Landesfachplanungen hätten,7 wurde auf Vorschlag des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie das Wort „Landesfachplanungen“ durch „Landesplanungen“ ersetzt.8 Nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses sollte mit dieser Änderung klargestellt werden, dass die Bundesfachplanung auch Vorrang vor Raumordnungsplänen der Länder habe. So könnten die Länder in späteren Raumordnungsplänen keine Festlegungen treffen, die der Bundesfachplanung widersprächen. Entscheidungen in der Bundesfachplanung sollten nicht durch entgegenstehende Planungen ausgehebelt werden.9 Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 17.6.2011 darüber hinaus vorgeschlagen, die Geltungsdauer bundesfachplanerischer Entscheidungen stärker zu begrenzen, konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen. Nach der Vorstellung des Bundesrates sollte die Regelfrist in Abs. 2 S. 1 auf fünf Jahre und die Möglichkeit zur Verlängerung der Frist in Abs. 2 S. 2 auf drei Jahre verkürzt werden.10 Diesen Vorschlag lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 22.6.2011 mit der Begründung ab, dass eine zu kurze Bindungswirkung angesichts durchschnittlicher Planungszeiträume von bis zu zehn Jahren unzweckmäßig sei. Insbesondere bei Leitungsprojekten mit mehreren hundert Kilometern Länge, für die die Planfeststellung abschnittweise durchgeführt werde, sei nicht auszuschließen, dass sich eine Geltungsdauer von nur fünf Jahren als nicht ausreichend erweisen werde.11 Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 201912 hat der Gesetzgeber in Abs. 1 S. 2 zwei weitere wichtige Ergänzungen vorgenommen, die den Anwendungsbereich der Regelung konkretisieren. Zum einen wurde durch Aufnahme des Wortes „nachfolgende“ verdeutlicht, dass der Vorrang der Bundesfachplanung nach dieser Vorschrift allein gegenüber Landes- und Bauleitplanungen gelten soll, die nach Abschluss der Verfahren nach §§ 4 ff erfolgen. Ausweislich der Begr. des RegE13 soll hierdurch verhindert werden, dass die Inanspruchnahme eines von der BNetzA festgelegten Trassenkorridors vor der Planfeststellungsentscheidung nach § 24 durch entgegenstehende neue Landes- oder Ortsplanungen undurchführbar wird. Im Schrifttum wurde dagegen bislang z. T. die Auffassung vertreten, dass Abs. 1 S. 2 eine Doppelfunktion zukomme. Neben den Bindungswirkungen, die Entscheidungen nach § 12 gegenüber nachfolgenden Landesplanungen entfalteten, regele die Bestimmung auch, wie in laufenden Bundesfachplanungsverfahren mit bestehenden Landesplänen, insbesondere Zielfestlegungen in Raumordnungsplänen, umzugehen sei, mit denen ein in Aussicht genommenen Trassenkorridor nicht vereinbar sei.14 Seit Inkrafttreten der Novelle 2019 ist diese weite Auslegung der Bestimmung überholt. Das ergibt sich nicht nur aus dem geänderten Wortlaut, sondern auch daraus, dass der Gesetzgeber für noch nicht abgeschlossene Bundesfachplanungen in derselben Novelle, aber an einem anderen Standort (nämlich in § 5
6 BGBl. I 2011 S. 1690. 7 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 10. 8 BT-Drucks. 17/6366, S. 7. 9 BT-Drucks. 17/6366, S. 19. 10 BR-Drucks. 342/11 (Beschl.), S. 10. 11 BT-Drucks. 17/6249, S. 18. 12 BGBl. I 2019 S. 706. 13 BT-Drucks. 19/7375, S. 75 f. 14 Siehe dazu die eingehende Darstellung in der Vorauflage bei § 15 Rn 27 ff. 723
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§ 15 NABEG
II. Verhältnis zur nachfolgenden Planfeststellung (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1)
Abs. 2 und 3) spezifische Konfliktlösungsmechanismen für Auseinandersetzungen mit entgegenstehenden Raumordnungszielen und städtebaulichen Belangen geschaffen hat.15 14 Durch die ausdrückliche Einbeziehung von Bauleitplanungen wurde zum anderen klargestellt, dass Abs. 1 S. 2 auch das Verhältnis einer bestehenden Bundesfachplanung zu nachfolgenden Flächennutzungs- und Bebauungsplanverfahren umfassen soll. Insoweit wurde die Anwendbarkeit der Vorschrift früher z. T. mit dem Argument verneint, dass es sich bei der Bauleitplanung um keine Landesplanung, sondern um eine kommunale Planung handele.16 Auch dieser Streitpunkt hat sich mit der Neufassung erledigt. Abs. 3 S. 3 ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung Ergebnis eines mehrstufigen Gesetzge15 bungsprozesses. In seiner ursprünglichen Fassung vom 28.7.2011 sah das NABEG noch keine entsprechende Regelung vor. In der Literatur führte dies zu Diskussionen darüber, ob und inwieweit der Grundsatz der Planerhaltung auch auf die Bundesfachplanung Anwendung finde.17 Um in dieser Streitfrage für Rechtsklarheit zu sorgen, wurde Abs. 3 durch Art. 4 Nr. 4 des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 20. Dezember 201218 um einen Satz ergänzt, der § 43e Abs. 4 EnWG für entsprechend anwendbar erklärte. Da diese Bezugsnorm jedoch schon kurze Zeit später durch Art. 4 Nr. 4 Buchst. b) des Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG) vom 31. Mai 201319 aufgehoben wurde, ging der Verweis auf die energiewirtschaftsrechtliche Planerhaltungsvorschrift zeitweise ins Leere.20 Die notwendige Anpassung wurde erst durch Art. 6 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 201521 vorgenommen. Da § 43e Abs. 4 EnWG durch das PlVereinhG nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch die übergreifende Planerhaltungsregelung des § 75 Abs. 1a VwVfG abgelöst werden sollte, ist es konsequent, dass Abs. 3 S. 3 nunmehr auf diese Bestimmung verweist und sie für entsprechend anwendbar erklärt.22
II. Verhältnis der Bundesfachplanung zur nachfolgenden Planfeststellung (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1) 1. Bedeutung der Verbindlichkeit der Entscheidung 16 Nach Abs. 1 S. 1 ist die Entscheidung nach § 12, mit der die BNetzA einen bestimmten Trassenkorridor festlegt, für nachfolgende Planfeststellungsverfahren, in denen nach § 18 Abs. 1 über die Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs oder der Änderung einer länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitung im Sinne des § 2 Abs. 1 entschieden wird, verbindlich. „Verbindlichkeit“ bedeutet, dass die Trasse der Stromleitung innerhalb des Korridors zu verlaufen hat, der zuvor im Verfahren der Bundesfachplanung bestimmt worden ist. Eine Trassierung der Ausbaumaßnahme außerhalb dieses Korridors ist damit ausgeschlossen. Die Stromleitung, einschließlich des Sicherheitsabstands, darf den ausgewiesenen
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Näher dazu § 5 Rn 70 ff. Siehe dazu die Vorauflage § 15 Rn 56. Vgl. zum damaligen Streitstand die 1. Auflage, Rn 44 ff. BGBl. I 2012 S. 2730. BGBl. I 2013 S. 1388. Durner, DVBl 2013, 1564, 1571; Weghake, S. 268. BGBl. I 2015 S. 2490. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4655, S. 39: „redaktionelle Folgeänderung“; näher zur Entstehungsgeschichte des Abs. 3 S. 3 auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 56. Sangenstedt
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1. Bedeutung der Verbindlichkeit der Entscheidung
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Korridorraum nicht verlassen. Sie darf außerhalb des Korridors weder per Planfeststellung zugelassen noch real verwirklicht werden.23 Andererseits ist die Verbindlichkeit, mit der der Gesetzgeber die Entscheidung nach § 12 17 ausgestattet hat, nicht in dem Sinne „absolut“, dass daraus eine unbedingte Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde erwächst, die Leitung innerhalb des festgelegten Trassenkorridors zuzulassen. Zwar ist die Planfeststellungsbehörde bei einer positiven Zulassungsentscheidung an den in der Bundesfachplanung bestimmten Korridor gebunden. Die materiellen Zulassungsanforderungen bleiben vom Ergebnis der Bundesfachplanung aber unberührt und müssen von der Planfeststellungsbehörde geprüft und eingehalten werden. Stellt sich im Planfeststellungsverfahren mit dem dort anzulegenden Prüfmaßstab heraus, dass einer Trassierung innerhalb des festgelegten Korridors unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, die nicht Gegenstand der Prüfungen im Bundesfachplanungsverfahren waren oder dort nicht erkannt worden sind, kann ein Planfeststellungsbeschluss nach § 24 nicht ergehen.24 Durch den so umrissenen Verbindlichkeitsanspruch unterscheidet sich die Bundesfach- 18 planung grundlegend von raumordnerischen Beurteilungen, die im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens getroffen werden. Die Ergebnisse eines Raumordnungsverfahrens haben den Charakter eines Gutachtens. Sie sind für Entscheidungen im Planfeststellungsverfahren nicht verbindlich und gehen dort lediglich als „sonstige Erfordernisse der Raumordnung“ in die Abwägung ein (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 und § 4 Abs. 1 S. 1 ROG).25 Damit können sie in der Auseinandersetzung mit anderen Belangen ggf. überwunden werden. Dieses Regelungsmodell liegt der Bundesfachplanung ersichtlich nicht zugrunde. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die fachplanerische Entscheidung nach § 12 auf der nachfolgenden Zulassungsebene nicht mehr zur Disposition der Planfeststellungsbehörde stehen. Der Trassenkorridor soll vielmehr abschließend von der BNetzA festgelegt werden.26 Ähnliches gilt für einen Vergleich mit der Linienbestimmung in der Verkehrswegepla- 19 nung (§ 16 FStrG, § 13 WaStrG). Zweifellos weist die Linienbestimmung mehr Berührungspunkte zur Bundesfachplanung auf als das Raumordnungsverfahren. Auch durch sie wird eine die spätere Planfeststellung vorbereitende Grundentscheidung getroffen, die die Planfeststellungsbehörde binden soll.27 Eine weitere Parallele besteht darin, dass die Fixierung der Linie durch das Bundesverkehrsministerium – ebenso wie nach Abs. 3 S. 1 die Bestimmung des Trassenkorridors durch die BNetzA – keine unmittelbare Außenwirkung hat, sondern lediglich verwaltungsinterne Bindungen gegenüber der Planfeststellungsbehörde auslöst.28 Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch darin, dass die Entscheidung über die Linie in der Planfeststellung überwindbar ist. Das vorgelagerte Linienbestimmungsverfahren entbindet die Planfeststellungsbehörde nicht von einer eigenständigen Prüfung und Abwägung der Trassenvarianten. Dies schließt eine Überprüfung der zuvor festgelegten Linie ein. Hat die Planfeststellungsbehörde Zweifel an der Tragfähigkeit dieser Entscheidung, ist sie nicht nur berechtigt, sondern wohl sogar verpflichtet, die festgelegte Linie in Frage zu stellen. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass die Trasse im 23 So auch § 5 Rn 119 sowie BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 5 f; Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 3, 5; Mitschang, UPR 2015, 1, 5; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 106; Weghake, S. 276. 24 Weghake, S. 270 f. Zu den Konsequenzen näher u. Rn 25 f. 25 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 (Flughafen Berlin-Schönefeld) –, Rn 137; BVerwG, Beschl. v. 30.8.1995 – 4 B 86/95 –; BVerwG, Urt. v. 3.12.1992 – 4 C 53/89 –; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 367 ff; Spannowsky/ Runkel/Goppel/Goppel, § 15 Rn 868 ff. 26 Verfehlt daher die Behauptung von Erbguth (NVwZ 2011, 326, 328 ff und DVBl. 2011, 325 f), die Bundesfachplanung sei ein verkapptes Raumordnungsverfahren. Zutreffend dagegen Appel, UPR 2011, 406, 410 und ER 2012, 3, 4 f; Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332, 334. 27 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 13/08 – und BVerwG, Urt. v. 10.4.1997 – 4 C 5/96 –: Planfeststellungsbehörde ist im Innenverhältnis an die mit der Linienbestimmung getroffene Planungsentscheidung gebunden; ebenso Kodal/ Leue, Kap. 35 Rn 19; Wagner, NVwZ 1992, 232, 233. 28 BVerwG, Urt. v. 26.6.1981 – 4 C 5/78 –; BVerwG, Beschl. v. 29.1.2001 – 4 B 87/00 –, BVerwG, Urt. v. 28.2.1996 – 4 A 27/95 –: „behördeninterner Vorgang“; Kodal/Leue, Kap. 35 Rn 18.1. 725
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II. Verhältnis zur nachfolgenden Planfeststellung (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1)
Planfeststellungsbeschluss abweichend von der vorgegebenen Linie zugelassen wird. Wegen der internen Bindungswirkung der Linienbestimmung wird dies zwar regelmäßig nur in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium erfolgen. Aber auch wenn es an einer solchen Rückkoppelung fehlt, wird die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses dadurch nicht berührt.29 Diesen Spielraum wollte der Gesetzgeber den Planfeststellungsbehörden bei der Bundesfachplanung ersichtlich nicht einräumen. Ihm ging es vielmehr darum, die Entscheidung nach § 12 mit stärkerer Bindungswirkung auszustatten.30 Insoweit lehnt sich die Bundesfachplanung an keines der etablierten Planungsmodelle vollständig an, sondern ist als Planungstyp „sui generis“ einzustufen.31
2. Einschränkungen bei der Bindung der Planfeststellung an die Korridorentscheidung? 20 In der Literatur fehlt es allerdings nicht an Stimmen, die lediglich von einer grundsätzlichen Bindung der Planfeststellung an das Ergebnis der Bundesfachplanung sprechen und der Planfeststellungsbehörde im Einzelfall das Recht zuerkennen möchten, den nach § 12 festgelegten Korridor zu modifizieren, wenn entgegenstehende überwiegende Belange dies in der planfeststellungsrechtlichen Abwägungsentscheidung erforderten.32 Dazu wird zum einen auf die Begründung des Regierungsentwurfs verwiesen,33 in der es heißt, dass Trassenkorridore Breiten zwischen 500 bis höchstens 1.000 m aufweisen sollten, bei bestehenden Konfliktlagen aber verändert werden könnten.34 Zum anderen wird unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zur verkehrswegerechtlichen Linienbestimmung argumentiert, dass die Behörde nach dem planfeststellungsrechtlichen Abwägungsgebot verpflichtet sei, eine umfassende eigene Abwägungsentscheidung zu treffen, die die Eignung des Trassenkorridors einschließe.35 21 Beide Argumente überzeugen nicht. Der Sinn der fraglichen Passage in der Begründung des Regierungsentwurfs (Möglichkeit zur Veränderung der Breite des Trassenkorridors bei bestehenden Konfliktlagen) wird von den Protagonisten einer eingeschränkten Bindungswirkung der Bundesfachplanung missverstanden. Diese – zugegebenermaßen nicht ganz eindeutige – Formulierung findet sich in dem Teil der Begründung, der sich allgemein mit der Bundesfachplanung sowie mit den Begriffsbestimmungen (§ 3 Nr. 7: „Trassenkorridore“) befasst. Sie bezieht sich allein auf die Bestimmung des Trassenkorridors im Verfahren der Bundesfachplanung nach § 12. Die Aussage soll zum Ausdruck bringen, dass der Korridorraum regelmäßig eine Breite zwischen 500 und 1.000 m haben soll, im Einzelfall aber variieren und von der BNetzA vorsorglich breiter angelegt werden kann, wenn hierdurch potenzielle Unverträglichkeiten mit anderen Belan-
29 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 13/08 –, NVwZ 2010, 1295, 1296, Rn 19; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009, – 9 A 64/ 07; OVG Münster, Urt. v. 13.4.2011, – 11 D 37/10.AK sowie Wagner, DVBl. 2011, 1453, 1458 und NVwZ 1992, 232, 233. 30 Zutreffend Appel, ER 2012, 3, 5; BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 4; de Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 25 f; Durner, NuR 2012, 369, 373; Erbguth, DVBl. 2012, 325, 327; Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332, 335; Weghake, S. 275 f. 31 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 19; zustimmend Appel, UPR 2011, 406, 410, 413 und ER 2012, 3, 5; Mitschang, UPR 2015, 1, 5; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031: „Planungsentscheidung eigener Art“; vgl. auch Durner, DVBl. 2013, 1564, 1569 f sowie Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 252 ff: „atypische verwaltungsinterne Weisung mit erhöhter Verbindlichkeit“. Für die Annahme eines Verwaltungsakts dagegen Theobald/Kühling/deWitt, § 15 NABEG Rn 11. Zu früheren, bis in die 1970er Jahre zurückreichenden Überlegungen, der Planfeststellung eine verbindliche Standort- oder Trassenplanung vorzuschalten, Durner, DVBl. 2011, 853, 860 und NuR 2012, 369, 372. 32 Appel, UPR 2011, 406, 409 (anders aber später in ER 2012, 3, 5); Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 405; Moench/ Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043; Wagner, DVBl. 2011, 1453, 1459. 33 Appel, UPR 2011, 406, 409 Fn 37; Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 405. 34 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 19, 23. 35 Wagner, DVBl. 2011, 1453, 1458. Sangenstedt
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2. Einschränkungen bei der Bindung an die Korridorentscheidung?
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gen ausgeschlossen werden können.36 Nicht gemeint ist dagegen, dass die Planfeststellungsbehörde befugt sein soll, den Verlauf des Trassenkorridors, den die BNetzA in der Bundesfachplanung festgelegt hat, ihrerseits wieder zu ändern, wenn entsprechende Konfliktlagen erst im Planfeststellungsverfahren sichtbar werden. Ein solches Verständnis wäre weder mit dem Wortlaut des Abs. 1 S. 1 noch mit der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 15 vereinbar,37 die beide eine uneingeschränkte Verbindlichkeit der Entscheidung nach § 12 reklamieren. Der Vergleich mit der Rechtslage bei der Linienbestimmung verfängt ebenfalls nicht. Rich- 22 tig ist zwar, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Verkehrswegeplanung den Anforderungen des Abwägungsgebots nur genügt, wenn sie das Ergebnis der Linienbestimmung in ihre Abwägungsentscheidung einbezieht. Konkret bedeutet dies, dass die Behörde im Rahmen der Abwägung auch die Rechtmäßigkeit der Linienbestimmung zu überprüfen hat, wenn dazu Anlass besteht.38 Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass eine Orientierung am Modell der Linienbestimmung der einzige rechtlich gangbare Weg wäre, die Verantwortlichkeiten und Prüfkompetenzen in mehrstufigen Planungs- und Zulassungsverfahren zwischen den zuständigen Behörden zu verteilen. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei, die Abwägung unterschiedlich auszugestalten. Dabei kann auch eine Aufspaltung erfolgen, bei der die Entscheidung über die Grobtrassierung abschließend auf vorgelagerter Planungsebene getroffen wird und von der Planfeststellungsbehörde anschließend nicht mehr korrigiert werden kann. Ein solches Vorgehen bildet jedenfalls dann keinen Verstoß gegen das Gebot der gerechten Abwägung, wenn der gestufte Abwägungsprozess rechtlich so organisiert ist, dass keine Abwägungsdefizite vorprogrammiert sind, d. h. relevante Belange durch die Aufteilung im Mehrebenensystem nicht „verloren gehen“. Im Verhältnis zwischen der Bundesfachplanung und der nachfolgenden Planfeststellung besteht diese Gefahr nicht, weil in beiden Planungsverfahren – mit ebenenspezifischer Ermittlungs- und Untersuchungstiefe39 – jeweils eine Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange stattfindet (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2, § 18 Abs. 3).40 Eine nachträgliche Korrektur der Korridorentscheidung im anschließenden Planfeststel- 23 lungsverfahren würde schließlich auch dem Sinn der Bundesfachplanung zuwiderlaufen. Dieser neue Planungstyp befindet sich auf der mittleren Ebene einer dreistufigen Planungshierarchie bestehend aus Bundesbedarfsplanung, Bundesfachplanung und Planfeststellung. Ziel des gestuften Systems ist es, die komplexe Prüfmaterie schrittweise zu bewältigen und die dafür zu klärenden Sachfragen in abgeschichteter Weise abzuarbeiten. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn die Festlegung der Trassenkorridore, für die der Gesetzgeber aus Beschleunigungs- und Effektivitätsgründen eigens ein spezielles Fachplanungsverfahren geschaffen hat, auf der nächsten Planungsebene erneut aufgerufen und thematisiert werden könnte. Denn damit würden Auseinandersetzungen, die mit der Entscheidung der BNetzA nach § 12 erledigt werden sollen, perpetuiert und in ein Verfahren hineingezogen, das auf einen anderen Prüfgegenstand – die Feintrassierung der Stromleitung – fokussiert ist.41 Insgesamt spricht somit alles dafür, den Ergebnissen der Bundesfachplanung nach § 12 24 für die nachfolgende Planfeststellung strikte Verbindlichkeit beizumessen und sie insoweit Zielen der Raumordnung gleichzustellen.42 Verschwiegen werden sollen an dieser Stelle allerdings auch nicht die Risiken und Schwächen, die mit dieser Verfahrenskonstruktion (insbe36 37 38 39 40
So auch § 5 Rn 123. BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Dazu bereits näher o. Rn 19. Eingehend hierzu § 7 Rn 85 ff. Eingehend und mit überzeugenden Argumenten BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 7 ff; Appel, ER 2012, 3, 6; i. Erg. ebenso Kment, NVwZ 2015, 616, 624 f; Schiller, EurUP 2013, 178, 180. 41 Ähnlich BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 7; Appel, ER 2012, 3, 5; Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 3; Durner, DVBl. 2013, 1564, 1570, 1571; Weghake, S. 275 f. 42 So auch Durner, DVBl. 2013, 1564, 1570; Kment, NVwZ 2015, 616, 624; Schink, I+E 2014, 203, 205. Im Verhältnis zu nachfolgenden Raumordnungsplanungen der Länder sind die Bindungswirkungen der Bundesfachplanung dagegen 727
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II. Verhältnis zur nachfolgenden Planfeststellung (Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1)
sondere wegen der fehlenden Möglichkeit zur Korrektur der Korridorentscheidung im anschließenden Planfeststellungsverfahren) verbunden sein können.43 Der Prüfmaßstab ist auf der Ebene der Bundesfachplanung mit Blick auf die Korridore im Allgemeinen gröber gestrickt und weniger detailtief als in der Planfeststellung, in der eine parzellenscharfe Betrachtung stattfindet. Da eine Feinplanung der Stromleitung im Planungsstadium der Bundesfachplanung meist noch nicht vorliegt, werden die Untersuchungen hier eher überschlägiger und perspektivischer Natur sein.44 Die Ermittlung zu erwartender Unverträglichkeiten und Konfliktpotenziale kann daher auf dieser Verfahrensstufe mit Unsicherheiten verbunden sein. Deshalb wird sich nicht völlig ausschließen lassen, dass erst bei der Detailprüfung im anschließenden Planfeststellungsverfahren Umstände hervortreten, die die Eignung des Trassenkorridors entgegen der Einschätzung in der Bundesfachplanung wieder in Frage stellen. Insbesondere bei der Natura 2000Verträglichkeitsprüfung und der besonderen artenschutzrechtlichen Prüfung können solche „späten Entdeckungen“ zum unüberwindlichen Planungshindernis geraten.45 Wenn der Trassenkorridor in diesen Fällen im Planfeststellungsverfahren nicht mehr verän25 dert werden kann, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Zum einen müssen Unsicherheiten bereits bei der Durchführung der Bundesfachplanung soweit wie möglich minimiert werden. Vor allem bei den genannten natur- und artenschutzrechtlichen Prüfverfahren sollte ein hoher Grad an Gewissheit angestrebt werden, der die potenzielle Fehleranfälligkeit der Ergebnisse reduziert und eine möglichst „planfeststellungsfeste“ Beurteilung erlaubt. Konkret kann dies bedeuten, dass Untersuchungen hier u. U. mit höherem Aufwand und größerer Prüftiefe durchgeführt werden müssen als sonst auf dieser vorgelagerten Planungsebene üblich.46 Weisen Entscheidungen nach § 12 trotz aller Anstrengungen Defizite auf, dann muss der Feh26 ler, weil seine Korrektur im Planfeststellungsverfahren nicht mehr möglich ist, vorzugsweise durch ein ergänzendes Bundesfachplanungsverfahren nach Abs. 3 S. 3 i. V. m. § 75 Abs. 1a VwVfG behoben werden, soweit er auf diesem Wege „heilbar“ ist.47 Mit dem nachträglich eingefügten Abs. 3 S. 3 hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit der Fehlerbehebung für die Bundesfachplanung ausdrücklich eröffnet.48 Der allgemeine fachplanerische Grundsatz der Planerhaltung braucht dazu also nicht mehr bemüht zu werden.49 Bei den Prüfungen im ergänzenden Verfahren müssen die erkannten Mängel ausgeräumt werden, und die Bundesfachplanungsentscheidung ist, soweit erforderlich, zu ändern. Wird der Fehler erst im Planfeststellungsverfahren bemerkt, ist dieses Verfahren auszusetzen, um zunächst die notwendigen Prüfungen und ggf. nicht absolut, d. h. der Vorrang gilt hier nur grundsätzlich und ist damit in Ausnahmefällen auch überwindbar; dazu näher u. Rn 38. 43 Eingehend hierzu vor allem Durner, DVBl. 2011, 853, 860 und NuR 2012, 369, 372 f. 44 Näher dazu § 7 Rn 85 ff, 92. 45 Durner, NuR 2012, 369, 372 f. 46 Vgl. § 7 Rn 106, 111; ebenso Appel, ER 2012, 3, 6; Matz, in Dokumentation zur 38. wiss. Fachtagung der GfU 2014, S. 129, 135 f; Schlacke, NVwZ 2015, 626,631 f; wohl auch Schiller, EurUP 2013, 178, 183. 47 Näher zum ergänzenden Bundesfachplanungsverfahren und zu den Grenzen dieses Instruments unten Rn 58 ff. 48 Durner, DVBl. 2013, 1564, 1571. Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass in Fällen, in denen sich die Bundesfachplanung nach ihrem Abschluss als fehlerhaft erweist, eine nachträgliche Korrektur durch die Fachplanungsbehörde zu erfolgen hat. Das Instrument des ergänzenden Verfahrens nach § 75 Abs. 1 a VwVfG, auf das Abs. 3 S. 3 verweist, wird dabei jedoch meist nicht in den Blick genommen; vgl. Theobald/Kühling/de Witt, § 15 Rn 12 („Änderungsverfahren“, das ggf. auch als vereinfachtes Verfahren nach § 11 Abs. 1 durchgeführt werden kann); Mitschang, UPR 2015, 1, 5; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 106; Schaller/Henrich, UPR 2014, 361, 362; Schiller, EurUP 2013, 178, 180; Weghake, S. 268. Zwar hat § 75 Abs. 1a VwVfG vor allem ergänzende Planungsverfahren im Blick, die nach der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung einer Planungsentscheidung durchgeführt werden. Die Vorschrift schließt jedoch nicht aus, dass die Behörde auf eigene Initiative ein ergänzendes Verfahren einleitet, wenn sie erkennt, dass eine von ihr getroffene Planungsentscheidung fehlerhaft ist (so allgemein Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 45; speziell zur Bundesfachplanung BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 58). 49 Vgl. dazu die Ausführungen in der 1. Auflage, Rn 20. Sangenstedt
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3. Keine unmittelbare Außen- und Gestattungswirkung (Abs. 3 S. 1)
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Nachbesserungen bei der Bundesfachplanung vorzunehmen.50 In Ausnahmefällen kann aber auch eine Ablehnung des Antrags auf Planfeststellung in Betracht kommen, wenn die Materie sehr kompliziert und nicht absehbar ist, wann die Revision der Fachplanungsentscheidung abgeschlossen sein wird.51
3. Keine unmittelbare Außen- und Gestattungswirkung (Abs. 3 S. 1) Nach Abs. 3 S. 1 hat die Entscheidung nach § 12, mit der die BNetzA den Verlauf des Trassenkor- 27 ridors bestimmt, keine unmittelbare Außenwirkung. Rechtswirkungen hat sie zwar für den Vorhabenträger und andere Planungsträger, deren Handlungsspielräume durch das Ergebnis der Bundesfachplanung eingeschränkt werden.52 Zu nennen sind hier vor allem die Bindungen, die die Festlegung des Korridors für die Feintrassierung der Leitung im anschließenden Planfeststellungsverfahren (Abs. 1 S. 1) sowie gegenüber nachfolgenden Landes- und Bauleitplanungen (Abs. 1 S. 2) entfaltet. Im Fokus der Vorschrift stehen jedoch nicht diese Effekte der Bundesfachplanung. Es geht vielmehr um die rechtliche Betroffenheit von Grundeigentümern, Anwohnern, Unternehmen und sonstigen Dritten, deren Belange von der Verwirklichung der geplanten Ausbaumaßnahme berührt sein können. Mit Blick auf diesen Personenkreis stellt Abs. 3 S. 1 klar, dass unmittelbare Rechtswirkungen ihnen gegenüber nicht schon der – auf vorgelagerter Planungsebene ergehenden – Korridorentscheidung nach § 12, sondern erst dem späteren Planfeststellungsbeschluss (§ 24) zukommt. Erst mit ihm wird abschließend und außenwirksam über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme entschieden.53 Insoweit erfüllt die fachplanerische Festlegung des Trassenkorridors nicht die Merkmale eines nach § 42 Abs. 2 VwGO anfechtbaren Verwaltungsakts (§ 35 VwVfG)54 und soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch sonst keiner direkten Rechtskontrolle zugänglich sein.55 50 Ggf. kann die Mängelbeseitigung auch parallel zum laufenden Planfeststellungsverfahren erfolgen (dafür Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 12). Dieses Vorgehen empfiehlt sich allerdings eher nicht, wenn der Fehler zu einer Änderung des Korridorverlaufs führen kann, die als Folgeänderung Anpassungen bei der konkreten Trassenführung der Leitung erforderlich machen würde. 51 Durner, NuR 2012, 369, 373 und DVBl. 2013, 1564, 1571. 52 Appel, UPR 2011,406, 413 und ER 2012, 3, 4; Calliess/Dross, JZ 2012, 1002, 1004; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; Weghake, S. 164. 53 Aus dem Umstand, dass den Entscheidungen der BNetzA über die Bundesfachplanung nach Abs. 3. S. 1 keine unmittelbare Außenwirkung beizumessen sein soll, ist im Schrifttum gefolgert worden, die Rechtswirkungen solcher Entscheidungen seien verwaltungsinterner Natur (Appel, UPR 2011,406, 413 und ER 2012, 3, 4; Calliess/Dross, JZ 2012, 1002, 1004; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; Weghake, S. 164; ebenso die Vorauflage § 15 Rn 24). Diese Einordnung erscheint jedoch zu eng (so zutr. Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 10; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 265 ff; Kment, NVwZ 2015, 616, 619; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 114; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 43; wohl auch Kümper, RdE 2014, 320, 324). Außenwirkungen, die die Bundesfachplanung für den Vorhaben- und andere Planungsträger entfalten kann, hatte der Gesetzgeber bei der Konzeption der Vorschrift aber erkennbar nicht im Blick. Gegenstand der Regelung sind vielmehr allein die Effekte, die die Bundesfachplanung für "Nachbarn" der geplanten Stromleitung und ähnliche Drittbetroffene haben kann. Für sie erzeugt die Bundesfachplanung noch keine unmittelbaren rechtlichen Betroffenheiten, weil in diesem Verfahren zwar schon eine Vorentscheidung, aber noch keine endgültige Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens erfolgt. Diesen Befund hat der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 1 mit den Worten umschrieben, die Bundesfachplanung habe keine unmittelbaren Außenwirkungen. Vereinzelt ist zwar behauptet worden, Entscheidungen der BNetzA nach § 12 entfalteten solche Wirkungen auch gegenüber den genannten „Dritten“ (Posser/ Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 114; dagegen zurecht Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043). Diese Auffassung widerspricht aber sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem klaren Willen des Gesetzgebers und sprengt damit die Grenzen zulässiger Auslegung. 54 So auch Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 273; Weghake, S. 165. 55 In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, dass zwischen Abs. 3 S. 1 (keine unmittelbare Außenwirkung) und Abs. 3 S. 2 (Ausschluss einer direkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit) ein innerer 729
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III. Vorrang vor nachfolgenden Landes- und Bauleitplanungen (Abs. 1 S. 2)
Auf der gleichen gedanklichen Linie bewegt sich der zweite Regelungsteil der Vorschrift, demzufolge die Bestimmung des Trassenkorridors die Entscheidung über die Zulässigkeit der Ausbaumaßnahme nicht ersetzt. Gemeint ist damit, dass der Vorhabenträger aus der Entscheidung nach § 12, mit der der Trassenkorridor festgelegt wird, noch keine unmittelbaren Rechte oder Ansprüche zur Verwirklichung des Vorhabens herleiten kann. Eine gesicherte Rechtsposition wächst ihm erst mit dem Planfeststellungsbeschluss nach § 24 zu. Entsprechendes gilt für die rechtliche Betroffenheit Dritter, die erst durch die Zulassungsentscheidung im anschließenden Planfeststellungsverfahren ausgelöst wird. Deshalb ist es konsequent, dass Abs. 3 S. 2 für diesen Personenkreis unmittelbare Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen die vorgelagerten Korridorentscheidungen ausschließt.56 29 Diesem Ansatz steht nicht entgegen, dass sich die Aussichten des Antragstellers, das Vorhaben realisieren zu können, durch den positiven Abschluss der Bundesfachplanung faktisch deutlich verbessern. Tatsächlich dient die Verbindlichkeit der Entscheidung über den Trassenkorridor ja auch dem Zweck, dem Vorhabenträger bereits auf dieser Verfahrensstufe ein Stück Rechts- und Investitionssicherheit zu vermitteln.57 Die BNetzA legt den Trassenkorridor nach § 12 in der Erwartung fest, dass die Ausbaumaßnahme dort möglich sein wird. Mit dem Abschluss der Bundesfachplanung können für einzelne Korridorabschnitte nach § 16 schon Veränderungssperren verhängt werden. Es tritt also bereits eine gewisse planerische Verfestigung ein. Gleichwohl sind die Würfel über die Zulässigkeit des Projekts noch nicht endgültig gefallen. Seine Gestattung kann immer noch an kleinräumigen oder technischen Hindernissen scheitern, die erst im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren zu prüfen sind.58 Auch die Frage, ob und inwieweit Schutzgüter Dritter oder überindividuelle Belange von dem Vorhaben betroffen sein werden, wird vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses meist noch nicht abschließend beantwortet werden können.59 Deshalb erscheint die rechtliche Einordnung, die der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 1 vorgenommen hat (keine unmittelbare Außenwirkung, keine Gestattungswirkung der Bundesfachplanung), sachgerecht und der Planungssituation angemessen.
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III. Vorrang der Bundesfachplanung vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen (Abs. 1 S. 2) 1. Überblick – Anwendungsbereich und Gegenstand der Regelung 30 Nach Abs. 1 S. 2 haben Bundesfachplanungen grds. Vorrang vor Landesplanungen und Bauleitplanungen, die Entscheidungen nach § 12 nachfolgen. Die Bewältigung von Kollisionen zwischen bestehenden Landes- oder Bauleitplänen und Korridorentscheidungen späterer Bundesfachplanungsverfahren fällt dagegen nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Solche
Zusammenhang bestehe. Offenbar sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit, für eine Planungsentscheidung ohne unmittelbare Außenwirkung prinzipalen Rechtsschutz zu eröffnen (Kümper, RdE 2014, 320,324; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031). 56 Abs. 3 S. 2 gilt im Übrigen auch für Umweltverbandsklagen, die sich gegen Entscheidungen der Bundesfachplanung nach § 12 richten. Die einschlägigen Umweltrichtlinien der EU sehen bislang keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung von Umweltverbandsklagen gegen SUP-pflichtige oder andere umweltbezogene Pläne und Programme vor (zutr. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 47; de Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 55). Solche Klagen könnten daher nur auf 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention gestützt werden. Das BVerwG hat hierzu jedoch mit überzeugenden Argumenten jüngst die Auffassung vertreten, dass die Aarhus-Konvention die Eröffnung unmittelbaren Rechtsschutzes gegen Bundesfachplanungsentscheidungen nicht gebiete (Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 64 ff). Näher hierzu unten Rn 43. 57 § 5 Rn 125. 58 So auch Erbguth, DVBl. 2012, 325, 328; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 43. 59 Verkannt von Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043. Sangenstedt
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2. Landesplanungen und Bauleitplanungen
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Problemlagen sind mit dem Instrumentarium zu lösen, das seit der Novelle 201960 in § 5 Abs. 2 u. 3 zur Verfügung steht. Damit hat der Gesetzgeber den wahrscheinlich meisterörterten Streitkomplex des NABEG – das Verhältnis zwischen der Bundesfachplanung und (bestehenden sowie nachfolgenden) Raumordnungs- und Bauleitplanungen61 – ausgeräumt und auf eine neue Grundlage gestellt. Die Neufassung des Abs. 1 S. 2 ist klarer gefasst ist als die Vorgängerregelung und dürfte damit zu mehr Rechtssicherheit im Verhältnis zwischen der Bundesfachplanung und neuen Landes- und Ortsplanungen beitragen. Gegenstand der Bestimmung sind die Bindungswirkungen, die eine abgeschlossene 31 Bundesfachplanung gegenüber nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen entfaltet. Die Regelung richtet sich dementsprechend nicht an die BNetzA, sondern an die Planungsträger der Länder und die kommunalen Planungsträger, die für die Bauleitplanung zuständig sind. Ihnen gegenüber kommt Abs. 1 S. 2 eine wichtige Steuerungsfunktion bei der Aufstellung neuer und der Änderung oder Ergänzung bestehender Landes- und Bauleitpläne zu. Durch den grundsätzlichen Vorrang, mit dem der Gesetzgeber die Bundesfachplanung ausgestattet hat, wird der Planungsspielraum der Länder und Kommunen eingeschränkt. Ziel ist die Sicherung der Planfeststellung für solche Höchstspannungsleitungen, für die durch eine vorgelagerte Fachplanungsentscheidung der BNetzA nach § 12 bereits der Verlauf eines bestimmten Trassenkorridors festgelegt worden ist. Die Inanspruchnahme dieses Korridors soll nicht durch entgegenstehende spätere Landes- oder Ortsplanungen wieder in Frage gestellt werden.62
2. Landesplanungen und Bauleitplanungen Vorrang hat die Bundesfachplanung nach Abs. 1 S. 2 zunächst vor nachfolgenden Landespla- 32 nungen. Angesprochen sind damit alle Pläne und Programme, deren Aufstellung in die Planungszuständigkeit der Länder fällt. Da die Gemeinden staatsrechtlich den Ländern zuzuordnen sind, gehören zu den Landesplanungen grundsätzlich auch kommunale Planungen.63 Allerdings hat der Gesetzgeber die Bauleitplanung hier als eigenständige Kategorie ausgewiesen, um dem früheren Streit ein Ende zu machen, ob auch diese Ortsplanungen in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen.64 Zu den von Abs. 1 S. 2 adressierten Landesplanungen gehören auch Raumordnungspläne 33 der Länder. Nachdem die Regelung im Regierungsentwurf zur ursprünglichen Fassung des NABEG zunächst enger gefasst war („Vorrang vor Landesfachplanungen“), im Gesetzgebungsverfahren dann aber die Beschränkung auf Fachplanungen fallen gelassen wurde,65 kann es keinen Zweifel mehr daran geben, dass Bundesfachplanungen nicht nur späteren Fachplanungen der Länder vorgehen, sondern grds. auch Vorrang vor hinzutretenden Raumordnungsplänen der Länder haben sollen. Nach den Gesetzesmaterialien sollen die Länder „in späteren Raumordnungsplänen
60 Dazu oben Rn 13. 61 Siehe dazu die eingehende Darstellung in der Vorauflage bei § 15 Rn 27 ff, 56 ff. 62 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 7f f Im Ergebnis ebenso bereits zur früheren Fassung der Vorschrift BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 16 ff; de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 34; Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 238 ff; Schlacke/Schubert/Koch, S. 65, 78 ff; Kment, NVwZ 2015, 616, 620; Kümper, RdE 2014, 320, 324 f; NVwZ 2014, 1409,1411 ff u. NVwZ 2015, 1486, 1487; Posser/Faßbender/Wagner/Faßbender/Gläß, Praxishandbuch, Kap. 7 Rn 118 ff; Schiller, EurUP 2013, 178, 181; Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 89 f; Schink/Versteyl/Dippel/ Dippel, § 15 Rn 18 ff; Schlacke, NVwZ 2015, 626, 629 m. Fn 46; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; Weghake, S. 215 ff. 63 Vgl. zur Rechtslage vor der Novelle 2019 Mitschang, UPR 2015, 1, 7; Posser/Faßbender/Wagner/Faßbender/Gläß, Praxishandbuch, Kap. 7 Rn 159 f. 64 Siehe dazu die Vorauflage, § 15 Rn 56. 65 Siehe oben Rn 11. 731
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§ 15 NABEG
III. Vorrang vor nachfolgenden Landes- und Bauleitplanungen (Abs. 1 S. 2)
keine Festlegungen treffen, die der Bundesfachplanung widersprechen“,66 damit Entscheidungen der BNetzA nach § 12 von ihnen „nicht durch entgegenstehende Planungen ausgehebelt werden“ können.67 Ohne den Vorrang der Bundesfachplanung könnten sich solche „Aushebelungseffekte“ vor allem durch neue Raumordnungsziele ergeben, die eine Stromleitungsnutzung des Trassenkorridors in Frage stellen.68 Entsprechendes gilt, wenn in Regionalplänen nachträglich Siedlungsbereiche oder Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung ausgewiesen werden, durch die ein „räumlicher Sperrgürtel“ für die Nutzung als Stromleitungskorridor entsteht.69 Eine Verpflichtung der Länder, in Raumordnungsplänen keine die Bundesfachplanung erschwerenden Zielfestlegungen zu treffen, findet sich im Übrigen jetzt auch in § 3a Abs. 2. 34 Bundesplanungen, z. B. Raumordnungspläne nach § 17 ROG, hat der Gesetzgeber dagegen in der Vorrangregelung nicht genannt. Offenbar sah er für ihre (ausdrückliche) Einbeziehung kein Bedürfnis. Das erscheint inkonsequent, weil bei der Aufstellung neuer Bundespläne Konflikte mit einer bestehenden Bundesfachplanung ebenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Richtigerweise gilt der Konfliktlösungsmechanismus in der Parallelvorschrift des § 5 Abs. 2 nicht nur für entgegenstehende Zielfestlegungen in Raumordnungsplänen der Länder, sondern auch für solche in Raumordnungsplänen des Bundes. Dementsprechend sollte der Bundesfachplanung – durch eine analoge Anwendung des Abs. 1 S. 2 – auch vor nachfolgenden Bundesplanungen Vorrang verschafft werden. 35 Bauleitplanungen, die Abs. 1 S. 2 neben den Landesplanungen als zweite Kategorie nennt, sind nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 2 BauGB Flächennutzungs- und Bebauungspläne. Eine strikte Wortlautinterpretation würde dem Zweck der Vorschrift jedoch nicht gerecht. Einbezogen werden sollten auch andere städtebauliche Planungsinstrumente der Gemeinden (z. B. sonstige Satzungen nach dem BauGB), die in Konflikt mit Korridorentscheidungen der BNetzA nach § 12 geraten können. Damit würde eine Annäherung an den Regelungszuschnitt des § 5 Abs. 3 erreicht, der auch Städtebauplanungen jenseits der Bauleitplanung umfasst.70
3. Reichweite des Vorrangs 36 Vorrang vor nachfolgenden Landes- oder Bauleitplanungen kommt der Bundesfachplanung nach Abs. 1 S. 2 nur zu, soweit bestimmte Festlegungen des fraglichen Plans der Bundesfachplanung entgegenstehen.71 Ein Konflikt, der die Anwendung der Vorrangregelung rechtfertigt, ist nicht erst bei Planinhalten anzunehmen, die eine spätere Zulassung der Höchstspannungsleitung innerhalb des betroffenen Trassenkorridors ausschließen.72 Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, ein „Entgegenstehen“ – ebenso wie bei § 5 Abs. 2 S. 373 – schon dann zu bejahen, wenn die spätere Planfeststellung der Stromleitung nach § 24 durch die hinzutretende Landes- oder Bauleitplanung gefährdet oder deutlich erschwert würde. Daran fehlt es, wenn bei der Trassenführung ohne größere Schwierigkeiten auf Korridorbereiche ausgewichen werden kann, die von der neuen Landes- oder Ortsplanung nicht berührt werden oder mit ihr verträglich sind.74 In solchen Fällen ist die Anwendung der Vorrangregelung zur
66 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drucks. 17/6366, S. 19. 67 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drucks. 17/6366, S. 19. 68 Eingehend Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 238 ff sowie BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 16; de Witt/Scheuten/de Witt, § 5 Rn 34; Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1414. 69 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 5 Rn 90; Schink, I+E 2014, 203, 207; vgl. auch BK-EnR/Appel, § 5 NABEG Rn 124. 70 Siehe dazu § 5 Rn 87. 71 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 75 f. 72 Missverständlich deshalb, wenn es in der Begr. RegE hierzu heißt, der Trassenkorridor müsse durch Festlegung entgegenstehender Landes- oder Ortsplanungen „undurchführbar“ werden. 73 Siehe dazu die Ausführungen bei § 5 Rn 77. 74 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei § 5 Rn 78. Sangenstedt
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4. Rechtswirkungen des Vorrangs
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Sicherung der Planfeststellung nicht erforderlich75 (Fehlen eines Planungshindernisses) und würde damit einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Planungskompetenz des Landes oder der Kommune darstellen.
4. Rechtswirkungen des Vorrangs Bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs zur ursprünglichen Fassung des NABEG wur- 37 de der Zweck der Vorrangregelung damit beschrieben, dass „die Länder die Ergebnisse der Bundesfachplanung als verbindlich hinnehmen“76 sollen. Daraus ist im Schrifttum z. T. geschlossen worden, dass Entscheidungen der BNetzA nach § 12 gegenüber späteren Landesplanungen einen bindenden Zielcharakter hätten und daher – ähnlich wie Ziele der Raumordnung – von den Ländern nicht überwunden werden könnten.77 Dieses Verständnis ist schon mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar. Die starke 38 Bindungswirkung, die bestehenden Bundesfachplanungen zukommt, gilt nach Abs. 1 S. 2 nicht uneingeschränkt. Die Entscheidungen der BNetzA entfalten gegenüber nachfolgenden Landesund Bauleitplanungen keinen absoluten, sondern einen „grundsätzlichen“ Vorrang. Daraus kann geschlossen werden, dass die Länder und Kommunen in sehr engen Grenzen später auch abweichende Planfestlegungen treffen können.78 Ob sie dazu berechtigt sind, kann nur im Einzelfall durch Abwägung zwischen den widerstreitenden Belangen ermittelt werden. Dabei kann sich das von der Landesplanungsbehörde oder dem kommunalen Planungsträger geltend gemachte Raumnutzungsinteresse nur dann durchsetzen, wenn ihm in Relation zu den Zielen des Stromnetzausbaus ein höheres Gewicht beizumessen ist. Bei der Gegenüberstellung dient die Vorrangregelung des Abs. 1 S. 2 als „Gewichtungsdirektive“79 zugunsten der Bundesfachplanung. Sie indiziert, dass den Anliegen der Landes- und Ortsplanung regelmäßig ein geringerer Stellenwert beizumessen sein wird als den in § 1 S. 3 genannten Belangen. Stellen Länder oder Kommunen gleichwohl neue Pläne auf oder nehmen sie an bestehenden Landes- oder Bauleitplanungen Änderungen oder Ergänzungen vor, die die Heranziehung eines nach § 12 bestimmten Trassenkorridors für Ausbaumaßnahmen nach § 2 Abs. 1 unmöglich machen oder beträchtlich erschweren, so besteht eine Vermutung dafür, dass solche Planungen abwägungsfehlerhaft und damit rechtswidrig sind.80 Ausnahmen sind nur dort denkbar, wo eine Inanspruchnahme des Korridors zu anderen Zwecken unabweisbar ist, um Bedürfnissen von elementarer oder existenzieller Bedeutung abzuhelfen.81 Angesichts des überragenden öffentlichen Interesses, das der Gesetzgeber der Realisierung der Stromleitungen in § 1 S. 3 beimisst, dürften solche Landes- oder Bauleitplanungen aber Seltenheitswert haben. Damit ist die Bundesfachplanung zwar nicht völlig, aber weitgehend abwägungs- und abweichungsfest. In prozeduraler Hinsicht bestehen für die Wirksamkeit des Vorrangs keine Erfordernisse. 39 Ebenso wie bei Zielen der Raumordnung gilt der Vorrang der Bundesfachplanung unmittelbar kraft Gesetzes. Um den Bindungswirkungen des Abs. 1 S. 2 im Aufstellungsverfahren für einen der Ausbaumaßnahme entgegenstehenden Landes- oder Bauleitplan Geltung zu verschaffen, braucht die BNetzA den Vorrang nicht aktiv einzufordern oder ihren Widerspruch gegen 75 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 76. 76 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 77 Mitschang, UPR 2015, 1, 5; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 110; i. Erg. auch de Witt/ Scheuten/de Witt, § 5 Rn 35 f. 78 So nunmehr auch BVerwG, Beschl. v 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 30. 79 Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1414 und RdE 2014,320, 325. 80 Eingehend Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 245 ff; Kümper, NVwZ 2014, 1409, 1414; RdE 2014,320, 324 u. NVwZ 2015, 1486, 1488; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 26. 81 Vgl. das Beispiel bei Eding, Bundesfachplanung und Landesplanung, S. 251: Inanspruchnahme des Gebiets zum Abbau bestimmter Rohstoffe aus zwingenden Gründen der Versorgungssicherheit. 733
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§ 15 NABEG
IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2)
vorgesehene Festlegungen des Plans zu erklären.82 Eine Widerspruchslösung sieht das Gesetz nur dort vor, wo sich die BNetzA in einem laufenden Bundesfachplanungsverfahren mit entgegenstehenden Raumordnungszielen konfrontiert sieht (Fall des § 5 Abs. 2 S. 2 – 5), nicht aber in der Situation des Abs. 1 S. 2, in der Planungsaktivitäten der Länder und Kommunen auf Korridorentscheidungen einer abgeschlossenen Bundesfachplanung stoßen. 40 Auch wenn die Inanspruchnahme der Vorrangregelung für den Bund somit keine prozeduralen Obliegenheiten begründet, sollte die BNetzA die Beteiligungsmöglichkeiten, die ihr bei der Aufstellung von Landesplänen und Bauleitplänen eröffnet sind,83 intensiv nutzen, um auf eine „bundesfachplanungsgerechte“ Ausgestaltung hinzuwirken. Hierdurch können Informationsdefizite, die auf Seiten der Planungsbehörden in Ländern und Kommunen bestehen mögen, ausgeräumt und Planungsfehler vermieden werden, die zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen können. Dem Ziel eines beschleunigten Netzausbaus (§ 1 S. 1) wird bei der verwaltungspraktischen Umsetzung des Vorrangs der Bundesfachplanung am besten dadurch gedient, dass zwischen der BNetzA und der Landesplanungsbehörde oder der Kommune Lösungen abgestimmt werden, die mit der Bundesfachplanung verträglich sind und insoweit allen Beteiligten optimale Rechts- und Planungssicherheit verbürgen.
IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2) 1. Gerichtliche Inzidentkontrolle 41 Nach Abs. 3 S. 2 gibt es gegen Entscheidungen der BNetzA nach § 12, mit denen im Verfahren der Bundesfachplanung ein Trassenkorridor festgelegt wird, keine direkten Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Überprüfung der Entscheidung kann nur in Form einer Inzidentkontrolle im Rahmen eines Rechtsbehelfs erfolgen, der sich gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme richtet. Konkret bedeutet dies, dass die Ergebnisse der Bundesfachplanung nicht selbstständig angefochten werden können. Angefochten werden kann allein der Planfeststellungsbeschluss, mit dem dem Vorhabenträger nach § 24 die Errichtung und der Betrieb oder die Änderung einer Stromleitung innerhalb des auf der vorgelagerten Planungsstufe bestimmten Trassenkorridors gestattet werden.84 In diesem Rechtsbehelfsverfahren kann dann zugleich die Entscheidung nach § 12 – auch im Hinblick auf etwaige entscheidungserhebliche Verfahrensfehler der Bundesfachplanung85 – überprüft werden. Diese Ausgestaltung des Rechtsschutzes ergibt sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers aus dem Umstand, dass die Entscheidung über die Bundesfachplanung keine unmittelbare Außenwirkung und keinen Zulassungscharakter hat.86 Sie löst damit für sich noch keine direkten Betroffenheiten aus, gegen die schon auf dieser Verfahrensebene zwingend Rechtsbehelfsmöglichkeiten geschaffen werden müssten.87 Bei mehrstufigen Planungs- und Zulassungsverfahren ist es im deutschen Recht nicht unge42 wöhnlich, dass der Rechtsschutz nicht phasenspezifisch ausgestaltet wird; stattdessen wird die gerichtliche Überprüfung – bei gleichzeitiger Eröffnung einer Inzidentkontrolle für Ergebnisse vorgelagerter Ebenen – auf die Entscheidung konzentriert, die auf der letzten Verfahrensstufe getroffen wird. Beispiele solcher Formen des Rechtsschutzes finden sich für die Linienbestimmung in § 47 Abs. 4 UVPG und für das Raumordnungsverfahren in § 49 Abs. 3 UVPG. An dieses 82 Krit. hierzu (unausgewogener Konfliktlösungsmechanismus zulasten der kommunalen Planungshoheit) Kelly/ K. Schmidt, AöR 144 (2019), 577, 642 ff. 83 Z. B. bei der Raumordnungsplanung nach § 9 ROG und in der Bauleitplanung nach § 4 BauGB. 84 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 85 Zur Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern siehe unten Rn 56. 86 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 87 Siehe hierzu bereits oben Rn 27 ff. Sangenstedt
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1. Gerichtliche Inzidentkontrolle
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Modell lehnt sich auch Abs. 3 S. 2 an. Rechtliche Bedenken bestehen hiergegen – auch im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) – nicht. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz wäre nur anzunehmen, wenn das Fehlen unmittelbarer Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen Korridorentscheidungen der BNetzA dazu führen würde, dass Rechtsverstöße der Bundesfachplanung im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die nachfolgende Zulassungsentscheidung nicht mehr oder nur noch in begrenztem Maße geltend gemacht werden könnten.88 Dies ist aber nicht der Fall. Abs. 3 S. 2 sieht vielmehr ausdrücklich vor, dass die Entscheidung nach § 12 uneingeschränkt in die Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 24 einbezogen werden kann. Deshalb bestand im Schrifttum schon immer weitgehend Einigkeit darüber, dass die Vorschrift im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG einen hinreichend effektiven Rechtsschutz bietet.89 Diese Beurteilung hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr in einer jüngst ergangenen Entscheidung zur Höchstspannungsleitung Wolmirstedt – Isar (sog. SuedOst-Link) mit eingehender Begründung bestätigt.90 Gleiches gilt für das aus Art. 28 Abs. 2 GG ableitbare Recht der Gemeinden auf effektiven Rechtsschutz gegen mögliche Beeinträchtigungen ihrer kommunalen Planungshoheit.91 Die für die Bundesfachplanung geltende Beschränkung auf eine Inzidentkontrolle ist auch 43 im Lichte des Artikels 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention nicht zu beanstanden.92 Zur Umsetzung dieser Konventionsbestimmung hat der Gesetzgeber zwar mit der Novelle 2017 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eine Umweltverbandsklage für SUP-pflichtige Pläne und Programme eingeführt (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. § 2 UmwRG), zu denen nach Anlage 5 Nr. 1.11 UVPG auch Bundesfachplanungen gehören. Gleichzeitig hat er in § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 UmwRG jedoch bestimmt, dass § 15 Abs. 3 S. 2 von dieser Vorschrift unberührt bleibt.93 Direkter Rechtsschutz gegen Entscheidungen der BNetzA nach § 12 ist damit auch den anerkannten Umweltvereinigungen weiterhin nicht eröffnet. Nach der ausführlich und überzeugend erläuterten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts stehen dieser Regelung weder europarechtliche Anforderungen noch solche der Aarhus-Konvention entgegen;94 unions- oder völkerrechtlich verbürgte Verbandsklagerechte werden demzufolge durch sie nicht beeinträchtigt. Schließlich gibt auch das 2013 ergangene Garzweiler II-Urteil des Bundesverfassungsge- 44 richts95 keinen Anlass, von der hier vertretenen Bewertung abzurücken. In diesem Urteil hat
88 BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 – (Garzweiler II), Rn 195, NVwZ 2014, 211, 217; Appel, ER 2012, 3, 6; BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 33 ff; Erbguth, DVBl. 2012, 325, 327 f; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 48; Schmidt, ZUR 2012, 2010, 2014 f jeweils m. w. N. 89 Appel, UPR 2011, 406, 413 und ER 2012, 3, 6; BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 34 ff; de Witt/Durinke/Kause, Rn 177; Theobald/Kühling/de Witt, § 15 Rn 14; Durner, DVBl. 2011, 853, 861 und NuR 2012, 369, 372; Erbguth, DVBl. 2012, 325, 327 f; Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 466; Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 99; Schmidt, ZUR 2012, 2010, 2015; Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 274 ff; Schlacke, in: Festschrift für Hans D. Jarass zum 70. Geburtstag, S. 379, 380 f (in Bezug auf Individualklagen); Schmitz/Jornitz, NVwZ 2012, 332, 335; im Ergebnis auch Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; kritisch Baumann/Brigola, DVBl. 2017, 1385, 1386 f; Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043; Wagner, DVBl. 2011, 1453, 1458. 90 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 13 ff vgl. hierzu auch Franke, EnWZ 2021, 241. 91 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 19 ff; i. Erg. ebenso BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 41 ff; de Witt/ Scheuten/de Witt, § 15 Rn 54; Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 100 f. 92 In der Literatur war dies bisher streitig; wie hier BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 47 f; zweifelnd in Bezug auf Umweltverbandsklagen Schlacke, in Festschrift für Hans D. Jarass zum 70. Geburtstag, S. 379, 390 f sowie allgemein Baumann/Brigola, DVBl. 2017, 1385, 1387 ff. 93 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 18/9526, S. 37. 94 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 64 ff u. a. unter Bezug auf die Spruchpraxis des ComplianceAusschusses der Aarhus-Konvention (ACCC). 95 BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, NVwZ 2014, 211 ff. Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesem Urteil und seiner Rezeption in der Literatur findet sich bei Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 108 ff. 735
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IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2)
das Gericht wichtige Leitlinien zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die justizielle Kontrolle in gestuften Verwaltungsverfahren vorgegeben. Danach ist eine Ausgestaltung des Rechtsschutzes, bei der den Betroffenen eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit erst gegen Entscheidungen auf der letzten Verfahrensstufe eröffnet wird, mit den Garantien des Art. 19 Abs. 4 GG nur vereinbar, wenn gewährleistet ist, dass auch die nicht selbständig angreifbaren Vorentscheidungen in umfassender und effektiver Weise in die Überprüfung einbezogen werden. Hierfür soll es allerdings nicht genügen, dass eine entsprechende Inzidentkontrolle rechtlich vorgeschrieben ist. Vielmehr muss auch in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sein, dass die Gerichte die ihnen zugewiesene Kontrollfunktion wirksam wahrnehmen können. Kann aufgrund der Eigenarten des gestuften Verwaltungsverfahrens, insbesondere seiner Dauer und Komplexität, bei realistischer Betrachtung regelmäßig nicht damit gerechnet werden, dass Entscheidungen früherer Verfahrensstufen, die das Gericht mitzuprüfen hat, noch einer ergebnisoffenen und zielführenden Kontrolle zugänglich sind, ist der Rechtsschutz unzureichend, d. h. er bleibt dann hinter dem Anspruchsniveau von Art. 19 Abs. 4 GG zurück.96 Diese Judikatur, die das Bundesverfassungsgericht aus Anlass von Enteignungen zugunsten 45 eines Braunkohletagebaus entwickelt hat, möchten einige Autoren auf die Bundesfachplanung übertragen. Gefordert wird eine verfassungskonforme Auslegung des Abs. 3 S. 2 mit dem Ziel, planungsbetroffenen Anwohnern oder Kommunen unmittelbaren Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Bundesfachplanung zu ermöglichen. Gemeint sind Fälle, in denen eine substantielle Korrektur der Trassenplanung realistischerweise nicht mehr erwartet werden könne.97 Dabei wird allerdings verkannt, dass die Situation beim Stromleitungsausbau in keiner Weise mit dem Planungsgeschehen vergleichbar ist, das dem gen. Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag. Im Verfahren Garzweiler II ging es um ein hochkomplexes bergbauliches Großvorhaben, dessen Planung und Zulassung sich auf diversen Entscheidungsebenen über viele Jahre erstreckte, wobei Schritt für Schritt Vorfestlegungen getroffen und irreversible Fakten geschaffen wurden.98 Bei der Bundesfachplanung wird möglichen Betroffenen in punkto Rechtsschutz dagegen lediglich zugemutet, den Abschluss des nachfolgenden Planfeststellungsverfahrens abzuwarten. Die Bundesfachplanung und die anschließende Planfeststellung zeichnen sich beim Stromleitungsausbau durch weitaus weniger komplexe Strukturen aus als Planungen im Bereich des Braunkohlebergbaus. Hinzu kommt, dass die Planungsverfahren und -instrumente hier in besonderem Maße vom Beschleunigungsgedanken geprägt sind. Solange dieser Prozess weiterhin zügig vorangetrieben wird, rechtfertigt auch unter zeitlichen Gesichtspunkten nichts die Annahme, dass eine Inzidentkontrolle, wie sie Abs. 3 S. 2 vorsieht, zu spät käme, um eine wirksame Überprüfung fachplanerischer Entscheidungen zu gewährleisten und mögliche Rechtsverletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen.99
2. Vorverlagerung des Rechtsschutzes? 46 Trotz Vereinbarkeit der Regelung mit den völker-, europa- und verfassungsrechtlichen Anforderungen effektiver Justizgewährung sprechen sich einige Autoren für eine Vorverlagerung des Rechtsschutzes aus: Rechtsbehelfsmöglichkeiten sollten bereits gegen die Entscheidung nach 96 BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, Rn 195, NVwZ 2014, 211, 217. 97 Baumann/Brigola, DVBl. 2017, 1385, 1386, 1389 f; Kukk, in Quaas/Deutsches Anwaltsinstitut e.V (Hrsg.), Rechtsprobleme der Energiewende, S. 83, 86 f; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 51 f. 98 Im Fall Garzweiler II lag zwischen dem ersten Braunkohleplan (1984) und dem Beginn des Abbaus (2006) ein Zeitraum von mehr als 20 Jahren; vgl. dazu auch die Darstellung in BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, Rn 225, NVwZ 2014, 211, 217. 99 So mit eingehender Begründung jetzt auch BVerwG, Beschl. V. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 23, 42 ff sowie Salm, Individualrechtsschutz bei Verfahrensstufung, S. 274 ff; i. Erg. auch BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 39 f u. Schlacke, in: Festschrift für Hans D. Jarass zum 70. Geburtstag, S. 379, 381 ff. Sangenstedt
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2. Vorverlagerung des Rechtsschutzes?
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§ 12 über die Bundesfachplanung eröffnet werden.100 Hierfür werden unterschiedliche Gründe genannt. Zum einen werden Aspekte wie die Stärkung der Partizipation und des Rechtsschutzes planungsbetroffener Bürger angeführt.101 Andere versprechen sich von Abschichtungen im Rechtsschutz mehr Sicherheit für den weiteren Planungsprozess. Hierzu verweisen sie darauf, dass Mängel in der Bundesfachplanung auf den nachfolgenden Fachplanungsprozess „durchschlagen“ und diesen „bis zum letzten Moment vollständig entwerten“102 könnten. Gemeint ist damit, dass die Ergebnisse der Bundesfachplanung keine Rechts- und Planungssicherheit vermitteln, solange sie im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen die Zulassung nachfolgender Ausbaumaßnahmen noch einer Inzidentkontrolle nach Abs. 3 S. 2 unterzogen werden können. Stellt sich bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 24 heraus, dass der in Rede stehende Trassenkorridor in der Bundesfachplanung rechtsfehlerhaft festgelegt worden ist, entfällt damit zugleich die Planungsgrundlage für alle weiteren Ausbaumaßnahmen, die auf der fehlerhaften Korridorentscheidung aufbauen. Konkret bedeutet dies, dass das gesamte Fachplanungsgefüge im Kontext eines Trassenkorridors quasi „in der Luft hängt“, bis die Bundesfachplanung in sämtlichen Klageverfahren, die gegen Ausbaumaßnahmen innerhalb des Korridors angestrengt werden können, gerichtlich bestätigt worden ist.103 Diese Einwände haben Gewicht und müssen ernst genommen werden. Jedoch ist zweifel- 47 haft, ob das beschriebene Problem durch eine Vorverlagerung des Rechtsschutzes gelöst werden kann. Vieles spricht dafür, dass abgeschichtete Rechtsbehelfe die Schwierigkeiten sogar noch verschärfen und dem Anliegen eines zügigen Stromnetzausbaus damit eher einen Bärendienst erweisen könnten. Fraglich erscheint zunächst schon, ob die Einführung früher Rechtsbehelfsmöglichkeiten 48 nicht weitgehend ins Leere liefe, weil der Planungsstand der Bundesfachplanung meist noch keine Individualisierung einzelner Betroffener zulässt. Deshalb dürfte es hier für potenzielle Kläger auch schwierig sein, ihre Klagebefugnis darzulegen. Bei der Bundesfachplanung geht es um die Grobtrassierung eines regelmäßig bis zu 1.000 m breiten Korridors. Wo genau innerhalb dieses Korridors die Stromleitung später verlaufen wird, ist Gegenstand der Feintrassierung, die erst im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren auf der Tagesordnung steht. Daher wird es auf bundesfachplanerischer Ebene nur in Ausnahmefällen möglich sein, Art und Umfang individueller Betroffenheiten zu erkennen.104 Solche Ausnahmen rechtfertigen jedoch keine gesonderte Gerichtszugangsregelung.105 Würde man hingegen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Ergebnisse der Korri- 49 dorplanung bereits die entfernte Möglichkeit einer Betroffenheit genügen lassen, hätte dies vermutlich zur Konsequenz, dass sich Anwohner, die dem Vorhaben kritisch gegenüberstehen, bereits in diesem frühen Planungsstadium zur Anfechtung „gezwungen“ sehen würden, um zu vermeiden, in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren gegen den nachfolgenden Planstellungs-
100 Durner, DVBl. 2011, 853, 861; Grigoleit/Janßen/Weisensee, RaumPlanung 2011, 145, 148; Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403; Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043; krit. auch Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 14. 101 Grigoleit/Janßen/Weisensee, RaumPlanung 2011, 145, 148; Grigoleit/Weisensee, UPR 2011, 401, 403; Moench/ Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043. 102 Durner, DVBl. 2011, 853, 861; etwas optimistischer inzwischen Durner, DVBl. 2013, 1564, 1572. 103 Befürchtungen dieser Art auch bei Beckmann, VR 2011, 365, 366; Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 14 (Inzidentkontrolle fördere die Beschleunigung des Verfahrens nicht); Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 99; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 46. 104 Ebenso Appel, UPR 2011, 406, 409 und ER 2012, 3, 6 f; BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 35; Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 467 f; Sellner/Fellenberg, NVwZ 2011, 1025, 1031; wohl auch Erbguth, DVBl. 2012, 325, 328. Ein solcher Ausnahmefall liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Unternehmen oder eine Person den Korridorraum in seiner gesamten Breite beansprucht, so z. B. bei großräumigen Abgrabungen oder großflächiger industrieller Nutzung; vgl. dazu § 7 Rn 115. 105 A. A. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1043. 737
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§ 15 NABEG
IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2)
beschluss mit ihrem Anliegen präkludiert zu sein.106 Zu rechnen wäre mit einer Vielzahl sachlich „überflüssiger“ Klageverfahren. Denn es würden sich auch Personen beteiligen, bei denen die spätere Detailplanung ergeben würde, dass aufgrund der konkreten Trassenführung tatsächlich keine Betroffenheit gegeben ist. 50 Insgesamt dürfte eine Vorverlagerung des Rechtsschutzes letztlich mehr Schaden als Nutzen stiften und gegenüber dem Ansatz, dem der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 2 gefolgt ist, keine Vorteile bieten. Den Risiken, die sich aus dem Fehlen unmittelbarer Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen Entscheidungen nach § 12 ergeben, muss auf andere Weise begegnet werden. Zu verweisen ist hier vor allem auf die Befugnis der BNetzA, erkannte Defizite der Bundesfachplanung durch ein ergänzendes Verfahren nach Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 75 Abs. 1a VwVfG auszuräumen.107 Bei sachgerechter Nutzung dieses Instruments stellt sich das Unsicherheitspotenzial, das mit einer Konzentration des Rechtsschutzes auf letztstufiger Entscheidungsebene für den Fachplanungsprozess verbunden sein mag, daher inzwischen weniger dramatisch dar als von den Skeptikern angenommen.
3. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts 51 Nach § 6 BBPlG i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO sind Rechtsstreitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für die im Bundesbedarfsplan genannten Vorhaben erst- und letztinstanzlich dem Bundesverwaltungsgericht zugewiesen. Da die Vorhaben, die dem Anwendungsbereich des NABEG unterliegen, nach § 2 im Bundesbedarfsplangesetz gekennzeichnet sind, gilt die exklusive Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts auch für Rechtsbehelfe gegen Planfeststellungsbeschlüsse nach § 24. Damit ist das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug zugleich für die Inzidentkontrolle der Bundesfachplanung nach Abs. 3 S. 2 zuständig. Die mit der Zuweisung verbundene Rechtswegverkürzung hat nach Auffassung der Bundesregierung Ausnahmecharakter und ist wegen der Dringlichkeit des Netzausbaus sowie aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung gerechtfertigt.108
4. Planerhaltung (Abs. 3 S. 3) 52 Mit dem erst nachträglich eingefügten109 Verweis auf § 75 Abs. 1a VwVfG hat der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 3 klargestellt, dass der Grundsatz der Planerhaltung auch für die Bundesfachplanung gilt. Diese Frage war zuvor im Schrifttum unterschiedlich beurteilt worden. Einige Autoren befürchteten, dass buchstäblich „jeder Fehler“,110 der den Verantwortlichen bei der Durchführung der Bundesfachplanung unterlaufe, die nachfolgenden Planfeststellungsbeschlüsse rechtswidrig mache und zur Aufhebung solcher Entscheidungen zwinge; gefordert wurde deshalb, den Planerhaltungsgrundsatz für die Verfahren nach §§ 4 ff ausdrücklich im Gesetz zu verankern.111 Andere bestritten das Vorliegen eines Regelungsdefizits, weil sie der Auffassung 106 Zutr. hat das BVerfG im Garzweiler II-Urteil darauf hingewiesen, dass mit der Eröffnung unmittelbarer Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen Planungsentscheidungen auf vorgelagerter Ebene zugleich eine „Anfechtungslast“ einhergehe; BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, Rn 195, NVwZ 2014, 211, 217; ebenso BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20 –, Rn 15; Appel, ER 2012, 3, 7; BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 35. 107 So zutreffend der Hinweis von Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 467. Zur Bedeutung der Planerhaltungsgrundsätze des § 75 Abs. 1a VwVfG für Fehler der Bundesfachplanung bereits oben Rn 26 sowie eingehend unten Rn 52 ff. 108 S. dazu die eingehenden Ausführungen in der Begr. des RegE zum BBPlG 2013, BT-Drucksache 17/12638, S. 17 f sowie BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 51 u. Franke/Wabnitz, ZUR 2017, 462, 465. 109 Zur komplizierten Entstehungsgeschichte der Vorschrift oben Rn 15. 110 Durner, DVBl. 2011, 853, 861; ähnlich Beckmann, VR 2011, 365, 366: „Nichteinhaltung vorgegebener Verfahrensschritte“. 111 Beckmann, VR 2011, 365, 366; Durner, DVBl. 2011, 853, 861. Sangenstedt
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4. Planerhaltung (Abs. 3 S. 3)
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waren, dass die (früheren) Planerhaltungsvorschriften des EnWG über § 18 Abs. 3 S. 2 unmittelbar auf die Bundesfachplanung anzuwenden seien.112 Dritte wiederum empfahlen, diese oder andere geeignete Planerhaltungsregeln bei der Bundesfachplanung analog heranzuziehen.113 Mit der Ergänzung des Absatzes 3 hat sich dieser Streit erledigt. Die Vorschrift ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Nach § 4 S. 2 bilden die durch 53 die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore die Grundlage für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Sind bei der Bundesfachplanung Rechtsfehler aufgetreten, hat dies zur Folge, dass die spätere Zulassung der Stromleitung innerhalb des von der BNetzA festgelegten Korridors auf einem rechtlich defizitären Fundament aufbaut. Es stellt sich dann die Frage, ob oder inwieweit die Mängel der Bundesfachplanung auf den Planfeststellungsbeschluss „durchschlagen“, so dass die Zulassungsentscheidung rechtswidrig wird und aufgehoben werden muss. Zur Lösung des Problems verweist Abs. 3 S. 3 auf die Grundsätze, die § 75 Abs. 1a VwVfG für den Umgang mit Fehlern im Planfeststellungsverfahren aufstellt – sie sollen für fehlerhafte Bundesfachplanungen entsprechend gelten. Konkret bedeutet dies, dass Mängel der Bundesfachplanung nur dann zur Aufhebung des nachfolgenden Planfeststellungsbeschlusses führen sollen, wenn die Entscheidung der BNetzA über den Verlauf des Trassenkorridors nach den Maßstäben, an die § 75 Abs. 1a VwVfG die Planerhaltung knüpft, nicht aufrecht erhalten werden kann.114 Das Planerhaltungsprogramm des § 75 Abs. 1a VwVfG beruht auf einem abgestuften 54 Fehlerfolgenkonzept, mit dem das Spannungsverhältnis zwischen dem Geltungsanspruch der verletzten Rechtsvorschriften und dem Anliegen der Planerhaltung in differenzierter Weise aufgelöst werden soll.115 Danach gelten Abwägungsmängel, die keine Relevanz für das Ergebnis der Planung haben, als unerheblich und sind damit unbeachtlich. Gleiches gilt für nicht ergebnisrelevante Verletzungen von Verfahrens- oder Formvorschriften und entsprechende Verstöße gegen materiellrechtliche Anforderungen.116 Erhebliche (= ergebnisrelevante) Fehler sind zwar beachtlich, müssen aber vorrangig durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden. Nur bei massiven Defiziten, bei denen eine solche Form der Fehlerbehebung ausscheidet, ist die Planungsentscheidung aufzuheben. Ziel dieses Ansatzes ist es, den Bestand einer durchgeführten Planung möglichst weitgehend zu erhalten, um aufwendige neue Planungsverfahren zu vermeiden. Damit dient die Vorschrift der Verfahrensbeschleunigung.117 Die Beschleunigung der Bundesfachplanung ist kein Selbstzweck, sondern dient ihrerseits der Beschleunigung des Stromnetzausbaus im Sinne des § 1 S. 1.118 Abwägungsfehler können in der Bundesfachplanung bspw. auftreten, wenn dem Vorha- 55 ben entgegenstehende öffentliche oder private Belange, denen die BNetzA bei der Prüfung nach § 5 Abs. 1 S. 3 Rechnung zu tragen hat, unzureichend ermittelt oder gewichtet worden sind oder Korridoralternativen außer Betracht geblieben sind, die nach § 5 Abs. 4 hätten berücksichtigt werden müssen. Solche Mängel sind nach § 75 Abs. 1a S. 1 VwVfG jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.119 Kausal für das Abwägungsergebnis ist ein offensichtlicher Abwägungsfehler dann, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglich112 113 114 115 116
So die 1. Auflage, Rn 41 ff; de Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 62; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 56. Appel, ER 2012, 3, 11 f. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 58. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 53; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 58. § 75 Abs. 1a VwVfG beschränkt sich seinem Wortlaut nach zwar nur auf Abwägungsmängel und die Verletzung von Verfahrens- und Formfehlern. Die Rechtsprechung wendet die Planerhaltungsgrundsätze des § 75 Abs. 1a VwVfG aber insgesamt auch auf andere Mängel, insbesondere Verletzungen des materiellen Rechts sowie zwingend zu beachtender Planungsleitsätze an, die durch Abwägung nicht überwunden werden können (Stelkens/Bonk/ Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 37 m. w. N.). 117 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 35. 118 S.o. Rn 9. 119 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 39. 739
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§ 15 NABEG
IV. Rechtsbehelfe (Abs. 3 S. 2)
keit besteht, dass die Planung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre.120 Lässt sich gerichtlich nicht aufklären, ob der Abwägungsmangel das Ergebnis der Abwägung beeinflusst hat, geht dies zu Lasten der Behörde, d. h. es ist dann zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass der Fehler diesen Effekt hatte.121 56 Für die Ergebnisrelevanz von Verfahrensfehlern folgt eine entsprechende „Beweislastverteilung“ auch aus § 46 VwVfG. Diese Vorschrift bleibt, wie § 75 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VwVfG klarstellt, von den im Übrigen anzuwendenden Planerhaltungsregeln „unberührt“ und kann damit über den Verweis in Abs. 3 S. 3 auch für den Umgang mit Verfahrensfehlern in der Bundesfachplanung nutzbar gemacht werden.122 Nach § 46 VwVfG sind solche Mängel nur dann unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Damit beinhaltet die Bestimmung mehr als ein bloßes Kausalitätserfordernis. Der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung kann vielmehr im logischen Rückschluss entnommen werden, dass Verfahrensmängel erheblich sind, wenn im Verwaltungsprozess zur Überzeugung des Gerichts nicht festgestellt werden kann, ob sie sich auf das Ergebnis der Zulassungsentscheidung ausgewirkt haben. Solange nicht offensichtlich ist, dass kein Kausalzusammenhang vorliegt, hat das Gericht zugunsten des Klägers anzunehmen, dass der Fehler Einfluss auf die Entscheidung der Behörde hatte. Man kann die Vorschrift deshalb durchaus auch als „Beweislastregelung“ verstehen, die den Kläger von der Obliegenheit enthebt, die Kausalität des Verfahrensfehlers vor Gericht darlegen oder „nachweisen“ zu müssen.123 Entgegen dem Wortlaut und Regelungszweck haben die Verwaltungsgerichte die Bestimmung allerdings z. T. anders interpretiert und Klagen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe seinerseits nicht hinreichend dargelegt, dass oder inwieweit der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst habe.124 Diese Rechtsprechung dürfte jedoch inzwischen überholt sein, nachdem der EuGH mehrfach entschieden hat, dass bei Rechtsbehelfen gegen Zulassungsentscheidungen für UVP-pflichtige Vorhaben dem Kläger nicht die Beweislast für die Ergebnisrelevanz eines geltend gemachten Verfahrensverstoßes auferlegt werden dürfe.125 Aus dieser EuGH-Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit dem sog. „Altrip-Gesetz“ vom 20.11.2015126 die Konsequenzen gezogen und in § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG eine Art „Auslegungshilfe“ zu § 46 VwVfG aufgenommen. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, so heißt es dort, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.127 Im Rahmen der Inzidentprüfung nach Abs. 3 S. 2 könnte dieses Verständnis des § 46 VwVfG etwa dann Bedeutung gewinnen, wenn der Kläger Fehler bei der Durchführung der SUP in der Bundesfachplanung reklamiert.
120 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 53; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 59; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/ Külpmann, § 75 Rn 41. 121 In der Literatur wird z. T. davon ausgegangen, dass die Ergebnisrelevanz des Fehlers vom Kläger nachzuweisen sei (BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 55). Überzeugend dagegen Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 41: § 75 Abs. 1a sei eine die Behörde begünstigende Norm, so dass es zu Lasten der Behörde gehe, wenn die Voraussetzungen für die Unbeachtlichkeit des Fehlers nicht festgestellt werden könnten. 122 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 53. 123 VGH München, Urteil vom 31.3.2003, – 4 B 00.2823 –: widerlegbare Kausalitätsvermutung zu Lasten der Behörde; Ludwigs, NJW 2015, 3484, 3486; Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, § 46 Rn 2, 7 ff; wohl verkannt von BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 53. 124 BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2004 – 9 A 11/03 –, Rn 51; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2011, – 5 S 2100/11 –, Rn 63, 64; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. April 2010 – 20 D 119/07.AK –, Rn 33 – 35; w. Nachw. bei Kment, EurUP 2016, 47, 53 f. 125 Urt. vom 7.11.2013 in der Rs. C-72/12 („Altrip“), Rn 52; EuGH, Urt. vom 15.10.2015 in der Rs. C-137/14, Rn 57, 59 f. 126 Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12 vom 20.11.2015, BGBl. I 2015, S. 2069. 127 § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG gilt zwar direkt nur bei Rechtsbehelfen gegen Zulassungsentscheidungen für UVPpflichtige Vorhaben und bestimmte Industrieanlagen; jedoch sollte die Vorschrift über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus auch für das Verständnis des § 46 VwVfG maßstabgebend wirken. Sangenstedt
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4. Planerhaltung (Abs. 3 S. 3)
NABEG § 15
Für die Heilung von Formfehlern gelten nach § 75 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VwVfG die Grundsätze des § 45 VwVfG entsprechend. Damit wird der BNetzA u. a. die Möglichkeit eröffnet, die Begründung der Bundesfachplanungsentscheidung (§ 12 Abs. 2 S. 2) nachträglich, ggf. auch noch während des gerichtlichen Verfahrens, zu ergänzen oder in anderer Weise nachzubessern (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 VwVfG).128 Auch wenn die Bundesfachplanung ergebnisrelevante und damit erhebliche Mängel aufweist, führt dieser Umstand bei entsprechender Anwendung der Planerhaltungsgrundsätze des § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG nicht zwangsläufig dazu, dass der beklagte Planfeststellungsbeschluss aufzuheben ist. Vielmehr hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob die Defizite der Bundesfachplanung, die im Rahmen der Inzidentkontrolle nach Abs. 3 S. 2 sichtbar geworden sind, nicht durch eine Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren129 ausgeräumt werden können. Dabei geht es im Kontext des Abs. 3 S. 3 wohlgemerkt nicht um die Behebung von Fehlern des Planfeststellungsverfahrens, sondern um eine Korrektur der Bundesfachplanung. Ob die Bereinigung von Mängeln der Bundesfachplanung zugleich Anpassungsbedarf bei dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auslöst, dürfte sich, wenn für die Bundesfachplanung ein ergänzendes Verfahren durchzuführen ist, regelmäßig erst nach dessen Abschluss herausstellen. Denkbar ist, dass der von der BNetzA bestimmte Korridorverlauf anders festgelegt werden muss, weil sich im ergänzenden Fachplanungsverfahren herausstellt, dass bislang nicht berücksichtigte Belange in die Abwägung einzubeziehen oder bestimmte Gesichtspunkte anders zu gewichten sind. Eine Änderung des Korridors kann zur Folge haben, dass auch die Stromleitung selbst mit der bisher vorgesehenen Trassenführung nicht mehr zugelassen werden kann und hierüber neu entschieden werden muss. Fehler bei der Bundesfachplanung bedeuten allerdings nicht zwangsläufig, dass das Ergebnis der Bundesfachplanung korrigiert und ein neuer Trassenkorridor auszuweisen ist. So kann sich bspw. bei der Nachbesserung einer unzureichenden SUP130 ergeben, dass der bisherige Trassenkorridor bei erneuter Abwägung auch unter Berücksichtigung der revidierten SUP den materiellen Planungsanforderungen des § 5 Abs. 1 gerecht wird und daher keiner Korrektur bedarf. In diesen Fällen wird die Planfeststellung von den Defiziten der Bundesfachplanung nicht „infiziert“, so dass jedenfalls insoweit keine Notwendigkeit für eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses besteht. Da solche Fragen nicht schon im gerichtlichen, sondern nur im ergänzenden behördlichen Verfahren geklärt werden können, werden sich die Gerichte in aller Regel darauf beschränken, die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses festzustellen131 und dessen Nichtvollziehbarkeit anzuordnen.132 Bei gravierenden Fehlern der Bundesfachplanung stößt der Grundsatz der Planerhaltung allerdings an seine Grenzen. Das Prinzip des § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG, wonach bestehende Mängel vorrangig durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren zu beheben sind, endet dort, wo seine Umsetzung dazu führen würde, dass die Grundstruktur oder die Grundzüge der Planung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten, das Planungskonzept in wesentlichen 128 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 57a. 129 Der Unterschied zwischen diesen beiden Varianten besteht darin, dass das Gericht bei der Planergänzung selbst entscheidet, in welcher Weise der erkannte Fehler behoben werden soll, und die Behörde zu entsprechenden Änderungen oder Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses (z. B. Aufnahme bestimmter Schutzauflagen) verpflichtet. Beim ergänzenden Verfahren ist das Gericht dagegen nicht selbst in der Lage zu entscheiden, mit welchen Maßnahmen dem Fehler abzuhelfen ist, z. B. weil relevante Sachfragen wegen Ermittlungsdefiziten im Planungsverfahren noch geklärt werden müssen. In diesem Falle beschränkt sich das Gericht auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Planungsentscheidung und ordnet deren Nichtvollziehbarkeit an. Näher dazu BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 56; Seibert, NVwZ 2018, 97, 99 ff; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 43 f, 46, 50. 130 Siehe dazu auch unten Rn 61. 131 Rechtswidrig ist der Planfeststellungsbeschluss, weil er auf einer fehlerhaften Planungsgrundlage aufbaut. 132 Die Situation ist damit hier vergleichbar mit anderen Fällen, in denen ein Planfeststellungsbeschluss an Rechtsfehlern leidet, deren Behebung nicht in der Hand der Planfeststellungsbehörde liegt, sondern in einem externen Verfahren zu erfolgen hat; vgl. dazu näher Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 38. 741
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V. Geltungsdauer der Entscheidung (Abs. 2)
Punkten verändert werden müsste, die Ausgewogenheit der Planung in Frage gestellt würde, neue Betroffenheiten begründet würden oder der Zweck der verletzten Vorschrift nicht mehr erreicht werden könnte.133 In solchen Fällen kommt nach § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG mangels Heilungsmöglichkeit nur eine Aufhebung der Planungsentscheidung in Betracht. Gleiches gilt dann, wenn unüberwindliche rechtliche oder tatsächliche Hindernisse eine Behebung des Fehlers auf unabsehbare Zeit ausschließen.134 In der Literatur ist kritisch darauf hingewiesen worden, dass das Bundesverwaltungsgericht 61 diese von ihm selbst entwickelten Grundsätze im Planfeststellungsrecht bisweilen nicht hinreichend ernst genommen und selbst bei schweren Fehlern, die die gesamte Planfeststellung infizieren können, eine Heilung im ergänzenden Verfahren für möglich gehalten habe.135 Bestes Beispiel hierfür ist die mittlerweile ständige Rechtsprechung des Gerichts, wonach eine erforderliche, aber unterbliebene UVP in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden kann.136 Für die Inzidentkontrolle nach Abs. 3 S. 3 dürfte die entsprechende Anwendung dieser Judikatur bedeuten, dass auch eine fehlende SUP im Bundesfachplanungsverfahren regelmäßig nicht zur Aufhebung des nachfolgenden Planfeststellungsbeschlusses, sondern allein dazu führen wird, dass dieser von dem angerufenen Gericht für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt wird. 62 In den wenigen verbleibenden Fällen, in denen Mängel der Bundesfachplanung durch eine Planergänzung oder ein ergänzenden Verfahren nicht zu beheben sind, hat die entsprechende Anwendung des § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG zur Folge, dass solche Fehler uneingeschränkt auf die Zulassungsentscheidung „durchschlagen“. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Bundesfachplanung an einem entsprechenden Rechtsverstoß leidet, steht damit zugleich fest, dass die Zulassung der Stromleitung rechtswidrig137 und der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben ist. Dieses Ergebnis ist konsequent und sachgerecht. Die Zulassungsentscheidung beruht dann nämlich – ohne die Möglichkeit nachträglicher Heilung – auf einer rechtlich nicht tragfähigen Korridorentscheidung und hängt damit ohne die nach § 4 S. 2 notwendige fachplanerische Untersetzung quasi „in der Luft“. Beseitigt werden kann das fachplanerische Defizit nur dadurch, dass für den Korridor eine neues Verfahren nach § 4 ff durchgeführt wird.
V. Geltungsdauer der Entscheidung (Abs. 2) 1. Zweck der Regelung 63 Nach S. 1 ist die Geltungsdauer der Entscheidung über die Bundesfachplanung (§ 12 Abs. 2) grds. auf zehn Jahre befristet. Eine Verlängerung dieser Frist ist nach S. 2 nur um weitere fünf Jahre möglich. Damit soll verhindert werden, dass eine möglicherweise überholte Planung Grundlage von Zulassungsentscheidungen wird, aus denen – wegen eines zwischenzeitlich veränderten rechtlichen oder tatsächlichen Umfeldes – Beeinträchtigungen privater oder öffentlicher Belange erwachsen könnten. Erfahrungsgemäß geben der fortschreitende technische und soziale Wandel sowie Entwicklungen in der Umwelt Anlass, bisherige Erkenntnisse und Entscheidungs-
133 Eingehend dazu Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 46, 49 m. w. N.; vgl. auch Schink/Versteyl/ Dippel/Dippel, § 15 Rn 57 sowie Seibert, NVwZ 2018, 97, 100 f. 134 Seibert, NVwZ 2018, 97, 100; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, § 75 Rn 49. 135 Seibert, NVwZ 2018, 97, 100. 136 Z. B. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 4 C 5.07 –, Rn 78; BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, Rn 35 f; BVerwG, Urteil vom 8.1.2014 – 9 A 4.13 –, Rn 27; krit. hierzu Seibert, NVwZ 2018, 97, 100 f auch unter Hinweis auf europarechtliche Bedenken. 137 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 58. Sangenstedt
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2. Regelgeltungsdauer (S. 1)
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grundlagen in angemessenen Zeitabständen zu hinterfragen und zu aktualisieren. Dem trägt die Vorschrift Rechnung.138
2. Regelgeltungsdauer (S. 1) Der Begriff „Geltungsdauer“ bezeichnet die Zeitspanne, innerhalb derer Ausbaumaßnahmen, 64 die in dem Trassenkorridor verwirklicht werden sollen, nach § 24 zugelassen werden können. Hat die BNetzA nach § 12 Abs. 2 den Verlauf des Trassenkorridors bestimmt, dann steht nach Abs. 2 S. 1 für die Feintrassenplanung und die Durchführung der notwendigen Planfeststellungsverfahren ein Regelzeitraum von zehn Jahren zur Verfügung. Ohne Bedeutung ist dagegen der Zeitraum, der für die tatsächliche Realisierung des Vorhabens benötigt wird.139 Es wird also nicht verlangt, dass innerhalb der 10-Jahres-Frist auch die baulichen Maßnahmen abgeschlossen werden. Maßgebend für die Einhaltung der Frist nach S. 1 ist der Zeitpunkt, in dem der Planfest- 65 stellungsbeschluss erlassen wird.140 Entscheidend hierfür ist das Datum der Bekanntgabe nach § 13 Abs. 1. Stimmen in der Literatur, nach denen für die Bestimmung der Geltungsdauer andere Zeit- 66 punkte relevant sein sollen, überzeugen demgegenüber nicht. Das gilt zunächst für den Vorschlag, für den Beginn der Frist auf die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens abzustellen, das mit dem Antrag nach § 19 beginnt.141 Diese Auffassung ist weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. Ebenso wenig kann es für das Ende der Frist darauf ankommen, wann der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig wird. Wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, war es dem Gesetzgeber wichtig, den fraglichen Zeitraum realitätsnah festzulegen.142 Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass in die Frist auch Zeiten einzurechnen sind, in denen die Zulassungsentscheidung aufgrund von Rechtsbehelfen Dritter nicht in Bestandskraft erwachsen kann. Da solche verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen – trotz zwischenzeitlicher Verkürzung aufgrund der Rechtswegzuweisung an das BVerwG143 – geraume Zeit in Anspruch nehmen können, würde ihre Einbeziehung die Frist überstrapazieren.144 Zur Vermeidung dieses offenkundig unerwünschten Ergebnisses wird neuerdings vorgeschlagen, den Beginn der Geltungsdauer von Entscheidungen nach § 12 an die Fristen zu knüpfen, die der Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 S. 1 für Einwendungen der Länder und in § 14 Abs. 1 S. 3 für die Stellungnahme der BNetzA auf solche Einwendungen bestimmt hat.145 Da Einwendungen der Länder nach § 14 keinen Suspensiveffekt entfalten und auch in tatsächlicher Hinsicht nur in seltenen Ausnahmefällen zu einem Wiederaufgreifen des Verfahrens führen dürften, erscheint auch dieser Ansatz in der Sache wenig sinnvoll. Das Anliegen, die Regelgeltungsdauer durch eine weite Auslegung der Vorschrift möglichst großzügig auszudehnen, um für anschließende Planfeststellungsverfahren mehr zeitliche Flexibilität zu gewinnen, mag aus Sicht der Vorhabenträger verständlich erscheinen, wird aber dem Beschleunigungsanspruch des NABEG nicht gerecht. Der Gesetzgeber ist bei § 15 Abs. 1 S. 2 vielmehr davon ausgegangen, dass ein 10- Jahreszeitraum ab Erlass der Bundesfachplanungsentscheidung im Regelfall ausreichend bemessen sein wird, um das nachfolgende Zulassungs138 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 27 sowie BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 20; de Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 33; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 29. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 23; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 30. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 30. De Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 39. S.o. Rn 12. Dazu o. Rn 51. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 22 f; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 30. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 22.
139 140 141 142 143 144 145 743
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V. Geltungsdauer der Entscheidung (Abs. 2)
verfahren vollständig durchführen zu können. Soweit sich diese Frist wegen besonderer Umstände in Ausnahmefällen als nicht ausreichend erweist, muss von der Verlängerungsoption des S. 2 Gebrauch gemacht werden. 67 Mit Ablauf der Frist besteht für das Vorhaben, das innerhalb des Korridors verwirklicht werden soll (Errichtung einer neuen oder Änderung einer bestehenden Stromleitung), ein Zulassungshindernis.146 Eine erst nach Fristablauf ergehende Entscheidung der BNetzA über den Trassenkorridor entfaltet keine Wirksamkeit mehr und steht als – nach § 4 S. 2 notwendige – Grundlage für die Gestattung der geplanten Ausbaumaßnahme nicht mehr zur Verfügung. Ohne die Basisentscheidung nach § 12 kann ein Planfeststellungsbeschluss nach § 24 nicht mehr ergehen.147 Dieses Zulassungshindernis kann nur dadurch überwunden werden, dass erneut ein Bundesfachplanungsverfahren durchgeführt und darin ein Trassenkorridor festgelegt wird.148 Als weitere Rechtsfolgen sind zu nennen, dass nach § 28 S. 2 die Sperre für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens entfällt und der Trassenkorridor aus dem Bundesnetzplan (§ 17) zu entfernen ist.149
3. Verlängerung der Frist (S. 2 und 3) 68 Die zehnjährige Regelfrist kann nach S. 2 um weitere fünf Jahre verlängert werden; unter den Voraussetzungen des S. 3 soll eine Fristverlängerung erfolgen. Zulässig ist nur eine einmalige Verlängerung; die mögliche Gesamtgeltungsdauer einer Entscheidung nach § 12 ist somit auf 15 Jahre begrenzt.150 Die Verlängerung muss vor Ablauf der Zehnjahresfrist erfolgen. Da die Bundesfachplanungsentscheidung mit Ablauf dieser Frist ihre Gültigkeit verliert, wäre eine anschließende Verlängerung gegenstandslos.151 Im Regelfall wird die Verlängerung auf Antrag des Vorhabenträgers erfolgen. Ein Antragserfordernis besteht jedoch nicht. In Ausnahmefällen kann die BNetzA die Frist auch von Amts wegen verlängern, wenn ihr dies zur Sicherung eines zügigen Stromnetzausbaus geboten erscheint.152 69 Zur Verlängerung bedarf es einer Entscheidung der BNetzA. Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. Kompliziert ist die Regelung vor allem deshalb, weil das Gesetz hierfür in S. 2 und 3 gleich zwei Ermessenstatbestände enthält, in denen der BNetzA jeweils unterschiedlich breite Ermessensspielräume eröffnet werden. Es erschließt sich nicht ohne weiteres, in welchem Verhältnis die beiden Tatbestände zueinander stehen und wie sie voneinander abzugrenzen sind. 70 Noch relativ einfach zu verstehen ist die Verlängerungsmöglichkeit nach S. 3. Danach soll die BNetzA die Geltungsdauer der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 verlängern, wenn sich die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der Situation, die beim Abschluss der Bundesfachplanung bestand, nicht geändert haben. Für die Verlängerungsentscheidung sind somit vor allem zwei Punkte von Bedeutung. Zum einen bedarf es eines Abgleichs zwischen den aktuellen und den ursprünglichen Gegebenheiten, für den zumindest eine überschlägige Prüfung zu verlangen ist.153 Fällt diese Prüfung positiv 146 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 26; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 29. 147 Vgl. dazu bereits o. Rn 62. Diese Rechtsfolge gilt auch dann, wenn der Vorhabenträger rechtzeitig eine Verlängerung der Geltungsdauer nach S. 2 beantragt, die BNetzA aber aus Gründen, die allein in ihrem Verantwortungsbereich liegen (z. B. Überlastung oder behördeninterne Versäumnisse), vor Ablauf der Frist nicht über den Antrag entschieden hat (a. M. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 24). 148 Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 7. 149 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 26; Theobald/Kühling/de Witt, § 15 NABEG Rn 7; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 29. 150 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 24. 151 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 24; i. Erg. auch de Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 40. 152 BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 124; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 32. 153 De Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 40; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 34. Sangenstedt
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3. Verlängerung der Frist (S. 2 und 3)
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aus, sind m. a. W. keine Änderungen der für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zu verzeichnen, ist der Entscheidungsspielraum der Behörde auf ein „Soll-Ermessen“ reduziert. Konkret bedeutet dies, dass die BNetzA die Verlängerung im Regelfall zu gewähren hat und nur in atypischen Fällen versagen darf.154 Da eine Ablehnung nach S. 3 nur ausnahmsweise in Betracht kommt, bedarf sie einer besonderen Begründung.155 Bestehen die maßgeblichen Verhältnisse unverändert fort, dürfte es schwierig sein, Gründe für das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts zu finden, der eine Versagung der Verlängerung rechtfertigen könnte. Vorstellbar wäre vielleicht ein Szenario, bei dem aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse auch im Verlängerungsfall nicht damit zu rechnen wäre, dass das Planfeststellungsverfahren innerhalb der zusätzlichen Fünfjahresfrist abgeschlossen werden kann.156 Ergibt die Prüfung der BNetzA, dass sich die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zwischenzeitlich geändert haben, scheidet eine Verlängerung nach S. 3 aus. Offenbar war der Gesetzgeber aber der Auffassung, dass es der BNetzA auch in solchen Fällen nicht generell verwehrt sein solle, die Geltungsdauer der Bundesfachplanungsentscheidung zu verlängern. Denn nur so ist es zu erklären, dass der BNetzA neben der Verlängerungsmöglichkeit nach S. 3 noch eine weitere Verlängerungsoption in S. 2 zur Verfügung steht. Wenn diese Regelung nicht funktionslos sein soll, muss sie Sachverhalte erfassen, die nicht unter S. 3 fallen.157 Anders als bei Satz 3 wird die Verlängerung in S. 2 an keinerlei Voraussetzungen geknüpft, und die Behörde verfügt über ein uneingeschränktes Ermessen. Dies kann allerdings nicht bedeuten, dass die Anforderungen, die für eine Verlängerung nach S. 3 gelten, dadurch umschifft werden, dass der Vorgang kurzerhand S. 2 zugeordnet wird. Um trotz der hier bestehenden Unklarheiten eine sinnvolle Abgrenzung zwischen beiden Tatbeständen zu ermöglichen, sollte wie folgt differenziert werden. Hat die BNetzA beim Abgleich zwischen den früheren und aktuellen Gegebenheiten festgestellt, dass eine wesentliche Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse stattgefunden hat, ist eine Verlängerung nach S. 2 zwingend zu versagen. Sie kommt hier nicht in Betracht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Realisierung des Vorhabens zu Beeinträchtigungen öffentlicher oder privater Belange führen kann, die in der Bundesfachplanung seinerzeit noch nicht bedacht worden sind. Zur Vermeidung einer planerisch ungesteuerten Entwicklung ist es unumgänglich, ein neues Bundesfachplanungsverfahren durchzuführen.158 Hat die Prüfung hingegen ergeben, dass zwischenzeitlich nur unwesentliche, für die fachplanerische Beurteilung nicht ausschlaggebende Änderungen der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse eingetreten sind, bestehen die vg. Bedenken nicht. In solchen Fällen ist die BNetzA daher nicht gehindert, die Geltungsdauer der Bundesfachplanungsentscheidung im Rahmen ihres Ermessens nach S. 2 zu verlängern.159 Verlängerungsentscheidungen der BNetzA nach Abs. 2 S. 2 oder 3 sind keiner direkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Vielmehr ist auf sie Abs. 3 S. 2 entsprechend anzuwenden. Die Verlängerungsentscheidung kann daher nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die betreffende Ausbaumaßnahme überprüft werden.
154 155 156 157 158 159 745
BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 25; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 39. BK-EnR/Appel, § 15 NABEG Rn 25. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 40. Überzeugend Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 33. De Witt/Scheuten/de Witt, § 15 Rn 40; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 35. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 15 Rn 35. Sangenstedt
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§ 16 Veränderungssperren (1) Die Bundesnetzagentur kann mit dem Abschluss der Bundesfachplanung oder nachträglich für einzelne Abschnitte der Trassenkorridore Veränderungssperren erlassen, soweit für diese Leitungen ein vordringlicher Bedarf im Sinne des Bundesbedarfs festgestellt wird und wenn anderenfalls die Möglichkeit besteht, dass die Trassierung der darin zu verwirklichenden Leitung erheblich erschwert wird. Die Veränderungssperre bewirkt, 1. dass keine Vorhaben oder baulichen Anlagen verwirklicht werden dürfen, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen, und 2. dass keine sonstigen erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen am Grundstück oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück durchgeführt werden dürfen. Die Veränderungssperre ist auf einen Zeitraum von fünf Jahren zu befristen. Die Bundesnetzagentur kann die Frist um weitere fünf Jahre verlängern, wenn besondere Umstände dies erfordern. (2) Die Veränderungssperre ist aufzuheben, wenn die auf dem Trassenkorridor vorgesehene Ausbaumaßnahme anderweitig verwirklicht oder endgültig nicht mehr verwirklicht wird. Die Veränderungssperre ist auf Antrag aufzuheben, wenn überwiegende Belange von Betroffenen entgegenstehen. (3) Die Veränderungssperre ergeht als Allgemeinverfügung. (4) Die Bundesnetzagentur macht die Veränderungssperre in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich die Veränderungssperre voraussichtlich auswirken wird, und auf der Internetseite der Bundesnetzagentur bekannt. In der Bekanntmachung in den örtlichen Tageszeitungen ist der verfügende Teil zu veröffentlichen und ist auf die vollständige Veröffentlichung der Veränderungssperre einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur hinzuweisen. (5) Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. Die Anfechtungsklage gegen eine Veränderungssperre hat keine aufschiebende Wirkung. (6) § 44a Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
Übersicht V. 1. 2.
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 4 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Inhalt einer Veränderungssperre
III.
Rechtsnatur und Wirksamwerden der Verände18 rungssperre (Abs. 3, 4)
IV.
Voraussetzungen für den Erlass einer Ände22 rungssperre (Abs. 1 S. 1) 22 Anordnung, Antrag 29 Abschluss der Bundesfachplanung 31 Feststellung des vordringlichen Bedarfs 34 Gefahr der Erschwerung der Trassierung
1. 2. 3. 4.
1 8 10
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3. 4. 5. 6.
7.
Geltungsbereich 35 35 Räumlicher Geltungsbereich Zeitlicher Geltungsbereich (Abs. 1 S. 3 und 41 S. 4) 48 Wirkungen 54 Sonstige Rechtsfolgen 57 Entschädigungsregelung (Abs. 6) Aufhebung der Veränderungssperre 58 (Abs. 2) a) Anderweitige Verwirklichung des Vorha59 bens (Abs. 2 S. 1 Alt. 1) b) Aufgabe des Vorhabens (Abs. 2 S. 1 Alt. 60 2) c) Entgegenstehen von Belangen Betroffener 61 (Abs. 2 S. 2) 64 Ausnahmen Einzelgenehmigung
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2. Regelungszweck
VI. 1.
Rechtsschutz 66 67 Rechtsschutz des Vorhabenträgers a) Verpflichtung zum Erlass einer Verände67 rungssperre
NABEG § 16
b) 2. 3.
Anspruch auf Verlängerung der Befristung 68 der Veränderungssperre 69 Rechtsschutz betroffener Dritter Rechtsschutz der betroffenen Gemein71 den
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die BNetzA hat nach Abs. 1 S. 1 die Möglichkeit, nach Abschluss der Bundesfachplanung für 1 einzelne Abschnitte von Trassenkorridoren Veränderungssperren zu erlassen, soweit für diese Leitung ein vordringlicher Bedarf im Bundesbedarfsplangesetz nach § 12e Abs. 4 EnWG festgestellt worden ist. Die Wirkungen im Einzelnen sind in Abs. 1 S. 2 festgelegt. Die Veränderungssperre ist nach 2 Abs. 1 S. 3 auf einen Zeitraum von fünf Jahren befristet und kann nach Abs. 1 S. 4 bei Vorliegen besonderer Umstände um bis zu fünf Jahre verlängert werden. Abs. 2 S. 1 gebietet in den Fällen der Funktionslosigkeit eine Aufhebung der Verände- 3 rungssperre. Abs. 2 S. 2 verlangt die Aufhebung der Veränderungssperre auf Antrag, wenn überwiegende Belange von Betroffenen entgegenstehen. Abs. 3 regelt die Rechtsnatur der Veränderungssperre und sieht vor, dass diese in Form einer Allgemeinverfügung ergeht. Abs. 4 sieht als Form der Bekanntgabe der Veränderungssperre die öffentliche Bekanntgabe vor und regelt die Einzelheiten zu ihrem Ablauf. Der Rechtsschutz gegen Veränderungssperren ist Gegenstand von Abs. 5. Die Bestimmung befreit von der Pflicht zur Durchführung eines Vorverfahrens (S. 1) und schließt den Suspensiveffekt von Anfechtungsklagen aus (S. 2). Schließlich sieht das Gesetz in Gestalt von Abs. 6 neuerdings einen Entschädigungsanspruch vor.
2. Regelungszweck Die Veränderungssperre nach § 16 dient dem öffentlichen Zweck, die als Ergebnis der Bundes- 4 fachplanung ausgewiesenen Trassenkorridore für die späteren Planfeststellungsverfahren zu sichern.1 Im Vordergrund steht dabei nicht das private oder unternehmerische Interesse an einem möglichst profitablen Projekt. Eine Veränderungssperre nach § 16 begründet für den gesamten in der Veränderungssperre festgesetzten Abschnitt der Trassenkorridore eine Sperrwirkung, um die in der Bundesfachplanung ausgewiesenen Trassenkorridore für die spätere Planfeststellung der Energieleitungen nach den §§ 18 ff zu sichern.2 Hintergrund ist, dass der beschleunigte Netzausbau der Höchstspannungs-Übertra- 5 gungsnetze dadurch behindert oder ggf. sogar vereitelt werden kann, dass nach Abschluss der Bundesfachplanung auf den Flächen der Trassenkorridore Veränderungen vorgenommen werden, die den Aussagen des Bundesnetzplans nach § 17 widersprechen. Um dies zu verhindern, ist die BNetzA berechtigt, nach Abschluss der Bundesfachplanung für einzelne Abschnitte der Trassenkorridore Veränderungssperren zu erlassen.3 In diesem Fall dürfen solche Vorhaben 1 Vgl. zur Veränderungssperre nach § 16 ausführlich Appel, UPR 2013, 207 ff Siehe auch Dippel/Hamborg, I + E 2014, 248, 252 f.
2 Vgl. dazu § 18 NABEG Rn 19 ff sowie BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 1. 3 Ähnlich BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 1. 747
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§ 16 NABEG
I. Allgemeines
oder baulichen Anlagen nicht realisiert werden, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen (§ 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1). Sonstige erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen an betroffenen Grundstücken oder baulichen Anlagen sind untersagt (§ 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 2). 6 Veränderungssperren und insbesondere die Veränderungssperre nach § 16 sind als Inhaltsund Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG einzustufen.4 § 16 entsprechende Regelungen finden sich in § 44a EnWG5 und in den einschlägigen Fachplanungsgesetzen, u. a. § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG, § 19 AEG und § 4 MBPlG. § 16 hat innerhalb der fachplanungsrechtlichen Regelungen eine Sonderstellung. Anders als in anderen Regelungen zu Veränderungssperren: – tritt die Veränderungssperre nach § 16 nicht ipso iure, sondern nur bei einer entsprechenden (Ermessens-) Entscheidung der BNetzA in Kraft, – wird die Veränderungssperre nach § 16 in der Handlungsform einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG erlassen,6 – setzt die Veränderungssperre nach § 16 nicht auf das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren (Auslegung des Plans) auf, sondern auf die getroffene Entscheidung über die Bundesfachplanung, – enthält § 16 neben einer Entschädigungsregelung zugleich die Möglichkeit der Aufhebung der Veränderungssperre durch Antrag des Betroffenen und – enthält § 16 kein Vorkaufsrecht für den Vorhabenträger. 7 Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit werden mit der Ausweisung der Energieleitungen im Bedarfsplangesetz nach § 12e EnWG an die Voraussetzungen der Veränderungssperre nach § 16 höhere Anforderungen7 gestellt als nach der parallelen Regelung in § 44a EnWG8 und nach den Regelungen über Veränderungssperren in den einschlägigen Fachplanungsgesetzen. Die Eingriffsintensität der Veränderungssperren ist identisch. Hingegen ist der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre nach § 16 ggf. enger, da die Veränderungssperre auf einzelne Abschnitte von Trassenkorridoren zu beschränken ist.9
3. Entstehungsgeschichte 8 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze10 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 erlassen. Die im Gesetzgebungsverfahren durch den Bundesrat geäußerte Forderung nach einer Klärung der Frage, ob eine Entschädigungsregelung für von der Veränderungssperre betroffene, aber bereits genehmigte Vorhaben notwendig ist und, wenn ja, wer diese Entschädigung zu zahlen hat,11 fand bei der Bundesregierung zunächst Anklang.12 Diese, den Bestandsschutz betreffende Frage war zurückzuführen auf den Umstand, dass sich die Veränderungssperre des § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 auch auf bereits genehmigte Vorhaben bezieht, die noch nicht realisiert sind, sodass diese nicht mehr verwirklicht werden dürfen. Im parlamentarischen Prozess wurden allerdings insoweit keine Änderungen vorgenommen. 4 Vgl. Appel, UPR 2013, 207, 207; BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 1, 3; de Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 6; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 5 m. w. N.
5 Vgl. § 44a EnWG, Rn 15 ff. 6 Vgl. Rn 18 ff. 7 Vgl. Rn 22 ff. 8 Vgl. § 44a EnWG Rn 15 ff. 9 Vgl. Rn 34 ff. 10 BGBl. I 2011 S. 1690. 11 BT-Drucks. 17/6249, S. 14. 12 BT-Drucks. 17/6249, S. 18. Riese/Nebel
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II. Inhalt einer Veränderungssperre
NABEG § 16
Erst mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus13 vom 13.5.2019 9 mit Wirkung vom 17.5.2019 wurde durch den in Abs. 6 enthaltenen Verweis auf § 44a Abs. 2 S. 1 EnWG eine Entschädigungsregelung aufgenommen. Mit demselben Gesetz wurden die Regelungen in Abs. 3 (Rechtsnatur), Abs. 4 (öffentliche Bekanntgabe) und Abs. 5 (Wegfall des Vorverfahrens und des Suspensiveffekts) geschaffen, die allesamt zur Verfahrensbeschleunigung beitragen.14 Durch Art. 4 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.202115 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurde konkretisiert, welcher Teil und welche Hinweise in der öffentlichen Bekanntmachung in Tageszeitungen enthalten sein müssen.
II. Inhalt einer Veränderungssperre Der Gesetzgeber normiert in § 16 Abs. 1 S. 2 den Inhalt einer Veränderungssperre und deren Rechtswirkungen. Veränderungssperren dürfen für einzelne Abschnitte eines Trassenkorridors erlassen werden. Inhalt einer Veränderungssperre kann nur ein einzelner Abschnitt eines Trassenkorridors für eine Höchstspannungsleitung sein. Unzulässig ist es wegen des Übermaßverbotes, eine Veränderungssperre für den gesamten Trassenkorridor anzuordnen.16 Ein Abschnitt im Sinne des § 16 darf nicht mit der planungsrechtlichen Abschnittsbildung gleichgesetzt werden.17 Es handelt sich um jeweils unterschiedliche Rechtsinstitute. Ein Abschnitt im Sinne des § 16 kann aus einem Streckenabschnitt eines Trassenkorridors bestehen, wobei der Abschnitt die gesamte Breite des Trassenkorridors erfasst. Ein Abschnitt kann ebenso aus einem Ausschnitt eines Trassenkorridors bestehen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Veränderungssperre sich nicht auf den Trassenkorridor in seiner gesamten Breite bezieht, sondern nur einen Teil des Korridors erfasst. Zulässig ist es, Veränderungssperren für mehrere Abschnitte eines Trassenkorridors zu erlassen. Aus dem Vorbehalt des Gesetzes folgt, dass Veränderungssperren für das gesamte Vorhaben nicht zulässig sind. Die Rechtsfolgen der Veränderungssperre treten mit Erlass der Veränderungssperre ein: – Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 kann Inhalt von Veränderungssperren das Verbot sein, keine sonstigen erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen am Grundstück oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück durchzuführen. – Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 dürfen keine Vorhaben oder baulichen Anlagen verwirklicht werden, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen. Die in der Nr. 1 aufgezählten Inhalte sind gegenüber der Nr. 2 lex specialis, die Inhalte der Nr. 2 lex generalis.18 Im Zweifel wird für den von der Veränderungssperre betroffenen Grundstückseigentümer19 die Rechtsfolge der Veränderungssperre sichtbar, wenn er die Realisierung seines Vorhabens beantragt. Im Rahmen dieses Antrages wird geprüft, ob: – inzident die Veränderungssperre zulässig ist und – ob die Möglichkeit besteht, dass ausnahmsweise trotz Bestehens der Veränderungssperre ein Vorhaben realisiert werden kann. 13 14 15 16 17
BGBl. I 2019 S. 706. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 76. BGBl I 2021 S. 298. Vgl. BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 8; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 9 f. Zur planungsrechtlichen Abschnittsbildung vgl. § 18 EnWG Rn 119 ff Siehe auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 8. 18 Vgl. Rn 47. 19 Siehe zum Adressatenkreis einer Veränderungssperre BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 23 ff. 749
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IV. Voraussetzungen für den Erlass einer Änderungssperre (Abs. 1 S. 1)
III. Rechtsnatur und Wirksamwerden der Veränderungssperre (Abs. 3, 4) 18 Seit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus trifft das NABEG erstmals eine explizite Aussage zur Rechtsnatur der Veränderungssperre: Nach § 16 Abs. 3 ergeht diese in Form einer Allgemeinverfügung i. S. d. § 35 S. 2 VwVfG. Die BNetzA regelt als zuständige Behörde für die Durchführung der Bundesfachplanung (§ 31 Abs. 1) mit der Nutzungsbeschränkung des privaten Eigentums durch die entsprechende Veränderungssperre die öffentlich-rechtliche Eigenschaft des betroffenen Grundstücks (§ 35 S. 2 Alt. 2 VwVfG). 19 Bei der Veränderungssperre nach § 16 handelt es sich damit um eine sachbezogene Allgemeinverfügung.20 Anknüpfungspunkt der Verfügung ist das einzelne betroffene Grundstück. Sie ist von jedem am Grundstück Berechtigten, also von Eigentümern sowie von dinglich und schuldrechtlich Berechtigten, zu beachten.21 Sie richtet sich an einen unbestimmten Personenkreis. Wenn die BNetzA „eine“ Veränderungssperre für mehrere oder sämtliche Grundstücke des Trassenabschnitts erlässt, werden eine Vielzahl einzelner Regelungen getroffen, es handelt sich somit um ein „Bündel“ sachbezogener Allgemeinverfügungen.22 Mit der Einstufung als Allgemeinverfügung geht sogleich die Anwendbarkeit der allgemei20 nen Vorschriften des VwVfG einher.23 In formeller Hinsicht gelten die Formvorschriften des § 37 Abs. 3, 5 VwVfG; das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 VwVfG und die Rechtsbehelfsbelehrung gem. §§ 58, 59 VwGO sind zu beachten. Einer Begründung bedarf es wegen § 39 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG nicht. Von einer Anhörung Beteiligter kann in der Regel nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 1 VwVfG abgesehen werden,24 was das Verfahren zusätzlich beschleunigen kann.25 Wirksamkeitsvoraussetzung für die Veränderungssperre ist gem. §§ 41 Abs. 1, 43 VwVfG ihre 21 Bekanntgabe. Während die öffentliche Bekanntgabe vor der Gesetzesnovellierung nach § 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG nur dann in Betracht kam, wenn eine individuelle Bekanntgabe i. S. d. § 41 Abs. 1 VwVfG untunlich war, ist sie nunmehr nach § 41 Abs. 3 S. 1 VwVfG i. V. m. § 16 Abs. 4 NABEG ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Die öffentliche Bekanntgabe der Veränderungssperre erfolgt nach § 16 Abs. 4 S. 1 NABEG durch ortsübliche Bekanntmachung; die ortsübliche Bekanntmachung durch Veröffentlichung der Veränderungssperre in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich die Veränderungssperre voraussichtlich auswirken wird, und auf der Internetseite der BNetzA. Gemäß § 16 Abs. 4 S. 2 genügt es für die Veröffentlichung in Zeitungen, den verfügenden Teil der Veränderungssperre zu veröffentlichen und auf die vollständige Veröffentlichung einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zu verweisen.
IV. Voraussetzungen für den Erlass einer Änderungssperre (Abs. 1 S. 1) 1. Anordnung, Antrag 22 Anders als in § 44a EnWG26 tritt die Veränderungssperre nach § 16 nicht ipso iure ein. Sie muss vielmehr von der BNetzA erlassen werden. Ausweislich des Gesetzestextes liegt es im Ermessen
20 So auch Kümper, NuR 2019, 440, 441; vgl. allgemein dazu Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 35 Rn 317 ff. 21 BVerwG, Urt. v. 7.9.1984 – 4 C 16/81 –. 22 Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 35 Rn 315; BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 8; Schink/Versteyl/Dippel/ Dippel, § 16 NABEG Rn 3. 23 BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 5; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 4. 24 Siehe hierzu auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 5. 25 Dieser Aspekt scheint nach dem Gesetzesentwurf der tragende Grund für die normtextliche Qualifizierung als Allgemeinverfügung gewesen zu sein, siehe BT-Drucks. 19/7375, S. 76. 26 Vgl. § 44a EnWG Rn 22 ff. Riese/Nebel
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2. Abschluss der Bundesfachplanung
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der BNetzA („kann“), ob und wann sie eine Veränderungssperre erlässt und die Inhalte einer Veränderungssperre in § 16 Abs. 1 S. 2 benennt. Ein Antrag des Vorhabenträgers auf Erlass einer Veränderungssperre ist – ausweislich des Gesetzestextes – keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre. Die Planfeststellungsbehörde ist befugt, eine Veränderungssperre von Amts wegen zu erlassen.27 Stellt der Vorhabenträger einen Antrag auf Erlass einer Veränderungssperre, hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag.28 § 16 Abs. 1 S. 1 nennt als Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre die Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die Leitung und den Abschluss der Bundesfachplanung. Ferner muss nach der neuen Fassung der Vorschrift zu besorgen sein, dass andernfalls die Möglichkeit einer erheblichen Erschwerung der Trassierung der zu verwirklichenden Leitung besteht. Darüber hinaus bestehen keine weiteren materiellen Voraussetzungen. Insbesondere muss vor Erlass der Veränderungssperre keine Abwägung der Belange Betroffener stattfinden. Die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanung ist keine Voraussetzung für den Erlass der Veränderungssperre. Eine antizipierte bzw. inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle der Bundesfachplanung findet im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung einer Veränderungssperre grds. nicht statt, ausgenommen, die beabsichtigte Planung ist offensichtlich rechtswidrig. Eine Veränderungssperre kann erlassen werden, ohne dass konkrete Veränderungen der Bauabsichten von Eigentümern vorliegen. Aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie dem allgemeinen rechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass eine Veränderungssperre nur dann zur Sicherung der Bundesfachplanung erforderlich ist,29 wenn planungsgefährdende Maßnahmen nicht auszuschließen sind.30 Es muss nicht abgewartet werden, ob die Länder innerhalb der nach § 14 vorgeschriebenen Frist Einwendungen gegen die Veränderungssperre oder Stellungnahmen erheben. Es ist vielmehr der Sinn der Veränderungssperre, abweichende Landesplanungen von den Trassenkorridoren abzuwehren. Die Fehlerfolgen einer Veränderungssperre sind an den §§ 44, 45 und 46 VwVfG zu messen.
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2. Abschluss der Bundesfachplanung Der Erlass von Veränderungssperren ist frühestens nach Abschluss der Bundesfachplanung zu- 29 lässig.31 Der Abschluss der Bundesfachplanung ist in § 12 geregelt. Danach bildet die Entscheidung der BNetzA über die Bundesfachplanung den Abschluss der Bundesfachplanung. Diese Entscheidung der BNetzA enthält den Verlauf des raumverträglichen Trassenkorridors, die an den Landesgrenzen gelegenen Länderübergangspunkte, Ergebnisse der SUP und das Ergebnis der Prüfung von alternativen Trassenkorridoren. Ausweislich des Wortlautes („Abschluss der Bundesfachplanung“) wird auf § 12 Bezug ge- 30 nommen. Dies macht deutlich, dass die Voraussetzungen der Veränderungssperre – insbesondere bzgl. des Zeitpunktes des Erlasses – nicht erst an die Bekanntgabe und Veröffentlichung der Entscheidung der Bundesfachplanung nach § 13 knüpfen.32 Dennoch ist eine Veränderungssper-
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So auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 7. Vgl. Rn 69. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 6 sprechen insofern von einer bloßen „Anregung“. Vgl. Rn 63. Zur ungeschriebenen Voraussetzung des Sicherungszwecks BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 13. OVG Lüneburg, Urt. v. 16.6.1982 – 1 A 194/80 –. Nach BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 10 ist dies plausibel, weil damit keine pauschalen „Freihaltebelange“ geltend gemacht werden sollen. 32 So auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 10. 751
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IV. Voraussetzungen für den Erlass einer Änderungssperre (Abs. 1 S. 1)
re auch nach der Bekanntmachung der Entscheidung möglich.33 Auch der Zeitpunkt, zu dem die durch die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore nach § 17 nachrichtlich bereits in den Bundesnetzplan aufgenommen worden sind, ist nicht maßgeblich. Dass die Veränderungssperren vor der Aufnahme der Trassenkorridore in den Bundesnetzplan erlassen werden können, wird auch aus der systematischen Stellung der Paragraphenfolge deutlich.
3. Feststellung des vordringlichen Bedarfs 31 Der Erlass von Veränderungssperren ist ausschließlich zulässig für Abschnitte von Trassenkorridoren, bezüglich derer ein vordringlicher Bedarf im Sinne des Bundesbedarfs festgestellt worden ist. Der vordringliche Bedarf von Ausbaumaßnahmen für Höchstspannungs-Übertragungsnetze wird gem. § 12e Abs. 4 EnWG vom Bundestag mit Erlass des Bundesbedarfsplans festgestellt. Ob ein vordringlicher Bedarf für ein bestimmtes Vorhaben besteht, ergibt sich somit aus dem Bundesbedarfsplan.34 Für die in dem Bundesbedarfsplan enthaltenen Vorhaben steht die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf für die Betreiber von Übertragungsnetzen sowie für die Planfeststellung und die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d EnWG und den §§ 18 bis 24 fest. Die Bedarfsfeststellung ist ferner für den Erlass von Veränderungssperren verbindlich. 32 Die gesetzliche Bedarfsfeststellung verleiht diesen Vorhaben eine besondere Legitimität; aufgrund dieser erhöhten Legitimität ist der mit den Veränderungssperren verbundene Eingriff in die kommunale Planungshoheit und die privaten Rechte gerechtfertigt.35 33 Die vom Gesetzgeber an den Erlass von Veränderungssperren gestellte Voraussetzung, dass für die entsprechenden Leitungen ein vordringlicher Bedarf festgestellt worden sein muss, ist keine Anforderung, die nicht bereits an die Eröffnung des Anwendungsbereichs gestellt wird. Der Anwendungsbereich der Bundesfachplanung ist nach § 2 Abs. 1 nur für die Errichtung oder Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG als solche gekennzeichnet sind, eröffnet. Der Anwendungsbereich des NABEG ist nach § 2 Abs. 3 auch für den Neubau von Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV sowie für Bahnstromfernleitungen eröffnet, sofern diese Leitungen zusammen mit einer Höchstspannungsleitung nach Abs. 1 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden können. Diese Vorhaben müssen zwangsläufig in einem Trassenkorridor liegen, für den der Anwendungsbereich nach § 2 Abs. 1 eröffnet ist. Aus diesem Grund kommt dem Tatbestandsmerkmal der Feststellung des vordringlichen Bedarfs vor allem eine klarstellende Funktion zu.
4. Gefahr der Erschwerung der Trassierung 34 Des Weiteren fordert der Wortlaut der Vorschrift, dass im Falle des Nichterlasses die Möglichkeit einer erheblichen Erschwerung der Trassierung besteht. Dies ist beispielsweise der Fall, „wenn im Trassenkorridor ein Windeignungsgebiet oder ein sonstiges Vorranggebiet für andere Nutzungsartenausgewiesen wird, welches die Breite des Trassenkorridors (1 000 Meter) überwiegend umfasst oder sogar den Trassenkorridor vollumfänglich quert.“36
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Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 8. Vgl. ausführlich hierzu Appel, UPR 2013, 207, 209 f. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 27 sowie BR-Drucks. 342/11, S. 44. BT-Drucks. 19/7375, S. 76.
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2. Zeitlicher Geltungsbereich (Abs. 1 S. 3 und S. 4)
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V. Geltungsbereich 1. Räumlicher Geltungsbereich Der Geltungsbereich der Veränderungssperren umfasst diejenigen Abschnitte der Trassenkorridore, die die Bundesnetzplanung in der Entscheidung über die Veränderungssperre ausweist. Es ist – ausweislich des Gesetzestextes – nicht zulässig, für ein gesamtes Ausbauvorhaben Veränderungssperren zu erlassen.37 Ein Abschnitt ist ein Ausschnitt aus dem Trassenkorridor. Dieser Abschnitt umfasst einen bestimmten Längsschnitt des Trassenkorridors in der gesamten Breite. Ein Abschnitt muss aber nicht die gesamte Breite des Trassenkorridors umfassen. Der Gesetzgeber gibt der BNetzA die Gestaltungsfreiheit, die notwendige Fläche so exakt wie möglich zu identifizieren und zu kennzeichnen. Die Rechte der betroffenen Eigentümer sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichten darüber hinaus die BNetzA, den Abschnitt so genau wie möglich festzulegen. Maßstab für den Umfang der Veränderungssperre ist die Zielsetzung des Gesetzes, nämlich eine Trasse zu sichern. Die BNetzA ist berechtigt, solche Trassen mit einer Veränderungssperre zu sichern, bei denen die Gefahr besteht, dass Veränderungen auf den betroffenen Flächen dem künftigen Leitungsbauvorhaben entgegenstehen oder dieses erheblich erschweren. Angesichts der überragenden Bedeutung des Leistungsausbaus in den Fällen, in denen die BNetzA zuständig ist, ist es ausreichend, dass bereits die nicht völlig fernliegende Möglichkeit besteht, dass eine Veränderung an der Fläche eine solche Erschwernis verursachen könnte. Betroffene Grundstückseigentümer können für Vorhaben, die sie trotz der Veränderungssperre verwirklichen wollen, im Rahmen des Antrages auf Zulassung die Prüfung verlangen, ob ein Veränderungsverbot tatsächlich besteht oder nicht. Es kommt nicht darauf an, ob die Flächen für das Vorhaben selbst, für Folgemaßnahmen an Anlagen Dritter (§ 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG) oder für Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung (§ 17 Abs. 4BNatSchG)38 benötigt werden.39 Die BNetzA hat in ihrer Entscheidung die Flächen, für die die Veränderungssperre gelten soll, aus Gründen der Rechtssicherheit parzellenscharf darzustellen.40 Dabei bleibt es der BNetzA überlassen, ob sie dafür auf die vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen zurückgreift. Notwendige bauliche Maßnahmen an Bahnstromfernleitungen zur Sicherung und Wahrung des Eisenbahnbetriebes bleiben unberührt.41 § 16 ist auf diese Leitungen nicht anwendbar.
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2. Zeitlicher Geltungsbereich (Abs. 1 S. 3 und S. 4) Nach Abs. 1 S. 1 kann die Veränderungssperre frühestens mit dem Abschluss der Bundesfachpla- 41 nung oder nachträglich erlassen werden. Es steht im Ermessen der BNetzA, zu welchem Zeitpunkt sie eine Veränderungssperre erlässt.42 Die Veränderungssperre ist ab dem Zeitpunkt wirksam, an dem den Betroffenen die Ent- 42 scheidung der BNetzA über den Erlass einer Veränderungssperre bekannt gegeben worden ist.43 Nach Abs. 1 S. 3 ist eine Veränderungssperre für einen Zeitraum von fünf Jahren auf-lösend 43 zu befristen. Vergleichbare Regelungen über Veränderungssperren in anderen Fachplanungsgesetzen in § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG, § 17 BauGB oder § 19 AEG weisen allesamt eine Ver37 38 39 40 41 42 43 753
Vgl. de Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 10; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 9. Siehe dazu Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 17 Rn 15 f. Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 13. Vgl. de Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 10; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 9. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. So bzgl. der Veränderungssperre nach § 14 BauGB BVerwG, Beschl. v. 26.6.2002 – 4 NB 19/92 –, juris, Rn 7. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 13. Riese/Nebel
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änderungssperre von vier Jahren auf. Konsequenterweise orientiert sich § 16 aber an der fünfjährigen Frist der Regelung des § 44a EnWG über Veränderungssperren bei Hochspannungsleitungen. Mit der Befristung der Veränderungssperre wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, dem die Veränderungssperre als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums gem. Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt.44 Die Veränderungssperre kann für einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren angeordnet werden, auch wenn der Wortlaut dies nicht ausdrücklich erwähnt.45 Der insoweit etwas apodiktische Wortlaut in § 16 Abs. 1 S. 2 bringt die Entscheidungsbefugnis der Behörde, auch eine kürzere Geltungsdauer einzusetzen, nicht ein. Die BNetzA kann die Frist einmalig46 nach Abs. 1 S. 4 um weitere fünf Jahre verlängern, wenn besondere Umstände47 dies erfordern. Auch die Verlängerung der Frist bzw. die Feststellung besonderer Umstände muss vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gedeckt sein.48 Solche Umstände liegen beispielsweise vor, wenn sich der Beginn des nachfolgenden Planfeststellungsverfahrens aus Gründen verzögert, die der Vorhabenträger nicht zu vertreten hat und die Veränderungssperre weiterhin erforderlich ist.49 Auch die Verlängerung der Veränderungssperre kann auf eine kürzere Frist als fünf Jahre angeordnet werden. Nach Ablauf dieser Frist endet die Wirkung der Veränderungssperre, ohne dass es einer weiteren behördlichen Feststellung oder formellen Aufhebung bedarf.50 Die Veränderungssperre nach § 16 tritt ferner – und ohne dass hierzu eine (formelle) Entscheidung der BNetzA notwendig wäre – ab dem Beginn der Auslegung im Planfeststellungsverfahren oder ab dem Zeitpunkt, ab dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, den Plan einzusehen, „automatisch“ außer Kraft. Denn gem. § 18 Abs. 5 i. V. m. § 44a EnWG tritt zu diesem Zeitpunkt eine Veränderungssperre kraft Gesetzes ein. Zu diesem Zeitpunkt treten die aus der Bundesfachplanung resultierende Veränderungssperre außer Kraft und die Veränderungssperre des Planfeststellungsverfahrens in Kraft.51
3. Wirkungen 48 Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bewirkt die Veränderungssperre, dass keine sonstigen erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen am Grundstück oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück durchgeführt werden dürfen. Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bewirkt die Veränderungssperre zudem, dass keine Vorhaben oder baulichen Anlagen verwirklicht werden dürfen, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen.52 Beide Wirkungen bestehen nebeneinander. Da die Verwirklichung eines Vorhabens oder einer baulichen Anlage53 regelmäßig mit einer erheblichen Veränderung am Grundstück oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück einhergeht, sind die in der der Nr. 1 aufgezählten Gegenstände gegenüber der Nr. 2 lex specialis, die Gegenstände der Nr. 2 also lex generalis; sie dienen als Auffangtatbestand.54 44 45 46 47
Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 19. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 21. Siehe zum Begriff und Vorliegen der besonderen Umstände ausführlich BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 31 m. w. N. 48 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 49 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 20. 50 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 22. 51 Siehe zur Regel(höchst)dauer und zur Verlängerungsoption auch Appel, UPR 2013, 207, 212 f sowie BK-EnR/ Appel, NABEG, § 16 Rn 28 ff. 52 Vgl. zur Frage, ob der Begriff „entgegenstehen“ in Abs. 1 S. 2 Nr. 1 extensiv oder restriktiv auszulegen ist BKEnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 19. 53 Siehe hierzu ausführlich De Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG Rn 13. 54 So auch BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 17. Riese/Nebel
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4. Sonstige Rechtsfolgen
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§ 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 enthält vier Verbote, die aus der Veränderungssperre resultieren, und zwar: – erhebliche Veränderungen am Grundstück, – wesentliche wertsteigernde Veränderungen am Grundstück, – erhebliche Veränderungen an den baulichen Anlagen auf dem Grundstück und/oder – erhebliche wertsteigernde Veränderungen an den baulichen Anlagen auf dem Grundstück. Wesentliche wertsteigernde Veränderungen am Grundstück oder an baulichen Anlagen sind alle tatsächlichen Maßnahmen, die den Grundstückswert des von der Veränderungssperre erfassten Grundstücks nicht nur unwesentlich erhöhen. Dies kann z. B. bei der Anlegung von Stellplätzen55 oder etwa bei einer Intensivierung der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung der Fall sein.56 Rechtliche Veränderungen, etwa die Verlängerung eines Pachtvertrages, sind hingegen nicht von der Sperrwirkung der Veränderungssperre erfasst.57 Der Begriff der sonstigen erheblichen Veränderungen in Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ist grundsätzlich weit58 auszulegen und zielorientiert zu interpretieren.59 Ziel der Veränderungssperre ist es, zu verhindern, dass die geplante Stromleitung unmöglich oder deren Realisierung zumindest erheblich erschwert wird. Durch den Wortlaut, der eine Erheblichkeit der Veränderung verlangt, ist im Sinne des Verhältnismäßikeitsgrundsatzes sichergestellt, dass nicht bereits unbedeutende Veränderungen zu Einschränkungen der eigentumsrechtlichen Befugnisse führen. Sonstige erhebliche Veränderungen am Grundstück oder an einer baulichen Anlage können etwa Ablagerungen, Aufschüttungen oder Abgrabungen sein, die zur Errichtung der planfestgestellten Leitungsanlage wieder beseitigt werden müssen, aber auch die Verlegung von Leitungen.60 Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bewirkt die Veränderungssperre zudem, dass keine Vorhaben oder baulichen Anlagen verwirklicht werden dürfen, die einer Verwirklichung der jeweiligen Stromleitung entgegenstehen.61 Regelmäßig wird die Verwirklichung von § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 auch in einer erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderung am Grundstück (Nr. 2 Var. 1) oder an baulichen Anlagen auf dem Grundstück (Nr. 2 Var. 2) bestehen. Insofern dient Nr. 1 weniger der tatsächlichen Festlegung der Rechtswirkung der Veränderungssperre, sondern vielmehr der Verdeutlichung der Intention des Gesetzgebers beim Erlass von § 16.
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4. Sonstige Rechtsfolgen § 16 ist als Verbotsnorm ausgestaltet.62 Veränderungen im Sinne des Tatbestandes sind daher 54 rechtswidrig, die zuständigen Behörden können63 gegen solche Veränderungen mit den Mitteln 55 BVerwG, Urt. v. 11.11.1998 – 11 A 13/97 –. 56 Vgl. Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 5. 57 vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 27; OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 26.8.2010 – 2 U 14/10 –. Siehe auch de Witt/Scheuten/ Durinke, § 16 NABEG Rn 13; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 16; allgemein zu § 14 BauGB Battis/ Krautzberger/Löhr/Mitschang, BauGB, § 14 Rn 14 ff A. A. BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 20 unter Verweis auf den weiten Wortlaut von Abs. 1 S. 2 Nr. 2. 58 A. A. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 17, die sich für eine restriktive Auslegung wegen der eigentumsrechtlichen Wirkungen aussprechen. 59 Ähnlich BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 21. 60 Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 17, siehe für die ähnliche Vorschrift des § 44a EnWG Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 44a Rn 6 ff. 61 Vgl. zur Frage, ob der Begriff „entgegenstehen“ in Abs. 1 S. 2 Nr. 1 extensiv oder restriktiv auszulegen ist BKEnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 19. 62 Vgl. zur sog. (unmittelbaren) Verbotswirkung auch ohne ausdrückliche Verbotsregelung in der Veränderungssperre BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 14. 63 Zur Diskussion, ob der Vorhabenträger einen Anspruch auf Einschreiten der Ordnungsbehörden gegen die verbotene Veränderung hat siehe BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 26 m. w. N. Nach de Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 19 besteht ein solcher Anspruch nicht. 755
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V. Geltungsbereich
der Eingriffsverwaltung (etwa bauordnungsrechtliche Einstellungsverfügung, Nutzungsuntersagung oder Abrissverfügung) vorgehen.64 55 Durch die Veränderungssperre wird kein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den von der Veränderungssperre Betroffenen sind grds. öffentlich-rechtlicher Natur. Werden von einem Betroffenen entgegen einer Veränderungssperre Veränderungen vorgenommen, hat der Vorhabenträger keinen zivilrechtlichen Ersatzanspruch, wenn er die Veränderungen selbstständig beseitigt.65 Eine von einer Gemeinde nach Eintritt der Rechtwirkung einer Veränderungssperre erlassene 56 Bauleitplanung ist nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB und daher rechtswidrig.66
5. Entschädigungsregelung (Abs. 6) 57 Nunmehr enthält das NABEG in Gestalt des § 16 Abs. 6, der auf § 44a Abs. 2 EnWG verweist, eine Entschädigungsregelung für von der Veränderungssperre betroffene Eigentümer.67 Hierdurch soll ein gerechter Ausgleich zwischen dem Interesse an zügiger und ungehinderter Planung und den Belangen der Eigentümer sichergestellt werden.68 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu § 44a EnWG verwiesen.
6. Aufhebung der Veränderungssperre (Abs. 2) 58 Veränderungssperren müssen sich jederzeit durch das Vorhaben rechtfertigen, dessen Verwirklichung sie dienen. Wird die auf dem Trassenkorridor vorgesehene Ausbaumaßnahme anderweitig verwirklicht oder endgültig nicht mehr verwirklicht, steht die beabsichtigte Geländeinanspruchnahme in keinerlei Zusammenhang (mehr) mit dem betreffenden Ausbauvorhaben. Abs. 2 S. 1 gebietet in den Fällen ihrer Funktionslosigkeit eine Aufhebung der Veränderungssperre.69 Abs. 2 S. 2 ermöglicht die Aufhebung der Veränderungssperre bei entgegenstehenden überwiegenden Belangen von Betroffenen auf Antrag.
59 a) Anderweitige Verwirklichung des Vorhabens (Abs. 2 S. 1 Alt. 1). Nach Abs. 2 S. 1 Alt. 1 ist eine Veränderungssperre aufzuheben, wenn die auf dem Trassenkorridor vorgesehene Ausbaumaßnahme anderweitig verwirklicht wird. Die Veränderungssperre tritt in dieser Variante nicht ex lege zu dem Zeitpunkt, an dem das Vorhaben an einer anderen Stelle verwirklicht wird, außer Kraft. Sie muss durch Bescheid von der BNetzA aufgehoben werden. Der Aufhebungsbescheid ist von Amts wegen zu erlassen, eines entsprechenden Antrags des Betroffenen bedarf es nicht.70
60 b) Aufgabe des Vorhabens (Abs. 2 S. 1 Alt. 2). Die Veränderungssperre ist nach Abs. 2 S. 1 Alt. 2. aufzuheben, wenn das Vorhaben endgültig nicht verwirklicht wird. Hintergrund ist, dass die Betroffenen angesichts der eigentumsrechtlichen Wirkungen nicht mit einer nicht mehr er64 vgl. Dippel/Hamborg, I + E 2014, 248, 253; De Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 19; BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 26; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 18. 65 BGH, Urt. v. 15.10.1974 – VI ZR 181/73 –. 66 BVerwG, Beschl. v. 21.1.1993 – 4 B 206/92 –. 67 Zum Diskussionsstand vor Einfügung des Abs. 6 siehe Vorlauflage, Rn 56 ff. 68 BT-Drucks. 19/7375, S. 77. 69 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 27. 70 Vgl. Appel, UPR 2013, 207, 213; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 23. Riese/Nebel
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6. Aufhebung der Veränderungssperre (Abs. 2)
NABEG § 16
forderlichen Veränderungssperre belastet werden sollen.71 Die Veränderungssperre tritt indes nicht ex lege außer Kraft. Sie muss durch einen von Amts wegen zu erlassenden Bescheid von der BNetzA aufgehoben werden.72
c) Entgegenstehen von Belangen Betroffener (Abs. 2 S. 2). Nach Abs. 2 S. 2 ist die Verän- 61 derungssperre auf Antrag aufzuheben, wenn überwiegende Belange von Betroffenen entgegenstehen. Dies eröffnet eine Einzelfallprüfung, bei der der Sicherungszweck73 der Veränderungssperre mit den Belangen des Betroffenen abzuwägen ist.74 Der Antrag ist nicht vom Vorhabenträger, sondern von betroffenen Dritten zu stellen. Aus der Gesetzesformulierung („ist“) wird deutlich, dass der BNetzA kein Ermessen eingeräumt ist, diese vielmehr die Veränderungssperre aufzuheben hat, soweit feststeht, dass überwiegende Belange von Betroffenen der Veränderungssperre entgegenstehen. Die BNetzA hat hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffes der überwiegenden Belange keinen Beurteilungsspielraum.75 Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Rechtfertigungsbedürftigkeit des § 16 als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 GG. Die mit einer Veränderungssperre bezweckte, u. U. schwerwiegende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks ist nur hinzunehmen, wenn dem Betroffenen ein Ausgleich eingeräumt wird. Bei der Fassung von § 16 hat sich der Gesetzgeber für die Lösung entschieden, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, durch Antrag die Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre überprüfen zu lassen und eine Aufhebung zu bewirken. Dies weicht von dem Regelungsmodell der parallelen Vorschriften der § 44a EnWG, § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG, § 19 AEG und § 4 MBPlG ab. In diesen Vorschriften ist ein solcher Antrag nicht vorgesehen Vor diesem Hintergrund ist das Merkmal der überwiegenden Belange von Betroffenen im 62 Sinne des Abs. 2 S. 2 zu verstehen. Abs. 2 S. 2 ist eine Öffnungsklausel, die Ausnahmeregelungen oder -entscheidungen zulässt. Hierbei muss es sich keineswegs um atypische Fälle handeln. Vielmehr kann auf die bei den parallelen Vorschriften der § 44a EnWG, § 9a FStrG, § 15 WaStrG, § 8a LuftVG, § 19 AEG und § 4 MBPlG anerkannten Wertungen zurückgegriffen werden. Die Tatbestände, in denen die Parallelnormen Bestandsschutz gewähren, etwa Veränderungen, die in rechtlich zulässiger Weise vorher begonnen worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung, sind von der Wirkung der Veränderungssperre ausgenommen (z. B. § 44a Abs. 1 S. 2 EnWG). Aber auch die Normen, in denen den Betroffenen Sekundäransprüche wie z. B. Entschädigungsansprüche zustehen (z. B. § 44a Abs. 2 EnWG), können bei der Auslegung des Merkmals herangezogen werden.76 Demgegenüber ist zu bedenken, dass über die Veränderungssperre die Ergebnisse der Bundes- 63 fachplanung gesichert werden sollen und daher die Veränderungssperren nur in Ausnahmefällen aufgehoben werden sollen. Die Auslegung des Begriffs des überwiegenden Entgegenstehens
71 72 73 74 75 76
Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 25. Vgl. Appel, UPR 2013, 207, 213; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 23. Vgl. zu dieser ungeschriebenen Voraussetzung eingehend BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 13. De Witt/Scheuten/Durinke, § 16 NABEG, Rn 21. Ähnlich BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 34. Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 26. Ähnlich Appel, UPR 2013, 207, 214 sowie BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 37 wonach die BNetzA auf Antrag eines Betroffenen prüfen muss, ob im jeweiligen Einzelfall auch unter Berücksichtigung der Wertungen des § 1 S. 3 NABEG eine mit Art. 14 GG entschädigungslos nicht zu vereinbarende Veränderungssperre vorliegt. Ist dies der Fall, so sind nach Appel die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 S. 2 gegeben und dem Betroffenen steht ein Anspruch auf Aufhebung der Veränderungssperre zu.
757
Riese/Nebel
§ 16 NABEG
VI. Rechtsschutz
von Belangen Betroffener darf nicht im Widerspruch zur Intention des Gesetzes – dem beschleunigten Netzausbau – stehen.
7. Ausnahmen Einzelgenehmigung 64 § 16 enthält keine ausdrückliche Regelung über Ausnahmen von der Veränderungssperre. Mögliche Ausnahmen ergeben sich nichtsdestoweniger mittelbar. Denn jeder Grundstückseigentümer, dessen Grundstück innerhalb des Gebiets einer Veränderungssperre liegt, kann einen Antrag darauf stellen, dass er sein Vorhaben oder seine bauliche Anlage realisieren darf. Im Rahmen dieses Antrages ist zu prüfen, ob das Vorhaben der Errichtung der Stromleitung entgegensteht. Diese Prüfung eines etwaigen Antrages umfasst vor allem die Frage, ob einer der Verbotstatbestände des § 16 vorliegt oder nicht. Sollte die beantragte Maßnahme keine Beeinträchtigung des Leitungsbauvorhabens bedeuten, ist das beantragte Vorhaben zulässig. Im Rahmen dieser Antragsbearbeitung wird auch zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen für eine Veränderungssperre nach wie vor vorliegen, wenngleich eine inzidente Prüfung der Veränderungssperre unzulässig sein dürfte, da diese durch die Zustellung an die Bekanntmachung gegenüber dem betroffenen Grundstückseigentümer bestandskräftig geworden sein müsste. 65 Die Behörde, die mit dem Antrag befasst ist, muss die BNetzA als zuständige Behörde für das Leitungsbauvorhaben und die Veränderungssperre anhören.
VI. Rechtsschutz 66 Zu unterscheiden sind die Rechtsschutzmöglichkeiten des Vorhabenträgers, die Rechtsschutzmöglichkeiten der von der Veränderungssperre betroffenen Gemeinden sowie die Rechtsschutzmöglichkeiten betroffener Dritter. Generell gilt seit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus jedenfalls, dass der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage kein Vorverfahren nach den §§ 68 ff VwGO vorausgehen muss, § 16 Abs. 5 S. 1.
1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 67 a) Verpflichtung zum Erlass einer Veränderungssperre. Da der Erlass einer Veränderungssperre ausweislich des Gesetzestextes („kann“) im Ermessen der BNetzA liegt, hat der Vorhabenträger, soweit er einen Antrag auf Erlass einer Veränderungssperre stellt, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, den er mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 2 VwGO) in Form der Bescheidungsklage (vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) geltend machen kann. Die Veränderungssperre dient auch dem Schutz des Vorhabenträgers.77
68 b) Anspruch auf Verlängerung der Befristung der Veränderungssperre. Auch die Entscheidung über die Verlängerung der Veränderungssperre um weitere fünf Jahre liegt ausweislich des Gesetzestextes („kann“) im Ermessen der BNetzA. Auch diesbezüglich hat der Vorhabenträger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, den er mit der Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) geltend machen kann. Die Möglichkeit der Verlängerung der Veränderungssperre dient auch dem Schutz des Vorhabenträgers.
77 Schink/Versteyl/Dippel/Dippel, § 16 NABEG Rn 29. Riese/Nebel
758
3. Rechtsschutz der betroffenen Gemeinden
NABEG § 16
2. Rechtsschutz betroffener Dritter Aus Sicht der betroffenen Dritten, wie z. B. Grundstückseigentümern, stellt die Veränderungssper- 69 re einen belastenden Verwaltungsakt dar, der in die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Baufreiheit78 eingreift. Hieraus folgt ein Aufhebungsanspruch für den Fall der Verletzung von subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), der mit der Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Hs. 1 VwGO durchsetzbar ist.79 Da es sich bei der Veränderungssperre um eine Allgemeinverfügung handelt, ist zu beachten, dass diese nur aufgehoben werden kann, soweit der Kläger in seinen Rechten verletzt ist. Da die für ein bestimmtes Grundstück erlassene Veränderungssperre nicht hinsichtlich der am Grundstück Berechtigten teilbar ist, kann sie nur allen an dem Grundstück Berechtigten gegenüber aufgehoben werden. Die Aufhebung einer für ein Grundstück erlassenen Veränderungssperre lässt jedoch die für die weiteren Grundstücke des Trassenabschnitts erlassenen Veränderungssperren unberührt. Da § 16 Abs. 5 S. 2 die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen gegen Veränderungs- 70 sperren ausschließt (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO), kommt auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 F. 1 VwGO in Betracht.80
3. Rechtsschutz der betroffenen Gemeinden Aus der gemeindlichen Planungshoheit gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG folgt kein Klagerecht der 71 Gemeinden gegen die Veränderungssperren.
78 Maunz/Dürig/Papier, Art. 14 Rn 436; Finkelnburg/Ortloff/Kment, Band I, § 14 Rn 26. 79 Ausführlich zum Rechtsschutz Appel, UPR 2013, 207, 215 f sowie BK-EnR/Appel, NABEG, § 16 Rn 41 ff. 80 Zu den Beweggründen für die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzugs siehe BT-Drucks. 19/7375, S. 76. 759
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§ 17 Bundesnetzplan Die durch die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore und die für Anbindungsleitungen und grenzüberschreitende Stromleitungen im jeweils aktuellen Bundesfachplan Offshore nach § 17a des Energiewirtschaftsgesetzes und ab dem 1. Januar 2019 im jeweils aktuellen Flächenentwicklungsplan gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes ausgewiesenen Trassen oder Trassenkorridore werden nachrichtlich in den Bundesnetzplan aufgenommen. Der Bundesnetzplan wird bei der Bundesnetzagentur geführt. Der Bundesnetzplan ist von der Bundesnetzagentur einmal pro Kalenderjahr im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. 1 Die Gesetzesbegründung aus BT-Drucks. 17/6073, S. 28 führt zum Zweck des Bundesnetzplans aus: „Der in Satz 1 geregelte Bundesnetzplan dokumentiert die durch die Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridore. Indem er einmal jährlich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen ist (Satz 3), dient er insbesondere zu Informationszwecken.“
2 Der Bundesnetzplan hat keine eigene Regelungswirkung. Er dient primär der Information der Öffentlichkeit über den Stand der festgelegten Trassenkorridore. Aufzunehmen sind nicht etwa das bestehende Stromnetz oder geplante Leitungsverläufe, sondern die nach § 12 bestimmten Trassenkorridore sowie die im Bundesfachplan Offshore bzw. ab 1.1.2019 im Flächenentwicklungsplan gem. § 5 Abs. 1 Nr. 7 WindSeeG ausgewiesenen Trassen oder Trassenkorridore. Wird ein dem NABEG unterfallendes Vorhaben in mehreren Abschnitten beantragt (vgl. § 6 S. 5), ist für jeden abgeschlossenen Abschnitt der jeweilige festgelegte Trassenkorridor aufzunehmen. Über die reine Informationsfunktion hinaus ist die Ausweisung eines Trassenkorridors im Bundesnetzplan eine der (alternativen) Voraussetzungen für einen Verzicht auf Bundesfachplanung gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 3. Auch § 28 S. 1 und § 32 Abs. 2 S. 2 nehmen Bezug auf die Aufnahme eines Trassenkorridors in den Bundesnetzplan. Im vereinfachten Verfahren gemäß § 12 Abs. 3 festgelegte Trassen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 nicht zwingend in den Bundesnetzplan aufzunehmen. 3 Der Bundesnetzplan wird fortlaufend geführt und aktualisiert. Die zeitnahe Aktualisierung nach Abschluss einer Entscheidung nach § 12 kann insbesondere geboten sein, um die Voraussetzungen für einen Verzicht auf Bundesfachplanung gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 zu schaffen. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht den Bundesnetzplan (mindestens) einmal jährlich im Bundesanzeiger. Dabei erstellt sie neben einer kartografischen Darstellung in angemessenem Maßstab auch einen zumindest kurzen erklärenden Text. Begründungen für die Festlegung von Trassenkorridoren oder Ausweisungen von Trassen sind allerdings nicht notwendig. Der Zweck der Aufnahme im Bundesnetzplan und der regelmäßigen Veröffentlichung im Bundesanzeiger erschöpft sich darin, über das Ergebnis und den Abschluss der Verfahren gem. § 12 bzw. § 17a EnWG/§ 5 WindSeeG zu informieren. Weitergehende Informationen erhalten die unmittelbar am Bundesfachplanungsverfahren Beteiligten und die Träger öffentlicher Belange durch Bekanntgabe und Veröffentlichung gemäß § 13.
Serong https://doi.org/10.1515/9783110670516-062
760
Abschnitt 3 Planfeststellung § 18 Erfordernis einer Planfeststellung (1)
Die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Leitungen im Sinne von § 2 Absatz 1 bedürfen der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. (2) Auf Antrag des Vorhabenträgers können die für den Betrieb notwendigen Anlagen, insbesondere Konverterstationen, Phasenschieber, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, in das Planfeststellungsverfahren integriert und durch Planfeststellung zugelassen werden. Dabei ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt. (3) Bei Vorhaben im Sinne von § 2 Absatz 3, 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes ist Absatz 2 auch für Leerrohre anzuwenden, wenn 1. die Leerrohre im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels verlegt werden und 2. die zuständige Behörde anhand der Umstände des Einzelfalls davon ausgehen kann, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren nach der Planfeststellung zur Durchführung einer Stromleitung im Sinne von § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4 genutzt werden. Bei Vorhaben, die im Bundesbedarfsplangesetz entsprechend gekennzeichnet sind, stehen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf für Leerrohre, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme des gekennzeichneten Vorhabens verlegt werden, fest. Im Fall des Satzes 2 darf sich die Trassenbreite im Vergleich zu den Annahmen im Bundesfachplanungsverfahren nicht wesentlich vergrößern. Dies ist im Planfeststellungsverfahren für die gekennzeichneten Vorhaben zu prüfen. Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens und des Planfeststellungsbeschlusses im Fall der Sätze 1 und 2 sind die Verlegung der Leerrohre, die spätere Durchführung der Stromleitung und deren anschließender Betrieb. Für die Nutzung der Leerrohre zur Durchführung einer Stromleitung und zu deren anschließendem Betrieb bedarf es keines weiteren Genehmigungsverfahrens, wenn mit der Durchführung der Stromleitung innerhalb der Frist des § 43c Nummer 1 des Energiewirtschaftsgesetzes begonnen wird und sich die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Merkmale des Vorhabens nicht geändert haben. Die Einbeziehung von Leerrohren nach Satz 1 kann auf einzelne Abschnitte des betroffenen Vorhabens beschränkt werden. (3a) Bei Einbeziehung von Leerrohren nach Absatz 3 und von Erdkabeln nach § 26 Satz 2 ist der durch die Bundesfachplanung bestimmte Trassenkorridor des Vorhabens im Sinne von § 2 Absatz 3, 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes zu beachten. Insoweit ist eine Prüfung in Frage kommender Alternativen für den beabsichtigten Verlauf der Trasse auf diesen Trassenkorridor beschränkt. Eine Prüfung außerhalb dieses Trassenkorridors ist nur aus zwingenden Gründen durchzuführen. Sie ist insbesondere dann erforderlich, wenn die Leerrohre oder die Erdkabel einzeln oder im Zusammenwirken mit dem Vorhaben 1. nach § 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unzulässig wären oder 2. gegen die Verbote des § 44 Absatz 1 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen würden.“ (4) Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung gilt nur, wenn die Bundesnetzagentur bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans nach § 9 des Raumordnungsgesetzes beteiligt worden ist und sie innerhalb einer Frist von zwei Monaten 761 https://doi.org/10.1515/9783110670516-063
Riese/Nebel
§ 18 NABEG
(5)
Erfordernis einer Planfeststellung
nach Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels nicht widersprochen hat. Der Widerspruch nach Satz 2 lässt die Bindungswirkung des Ziels der Raumordnung gegenüber der Bundesnetzagentur nicht entstehen, wenn das Ziel der Planfeststellung entgegensteht. Macht die Planfeststellung nachträglich ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich, kann die Bundesnetzagentur mit Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie innerhalb angemessener Frist, spätestens aber bis zum Abschluss der Planfeststellung, unter der Voraussetzung von Satz 3 nachträglich widersprechen. Muss infolge des nachträglichen Widerspruchs der Raumordnungsplan geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die Bundesnetzagentur die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. § 6 des Raumordnungsgesetzes bleibt unberührt. 7 Städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. 8 § 38 Satz 1 und 3 und § 7 Satz 6 des Baugesetzbuches sind entsprechend anzuwenden. Sofern dieses Gesetz keine abweichenden Regelungen enthält, sind für das Planfeststellungsverfahren und daran anknüpfende Verfahren die Bestimmungen in Teil 5 des Energiewirtschaftsgesetzes entsprechend anzuwenden.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Anwendbare Rechtsvorschriften 14 Verhältnis zum EnLAG 15 Entstehungsgeschichte
II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
19 Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1) 19 Planfeststellungsfähige Vorhaben 22 Errichtung von Leitungen 29 Betrieb von Leitungen 33 Änderung von Leitungen 37 Integration der Nebenanlagen (Abs. 2) 41 Verlegung von Leerrohren (Abs. 3) a) Einordung und Anwendungsbe41 reich 45 b) Parallelvorschrift c) Voraussetzung: Räumlicher und zeitlicher 46 Zusammenhang (Abs. 3 Satz 1) d) Sonderfall: Gesetzliche Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs (Abs. 3 Satz 2 54 bis 4) e) Verfahrensrechtliche Gleichbehandlung 57 mit Erdkabeln (Abs. 3 S. 5) f) Kein zusätzliches Genehmigungsverfahren 58 (Abs. 3 S. 6) 60 g) Abschnittsbildung (Abs. 3 Satz 7) h) Verlauf der Trasse zur Verlegung von Leerrohren und von Erdkabeln 62 (Abs. 3a)
III. 1.
Materiell-rechtliche Anforderungen 65 Planrechtfertigung 65 a) Grundsätze
Riese/Nebel
b)
2. 13
65
Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfs68 planung 71 Beachtung zwingenden Rechts a) Bindungswirkung der Bundesfachpla72 nung b) Bindung an die Ziele der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren (Abs. 4 S. 2 bis 76 S. 6) aa) Einordnung und Ziel der Regelun76 gen bb) Raumordnungsrechtlicher Konfliktlö79 sungsmechanismus c) Berücksichtigung städtebaulicher Belange 93 (Abs. 4 S. 7 bis 8) 98 b) Umweltverträglichkeitsprüfung 98 aa) Allgemeines 104 bb) UVP-Pflicht 108 cc) Verfahren 110 dd) Variantenprüfung 111 c) Naturschutzrecht aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH-Ge112 biete (1) Schutzsystematik des europä114 ischen Gebietsschutzes 117 (2) Vorprüfung (3) FFH122 Verträglichkeitsprüfung 129 (4) Abweichungsverfahren bb) Zwingende Gründe des überwiegen133 den öffentlichen Interesses 139 cc) Alternativenprüfung 145 dd) Kohärenzmaßnahmen ee) Vermeidungsmaßnahmen, CEF-Maß148 nahmen 148 (1) Vogelschutz 151 (2) Artenschutz 762
1. Überblick über die Norm
ff)
3.
4.
Naturschutzrechtliche Eingriffsrege153 lungen 153 (1) Allgemein 161 (2) Ersatzgeld 162 d) Immissionsschutzrecht 163 aa) Elektromagnetische Felder 164 bb) Koronaeffekte 169 Abschnittsbildung a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenab171 schnitten b) Vorläufige positive Gesamtprog174 nose 179 c) Antrag 182 d) Planrechtfertigung 186 e) Rechtsschutz 187 Abwägungsentscheidung (Abs. 3)
a) b) c)
NABEG § 18
187 Allgemeines 191 Alternativenprüfung Alternativenprüfung nach FFH und Arten200 schutz
IV. 1. 2. 3. 4. 5.
206 Rechtswirkungen 206 Genehmigungswirkung 209 Konzentrationswirkung 214 Gestaltungswirkung Ausschluss- und Duldungswirkungen Enteignungsrechtliche Vorwirkung
V. 1. 2.
218 Rechtsschutz Rechtsschutz des Vorhabenträgers 220 Rechtsschutz Dritter
216 217
218
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 normiert für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG als solche gekennzeichnet sind, einen Planfeststellungsvorbehalt. Abs. 2 S. 1. ermöglicht es, auf Antrag des Vorhabenträgers die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen, insbesondere Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, in das Planfeststellungsverfahren zu integrieren und diese Nebenanlagen ebenfalls durch Planfeststellung zuzulassen. Nach Abs. 2 S. 2 ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt. Abs. 3 normiert das neuartige Instrument der vorausschauenden Planung, d. h. die Integration von Leerrohren für Erdkabel in deren Planfeststellungsverfahren sowie die gemeinsame Verlegung. Abs. 3 Satz 1 fordert als Tatbestandsvoraussetzung einen räumlichen Zusammenhang (Nr. 1) und einen zeitlichen Zusammenhang (Nr. 2) mit der Baumaßnahme eines Erdkabels. Abs. 3 S. 2 ändert für den Fall einer gesetzlichen Festschreibung von zusätzlichem Bedarf an Leerrohren das anzuwendende Verfahren. Die Regelungen in Abs. 3 Satz 3 bis 4 ermöglichen die Integration von Leerrohren auch in den Fällen, in denen die Bundesfachplanung bereits abgeschlossen ist. Abs. 3 S. 5 normiert die verfahrensrechtliche Gleichbehandlung mit Erdkabeln. Die Regelung in Abs. 3 S. 6, wonach es für die Nutzung der Leerrohre zur Durchführung einer Stromleitung und zu deren anschließendem Betrieb grds keines weiteren Genehmigungsverfahrens bedarf, sowie die Zulässigkeit der Abschnittsbildung nach Abs. 3 S. 7 haben klarstellenden Charakter. Abs. 3a beschränkt bei Einbeziehung von Leerrohren und Erdkabeln den Verlauf der Trasse auf den von der Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridor. Gemäß Abs. 3a S. 3 ist eine Prüfung von Alternativen außerhalb des Trassenkorridors nur aus zwingenden Gründen durchzuführen. Solche zwingenden Gründe liegen insbesondere in den in Abs. 3a S. 4 genannten Fällen vor. Abs. 4 S. 1 nimmt auf das allgemeine planungsrechtliche Abwägungsgebot Bezug. Im Rahmen der Zulassungsentscheidung ist auch zu prüfen, ob Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung besteht und ob der vorgeschlagene Trassenkorridor mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen abgestimmt ist. Zu den Erfordernissen der 763
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§ 18 NABEG
I. Allgemeines
Raumordnung regelt Abs. 4 S. 2 bis S. 6 im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen Ziele der Raumordnung für die Bundesfachplanung Bindungswirkung entfalten. Nach Abs. 4 S. 7 sind städtebauliche Belange in der Bundesfachplanung zu berücksichtigen. Abs. 4 S. 8 regelt die Kostentragung und den Ersatz von Aufwendungen in Fällen, in denen Flächennutzungsoder Bebauungspläne aufgestellt, angepasst oder aufgehoben werden müssen, weil dem öffentlichen Interesse am Ausbau oder an der Ertüchtigung des Übertragungsnetzes im konkreten Fall Vorrang vor städtebaulichen Belangen zukommt. 6 Abs. 5 enthält eine Verweiskaskade: Die Regelung verweist auf die allgemeinen Regelungen des energierechtlichen Planfeststellungsrechts in den §§ 43 ff EnWG und durch den in § 43 S. 7 EnWG enthaltenen Verweis auch auf die allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 ff VwVfG.
2. Regelungszweck 7 § 18 statuiert für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen einen Planfeststellungsvorbehalt. Die Vorschriften der §§ 18 ff über die Planfeststellung sind gegenüber den allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 ff EnWG lex specialis.1 Da die Zulassung der Mehrzahl der Energieleitungen aufgrund der Regelungen der §§ 43 ff EnWG über die vorhabenbezogene Fachplanung erfolgt, wird aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen (§ 2 Abs. 1) besondere Regelungen für die Planfeststellungsverfahren eingeführt hat, auch die besondere energiewirtschaftliche Bedeutung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen deutlich. 8 Abs. 2 ermöglicht fakultativ Nebenanlagen in das Planfeststellungsverfahren zu integrieren. Diese Bestimmung erhöht maßgeblich die Flexibilität des Vorhabenträgers und der BNetzA, indem sie einen Spielraum bei der Verfahrensgestaltung und dem Verfahrensgegenstand bietet. Der Vorhabenträger eines Gesamtvorhabens kann entscheiden, ob er bestimmte Anlagen in dem dafür vorgesehenen Verfahren separat genehmigen lässt oder eine energierechtliche Planfeststellung beantragt. Dabei besteht zusätzlich die verfahrensökonomische Wahlmöglichkeit die Planfeststellung bestimmter Anlagen in einer bestimmten Ausführungsweise separat, abschnittsweise oder sukzessive zu verfolgen oder diese in einem Verfahren zu integrieren. Dies dient auch der Beschleunigung des Verfahrens. 9 Abs. 3 normiert das neuartige Instrument der vorausschauenden Planung und dient sowohl der Beschleunigung des Netzausbaus durch Erweiterungsmöglichkeit der bereits beschlossenen Netzausbauvorhaben für sich abzeichnenden weitergehenden Bedarf als auch der Minimierung von unvermeidbaren Eingriffen in die Natur bei Erdkabeln. Mit der Ermöglichung einer vorausschauenden Planung von Netzbetreibern und BNetzA können auch vorausschauend planerisch wie wirtschaftlich sinnvolle Vorhabenbündelungen und dadurch Minimierung von Rauminanspruchnahmen und entsprechenden Eingriffen erfolgen. Damit einhergehend werden weitere Genehmigungsverfahren und Tiefbaukosten vermieden. 10 Abs. 3a beschränkt die Alternativen zur Verlegung von Leerrohren nach Abs. 3 und Erdkabeln nach § 26 S. 2 grundsätzlich auf den in der Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridor. 11 In Abs. 4 sind neben dem allgemeinen planungsrechtlichen Abwägungsgebot die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren geregelt. Damit wird das raumordnungsrechtliche Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Planfeststellung gesetzlich festgelegt und der raumordnungsrechtliche Konfliktlösungsmechanismus nach § 5 Abs. 2 auf die Ebene der Planfeststellung übertragen. 1 Erbguth, NvWZ 2012, 326; vgl. auch § 43 EnWG Rn 11 f. Riese/Nebel
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5. Entstehungsgeschichte
NABEG § 18
Über die Verweiskaskade in Abs. 5 wird Bezug auf die allgemeinen Regelungen der ener- 12 gierechtlichen Planfeststellung in den §§ 43 ff EnWG und hierdurch auch auf die allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 VwVfG genommen.
3. Anwendbare Rechtsvorschriften Abs. 5 enthält eine Verweiskaskade: Demnach gelten für das Planfeststellungsverfahren von län- 13 derübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG als solche gekennzeichnet sind (§ 2 Abs. 1) und für die daran anknüpfenden Verfahren (Enteignung, vorzeitige Besitzeinweisung etc.) die Bestimmungen in Teil 5 des EnWG (§§ 43–48 EnWG) entsprechend, sofern die §§ 18 ff keine abweichenden Regelungen enthalten.2 Die Vorschriften des EnWG sind daher nur anzuwenden, soweit das NABEG keine Modifikationen gegenüber den allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung enthält. Die Vorschriften der §§ 18 ff sind daher gegenüber den allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 ff EnWG lex specialis.3 Soweit nach den Vorschriften des Teils 5 des EnWG die Vorschriften des VwVfG anwendbar sind, gilt dies auch für die Planfeststellung nach dem NABEG. Die allgemeinen Regelungen der energierechtlichen Planfeststellung nach den §§ 43 ff sind wiederum lex specialis gegenüber den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts nach den §§ 72 ff VwVfG. Für das Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff gilt somit grds. das für Stromleitungen bereits entwickelte und in Rechtsprechung und Literatur anerkannte Regelungsinstrumentarium.4
4. Verhältnis zum EnLAG Der Anwendungsbereich des NABEG gilt nach § 2 Abs. 4 nicht für Vorhaben, die im EnLAG auf- 14 geführt sind. Die Vorhaben des EnLAG werden nach den allgemeinen Regelungen des energierechtlichen Planfeststellungsrechts gem. den §§ 43 ff EnWG zugelassen. Insofern bleiben alle Ausbaumaßnahmen von Höchstspannungsleitungen, die im EnLAG aufgeführt sind, von den Vorschriften über die Planfeststellung nach den §§ 18 ff unberührt. Der Gesetzgeber wollte mit der Einschränkung des Anwendungsbereichs des NABEG in § 2 Abs. 4 erreichen, dass die überwiegend laufenden Planfeststellungsverfahren der im EnLAG aufgeführten Vorhaben durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden zügig zu Ende geführt werden und etwaige Verzögerungen durch den Wechsel der Rechtsgrundlagen und der zuständigen Behörden vermieden werden.5
5. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des 15 Netzausbaus Elektrizitätsnetze6 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 18 erlassen.7 § 18 wurde durch Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsaus- 16 baus8 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 grundlegend neu geordnet. In Abs. 3 wurde 2 3 4 5 6 7 8
Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 18 Rn 1. Säcker/Naujoks, vor § 18 Rn 22. BT-Drucks. 17/6073, S. 23. BT-Drucks. 17/6073, S. 23; vgl. auch Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351. BGBl. I 2011 S. 1690. Vgl. zu den Änderungen im Gesetzgebungsverfahren die Ausführungen in der Vorauflage unter § 18 Rn 13 ff. BGBl. I 2019 S. 706.
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Riese/Nebel
§ 18 NABEG
II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1)
das neuartige Instrument der vorausschauenden Planung eingefügt.9 In Abs. 4 wurde die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren geregelt, das raumordnungsrechtliche Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Planfeststellung festgelegt und der raumordnungsrechtlicher Konfliktlösungsmechanismus nach § 5 Abs. 2 auf die Ebene der Planfeststellung übertragen.10 17 § 18 steht in Zusammenhang mit einer Reihe von Gesetzen zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren und ist Ausfluss der Beschleunigungsgesetzgebung in der energierechtlichen Planfeststellung.11 Durch Art. 2 Nr. 12 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und an18 derer Vorschriften vom 25.2.202112 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurde § 18 Abs. 3a zur Beschränkung der Verlegung von Leerrohren und Erdkabeln auf den in der Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridor eingefügt.
II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1) 1. Planfeststellungsfähige Vorhaben 19 Der Anwendungsbereich der §§ 18 ff wird nach Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 für länderübergreifende oder grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen, die in einem Gesetz über den Bundesbedarfsplan nach § 12e Abs. 4 S. 1 EnWG als solche gekennzeichnet sind, eröffnet. Für diese Leitungen werden von der BNetzA grds. Bundesfachplanung nach den §§ 5 ff durchgeführt. Gemäß § 17 S. 1 werden die durch die Bundesfachplanung bestimmten Trassenkorridore nachrichtlich in den Bundesnetzplan aufgenommen. Insofern gelten die Vorschriften über die Planfeststellung nach den §§ 18 ff für die Trassenkorridore, die in den Bundesnetzplan aufgenommen worden sind.13 Anders als in den §§ 43 ff EnWG oder als im EnLAG hat der Gesetzgeber in den §§ 18 ff keine 20 spezifischen Vorhaben enumerativ aufgezählt, für deren Errichtung, Betrieb sowie Änderung ein Planfeststellungsverfahren zwingend vorgeschrieben ist und insbesondere nicht zwischen Freileitung und Erdverkabelung unterschieden. Die Errichtung, der Betrieb und die Änderung von Energieleitungen im Anwendungsbereich der §§ 18 ff können daher sowohl als Freileitung wie auch als Erdkabel beantragt und zugelassen werden.14 Auch Gleichstrom-Hochspannungsleitungen (HGÜ-Leitungen) können nach den §§ 18 ff zugelassen werden.15 Die Entscheidung darüber liegt allein beim Vorhabenträger, der, weil es sich bei den §§ 18 ff 21 um eine gegenüber den §§ 43 ff EnWG spezialgesetzliche Regelung handelt, insbesondere nicht an die Voraussetzungen des §§ 43h EnWG für die Errichtung von Freileitungen gebunden ist.
2. Errichtung von Leitungen 22 Nach Abs. 1 muss für die Errichtung von Leitungen im Sinne von § 2 Abs. 1 ein Planfeststellungsverfahren durch die zuständige Behörde durchgeführt werden.
9 BR-Drucks. 19/7375, 87. Vgl. dazu die Ausführungen unter Rn 37 ff. 10 BR-Drucks. 19/7375, 78. Vgl. dazu die Ausführungen unter Rn 70 ff. 11 Zur Beschleunigungsgesetzgebung in der energierechtlichen Planfeststellung vgl. die Ausführungen und Nachweise unter § 43 Rn 13 ff. 12 BGBl I 2021 S. 298. 13 So auch noch die ursprüngliche Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 23. 14 De Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 57. 15 Spieler, NVwZ 2012, 1139, 1141. Riese/Nebel
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3. Betrieb von Leitungen
NABEG § 18
Der Gesetzgeber hat den Begriff der Errichtung weder im EnWG, im NABEG oder in sonstigen Regelungen des Planungs- und Umweltrechts definiert; auch die Gesetzesbegründungen des NABEG und des EnWG enthalten keine Hinweise.16 Für Beginn und Abschluss der Errichtung von Energieleitungsvorhaben kann auf die auskonturierte Begrifflichkeit der Errichtung nach § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG zurückgegriffen werden.17 Grds. umfasst der Begriff der Errichtung den gesamten Vorgang des Aufbaus und der Einrichtung der Anlage.18 Abzugrenzen ist die Errichtungsphase von den in § 44 EnWG geregelten Vorarbeiten.19 Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen bedürfen nicht der Zulassung durch die Planfeststellung, sondern sind unter den Voraussetzungen des § 44 EnWG zulässig.20 Die Errichtungsphase beginnt mit dem Aufstellen und Errichten von Geräten zur Durchführung der erforderlichen Baumaßnahmen, spätestens mit dem Beginn der Baumaßnahmen an diesem Ort, etwa mit der Aufbereitung des Grundstücks.21 Zu ihr gehört auch die Überprüfung der Funktionsfähigkeit. Diese erfasst alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die grds. ordnungsgemäße Herstellung zur Überprüfung und den Probebetrieb vorzubereiten – auch die zeitweise Durchleitung von Strom. Der Probebetrieb eines Energieleitungsvorhabens selbst fällt nicht unter die Errichtungsphase.22 Der Probebetrieb dient der Prüfung der dauerhaften Systemsicherheit und Funktionsfähigkeit des Energieleitungsvorhabens und beginnt nach Abschluss der Errichtungsphase. Errichter ist, wer die Errichtung der Anlage in eigener wirtschaftlicher Verantwortung veranlasst.23 Das ist nicht das Leitungsbauunternehmen, sondern der in einer Regelzone verantwortliche Übertagungsnetzbetreiber.
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3. Betrieb von Leitungen Nach Abs. 1 muss für den Betrieb von Leitungen im Sinne von § 2 Abs. 1 ein Planfeststellungs- 29 verfahren durch die zuständige Behörde durchgeführt werden. Der Betrieb einer Anlage beginnt spätestens mit der Verwendung der Energieleitung zur Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, erfasst aber auch die Wartung und Unterhaltung und endet mit der endgültigen Stilllegung.24 Der Betrieb umfasst grundsätzlich auch den Probebetrieb, der nach der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit aufgenommen wird.25 Der Beginn des Betriebs ist vor allem von Bedeutung, wenn existierende Anlagen nach einer 30 bestimmten Zeit der Nichtnutzung wieder in Betrieb genommen werden sollen („Wiederertüchtigung“). Solche Wiederaufnahmen eines unterbrochenen Betriebes stellen keine erneute Inbetriebnahme im Rechtssinne dar.26 Eine erneute Inbetriebnahme oder Aufnahme des Betriebes im Rechtssinne ist nur dann anzunehmen, wenn es zuvor keinen Betrieb gab. Und zwar entweder weil die Leitung nicht existierte oder weil der Betrieb der ursprünglichen Leitung aufgege16 Anders jedoch das BImSchG, vgl. Landmann/Rohmer/Dietlein, BImSchG, § 4 Rn 69. 17 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 18. 18 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19; BayObLG, Beschl. v. 30.12.1985 – 3 Ob OWi 150/85 –; Jarass, BImSchG, § 4 Rn 54. 19 Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 58. 20 Siehe dazu § 44 Rn 10 ff. 21 Vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19. 22 Strittig, vgl. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 20; Jarass, BImSchG, § 4 Rn 5; differenziert Landmann/ Rohmer/Dietlein, BImSchG, § 4 Rn 77. 23 OVG Koblenz, Urt. v. 20.7.1987 – 7 A II 3/82 –. 24 Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19. 25 Strittig, vgl. dazu: Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 19,20. 26 A. A. wohl: de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 61. 767
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§ 18 NABEG
II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1)
ben worden war. Der Probebetrieb dient der Prüfung der dauerhaften Funktionsfähigkeit des Energieleitungsvorhabens, nicht aber dem regulären Betrieb. Der Probebetrieb von wiederertüchtigten Anlagen bedarf daher – nach einer einschränkenden Auslegung des Betriebsbegriffes – nicht der Zulassung durch Planfeststellungsbeschluss. 31 Der Abbruch der Anlage gehört nicht zum Betrieb der Anlage.27 Der Abbruch der Anlage selbst ist daher nicht planfeststellungs- oder plangenehmigungspflichtig. Ggf. können landesrechtliche Vorschriften eine Genehmigung des Abbruchs erforderlich machen; auch kann ein Abbruch einen naturschutzrechtlich relevanten Eingriff darstellen, der ggf. genehmigt werden muss. 32 Der Abbruch einer Anlage, der unmittelbar verknüpft ist mit der Errichtung einer neuen Anlage, kann Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens für die Neuerrichtung sein, wenn es sich um das gleiche Vorhaben handelt.
4. Änderung von Leitungen 33 Nach Abs. 1 muss für die Änderung von Leitungen im Sinne von § 2 Abs. 1 ein Planfeststellungsverfahren durch die zuständige Behörde durchgeführt werden. Jedoch unterfällt nur die wesentliche Änderung von Energieleitungsvorhaben der Planfeststellung. Unwesentliche Änderungen von Energieleitungsvorhaben können im Anzeigeverfahren nach § 25 zugelassen werden. Unter dem Begriff der Änderung sind im Sinne des § 18 alle Maßnahmen an Leitungen i. S. d. Abs. 1 zu verstehen, welche von den ursprünglichen Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsfestsetzungen abweichen.28 Zunächst ist durch Auslegung des der Energieleitung zu Grunde liegenden Planfeststel34 lungsbeschlusses unter Berücksichtigung aller Nebenbestimmungen, der Antragsunterlagen und des Verfahrens zu ermitteln, ob die Änderung von dem erteilten Planfeststellungsbeschluss gedeckt ist.29 Ist das nicht der Fall, ist zu entscheiden, ob die vorzunehmenden Änderungen als unwesentlich einzustufen sind. Änderungen sind unwesentlich, wenn die Änderung eine UVP nicht erforderlich macht, öffentliche Belange nicht berührt werden und Rechte anderer nicht beeinträchtigt oder vertraglich geregelt sind.30 Der Abbruch einer Anlage dürfte regelmäßig keine wesentliche Änderung sein. Es würde den 35 Wortsinn einer Änderung überspannen, wollte man den Abbruch einer Leitung oder einer sonstigen, dem § 18 unterfallenden Anlage als Änderung ansehen. Nichtsdestoweniger wäre die Erlaubnispflicht des Abbruchs einer Anlage sachgerecht. Denn mit dem Abbruch oder Rückbau können erhebliche Beeinträchtigungen insbesondere der Umwelt verbunden sein. Das Planfeststellungsverfahren dient dazu, diese Auswirkungen entsprechend zu bewerten. Anders ist es im Fall eines Abbruches, der sachlich in Zusammenhang steht mit der Errichtung oder Änderung einer Anlage. Derartige Abbruchmaßnahmen können Gegenstand des Planungsfeststellungsverfahrens sein. Ebenso stellen Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen keine Änderungen i. S. d. Abs. 1 36 dar. Die Abgrenzung zwischen Änderung und Reparatur kann im Einzelfall schwierig sein.31
5. Integration der Nebenanlagen (Abs. 2) 37 Nach Abs. 2 können auf Antrag des Vorhabenträgers die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen, insbesondere Konverterstationen, Phasenschieber, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, in das Planfeststellungsverfahren integriert und durch Planfest27 28 29 30 31
Jarass, BImSchG, § 4 Rn 57. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 18 Rn 8. Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43 Rn 21. Vgl. § 25 Rn 27 ff. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 69.
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6. Verlegung von Leerrohren (Abs. 3)
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stellung zugelassen werden. Dabei ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt. Die Regelung findet ihr Pendant im wortgleichen § 43 Abs. 2 Nr. 1 EnWG und ist wie dieser 38 durch das Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze in das EnWG 2011 aufgenommen und 2019 mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus näher ausgeformt worden. Zuvor mussten die notwendigen Nebenanlagen zumeist nach dem BImSchG gesondert zugelassen werden, soweit sie nicht bereits als Folgemaßnahmen in das Planfeststellungsverfahren integriert werden konnten. Die Regelung dient der Beschleunigung des Verfahrens.32 Aus dem Wortlaut („insbesondere“) und der Intention des Gesetzgebers folgt, dass die Aufzählung nicht abschließend ist; neben den benannten Konverterstationen, Phasenschiebern, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkten ist die Vorschrift einschlägig bei Schaltanlagen, Muffenbauwerken, Betriebsgebäuden, Zufahrten sowie sonstigen Anlagen und Nebeneinrichtungen. Erfasst sind damit auch die Konverterstationen für HGÜ-Leitungen.33 Die Integration von Nebenanlagen in das Planfeststellungsverfahren erfolgt auf Antrag des 39 Vorhabenträgers. Es steht ihm frei, einen solchen Antrag zu stellen oder die Nebenanlage in einem eigenen Verfahren genehmigen zu lassen. Für die Einzelmaßnahme ist das dann geltende Fachrecht einschlägig. Bisweilen kann eine Baugenehmigung nach der einschlägigen Landesbauordnung zulässig sein; oder ein immissionsschutzrechtliches Verfahren ist durchzuführen oder die Maßnahme ist möglicherweise genehmigungsfrei. Aus dem abweichenden Verfahren kann auch eine andere Zuständigkeit resultieren. Der Gesetzgeber hat auf Vorschlag des Bundesrats klargestellt, dass auch eine nachträgliche 40 Integration in einen Planfeststellungsbeschluss über Planergänzungsverfahren möglich ist, solange dieser gilt. Dies trägt dem Zyklus der Netzentwicklungsplanungen und dem unterschiedlichen Charakter verschiedener Nebenanlagen Rechnung. So mag zum einen der Bedarf einer HGÜ-Leitung mit Konverter ermittelt werden, zum anderen aber in einem Netzentwicklungsplan erst der Bedarf einer Leitung und im folgenden NEP der Bedarf an einer netzoptimierende sog. Punktmaßnahme, wie z. B. einem Phasenschieber oder Verdichter, nachträglich entstehen. Würde dann ein bereits laufendes Planfeststellungsverfahren von den Antragsunterlagen umgestellt und neu gestartet, würde viel von der ursprünglichen Beschleunigungsintention verloren gehen. Die gesetzliche Klarstellung ermöglicht hier eine sukzessive Zulassung und wahrt damit den Beschleunigungscharakter. Eine Integration in ein Planfeststellungsverfahren ist allerdings nicht möglich, wenn der Vorhabenträger der Nebenanlage nicht identisch ist mit dem Vorhabenträger des Leitungsbauvorhabens, etwa wenn eine Umspannanlage von einem anderen Unternehmen betrieben wird, als die Leitung, die an diese Anlage angeschlossen werden soll. In derartigen Konstellationen ist zu überlegen, ob über eine vertragliche Vereinbarung die Eigenschaft als Vorhabenträger in einer Person benötigt wird und nach Erteilung des entsprechenden Planfeststellungsbeschlusses eine vertragliche Regelung (Konsortialvertrag) über den Betrieb, die Betreiberstellung oder die Inhaberschaftgenehmigung getroffen wird.
6. Verlegung von Leerrohren (Abs. 3) a) Einordung und Anwendungsbereich. Abs. 3 regelt das Instrument der vorausschauen- 41 den Planung,34 d. h. die Integration von Leerrohren in das Planfeststellungsverfahren von Leitungsvorhaben, die als Erdkabel zugelassen werden sowie die Mitverlegung in der entsprechenden Baumaßnahme. Um bei einem Anstieg des künftigen Bedarfs an Übertragungskapazi32 BT-Drucks. 17/6073, S. 43. 33 So schon zuvor Spieler, NVwZ 2012, 1139, 1141 f. 34 So Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429. 769
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§ 18 NABEG
II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1)
täten nicht jedes Mal den Leitungsgraben, in dem das Erdkabel verläuft, aufgraben zu müssen, sollen Leerrohre verlegt werden, durch die Kabel im Nachhinein ohne größere Eingriffe und ohne Durchführung eines (erneuten) Zulassungsverfahrens35 hindurchgezogen werden können.36 Über die Mitverlegung und -genehmigung von Leerrohren können die hohen Kosten für Tiefbauarbeiten, die im Falle einer erst nachträglichen Feststellung der Notwendigkeit weiterer Erdkabel anfallen vermieden werden.37 Im Planfeststellungsbeschluss können auch Kabeltunnel und technische Lösungen für z. B. Flussquerungen für die Leerrohre zugelassen werden, um auf der gesamten Strecke die anschließende Durchführung einer Stromleitung ohne weiteres Zulassungsverfahren zu ermöglichen. Insofern würden § 3 Abs. 5 S. 1 und § 4 Abs. 3 S. 1 BBPlG entsprechend gelten.38 Primär werden mit der vorausschauenden Planung Leerrohre adressiert, die für weitere 42 Höchstspannungsleitungen nach § 3 oder § 4 BBPlG vorgesehen sind, weiterhin um die Verlegung von Leerrohren bei Offshore-Anbindungsleitungen nach § 2 Abs. 3 BBPlG.39 Ausführlich wird in der Gesetzesbegründung die Abgrenzung zwischen dem neuen Instru43 ment der vorausschauenden Planung und der rechtswidrigen „Vorratsplanung“ hergeleitet.40 Die Integration von Leerrohren erfolgt auf Antrag nach § 18 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit 44 Abs. 2 S. 1, dies gilt gleichermaßen für die Fälle des Abs. 3 S. 1 wie für Fälle des Abs. 3 S. 1.41 Allerdings im Falle soll laut Gesetzesbegründung abweichend vom Wortlaut in den Fällen des Abs. 3 Satz 2, in denen der zusätzliche Bedarf an Leerrohren vom Gesetzgeber festgeschrieben ist, eine Antragspflicht des Vorhabenträgers bestehen.42
45 b) Parallelvorschrift. Die Parallelvorschrift zu Abs. 3 bildet § 43j EnWG,43 beide Regelungen wurden mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 in das Recht der energiewirtschaftlichen Planfeststellung eingefügt.44
46 c) Voraussetzung: Räumlicher und zeitlicher Zusammenhang (Abs. 3 Satz 1). Die Mitverlegung von Leerrohren ist nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 nur dann möglich, wenn ein räumlicher Zusammenhang (Nr. 1) und ein zeitlicher Zusammenhang (Nr. 2) mit der Baumaßnahme eines Erdkabels bestehen. Der Gesetzgeber hat indes beide Tatbestandsvoraussetzungen und damit den Anwendungsbereich des Instruments der vorausschauenden Planung weder im Gesetz oder in dessen Begründung näher bestimmt. Angesichts des hohen Koordinationsaufwandes von kilometerlangen Erdkabelbaustellen dürfte ein hoher ökonomischer Anreiz für die ÜNB bestehen, die Bauarbeiten gleichzeitig durchzuführen und die Kabeltrasse zugleich möglichst schmal zu halten. Es dürfte insoweit genügen, wenn die BNetzA im Einzelfall die Mitverlegung der Leerrohre mit den jeweiligen Bauarbeiten für das Erdkabel als Auflage zum Planfeststellungsbeschluss festlegt.
35 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019/195 (198). 36 BT-Drucks. 19/7375, S. 87. 37 Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429 mit Verweis auf die gesetzgeberische Einschätzung einer Kostenersparnis von bis zu 40 %, vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 40 f. BR-Drucks. 11/19, S. 69. BT-Drucks. 19/7375, S. 77. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 87 f Vgl. dazu auch Ruge, ER 04/19, 135, 137 und Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429 f. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. Vgl. dazu auch Ruge, ER 04/19, 135, 137. Vgl. dazu die Kommentierung zu 3 43j EnWG. BGBl. I 2019 S. 706.
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6. Verlegung von Leerrohren (Abs. 3)
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Der räumliche Zusammenhang im Sinne von Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 liegt auch vor, wenn ein kurzer Abzweig von der gebündelten Trasse zu einem Netzverknüpfungspunkt verläuft. In diesem Fall ist kein neues Zulassungsverfahren erforderlich. Andernfalls würde bei abweichenden Start- und Endpunkten nur die gebündelte Trasse beschleunigt, während die Leitung zu und von der gemeinsamen Stammstrecke die Beschleunigungsintention durch weitere Zulassungsverfahren konterkarieren könnte. Allerdings darf der sich auch bei Zu- und Abfahrt zu einer gemeinsamen Stammstrecke ergebende räumliche Zusammenhang nicht zu weit verstanden werden. Eine Orientierung bietet hier der Trassenbegriff im Kontext der Verzichtsmöglichkeit auf Bundesfachplanung nach § 5b in Verbindung mit der Begriffsbestimmung für Parallelneubauten nach § 3 Nr. 5. Der zeitliche Zusammenhang im Sinne von Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 liegt vor, wenn die BNetzA im Sinne einer ex ante Prognose davon ausgehen kann, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren nach der Planfeststellung zur Durchführung einer Stromleitung genutzt werden. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 nimmt Bezug auf § 43c Nr. 1 EnWG, hiernach beträgt die Frist zur Ausnutzung des Planfeststellungsbeschlusses zehn Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere fünf Jahre. In Anlehnung an diese Vorschrift soll für die Bedarfsprognose zur Ausnutzung der Planfeststellung der später durchzuführenden Leitung ein Zeitraum von 15 Jahren maßgeblich sein, auch wenn der konkrete Planfeststellungsbeschluss durch die Durchführung des Vorhabens, welches mit dem Leerrohr genehmigt wurde, unbeschränkte Gültigkeit erlangt.45 Die zweite Tatbestandsvoraussetzung der sog. vorausschauenden Planung nach Nr. 2 ist ungleich komplexer als die nach Nr. 1. Sie erfordert zunächst eine gut nachvollziehbare Darlegung des Antragstellers in den Antragsunterlagen, die der BNetzA die Prüfung im Einzelfall und eine entsprechende Prognoseentscheidung ermöglicht. Dem Vorhabenträger ist es versagt, eine Planung für noch nicht hinreichend sicher prognostizierbare Bedürfnisse durchzufuhren.46 Der Bedarf an Leerrohren muss zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses gegeben sein und das Vorhaben muss innerhalb eines gesetzlich vorgegebenen Zeitraums rechtlich und tatsachlich realisierbar sein.47 Dies ist in den Fällen unproblematisch, in denen der Gesetzgeber die Kennzeichnung für Leerrohre im Bundesbedarfsplan vorgenommen hat und im Rahmen der sog. vorausschauenden Planung auf diese verwiesen werden kann. In den Fällen, in denen keine gesetzliche Kennzeichnung vorliegt, muss auf die Netzentwicklungspläne zurückgegriffen werden. Entscheidender Anhaltspunkt sind die Netzentwicklungspläne nach den §§ 12b und 12c EnWG, wobei auch das jeweils langfristigste Szenario berücksichtigt werden kann.48 Die Netzentwicklungspläne verfügen aufgrund der Lastflussrechnungen der ÜNB und der Nachprüfung der BNetzA über hinreichend fachlich fundierte Aussagekraft, auf die sich eine Planfeststellungsbehörde bei ihrer Prognose bedenkenlos stützen kann. Dies gilt umso mehr, da die gesetzliche Regelung der Netzentwicklungsplanung in § 12b EnWG die Berechnung die Ermittlung der Bedarfe für unterschiedliche Zieljahre vorsieht, aber letztlich nur ein Zieljahr Eingang in Bedarfsplangesetzgebung findet. Der Netzentwicklungsplan enthält gemäß § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 EnWG alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der Offshore-Anbindungsleitungen. Gerade für den Bereich der stets besonders zeitkritischen Offshore-Netzanschlüsse drängt sich hierbei die Leerrohrnutzung auf, auch wenn der weitere Ausbau der Offshore-Windenergie in den Szenarien schon weitergehend berechnet wird, als der Gesetzgeber ihn bislang im Förderrecht des EEGs geregelt hat. Es kann angesichts des vorgegebenen 15-Jahre
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BT-Drucks. 19/7375, S. 77. Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429 (1431) m. w. N. Schlacke/Römling, DVBl 2019, 1429 (1431) m. w. N. BT-Drucks. 19/7375, S. 77. Riese/Nebel
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II. Erfordernis der Planfeststellung (Abs. 1)
Zeithorizonts seitens des Bundesbedarfsplangesetzes davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber seine Offshore-Ziele wie schon viele vorangehende energiepolitische Ziele fortschreibt. 53 Schwieriger darzulegen und behördlich nachzuvollziehen ist die Berücksichtigung von Fällen, die zwar Gegenstand eines im Entwurf vorliegenden, aber noch nicht bestätigten Netzentwicklungsplans oder nur Gegenstand weiterer netztechnischer Gutachten sind. Angesichts des Zeithorizonts der Netzentwicklungsplanung erscheint es zweckmäßig, diese zumindest bis zur Abfassung des Planfeststellungsbeschlusses abzuwarten und das Verfahren hinsichtlich der Leerrohre bis dahin unter dem Vorbehalt der Bestätigung des Bedarfs durchzuführen.
54 d) Sonderfall: Gesetzliche Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs (Abs. 3 Satz 2 bis 4). Abs. 3 S. 2 ändert für den Fall einer gesetzlichen Festschreibung von zusätzlichem Bedarf an Leerrohren für bestimmte Vorhaben im BBPlG das anzuwendende Verfahren. Ersten übernimmt die Prognose und Abwägung hinsichtlich der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs, die in Abs. 3 S. 1 der BNetzA überlassen wird, in diesem Fall der Gesetzgeber. Zweitens soll in den Fällen, in denen der zusätzliche Bedarf an Leerrohren vom Gesetzgeber 55 festgeschrieben ist, laut der Gesetzesbegründung der Vorhabenträger verpflichtet sein, einen Antrag auf die Mitverlegung der Leerrohre in allen Abschnitten zu stellen.49 Diese Verpflichtung gelte allerdings nicht Freileitungsabschnitt nach § 3 Abs. 2 und 3 BBPlG. Wenn die Voraussetzungen des Satz 3 nicht vorliegen, entfällt die Antragspflicht.50 Nach Abs. 3 S. 3 darf sich bei der gesetzlichen Festschreibung der sog. vorausschauenden 56 Planung die Trassenbreite im Vergleich zu den Annahmen im Bundesfachplanungsverfahren nicht wesentlich vergrößern. Dies ist nach Abs. 3 S. 4 im Planfeststellungsverfahren für die gekennzeichneten Vorhaben zu prüfen. Der Gesetzgeber will mit den Regelungen in Abs. 3 Satz 2 bis 4 die Integration von Leerrohren auch in den Vorhaben ermöglichen, in denen die Bundesfachplanung bereits abgeschlossen ist, ohne dass in den dortigen Trassenkorridoren räumlich die Leerrohre berücksichtigt worden sind. In diesen Fällen muss über die noch nicht erprobte Technik der Erdkabel auf Spannungsebene von 525 kV die Kabelanzahl halbiert werden; die Trassenbreite kann grds. nicht ohne die Durchführung eines erneuten Bundesfachplanungsverfahrens vergrößert werden. Der Gesetzgeber ist sich dabei bewusst, dass dies noch weitergehende technische Erkenntnis über 525 kV-Kabel erfordert, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vorliegen.51 Unter dieser Prämisse können die in der Bundesfachplanung geprüften Trassenkorridore auch an Engstellen für die zusätzlich erforderlichen Transportkapazitäten genutzt werden.52 Auf die Bundesfachplanung für die Leerrohre soll dann gemäß § 5a Abs. 4 S. 2 verzichtet werden.53
57 e) Verfahrensrechtliche Gleichbehandlung mit Erdkabeln (Abs. 3 S. 5). Nach Abs. 3 S. 5 sind Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens und des Planfeststellungsbeschlusses bei der sog. vorausschauenden Planung die Verlegung der Leerrohre, die spätere Durchführung der Stromleitung und deren anschließender Betrieb. Die klarstellende Aussage ist die logische Konsequenz aus der Tatbestandsvoraussetzung einer (positiven) Prognose nach S. Nr. 2, dass die BNetzA davon ausgehen können muss, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren genutzt werden. Wenn man von der Nutzung der Leerrohre ausgeht, dann muss man ihre Genehmigungsvoraussetzungen letztlich auch so prüfen, wie wenn sie genutzt würden. In der Folge 49 50 51 52 53
BT-Drucks. 19/9027, S. 18. Vgl. dazu auch Ruge, ER 04/19, 135, 137. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. BT-Drucks. 19/9027, S. 18.
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6. Verlegung von Leerrohren (Abs. 3)
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ergibt sich für die Prüfung der Zulässigkeit der Leerrohre kein anderes Prüfprogramm als für die Erdkabel selbst. Gerade hierin liegt die Vereinfachung und Beschleunigungswirkung der Norm: Es werden im selben Planungsraum dieselben Umwelteinwirkungen zu untersuchen, dieselben Belange zu prüfen und im Antrag aufzubereiten und letztlich abzuwägen sein. Die wesentliche Änderung gegenüber den Einzelvorhaben liegt in der größeren Trassenbreite.
f) Kein zusätzliches Genehmigungsverfahren (Abs. 3 S. 6). Die Aussage in Abs. 3 S. 6, 58 wonach es für die Nutzung der Leerrohre zur Durchführung einer Stromleitung und zu deren anschließendem Betrieb keines weiteren Genehmigungsverfahrens bedarf, wenn mit der Durchführung der Stromleitung innerhalb der Frist des § 43c Nr. 1 EnWG begonnen wird und sich die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Merkmale des Vorhabens nicht geändert haben, ist wiederum die logische Konsequenz aus Abs. 3 S. 1 und Satz 5. Wenn man von der Nutzung der Leerrohre ausgeht und sie entsprechend wie Stromleitungen genehmigt, dann gibt es grundsätzlich keinen weiteren Genehmigungsbedarf. Auch die mit dem Satz verbundene Klarstellung, dass der Planfeststellungvorbehalt nur 59 innerhalb der Frist nach § 43c von zehn Jahren mit 5 Jahren Verlängerungsmöglichkeit entfällt, entspricht letztlich der Tatbestandsvoraussetzung der 15-Jahresprognose nach Abs. 3 S. 1 Nr. 1. Dass sich zudem die im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegten Merkmale des Vorhabens nicht geändert haben dürfen, beinhaltet letztlich die Selbstverständlichkeit, dass die Nutzung der Genehmigung von der Genehmigung gedeckt sein muss. Die Wahrscheinlichkeit der Merkmalsänderung dürfte gering sein.54 Zwar sind unzählige Vorhaben bekannt, die nachträgliche Modifikationen erfahren haben, oft wegen Änderungen der Gesetzeslage aufgrund neuer politischer Weichenstellungen unter Beabsichtigung oder Inkaufnahme verzögernder Umplanungen. Insofern ist die Neuregelung genauso wenig vor neuer demokratischer Willensbildung geschützt wie der Rest des Gesetzes. Unterhalb dieses allgemeinen Lebensrisikos erscheint die Gefahr einer Fehlplanung jedoch relativ gering, da für wesentliche veränderte Merkmale des Vorhabens noch nicht absehbare Technologiesprünge in der Kabeltechnik dazu führen müssten, dass nun ganz andere Kabel anderer Beschaffenheit die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen.55
g) Abschnittsbildung (Abs. 3 Satz 7). Nach Abs. 3 S. 7 kann die Einbeziehung von Leerroh- 60 ren auf einzelne Abschnitte des betroffenen Vorhabens beschränkt werden. Der Satz wurde zur Klarstellung spiegelbildlich zu § § 43j Satz 4 EnWG vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden des für das Jahr 2025 geplanten Vorhabens BBPlG Nr. 1 (sog. A-Nord, Emden-Osterath) eingeführt.56 Zwar ergibt sich bereits aus der Zulässigkeit der Abschnittsbildung im Rahmen der Planfest- 61 stellung von Energieleitungen und der Gleichbehandlung von Leerrohren mit Erdkabeln, dass für Leerrohre insoweit nichts anderes gelten kann. Der Gesetzgeber entschied sich indessen, zur Klarstellung zusätzliche Regelungen in das Gesetz aufzunehmen.57
h) Verlauf der Trasse zur Verlegung von Leerrohren und von Erdkabeln (Abs. 3a). 62 Abs. 3a beschränkt den Umfang der Prüfung von Alternativen zur Verlegung von Leerrohren nach Abs. 3 und von Erdkabeln nach § 26 S. 2 zusammen mit einem Vorhaben nach § 2 Abs. 3, 5 und 6 BBPlG. Mit dieser Regelung wird die Bündelung erleichtert und bezweckt bereits untersuchte Räume für die Trassierung und den Bau von Leerrohren und Erdkabeln zu nutzen. Dies 54 55 56 57 773
A. A. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019/195 (198). Ebenso Ruge, ER 04/19, 135, 137. Vgl. die Erläuterung unter § 43j EnWG, Rn 17. BT-Drucks. 19/9027, S. 18. Riese/Nebel
§ 18 NABEG
III. Materiell-rechtliche Anforderungen
soll den Netzausbau beschleunigen und ist volkswirtschaftlich sinnvoller sowie umweltverträglicher als die getrennte Realisierung von zwei Vorhaben.58 63 Gemäß Abs. 3a S. 1 und 2 ist bei mitzurealisierenden Leerrohren und Erdkabeln der Trassenkorridor des Vorhabens zu beachten und die Alternativenprüfung zur Verlegung von Leerrohren und Erdkabeln grundsätzlich auf den Trassenkorridor beschränkt. 64 Hiervon abgewichen werden kann nach Abs. 3a S. 3 lediglich beim Vorliegen zwingender sachlicher oder rechtlicher Gründe. Dies stellt eine Sonderregelung zum UVPG dar.59 In Abs. 3a S. 4 werden beispielhaft rechtliche Gründe für das Abweichen genannt. Zwingende rechtliche Gründe sind insbesondere solche des Arten- und Gebietsschutzes.60 Die Aufzählung ist nicht abschließend, sodass auch in vergleichbaren Fällen von dem Trassenkorridor abgewichen werden kann.61 Als zwingende technische Gründe führt die Gesetzesbegründung exemplarisch technische Restriktionen oder Engstellen an, an denen eine Mitverlegung aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht möglich ist.62 Bei dieser Prüfung zur Verlegung von Leerrohren bzw. Erdkabeln ist nicht nur das mitzurealisierende Leerrohr bzw. Erdkabel zu betrachten. Maßgeblich ist die Kombination aus dem Leerrohr bzw. Erdkabel und dem Vorhaben der Bundesfachplanungsentscheidung.63
III. Materiell-rechtliche Anforderungen 1. Planrechtfertigung 65 a) Grundsätze. Die Eingriffswirkung der begehrten Verwaltungsentscheidung macht es erforderlich, dass das geplante Vorhaben gerechtfertigt ist.64 Hoheitliche Planung trägt ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst.65 Die Verwirklichung einer Hochspannungsleitung in Übereinstimmung mit den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG muss einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität dienen und objektiv erforderlich, d. h. vernünftigerweise geboten sein.66 Diese Anforderung der Planrechtfertigung hat ihren Ursprung im Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit in § 1 Abs. 3 BauGB und ist dann unter dem Begriff der Planrechtfertigung in das Planfeststellungsrecht übernommen worden. Im Rahmen der Planrechtfertigung ist nur die generelle Vollzugsfähigkeit der Planung zu prüfen, es handelt sich um eine erste Planungsschranke; die Erforderlichkeit stellt in diesem Zusammenhang nur ein grobes Raster dar.67 Die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung sind nach den Maßstäben des Abwägungsgebots zu bewerten.68 Zwar darf die Planrechtfertigung nicht mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung und einer etwaigen Alternativen- oder Variantenprüfung verwechselt werden. Einzelheiten des Trassenverlaufs und der Ausgestaltung der Trasse sind Gegenstand der planfeststellungsrechtlichen Entscheidung, können aber nicht die Planrechtfertigung als Ganzes in Frage stellen Der praktische Nutzen der dogmatischen Abgren58 59 60 61 62 63 64 65 66
BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BT-Drucks. 19/23491, S. 40. BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; vgl. auch Ramsauer/Bieback, NVwZ 2002, 277, 280. VGH Kassel, Beschl. v. 19.4.1984 – 2 TH 91/83 –. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –; BVerwG, Beschl. v. 9.9.1988 – 4 B 37/88 –; BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4/10 –. 67 Vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 16.9.2011 – 1 C 11114/09 –. 68 BVerwG, Beschl. v. 16.3.2006 – 4 BN 38/05 –; BVerwG, Urt. v. 18.3.2004 – 4 CN 4/03 –; BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01 –; BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 – 4 CN 14/00 –. Riese/Nebel
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1. Planrechtfertigung
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zung zwischen Anforderung der Planrechtfertigung und der Abwägungskontrolle sollte nicht überwertet werden. Gerade in der Praxis der energierechtlichen Planfeststellung spielt die Planrechtfertigung eine nur untergeordnete Rolle.69 Dies hängt damit zusammen, dass der Bau einer Leitung in der Regel auf objektiv vorliegende Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, etwa den Ausbau einer bestimmten Leitung oder den Anschluss eines Kraftwerkes. Die vernünftigen Gründe resultieren beinahe zwangsläufig aus diesen Rahmenbedingungen. Die Planrechtfertigung hat in erheblichem Maße ein prognostizierendes Element. Denn 66 zum Zeitpunkt der Beantragung und auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ist nicht absehbar, ob die Leitung tatsächlich errichtet wird. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund in § 43c Nr. 1 EnWG ausdrücklich eine zehnjährige Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit Verlängerungsmöglichkeit angeordnet. Aus dem langen Zeitraum wird deutlich, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass die Notwendigkeit einer gesicherten Planung ein Planfeststellungsverfahren erforderlich macht, ohne dass mit Sicherheit von einer Realisierung des Vorhabens ausgegangen werden muss. Die Planrechtfertigung muss der Vorhabenträger in seinem Antrag auf Planfeststellung oder 67 Plangenehmigung belegen. Hierzu werden im Regelfall Netzstudien beizubringen sein, aus denen hervorgeht, dass weitere Leitungskapazitäten notwendig sind oder beispielsweise Dienste für die Netzstabilität geleistet werden.
b) Planrechtfertigung bei gesetzlicher Bedarfsplanung. Die Feststellung der energiewirt- 68 schaftlichen Notwendigkeit kann auch in einem vorgelagerten Verfahren erfolgen.70 Dieser Aufgabe hat sich der Gesetzgeber im Rahmen einer gesetzlichen Bedarfsplanung angenommen. Ein gesetzlicher Bedarfsplan ist die Anlage des EnLAG sowie der Bundesbedarfsplan.71 Für die Sicherstellung der Energieversorgung als eine Aufgabe der Daseinsversorgung von größter Bedeutung72 müssen bei leitungsgebundenen Vorhaben nach EnWG und/oder NABEG umfassend energiepolitische und energiewirtschaftliche Ziele, Prognosen und Zweckvorstellungen geprüft werden.73 Die vorgelagerte Bedarfsprüfung bietet ein gewisses Beschleunigungspotenzial – vor allem aber Planungs- und Investitionssicherheit. Im Falle der legislativen Bedarfsfeststellung ersetzt diese die exekutive Prüfung der Plan- 69 rechtfertigung im Planfeststellungsverfahren.74 EnLAG (§ 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2) und Bundesbedarfsplan statuieren, dass die enthaltenen Vorhaben den Zielsetzungen des § 1 EnWG entsprechen und dass für sie die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf feststehen. Die Feststellung ist für die Planfeststellung und die Plangenehmigung verbindlich.75 Eine Prüfung der Planrechtfertigung im Rahmen des Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens und der gerichtlichen Kontrolle ist weder erforderlich noch zulässig.76 Die fachgerechte Prüfung beschränkt sich in diesen Fällen auf die Frage, ob der Gesetzgeber 70 mit der Bedarfsfeststellung die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat.77 69 70 71 72 73 74
Vgl. Schiller, UPR 2009, 245 ff. Mit einem Vorschlag für ein Bedarfserörterungsverfahren, Burgi, NVwZ 2012, 277 ff. Vgl. dazu § 12e EnWG. OVG NRW, Urt. v. 21.12.2007 – 11 A 1194/02 –. A. A. Schneller, DVBl. 2007, 529, 536. Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –; vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.1.2007 – 9 B 14/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 –; BVerwG, Beschl. v. 24.5.2012 – 7 VR 4/12 –; vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –; Schirmer, DVBl. 2010, 1349, 1351. 75 BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –; zur Überwindung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung in der Abwägung BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 26/94 –; Steinberg, ZuR 2011, 340, 341. 76 Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, § 43 Rn 17a. 77 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2005 – 9 A 33/04 –; Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99 –. 775
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
Davon kann nur ausgegangen werden, wenn die Feststellung des Bedarfs offensichtlich unsachlich ist und wenn es für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte.78 Bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Bedarfsplangesetzes muss ein gerichtliches Verfahren ausgesetzt und das Gesetz dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt werden.
2. Beachtung zwingenden Rechts 71 Das Planfeststellungsverfahren ist inhaltlich umfassend. Der Planfeststellungsbeschluss muss im Ergebnis alle relevanten Gesichtspunkte, die für und gegen die Errichtung der Leitung gerade in der vom Vorhabenträger vorgeschlagenen Trasse sprechen, berücksichtigen. Die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses umfasst die materiell-rechtlichen Anforderungen aller einschlägigen Gesetze. Sie ergibt sich über die Verweiskette der §§ 18 Abs. 3 NABEG und 43 S. 6 EnWG aus § 75 Abs. 1 VwVfG.79
72 a) Bindungswirkung der Bundesfachplanung. In der Bundesfachplanung erfolgt eine verbindliche Grobtrassenplanung für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 1). Die BNetzA bestimmt dazu in der Bundesfachplanung die Trassenkorridore der im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen (§ 4 S. 1 und § 2 Abs. 1 S. 1). Sie prüft insbesondere die Raumverträglichkeit des Trassenkorridors (§ 5 Abs. 1 S. 3). Der Schwerpunkt der Bundesfachplanung liegt in der Prüfung, ob der Trassenkorridor mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt und in der Abstimmung des Trassenkorridors mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. (§ 5 Abs. 2 S. 1). 73 Die Feststellung bzw. Herstellung der Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors dient der Trassensicherung für die späteren Planfeststellungsverfahren.80 Abweichend von § 15 Abs. 1 S. 1 ROG i. V. m. § 1 S. 1 und S. 3 Nr. 14 RoV findet daher gem. § 28 ein Raumordnungsverfahren für die Errichtung oder die Änderung von Höchstspannungsleitungen, für die im Bundesnetzplan Trassenkorridore oder Trassen ausgewiesen sind, nicht statt.81 Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ist die Entscheidung nach § 12, mit der die BNetzA einen bestimmten 74 Trassenkorridor festlegt, für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren, in denen nach § 18 Abs. 1 über die Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs oder der Änderung des Vorhabens entschieden wird, verbindlich. „Verbindlichkeit“ bedeutet, dass die Trasse der Stromleitung innerhalb des Korridors zu verlaufen hat, der zuvor im Verfahren der Bundesfachplanung bestimmt worden ist. Eine Trassierung der Ausbaumaßnahme außerhalb dieses Korridors ist ausgeschlossen. Die Stromleitung, einschließlich des Sicherheitsabstands, darf den ausgewiesenen Korridorraum nicht verlassen. Sie darf außerhalb des Korridors weder per Planfeststellung zugelassen noch real verwirklicht werden.82 75 Innerhalb dieses Korridors verbleibt der Planfeststellungsbehörde ein eigener planerischer Gestaltungsfreiraum, um den Trassenverlauf auf Grundlage des Abwägungsmaterials der Bundesfachplanung in der Planfeststellung parzellenscharf festzulegen.
78 79 80 81 82
Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.5.2008 – 9 A 68/07 –; Beschl. v. 16.1.2007 – 9 B 14/06 –. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 18. BT-Drucks. 17/6073, S. 24. Vgl. dazu die Kommentierung zu § 28. Vgl. die § 5 Rn 117 sowie § 15 Rn 16 m. z. N.
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2. Beachtung zwingenden Rechts
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b) Bindung an die Ziele der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren (Abs. 4 S. 2 bis S. 6) aa) Einordnung und Ziel der Regelungen. Seit Inkrafttreten des NABEG bestand im Schrift- 76 tum und in der Praxis erhebliche Uneinigkeit darüber, mit welchem Gewicht Ziele der Raumordnung in die Entscheidungen der BNetzA über den Verlauf eines raumverträglichen Trassenkorridors in der Entscheidung über die Bundesfachplanung eingehen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1).83 Der Gesetzgeber hat das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.201984 zum Anlass genommen, die Bindung der Bundesfachplanung an die Ziele der Raumordnung und damit das Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Bundesfachplanung in § 5 Abs. 2 S. 2 bis S. 6 einer neuen eigenständigen Regelung zu unterziehen.85 Die Ergänzung in Abs. 4 S. 2 bis 6 regelt nunmehr spiegelbildlich das Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Planfeststellung und zwar für den Fall, dass eine eigenständige Prüfung der Übereinstimmung des Vorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auf der Ebene der Planfeststellung erfolgen muss. Insofern entsprechen die Regelungen in Abs. 4 S. 2 bis 8 den Regelungen in § 5 Abs. 2 und 77 Abs. 3,86 d. h. das Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Bundesfachplanung entspricht grds. dem Prüfprogramm der BNetzA im Rahmen der Planfeststellung. Während allerdings in der Bundesfachplanung der Trassenkorridor betrachtet wird, bezieht sich die Prüfung in der Planfeststellung auf die Trasse; bei Engstellen kann eine Trasse raumverträglich, der Trassenkorridor jedoch mangels Übereinstimmung des Vorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung unverträglich sein. Mit der neuen Regelung in Abs. 4 S. 2 bis 6 wird der herausgehobenen Bedeutung der 78 landesplanerischen Ziele im Planfeststellungsverfahren Rechnung getragen. Konflikte mit Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung und Bauleitplanungen sollen im Prozess der Trassenfestlegung vermieden werden. Eine rechtliche Bindungswirkung entfalten die Ziele der Raumordnung im Rahmen der Planfeststellung nur, wenn die BNetzA bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans beteiligt wurde und keinen fristgemäßen Widerspruch gegen die Ziele der Raumordnung eingelegt hat.87
bb) Raumordnungsrechtlicher Konfliktlösungsmechanismus. In der Regel erfolgt die Prü- 79 fung der Raumverträglichkeit des Vorhabens auf der Ebene der Bundesfachplanung. § 5 Abs. 2 enthält einen Konfliktlösungsmechanismus für laufende (also noch nicht abgeschlossene) Bundesfachplanungsverfahren, in denen ein in Aussicht genommener Trassenkorridor auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung trifft, die entweder in bereits existierenden Raumordnungsplänen festgelegt (sog. präexistente Raumordnungsziele) oder Gegenstand eines noch in Aufstellung befindlichen Raumordnungsplans sind. Demgegenüber regelt § 15 Abs. 1 S. 2 das Verhältnis abgeschlossener Bundesfachplanungen zu nachfolgenden, mit dem festgelegten Trassenkorridor unverträglichen Landesplanungen, wozu auch die Aufstellung neuer und die Änderung oder Ergänzung bestehender Raumordnungspläne gehören können.88 Der Widerspruch nach § 5 Abs. 2 und die daneben bestehende Möglichkeit einer Zielabwei- 80 chung nach § 6 ROG wirken nicht nur für die Bundesfachplanung, sondern auch für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Wenn die BNetzA mit diesen Werkzeugen bereits im Rah83 84 85 86 87 88 777
Vgl. dazu die Darstellung und Nachweise unter § 5 Rn 70 ff. BGBl. I 2019 S. 706. Vgl. dazu die Ausführungen unter § 5 Rn 70 ff. Vgl. dazu die Ausführungen unter § 5 Rn 70 ff sowie § 15 Rn 13 ff. BR-Drucks. 19/7375, 78. Eingehend dazu § 15 Rn 31 ff. Riese/Nebel
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
men der Bundesfachplanung operiert, bedarf es somit später keines erneuten Tätigwerdens auf der Ebene der Planfeststellung.89 Verzichtet die BNetzA nach § 5a auf die Durchführung der Bundesfachplanung, können Widerspruch und Zielabweichung dagegen nur im Planfeststellungsverfahren zur Anwendung kommen. Grundlage hierfür ist die neue Regelung in Abs. 4 S. 2 bis 6. Bei dem Konfliktlösungskonzept in Abs. 4 S. 2 bis 6 hat sich der Gesetzgeber für eine Widerspruchslösung entschieden.90 Uneingeschränkte Bindungswirkung sollen Ziele der Raumordnung für die Bundesfachplanung nur entfalten, wenn die BNetzA bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans beteiligt worden ist und den raumordnerischen Zielfestlegungen des Plans nicht widersprochen hat (Abs. 4 S. 2). Der Widerspruch lässt die Bindungswirkung des Ziels der Raumordnung gegenüber der BNetzA nicht entstehen, wenn das Ziel der Bundesfachplanung entgegensteht (Abs. 4 S. 3). Macht die Bundesfachplanung nachträglich ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich, kann die BNetzA nachträglich widersprechen (Abs. 4 S. 4). Im Sinne eines länderfreundlichen Verhaltens kann der Widerspruch nicht zum Standardrepertoire der BNetzA gehören, sondern er muss auf Ausnahmefälle beschränkt werden, die jeweils einen erhöhten Begründungsaufwand erfordern. Die Überwindung landesplanerischer Raumordnungsziele darf immer nur ultima ratio sein, wenn andere Möglichkeiten, die gegenläufigen Interessen im Sinne praktischer Konkordanz planerisch sinnvoll miteinander in Einklang zu bringen, ausscheiden.91 Bei der Anwendung der neuen Vorschriften sind insofern drei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Bei präexistenten Raumordnungszielen „alter“ Raumordnungspläne gilt: Bei Raumordnungsplänen, die aufgestellt, geändert oder ergänzt wurden, bevor der BNetzA die Aufgabe der Planfeststellung durch die Planfeststellungszuweisungsverordnung vom 23. Juli 201392 übertragen wurde, sind die Ziele folglich nicht zu beachten, sondern nur zu berücksichtigen, da die BNetzA keine Möglichkeit hatte, sich bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Raumordnungsplans im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach dem NABEG zu beteiligen.93 Konkret bedeutet dies, dass Ziele „alter“ Raumordnungspläne im Rahmen der Abwägung nach Abs. 4 S. 1 durch höher zu gewichtende Belange des Stromnetzausbaus überwunden werden können. Um diese Rechtsfolge herbeizuführen, bedarf es keines (nachträglichen) Widerspruchs der BNetzA. Die Notwendigkeit eines Widerspruchs sieht Abs. 4 S. 2 nur in Fällen vor, in denen die BNetzA bei der Aufstellung des betreffenden Raumordnungsplans beteiligt worden ist.94 Für den anfänglichen Widerspruch gilt: Ist die BNetzA hingegen im Aufstellungsverfahren für einen Raumordnungsplan beteiligt worden, kann sie sich von der Bindungswirkung raumordnerischer Zielfestlegungen, die der Bundesfachplanung entgegenstehen, nach Abs. 4 S. 2 mit dem Mittel des Widerspruchs befreien. Der Widerspruch bewirkt, dass die strikte Verbindlichkeit, die Raumordnungszielen sonst nach § 4 Abs. 1 ROG zukommt, gegenüber der BNetzA nicht entsteht. Rechtsfolge ist, dass das raumordnerische Ziel in der Bundesfachplanung keine Beachtung – und damit keine uneingeschränkte Durchsetzung – verlangt, sondern in der Abwägung nach Abs. 4 S. 1 zu berücksichtigen ist (Abs. 4 S. 3). Nach Abs. 4 S. 3 lässt der Widerspruch gegen Ziele der Raumordnung deren Bindungswirkung im Verhältnis zur BNetzA nur dann nicht entstehen, wenn das betreffende Ziel der Bundesfachplanung entgegensteht. Bei dem Begriff des „Entgegenstehens“ handelt es sich um ein offenes, ausfüllungsbedürftiges Merkmal. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesbegründung ver89 90 91 92 93 94
BT-Drucks. 19/7375, S. 70. Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (199). Vgl. dazu die Ausführungen und Nachweise bei § 5 Rn 84. BGBl. I S. 2582. BR-Drucks. 19/7375, 78. Im Ergebnis entspricht dieser Ansatz einer Lösung, die unter der früheren Fassung des NABEG im Schrifttum auch zu § 5 ROG vertreten wurde, vgl. dazu die Nachweise bei § 5 Rn 74. ff. Riese/Nebel
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2. Beachtung zwingenden Rechts
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weisen hierzu auf die Anforderungen, von denen der Gesetzgeber die Begründetheit eines Widerspruchs gegen Raumordnungsziele in § 5 Abs. 2 ROG abhängig gemacht hat. Nach der Gesetzesbegründung ist ein Entgegenstehen anzunehmen, wenn die Beachtung des Raumordnungsziels zu einer Gefährdung oder zumindest zu einer deutlichen Erschwerung der Planfeststellung führt.95 Werden die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen in das Planfeststellungsverfahren integriert, gilt die Widerspruchsmöglichkeit auch für deren Standorte.96 Der Widerspruch kann bei verschiedenen Trassen- bzw. Standortalternativen bereits vor der abschließenden Alternativenentscheidung eingelegt werden, sofern zumindest eine Trasse bzw. ein Standort mit einem Zielkonflikt belegt ist. Wird der Widerspruch vor der abschließenden Alternativenentscheidung eingelegt und kommt die betreffende Alternative dann im Ergebnis der Planfeststellung nicht zum Tragen, läuft der Widerspruch ins Leere.97 Nach Abs. 4 S. 2 muss der Widerspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem die BNetzA im Aufstellungsverfahren für den Raumordnungsplan beteiligt und über das rechtsverbindliche Ziel unterrichtet worden ist, erhoben werden. Der nachträgliche Widerspruch gilt in dem Fall, dass erst nach Erlass des Raumordnungsplans im weiteren Verlauf des Bundesfachplanungsverfahrens Zielkonflikte sichtbar werden, die ein Abweichen von Zielen der Raumordnung erforderlich machen. Wird ein anfänglicher Widerspruch verspätet – also nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist, aber noch im laufenden Aufstellungsverfahren für den Raumordnungsplan – erhoben, ist er wie ein nachträglicher Widerspruch zu behandeln.98 Der nachträgliche Widerspruch bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Zustimmungserfordernis trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der nachträgliche Widerspruch gegen einen bereits bestehenden oder im Planungsprozess weit fortgeschrittenen Raumordnungsplan richtet und damit einen besonders gravierenden Eingriff in die Planungskompetenz der Länder darstellt. Mit dem nachträglichen Widerspruch und dem anschließenden Planfeststellungsbeschluss wird ein bestehender Raumordnungsplan punktuell unrichtig, weil die Option einer dort nicht vorgesehenen Nutzung (Errichtung oder Ausbau einer bestimmten Höchstspannungsleitung) eröffnet wird, durch deren Realisierung entgegenstehende Nutzungen, die durch den Raumordnungsplan ermöglicht werden sollten, ausgeschlossen werden. Außerdem können sich nach Abs. 4 S. 5 – u. U. beträchtliche – Kostenfolgen für den Bundeshaushalt ergeben. Muss der betroffene Raumordnungsplan nämlich infolge des nachträglichen Widerspruchs geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die BNetzA die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Neben dem Widerspruch kommt nach Abs. 4 S. 6 auch die Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens nach § 6 ROG in Betracht. Beide Konfliktlösungswege stehen der BNetzA wahlweise nebeneinander zur Verfügung.99 Zu erwarten ist allerdings, dass in der Praxis von der Zielabweichung nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden wird. Der Vorteil der Widerspruchslösung liegt darin, dass die BNetzA durch einfache Erklärung gegenüber der Raumordnungsbehörde den Eintritt der Bindungswirkung nach § 4 Abs. 1 ROG verhindern oder eine entsprechende schon bestehende Bindungswirkung aufheben kann. Die Entscheidung darüber, ob die Zielbindung entsteht oder aufrechterhalten bleibt, liegt hier somit nicht in der Hand der (Landes-)Behörde, die den Raumordnungsplan aufstellt oder aufgestellt hat, sondern bei der BNetzA. Da der Widerspruch kraft Gesetzes, d. h. ohne ein eingeschobenes weiteres Verwaltungsverfahren, unmittelbar wirksam wird, wird der Fortgang der Bundesfachplanung durch ihn nicht gehemmt. Anders stellt sich die Situation dagegen bei der Zielabweichung dar. Bei ihr 95 96 97 98 99 779
BT-Drucks. 19/7375, S. 78. BT-Drucks. 19/7375, S. 78. BT-Drucks. 19/7375, S. 78. BT-Drucks., 19/7375, S. 78. BT-Drucks., 19/7375, S. 78. Riese/Nebel
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handelt sich um ein landesgesetzlich geregeltes Verfahren in der Zuständigkeit von Landesbehörden. Durch Zwischenschaltung dieses Verfahrens wird die Entscheidungsbefugnis für einen wesentlichen Prüfaspekt der Bundesfachplanung der BNetzA entzogen und den Raumordnungsbehörden der Länder zugewiesen.100
93 c) Berücksichtigung städtebaulicher Belange (Abs. 4 S. 7 bis 8). Zu den öffentlichen Belangen, die die BNetzA im Rahmen der Planfeststellung zu berücksichtigen hat, gehören nach Abs. 4 S. 7 auch städtebauliche Belange. Auch diesbezüglich bestanden seit Inkrafttreten des NABEG bestanden im Schrifttum und in der Praxis unterschiedliche Ansichten. Unterschiedlich beurteilt wurde, inwieweit Konflikte zwischen Bauleitplanung und Bundesfachplanung nach § 15 Abs. 1 S. 2101 oder mit Hilfe des einschlägigen bauplanungsrechtlichen Instrumentariums, namentlich §§ 7 und 38 BauGB, zu bewältigen seien.102 Diese Auseinandersetzung hat sich mit der Einfügung der Regelungen in Abs. 4 S. 7 bis 8 erledigt. Abs. 4 S. 7 ordnet an, dass zu den öffentlichen Belangen, die von der BNetzA im Rahmen 94 der Planfeststellung abwägend zu berücksichtigen sind, insbesondere auch städtebauliche Belange gehören. Städtebauliche Belange ergeben sich insbesondere aus den Darstellungen bzw. Festsetzungen von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen, aus § 34 BauGB für den unbeplanten Innenbereich, aus § 35 BauGB für den Außenbereich, aus sonstigen Satzungen nach dem BauGB sowie aus sonstigen städtebaulichen Planungen der Gemeinden.103 Nach Abs. 3 S. 1 sind städtebauliche Belange in der Planfeststellung (lediglich) zu be95 rücksichtigen. Sie genießen also grundsätzlich keinen Vorrang vor den Belangen des Stromnetzausbaus. Der Konflikt zwischen dem energiewirtschaftlichen Interesse, das fragliche Gebiet für eine künftige Höchstspannungsleitung planerisch in Beschlag zu nehmen, und entgegenstehenden bauplanerischen Vorgaben soll vielmehr dadurch bewältigt werden, dass der städtebauliche Nutzungsanspruch mit dem ihm jeweils zukommenden Gewicht in die Abwägungsentscheidung in der Planfeststellung nach Abs. 4 S. 1 eingeht. Damit hat sich der Gesetzgeber hier gegen eine Widerspruchslösung entschieden, wie sie Abs. 4 S. 2 bis 6 für den Umgang mit Zielen der Raumordnung vorsieht. 96 Wenn der Planfeststellungsbeschluss nach den §§ 18 ff von Darstellungen oder Festsetzungen eines Flächennutzungs- oder Bebauungsplans abweichen, führt dies in der Sache dazu, dass die einschlägige Bauleitplanung „überplant“ wird. Denn damit wird planerisch eine Nutzungsoption (Errichtung oder Ausbau einer bestimmten Höchstspannungsleitung) eröffnet, die der Bauleitplan selbst nicht vorsieht. Zugleich können Nutzungen, die nach dem Flächennutzungs- oder Bebauungsplan zulässig sein sollen, aber mit dem Stromleitungsprojekt unverträglich sind, unmöglich gemacht oder erschwert werden. Auch für Eigentümer betroffener Grundstücke und andere Nutzungsberechtigte können sich gravierende Konsequenzen ergeben. 97 Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber in Abs. 4 S. 8 eine Regelung zum Ersatz von Aufwendungen und Kosten geschaffen, die durch die notwendige Aufstellung eines neuen oder die erforderliche Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines bestehenden Bauleitplans entstehen können. Die Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass die Anpassung betroffener Flächennutzungs- oder Bebauungspläne in solchen Fällen nicht Ausdruck eigener Planungsaktivitäten der Gemeinde, sondern Folge der energiewirtschaftlichen Planfeststellung und damit nicht dem kommunalen Planungsträger zuzurechnen ist. Deshalb wäre es unangemessen, wenn dieser die daraus resultierenden Aufwendungen und Kosten zu tragen hätte. Er-
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Vgl. dazu die Ausführungen und Nachweise bei § 5 Rn 82 m. w. N. Siehe dazu die Darstellung in der Vorauflage, § 15 Rn 56. Siehe dazu im Einzelnen die Darstellung in der Vorauflage, § 15 Rn 57 ff. BT-Drucks. 19/7375, S. 78.
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2. Beachtung zwingenden Rechts
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stattungspflichtig ist in entsprechender Anwendung von § 7 S. 6 und § 37 Abs. 3 BauGB der Vorhabenträger, d. h. der jeweils zuständige ÜNB sein.104
b) Umweltverträglichkeitsprüfung aa) Allgemeines. Die UVP ist ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen (§ 4 UVPG). Die UVP wird unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt (§ 18 UVPG). Tatsächlich ist die UVP mittlerweile der zentrale Bestandteil eines Planfeststellungsverfahrens. Denn die Umweltverträglichkeit steht ebenso im Mittelpunkt der rechtlichen Erwägungen und Abwägungen wie im Mittelpunkt der öffentlichen Erörterung. Der Zweck der UVP eines Hochspannungsleitungsvorhabens ist es, sicherzustellen, dass zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen, die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet und die Ergebnisse der durchgeführten Umweltprüfungen so früh wie möglich berücksichtigt werden. Die UVP umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UVPG), Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UVPG), Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UVPG), kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 UVPG) sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 UVPG). Grds. ist, um Verwirrungen bei den Begrifflichkeiten zu vermeiden, klarzustellen, dass generell zwischen einer Umweltverträglichkeitsuntersuchung und der UVP zu unterscheiden ist. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist Bestandteil der Antragsunterlagen und wird vom Antragsteller (Vorhabenträger) und den Gutachtern, die der Vorhabenträger beauftragt hat, erarbeitet. Die insoweit vom Vorhabenträger anzufertigende Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist Bestandteil der Antragsunterlagen. Die UVP selbst obliegt der Behörde. Die Behörde muss die eingereichten Unterlagen einschließlich der jeweiligen Gutachten und Fachbeiträge daraufhin untersuchen, ob die Umweltverträglichkeit des Vorhabens gegeben ist. In Teilen wird anstelle der Umweltverträglichkeitsuntersuchung der Begriff der Umweltstudie verwendet, ohne dass damit ein inhaltlicher Unterschied verbunden wäre.
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bb) UVP-Pflicht. Nach § 6 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.1 des UVPG besteht eine unbedingte Ver- 104 pflichtung zur Durchführung einer UVP für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 220 kV oder mehr. Nach § 7 Abs. 1. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.2 und Nr. 19.1.3 des UVPG ist eine allgemeine 105 Vorprüfung des Einzelfalls für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des EnWG mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV und mit einer Länge von 5 km bis zu 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. Eine UVP-Pflicht im Einzelfall besteht dann, wenn das Vorhaben nach überschlägiger Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Bewertung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG) zu berücksichtigen wären. Kriterien für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ergeben sich aus der Anlage 2 UVPG. Nach § 7 Abs. 2 i. V. m. Anlage 1 Nr. 19.1.4 des UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung 106 des Einzelfalls für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne
104 So die Gesetzesbegründung zur Bundesfachplanung, vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 781
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
des EnWG mit einer Länge von weniger als 5 km und einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. 107 Wenn eine UVP bereits im Rahmen des Raumordnungsverfahrens durchgeführt worden ist, kann sie im Planfeststellungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt werden (§ 49 Abs. 2 UVPG).105 Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Untersuchungstiefe der UVP auf den jeweiligen Planungsstand abgestimmt wird und keine einseitige Verlagerung der UVP in die eine oder andere Planungsstufe erfolgt. Auch ist es wichtig, dass Unterlagen, auf die sich der Vorhabenträger oder die Planfeststellungsbehörde berufen, nicht veraltet sind. Eine Aussage darüber, ab welchem Zeitraum Unterlagen überarbeitet werden müssen, kann nicht getroffen werden. Dies hängt von dem jeweiligen fachlichen Gegenstand ab.
108 cc) Verfahren. Die UVP beginnt damit, dass die zuständige Planfeststellungsbehörde auf Antrag des Vorhabenträgers eines Vorhabens oder auf dessen Ersuchen um Unterrichtung über den Untersuchungsumfang nach § 5 UVPG oder von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens feststellt, ob nach den §§ 6-14 UVPG für das Energieleitungsvorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP besteht (§ 5 Abs. 1 S. 1 UVPG). 109 Ist dies der Fall, ist eine entsprechende UVP mit vorgeschalteter Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.
110 dd) Variantenprüfung. Die Vorschrift zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung verlangt vom Vorhabenträger u. a. die Prüfung etwaiger technischer Varianten.106 Dabei geht es um Varianten innerhalb des gleichen Vorhabens. Nicht erforderlich ist eine Prüfung eines vollständig neuen Vorhabens als Alternative zu dem angestrebten Vorhaben. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geht es also nicht darum, die Planrechtfertigung erneut zu hinterfragen. Auch ist eine sog. Null-Variante – also der Verzicht auf das Vorhaben insgesamt – nicht Gegenstand einer Variantenprüfung.
111 c) Naturschutzrecht. Innerhalb der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist die naturschutzfachliche Bewertung des Vorhabens von zentraler Bedeutung. Das Naturschutzrecht basiert auf einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen. Oftmals geregelt auf europarechtlicher Grundlage finden sich bundesrechtliche und landesrechtliche Vorschriften. Insbesondere gilt es, folgende Schutzbereiche oder Schutzgebiete im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu betrachten: – FFH-Gebiete, – Vogelschutzgebiete (SAP), – Naturschutzgebiete, – Landschaftsschutzgebiete, – Biotope.
112 aa) Europäischer Gebietsschutz – FFH-Gebiete. Die rechtlichen Grundlagen des europäischen Gebietsschutzes beruhen auf der RL 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) sowie der RL 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VS-Richtlinie). In diesen Richtlinien hat die Europäische Union ein gestuftes Schutzregime für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten vorgeschrieben. 105 Landmann/Rohmer/Wulfhorst, UVPG, § 16 Rn 43 f. 106 Vgl. Hoppe/Kment, UVPG, § 6 Rn 21. Riese/Nebel
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Zentrale Normen des europäischen Gebietsschutzes sind Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH- 113 Richtlinie. Sie stecken den Rechtsrahmen für die Vereinbarkeit der Zulassung von Vorhaben und Projekten mit den Zielvorgaben des europäischen Gebietsschutzes ab. Die Vorgaben des Art. 6 Abs. 3, 4 der FFH-Richtlinie werden auf nationaler Ebene in der Vorschrift des § 34 BNatSchG umgesetzt. Darüber hinaus finden sich in den Naturschutzgesetzen der Länder Bestimmungen, die inhaltlich im Wesentlichen der Vorschrift des § 34 BNatSchG entsprechen, auch wenn sie vom Wortlaut des § 34 BNatSchG teilweise leicht abweichen.107 Alle nationalen Normen sind im Lichte des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie auszulegen.
(1) Schutzsystematik des europäischen Gebietsschutzes. Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 und 2 114 BNatSchG sind Hoch- und Höchstspannungsleitungen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Die Trassen der planfestzustellenden Hoch- und Höchstspannungsleitungen sind möglichst frühzeitig auf ihre FFH-Verträglichkeit gem. § 34 Abs. 1 bis Abs. 5 BNatSchG zu untersuchen. § 34 BNatSchG erfordert eine mehrstufige Prüfungsfolge.108 In einem ersten Schritt findet 115 eine Vorprüfung – das sog. Screening – statt. Dies dient der Feststellung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen eines geschützten Natura 2000-Gebietes möglich und damit eine FFH-Verträglichkeitsprüfung notwendig ist (§ 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG).109 Ergibt die Vorprüfung, dass es anhand objektiver Umstände offensichtlich ausgeschlossen ist, dass das Vorhaben ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigt, bedarf es keiner weiteren Prüfungsschritte mehr. Anderenfalls ist die zweite Prüfungsstufe, die FFH-Verträglichkeitsprüfung, einzuleiten. Zeigt die Verträglichkeitsprüfung, dass die Errichtung, der Betrieb oder die Änderung der Hochund Höchstspannungsleitungen nicht geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet im Hinblick auf dessen Erhaltungsziele erheblich zu beeinträchtigen, ist das Vorhaben FFH-rechtlich zulässig. Kommt die FFH-Verträglichkeit zu dem Ergebnis, dass erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind, ist das Vorhaben vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG). Die Abweichungsprüfung gestattet unter engen Voraussetzungen – auf der letzten Prüf- 116 stufe – die ausnahmsweise Zulassung der Errichtung, des Betriebs oder der Änderung der Hochund Höchstspannungsleitungen trotz der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes (§ 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG).
(2) Vorprüfung. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG müssen Vorhabenträger von Plänen und Pro- 117 jekten in einer Vorprüfung zunächst untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes überhaupt in Betracht kommen.110 Ergibt die Vorprüfung, dass die erhebliche Beeinträchtigung eines Schutzgebiets offensicht- 118 lich ausgeschlossen ist, ist die FFH-Verträglichkeit des Planes oder Projektes nachgewiesen. Kommt die Vorprüfung dagegen zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist und kann das beantragte Vorhaben ggf. gemeinsam mit anderen Plänen und Projekten die Erhaltungsziele des Natura 2000-Gebietes beeinträchtigen, ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.111
107 108 109 110 111 783
Vgl. z. B. § 48d Landschaftsgesetz NRW. Vgl. dazu: Giesberts/Reinhardt/Lüttgau/Kockler, BNatSchG § 34 Rn 1-7. Vgl. etwa Sächsisches OVG, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. Vgl. hierzu: Ruge/Kohls, ZUR 2016, S. 23 (27 f). BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. Riese/Nebel
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
Soweit aufgrund der Vorprüfung nachteilige Auswirkungen auf ein Natura 2000-Gebiet wegen der Errichtung, der Änderung oder des Betriebs einer Hoch- und Höchstspannungsleitungen zu befürchten sind, sind diese Befürchtungen durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation auszuräumen.112 Das Fehlen erheblicher Beeinträchtigungen muss positiv festgestellt werden. Dabei ist unbeachtlich, ob es sich bei den untersuchten Wirkfaktoren um direkte oder indirekte, kurzfristige oder längerfristige Einwirkungen handelt. Bei Hoch- und Höchstspannungsleitungen zeigt sich in der Praxis, dass sich die FFH-Unver120 träglichkeit oftmals aus folgenden Umständen ergibt: – Die Leitung greift unmittelbar in FFH-Gebiete ein und verursacht Flächenverluste und damit erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensraumtypen und geschützten Arten. – Die Hochspannungsfreileitung liegt in unmittelbarer Nähe eines FFH-Gebiets und wirkt sich mittelbar auf prägende Lebensraumtypen und Arten des FFH-Gebiets aus. So besteht etwa die Gefahr, dass Vögel, die innerhalb eines FFH-Gebiets ihren Lebensraum oder ihre Brutplätze haben, durch die Hochspannungsfreileitung gefährdet werden. 121 Die Auswirkungen auf ein Natura 2000-Gebiet sind folglich auch dann zu berücksichtigen, wenn die Hochspannungsfreileitung nicht direkt durch ein Natura 2000-Gebiet verläuft. 119
122 (3) FFH-Verträglichkeitsprüfung. Schutzgebiete im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG sind sowohl FFH-Gebiete als auch Vogelschutzgebiete. Beide Gebietstypen sind Bestandteil des Gebietsnetzes Natura 2000. Während FFH-Gebiete solche Gebiete sind, die in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung geführt werden (Art. 4 Abs. 2 UA 3, Abs. 5 FFH-Richtlinie), sind Vogelschutzgebiete solche Gebiete, die durch die EU-Mitgliedsstaaten als Schutzgebiete gemeldet und ausgewiesen werden (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 VS-Richtlinie).113 Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung wird untersucht, ob das Vorhaben die Erhal123 tungsziele eines Natura 2000-Gebietes beeinträchtigt. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Vorhabenträger bzw. der Planfeststellungsbehörde.114 Es ist darzulegen, dass aus wissenschaftlicher Sicht keine vernünftigen Zweifel bestehen und es zu keinen erheblichen Beschränkungen kommt.115 Untersucht wird nicht, ob das betroffene Natura 2000-Gebiet an sich beeinträchtigt wird, 124 sondern ob es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der spezifischen Erhaltungsziele des Natura 2000-Gebietes kommt.116 Als Erhaltungsziele gelten diejenigen Ziele, die im Hinblick auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines in Anhang I der FFH-Richtlinie aufgeführten natürlichen Lebensraumtyps oder einer in Anhang II der FFHRichtlinie aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind. Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes wird in Art. 1 Buchstabe e FFH-Richtlinie, der Erhaltungszustand einer Art in Art. 1 Buchstabe i FFH-Richtlinie legal definiert. Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben.117 Das Vorhaben ist unzulässig, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass eine erhebliche 125 Beeinträchtigung ausgeschlossen ist. Grundsätzlich kann jede Beeinträchtigung, die ein Erhaltungsziel nachteilig berührt, erheblich sein.118 Dabei ist das Vorhaben nicht allein, sondern in Zusammenschau mit anderen Projekten und Plänen zu betrachten (sog. Summationsbetrach112 113 114 115
BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 32 Rn 1 f. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. EuGH, Urt. v. 7.9.2004 – C-127/02 –; BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –; BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/
06 –.
116 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. 117 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 – 8 D 58/08 –. 118 BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. Riese/Nebel
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tung). Da die Erhaltungsziele der Schutzgebiete im Mittelpunkt der Prüfung stehen, müssen neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick genommen werden, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt sind.119 Eine Summationsbetrachtung ist allerdings nur insoweit möglich, als die Auswirkungen der anderen Pläne oder Projekte und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind. Das ist grds. erst dann der Fall, wenn die hierfür erforderliche Zulassung erteilt ist.120 An der gebotenen Gewissheit fehlt es, wenn bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht absehbar ist, ob und wann das weitere Projekt realisiert werden wird.121 Allerdings ist eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes dann nicht zu 126 unterstellen, wenn Schadensminderungs- und Schadensvermeidungsmaßnahmen den Eintritt einer Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes von Anfang an verhindern oder ihre negativen Auswirkungen jedenfalls so begrenzen, dass sie in Ansehung des Erhaltungsziels bzw. des Schutzzwecks als unerheblich zu bewerten sind.122 Weiterhin ist eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes nach der Recht- 127 sprechung des BVerwG auszuschließen, wenn der Beeinträchtigung lediglich ein Bagatellcharakter zukommt.123 Die Anerkennung der Bagatellschwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, der auf den gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 EUV zurückzuführen ist und unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiestes steht.124 Sind die vorhabenbedingten Zusatzbelastungen danach aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung auszulösen, ist das Vorhaben zuzulassen.125 Höchstrichterlich noch nicht endgültig geklärt ist bislang, ob auch im Rahmen der Prüfung von Bagatellschwellen das Vorhaben gemeinsam mit anderen Projekten und Plänen126 oder für sich allein127 zu betrachten ist. Für Hoch- und Höchstspannungsleitungen ist somit zu beachten, dass mit ihnen einherge- 128 hende Flächenverluste, die lediglich einen Bagatellcharakter aufweisen, nicht als erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes zu werten sind.128 Eine Überbauung eines FFH-Gebietes ist also nicht vollkommen ausgeschlossen.
(4) Abweichungsverfahren. Kann eine erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes nicht 129 ausgeschlossen werden, auch nicht durch vorhabenintegrierte Maßnahmen zur Schadenvermeidung oder Schadensminderung, muss – wenn ein positiver Planfeststellungsbeschluss ergehen soll – ein Abweichungsverfahren durchgeführt werden. Auf der Grundlage eines Abweichungsverfahrens darf ein Planfeststellungsbeschluss für 130 eine Hoch- und Höchstspannungsleitung nur erlassen werden, soweit das Projekt oder Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt oder Vorhaben verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG). 119 120 121 122
BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. BVerwG, Urt. v. 9.12.2011 – 9 B 44/11 –; Urt. v. 21.5.2008 – 9 A 68/07 –. BVerwG, Urt. v. 9.12.2011 – 9 B 44/11 –. Siehe BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller, BNatSchG, § 34 Rn 13; Landmann/ Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 34 Rn 26. 123 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 – Rn 124; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 124 BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 125 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –. 126 OVG Münster, Urt. v. 1.12.2011 – 8 D 58/08 –. 127 So BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 –; OVG Bautzen, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –; VGH Kassel, Urt. v. 19.3.2012 – 9 B 1916/11 –. 128 BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. 785
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
Verschärfte Zulassungsvoraussetzungen gelten, wenn das betroffene Natura 2000-Gebiet prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten einschließt (§ 34 Abs. 4 BNatSchG).129 Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dann nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dagegen erst nach Einholung einer Stellungnahme der EU-Kommission berücksichtigt werden. Weiterhin kann ein Planfeststellungsbeschluss für eine Hoch- und Höchstspannungsleitung auf der Grundlage eines Abweichungsverfahrens nur erlassen werden, wenn die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes Natura 2000 notwendigen Kohärenzmaßnahmen vorgenommen werden (§ 34 Abs. 5 BNatSchG). 132 Die Abweichungsprüfung umfasst damit insgesamt drei Schritte: – die abwägende Beurteilung von Abweichungsgründen, – die Prüfung weniger beeinträchtigender Alternativen und – die Ermittlung notwendiger Kohärenzmaßnahmen.130 131
133 bb) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Für die Durchführung eines erfolgreichen Abweichungsverfahrens müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses sprechen.131 Neben den ausdrücklich in § 34 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 BNatSchG benannten öffentlichen Inte134 ressen können auch sonstige, im Gesetz nicht benannte öffentliche Interessen zur Rechtfertigung der Planung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen herangezogen werden.132 Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses werden nach der Recht135 sprechung des BVerwG solche Gründe anerkannt, die in ihrer Gewichtigkeit mit den in § 34 Abs. 4 BNatSchG genannten Gemeinwohlgütern vergleichbar sind.133 Rein private Interessen vermögen, wenn ihre Realisierung nicht zugleich auch öffentlichen Interessen dient, eine positive Abweichungsentscheidung nicht zu stützen.134 In Literatur und Rechtsprechung werden u. a. die wirtschaftliche Entwicklung einer Region und die Schaffung von Arbeitsplätzen als wirtschaftlicher Grund im Sinne des § 34 Abs. 3 BNatSchG anerkannt.135 Erforderlich ist insoweit, dass das wirtschaftliche Interesse einen konkreten Bezug zum Vorhaben haben muss.136 Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass für Energieerzeugungsanlagen zwingende Gründe des öffentlichen Interesses sprechen können. Die Gewährleistung der Energieversorgung ist ein Gemeinschaftsinteresse hohen Ranges und darf vorrangig gefördert werden. Die Sicherung der Strom- und Fernwärmeversorgung ist ein öffentlicher Belang von erheblichem Gewicht, der die zu erwartenden Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets überwiegt, wenn plausibel dargelegt wird, dass das Vorhaben die Strom- und Fernwärmeversorgung sicherstelle, weil es angesichts des gesetzlich vorgesehenen Ausstiegs aus der Kernenergie und der Überalterung einiger fossiler Kraftwerke zu erheblichen Ausfällen an Kraftwerksleistung kommen werde.137
129 130 131 132 133 134
OVG Bautzen, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. Vgl. dazu zunächst: Ramsauer/Bieback, NVwZ 2002, S. 277 (278 f). Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 34 Rn 40. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. Schumacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 84; Landmann/Rohmer/Gellermann, BNatSchG, § 34 Rn 31; Jarass, NUR 2007, 371, 376. 135 BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 –; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 845. 136 BVerwG, Urt. v. 9.7.2009 – 4 C 12/07 –. 137 VGH Mannheim, Urt. v. 20.7.2011 – 10 S 2102/09 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5.7.2007 – OVG 2 S 25/ 07 –. Riese/Nebel
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Bei der Planung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen gilt es folglich zu bedenken, 136 dass die öffentlichen Interessen an der Errichtung der Leitungen schwerer wiegen müssen als das Integritätsinteresse des habitatrechtlichen Gebietsschutzes. Voraussetzung für eine fehlerfreie Abwägung der gegenläufigen Interessen ist, dass das zwingende öffentliche Interesse umso gewichtiger sein muss, je schwerer die Beeinträchtigung der betroffenen Naturschutzbelange ist.138 Die Gewichtung des öffentlichen Interesses muss den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung berücksichtigen.139 Gemäß § 1 S. 3 NABEG ist die Realisierung der Stromleitungen, die in den Geltungsbe- 137 reich des NABEG fallen, aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses erforderlich. Die Planfeststellungsbehörde muss daher im Einzelfall feststellen, ob die Errichtung, der Betrieb oder die Änderung der Hoch- und Höchstspannungsleitungen aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist. § 1 S. 2 stellt klar, dass das NABEG die Grundlage für einen rechtssicheren, transparenten, 138 effizienten und umweltverträglichen Ausbau des Übertragungsnetzes sowie dessen Ertüchtigung schaffen soll. Ferner verdeutlicht § 1 EnWG, dass die Herstellung einer sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung im öffentlichen Interesse steht, sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland und als auch im Hinblick auf ein künftiges europäisches Stromnetz.
cc) Alternativenprüfung. Für ein erfolgreiches Abweichungsverfahren ist es erforderlich, dass der Vorhabenträger bzw. die Planfeststellungsbehörde nachweisen, dass zumutbare Alternativen zu dem gewählten Vorhaben oder Projekt nicht bestehen.140 Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die FFH-rechtliche Alternativenprüfung nicht Teil einer planerischen Abwägung.141 Die behördliche Alternativenprüfung steht nicht im Ermessen, sie unterliegt uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle.142 Das Bestehen einer Alternative setzt voraus, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche mit ihr erreichen lassen.143 Die Alternative orientiert sich stets an dem tatsächlich beabsichtigen Vorhaben. Der Vorhabenträger muss sowohl Standort- als auch Ausführungsalternativen prüfen. Die sog. Null-Variante scheidet als Alternative aus: Denn sprechen für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob auf das Vorhaben insgesamt verzichtet werden kann.144 Die Realisierung eines anderen Vorhabens stellt ebenfalls keine Alternative zum geplanten Vorhaben dar. Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn sie auf ein anderes Projekt hinausläuft.145 Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbstständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht nicht berücksichtigt zu werden.146 Die Alternativen zu dem geplanten Vorhaben müssen zumutbar sein. Das ist gem. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG dann der Fall, wenn der mit dem Vorhaben verfolgte Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes erreicht werden kann und der Grundsatz 138 139 140 141 142 143 144 145 146 787
BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, § 34 Rn 85. Sächsisches OVG, Urt. v. 15.12.2011 – 5 A 195/09 –. Ausführlich: Hösch, UPR 2014, S. 401. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. Riese/Nebel
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
der Verhältnismäßigkeit beachtet ist. Der europarechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es rechtfertigen, dass naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen ausscheiden: Das dem Vorhabenträger zugemutete Maß an Vermeidungsanstrengungen darf nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für die betroffenen gemeinschaftsrechtlichen Schutzgüter stehen. In diesem Zusammenhang können auch finanzielle Erwägungen den Ausschlag geben. 143 Wenn eine ausführliche Alternativenprüfung bereits in der Bundesfachplanung durchgeführt worden ist, stellt sich die Frage, ob eine Alternativenprüfung überhaupt noch erforderlich ist. 144 Sofern die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde insoweit Vermerke und Handlungsempfehlungen veröffentlich hat, sind diese gem. Art. 3 GG i. V. m. der Verwaltungspraxis zu beachten.
145 dd) Kohärenzmaßnahmen. Führt die Errichtung, die Änderung oder der Betrieb einer Hochund Höchstspannungsleitung zu einer erheblichen Beeinträchtigung FFH-geschützter Gebietsbestandteile mit der Folge, dass das Schutzgebiet diese Funktion nicht mehr voll wahrnehmen kann, so kann dies nicht ohne einen Ausgleich in Kauf genommen werden.147 Der Vorhabenträger muss die Durchführung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen anbieten. Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen muss sich funktionsbezogen an 146 der jeweiligen verursachten erheblichen Beeinträchtigung ausrichten, derentwegen sie ergriffen wird.148 Die notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen können folglich nur in Abhängigkeit von der Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzgebiets identifiziert werden.149 Als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt sind beispielsweise die Wiederherstellung oder Verbesserung bestehender Schutzgebiete oder die Neuanlage von Lebensräumen. Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfach147 lichen Maßstäben zu beurteilen.150 Nach der Rechtsprechung des BVerwG sind Kohärenzsicherungsmaßnahmen dann geeignete Maßnahmen, wenn nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht.151
ee) Vermeidungsmaßnahmen, CEF-Maßnahmen 148 (1) Vogelschutz. Hochspannungsfreileitungen haben eine besondere Sensibilität im Hinblick auf den Vogelschutz. Der Schutzstatus ergibt sich aus der Ausweisung als Vogelschutzgebiet. Vogelschutzgebiete können faktische oder ausgewiesene Vogelschutzgebiete sein. Bei faktischen Vogelschutzgebieten gilt eine unbedingte Veränderungssperre. Die Realisie149 rung eines Vorhabens dürfte in diesem Fall grds. schwierig sein. Bei einem ausgewiesenen Vogelschutzgebiet kommt es auf die Festsetzungen im Einzelnen 150 an.
151 (2) Artenschutz. Im Bereich des Artenschutzes ist zu prüfen, ob durch das Vorhaben im Hinblick auf die europäisch geschützten Arten (Arten nach Anhang IV FFH-Richtlinie und die Vogelarten gem. Art. 1 der VS-Richtlinie) Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG unter Berücksichtigung der Maßgabe nach § 44 Abs. 5 und 6 BNatSchG verwirklicht werden.152 Dazu ist 147 148 149 150 151 152
BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –. BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – 9 A 20/05.
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2. Beachtung zwingenden Rechts
NABEG § 18
ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag mit den Planunterlagen einzureichen. Sind Verbotstatbestände erfüllt, ist eine Überwindung der Verbote durch eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich. Die Voraussetzungen für die Ausnahme sind in dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag darzulegen. Andere besonders geschützte Arten unterliegen im Rahmen der Planfeststellung nicht den Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverboten des § 44 BNatSchG; diese werden ausschließlich im Rahmen der Eingriffsregelung nach § 13 ff BNatSchG behandelt. Nach § 41 BNatSchG sind zum Schutz von Vogelarten neu zu errichtende Masten und techni- 152 sche Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind. An bestehenden Masten und technischen Bauteilen von Mittelspannungsleitungen mit hoher Gefährdung von Vögeln sind bis zum 31.12.2012 die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag durchzuführen.153
ff) Naturschutzrechtliche Eingriffsregelungen (1) Allgemein. Unabhängig von der Festsetzung der Ausweisung etwaiger Schutzgebiete gilt 153 das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot. Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren (§ 13 BNatSchG). Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des BNatSchG sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können (§ 14 Abs. 1 BNatSchG). Die Errichtung, Änderung oder der Betrieb der Hochspannungsleitung, ob Erdkabel oder Freileitung, sind grds. Eingriffe im Sinne des § 14 BNatSchG. Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen, § 15 Abs. 1 S. 1 BNatSchG. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind, § 15 Abs. 1 S. 2 BNatSchG. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen, § 15 Abs. 1 S. 3 BNatSchG.154 Der Vorhabenträger ist verpflichtet, solche Beeinträchtigungen zu unterlassen, die durch eine schonendere Ausführungsvariante am gleichen Standort vermieden werden können. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen), § 15 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist, § 15 Abs. 2 S. 2 BNatSchG. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist, § 15 Abs. 2 S. 3 BNatSchG. Werden die mit der Errichtung von Leitungstrassen verbundenen Eingriffe im Einzelfall nicht vollständig ausgeglichen oder kompensiert, sind sie nur zulässig, wenn die Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft gem. § 15 Abs. 5 BNatSchG ergibt, dass andere Belange im Range vorgehen. Wenn diese Belange vorgehen, sind Ersatzzahlungen gem. § 15 Abs. 6 BNatSchG zu leisten.
153 BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –. 154 Vgl. dazu auch: Weisensee, NuR 2013, S. 789. 789
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
161 (2) Ersatzgeld. Die Zahlung von Ersatzgeld wird nach § 15 Abs. 6 S. 1 BNatSchG zulässig, wenn ein Eingriff zulässigerweise durchgeführt wird, obwohl die Beeinträchtigung nicht zu vermeiden, nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen ist. Die Höhe der Ersatzzahlung richtet sich nach der Schwere und der Dauer des Eingriffs. Sie ist nach Möglichkeit vor dem eigentlichen Eingriff zu leisten. Sie umfasst die Kosten der nicht durchgeführten Ausgleichund Ersatzmaßnahmen einschließlich der Kosten für deren Planung und Erhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung des Personals und der Verwaltungskosten. Zusammengefasst handelt es sich hier um eine vollständige Kompensation zur Durchführung der Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durch die Behörde, die eigentlich durch den Vorhabenträger hätte erfolgen sollen.
162 d) Immissionsschutzrecht. Die Planfeststellungsbehörde hat zu prüfen, ob das Vorhaben den immissionsschutzrechtlichen Vorgaben entspricht. Immissionsschutzrechtlich sind vor allem die 26. BImSchV-Verordnung über elektromagnetische Felder sowie die Regeln der TA Lärm von Bedeutung.
163 aa) Elektromagnetische Felder. Die von den Hochspannungsleitungen ausgehenden elektromagnetischen Felder sind gem. § 3 Abs. 2 BImSchG Immissionen. Konkrete Vorgaben zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern ergeben sich aus § 22 Abs. 1 BImSchG i. V. m. der 26. BImSchV.155 Dort werden Grenzwerte hinsichtlich der elektrischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte von Niederfrequenzanlagen festgelegt, die im Einwirkungsbereich der Anlage in den Gebäuden oder auf Grundstücken, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, einzuhalten sind. Die Rechtsprechung erachtet diese Grenzwerte als ausreichend und dem Stand der Wissenschaft entsprechend.156 Dies gilt auch für die Befürchtung negativer Auswirkungen auf Nutztiere.157 Mit der Novellierung sind auch neue Vorgaben hinsichtlich Hochspannungsgleichstromleitungen und ein Minimierungsgebot zur Verbesserung des Schutzniveaus hinzugetreten. Die Einhaltung der magnetischen und elektrischen Feldstärkewerte gem. der 26. BImSchV muss durch den Vorhabenträger nachgewiesen werden. Die Minimierung ist ein abwägungserheblicher Belang.158
164 bb) Koronaeffekte. Von zunehmend größerer Bedeutung ist angesichts verdichteter Räume – Wohn- und Gewerbenutzung – der Schallschutz. Von Hochspannungsfreileitungen gehen, insbesondere bei sehr feuchter Witterung, Koronaeffekte aus, die knistern oder brummen. Koronaeffekte entstehen durch Entladungen an Hochspannungsleitungen; dieser Effekt tritt auf, wenn ein elektrisches Potenzialgefälle eine Ionisierung bewirkt, die für eine Funkentladung nicht ausreicht, aber stark genug ist, Geräusche zu verursachen. Maßstab für die Bewertung der Zulässigkeit des Vorhabens ist im Hinblick auf die Schall165 emissionen und die Schallimmissionen die TA Lärm. Sie schreibt an den relevanten Immissionsorten (Nr. 2.3 TA-Lärm) die höchstzulässigen Immissionsrichtwerte tags und nachts vor (Nr. 6 TA-Lärm). Der Vorhabenträger hat systematisch wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt werden 166 die Gebiete identifiziert, die einer bestimmten Art der Nutzung im Sinne der Baunutzungsver155 Vgl. allgemein zur 26. BImSchV Kutscheidt, NJW 1997, 2481. Die 26. BImSchV ist am 14.8.2013 neu gefasst worden, BGBl I 2013, 3266; Köck, ZUR 2014, 131.
156 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.1996 – 11 VR 46/95 –; Urt. v. 6.4.2017 – 4 A 1.16; VGH Kassel, Urt. v. 22.3.1993 – 2 A 3300 –, – 2 A 3316/89 –.
157 OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 1.7.2011 – 1 KS 20/10 –. 158 BVerwG, B. v. 26.9.2013 – 4 VR 1.13 –. Riese/Nebel
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3. Abschnittsbildung
NABEG § 18
ordnung zuzuordnen sind. In der Regel unproblematisch ist dies bei entsprechenden Festsetzungen in Bebauungsplänen. Fehlt eine entsprechende Festsetzung, muss anhand der tatsächlichen Gegebenheiten eine Einordnung vorgenommen werden. Im regelmäßig von Freileitungen betroffenen Außenbereich gilt der Mischgebietswert, wobei der niedrigere Nachtwert von 45 dB(A) regelmäßig maßgeblich ist.159 Im Einzelfall kann das jeweilige Schutzniveau an die tatsächlichen Umstände angepasst werden, wenn die tatsächliche oder im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung die tatsächlichen Gegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigt. Eine derartige Anpassung des Schutzniveaus – abweichend von den in den Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsarten – muss die Ausnahme bleiben und daher sorgfältig erfolgen. Maßgeblich ist, ob das Schutzniveau insgesamt tatsächlich heruntergestuft und die zulässige Schallemission hochgesetzt werden kann. Lassen die tatsächlichen Nutzungen ein derartiges Vorgehen zu, ohne dass die Interessen der Betroffenen angemessen beeinträchtigt werden, so ist dieses methodische Vorgehen grds. zulässig. Zu unterscheiden ist diese Korrektur von der Gemengelage, also wenn gewerblich, industri- 167 ell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Nr. 6.7 TA-Lärm). Dieses Aufeinandertreffen hat zur Folge, dass sich das regelhaft vorgegebene Zumutbarkeitsmaß in dem einen Gebiet erhöht und in dem anderen vermindert.160 Ein unmittelbares räumliches Aneinandergrenzen der unterschiedlichen Gebiete ist für die Annahme einer Gemengelage nicht erforderlich.161 Es müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit des Zwischenwertes die Ortsüblichkeit und 168 die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzungen von Bedeutung ist. Die Obergrenze für Gemengelagen darf die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nicht überschreiten (Nr. 6.7 Abs. 1, S. 2 TA Lärm). Der Stand der Lärmminderungstechnik ist einzuhalten (Nr. 6.7 Abs. 1, S. 3 TA Lärm).
3. Abschnittsbildung Vorhaben können in selbstständigen Abschnitten untergliedert verwirklicht werden.162 Die pla- 169 nungsrechtliche Abschnittsbildung ist als richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebotes163 nicht voraussetzungslos zulässig,164 weil sie ein gewisses Erschwerungspotenzial für den Rechtsschutz Betroffener bietet. Während die Abschnittsbildung im EnWG gesetzlich nicht geregelt ist, wird sie im NABEG in § 19 S. 2 als Instrument der Verfahrensbeschleunigung ausdrücklich erwähnt. Die Streckenbildung entscheidet über den Umfang des planfestzustellenden Verfahrensge- 170 genstandes. Als solche wird ihre Rechtmäßigkeit als Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses kontrolliert. Zulässig ist die Abschnittsbildung, wenn sachliche Gründe für die Aufteilung des Gesamtvorhabens sprechen, sodass sie vernünftigerweise geboten ist. Es ist nicht erforderlich, dass zwingende Gründe eine Abschnittsbildung erfordern. Die Grenze für eine zulässige Abschnittsbildung liegt vielmehr darin, dass die Abschnittsbildung nicht dazu dienen darf, bestehenden oder befürchteten Konflikten ohne sachlichen Grund aus dem Weg zu gehen und einer Lösung zu entziehen. Die Bildung von Abschnitten bietet sich besonders bei umfangrei159 Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 1.7.2011 – 1 KS 20/10 –. 160 BVerwG, Beschl. v. 12.9.2007 – 7 B 24/07 –; BVerwG, Beschl. v. 6.2.2003 – 4 BN 5/03 –; VGH München, Beschl. v. 5.6.2009 – 10 CS 09/1313 –. 161 OVG Lüneburg, Urt. v. 14.2.2007 – 12 LC 37/07 –; VGH Mannheim, Beschl. v. 26.2.2004 – 10 S 951/03 –. 162 BVerwG, Beschl. v. 1.9.1965 – IV C 180.65 –; BVerwG, Beschl. v. 22.3.1973 – IV B 158.72 –; BVerwG, Urt. v. 26.6.1981 – 4 C 5.78 –; BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/91 –; BVerwG, Beschl. v. 26.6.1992 – 4 B 1 11/92 –. 163 Zum EnLAG BVerwG, Beschl. v. 22.6.2010 – 7 VR 4.10 –; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/91 –; BVerwG, Beschl. v. 23.3.1973 – IV B 158.72 –. 164 Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 29. 791
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§ 18 NABEG
III. Materiell-rechtliche Anforderungen
chen Vorhaben an sowie in den Fällen, in denen die Verwirklichung bestimmter Abschnitte besonders dringlich oder besonders konfliktbelastet ist.
171 a) Rechtfertigung der Bildung von Trassenabschnitten. Die Bildung von Trassenabschnitten muss gerechtfertigt und insbesondere mit den Anforderungen des Abwägungsgebotes und dem Gebot der Problembewältigung vereinbar sein.165 Dies gilt sowohl, wenn die Abschnittsbildung auf Antrag des Vorhabenträgers oder von Amts wegen vorgenommen wird. Die Erforderlichkeit der Abschnittsbildung unter den vorangegangenen Voraussetzungen erstreckt sich sowohl auf die eigentliche Raumverträglichkeitsprüfung als auch auf die SUP. Da die Abschnittsbildung der Rechtfertigung bedarf, ist auf die Notwendigkeit der Abschnittsbildung gesondert in den Antragsunterlagen einzugehen. Zur Rechtfertigung muss vorgetragen werden, dass sich in den unterschiedlichen Abschnit172 ten verschiedene Konflikte erwarten lassen, deren Bewältigung gerade durch die Abschnittsbildung erleichtert wird.166 Dabei geht es nicht darum, Abschnitte zu bilden, um Konflikten zu entgehen, sondern um die Konfliktbewältigung zu optimieren. Die Komplexität des Konfliktpensums kann sich in der Gruppe der Betroffenen oder den besonderen fachrechtlichen Anforderungen abzeichnen. Dabei ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass die einzelnen Abschnitte keine eigenständige Funktion erfüllen müssen.167 Der dem Fachplanungsrecht innewohnende Grundsatz der umfassenden Problembewälti173 gung erfordert, dass Abschnitte nur in Vorschau auf nachfolgende Teile genehmigt und umgesetzt werden dürfen.168 Die Abschnittbildung muss demnach auf einer bereits fortgeschrittenen Gesamtplanung basieren und sich durch diese begründen lassen.169 Im Hinblick auf diese muss die Bildung von Abschnitten aus sich selbst heraus inhaltlich gerechtfertigt erscheinen.170 Das ist der Fall, wenn anzunehmen ist, dass sie die Verwirklichung des Vorhabens praktikabler und das Verwaltungsverfahren insgesamt durch die Reduktion von Komplexität in den Abschnitten effizienter macht.
174 b) Vorläufige positive Gesamtprognose. Die Zulassung des Vorhabens in einzelnen, selbstständigen Abschnitten ist nur zulässig, wenn hinsichtlich des Gesamtvorhabens eine positive Prognose abgegeben werden kann. Das ist der Fall, wenn der Realisierung des Gesamtvorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen.171 Es ist zu vermeiden, dass einzelne Abschnitte genehmigt oder gar realisiert werden, ohne dass die Gesamtkonzeption genehmigungsfähig oder realisierbar ist. Abschnitte des Gesamtvorhabens sind in der Regel konzeptionell in eine Gesamtplanung 175 eingebunden,172 sodass sie bei isolierter Betrachtung173 Schwächen aufweisen, die durch das Gesamtvorhaben gerechtfertigt werden.174 Die Verbundenheit der Teilabschnitte muss sich in einem „planerischen und insbesondere konzeptionellen Zusammenhang“ zeigen.175
165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175
Kopp/Schenke, § 72 Rn 30. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 – 7 VR 4/10 –; BVerwG, Beschl. v. 24.5.2012 – 7 VR 4/12 –. BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 –. Vgl. Säcker/Naujoks, § 18 Rn 69. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6. 1992 – 4 B 1 11/92 –; BVerwG, Beschl. v. 21.12.1995 – 11 VR 6/95 –. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.12.2008 – 9 B 28/08 –. De Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 100. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/92 –. Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.2.1996 – 4 A 27/95 –. BVerwG, Beschl. v. 5.6.1992 – 4 NB 21/92 –. BVerwG, Urt. v. 21.1.1998 – 4 VR 3.97 –.
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3. Abschnittsbildung
NABEG § 18
Hintergrund der Betrachtung der Gesamtkonzeption ist die Gewährleistung der effektiven 176 Problembewältigung in dem in Abschnitten untergliederten Verfahren wie in einem einheitlichen Verfahren. Der Untersuchungsrahmen, beispielsweise für Alternativen, darf durch die Aufteilung des Vorhabens in Abschnitte nicht durch zwischenzeitliche Schaffung vollendeter Tatsachen derart eingeengt werden, dass sich durch das Gesamtvorhaben stellende Probleme unbewältigt bleiben.176 Für die Betrachtung der Gesamtkonzeption erforderlich und ausreichend ist eine Gesamt- 177 schau,177 die mit einem „vorläufig positiven Gesamturteil“ abgeschlossen wird und in das Verfahren des jeweiligen Abschnitts Eingang findet.178 Die Gesamtschau ist mit einer gröberen Prüfungsintensität vorzunehmen; die Vorteile der Abschnittsbildung sollen dadurch freilich nicht aufgehoben werden. Diese Einschätzung wird besonders schwer fallen, wenn bereits feststeht, dass künftig Abschnitte durch besondere Schutzgebiete führen werden. Doch ist auch die Einschränkung ausgewiesener Schutzgebiete grds. nicht undenkbar. So ist es möglich, dass auch bereits im Rahmen der Gesamtschau Abweichungsverfahren oder Ausgleichsmaßnahmen vorausschauend in Betracht gezogen werden, um nicht zur Unüberwindbarkeit eines Hindernisses zu gelangen.179 Dabei können jedoch Entscheidungen, die einen bestimmten Abschnitt betreffen, grundsätzlich nicht im Rahmen von Planfeststellungsverfahren zu anderen Abschnitten erfolgen.180 Im Verfahren für einen selbstständigen Abschnitt müssen daher auch die nachfolgenden 178 Abschnitte betrachtet werden.181 Mit Blick auf die nachfolgenden Abschnitte darf die Verwirklichung dieser nicht von vornherein unüberwindbaren Hindernissen ausgesetzt sein.182 Nachfolgende Abschnitte müssen jedoch noch nicht Gegenstand eines konkreten Planungsverfahrens sein.183
c) Antrag. Der Vorhabenträger ist durch die Abschnittsbildung berechtigt, die Anträge und An- 179 tragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren sukzessive einzureichen. Ob es darüber hinaus zulässig ist, einen Planfeststellungsbeschluss über einen Abschnitt zu erlassen, bevor ein weiterer Abschnitt überhaupt beantragt ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Man wird dies auf der einen Seite nicht strikt verlangen können. Auf der anderen Seite ist eine positive Prognose des Gesamtvorhabens nur dann möglich, wenn eine gewisse Verfestigung der Planung auf die übrigen Abschnitte eingetreten ist. Diese Verfestigung dürfte regelmäßig dann erreicht sein, wenn die Antragsunterlagen für die weiteren Abschnitte fertiggestellt sind. Einer formellen Beantragung bedarf es nicht; die Behörde muss aber diese weiteren Planungen kennen, um die von ihr vorzunehmende Abwägung und Prognose durchführen zu können. Die Abschnittsbildung ist auf Antrag des Vorhabenträgers zu prüfen. Die Antragstellung hat 180 im Grundsatz zwei Rechtswirkungen: Sie ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Einleitung des Verwaltungsverfahrens und gleichzeitig auch materiell-rechtlich die Voraussetzung für die Feststellung des Plans; im Antrag wird die Reichweite des Abschnitts bestimmt. Die Behörde hat dabei ihre Ermessenspflicht auszuüben. Maßstab für die Ermessensausübung ist die Sachdienlichkeit der Abschnittsbildung unter Beachtung des notwendigen positiven Gesamturteils für das Vorhaben insgesamt. 176 BVerwG, Beschl. v. 2.11.1992 – 4 B 205/92 –. 177 BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 – 9 B 38/07 –; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 –; VGH München, Urt. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40007 –. VGH München, Urt. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40007 –. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 – 9 A 3/06 –; BVerwG, Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64/07 –. BVerwG, Urt. v. 8.1.2014 – 9 A 4/13 –. Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 A 4/04 –. BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 A 4/04 –. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 – 4 A 47/96 –.
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III. Materiell-rechtliche Anforderungen
Eine Abschnittsbildung ohne entsprechenden Antrag des Vorhabenträgers ist nicht zulässig. Dies wird im NABEG besonders deutlich, wo nach § 5 Abs. 5 S. 2 die Bundesfachplanung auch ohne entsprechenden Antrag des Vorhabenträgers in einzelnen Abschnitten erfolgen darf, und eine entsprechende Regelung für die Planfeststellung nicht vorhanden ist.
182 d) Planrechtfertigung. Für das Gesamtvorhaben muss eine Planrechtfertigung nachgewiesen sein. Diskutiert wurde, welche Anforderungen an die Planrechtfertigung der Abschnitte zu stellen sind. Auf der einen Seite soll die Abschnittsbildung zulässig sein, um bestimmte Konfliktfelder optimiert zu lösen, das Verfahren zu beschleunigen und dem Vorhabenträger sukzessive Planungssicherheit zu verschaffen. Auf der anderen Seite muss verhindert werden, dass die Abschnittsbildung zu einem Torso führt oder bestehende Konflikte integriert werden.184 In jüngerer Zeit hat das BVerwG konkret zur Errichtung von Energieleitungen entschieden, dass bei der Bildung von Planungsabschnitten nicht verlangt werden könne, dass jeder Abschnitt eine selbständige Versorgungsfunktion aufweise.185 Damit dürfte die Diskussion an Relevanz verlieren. 183 Besonders bei langstreckigen, planfeststellungsfähigen Energieleitungen werden Abschnitte in der Regel nicht selbstständig über eine ausreichende Planrechtfertigung verfügen, sondern auf die des Gesamtvorhabens zurückgreifen. Im Fernstraßenrecht ordnet die Rechtsprechung dies als nicht hinreichende materiell-rechtliche Voraussetzung ein und fordert für jeden Abschnitt eine selbstständige Verkehrsfunktion.186 Danach muss also aus ex ante-Sicht gewährleistet sein, dass bereits die Verwirklichung eines Abschnitts in der Weise sinnvoll ist, dass der Abschnitt eine eigene Funktion wahrnehmen kann. Das Kriterium gilt nicht generell als Grundsatz des Fachplanungsrechts und wurde im Eisenbahnrecht nicht implementiert.187 Das Urteil des BVerwG stellt klar, dass die Rechtsprechung diese Anforderungen nicht an energiewirtschaftliche Vorhaben stellt.188 184 Abschnitte planfeststellungsfähiger Energieleitungen erfordern keine jeweils selbstständige Verkehrsfunktion. Das ergibt sich bereits aus praktischen Überlegungen. Ein Straßenabschnitt kann – sofern er in sich fertiggestellt ist – benutzt werden. Solche Abschnitte werden genutzt, wie die sukzessive Realisierung von Bundesautobahnen oder Bundesstraßen zeigt. Eine nicht fertiggestellte Hochspannungsleitung – sei es als Erdkabel oder als Freileitung – ist indes nicht nutzbar. Eine Energieleitung benötigt am Anfang und am Ende einen Anschluss an das Netz, einen Abschnitt oder einen Erzeuger. Nur wenn ein Stück Leitung zu einem Anschlusspunkt oder einem Erzeuger oder einem Abnehmer führt, ist eine Nutzung überhaupt denkbar. 185 Der Konflikt zwischen Verfahrensbeschleunigung und Vermeidung halbfertiger Projekte kann im Zweifelsfall dadurch abgemildert werden, dass die Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Abschnitt mit der Bedingung versehen wird, dass mit dem Bau erst begonnen werden kann, wenn die gesamte Leitung genehmigt ist. Dieses auf den ersten Blick verlockende Vorgehen stößt allerdings dann auf Bedenken, wenn die Verfahrensbeschleunigung auch dadurch erreicht werden soll, dass der Vorhabenträger gerade abschnittsweise mit dem Bau beginnen kann, und zwar auch dann, wenn ein weiterer Abschnitt noch nicht planfestgestellt ist. Im Ergebnis wird man wohl abwägen müssen, ab wann ein positives Gesamturteil für die Realisierung des Gesamtvorhabens gefällt werden kann. Besteht eine ausreichende Sicherheit, bedarf es einer wie zuvor beschriebenen Bedingung nicht.
184 185 186 187
Vgl. Säcker/Naujoks, § 18 Rn 69; De Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 100. BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 –. BVerwG, Beschl. v. 2.11.1992 – 4 B 205/92 –; BVerwG, Urt. v. 8.6.1995 – 4 C 4/94 –. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1995 – 11 VR 6/95 –; im Anschluss daran: BVerwG, Beschl. v. 30.12.1996 – 11 VR 25/
95 –.
188 BVerwG, Urt. v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 –. Riese/Nebel
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4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3)
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e) Rechtsschutz. Die Planfeststellung von Abschnitten eines gesamten Vorhabens und die Vor- 186 behaltsentscheidung haben Konsequenzen für den Rechtschutz: – Jeder Planfeststellungsbeschluss und jede Plangenehmigung – auch sofern diese nur einzelne Abschnitte umfassen – ist rechtsmittelfähig. – Jede Abschnittsbildung ist am eigenen Verfahren mit eigener Öffentlichkeitsbeteiligung – soweit gesetzlich gefordert – durchzuführen. – Private und Umweltverbände haben in jedem einzelnen Verfahren ggf. Einwendungen zu erheben. – Sind verschiedene Plangenehmigungen oder Planfeststellungsbeschlüsse über Abschnitte über Bedingungen oder Auflagen miteinander verbunden, kann sowohl der eigentliche Beschluss bzw. die Genehmigung rechtsmittelfähig sein und darüber hinaus der – spätere – Eintritt der Bedingung oder das Wirksamwerden einer etwaigen Auflage. – Vorbehaltsentscheidungen sind in der Regel zweistufig. Beide Stufen – Erlass der Vorbehaltsentscheidung und Aufhebung des Vorbehalts – sind rechtsmittelfähig. 4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3) a) Allgemeines. Bei der Planfeststellung sind gem. Abs. 3 die vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange abzuwägen.189 Dieses Gebot umfasst den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis.190 Das rechtsstaatliche Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine Abwägung nicht stattgefunden hat, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge einzustellen war, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zum objektiven Gewicht einzelner Belange außer Verhältnis steht.191 Planung ist der komplexe Prozess der Gewinnung, Auswahl und Verarbeitung von Informationen, der Zielsetzung und der Auswahl einzusetzender Mittel.192 Hieraus folgt auch der planerische Grundsatz der Konfliktbewältigung, wonach durch eine Planung keine neuen Problemlagen geschaffen werden dürfen und bei der Planaufstellung bereits alle möglichen Konflikte vorausschauend betrachtet werden müssen.193 Ein optimales Abwägungsergebnis zu erreichen, ist eine Aufgabe, die den Vorhabenträger und auch die Behörde vor erhebliche Herausforderungen stellt. Diese Herausforderung bedingt, dass Planungsnormen der Verwaltung zwangsläufig große Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten einräumen, Planung ohne Gestaltungsfreiheit wäre ein Widerspruch in sich.194 Die Gestaltungsfreiheit der Planungsbehörden folgt bereits daraus, dass die Normen des Planungsrechts final programmiert sind und eine ziel- und zweckgerichtete Festlegung von verbindlichen Handlungs- und Entscheidungsrahmen enthalten.195 Die zur Überprüfung der Planfeststellungen aufgerufenen Gerichte räumen den Behörden eine gewisse planerische Gestaltungsfreiheit 189 Dazu: Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 18 Rn 36-38; Schirmer/Seiferth, ZUR 2013, S. 515 (523). 190 BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 – IV C 50/72 –. Vgl. auch Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 300 ff; Hoppe/Bönker/Grotefels, S. 166 ff. 191 Vgl. BVerwG, Urt. v 12.12.1969 – IV C 105/66 –; BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 – IV C 21/74 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 – 4 BN 40/10 –; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, S. 336 ff. 192 BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 –. 193 Vgl. BVerwG, Urt. v. 1.11.1974 – IV C 38/71 -: BVerwG, Urt. v. 9.3.1979 – 4 C 41/75 –; BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 BN 4/97 –; BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –. 194 BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 – IV C 21/74 –. 195 BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66 –. Vgl. auch Hoppe/Bönker/Grotefels, S. 175 ff. 795
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ein, die letztlich einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist, wenn das Abwicklungsmaterial vollständig erfasst und in sich richtig gewichtet ist.196 Dies ist maßgeblich für die notwendige Planung und Rechtssicherheit, die erreicht werden muss. Denn im Grunde ist jedes Abwägungsergebnis diskutierbar.197
191 b) Alternativenprüfung. Nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen müssen grds. alle ernsthaft in Betracht kommenden Planungsalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden.198 In praktischer Hinsicht werden Alternativen und Varianten vornehmlich betrachtet und bewertet, um nachzuweisen, dass die festgestellte Trasse die vorzugswürdigste ist.199 Planungsalternativen von Energieleitungen können sich sowohl auf die Führung der Tras192 sen als auch auf die Ausführung des Vorhabens beziehen. Der Begriff der Alternative ist von einem anderen Vorhaben zu unterscheiden. Die Alterna193 tivenprüfung verlangt nicht, dass der Vorhabenträger oder die beteiligte Behörde ein völlig anderes Vorhaben prüfen muss, um deren Realisierung mit dem beantragten Vorhaben zu vergleichen. Dies hätte zur Konsequenz, dass eine unbegrenzte Zahl von Alternativen betrachtet werden müsste. Eine solche Alternativenprüfung ist unrealistisch; sie wird von den überkommenen Grundsätzen der Alternativenprüfung nicht gefordert. Geht man von dieser Differenzierung zwischen Alternative und anderen Vorhaben aus, so stellt sich die Frage, welches das Vorhaben ist, innerhalb dessen die Alternativen geprüft werden müssen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ein Vorhaben definiert wird durch den Ausgangspunkt A und dem Endpunkt B. Verschiedene Trassenverläufe innerhalb des Bereichs zwischen Endpunkt und Anfangspunkt können als Alternativen angesehen werden. Einwendungen, ob die Trassenführung vom Ausgangspunkt A zum Endpunkt B überhaupt zulässig ist, ist hingegen eine Frage der Planrechtfertigung, nicht der Alternativenprüfung. 194 Gegenstand des Verfahrens ist die vom Vorhabenträger beantragte Trasse. Das Planfeststellungsverfahren wird als Antragsverfahren auf Grundlage des vom Vorhabenträger eingereichten Plans durchgeführt. Die Planfeststellungsbehörde kann von sich aus nur eine Planalternative feststellen, die den eingereichten Plan lediglich modifiziert. Es ist ihr nicht erlaubt, über eine Modifikation hinaus vom Antrag abzuweichen. Drängt sich ihr eine Planungsalternative auf, die mehr als eine Modifizierung des eingereichten Plans ist, muss sie bei dem Vorhabenträger auf eine Planänderung hinwirken, oder, wenn dieser sich darauf nicht einlässt, die Planfeststellung in der beantragten Form ablehnen, wenn die Feststellung des eingereichten Plans aufgrund der vorziehenden Planungsalternative rechtswidrig wäre.200 Ebenso ist es ist grds. Teil der planerischen Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers, die Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung einer Alternativtrasse zu bestimmen.201 195 Innerhalb dieses Rahmens erfolgt die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials. Diese ist als offener Vorgang der Informationsgewinnung und -verarbeitung angelegt, der ziel- und ergebnisorientiert und so konkret sein muss, dass eine sachgerechte Entscheidung möglich ist. Die Planfeststellungsbehörde hat bei der vergleichenden Betrachtung von Trassenalternativen den Sachverhalt soweit aufzuklären, wie dies nach ihren Zielvorstellungen für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Planungsverfahrens erforderlich ist.202 196 BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79/76 –; BVerwG, Urt. v. 29.1.1991 – 4 C 51/89 –. 197 Grigoleit/Weisensee, UPR 2011 S. 401 (405). 198 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –; BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 – 9 VR 5/06 –; BVerwG, Beschl. v. 9.4.2003 – 9 A 37/02 –; BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 – jeweils m. w. N. 199 Zur Alternativenprüfung: Kopp/Ramsauer/Ramsauer/Wysk, VwVfG, § 74 Rn 120 f. 200 Zum Ermessen in der Alternativenprüfung: De Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 98. 201 BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –. 202 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –. Riese/Nebel
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4. Abwägungsentscheidung (Abs. 3)
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Zwar ist der Abwägungsvorgang fehlerhaft, wenn die Planfeststellungsbehörde bestimmte Planungsvarianten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials nicht beachtet. Dies setzt jedoch voraus, dass eine bestimmte Alternativlösung nach Lage der Dinge ernsthaft in Betracht kommt, sich anbietet oder gar aufdrängt, zumindest aber naheliegt.203 Ob dies der Fall ist, kann sich ggf. erst aufgrund einer gerichtlichen Beweisaufnahme klären lassen.204 Die Planung eines Vorhabens, das einen wertvollen und schutzwürdigen Naturraum durchschneidet, kann etwa an einem Abwägungsfehler leiden, wenn Alternativen, die in diesen Raum nicht eingreifen, nicht ausreichend untersucht worden sind.205 Zu den einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben denen vom Vorhabenträger eingebrachten und denen von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Planfeststellungsverfahrens vorgeschlagen werden.206 Andererseits ist im gerichtlichen Verfahren eine Behauptung, eine bestimmte Trassenalternative wäre ernsthaft in Betracht gekommen und hätte sich aufdrängen müssen, nicht schlüssig, wenn diese Trasse trotz einer ausgedehnten Variantendiskussion im Planfeststellungsverfahren von niemandem, auch nicht von dem mit entsprechendem Sachverstand ausgestatteten anerkannten Naturschutzverein, ins Gespräch gebracht worden ist.207 Die Planfeststellungsbehörde ist aber nicht verpflichtet, die Prüfung von Standortalternativen bis zuletzt offen zu halten. Sie braucht den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Wahl der Trasse und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, Varianten in jeder Beziehung gleich intensiv zu prüfen, sondern darf eine Variante, die aufgrund einer Grobanalyse weniger geeignet erscheint, in einem früheren Verfahrensstadium ausscheiden.208 Wird in dieser Weise verfahren, ist die Planung nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdigere hätte aufdrängen müssen.209 Im Rahmen der Abwägung ist zu prüfen, ob die mit der Planung verfolgten Ziele an einem anderen Standort unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen verwirklicht werden können.210 Stehen mehrere (vom Vorhabenträger eingebrachte) Trassenalternativen in engerer Auswahl, können eine unterschiedliche Eingriffsintensität und ein unterschiedlicher Grad der Kompensation bei gleicher Zielsetzung bei einer sachgerechten Auswahl grds. nicht außer Betracht bleiben.211 Auch die Refinanzierbarkeit stellt einen wesentlichen abwägungserheblichen Belang in der Alternativenprüfung dar.212 Die Bestätigung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht.213 Dabei steht es der Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer allgemein bestehenden rechtlichen und fachgesetzlichen Bindungen grds. frei, die Bewertungskriterien festzulegen.214 In der gerichtlichen Kontrolle ist zu prüfen, ob es überhaupt objektiv eine sachgerechte Alternative zu der angegriffenen Planung gab, die im Planfeststellungsbeschluss nicht erörtert 203 BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; BVerwG, Urt. v. 30.5.1984 – 4 C 58/81 –. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –. BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2009 – 9 B 10/09 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Urt. v. 24.9.1997 – 4 VR 21/96 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –. 209 BVerwG, Urt. v. 25.1.1996 – 4 C 5/95 –. 210 BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 15/83 –. 211 BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. 212 Richter/Schulze, NVwZ 2014, S. 835 (837). 213 BVerwG, Beschl. v. 9.4.2003 – 9 A 37/02 –. 214 BVerwG, Beschl. v. 15.5.1996 – 11 VR 3/96 –.
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wurde. Kommt das Gericht hierbei zu dem Ergebnis, dass eine Planungsalternative gegeben sei, so hat es zu prüfen, ob diese Alternative auch im Abwägungsvorgang hätte ermittelt und gewertet werden müssen.215 Eine bestimmte Trassenwahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe der Judikative, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn sich eine alternative Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, darstellen würde, wenn sich diese Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist.216 Die Bewertung der privaten und öffentlichen Belange und ihre Gewichtung im Verhältnis untereinander macht das Wesen der Planung als einer im Kern politischen Entscheidung aus, die gerichtlich nur auf die Einhaltung rechtlicher Schranken hin überprüfbar ist.217
200 c) Alternativenprüfung nach FFH und Artenschutz. Die Alternativenprüfung im Rahmen der Abwägungsentscheidung innerhalb eines Planfeststellungsverfahrens ist abzugrenzen von der naturschutzfachlichen Alternativenprüfung, die sich aus folgenden Gesichtspunkten ergeben kann: – Prüfung zumutbarer Alternativen im Rahmen eines Abweichungsverfahrens nach FFHRecht, – Überprüfung zumutbarer Alternativen nach Artenschutz und – mittelbare Alternativenprüfung aufgrund des naturschutzrechtlich allgemein geltenden Grundsatzes des Vermeidungsgebotes. 201 Im Falle der erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes ist – will der Vorhabenträger eine positive Entscheidung über seinen Antrag erhalten – ein Abweichungsverfahren erforderlich. Dieses richtet sich nach Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 BNatSchG und den einschlägigen Landschaftsschutzgesetzen der Bundesländer. Eine Voraussetzung für die Durchführung eines Abweichungsverfahrens ist die Prüfung, ob zumutbare Alternativen bestehen. Eine zumutbare Alternative ist in diesem Fall weiter zu verstehen, als die Alternativenprüfung bei der Abwägungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren. Eine Alternative kann auch eine völlig neue Trassenführung sein, auch unter Abänderung von Anfangspunkt und Endpunkt. Diese Alternative muss indes zumutbar sein. Die Zumutbarkeit orientiert sich an einer Gesamtbelastung, die mit einer anderen Trasse oder einer anderen Trassenführung verbunden wäre. Dabei kann nicht allein darauf abgestellt werden, ob für den Vorhabenträger selbst die Alternative zumutbar ist oder nicht. Vielmehr umfasst die Zumutbarkeitsprüfung auch das Interesse an der Herstellung eines konsistenten Umleitungsnetzes, das der sicheren Energieversorgung dienen soll. Dieses öffentliche Interesse wird im Einzelfall für den Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sprechen und Einfluss auf die Bewertung der Zumutbarkeit haben. 202 Die artenschutzrechtliche Abweichungsprüfung sieht ebenfalls für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Arten eine Alternativenprüfung vor. Diese orientiert sich grds. an den gleichen Maßstäben wie im FFH-Recht. Auch hier gilt der Verhältnismäßigkeits-
215 BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –. 216 BVerwG, Urt. v. 13.5.2009 – 9 A 72/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 –; BVerwG, Urt. v. 21.5.2008 – 9 A 68/07 –; BVerwG, Urt. v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 –; BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 – 4 B 211/88 –; OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2010 – 8 C 10350/09 –. 217 BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 –; BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 – 4 A 15/02 –. Riese/Nebel
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1. Genehmigungswirkung
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grundsatz, der sich vor allem an der Frage kristallisiert, welche Maßnahme noch eine Alternative ist und welche Alternative zumutbar ist. Mittelbar kann es zu einer Alternativenprüfung kommen im Hinblick auf das naturschutz- 203 fachlich generell geltende Vermeidungsgebot. Die Frage, ob ein Eingriff vermieden werden kann oder nicht, führt unmittelbar zu der Frage, welche Maßnahmen getroffen und umgesetzt werden können, um den beantragten Eingriff zu vermeiden. Dies führt letztlich mittelbar zu einer Alternativenprüfung. Der allgemeine Vermeidungsgrundsatz und die damit verbundene Alternativenprüfung müssen sich allerdings in dem Rahmen bewegen, der durch das vom Vorhabenträger gekennzeichnete Vorhaben betrifft. Im Naturschutzrecht bleibt es daher bei dem beantragten Vorhaben. Der Vorhabenträger muss im Rahmen des Vermeidungsgebotes nicht neue oder andere Vorhaben betrachten. Maßgeblich sind allein etwaige Alternativen innerhalb der antragsgegenständlichen Trasse. Die engere Auswahl mehrerer Trassenvarianten erfordern nicht stets die Entwicklung aus- 204 gearbeiteter Konzepte für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und deren ausschließender Vergleich.218 Die Pflicht zur UVP bezieht sich nur auf das konkrete, vom Vorhabenträger zur Prüfung 205 gestellte Projekt, nicht jedoch auf die von der Planfeststellungsbehörde behandelten Trassenvarianten. Die Planfeststellungsbehörde darf Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem frühen Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche UVP ausscheiden.219 Ob und inwieweit eine Alternativenprüfung zu erfolgen hat, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Beantwortung sich nach dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot richtet; dem UVP-Recht selbst lässt sich hierzu keine Aussage entnehmen.220
IV. Rechtswirkungen 1. Genehmigungswirkung Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet gem. § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwVfG Genehmigungswir- 206 kung. Das geplante Vorhaben, einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an einbezogenen Anlagen, ist im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange zulässig. § 18 enthält keine Modifizierungen und § 43c EnWG modifiziert diese Rechtswirkung ebenfalls nicht, enthält aber eine Sonderregelung über die Verlängerung der Geltung des Planfeststellungsbeschlusses. Die Errichtung, der Betrieb sowie die Änderung der in § 18 Abs. 1 genannten planfeststel- 207 lungspflichtigen Vorhaben stehen unter einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dies gilt nicht für die in § 18 Abs. 2 genannten Nebenanlangen, die (nur) planfeststellungsfähig sind.221 Planfeststellungsfähig bedeutet, dass die genannten Vorhaben auf Antrag einem Planfeststellungsverfahren unterzogen werden können. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht; wird kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, müssen alle notwendigen Einzelgenehmigungen eingeholt werden. Die Wirkung des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt für die Errichtung, den Betrieb sowie die wesentliche Änderung der in § 18 Abs. 1, 2 genannten Vorhaben, besteht darin, dass der Vorhabenträger mit der Erwirkung eines Planfeststellungsbeschlus-
218 219 220 221
BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 29/94 –; BVerwG, Urt. v. 16.8.1995 – 4 B 92/95 –. BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 – 9 VR 5/06 –. Vgl. zur Unterscheidung von planfeststellungspflichtigen und planfeststellungsfähigen Vorhaben § 43 EnWG Rn 29 ff. 799
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IV. Rechtswirkungen
ses die den in § 18 Abs. 1, 2 genannten Vorhaben präventiv entgegenstehende Sperre im konkreten Fall durch eine öffentlich-rechtliche Zulassung beseitigt.222 208 Auch unwesentliche Änderungen im Sinne von § 25 unterliegen dem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. In diesen Fällen wird das Verbot nicht durch Zulassung, sondern durch die Entscheidung über die förmliche Freistellung von der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens aufgehoben.223
2. Konzentrationswirkung 209 Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG sind neben der Planfeststellung andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen, nicht erforderlich. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt eine Konzentrationswirkung zu.224 Diese geht über die immissionsschutzrechtliche Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG hinaus. Der Planfeststellungsbeschluss nach § 75 Abs. 1 VwVfG umfasst auch alle wasserrechtlichen Erlaubnisse. In formeller Hinsicht bedeutet dies zunächst, dass sich die Zuständigkeiten und Entschei210 dungsbefugnisse der jeweiligen Fachbehörden bei der Planfeststellungsbehörde als einziger, zentraler Behörde konzentrieren.225 Die Fachbehörden verlieren ihre Zuständigkeiten, sind aber gem. § 73 Abs. 2 VwVfG zu beteiligen.226 Ferner ersetzt das Planfeststellungsverfahren mit seinen besonderen Vorschriften alle Fachplanungsverfahren als solche und damit insbesondere die fachgesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften.227 In materieller Hinsicht sind alle Anforderungen, die die jeweiligen Fachplanungsgesetze an 211 das Vorhaben stellen, zu beachten. Eine materielle Konzentrationswirkung, nach der zwingende Vorgaben des Fachrechts durch die Abwägungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren ersetzt werden, geht vom Planfeststellungsbeschluss nicht aus.228 Die Konzentrationswirkung bedeutet indes nicht, dass notwendigerweise alle mit einem 212 Vorhaben zusammenhängenden Maßnahmen über den Planfeststellungsbeschluss genehmigt werden können. Es geht vielmehr darum, das Vorhaben zu definieren und abzugrenzen sowie die materiell-rechtliche Reichweite eines Planfeststellungsbeschlusses festzusetzen. Das Tatbestandsmerkmal des „Vorhabens“ ist weder rein „tatsächlich“ noch „funktional“, sondern in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 1 VwVfG „ermächtigungsgrundlagenbezogen“ auszulegen.229 Die Rechtsprechung prüft im Einzelfall, wie weit die Kompetenz der Planfeststellungsbehörde geht, planfeststellend tätig zu werden.230 So fragt sich beispielsweise angesichts der Rechtsprechung zur Errichtung von Häfen nach 213 § 68 WHG mittels eines Planfeststellungsbeschlusses, wo die Planfeststellung eines Hafens aufhört. Hier muss im Einzelfall geklärt werden, an welcher Stelle Einrichtungen anfangen, die nicht mehr typischerweise zu einem Hafen gehören? In gleicher Weise ist bei Energieleitungen zu prüfen, wie weit die Regelung eines Planfeststellungsbeschlusses gehen kann und muss. In Anlehnung an den neuen § 18 Abs. 2 wird man ohne Weiteres annehmen können, dass die Hochspannungsleitung selbst, alle dafür notwendigen Gebäude soweit sie für den Betrieb erforderlich sind, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte als Nebenanlagen in 222 223 224 225 226 227 228 229 230
BVerwG, Urt. v. 22.2.1980 – IV C 24.77 –; BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Vgl. § 43 EnWG Rn 27 und § 25 Rn 70 ff. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 13. BVerwG, Urt. v. 30.7.1998 – 4 A 1/98 –. Kopp/Ramsauer, § 75 Rn 7c). BVerwG, Beschl. v. 26.6.1992 – 4 B 1 – 11/92 –. BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 – 4 A 1001/04 –; Urt. v. 18.5.1990 – 7 C 3/90 –. VG Köln, Urt. v. 11.8.2009 – 14 K 4720/06 –. OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2010 – 20 B 1320/09 –.
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4. Ausschluss- und Duldungswirkungen
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das Planfeststellungsverfahren integriert werden.231 Problematisch wird es bei Infrastrukturmaßnahmen, etwa zu einer Umspannanlage führende Straßen, bei Betriebsgebäuden, die nicht oder nicht ausschließlich der Netzleitung dienen, auch wenn sie auf dem Gelände einer Umspannanlage errichtet werden.232
3. Gestaltungswirkung Der Planfeststellungsbeschluss regelt gem. § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG alle öffentlich-rechtlichen Be- 214 ziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den durch den Plan Betroffenen. Der Planfeststellungsbeschluss gestaltet die Rechtslage im Verhältnis zwischen den Formträgern und Betroffenen, indem er subjektiv öffentliche Rechte begründet, ändert oder beseitigt. Die öffentlichrechtlichen Rechtsbeziehungen werden durch den Planfeststellungbeschluss, im Gegensatz zur Duldungswirkung gem. § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG, bereits mit der Zustellung an den Vorhabenträger nach § 74 Abs. 4 VwVfG abschließend gestaltet.233 Der Vorhabenträger ist im Rahmen der Befolgungspflichten an den Inhalt des festgestellten 215 Plans gebunden. Das Bauwerkverzeichnis nimmt als Teil des Planfeststellungsbeschlusses an dessen rechtsgestaltender Wirkung nach § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG teil.234 Der Vorhabenträger ist insoweit zur Planverfolgung verpflichtet, als das Vorhaben nur mit den auferlegten Vorgaben zu verwirklichen ist. Er ist insbesondere an die ihm aufgegebenen Schutzauflagen gebunden.235 Der Vorhabenträger ist zur Durchführung des Vorhabens berechtigt. Das Bauwerkverzeichnis setzt fest, welche baulichen Anlagen der Vorhabenträger errichten, betreiben oder ändern darf.236 Der Planfeststellungsbeschluss verpflichtet den Vorhabenträger aber nicht zur Durchführung des beantragten Vorhabens. Wenn er mit der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens beginnt, ist er jedoch verpflichtet, sämtliche Maßnahmen umzusetzen. Eine nur teilweise Realisierung – etwa die Errichtung der Masten ohne Schutzstreifen, keine Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen – ist in der Regel unzulässig.
4. Ausschluss- und Duldungswirkungen Außerdem wird durch § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG gewährleistet, dass mit der Unanfechtbarkeit des 216 Planfeststellungsbeschlusses Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung der Nutzung ausgeschlossen sind.237 Die Duldungswirkung des Abs. 2 S. 1 umfasst öffentlich-rechtliche Ansprüche sowohl der Betroffenen als auch der Behörden.238 Sie umfasst außerdem privatrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach den §§ 861 ff, 903 ff, 1004 BGB. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit privatrechtsgestaltende Wirkung.239 Die Betroffenen können infolge des – bestandskräftigen – Planfeststellungsbeschlusses ausschließlich Ansprüche nach § 75 Abs. 2 S. 2 ff VwVfG auf Schutzmaßnahmen oder Entschädigung geltend machen.
231 232 233 234 235 236 237 238 239 801
Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 18 Rn 42. OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2010 – 20 B 1320/09 –. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 32. BVerwG, Urt. v. 5.3.1997 – 11 A 5/96 –. BVerwG, Urt. v. 19.12.2007 – 9 a 22/06 –. BVerwG, Urt. v. 5.3.1997 – 11 A 5/96 –. BVerwG, Urt. v. 19.12.2007 – 9 a 22/06 –; BVerwG, Urt. v. 14.9.1992 – 4 C 34-38/89 –. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 75 Rn 61. BGH, Urt. v. 10.12.2004 – V ZR 72/04 –. Riese/Nebel
§ 18 NABEG
V. Rechtsschutz
5. Enteignungsrechtliche Vorwirkung 217 § 45 EnWG (i. V. m. § 18 Abs. 2 S. 2) ordnet die sog. enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses an.240 Die Zulässigkeit der Enteignung steht mit dem Erlass des Planbeschlusses bzw. der Plangenehmigung fest und die Enteignungsbehörde ist an den festgestellten Plan gebunden.241 In dem Enteignungsverfahren ist dann nur noch zu prüfen, ob die Enteignung hinsichtlich der konkret in Anspruch zu nehmenden Rechte zur Verwirklichung des Vorhabens erforderlich ist, in welcher Höhe eine Enteignungsschädigung zu zahlen ist und ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Enteignung vorliegen.242
V. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 218 Der Vorhabenträger hat keinen Anspruch auf Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses, in dem Sinne, dass bei Erfüllung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen dem Antrag zwingend stattgegeben werden muss.243 Dies folgt aus der besonderen Struktur des planungsrechtlichen Abwägungsgebots. 219 Allerdings steht dem Vorhabenträger ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit zu. Stehen einem Vorhaben unter dem Blickwinkel der planerischen Abwägung keine rechtlichen Hindernisse entgegen, steht der Planfeststellungsbehörde kein eigenständiges Versagungsermessen zu.244
2. Rechtsschutz Dritter 220 Zulässiger Rechtsbehelf gegen Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung im Hauptsacheverfahren ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. § 43e Abs. 1 S. 2 EnWG i. V. m. § 18 Abs. 2 S. 2 NABEG sieht eine Begründungsfrist von sechs Wochen vor.245 Umweltverbände müssen keine Verletzung von subjektiven Rechten geltend machen. Soweit die BNetzA nicht zuständig ist, sodass nach § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO das Wider221 spruchsverfahren entfällt, entfällt auch das Vorverfahren nach § 74 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 70 VwVfG.246 § 43e Abs. 1 S. 1 EnWG i. V. m. § 18 Abs. 2 S. 2 NABEG schließt die aus § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO 222 folgende aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen nach §§ 18 ff aus. Der Betroffene hat die Möglichkeit, einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen.247
240 241 242 243 244 245 246 247
Vgl. dazu § 45 EnWG Rn 16 f. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 18 Rn 35. Vgl. dazu die Kommentierung zu § 45 EnWG, Rn 18 f. VGH München, Urt. v. 30.3.2006 – 22 A 1/40059 –. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 – 7 C 25/93 –. Vgl. § 43e EnWG Rn 19 ff; vgl. Beckmann, VR 2011, 365, 366. Vgl. § 43e EnWG Rn 12. Vgl. § 43e EnWG Rn 24 ff.
Riese/Nebel
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§ 19 Antrag auf Planfeststellungsbeschluss Die Planfeststellung beginnt mit dem Antrag des Vorhabenträgers. Der Antrag kann zunächst auf einzelne angemessene Abschnitte der Trasse beschränkt werden. Der Antrag soll auch Angaben enthalten, die die Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 20 ermöglichen, und hat daher in allgemein verständlicher Form das geplante Vorhaben darzustellen. Der Antrag muss enthalten 1. einen Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf der Trasse sowie eine Darlegung zu in Frage kommenden Alternativen und 2. Erläuterungen zur Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen unter Berücksichtigung der erkennbaren Umweltauswirkungen und, 3. soweit es sich bei der gesamten Ausbaumaßnahme oder für einzelne Streckenabschnitte nur um unwesentliche Änderungen nach § 25 handelt, die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen. 4. sofern bei einem Vorhaben nach dem Antrag auf Bundesfachplanung und vor dem Antrag auf Planfeststellung ein Netzentwicklungsplan nach § 12c des Energiewirtschaftsgesetzes von der Bundesnetzagentur bestätigt wird, die Darlegung, ob und in welchem Umfang zusätzliche energiewirtschaftlich notwendige Maßnahmen zumindest auf Teilabschnitten innerhalb des Trassenkorridors des Vorhabens mittels Leerrohren im Sinne des § 18 Absatz 3 oder Erdkabeln im Sinne des § 26 Satz 2 Nummer 2 mitrealisiert werden können, und 5. soweit Leerrohre beantragt werden, die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen; im Fall des § 18 Absatz 3 Satz 2 müssen die für Leerrohre erforderlichen Voraussetzungen einschließlich der Voraussetzung des § 18 Absatz 3 Satz 3 dargelegt werden.
Übersicht b)
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II. 1. 2.
13 Inhalt des Antrags 13 Allgemeines Notwendige Unterlagen und Anforderungen an 16 diese Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen 18 (S. 4) a) Verlauf der Trassen und Alternativen (S. 4 19 Nr. 1)
3.
4.
Erläuterung der Alternativen (S. 4 Nr. 2) 20 c) Verzahnung der Planungsschritte (S. 4 21 Nr. 4) d) Darlegung der Voraussetzung für die Mitbeantragung von Leerrohren (S. 4 24 Nr. 5) 25 e) Sonstige Unterlagen 27 Vereinfachtes Verfahren (S. 4 Nr. 3)
III.
Abschnittsbildung (S. 2)
1 10
29
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 S. 1 zufolge beginnt die Planfeststellung mit dem Antrag des Vorhabenträgers. Der Antrag kann gem. S. 2 zunächst auf einzelne angemessene Abschnitte der Trasse be- 2 schränkt werden.
803 https://doi.org/10.1515/9783110670516-064
Nebel/Riese
§ 19 NABEG
I. Allgemeines
Der Inhalt des Antrags bestimmt sich nach S. 3 und S. 4. Der Antrag muss das Vorhaben so allgemeinverständlich darstellen, dass die Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 20 ermöglicht wird. 4 Der Antrag muss nach S. 4 Nr. 1 einen Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf der Trasse sowie eine Darlegung zu den in Frage kommenden Alternativen, nach S. 4 Nr. 2 Erläuterungen zur Auswahl zwischen den in Frage kommenden Alternativen unter Berücksichtigung der erkennbaren Umweltauswirkungen und nach S. 4 Nr. 3, soweit es sich bei der gesamten Ausbaumaßnahme oder für einzelne Streckenabschnitte um unwesentliche Änderungen nach § 25 handelt, die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen enthalten. S. 4 Nr. 4 ordnet zur weiteren Beschleunigung eine stärkere Verzahnung von NEP, BBPl, Bundesfachplanung und Planfeststellung an, in dem es den Zeitpunkt, ab dem neue Vorhaben des NEP in den Planfeststellungsverfahren des NABEG berücksichtigt werden sollen, nach vorne verschiebt und so eine vorausschauende Planung ermöglicht. S. 4 Nr. 5 regelt die Mitbeantragung von Leerrohren. 3
2. Regelungszweck 5 § 19 regelt die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens. Dieses beginnt mit dem Antrag des Vorhabenträgers, S. 1.1 Das Planfeststellungsverfahren des NABEG ist somit – wie das der Bundesfachplanung, vgl. § 6 – als Antragsverfahren im Sinne von § 22 VwVfG ausgestaltet.2 Durch die Regelung wird verhindert, dass der Netzausbau durch unvollständige Anträge des Vorhabenträgers verzögert werden kann.3 Insofern richtet sich die Verpflichtung des Vorhabenträgers nach § 12 Abs. 2 S. 3, einen Antrag auf Einleitung des Planfeststellungverfahrens zu stellen, immer auch darauf, die Mindestinhalte nach S. 4 einzuhalten. Prinzipiell sind die in S. 4 genannten Inhalte notwendig, um den Untersuchungsrahmen der Antragskonferenz nach § 20 festlegen zu können.4 6 Wie auch in der Bundesfachplanung nach den §§ 6, 7 und 8 ist der Antrag Ausgangspunkt eines dreistufigen iterativen Prozesses,5 an den sich eine Antragskonferenz nach § 20 anschließt. Dieser dreistufige iterative Prozess dient dazu, den Inhalt der für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens notwendigen Unterlagen zwischen Vorhabenträger und Behörde zu erarbeiten. 7 Der Vorhabenträger hat nach § 21 Abs. 1 den auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 Abs. 3 bearbeiteten Plan bei der Planfeststellungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen (Stufe 3). Den erforderlichen Inhalt der nach § 21 vorzulegenden Unterlagen bestimmt die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 (Stufe 2). Die vor Durchführung der Antragskonferenz einzureichenden Antragsunterlagen hat der Gesetzgeber in S. 3 festgelegt (Stufe 1). 8 Die detaillierte Regelung des (Mindest-)inhalts des Antrags soll dem Vorhabenträger Klarheit über den erforderlichen Antragsumfang verschaffen und Unsicherheiten vermeiden.
1 Vgl. zum Ablauf auch Otte, UPR 2016, 451, 453. 2 Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, VwVfG, § 22 Rn 15 ff; Vgl. auch BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 6; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 1.
3 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 2. 4 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 13, vgl. auch De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 2. 5 A. A. (zweistufiger Prozess) BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 1; De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 2; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 1. Nebel/Riese
804
1. Allgemeines
NABEG § 19
Damit soll letztlich dem übergeordneten Interesse der Verfahrensbeschleunigung6 gedient werden. Auch die ergänzten Regelungen in Satz 4 Nr. 4 (Aufnahme von neuen Vorhaben des NEP 9 in den Antrag) und Satz 4 Nr. 5 (Aufnahme von Leerroheren in den Antrag) dienen der Verfahrensbeschleunigung.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des 10 Netzausbaus Elektrizitätsnetze7 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 19 erlassen. Die Norm erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf.8 S. 4 Nr. 4 und 5 wurden durch Art. 2 Nr. 19 des Gesetzes zur Beschleunigung des Ener- 11 gieleitungsausbaus vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 eingefügt.9 S. 4 Nr. 4 entstammt dem Regierungsentwurf,10 S. 4 Nr. 5 war im Gesetzentwurf der Bundesregierung zunächst nicht enthalten und wurde durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt.11 Der Gesetzgeber hat mit Art. 4 Nr. 13 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsbe- 12 darfsplangesetzes und anderer Vorschriften in § 19 Satz 4 Nr. 4 konkretisiert, was unter zusätzlichen energiewirtschaftlich notwendigen Maßnahmen zu verstehen ist.12
II. Inhalt des Antrags 1. Allgemeines Die Festlegung der Mindestinhalte des Antrages nach S. 4 soll bereits auf der ersten Stufe des 13 Prozesses zwischen Vorhabenträger und BNetzA Klarheit und Rechtssicherheit über Art, Inhalt und Umfang der durch den Vorhabenträger in der Planfeststellung einzureichenden Unterlagen schaffen. Ziel ist die Flexibilisierung und Effektivierung des Antragsverfahrens, um die Entscheidung über die Planfeststellung zu beschleunigen. Mit einem Bußgeld gem. § 33 wird die unvollständige Antragstellung jedoch nicht belegt. 14 Der Bußgeldtatbestand nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 knüpft bei der Planfeststellung erst an die Einreichung des Plans auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 an. Die BNetzA kann den Vorhabenträger nach § 12 Abs. 2 S. 3 zur Antragstellung verpflich- 15 ten.13 Dies steht ihr auch für den Fall offen, dass der Vorhabenträger einen unvollständigen Antrag nach § 19 eingereicht hat.14 Der Verpflichtung zur Antragstellung kommt der Vorhabenträger nur nach, wenn er den Antrag im gesetzlich geforderten Umfang stellt. Dies kann die BNetzA mittels Zwangsgeld gem. § 34 S. 1 durchsetzen.
6 Eine Zwischenbilanz, ob mit dem NABEG eine Beschleunigung des Netzausbaus erreicht wurde, zieht: de Witt/ Durinke, ER 2016, 22, 22 ff, 29. 7 BGBl. I 2011 S. 1690. 8 BT-Drucks. 17/6073. 9 BGBl. I 2019 S. 706. 10 BT-Drucks. 19/7375, S. 78. 11 BT-Drucks. 19/8913, S. 47. 12 BR-Drucks. 570/20, S. 8. 13 Vgl. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1042, 1044; BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 6. 14 Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 22. 805
Nebel/Riese
§ 19 NABEG
II. Inhalt des Antrags
2. Notwendige Unterlagen und Anforderungen an diese 16 Maßstab für den Umfang der einzureichenden Unterlagen ist der Sinn und Zweck des Antragsverfahrens. Der Vorhabenträger soll die Beteiligten der Antragskonferenz nach § 20 in die Lage versetzen, ihre Hinweise und Anforderungen an die Antragsunterlagen zu formulieren. Dazu ist es erforderlich, dass der Vorhabenträger alle Informationen mitteilt, die für diese Festlegung erforderlich sind. Der Vorhabenträger muss keine Lösung für etwaige Konfliktfälle bieten, wohl aber auf etwaige Konfliktpotenziale hinweisen.15 Die Darstellung des Vorhabens im Antrag soll in allgemein verständlicher Form erfolgen. 17 Anders ist nicht zu gewährleisten, dass auch die Öffentlichkeit ihre entsprechenden Hinweise und Anforderungen formuliert.16
3. Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen (S. 4) 18 S. 4 normiert bestimmte zwingende Anforderungen („muss“) an den Inhalt des Antrags.17 Diese sind als Mindestinhalte des Antrags zu verstehen. Weder daraus noch aus dem Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde den erforderlichen Inhalt der nach § 21 vorzulegenden Unterlagen aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 bestimmt, darf gefolgert werden, dass der Vorhabenträger dem Antrag nach § 19 nur eine Auswahl der notwendigen Antragsunterlagen beizufügen bräuchte. Vielmehr hat der Vorhabenträger bereits bei Stellung des Antrags nach § 19 alle zu diesem Zeitpunkt notwendigen Unterlagen einzureichen, um die Beteiligten der Antragskonferenz in die Lage zu versetzen, Hinweise und Anforderungen zu formulieren.
19 a) Verlauf der Trassen und Alternativen (S. 4 Nr. 1). Um den genauen Verlauf der Trassen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bestimmen zu können, muss der Antrag bereits einen Vorschlag für den beabsichtigten Verlauf der Trassen sowie eine Darlegung der in Frage kommenden Alternativen enthalten, S. 4 Nr. 1. Dadurch wird die Planfeststellungsbehörde entlastet.18 Aufgrund dieser Unterlagen wird die Behörde in die Lage versetzt, die Antragskonferenz vorzubereiten und die von den Ausbauvorhaben berührten Träger öffentlicher Belange zu identifizieren. Zu beachten ist die Bindungswirkung der Bundesfachplanung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1, wonach die Entscheidung über die Bundesfachplanung nach § 12 für das Planfeststellungsverfahren verbindlich ist.19
20 b) Erläuterung der Alternativen (S. 4 Nr. 2). Die Alternativendarstellung nach S. 4 Nr. 2 soll sich nur auf punktuelle Alternativen der konkreten Trassenführung beziehen, soweit der Vorhabenträger diese für seinen Antrag in Erwägung gezogen hat.20 Bei der Erläuterung sollen die erkennbaren Umweltauswirkungen berücksichtigt werden, vgl. S. 4 Nr. 2. Bezüglich der Umweltauswirkungen genügt eine summarische Darstellung, da dies nur als Anstoß (Anstoßfunktion) zur Bestimmung des Untersuchungsrahmens dienen soll.21 15 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 20. 16 A. A. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 23, sich letzterem anschließend Schink/Versteyl/Dippel/ Versteyl, § 19 NABEG Rn 21. 17 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 14; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 13. 18 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 16. 19 Vgl. de Witt/Durinke, ER 2016, 22, 25; Siehe hierzu auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 15 f; de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 16. 20 BT-Drucks. 17/6073, S. 28. 21 BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 28; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 17; vgl. auch de Witt/ Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 17. Nebel/Riese
806
3. Gesetzliche Mindestinhalte der Unterlagen (S. 4)
NABEG § 19
c) Verzahnung der Planungsschritte (S. 4 Nr. 4). S. 4 Nr. 4 bestimmt einerseits, dass neue 21 Vorhaben auch in laufenden Verfahren nach dem NOVA-Prinzip berücksichtigt werden sollen, und verschiebt andererseits den Zeitpunkt, ab dem neue Vorhaben berücksichtigt werden sollen, nach vorne, indem für den Antrag des Vorhabenträgers nach § 19 NABEG die Bestätigung des NEP nach § 12c EnWG maßgeblich wird. Insgesamt soll so eine stärkere Verzahnung der jeweils laufenden Verfahren ermöglicht werden, die bewirkt, dass NEP, BBPl, Bundesfachplanung und schließlich Planfeststellung nicht stets hintereinander durchgeführt werden, sondern dass – wo möglich und sinnvoll – eine Überlappung stattfindet, die das Verfahren insgesamt erheblich beschleunigt.22 In den Fällen, in denen nach dem Antrag auf Bundesfachplanung und vor dem Antrag auf 22 Planfeststellung ein neuer NEP i. S. v. § 12 EnWG von der BNetzA bestätigt wurde, muss der Vorhabenträger nach S. 4 Nr. 4 schon beim Antrag auf Planfeststellung prüfen, ob eine Realisierung der neu bestätigten Leitungen im Rahmen einer Änderung des aktuell zu genehmigenden Vorhabens möglich ist. Die Vorhaben müssen noch nicht im BBPlG aufgenommen worden sein, um die Prüfpflicht der Vorhabenträger auszulösen.23 Unter zusätzlichen energiewirtschaftlich notwendigen Maßnahmen sind Leerrohre gemäß § 18 23 Abs. 3 oder Erdkabel gemäß § 26 Satz 2 Nr. 2 zu verstehen. Die Prüfung und Dokumentation müssen sich sowohl auf die Möglichkeit der Realisierung als auch auf den Umfang der Realisierung beziehen.24 d) Darlegung der Voraussetzung für die Mitbeantragung von Leerrohren (S. 4 Nr. 5). 24 Nach S. 4 Nr. 5 muss, soweit Leerrohre mitbeantragt werden, die Darlegung der dafür erforderlichen Voraussetzungen in dem Antrag nach § 19 erfolgen.25 Sofern Vorhaben nach § 18 Abs. 3 Satz 2 gesetzlich gekennzeichnet sind, müssen nach S. 4 Nr. 5 HS 2 die Unterlagen zu den Voraussetzungen für Leerrohre eingereicht werden. Soweit bei dem Vorhaben Freileitungsabschnitte vorgesehen sind, sind für diese Abschnitte die Voraussetzungen für Leerrohre nicht darzulegen. Stattdessen ist für diese Abschnitte darzulegen, wie eine künftige Kapazitätserweiterung realisiert werden könnte.26
e) Sonstige Unterlagen. Zur Vorbereitung des Scoping-Termins hat der Vorhabenträger alle 25 sonstigen Unterlagen einzureichen, die erforderlich sind, um die Beteiligten der Antragskonferenz in die Lage zu versetzen, Hinweise und Anforderungen zu formulieren. Im Vordergrund steht in jedem Fall Sinn und Zweck der Antragskonferenz. Es muss sichergestellt sein, dass die Antragskonferenz abschließend formuliert, welche Inhalte die Antragsunterlagen haben. Natürlich kann es aufgrund neuer Erkenntnisse dazu kommen, dass die Festlegung der Antragskonferenz modifiziert und aktualisiert wird. Dies darf indes nicht deshalb geschehen, weil die eingereichten Unterlagen nicht ausreichend aussagekräftig sind. Der besondere Mechanismus des dreistufigen iterativen Prozesses des Planfeststellungsver- 26 fahrens ist nur dann sinnvoll und gewinnbringend, wenn sowohl Vorhabenträger als auch die Beteiligten der Antragskonferenz ihren jeweiligen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Teilhabe am Verfahren gerecht werden.
22 23 24 25 26 807
BT-Drucks. 19/7375, S. 79. BT-Drucks. 19/7375, S. 79. BT-Drucks. 570/20, S. 42. Vgl. dazu auch Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195 (198). BT-Drucks. 19/9027, S. 19. Nebel/Riese
§ 19 NABEG
III. Abschnittsbildung (S. 2)
4. Vereinfachtes Verfahren (S. 4 Nr. 3) 27 S. 4 Nr. 3 bestimmt den Inhalt und Umfang der einzureichenden Unterlagen, soweit ein Anzeigeverfahren nach § 25 für die gesamte Ausbaumaßnahme oder vereinzelte Streckenabschnitte durchgeführt werden soll. Nach S. 4 Nr. 3 muss der Antrag in diesem Fall die Darlegung der für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens erforderlichen Voraussetzungen enthalten. Für Neuerrichtungen ist das Anzeigeverfahren nicht anwendbar.27 Dem Antrag auf Durchführung des Anzeigeverfahrens muss sich entnehmen lassen, auf 28 welche Höchstspannungsleitung bzw. auf welchen Abschnitt einer Höchstspannungsleitung sich die Anzeige bezieht. Nach § 25 S. 4 sind der Anzeige in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich ergibt, welche konkreten Änderungen geplant sind und dass diese Änderungen unwesentlich sind. Ohne diese Unterlagen ist es der Planfeststellungsbehörde nicht möglich, über eine Freistellung nach § 25 zu entscheiden.
III. Abschnittsbildung (S. 2) 29 Nach S. 2 normiert die Möglichkeit der Abschnittsbildung in der Planfeststellung. Der Antrag für das Planfeststellungsverfahren muss das Vorhaben also nicht in dem Umfang umfassen, wie es Gegenstand der Bundesfachplanung war.28 Erforderlich ist jedoch die Bildung „angemessener“ Abschnitte, S. 2. Ob die gebildeten Abschnitte angemessen sind, ist eine Frage des Einzelfalls.29 Die Abschnittsbildung muss auf sachgerechten Erwägungen beruhen, um nicht abwägungsfehlerhaft zu sein.30 Die BNetzA kann die Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Antragstellung auf einzelne Abschnitte beschränken. Ebenso ist es denkbar, dass der Vorhabenträger nur für einzelne Abschnitte einen Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung stellt, die BNetzA ihn aber dann verpflichtet, für weitere Abschnitte des Vorhabens einen Antrag auf Durchführung der Bundesfachplanung zu stellen. 30 Die Abschnittsbildung ermöglicht es, die Planfeststellung für Trassenkorridore auf verschiedene Verfahren aufzuteilen, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist.31 Dies bietet sich bei besonders umfangreichen Vorhaben an, sowie in den Fällen, in denen die Verwirklichung bestimmter Abschnitte besonders dringlich oder konfliktbelastet ist.32 Die Abschnittsbildung dient primär der Beschleunigung des Netzausbaus. Größere Ausbauvorhaben sollen nicht daran scheitern, dass es an einzelnen Punkten des Vorhabens Konflikte gibt. Die Abschnittsbildung ermöglicht es zudem, den späteren Bundesnetzplan Schritt für Schritt entsprechend dem jeweils vordringlichen Bedarf zu erarbeiten. 31 Die Bildung von Abschnitten als solche bedarf aufgrund der gesetzlichen Erwähnung in S. 2 keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Nichtsdestoweniger müssen gebildete Abschnitte angemessen sein. Die Einteilung muss demnach im Hinblick auf das abzuarbeitende Problempensum sachlich gerechtfertigt sein.
27 28 29 30
Vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 29. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 19 Rn 9. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 2. Vgl. § 18, Rn 129 ff; BT-Drucks. 17/6073, S. 28; BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 –, BVerwGE 100, 370-388, juris, Rn 48; ausführlich De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 19 NABEG, Rn 9 ff; eingehend Schink/Versteyl/ Dippel/Versteyl, § 19 NABEG Rn 8 ff. 31 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. 32 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. Nebel/Riese
808
§ 20 Antragskonferenz, Festlegung des Untersuchungsrahmens (1) Die Planfeststellungsbehörde führt unverzüglich nach Einreichung des Antrags eine Antragskonferenz mit dem Vorhabenträger sowie den betroffenen Trägern öffentlicher Belange und Vereinigungen durch. Die Antragskonferenz soll sich auf Gegenstand, Umfang und Methoden der Unterlagen nach § 16 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen erstrecken. (2) Der Vorhabenträger, Vereinigungen sowie die Träger öffentlicher Belange werden zur Antragskonferenz geladen, die Vereinigungen und Träger öffentlicher Belange mittels Zusendung des Antrags. Ladung und Übersendung des Antrags können elektronisch erfolgen. Die Antragskonferenz ist öffentlich; die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt über die Internetseite der Planfeststellungsbehörde und in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. (3) Die Planfeststellungsbehörde legt auf Grund der Ergebnisse der Antragskonferenz einen Untersuchungsrahmen für die Planfeststellung fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der nach § 21 einzureichenden Unterlagen. Die Festlegungen sollen innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen sein. (4) Eine Antragskonferenz kann unterbleiben, wenn die Voraussetzungen des § 25 oder des § 24 Absatz 4 vorliegen.
Übersicht III.
I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung 10 (Abs. 1 S. 2) Das Themenspektrum des Untersuchungsrah10 mens Unterschiede zum Untersuchungsrahmen der 12 Bundesfachplanung a) Bindung an den Trassenvorschlag des Vor12 habenträgers 15 b) Raumverträglichkeitsprüfung c) Abschichtung vom Prüfprogramm der Bun17 desfachplanung 20 Umweltbelange a) Bedeutung der Umweltbelange in der Plan20 feststellung b) Umweltverträglichkeitsprüfung 22 (UVP) c) Natura 2000-Verträglichkeitsprü27 fung d) Spezielle artenschutzrechtliche Prü30 fung Sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fra31 gen (Abs. 1 S. 2 Hs. 2)
1. 2.
3.
4.
1 1. 7
809 https://doi.org/10.1515/9783110670516-065
2.
3.
IV.
Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2) 34 34 Bedeutung der Antragskonferenz 34 a) Wesentliche Merkmale 36 b) Ziele 39 Teilnehmerkreis (Abs. 2 S. 1 und 3) 39 a) Struktur der Regelung b) Individuell zu benachrichtigende Teilneh40 mer (S. 1) 44 c) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3) Vorbereitung, Organisation und Durchfüh46 rung a) Gestaltungsspielraum der Planfeststel46 lungsbehörde b) Individuelle Ladung und Unterrichtung 47 der Öffentlichkeit c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachberei52 tung d) Organisation und praktische Durchfüh57 rung Die Festlegung des Untersuchungsrahmens 61 (Abs. 3)
Sangenstedt/Karrenstein
§ 20 NABEG
I. Allgemeines
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Die Vorschrift regelt die Festlegung des Untersuchungsrahmens der Planfeststellung sowie die dieser Verfahrensstation vorgeschaltete Antragskonferenz. Insoweit wird gleich zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens nach dem NABEG eine verfahrensrechtliche Besonderheit sowohl gegenüber dem allgemeinen Verwaltungs- und Planfeststellungsrecht als auch gegenüber dem Planfeststellungsregime nach den §§ 43 ff EnWG1 etabliert.2 Zugleich korreliert das System aus einleitender Antragskonferenz und nachfolgendem Untersuchungsrahmen mit den einleitenden Verfahrensschritten der Bundesfachplanung.3 Abs. 1 S. 2 bezeichnet die Prüfmaterien, für die die Planfeststellungsbehörde nach Abs. 3 2 den Untersuchungsrahmen abzustecken und den erforderlichen Inhalt der nach § 21 einzureichenden Unterlagen zu bestimmen hat. Der Themenkreis umfasst unter Verweis auf § 16 UVPG zum einen Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP, darüber hinaus aber auch sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen.4 Die Festlegung des Untersuchungsrahmens wird nach Abs. 1 und 2 durch eine öffentliche 3 Antragskonferenz vorbereitet, die unverzüglich nach Antragstellung (§ 19) durchzuführen ist. Zu dieser Konferenz lädt die Planfeststellungsbehörde nach Abs. 2 S. 1 den Vorhabenträger, die betroffenen Träger öffentlicher Belange sowie die anerkannten Vereinigungen, die in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt sind (§ 3 Nr. 8), ein. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt nach Abs. 2 S. 2 durch Veröffentlichung im Internet sowie über örtliche Tageszeitungen im voraussichtlichen Auswirkungsbereich des Vorhabens. Unterbleiben kann eine Antragskonferenz nach Abs. 4 bei Änderungen einer Stromleitung, die nach § 25 anstelle eines Planfeststellungsverfahrens im Anzeigeverfahren zugelassen werden, oder gemäß § 24 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG die Voraussetzungen einer Plangenehmigung gegeben sind. 4 Nach Abs. 3 S. 1 legt die Planfeststellungsbehörde aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz einen Untersuchungsrahmen für die Planfeststellung fest und bestimmt den Inhalt der Unterlagen, die der Vorhabenträger im nachfolgenden Verfahrensschritt nach § 21 einzureichen hat. Diese Festlegungen sollen nach Abs. 3 S. 2 innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung abgeschlossen sein.
2. Regelungszweck 5 Die Festlegung des Untersuchungsrahmens ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur effektiven Vorbereitung und Steuerung des Planfeststellungsverfahrens.5 Ziel ist es, dem Vorhabenträger bereits in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens Gewissheit darüber zu verschaffen, welche konkreten Prüfmaterien und Sachfragen für die Zulassungsentscheidung über den Ausbau einer bestimmten Stromleitung von Bedeutung sind und mit welcher Prüftiefe und Methodik diese Gesichtspunkte in der Planfeststellung abzuarbeiten sind. Auf dieser Grundlage sind sodann Inhalt und Umfang der Unterlagen zu bestimmen, die der Vorhabenträger nach § 21 1 § 18 Abs. 5 verweist auf das Planfeststellungsrecht der §§ 43 ff EnWG. Diese enthalten aber ebenfalls keine abschließenden Regelungen, sodass in § 46 Satz 6 EnWG auf die allgemeinen Planfeststellungsvorschriften nach den §§ 72 – 78 VwVfG verwiesen wird (zum Verhältnis auch Ziekow/Durner, Fachplanungsrecht [2014], § 22 Rn 21). 2 Hermes, EnWZ 2013, 395, 397 f; Kümper, UPR 2016, 501; Schirmer/Seiferth, ZUR 2013, 515, 521; Schink, EurUP 2015, 148, 156. 3 Eine anschauliche Gegenüberstellung der Antragskonferenzen von Bundesfachplanung einerseits und Planfeststellung andererseits findet sich bei Kümper, DÖV 2016, 929 ff; vgl. auch Weghake, S. 261. 4 So auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 2 u. 20 f. 5 So auch Schirmer/Seiferth, ZUR 2013, 515, 522. Sangenstedt/Karrenstein
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3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 20
vorzulegen hat, und es ist zu klären, welche Mitwirkungsbeiträge andere Verfahrensbeteiligte, insbesondere die nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 einbezogenen Behörden, dazu leisten werden. Durch die verfahrensleitenden Entscheidungen, die die Planfeststellungsbehörde nach 6 Abs. 3 trifft (Festlegung des Untersuchungsrahmens, Bestimmung der einzureichenden Planunterlagen) und die durch die Antragskonferenz vorbereitet werden, wird der weitere Ablauf des Planfeststellungsverfahrens maßgeblich vorstrukturiert. Hierdurch bietet die Vorschrift zugleich ein beträchtliches Beschleunigungspotenzial. Nach Vorstellung des Gesetzgebers können das Prüfprogramm und die Mitwirkung der Beteiligten zielführend auf die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte fokussiert, inhaltliche und methodische Anforderungen an die beizubringenden Unterlagen und Nachweise frühzeitig geklärt, Missverständnisse und Fehlvorstellungen ausgeräumt werden. Bei sachgerechter und vorausschauender Nutzung dieses Instrumentariums kann die Regelung wesentlich dazu beitragen, dass der Zulassungsprozess reibungslos, zügig und konzentriert verläuft und Verzögerungen im Verfahren vermieden werden.6 Hieran hat auch die Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz ihren Anteil. Diese Erweiterung der traditionellen Beteiligungsmöglichkeiten führt zu größerer Verfahrenstransparenz und kann hierdurch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers einen akzeptanzstärkenden und befriedenden Effekt haben, der sich verfahrensbeschleunigend auswirkt.7
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift hat im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nur wenige Änderungen erfahren. 7 Zum einen hatte der Regierungsentwurf bereits vorgesehen, dass die BNetzA neben der Bundesfachplanung auch für die Durchführung der nachfolgenden Planfeststellungsverfahren zuständig sein sollte. Nachdem sich der Bund mit dieser Auffassung im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen konnte, wurde das Wort „Bundesnetzagentur“ auf Vorschlag des Bundesrates8 in der Vorschrift jeweils durch die neutrale Bezeichnung „Planfeststellungsbehörde“ ersetzt.9 Stattdessen wurde mit § 31 Abs. 2 NABEG die Möglichkeit einer Kompetenzübertragung auf die Bundesbehörde per Rechtsverordnung begründet. Hiervon ist mit Erlass der Planfeststellungszuweisungsverordnung (PlfZV)10 vom 23.7.2013 Gebrach gemacht worden. Damit ist die Zuständigkeit für die Planfeststellung auf die BNetzA übergegangen.11 Im Schrifttum ist diese Kompetenzübertragung auf eine Bundesbehörde – tlws. bereits in Bezug auf die Zuständigkeit für die Bundesfachplanung – heftig diskutiert worden.12 So wird die fehlende Notwendigkeit für eine Verfahrenskonzentration im föderalen System betont und entsprechend die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzübertragung auf die BNetzA angezweifelt.13 Demgegenüber existieren zugunsten der Kompetenzübertragung verschiedene Argumentationsansätze, denen gemein ist, dass sie unter 6 Begr. RegE, BT-Drucks 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28; ähnlich zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Führ u. a., S. 63 ff; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 3.
7 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28; vgl. auch Appel, UPR 2011, 406, 409; zustimmend etwa Hermes, EnWZ 2013, 395, 398; Kment, EnWZ 2015, 57, 59. 8 BR-Drucks. 342/11 (Beschl.), S. 5. 9 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 29.6.2011, BTDrucks. 17/6366, S. 8. In ihrer Gegenäußerung vom 22.6.2011 hatte die Bundesregierung diesem Änderungsvorschlag noch widersprochen; vgl. BT-Drucks. 17/6249, S. 17. 10 Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur. 11 Vgl. zur Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundes- und Landesbehörden auch den die tabellarische Aufstellung bei Posser/Faßbender/Herrmann, Kap. 5 Rn 3. 12 Vgl. § 31 Rn 5 m.w.Verw. sowie spezifisch für die Planfeststellungsebene die umfassende Darstellung bei Weghake, S. 252 ff m. w. N. 13 Umfassend schon Durner, DVBl. 2011, 853, 857 ff; ebenso Hermes, EnWZ 2013, 395, 401; Schneider/Theobald/ Hermes § 7 Rn 157. 811
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§ 20 NABEG
II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2)
Heranziehung des Beschleunigungsgedankens die Verfahrensakkumulation bei einer Behörde als – auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende – Notwendigkeit betrachten.14 8 Ferner hatte der Bundesrat in allgemeiner Form darum gebeten, die Beteiligung der Kommunen im Planfeststellungsverfahren zu stärken.15 Ausweislich der Begründung bezog sich diese Forderung wohl auch auf die Mitwirkung der Kommunen an der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach § 20. Mit seinem Anliegen konnte sich der Bundesrat jedoch nicht durchsetzen. In ihrer Gegenäußerung vom 22.6.2011 lehnte die Bundesregierung den Vorschlag mit dem Hinweis ab, dass die Beteiligungsrechte der Kommunen in künftigen Verfahren nach dem NABEG gegenüber den bestehenden Planfeststellungsverfahren nicht eingeschränkt würden; vielmehr würden die Kommunen weiter im bisherigen Maße als Träger öffentlicher Belange beteiligt.16 9 Mit der Novelle des NABEG im Mai 2019, welches eine weitergehende Beschleunigung mit sich bringen soll, wurden die Veröffentlichungspflichten im amtlichen Verkündungsblatt der Bundesnetzagentur nach Abs. 2 ersatzlos gestrichen. Die Veröffentlichung auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde sowie in den örtlichen Tageszeitungen wird dabei nicht nur als ausreichend, sondern als kostengünstiger und vor allem lebensnäher angesehen, um möglichst umfassend die Öffentlichkeit zu informieren.17 Damit setzt der Gesetzgeber einen Vorschlag um, den die Bundesnetzagentur selbst im Vorfeld der Reform als eines von mehreren Bausteinen zur Optimierung des NABEG vorgetragen hatte.18 Im Rahmen der jüngsten Anpassung des BBPlG wurden auch weitere kleinere Korrekturen 9a am NABEG vorgenommen.19 Darunter fällt auch die Bündelung von Datenschutz- und Geheimhaltungsvorschriften in einem neu eingefügten § 30a. In diesem Zuge ist die ursprünglich in Abs. 4 enthaltene Regelung, dass „Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz […] unberührt“ bleiben, aus § 20 gestrichen worden.20
II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2) 1. Das Themenspektrum des Untersuchungsrahmens 10 Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung umfasst dieselben Prüfmaterien und Sachfragen, auf die sich nach Abs. 1 S. 2 die Antragskonferenz erstrecken soll. Der enge Sachzusammenhang zwischen Antragskonferenz und Untersuchungsrahmen folgt daraus, dass die Antragskonferenz die verfahrensleitenden Entscheidungen, die die Planfeststellungsbehörde nach Abs. 3 zum Untersuchungsrahmen und zum Inhalt der Planunterlagen zu treffen hat, vorbereiten soll. 11 Abs. 1 S. 2 nennt als Themen der Antragskonferenz – und damit auch des Untersuchungsrahmens – zum einen „Gegenstand, Umfang und Methoden der Unterlagen nach § 16 UVPG“, zum anderen „sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen“. Diese Formulierung ist unglücklich gefasst und zeichnet ein schiefes Bild des tatsächlichen Spektrums der im Untersuchungsrahmen abzubildenden Materien. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der Schwerpunkt des Untersuchungsrahmens auf der UVP liege, während den „sonstigen Fragen“ eine eher untergeordnete Rolle zukomme. Dies kann zwar im Einzelfall, muss aber keineswegs immer so sein. 14 Vgl. auch Posser/Faßbender/Becker, Kap. 6 Rn 95 ff; Posch/Sitsen, NVwZ 2014, 1423, 1424 regen gar an, trotz der im NABEG intendierten Verfahrensstufung beide Verfahren parallel durchzuführen; vgl. auch Rn 19. 15 BR-Drucks. 342/11 (Beschl.), S. 3 f. 16 BT-Drucks. 17/6249, S. 17. 17 BT-Drucks. 19/7375, S. 74. 18 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198 m.w.Arg. 19 BT-Drucks. 19/23491. 20 BT-Drucks. 19/23491, S. 42. Sangenstedt/Karrenstein
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2. Unterschiede zum Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung
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Richtig ist vielmehr, dass der Untersuchungsrahmen alle für das Planfeststellungsverfahren erheblichen Fragen einschließt.21 Es geht mit anderen Worten um das gesamte Prüfprogramm, das zur Vorbereitung eines Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 24, 26 zu absolvieren ist. Die Prüfgesichtspunkte und Prüfanforderungen der UVP sind lediglich ein Element des Untersuchungsrahmens der Planfeststellung. Dieser umfasst die Prüfung und Bewertung aller öffentlichen und privaten Belange, die dem Vorhaben entgegenstehen können und nach § 18 Abs. 4 im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind.22
2. Unterschiede zum Untersuchungsrahmen der Bundesfachplanung a) Bindung an den Trassenvorschlag des Vorhabenträgers. Auch bei der Bundesfachpla- 12 nung schließt der Untersuchungsrahmen die Prüfung aller abwägungsrelevanten öffentlichen und privaten Belange ein, die der Ausbaumaßnahme innerhalb des betrachteten Trassenkorridors entgegenstehen können.23 Es gibt somit deutliche Parallelen zwischen beiden Verfahren. Dennoch weist der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung gegenüber dem Prüfprogramm der Bundesfachplanung einige bedeutsame Unterschiede auf. In der Bundesfachplanung wird der Prüf- und Entscheidungsgegenstand des Verfahrens 13 nicht abschließend durch den Antrag des Vorhabenträgers bestimmt. Zwar schlägt der Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 6 S. 6 Nr. 1 einen Trassenkorridor vor. Eine Bindung der Behörde an den Antrag besteht nach § 7 Abs. 3 S. 4 aber nicht. Die betroffenen Länder können in wechselseitiger Abstimmung nach § 7 Abs. 3 S. 1 eigene Korridorvorschläge in das Verfahren einbringen.24 Ebenso können andere Beteiligte Korridorvorschläge einbringen. Die Entscheidung, welche der Vorschläge in der Bundesfachplanung zu prüfen sind, trifft die BNetzA bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens.25 Diesem Modell ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der der Bundesfachplanung nach- 14 folgenden Planfeststellung in dieser Ausdrücklichkeit nicht gefolgt. Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens ist die Leitungstrasse, die der Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 19 S. 4 Nr. 1 vorschlägt. Zwar ist davon auszugehen, dass eine Bindung der Behörde an den Antrag besteht, wie sie auch sonst für den Verfahrenstyp der Planfeststellung kennzeichnend ist. Danach hat sich die Behörde bei ihren Prüfungen darauf zu beschränken, den eingereichten Plan einer nachvollziehenden Kontrolle zu unterwerfen. Dagegen ist sie grds. nicht befugt, die Planungsvorstellungen des Vorhabenträgers durch eine Alternativplanung zu ersetzen.26 Der Prüf- und Entscheidungsgegenstand ist somit in den Verfahren nach §§ 18 ff durch den Antrag des Vorhabenträgers (§ 19) determiniert. Gleichwohl zeigt die planerische Praxis, dass es zur Optimierung der Vorhaben durchaus zielführend ist, wenn auch auf Planfeststellungsebene weitere Alternativvorschläge beleuchtet werden können. Gerade das vom Gesetzgeber bewusst gewählte offene Format der Antragskonferenz eröffnet hier auch für die Planfeststellung einen geeigneten Rahmen für eine Diskussion räumlicher Alternativen innerhalb des Trassenkorridors. Die gesetzgeberische Intention nach Befriedung durch Beteiligung würde konterkariert, hätte im Nachgang die Planfeststellungsbehörde nicht die Möglichkeit weitere Alternativenprüfungen im Untersuchungsrahmen aufzugeben. Es bleibt dem Vorhabenträger freilich unbenommen selbst mit Antragsstellung gemäß § 19 S. 4 Nr. 1 u. 2 eigene Alternativen einzu21 22 23 24 25 26
So zutreffend Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28. Zustimmend Weghake, S. 260. Vgl. § 7 NABEG Rn 16. Siehe auch Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 199,. Eingehend dazu § 7 NABEG insbesondere Rn 19 f und 30 ff. Die Behörde darf lediglich Modifikationen vornehmen, die die Grundzüge der Planung unberührt lassen; eingehend dazu Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rn 782 ff; weitergehend wohl Posser/Faßbender/Herrmann, Kap. 5 Rn 16. 813
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II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2)
bringen oder gar darzulegen, warum etwaige Alternativvorschläge, die ihm aus einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung i. S. d. § 25 VwVfG oder einem informellen Wissensaustausch bereits bekannt sind, für ihn (nicht) in Betracht zu ziehen sind.
15 b) Raumverträglichkeitsprüfung. Entsprechendes gilt für die Prüfung der Raumverträglichkeit des Vorhabens unter überörtlichen Gesichtspunkten. Nach der Regelungskonzeption des NABEG gehört die Vereinbarkeit der Ausbaumaßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung nicht zu den Prüfmaterien der Planfeststellung. Sie ist nach § 7 Abs. 1 S. 3 vielmehr Gegenstand der Bundesfachplanung.27 Nach § 28 soll die Bundesfachplanung das Raumordnungsverfahren ersetzen. Konflikte mit den Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung sollen bereits auf vorgelagerter Ebene bei der Korridorplanung bewältigt werden.28 In der Antragskonferenz und bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Planfeststellung ist dieser Fragenkreis daher nicht mehr zu behandeln. 16 Etwas anderes kann sich zunächst für die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG ergeben. Diese Thematik ist nach § 5 Abs. 2 zwar ebenfalls schon in der Bundesfachplanung zu prüfen. Sie wird dort jedoch meist noch nicht abschließend abgearbeitet werden können, soweit es um Unverträglichkeiten geht, die eine parzellengenaue, auf vorgelagerter Planungsebene nicht sinnvoll zu leistende Betrachtung erfordern.29 Die Auseinandersetzung mit solchen kleinräumigen Aspekten muss dann im Planfeststellungsverfahren geführt werden. Die Einzelheiten sind in der Antragskonferenz zu erörtern und anschließend nach Abs. 3 im Untersuchungsrahmen zu fixieren. Entsprechendes gilt, wenn eine Konformität der mit der Raumordnung nur durch Umsetzung bestimmter Maßgaben umgesetzt werden kann. Da auch diese Maßgaben auf der Ebene der Bundesfachplanung nur bedingt konkretisiert, respektive bestimmt werden können, bedarf es im Rahmen des detailschärferen Planfeststellungsverfahrens einer entsprechenden Überprüfung. 16a Daneben ist zu beachten, dass im Rahmen der NABEG 2.0-Novelle in bestimmten Konstellationen der Vorhabenplanung, etwa bei Leitungserweiterungen oder Parallelneubauten ein Bundesfachplanungsverzicht erfolgen kann. So ist dieser gemäß § 5a Abs. 4 i. V. m. § 2 Abs. 7 BBPlG bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen (G-Kennzeichnung) beziehungsweise „kann“ oder „soll“ in den Fallgruppen des § 5a Abs. 1 u. 2 nach behördlicher Prüfung entfallen. Da in diesen Fällen kein „rechtlicher Schutzmantel“ einer Bundesfachplanungsentscheidung gegenüber anderen raumordnerischen Vorgaben besteht,30 muss die Prüfung der Raumverträglichkeit in diesen Fällen unmittelbar im Planfeststellungsverfahren erfolgen.31 Eine Rückausnahme hiervon dürfte regelmäßig für die Fallgruppe Nr. 3 des § 5a Abs. 1 gelten, da hiervon Vorhaben „innerhalb eines Trassenkorridors, der in einem Raumordnungsplan im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 7 des Raumordnungsgesetzes festgelegt oder im Bundesnetzplan ausgewiesen ist“ erfasst werden. Anknüpfungspunkt ist hier gerade die bestehende Konformität mit der raumordnerischen bzw. bundesfachplanerischen Ebene, sodass eine Raumverträglichkeitsprüfung regelmäßig keine abweichenden Ergebnisse bringen kann.32
17 c) Abschichtung vom Prüfprogramm der Bundesfachplanung. Ähnlich stellt sich die Situation beim Umgang mit anderen öffentlichen und privaten Belangen dar, die nicht nur für die Planfeststellung von Bedeutung sind, sondern bereits zum Prüfprogramm der vorlaufenden Bundes27 28 29 30 31 32
Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 19, 24, 31. Näher dazu § 7 NABEG Rn 68 f. Dazu § 7 NABEG Rn 59 f. Franke/Recht, ZUR 2021, 15, 19 (ff.). Vgl. auch § 5 Abs. 5 sowie die entsprechende Gesetzesbegründung BT-Drucks. 19/7375, S. 71 f. Vgl. BT-Drucks. 19/7375, 71.
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3. Umweltbelange
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fachplanung gehören. Zu nennen sind beispielsweise Anforderungen des Umwelt-, Natur- und Artenschutzes oder Nutzungsansprüche Dritter,33 die einer Realisierung der Stromleitung in dem fraglichen Gebiet entgegenstehen können. Aus verfahrensökonomischen Gründen – Vermeidung überflüssiger Mehrfachprüfungen – bedarf es in diesen Fällen einer ebenengerechten Abschichtung, bei der die verschiedenen Prüfaspekte, unter denen die Ausbaumaßnahme in den Blick zu nehmen ist, der jeweils „passenden“ Verfahrensebene zugeordnet werden.34 Für den Untersuchungsrahmen der – auf der letzten Stufe der Planungshierarchie angesiedelten – Planfeststellung hat dies zur Folge, dass sich die Prüfungen auf Gesichtspunkte konzentrieren können, die in der Bundesfachplanung nicht oder noch nicht ausreichend betrachtet worden sind.35 Für das Verhältnis zwischen der UVP im Zulassungsverfahren und der SUP in einem vorge- 18 lagerten Planungsverfahren ist der Abschichtungsgrundsatz schon seit etlichen Jahren Bestandteil des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung.36 Danach kann sich die UVP auf zusätzliche und andere Umweltauswirkungen sowie auf erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen beschränken. Eine inhaltlich gleichartige Bestimmung findet sich mit § 23 nunmehr auch im NABEG. Diese Regelung ist ebenfalls nur auf die UVP fokussiert. Hilfreicher wäre es angesichts der bereits bestehenden Parallelvorschrift im UVPG gewesen, wenn der Gesetzgeber den Abschichtungsgedanken im NABEG in allgemeiner Form verankert hätte, d. h. wenn er ihn neben der Umweltprüfung auch auf alle anderen Materien erstreckt hätte, die beim Stromleitungsausbau auf mehreren Planungsebenen zu prüfen sind. Auch wenn es hierfür an einer ausdrücklichen Bestimmung im Gesetz fehlt, kann letztlich kein Zweifel daran bestehen, dass das Prinzip der Abschichtung im Verhältnis zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung übergreifend gilt. § 23 bringt einen allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck, der im Mehrebenensystem der Netzausbauplanung auch auf den Umgang mit anderen öffentlichen und privaten Belangen entsprechend angewandt werden kann.37 Die Abschichtung von der Bundesfachplanung stellt sich bei näherer Betrachtung in der 19 Planfeststellung als eine größere Herausforderungen dar. Um den Untersuchungsrahmen der Planfeststellung auf „zusätzliche oder andere“ Gesichtspunkte sowie auf „erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen“ zu konzentrieren, muss ein Abgleich mit dem Prüfprogramm der Bundesfachplanung und den dort gewonnenen Erkenntnissen erfolgen. Auch vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, dass die BNetzA zuständige Stelle für das Planfeststellungsverfahren ist.38 Im Idealfall kann die notwendige Verzahnung zwischen Planfeststellung und Bundesfachplanung so mit dem geringsten Informations- und Zeitverlust bewerkstelligt werden.39 Für den weiterhin notwendigen Austausch zwischen Bundesoberbehörde und in der föderalen Ordnung originär zuständigen Landes(-planungs-)behörden bietet das NABEG mit den Antragskonferenzen und Erörterungsterminen einen geeigneten Rechtsrahmen.
3. Umweltbelange a) Bedeutung der Umweltbelange in der Planfeststellung. Die Einhaltung der Anforde- 20 rungen zum Schutz der Umwelt bildet einen gewichtigen Belang, der bei der Planfeststellung 33 Zur Behandlung privater Belange in der Bundesfachplanung § 7 NABEG Rn 101 f; Schiller, EurUP 2013, 178, 182 f. 34 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2015 – 4 BN 32/13, NVwZ 2015, 1452 ff, insbes. 1456; kritisch in Bezug auf die Herstellung einer Ebenengerechtigkeit Dippel/Hamborg, I+E 2015, 248, 251 f; ebenso Ziekow/Durner, Fachplanungsrecht (2014), § 22 Rn 7; ferner Wahlhäuser, UPR 2013, 428 ff; Durner, DVBl. 2011, 853, 860 f. 35 Näher hierzu § 23 NABEG Rn 4 ff; so auch Kment, EnWZ 2015, 57, 60; Schink, EurUP 2015, 148, 155. 36 § 39 Abs. 3 UVPG; davor § 14f Abs. 3 UVPG a. F. 37 § 23 NABEG Rn 13. 38 Vgl. schon oben Rn 8. 39 Begr. RegE, BT-Drucks 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21); auch die Systematik des NABEG befördert dies (vgl. § 23). 815
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§ 20 NABEG
II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2)
nach § 18 Abs. 4 in der Abwägung zu berücksichtigen ist. Für die UVP heißt es in § 25 UVPG inhaltlich gleichlautend, dass die in der UVP ermittelten und bewerteten Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach Maßgabe der geltenden Gesetze „zu berücksichtigen“ sind. Konkret bedeutet dies, dass Umweltgesichtspunkte jeweils mit dem Gewicht, das ihnen nach den einschlägigen fachgesetzlichen Maßstäben zukommt, in die Abwägung eingehen und dort in Konkurrenz mit anderen öffentlichen und privaten Interessen treten. Dabei hat der Umstand, dass der Gesetzgeber den Schutz der Umwelt zusätzlich durch eine UVP untersetzt hat, nicht zwangsläufig zur Folge, dass der Umwelt per se ein höherer Stellenwert oder ein Vorrang vor anderen Gütern oder Belangen beizumessen wäre.40 Bei der Abwägung im Planfeststellungsverfahren braucht sich daher nicht unbedingt immer die „umweltfreundlichste“ Lösung durchzusetzen – zumal die Abwägung auch bereits zwischen unterschiedlichen Umweltschutzgütern konträr ausfallen kann. Es ist davon auszugehen, dass sich keine Entscheidung finden lassen wird, die nicht Betroffenheiten erzeugt. 21 Welches Gewicht dem Schutz der Umwelt gegenüber anderen bedeutsamen Interessen zukommt, lässt sich nicht allgemein, sondern nur umweltgutspezifisch bestimmen. So ist der Ausbau einer Stromleitung, durch die die Erhaltungsziele und Schutzzwecke eines FFH- oder EUVogelschutzgebiets erheblich beeinträchtigt werden können, nach § 34 Abs. 2 BNatSchG grds. unzulässig. In der Abwägung mit anderen gewichtigen Belangen – etwa dem überragenden öffentlichen Interesse am Ausbau der länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen oder im Interesse der öffentlichen Sicherheit (§ 1 S. 3) – kann der Schutz eines betroffenen Natura 2000-Gebiets daher nur überwunden werden, wenn im Einzelfall einer der Ausnahmetatbestände nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zum Tragen kommt.41 Eine ähnlich starke Stellung kommt den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten nach § 44 Abs. 1 BNatSchG zu. Deshalb ist es eine verkürzte und missverständliche Darstellung, wenn in Abs. 1 S. 2 mit Blick auf die Umwelt nur auf die UVP rekurriert wird. Der umweltbezogene Untersuchungsrahmen der Planfeststellung wäre zu knapp geschneidert, würde er sich allein auf die allgemeine UVP nach dem UVPG beschränken. Einzubeziehen sind daneben – ebenso wie in der Bundesfachplanung – auch spezielle Umweltprüfinstrumente wie die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung.42 Hierbei sind freilich keine „Doppelprüfungen“ verlangt. Soweit zwischen den Schutzregimen und den Schutzgütern inhaltliche Schnittmengen bestehen, können diese zusammengeführt werden.43 Dies hat der Vorhabenträger aber nachvollziehbar darzulegen und in jedem Falle eine Kohärenz der in seinen Unterlagen getroffenen Aussagen zu gewährleisten.
22 b) Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Nach Abs. 1 S. 2 soll sich die Antragskonferenz – und damit auch der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung – auf Gegenstand, Umfang und Methoden der Unterlagen nach § 16 UVPG beziehen. Hinter dieser knappen Aussage verbirgt sich ein komplexes Bündel unterschiedlicher Gesichtspunkte. Zum einen geht es um die gegenständliche Eingrenzung des Untersuchungsrahmens 23 der UVP und seine Abschichtung vom Untersuchungsrahmen der SUP in der vorlaufenden Bundesfachplanung. Die Abschichtungskriterien für die Bestimmung des Prüfprogramms der UVP liefert § 23 i. V. m. § 39 Abs. 3 S. 3 UVPG. Danach soll sich die UVP auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen sowie auf notwendige Aktualisierungen und Vertiefungen solcher Erkenntnisse beschränken, die bereits zuvor in der SUP gewonnen worden sind. In der Praxis dürfte der Abgleich mit dem Prüfprogramm der SUP zwar dem Grunde nach keine 40 BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 19/94 –; Hoppe/Beckmann/Kment/Beckmann, § 25 UVPG Rn 86; Landmann/ Rohmer/Wulfhorst, § 12 UVPG a. F. Rn 29, 41 f; Ziekow/Durner, Fachplanungsrecht (2014), § 7 Rn 8. 41 Eingehend dazu § 18 NABEG Rn 65 ff. 42 Dazu näher § 7 NABEG Rn 90, 102 ff, 108 ff. 43 Ziekow/Durner, Fachplanungsrecht (2014), § 7 Rn 76. Sangenstedt/Karrenstein
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3. Umweltbelange
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größeren Schwierigkeiten bereiten, weil die Umweltauswirkungen, die auf der vorgelagerten Planungsebene ermittelt und bewertet worden sind, im Umweltbericht im Einzelnen dokumentiert sind. Damit werden die Ergebnisse der SUP regelmäßig in gut aufbereiteter Form zur Verfügung stehen – ob sie indes auch uneingeschränkt für die nachgelagerte Ebene genutzt werden können, ist im Einzelfall zu betrachten.44 Zum zweiten geht es um die Frage, welcher Prüfaufwand für die UVP betrieben werden 24 muss und welche Methoden dabei zugrunde zu legen sind. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist die UVP „kein ‚Suchverfahren’, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären oder gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten“.45 Ganz in diesem Sinne sind die Anforderungen, die bei der UVP an die Darstellungs- und Prüftiefe und an den Untersuchungsaufwand zu stellen sind, auch in § 16 Abs. 3 UVPG formatiert. So muss der UVP-Bericht gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 UVPG in seiner Darstellung des Vorhabens und der etwaigen Auswirkungen den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen.46 Wie beim Umweltbericht der SUP wird im Übrigen auch bei der UVP als „Faustformel“ gelten können, dass die Untersuchungs- und Darstellungstiefe umso größer ist, je nachteiliger die Umwelteffekte des Vorhabens im konkreten Fall sein können. Auch das Interesse, das die Öffentlichkeit bestimmten Umweltfolgen entgegenbringt, ist ein zu berücksichtigender Faktor.47 Ein dritter Punkt, für den in der Antragskonferenz meist größerer Diskussionsbedarf beste- 25 hen wird, ist die Mehrfachnutzung von Unterlagen in der UVP. Hierfür hat der Gesetzgeber in § 21 Abs. 4 – in konsequenter Anwendung des Abschichtungsgedankens – eine Sonderregelung getroffen. Soweit der Vorhabenträger bei der UVP im Planfeststellungsverfahren Kredit von bestimmten Erkenntnissen der vorlaufenden SUP nehmen möchte, reicht es aus, dass er sich in den Unterlagen, die er nach § 16 UVPG für die UVP vorlegt, auf die hierzu in der Bundesfachplanung eingereichten Unterlagen bezieht.48 Dabei dürfte sich als Bezugsdokument in erster Linie der Umweltbericht anbieten; ggf. kann aber auch auf ergänzende Berichte, Gutachten oder andere Begleitunterlagen verwiesen werden, die seinerzeit für die SUP erstellt worden sind.49 Allerdings ist dann auch seitens des Vorhabenträgers zu gewährleisten, dass diese Unterlagen sowohl für die Behörde als auch die (potentiellen) Teilnehmer der Antragskonferenz zugänglich sind. Von erheblicher praktischer Bedeutung für die Frage der Mehrfachnutzung von Unterlagen 26 in der UVP ist die Bereitstellung von Informationen durch die Planfeststellungsbehörde und andere beteiligte Behörden. Zwar ist nach § 16 UVPG in erster Linie der Vorhabenträger für die Erarbeitung der Unterlagen verantwortlich,50 die für die UVP benötigt werden. § 15 Abs. 1 S. 3 UVPG sieht aber auch ausdrücklich eine Mitwirkungspflicht der beteiligten Behörden vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die BNetzA als Bundesoberbehörde bis dato nur eingeschränkt über eigene Datensammlungen – insbesondere mit einem Detailgrad wie er für die Planfeststellungsebene erforderlich ist – verfügt. Ein Rückgriff auf die Datensammlungen der regionalen und kommunalen Behörden wird damit unumgänglich. Verfügen diese über Umwelt44 Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 23 verwiesen. 45 BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 19/94 –; ähnl. BVerwG, Urt. v. 25.1.1996 – 4 C 5/95 – Rn 26 f; zustimmend Dippel/ Hamborg, I+E 2015, 248, 254. 46 Vgl. zum Zumutbarkeitskriterium beim Umweltbericht der SUP § 7 NABEG Rn 83. 47 Vgl. § 7 NABEG Rn 85. 48 Zustimmend de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 22. 49 Vgl. auch Ziekow/Kirchberg, Fachplanungsrecht (2014), § 2 Rn 95 f; zur erforderlichen Datenaktualität vgl. auch § 23 Rn 9. 50 Kritisch zur „privatrechtlichen“ Verantwortlichkeit für die umweltfachgutachterliche Tätigkeit Reinhardt, NVwZ 2019, 195 ff, insbes. 198 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 – 1BvR 2523/13, 1 BvR 595/14, NVwZ 2019, 52 ff; dagegen wohl Fellenberg, NVwZ 2019, 177, 184 unter Verweis auf die „Existenz anerkannter fachwissenschaftlicher Maßstäbe und Methoden“ und dem Instrument des Sachverständigenbeweises. 817
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§ 20 NABEG
II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2)
daten oder andere Erkenntnisse, die für die Beibringung der Unterlagen nach § 16 UVPG zweckdienlich sind, so sind sie verpflichtet, dem Vorhabenträger die Informationen zur Verfügung zu stellen. Übermittelt werden können beispielsweise Inhalte von Landschafts- oder sonstigen Umweltfachplänen, Biotopkartierungen, Daten aus Altlastenkatastern, Umwelt- und Fachinformationssystemen sowie Gutachten, Berichte oder Umweltverträglichkeitsstudien aus anderen Verfahren.51 Die konsequente Nutzung dieser Quellen kann für den Vorhabenträger eine beträchtliche Entlastung bedeuten und erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen, weil damit zeitlicher und materieller Aufwand für eigene Ermittlungen oder die Erstellung neuer Unterlagen eingespart werden kann.52 Allerdings können auf diesem Weg entsprechend § 40 UVPG nur Angaben Eingang in die Planunterlagen des Vorhabenträgers finden, die für diesen Zweck geeignet und noch hinreichend aktuell sind.53 Flankiert wird dies von einer neu in § 31 Abs. 4 NABEG eingefügten Pflicht zur Weitergabe von für Bundesfachplanung oder Planfeststellung relevante Geodaten, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind. Bereits vor Einleitung des formellen Verfahrens, also bei Erstellung der Antragsunterlagen, jedenfalls aber in der Antragskonferenz ist abzuklären, inwieweit bei den beteiligten Stakeholdern entsprechendes Material vorhanden ist, das dem Vorhabenträger oder den Genehmigungsbehörden bei Bedarf zugänglich gemacht werden kann.54
27 c) Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG ist die Ausbaumaßnahme vor ihrer Zulassung einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu unterziehen, wenn sie als solche oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das fragliche Schutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Unverträglichkeiten mit den Anforderungen der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie können sich bei der Errichtung und beim Betrieb von Höchstspannungsleitungen zum einen daraus ergeben, dass die Leitung unmittelbar in Natura 2000-Gebiete eingreift und dort beispielsweise Flächenverluste verursacht, die mit erheblichen Beeinträchtigungen von Lebensraumtypen und geschützten Arten verbunden sind. Ähnliche Effekte können aber auch durch Leitungen hervorgerufen werden, die in der Nähe eines Natura 2000-Gebiets verlaufen und sich lediglich mittelbar auf prägende Lebensraumtypen und Arten des Gebiets auswirken. Das prägnanteste Beispiel sind Meideverhalten oder Kollision von Vögeln mit der Leitung, die ihren Lebensraum entlang der Trasse haben.55 28 Die Notwendigkeit einer Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung entfällt nicht schon deswegen, weil eine solche bereits in der Bundesfachplanung stattgefunden hat. §§ 34 und 36 BNatSchG sehen vielmehr für mehrstufige Planungsverfahren der vorliegenden Art vor, dass eine Verträglichkeitsprüfung erforderlichenfalls sowohl auf der vorgelagerten Planungsebene als auch nachfolgend im Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird.56 Dabei handelt es sich bei konsequenter Beachtung des Abschichtungsgrundsatzes um keine Doppelprüfung;57 viel51 52 53 54
Peters/Balla/Hesselbarth, § 15 Rn 19. Kritischer Fellenberg, NVwZ 2019, 177, 180 f m. w. Bspl. Zu den Anforderungen an die Aktualität von Unterlagen näher § 23 NABEG Rn 9. In der Praxis sehen sich die Vorhabenträger und Ihre Planungsbüros bei der Einholung von Datengrundlagen verschiedensten Nutzungsvereinbarungsregelungen ausgesetzt. Diese variieren nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern in der Regel stellt jede datensammelnde Stelle – und damit fast jede Kommune – eigene Nutzungsbedingungen auf. Um den Vorhabenträgern die Datenakquise, -nutzung und -weitergabe zu erleichtern, hat die BNetzA ein Merkblatt zur Geodatennutzung im Rahmen der Genehmigungsverfahren nach dem NABEG veröffentlicht (https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sonstiges/Geodaten-Merkblatt.pdf?__blob=publicationFile [letzter Abruf: 26.7.2021]). 55 Entsprechend hier sogar bereits detaillierte bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung: BVerwG, Urt. v. 21.1.2016, – 4 A 5/14 – NVwZ 2016, 844 ff. 56 Vgl. § 7 NABEG Rn 103 ff. 57 So zutr. auch Landmann/Rohmer/Gellermann, § 36 BNatSchG Rn 11. Sangenstedt/Karrenstein
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3. Umweltbelange
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mehr geht es (im Sinne des hier entsprechend anwendbaren § 39 Abs. 3 UVPG58) um eine Vertiefung der bereits in der Bundesfachplanung gewonnenen Erkenntnisse. Ziel der Verträglichkeitsprüfung in der Bundesfachplanung ist es, einen Trassenkorridor zu bestimmen, in dem die Stromleitung voraussichtlich ohne Gebietsbeeinträchtigung realisiert werden kann. Die Erwartung, dass der fragliche Korridor bei der späteren Feinplanung der Stromleitung eine Trassenführung ermöglichen wird, die mit den Erhaltungszielen und Schutzzwecken potenziell betroffener Natura 2000-Gebiete verträglich ist, wird sich hier allerdings meist nur auf eine eher „grobkörnige“, dem Planungsstand und Konkretisierungsgrad der Bundesfachplanung entsprechende Betrachtung stützen können.59 Deshalb stehen die Ergebnisse dieser Prüfung unter dem Vorbehalt der späteren Detailplanung und müssen im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren verifiziert werden. Dieser „zweite Durchgang“ der Verträglichkeitsprüfung wird sich dann jedoch in der Regel auf Gesichtspunkte konzentrieren können, die in der Bundesfachplanung noch nicht abschließend geklärt worden sind und zu denen vertiefte Aussagen erst im Zuge der Verdichtung der Planung getroffen werden können.60 Im Übrigen können die habitatschutzbezogenen Erkenntnisse der Bundesfachplanung für die Planfeststellung übernommen werden, soweit sie noch aktuell sind und auch sonst kein Grund besteht, ihre Belastbarkeit anzuzweifeln.61 Insbesondere wenn die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung schon auf der Ebene der Bundesfachplanung mit größerer Untersuchungstiefe durchgeführt worden ist, um die „Planfeststellungsfestigkeit“ ihrer Ergebnisse zu gewährleisten,62 können daraus erhebliche Entlastungen für die ergänzende Prüfung in der Planfeststellung resultieren. Beispiel Ist bei der Verträglichkeitsprüfung auf vorgelagerter Ebene auf der Basis einer überschlägigen Einschätzung angenommen worden, dass erhebliche Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets durch Schadensvermeidungs- oder Schadensverminderungsmaßnahmen verhindert oder Flächenverluste durch eine gebietsangepasste Trassenführung so minimiert werden können, dass die Beeinträchtigung lediglich Bagatellcharakter hat,63 muss im anschließenden Planfeststellungsverfahren im Lichte der dann vorliegenden Feinplanung aus kleinräumiger Perspektive geprüft werden, ob diese Erwartung gerechtfertigt war. Kann die positive Beurteilung der Bundesfachplanung aufgrund neuer Erkenntnisse der Detailprüfung nicht bestätigt werden, kann also eine erhebliche Beeinträchtigung des Natura 2000-Gebiets – auch durch zusätzliche Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen – nicht ausgeschlossen werden, so kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn ein Abweichungsverfahren ergibt, dass für die geplante Stromleitung ein Ausnahmetatbestand nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG genutzt werden kann.64
In der Antragskonferenz ist jeweils zu erörtern und fachlich abzustimmen, welche Untersuchun- 29 gen zur Beurteilung der Natura 2000-Verträglichkeit – ergänzend zum „ersten Durchgang“ in 58 Siehe oben Rn 18. 59 Zur geringeren Untersuchungstiefe von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für Pläne im Vergleich zur Projektebene auch Lütkes/Ewer/Ewer, § 36 Rn 11; Schuhmacher/Fischer-Hüftle/Schumacher, § 36 Rn 5; ebenso für das Verhältnis zwischen Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren Hennig/Lühmann, UPR 2012, 81, 82; ferner auch BVerwG, Beschl. v. 24.3.2015 – 4 BN 32/13 – NVwZ 2015, 1452 ff, insbes. 1456; zur Prüf- und Eindringtiefe auf Bundesfachplanungsebene sei auf die verschiedenen Methodenpapiere der BNetzA verwiesen. Diese hat die BNetzA als Hilfestellung für die involvierten Akteure entwickelt und sind sämtlich auf www.netzausbau.de abrufbar. 60 In diesem Sinne auch Landmann/Rohmer/Gellermann, § 36 BNatSchG Rn 11; ähnlich Lütkes/Ewer/Ewer, § 36 Rn 11: wenn sich aus der Konkretisierung der Planung Möglichkeiten der Beeinträchtigung ergeben, die in der Verträglichkeitsprüfung der vorgelagerten Planung noch nicht erkennbar waren; im Ergebnis ebenso Schumacher/ Fischer-Hüftle/Schumacher, § 36 Rn 6 ff. 61 Landmann/Rohmer/Gellermann, § 36 BNatSchG Rn 11.; zur nachträglichen Überprüfung bei zwischenzeitlicher Veränderung der Schutzgebietsausweisung vgl. BVerwG, Urt. v. 15.7.2016 – 9 C 3/16 –, NVwZ 2016, 1632, 1637 (insbes. Rn 40 u. 43). 62 Siehe dazu § 7 NABEG Rn 94; vgl. auch Wahlhäuser, UPR 2013, 428 f. 63 Landmann/Rohmer/Gellermann, § 34 BNatSchG Rn 32 ff. 64 Landmann/Rohmer/Gellermann, § 34 BNatSchG Rn 35 ff; beachte insoweit § 1 S. 3 NABEG. 819
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II. Der Untersuchungsrahmen der Planfeststellung (Abs. 1 S. 2)
der Bundesfachplanung – in der Planfeststellung noch erforderlich sind. Zu klären ist dabei auch, inwieweit bei den Umwelt- und Naturschutzbehörden hierzu bereits aussagefähiges Datenmaterial oder fachliche Erkenntnisse vorhanden sind, die zur Erleichterung der Prüfungen zur Verfügung gestellt werden können. Auf dieser Grundlage hat die Planfeststellungsbehörde nach Abs. 3 einen Teiluntersuchungsrahmen für die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung festzulegen und zu bestimmen, welche Unterlagen der Vorhabenträger dafür vorzulegen hat.
30 d) Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung. Ähnlich wie bei der Untersuchung der Natura 2000-Verträglichkeit ist in der Frage vorzugehen, ob der Ausbau der Stromleitung zu unerlaubten Beeinträchtigungen geschützter Arten führen kann. Ein möglicher Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote, insbesondere das Störungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wird zwar bereits in der Bundesfachplanung geprüft. Der Planungsstand, den das Vorhaben auf dieser Verfahrensstufe erreicht hat (i. d. R. Korridorfindung), wird im Allgemeinen aber noch keine detailtiefe Betrachtung ermöglichen. Gefordert ist hier vielmehr ein eher grobperspektivischer Maßstab, mit dem abgeschätzt wird, ob die Stromleitung in dem fraglichen Korridor im Hinblick auf die Anforderungen des Artenschutzes voraussichtlich konfliktfrei realisiert werden kann.65 In der nachfolgenden Planfeststellung kann sich der artenschutzrechtliche Fachbeitrag, den der Vorhabenträger mit den Planunterlagen nach § 21 einzureichen hat,66 dann regelmäßig auf ergänzende oder vertiefende Ausführungen beschränken.67 Dabei ist auf der Grundlage des inzwischen fortgeschrittenen Planungsstandes (Feintrassierung) darzulegen, ob das positive Ergebnis, zu dem die artenschutzrechtliche Prüfung in der Bundesfachplanung geführt hat, durch eine Detailprüfung bestätigt wird. Führt der parzellenscharfe Blickwinkel der Planfeststellung zu neuen Erkenntnissen, die die frühere artenschutzrechtliche Beurteilung in Frage stellen, ist zu erläutern, mit welchen Mitteln einer drohenden Beeinträchtigung geschützter Arten begegnet werden soll. In Betracht kommen Schadensvermeidungs- oder Schadensverminderungsmaßnahmen, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG oder die Inanspruchnahme von Ausnahmetatbeständen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG.68 Das gebotene artenschutzrechtliche Vorgehen ist in der Antragskonferenz mit den Beteiligten zu erörtern. Dabei ist auch abzustimmen, inwieweit die Prüfungen durch weiteren fachlichen Input (z. B. durch Übermittlung vorhandener Daten, Karten oder Gutachten) behördlicherseits unterstützt werden können.
4. Sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen (Abs. 1 S. 2 Hs. 2) 31 Nach Abs. 1 S. 2 Hs. 2 erstreckt sich die Antragskonferenz neben der Umweltverträglichkeit auch auf sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen. Nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift soll das Zulassungsverfahren durch die Festlegung des Untersuchungsrahmens und die vorlaufende Antragskonferenz umfassend vorbereitet und gesteuert werden. Ziel ist es, den Inhalt der Planunterlagen, die der Vorhabenträger zu erarbeiten hat, und die anschließenden Verfahrensschritte frühzeitig mit allen Beteiligten zu besprechen, damit die
65 Vgl. § 7 NABEG Rn 103 ff; vgl. zum Verhältnis der auf Bundesfachplanungsebene durchzuführenden Strategischen Umweltprüfung auch BNetzA (2015), Methodenpapier. Strategische Umweltprüfung in der Bundesfachplanung, S. 9 ff, insbes. 24. 66 Vgl. § 18 NABEG Rn 151. 67 Vgl. § 21 Abs. 4 NABEG i. V. m. § 16 UVPG; a. A. Dippel/Hamborg, I+E 2015, 248, 251 f. 68 Beachte hier § 1 S. 3 NABEG. Sangenstedt/Karrenstein
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4. Sonstige für die Planfeststellung erhebliche Fragen (Abs. 1 S. 2 Hs. 2)
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Planfeststellung möglichst reibungslos, zügig und konzentriert verlaufen kann.69 Deshalb können in der Antragskonferenz prinzipiell alle Sach- und Verfahrensaspekte behandelt werden, durch deren Klärung der nachfolgende Prüfprozess erleichtert und beschleunigt werden kann.70 Ein wichtiger Merkposten auf der Liste möglicher Beratungspunkte der Antragskonferenz 32 ist die Auseinandersetzung mit privaten Belangen. Nach § 18 Abs. 4 sind private Belange, die dem Vorhaben entgegenstehen können, im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um geschützte Rechtspositionen oder Nutzungsansprüche Dritter, die sich auf Flächen oder Grundstücke beziehen, auf denen die Stromleitung verlaufen soll oder auf die sich die Ausbaumaßnahme auswirken kann. Der Vorhabenträger hat seinen Unterlagen nach § 21 Abs. 2 eine Übersicht der Rechtsbeeinträchtigungen Dritter beizufügen, die mit der Realisierung des Vorhabens verbunden sein können. Anzugeben ist jeweils auch, wie mit dem Konfliktpotenzial umgegangen werden soll, insbesondere ob sich die Betroffenen mit der Beeinträchtigung ihrer Rechte einverstanden erklärt haben.71 Soweit diese Fragen bereits in der Bundesfachplanung geklärt worden sind,72 kann auf die dort erzielten Ergebnisse verwiesen werden. Da die Ermittlung der berührten privaten Belange in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, ist es von Vorteil, dass die Antragskonferenz bei den Planfeststellungsverfahren nach NABEG öffentlich durchgeführt wird. Die betroffenen Rechtsinhaber haben damit die Möglichkeit, ihre Belange frühzeitig „anzumelden“ und in das Verfahren einzubringen.73 Soll die Antragskonferenz die ihr vom Gesetzgeber beigemessene akzeptanzfördernde, 33 befriedende und beschleunigende Wirkung74 erfüllen, muss auch den Informationsinteressen der Öffentlichkeit angemessen Rechnung getragen werden. Angesichts des mehrstufigen, für Außenstehende nur schwer durchschaubaren Planungssystems beim Ausbau der Stromnetze75 sollte der Öffentlichkeit in der Antragskonferenz vor allem verdeutlicht werden, was genau Prüf- und Entscheidungsgegenstand der Planfeststellung ist und welche Sachfragen demgegenüber in anderen Verfahren behandelt werden. Ohne entsprechende Aufklärung muss damit gerechnet werden, dass im Anhörungsverfahren nach § 22 von der Öffentlichkeit erneut Gesichtspunkte problematisiert werden, die schon auf vorgelagerten Planungsebenen „erledigt“ worden sind.76 Zu nennen sind zum einen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Stromleitung und ihr vordringlicher Bedarf, die nach § 12e Abs. 4 EnWG durch den jeweils aktuellen Bundesbedarfsplan festgestellt werden;77 zum anderen die Auswahl des Trassenkorridors, der nach § 15 Abs. 1 S. 1 bereits in der vorlaufenden Bundesfachplanung mit verbindlicher Wirkung für das Planfeststellungsverfahren bestimmt worden ist. Durch ein Wiederaufgreifen dieser Fragen würde die Planfeststellung mit Diskussionen über Fragen belastet, die auf dieser Ebene nicht mehr entscheidungsrelevant sind und das Verfahren unnötig erschweren.78
69 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28. 70 So auch Schink, EurUP 2015, 148, 155 gerade in Bezug auf öffentliche Belange und Erfordernisse der Raumordnung. 71 Vgl. § 21 NABEG Rn 22. 72 Vgl. zur Behandlung der privaten Belange in der Bundesfachplanung § 7 NABEG Rn 113 f. 73 Siehe dazu auch unter Rn 36 u. 45. 74 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28. 75 Siehe hierzu den Überblick bei Durner, NuR 2012, 369, 370 ff; Bauer, VerwArch 2015, 112 ff. 76 So auch Kümper, DÖV 2016, 929, 932. 77 Siehe auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 21. 78 J. Becker, in: Forum für Zukunftsenergien, Akzeptanz von Großprojekten und Infrastruktureinrichtungen – Wie kann sie verbessert werden? Schriftenreihe des Kuratoriums, Band 4, 2011, S. 11, 13. 821
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III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2) 1. Bedeutung der Antragskonferenz 34 a) Wesentliche Merkmale. Die Antragskonferenz hat vorbereitende Funktion79 für die verfahrensleitenden Entscheidungen, die die Planfeststellungsbehörde nach Abs. 3 zu treffen hat.80 Sie soll die Grundlage für die Festlegung des Untersuchungsrahmens und die Bestimmung des erforderlichen Inhalts der nach § 21 einzureichenden Unterlagen schaffen. Es handelt sich um einen verbindlichen Verfahrensschritt, dessen Durchführung nicht im Ermessen der Planfeststellungsbehörde steht. Hierdurch unterscheidet sich die Antragskonferenz vom UVP-rechtlichen Scoping-Termin. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UVPG ist ein Scoping bei der UVP nur durchzuführen, wenn der Vorhabenträger darum ersucht oder die Behörde es für erforderlich hält.81 Nur bei unwesentlichen Änderungen oder Erweiterungen einer Stromleitung, die nach § 25 anstelle eines Planfeststellungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden können, oder sofern gemäß § 24 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG die Voraussetzungen einer Plangenehmigung gegeben sind, kann gemäß Abs. 4 eine Antragskonferenz unterbleiben. 35 Soweit im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nach Maßgabe der §§ 4 ff UVPG i. V. m. Nr. 19.1 der Anlage 1 des UVPG für das Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, dient die Antragskonferenz zugleich als Besprechung im Sinne des § 15 Abs. 2 UVPG. Zwar hat der Gesetzgeber für die Planfeststellung – anders als für die Bundesfachplanung in § 7 Abs. 1 S. 4 – nicht ausdrücklich geregelt, dass die Antragskonferenz den UVP-rechtlichen Scoping-Termin einschließen soll. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs, die im Zusammenhang mit der Antragskonferenz mehrfach auf den Scoping-Termin nach § 5 Abs. 1 UVPG a. F. Bezug nimmt, ergibt sich jedoch eindeutig, dass dies so gewollt war.82 Eine andere Auslegung (Notwendigkeit von zwei getrennten Terminen) würde zu erkennbar unvernünftigen, mit dem Beschleunigungszweck des Gesetzes (§ 1) unvereinbaren Ergebnissen führen.
36 b) Ziele. Ebenso wie bei der Bundesfachplanung werden mit der Antragskonferenz im Planfeststellungsverfahren im Wesentlichen drei Zwecke verfolgt: Zuvorderst geht es um die Beratung und Unterstützung der Planfeststellungsbehörde bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens nach Abs. 3. Da der Untersuchungsrahmen ein mehr oder weniger breites Themenspektrum unterschiedliche Sachgebiete und Fachmaterien umfassen kann,83 soll die zuständige Behörde bei der Bestimmung des Prüfprogramms der Planfeststellung den Sachverstand und das Wissen anderer kompetenter Behörden und Akteure zurate ziehen, von denen sachdienliche Beiträge und Informationen zu erwarten sind. Hierzu zählen auch Äußerungen der allgemeinen Öffentlichkeit. So können beispielsweise Anwohner des betroffenen Gebiets aufgrund ihrer besonderen Ortskenntnis Hinweise zu Sachverhalten geben, auf die die Planung Rücksicht zu nehmen hat. Werden solche Gesichtspunkte über die Antragskonferenz frühzeitig in das Verfahren eingebracht, kann der Vorhabenträger sie schon bei der Erarbeitung der nach § 21 einzureichenden Planunterlagen berücksichtigen. Dadurch wird vermieden, dass private Belange84 oder andere entscheidungserhebliche Tatsachen erst später im Anhörungsverfahren nach § 22 geltend 79 So auch Schink, EurUP 2015, 148, 156 f m.w.Anm. insbesondere zum Verhältnis zu § 25 VwVfG. 80 Vgl. auch Ruge, ER 2016, 155, 156. 81 Vgl. Kment, RdE 2011, 341, 346 sowie Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 4, 13); Posser/Faßbender/ Faßbender, Kap. 8 Rn 227 bezeichnet die Antragskonferenz als ein „(über-)obligatorisches Scoping“; Schink, EurUP 2015, 148, 157; BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 4 versteht die Antragskonferenz demgegenüber eher als „frühzeitigen Erörterungstermin“. 82 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28 f (zu § 21). 83 Siehe oben Rn 11. 84 Vgl. oben Rn 32. Sangenstedt/Karrenstein
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1. Bedeutung der Antragskonferenz
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gemacht werden, wo sie dann ggf. zeitaufwendige zusätzliche Untersuchungen oder Umplanungen erforderlich machen können.85 Zum zweiten soll der Vorhabenträger in der Antragskonferenz Hinweise und Hilfestel- 37 lungen für die Erarbeitung des Plans und der übrigen nach § 21 vorzulegenden Unterlagen erhalten. Hierfür muss ihm zunächst vermittelt werden, welche Sachfragen in der Planfeststellung im konkreten Fall zu klären und unter welchen Prüfaspekten sie abzuarbeiten sind. Einzugehen ist dabei insbesondere auf die Abschichtung vom Prüfprogramm der Bundesfachplanung (Konzentration auf zusätzliche oder andere Gesichtspunkte sowie auf Aktualisierungen und Vertiefungen).86 Weiterhin ist in der Antragskonferenz zu besprechen, welche Anforderungen in qualitativer und formaler Hinsicht an die Unterlagen zu stellen sind (Prüfaufwand, Prüftiefe, Detaillierungsgrad und Methodik der Untersuchungen sowie Art und Weise der Darstellung, z. B. Anfertigung von Kartierungen, Aufbereitung des Materials in tabellarischer oder elektronischer Form, etc.). Von zentraler Bedeutung für die Erstellung der Unterlagen – und damit für den Vorhabenträger eines der wichtigsten Themen der Antragskonferenz – sind die vorhandene Datenlage und die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. In diesem Zusammenhang ist u. a. zu erörtern, welche Angaben allgemein zugänglichen Informationsquellen (z. B. Datenbanken und Fachinformationssystemen) entnommen werden und welche von Behörden oder Dritten übermittelt werden können. Soweit die beteiligten Behörden über Informationen verfügen, die für die UVP „zweckdienlich“ sind (z. B. Karten- und Datenmaterial, Pläne, Gutachten oder Ergebnisse von Monitoringaktivitäten),87 hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 S. 3 UVPG sowie in § 31 Abs. 3 NABEG eine ausdrückliche Herausgabepflicht verankert. Eine weitergehende Verpflichtung zur Durchführung eigener Ermittlungen oder zur Datenbeschaffung von dritter Seite ist damit nicht verbunden,88 wohl jedoch eine Hinweispflicht, wenn der Behörde bekannt ist, wo entsprechende Informationen bei anderen Stellen abgefragt werden können.89 In allen sonstigen Fällen hängt die Übermittlung der Informationen im Wesentlichen von der Kooperationsbereitschaft der Beteiligten ab.90 Neben Beratung und Unterstützung der Planfeststellungsbehörde und des Vorhabenträgers 38 tritt als weiterer eigenständiger Zweck der Antragskonferenz die Stärkung der Akzeptanz und Legitimation der Zulassungsentscheidung, d. h. des nach § 24 zu treffenden Planfeststellungsbeschlusses. Bewirkt werden soll dieser Effekt durch die Ausgestaltung der Antragskonferenz als öffentlicher Termin und die damit verbundene frühe Einbeziehung der Öffentlichkeit. Diese Fortentwicklung der Beteiligungsrechte wird in der Begründung des Regierungsentwurfs als „vertrauensbildende und Akzeptanz steigernde Maßnahme“ bezeichnet; die Antragskonferenz soll damit „zur Verfahrenstransparenz, Akzeptanz und Befriedung“ beitragen.91 Hierdurch unterscheiden sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Ziele der Antragskonferenz vom Scoping-Termin in der UVP, der allein der Unterrichtung des Vorhabenträgers über Inhalt und Umfang der beizubringenden Unterlagen und der Unterstützung der zuständigen Behörde bei der
85 So zur vergleichbaren Situation beim Scoping-Termin in der UVP auch Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 23, 26 ff sowie Führ u. a., S. 63 f.
86 Dazu oben Rn 17 ff; zur Datenaktualität und Veränderungen der Schutzgutqualität vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 15.9.2016 – 9 B 13.16 – IBRRS 2016, 2692 = DÖV 2016, S. 79 (Leitsätze) mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373. 87 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 29; Peters/Balla/Hesselbarth, § 15 Rn 19. 88 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 29; Peters/Balla/Hesselbarth, § 15 Rn 19. 89 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 29. 90 Vgl. auch Erbguth, UPR 2016, 326, 328. 91 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25; einen guten Überblick über den Diskurs zur Partizipation und Akzeptanzbildung bei Infrastrukturvorhaben bietet Fraenkel-Haeberle, DÖV 2016, 548 ff sowie kritisch in Bezug auf die Energiewende Bauer, VerwArch 2015, 112 ff; zustimmend gerade in Bezug auf die Antragskonferenz aber Schink, EurUP 2015, 148, 156 ff. 823
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III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
Festlegung des Untersuchungsrahmens dient.92 Auf diese Weise soll die „Quadratur des Kreises“ gelingen, trotz einem Plus an Beteiligung eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, da nicht nur frühzeitig mehr Fachwissen und Ortskenntnis an den Vorhabenträger herangetragen werden, sondern auch durch die Auseinandersetzung mit dem Vorhaben im laufenden Verfahren Akzeptanz generiert werden kann.93
2. Teilnehmerkreis (Abs. 2 S. 1 und 3) 39 a) Struktur der Regelung. Bei der Berechtigung zur Teilnahme an der Antragskonferenz unterscheidet Abs. 2 zwischen solchen Teilnehmern, die von der BNetzA individuell geladen werden (S. 1), und der allgemeinen Öffentlichkeit, die qua Internet und örtlicher Tageszeitung über den Termin unterrichtet wird (S. 3). Damit hat der Gesetzgeber für den Bereich der Planfeststellung dieselbe Regelung getroffen, die für Antragkonferenzen in der Bundesfachplanung gilt.94 Dabei sind die involvierten Akteure zwar nicht identisch;95 die Betroffenheiten aber sehr viel konkreter. Daher sind die Teilnehmerzahlen auf Ebene der Antragskonferenzen auch nicht zwingend geringer als auf Ebene der Bundesfachplanung.96 So sind zwar auf Planfeststellungsebene großräumige Alternativen, die noch in der Bundesfachplanung zu prüfen waren, mit dem nunmehr festgelegten Trassenkorridor wegfallen. Anderseits werden mit verstärkter Konkretisierung des Trassenverlaufs auch die Auswirkungen haptischer und damit für die potentiell Betroffenen besser nachvollziehbar.97
40 b) Individuell zu benachrichtigende Teilnehmer (S. 1). Zu den zu ladenden Teilnehmern der Antragskonferenz gehört zunächst der Vorhabenträger. Dies ist i. S. der Legaldefinition nach § 3 Nr. 10 EnWG der zuständige Übertragungsnetzbetreiber gemäß § 3 Nr. 9 NABEG i. V. m. § 12c Abs. 4 EnWG.98 Seine Mitwirkung ist zwingend notwendig, damit die Konferenz ihren Sinn und Zweck optimal erfüllen kann.99 Der Antrag des Vorhabenträgers nach § 19 und die darin enthaltenen Angaben bilden die zentrale Beratungsgrundlage der Konferenz. Deshalb sollte der Antragsteller selbst anwesend sein und für Fragen und Erläuterungen zur Verfügung stehen. Auch das Ziel, dem Vorhabenträger Hinweise und Hilfestellung für die nach § 21 einzureichenden Unterlagen zu geben, kann nur erreicht werden, wenn er dem Termin nicht fernbleibt. 41 Zu ladende Teilnehmer sind ferner die Träger öffentlicher Belange. Durch ihre Mitwirkung wird sichergestellt, dass Daten, Informationen und Erkenntnisse, die für die Festlegung des Untersuchungsrahmens und für den Inhalt der Antragsunterlagen Bedeutung haben können, in die Antragskonferenz eingebracht werden.100 Träger öffentlicher Belange sind zum einen Behörden im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG, deren Aufgabenbereich durch die Ausbaumaßnahme berührt ist. Zu nennen sind hier vor allem die Umweltbehörden, deren Teilnahme mit Blick auf die zu prüfenden Umweltbelange und die Funktion der Antragskonferenz als UVP-rechtlicher Scoping-Termin101 unverzichtbar ist. Hinzuzuziehen sind aber auch andere betroffene Fachbe-
92 BVerwG, Urt. v. 9.11.2006 – 4 A 2001/06 – (Flughafen Halle/Leipzig), Rn 26; Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 3; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 1. 93 BT-Drucks. 17/6073, S. 25 ff. 94 Ausführlicher § 7 NABEG Rn 126 ff; Buschbaum/Reidt, UPR 2013, 421, 422. 95 de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 12; Kment, EnWZ 2015, 57, 60. 96 So wohl Kümper, DÖV 2016, 929, 933. 97 Dazu auch Bauer, VerwArch 2015, 112, 125 ff. 98 Vgl. auch Ruge, ER 2015, 131, 132 f u. 135. 99 Zustimmend de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 19; a. A. Kümper, DÖV 2016, 929, 933. 100 Vgl. oben Rn 36 f. 101 Siehe Rn 35. Sangenstedt/Karrenstein
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2. Teilnehmerkreis (Abs. 2 S. 1 und 3)
NABEG § 20
hörden. Weitere nach S. 1 zu benachrichtigende Träger öffentlicher Belange sind die kommunalen Gebietskörperschaften,102 also Städte, Gemeinden und Landkreise, auf deren Gebiet die Leitungstrasse nach dem Vorschlag des Vorhabenträgers (§ 19 S. 4 Nr. 1) verlaufen soll.103 Inwieweit sonstige öffentliche oder private Stellen, die öffentliche Aufgaben erfüllen und deren Belange von dem Vorhaben tangiert sein können, als Träger öffentlicher Belange zu betrachten und individuell zur Antragskonferenz zu laden sind, geht aus der Regelung nicht klar hervor. Das Schweigen des Gesetzgebers dürfte dafür sprechen, dass der Planfeststellungsbehörde in dieser Frage Spielräume eröffnet werden sollten.104 Im Zweifel sollte der Kreis der zu benachrichtigenden Träger öffentlicher Belange eher weiter als zu eng gefasst werden, um in der Antragskonferenz bereits ein möglichst vollständiges Bild der Konfliktpotenziale zu gewinnen, mit denen sich die Planfeststellung befassen muss. Eine dritte zur Antragskonferenz einzuladende Gruppierung sind die Vereinigungen.105 42 Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 8 gehören hierzu nur die nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltvereinigungen, deren satzungsgemäßer Aufgabenbereich von der Korridorplanung berührt wird.106 Durch diesen Verweis wird eine Synchronität mit dem UmwRG gewährleistet.107 Nicht anerkannte Umweltvereinigungen sowie andere Organisationen, Verbände, Personenzusammenschlüsse (z. B. Bürgerinitiativen) und ihre Mitglieder sind damit nicht ausgeschlossen, sondern können als Teil der Öffentlichkeit nach S. 3 ebenfalls an der Antragskonferenz teilnehmen. Der Kreis der Teilnehmer, die individuell benachrichtigt werden, wird in Abs. 2 S. 1 nicht 43 abschließend festgelegt. Vielmehr kann die Planfeststellungsbehörde weitere Personen zur Antragskonferenz laden, wenn sie sich davon eine Förderung des Verfahrens verspricht. Für die Besprechung zum Untersuchungsrahmen der UVP, die Bestandteil der Antragskonferenz ist, sieht § 15 Abs. 3 UVPG ausdrücklich vor, dass neben den Behörden und Umweltvereinigungen auch Sachverständige und Dritte nach Ermessen der zuständigen Behörde hinzugezogen werden können. Für die Behandlung der nicht umweltbezogenen Teile des Untersuchungsrahmens kann, trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung, nichts Anderes gelten. So kann es z. B. sinnvoll sein, dass der Behörde bekannte Träger privater Belange, mit denen das Ausbauvorhaben kollidieren könnte, zum Termin geladen werden, um eine Sachverhaltsklärung zu ermöglichen.108
c) Mitglieder der Öffentlichkeit (S. 3). Nach S. 3 Hs. 1 ist die Antragskonferenz öffentlich. 44 An dem Termin kann somit jedermann teilnehmen. Der Begriff der „Öffentlichkeit“ umfasst sowohl die allgemeine Öffentlichkeit als auch die Vertreter von Belangen, die nicht zu dem nach S. 1 individuell zu ladenden Teilnehmerkreis gehören. Nach S. 3 Hs. 2 ist die Öffentlichkeit auf der Internetseite der BNetzA und über eine Veröffentlichung in der örtlichen Tagespresse über den Termin zu unterrichten. Von der Teilnahmeberechtigung zu unterscheiden ist die Frage, ob die interessierte Öffent- 45 lichkeit dem Termin lediglich passiv beiwohnen (d. h. bloße Anwesenheit als Zuhörer)109 oder
102 So die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/6249, S. 17. 103 Entsprechend kann Gemeinden eine Doppelrolle zukommen – als Behörde und Träger öffentlicher Belange einerseits und betroffene Gebietskörperschaft andererseits (vgl. Posser/Faßbender/Herrmann, Kap. 5 Rn 35 u. auch Posser/Faßbender/Becker, Kap. 6 Rn 120 f). 104 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 14. 105 Näher dazu § 7 NABEG Rn 131; so wohl auch Kümper, DÖV 2016, 929, 933. 106 Näher hierzu § 3 NABEG Rn 41 ff. 107 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 16; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 18. 108 Vgl. auch Posser/Faßbender/Becker, Kap. 6 Rn 136. 109 So offenbar Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1042: die öffentliche Antragskonferenz finde ohne Öffentlichkeitsbeteiligung statt; ebenso de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 1 u. 30 mit einem rechtssystematischen Ver825
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§ 20 NABEG
III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
ob sie aktiv (d. h. durch eigene Diskussionsbeiträge) an den Beratungen mitwirken darf. Der Regelungstext selbst gibt hierauf keine eindeutige Antwort. Jedoch lassen sich der Begründung des Regierungsentwurfs Hinweise darauf entnehmen, dass der Gesetzgeber in der Antragskonferenz eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglichen wollte. Dort heißt es, dass bereits im frühzeitigen Verfahrensstadium widerstreitende öffentliche und private Belange zutage träten, die eine Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit erforderlich machten.110 Konsequenterweise sollten sich Vertreter betroffener Belange dann auch in der Antragskonferenz zu Wort melden und ihre Anliegen artikulieren dürfen. Ein solches Vorgehen ist nach dem Zweck der Antragskonferenz auch sinnvoll.111 Hierdurch kann die Aufmerksamkeit auf mögliche Konfliktpunkte gelenkt werden, die der Vorhabenträger dann bei der Erarbeitung seiner Planunterlagen nach § 21 ggf. noch aufgreifen und ausräumen kann. Damit kann die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit einen Beitrag zur Effektivität und Beschleunigung des Verfahrens leisten. Inwieweit dem Publikum in der Antragskonferenz im Einzelnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird, ist eine im Ermessen der Planfeststellungsbehörde stehende Frage.112 Im Zweifel sollte eher großzügig verfahren werden, weil der akzeptanzstärkende und vertrauensbildende Effekt, den sich der Gesetzgeber von der öffentlichen Durchführung der Konferenz verspricht,113 bei einer restriktiven Handhabung nur schwer zu erzielen sein dürfte. Dies schließt nicht aus, dass die Behörde sachwidrige Wortmeldungen und Interventionen, die erkennbar nur der Verschleppung des Verfahrens dienen, unterbinden kann.114
3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung 46 a) Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde. Das NABEG enthält selbst nur wenige Bestimmungen, die sich mit der vollzugspraktischen Seite der Antragskonferenz befassen. Mit Blick auf die Bundesfachplanung heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs, dass die BNetzA die Beteiligung der Öffentlichkeit „ausgestalten“ müsse, um die Antragskonferenz „praktisch handhabbar zu machen“.115 Daran wird deutlich, dass die Fachplanungsbehörde nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Antragskonferenz über Handlungs- und Gestaltungsspielräume verfügen soll. Für das Planfeststellungsverfahren fehlt es in der Gesetzesbegründung an einer entsprechenden Aussage; jedoch dürfte hier nichts Anderes gelten. Der Grund für die Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Regelung der Materie lässt sich damit erklären, dass mit der Einführung einer öffentlichen Antragskonferenz verfahrensrechtliches Neuland beschritten wird. Zumindest in der Anfangsphase dürfte die Nutzung dieses Instruments noch einen gewissen experimentellen Charakter haben. Da es hierzu in Deutschland an Erfahrungen fehlt, an die hätte angeknüpft werden können, sollte den zuständigen Behörden die Möglichkeit eröffnet werden, Antragskonferenzen gleich: Demnach werden gemäß Abs. 1 die Beteiligten abschließend benannt, während Abs. 2 lediglich die Öffentlichkeit der Antragskonferenz feststellt ohne der „Öffentlichkeit“ eine aktive Rolle zuzusprechen; ablehnend auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 27 ff sowie ebenso Kümper, DÖV 2016, 929, 934 f, der unter anderem darauf verweist, dass die Antragskonferenz nicht durch „Einbeziehung einer fachfremden Öffentlichkeit zu einem vorweggenommenen Erörterungstermin“ gewandelt wird. 110 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28. 111 A. A. Bauer, VerwArch 2015, 112, 139. 112 Die Situation stellt sich hier ähnlich dar wie beim öffentlichen Erörterungstermin im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 18 der 9. BImSchV. Dort steht es im Ermessen der Verhandlungsleitung, ob Personen das Wort ergreifen können, die keine oder nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben haben (vgl. Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 227 u. § 18 der 9. BImschV Rn 7). 113 Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 28. 114 Vgl. Kment, RdE 2011, 341, 346; zur Befugnis der Verhandlungsleitung, Maßnahmen zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Sitzungsablaufs zu ergreifen, näher unter Rn 60. 115 BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Sangenstedt/Karrenstein
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3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung
NABEG § 20
ohne Einbindung in starre gesetzliche Vorgaben mit Pragmatismus, Flexibilität und verfahrenspraktischer Vernunft zu bewältigen.116
b) Individuelle Ladung und Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der Vorhabenträger, die betroffenen Träger öffentlicher Belange und die Vereinigungen werden nach Abs. 2 S. 1 individuell zur Antragskonferenz geladen. Dabei ist es der Planfeststellungsbehörde freigestellt, ob die Ladung auf dem traditionellen Postweg per Brief oder formlos elektronisch, d. h. per Mail erfolgt. Die Formerfordernisse des § 3a Abs. 2 VwVfG (elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur) gelten hier nicht.117 Bei den Vereinigungen und den Trägern öffentlicher Belange erfolgt die Ladung unter Beifügung des Antrags nach § 19. Die Übermittlung des Antrags ist für den Erfolg der Antragskonferenz unverzichtbar. Der Antrag bildet die wichtigste Beratungsgrundlage der Konferenz. Nur auf der Basis aussagefähiger Informationen über den beabsichtigten Verlauf der Stromleitungstrasse ist es den Beteiligten möglich, sich auf die Antragskonferenz zielgerichtet vorzubereiten und sich dort substantiiert zu äußern. Deshalb muss der Antrag nach § 19 S. 3 bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen: er soll Angaben enthalten, die die Festlegung des Untersuchungsrahmens ermöglichen und das Vorhaben in allgemein verständlicher Form darstellen.118 Die Einhaltung dieser Vorgaben ist von der Behörde zu prüfen, bevor der Antrag den Vereinigungen und Trägern öffentlicher Belange nach Abs. 2 S. 1übersandt wird. Wird der Antrag den Anforderungen nicht gerecht, ist er für den vorgesehenen Zweck unbrauchbar und muss nachgebessert werden. Die Vorlage eines ausreichend untersetzten Antrags ist eine gesetzliche Mindestvoraussetzung für die Durchführung der Antragskonferenz. Unter verfahrenspraktischen Gesichtspunkten dürfte es darüber hinaus sinnvoll sein, den Beteiligten weitere Unterlagen zugänglich zu machen, z. B. den Entwurf der Tagesordnung, eine Aufstellung relevanter Fragen oder Hinweise auf besonderen fachlichen Klärungsbedarf. Die Mitglieder der Öffentlichkeit werden mittels allgemein zugänglicher Informationsquellen über die Antragskonferenz unterrichtet. Abs. 2 S. 3 schreibt hierfür eine Veröffentlichung auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde sowie in der örtlichen Tagespresse vor. Dabei muss es sich um Zeitungen handeln, die innerhalb des Gebiets verbreitet sind, auf das sich die Ausbaumaßnahme voraussichtlich auswirken wird. Die Auswahl der Zeitungen liegt im Ermessen der Behörde. Stehen mehrere Presseorgane zur Verfügung, sollte im Interesse größtmöglicher Transparenz eine Parallelveröffentlichung oder zumindest eine Veröffentlichung in der auflagenstärkeren Zeitung erfolgen. Eine Veröffentlichungspflicht im amtlichen Verkündungsblatt ist aus Gründen der Praktikabilität mit der NABEG-Novelle gestrichen worden.119 Nicht explizit vorgesehen ist, mit der Bekanntmachung des Termins auch den Antrag des Vorhabenträgers zu veröffentlichen. Doch die Tatsache, dass der Antrag nach § 19 S. 3 eine Darstellung des Vorhabens in allgemeinverständlicher Form umfassen soll, spricht dafür, dass er auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Würde anders verfahren, hätte dies zur Folge, dass sich betroffene Mitglieder der Öffentlichkeit nicht ausreichend mit dem Vorhaben auseinandersetzen und auf die Antragskonferenz vorbereiten könnten. Tatsächlich sollten jedoch sowohl der Vorhabenträger als auch die Planfeststellungsbehörde ein Interesse daran haben, dass z. B. Träger gewichtiger privater Belange, die nach § 18 Abs. 4 S. 1 in der Abwägung zu berücksichtigen sind, an der Antragskonferenz teilnehmen, um ihre Anliegen frühzeitig geltend zu machen.120 Voraussetzung dafür ist, dass die Unterrichtung bei den Betrof116 Im Schrifttum wird verschiedentlich auf § 10 VwVfG verwiesen (statt vieler: de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 34). Gemäß § 10 Satz 2 VwVfG soll die Behörde das Verfahren „einfach, zweckmäßig und zügig“ durchführen. 117 So auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 26. 118 Eingehend dazu § 19 Rn 16 f. 119 BT-Drucks. 19/7375, 74. 120 Vgl. oben Rn 32; ebenso für die Einbringung öffentlicher Belange in die Antragskonferenz Rn 41. 827
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§ 20 NABEG
III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
fenen eine entsprechende Anstoßfunktion erfüllt. Deshalb sollten die Träger privater Belange nicht anders behandelt werden als Träger öffentlicher Belange, denen der Antrag nach Abs. 2 S. 1 übermittelt wird. Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann der Antrag auf einfache Weise dadurch, dass die Planfeststellungsbehörde die Unterrichtung der Öffentlichkeit mit einem Hinweis auf ihre Website verbindet, wo die relevanten Dokumente dann eingesehen werden können.121 In zeitlicher Hinsicht haben die Benachrichtigung der nach Abs. 1 S. 1 zu ladenden Teil51 nehmer und die Unterrichtung der Öffentlichkeit unverzüglich nach Eingang des Antrags zu erfolgen. Im Schrifttum wird verschiedentlich auf die Legaldefinition in § 121 BGB („ohne schuldhaftes Zögern“) verwiesen.122 Unabhängig von der Beurteilung des Mehrwertes dieser Legaldefinition oder der grundlegenderen Frage nach der Übertragung einer zivilrechtlichen Bestimmung auf öffentlich-rechtliche Vorgaben, ist jedenfalls festzuhalten, dass für die BNetzA in der Praxis zahlreiche faktische und rechtliche Restriktionen bestehen.123 So sind nach Eingang des Antrags seitens der Behörde weitere Vorbereitungsschritte notwendig, welche in der Gesetzgebung des NABEG nicht (hinreichend) berücksichtigt worden sind (z. B. Suche einer geeigneten Räumlichkeit für die Antragskonferenz, Durchführung einer ordnungsgemäßen Ausschreibung, etc.). Darüber hinaus dürfen Ladung und Unterrichtung nicht ohne vorherige Prüfung des Antrags durch die Planfeststellungsbehörde geschehen. Es muss sichergestellt sein, dass der Antrag den Anforderungen des § 19 S. 3 und 4 entspricht. Überdies lässt erst der konkrete Trassenvorschlag des Vorhabenträgers (§ 19 S. 4 Nr. 1) abschließend erkennen, welche Träger öffentlicher Belange in ihrem Aufgabenbereich berührt sein können und damit zur Konferenz zu laden sind.124 Diesen wiederum muss vor Durchführung der Antragskonferenz ebenfalls ein ausreichender Zeitraum zur Sichtung der Unterlagen eingeräumt werden.125 Um die Prüfung zu verkürzen, kann es sinnvoll sein, dass der Vorhabenträger der Behörde nach Absprache bereits im Vorfeld einen Antragsentwurf zur „Vorprüfung“ übermittelt.126
52 c) Inhaltliche Vorbereitung und Nachbereitung. Der Ertrag der Antragskonferenz für die anschließende Festlegung des Untersuchungsrahmens wird umso größer ausfallen, je gründlicher der Termin inhaltlich vorbereitet wird.127 Dabei ist nicht nur die Planfeststellungsbehörde gefordert – alle Verfahrensbeteiligten sollten ihren Beitrag zum Gelingen der Konferenz leisten. Der Vorhabenträger kommt dieser Aufgabe dadurch nach, dass er mit dem Antrag nach 53 § 19 die zentrale Beratungsgrundlage für die Antragskonferenz liefert. Darüber hinaus sollte er präpariert sein, im Termin ergänzende Erläuterungen abzugeben und Fragen der Teilnehmer zu beantworten.
121 Sämtliche gestellte Anträge auf Einleitung der Verfahren zur Bundesfachplanung und zur Planfeststellung, Untersuchungsrahmen sowie die zugehörigen Entscheidungen sind auf der von der BNetzA betriebenen Internetseite www.netzausbau.de einsehbar (letzter Abruf: 21.2.2021). 122 deWitt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 17; Kümper, DÖV 2016, 929, 932; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 19; BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 7. 123 So auch Kümper, DÖV 2016, 929, 932. 124 Entsprechendes gilt für die Bestimmung der zu benachrichtigenden Vereinigungen. Nach § 3 Nr. 8 sind nur solche Vereinigungen einzubeziehen, deren satzungsgemäßer Aufgabenbereich berührt ist. Nach der Satzung kann der Tätigkeitsbereich der Vereinigung räumlich beschränkt sein. Daher ist zu prüfen, ob das Gebiet, auf dessen Umwelt sich die Stromleitung auswirken kann, im räumlichen Tätigkeitsbereich der Vereinigung liegt. 125 deWitt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 17 u. 27; für ein sehr knappes Zeitfenster von wenigen Werktagen eintretend Kümper, DÖV 2016, 929, 934 u. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 25; demgegenüber hält BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 12 bis zu vier Wochen für angebracht; letztere Auffassung erscheint weitaus angemessener. 126 Vgl. Posser/Faßbender/Herrmann, Kap. 5 Rn 52 ff; Ziekow/Kirchberg, Fachplanungsrecht (2014), § 2 Rn 24; Schaller/Henrich, UPR 2014, 361, 363; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 200. 127 Vgl. auch BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 18. Sangenstedt/Karrenstein
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3. Vorbereitung, Organisation und Durchführung
NABEG § 20
Die Planfeststellungsbehörde hat für eine sachgerechte Vorstrukturierung des Bera- 54 tungsprogramms zu sorgen. Zur Ermittlung des voraussichtlichen Besprechungsbedarfs hat sie den Antrag des Vorhabenträgers (§ 19) auszuwerten. Auf dieser Grundlage ist sodann die Tagesordnung zu entwerfen. Wesentlich erleichtert werden kann der Diskussionsprozess auf der Antragskonferenz durch die Erstellung von Übersichten oder Fragenkatalogen, die das Themenfeld und die Prüfgesichtspunkte, die aus Behördensicht zu erörtern sind, in geordneter und systematischer Form aufbereiten. Im Interesse der Akzeptanzförderung sollte deutlich gemacht werden, dass die Darstellungen und Verfahrensvorschläge der Behörde keinen abschließenden Charakter haben, sondern Offenheit für die Einbringung zusätzlicher Aspekte durch die Teilnehmer der Konferenz besteht. Gleichzeitig sind die Teilnehmer nicht darauf beschränkt, ausschließlich Anmerkungen einzubringen, die nur unmittelbar ihre eigenen Rechte tangieren. Beispielsweise ist – anders als bei dem nachfolgenden Einwendungsverfahren128 oder einer etwaigen späteren gerichtlichen Geltendmachung von Rechten129 – eine Gemeinde bei ihrem Vortrag nicht auf ihre Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 GG limitiert, sondern kann in dieser frühen Phase auch noch auf Belange Dritter, etwa besondere Betroffenheiten einzelner Anwohner, hinweisen. Im Vordergrund sollte allerdings stets stehen, dass in der Antragskonferenz „erst“ auf die Erstellung des Untersuchungsrahmens zur Ermittlung von Auswirkungen des Vorhabens hingearbeitet werden soll.130 Wichtiger Input für das Verfahren wird von den mitwirkenden Fachbehörden erwartet. 55 Auch sie sollten sich daher im Vorfeld des Termins eingehend mit dem Antrag und den Begleitunterlagen auseinandersetzen und prüfen, ob und in welcher Weise sie die Planfeststellungsbehörde und den Vorhabenträger durch fachliche Beiträge und die Bereitstellung von Daten, Unterlagen und Informationen unterstützen können. Andere beteiligte Träger öffentlicher Belange sowie die Vereinigungen sind ebenfalls gut beraten, sich für die Antragskonferenz adäquat zu präparieren. Nur bei ausreichender inhaltlicher Vorbereitung können sie im Termin wirksam Einfluss darauf nehmen, dass die von ihnen vertretenen Interessen in ihrer Bedeutung zutreffend erkannt und bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens angemessen berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für Vertreter privater Belange, die sich auf der Antragskonferenz zu Wort melden möchten. Selbst bei vertiefter Vorbereitung wird es den Teilnehmern nicht immer möglich sein, sich 56 zu allen relevanten Fragen schon im Termin selbst abschließend zu äußern. Deshalb sollte die Planfeststellungsbehörde Gelegenheit geben, das Vorbringen nach Beendigung der Antragskonferenz innerhalb einer angemessenen Frist noch zu ergänzen und Beiträge nachzuliefern. Durch eine entsprechende Nachbereitung des Termins kann sichergestellt werden, dass die verfahrensleitenden Entscheidungen, die die Behörde nach Abs. 3 zu treffen hat (Festlegung des Untersuchungsrahmens, Bestimmung des Inhalts der einzureichenden Planunterlagen), auf sachlich und fachlich ausreichend untersetzter Basis erfolgen.
d) Organisation und praktische Durchführung. Bei der Terminierung der Antragskonfe- 57 renz ist einerseits darauf zu achten, dass den Teilnehmern eine ausreichende Vorbereitung ermöglicht wird. Andererseits muss der Planfeststellungsbehörde anschließend genügend Zeit verbleiben, um die Ergebnisse der Antragskonferenz – einschließlich späterer Beiträge aus der Nachbereitung – innerhalb der Regelfrist von zwei Monaten (Abs. 3 S. 2) auszuwerten und auf dieser Grundlage die Festlegungen zum Untersuchungsrahmen zu treffen.
128 Vgl. auch Posser/Faßbender/Herrmann, Kap. 5 Rn 34. 129 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 28.4.2016 – 9 A 8.15 – UPR 2016, 550 (Leitsätze); Rubel, UPR Sonderheft 2018, 422, 423.
130 Vgl. für das Scoping Ziekow/Kirchberg, Fachplanungsrecht (2014), § 2 Rn 140 f; insoweit zutreffend von einer „Zweistufigkeit“ im Planfeststellungsverfahren sprechend Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 2. 829
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III. Die Antragskonferenz (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
Die Dauer der Antragskonferenz richtet sich nach dem Beratungsbedarf. Dieser ist von der Planfeststellungsbehörde anhand des Antrags und anderer zeitbestimmender Faktoren abzuschätzen. Von Bedeutung können beispielsweise die Länge der Stromleitung, Art und Umfang voraussichtlicher Konfliktpotenziale sowie die Haltung der betroffenen Öffentlichkeit zu dem Vorhaben sein. Die Antragskonferenz muss nicht zwingend eintägig durchgeführt werden; denkbar ist auch eine zwei- oder mehrtägige Veranstaltung mit jeweils unterschiedlichen Themenschwerpunkten.131 Auch die Auswahl des Konferenzorts liegt grds. im Ermessen der Planfeststellungsbehör59 de. Allerdings ist sie an die vergaberechtlichen Vorgaben gebunden. Generell sollten nur Örtlichkeiten gewählt werden, die für die Beteiligten, insbesondere die betroffene Öffentlichkeit, verkehrstechnisch (auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln) gut erreichbar sind, und zwar zu den Zeiten, in denen die Konferenz stattfindet. Bei längeren Stromleitungen kann die Antragskonferenz ggf. auch regionalisiert, d. h. auf mehrere Teilkonferenzen aufgeteilt werden, die an unterschiedlichen Orten durchgeführt werden und sich jeweils schwerpunktmäßig mit einem bestimmten Korridorabschnitt befassen. Ein solches Vorgehen ist auch dann möglich, wenn der Vorhabenträger seinerseits keine Abschnittbildung nach § 19 S. 2 beantragt hat, eine regionalisierte Durchführung der Antragskonferenz nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde aber aus verfahrenspraktischen Gründen besser geeignet ist, um die Materie zu bewältigen. So ist es beispielsweise bei länderübergreifenden Vorhaben denkbar, dass jeweils Teilkonferenzen für die Teile der Trasse durchgeführt werden, die auf das Gebiet eines Landes entfallen. Dies hätte einerseits sicherlich den Vorteil, dass landesrechtliche Besonderheiten sauberer unterschieden werden können und es nicht zu – eventuell verwirrenden – Bezugnahmen auf unterschiedliche Landesgesetze kommt. Gleichzeitig sind aber auch die Eigenheiten des jeweiligen Vorhabens im Blick zu behalten – so bilden beispielsweise die Netzverknüpfungspunkte, welche in der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG für jedes Vorhaben benannt werden, im Einzelfall taugliche „Grenzmarker“. 60 Über erhebliche Gestaltungsspielräume verfügt die Planfeststellungsbehörde schließlich auch bei der praktischen Durchführung der Antragskonferenz. Sie kann alle Maßnahmen ergreifen, die nach ihrer Beurteilung geeignet und sinnvoll sind, um den Zweck der Veranstaltung zu fördern, den Termin technisch und organisatorisch handhabbar zu machen und die Ordnung in der Sitzung zu gewährleisten.132 Zulässig wäre beispielsweise, eine Teilnahme an der Konferenz nur nach vorheriger Anmeldung zuzulassen,133 für die Behandlung einzelner Tagesordnungspunkte einen Zeitrahmen vorzugeben oder eine Redezeitbegrenzung einzuführen. Denkbar wäre ferner, die Vorbereitung der Antragskonferenz oder sogar die Sitzungsleitung selbst nach § 29 mit Zustimmung des Vorhabenträgers ganz oder teilweise einem Projektmanager zu übertragen.134 Wegen der Komplexität der Materien, die in der Antragskonferenz zu behandeln sind, dürfte es sich überdies empfehlen, die Ergebnisse in einem Protokoll festzuhalten. Als Orientierungsmaßstab für die Befugnisse, die dem Verhandlungsleiter zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Konferenz und zum Umgang mit Störungen zur Verfügung stehen, können die hierfür einschlägigen Vorschriften für Erörterungstermine (§ 73 Abs. 6 i. V. m. § 68 Abs. 3 VwVfG; § 18 Abs. 3 bis 5 der 9. BImSchV) herangezogen werden. 58
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So auch zum Scoping-Termin bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 20. So auch Kümper, DÖV 2016, 929, 934. Beispiel aus Begr. RegE BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. In der Liste der Aufgaben, die der Projektträger nach § 29 übernehmen kann, finden sich zwar die Vorbereitung und Leitung des Erörterungstermins, nicht aber die Übertragung entsprechender Aufgaben bei der Antragskonferenz. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend (so auch der Gesetzgeber BT-Drucks 17/6073, S. 31); daher können die Möglichkeiten des § 29 auch im vorliegenden Zusammenhang genutzt werden; zustimmend auch deWitt/ Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 40; ebenso BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 7. Sangenstedt/Karrenstein
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IV. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 3)
NABEG § 20
IV. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 3) Nach Abs. 3 S. 1 trifft die Planfeststellungsbehörde im Anschluss an die Antragskonferenz zwei wesentliche verfahrensleitende Entscheidungen: sie legt einen Untersuchungsrahmen für die Planfeststellung fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der nach § 21 einzureichenden Unterlagen. Rechtlich kommt diesen Entscheidungen keine Verwaltungsaktqualität zu; es handelt sich vielmehr im Sinne des § 44a VwGO um einen nicht selbstständig anfechtbaren Verfahrensrealakt.135 Der Untersuchungsrahmen umfasst das gesamte Prüfprogramm, das zur Vorbereitung eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 24 über die Bundesfachplanung zu durchlaufen ist. Unterlagen, die der Vorhabenträger nach § 21 einzureichen hat, sind der Plan (§ 21 Abs. 2) einschließlich der erforderlichen Nachweise, dass die Ausbaumaßnahme den rechtlichen Anforderungen entspricht und ihr nach § 18 Abs. 4 S. 1 keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen.136 Obwohl – anders als in der Parallelvorschrift des § 7 Abs. 4 Hs. 1 – nicht ausdrücklich erwähnt, bestimmt die Planfeststellungsbehörde den Untersuchungsrahmen und den Inhalt der Planunterlagen nach pflichtgemäßem Ermessen. Für die Ausübung des Ermessens sind vor allem die Ergebnisse der Antragskonferenz von Bedeutung; sie sind nach dem Wortlaut der Vorschrift Grundlage der verfahrensleitenden Entscheidungen der Planfeststellungsbehörde. Eine strikte Bindung der Behörde an die Hinweise der Antragskonferenz besteht jedoch nicht. Die Wortwahl „Ergebnisse“ im Gesetzestext darf an dieser Stelle nicht überstrapaziert werden. Die Antragskonferenz nimmt keine Entscheidung vorweg. Vielmehr dient sie erst der Vorbereitung der Festlegungen zum Untersuchungsrahmen und zum Inhalt der Planunterlagen; sie trifft hierzu jedoch selbst keine Entscheidungen.137 Die Teilnehmer der Konferenz können Hinweise geben oder Empfehlungen aussprechen. Die Entscheidung selbst obliegt nach Abs. 3 allein der Planfeststellungsbehörde, die dabei die Ergebnisse der Antragskonferenz berücksichtigt.138 Bei den Entscheidungen der Planfeststellungsbehörde zum Untersuchungsrahmen und zum Inhalt der Antragsunterlagen wird es sich regelmäßig um einen umfangreichen und inhaltlich komplexen Katalog unterschiedlicher Anforderungen handeln. Obwohl keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, sollten die Festlegungen stets in schriftlicher Form ergehen.139 Eine schriftliche Unterrichtung des Vorhabenträgers ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit geboten. Nach § 21 Abs. 1 ist der Vorhabenträger an die Vorgaben der Behörde nach Abs. 3 gebunden. Bleibt der eingereichte Plan hinter den Anforderungen zurück, kann dieses Versäumnis bei vorsätzlichem oder leichtfertigem Handeln nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Deshalb muss Klarheit darüber bestehen, welche konkreten Bestimmungen die Behörde im Einzelnen getroffen hat. Für die Planfeststellungsbehörde entfalten ihre eigenen Festlegungen nach Abs. 3 dagegen keine rechtlichen Bindungswirkungen. Die Unterrichtung des Vorhabenträgers erfolgt auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Sach- und Planungsstandes. Sie steht unter dem Vorbehalt neuer Erkenntnisse und hat somit vorläufigen Charakter. Deshalb ist die Ent-
135 Ebenso zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 UVPG Rn 28; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 5 UVPG a. F. Rn 23; zustimmend auch Weghake, S. 261 f sowie deWitt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 38; a. A. Kümper, DÖV 2016, 929, 936; offenlassend BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 21 ff. 136 Vgl. dazu im Einzelnen § 21 Rn 23 ff. 137 Ziekow/Kirchberg, Fachplanungsrecht (2014), § 2 Rn 140 f. 138 Ebenso zur Festlegung des Untersuchungsrahmens bei der UVP Nr. 0.4.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV) vom 18.9.1995 (GMBl. S. 671). 139 Ebenso für die Unterrichtung des Vorhabenträgers über voraussichtlich beizubringende Unterlagen bei der UVP Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 26; Landmann/Rohmer/Beckmann, § 15 UVPG Rn 26 ff; vgl. auch Nr. 0.4.7 der UVPVwV. 831
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§ 20 NABEG
IV. Die Festlegung des Untersuchungsrahmens (Abs. 3)
scheidung nicht geeignet, dem Vorhabenträger Vertrauensschutz zu vermitteln.140 Stellt sich die Sach- oder Rechtslage nach Konkretisierung der Planung oder bei späterer vertiefter Prüfung der eingereichten Unterlagen anders dar, als bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens angenommen, ist die Planfeststellungsbehörde nicht gehindert, dem Vorhabenträger aufzugeben, zu bestimmten Prüfgesichtspunkten andere oder zusätzliche Unterlagen vorzulegen oder nach § 21 Abs. 3 ein ergänzendes Gutachten beizubringen.141 Abs. 3 S. 2 bestimmt eine Regelfrist von zwei Monaten, innerhalb derer die nach S. 1 zu 65 treffenden Festlegungen abgeschlossen sein sollen. Die Frist beginnt mit der Antragstellung nach § 19. Dies setzt allerdings voraus, dass der Antrag den in § 19 S. 3 und 4 genannten Anforderungen entspricht.142 Wenn dies nicht der Fall ist, verschiebt sich der Fristbeginn bis zur Vorlage des überarbeiteten Antrags. Nicht nur bei komplizierten oder besonders konfliktträchtigen Vorhaben wird es für die Behörde u. U. schwierig sein, die Frist einzuhalten.143 Dies wird noch dadurch verschärft, dass der Fristbeginn nicht modular an den Zeitpunkt des Abschlusses der Antragskonferenz anknüpft, sondern bereits an den Zeitpunkt der Antragstellung. Allerdings ist die Regelung als „Soll-Vorschrift“ angelegt, sodass die oben benannten Problemkreise bei der Fristbestimmung zu berücksichtigen sind.144 Freilich kollidieren hier zwangsläufig das in § 1 NABEG verankerte Beschleunigungsgebot einerseits und das Interesse an einem rechtssicheren Planfeststellungsbeschluss, welcher auch einer etwaigen bundesverwaltungsgerichtlichen Prüfung standhält, andererseits.
140 So auch einhellige Auffassung zur Parallelregelung des § 15 UVPG (Unterrichtung des Vorhabenträgers über voraussichtlich beizubringenden Unterlagen) Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 15 Rn 28; Landmann/Rohmer/ Beckmann, § 15 UVPG. Rn 27; Peters/Balla/Hesselbarth, § 15 Rn 18. 141 Dazu näher § 21 Rn 24 ff. 142 Zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 40. 143 Offenbar kritisch gegenüber der „Länge“ der Frist auch Schirmer/Seiferth, ZUR 2013, 515, 522; BK-EnR/Naujoks, § 20 NABEG Rn 20; auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 40 spricht von einer „äußerst ambitionierten Zeitvorgabe“. 144 Vgl. auch schon oben Rn 51; ebenso de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 20 Rn 18, der überdies zu Recht darauf hinweist, dass auch keine Sanktionierungsmöglichkeit bei Nichteinhaltung der Soll-Frist besteht; dem zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 20 Rn 19. Sangenstedt/Karrenstein
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§ 21 Einreichung des Plans und der Unterlagen (1) Der Vorhabenträger reicht den auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 Absatz 3 bearbeiteten Plan in einer von der Planfeststellungsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist bei der Planfeststellungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Bei absehbarer Nichtwahrung der Frist ist rechtzeitig vor Fristablauf ein Verlängerungsantrag durch den Vorhabenträger bei der Planfeststellungsbehörde zu stellen. Die Planfeststellungsbehörde entscheidet über den Verlängerungsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen. (2) Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. (3) Die Planfeststellungsbehörde kann vom Vorhabenträger die Vorlage von Gutachten verlangen oder Gutachten einholen. (4) Für den UVP-Bericht nach § 16 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung soll nach Maßgabe der §§ 15 und 39 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die in der Bundesfachplanung eingereichten Unterlagen Bezug genommen werden. (5) Die Planfeststellungsbehörde hat die eingereichten Unterlagen innerhalb eines Monats nach Eingang auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen. Die Vollständigkeitsprüfung beinhaltet die Prüfung der formellen Vollständigkeit sowie eine Plausibilitätskontrolle der Unterlagen. Sind die Unterlagen nicht vollständig, hat die Planfeststellungsbehörde den Vorhabenträger unverzüglich aufzufordern, die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Nach Abschluss der Vollständigkeitsprüfung hat die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger die Vollständigkeit der Unterlagen schriftlich zu bestätigen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 6 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Einreichung von Plan und Unterlagen 16 (Abs. 1) 19 Zuständige Behörde 20 Adressaten 22 Inhalt und Umfang (Abs. 2) 24 Gutachten (Abs. 3) Bindung an die Bundesfachplanung
1. 2. 3. 4. 5. III.
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1. 2.
Allgemein 32 Sonderfall: FFH-Verträglichkeit
IV.
Obligatorische Vollständigkeitsprüfung 44 (Abs. 5) 49 Frist und Wirkungen (Abs. 5 S. 1) 50 Umfang (Abs. 5 S. 2) Folgen der Unvollständigkeit (Abs. 5 52 S. 3) 52 a) Allgemein b) Rechtscharakter der Anordnung – Verwal56 tungsakt 61 c) Rechtsmittel 63 Abschluss der Prüfung (Abs. 5 S. 4)
1. 2. 3.
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Bezugnahme auf Unterlagen der Bundesfachpla32 nung (Abs. 4)
4.
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Mit der Einreichung des Planes nach Abs. 1 wird der dreistufige iterative Prozess der Erarbei- 1 tung der für das Planfeststellungsverfahren benötigten Unterlagen zwischen Vorhabenträger und Behörde abgeschlossen. 833 https://doi.org/10.1515/9783110670516-066
Nebel/Riese
§ 21 NABEG
I. Allgemeines
Ausgangspunkt ist die Anforderung in Abs. 2, dass der Plan aus Zeichnungen sowie aus Erläuterungen besteht, die das Vorhaben und seinen Anlass näher erkennen lassen. Die betroffenen Grundstücke und Anlagen sind zu kennzeichnen; dies vor allem im Hinblick auf eine effektive Rechtsschutzeinräumung für betroffene Eigentümer und Nutzer. 3 Die Planfeststellungsbehörde kann nach Abs. 3 vom Vorhabenträger die Vorlage weiterer Gutachten verlangen oder selbst einholen. 4 Da zentraler Bestandteil der Antragsunterlagen eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung nebst etwaigen Fachbeiträgen sein wird, ist der Verweis in Abs. 4 auf die Regeln des Gesetzes über die UVP sachgerecht. Abs. 5 verpflichtet die Behörde zu einer Vollständigkeitsprüfung und Bestätigung der Voll5 ständigkeit gegenüber dem Vorhabenträger. 2
2. Regelungszweck 6 § 21 bestimmt den Umfang der einzureichenden Unterlagen und sorgt für die Aufgabenverteilung und Abstimmung zwischen Vorhabenträger und Behörde durch Anordnung von Vollständigkeitsprüfung und Plausibilitätskontrolle. § 21 ist eine Spezialvorschrift zu § 73 VwVfG und geht über dessen Regelungsgehalt hinaus.1 Der Inhalt der für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens notwendigen Unterla7 gen wird in einem dreistufigen iterativen Prozess zwischen Vorhabenträger und Behörde erarbeitet. Der Vorhabenträger hat nach Abs. 1 den auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 Abs. 3 bearbeiteten Plan bei der Planfeststellungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen (Stufe 3). Den erforderlichen Inhalt der nach § 21 vorzulegenden Unterlagen bestimmt die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 (Stufe 2). Die vor Durchführung der Antragskonferenz einzureichenden Antragsunterlagen hat der Gesetzgeber in § 19 S. 3 festgelegt (Stufe 1).2 Die Vorschrift soll Klarheit und Rechtssicherheit über Art, Inhalt und Umfang der durch 8 den Vorhabenträger einzureichenden Unterlagen schaffen. Weiteres Ziel ist die Flexibilisierung und Effektivierung des Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der Beschleunigung der Zulassungsentscheidung. Schließlich sorgt § 21 für die zur Erreichung der angestrebten Beschleunigungswirkung not9 wendige Abstimmung zwischen der vorgelagerten Planung der Bundesfachplanung und der verbindlichen Planung des Planfeststellungsverfahrens bezüglich der jeweiligen Unterlagen. Es soll sichergestellt sein, dass die Antragsunterlagen für die Bundesfachplanung zielgerichtet auf das spätere Planfeststellungsverfahren zuarbeiten, der Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich gemacht und von der Behörde bewertet werden. Inwieweit sich der erhoffte Effekt in der Praxis tatsächlich einstellt, bleibt abzuwarten. Der Gesetzgeber hat die Unvollständigkeit von Planunterlagen als eine der Ursachen für 10 die Verzögerung des Netzausbaus identifiziert. Die Vorschrift konkretisiert die Pflichten des Vorhabenträgers in Zusammenhang mit den einzureichenden Unterlagen. Die Bedeutung, die der Gesetzgeber der vollständigen und rechtzeitigen Einreichung von Unterlagen beigemessen hat, wird darin deutlich, dass die Behörde die Anordnung nach Abs. 5 S. 3 nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden Vorschriften mit einem Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000 A durchsetzen kann und dass, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 21 Abs. 1 S. 1 Unterlagen nicht richtig vorlegt, eine Ordnungswidrigkeit begeht, welche mit einer Geldbuße bis zu 100.000 A geahndet werden kann.
1 Vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 1; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 1. 2 Vgl. § 19, Rn 6. Nebel/Riese
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3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 21
Die Genehmigungsbehörde ist im Gegenzug verpflichtet, die Planungsunterlagen innerhalb 11 einer bestimmten Frist auf Vollständigkeit zu prüfen und dem Vorhabenträger Nachforderungen konkret zu benennen, damit dieser zielgerichtet reagieren kann.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze3 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 21 erlassen und ist seitdem unverändert. § 21 erfuhr Änderungen im Gesetzgebungsverfahren, die mit der Änderung der Zuständigkeit für die Planfeststellung im Zusammenhang stehen. So wurde infolge der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie4 in Abs. 1 „Bundesnetzagentur“ durch „Planfeststellungsbehörde“ ersetzt.5 Gleiches gilt für Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 S. 1, 3, 4. Der Paragraph erfuhr keine inhaltlichen Änderungen im Gesetzgebungsverfahren, die sich auf die Einreichung des Plans und der Unterlagen bezogen. Mit Art. 2 Abs. 13 Nr. 7 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden in Abs. 4 die Wörter „Für die nach § 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeits-prüfung vorzulegenden Unterlagen“ durch die Wörter „Für den UVP-Bericht nach § 16 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ und die Wörter „§§ 5 und 14f Absatz 3“ durch die Wörter „§§ 15 und 39 Absatz 3“ ersetzt.6 Mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften wurde in Abs. 1 nach dem Wort „Plan“ die Wörter „in einer von der Planfeststellungsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist“ eingefügt sowie der aktuelle Satz 2 eingefügt. Abs. 3 Satz 2 wurde aufgehoben und in § 30a verschoben.7
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II. Einreichung von Plan und Unterlagen (Abs. 1) Abs. 1 S. 1 entspricht § 73 Abs. 1 S. 1 VwVfG mit der Maßgabe, dass Inhalt und Umfang des Plans 16 und der einzureichenden Unterlagen auf Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz nach § 20 Abs. 3 NABEG einzureichen sind.8 Der so eingereichte Plan wird Grundlage des Anhörungsverfahrens. Der Vorhabenträger hat den Plan in einer von der Planfeststellungsbehörde festzusetzenden 17 angemessenen Frist einzureichen. Sofern absehbar ist, dass der Vorhabenträger die festgelegte Frist nicht wahren kann, ist rechtzeitig vor Fristablauf ein Verlängerungsantrag zu stellen. Durch klare Fristen soll ein Beschleunigungseffekt erzielt und die Transparenz erhöht werden.9 Die Entscheidung über die Fristverlängerung steht im Ermessen der Planfeststellungsbehörde und richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.10 Abs. 1 S. 1 setzt auf § 20 Abs. 3 auf und bestimmt, dass die Ergebnisse der Antragskonferenz 18 in die Unterlagen des Vorhabenträgers übernommen werden. Die Unterlagen dienen als Grundlage für die Vorbereitung und Durchführung des Anhörungsverfahrens.
3 BGBl. I 2011 S. 1690. 4 BT-Drucks. 17/6366, S. 6 f. 5 BT-Drucks. 17/6366, S. 7 f. 6 BGBl. I 2017 S. 2808. 7 BR-Drucks. 570/20, S. 8 f. 8 BT-Drucks. 17/6073, S. 29. 9 BT 570/20, S. 42. 10 BT 570/20, S. 43. 835
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§ 21 NABEG
II. Einreichung von Plan und Unterlagen (Abs. 1)
1. Zuständige Behörde 19 Den für den bestimmten Untersuchungsrahmen erarbeiteten Plan reicht der Vorhabenträger bei der zuständigen Planfeststellungsbehörde ein. Zuständige Behörde ist die BNetzA gemäß § 31 Abs. 2 NABEG i. V. m. § 1 Planfeststellungszuweisungsverordnung.11
2. Adressaten 20 Adressat der Verpflichtung nach Abs. 1 ist der Vorhabenträger, der das Vorhaben umsetzt und der Adressat des späteren Planfeststellungsbeschlusses sein soll. Adressat der Verpflichtung in Abs. 5 ist die Planfeststellungsbehörde, die ihren Aufgaben 21 gegenüber dem Vorhabenträger gerecht werden muss.
3. Inhalt und Umfang (Abs. 2) 22 Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Die Erläuterungen und Zeichnungen können textlicher oder graphischer Natur sein. Die eingereichten Unterlagen müssen die Behörde in die Lage versetzen, das Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Gleichzeitig müssen die von dem Vorhaben Betroffenen den Unterlagen entnehmen können, ob sie von dem Vorhaben betroffen sind, so dass sie ggf. Einwendungen erheben können.12 In den Planunterlagen müssen daher das Vorhaben selbst sowie die durch es betroffenen 23 Grundstücke erkennbar sein. Die Unterlagen müssen kopierbar sein, um sie auch auslegen oder elektronisch verbreiten zu können. Daher sind beispielsweise Modellbauten nicht geeignet, das Vorhaben zur Genüge des Abs. 2 zu beschreiben.
4. Gutachten (Abs. 3) 24 Nach § 20 Abs. 3 S. 1 legt die Planfeststellungsbehörde aufgrund der Ergebnisse der Antragskonferenz einen Untersuchungsrahmen für die Planfeststellung fest und bestimmt den erforderlichen Inhalt der nach § 21 einzureichenden Unterlagen. Auf diese Vorschrift setzt Abs. 3 auf und stellt klar, dass die zuständige Behörde vom Vorhabenträger ergänzende Gutachten einfordern oder selbstständig entsprechende Gutachten in Auftrag geben kann, wenn die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen nicht ausreichen, um die Planfeststellungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen. Lässt die Planfeststellungsbehörde Gutachten anfertigen, so hat der Vorhabenträger die entsprechenden Kosten zu tragen. Das in Abs. 3 vom Gesetzgeber vorgesehene Vorgehen bei nicht ausreichenden Antrags25 unterlagen wird vor allem dann relevant, wenn entweder die Antragskonferenz auf Seiten des Vorhabenträgers oder auf Seiten der Behörden nicht ausreichend sorgfältig durchgeführt wurde, der Vorhabenträger sich an die Ergebnisse der Antragskonferenz nicht gehalten hat oder seit der Antragskonferenz neue Erkenntnisse aufgetreten sind, die in der Antragskonferenz selbst noch nicht behandelt werden konnten. Schließlich ist es auch möglich, dass die eine oder andere Seite nachlässig gehandelt hat. Wem auch immer die Verantwortung oder gar das Verschulden für die mangelnde Vollständigkeit der Antragsunterlagen zuzurechnen ist, dies hat keine Auswirkung auf die Verpflichtung, vollständige Unterlagen einzureichen. Auch die Pflicht des 11 Planfeststellungszuweisungverordnung (PlfZV) vom 23.7.2013 (BGBl. I 2013, S. 2582. 12 Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 10. Nebel/Riese
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5. Bindung an die Bundesfachplanung
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Vorhabenträgers zur Kostentragung bleibt hiervon unberührt. Das Vorliegen der Vollständigkeit ist ein rein objektiver Tatbestand, dessen Beurteilung sich an dem Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens zu orientieren hat. Die Befugnis der Behörde, vom Vorhabenträger die Vorlage von Gutachten zu verlangen, bedeutet zweierlei: – die Behörde verlangt die Bearbeitung eines Themas, das bislang nicht Gegenstand der Antragsunterlagen war und – die Behörde verlangt eine tiefergehende Betrachtung eines Themas, das bereits Gegenstand der Antragsunterlagen ist, aber aus Sicht der Behörde noch nicht ausreichend untersucht worden ist. Der Gesetzeswortlaut ist insofern offen. Die Formulierung in Abs. 3, die Behörde könne die Vorlagen von Gutachten verlangen oder Gutachten einholen, beschränkt diese Befugnisse nicht auf die Vorlage von Gutachten, die sich ausschließlich mit neuen Themen beschäftigen. Auch die Forderung, ergänzende Gutachten vorzulegen, ist zulässig. Zentrale Frage ist, welcher Maßstab herangezogen wird, wenn es um Inhalt und Umfang der gutachterlichen Betrachtung geht. Die Behörde hat bei allen Forderungen nach einer gutachterlichen Betrachtung das Ziel und den Inhalt des Antrages zu berücksichtigen. Die Behörde darf ausschließlich gutachterliche Bewertungen verlangen, die für ihre Entscheidung über den Planfeststellungsantrag erforderlich sind. Je schwerwiegender ein Eingriff ist, desto intensiver darf und muss die gutachterliche Auseinandersetzung mit einem Thema sein. Der Vorhabenträger darf sich darauf beschränken, sich nur auf solche Bewertungsmethoden zu stützen, die wissenschaftlich anerkannt sind. Dazu gehören auch Regelwerke, die der Gesetzgeber oder anerkannte Fachinstitutionen erarbeitet haben oder die in der Fachwissenschaft oder in der Rechtsprechung Anerkenntnis gefunden haben. Die Grenze für den Vorhabenträger liegt da, wo er zur Rechtfertigung des eigenen Antrages wissenschaftliche Arbeiten vorlegen muss. Es ist nicht Aufgabe eines Genehmigungsverfahrens, eine wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitete und fachwissenschaftlich noch nicht anerkannte Problemlösung zu finden. Ausweislich des Wortlautes von Abs. 3 S. 1 stehen die beiden Möglichkeiten der Planfeststellungsbehörde – die Vorlage von Gutachten vom Vorhabenträger zu verlangen bzw. Gutachten selbst einzuholen – gleichberechtigt nebeneinander. Die Entscheidung darüber, welche Möglichkeit gewählt werden soll, steht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Im Vordergrund steht die Sachdienlichkeit des gewählten Vorgehens. Geht es um fachliche Bewertungen, die bereits Eingang in die Antragsunterlagen gefunden haben, aber einer vertieften Betrachtung zugeführt werden sollen, kommt eine Beauftragung eines Gutachters durch die Behörde selbst in Betracht. Dies vor allem dann, wenn sich nach Einreichung eines bis dahin vollständigen Antrages die Rechtslage ändert oder neue Sachverhalte auftreten, die Berücksichtigung finden müssen. Auf diese Weise kann der von der Behörde beauftragte Gutachter tätig werden. Entsprechendes gilt für den Fall eines Dissenses in der fachlichen Bewertung zwischen Vorhabenträger und Behörde.
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5. Bindung an die Bundesfachplanung Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 ist das Ergebnis der Bundesfachplanung verpflichtend. Dies bedeutet für 31 den Vorhabenträger wie für die Behörde, dass von dem in der Bundesfachplanung festgesetzten Trassenkorridor nicht abgewichen kann. Problematisch ist diese Regelung dann, wenn sich im Planfeststellungsverfahren herausstellt, dass das Planfeststellungsverfahren nicht in dem vorgesehenen Trassenkorridor realisiert werden kann. In diesen Fällen ist die Planfeststellungsbehörde mangels Kompetenz nicht befugt, von den Festsetzungen der Bundesfachplanung abzuwei-
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III. Bezugnahme auf Unterlagen der Bundesfachplanung (Abs. 4)
chen. Vielmehr muss die BNetzA als Bundesfachplanungsbehörde die Bundesfachplanung ergänzen und korrigieren.13
III. Bezugnahme auf Unterlagen der Bundesfachplanung (Abs. 4) 1. Allgemein 32 Abs. 4 betrifft die Unterlagen, die für die UVP einzureichen sind. 33 Abs. 4 ist Ausdruck der entlastenden Wirkung der vorlaufenden Bundesfachplanung mit durchgeführter Untersuchung der Umweltauswirkungen in der SUP auf das nachfolgende Zulassungsverfahren. Die gesetzgeberische Intention, durch die enge Verzahnung der Bundesfachplanung mit den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren Doppelprüfungen zu vermeiden und auf diesem Wege eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, beginnt bereits bei der Einreichung der Unterlagen.14 § 21 Abs. 4 verweist auf zwei Regelungstatbestände, die nicht unmittelbar etwas miteinan34 der zu tun haben: Gemäß § 15 UVPG hat die Behörde bei der Antragskonferenz nach § 20 darüber zu informie35 ren, welche Unterlagen für die Durchführung der UVP nach § 16 UVPG beizubringen sind. Den Umfang der für die UVP vorzulegenden Unterlagen bestimmt § 16 UVPG. Der Verweis auf § 16 UVPG gehört inhaltlich und systematisch vor dem geschilderten Hintergrund in die Bestimmung über die Antragskonferenz nach § 20. Die Integration in § 21 ist in der Sache aber unschädlich. Die Planfeststellungsbehörde soll Doppelprüfungen vermeiden. Die Entscheidung über die 36 Bundesfachplanung ist als Plan Bestandteil eines mehrstufigen Planungs- und Zulassungsprozesses im Sinne der Norm. Die Planfeststellungsbehörde hat darauf zu achten, dass sich die Unterlagen, die für die UVP im Rahmen der Planfeststellung für die beantragte Stromleitung vorzulegen sind, gegenüber der im Rahmen der Bundesfachplanung durchgeführten SUP auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen sowie auf erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen beschränken.15 Der einzureichende Plan soll daher Bezug auf die vorangegangene UVP nehmen. Vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall kann16 – so die Gesetzesbegründung – widerleg37 bar vermutet werden, dass die Unterlagen weiterhin hinreichend aktuell sind, wenn seit Fertigstellung der in Bezug genommenen Unterlagen aus der Bundesfachplanung, insbesondere des Umweltberichts, ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren vergangen ist. Weiter heißt es dort, dass Zweifel daran, dass die in der Bundesfachplanung eingereichten Unterlagen, insbesondere der Umweltbericht, nicht mehr hinreichend aktuell sind, möglichst in der Antragskonferenz nach § 20 geklärt werden sollen.17 Klassische Fälle, bei deren Vorliegen die Vermutung widerlegt wird, sind: 38 – neue Sachlagen nach Vorlage der Unterlagen für die Bundesfachplanung, – neue Rechtslage seit Vorlage der Antragsunterlagen für die Bundesfachplanung, – neue fachliche – naturschutzfachliche oder technische – Erkenntnisse seit Vorlage der Unterlagen für die Bundesfachplanung. 39 Sollten die zuvor geschilderten neuen Umstände zu einer eher nachteiligen Einschätzung der befürchteten Auswirkungen führen, bietet sich in jedem Fall eine neue Betrachtung an. Aber auch die Gewinnung neuer Erkenntnisse, die zu einer Entschärfung der Situation bei unverän13 Vgl. dazu § 5 Rn 97 ff. 14 BT-Drucks. 17/6073, S. 29; De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 19; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 15.
15 BT-Drucks 17/6073, S. 29. 16 Vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 21 Rn 16. 17 BT-Drucks. 17/6073, S. 29. Kritisch dazu Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 15. Nebel/Riese
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2. Sonderfall: FFH-Verträglichkeit
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derter Sachlage führen, kann den Vorhabenträger veranlassen, Unterlagen zu überarbeiten. Der Abwägungsprozess erfordert nämlich in jedem Fall nach Möglichkeit das richtige und belastbare Abwägungsmaterial.
2. Sonderfall: FFH-Verträglichkeit Der Verweis auf die Unterlagen der Bundesfachplanung stößt im Zusammenhang mit der FFHVerträglichkeitsuntersuchung an seine Grenzen. Jedenfalls dann, wenn eine FFH-Unverträglichkeit im Planfeststellungsverfahren nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie fordert, dass alle Pläne und Projekte einer FFH-Verträglichkeit unterworfen werden. Die Bundesfachplanung ist ein Plan in diesem Sinne. Das Planfeststellungsverfahren ist ein Projekt im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie. Daraus folgt, dass bereits im Rahmen der Bundesfachplanung eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt werden muss. Ist dies nicht geschehen oder hat sich die zuständige Behörde auf eine SUP beschränkt, ist im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eine Bezugnahme auf diese FFH-Verträglichkeit von vornherein ausgeschlossen. Zudem erfolgt die FFHVerträglichkeitsprüfung auf der Ebene der Bundesfachplanung in einer Prüfungstiefe, die den Anforderungen an die FFH-Prüfung im Planfeststellungsverfahren nicht entspricht.18 Es muss in jedem Fall eine eigene FFH-Verträglichkeitsuntersuchung im Rahmen der Planfeststellung vorgenommen werden.
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IV. Obligatorische Vollständigkeitsprüfung (Abs. 5) Wesentliches Beschleunigungselement des § 21 ist die Verpflichtung der Behörde zur frühen Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen.19 Die Überprüfung der eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit innerhalb eines Monats nach Eingang ist nach dem Wortlaut obligatorisch („hat“). Damit soll bereits in einem frühen Verfahrensstadium sichergestellt werden, dass die Unterlagen tatsächlich vollständig sind und sich im späteren Verfahren weder der Vorhabenträger noch die Behörde auf die Unvollständigkeit von Unterlagen berufen kann. Der Mechanismus bei der Vollständigkeitsprüfung entspricht in groben Zügen dem bereits bekannten Vorgehen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren oder bei sonstigen Planfeststellungsverfahren. Der Gesetzgeber hat nichtsdestoweniger gewisse Konkretisierungen vorgenommen, die die Aufgaben sowohl für Vorhabenträger als auch für die zuständige Behörde näher konkretisieren. Der Regelungsmechanismus in Abs. 5 ist neu, jedenfalls im Hinblick auf die klare Beschreibung eines iterativen Prozesses zwischen Behörde und Vorhabenträger: Die Behörde ist verpflichtet, innerhalb eines Monats die Vollständigkeit zu prüfen. Bei nicht vollständigen Unterlagen hat sie den Vorhabenträger aufzufordern, Unterlagen in einer angemessenen Frist zu ergänzen. Der Vorhabenträger muss unmittelbar reagieren. Die Behörde ist bei vollständigen Unterlagen verpflichtet, dies zu bestätigen. Dieses Beschleunigungselement darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Behörde angesichts der aus ihrer Sicht möglicherweise zu kurz bemessenen Frist die Plausibilitätskontrolle vernachlässigt. Die Behörde muss die sachlichen und personellen Mittel zur Verfügung stellen, um innerhalb der gesetzten Frist die vom Gesetzgeber geforderte Vollständigkeitsprüfung nach dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Maßstab vorzunehmen. Andernfalls liefe Abs. 5 ins Leere.
18 Vgl. dazu § 12 Rn 48 ff. 19 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 29. 839
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IV. Obligatorische Vollständigkeitsprüfung (Abs. 5)
Der mit der Bestimmung erfolgte Beschleunigungszweck ist allerdings gegenüber der Behörde nicht sanktioniert. Sollte die Behörde ihre Verpflichtung zur Überprüfung der Vollständigkeit nicht oder nicht fristgerecht oder nicht ausreichend fundiert durchprüfen, führt dies zu einem rechtswidrigen Ergebnis, das allerdings die Verpflichtung des Vorhabenträgers, vollständige Unterlagen einzureichen, nicht schmälert. Dieser Verfahrensfehler wird in der Regel auch keine Auswirkung auf das Abwägungsergebnis haben. Es bleibt allenfalls ein möglicher Amtshaftungsanspruch, falls die Behörde durch ein schuldhaftes Verhalten ihrerseits beim Vorhabenträger einen Schaden verursacht.
1. Frist und Wirkungen (Abs. 5 S. 1) 49 Die zuständige Behörde hat nach Einreichung der Unterlagen einen Monat Zeit, die empfangenen Unterlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Erst nach dieser Feststellung der Vollständigkeit beginnt die zweiwöchige Frist nach § 22 Abs. 1 zur weiteren Übermittlung der empfangenen Unterlagen.
2. Umfang (Abs. 5 S. 2) 50 Abs. 5 S. 2 beschreibt den Umfang der vorzunehmenden Vollständigkeitsprüfung. Demnach müssen eine Prüfung der formellen Vollständigkeit und eine Plausibilitätskontrolle der Unterlagen erfolgen. Ausgangspunkt der Vollständigkeitsprüfung ist der von der Behörde nach § 20 Abs. 3 bestimmte erforderliche Inhalt der einzureichenden Unterlagen. Die BNetzA ist im Rahmen der formellen Vollständigkeitsprüfung verpflichtet, nachzuprüfen, ob sämtliche, üblicherweise für ein Planfeststellungsverfahren erforderlichen Unterlagen vorliegen.20 Die Prüfung der formellen Vollständigkeit ähnelt also einer Art „Checklisten“-Prüfung.21 Neben diesen formalen Aspekten ist auch eine inhaltliche Plausibilitätskontrolle durchzuführen. Der Maßstab für eine inhaltliche Plausibilitätskontrolle ist nicht gesetzlich festgelegt. Die 51 Grenzziehung hier ist deutlich schwieriger. Es geht darum, die Behörde zu veranlassen, die Gutachten und die sonstigen Unterlagen so weit zu sichten, als dass sie erkennen kann, dass alle wichtigen, üblicherweise oder im Einzelfall zu behandelnden Themen angesprochen und abschließend bewertet sind. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den einzelnen fachlichen Aspekten, dessen Darstellung oder Bewertungsmethodik sowie mit etwaigen Abwägungsvorgängen und Abwägungsergebnissen ist nicht erforderlich. Die Behörde muss nach überschlägiger Sichtung aller Unterlagen zu dem Schluss kommen, dass die inhaltliche Vollständigkeit überwiegend wahrscheinlich ist; die empfangenen Dokumente also einleuchtend und nachvollziehbar sind.22
3. Folgen der Unvollständigkeit (Abs. 5 S. 3) 52 a) Allgemein. Stellt die zuständige Behörde fest, dass die Unterlagen nicht vollständig sind, d. h., dass sie formell oder inhaltlich nicht ausreichen, um als Grundlage für das Anhörungsverfahren und das sonstige weitere Verfahren zu dienen, hat sie den Vorhabenträger unverzüglich aufzufordern, die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen.
20 Siehe ausführlich De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 23. 21 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 23. Siehe auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 19.
22 Vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 26. Nebel/Riese
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3. Folgen der Unvollständigkeit (Abs. 5 S. 3)
NABEG § 21
Die Ermächtigung zur Anordnung nach Abs. 5 S. 3 korrespondiert mit dem Recht zur Auffor- 53 derung der Stellung des Antrags auf Planfeststellung nach § 12 Abs. 2 S. 2. Der für den Netzausbau in einer Regelzone verantwortliche Betreiber kann dadurch ausgehend von der Netzplanung durchgehend bis zur Einreichung genehmigungsfähiger Unterlagen im Planfeststellungsverfahren durch Behörden verpflichtet werden. Die Aufforderung zur Ergänzung der Unterlagen ergeht unter Fristsetzung. Diese Frist muss 54 angemessen sein. Was angemessen ist, lässt sich nicht abstrakt definieren, sondern ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall und der Art der nachzuliefernden Unterlagen.23 Die Fristen sind aber möglichst knapp zu bemessen; die Behörde hat sich bei der Fristsetzung an der gesetzgeberischen Intention der Verfahrensbeschleunigung zu orientieren.24 Letztlich hängt die Angemessenheit vom Inhalt und Umfang der geforderten gutachterlichen Bewertung ab. Die Behörde hat eine Prognoseentscheidung zu treffen, die auf Grundlage ihrer Erfahrungen die Angemessenheit der Frist rechtfertigt. Zu berücksichtigen ist beispielsweise, ob das Gutachten noch angefertigt werden muss und wieviel Zeit typischerweise für die Erstellung kalkuliert werden muss.25 Die Behörde selbst muss unverzüglich auffordern. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaf- 55 tes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine feste und starre zeitliche Vorgabe ist damit nicht verbunden, jedoch sollte hier die gesetzgeberische Intention der Verfahrensbeschleunigung berücksichtigt werden.26 Die Pflicht zu unverzüglichem Handeln setzt an zwei Punkten an: Die Behörde muss unverzüglich beginnen, die eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen und unverzüglich, nachdem sie einen Mangel erkannt hat, den Vorhabenträger auffordern, diesen Mangel aufzuheben. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung.
b) Rechtscharakter der Anordnung – Verwaltungsakt. Bei der Anordnung nach Abs. 5 S. 3 handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG,27 der den Anforderungen von § 37 VwVfG an die Bestimmtheit entsprechen muss, nach § 39 VwVfG zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung nach § 58 VwGO zu versehen ist. Die Bekanntgabe erfolgt nach Maßgabe von § 41 VwVfG. Besondere Bedeutung kommt der Bestimmtheit der Anforderung weiterer Gutachten nach Abs. 3 S. 1 zu. Die Behörde muss den Gutachtenauftrag so konkret wie möglich beschreiben, damit auf Seiten des Vorhabenträgers kein Zweifel verbleibt, welche Unterlagen notwendig sind, dass die von der Behörde erkannte Lücke in den Antragsunterlagen geschlossen werden kann. Im Zweifel hat die Behörde den Gutachtenauftrag konkret zu betiteln. Nur so kann der tatsächliche Effekt, den der Gesetzgeber verfolgt, erzielt werden. Anderenfalls ist zudem eine Vollstreckung der Maßnahmen, wie vom Gesetzgeber gewünscht, kaum möglich. In der Regel kann indes offenbleiben, welcher Gutachter vom Vorhabenträger beauftragt wird, die gutachterliche Bewertung vorzunehmen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gerade die Person des Gutachters von besonderer Bedeutung auch für den Inhalt und die Untersuchungsmethodik des Gutachtens ist. Die Behörde kann die Anordnung nach Abs. 5 S. 3 gem. § 34 nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden Vorschriften durchsetzen.28 Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1.000 A und höchstens 250.000 A. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 3 begeht, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 21 Abs. 1 S. 1 Unterlagen nicht richtig vorlegt, eine Ordnungswidrigkeit, welche mit einer Geldbuße bis zu 100.000 A geahndet werden kann. Mit § 34 23 24 25 26 27 28
Vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 27; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 24. Ähnlich de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 27. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 27. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 24. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 28. Grundsätzlich aufgeschlossen für die Anwendbarkeit des § 34 NABEG: de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 29. Kritisch zur Anwendbarkeit des § 34 NABEG Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 28. 841
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§ 21 NABEG
IV. Obligatorische Vollständigkeitsprüfung (Abs. 5)
und § 33 wollte der Gesetzgeber eine weitere Beschleunigung der Verfahren erreichen. Beide Regelungen sind vor dem Hintergrund der Vorgabe von Art. 22 Abs. 7 der RL 2009/72/EG in das Gesetz aufgenommen worden.29 60 Bei den Entscheidungen über die Festsetzung eines Zwangsgeldes oder eines Bußgeldes muss sich die Behörde aber an ihrer Entscheidung nach § 20 Abs. 3 über den erforderlichen Inhalt der einzureichenden Unterlagen festhalten lassen.
61 c) Rechtsmittel. Gegen die Anordnung weiterer Gutachten sind die üblichen Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte zulässig. Ein Vorverfahren ist durchzuführen (§ 68 ff VwGO). Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Anordnung, innerhalb einer angemessenen Frist ein Gutachten zu erstellen, ins Leere läuft oder zumindest nicht den Wünschen gerecht wird. Denn die Rechtsmittelfähigkeit führt zwangsläufig zu einer im Einzelfall erheblichen Verzögerung. Der Verzicht auf ein Vorverfahren wäre an dieser Stelle sinnvoll gewesen. Vor diesem Hintergrund scheint es aus Sicht der Behörde grds. ratsam, die Anordnung einer 62 Nachlieferung von Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist für sofort vollziehbar zu erklären, um eine schnelle Reaktion herbeizuführen und ggf. eine schnellere Überprüfung zu ermöglichen. Gründe für die sofortige Vollziehung dürfen regelmäßig vorliegen. Die besondere Eilbedürftigkeit ergibt sich aus § 1.
4. Abschluss der Prüfung (Abs. 5 S. 4) 63 Kommt die Behörde bei der Vollständigkeitsprüfung nach dem Eingang der Unterlagen zu dem Ergebnis, dass diese vollständig sind, muss sie dies gem. Abs. 5 S. 4 dem Vorhabenträger schriftlich bestätigen. Dies dient dazu, Rechts- und Planungssicherheit für den Vorhabenträger zu schaffen.30 Die Bestätigung ist nach § 22 Abs. 1 Anknüpfungspunkt für die schriftliche oder elektronische Übermittelung der Unterlagen durch die Planfeststellungsbehörde an die Träger öffentlicher Belange, die von dem beantragten Vorhaben berührt sind, und die Vereinigungen. Zudem scheidet nach der Vollständigkeitsbestätigung die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen den Vorhabenträger nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 wegen nicht richtigen Einreichens eines Plans nach § 21 Abs. 1 aus. Im besonders strukturierten Verfahren nach NABEG kommt der Bestätigung der Vollständigkeit als Zwischenfeststellung eine besondere Bedeutung zu. Der Vollständigkeitsbestätigung fehlt es daher nicht an Regelungswirkung.31 Daher handelt es sich dabei um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG, der dem für Verwaltungsakte geltenden Rechtsschutzsystem unterliegt.32 Die Pflicht der Behörde, schriftlich die Vollständigkeit der Unterlagen zu bestätigen, ist das 64 Gegenstück zur Pflicht des Vorhabenträgers zur vollständigen Einreichung der Unterlagen und insbesondere zur Bußgeldvorschrift § 33 Abs. 1 Nr. 3. Hat die Behörde den Vorhabenträger zur Nachreichung von Unterlagen aufgefordert, muss 65 sie eine erneute Vollständigkeitsprüfung durchführen. Diese schließt entweder mit der schriftlichen Mitteilung der Vollständigkeit oder einer Aufforderung zur Vervollständigung nach Abs. 5 S. 3 ab.
29 30 31 32
BT-Drucks. 17/6073, S. 32. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 21; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 29. Vgl. zur Bestätigung nach § 10 BImSchG Jarass, § 10 Rn 40 ff. Gegen eine isolierte Anfechtbarkeit unter Verweis auf § 44a VwGO de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 NABEG, Rn 32; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 21 NABEG Rn 30. Nebel/Riese
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§ 22 Anhörungsverfahren (1) Innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen nach § 21 übermittelt die Planfeststellungsbehörde die Unterlagen schriftlich oder elektronisch an 1. die Träger öffentlicher Belange, die von dem beantragten Vorhaben berührt sind, und 2. die Vereinigungen. (2) Die Planfeststellungsbehörde fordert die Träger öffentlicher Belange, einschließlich der Raumordnungsbehörden der Länder, die von dem Vorhaben berührt sind, zur Stellungnahme innerhalb einer von ihr zu setzenden Frist auf, die drei Monate nicht überschreiten darf. Die Möglichkeit, Stellungnahmen nach Satz 1 abzugeben, erstreckt sich nicht auf die Gegenstände, welche die Bundesfachplanung betreffen und zu denen bereits in der Bundesfachplanung Stellung genommen werden konnte. Die Stellungnahmen können schriftlich oder elektronisch abgegeben werden. Nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehende Stellungnahmen werden nicht mehr berücksichtigt, es sei denn, die vorgebrachten Belange sind für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung. (3) Innerhalb von zwei Wochen nach Versand der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen nach § 21 veranlasst die Planfeststellungsbehörde für die Dauer von einem Monat zum Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung die Auslegung der Unterlagen nach § 73 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Die Auslegung der Unterlagen nach Satz 1 kann an der Auslegungsstelle auch elektronisch erfolgen; diese elektronische Auslegung kann auf Teile der Unterlagen begrenzt werden. Die Auslegung ist auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde und in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekannt zu machen. Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen und muss folgende Angaben enthalten: 1. dem Planungsstand entsprechende Angaben über den Verlauf der Trassen und den Vorhabenträger, 2. Angaben darüber, wo und wann die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt werden, und 3. Hinweise auf die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages. Sofern von der Möglichkeit der elektronischen Auslegung Gebrauch gemacht wird, ist in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen. (4) Der Plan ist spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem Monat im Internet zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist entsprechend Absatz 3 Satz 2 und 3 bekannt zu machen. (5) Jede Person, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann innerhalb von einem Monat nach Ablauf der Auslegungsfrist nach Absatz 3 Satz 1 schriftlich bei der Planfeststellungsbehörde oder zur Niederschrift bei einer Auslegungsstelle Einwendungen gegen den Plan erheben. Satz 1 gilt entsprechend für Vereinigungen. (6) Die Planfeststellungsbehörde führt einen Erörterungstermin durch. Insoweit gilt § 10 entsprechend. (7) Anhörungsverfahren und Erörterungstermin können unterbleiben, wenn die Voraussetzungen des § 25 oder des § 24 Absatz 4 vorliegen. (8) Werden bereits ausgelegte Unterlagen geändert und wird dadurch eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 22 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig, sind die Absätze 1 bis 7 nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 anzuwenden. Die Behördenbeteiligung ist abweichend von Absatz 2 auf diejenigen Träger öffentlicher Belange zu beschränken, die durch die Änderung in ihrem Aufgabenbereich be843 https://doi.org/10.1515/9783110670516-067
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§ 22 NABEG
I. Allgemeines
rührt sind. Die Auslegung der geänderten Unterlagen erfolgt abweichend von Absatz 3 Satz 1 in den Gemeinden, auf die sich die Änderung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung erfolgt abweichend von Absatz 3 Satz 3 in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich die Änderung bezieht, sowie auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde. Die Äußerungsfrist soll abweichend von Absatz 5 Satz 1 zwei Wochen betragen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 10 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Beteiligung der Träger öffentlicher Be18 lange Beteiligung von Behörden und Trägern öffentli18 cher Belange 24 Umfang der Unterlagen 26 Stellungnahmefrist Stellungnahmen der Träger öffentlicher Be29 lange
1. 2. 3. 4.
III.
1. 2. 3.
Beschleunigung der Öffentlichkeitsbeteili34 gung 36 Bekanntmachung 39 Auslegung, Internet
IV.
Einwendungen (Abs. 5)
V.
Erörterungstermin (Abs. 6)
VI.
Unwesentliche Änderungen (Abs. 7)
1 15
Öffentlichkeitsbeteiligung
43 49 50
VII. Erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Falle der Änderung von bereits ausgelegten Unterla52 gen (Abs. 8)
34
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Abs. 1 regelt den Versand der Unterlagen nach § 21. Abs. 2 regelt die Möglichkeit der Träger öffentlicher Belange zur Abgabe von Stellung2 nahmen. Die Abs. 3 bis 7 regeln die Öffentlichkeitsbeteiligung. 3 Abs. 3 S. 1 sieht vor, dass die Planfeststellungsbehörde die Unterlagen innerhalb von zwei 4 Wochen nach Versand der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen für die Dauer von einem Monat nach § 73 Abs. 2 VwVfG auslegt. Nach S. 2. kann die Auslegung der Unterlagen auch elektronisch erfolgen. S. 3 und S. 4 und Abs. 4 S. 2 regeln die Bekanntmachung der Auslegung. Nach Abs. 4 S. 1 ist der Plan spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem Monat 5 im Internet zu veröffentlichen. Abs. 5 regelt die Möglichkeit von durch das Vorhaben Betroffenen und Vereinigungen, Ein6 wendungen gegen den Plan zu erheben. Abs. 6 ordnet die Durchführung eines Erörterungstermins an und verweist diesbezüglich 7 ansonsten auf § 10. Nach Abs. 7 können Anhörungsverfahren und Erörterungstermin unterbleiben, wenn das 8 Vorhaben im Anzeigeverfahren nach § 25 (unwesentliche Änderungen) oder nach § 24 Abs. 4 (Plangenehmigung) zugelassen werden kann. Abs. 8 regelt die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Falle der Änderung von bereits 9 ausgelegten Unterlagen.
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3. Entstehungsgeschichte
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2. Regelungszweck § 22 ist eine verfahrenslenkende Vorschrift und enthält Vorgaben für die Beteiligung der Behörden und der Öffentlichkeit in der Planfeststellung für die Höchstspannungsleitungen im Sinne von § 2 Abs. 1.1 Das Anhörungsverfahren erfüllt einen doppelten Zweck. Es dient dem Schutz der Betroffenen (Gewährung rechtlichen Gehörs) und der Sammlung von Abwägungsmaterial.2 Die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung soll Behörden, Betroffenen und Vereinigungen die Beteiligung am Verfahren ermöglichen. Das Offenlegungsverfahren dient nicht zuletzt der Grundrechtsverwirklichung. Da Verfahrensrechte insofern der Sicherung materieller Rechte dienen, ist der Einhaltung der in § 22 normierten Verfahrensvorschriften besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Planauslegung hat in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, interessierten Bürgern und den von dem Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden zu ermöglichen, ihr Interesse an Information und Beteiligung durch Stellungnahme geltend zu machen (Anstoßfunktion).3 Die Einbeziehung von fremdem Sachverstand soll zudem den Planfeststellungsbeschluss auf ein breiteres Tatsachenfundament stellen. Das Abwägungsmaterial wird durch weitere Erkenntnisse über betroffene Belange erweitert. § 22 lehnt sich an die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung in der energierechtlichen Planfeststellung nach § 43a EnWG i. V. m. § 73 VwVfG an, enthält aber die für das NABEG notwendigen Modifikationen.4 Insbesondere die Abs. 3 und 4 enthalten Besonderheiten für die Bekanntmachung und die Auslegung der Unterlagen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese Vorschriften sind auf die besonderen Anforderungen der Planfeststellung und die Zuständigkeit der BNetzA, die nach § 31 allein zuständige Planfeststellungsbehörde ist, zurückzuführen. Wesentliche Intention der Modifikationen ist eine starke Transparenz sowie eine Beschleunigung der Verfahren. Soweit die Voraussetzungen für eine Zulassung im Anzeigeverfahren nach § 25 oder eine Plangenehmigung nach § 24 Abs. 4 vorliegen, kann die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung unterbleiben.
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3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des 15 Netzausbaus Elektrizitätsnetze5 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 22 erlassen. Eine wesentliche Änderung hat die Norm durch Art. 2 Nr. 22 des Gesetzes zur Beschleuni- 16 gung des Energieleitungsausbaus6 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 erfahren. Insbesondere die in Abs. 3 vorgenommen Änderungen dienen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zur Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der Anpassung an geänderte Möglichkeiten der elektronischen Wiedergabe der Unterlagen. Gleiches gilt für Abs. 7, in welchem ergänzt wurde, dass Anhörungsverfahren und Erörterungstermin nicht nur in den Fällen des § 25, sondern auch in den Fällen des § 24 Abs. 4, in denen eine Plangenehmigung möglich 1 Zu den Wirkungen des Abschlusses des Anhörungsverfahrens bzgl. der vorzeitigen Besitzeinweisung und des vorzeitigen Enteignungsverfahrens vgl. Weghake, NVwZ 2016, 496, 496, 498.
2 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 3; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 13. Allgemein siehe Wahl/Dreier, NVwZ 1999, 606, 611.
3 BVerwG, Urt. v. 27.5.1983 – 4 C 40, 44 und 45/81 –; BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 – 4 C 22/08 –; BVerwG, Beschl. v. 19.5.2005 – 4 VR 2000/05 –; vgl. auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 36.
4 Vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 22 Rn 1. 5 BGBl. I 2011 S. 1690. 6 BGBl. I 2019 S. 706. 845
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§ 22 NABEG
II. Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
ist, unterbleiben können. Die in dem Gesetzesvorhaben von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung erfuhr Ergänzungen im Gesetzgebungsverfahren, nämlich in Abs. 6 Satz 4 und 5.7 17 Mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften wurde der vormalige Absatz 5, wonach die Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz von den Regelungen zum Anhörungsverfahren unberührt blieben, aufgehoben.8 Der bisherige Inhalt der Regelung wurde in § 30a verschoben.9 Der vormalige Absatz 6 wurde zum aktuellen Absatz 5 und dessen Sätze 3 bis 5 worden ebenfalls aufgehoben und der bisherige Inhalt der Regelung in § 30a verschoben. Der bisherige Absatz 7 wurde Absatz 6. Der bisherige Absatz 8 wurde Absatz 7 und der aktuelle Absatz 8 wurde angefügt.10
II. Beteiligung der Träger öffentlicher Belange 1. Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange 18 Die Beteiligung einer Behörde ist erforderlich, wenn der öffentlich-rechtliche Aufgabenbereich der Behörde betroffen ist. Werden lediglich privat-rechtliche Interessen, wie etwa das Eigentum, berührt, ist eine Beteiligung nicht als Behörde, sondern als Träger privater Rechte geboten.11 Eine Behörde ist nach § 1 Abs. 4 VwVfG jede Stelle, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, gleichgültig, ob dies in hoheitlicher Form, in schlicht hoheitlicher Weise oder in privat-rechtlicher Gestattungsform geschieht.12 Aufgrund der expliziten Anordnung in Nr. 2 sind auch die anerkannten Umweltverbände 19 (Vereinigungen) zu beteiligen. In der Planfeststellung sind die Raumordnungs- und Landesplanungsbehörden, die Flurbe20 reinigungs-, Wasserwirtschafts-, Straßenbau- und Bergbehörden, die Kreisverwaltungsbehörden in ihrer Funktion als allgemeine Ordnungs-, Straßenverkehrs- und Landschaftsschutzbehörde, als Baubehörde, die Forstbehörde, die Landwirtschaftskammer oder andere nach Landesrecht für die Förderung der Landwirtschaft zuständige Stellen, die Wehrbereichsverwaltung und die Bundesvermögensverwaltung zu beteiligen. Träger öffentlicher Belange sind neben den Behörden, deren Aufgabenbereich durch die 21 Planung der Planfeststellungsbehörde betroffen sein kann, die juristischen Personen oder sonstige Vereinigungen des Privatrechts, die aufgrund der Art und Weise ihrer Tätigkeit oder aufgrund der von ihnen übernommenen Aufgaben öffentliche Interessen wahrnehmen. Umfasst sind solche Träger öffentlicher Belange, deren Sachentscheidungen wegen ihrer Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr erforderlich sind oder denen sonstige Anhörungs-, Beratungs- Begutachtungs-, Anregungs- oder Vorschlagsrechte zustehen.13 Konkret kommen dabei sonstige Netzbetreiber, die Deutsche Bahn AG mit ihren Tochtergesellschaften, Infrastrukturunternehmen, Versorgungsunternehmen etc. in Betracht. Auch die Standortgemeinden, auf deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, 22 sind als Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Das nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht gewährt ihnen bei überörtlichen oder ortsrelevanten Planungen unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Zuerkennung ein Recht auf Beteiligung, das sich in Informations- und Anhörungsrechte gliedert.14 Eigene subjektiv7 Vgl. BT-Drucks. 19/8913, S. 48 und BT-Drucks. 19/9027, S. 19. 8 BR-Drucks. 570/20, S. 15. 9 BR-Drucks. 570/20, S. 49. 10 BR-Drucks. 570/20, S. 15. 11 Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 23. 12 BVerwG, Urt. v. 24.1.1991 – 2 C 16/88 –. 13 De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 7. 14 BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79/76 –. Nebel/Riese
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3. Stellungnahmefrist
NABEG § 22
öffentliche Rechte müssen die Gemeinden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung geltend machen.15 Die Kreise sind – unabhängig von der ihnen durch Landesrecht übertragenen Aufgabe des 23 Trägers der allgemeinen inneren Staatsverwaltung – in ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörperschaften zu beteiligen (Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG). Die Kreise können von Gemeinden übergreifenden Vorhaben sowohl als Träger kreiseigener Einrichtungen als auch als Träger einer das Kreisgebiet erfassenden Planungshoheit betroffen werden.
2. Umfang der Unterlagen Die Träger öffentlicher Belange sowie die anerkannten Umweltverbände (Vereinigungen) erhal- 24 ten richtigerweise die vollständigen Antragsunterlagen.16 Nach einer nicht mehr aktuellen Rechtsprechung sind der zu beteiligenden Behörde nur 25 die ihren jeweiligen Aufgabenbereich betreffenden Unterlagen zuzuleiten.17 Dessen ungeachtet empfiehlt es sich, den zu beteiligenden Behörden die vollständigen Unterlagen zu übersenden.
3. Stellungnahmefrist Die Planfeststellungsbehörde hat den Trägern öffentlicher Belange, die sie zur Stellungnahme 26 auffordert, eine Frist zur Stellungnahme zu setzen, die drei Monate nicht überschreiten darf. Die Fristenregelung ist keine Besonderheit des NABEG, sondern entspricht § 73 Abs. 3a S. 1 VwVfG. Die Fristenregelung dient der Verfahrensbeschleunigung18 und zielt auf säumige Behörden, die durch ihre erst spät abgegebenen Stellungnahmen ein Planungsverfahren verzögern können.19 Die Vorschriften für die Fristsetzung gelten nur für die Träger öffentlicher Belange, nicht für die anerkannten Umweltverbände; diese müssen die Frist nach § 22 Abs. 6 i. V. m. Abs. 4 Satz 5 beachten.20 Für die Berechnung der Frist muss nach § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 1 BGB der Tag 27 der Bekanntgabe mitgerechnet werden.21 Es ist zulässig, dass die Planfeststellungsbehörde eine zunächst gesetzte Frist verlängert, allerdings nicht über die Höchstfrist von drei Monaten hinaus. Die Fristsetzung hat die Planfeststellungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen vorzu- 28 nehmen. Die Frist muss angemessen sein. Die Angemessenheit richtet sich nach dem Umfang und der Bedeutung der Angelegenheit. Weil der Gesetzgeber von einer Höchstfrist von drei Monaten ausgeht, ist davon auszugehen, dass diese Drei-Monats-Frist bereits sehr komplexe, aufwändige und schwierige Projekte zum Gegenstand hat. Ein normales Verfahren muss daher in entsprechend kürzerer Frist bearbeitet werden. Die Stellungnahme muss folglich in knapperer Frist der Planfeststellungsbehörde zugehen. Ein zentraler Aspekt für die Ermessensausübung ist der Umfang der Unterlagen und die Konfliktträchtigkeit des jeweils in dem Anhörungsverfahren betroffenen Trassenabschnitts.
15 16 17 18 19 20
BVerwG, Urt. v. 17.3.2005 – 4 A 18/04 –. Zum Streit vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 13. BVerwG, Beschl. v. 11.4.1995 – 4 B 61/95 –. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 73 Rn 39. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 40; zur Präklusion vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 25 ff, 72 ff. 21 GemSOGB, Beschl. v. 6.7.1972 – GmS-OGB 2/71 –. 847
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III. Öffentlichkeitsbeteiligung
4. Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange 29 Die Stellungnahme umfasst eine fachliche Stellungnahme, die die Träger öffentlicher Belange schriftlich gegenüber der Planfeststellungsbehörde abgeben kann.22 Die Träger öffentlicher Belange haben ihre Stellungnahmen hinreichend zu substantiieren. Aus einer Stellungnahme muss erkennbar sein, ob und welche öffentlichen Belange aufgrund welchen – vornehmlich materiellen – Recht zu berücksichtigen sind. Die Äußerung soll sich auf alle für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte beziehen, die sich innerhalb des Aufgabenbereichs der Behörde halten. Bei der Möglichkeit zur Stellungnahme handelt es sich um eine Pflicht der Träger öffentli30 cher Belange. Zwar spricht der Wortlaut des Gesetzes (Abs. 2 S. 2) nicht ausdrücklich von einer Verpflichtung zur Abgabe einer Stellungnahme, sondern lediglich von einer Möglichkeit. Es ergibt sich jedoch aus der Natur der Sache sowie aus der Zuständigkeit des jeweiligen Trägers öffentlicher Belange, dass die Träger öffentlicher Belange eine Stellungnahme abgeben müssen.23 Diese Feststellung ist wichtig, denn sollte die Planfeststellungsbehörde aufgrund fehlender Stellungnahmen oder fehlerhafter Stellungnahmen eine falsche Entscheidung treffen, können damit Amtshaftungsansprüche verbunden sein, die auf die Planfeststellungsbehörde zukommen. 31 Die Stellungnahme darf sich gem. Abs. 2 S. 2 nicht auf solche Gegenstände erstrecken, die bereits Gegenstand der Bundesfachplanung waren und zu denen bereits in der Bundesfachplanung Stellung genommen werden konnte. Der Gesetzgeber beabsichtigt damit eine inhaltliche Abschichtung mit dem Ziel der weiteren Verfahrensbeschleunigung. Ob und inwieweit sich die Planfeststellungsbehörde an einer Stellungnahme orientieren kann, die unter Verstoß von Abs. 2 S. 2 bei ihr eingeht, hängt vom Inhalt der Stellungnahme ab. 32 Die Abgabe der Stellungnahme kann gem. Abs. 2 S. 3 schriftlich oder elektronisch erfolgen. Dabei sind die Vorgaben des Signaturgesetzes einzuhalten. Die Möglichkeit, nach Abs. 2 S. 3 die Stellung-nahmen elektronisch zu übermitteln, dient der Verfahrensbeschleunigung und der Kosteneffizienz.24 Nach Ablauf der gesetzten Frist eingehende Stellungnahmen werden nicht mehr berück33 sichtigt, es sei denn, die vorgebrachten Belange sind für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung. Der Gesetzgeber formuliert damit eine Selbstverständlichkeit. Richtig ist, dass eine verfristete Stellungnahme der Behörden sanktioniert werden muss. Es ist kaum akzeptabel, dass ein Verfahren insgesamt verzögert wird, weil ein Träger öffentlicher Belange nicht rechtzeitig fachliche Position bezieht. Dies gilt allerdings regelmäßig nur dann, wenn es tatsächlich zu einer Verzögerung kommt. Die Sanktionierung ist nicht möglich, wenn die Stellungnahme rechtlich relevante Hinweise enthält, die für die Rechtmäßigkeit des späteren Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich sein können, vgl. Abs. 2 S. 4.
III. Öffentlichkeitsbeteiligung 1. Beschleunigung der Öffentlichkeitsbeteiligung 34 Abs. 3 ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus mit dem Ziel der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei gleichzeitiger Wahrung der umfassenden Beteiligungsmöglichkeiten sowie der Anpassung an geänderte Möglichkeiten der elektronischen Wiedergabe der Unterlagen geändert worden.25 Die Auslegung 22 23 24 25
Vgl. de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 22; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 44. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 44. BT-Drucks. 17/6073, S. 25. BT-Drucks. 17/6073, S. 79.
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3. Auslegung, Internet
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des Plans und der Unterlagen kann nunmehr auch elektronisch erfolgen, d. h. durch deren Wiedergabe auf einem Bildschirm an der Auslegungsstelle. Hingegen wurde das Erfordernis der Bekanntmachung im amtlichen Verkündungsblatt 35 gestrichen. Die Bekanntmachung im amtlichen Verkündungsblatt führe zu Verfahrensverzögerungen und höheren Kosten.26 Zu Recht wird vom Gesetzeber (nunmehr) eine Veröffentlichung im Internet und in örtlichen Tageszeitungen für ausreichend erachtet, da sich die betroffene Öffentlichkeit heutzutage über diese Medien und nicht über das amtliche Verkündungsblatt informiert.27
2. Bekanntmachung Die Auslegung ist auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde und den örtlichen Tages- 36 zeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekanntzumachen, Abs. 3 S. 3. Sofern von der Möglichkeit der elektronischen Auslegung Gebrauch gemacht wird, ist in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen. Abs. 3 S. 5. Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen und 37 muss dem Planungsstand entsprechende Angaben über den Verlauf der Trassen und den Vorhabenträger enthalten sowie Angaben, wo und wann die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind und Hinweise auf die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages, Abs. 3 S. 4. Der irreführende Begriff der Trassenkorridore ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus korrigiert worden und in Abs. 3 S. 4 Nr. 1 richtigerweise durch den Begriff der Trasse ersetzt worden. Die Bekanntmachung soll spätestens eine Woche vor Beginn der Auslegung erfolgen. Die 38 Planfeststellungsbehörde ist daher verpflichtet, die Frist von einer Woche zwischen Bekanntgabe und Beginn der Auslegung einzuhalten. Eine Verkürzung dieser Frist ist nicht (mehr) zulässig.
3. Auslegung, Internet § 22 enthält nur wenige Ausführungen zur Auslegung.28 Die Vorschrift verweist im Wesentlichen 39 auf die Vorschriften in § 73 Abs. 2 VwVfG. Die Auslegung hat in den Gemeinden zu erfolgen, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt. Nach Abs. 4 sind die Unterlagen spätestens mit der Auslegung für die Dauer von einem 40 Monat im Internet zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung im Internet darf zu einem früheren Zeitpunkt als die Auslegung der Unterlagen erfolgen. Die frühzeitige Veröffentlichung der Unterlagen im Internet gewährleistet bessere Beteiligungsmöglichkeiten und dient der Transparenz. Um die Transparenz nicht einzuschränken, ist die Vorschrift so zu lesen, dass die Veröffentlichung im Internet mindestens einen Monat ab dem spätestmöglichen Zeitpunkt, also einen Monat ab Auslegung, zu erfolgen hat. Die Veröffentlichung im Internet ist entsprechend Abs. 3 S. 2 und S. 3 bekanntzumachen. 41 Die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet verlangt nicht, dass die Unterlagen ausdruckbar zur Verfügung stehen. Es ist ausreichend, wenn die BNetzA sämtliche Unterlagen, die Gegenstand des Antragsverfahrens sind, elektronisch zugänglich macht. Das Dateiformat muss einem üblichen Format entsprechen, damit ein interessierter Bürger nicht gezwungen ist, sich unübliche Programme zu verschaffen, um die Dokumente lesen zu können. Dies kann in der
26 BT-Drucks. 17/6073, S. 80. 27 BT-Drucks. 17/6073, S. 80. 28 Vgl. zu den Auslegungsmodalitäten auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 39. 849
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IV. Einwendungen (Abs. 5)
Regel das „pdf-Format“ sein. Bereitgestellte Dokumente dürfen nicht durch Zugriffssperren wie Passwörter gesperrt sein. 42 Die elektronische Auslegung kann auf Teile der Unterlagen begrenzt werden. Die übrigen Teile der Unterlagen sind dann schriftlich auszulegen und mit geeigneten Verweisen auf die elektronische Auslegung zu versehen, wobei die schriftlichen Unterlagen und das Bildschirm-Gerät möglichst in räumlicher Nähe platziert werden sollten. Hinsichtlich der elektronischen Auslegung verfügt die verfahrensführende Behörde über ein Ermessen.29
IV. Einwendungen (Abs. 5) 43 Abs. 5 regelt die Abgabe von Stellungnahmen, die jeder, einschließlich Vereinigungen, erheben kann. Die Regelung entspricht § 73 Abs. 4 VwVfG in angepasster Form. Für die Bundesfachplanung findet sich eine parallele Regelung in § 9 Abs. 5. 44 Anders als in § 73 Abs. 4 VwVfG beträgt die Frist entsprechend 21 Abs. 2 UVPG einen Monat. 45 Das Einwendungsverfahren soll sicherstellen, dass jedermann, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, von dem Plan Kenntnis erhält und sich hierzu äußern kann.30 46 „Jede Person“ ist jede natürliche oder juristische Person wie Bürger oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts. Im Gegensatz zu § 9, der ein Äußerungsrecht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Belangen gewährt,31 ist bei § 22 nur derjenige, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, einwendungsbefugt, Abs. 5 S. 1. Dies ist § 73 Abs. 4 VwVfG nachempfunden. Es sind somit keine sog. Jedermann-Einwendungen möglich.32 Die Betroffenheit in eigenen Belangen ist allerdings weiter als die Verletzung rechtlich geschützter Interessen, die eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gewährt. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Belange betroffen sind, die zum Abwägungsmaterial gehören.33 Auch rechtlich nicht geschützte wirtschaftliche, ideelle, soziale und sonstige Interessen gehören dazu.34 So ist auch ein Mieter einwendungsberechtigt. Er ist bei Abweisung seiner Einwendung klagebefugt, wenn er geltend machen kann, dass seine Rechte etwa durch eine vorgesehene Grundstücksinanspruchnahme beeinträchtigt werden.35 47 Die Einwendungen sind schriftlich oder zur Niederschrift geltend zu machen und sind bei einer der Auslegungsstellen anzubringen. Es reicht aus, wenn die Einwendungen in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter der Einwender als gefährdet ansieht und welche Beeinträchtigungen er befürchtet.36 Dabei darf von Einwendern nicht mehr gefordert werden als das durchschnittliche Wissen eines nicht sachverständigen Bürgers in Bezug auf mögliche Beeinträchtigungen von Leben, Gesundheit und sonstigen geschützten Rechtspositionen durch das Vorhaben.37 Die Wahrung der Schriftform setzt grds. voraus, dass die Einwendung schriftlich verfasst und von dem Einwender oder einem Vertretungsberechtigten eigenhändig unterschrieben ist.38 Nach den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen genügt fernschriftliche oder telegraphische, nicht aber telefonische Übermittlung der Einwendung, um die Schriftform einzuhalten.39 29 30 31 32 33 34 35 36 37
BT-Drucks. 17/6073, S. 80. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 83. Siehe Kommentierung zu § 9, Rn 67. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 60. BVerwG, Beschl. v. 9.11.1979 – 4 N 1/78 – juris, Rn 54. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 22 NABEG Rn 84; Kopp/Ramsauer, § 73 Rn 32a. BVerwG, Urt. v. 1.9.1997 – 4 A 36/96 –. Vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 22 Rn 40 m. w. N. OVG Münster, Urt. v. 9.12.2009 – 8 D 10/08 – m. w. N. Vgl. auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 58. 38 OVG Münster, Urt. v. 9.12.2009 – 8 D 10/08 – m. w. N. 39 OVG Münster, Urt. v. 9.12.2009 – 8 D 10/08 – m. w. N. Nebel/Riese
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VII. Erneute Beteiligung der Öffentlichkeit
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Nach Satz 3 sind die Einwendungen und Stellungnahmen dem Vorhabenträger und den von 48 ihm Beauftragten (Umweltgutachter, Rechtsanwaltskanzleien, technische Dienstleister, usw.) zur Verfügung zu stellen, um eine Erwiderung zu ermöglichen. Hierdurch soll eine informierte und ausgewogene Entscheidungsfindung der Behörde ermöglicht werden. Die Behörde hat jedoch vorher das Einverständnis des Vorhabenträgers einzuholen, es sei denn, es liegt eine entsprechende Bevollmächtigung des Dienstleisters vor.
V. Erörterungstermin (Abs. 6) Nach Abs. 6 S. 1 führt die Planfeststellungsbehörde einen Erörterungstermin durch.40 Insofern 49 ist die Durchführung des Erörterungstermins verpflichtend.41 Hinsichtlich der Einzelheiten der Durchführung des Erörterungstermins enthält § 22 keine eigenständigen Bestimmungen, sondern verweist in Abs. 6 S. 2 auf § 10. Zum Erörterungstermin in Zeiten der COVID-19-Pandemie.42
VI. Unwesentliche Änderungen (Abs. 7) Nach Abs. 7 können ein Anhörungsverfahren sowie der Erörterungstermin unterbleiben, wenn 50 die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nach § 25 oder den Erlass einer Plangenehmigung nach § 24 Abs. 4 vorliegen. Da Voraussetzung für die Erteilung einer Plangenehmigung ist, dass Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder deren Einverständnis erklärt wurde, mit den Trägern öffentlicher Belange das Benehmen hergestellt wurde und keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist in diesen Fällen auch ein Anhörungsverfahren und ein Erörterungstermin nicht zweckmäßig.43 Der Verzicht auf die Durchführung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung steht im 51 pflichtgemäßen Ermessen der Planfeststellungsbehörde (Abs. 7, „können“). Diese Möglichkeit dient der Beschleunigung.
VII. Erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Falle der Änderung von bereits ausgelegten Unterlagen (Abs. 8) Abs. 8 ordnet eine modifizierte Anhörungsverfahren an, wenn bereits ausgelegte Unterlagen 52 geändert werden. Wenn bereits ausgelegte Unterlagen geändert werden ist eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit nach den Abs. 1 bis 7 zwingend durchzuführen, wenn zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind, außer diese Umweltauswirkungen werden durch die vom Vorhabenträger vorgesehenen Vorkehrungen ausgeschlossen. In diesem Fall erfolgt das Anhörungsverfahren nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Der Gesetzgeber hat offengelassen,44 ob er damit Abweichungen von den Vorgaben des UVPG festgesetzt oder nur die dortigen Vorgaben §§ 42 Abs. 1, § 22 UVPG wiederholt, um den Behörden nach Bedarf beide Argumentationswege zu eröffnen. Abs. 8 entspricht § 9 Abs. 7 im Rahmen der Bundesfachplanung.45 53
40 Vgl. allgemein zum Ablauf des Planfeststellungsverfahrens Otte, UPR 2016, 451, 453. 41 BT-Drucks. 17/6073, S. 29. So auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 22 NABEG, Rn 78; BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 22 Rn 23. Appel/Bärenz, EnWZ 2020, 152. BT-Drucks. 17/6073, S. 80. BT-Drucks. 570/20, S. 39. BT-Drucks. 570/20, S. 39.
42 43 44 45
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VII. Erneute Beteiligung der Öffentlichkeit
Der Anwendungsbereich der Vorschrift betrifft den Zeitraum nach der Bekanntmachung der Auslegung der ursprünglichen Unterlagen nach Abs. 3 Satz 4 und 5 und vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach § 24. Nach Abs. 3 i. V. m. §§ 42 Absatz 1, § 22 UVPG kann im Einzelfall eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit notwendig werden.46 Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung trotz Änderung des Vorhabens kann vor dem Hintergrund der Zwecke der Öffentlichkeitsbeteiligung dann nicht erforderlich sein, wenn eine nochmalige Gelegenheit zur Stellungnahme eine bloße Förmlichkeit wäre, die für den mit dem Beteiligungsverfahren verfolgten Zweck nichts erbringen könnte.47 Eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Falle der Änderung der Unterlagen durch den Vorhabenträger im laufenden Verfahren ist erforderlich, wenn die zuvor ausgelegten Unterlagen einen wesentlichen Fehler oder erhebliche Lücken bei der Darstellung der Umweltauswirkungen aufweisen und daher in einem wesentlichen Teil ergänzt oder korrigiert werden müssen.48 Die mehr als unwesentliche Änderung des Vorhabens löst immer die Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung aus.49 Sind Informationen, die schon in der ersten Auslegungsbekanntmachung benannt wurden, auch für die Beurteilung der Änderungen relevant, so sind diese ein zweites Mal anzugeben. Denn es kann nicht vorausgesetzt werden, dass ein mit Blick auf die Änderungen zur Geltendmachung von Umweltbelangen bereites Mitglied der Öffentlichkeit stets noch den Inhalt einer unter Umständen Monate oder Jahre zurückliegenden ersten Auslegungsbekanntmachung vor Augen hat.50 Nach Satz 2 ist die Behördenbeteiligung abweichend von Abs. 2 auf diejenigen Träger öffentlicher Belange zu beschränken, die durch die Änderung in ihrem Aufgabenbereich berührt sind. Es sind lediglich diejenigen Träger öffentlicher Belange nochmals zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch die Änderung erstmals oder stärker als bisher berührt, wird. Satz 2 entspricht § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG und hat insofern nur Klarstellungsfunktion.51 Nach Satz 3 erfolgt die Auslegung der geänderten Unterlagen in den Gemeinden, auf die sich die Änderung voraussichtlich auswirken wird. Nach Satz 4 erfolgt die Bekanntmachung abweichend von Absatz 3 Satz 3 in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich die Änderung bezieht, sowie auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde. Nach Satz 5 soll die Äußerungsfrist abweichend von Abs. 5 Satz 1 zwei Wochen betragen. Der Umfang der neu auszulegenden Unterlagen wird regelmäßig im Vergleich zur ursprünglichen Auslegung deutlich geringer sein. Angemessen kann auch eine kürzere Frist als zwei Wochen sein.
46 47 48 49 50 51
BT-Drucks. 570/20, S. 39. Vgl. dazu OVG Münster, Beschl. v. 22.12.2020, 2 B 1171/20. BT-Drucks. 18/11499, S. 92. BT-Drucks. 18/11499, S. 92. Vgl. dazu etwa OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.11.2015, 1 MN 116/15. BT-Drucks. 570/20, S. 39.
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§ 23 Umweltverträglichkeitsprüfung Die Prüfung der Umweltverträglichkeit nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung kann aufgrund der in der Bundesfachplanung bereits durchgeführten Strategischen Umweltprüfung auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen der beantragten Stromleitung beschränkt werden.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
3
II.
Prüfprogramm der UVP
4
1
1. 2. 3.
Abschichtung von der vorlaufenden SUP Festlegung des Prüfprogramms der UVP Gesamtbewertung aller Umweltauswirkun11 gen
III.
Anwendung auf andere Prüfmaterien
4 8
13
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Vorschrift ermöglicht eine Konzentration der UVP auf Umweltauswirkungen, die auf 1 vorgelagerter Verfahrensebene noch nicht Gegenstand einer Umweltprüfung waren. Da bereits bei der Bestimmung des Trassenkorridors im Verfahren der Bundesfachplanung nach § 5 Abs. 7 eine SUP durchzuführen ist, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens ermittelt, beschrieben und bewertet werden, kann die UVP im nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen der beantragten Stromleitung beschränkt werden.
2. Regelungszweck Die Regelung ist – in Zusammenspiel mit ihrem „verfahrensrechtlichen Pendant“1 § 21 Abs. 4 – 2 Ausdruck des UVP-rechtlichen Abschichtungsprinzips.2 Für Umweltprüfungen in gestuften Planungs- und Zulassungsverfahren gilt im deutschen UVP-Recht seit jeher der Grundsatz, dass Umweltauswirkungen, die schon auf vorgelagerter Verfahrensstufe einer qualifizierten Umweltprüfung unterzogen worden sind, im anschließenden Zulassungsverfahren allgemein keiner erneuten Umweltprüfung bedürfen. Obwohl dieser Grundsatz bereits in diversen Vorschriften des UVPG verankert ist,3 hat der Gesetzgeber Wert darauf gelegt, ihn zusätzlich auch noch in das NABEG aufzunehmen. Dort soll er zum einen die enge Verzahnung zwischen der Bundesfachplanung und der nachfolgenden Planfeststellung zum Ausdruck bringen; zum anderen soll er die Entlastungswirkung unterstreichen, die die vorlaufende SUP im anschließenden Zulassungsverfahren für die UVP hat.4 In der Tat ist die Vermeidung unnötiger Doppelprüfungen bei der UVP ein Beitrag zur Effektivität und zur Beschleunigung des Planfeststellungsverfahrens.5
1 2 3 4 5
De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 23 Rn 1. So auch Schirmer/Seiferth, ZUR 2013, 515, 522; Kment, NVwZ 2015, 616, 625. §§ 39 Abs. 3 S. 3; 47 Abs. 4 und 49 Abs. 2 UVPG. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21) und 30. Vgl. Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 39 UVPG Rn 31 und 35; Buschbaum/Reidt, UPR 2013, 421, 426.
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§ 23 NABEG
II. Prüfprogramm der UVP
3. Entstehungsgeschichte 3 Die Regelung entspricht der Fassung des Regierungsentwurfs. Im Gesetzgebungsverfahren wurden weder von Seiten des Bundesrates Änderungen gefordert, noch solche vom Deutschen Bundestag vorgenommen. Weder in der umfassenderen NABEG-Novelle aus Mai 2019 (sog. NABEG 2.0)6 noch im Gesetzespaket um das BBPlG, welches auch erneut Änderungen des NABEG enthält,7 hat die Norm eine Änderung erfahren. Gleichwohl dürfte die NABEG 2.0-Novelle dafür sorgen, dass sich die Anwendungsfälle des § 23 nicht in erheblichem Umfang vergrößern, da gemäß dem neu eingeführten § 5a in bestimmten Fällen gänzlich auch die Bundesfachplanung verzichtet werden sowie die Anwendbarkeit des Anzeigeverfahrens nach § 25 ausgeweitet wird. Gesetzgeberische Intention ist dabei die weitere Beschleunigung der Netzausbauvorhaben, welche vor allem durch die Kürzung von Verfahrensschritten bewirkt werden soll.8 Die originär von § 23 erhoffte Beschleunigungswirkung soll in diesen Fällen direkt über eine Verkürzung bzw. Vereinfachung der Projektrealisation erreicht werden.9
II. Prüfprogramm der UVP 1. Abschichtung von der vorlaufenden SUP 4 Die Vorschrift bringt das Prinzip der Abschichtung in sehr knappen Worten zum Ausdruck und hat damit eher den Charakter eines Programmsatzes. Inhaltlich etwas ausführlicher findet sich der Abschichtungsgedanke in § 39 Abs. 3 S. 3 UVP. Diese UVP-rechtliche Grundsatzregelung wird durch § 23 nicht verdrängt; sie ist vielmehr bei der Auslegung und Anwendung des § 23 jeweils „mitzulesen“.10 Ziel der Vorschrift ist es, die UVP im Planfeststellungsverfahren auf Gesichtspunkte zu 5 konzentrieren, die im Rahmen der SUP in der Bundesfachplanung nicht oder noch nicht ausreichend geprüft worden sind. Dabei knüpft die Regelung an den Grundsatz an, dass das Untersuchungsprogramm bei Umweltprüfungen, die auf verschiedenen Stufen einer Planungsund Zulassungshierarchie durchgeführt werden, sinnvoll aufgeteilt und ebenenspezifisch zugeordnet werden muss (ebenengerechte Abschichtung).11 Ein solches Stufenverhältnis besteht auch zwischen der Bundesfachplanung für einen Trassenkorridor und der anschließenden Planfeststellung, mit der die Stromleitung innerhalb dieses Korridors auf einer bestimmten Trasse zugelassen wird. Auf beiden Verfahrensebenen ist jeweils eine Umweltprüfung gefordert – in der Bundesfachplanung in Form der SUP, in der Planfeststellung in Form der UVP –, bei der die Umweltauswirkungen des Vorhabens ermittelt, beschrieben und bewertet werden (vgl. § 3 UVPG). Der Untersuchungsmaßstab ist jedoch unterschiedlich und dem jeweiligen Planungsstand angepasst. Die Bundesfachplanung dient der Bestimmung eines Flächenkorridors (Grobtrassierung) und findet in einem vorgelagerten Planungsstadium statt, in dem regelmäßig 6 7 8 9
BT-Drucks. 19/7375. BT-Drucks. 19/23491. Mehde, DVBl. 2020, 1312 ff, insbes. 1314. Ob dies gelingt, muss eine vergleichende Betrachtung unterschiedlich behandelter Projekte zeigen (siehe dazu auch § 36): Denn auch ohne explizit auf § 23 NABEG einzugehen, weisen Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1436 darauf hin, dass sich die Komplexität der Verfahren auch beim Verzicht auf die Bundesfachplanung nicht automatisch reduziert; hinsichtlich der Ausweitung des Anzeigeverfahrens und der damit einhergehenden Abweichung vom UVPG melden Schlacke/Römling, ebenda, 1433 f Bedenken bei der Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben an. 10 In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es ausdrücklich, dass die BNetzA bei der Bestimmung der Unterlagen, die der Vorhabenträger nach § 21 für die UVP einzureichen hat, nach den Grundsätzen des § 14f Abs. 3 UVPG (a. F.; jetzt § 39) verfahren soll; BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21). 11 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2015 – 4 BN 32/13, NVwZ 2015, 1452 ff, insbes. 1456. Sangenstedt/Karrenstein
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1. Abschichtung von der vorlaufenden SUP
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noch keine Detailplanung (Feintrassierung) vorhanden ist. Dementsprechend zeichnet sich die Prüfung der Umweltauswirkungen hier grds. durch eine geringere Detailtiefe, ein höheres Abstraktionsniveau und eine überschlägig-perspektivische Ausrichtung aus.12 Kleinräumige Umwelteffekte, die in der Bau- und Betriebsphase in der direkten Umgebung der Leitungstrasse selbst auftreten können, können auf dieser Planungsebene nur bedingt betrachtet werden, weil der genaue Trassenverlauf der Stromleitung und die technischen Einzelheiten des Vorhabens meist noch gar nicht feststehen. Diese Aspekte sind typischerweise erst Gegenstand der UVP im Planfeststellungsverfahren, wo die Detailplanung zur parzellenscharfen Feintrassierung der Stromleitung im Fokus steht.13 Vor diesem Hintergrund kann die SUP in der Bundesfachplanung nicht den Anspruch erhe- 6 ben, die erheblichen Umweltauswirkungen der Ausbaumaßnahme vollständig zu erfassen.14 Sie kann auch keine Gewähr dafür bieten, dass ihre Erkenntnisse, Feststellungen und Bewertungen bei einer späteren detailtieferen Prüfung oder beim Auftreten neuer Entwicklungen nicht ergänzt oder modifiziert werden müssen.15 Wesentliche Funktion der UVP im Planfeststellungsverfahren ist deshalb die Komplettierung der vorlaufenden SUP. Prüflücken und Unsicherheiten der SUP bei der Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sollen durch die UVP ausgeräumt werden, um eine abschließende Umweltbewertung zu ermöglichen. Umweltgesichtspunkte, die bereits in der SUP umfassend abgearbeitet worden sind und für deren Wiederaufgreifen kein Grund ersichtlich ist, sollen in der UVP dagegen grds. nicht erneut untersucht werden.16 Im Einzelnen soll sich die UVP im Planfeststellungsverfahren auf zusätzliche oder andere 7 erhebliche Umweltauswirkungen (§ 23 NABEG, § 39 Abs. 3 S. 3 UVPG) sowie auf erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen (§ 39 Abs. 3 S. 3 UVPG) beschränken. Diese Begriffe bezeichnen keine streng voneinander abgegrenzten Tatbestände, sondern offene, sich vielfältig überlappende und ineinander verschränkte Kategorien. Ob Umwelteffekte, die erst in der UVP ermittelt werden, als „zusätzliche“ oder „andere“ Umweltauswirkungen zu betrachten sind, dürfte in den meisten Fällen Anschauungssache sein.17 Überdies dient die UVP, die solche „zusätzlichen“ oder „anderen“ Umweltauswirkungen zutage fördert, der „Vertiefung“ einer vorlaufenden SUP. Ähnliche Überschneidungen gelten für das Merkmal der „Aktualisierung“. Sind die Ergebnisse einer in der Bundesfachplanung durchgeführten SUP überholt und werden sie deshalb in der UVP des anschließenden Planfeststellungsverfahrens erneut auf den Prüfstand gestellt, so geschieht dies in der Erwartung, mit der Aktualisierung der Prüfung „zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen“ ausfindig zu machen, die zuvor noch nicht vorhanden oder er12 Zum seitens der BNetzA intendierten Prüfungsmaßstab auf Bundesfachplanungsebene sei auf die Methodenpapiere der Behörde hingewiesen (abrufbar unter https://www.netzausbau.de/Wissen/Trassenfindung/Methodik/ de.html [letzter Abruf: 26.7.2021]); diese von der Behörde gewünschte Detail- und Prüftiefe auf Bundesfachplanungsebene tlws. kritisch sehend Ruge, ER 2016, 154, 157 ff; dagegen aber Dippel/Hamborg, I+E 2015, 248, 251 f. 13 Allgemein zu den Unterschieden zwischen einer Umweltprüfung auf hochstufiger Ebene im Vergleich zu nachfolgenden Ebenen Peters/Balla/Hesselbarth, § 39 Rn 18. 14 Peters/Balla/Hesselbarth, § 39Rn 18 f. 15 Landmann/Rohmer/Gärditz, § 14f UVPG a. F. Rn 13; Peters/Balla/Hesselbarth, § 39 Rn 20. 16 Kritisch in Bezug auf das Abschichtungspotential auf Grund der regelmäßig großen Trassenkorridorbreite Kment, NVwZ 2015, 616, 625; demgegenüber das Potential gerade wegen der Beschränkung auf den Trassenkorridor für groß haltend de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 23 Rn 2; ebenfalls kritisch in Bezug auf das Abschichtungspotential aufgrund der unterschiedlichen Prüfmethoden Schiller, EurUP 2013, 178, 183 f. 17 Vgl. aber Landmann/Rohmer/Wulfhorst, § 16 UVPG a. F. Rn 45: „Zusätzlich“ sollen Umweltauswirkungen dann sein, wenn sie gegenüber den im vorgelagerten Verfahren untersuchten Effekten ein größeres Ausmaß erreichen. „Andere“ Umweltauswirkungen sollen solche sein, die im vorangegangenen Verfahren noch keine Rolle gespielt haben. Vor diesem Hintergrund können „andere“ Umweltauswirkungen auch nicht als solche verstanden werden, die durch ein Überschreiten der Grenzen des in der Bundesfachplanung festgelegten Korridors entstehen würden. § 23 soll lediglich Doppelprüfungen verhindern, kann aber (für sich genommen) nicht als „Hebel“ fungieren, um auf Planfeststellungsebene aus dem Trassenkorridor auszubrechen (so auch de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 23 Rn 11). 855
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§ 23 NABEG
II. Prüfprogramm der UVP
kennbar waren. Gleichzeitig sollen bisherige Erkenntnisse im Lichte neuer Entwicklungen „vertieft“ werden. Entscheidend für das Verständnis der Vorschrift ist nicht die jeweilige begriffliche Zuordnung, sondern der hinter der Begrifflichkeit steckende Gedanke, dass die UVP im gestuften Planungssystem des Stromnetzausbaus keine Mehrfachprüfung, sondern eine ergänzende Prüfung darstellt, die zur Vervollständigung des Bildes unerlässlich ist.
2. Festlegung des Prüfprogramms der UVP 8 Mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens der Planfeststellung nach § 20 Abs. 3 bestimmt die Planfeststellungsbehörde auch das Prüfprogramm der UVP sowie die Unterlagen, die der Vorhabenträger zur Durchführung der UVP vorzulegen hat. Grundlage ihrer Entscheidung sind der Antrag nach § 19 und die Hinweise aus der Antragskonferenz, auf der Gegenstand und Umfang der UVP nach § 20 Abs. 1 S. 2 zu den wichtigsten Beratungsthemen gehören.18 Maßgebend für den Zuschnitt der UVP und den Inhalt der Unterlagen sind die Vorgaben des § 23. Danach hat die Behörde in einem Abgleich mit dem vorlaufenden Umweltprüfprogramm der Bundesfachplanung zunächst festzustellen, welche Prüfmaterien und Prüfgesichtspunkte bereits durch die SUP erledigt worden sind. Soweit erhebliche Umweltauswirkungen, die durch die Ausbaumaßnahme hervorgerufen werden können, in der SUP auf vorgelagerter Planungsebene nicht oder nicht mit ausreichendem Tiefgang betrachtet worden sind, müssen sie im Planfeststellungsverfahren einer UVP unterzogen werden.19 9 Einbezogen und überprüft werden müssen dabei auch Erkenntnisse aus der SUP der Bundesfachplanung, deren Validität zweifelhaft ist, weil angesichts neuer Entwicklungen Aktualisierungsbedarf bestehen kann. Der Hinweis des Gesetzes auf erforderliche Aktualisierungen (§ 39 Abs. 3 S. 3 UVPG) darf allerdings nicht in der Weise verstanden werden, dass die Resultate der SUP in der anschließenden UVP quasi „prophylaktisch“ stets nochmals auf den Prüfstand genommen werden müssen. Die Notwendigkeit einer Überprüfung besteht nur, soweit Anhaltspunkte dafür vorliegen oder nach der Erfahrung zu erwarten ist, dass Ergebnisse der SUP wegen Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zwischenzeitlich überholt sein können. Dies kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.20 Mit abstrakten „Vermutungen“, wonach der Umweltbericht oder andere Unterlagen, die für die Umweltprüfung in der Bundesfachplanung erarbeitet worden sind, als hinreichend aktuell gelten können, solange seit ihrer Erstellung beispielsweise ein Zeitraum von nicht mehr als fünf Jahre vergangen ist,21 kann in der UVP nicht sinnvoll operiert werden.22 Ein entsprechender Erfahrungssatz besteht nicht und wäre mangels empirischer Belege auch nicht zu begründen. Maßgebend ist vielmehr die unterschiedliche Veränderungsdynamik der einzelnen Umweltfaktoren.23 Soll die Stromleitung beispielsweise durch ein Gebiet verlaufen, das durch eine starke bauliche oder wirtschaftliche Entwicklung geprägt ist, müssen Erkenntnisse früherer Umweltprüfungen ggf. schon früher an neue Umweltgegebenheiten angepasst werden.24 Umgekehrt können je nach 18 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21). 19 Zustimmend de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 23 Rn 14. 20 BK-EnR/Naujoks, § 23 NABEG Rn 9 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21); einen strengen Maßstab ansetzend Kment, NVwZ 2015, 616, 625. 21 So aber Peters/Balla/Hesselbarth, § 40 Rn 34 unter Bezugnahme auf die Fünfjahresfrist in § 75 Abs. 4 VwVfG. 22 So zutreffend Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 UVPG Rn 91; Landmann/Rohmer/Wulfhorst, § 14g UVPG a. F. Rn 79 mit expliziter Ablehnung einer Nutzbarmachung der Fünfjahresfrist aus § 75 Abs. 4 VwVfG; a. A. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6249, S. 9 i. V. m. BT-Drucks. 17/6073, S. 29 (zu § 21). 23 Hoppe/Beckmann/Kment/Kment, § 40 UVPG Rn 91; Landmann/Rohmer/Wulfhorst, § 14g UVPG a. F. Rn 79; BVerwG, Beschl. v. 15.9.2016 – 9 B 13.16 – DÖV 2016, 79 (Leitsätze). 24 So ist gerade mit Blick auf die zeitliche Komponente zu berücksichtigen, dass das NABEG nur eingeschränkt über eigene Instrumente verfügt, um den (potentiellen) Trassenkorridor während der unterschiedlichen Planungsstufen „frei zu halten“ (vgl. etwa § 16 NABEG). Sangenstedt/Karrenstein
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3. Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen
NABEG § 23
Sachlage auch ältere Unterlagen noch in der UVP verwendungsfähig sein. So können Bodenkartierungen u. U. über Jahrzehnte Gültigkeit behalten, weil die Bodenentwicklung nur sehr langsam abläuft.25 Die Entscheidung, ob und inwieweit die UVP auf erhebliche andere oder zusätzliche Um- 10 weltauswirkungen sowie auf Aktualisierungen und Vertiefungen früherer Erkenntnisse zu beschränken ist, liegt im Ermessen der Planfeststellungsbehörde. Dabei ist insbesondere auch das Beschleunigungsziel nach § 1 zu berücksichtigen. Auch insofern dürfte gerade vor dem Hintergrund des Bedürfnisses nach einer engen zeitlichen Abfolge von Bundesfachplanung und Planfeststellung die Frage nach der Aktualität der Daten häufig nicht im Vordergrund stehen. Dafür dürfte umso regelmäßiger zu klären sein, ob und inwieweit die Erkenntnisse der grobkörniger angelegten Bundesfachplanung auch auf die feinere Granularität der Planfeststellung übertragbar sind. Dies wird nicht in allen Fällen und bei allen Schutzgütern möglich sein, sodass für die UVP erneute und vollumfängliche Untersuchungen notwendig werden. Dem äußerst begrüßenswerten generell-abstrakten Konzept der Abschichtung stehen nach den bisherigen Erfahrungen aus der Praxis durchaus faktische Hindernisse entgegen.26
3. Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen Wird die UVP im Planfeststellungsverfahren auf zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen 11 konzentriert, so ist für die Bewertung der Umwelteffekte, die nicht in das Prüfprogramm der UVP fallen, auf die Ergebnisse der SUP im Bundesfachplanungsverfahren zurückzugreifen. So hat der Vorhabenträger bei Einreichung des Plans und der Unterlagen für die Planfeststellung gemäß § 21 Abs. 4 NABEG ohnehin auf die vorgelagerte SUP und weitere Unterlagen der Bundesfachplanung Bezug zu nehmen. Denn die Resultate der SUP und ihre Bewertung sind im Umweltbericht dokumentiert und stehen damit in gut aufbereiteter Form zur Verfügung. Da eine isolierte Bewertung der Erkenntnisse aus der UVP lediglich eine Teilmenge der Gesamtauswirkungen des Vorhabens abbilden würde (nämlich zusätzliche oder andere Umwelteffekte), ist es sinnvoll, dass die die Ergebnisse der UVP und die Ergebnisse der vorlaufenden SUP zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen im bewertenden Teil der UVP zusammengefasst werden.27 Erst auf diesem Wege lässt sich ein Gesamtbild der Umweltrelevanz des Vorhabens zeichnen, das dem integrierten Ansatz der Umweltprüfung gerecht wird.28 Damit kann die Transparenz der Umweltprüfung wesentlich erhöht und die Einbeziehung der Prüfergebnisse in die Entscheidungsfindung erheblich erleichtert werden. Dem steht auch die Abschichtung aus § 39 Abs. 3 Satz 3 UVPG nicht entgegen, da diese nur den Prüf- und Ermittlungsaufwand in taugliche Teilbereiche aufgliedern will, ohne jedoch eine finale Gesamtbetrachtung obsolet zu machen. Um einem etwaigen Informationsverlust, der durch die Verfahrensstufung bedingt sein 12 kann, entgegenzuwirken, sollten im Anhörungsverfahren nach § 22 Abs. 3 nicht lediglich Unterlagen zu den (zusätzlichen oder anderen) Umweltfolgen ausgelegt werden, die bei der UVP im Planfeststellungsverfahren zu ermitteln sind. Ein vollständiges Bild aller erheblichen Umweltauswirkungen, die von der Stromleitung ausgehen können, erhält die Öffentlichkeit erst in einer Zusammenschau der UVP-Dokumente mit dem Umweltbericht, der zuvor für die SUP in der Bundesfachplanung erstellt worden ist. Daher sollte der Umweltbericht „nachrichtlich“ eben25 Peters/Balla, § 40 Rn 34. 26 Deutlich die fachlichen und zeitlichen Grenzen der Abschichtung in der Praxis aufzeigend Hoppe/Beckmann/ Kment/Kment, § 39 UVPG Rn 36 ff; grundsätzliche Zweifel an der Tauglichkeit einer (verfahrensrechtlichen) Abschichtung zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung bereits Durner, DVBl. 2011, 853, 860 f; grundsätzlich zu den Problemen bei der Datenerhebung auch Fellenberg, NVwZ 2019, 177, 180 f. 27 Zustimmend de Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 23 Rn 14. 28 Ähnlich Landmann/Rohmer/Wulfhorst, § 16 UVPG a. F. Rn 47; Hennig/Lühmann, UPR 2012, 81, 82. 857
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§ 23 NABEG
III. Anwendung auf andere Prüfmaterien
falls mit ausgelegt werden; jedenfalls sollte durch Behörde oder Vorhabenträger – etwa mittels Verweisen in den eingereichten Planfeststellungs-Unterlagen auf die Erkenntnisse aus der Bundesfachplanung – in einschlägigen Fällen auf die Existenz von abgeschichtetem Prüfmaterial hingewiesen und dieses zugänglich gemacht werden.29
III. Anwendung auf andere Prüfmaterien 13 Obwohl § 23 unmittelbar nur für die UVP gilt, kann der in der Vorschrift enthaltene Abschichtungsgedanke auch auf andere Prüfmaterien des Planfeststellungsverfahrens übertragen werden, in denen ein vergleichbares Stufenverhältnis zur Bundesfachplanung besteht. Zu nennen sind hier etwa die Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung30 oder die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung.31 Sie zeichnen sich dadurch aus, dass bereits in der Bundesfachplanung mit einer dem Planungsstand entsprechenden Untersuchungstiefe Konfliktpotenziale und mögliche Unverträglichkeiten ermittelt werden, die der Verwirklichung des Vorhabens entgegenstehen können. Damit besteht hier eine ähnliche Konstellation wie in der gestuften Umweltprüfung (SUP mit nachfolgender UVP). Es wäre verfahrensökonomisch unsinnig, die auf vorgelagerter Ebene gewonnenen Erkenntnisse bei der anschließenden Zulassung der Stromleitung zu ignorieren und in eine Wiederholungsprüfung einzusteigen. Deshalb gilt hier das gleiche wie bei der UVP: Die Untersuchungen im Planfeststellungsverfahren haben sich auf zusätzliche oder andere, in der Bundesfachplanung nicht oder noch nicht ausreichend geprüfte Gesichtspunkte sowie auf Vertiefungen und Aktualisierungen früherer Ergebnisse zu beschränken. Dieser Ansatz fügt sich auch in die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsschutzkonzentration bei gestufter Verfahrensplanung. So hat das Gericht ausdrücklich klargestellt, dass die Konzeption des § 15 NABEG nicht zu beanstanden ist und auch unionsrechtliche Regelungen bzw. die Vorgaben der Arhus-Konvention nicht entgegenstehen.32
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Vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, Rn 23 (f.). Näher dazu § 7 NABEG Rn 102 ff. Näher dazu § 7 NABEG Rn 108 ff. BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20, EnWZ 2021, 279, 280 ff.
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§ 24 Planfeststellungsbeschluss (1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). (2) Der Planfeststellungsbeschluss wird dem Vorhabenträger, den bekannten Betroffenen sowie denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, zugestellt. Es findet § 74 Absatz 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung. (3) Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung am Sitz der Planfeststellungsbehörde sowie an den Auslegungsorten zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. Der Ort und die Zeit der Auslegung sind in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, und auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde bekannt zu machen. Der Planfeststellungsbeschluss ist zeitgleich mit der Auslegung im Internet zu veröffentlichen. Für die Veröffentlichung gilt § 22 Absatz 3 entsprechend. (4) Die Möglichkeit einer Plangenehmigung nach Maßgabe des § 74 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt.
Übersicht I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 5 Regelungszweck Anwendung von § 74 VwVfG 13 Entstehungsgeschichte
II.
Planfeststellungsbeschluss (Abs. 1)
III.
Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses 19 (Abs. 2)
IV.
Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlus25 ses (Abs. 3) Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses 26 (Abs. 3 S. 1) Bekanntmachung der Auslegung (Abs. 3 29 S. 2)
1. 2.
8
3.
Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlus30 ses im Internet (Abs. 3 S. 3 und S. 4)
V. 1.
32 Plangenehmigung (Abs. 4) 33 Tatbestandsvoraussetzungen a) Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich berührt oder Einverständnis mit Inanspruch34 nahme b) Einverständniserklärung der Träger öffentli37 cher Belange c) Keine Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteili38 gung 39 Ermessen 40 Rechtsfolgen
18
2. 3.
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Abs. 1 ist identisch mit § 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG, wonach die Planfeststellungsbehörde den Plan als Planfeststellungsbeschluss feststellt. Abs. 2 S. 1 enthält eine Regelung über die Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses, die als lex specialis § 74 Abs. 4 S. 1 VwVfG vorgeht. Abs. 2 S. 2 ordnet die Anwendung der Vorschriften zur öffentlichen Bekanntmachung aus § 74 Abs. 5 VwVfG an. Abs. 3 S. 1–3 enthalten Regelungen über die Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses. Diese sind spezieller als § 74 Abs. 4 S. 2 VwVfG. Nach Abs. 3 S. 4 gilt § 22 Abs. 3 entsprechend. Abs. 4 sieht vor, dass der Planfeststellungsbeschluss durch die Erteilung einer Plangenehmigung i. S. d. § 74 Abs. 6 VwVfG ersetzt werden kann, wenn die dort geregelten Voraussetzungen erfüllt sind.
859 https://doi.org/10.1515/9783110670516-069
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§ 24 NABEG
I. Allgemeines
2. Regelungszweck 5 Die Norm regelt den Erlass und die Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses, mit dem das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wird. Regelungen über die Rechtswirkungen sind nicht enthalten. Die Bestimmung ist eine der zentralen Regelungen des Energiewirtschaftsrechtes. Der Planfeststellungsbeschluss erteilt als Abschluss des Planfeststellungsverfahrens die für die Realisierung des Vorhabens notwendigen Zulassungen und ist Anknüpfungspunkt für etwaige Rechtsmittel, die von Seiten Dritter eingelegt werden können. 6 § 24 und der dort geregelte Planfeststellungsbeschluss stehen daher gewissermaßen im Fokus des Verfahrens. § 24 enthält spezielle Vorschriften gegenüber § 74 VwVfG. Bis zum 1.6.2015 enthielt er auch spezielle Vorschriften gegenüber § 43b EnWG.1 Durch das Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG) vom 31. Mai 20132 wurden mit Wirkung zum 1.6.2015 einige Bestimmungen von § 43b EnWG aufgehoben, mit der Folge, dass § 24 nur noch das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht modifiziert.3 Kleinere Modifikationen der Bekanntgabe und Bekanntmachung der getroffenen Plan7 entscheidung, die das Gesetz enthält, führen zu einer Entlastung der Behörde. Da die Bekanntmachung dem Planfeststellungsbeschluss nachgelagert ist, ergeben sich daraus keine direkten Beschleunigungseffekte.
3. Anwendung von § 74 VwVfG 8 Gem. § 18 Abs. 5 gelten für das Planfeststellungsverfahren und daran anknüpfende Verfahren die Bestimmungen des 5. Teils des EnWG entsprechend, sofern das NABEG keine abweichenden Regelungen enthält. Nach § 43 Abs. 4 EnWG gelten für das Planfeststellungsverfahren die §§ 72 bis 78 VwVfG, 9 soweit im EnWG keine Sonderreglungen bestehen. Ausnahmen davon sind wiederum durch das NABEG möglich, soweit es bestimmte Vorschriften des VwVfG für direkt anwendbar erklärt. Zu fragen ist also jeweils, ob das NABEG Modifizierungen des EnWG und der allgemeinen Vorschriften des VwVfG enthält.4 Bis zum 1.6.2015 modifizierte § 24 den § 43b EnWG und § 74 VwVfG. Der § 43b EnWG enthielt 10 bis zum 1.6.2015 Abweichungen gegenüber § 74 VwVfG. Da die bisherigen § 43b Nr. 3 und Nr. 5 EnWG aufgehoben worden sind, ist dies entfallen. Daraus folgt im Ergebnis, dass § 74 VwVfG, sofern er nicht durch § 24 verdrängt bzw. modifiziert wird, zu beachten ist. § 74 Abs. 1 S. 1 VwVfG wird durch § 24 Abs. 1 verdrängt. Das Schriftform- und Begründungs11 erfordernis i. S. v. § 74 Abs. 1 S. 2 VwVfG i. V. m. § 69 Abs. 2 VwVfG kommt jedoch weiterhin zur Anwendung. § 74 Abs. 2 VwVfG wird durch § 18 Abs. 4 verdrängt. § 74 Abs. 3 VwVfG ist nach der Intention des NABEG nicht anwendbar:5 Denn der Vorhabenträger muss vollständige Unterlagen einreichen. Verfehlt er dies, kann 12 er nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 mit einem Bußgeld belegt werden. § 74 Abs. 4 VwVfG wird durch § 24 Abs. 2 S. 1 verdrängt. § 74 Abs. 5 VwVfG wird von § 24 Abs. 2 S. 2 ausdrücklich für anwendbar erklärt. § 74 Abs. . 7 VwVfG kommt zur Anwendung.
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Vgl. die Kommentierung in der Vorauflage, § 24, Rn 6, 8 ff sowie BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 1 f. BGBl. I 2013 S. 1388. Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 1. Vgl. auch BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 2. A. A. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 2.
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II. Planfeststellungsbeschluss (Abs. 1)
NABEG § 24
4. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze6 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 24 erlassen. Der ursprüngliche Entwurf der Bestimmung wurde im Gesetzgebungsverfahren in Zusammenhang mit der Änderung der Zuständigkeiten für die Planfeststellung geändert. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie7 ersetzte in Abs. 1 „Bundesnetzagentur“ durch „Planfeststellungsbehörde“. Die Regelung über die Zuständigkeit der BNetzA in S. 1 und 2 ist dem im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern gefundenen Kompromiss geschuldet. Die Zuständigkeit der BNetzA ist nicht bereits im NABEG, sondern mittels Rechtsverordnung auf Grundlage von § 2 Abs. 2 festzulegen. Eine entsprechende Anpassung der Formulierung „Planfeststellungsbehörde“ fand in Abs. 3 S. 1 und 2 statt. Infolge der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie8 wurde ferner Abs. 4 zum Datenschutz und zur Geheimhaltung angefügt. Eine Begründung hierzu enthält die Beschlussempfehlung nicht. Ziel war es vermutlich, die besondere Bedeutung des Datenschutzes auch textlich zum Ausdruck zu bringen. Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus9 vom 13.5.2019 wurde durch Einfügung des Abs. 5 die Möglichkeit geschaffen, in bestimmten Fällen anstelle des Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung nach Maßgabe des § 74 Abs. 6 VwVfG zu erteilen. Auf diese Weise soll für die in Abs. 5 geregelten Fälle eine Verfahrensbeschleunigung ermöglicht werden.10 Ferner wurde das bis dahin in Abs. 3 S. 2 vorgesehene Erfordernis der Bekanntmachung des Ortes und der Zeit der Auslegung im amtlichen Verkündungsblatt gestrichen. Mit der Änderung reagierte der Gesetzgeber an das heutige Informationsbeschaffungsverhalten in der Gesellschaft. Die betroffene Öffentlichkeit informiert sich eher über das Internet oder die öffentlichen Tageszeiten als über das amtliche Verkündungsblatt informiert.11 Die Änderung soll dazu beitragen, das Verfahren zu erleichtern und Kosten zu sparen. Durch Art. 4 Nr. 17 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.202112 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurde Abs. 4 aufgehoben und dessen Inhalt in den neu eingefügten § 30a verschoben. Absatz 5 wurde Absatz 4.
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II. Planfeststellungsbeschluss (Abs. 1) Das Zulassungsverfahren wird mit einem Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen. Umfasst ist 18 die Feststellung des Plans einschließlich der Folgemaßnahmen und der nach § 18 Abs. 2 in die Planfeststellung integrierten Nebenanlagen, die Entscheidung über Schutzauflagen und eine evtl. Entschädigung, die Entscheidung über die Einwendungen, eine Begründung und eine Rechtsbehelfsbelehrung.13 Dieser Beschluss unterscheidet sich in seinen Rechtswirkungen nicht von den auf der Grundlage des § 43 EnWG erlassenen Planfeststellungsbeschlüssen.14
6 BGBl. I 2011 S. 1690. 7 BT-Drucks. 17/6366, S. 6 f. 8 BT-Drucks. 17/6366, S. 6 f. 9 BGBl. I 2019 S. 706. 10 BT-Drucks. 19/7375, S. 81. 11 Hierzu und zum Folgenden BT-Drucks. 19/7375, S. 80 f. 12 BGBl I 2021 S. 298. 13 So auch de Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 19; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 5.
14 Zu den Rechtswirkungen vgl. § 18 Rn 157 ff; zur Plangenehmigung in der energierechtlichen Planfeststellung vgl. § 43b EnWG Rn 23 ff; ausführlich zu den Rechtswirkungen de Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 39 ff; vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 6 ff. 861
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§ 24 NABEG
III. Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 2)
III. Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 2) 19 Abs. 2 S. 1 regelt, dass die Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses der besonderen Form der Zustellung bedarf. So wird eine dem allgemeinen Planfeststellungsrecht in § 74 Abs. 4 VwVfG vergleichbare Rechtslage geschaffen. Zu beachten ist, dass Abs. 2 S. 1 lex specialis zu § 74 Abs. 4 VwVfG ist und diesem somit vorgeht. 20 Die Zustellung ist eine förmliche Art der sonst üblichen Bekanntgabe nach § 41 VwVfG. Die Zustellung muss an den Vorhabenträger, die bekannten Betroffenen und die Personen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, erfolgen. Dieser Kreis der Zustellungsadressaten ist in Abs. 2 weiter gefasst als in § 74 Abs. 4 S. 1 VwVfG, der eine Zustellung an alle bekannten Betroffenen nicht vorsieht.15 Andererseits werden Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, vom Wortlaut des § 24 nicht als Zustellungsadressaten aufgenommen – anders als bei § 74 Abs. 4 S. 1 VwVfG und bis 1.6.2015 auch noch bei § 43b Nr. 5 EnWG. Da es sich bei § 24 um eine vorrangige Spezialregelung handelt, muss den Vereinigungen der Planfeststellungsbeschluss daher nicht individuell zugestellt werden.16 21 Da aufgrund des länderübergreifenden bzw. grenzüberschreitenden Charakters der Leitungsprojekte eine Vielzahl an bekannten Betroffenen zu erwarten ist, verweist Abs. 2 S. 2 auf § 74 Abs. 5 VwVfG.17 Die Vorschrift regelt die Zustellung im Falle von mehr als 50 Zustellungsadressaten. In diesem Fall ersetzt die öffentliche Bekanntgabe die Zustellung als individuelle Bekanntgabe. Die Rechtswirkungen sind die gleichen. Die Entscheidung darüber, ob öffentlich bekannt gemacht wird, liegt im Ermessen der Behörde (vgl. § 74 Abs. 5 S. 1 VwVfG „können“).18 Die öffentliche Bekanntmachung wird gem. § 74 Abs. 5 S. 2 VwVfG dadurch bewirkt, dass 22 der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach § 74 Abs. 4 S. 2 VwVfG im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Der verfügende Teil ist oftmals gerade für Betroffene nicht ausreichend aussagefähig. Gerade die relevanten Themen werden erst in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses näher beleuchtet. Die Bekanntgabe hat daher eine nur anstoßende Funktion, die dem Ziel dient, alle möglicherweise Betroffenen aufzufordern, Akteneinsicht zu nehmen, um den vollständigen Inhalt des Beschlusses zu erfahren. Insoweit besteht auf Seiten des Betroffenen eine Obliegenheit: Er muss Akteneinsicht nehmen und sich über den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses erkundigen und sich insoweit Kenntnis verschaffen. Eine nachträgliche Berufung darauf, dass er den Inhalt des Beschlusses nicht gekannt habe, ist nicht möglich. 23 Gem. § 74 Abs. 5 S. 3 VwVfG gilt der Beschluss mit dem Ende der Auslegungsfrist allen Zustellungsadressaten als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach § 74 Abs. 5 S. 4 VwVfG kann nach der öffentlichen Bekanntmachung der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Zustellungsadressaten schriftlich angefordert werden;19 auch darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Mit dem Zeitpunkt, zu dem der Beschluss als zugestellt gilt, beginnt der Lauf der Rechtsbehelfsfrist.20
15 Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 10. 16 Ebenso Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 10. A. A. De Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 368. 17 Ähnlich Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 12. 18 Vgl. de Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 371; BK-EnR/Naujoks, NABEG,§ 24 Rn 8; BVerwG, Urteil vom 05. November 1997 – 11 A 54/96 –. 19 Die Übersendung ist kostenlos, vgl. VG Leipzig, Urteil vom 03. Februar 2010 – 1 K 1075/08 –, juris, Ls. 1, Rn 18 ff. 20 Vgl. BVerwG, Urteil vom 05. November 1997 – 11 A 54/96 –; vgl. zudem de Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 371; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl,§ 24 NABEG Rn 18. Riese/Nebel
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3. Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses
NABEG § 24
Die gesetzliche Fiktion der Zustellungswirkung gilt unabhängig von einer konkreten Kennt- 24 nisnahme durch die Betroffenen und Einwender und unabhängig von der Möglichkeit oder der fehlenden Möglichkeit, von der Bekanntgabe Kenntnis zu erlangen.21
IV. Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 3) Die Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses nach Abs. 3 ist ein der Planfeststellung 25 nachgeschaltetes Verfahren. Dadurch wird allen Betroffenen Zugang zur Genehmigungsentscheidung gewährt, was im Rahmen einer verbesserten Öffentlichkeitsbeteiligung zur Steigerung der Akzeptanz der Vorhaben beitragen soll.22
1. Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses (Abs. 3 S. 1) Nach Abs. 3 S. 1 ist eine Ausfertigung des Beschlusses mit einer Rechtsbehelfsbelehrung am Sitz der 26 Planfeststellungsbehörde sowie an den Auslegungsorten zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. Planfeststellungsbehörde ist nach § 2 Abs. 2 i. V. m. der Planfeststellungszuweisungsverord- 27 nung23 die BNetzA. Die Auslegung muss also an ihrem Dienstsitz in Bonn erfolgen. Eine Auslegung in den Dienstgebäuden in Mainz, Saarbrücken und Berlin ist nach dem Wortlaut der Norm nicht erforderlich. Gleichwohl wäre dies einer bürgerfreundlichen Kommunikation dienlich.24 Vor Ort findet die Auslegung an den Auslegungsorten des Planfeststellungsverfahrens statt. 28 Auslegungsorte sind die nach § 22 Abs. 3 bestimmten Orte zur Auslegung von Unterlagen im Planfeststellungsverfahren. Das sind nach nach § 73 Abs. 2 VwVfG die Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt.25 Die Auslegung der fertigen Planentscheidung ist Teil der besonderen Öffentlichkeitsbeteiligung im NABEG.26
2. Bekanntmachung der Auslegung (Abs. 3 S. 2) Nach Abs. 3 S. 2 sind der Ort und die Zeit der Auslegung in örtlichen Tageszeitungen, die in dem 29 Gebiet verbreitet sind, auf das sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird und auf der Internetseite der Planfeststellungsbehörde bekanntzumachen. Anders als nach der vorherigen Fassung des Abs. 3 S. 2 bedarf es nunmehr keiner Bekanntmachung im amtlichen Verkündungsblatt.
3. Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses im Internet (Abs. 3 S. 3 und S. 4) Nach Abs. 3 S. 3 ist der Planfeststellungsbeschluss zeitgleich mit der Auslegung im Internet zu ver- 30 öffentlichen. Die Veröffentlichung sollte auf der gleichen Seite wie nach Abs. 3 S. 2, also auf der Seite der zuständigen Planfeststellungsbehörde –der BNetzA27 –, erfolgen.28 21 Vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 11; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 14. 22 BT-Drucks. 17/6073, S. 18; vgl. BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 12. 23 Verordnung vom 23.7.2013 über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur, BGBl. I 2013, S. 2582. 24 Zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 17; ähnlich unter Hinweis auf die Verfahrenstransparenz BK-EnR/Naujoks, NABEG, § 24 Rn 13. 25 De Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 376; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 17. 26 Vgl. zu Auslegungsfehlern de Witt/Scheuten/Drygalla-Hein, § 24 NABEG, Rn 379. 27 Vgl. § 2 Abs. 2 i. V. m. der Planfeststellungszuweisungsverordnung. 28 Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 24 NABEG Rn 20. 863
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§ 24 NABEG
31
V. Plangenehmigung (Abs. 4)
Für die Veröffentlichung gilt gem. Abs. 3 S. 4 der § 22 Abs. 3 entsprechend. Diese Vorschrift regelt die Auslegung der Unterlagen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen nach § 21 im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Regelungsgehalt der Verweisung erschöpft sich in der Anwendung von § 22 Abs. 3 S. 3, nach dem die Veröffentlichung Angaben über den Verlauf der Trassenkorridore und den Vorhabenträger, Informationen darüber, wo und wann die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt werden, sowie Hinweise auf die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages enthalten muss.
V. Plangenehmigung (Abs. 4) 32 Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus29 vom 13.5.2019 führt über den Verweis auf § 74 Abs. 6 die Möglichkeit der Erteilung einer Plangenehmigung als Substitut zum Planfeststellungsbeschluss ein.
1. Tatbestandsvoraussetzungen 33 Nach § 74 Abs. 6 S. 1 VwVfG kann eine Plangenehmigung in den Fällen erteilt werden, in denen Rechteanderer nicht oder nur unwesentlich berührt sind bzw. die Betroffenen ihr Einverständnis erklärt haben (Nr. 1), und in denen die Träger öffentlicher Belange ihr Einvernehmen erklärt haben (Nr.2) und in denen nicht andere Rechtsvorschrifteneine Öffentlichkeitsbeteiligung vorsehen (Nr.3).
34 a) Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich berührt oder Einverständnis mit Inanspruchnahme. „Andere“ sind alle Rechtssubjekte, die nicht Vorhabenträger sind.30 Der Begriff der Rechte in § 74 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 1. Alt. VwVfG umfasst das Eigentumsrecht sowie sonstige dingliche Rechtspositionen, daneben alle subjektiven Rechte öffentlich- und privatrechtlicher Natur einschließlich der Grundrechte und die gemeindliche Planungshoheit. Bloße Verfahrensrechte werden nicht erfasst. Mit dem Wesentlichkeitskriterium geht das Erfordernis zu einer wertenden Abwägung ein35 her: Wesentlich beeinträchtigt sind die von Nr. 1 erfassten Rechte, wenn der durch das Vorhaben vollzogene Zugriff auf das Recht innerhalb der Abwägung faktisch Gewicht entfaltet, wenn die Beeinträchtigung also nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass sich das Abwägungsgefüge spürbar verändert.31 Maßgeblich hinsichtlich der Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens ist, wie sich dieses nach den vom Vorhabenträger eingereichten Planungen darstellt.32 Alternativ genügt – selbst bei Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung – eine schrift36 liche Einverständniserklärung der Betroffenen über die Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts. Es handelt sich bei der Erklärung um eine Erklärung öffentlich-rechtlicher Natur, die gegenüber der BNetzA, nicht hingegen gegenüber dem Vorhabenträger abzugeben ist.33 Soweit die Einverständniserklärung grundstücksbezogen ist, bindet sie auch den Rechtsnachfolger und muss, sofern sich der Eigentümer zu einer Eigentumsübertragung verpflichtet, dem Schriftformerfordernis aus § 311b Abs. 1 BGB genügen.34
29 30 31 32 33 34
BGBl. I 2019 S. 706. Vgl. hierzu und zum Folgenden m. w. N. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 74 Rn 227. Vgl. Fehling/Kastner/Störmer/Wickel, § 74 Rn 183. Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 74 Rn 228. Vgl. VGH BW NVwZ-RR 2005, 377, 379. Knack/Hennecke/Schink, § 74 Rn 263 f.
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3. Rechtsfolgen
NABEG § 24
b) Einverständniserklärung der Träger öffentlicher Belange. Weiterhin ist nach Abs. 4 37 i. V. m. § 74 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 VwVfG erforderlich, dass mit Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich i. S. d. § 7 Abs. 2 NABEG berührt wird, ein Benehmen hergestellt worden ist. Anders bei § 74 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 VwVfG kommt es hier nicht auf die Intensität der Interessenbetroffenheit an.35 Erforderlich ist lediglich eine Anhörung im Sinne der Gewährung einer Stellungnahmemöglichkeit, nicht hingegen das Erzielen einer Einigung. Die Äußerungen der Träger öffentlicher Belange sind jedoch im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
c) Keine Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Entscheidung im Wege der Plangeneh- 38 migung hat ferner zur Voraussetzung, dass nicht andere Bestimmungen eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 bis 7 VwVfG zu entsprechen hat.
2. Ermessen § 74 Abs. 6 VwVfG räumt der BNetzA ein Ermessen hinsichtlich der Frage ein, ob sie eine Plange- 39 nehmigung erteilt. Bei der Ausübung dieses Ermessens ist dem Interesse des Vorhabenträgers an einer zügigen Abwicklung des Verfahrens ausreichend Rechnung zu tragen.36 Dieser hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt wird. Dieser erstarkt nur im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null zu einem gebundenen Anspruch.
3. Rechtsfolgen Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung, Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 40 S. 2 VwVfG. Sie Genehmigung tritt außer Kraft, wenn mit ihrer Durchführung nicht innerhalb von fünf Jahren ab Eintritt der Bestandskraft begonnen wird, Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 S. 4 VwVfG. Für Rechtsschutzsuchende ist die Regelung des § 74 Abs. 6 S. 3 VwVfG von Bedeutung, nach der die Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 68 ff VwGO) vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage nicht notwendig ist.
35 Vgl. hierzu und zum Folgenden Fehling/Kastner/Störmer/Wickel, § 74 Rn 187 f. 36 Vgl. hierzu und zum Folgenden Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 74 Rn 226. 865
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§ 25 Änderungen im Anzeigeverfahren (1)
1
Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können ohne Planfeststellungsverfahren durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden. 2Eine Änderung oder Erweiterung ist nur dann unwesentlich, wenn 1. nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Absatz 2 hierfür keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, 2. andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und diese dem Plan nicht entgegenstehen und 3. Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. (2) 1Abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung nicht durchzuführen bei 1. Änderungen des Betriebskonzepts, 2. Umbeseilungen oder 3. Zubeseilungen. 2 Satz 1 ist nur anzuwenden, wenn die Planfeststellungsbehörde feststellt, dass die Vorgaben der §§ 3, 3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung eingehalten sind. 3Satz 1 Nummer 2 und 3 ist ferner jeweils nur anzuwenden, sofern einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets oder eines bedeutenden Brut- oder Rastgebiets geschützter Vogelarten nicht zu erwarten ist. 4Satz 1 Nummer 3 ist bei Höchstspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 220 Kilovolt oder mehr ferner nur anzuwenden, wenn die Zubeseilung eine Länge von höchstens 15 Kilometern hat. (3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 kann eine Änderung oder Erweiterung auch dann im Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn die Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Immissionsschutzbehörde feststellt, dass die Vorgaben nach den §§ 3, 3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung eingehalten sind, und wenn weitere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen. (4) 1Der Vorhabenträger zeigt gegenüber der Planfeststellungsbehörde die von ihm geplante Maßnahme an. 2Der Anzeige sind in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich ergibt, dass die geplante Änderung oder Erweiterung den Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 genügt. 3Insbesondere bedarf es einer Darstellung zu den zu erwartenden Umweltauswirkungen. 4Die Planfeststellungsbehörde entscheidet innerhalb eines Monats, ob anstelle des Anzeigeverfahrens ein Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist oder die Maßnahme von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist. 5Prüfgegenstand ist nur die jeweils angezeigte Änderung oder Erweiterung; im Fall des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bedarf es keiner Prüfung der dinglichen Rechte anderer. 6Die Entscheidung ist dem Vorhabenträger bekannt zu machen.
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1. Überblick über die Norm
NABEG § 25
Übersicht I. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm 9 Regelungszweck 14 Entstehungsgeschichte 18 Unionsrechtliche Bezüge Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 19 VwVfG
II.
Unwesentliche Änderung oder Erweiterung 27 (Abs. 1 S. 2) 32 Keine UVP-Pflicht (Abs. 1 S. 2 Nr. 1) Keine Berührung öffentlicher Belange (Abs. 2 41 S. 2 Nr. 2) Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer 47 (Abs. 2 S. 2 Nr. 3)
1. 2. 3.
III.
1.
4.
Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 59 S. 1) Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 61 3) Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 S. 4 und 62 5) 68 Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6)
IV.
Rechtswirkungen
V. 1. 2.
74 Rechtsschutz Rechtsschutz des Vorhabenträgers 77 Rechtsschutz Dritter
2. 3.
70
74
Durchführung des Anzeigeverfahrens 58 (Abs. 4)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm Die Abs. 1 bis 3 regeln die Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens. Nach Abs. 1 S. 1 kann ein Anzeigeverfahren durchgeführt werden, soweit es um unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen eines Vorhabens geht. Nach der Legaldefinition in Abs. 1 S. 2 liegt die Unwesentlichkeit einer Änderung oder Erweiterung vor, wenn die Voraussetzungen der Nr. 1–3 kumulativ vorliegen. Nach Abs. 1 S. 2 Nr. 1 darf keine UVP durchzuführen sein, nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 dürfen andere öffentliche Belange nicht berührt werden, es sei denn, die erforderlichen behördlichen Entscheidungen liegen vor und stehen dem Plan nicht entgegen. Nach Abs. 1 S. 2 Nr. 3 dürfen Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen werden entsprechende Vereinbarungen getroffen. Abs. 2 regelt dabei die Fälle, in denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung – in Abweichung von den Vorschriften des UVPG – unterbleibt. Vorbehaltlich der Einschränkungen in Abs. 2 S. 2– 4 ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für eine Änderung oder Erweiterung nicht durchzuführen bei Änderungen des Betriebskonzepts (Abs. 2 S. 1 Nr. 1), Umbeseilungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) oder Zubeseilungen (Abs. 2 S. 1 Nr. 3). In Abs. 3 werden Fälle konkretisiert, in denen ein Anzeigeverfahren trotz Relevanz für andere öffentliche Belange i. S. d. Abs. 1 S. 2 Nr. 2 durchgeführt werden kann. Hierfür ist Voraussetzung, dass die Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Immissionsschutzbehörde feststellt, dass die Vorgaben nach den §§ 3, 3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung (TA Lärm) eingehalten sind, und weitere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen. Abs. 4 regelt die Durchführung des Anzeigeverfahrens. Der Vorhabenträger muss die von ihm geplante Maßnahme gem. Abs. 4 S. 1 gegenüber der Planfeststellungsbehörde anzeigen. Der Anzeige sind nach Abs. 4 S. 2 in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus de867
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§ 25 NABEG
I. Allgemeines
nen sich ergibt, dass die Voraussetzungen der Abs. 1–3 erfüllt sind. Insbesondere sind nach Abs. 4 S. 3 die zu erwartenden Umweltauswirkungen darzustellen. 6 Nach Abs. 4 S. 4 entscheidet die Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats, ob anstelle des Anzeigeverfahrens ein Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist oder die Maßnahme von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist. 7 Abs. 4 S. 5 stellt klar, dass Prüfungsgegenstand nur die Auswirkungen der jeweils angezeigten Änderung oder Erweiterung sind und dass es im Falle des Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Änderungen des Betriebskonzepts) keine Prüfung der dinglichen Rechte anderer bedarf. 8 Die Entscheidung über das durchzuführende Verfahren ist dem Vorhabenträger gem. Abs. 4 S. 6 bekanntzumachen.
2. Regelungszweck 9 Das Anzeigeverfahren ist ein Antragsverfahren, d. h., es wird nicht von Amts wegen eingeleitet. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber zwei Intentionen: Zunächst soll eine Verfahrensvereinfachung eine Verfahrensbeschleunigung bewirken.1 Etwa in Fällen von unwesentlicher Bedeutung nach Abs. 1, in denen öffentliche Belange nicht berührt und Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, soll der Verwaltungs-, Zeit- und Kostenaufwand eines Plangenehmigungsoder Planfeststellungsverfahrens vermieden werden. Eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung ist – nach einer entsprechenden Entscheidung der Behörde – von einem förmlichen Verfahren freigestellt, weil in diesen Fällen die Durchführung eines aufwendigen und komplexen Verwaltungsverfahrens nicht gerechtfertigt ist. 10 Vor allem aber soll das Anzeigeverfahren die Verfahrenshoheit der Planfeststellungsbehörde absichern.2 Alleine aus den Gründen der Verfahrensbeschleunigung wäre es nicht Infolge der neuen Regelung nach § 25 hat nun nicht mehr wie in § 74 Abs. 7 VwVfG vorgese11 hen der Vorhabenträger rechtlich zu bewerten, ob er von dem Erfordernis einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung freigestellt ist.3 Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet zu entscheiden, ob eine Änderung einer Plangenehmigung oder einer Planfeststellung bedarf.4 Durch das Anzeigeverfahren soll – im Interesse des Vorhabenträgers wie der Planfeststellungsbehörde – vor Baubeginn und vor Einleitung eines Zulassungsverfahrens durch eine behördliche Entscheidung rechtssicher geklärt werden, ob ein förmliches Verfahren notwendig und ggf. welche Verfahrensart einschlägig ist. Der Vorhabenträger wird dadurch davor geschützt, dass die Planfeststellungsbehörde nach der Änderung oder Erweiterung erklärt, die spezifische Änderung oder Erweiterung hätte eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung bedurft. Der Vorhabenträger wie die Planfeststellungsbehörde erhalten hierdurch zu einem frühen Zeitpunkt auch Klarheit darüber, welche Unterlagen einzureichen sind. 12 Die Vornahme einer Änderung oder Erweiterung i. S. d. § 25 ohne Erfüllung der Anzeigepflicht ist gem. § 33 Abs. 1 Nr. 4 bußgeldbewehrt.5 Erstaunlicherweise fehlt eine derartige Regelung in der Parallelnorm des § 43f EnWG. Dieser wird in § 95 EnWG nicht erwähnt.6 Die Vorschrift findet ihr Pendant in § 11 über das vereinfachte Verfahren in der Bundes13 fachplanung.7 Eine inhalts- und weitgehend wortgleiche Parallelvorschrift für das Planfeststellungsverfahren ist mit § 43f EnWG in die allgemeinen energierechtlichen Planfeststellungsvorschriften eingefügt worden. Im Immissionsschutzrecht können die von § 25 unter anderem 1 2 3 4 5 6 7
BR-Drucks. 342/11, S. 7; BT-Drucks. 19/7375, S. 60. BT-Drucks. 17/6073, S. 30. Vgl. zu § 74 Abs. 7 VwVfG: Fehling/Kastner/Störmer/Wickel, VwVfG, § 74, Rn 201-220. BT-Drucks. 17/6073, S. 30. Vgl. dazu die Kommentierung zu § 33, Rn 11; kritisch zur Regelung: Beckmann, UPR 2013, S. 331,336. Vgl. die Kommentierung zu § 43f Rn 9. BT-Drucks. 17/6073, S. 26.
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5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG
NABEG § 25
geregelten unwesentlichen Änderungen ebenfalls nach § 15 BImSchG im Anzeigeverfahren zugelassen werden.8
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze9 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 25 erlassen. Der ursprüngliche Entwurf der Norm wurde im Gesetzgebungsverfahren in Zusammenhang mit der Änderung der Zuständigkeiten für die Planfeststellung geändert. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie10 ersetzte in S. 3 und 6 „Bundesnetzagentur“ durch „Planfeststellungsbehörde“. Die Streichung der Bestimmung der Zuständigkeit der BNetzA in S. 3 und 6 ist dem im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern gefundenen Kompromiss geschuldet, die Zuständigkeit der BNetzA nicht bereits im NABEG, sondern später gemeinsam mit dem Bundesrat mittels Rechtsverordnung auf Grundlage von § 2 Abs. 2 festzulegen. Sachlich-inhaltliche Änderungen an dem ursprünglichen Entwurf des Paragraphen wurden im Gesetzgebungsverfahren nicht vorgenommen. Mit Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus11 vom 13.5.2019 mit Wirkung vom 17.5.2019 wurden durch die Einfügung der Abs. 2 und 3 Konkretisierungen vorgenommen, wann Anzeigeverfahren zusätzlich zu den bisherigen unwesentlichen Änderungen und Erweiterungen durchgeführt werden können. Auf diesem Wege sollte die rechtssichere Anwendung des Anzeigeverfahrens erhöht und dadurch zur Verfahrensbeschleunigung beigetragen werden.12 Ferner wurde neben redaktionellen Änderungen in Abs. 4 S. 5 der Prüfungsgegenstand für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über das Ob des Plangenehmigungsoder Planfeststellungsverfahrens konkretisiert. Durch Art. 4 Nr. 18 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.202113 mit Wirkung vom 4.3.2021 wurden in Absatz 2 und 3 Verweise auf die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils gültigen Fassung aufgenommen.
14 15
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4. Unionsrechtliche Bezüge Aufgrund der Vorgaben der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung 18 bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 2014/ 52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 (UVP-RL) können unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben nur dann durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn für diese keine UVP durchzuführen ist.14
5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG Zwar wird über die Verweiskaskade in § 18 Abs. 5 auf die Bestimmungen in Teil 5 des EnWG 19 und über den dort in § 43 Abs. 4. 7 EnWG enthaltenen Verweis auf die allgemeinen Regelungen 8 Vgl. hierzu Giesberts/Reinhardt/Büge, BImSchG, § 15 Rn 14. 9 BGBl. I 2011 S. 1690. 10 BT-Drucks. 17/6366, S. 6 f. 11 BGBl. I 2019 S. 706. 12 BT-Drucks. 19/7375, S. 60. 13 BGBl I 2021 S. 298. 14 Vgl. dazu Rn 27 ff. 869
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I. Allgemeines
des Planfeststellungsrechts in den §§ 72 ff VwVfG verwiesen.15 Allerdings wird bereits durch das in § 43f EnWG geregelte mit § 25 identische Anzeigeverfahren die allgemeine Regelung in § 74 Abs. 7 VwVfG gesperrt.16 Im Anwendungsbereich des NABEG sperrt zudem die im Verhältnis zu § 43f EnWG speziellere Regelung des § 25 die allgemeine Regelung in § 74 Abs. 7 VwVfG. Denn mit der Einführung des Anzeigeverfahrens in § 25 und § 43f EnWG als Sonderregelungen für die energierechtliche Planfeststellung ist die Anwendung von § 74 Abs. 7 VwVfG im Bereich der energierechtlichen Planfeststellung ausgeschlossen. Nach der Gesetzesbegründung greift das Anzeigeverfahren die Regelung des § 74 Abs. 7 VwVfG auf, modifiziert diese aber im Sinne des NABEG. Abweichend von § 74 Abs. 7 VwVfG wird die Durchführung eines Anzeigeverfahrens bei unwesentlichen Änderungen angeordnet. Die Freistellung von einem förmlichen Verfahren erfolgt im energierechtlichen Planfeststellungsrecht daher ausschließlich über das Anzeigeverfahren. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Anzeigeverfahrens erreichen, dass der Vorhabenträger nicht unter Berufung auf § 74 Abs. 7 VwVfG mit den Bauarbeiten beginnt, bevor eine entsprechende Entscheidung der BNetzA darüber getroffen worden ist, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.17 Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen gerade nicht ausschließlich kraft gesetzlicher Anordnung.18 Vor diesem Hintergrund ist die Anzeigepflicht auch gem. § 33 Abs. 1 Nr. 4 bußgeldbewehrt. Zwar ist der Wortlaut der Freistellungstatbestände von § 74 Abs. 7 VwVfG nicht vollkommen deckungsgleich mit dem Wortlaut der Freistellungstatbestände in § 25, auch die Anwendungsbereiche sind nicht völlig kongruent; diese Unterschiede sind jedoch zu vernachlässigen. Der Wortlaut von § 25 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und von § 74 Abs. 7 Nr. 1 VwVfG ist zunächst identisch, demnach dürfen öffentliche Belange von dem Vorhaben nicht berührt sein oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen müssen vorliegen und dürfen dem Plan nicht entgegenstehen. Nach § 25 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 dürfen Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Nach § 74 Abs. 7 Nr. 2 VwVfG dürfen Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sein. Rechte anderer werden beeinflusst, wenn sie in einer mehr als nur geringfügigen Weise negativ berührt werden.19 Eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter meint den direkten Zugriff auf fremde Rechte (insbesondere Eigentumsrechte). Dies erfordert die vernünftigerweise in Betracht kommende Möglichkeit einer indirekt relevanten nachteiligen Auswirkung auf ein abwägungsbeachtliches Recht eines anderen.20 Eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter meint hingegen den direkten Zugriff auf fremde Rechte (insbesondere Eigentumsrechte).21 Eine Beeinflussung nach § 74 Abs. 7 Nr. 2 VwVfG ist insofern eine geringere Einwirkung als eine Beeinträchtigung im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 2 Nr. 3. Allerdings würde die gesetzgeberische Intention des Anzeigeverfahrens – nämlich die Verfahrenshoheit der Behörden zu sichern und zu verhindern, dass der Vorhabenträger die Entscheidung darüber trifft, ob ein Vorhaben einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung bedarf oder ob es von einem förmlichen Verfahren freigestellt ist – unterlaufen, wenn sich der Vorhabenträger unter Berufung darauf, dass Rechte anderer im Sinne von § 74 Abs. 7 Nr. 2 VwVfG nicht beeinflusst würden, ohne behördliche Entscheidung mit dem Bau beginnen 15 16 17 18 19 20
Vgl. § 43 EnWG Rn 11 f 17, 197 und § 18 Rn 10 f. Vgl. dazu § 43f EnWG Rn 14 ff. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 34. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 9; Säcker/Naujoks, § 25 Rn 6. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 263. Vgl. dazu VGH Mannheim, Urt. v. 13.4.2000 – 5 S 1136/98 –; VGH München, Beschl. v. 20.10.2003 – 8 AE 03/ 40047 –. 21 Vgl. dazu Rn 47 f. Riese/Nebel
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5. Anwendungsausschluss von § 74 Abs. 7 VwVfG
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würde. Ob im Einzelfall Rechte nur berührt oder schon beeinflusst werden, ist schwierig abzugrenzen. Würde § 74 Abs. 7 VwVfG neben § 25 zur Anwendung kommen, könnte auch diese rechtliche Bewertung erst nach Baubeginn von der Behörde getroffen werden. Die Verfahrenshoheit der Planfeststellungsbehörde wäre damit ausgehebelt.22 § 74 Abs. 7 VwVfG umfasst zwar auch die Errichtung einer Höchstspannungsleitung des 25 Übertragungsnetzes, § 25 aber lediglich die Änderung oder Erweiterung einer solchen Leitung. Die Anwendungsbereiche von § 74 Abs. 7 VwVfG und § 25 sind insofern nicht völlig kongruent. Tatsächlich besteht jedoch kein eigenständiger Anwendungsbereich für § 74 Abs. 7 VwVfG bei der Errichtung einer Höchstspannungsleitung des Übertragungsnetzes, da in einem solchen Fall immer ein Planfeststellungs- oder eine Plangenehmigungsverfahren erforderlich ist. § 25 regelt damit abschließend die Möglichkeit, bei einem grundsätzlich planfeststellungspflichtigen Energieleitungsvorhaben von der Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren absehen zu können.23 Insofern besteht im Anwendungsbereich des NABEG ein dreistufiges Verfahrenssystem, um die 26 Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung einer Leitung im Sinne von § 2 Abs. 1 zuzulassen: – Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können durch ein Anzeigeverfahren nach § 25 zugelassen werden. – Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer Höchstspannungsleitung können nach § 18 Abs. 5 i. V. m. § 43b EnWG und § 74 Abs. 6 VwVfG durch die Erteilung einer Plangenehmigung zugelassen werden, wenn eine UVP nicht durchzuführen ist, Rechte anderer nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich schriftlich einverstanden erklärt haben und mit den Trägern öffentlicher Belange das Benehmen hergestellt worden ist. – In allen anderen Fällen erfolgt die Zulassung der Errichtung, unwesentliche Änderung oder Erweiterung einer Höchstspannungsleitung im förmlichen Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff i. V. m. §§ 43 ff EnWG i. V. m. §§ 72 ff VwVfG.
II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1 S. 2) Das Anzeigeverfahren gilt nur für eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung, nicht aber für die erstmalige Errichtung von Höchstspannungsleitungen. Änderungen setzen in jedem Fall eine bestehende Anlage voraus, deren Ausgangssubstanz zumindest in Teilen bestehen bleibt.24 Abs. 1 S. 2 liefert eine Legaldefinition der Unwesentlichkeit von Änderungen oder Erweiterungen, die durch die Abs. 2 und 3 modifiziert wird. Wann eine Änderung oder Erweiterung unwesentlich ist wird abschließend geregelt. Die Regelung ist nicht analogiefähig. Die in den Abs. 1 S. 2 Nr. 1–3 enthaltenen Voraussetzungen müssen ausweislich des Wortlauts („und“) grundsätzlich (Abs. 3!) kumulativ vorliegen. Eine Änderung im Sinne der Regelungen sind Änderungen der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Höchstspannungsleitung. Dabei ist eine solche Änderung immer dann planungsrechtlich relevant, wenn sie von der ursprünglichen Zulassung nicht mehr gedeckt ist.25 Der Begriff der Änderung umfasst auch die Erweiterung der Anlage, diese stellt lediglich den Spezialfall einer Änderung dar.26 Die Abgrenzung beider Begriffe hat wenig praktische Relevanz. Beispiele für eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung sind etwa: – ergänzende Leiterseile auf der gleichen Spannungsebene durch einen zusätzlichen Querträger bei gleichzeitiger Erhöhung des Mastes, – Masterhöhungen aus sonstigen Gründen, 22 23 24 25 26 871
Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 9. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 7; Säcker/Naujoks, § 25 Rn 6. Zur Abgrenzung von Errichtung und Änderung siehe Pleiner, S. 313. BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16.04 –. Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 14. Riese/Nebel
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II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1 S. 2)
– Änderungen des Mastbildes, – Verkleinerungen und Rückbauten, – Verschiebungen der Maststandorte, – Änderungen der Beseilung und – Zubeseilung. 31 Ob ein Vorhaben die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2 (ggf. i. V. m. Abs. 3) erfüllt und als Änderung/Erweiterung einzustufen ist. Obliegt, ebenso wie die Einschätzung der Unwesentlichkeit, in erster Linie der eigenverantwortlichen Prüfung des Vorhabenträgers.27 Die Erfüllung der Voraussetzungen unterliegt voller verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Maßgebend ist nicht die ex ante-Betrachtung der zuständigen Planfeststellungsbehörde, sondern die objektive ex postWürdigung der tatsächlichen Verhältnisse.28
1. Keine UVP-Pflicht (Abs. 1 S. 2 Nr. 1) 32 Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können nach Abs. 1 S. 2 Nr. 1 nur durch ein Anzeigeverfahren zugelassen werden, wenn für das Leitungsvorhaben keine UVP durchzuführen ist. 33 Aufgrund der Vorgaben der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 (UVP-RL) ist bei bestimmten Leitungsvorhaben eine UVP durchzuführen. Eine UVP muss gem. Art. 6 UVP-RL unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Die UVP-RL wird durch § 2 Abs. 8, Abs. 9, § 3 S. 2, § 18 und § 19 UVPG in nationales Recht umgesetzt. Da bei unwesentlichen Änderungen kein förmliches Zulassungsverfahren – und folglich auch keine Öffentlichkeitsbeteiligung – durchgeführt wird, ist das Anzeigeverfahren kein geeignetes Trägerverfahren zur Umsetzung der Vorgaben der RL 2011/92/EU.29 34 Gem. §§ 9, 6 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP für die Änderung und Erweiterung von Vorhaben. Die Notwendigkeit einer UVP ist im Einzelfall anhand dieser Normen i. V. m. der Anlage 1 zum UVPG zu überprüfen.30 35 Von § 9 Abs. 2 S. 1 UVPG sind Fälle erfasst, in denen ein Vorhaben, das ursprünglich nicht der UVP-Pflicht unterlag, aufgrund der Erweiterung und Änderung erstmals die nach § 6 UVPG i. V. m. Anlage 1 maßgeblichen Größen- und Leistungswerte erreicht (Nr. 1) oder das Vorhaben einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erstmals oder erneut erreicht oder überschreitet und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann Nr. 2). Die Regelung dürfte indes wenig praktische Relevanz für Energieleitungsvorhaben entfalten, da entsprechende Änderungen regelmäßig als Neuerrichtung gelten dürften.31 Praktisch bedeutsamer ist § 9 Abs. 1 S. 1 UVPG, wonach Änderungen und Erweiterungen 36 UVP-pflichtig sind, wenn ein Vorhaben geändert oder erweitert wird, für das als bereits eine UVP-Pflicht besteht.32 Darüber hinaus muss das Vorhaben durch die Änderung entweder die in der Anlage 1, Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UVPG) oder die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung oder Er-
27 Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 15. 28 So Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 74 Rn 261 zur Prüfung des Entfallens von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren. 29 Vgl. zur UVP im energierechtlichen Plangenehmigungsverfahren § 43b EnWG Rn 33 ff. 30 Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 21. 31 Vgl. dazu die ausführliche Kommentierung bei Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43f Rn 13 f. 32 Zu den Voraussetzungen vgl. Hoppe/Dienes, UVPG; § 3e, Rn 7 f. Riese/Nebel
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2. Keine Berührung öffentlicher Belange (Abs. 2 S. 2 Nr. 2)
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weiterung zusätzliche erhebliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UVPG). Ergänzend greift nunmehr Abs. 2 S. 1, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der §§ 5 ff UVPG nicht durchzuführen ist, wenn es sich bei der Änderung/Erweiterung um eine Änderung des Betriebskonzepts (legaldefiniert in § 3 Nr. 1 lit. c), Umbeseilung (§ 3 Nr. 1 lit. b) oder um eine Zubeseilung (§ 3 Nr. 1 lit. a) handelt. Bei dieser Ausnahmeregelung handelt es sich um eine nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 UVP-RL zulässige Alternative zu einer Einzelfallprüfung.33 Die Ausnahmeregelung setzt nach Abs. 2 S. 2 voraus, dass die Planfeststellungsbehörde eine Einhaltung der Vorgaben der §§ 3,3a und 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) und die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) in der jeweils geltenden Fassung (TA Lärm) feststellt. Durch den Verweis auf die Grenzwerte und relevanten Vorsorgeanforderungen der 26. BImSchV wird den Merkmalen der potenziellen Auswirkungen in Nr. 3 des Anhangs III der UVP-RL Rechnung getragen. Die dort niedergelegten Grenzen stellen sicher, dass die Auswirkungen der Änderung oder Erweiterung gering bleiben. Sie sind nämlich fachlich aus Wirkschwellen abgeleitet, unterhalb derer die nachgewiesenen Feldwirkungen vermieden werden und die Vorsorgeanforderungen auch unterhalb der Grenzwerte bei (immissionsschutzrechtlich) erheblichen Änderungen eine Minimierung der Felder nach dem Stand der Technik verlangen. Der Verweis auf die TA Lärm wurde eingeführt, da sich in der Praxis zeigte, dass die Immissionsrichtewerte gerade bei Um- und Zubeseilungen nicht immer eingehalten wurden. Die Richtwerte der TA Lärm stellen ein hohes Umweltschutzniveau sicher.34 Weiterhin gilt für Umbeseilungen und Zubeseilungen Abs. 2 S. 3, wonach zu erwarten sein muss, dass die Änderung oder Erweiterung (für sich genommen oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben) keine erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets oder eines bedeutenden Brut- oder Rastgebiets geschützter Vogelarten mit sich bringen wird. Wo sich bedeutende Brut-oder Rastgebiete befinden, lässt sich über eine Abfrage bei den zuständigen Behörden oder beim ehrenamtlichen Naturschutz ermitteln. Zu den Schutzgebieten gehören auch etwa Ramsar-Gebiete, die nach Maßgabe des Übereinkommens über Feuchtgebiete internationale Bedeutung (Ramsar-Konvention) beigemessen wird und Important Bird Areas (IBA), die als solche gekennzeichnet werden, weil sie als wichtig für den Arten- und Biotopschutz – unter anderem – bestimmter Vogelarten eingestuft werden. Schließlich gilt die Erleichterung bei Zubeseilungen im Zusammenhang mit Höchstspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 220 kV mit der Maßgabe, dass die Zubeseilung eine Länge von maximal 15 km aufweist (Abs. 2 S. 4).
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2. Keine Berührung öffentlicher Belange (Abs. 2 S. 2 Nr. 2) Neben der Entbehrlichkeit einer UVP dürfen auch andere öffentliche Belange durch die Ände- 41 rungen oder Erweiterungen grundsätzlich nicht (negativ) berührt werden.35 Höchstspannungsleitungen im Anwendungsbereich des NABEG dienen einer möglichst si- 42 cheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität (§ 1 Abs. 1 EnWG). Mit dem Erlass des Bundesbedarfsplans wird für die darin enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt (§ 12e Abs. 4 S. 1 EnWG). Der Ausbau der als länderübergreifend und grenzüberschreitend im Bundesbedarfsplan gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen im Sinne des § 12e Abs. 2 S. 1 EnWG ist aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses erforderlich (§ 1 S. 3). Diese öffentlichen Belange werden durch 33 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 189; BT-Drucks. 19/7375, S. 60 f Dort auch zum folgenden Text. 34 BT-Drucks. 19/23491, S. 41. 35 Vgl. zur Parallelnorm § 74 VwVfG Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 81 sowie Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 226. 873
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II. Unwesentliche Änderung oder Erweiterung (Abs. 1 S. 2)
Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben zweifellos (positiv) berührt. Die Berührung dieser öffentlichen Belange führt aber nicht dazu, dass der Freistellungstatbestand des Abs. 2 S. 2 Nr. 2 nicht erfüllt wäre. Abs. 1 S. 2 Nr. 2 1. Alt. ist vielmehr so zu verstehen, dass den Änderungen oder Erweiterungen von Leitungsvorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstehen dürfen.36 Öffentliche Belange stehen dem Vorhaben bereits dann entgegen, wenn sie von dem Vorhaben (negativ) berührt werden. Unter dem Begriff der Berührung ist jegliche negative Einwirkung auf einen öffentlichen Belang zu verstehen.37 Als mögliche öffentliche Belange kommen neben dem Recht auf körperliche Unversehrtheit insbesondere die Ziele, Zwecke und Schutzgüter der Wasserwirtschaft, des Emissionsrechts, des Schutzes von Natur und Landschaft, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Betracht.38 Sofern von dem Leitungsvorhaben öffentliche Belange berührt werden, ist nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 2 die Zulassung durch ein Anzeigeverfahren gleichwohl zulässig, wenn eine positive Entscheidung der zuständigen Fachbehörde vorliegt. Die Zulassung des Leitungsvorhabens durch ein Anzeigeverfahren ist in solchen Fällen gerechtfertigt, weil die zuständige Fachbehörde das Vorhaben geprüft und nicht beanstandet hat und etwa eine Baugenehmigung oder eine Befreiung von einer Landschaftsschutzverordnung, die den Vorhaben entgegensteht, erteilt hat.39 Wie einleitend bereits erwähnt wurde, gilt das zu Abs. 1 S. 2 Nr. 2 1. Alt. Gesagte nur im Grundsatz: Denn nach Abs. 3 kann das Anzeigeverfahren trotz Berührung von öffentlichen Belangen durchgeführt werden, wenn die Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Immissionsschutzbehörde feststellt, dass die Vorgaben nach den §§ 3, 3a und 4 der 26. BImSchV eingehalten sind, und wenn weitere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die hierfür erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen. Die Ausnahmeregelung greift somit in Fällen, in denen Belange der elektrischen und magnetischen Felder berührt sind, was der Fall ist, wenn sich die Felder erheblich erhöhen können.40 Dies wird regelmäßig mit Blick auf die von Abs. 2 erfassten Fälle zu bejahen sein, sofern die Änderung auf eine nicht bloß marginale Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Leitung und damit der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung i. S. d. 26. BImSchV zielt.
3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 2 S. 2 Nr. 3) 47 Unwesentliche Änderungen oder Erweiterungen können nach Abs. 2 S. 2 Nr. 3 durch ein Anzeigeverfahren nur zugelassen werden, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Zu den Unterschieden im Wortlaut des § 74 Abs. 7 Nr. 2 und ihren Folgen wurde bereits 48 Stellung genommen.41 Die Voraussetzung nach S. 2 Nr. 3 Alt. 1, wonach Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, entspricht weitgehend wörtlich der Voraussetzung zur Erteilung einer Plangenehmigung im allgemeinen Planfeststellungsverfahren nach § 74 Abs. 6 Nr. 1 Alt. 1 VwVfG. Dass § 74 Abs. 6 Nr. 1 VwVfG nunmehr unwesentliche Rechtsbeeinträchtigungen ausnimmt, ändert hieran nichts. Die Voraussetzung nach S. 2 Nr. 3 Alt. 2, wonach alternativ eine Zulassung auch dann durch ein Anzeigeverfahren erfolgen kann, wenn mit vom Plan Betroffe36 37 38 39 40 41
De Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 25. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 21. Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 23.9.2014 – 7 C 14/13 –. Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 181. BT-Drucks. 19/7375, S. 61. Dort auch zum folgenden Text. Vgl. Rn 19 f.
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3. Keine Beeinträchtigung der Rechte anderer (Abs. 2 S. 2 Nr. 3)
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nen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, entspricht zwar nicht dem Wortlaut, aber dem Sinn und Zweck von § 74 Abs. 6 Alt. 2 VwVfG.42 Der Kreis der in ihren Rechten Betroffenen muss der Behörde bekannt und klar abgrenzbar sein. Der Begriff der Rechte im Sinne von S. 2 Nr. 3 stimmt mit dem Begriff der Rechte in § 74 Abs. 6 Nr. 1 überein VwVfG überein.43 Mit einer Rechtsbeeinträchtigung ist nicht die bei jeder Planung gebotene wertende Einbeziehung der Belange Dritter in die Abwägungsentscheidung, sondern nur der direkte Zugriff auf fremde Rechte gemeint.44 Der Begriff der Rechte umfasst alle subjektiven öffentlichen Rechte und rechtlich geschützten Interessen, die in der planerischen Abwägung nicht überwunden werden können.45 Dies sind etwa die Eigentumsrechte von Dritten einschließlich ihrer betrieblichen Existenz oder die Betroffenheit eines Grundstücks, auf das zur Verwirklichung des geplanten Vorhabens zugegriffen wird, auch wenn dieses nicht unmittelbar in Anspruch genommen, jedoch die gegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert wird oder die Maßnahme das Grundstück schwer und unerträglich betrifft.46 Zu den subjektiven öffentlichen Rechten zählen auch die Schutzgüter des Art. 2 Abs. 2 GG,47 das Recht auf Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen und andere rechtlich erhebliche Nachteile, sofern sie wesentlich sind, d. h. über das jedermann nach Lage der Dinge zumutbare Maß hinausgehen.48 Zu den Rechten anderer zählt nicht das Mitwirkungsrecht der Naturschutzverbände nach § 63 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG.49 Die Voraussetzung, dass das Recht anderer nicht beeinträchtigt werden darf, ist auch keine die anerkannten Naturschutzverbände schützende Norm.50 Durch die Verletzung des Beteiligungsrechts eines anerkannten Naturschutzverbandes wegen der Nichtdurchführung eines an sich gebotenen Planfeststellungsverfahrens ist der Naturschutzverband allerdings klagebefugt.51 Auf Gewicht und Bedeutung der voraussichtlichen Rechtsbeeinträchtigungen kommt es nicht an. Eine Bagatellgrenze, nach der geringfügige Rechtsbeeinträchtigungen der Teilung einer Freistellung im Anzeigeverfahren nicht entgegenstehen, besteht grds. nicht, im Ergebnis muss aber im Rahmen einer saldierenden Betrachtung eine negative Auswirkung auf die Rechtsposition des Dritten feststellbar sein.52 Ob durch die Realisierung der Höchstspannungsleitung bei einer Freistellung von einem förmlichen Verfahren durch das Anzeigeverfahren Rechte Dritter beeinträchtigt werden, setzt im Rahmen dieser Saldierung eine Prognose voraus.53 Da das Planfeststellungsverfahren gerade der Prüfung dient, ob und inwieweit Rechte Dritter beeinträchtigt sein können, kommt ein Anzeigeverfahren nur in Betracht, wenn eine hinreichend sichere Beurteilung der Frage möglich ist, ob Rechte Dritter beeinträchtigt werden können.54
42 Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 27. 43 Vgl. dazu Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 209 m. w. N. 44 BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; BVerwG, Urt. v. 24.2.1998 – 4 VR 13/97 –; BVerwG, Urt. v. 27.11.1996 – 11 A 100/95 – zur Plangenehmigung im AEG; BVerwG, Beschl. v. 29.12.1994 – 7 VR 12/94 –; VGH München, Urt. v. 11.3.2005 – 22 A 4/40063 –; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.9.2002 – 7 MS 180/02 –. 45 BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 – 11 VR 12/00 –. 46 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 209. 47 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Planvereinfachungsgesetz, BT-Drucks. 12/4328, S. 19. 48 VGH Mannheim, Beschl. v. 7.5.1998 – 5 S 1060/98 –. 49 BVerwG, Urt. v. 22.3.1995 – 11 A 1/95 –. 50 BVerwG, Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43/96 –. 51 BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 –; BVerwG, Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43/96 –. 52 De Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 29. 53 Säcker/Naujoks, § 25 Rn 32; vgl. auch: Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 234. 54 Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 164 m. w. N. 875
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III. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4)
Konkrete Vereinbarungen mit den Betroffenen über die Hinnahme bzw. die Duldung der Auswirkung eines Vorhabens haben zur Folge, dass von dem Vorhaben ausgehende Rechtsbeeinträchtigungen bei der Beurteilung der Voraussetzung nach Abs. 2 S. 2 Nr. 3 außer Betracht bleiben. Gelingt es mit allen Personen, die durch das Vorhaben in ihren Rechten beeinflusst werden können, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen, in der sich die Betroffenen mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts einverstanden erklären, so kann eine Freistellung von einem förmlichen Verfahren erfolgen, sofern auch die anderen Voraussetzungen vorliegen.55 Auch wenn § 25 im Gegensatz zu § 74 Abs. 6 Nr. 1 VwVfG keine Form vorschreibt, dürften 55 an die Vereinbarung formell dieselben Anforderungen zu stellen sein.56 Notwendig ist grds. die eigenhändige Unterschrift des Betroffenen oder der vertretungsberechtigten Personen. Eine Erklärung zur Niederschrift der Behörde reicht aber aus, wenn der Betroffene eine von der Behörde aufgenommene Erklärung eigenhändig unterzeichnet.57 Verpflichtet sich ein Betroffener zu Rechtsübertragungen im Sinne des §§ 311 b, 925 BGB, ist notarielle Beurkundung notwendig und ausreichend.58 Vereinbarungen im Sinne des § 25 sind etwa Verträge mit Eigentümern über die Inanspruch56 nahme ihrer Grundstücke für das Vorhaben, über Bauhöhenbeschränkungen, über die Änderung von Zufahrten, sowie vorliegende grundbuchlich gesicherte beschränkte persönliche Dienstbarkeiten oder Einwilligungen des Eigentümers zur Eintragung solcher Dienstbarkeiten zum Bau und Betrieb der Leitung. Schriftliche Vereinbarungen und Einverständniserklärungen der Betroffenen, mit denen sie 57 sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben, wirken auch gegen den Rechtsnachfolger und sind für diesen verbindlich.
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III. Durchführung des Anzeigeverfahrens (Abs. 4) 58 Abs. 4 regelt die Durchführung des Anzeigeverfahrens.
1. Anzeige durch den Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 59 Gemäß Abs. 4 S. 1 zeigt der Vorhabenträger gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde die von ihm geplanten Maßnahmen an. Für die Anzeige gelten über § 18 Abs. 5 NABEG gem. § 43 Abs. 4 EnWG i. V. m. § 72 Abs. 1 Hs. 1 VwVfG die allgemeinen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nach §§ 9 VwVfG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Da nach Abs. 4 S. 2 und 3 Anlagen „beizufügen“ sind, dürfte die Schriftform erforderlich sein.59 Zwar liegt es ausweislich der Gesetzbegründung im Ermessen der zuständigen Behörde, ob 60 anstelle eines Planfeststellungsverfahrens oder eines Plangenehmigungsverfahrens eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung durch ein Anzeigeverfahren zugelassen wird. Es liegt aber in der Hand des Vorhabenträgers, dieses Entscheidungsverfahren durch eine entsprechende Anzeige einzuleiten.60 Hält der Vorhabenträger es für sinnvoller, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, kann er entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde stellen. Die Anzeige ist insofern als Antrag im Sinne von § 30 Abs. 1 S. 2 zu qualifizieren. 55 56 57 58 59 60
Dazu de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 30-31; Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 27-28. In diesem Sinne Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 27, der jedoch keinen Formzwang annimmt. Säcker/Naujoks, § 25 Rn 33. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann, § 74 Rn 240. De Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 34; a. A. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 30. De Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 3; Säcker/Naujoks, § 25 Rn 36.
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3. Entscheidung über die Zulassung
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2. Notwendige Unterlagen (Abs. 4 S. 2 und 3) Der Anzeige muss sich entnehmen lassen, auf welche Höchstspannungsleitung bzw. auf wel- 61 chen Abschnitt einer Höchstspannungsleitung sich die Anzeige bezieht. Nach Abs. 4 S. 2 sind der Anzeige in ausreichender Weise Erläuterungen beizufügen, aus denen sich ergibt, welche konkreten Änderungen/Erweiterungen geplant und dass diese Änderungen den Voraussetzungen von Abs. 1 bis 3 entsprechen.61 Ohne diese Unterlagen ist es der Planfeststellungsbehörde nicht möglich, über eine Freistellung zu entscheiden, die Beifügung dient also dazu, der Behörde eine hinreichend sichere Entscheidungsgrundlage zu verschaffen.62
3. Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens im Anzeigeverfahren (Abs. 4 S. 4 und 5) Nach Abs. 4 S. 4 entscheidet die für die Planfeststellung zuständige Behörde, ob ein Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Andernfalls erfolgt die Freistellung des Vorhabens von einem förmlichen Verfahren. Die Entscheidung muss innerhalb eines Monats erfolgen. Der Beginn dieser Frist ist nicht näher bestimmt. Anzunehmen ist, dass die Frist als Entscheidungsfrist zu laufen beginnt, wenn der Behörde alle erforderlichen Unterlagen vollständig vorliegen.63 Die Frist dient der Verfahrensbeschleunigung.64 Abs. 4 S. 5 stellt klar, dass Prüfungsgegenstand nur die Auswirkungen der jeweils angezeigten Änderung oder Erweiterung sind und dass es im Falle des Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Änderungen des Betriebskonzepts) keine Prüfung der dinglichen Rechte anderer bedarf. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Umweltauswirkungen der Bestandsleitung, soweit sie für die Zulässigkeit der Änderung oder Erweiterung von Bedeutung sind.65 Aspekte, die – wie die dinglichen Rechte anderer – bereits im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren geprüft bzw. nachgewiesen wurden, müssen nicht erneut belegt werden. Beim Vorliegen aller Voraussetzungen ist es in das Ermessen der zuständigen Planfeststellungsbehörde gestellt, ob anstelle eines Planfeststellungsverfahrens oder eines Plangenehmigungsverfahrens die Änderung oder Erweiterung einer Hochspannungsleitung durch ein Anzeigeverfahren zugelassen wird.66 Bei der Entscheidung handelt es sich um einen dem Planfeststellungsbeschluss entsprechenden, mit Außenwirkung versehenen und von betroffenen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG und des § 42 VwGO.67 Anders als in § 15 Abs. 2 S. 2 BImSchG kennt das energierechtliche Anzeigeverfahren keine Genehmigungsfiktion. Der Vorhabenträger darf die Änderungen oder Erweiterungen eines Vorhabens daher nicht etwa dann vornehmen, wenn sich die BNetzA nicht innerhalb der in Abs. 4 S. 4 bestimmten Monatsfrist geäußert hat. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine § 15 Abs. 2 S. 2 BImSchG entsprechende Formulierung aufnehmen müssen. Hingegen hat der Gesetzgeber die Vornahme einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung ohne erfolgte Entscheidung der BNetzA nach Abs. 4 S. 4 bußgeldbewehrt. Eine Genehmigungsfiktion würde zudem die vom Gesetzgeber intendierte Verfahrenshoheit der BNetzA konterkarieren. Der Gesetzgeber wollte mit
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Zum Inhalt der einzureichenden Unterlagen ausführlich de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 37 f. So BT-Drucks. 17/6073, S. 30. Säcker/Naujoks, § 25 Rn 39. BT-Drucks. 17/6073, S. 34. BT-Drucks. 19/7375, S. 61. Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 36. Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Riese/Nebel
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V. Rechtsschutz
der Einführung des Anzeigeverfahrens gerade erreichen, dass der Vorhabenträger nicht mit den Bauarbeiten beginnt, bevor eine entsprechende Entscheidung der BNetzA getroffen wurde.68
4. Bekanntgabe (Abs. 4 S. 6) 68 Nach Abs. 4 S. 6 muss die Entscheidung, ob eine Freistellung erfolgt oder doch ein förmliches Verfahren durchgeführt wird, dem Vorhabenträger bekannt gemacht werden. Dass die Bekanntgabe nur gegenüber dem Vorhabenträger erfolgen muss, ist sachgerecht, weil anzunehmen ist, dass sich das Informationsinteresse Dritter in engen Grenzen hält. Rechte Dritter dürfen schließlich nicht beeinträchtigt werden oder mit den vom Plan Betroffenen müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sein. 69 Weitere Vorgaben für die Art der Bekanntgabe enthält Abs. 4 S. 6 nicht, sodass auf § 41 VwVfG zurückzugreifen ist. Die Regelung enthält keine Erweiterung des geltenden Rechts, sondern entspricht den Regelungen des VwVfG.
IV. Rechtswirkungen 70 Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG und hat sowohl Regelungs- als auch Außenwirkung.69 Die Außenwirkung besteht schon in der Maßgeblichkeit der Entscheidung für den außerhalb der Behörde stehenden Vorhabenträger. Das verdeutlicht Abs. 4 S. 6, wonach die Entscheidung dem Vorhabenträger bekanntzugeben ist. Die Regelungswirkung ergibt sich zunächst aus der zulassenden Wirkung der Entschei71 dung. Die Entscheidung, dass kein förmliches Verfahren durchgeführt werden muss, hat zugleich zur Folge, dass die Änderung oder Erweiterung öffentlich-rechtlich zugelassen ist.70 Mangels Planfeststellung oder Plangenehmigung tritt die Konzentrationswirkung des § 75 72 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG nicht ein.71 Soweit für das Vorhaben andere behördliche Entscheidungen erforderlich sind, müssen sie eingeholt werden. Ebenso wenig kann mangels durchgeführter Öffentlichkeitsbeteiligung eine Präklusionswir73 kung eintreten.
V. Rechtsschutz 1. Rechtsschutz des Vorhabenträgers 74 Der Verzicht auf die Durchführung eines förmlichen Verfahrens steht nach Abs. 1 S. 1 („können“) ausdrücklich im Ermessen der Behörde. Das Ermessen der Behörde hat sich nach dem NABEG insgesamt zu Grunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz zu richten. Der Vorhabenträger kann bei ablehnender Entscheidung über die Gestattung eines Vorha75 bens über das Anzeigeverfahren auf ermessensfehlerfreie Bescheidung klagen.72 Widersprüchliche Aussagen existieren zur Frage, ob Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zu erheben ist,
68 69 70 71 72
De Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 8. Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –. Vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 29.9.2011 – 11 D 93/09 –; a. A. wohl Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 39. Säcker/Naujoks, § 25 Rn 40; vgl. auch BT-Drucks. 19/7375, S. 61. Knaak/Hennecke/Dürr, § 74 Rn 167; a. A. Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann, § 74 Rn 254; Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 174. Riese/Nebel
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2. Rechtsschutz Dritter
NABEG § 25
die Verpflichtungsklage auf ermessensfehlerfreie Entscheidung scheint vorzugswürdig.73 Sowohl Widerspruch wie Verpflichtungsklage haben grds. aufschiebende Wirkung, § 25 wird trotz des Verweises über § 18 Abs. 5 dem Wortlaut nach nicht von § 43e EnWG erfasst.74 Einen Anspruch auf Erteilung der Freistellung im Anzeigeverfahren hat der Vorhabenträger aufgrund des Ermessensspielraums der Behörde indes nicht.75 Ebenso kann der Vorhabenträger gegen die Entscheidung, unwesentliche Änderungen oder 76 Erweiterungen ohne Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durch ein Anzeigeverfahren zuzulassen, Klage erheben.76 Der Vorhabenträger wird durch eine solche Entscheidung in seinen Rechten verletzt, weil er durch einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss oder durch eine bestandskräftige Plangenehmigung eine gesicherte Rechtsstellung erlangt, die ihn vor immissionsschutzrechtlichen Abwehransprüchen der Nachbarn schützen.77
2. Rechtsschutz Dritter Ein Dritter kann keinen Rechtsschutz dagegen geltend machen, dass die Behörde die Änderung 77 oder Erweiterung eines Vorhabens zulässt, ohne dass die Freistellungstatbestände erfüllt sind.78 Unterbleibt eine an sich notwendige Planfeststellung, hat ein betroffener Dritter grds. keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens, sondern nur Abwehr-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche. Denn der Einzelne kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden; er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht79 Der Dritte kann beanspruchen, dass ihm daraus, dass ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren rechtswidrig unterblieben ist, keine Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsposition erwächst. Insoweit ist § 25 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 drittschützend.80 Eine derartige Beeinträchtigung liegt vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Ab- 78 wägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben ist.81 Hingegen wird das Recht eines anerkannten Naturschutzvereins auf Beteiligung im 79 Planfeststellungsverfahren verletzt, wenn die Behörde die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens nicht im Wege der Planfeststellung, sondern in Form des – nicht beteiligungspflichtigen – Anzeigeverfahrens zulässt, weil sie die rechtlichen und naturschutzfachlichen Voraussetzungen, unter denen nach einer Vorprüfung des Einzelfalls von einer UVP und damit von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen werden darf, verkannt hat. Gegen eine solche Entscheidung ist dem übergangenen Naturschutzverein die Anfechtungsklage eröffnet. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall.82 73 74 75 76 77 78 79
Vgl. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 58. Säcker/Naujoks, § 25 Rn 52; a. A. wohl Beckmann, UPR 2013, S. 331, 335. Vgl. dazu Theobald/Kühling/Missling, EnWG, § 43f Rn 23. Zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 43. Vgl. auch Knack/Henneke/Dürr, § 74 Rn 185. So auch Schink/Versteyl/Dippel/Kümper, § 25 Rn 44; a. A. de Witt/Scheuten/Scheuten, § 25 Rn 59. BVerwG, Urt. v. 28.3.2007 – 9 A 17/06 –; BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 –; BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Urt. v. 15.1.1982 – 4 C 26/78 –; BVerwG, Urt. v. 22.2.1980 – 4 C 24/77 –; VGH München, Beschl. v. 20.10.2003 – 8 AE 03/40047 –. 80 Hess. VGH, Urt. v. 12.12.2016 – 6 C 1422/14; zur Parallelnorm d. § 8 LuftVG auch BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 – 4 C 36/13 -. 81 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.9.2001 – 9 A 3/01 –; BVerwG, Beschl. v. 26.6.2000 – 11 VR 8/00 –; BVerwG, Urt. v. 14.12.1973 – 4 C 50.71 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.1.2007 – 10 S 1/07 –. 82 Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 – 4 C 7/88 –; BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 –; OVG HH, Beschl. v. 24.2.2010 – 5 Bs 24/10 –. 879
Riese/Nebel
§ 26 Zusammentreffen mehrerer Vorhaben In Planfeststellungsverfahren kann eine einheitliche Entscheidung für ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 und für die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung von Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr sowie von Bahnstromfernleitungen beantragt werden, sofern diese Leitungen auf einem Mehrfachgestänge geführt werden. Satz 1 ist auf folgende Erdkabel entsprechend anzuwenden, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabelvorhabens nach § 2 Absatz 1 mitverlegt werden: 1. für Erdkabelvorhaben nach § 2 Absatz 1 oder 2. für sonstige Erdkabel. § 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. Die Planfeststellungsverfahren richten sich nach den Vorgaben dieses Gesetzes. Ist danach eine andere Behörde als die Bundesnetzagentur zuständig, wendet diese die Vorgaben des dritten Abschnitts an.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 1 Überblick Zweck der Regelung Verfassungsmäßigkeit
II. 1. 2.
Bündelung auf einem Mehrfachgestänge 6 (Satz 1) 6 Tatbestandsvoraussetzungen 10 Antragserfordernis
III.
Bündelung mit einem Erdkabel (Satz 2)
2
IV.
Abgrenzung zu § 78 VwVfG (Satz 3)
V.
Einheitliches Planfeststellungsverfahren 21 (Satz 4)
VI.
Zuständigkeit (Satz 5)
5
VII. Rechtsschutz
15
23
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11
I. Allgemeines 1. Überblick 1 § 26 knüpft an die Regelung des § 2 Abs. 3 zum Anwendungsbereich des NABEG an. Ein einheitliches Planfeststellungsverfahren nach Abschnitt 3 des NABEG soll dann möglich sein, wenn zwei Maßnahmen zusammentreffen, von denen nur eine ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 in der Zuständigkeit der BNetzA nach § 31 Abs. 1 i. V. m. § 1 PlfZV ist.1 Die Norm, die ursprünglich nur die sog. „Leitungsmitnahme“ bei Freileitungen erfasste, ist mehrfach im Hinblick auf Erdkabelvorhaben erweitert worden. Sie ermöglicht nun eine einheitliche Entscheidung in einem einheitlichen Planfeststellungsverfahren für ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 und drei weitere Vorhabentypen: – Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV, – Bahnstromfernleitungen – Erdkabel.
1 Bahnstromfernleitungen fallen üblicherweise in die Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamts nach § 3 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 S. 2 des BEVVG i. V. m. § 18 AEG, 110 kV-Stromleitungen und Erdkabel in die Zuständigkeit einer Landesbehörde gem. § 43 Abs. 1 S. 1 EnWG. Serong https://doi.org/10.1515/9783110670516-071
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3. Verfassungsmäßigkeit
NABEG § 26
Angesichts dieser neuen Regelung war das Verhältnis zu § 78 VwVfG klarzustellen (Satz 3). Materiell findet in allen genannten Anwendungsfällen nach S. 4 das NABEG Anwendung. S. 5 läuft leer, da durch § 1 PlfZV keine Zuständigkeiten von Länderbehörden nach § 31 Abs. 2 verblieben sind (vgl. § 31 Rn 12).
2. Zweck der Regelung Die Vorschrift dient sowohl dem öffentlichen Interesse, bei einer Belastung betroffener Räume 2 durch mehrere planfeststellungsbedürftige Trassenvorhaben, auch unterschiedlicher Spannungsstufen, ein einheitliches Verfahren und eine Konfliktbewältigung in einer einheitlichen Entscheidung2 zu ermöglichen. Sie dient aber auch Beschleunigungszwecken, indem Verfahrensschritte für eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zusammengelegt werden können. Dabei sind nicht die Fälle erfasst, in denen ein Planfeststellungsverfahren nach NABEG 3 planfeststellungsbedürftige Folgemaßnahmen an einer anderen Anlage auslöst. Dieser Fall ist in § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG geregelt. Ebenso wenig regelt die Vorschrift den Fall, dass mehrere selbstständige Planfeststellungsverfahren zusammentreffen, z. B. sich kreuzen oder eine Straße und eine Höchstspannungstrasse gleichzeitig angelegt werden, und sich in einer Weise zueinander verhalten, dass sie zwingend einheitlich entschieden werden müssen.3 Das sind die Fälle des § 78 VwVfG, der ausdrücklich unberührt bleibt (Satz 3). Während in den soeben genannten Fällen das Zusammentreffen planfeststellungsbedürfti- 4 ger Vorhaben primär unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Behördenkoordination – materiell getrieben von dem Gebot der Konfliktlösung – betrachtet wird, so greift § 26 das öffentliche Interesse an einer Trassenbündelung über den bisher rechtlich gebotenen Rahmen hinaus auf. § 26 geht vom Betreiber von Übertragungsnetzen als Vorhabenträger aus. Dieser ist zum bedarfsgerechten Netzausbau und sicheren Netzbetrieb nach § 11 EnWG verpflichtet. Er hat ein eigenes Interesse am beschleunigten Netzausbau und sieht ggf. Möglichkeiten der Bündelung von Trassen oder Trassenabschnitten mit Infrastrukturen dritter Elektrizitätsnetzbetreiber oder auch mit eigenen Planungen.4 Diese Infrastrukturen unterliegen allerdings in der Regel anderen materiellen und verfahrensmäßigen Regelungen. Hier gibt § 26 dem Übertragungsnetzbetreiber gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweiterte Möglichkeiten eines gemeinsamen Planfeststellungsverfahrens.
3. Verfassungsmäßigkeit Die kompetenzrechtlichen Verfassungsfragen sind im Zusammenhang mit § 78 VwVfG intensiv 5 diskutiert worden.5 In Anlehnung an die Überlegungen zu § 78 VwVfG6 begegnet die vorliegende Norm keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifeln. Die Zusammenführung der Vorhaben und die Konzentration auf ein Planfeststellungsverfahren erreicht § 26 durch bundesgesetzliche Anordnung. Die sich gegenseitig verdrängenden Verfahrensvorschriften sind allesamt bundesgesetzlich geregelt, im NABEG, im VwVfG, im EnWG und ggf. im AEG. Daher konnte der Gesetzgeber die Konzentration der Verfahren auch für den Fall regeln, in dem aus2 In der Abwägung ist ungeachtet dessen zu berücksichtigen, dass zwei unterschiedliche Vorhaben realisiert werden sollen, vgl. Rn 22.
3 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 10 ff. 4 Als Beispiel einer solchen Diskussion siehe: Leibniz Universität Hannover/TU Dresden/TU Clausthal, Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung von Bahn- und Energieleitungsinfrastrukturen, 2012.
5 Vgl. nur Knöpfle in: FS Maunz, S. 190 f. 6 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 2; Kopp/Ramsauer/Wysk, VwVfG, § 78 Rn 2. 881
Serong
§ 26 NABEG
II. Bündelung auf einem Mehrfachgestänge (Satz 1)
schließlich Landesbehörden beteiligt sind. Dies wäre der Fall gewesen, wenn ein Planfeststellungsverfahren für eine 110 kV-Trasse nach § 43 ff EnWG mit einem nach § 31 Abs. 2 NABEG durch eine Landesbehörde durchgeführten Planfeststellungsverfahren einer 380 kV-Trasse hätte zusammengeführt werden können (vgl. jedoch § 1 PlfZV).
II. Bündelung auf einem Mehrfachgestänge (Satz 1) 1. Tatbestandsvoraussetzungen 6 Die Besonderheit des Verfahrens nach § 26 besteht darin, dass die grds. selbstständigen Vorhaben hier in einer Weise zusammentreffen, dass es sich um räumlich identische Betroffenheiten handelt. Eine darüber hinaus gehende funktionale Verbundenheit der Vorhaben ist nicht erforderlich. Tatbestandlich erfordert die Norm zunächst das Zusammentreffen eines Vorhabens nach § 2 Abs. 1 und einer Bahnstromfernleitung oder einer Hochspannungsleitung mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV. Zusätzliche und entscheidende Voraussetzung ist, dass die Vorhaben gemeinsam auf einem Mehrfachgestänge geführt werden. Der Begriff des „Mehrfachgestänges“ ist nicht näher definiert. Erkennbar sind Mastkonstruktionen gemeint, auf denen Höchstspannungssysteme mit Systemen der anderen genannten Arten gemeinsam geführt werden.7 Hierfür bedarf es mindestens mehrerer Traversen und die Erfüllung der einschlägigen VDE-Normen. Ein besonderer Masttypus ist damit nicht verbunden. Die Leitungssysteme, die auf einem gemeinsamen Gestänge geführt werden sollen, werden regelmäßig unterschiedlichen Netzbetreibern zuzuordnen sein. Denkbar ist aber auch, dass ein Übertragungsnetzbetreiber bei der Realisierung eines NABEG-Vorhabens die Mitnahme einer eigenen Leitung plant. 7 Abweichend von der allgemeinen Regelung in § 2 Abs. 3 erfasst § 26 S. 1 nicht nur den „Neubau“ von Hochspannungsleitungen und Bahnstromfernleitungen, sondern die Errichtung, den Betrieb und die Änderung dieser Leitungen. Dies kann sich beispielsweise insoweit auswirken, als die Mitnahme einer Höchstspannungsleitung nach § 2 Abs. 1 auf einem existierenden Mastgestänge einer 220kV-Leitung, die nicht neu gebaut, sondern nur baulich verändert wird, nicht ausgeschlossen ist. Zwar soll § 2 Abs. 3 als allgemeine Norm den Anwendungsbereich des NABEG regeln. Dieser Norm ist aber dennoch insoweit kein Vorrang gegenüber der weitergehenden Formulierung in § 26 S. 1 (und in § 5b Abs. 1 S. 1) einzuräumen. Wenn der Gesetzgeber im Gesetz ausdrückliche verfahrensrechtliche Regelungen getroffen hat, wäre es widersinnig, wenn er den Anwendungsbereich dieses Gesetzes insoweit nicht als gegeben angesehen hätte. Die unterschiedliche Wortwahl in § 2 Abs. 3 kann daher nur als Redaktionsversehen bewertet werden (siehe auch § 2 Rn 19). 8 In § 26 nicht ausdrücklich erwähnt, aber von § 2 Abs. 3 vorausgesetzt wird, dass durch die Einbeziehung eines zweiten Vorhabens keine „wesentlichen Verfahrensverzögerungen“ für die Planfeststellung eintreten. Insoweit ist hier, im Gegensatz zur soeben dargestellten Frage, kein denkbarer Widerspruch zwischen § 2 Abs. 3 und § 26 S. 1 erkennbar. Das zeitliche Zusammentreffen muss durch die Vorhabenträger herbeigeführt werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Vorhaben bereits gemeinsam Gegenstand einer Bundesfachplanung waren (vgl. § 5b) oder gemeinsam gem. § 19 beantragt werden. Bei einem entsprechenden Antrag im Laufe eines begonnenen Planfeststellungsverfahrens nach NABEG stellt sich die Frage nach Verzögerungen (vgl. auch Rn 15), die im Einzelfall beantwortet werden muss. Wesentliche Verzögerungen sind natürlich ausgeschlossen, wenn es dem Vorhabenträger der Höchstspannungsleitung gelingt, von Anfang an einen gemeinsamen Antrag zu stellen. Auch ein Zusammentreffen zweier Vorhaben, das sich erst in der Antragskonferenz nach § 20 Abs. 1 ergibt und unverzüglich beantragt wird, dürfte wesentliche Verfahrensverzögerungen vermeiden können. 7 Vgl. Leibnitz Universität Hannover/TU Dresden/TU Clausthal, Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung von Bahnund Energieleitungsinfrastrukturen, 2012. Serong
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III. Bündelung mit einem Erdkabel (Satz 2)
NABEG § 26
Spätere Antragstellungen sind grundsätzlich wie Planänderungen zu behandeln und kön- 9 nen die Wiederholung bestimmter Teile des Verfahrens8 auslösen. Führt eine Zusammenführung von Vorhaben jedoch zu einer höheren Akzeptanz des regionalen Netzausbaus insgesamt, so kann diese Beschleunigung einen Zeitverlust durch erneute Auslegung durchaus wettmachen. Es ist im Einzelfall zu beurteilen, ob es sich um eine wesentliche Verzögerung handelt.
2. Antragserfordernis Während die Zusammenführung von Verfahren nach § 78 VwVfG gesetzlich angeordnet ist, be- 10 darf es für das einheitliche Verfahren nach § 26 des Antrags des Vorhabenträgers. Dieser Antrag kann mit dem Antrag nach § 19 verbunden werden. Es sind aber auch Konstellationen vorstellbar, in denen für das hinzukommende Vorhaben bereits ein Planfeststellungsantrag bei der dort zuständigen Behörde gestellt ist. Da das Vorhaben nach § 2 Abs. 1 das „Leitverfahren“ darstellt, reicht jedenfalls ein Antrag dieses Vorhabenträgers aus. Es ist nicht erforderlich, dass die Träger des oder der zusammentreffenden Vorhaben weitere Anträge nach § 26 stellen. Der Antrag muss alle Informationen und Unterlagen enthalten, aus denen sich ergibt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Die weiteren für die Planfeststellung notwendigen Unterlagen können mit diesem Antrag verbunden oder im Nachgang eingereicht werden.
III. Bündelung mit einem Erdkabel (Satz 2) Die NABEG-Novelle 2019 hat den Anwendungsbereich des § 26 – wie auch den des § 2 Abs. 3 11 und des neu geschaffenen § 5b – auf eine Bündelung mit einem Erdkabel erweitert. Voraussetzung hierfür ist, dass das Erdkabel im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Vorhabens nach § 2 Abs. 1 mitverlegt wird. Anders als § 2 Abs. 3 („…eines Vorhabens im Sinne von § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes“) spricht Satz 2 an dieser Stelle von einem „Erdkabelvorhaben nach § 2 Abs. 1“. Das ist nur scheinbar deckungsgleich (vgl. hierzu auch § 2 Rn 32). Die Formulierung in § 2 Abs. 3 ist etwas weiter, da sie auch die ausnahmsweise zulässigen Freileitungsabschnitte eines HGÜ-Erdkabelvorhabens (vgl. § 3 Abs. 2 – 4 BBPlG) erfasst. Zieht man also dieses Begriffsverständnis auch für § 26 heran, wird – praktisch sicherlich eher ein Ausnahmefall – eine einheitliche Entscheidung über die Bündelung eines Erdkabels im Schutzstreifen einer Freileitung nach § 3 Abs. 2 oder 3 BBPlG ebenfalls möglich. Da der Gesetzgeber in der Gesamtschau der Regelungen in §§ 2 Abs. 3, 5b und 26 die Möglichkeiten für eine beschleunigte Verfahrensdurchführung erweitern wollte, spricht vieles für diese erweiternde Auslegung des § 26. Der geforderte räumliche Zusammenhang weist im Regelfall auf eine Parallelverlegung 12 der beiden Vorhaben im selben Graben, im Schutzstreifen oder jedenfalls in parallelen Gräben hin. Leitgedanke der Regelung ist der Idealfall, dass für beide Vorhaben nur eine Baumaßnahme durchgeführt werden muss, also auch die Eingriffe in die Umwelt und die Belastungen der Grundstückseigentümer und Anrainer minimiert werden. Im Einzelfall, z. B. bei der notwendigen Umgehung lokaler Hindernisse mag auch ein nicht allzu großer Abstand zwischen den Trassen der beiden Vorhaben noch das Kriterium des räumlichen Zusammenhangs erfüllen. Der zeitliche Zusammenhang ist gegeben, wenn die Baumaßnahmen gemeinsam und koordiniert durchgeführt werden. Dies kann auch dann anzunehmen sein, wenn für eines der beiden Vorha8 Je nach dem Zeitpunkt der Verfahrensverbindung können Antragskonferenz, Festlegung des Untersuchungsrahmens, Auslegung oder Anhörung zu wiederholen sein. Dabei erstreckt sich der jeweilige Gegenstand bzw. Umfang des Verfahrensschritts in der Regel jedoch nur auf den veränderten Verfahrensgegenstand, d. h. das hinzukommende Vorhaben sowie die ggf. zu beachtenden Änderungen und Wechselwirkungen mit Bezug auf das bisherige Vorhaben. 883
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§ 26 NABEG
IV. Abgrenzung zu § 78 VwVfG (Satz 3)
ben zunächst – gemeinsam mit der Baumaßnahme für das erstere Vorhaben – nur Schutzrohre eingezogen werden und das Einziehen der Erdkabel für das andere Vorhaben erst zu einem späteren Zeitpunkt – nach Abschluss der Baumaßnahme für das erstere Vorhaben – erfolgt. Voraussetzung ist dann jedoch, dass der Schwerpunkt der Baumaßnahme des anderen Vorhabens und auch der Eingriffsintensität in den gemeinsamen Tiefbauarbeiten und der Verlegung der Schutzrohre liegt. 13 Liegen diese Voraussetzungen vor, ist Satz 1 entsprechend anzuwenden. Auch insoweit gilt also die aus § 2 Abs. 3 abzuleitende Voraussetzung, dass keine wesentliche Verfahrensverzögerung eintritt (siehe Rn 8). Das einheitliche Verfahren bedarf eines Antrags (siehe Rn 10). § 19 S. 4 ergänzt § 26 für einen Sonderfall: In Fällen, in denen nach einem Antrag auf Bundesfachplanung (§ 6) und vor dem Antrag auf Planfeststellung (§ 19) ein neuer Netzentwicklungsplan von der BNetzA nach § 12c EnWG bestätigt worden ist und die bestätigte Maßnahme den Voraussetzungen der Leerrohrregelung des § 18 Abs. 3 oder des § 26 S. 2 Nr. 2 entspricht, muss sich der Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 19 damit auseinander setzen, ob und in welchem Umfang die Mitrealisierung der zusätzlichen Maßnahme möglich ist. Er muss in diesem Fall also entweder einen Antrag nach § 26 stellen oder9 darlegen, warum er trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 26 (S. 2 Nr. 2) davon absieht. 14 Auf Leerrohre ist § 26 (trotz der teilweise wortgleichen Regelung in § 2 Abs. 3) nicht anwendbar. Für Leerrohre ist die spezielle Regelung des § 18 Abs. 3 einschlägig.
IV. Abgrenzung zu § 78 VwVfG (Satz 3) 15 § 78 VwVfG regelt ein einheitliches Planfeststellungsverfahren, wenn mehrere selbstständige Vorhaben räumlich und zeitlich so zusammentreffen, dass die Entscheidung, wenigstens für Teile der Vorhaben, notwendig einheitlich ergehen muss.10 Das setzt voraus, dass zwei Vorhaben sowohl zeitlich, als auch räumlich-funktional aufeinandertreffen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 78 VwVfG so auszulegen, dass einheitliche Planfeststellungsverfahren eher die Ausnahme bleiben, da die Norm die Zuweisung von Genehmigungszuständigkeiten – auch zwischen Bundes- und Landesbehörden – ändert.11 Ein zeitliches Aufeinandertreffen in diesem Sinne liegt vor, wenn die Anträge für zwei 16 Planfeststellungsverfahren nicht unbedingt zur gleichen Zeit, aber zeitlich doch so nah beieinander gestellt werden, dass ohne Wiederholung wesentlicher Verfahrensschritte ein gemeinsames Verfahren geführt werden kann. Das zeitliche Aufeinandertreffen wird spätestens dann nicht mehr angenommen, wenn für eines der beiden Verfahren das Anhörungsverfahren mit Auslegung nach § 73 Abs. 3 VwVfG begonnen hat.12 Da von der ersten Einreichung der Unterlagen bis zur Auslegung teilweise Monate verstreichen, ist hier jedoch ein nennenswertes Zeitfenster eröffnet. Der Maßstab des zeitlichen Zusammentreffens in § 78 VwVfG ist auf § 26 grds. übertragbar. Befindet sich ein Verfahren noch in der Bundesfachplanung, ein anderes in der Planfeststellung, kann § 78 VwVfG keinesfalls Anwendung finden.13 Der Anwendungsbereich von § 78 VwVfG ist allerdings nur eröffnet, wenn die Vorhaben 17 räumlich-funktional so zusammentreffen, dass nur eine einheitliche Entscheidung ergehen 9 Durch Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) wurde § 19 S. 4 angepasst. Durch die Neufassung wurde klargestellt, dass der Vorhabenträger in den dort beschriebenen Fällen nicht verpflichtet ist, einen Antrag (sei es nach § 5a, § 18 Abs. 3 oder § 26) zu stellen. Die Norm regelt nur eine Obliegenheit zur Prüfung der Möglichkeiten einer vorausschauenden Planung und Darlegung der Verfahrensoptionen, vgl. BT-Drucks. 19/23491 v. 19.10.2020, S. 40. 10 Kopp/Ramsauer/Wysk, § 78 Rn 7; Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 10 ff. 11 BVerwGE 151, 213 Rn 40; BVerwG, Urt. v.14.3.18, 4 A 5.17 (ENLAG Nr. 15). 12 Kopp/Ramsauer/Wysk, § 78 Rn 6b. 13 BVerwG, Urt. v.14.3.18, 4 A 5.17 (ENLAG Nr. 15). Serong
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V. Einheitliches Planfeststellungsverfahren (Satz 4)
NABEG § 26
kann. Ein räumlich-funktionales Zusammentreffen ist dann gegeben, wenn sich die in Anspruch genommenen Flächen real überschneiden14 oder sich die Vorhaben in ihren Auswirkungen so nahe kommen, dass ein substantieller Koordinierungsbedarf ausgelöst wird.15 Dies kann auch der Fall sein, wenn Trassen von Infrastrukturmaßnahmen notwendig parallel geführt werden.16 Eine weitere Voraussetzung des § 78 VwVfG ist, dass mindestens eines der Verfahren bun- 18 desrechtlich geregelt ist. Dies ist im Falle einer Planfeststellung nach §§ 18 ff NABEG stets der Fall. In allen Fällen, in denen selbstständige Planfeststellungsverfahren für Stromtrassen nach NABEG und von Stromtrassen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr nach den konkreten Planungskonzepten17 der Vorhabenträger zusammentreffen, insbesondere in Abschnitten räumlich nah beieinander parallel geführt werden sollen, kann § 78 VwVfG mit der Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung zur Anwendung kommen. Dies können auch nicht Ländergrenzen übergreifende Leitungstrassen sein. Die Vorhabenträger können aber dieses einheitliche Verfahren im Rahmen des § 78 nicht selbst herbeiführen. Vielmehr bleiben die sich aus den jeweiligen Rechtsvorschriften ergebenden Zuständigkeiten solange erhalten, bis eine Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 78 Abs. 2 gefallen ist.18 Das bloße Interesse der Vorhabenträger, z. B. aus Gründen der öffentlichen Akzeptanz der Planungsbeschleunigung, an der planerischen Koordinierung reicht nach § 78 VwVfG noch nicht aus.19 Insbesondere wird die Errichtung einer neuen 380 kV-Trasse neben einer bestehenden Hoch- oder Höchstspannungstrasse für diese nicht zu einem neuen Planfeststellungsverfahren führen. Bestehende Vorbelastungen des Raumes gehen in die Abwägung der neuen Planfeststellung schlicht ein. Daran wird die weitergehende Zielsetzung des § 26 deutlich: S. 1 und 2 erweitern den 19 Planungsspielraum der Vorhabenträger. Diese sollen sich im Vorfeld erkennbar räumlich zusammenhängender Vorhaben mit Dritten koordinieren können. Dazu müssen sie zivilrechtliche und regulatorische Vorfragen klären (siehe § 2 Rn 21). Wenn im Ergebnis dann verschiedene Elektrizitätsinfrastrukturen gebündelt werden können, dann steht dem Vorhabenträger unmittelbar ein einheitliches Verfahren der Planfeststellung bei einer einheitlichen Behörde zur Verfügung. Den ÜNB wird ermöglicht, selbst die zeitgleiche Erneuerung anderer Stromtrassen anzustoßen. Die Vorschrift ist auch eine Konsequenz des sich durch das NABEG weiter ausdifferenzieren- 20 den Fachrechts für die gleiche Rechtsmaterie – die Genehmigung von Stromtrassen. War in der Vergangenheit das Zusammentreffen von planfeststellungsbedürftigen Vorhaben in der Regel ein solches von unterschiedlichen Rechtsmaterien,20 so gibt es mit dem NABEG für die Errichtungsgenehmigung von Stromtrassen das dritte Planfeststellungsrecht neben dem AEG und dem EnWG.
V. Einheitliches Planfeststellungsverfahren (Satz 4) Satz 4 stellt klar, dass die einheitliche Entscheidung in einem Planfeststellungsverfahren er- 21 geht, das nach den Vorgaben des NABEG zu führen ist. Dies bekräftigt, dass die für das Vorha-
14 Franke, ZFW 1979, 1, 15. 15 BVerwGE 128, 358, Urt. v. 26.4.2007 – 4 C 12/05 – „Mühlenberger Loch“; BVerwGE 147, 184, Urt. v. 18.7.2013 – 7 A 4/12 – „Thüringer Strombrücke“. Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 10. 16 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 12. 17 Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 78 Rn 7. 18 Kopp/Ramsauer/Wysk, VwVfG, § 78 Rn 14. 19 BVerwGE 151, 213, Urt. v. 19.2.2015 – 7 C 11/12 – „Hafen Köln-Godorf“; BVerwG, Beschl. v. 23.12.1992 – 4 B 188.92 = DÖV 1993, 433; VGH Mannheim, Beschl. v. 14.2.2000 – 8 S 2852/99 = NuR 2000, 638, 639. 20 Z. B. BVerwG, Urt. v. 26.4.2007 – 4 C 12/05 – „Mühlenberger Loch“: das Luftverkehrsrecht und das Wassserhaushaltsrecht; oder: Franke, ZFW 1979, 1, 15: das WaStrG mit dem allgemeinen Planfeststellungsrecht nach VwVfG; vgl. Knöpfle in: FS Maunz, S. 194. 885
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§ 26 NABEG
VI. Zuständigkeit (Satz 5)
ben nach § 2 Abs. 1 durchzuführende Planfeststellung das Leitverfahren darstellt (siehe Rn 10). § 26 entfaltet keine materiell-rechtlichen Wirkungen: Für sämtliche, in einer einheitlichen Entscheidung zusammenzuführenden Vorhaben gilt das jeweils einschlägige Bundes- oder Landesrecht. Das einheitliche Planfeststellungsverfahren führt insbesondere zu jeweils einem einheitlichen Anhörungsverfahren, einem einheitlichen Erörterungstermin und selbstverständlich auch zu einem einheitlichen Planfeststellungsbeschluss. 22 Auch wenn das nach § 26 verbundene Planfeststellungsverfahren zu einer einheitlichen Entscheidung führt, bleibt es doch dabei, dass zwei oder mehrere Vorhaben beantragt und genehmigt werden müssen (Faustformel: „Ein Verfahren, zwei Vorhaben“). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Weservertiefung21 dargelegt, dass bei einer Verfahrensverbindung nach § 78 VwVfG mehrere Vorhaben zu untersuchen bleiben, insbesondere mit Blick auf die durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfungen. Für den UVP-Bericht ist allerdings auch § 16 Abs. 8 UVPG zu beachten, der dem Vorhabenträger ein Wahlrecht einräumt, im verbundenen Verfahren getrennte oder einen gemeinsamen UVP-Bericht einzureichen. Die das Kernstück der Planfeststellungsentscheidung bildende Abwägung darf nicht durch Zusammenfassen mehrerer Planungen verkürzt oder verfälscht werden. Das gilt nach den Ausführungen des BVerwG22 vor allem dann, wenn die jeweiligen Planungen auch unabhängig voneinander realisiert werden können – was den Regelfall des § 26 abbildet (insofern unterliegt auch die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung, die zu § 78 VwVfG ergangen ist, keinem ernsthaften Zweifel).
VI. Zuständigkeit (Satz 5) 23 Die Zuständigkeitszuordnung der einheitlichen Entscheidung in § 26 erscheint nicht ganz geglückt. Der Wortlaut des S. 5 („ist danach eine andere Behörde…zuständig“) sowie auch die Gesetzesbegründung23 weisen darauf hin, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es eine andere Zuständigkeit als die nach § 31 Abs. 2 NABEG geben kann. In der Begründung wird ausgeführt: „Dies ist auch der Fall, wenn sich nach § 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes eine andere Behördenzuständigkeit ergibt.“ Daraus könnte man schließen, der Gesetzgeber habe nicht nur regeln wollen, dass § 78 24 VwVfG unberührt bleibt, sondern dass für die Feststellung der Zuständigkeit auch § 78 VwVfG entsprechend angewendet wird. Wie in § 78 VwVfG gälte dann auch in § 26 zur Feststellung der Behördenzuständigkeit das Schwerpunktprinzip.24 Zuständig wäre demnach für das einheitliche Verfahren die Behörde, deren Verfahren den Schwerpunkt der zu treffenden Entscheidung bildet. Die Größe des Einzelvorhabens und sein Raumbedarf wären dabei noch nicht allein ausschlaggebend. Vielmehr wäre das Ausmaß der durch das jeweilige Vorhaben berührten öffentlichen Belange zur Beurteilung des Schwerpunkts maßgeblich.25 Daher bedürfte es der Entscheidung im Einzelfall, auch wenn bei dem Zusammentreffen einer 110 kV- und 380 kV-Stromleitung in gleicher Trasse in der Regel der größere Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen durch die 380 kV-Leitung betroffen sein wird. 25 Es ist allerdings fraglich, ob dieser mutmaßliche Wille des Gesetzgebers sich ausreichend niedergeschlagen hat. Eine entsprechende Anwendung des § 78 VwVfG ist im Wesentlichen aus der Begründung abzulesen, der Wortlaut der Vorschrift gibt dies nicht her. Auch kann es für den Vorhabenträger im Einzelfall schwierig sein, die in § 78 VwVfG behördlicherseits und mit einem aufwändigen Konfliktlösungsmechanismus versehene Zuständigkeitsentscheidung nach 21 22 23 24 25
BVerwGE 156, 20, Urt. v. 11.8.2016 – 7 A 1/15 – „Weservertiefung“. BVerwG, a. a. O., Rn 35. BT-Drucks. 17/6073, S. 30. So de Witt/Scheuten/Geismann, NABEG, § 26 Rn 32 ff. VGH Mannheim, Beschl. v. 14.2.2000 – 8 S 2852/99 = NuR 2000, 638, 639.
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VII. Rechtsschutz
NABEG § 26
dem Schwerpunktprinzip zu antizipieren und den Planfeststellungsantrag an die richtige Behörde zu stellen. Es spricht daher mehr dafür, dass der einheitliche Planfeststellungsantrag bei der für das 26 Planfeststellungsverfahren nach NABEG zuständigen Planfeststellungsbehörde einzureichen ist und diese die Vorschriften des 3. Abschnitts auf alle Vorhabenteile des Antrags anzuwenden hat. Dafür spricht insbesondere die Zusammenschau von Satz 4 und 5. S. 4 statuiert: Die Planfeststellungsverfahren richten sich nach den Vorgaben dieses Gesetzes (also: des NABEG). Wenn S. 5 dann unmittelbar anschließt „Ist danach eine andere Behörde als die Bundesnetzagentur zuständig…“, kann mit „danach“ sinnvoller Weise nur gemeint sein „nach den Vorgaben dieses Gesetzes“. Dies bedeutet jedoch zwingend, dass die Zuständigkeiten sich (abschließend) nach § 31 richten. Der Verweis, dass auch eine andere Planfeststellungsbehörde als die BNetzA diese Vorschriften anzuwenden hat, ist angesichts § 31 Abs. 2 zwar redundant, aber nicht sinnlos. Mithin bündelt sich die Zuständigkeit auch für die mit der NABEG-Leitung verbundenen Vorhaben aus dem Bereich 110 kV-Verteilernetz oder 110 kV-Bahnstromfernleitungsnetz bei der nach § 31 Abs. 1 (oder Abs. 2) zuständigen Behörde. Die verdrängte Planfeststellungsbehörde tritt in die Rolle eines zu beteiligenden Trägers öffentlicher Belange.
VII. Rechtsschutz Von Dritten kann die Zusammenführung mehrerer Vorhaben in einem einheitlichen Verfahren 27 durch die Planfeststellungsbehörde nicht selbstständig angefochten werden. Wurde eine einheitliche Entscheidung unter Verstoß gegen § 26 getroffen, wäre dies in einem Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
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§ 27 Vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignungsverfahren (1) Der Vorhabenträger kann verlangen, dass nach Abschluss des Anhörungsverfahrens gemäß § 22 eine vorzeitige Besitzeinweisung durchgeführt wird. § 44b des Energiewirtschaftsgesetzes findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss dem vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren zugrunde zu legen ist. Der Besitzeinweisungsbeschluss ist mit der aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sein Ergebnis durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt wird. Anderenfalls ist das vorzeitige Besitzeinweisungsverfahren auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen. (2) Der Vorhabenträger kann verlangen, dass nach Abschluss des Anhörungsverfahrens gemäß § 22 ein vorzeitiges Enteignungsverfahren durchgeführt wird. § 45 des Energiewirtschaftsgesetzes findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen ist. Der Enteignungsbeschluss ist mit der aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sein Ergebnis durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt wird. Anderenfalls ist das Enteignungsverfahren auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Besitzeinweisungsbeschluss vor Planerlass – 17 „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1) 17 Allgemeines 21 Antrag und Anhörung Parallelvorschrift § 44b (vorzeitige Besitzeinwei25 sung) 33 Rechtscharakter, Sofortvollzug Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung 37 (Prognoseentscheidung, Abs. 1 S. 2) 40 Aufschiebende Bedingung (Abs. 1 S. 3) Bestätigung durch Planfeststellungsbe44 schluss
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
8.
Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1 S. 4)
III.
8.
Enteignungsbeschluss vor Planerlass – Vorzeiti48 ge Enteignung (Abs. 2) 48 Allgemeines 54 Antrag und Anhörung Parallelvorschrift § 45b (vorzeitige Enteig57 nung) 59 Rechtscharakter Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Progno62 seentscheidung, Abs. 2 S. 2) 66 Aufschiebende Bedingung (Abs. 2 S. 3) Bestätigung durch Planfeststellungsbe69 schluss 71 Ergänzung des Verfahrens (Abs. 2 S. 4)
IV.
Rechtsschutz
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1 13 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
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I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Der Vorhabenträger hat nach Abs. 1 S. 1 einen Anspruch auf Durchführung eines vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahrens, sobald das Anhörungsverfahren gem. § 22 abgeschlossen ist und er einen entsprechenden Antrag bei der Behörde stellt. Abs. 1 S. 2 erklärt § 44b EnWG für anwendbar und modifiziert ihn dahingehend, dass nicht 2 die Vollziehbarkeit von Planfeststellungsbeschluss und Plangenehmigung wie in § 44b Abs. 1 S. 2 EnWG erforderlich ist, sondern der zu erwartende Planfeststellungsbeschluss zugrunde zu legen ist. Die Behörde muss also wie beim vorzeitigen Enteignungsverfahren eine Prognose treffen. § 27 Abs. 1 entspricht § 44 Abs. 1a EnWG. Nebel/Riese https://doi.org/10.1515/9783110670516-072
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2. Regelungszweck
NABEG § 27
Nach Abs. 1 S. 3 ist der Erlass des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses mit einer aufschiebenden Bedingung als Nebenbestimmung obligatorisch, sodass der Beschluss erst dann Rechtswirkungen entfaltet, wenn der Planfeststellungsbeschluss tatsächlich erlassen wird. Gemäß Abs. 1 S. 4 ist für den Fall, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht wie im vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren prognostiziert erlassen wird, der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss zu ergänzen. Nach Abs. 2 S. 1 hat der Vorhabenträger einen Anspruch auf Durchführung eines vorzeitigen Enteignungsverfahrens, sobald das Anhörungsverfahren gem. § 22 abgeschlossen ist und er ein entsprechendes Verlangen gegenüber der Behörde ausspricht. Abs. 2 S. 2 erklärt § 45 EnWG für anwendbar und modifiziert ihn dahingehend, dass der zu erwartende Planfeststellungsbeschluss zugrunde zu legen ist. Die Behörde muss wie auch beim vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren eine Prognose treffen. § 27 Abs. 2 entspricht damit § 45b EnWG. Nach Abs. 2 S. 3 ist der Erlass des vorzeitigen Enteignungsbeschlusses mit einer aufschiebenden Bedingung als Nebenbestimmung obligatorisch, sodass der Beschluss erst dann Rechtswirkungen entfaltet, wenn der Planfeststellungsbeschluss tatsächlich erlassen wird. Nach Abs. 2 S. 4 ist für den Fall, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht wie im vorzeitigen Enteignungsbeschluss prognostiziert erlassen wird, der vorzeitige Enteignungsbeschluss zu ergänzen.
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2. Regelungszweck Die Regelung verlagert das eigentliche Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren zeitlich 7 nach vorne. Die angestrebte Verfahrensbeschleunigung soll damit nicht durch eine Straffung der Verfahren selbst, sondern durch deren parallele Durchführung bewirkt werden.1 Der vorzeitige Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsbeschluss ist jedoch aufschiebend bedingt durch den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Das Planfeststellungsverfahren, mit dessen Abschluss die Verwirklichung eines Vorhabens 8 für zulässig erklärt wird, lässt die Rechte privater Dritter grds. unberührt.2 Die Verwirklichung der planfestgestellten Vorhaben macht nichtsdestoweniger in der Regel den Zugriff auf fremden Grund und Boden erforderlich.3 Kommt eine gütliche Einigung mit den dinglich Berechtigten nicht zustande, ist ein Enteignungsverfahren durchzuführen. Mit dem Ziel der Beschleunigung der Realisierung des Vorhabens ermöglicht § 27 den Erlass eines vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses (Abs. 1) bzw. eines vorzeitigen Enteignungsbeschlusses (Abs. 2), der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses Zugriff auf Grundstücke ermöglicht, bereits vor Abschluss des Zulassungsverfahrens.4 Zulassungsverfahren und Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsverfahren finden in diesem Fall parallel statt. Unter Beachtung der Grundrechte der Betroffenen kann der Vorhabenträger allerdings erst mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses von der Besitzeinweisung (Abs. 1) oder Enteignung (Abs. 2) Gebrauch machen. Bei dem vorzeitigen Besitzeinweisungs- und Enteignungsbeschluss handelt es sich um ein 9 spezielles enteignungsrechtliches Institut, dass als Teil der Beschleunigungsgesetzgebung der besonderen Dringlichkeit der Vorhaben Rechnung tragen kann.5 Es erfüllt eine vergleichbare Funktion wie die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.6 Teilweise wird es als Sonderfall des Enteignungsverfahrens eingeordnet.7Hinsichtlich der Möglichkeit der Zwecker1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Vgl. die Kommentierung zu § 45 EnWG Rn 4 ff. Säcker/Naujoks, NABEG, § 27 Rn 2. BT-Drucks. 17/6073, S. 1 f, 30. Vgl. zur Bauleitplanung Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 116 Rn 1. Zur Bauleitplanung Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 116 Rn 1. Scheidler, RdE 2013, S. 107 (108).
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§ 27 NABEG
I. Allgemeines
reichung werden weiterhin Zweifel geäußert.8 Dies gilt insbesondere angesichts bestehender Unsicherheiten im Verfahren der vorzeitigen Enteignung.9 10 In § 44b Abs. 1a EnWG ist eine mit § 27 Abs. 1 NABEG identische Regelung zum vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren aufgenommen worden. Gleichzeitig wurde mit § 45b EnWG unter der Überschrift „Parallelführung von Planfeststellungs- und Enteignungsverfahren“ eine Parallelregelung über das vorzeitige Enteignungsverfahren in das EnWG eingefügt.10 § 27 stellt durch die Einordnung in das NABEG gegenüber den §§ 44b und 45b EnWG eine Sondervorschrift dar.11 Den vorzeitigen Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren vergleichbare Regelungen 11 sind auch in anderen Fachplanungsgesetzen12 und dem BauGB enthalten. So wurde mit Wirkung zum 1.1.1977 ein vorzeitiges Besitzeinweisungsverfahren in § 116 BauGB aufgenommen.13 Der Besitzeinweisungsbeschluss kann nach § 116 Abs. 2 S. 1 BauGB von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht werden. In § 44b Abs. 1 EnWG besteht eine Parallelregelung über das „vorzeitige Besitzeinwei12 sungsverfahren“. Diese wurde mit dem Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben14 (InfPBG) vom 9.12.2006 in das EnWG eingeführt. Bei § 44a Abs. 1 EnWG handelt es sich ausweislich des Wortlauts auch um ein „vorzeitiges“ Verfahren. Trotz der gleichen Bezeichnung unterscheidet sich die Vorschrift aber insofern von § 27, als dass sie eine bereits ergangene Planentscheidung voraussetzt.
3. Entstehungsgeschichte 13 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze15 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 27 erlassen. Im Gesetzgebungsverfahren erfuhr sie keine Modifikationen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf.16 Der Bundesrat hat die Einfügung des mit Abs. 1 identischen § 44b Abs. 1a EnWG und des 14 mit Abs. 2 identischen § 45b EnWG in seiner Stellungnahme mit folgender Begründung abgelehnt:17 „Eine aufschiebend bedingte Besitzeinweisung vor dem förmlichen Abschluss des tragenden Genehmigungsverfahrens brächte allenfalls Zeitgewinne von wenigen Wochen […] Auch die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf ein paralleles Besitzeinweisungsverfahren des mit Verfahrensrecht und örtlichen Verhältnissen weniger vertrauten Vorhabenträgers ist verfehlt. Wenn es überhaupt ein Parallelverfahren geben kann, muss das im Ermessen der fachkundigen Behörde liegen, die das Verfahren auch gegenüber Betroffenen und Öffentlichkeit zu verantworten hat.“
15 Die Bundesregierung hat den Einwand zurückgewiesen und misst der Möglichkeit der vorzeitigen Enteignung unter Vorbehalt ein Beschleunigungspotenzial bei. Die Durchführung eines Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsverfahrens bereits vor dem Planerlass – wie sie auch Gegenstand von § 27 Abs. 1, Abs. 2 NABEG sind – waren bei ihrer Einfügung im Jahr 2011 erstmals 8 Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463, die § 27 Abs. 2 daher für verfassungswidrig halten. 9 Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 48. 10 Art. 2 Nr. 8 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze v. 28.7.2011. 11 Weghake, NVwZ 2016, S. 496; Scheidler, DÖV 2012, S. 274, 275. 12 Vgl. § 18f FStrG; § 20 WaStrG; § 21 AEG; § 27g LuftVG; § 29a PBefG; § 6 MBPlG. 13 Gesetz zur Änderung des BauGB v. 18.8.1976, BGBl. I S. 2221, 3617. 14 BGBl. I S. 2833, ber. 2007 I S. 691. 15 BGBl. I S. 1690. 16 BT-Drucks. 17/6073. 17 BT-Drucks. 17/6249, S. 15. Nebel/Riese
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2. Antrag und Anhörung
NABEG § 27
Gegenstand eines Fachplanungsgesetzes. Die Neuregelungen in §§ 44b Abs. 1a, 45b EnWG und § 27 NABEG gingen über die bisher bestehenden Möglichkeiten hinaus. 16 Seit ihrem Erlass ist die Norm unverändert geblieben.
II. Besitzeinweisungsbeschluss vor Planerlass – „Vorvorzeitige“ Einweisung (Abs. 1) 1. Allgemeines Gemäß Abs. 1 S. 1 kann der Vorhabenträger vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses verlangen, dass eine vorzeitige Besitzeinweisung durchgeführt wird. Der Vorhabenträger benötigt diese explizite Einräumung des Besitzes, da der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung diese Wirkung nicht entfalten.18 Auf den Erlass des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses besteht ein Anspruch.19 Voraussetzung ist ein Antrag des Vorhabenträgers und ein zu erwartender Planfeststellungsbeschluss, der als spätere tragfähige Grundlage für die Einweisung dient. Sie darf daher nur ergehen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass einem späteren Enteignungsantrag entsprochen wird.20 Dabei lässt sich von der „Vorvorzeitigkeit“ der Besitzeinweisung sprechen, da die in § 44b Abs. 1 EnWG bereits als „vorzeitig“ bezeichnete Besitzeinweisung erst nach Planerlass stattfinden soll. Die Besitzeinweisung nach Abs. 1 bzw. § 44b Abs. 1a EnWG findet hingegen zeitlich vor der bereits bekannten vorzeitigen Einweisung auf Basis einer Prognose statt, also wenn ein Planfeststellungsbeschluss noch nicht ergangen ist.21 Zuständig für den Erlass des Beschlusses ist durch den Verweis des § 27 auf § 44b EnWG die nach Landesrecht zuständige Enteignungsbehörde.22 Die konkrete Zuständigkeit ergibt sich also aus den Enteignungsgesetzen der Länder. Bei ihr muss der Vorhabenträger den Antrag einreichen. Soweit Aufgaben aus dem dritten Abschnitt über das Planfeststellungsverfahren per Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 2 auf die BNetzA übertragen wurden, ist diese anstelle der Landesbehörden für die Wahrnehmung der Kompetenz zuständig, was insofern problematisch ist, dass die BNetzA damit für den Vollzug von Landesrecht zuständig sein soll.23 Hinsichtlich Abs. 1 wurden Zweifel an der Verfassungsgemäßheit geäußert.24 Dem liegt zugrunde, dass Art. 14 GG nicht nur das Eigentumsrecht, sondern auch weitere dingliche Rechte schützt.25
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2. Antrag und Anhörung Der Vorhabenträger kann den Antrag nach Abs. 1 erstmals nach Abschluss des Anhörungsver- 21 fahrens nach § 22 stellen. Das Anhörungsverfahren wird mit Ende des Erörterungstermins abgeschlossen. In dem Antrag sind das Vorhaben und die vom Besitzeinweisungsbeschluss in Anspruch zu nehmenden Grundstücke genau zu bezeichnen. Ihm sind die für die Nutzung des Grundstücks maßgeblichen Unterlagen beizufügen. Im Plangenehmigungsverfahren und bei Freistellung von Planfeststellung und -ge- 22 nehmigung nach § 25 findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 22 statt, sodass diese 18 19 20 21 22 23 24 25 891
Weghake, NVwZ 2016, S. 496. OLG Celle, Beschl. v. 28.5.2008 – 4 U 11/08 –. OLG Jena, Urt. v. 3.3.2010 – BI U 687/08 –. Zustimmend: Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 9. De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 10. Vgl. Säcker/Naujoks, NABEG, § 27 Rn 14. Vgl.: Kment, NVwZ 2012, 1134, 1136. Vgl. etwa: BVerfG, Urt. v. 28.3.2000 – 1 BvR 1460/99 –. Nebel/Riese
§ 27 NABEG
II. Besitzeinweisungsbeschluss vor Planerlass
nicht als Anknüpfungspunkt für die Antragstellung dienen kann. Eine Besitzeinweisung ist jedoch auch im Plangenehmigungsverfahren möglich. Der Antrag kann in solchen Fällen zusammen mit den eingereichten Unterlagen für die Erteilung der Plangenehmigung gestellt werden. 23 Die Anwendbarkeit der Besitzeinweisung im Plangenehmigungsverfahren folgt aus § 43b EnWG. § 43b EnWG ordnet die Geltung der §§ 73; 74 Abs. VI VwVfG an. Durch die Verweisung auf § 74 VwVfG werden auch die Voraussetzungen für den Rückgriff auf das Verfahren der Plangenehmigung gem. § 74 Abs. VI VwVfG stärker betont. Hinsichtlich der enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Plangenehmigung werden zwar verfassungsrechtliche Bedenken gelte gemacht,26 Diesen ist allerdings angesichts der Ausgestaltung der Plangenehmigung als planerische Entscheidung nicht zu folgen.27 Wenn der Plangenehmigung in Abweichung zu den allgemeinen Regelungen des Planfeststellungsrechts in § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG im Bereich der Energiewirtschaft ausdrücklich eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt, müssen auch besondere enteignungsrechtliche Institute wie die vorzeitige Besitzeinweisung im Plangenehmigungsverfahren anwendbar sein. 24 Auch im Anzeigeverfahren nach § 25 findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Bei unwesentlichen Änderungen im Sinne von § 25 kann auf ein Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren verzichtet werden und stattdessen das Vorhaben in einem Anzeigeverfahren zugelassen werden. Nach § 25 Nr. 3 dürfen im Anzeigeverfahren Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder es müssen mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Der Entscheidung im Anzeigeverfahren kommt keine enteignungsrechtlichen Wirkungen zu, sodass auf ihrer Grundlage keine Enteignung vorgenommen werden kann. Eine Besitzeinweisung ist daher im Verfahren nach § 25 nicht möglich,28 im Regelfall ist im Anzeigeverfahren die Anwendung enteignungsrechtlicher Institute aber auch entbehrlich.
3. Parallelvorschrift § 44b (vorzeitige Besitzeinweisung) 25 Abs. 1 ist inhaltsgleich mit § 44b Abs. 1a EnWG. Indem Abs. 1 S. 2 hinsichtlich der materiellrechtlichen Voraussetzungen auf den gesamten § 44b EnWG verweist, wird dieselbe Regelungswirkung erreicht, wie es § 44b EnWG vorsieht. 26 Anders als der Normtext – in Abweichung zu Abs. 2 – nahelegt, ist nicht die Besitzeinweisung selbst vorzeitig – diese ist so mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sie erst bei Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss die ihr zugedachte rechtliche Wirkung entfalten kann. Vorzeitig ist vielmehr – für die Enteignung ist das auch so benannt – das Besitzeinweisungsverfahren. 27 § 44b EnWG stellt die Voraussetzungen auf, die für eine vorzeitige Besitzeinweisung vorliegen müssen.29 Nach § 44b Abs. 1 EnWG muss der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten sein und sich der Eigentümer oder Besitzer weigern, den Besitz eines für den Bau, die Änderung oder Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen im Sinne des § 43 EnWG benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen.30 Dazu müssen der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung vollziehbar sein. Dies 28 wird dadurch modifiziert, als dass nach § 27 Abs. 1 S. 2 der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss anstelle einer vollziehbaren Entscheidung zugrunde zu legen 26 Ausführlich: Britz/Hellermann/Hermes/Hermes, EnWG, § 45 Rn 24 f. 27 Vgl. die eigene Kommentierung zu § 45 EnWG Rn 17a; Säcker/Pielow, EnWG, § 45 Rn 7-8; Danner/Theobald/ Theobald, EnWG, § 45 Rn 39. 28 Säcker/Naujoks, NABEG, § 27 Rn 23; a. A. De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 30. 29 Vgl. ausführlich: De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 43 f. 30 Säcker/Naujoks, NABEG, § 27 Rn 23; Scheidler, DÖV 2012, S. 274. Nebel/Riese
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4. Rechtscharakter, Sofortvollzug
NABEG § 27
ist.31 Dies entspricht der „vorvorzeitigen“ Besitzeinweisung nach § 44b Abs. 1a EnWG, bei welcher ebenfalls eine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Die Enteignungsbehörde hat in ihrer Entscheidung nicht die Zulässigkeit der Enteignung zu prüfen, dies ist Aufgabe der Planfeststellungsbehörde. Nach § 44b Abs. 2 S. 1 EnWG hat die Enteignungsbehörde spätestens sechs Wochen nach Eingang des Antrags auf Besitzeinweisung mit den Beteiligten mündlich zu verhandeln. Nach S. 3 ist dabei den Betroffenen der Antrag auf Besitzeinweisung mitzuteilen. § 44b Abs. 4 EnWG regelt das Verfahren: Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller und den Betroffenen spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Dieser Zeitpunkt soll auf höchstens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an den unmittelbaren Besitzer festgesetzt werden. Diese Regelung scheint insofern problematisch, als der Besitzeinweisungsbeschluss gleichzeitig nicht vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung nach Abs. 1 S. 3 seine innere Wirksamkeit entfalten kann.32 Zur Lösung wurde vorgeschlagen, die Norm dahingehend zu verstehen, dass die Wirksamkeit zwei Wochen nach dem Eintritt der Bedingung angeordnet werden kann.33 Dies überzeugt jedoch angesichts der automatisch mit Bedingungseintritt eintretenden Wirksamkeit wenig, einer Anordnung bedarf es hier gerade nicht mehr. Die Anordnung der Wirksamkeit dürfte daher lediglich auf die äußere Wirksamkeit des Beschlusses zu beziehen sein. Die Wirkung der Besitzeinweisung ergibt sich aus § 44b Abs. 4 EnWG. Danach wird der Besitz durch die Besitzeinweisung dem Besitzer entzogen und der Vorhabenträger neuer Besitzer. Der Besitzwechsel hat zur Folge, dass der Vorhabenträger auf dem Grundstück das im Antrag auf Besitzeinweisung bezeichnete Bauvorhaben durchführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen darf.34 Nach § 44b Abs. 5 EnWG hat der Vorhabenträger für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung für die Entziehung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechts ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung sind von der Enteignungsbehörde in einem Beschluss festzusetzen.
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4. Rechtscharakter, Sofortvollzug Die vorzeitige Besitzeinweisung ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Sie begünstigt 33 den Vorhabenträger und belastet den betroffenen Grundstückseigentümer.35 Sie ist von der Planfeststellung unabhängige und selbstständig.36 Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss ist aufschiebend bedingt zu erlassen. Nichtsdesto- 34 weniger handelt es sich dabei um einen wirksamen Verwaltungsakt. § 44b EnWG stellt die Voraussetzungen auf, die für eine Besitzeinweisung vorliegen müssen. Die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses und der Plangenehmigung nach NABEG ergibt sich aus § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG i. V. m. §§ 43b; 45 EnWG und §§ 73; 74 Abs. VI VwVfG (Plangenehmigung) bzw. aus § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG. Rechtswirksamkeit entfaltet die Besitzeinweisung jedoch erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung. Die vorzeitige Besitzeinweisung teilt das rechtliche Schicksal der Planentscheidung: Wird 35 der festgestellte Plan oder die Plangenehmigung aufgehoben, so sind gem. § 44b Abs. 6 S. 1 31 32 33 34 35 36 893
Vgl. Rn 34 f. Vgl. Rn 37 f. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 39. Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463, 465. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 36. Kment, NVwZ 2012, 1134, 1136. Nebel/Riese
§ 27 NABEG
II. Besitzeinweisungsbeschluss vor Planerlass
EnWG auch die Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Gemäß § 44b Abs. 6 S. 2 EnWG hat der Vorhabenträger für alle durch die Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. 36 Nach § 44b Abs. 7 S. 1 EnWG haben Rechtsbehelfe gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung keine aufschiebende Wirkung. Zusätzlich wird der einstweilige Rechtsschutz nach § 44b Abs. 7 S. 2 EnWG an eine Frist gebunden: Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses gestellt und begründet werden.
5. Grundlage der vorzeitigen Besitzeinweisung (Prognoseentscheidung, Abs. 1 S. 2) 37 Abs. 1 enthält keine materiellen Voraussetzungen für den Erlass eines vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses, sondern verweist auf § 44b EnWG. Nach § 44b Abs. 1 EnWG kann ein vorzeitiger Besitzeinweisungsbeschluss ergehen. Voraussetzung ist die Vollziehbarkeit von Planfeststellungsbeschluss bzw. Plangenehmigung. § 27 Abs. 1 setzt eine solche nicht voraus. Die Norm entspricht damit § 44b Abs. 1a EnWG. Nach Abs. 1 S. 2 muss wie nach § 44b Abs. 1a EnWG bei einem vorzeitigen Verfahren der nach dem Verfahrensstand zu erwartende Planfeststellungsbeschluss dem vorzeitigen Besitzeinweisungsverfahren zu Grunde gelegt werden. Auch ohne dass die Norm die tatbestandliche Voraussetzung ausdrücklich formuliert, ist es notwendig, dass die zuständige Behörde eine Prognose über den zu erwartenden Planfeststellungsbeschluss trifft. 38 Die Prognoseentscheidung ist auf Grundlage des abgeschlossenen Anhörungsverfahren zu treffen. In diesem Zeitpunkt sind der Behörde die wesentlichen Einwendungen Betroffener und alle übrigen Aspekte des Vorhabens bekannt.37 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Behörde zu diesem Zeitpunkt über ausreichende Kenntnisse über das Vorhaben verfügt, um eine derartige Prognoseentscheidung abgeben zu können. Es wurde bezweifelt, ob die Enteignungsbehörde zu diesem Zeitpunkt überhaupt über die notwendige Sachkenntnis für die Prüfung der Zulässigkeit der Enteignung habe, diese Prüfung ist jedoch Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, womit der Einwand leer geht.38 39 In der Prognose muss keine Abwägung der Belange in der Weise durchgeführt werden, wie sie für den eigentlichen Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist. Vielmehr kann die Behörde im Rahmen einer Abschätzung prognostizieren, ob mit dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zu rechnen ist; und in welcher Weise dieser zu erwarten ist. Besonderes Gewicht hat die Behörde dabei auf die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümernutzer zu legen. An einer grds. Prognoseentscheidung ändert dies indes nichts.
6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 1 S. 3) 40 Der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss ist gem. Abs. 1 S. 3 mit einer aufschiebenden Bedingung erlassen. Abs. 1 S. 3 ist Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Nebenbestimmung gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 VwVfG in Form einer aufschiebenden Bedingung. Aus diesem Grund ist die Vorschrift auch nicht verfassungswidrig.39 Ohne den Erlass der aufschiebenden Bedingung wäre die Besitzeinweisung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.40
37 38 39 40
De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 59. Vgl. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 10. A. A. Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1044. Kment, NVwZ 2012, 1134, 1136.
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8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1 S. 4)
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Bei einer aufschiebenden Bedingung treten die Rechtswirkungen mit Eintritt des – unge- 41 wissen – Ereignisses ein. Bei der Bestätigung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses durch den Plan handelt es sich um ein ungewisses Ereignis. Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit Bekanntgabe gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam.41 42 Der Wirksamkeit steht nicht entgegen, dass der Besitzeinweisungsbeschluss mit einer aufschiebenden Bedingung verknüpft ist. Dies ist insbesondere für den jeweils Betroffenen wichtig, sofern er Rechtsmittel gegen den Besitzeinweisungsbeschluss einlegt. Es führt auch dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.42 Fraglich ist insofern der Umgang mit der in § 44b Abs. 4.43 Weitergehende Rechtswirkungen entfaltet der Verwaltungsakt mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung.44 Mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung ist er sofort vollziehbar. Das führt dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Erlass des Planfeststellungs- 43 beschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.45
7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss Die Voraussetzung, wonach die Besitzeinweisung von der Bestätigung durch den Planfeststel- 44 lungsbeschlusse abhängig zu machen ist, ist von zentraler Bedeutung. Abs. 1 S. 3 spricht von der Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss; weitere Konkretisierungen fehlen. Dabei wird der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung die Besitzeinweisung regelmäßig nicht ausdrücklich (wörtlich) bestätigen. Eine Bestätigung dürfte daher vorliegen, wenn der Planfeststellungsbeschluss/die Plangenehmigung mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist, insbesondere weil das betroffene Grundstück durch den Feststellungsbeschluss nicht berührt wird.46 Weitere Einzelheiten ergeben sich aus einem Vergleich mit § 44b Abs. 1 EnWG. Dort muss 45 der Planfeststellungsbeschluss vollziehbar sein, § 44b Abs. 1 S. 1 EnWG. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss führt nicht zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e Abs. 1 S. 1. Der Rechtsmittelführer muss beim zuständigen Gericht beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er die Wirksamkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses beseitigen will.
8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 1 S. 4) Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt den vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss, wenn er 46 mit dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist. Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt hingegen den vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss nicht, wenn dessen Inhalt erheblich vom Besitzeinweisungsbeschluss abweicht. Wird der im Besitzeinweisungsverfahren zugrunde gelegte Planungsstand nicht durch die 47 Planungsentscheidung bestätigt, ist die Besitzeinweisung auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen. Die Formulierung im Gesetzestext ist widersprüchlich, da nicht das Besitzeinweisungsverfahren sondern der Besitzeinweisungsbeschluss zu ergänzen ist.47 Auf der Grundlage des – nunmehr ergangenen – Planfeststellungsbeschlusses ist 41 42 43 44 45 46 47 895
Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. Knack/Hennecke/Meyer, § 43 Rn 14. Vgl. dazu bereits Rn 27; zur Problematik auch de Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 67. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. Knack/Hennecke/Meyer, § 43 Rn 14. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 42. Weghake, NVwZ 2016, S. 496, 497; Kment, NVwZ 2012, 1134, 1136. Nebel/Riese
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III. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – Vorzeitige Enteignung (Abs. 2)
ein neuer Besitzeinweisungsbeschluss zu erlassen.48 Interessant wird vor diesem Hintergrund die Frage, wie mit unwesentlichen Abweichungen zwischen Besitzeinweisungsbeschluss und Planfeststellungsbeschluss umzugehen ist. Im Zweifel ist der Besitzeinweisungsbeschluss zu ergänzen. Dafür spricht, dass vertreten wird, dass Ergänzungen nur bei geringfügigem Modifikationsbedarf zulässig sein sollen. Soweit der Besitzeinweisungsbeschluss gravierend geändert werden müsste, ist ein neues Verfahren durchzuführen.49
III. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – Vorzeitige Enteignung (Abs. 2) 1. Allgemeines 48 Gemäß Abs. 2 S. 1 kann der Vorhabenträger vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses verlangen, dass ein vorzeitiger Enteignungsbeschluss erlassen wird. Auch auf den Erlass dieses Beschlusses besteht ein Anspruch des Vorhabenträgers. Hinsichtlich der Voraussetzungen des Abs. 2 kann weitgehend auf die zu Abs. 1 getätigten Ausführungen verwiesen werden.50 Voraussetzung ist ein Antrag des Vorhabenträgers und ein zu erwartender Planfeststel49 lungsbeschluss, der als spätere tragfähige Grundlage für die Enteignung dient. In dem Antrag sind das Vorhaben und die vom Enteignungsbeschluss in Anspruch zu nehmenden Grundstücke genau zu bezeichnen. Von der „Vorzeitigkeit“ der Enteignung lässt sich sprechen, da die Durchführung des Ent50 eignungsverfahrens nach § 45 EnWG einen festgestellten Plan voraussetzt, nach Abs. 2 jedoch auf Basis einer Prognose stattfindet, also wenn ein Planfeststellungsbeschluss noch nicht ergangen ist. Die Vorschrift gleicht damit § 45b EnWG. Zuständig für den Erlass des Beschlusses ist durch den Verweis des § 27 auf § 45 Abs. 3 EnWG 51 die nach Landesrecht zuständige Enteignungsbehörde.51 Die konkrete Zuständigkeit ergibt sich also wie bei der Besitzeinweisung nach Abs. 1 aus den Enteignungsgesetzen der Länder. Soweit Aufgaben aus dem dritten Abschnitt über das Planfeststellungsverfahren per Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 2 auf die BNetzA übertragen wurden, bestehen dieselben Rechtsfragen.52 Die Regelungen des Abs. 1 und des Abs. 2 entsprechen sich bis auf die Rechtsfolgen weitgehend. Das Verfahren bei Abs. 2 richtet sich allerdings angesichts des Verweises in Abs. 2 nach § 45 EnWG. Hinsichtlich der vorzeitigen Enteignung bestehen weiterhin verfassungsrechtliche Beden52 ken.53 Auch wenn mittlerweile angesichts mehrerer Entscheidungen des BVerfG geklärt sein dürfte, dass Enteignungen zugunsten Privater dem Allgemeinwohl dienen können,54 bleibt umstritten, ob auch die vorzeitige Enteignung verfassungsgemäß sein kann.55 Dabei werden sowohl gegenüber Abs. 1 als auch gegenüber der Parallelnorm des § 45b EnWG erhebliche Unterschiede gesehen, die im Ergebnis zur Verfassungswidrigkeit des Abs. 2 führen sollen.56 Insbesondere ziehe Abs. 2 den Enteignungserfolg im Gegensatz zu § 45b EnWG zeitlich vor den Planfeststellungsbeschluss, dabei sei Abs. 1 in jedem Falle das mildere Mittel, was Abs. 2 nicht mehr erforderlich mache.57
48 49 50 51
De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 74. Weghake, NVwZ 2016, S. 496, 497. Vgl. Rn 19-21. Ausführlich: De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 83 f; ebenso: Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 16. 52 Vgl. Rn 18. 53 Vgl. nur: Weghake, NVwZ 2016, S. 496; im Ergebnis wohl auch Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463. 54 Vgl. nur: BVerfG, Beschl. v. 10.9.2008 – 1 BvR 1914/02. 55 Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, 1040, 1044. 56 Moench/Ruttloff, NVwZ 2013, S. 463, 465. 57 Weghake, NVwZ 2016, S. 496, 499. Nebel/Riese
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4. Rechtscharakter
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Diese Stimmen verkennen jedoch dass ein Enteignungserfolg mit dem Erlass des vorzeitigen 53 Enteignungsbeschlusses gerade noch nicht eintritt sondern dass dieser vom Eintreten des rechtfertigenden Planfeststellungsbeschlusses abhängig ist.58 Zum anderen blenden sie die unterschiedliche Stoßrichtung der Abs. 1 und 2 aus.
2. Antrag und Anhörung Der Vorhabenträger kann wie bei Abs. 1 den Antrag nach Abs. 2 erstmals nach Abschluss des 54 Anhörungsverfahrens nach § 22 stellen. Im Plangenehmigungsverfahren und bei Verzicht auf Planfeststellung und -genehmi- 55 gung nach § 25 findet keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 22 statt, sodass diese nicht als Anknüpfungspunkt für die Antragstellung dienen kann. Eine vorzeitige Enteignung ist auch im Plangenehmigungsverfahren möglich, vgl. zur diesbezüglichen Diskussion die zu Abs. 1 getätigten Ausführungen. Im Rahmen des Verfahrens nach § 25 kann auch ein Antrag nach Abs. 2 nicht gestellt wer- 56 den.
3. Parallelvorschrift § 45b (vorzeitige Enteignung) Abs. 2 ist inhaltsgleich mit § 45b EnWG. Indem Abs. 2 S. 2 hinsichtlich der materiell-rechtli- 57 chen Voraussetzungen auf § 45 EnWG verweist, wird dieselbe Regelungswirkung erreicht, wie es § 45b EnWG aufgrund seiner systematischen Stellung nach § 45 EnWG vorsieht. Das § 45b EnWG anders als § 27 nicht auf § 45 EnWG verweist dürfte ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers darstellen.59 Vorzeitig ist nicht die Enteignung selbst, sondern das Enteignungsverfahren. Die Ent- 58 eignungsentscheidung ist mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlassen, dass sie bei Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss die ihr zugedachte rechtliche Wirkung entfalten kann.
4. Rechtscharakter Die vorzeitige Enteignung ist ein selbstständiger Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Sie be- 59 günstigt den Vorhabenträger und belastet den betroffenen Grundstückseigentümer. Auch der vorzeitige Enteignungsbeschluss ist aufschiebend bedingt zu erlassen. Nichtsdes- 60 toweniger handelt es sich dabei um einen wirksamen Verwaltungsakt. § 45 EnWG stellt die Voraussetzungen auf, die für eine Enteignung vorliegen müssen. Die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses und der Plangenehmigung nach NABEG ergibt sich aus § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG i. V. m. §§ 43b; 45 EnWG und §§ 73; 74 Abs. VI VwVfG (Plangenehmigung) bzw. aus § 18 Abs. 3 S. 2 NABEG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG. Der weitere Regelungsgehalt ergibt sich aus § 45 Abs. 3 EnWG. Danach finden für das Ent- 61 eignungsverfahren die Regelungen der Landesenteignungsgesetze Anwendung.60 Entsprechendes gilt für die Rechtsmittel.
58 Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 47; ebenso zur Parallelvorschrift § 45b EnWG: Säcker/Pielow, EnWG, § 45b Rn 3. 59 Säcker/Naujoks, NABEG, § 27 Rn 23. 60 Vgl. jeweils die Kommentierung dazu bei § 45 EnWG. 897
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§ 27 NABEG
III. Enteignungsbeschluss vor Planerlass – Vorzeitige Enteignung (Abs. 2)
5. Grundlage der vorzeitigen Enteignung (Prognoseentscheidung, Abs. 2 S. 2) 62 Abs. 2 enthält keine materiellen Voraussetzungen für den Erlass eines vorzeitigen Enteignungsbeschlusses, sondern verweist auf § 45 EnWG. Nach § 45 EnWG kann ein Enteignungsbeschluss ergehen. Diese Norm wird durch Abs. 2 S. 2 dahingehend modifiziert, dass eine Prognose über den zu erwartenden Planfeststellungsbeschluss zu treffen ist. Diese Prognoseentscheidung ist Grundlage für den vorzeitigen Enteignungsbeschluss.61 § 27 entspricht damit wie erwähnt § 45b EnWG. Im Übrigen kann zur durch die Behörde zu treffenden Prognose auf die Kommentierung zu Abs. 1 verwiesen werden.62 Die Prognoseentscheidung ist wiederum erst auf Grundlage des abgeschlossenen Anhö63 rungsverfahrens zu treffen. In der Prognose muss keine Abwägung der Belange in dem Umfang durchgeführt werden, 64 wie sie für den eigentlichen Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist. Hinsichtlich der Beurteilungsgrundlage der Prognoseentscheidung ist zwischen Tatbestand und Rechtsfolge zu unterscheiden. Der Tatbestand muss vollständig aufgeklärt sein. Anderenfalls ist eine Enteignung nicht zulässig. Die Entscheidungsgrundlage darf daher keine wesentlichen Lücken oder streitigen Themen enthalten. Zulässig ist eine Prognose hinsichtlich der letztendlich von der Planfeststellungsbehörde zu treffenden Entscheidung. Ist diese Prognose positiv in dem Sinne, dass mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist auch ein entsprechender Beschluss über die Zulässigkeit des Enteignungsverfahrens möglich. 65 Die Behörde kann im Rahmen einer Abschätzung prognostizieren, ob mit dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zu rechnen ist; und in welcher Weise dieser zu erwarten ist. Besonderes Gewicht hat die Behörde dabei auf die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümernutzer zu legen. An einer grds. Prognoseentscheidung ändert dies indes nichts.
6. Aufschiebende Bedingung (Abs. 2 S. 3) 66 Der vorzeitige Enteignungsbeschluss ist gem. Abs. 2 S. 3 mit einer aufschiebenden Bedingung zu erlassen, es handelt sich wiederum um eine Nebenbestimmung gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 VwVfG. Diese entspricht gänzlich der auch nach Abs. 1 zu erlassenden aufschiebenden Bedingung.63 Bei einer aufschiebenden Bedingung treten die Rechtswirkungen mit Eintritt des – unge67 wissen – Ereignisses ein. Bei der Bestätigung des vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschlusses durch den Plan handelt es sich um ein solches ungewisses Ereignis. Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit einer aufschiebenden Bedingung mit Bekanntgabe 68 gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam.64 Die Problematik des Umgangs mit § 44b Abs. 4 stellt sich mangels Verweises nicht, im Übrigen kann auf die Ausführungen zu Abs. 1 verwiesen werden.
7. Bestätigung durch Planfeststellungsbeschluss 69 Auch Abs. 2 S. 3 konkretisiert die Voraussetzung der Bestätigung durch den Planfeststellungsbeschluss nicht näher, insoweit gelten die zu Abs. 1 getätigten Aussagen. Die Einzelheiten ergeben sich aus einem Vergleich mit § 45 EnWG. Dort muss der Plan fest70 gestellt sein. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss führt nicht zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e 61 62 63 64
De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 74. Vgl. Rn 37–39. Vgl. dazu Rn 40–43. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75.
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IV. Rechtsschutz
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Abs. 1 S. 1 EnWG. Der Rechtsmittelführer muss daher gerichtlich beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er auch die Wirksamkeit des Enteignungsbeschlusses beseitigen will.
8. Ergänzung des Verfahrens (Abs. 2 S. 4) Der Planfeststellungsbeschluss bestätigt den vorzeitigen Enteignungsbeschluss, wenn er mit 71 dem ursprünglich beantragten Vorhaben vollständig identisch ist. Wird der im Enteignungsverfahren zugrunde gelegte Planungsstand nicht durch die Pla- 72 nungsentscheidung bestätigt, ist die Enteignung auf der Grundlage des ergangenen Planfeststellungsbeschlusses zu ergänzen, hierfür ist ein neuer Enteignungsbeschluss zu erlassen. Auch hinsichtlich Abs. 2 ist die Formulierung im Gesetzestext dabei widersprüchlich, da erneut nicht das Enteignungsverfahren, sondern der Enteignungsbeschluss zu ergänzen ist.
IV. Rechtsschutz Der vorzeitige Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt, gegen den Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind.65 Dass der VA aufschiebend bedingt zu erlassen ist steht seiner äußeren Wirksamkeit nicht entgegen. Daneben dürfte möglicherweise eine Feststellungsklage hinsichtlich des Nichtbestehens des Eintritts der Bedingung in Betracht kommen.66 Der Verwaltungsakt wird bei Erlass mit einer aufschiebenden Bedingung bereits mit Bekanntgabe gem. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam, wenn nicht die Behörde nach § 44b Abs. 2 S. 1 EnWG einen späteren Zeitpunkt bestimmt.67 Das führt dazu, dass sich Rücknahme und Widerruf bereits vor Eintritt der Bedingung mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach §§ 48, 49 VwVfG richten.68 Der Vorhabenträger kann dadurch auf den Bestand des Enteignungsbeschlusses vertrauen. Für den jeweils Betroffenen ist wichtig, sofern er gedenkt, Rechtsmittel gegen den Beschluss einzulegen, dass dieser seine innere Wirksamkeit erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung entfaltet.69 Ob die Rechtswirkungen des aufschiebend bedingten Beschlusses ausreichend sind, um eine Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO zu begründen, ist zweifelhaft. Vor allem aufgrund der in einem Trassenkorridor möglichen Verschiebung von Maststandorten und der planerischen Gestaltungsfreiheit ist anzunehmen, dass eine gerichtliche Klärung der Besitzeinweisung bzw. Enteignung erst nach Vorliegen des letztendlich das Vorhaben zulassenden Planfeststellungsbeschlusses sinnvoll ist.70 Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses führt die Einlegung von Rechtsmitteln nicht zum Fortfall der Vollziehbarkeit, da die Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, § 43e Abs. 1 S. 1 EnWG. Der Rechtsmittelführer muss daher gerichtlich beantragen, dass die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben wird, wenn er auch die Wirksamkeit des vorzeitigen Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsbeschlusses beseitigen will. Nach § 44b Abs. 7 S. 1 EnWG haben Rechtsbehelfe gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung allerdings keine aufschiebende Wirkung.71 Zusätzlich wird der einstweilige Rechtsschutz nach § 44b Abs. 7 S. 2 EnWG an eine Frist gebunden: Der Antrag auf Anordnung der aufschie65 66 67 68 69 70 71 899
Vgl. etwa: De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 78. So: De Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 81. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 60. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, § 36 Rn 75. So auch: Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 27 Rn 16. Vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.11.2018 – OVG 11 S 69.18 –. Nebel/Riese
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IV. Rechtsschutz
benden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Besitzeinweisungs- bzw. Enteignungsbeschlusses gestellt und begründet werden. Der jeweils andere Betroffene dürfte regelmäßig beizuladen sein.
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§ 28 Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Abweichend von § 15 Absatz 1 des Raumordnungsgesetzes in Verbindung mit § 1 Satz 2 Nummer 14 der Raumordnungsverordnung findet ein Raumordnungsverfahren für die Errichtung oder die Änderung von Höchstspannungsleitungen, für die im Bundesnetzplan Trassenkorridore oder Trassen ausgewiesen sind, nicht statt. Dies ist auch anzuwenden, wenn nach § 5a auf ein Bundesfachplanungsverfahren verzichtet wurde. Satz 1 ist nicht anzuwenden nach Ablauf der Geltungsdauer nach § 15 Absatz 2.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Keine Durchführung eines Raumordnungsver6 fahrens Grundsätzliche Durchführung eines Raumord6 nungsverfahrens
2. 1 3. 4 4.
1.
Kein Raumordnungsverfahren bei Vorhaben der 10 Bundesfachplanung (S. 1) Kein Raumordnungsverfahren bei Verzicht auf 12 die Bundesfachplanung (S. 2) Ablauf der Geltungsdauer der Bundesfachpla14 nung (S. 2)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm S. 1 ordnet als spezialgesetzliche Regelung zum ROG und zur RoV an, dass für die Errichtung 1 oder die Änderung von Höchstspannungsleitungen, für die im Bundesnetzplan Trassenkorridore oder Trassen ausgewiesen sind, kein Raumordnungsverfahren stattfindet.1 In Satz 2 wird klargestellt, dass auch beim Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a kein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden muss. Nach S. 3 ist indes ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, wenn die Geltungsdauer der Entscheidung über die Bundesfachplanung abgelaufen ist.
2. Regelungszweck In der Bundesfachplanung erfolgt eine verbindliche Grobtrassenplanung für die nachfolgenden 2 Planfeststellungsverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 1). Die BNetzA bestimmt dazu in der Bundesfachplanung die Trassenkorridore der im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen (§ 4 S. 1 und § 5 Abs. 1 S. 1). Sie prüft in der Entscheidung über die Bundesfachplanung, ob der Verwirklichung einer Höchstspannungsleitung in einem Trassenkorridor überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen (§ 5 Abs. 1 S. 2).2 Sie untersucht insbesondere die Raumverträglichkeit des Trassenkorridors (§ 5 Abs. 2). Im Mittelpunkt der Bundesfachplanung steht die Frage, ob der Trassenkorridor mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt und wie die Abstimmung des Trassenkorridors mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnah-
1 De Witt/Scheuten/Scheuten, § 28 Rn 1. 2 Vgl. Kment, NVwZ 2015, S. 617 (621). 901 https://doi.org/10.1515/9783110670516-073
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§ 28 NABEG
II. Keine Durchführung eines Raumordnungsverfahrens
men gelingt. Die Feststellung bzw. Herstellung der Raumverträglichkeit eines Trassenkorridors dient der Trassensicherung für die späteren Planfeststellungsverfahren.3 3 § 28 dient der Vermeidung von Doppelprüfungen und ist Ausfluss des Beschleunigungsgedankens des NABEG.4 Aus § 28 folgt, dass die Entscheidung über die Bundesfachplanung das ansonsten gem. § 15 Abs. 1 ROG i. V. m. § 1 S. 2 Nr. 14 RoV für die Planfeststellung von Höchstspannungsleitungen durchzuführende Raumordnungsverfahren ersetzt. Dies ist nur konsequent. Die Prüfung der Raumverträglichkeit der im Bundesnetzplan aufgeführten Trassenkorridore ist zentraler Teil der Bundesfachplanung, vgl. §§ 5 Abs. 1; 12 Abs. 2. Die Entscheidung über die Bundesfachplanung ist zudem nach § 12 gem. § 15 Abs. 1 S. 1 für die Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff verbindlich und nicht bloß wie das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens i. S. d. § 15 ROG zu berücksichtigen. Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist daher im Anwendungsbereich des NABEG überflüssig.5 Mit der Entbehrlichkeit des Raumordnungsverfahrens für die vom NABEG umfassten Vorhaben zugunsten der Bundesfachplanung geht gleichzeitig die raumordnerische Kompetenzverlagerung auf den Bund über.6
3. Entstehungsgeschichte 4 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze7 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 erlassen und erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf. Satz 2 wurde durch Art. 2 Nr. 25 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungs5 ausbaus8 vom 13.5.2019 mit Wirkung zum 17.5.2019 eingefügt.9 Satz 1 und Satz 2 wurden in diesem Rahmen redaktionell angepasst.10 Die Regelung erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen mehr und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf.
II. Keine Durchführung eines Raumordnungsverfahrens 1. Grundsätzliche Durchführung eines Raumordnungsverfahrens 6 Gemäß § 15 Abs. 1 ROG i. V. m. § 1 S. 2 Nr. 14 1. Var. ROV soll für die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. 7 Ein Vorhaben ist nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG raumbedeutsam, wenn durch dieses Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Höchstspannungsleitungen i. S. d. § 2 Abs. 1 NABEG sind grds. raumbedeutsam, wenn sie wegen ihrer Ausmaße das Landschaftsbild dominieren oder prägen, was von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles abhängt.11 Bereits einzelne Maststandorte können aufgrund ihres Standorts oder wegen ihrer Auswirkungen auf bestimmte Ziele der 3 BT-Drucks. 17/6073, S. 24. 4 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 5 Vgl. Säcker/Naujoks, NABEG, § 28 Rn 3. 6 Kritisch Erbguth, NVwZ 2012, 326, 327; zustimmend Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, NABEG, § 28 Rn 8. 7 BGBl. I 2011 S. 1690. 8 BGBl. I 2019 S. 706. 9 BGBl. I 2019 S. 706. 10 BT-Drucks. 19/7375, S. 25. 11 Vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 – 4 C 4 /02 –. Nebel/Riese
902
3. Kein Raumordnungsverfahren bei Verzicht auf die Bundesfachplanung (S. 2)
NABEG § 28
Raumordnung (Schutz von Natur und Landschaft, Erholung und Fremdenverkehr) raumbedeutsam sein.12 Wichtige Entscheidungskriterien sind das Geländeprofil der Umgebung sowie der Charakter und die Funktionen der Landschaft, in die die Anlage hineinwirkt.13 Es gilt grds., dass mehrere Anlagen, die in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang errichtet werden, zu einer raumbedeutsamen Einheit zusammenwachsen, auch wenn sie für sich genommen nicht raumbedeutsam sind.14 Ein Vorhaben hat überörtliche Bedeutung, wenn es das Gebiet von mehr als zwei Gemein- 8 den berührt.15 Dies ist bei einer Höchstspannungsleitung i. S. d. § 2 Abs. 1 NABEG grds. der Fall. Für die Errichtung der Höchstspannungsfreileitungen i. S. d. NABEG wäre ohne die spezial- 9 gesetzliche Regelung in § 28 insofern stets ein RoV durchzuführen.
2. Kein Raumordnungsverfahren bei Vorhaben der Bundesfachplanung (S. 1) Da die Raumverträglichkeit der im Bundesnetzplan aufgeführten Trassenkorridore oder Trassen 10 bereits in der Bundesfachplanung geprüft wurde und die Entscheidung über die Bundesfachplanung nach § 12 gem. § 15 Abs. 1 S. 1 für die Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff strikt verbindlich ist,16 bedarf es für diese Planfeststellungsverfahren keiner weiteren raumordnerischen Prüfung.17 Um unnötige Doppelprüfungen zu vermeiden, befreit S. 1 von der Pflicht zur Durchführung eines RoV.18 § 28 S. 1 stellt damit die gegenüber den §§ 15 ROG, 1 ROV speziellere Norm dar.19 Voraussetzung für die Befreiungswirkung des § 28 ist allerdings, dass das konkrete Vorha- 11 ben bereits Teil des Bundesnetzplanes ist.20 Ist das Vorhaben noch nicht in diesen überführt, eine Feststellung durch die BNetzA nach § 12 Abs. 2 aber erfolgt, muss dennoch das komplette Planfeststellungsverfahren inklusive der Raumverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.21 Durch die in § 15 Abs. 1 S. 2 angeordnete Vorrangigkeit der Bundesfachplanung gelten die Feststellungen der BNetzA jedoch auch bei der danach erfolgenden Prüfung gem. dem ROG.22
3. Kein Raumordnungsverfahren bei Verzicht auf die Bundesfachplanung (S. 2) Nach S. 2 ist auch dann kein Rauordnungsverfahren durchzuführen, wenn nach § 5a auf ein 12 Bundesfachplanungsverfahren verzichtet wurde.23 In dem mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.2019 ein- 13 gefügten § 5a wird der Verzicht auf Bundesfachplanung in bestimmten Fällen geregelt. S. 2 stellt klar, dass auch beim Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a kein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden muss. Diese Klarstellung ist notwendig, um den Beschleunigungseffekt aufgrund des Verzichts auf Bundesfachplanung nach § 5a nicht (wieder) zunichte zu machen.24 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
Vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 – 4 C 4 /02 –. Vgl. OVG Münster, Urt. v. 19.9.2006 – 10 A 973/04 –. Vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 – 4 C 4 /02 –. BVerwG, Urt. v. 4.5.1988 – 4 C 22/87 –. Wahlhäuser, ZNER 2014, S. 534 (537). Kümper, NVwZ 2014, S. 1409 (1413 f). Vgl. Wagner, DVBl 2011, S. 1453. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, NABEG, § 28 Rn 2. A. A. offenbar de Witt/Scheuten/Scheuten, § 28 Rn 2. Ausführlich: Säcker/Naujoks, NABEG, § 28 Rn 4 f m. w. N. Zum Verhältnis von Bundesfach- und Landesplanung vgl. Appel, NVwZ 2013, S. 457; Kümper, NVwZ 2014, S. 1409. 23 Vgl. dazu die Kommentierung zu § 5a. 24 BT-Drucks. 19/7375, S. 70. 903
Nebel/Riese
§ 28 NABEG
II. Keine Durchführung eines Raumordnungsverfahrens
Insofern handelt es bei Satz 2 um eine redaktionelle Klarstellung aufgrund der Einfügung des § 5a.
4. Ablauf der Geltungsdauer der Bundesfachplanung (S. 2) 14 Nach S. 3 gilt S. 1 nicht, wenn die Geltungsdauer der Entscheidung über die Bundesfachplanung abgelaufen ist. Dies ist nach § 15 Abs. 2 S. 1 nach zehn Jahren der Fall. Die Frist kann gem. § 15 Abs. 2 S. 2 durch die BNetzA um weitere fünf Jahre verlängert werden. Eine Fristverlängerung soll nur erfolgen, wenn sich die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nicht verändert haben. Die Befreiung von der Pflicht zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist insofern an die Geltungsdauer der Bundesfachplanung gekoppelt.25 S. 3 ist ein etwas missglückter Versuch, festzustellen, dass das besondere Verhältnis zwischen Bundesfachplanung und Raumordnung dann nicht mehr besteht, wenn die Bundesfachplanung keine Wirkung hat. Daraus folgt nicht, dass mit Auslaufen der Bundesfachplanung ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist. Unterliegt der fragliche Trassenkorridor nach wie vor dem Anwendungsbereich des NABEG i. S. v. § 2, so ist die Durchführung der Bundesfachplanung erforderlich.26 Sie kann nicht durch ein Raumordnungsverfahren ersetzt werden. Etwas anderes gilt dann, wenn ein bestimmter Korridor nicht mehr Teil des Bundesbedarfsplans i. S. v. § 2 Abs. 1 ist.
25 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 26 Pleiner, S. 238. Nebel/Riese
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Abschnitt 4 Gemeinsame Vorschriften § 29 Projektmanager Die zuständige Behörde kann einen Dritten mit der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten wie 1. der Erstellung von Verfahrensleitplänen unter Bestimmung von Verfahrensabschnitten und Zwischenterminen, 2. der Fristenkontrolle, 3. der Koordinierung von erforderlichen Sachverständigengutachten, 4. dem Qualitätsmanagement der Anträge und Unterlagen der Vorhabenträger, 5. der Koordinierung der Enteignungs- und Entschädigungsverfahren nach den §§ 45 und 45a, 6. dem Entwurf eines Anhörungsberichtes, 7. der ersten Auswertung der eingereichten Stellungnahmen, 8. der organisatorischen Vorbereitung eines Erörterungstermins und 9. der Leitung des Erörterungstermins auf Vorschlag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers und auf dessen Kosten beauftragen. Die Entscheidung der Bundesfachplanung nach § 12 Absatz 2 und über den Planfeststellungsantrag nach § 24 Absatz 1 liegt allein bei der zuständigen Behörde.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 2 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Beauftragung eines Dritten (§ 29 S. 1 Nr. 1– 10 9) 10 Projektmanager 14 Verhältnis zur Planungsbehörde
1. 2. III. 1.
2.
Übertragbare Aufgaben (§ 29 S. 1 Nr. 1– 20 9)
IV.
Anwendungsbereich
V.
Wirkung auf die Entscheidung über die Bundes26 fachplanung und Planfeststellung
VI. 1. 2. 3.
28 Finanzierung 28 Kostentragung 30 Vergabeverfahren 35 Vertragsbeendigung
1 7
Voraussetzungen und Wirkung der Beauftra15 gung Entscheidung über den Einsatz 15 (§ 29 S. 1 a. E.)
22
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm S. 1 regelt den zeitlichen und inhaltlichen Anwendungsbereich der Vorschrift, bestimmt das 1 Verfahren über die Beauftragung und den Einsatz eines Projektmanagers1 und führt in einer nicht abschließenden Aufzählung die Tätigkeiten auf, die von einem Projektmanager übernommen werden können. S. 2 stellt klar, dass die Tätigkeiten des Dritten nicht den Kern des Abwägungsvorgangs betreffen dürfen.
1 Zum synonymen Gebrauch des „Projektmanagers“ und des „privaten Dritten“ vgl. Rn 10. 905 https://doi.org/10.1515/9783110670516-074
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§ 29 NABEG
I. Allgemeines
2. Regelungszweck 2 Die Vorschrift dient der Beschleunigung des Netzausbaus und durch den Einbezug von Kapazität und Sachverstand von Dritten, die für die Behörde in der Bundesfachplanung oder im Planfeststellungsverfahren in Form einer partiellen Verfahrensprivatisierung unterstützend tätig werden.2 Der Einsatz von Projektmanagern soll die Bundesfachplanung und das Planfeststellungsverfahren effektivieren, beschleunigen und vereinheitlichen.3 Der Gesetzgeber hat sich am Immissionsschutzrecht orientiert.4 Die Einschaltung privater Dritter hier zu einer Straffung und Bündelung der Abläufe im Planungsverfahren geführt.5 Der Projektmanager muss einen Spagat zwischen einem höheren Verfahrenstempo einer3 seits und der höchstmöglichen Rechtssicherheit des Vorhabens andererseits vollbringen.6 Gesetzgeber sieht in dem Projektmanager auch eine Art Mediator, der auch die Aufgabe 4 der Konfliktvermittlung übernehmen und die Einigung der Parteien vereinfachen soll.7 Die Einschaltung eines privaten Dritten soll die Behörde entlasten. Insbesondere sollen 5 zeitintensive Abstimmungen zwischen Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde durch den Projektmanager wahrgenommen bzw. koordiniert werden. Die Organisation und Durchführung des Zulassungsverfahrens für Leitungsvorhaben sei überdurchschnittlich komplex und für die Behörden entsprechend aufwendig.8 Die in § 29 normierten Aufgaben des Projektmanagers zur Unterstützung der Behörde in der 6 Bundesfachplanung und im Planfeststellungsverfahren sind von der seit jeher übliche Beauftragung Dritter, insbesondere von (Fach)Planungsbüros zur technischen Erarbeitung des Planwerks, abzugrenzen.9 Die Tätigkeiten des Projektmanager sind vielmehr (auch) als Rechtsberatungsleistungen einzuordnen.10
3. Entstehungsgeschichte 7 Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze11 vom 28.7.2011 mit Wirkung zum 5.8.2011 als § 29 erlassen und ist seitdem unverändert.
2 Die grundlegenden Überlegungen zur Stärkung der Kooperation von Privaten im Städtebaurecht gelten auch für § 43g, vgl. zur Einschaltung eines Dritten in der Bauleitplanung Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, § 4b Rn 1 ff m. w. N. Aktuell Mehde, DVBL 2020, 1312. 3 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 4 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Nach § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV soll vor der eigentlichen Antragstellung zwischen Behörde und Vorhabenträger erörtert werden, ob eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann, indem sich der behördliche Verfahrensbevollmächtigte auf Vorschlag oder mit Zustimmung und auf Kosten des Antragstellers eines Projektmanagers bedient. Die Ersetzung des ursprünglich in § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV verwendeten Begriffs des „Dritten“ durch „Projektmanager“ hatte keine Änderung in der Sache zur Folge. 5 BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 6 Vgl. zur Intention des Gesetzgebers BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 7 Hadlich/Rennhack, LKV 1999, 9; Ortloff, NVwZ 2012, S. 17 (18). 8 Vgl. Rockitt, UPR 2016, S. 435 f. 9 Insofern ist die vereinzelt gebliebene und wenig überzeugende Rechtsprechung, wonach bereits die Möglichkeit einer Befangenheit eines Planungsbüros nicht von der Hand zu weisen sei, wenn das Büro aufgrund seiner Beauftragung erhebliche wirtschaftliche Interessen an dem Fortgang des Projektes habe (OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009 – 10 D 121/07 –) schon dem Grunde nach auf den Projektmanager nicht anzuwenden. Vgl. aber jüngst OVG Lüneburg 12. Senat, Beschl. v. 11.2.2019 – 12 ME 219/18 –. 10 Vgl. hierzu Rn 33. 11 BGBl. I 2011 S. 1690. Nebel/Riese
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2. Verhältnis zur Planungsbehörde
NABEG § 29
Der Gesetzgeber hat durch Art. 2 Nr. 26 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energielei- 8 tungsausbaus12 vom 13. Mai 2019 mit Wirkung zum 17. Mai 2019 § 43g geändert. Ergänzt wurde, dass der Projektmanager auch als Verwaltungshelfer beschäftigt werden kann; zudem wurden die Nr. 4 und 5 neu eingefügt.13 Inhaltlich sind die vorgenommenen Änderungen ohne Bedeutung; es handelt sich um von den relevanten Regelungen der Beschleunigungsgesetzgebung mitgezogenes Gesetzgebungsmaterial. Die Vorschrift erfuhr im Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen und ist wortgleich mit dem ursprünglichen Entwurf. Eine parallele und weitgehend wortgleiche Regelung findet sich in § 43g EnWG. 9
II. Beauftragung eines Dritten (§ 29 S. 1 Nr. 1–9) 1. Projektmanager Der Dritte und der Projektmanager unterscheiden sich nicht. Aus dem Umstand, dass in der Überschrift des § 29 von Projektmanager, im Normtext selbst hingegen von Dritten gesprochen wird, folgen keine inhaltlichen Konsequenzen, beide Begriffe werden synonym verwendet. § 29 stellt keine spezifischen Anforderungen an die Qualifikation des Projektmanagers, theoretisch kann jede rechtlich selbstständige natürliche oder juristische Person außerhalb der Planfeststellungsbehörde und des konkreten Verwaltungsverfahrens beauftragt werden.14 Ohne vertiefte Expertise und Praxiserfahrungen im Planfeststellungsrecht kann der Projektmanager die Behörde indes nicht unterstützen; der Projektmanager erbringt insofern (zumindest immer auch) rechtliche Beratungstätigkeiten; eine reine organisatorische Bewältigung des Vorgangs würde auch zu keiner Verfahrensbeschleunigung führen. Der Projektmanager muss daher eigenständig in der Lage sein, die konkreten rechtlichen Fragen zu bewerten und die Konstellationen rechtlich eigenständig zu analysieren. Erst auf dieser Grundlage kann der Projektmanager seine Verfahrenssteuerungskompetenz und mediatorischen Fähigkeiten einbringen.15 Das heißt aber nicht, dass der Projektmanager eine (abschließende) inhaltliche Bewertung der Gutachten oder Stellungnahmen vornehmend darf.16 Der Dritte ist grds. als Verwaltungshelfer einzuordnen,17 er ist damit insbesondere nicht Teil der beauftragenden Behörde oder Beliehener. Der Gesetzgeber hat nun klarstellend ergänzt, dass der Projektmanager auch als Verwaltungshelfer tätig sein kann.18 Das Gesetz stellt keine Anforderungen an die Neutralität des Dritten. „Dritter“ im Sinne von § 43g ist aber nur ein am konkreten Verwaltungsverfahren Unbeteiligter.19 Da der Projektmanager im Auftrag und nach Weisung der Behörde tätig werden muss, ist auch nach § 20 Abs. 1 VwVfG die Verfolgung von Eigeninteressen an der Planung unzulässig.20
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2. Verhältnis zur Planungsbehörde Der Dritte wird im Auftrag der zuständigen Behörde tätig. Das vertragliche Innenverhältnis 14 besteht demnach zwischen Behörde und Projektmanager. Die Beauftragung des Dritten er12 13 14 15 16 17 18 19 20 907
BGBl. I 2019 S. 706. BT-Drucks. 19/7375, S. 24. Säcker/Pielow, § 43g Rn 2. Vgl. dazu auch Moench/Ruttloff, NVwZ 2011, S. 1040 (1045). Vgl. dazu Rn 21. Zur Einordnung des Projektmanagers als Verwaltungshelfer vgl. Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 393, Fn. 4. Klarstellend nun BT-Drucks. 19/7375, S. 62. Vgl. dazu auch Rn 15 ff. Danner/Theobald/Missling, Energierecht, § 43g Rn 6-7. Nebel/Riese
§ 29 NABEG
III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung
folgt in der Regel auf Grundlage eines Werkvertrags (§§ 631 ff BGB). Wegen der Vertraulichkeit und der Wahrung des Datenschutzes muss im Innenverhältnis zwischen Behörde und Projektmanager sichergestellt werden, dass dieser wie die Behörde die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen zum Umgang mit Daten einhält.21
III. Voraussetzungen und Wirkung der Beauftragung 1. Entscheidung über den Einsatz (§ 29 S. 1 a. E.) 15 Die Beauftragung eines Projektmanagers erfordert ein Zusammenwirken von Genehmigungsbehörde und Vorhabenträger. Sowohl die Behörde als auch der Vorhabenträger können den Einsatz eines Projektmanagers vorschlagen. Kommt der Vorschlag von Seiten der Behörde, ist die Zustimmung des Vorhabenträgers für den Einsatz des Projektmanagers erforderlich.22 Dies führt allerdings in der Praxis lediglich dazu, dass dem Vorhabenträger der Einsatz des privaten Dritten nicht in Rechnung gestellt werden. Denn der Einsatz von Verwaltungshelfern durch die Behörde war bereits vor Inkrafttreten des NABEG möglich und kann unabhängig von § 29 erfolgen.23 Die letztendliche Entscheidung über die Beauftragung eines Projektmanagers liegt nach 16 dem Wortlaut des § 29 S. 2 im Ermessen der Behörde. Sie muss insbesondere einem Vorschlag des Vorhabenträgers nicht folgen. Die Entscheidung über den Einsatz erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde. Das Zustimmungserfordernis ist keine verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeitsvorausset17 zung für den Einsatz des Dritten, sondern Voraussetzung dafür, dass die Behörde die Kosten des Projektmanagers gegenüber dem Vorhabenträger abrechnen kann.24 Hat er dem Einsatz des Projektmanagers nicht zugestimmt, können gegenüber dem Vorhabenträger keine Kosten geltend gemacht werden. Der Einsatz eines Projektmanagers ohne Zustimmung des Vorhabenträgers ändert nichts an 18 der Wirksamkeit der Beauftragung des Managers. Die Verfahrensschritte, die vom Projektmanager vorbereitet oder durchgeführt werden, bleiben wirksam. Die fehlende Zustimmung des Vorhabenträgers ist in der Regel nach § 46 VwVfG unbeachtlich und hat somit keine rechtlich nachteiligen Auswirkungen auf die Entscheidung über die Bundesfachplanung oder die Planfeststellungsentscheidung. Aus der Norm ergibt sich nicht, ob die Zustimmung des Vorhabenträgers jeweils zur Über19 tragung einzelner Aufgaben oder nur einmalig erforderlich ist. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist zur Ausschöpfung der Beschleunigungspotenziale ein effektives Zusammenwirken von Vorhabenträger und Projektmanager angestrebt. Demnach ist die Abstimmung zwischen beiden dergestalt geboten, dass einvernehmlich über die Übernahme von konkreten Aufgaben entschieden wird.
2. Übertragbare Aufgaben (§ 29 S. 1 Nr. 1–9) 20 S. 1 enthält neun Aufgaben, die von dem privaten Dritten übernommen werden können. Die Aufzählung ist ausweislich des Wortlauts („wie“) nicht abschließend. Der Gesetzgeber hat insofern eine Öffnungsklausel für die dem Projektmanager übertragbaren Aufgaben eingeführt. Die Öffnungsklausel gilt aber nur für die Durchführung von Verfahrensvorschriften. 21 22 23 24
BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Vgl. dazu auch § 117b EnWG Rn 12. Säcker/Naujoks, NABEG § 29 Rn 7, 14. Säcker/Naujoks, § 29, NABEG, Rn 7,14. A. A.: de Witt/Scheuten/Scheuten, § 29, Rn 28.
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V. Wirkung auf die Entscheidung über die Bundesfachplanung und Planfeststellung
NABEG § 29
Genuine Hoheitsaufgaben hat die Genehmigungsbehörde – zumindest in der Regel – aus- 21 schließlich durch eigene Bedienstete wahrzunehmen.25 Soll der private Dritte Aufgaben übernehmen und ausführen, die nicht Teil der Nr. 1–9 sind, muss die Aufgabenübertragung von der Öffnungsklausel des § 29 gedeckt sein. Dies grds. dann der Fall, wenn die Tätigkeiten des Projektmanagers keine hoheitlichen Aufgaben sind, also „nicht unmittelbar in den Kern des Abwägungsvorgangs vorstoßen“. Die Letztverantwortung der Planfeststellungsbehörde muss gewahrt bleiben.26
IV. Anwendungsbereich Der Projektmanager kann im Verfahren der Bundesfachplanung und im Planfeststellungsverfahren unterstützend tätig werden. Dies ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus dem Umstand, dass die Regelung über den Projektmanager in den 4. Abschnitt „Gemeinsame Vorschriften“ aufgenommen wurde. Dem Einsatz des Dritten muss ein Vorschlag oder die Zustimmung des Vorhabenträgers vorausgehen. Andernfalls können ihm gegenüber keine Kosten geltend gemacht werden.27 Der Einsatz eines Projektmanagers ist in jedem Punkt des Verfahrens zulässig. Ebenso ist es zulässig, dem Projektmanager im Laufe des Verfahrens weitere Tätigkeiten zu übertragen. Ihm müssen nicht bestimmte Tätigkeiten oder Tätigkeiten in bestimmtem Umfang bereits von Beginn an übertragen werden. Der Projektmanager darf (und sollte) bereits vor der Eröffnung des förmlichen Verfahrens durch die Stellung des Antrags des Vorhabenträgers tätig sein. Zwar endet die Aufzählung der übertragbaren Tätigkeiten in Nr. 9 mit der Leitung des Erörterungstermins. Dies ist aber keineswegs als zeitliche Grenze für die Beauftragung des Projektmanagers zu verstehen. Mit Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses endet die Tätigkeit des Projektmanagers i. S. d. § 29. Der Projektmanager kann die Behörde auch in den Klageverfahren unterstützen; es steht dem Vorhabenträger zudem offen, den mit dem Vorhaben vertrauten Projektmanager in eigener Verantwortung weiter im Rahmen der Verwirklichung des Vorhabens nach der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zu beteiligen. Die Zustimmung bzw. der Vorschlag des Vorhabenträgers zum Einsatz des Projektmanagers verliert seine Rechtswirkung mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Im Verfahren der Planänderung muss der Vorhabenträger erneut zustimmen bzw. einen Vorschlag unterbreiten.
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V. Wirkung auf die Entscheidung über die Bundesfachplanung und Planfeststellung Der private Dritte ist von einem unmittelbaren Mitwirken an der Entscheidung über die Bun- 26 desfachplanung und den Planfeststellungsbeschluss ausgeschlossen (S. 2).28 Dies verdeutlicht, dass der Projektmanager den Entscheidungsprozess lediglich vorbereiten und unterstützen darf, jedoch an der Entscheidung selbst nicht mitwirken darf.29 Eine unmittelbare Wirkung auf den Planfeststellungsbeschluss und die Entscheidung über 27 die Bundesfachplanung ist nach S. 2 unzulässig. Planung ist eine genuin hoheitliche Aufgabe, sodass bereits der Vorbehalt des Gesetzes ein Wirken des privaten Dritten im Verwaltungsverfahren untersagt. Konkret bedeutet dies, dass die Verantwortung für die Vollständigkeit des Abwägungsmaterials, die Gewichtung des Abwägungsmaterials sowie die Abwägung selbst den 25 26 27 28 29 909
Vgl. OVG Lüneburg 12. Senat, Beschl. v. 11.2.2019 – 12 ME 219/18 –. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Vgl. dazu Rn 28 f. Vgl. dazu Rn 22. Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. Nebel/Riese
§ 29 NABEG
VI. Finanzierung
Befugnissen des Projektmanagers entzogen ist. Gleiches gilt für die inhaltliche Bewertung von Gutachten und Fachbeiträgen.
VI. Finanzierung 1. Kostentragung 28 Die Finanzierung des Einsatzes des privaten Dritten erfolgt auf Kosten des Vorhabenträgers. Da der Vorhabenträger die Kosten zu tragen hat, wird die Einsetzung eines Projektmanagers nur dann in seinem Interesse liegen, wenn sie voraussichtlich zu einer erheblichen Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens führen wird.30 Soweit die von dem Dritten übernommenen Aufgaben vorher von der Planfeststellungsbe29 hörde wahrgenommen wurden, ergeben sich für die Vorhabenträger zusätzliche Kostenbelastungen. Eine Ermäßigung der Genehmigungsgebühren ist bislang als Ausgleich nicht vorgesehen, wäre allerdings nach dem Äquivalenzprinzip angemessen. Durch die Kostenfolge des § 29 S. 1 trägt der Vorhabenträger einen Teil der Verwaltungskosten. Kritisiert wird, dass dies mit dem System der Erhebung einer Verwaltungsgebühr nicht im Einklang stehe.31
2. Vergabeverfahren 30 Sobald für den Einsatz des Projektmanagers ein Vergabeverfahren erforderlich ist, dürfte der gesetzlich intendierte Beschleunigungseffekt ausbleiben.32 Die Beauftragung eines Projektmanagers nach § 43g EnWG durch die Planfeststellungsbe31 hörden als staatlicher öffentlicher Auftraggeber i. S. v. § 99 Nr. 1 GWB stellt einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag i. S. v. § 103 Abs. 1, 4 GWB dar.33 Aufgrund der im Normalfall einschlägigen besonderen Ausnahmeregelung des § 116 Abs. 1 32 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB besteht indes keine Pflicht zur Anwendung des GWB-Kartellvergaberechts und damit keine Pflicht zur Durchführung eines europaweit bekanntzumachenden Vergabeverfahrens, soweit der Projektmanager (auch) als Rechtsanwalt im Sinne von § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung tätig ist und er im Rahmen der Beauftragung nach § 43g EnWG Rechtsdienstleistungen erbringt. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB ist das GWB-Kartellvergaberechts nicht anzuwenden 33 auf Rechtsdienstleistungen, durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen, dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird. Der Sinn und Zweck der Tätigkeit eines Projektmanagers ist durch seine Tätigkeiten gerichtlichen Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit den Leitungsbauvorhaben zu vermeiden bzw. das Risiko einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschusses oder -genehmigung zu verringern, was zwingend erfordert, durchgehend rechtliche Bewertungen des von ihm unterstützten Verfahrens vorzunehmen, um so die gesetzlich intendierte Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.34 30 So Landmann/Rohmer/Kutscheidt/Dietlein, 9. BImSchV, § 2 Rn 17 zum Projektmanager im immissionsschutzrechtlichen Verfahren. 31 Vgl. Danner/Theobald/Missling, Energierecht, § 43g Rn 16. 32 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 31. 33 Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 395. 34 So auch VK Südbayern, Beschluss v. 22.12.2015 – Z3-3/3194/1/48/09/15. Der Beschluss ist durch die Rücknahme des Antrags gegenstandslos geworden (OLG München, Beschl. v. 8.3.2016 – Verg 01/16). Nebel/Riese
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3. Vertragsbeendigung
NABEG § 29
Ungeachtet der Ausnahmeregelung von § 116 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) Alt. 2 GWB sind die Tätigkei- 34 ten des Projektmanagers als Rechtsdienstleistungen einzuordnen. Diese sind als juristische Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV zur Richtlinie 2014/24/EU und somit als soziale und andere besondere Dienstleistungen i. S. v. § 130 GWB einzuordnen.35 Die Anwendung des GWB-Kartellvergaberechts besteht daher ab Erreichen des Auftragsschwellenwerts von 750.000,00 EUR.
3. Vertragsbeendigung Auch nach Zustimmung des Vorhabenträgers bzw. dessen Vorschlag zur Einsetzung des Dritten behält die Behörde sämtliche Verwaltungskompetenzen. Sie kann das Verfahren jederzeit an sich ziehen und (wieder) sämtliche Schritte in Eigenregie vorbereiten und durchführen. Dazu kann die Behörde jederzeit den privaten Dritten aus seiner Tätigkeit entlassen. Unter den gegebenen Umständen kann sich diese Pflicht zur Ermessensausübung zu einer Verpflichtung verdichten, den Projektmanager abzuberufen oder ihm bestimmte Aufgaben zu entziehen. Ob der Vorhabenträger seine Zustimmung bzw. seinen Vorschlag zum Einsatz des Dritten später zurückziehen kann, ist nicht geregelt. Die auf ihm lastende Finanzierungsverantwortlichkeit spricht dafür, dass er die Absetzung des Projektmanagers in seiner Verantwortung hat. Zudem obliegt es dem Vorhabenträger, mit dem Projektmanager zusammenzuarbeiten und ihn in das Verfahren und seine Vorbereitung einzubeziehen. Der Vorhabenträger kann seine Zustimmung daher jederzeit zurückziehen, sofern dafür ein sachlicher Grund gegeben ist. Ein grundloser Entzug der Zustimmung ist nicht möglich, da das Verwaltungsverfahren dadurch unnötig verzögert würde. Es empfiehlt sich, entsprechende Regelungen in den Vertrag zur Beauftragung des Projektmanagers aufzunehmen. Im Verhältnis zwischen Behörde und Drittem kann der Werkvertrag nach § 649 S. 1 BGB durch die Behörde bis zur Vollendung des Werkes jederzeit – auch ohne Angabe von Gründen – gekündigt werden. Die Kündigung nach § 649 S. 1 BGB ist an keinerlei Voraussetzungen gebunden. Kündigt die Behörde den Werkvertrag, so ist der Projektmanager nach § 649 S. 2 BGB berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Für die Vertragsgestaltung empfiehlt sich zur Erleichterung der Berechnung der Vergütung in einem solchen Fall die Aufnahme einer entsprechenden Klausel. Andernfalls wird nach § 649 S. 3 BGB vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.
35 So auch Appel/Eding, EnWZ 2017, 392, 395. 911
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§ 30 Kostenpflichtige Amtshandlungen (1) Die Bundesnetzagentur erhebt für folgende Amtshandlungen nach diesem Gesetz kostendeckende Gebühren und Auslagen: 1. Feststellung der Raumverträglichkeit im vereinfachten Verfahren nach § 11 Absatz 2, 2. Entscheidungen nach § 12 Absatz 2 Satz 1, 3. Planfeststellungen nach § 24 Absatz 1, 4. Entscheidungen nach § 25 Absatz 4 Satz 4, 5. Entscheidungen nach § 5a Absatz 3 Satz 1 und 6. Plangenehmigungen nach § 24 Absatz 4. Wird ein Antrag auf eine der in Absatz 1 genannten Amtshandlungen nach Beginn der sachlichen Bearbeitung zurückgenommen, ist derjenige Teil der für die gesamte Amtshandlung vorgesehenen Gebühr zu erheben, der dem Fortschritt der Bearbeitung entspricht. Für einen Antrag, der aus anderen Gründen als der Unzuständigkeit der Behörde abgelehnt wird, ist die volle Gebühr zu erheben. Die Gebühr kann ermäßigt werden oder es kann von der Erhebung abgesehen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. (2) Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der Länge der zu planenden Trasse. Bei der Durchführung der Bundesfachplanung ist die geographische Entfernung der durch eine Trasse zu verbindenden Orte (Luftlinie) maßgeblich. Die Gebühr für Amtshandlungen nach Absatz 1 Nummer 2 beträgt 30.000 Euro je angefangenem Kilometer. Für die Durchführung der Planfeststellung richtet sich die Gebühr nach der mittleren Länge des im Rahmen der Bundesfachplanung festgelegten Korridors. Für Amtshandlungen nach Absatz 1 Nummer 3 beträgt die Gebühr 50.000 Euro je angefangenem Kilometer. Bei Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1,4 und 6 beträgt die Gebühr jeweils 10.000 Euro je angefangenem Kilometer. Bei Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beträgt die Gebühr 5 000 Euro je angefangenem Kilometer. (3) Die Gebühren für Amtshandlungen nach Absatz 1 Nummer 2 und 3 werden in mehreren Teilbeträgen erhoben. Von der Gebühr für die Amtshandlung nach Absatz 1 Nummer 2 sind ein Drittel innerhalb eines Monats ab Antragstellung zu entrichten, ein zweites Drittel innerhalb eines Jahres ab Antragstellung und das letzte Drittel mit Abschluss des Verfahrens. Von der Gebühr für die Amtshandlung nach Absatz 1 Nummer 3 sind ein Fünftel innerhalb eines Monats ab Antragstellung, das zweite, dritte und vierte Fünftel jeweils ein halbes Jahr später, spätestens jedoch zugleich mit dem fünften Fünftel bei Abschluss des Verfahrens zu entrichten. (4) Die Gebühren für Amtshandlungen zuständiger Landesbehörden richten sich nach den Verwaltungskostengesetzen der Länder.
Übersicht 1.
I.
Allgemeines
1
II.
Kostenbegriff
III. 1. 2. 3.
Kostenpflichtige Amtshandlungen 10 Entscheidungen 12 Antragsrücknahme 15 Ablehnung
IV.
Festsetzungsverfahren
2. 3. 4. 5. 6.
Gebührenhöhe 16 16 a) Bundesfachplanung 20 b) Planfeststellung 23 Kostenteilentscheidungen Ermäßigung aus Billigkeitsgründen 28 Kostenschuldner 29 Fälligkeit 31 Verjährung
V.
Rechtsschutz
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Serong/Salm https://doi.org/10.1515/9783110670516-075
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I. Allgemeines
NABEG § 30
I. Allgemeines Teil der Problemanalyse zu Verzögerungen in Genehmigungsverfahren im Gesetzgebungsverfah- 1 ren war das Fehlen einer angemessenen Ausstattung und Finanzierung der Genehmigungsbehörden. Diese erfolgt nach Landesrecht sowie den jeweiligen Gebührenordnungen und erschien überwiegend als nicht kostendeckend bei Genehmigungsverfahren für neue Stromübertragungsleitungen. Jedenfalls hatte das Gebührenaufkommen nicht zu einer angemessenen Ausstattung der Genehmigungsbehörden geführt. Das NABEG trifft auf Ebene des Bundesgesetzes eine klare Entscheidung, indem die Verfahren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung durch die BNetzA einer pauschalen und gesetzlich vorgegebenen Kostenerstattung unterliegen. 2 Zu den Bürokratiekosten durch diese Gebühren führt der Gesetzentwurf aus: „Die für die Übertragungsnetzbetreiber aufkommenden Gebühren fließen in die Preiskalkulation und damit in die Netzentgelte ein. Dies ist nicht anders als bei den heute ausschließlich in Ländern erhobenen Gebühren. Die Auswirkungen auf den Strompreis für Haushalte und Industrie werden sehr gering sein. Würden die ca. 850 km Ausbaumaßnahmen nach dem Energieleitungsausbaugesetz nach dem vorliegenden Verfahren durchgeführt und die Kosten über die Netzentgelte refinanziert, würden die Netzentgelte für einen durchschnittlichen Haushaltskunden bei einer insgesamt fünfjährigen Verfahrensdauer um 0,04 Prozent/a oder unter 0,01 Cent/kWh beeinflusst.“1
Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 17/6073 S. 31 und S. 32:
3
„Mit der Gebührenregelung in § 30 wird ein sehr einfaches und leicht verständliches System für die Refinanzierung der öffentlichen Planungskosten bereitgestellt. Wichtigste Gesichtspunkte dabei sind die abschließende Normierung im Gesetz und die völlig unkomplizierte Anwendbarkeit bei Vollzug. Die Gebührenhöhe orientiert sich an den voraussichtlich entstehenden Gesamtkosten für die jeweilige Amtshandlung im Rahmen der Bundesfachplanung und der Planfeststellung. Diese setzen sich zusammen aus: – Kosten für das unmittelbar bei der Trassenplanung einzusetzende Personal, – anteilige Personalkosten der Querschnittsbereiche, – voraussichtliche Kosten spezieller Investitionen (z. B. IT-Hard- und -Software). Die Gebührenhöhe orientiert sich am Verwaltungsaufwand, der primär durch die Größe bzw. Länge des Vorhabens bestimmt wird. Dabei ist aber aus Vereinfachungsgründen nicht darauf abzustellen, welcher Aufwand konkret mit einzelnen Plantrassen verbunden ist, sondern in stark pauschalierender Weise eine Durchschnittsbetrachtung pro Trassenlänge über sämtliche Vorhaben zu ermitteln. Für die getrennte Kalkulation der Gebühren für die unterschiedlichen Planungsverfahren wird unterstellt, dass durchschnittlich drei Achtel der Kosten auf die Bundesfachplanung und fünf Achtel auf die Planfeststellung entfallen. Daraus ergäben sich Gebühren von 30.000 bzw. 50.000 Euro je Plankilometer. Der Anknüpfungspunkt Luftlinie wird deshalb gewählt, weil damit die Gebührenhöhe sofort bei Beantragung des Verfahrens feststeht, und die anhand anderer Kriterien zu treffenden Entscheidungen über den Trassenverlauf nicht durch sachfremde Erwägungen im Hinblick auf die Planungskosten beeinflusst werden.“
Es wird der Wille des Gesetzgebers dokumentiert, die zuständige Behörde mit einer angemesse- 4 nen und möglichst situationsunabhängigen Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln zu versehen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Haushalt der BNetzA Teil des Einzeletats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist. Gebühreneinnahmen der nachgeordneten Behörden fließen mithin in den Bundeshaushalt. Ebenfalls gleich mitgeregelt ist eine Teilzahlungsverpflichtung mit einer schrittweisen 5 Festsetzungsmöglichkeit vor Bekanntgabe der Entscheidungen. Im Übrigen gilt das Bundesgebührengesetz (BGebG) des Bundes. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 6 BGebG gilt das Bundesgebührengesetz (auch) für die Erhebung von Gebühren und Auslagen durch Behörden des Bundes nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften (hier: das NABEG), soweit dort (also im NABEG) nichts anderes bestimmt ist. Die Regelungen zur Gebührenhöhe in § 30 Abs. 2 gehen also den (allgemeineren) Bestimmungen des BGebG vor. Dem steht § 2 Abs. 2 1 BT-Drucks. 17/6073, S. 4. 913
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§ 30 NABEG
III. Kostenpflichtige Amtshandlungen
S. 2 Nr. 3 BGebG nicht entgegen, da die Bundesnetzagentur im Bereich des Stromnetzausbaus nicht als Regulierungsbehörde im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes auftritt.2 Da das NABEG vor dem 15.8.2013 erlassen wurde, gelten die Vorschriften des Bundesgebührengesetzes auf Grund der Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 2 BGebG außerdem nur mit den besonderen Maßgaben des § 23 Abs. 3 bis 7 (vgl. Rn 7 und 12). § 23 Abs. 2 bis 8 BGebG wiederum treten am 1.10.2021 außer Kraft (§ 24 BGebG).
II. Kostenbegriff 7 Abgedeckt durch die pauschalen Gebührensätze in Abs. 2 sind alle verwaltungseigenen Aufwendungen, insbesondere Personal- und Sachkosten.3 Darüber hinaus sind die Auslagen gem. Abs. 1 S. 1 zu erstatten. Für den Auslagenbegriff ist § 10 VwKostG (vgl. die Übergangsregelung in § 23 Abs. 2 und 6 BGebG4) heranzuziehen. Die Erhebung von Auslagen ist nur vorgesehen, wenn diese Kosten nicht durch die festge8 setzte Gebühr abgedeckt sind.5 Die Berücksichtigung von Auslagen in Gebühren ist nur dann möglich, wenn die Gebühr als Rahmengebühr ausgestaltet ist. Dann kann die Festsetzung im Einzelfall die Auslagen miterfassen. Dies ist angesichts der gesetzlichen Festgebühren des Abs. 2 nicht möglich. Darüber hinaus sollen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung neben Gebühren Ausla9 gen nur dann erhoben werden, wenn sie selten vorkommen oder wertmäßig stark ins Gewicht fallen.6 In den Bundesfachplanungs- und Planfeststellungsverfahren kann dies insbesondere der Fall sein bei Kosten für die öffentliche Bekanntmachung (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 VwKostG), Kosten für Gutachten und Sachverständige (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 VwKostG)7 oder für Raummieten für Antragskonferenzen und Erörterungstermine (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 VwKostG). Die ggf. anfallenden Kosten eines Projektmanagers nach § 29 S. 1 werden ebenfalls gesondert erfasst und abgerechnet.8
III. Kostenpflichtige Amtshandlungen 1. Entscheidungen 10 Sechs Amtshandlungen sind grds. gebührenfähig: 1. Die Entscheidung im vereinfachten Verfahren nach § 11 Abs. 2. Gegenstand der Entscheidung ist eine vereinfachte Raumverträglichkeitsprüfung mit betroffenen Trägern öffent-licher Belange. Eine SUP ist nicht erforderlich gewesen. Es handelt sich nach § 6 um ein Antragsverfahren. 2. Die Entscheidung im Regelverfahren der Bundesfachplanung nach § 12 Abs. 2 S. 1. Es handelt sich nach § 6 um ein Antragsverfahren. 2 Prömper/Stein, § 2 Rn 13 f Jedenfalls die Verfahren gem. §§ 4 ff NABEG stellen keine justizähnlichen Verfahren i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BGebG – wie beispielsweise im Falle von Verfahren der Beschlusskammern der Bundesnetzagentur gem. § 59 Abs. 1 S. 1 EnWG – dar, sondern Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 VwVfG (analog). 3 Siehe auch die Begründung in Rn 5. 4 Eingehend zu fortgeltenden Regelungen des VwKostG siehe Prömper/Stein, § 23 Rn 2, 19 ff Sinn und Zweck der Fortgeltung bisherigen Gebührenrechts in bestimmten Konstellationen ist v. a. die Vermeidung einer Vermischung von Kalkulationsgrundlagen; hierzu Prömper/Stein, § 23 Rn 1. 5 Prömper/Stein, § 23 Rn 27 unter Hinweis auf das Verbot der Doppelerhebung. 6 Prömper/Stein, § 23 Rn 27; Schlabach, § 10 Rn 2. 7 Beschl. d. Bayer. VGH vom 18.11.2008 – 19 ZB 08 2240 –. 8 A. A. Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 30 Rn 13, die § 10 VwKostG offensichtlich eine Sperrwirkung zubilligt. Dies trägt allerdings dem Spezialitätsverhältnis des § 29 nicht angemessen Rechnung (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 BGebG). Serong/Salm
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2. Antragsrücknahme
NABEG § 30
3. 4.
Die Planfeststellung nach § 24 Abs. 1. Es handelt sich nach § 19 um ein Antragsverfahren. Entscheidungen bei unwesentlichen Änderungen oder Erweiterungen nach § 25 Abs. 4 S. 4.9 Hier handelt es sich um ein Anzeigeverfahren, in der konkreten Ausgestaltung aber auch um ein Antragsverfahren. Die Behörde ist verpflichtet, binnen einen Monats auf die Anzeige zu bescheiden.10 5. Entscheidungen bei Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a Abs. 3 S. 1. Bei einem Antrag auf Bundesfachplanungsverzicht ist innerhalb von acht Wochen nach Einreichung entsprechender Unterlagen über das Erfordernis der Durchführung einer Bundesfachplanung zu entscheiden. Die mit der Novelle des NABEG 201911 eingeführten neuen Nummern 5 und 6 sind das gebührenrechtliche Pendant zu den neu eingeführten Möglichkeiten beschleunigter Genehmigungsverfahren nach § 5a und § 24 Abs. 5. Die Gebührenhöhe für letztere Entscheidungen ist dementsprechend gegenüber dem Regelverfahren reduziert, vgl. § 30 Abs. 2 S. 6 und 7. 6. Plangenehmigungen nach § 24 Abs. 4. An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung nach § 24 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG erteilt werden, wenn die kumulativen Voraussetzungen des § 74 Abs. 6 VwVfG vorliegen. Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkung der Planfeststellung. Da für Planfeststellungsentscheidungen nach Nr. 3 und Plangenehmigungen nach Nr. 4 keine 11 Zuständigkeiten für Landesbehörden verbleiben (§ 31 Abs. 2 i. V. m. § 1 PlfZV), findet sich für Abs. 4 lediglich der Anwendungsfall, dass Länder Aufgaben der vorzeitigen Besitzeinweisung und Enteignung nach § 27 erfüllen (vgl. § 31 Abs. 2).
2. Antragsrücknahme Wird ein Antrag nach Beginn der sachlichen Bearbeitung zurückgenommen, ist derjenige Teil 12 der für die gesamte Amtshandlung vorgesehenen Gebühr zu erheben, der dem Fortschritt der Bearbeitung entspricht. Eine Rücknahme vor Beginn der sachlichen Bearbeitung bleibt folgenlos. Der Beginn der sachlichen Bearbeitung ist in den Regelverfahren nach NABEG durch die Ladung zur Antragskonferenz nach § 7 Abs. 1, 2 und 20 Abs. 1, 2 sicher festzustellen. Regelmäßig zählt aber auch bereits die Prüfung der Vollständigkeit des eingereichten Antrags zur sachlichen Bearbeitung der Behörde.12 Dies gilt insbesondere, soweit die Vollständigkeitsprüfung ggf. zur Dokumentation der nachzubessernden oder zu ergänzenden Antragsinhalte geführt hat. Eine Rücknahme vor der Einladung zur Antragskonferenz bleibt daher nicht in jedem Fall kostenfrei. Besonders augenfällig sind Konstellationen, in denen gerade die sachliche Befassung der Behörde mit dem Antrag den Vorhabenträger zur Rücknahme des Antrags veranlasst hat. Die Behörde ist dann veranlasst, den angefallenen Aufwand zu ermitteln, der dem Fort- 13 schritt der Bearbeitung entspricht. Der Gesetzgeber hat durch die Teilzahlungsregelung in Abs. 3 eine Annahme zur Aufteilung des Arbeitsaufwands der Verwaltung getroffen. Danach wird von einer zügigen Behandlung der Anträge ausgegangen und ein Monat nach Antragstellung ist das erste Drittel bzw. Fünftel festzusetzen. Daran kann sich die Behörde bei der Feststellung des sachlichen Aufwands orientieren und von Rückzahlungen der geleisteten Teilzahlungen absehen, wenn sie nicht über Erkenntnisse verfügt, die einen anderen Fortschritt der Bearbeitung darlegen. 9 Der Verweis in Nr. 4 unterlag in einer früheren Fassung einem Redaktionsversehen (fälschlicher Weise wurde auf „§ 25 Satz 6“ Bezug genommen), die jetzige Fassung beruht auf dem Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021, BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298. 10 Siehe hierzu § 25 Rn 67. 11 Das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 ist am 17. Mai 2019 in Kraft getreten. 12 So im Ergebnis auch Schink/Versteyl/Dippel/Stender-Vorwachs, § 30 Rn 24. 915
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IV. Festsetzungsverfahren
Wird ein Antrag nicht vollständig zurückgenommen, sondern kommt es im Zuge des Verfahrens zu einer Planänderung, ist zu prüfen, ob es sich bei der Planänderung um eine teilweise Rücknahme des Antrags und einen (teilweise) neuen Antrag handelt. Gleiches gilt, wenn zwei begonnene Bundesfachplanungs- oder Planfeststellungsverfahren nach § 5b Abs. 1 bzw. § 26 zum Zwecke einer einheitlichen Entscheidung auf Antrag des Vorhabenträgers verbunden werden.
3. Ablehnung 15 Wird ein Antrag aus anderen Gründen als der Unzuständigkeit der Behörde abgelehnt, wird die volle Gebühr fällig. Je nach Verfahrensstand zum Zeitpunkt der Ablehnung ist über eine Ermäßigung aus Billigkeitsgründen zu entscheiden. Fraglich erscheint, ob die Ablehnung aufgrund der Unzuständigkeit der Behörde überhaupt keine Kostenfolgen auslöst. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Erhebung einer vollen Gebühr. Im Umkehrschluss scheint aber auch – ggf. in entsprechender Anwendung von Abs. 1 S. 2 – die Erhebung des Teils der für die gesamte Amtshandlung vorgesehenen Gebühr, der dem Fortschritt der Bearbeitung entspricht, möglich. Denkbar scheint dies beispielsweise für einen Fall, in dem der Vorhabenträger im Laufe eines Genehmigungsverfahrens den Anfangs- oder Endpunkt einer Leitung so verändert, dass die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur nach § 31 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 nicht mehr gegeben ist.
IV. Festsetzungsverfahren 1. Gebührenhöhe 16 a) Bundesfachplanung. Die Gebührenhöhe ist durch Gesetz und pauschal geregelt: in der Bundesfachplanung beträgt die Gebühr für jeden angefangenen Kilometer des Trassenkorridors 30.000 A. Dabei richtet sich die Höhe der Gebühr zwar gem. § 30 Abs. 2 S. 1 grundsätzlich nach der Länge der zu planenden Trasse. Insofern unberücksichtigt bleiben die Zahl und die Länge der im Rahmen der Bundesfachplanung zu prüfenden alternativen Trassenkorridore, obwohl sie den Aufwand des Verfahrens maßgeblich mitbestimmen. Bei der Durchführung der Bundesfachplanung ist allerdings gem. § 30 Abs. 2 S. 2 für die Bemessung der Gebühr die geographische Entfernung in Luftlinie zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt des Vorhabens maßgeblich. Beispiel Das Vorhaben Nr. 11 des Bundesbedarfsplans zwischen Bertikow (Brandenburg) und Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) überbrückt in Luftlinie 29 km. Dies ist der Maßstab für die Gebührenbemessung. Die Länge des im Antrag nach § 6 NABEG vorgeschlagenen Trassenkorridors (32 km) sowie der 12 in Frage kommenden Alternativen (jeweils zwischen 30 und 33 km) bleibt unberücksichtigt.
17 Im Falle eines vereinfachten Verfahrens gem. § 11 erhebt die Bundesnetzagentur kostendeckende Gebühren und Auslagen für die Feststellung der Raumverträglichkeit im vereinfachten Verfahren gem. Abs. 1 S. 1 Nr. 1. Für die Berechnung der Gebührenhöhe bleibt es insofern bei der Bemessungsgrundlage der Luftlinie i. S. d. Abs. 2 S. 2. Entscheidend ist, dass auch eine vereinfachte Bundesfachplanung die „Durchführung der Bundesfachplanung“ i. S. d. Abs. 2 S. 2 bedeutet, wenngleich verbunden mit bestimmten Verfahrenserleichterungen nach § 11. Hierfür spricht auch, dass das vereinfachte Verfahren mit einer Entscheidung über die Bundesfachplanung gem. § 12 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 abgeschlossen wird. Von dieser Bemessungsgrundlage ausgehend beträgt die Gebühr nach Abs. 2 S. 6 10.000 Euro je angefangenem Kilometer.
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1. Gebührenhöhe
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Im Falle eines Antrags auf Bundesfachplanungsverzicht erhebt die Bundesnetzagentur 18 gem. Abs. 1 S. 1 Nr. 5 für die jeweilige Entscheidung nach § 5a Abs. 3 S. 1 kostendeckende Gebühren und Auslagen. Hinsichtlich der Bemessung der Gebührenhöhe besteht die Besonderheit, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5a keine Bundesfachplanung i. S. d. Abs. 2 S. 2 durchgeführt wird, allerdings eine konkrete Bestandsleitung vorhanden ist. Mithin bleibt es für die Gebührenerhebung bei dem Grundsatz des Abs. 2 S. 1, d. h. die Höhe der Gebühr richtet sich nach der Länge der zu planenden Trasse. Maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Bemessung der Gebührenhöhe ist somit die Länge der jeweiligen Bestandsleitung bzw. die im Antrag anzugebende Länge der geplanten Modifizierungen der Bestandsleitung, die im Antrag gem. § 5a als Bezugsgröße der Gebührenerhebung darzulegen ist. Von letzterem Wert ausgehend beträgt die Gebühr nach Abs. 2 S. 7 5.000 Euro je angefangenem Kilometer. Wird die Bundesfachplanung gemäß § 5 Abs. 8 in Abschnitten durchgeführt, bildet jeder 19 Abschnitt ein eigenständiges Verwaltungsverfahren. Die Gebührentatbestände des § 30 knüpfen an konkrete Amtshandlungen an. Daher ist die Luftlinienentfernung des jeweiligen Abschnitts maßgeblich. Die abschnittsweise Berechnung der Gebühr entspricht auch dem der Norm zu Grunde gelegten Prinzip der Kostendeckung (Abs. 1 S. 1). Ändert sich in laufenden Verfahren die bei Antragseingang gewählte Abschnittsbildung, werden beispielsweise Abschnitte nach Antragstellung zusammengelegt, so erfordert dies im Grundsatz keine Anpassung bzw. Änderung bestandskräftiger Gebührenbescheide.13 Entscheidend ist insofern nämlich, dass die ursprünglichen Bundesfachplanungsanträge aufrechterhalten bleiben; letztere sind kostenauslösend und bleiben dies unabhängig von etwaigen nachträglichen Abschnittsänderungen.
b) Planfeststellung. Die Gebührenhöhe in der Planfeststellung richtet sich gem. § 30 Abs. 2 20 S. 4 nach der mittleren Länge des durch die Bundesfachplanung festgestellten Trassenkorridors. Das Ergebnis der Bundesfachplanung ist ein Trassenkorridor. In diesem konkretisiert der Vorhabenträger den genauen Trassenverlauf und beantragt die Planfeststellung. Bei der Ermittlung der Gebührengrundlage wird, anders als in der Bundesfachplanung, der geographische Verlauf herangezogen. Ein Trassenkorridor hat regelmäßig eine Breite von ca. 1000 m. Grundlage der Gebühr für die Planfeststellung ist die mittlere Trassenachse, also eine fiktive, in diesem Trassenkorridor über die gesamte Länge geplante Trasse. Weicht der im Antrag nach § 19 oder im Plan nach § 21 enthaltene Verlauf der Trasse von dieser Trassenachse ab (wovon auszugehen ist), bleibt dies wiederum für die Gebührenhöhe unberücksichtigt. Hinsichtlich der Ermittlung der Gebührenhöhe anhand der mittleren Länge des im Rahmen 21 der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridors gem. § 30 Abs. 2 S. 4 besteht für zwei Fälle eine Regelungslücke: Sowohl im Falle eines der Planfeststellung vorausgehenden vereinfachten Verfahrens i. S. d. § 30 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 11 als auch eines Bundesfachplanungsverzichts i. S. d. § 30 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 5a wurde zuvor kein Trassenkorridor festgelegt. Somit fehlt es an der Berechnungsgrundlage, die § 30 Abs. 2 S. 4 auf Ebene der Planfeststellung zugrunde legt. Eine entsprechende Regelung ist offensichtlich planwidrig übersehen worden, da der ausführliche Katalog des § 30 Abs. 1 sowie die Erweiterung um § 30 Abs. 1 Nr. 514 zeigt, dass der Gesetzgeber sämtliche Entscheidungen der zuständigen Behörde gebührenpflichtig ausgestalten wollte. Diese Regelungslücke ist mittels Auslegung zu schießen. Sinnvoller Ansatzpunkt für die Gebührenberechnung nach § 30 Abs. 2 S. 4 im Falle eines vorausgehenden vereinfachten Verfahrens ist die mittlere Länge des in der Entscheidung gem. § 11 festgelegten Verlaufs 13 Solange der jeweilige Bundesfachplanungsantrag nach § 6 aufrechterhalten bleibt, scheidet eine Änderung gem. § 30 Abs. 1 S. 4 mangels unbilliger Härte aus; ebenso wenig kommt – einzig aufgrund eine Änderung der Abschnittsbildung – eine Aufhebung oder ein Widerruf nach §§ 48, 49 VwVfG in Betracht; auch gibt es aufgrund der Abschnittsänderung keine Anhaltspunkte für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gem. § 51 VwVfG. 14 Die Ergänzung des § 30 Abs. 1 um die Nummern 5 und 6 erfolgte durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019. 917
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§ 30 NABEG
IV. Festsetzungsverfahren
der jeweiligen Ausbaumaßnahme. Da sich letztere auf einen konkreten Verlauf reduziert, kann unmittelbar auf die Länge der festgelegten Ausbaumaßnahme, d. h. die Länge der konkreten Trasse, abgestellt werden. 22 Im Falle der Planfeststellung im Regelverfahren nach Durchführung eines Bundesfachplanungsverzichts gem. § 5a stellt sich die Frage nach der gebührenrechtlichen Grundlage für die Berechnung der Trassenlänge i. S. d. § 30 Abs. 2 S. 4. Problematisch ist insofern, dass der in § 30 Abs. 2 S. 4 als Anknüpfungspunkt der Gebührenberechnung genannte Wert der mittleren Länge des im Rahmen der Bundesfachplanung festgelegten Korridors in dieser Fallkonstellation nicht existiert. Die Entscheidung der BNetzA gem. § 5a Abs. 3 über das Erfordernis der Durchführung der Bundesfachplanung beinhaltet lediglich eine verfahrensrechtliche Weichenstellung, ob aufgrund der räumlichen Vorprägung eine der Fallgruppen des § 5a Abs. 1 oder 2 vorliegt und dementsprechend auf die Bundesfachplanung verzichtet werden darf. Insofern besteht eine Regelungslücke, die allerdings planwidrig ist, da die Neuregelung des § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 zeigt, dass der Gesetzgeber die Amtshandlung der Entscheidung gem. § 5a Abs. 3 S. 1 kostenpflichtig ausgestaltet hat. Nach Sinn und Zweck und Systematik des § 30 setzt sich diese Kostenpflicht im Falle eines Antrags auf Planfeststellung gem. § 19 NABEG nach vorausgehendem Bundesfachplanungsverzicht fort. Um diese Regelungslücke zu schließen, ist für die Berechnung der Gebühren für die Durchführung der Planfeststellung i. S. d. § 30 Abs. 2 S. 4 auf einen in derartigen Fällen vorliegenden Wert abzustellen. Als solcher Wert ist es naheliegend, auf die gem. § 19 S. 4 Nr. 1 beantragte Länge des Vorschlags für einen beabsichtigten Verlauf der Trasse abzustellen. Dieser in jedem Falle im Antrag nach § 19 anzugebende Wert ist der in diesem Fall praktikabelverfügbare Wert. Diese Vorgehensweise entspricht auch dem Grundsatz des § 30 Abs. 2 S. 1, demzufolge sich die Höhe der Gebühr nach der Länge der zu planenden Trasse richtet. Hier entspricht die Länge der zu planenden Trasse der gem. § 19 S. 4 Nr. 1 beantragten Länge des Vorschlags für einen beabsichtigten Verlauf der Trasse. Dieser Wert kann der Gebührenberechnung in der Planfeststellung gem. § 30 Abs. 2 S. 1, 4 zugrunde gelegt werden.
2. Kostenteilentscheidungen 23 Abs. 3 regelt die Verpflichtung zu Teilzahlungen. Die erste Teilzahlung ist in der Bundesfachplanung und der Planfeststellung jeweils „innerhalb eines Monats nach Antragstellung“ zu erheben. Ab diesem Zeitpunkt kann die Behörde die erste Teilzahlung verlangen, d. h. festsetzen. 24 Offen bleibt, an welchen Antrag in dem dreistufigen Antragsverfahren anzuknüpfen ist. Das Verfahren sieht einen ersten Antragsentwurf vor (§ 6 S. 1 und § 19 S. 1), der Grundlage der Antragskonferenz zur Festlegung des Untersuchungsrahmens ist (§ 7 Abs. 4 bzw. § 20 Abs. 3). Auf der Grundlage der Antragskonferenz werden der Untersuchungsrahmen und die erforderlichen Unterlagen jeweils festgelegt, die dem Vorhabenträger die Stellung eines vollständigen Antrags erst ermöglicht. § 6 S. 1 und § 19 S. 1 behandeln aber eindeutig bereits die Grundlage der Antragskonferenz als den „Antrag“ auf Bundesfachplanung bzw. Planfeststellung. Dieser erste Verfahrensschritt der Antragsstellung ist – spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan – gem.§ 6 S. 2 für den jeweiligen Vorhabenträger verpflichtend. Daher ist bereits der jeweils erste Antrag Anknüpfungspunkt der ersten Teilzahlung. 25 Hinsichtlich der Entstehung der Kostenschuld ist zu differenzieren: Für die Regelverfahren enthält Abs. 3 Spezialregelungen. Gem. Abs. 3 S. 1 werden die Gebühren für Amtshandlungen nach Abs. 1 Nr. 2 und 3 in mehreren Teilbeträgen erhoben. Für die Bundesfachplanung nach Nr. 1 sieht Abs. 3 S. 2 vor, dass von der Gebühr für die Amtshandlung ein Drittel innerhalb eines Monats ab Antragstellung, ein zweites Drittel innerhalb eines Jahres ab Antragstellung und das letzte Drittel mit Abschluss des Verfahrens zu entrichten sind. Ähnlich sieht Abs. 3 S. 3 für die Planfeststellung vor, dass von der Gebühr ein Fünftel innerhalb eines Monats ab Antragstellung, das zweite, dritte und vierte Fünftel jeweils ein halbes Jahr später, spätestens jedoch zugleich mit dem fünften Fünftel bei Abschluss des Verfahrens zu entrichten sind. Würde die KostenSerong/Salm
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5. Fälligkeit
NABEG § 30
schuld in diesen Fällen nicht bereits mit Antragseinreichung entstehen, könnte diese auch nicht bereits ab einem Monat hiernach erhoben werden. Mithin entsteht die Gebühren- bzw. Kostenschuld in den Regelverfahren der Bundesfachplanung und Planfeststellung bereits mit Antragstellung bei der Bundesnetzagentur. Dagegen gibt es keine Spezialregelung im NABEG betreffend die Fälle des Abs. 1 Nr. 1 (Feststellung der Raumverträglichkeit im vereinfachten Verfahren nach § 11 Abs. 2), Nr. 4 (Entscheidungen nach § 25 Abs. 4 S. 4), Nr. 5 (Entscheidungen nach § 5a Abs. 3 S. 1) und Nr. 6 (Plangenehmigungen nach § 24 Abs. 4). In letzteren Verfahren gilt daher für die Entstehung der Gebührenschuld die Grundregel des § 4 Abs. 1 BGebG. Danach entsteht die Gebührenschuld mit Beendigung der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung; bedarf diese Leistung einer Zustellung, Eröffnung oder sonstigen Bekanntgabe, so gilt dies als deren Beendigung. Dies bedeutet, dass die Gebührenschuld in letzteren Fällen, die in § 30 Abs. 3 keiner Spezialregelung unterliegen, mit Übermittlung der jeweils den Verfahrensschritt abschließenden behördlichen Entscheidung (z. B. Entscheidung gem. § 5a Abs. 3 S. 1) entsteht und mit dieser als Gesamtsumme festgesetzt werden kann.
3. Ermäßigung aus Billigkeitsgründen Die Gebühr kann gem. § 30 Abs. 1 S. 4 ermäßigt werden oder es kann ganz von ihrer Erhebung 26 abgesehen werden, wenn es der Billigkeit entspricht. Diese Regelung tritt neben die Regelungen des § 9 Abs. 4 und 5 BGebG. Durch die spezielle Regelung der Ermäßigung aus Billigkeitsgründen wird die Ermäßigung aus öffentlichem Interesse ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Ermäßigung aus Gründen der Billigkeit leitet sich aus dem Grundsatz 27 von Treu und Glauben ab, der auch im Abgabenrecht gilt. Eine Unbilligkeit, die zu einer Ermäßigung bis auf Null führt, kann sich vorliegend nur aus objektiven Umständen ergeben. Angesichts des konkreten Kreises von Vorhabenträgern15 kommen Umstände, die in der Person des Schuldners liegen, nicht in Frage. Sind aufgrund der gesetzlichen Regelung von Teilzahlungen durch zeitlichen Ablauf ab Antragstellung Teilzahlungen festzusetzen, ohne dass Verwaltungsaufwand überhaupt entstanden ist, so steht der Behörde der Kanon der Billigkeitsmaßnahmen aus § 17 BGebG (Stundung, Niederschlagung und Erlass) und im Ergebnis die Ermäßigung aus Billigkeitsgründen zur Verfügung. Allerdings führt nicht jedes Missverhältnis zwischen den gesetzlichen Pauschalgebühren und den Verwaltungskosten zu einer Ermäßigung aus Billigkeitsgründen. Vielmehr müssen Umstände hinzutreten, die den Einzelfall außergewöhnlich und außerhalb der ratio des Gesetzgebers erkennbar herausheben. Ein Festhalten an der gesetzlich vorgesehenen Gebührenhöhe muss bei dieser Betrachtung unverhältnismäßig erscheinen.
4. Kostenschuldner Kostenschuldner ist in der Regel der Vorhabenträger i. S. d. § 3 Nr. 9, der durch seinen Antrag 28 die Amtshandlung veranlasst. Wird ein Antrag durch mehrere ÜNB gemeinsam gestellt, haften diese für die Kostenschuld als Gesamtschuldner (vgl. § 6 Abs. 2 BGebG).
5. Fälligkeit Fälligkeit ist der Zeitpunkt, zu dem der Kostenschuldner zur Zahlung verpflichtet ist. An die 29 Fälligkeit der Kosten knüpfen sich weitere Folgen, so der Säumniszuschlag (§ 16 BGebG) und die Zahlungsverjährung (§ 18 BGebG).
15 Siehe Rn 27. 919
Serong/Salm
§ 30 NABEG
30
V. Rechtsschutz
Voraussetzung der Zahlung ist trotz der eindeutigen gesetzlichen Regelungen noch die Bekanntgabe einer Kosten(teil)entscheidung der Behörde, aus der insbesondere die Höhe sowie das Wo, Wann und Wie der Teilzahlungen erkennbar werden. § 13 BGebG findet insoweit Anwendung. Die Gebühr wird zehn Tage nach der Bekanntgabe der Gebührenfestsetzung an den Gebührenschuldner fällig, sofern die Bundesnetzagentur keinen anderen Zeitpunkt festlegt. Dabei ist § 30 Abs. 3 S. 2 und 3 zu beachten, der einen Rahmen für die erste und die zweite Teilzahlung in der Bundesfachplanung sowie die ersten vier Teilzahlungen in der Planfeststellung vorgibt. Die Bekanntgabe der kostenpflichtigen Amtshandlung selbst ist für den Eintritt der Fälligkeit nicht erforderlich.16
6. Verjährung 31 Hinsichtlich der Verjährung und der allgemeinen Regeln zur Hemmung und Unterbrechung der Verjährung gelten §§ 18, 19, 12 Abs. 3BGebG. Damit verjährt der Anspruch spätestens mit Ablauf des fünften Jahres nach der erstmaligen Fälligkeit17 § 18 BGebG knüpft anders als die frühere Regelung in § 20 VwKostG für den Eintritt der 32 Verjährung nicht mehr an die Entstehung des Kostenanspruchs an. Gem. § 18 Abs. 1 S. 2 beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Damit werden auch Überlegungen hinfällig, wie sich Nachbesserungen eines eingegangenen, aber nicht vollständigen Antrags auf den Beginn der Verjährung auswirken. Fälligkeit und Verjährung des Gebührenanspruchs knüpfen nach der Neuregelung des Bundesgebührenrechts an eindeutig feststellbare Ereignisse und Zeitpunkte an.
V. Rechtsschutz 33 Wie immer im Gebührenrecht ist zu unterscheiden zwischen 1. dem Rechtsschutz gegen die Kostenentscheidung und 2. dem Rechtsschutz gegen die Hauptsacheentscheidung. Die Gebührenfestsetzung kann zusammen mit der Sachentscheidung oder selbständig angefochten werden (§ 20 Abs. 1 S. 1 BGebG). 34 Gegen die Gebührenentscheidung sind Widerspruch und Anfechtungsklage möglich. Beides hat gem. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. 35 Wird die Sachentscheidung eines Planfeststellungsbeschlusses durch einen Dritten angefochten, so teilt die Gebührenentscheidung das rechtliche Schicksal der Hauptsacheentscheidung. Der Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung erstreckt sich per se auch auf die Gebührenfestsetzung (§ 20 Abs. 1 S. 2 BGebG). Geleistete Teilzahlungen sind ggf. erst nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache zu erstatten.
16 Schlabach, § 17 Rn 2. 17 Vgl. Rn 24, 25. Serong/Salm
920
§ 30a Geheimhaltung und Datenschutz, Barrierefreiheit (1) Die Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz sowie über Rechte am geistigen Eigentum bleiben unberührt. (2) Soweit Anträge oder Unterlagen, zu deren Vorlage ein Vorhabenträger verpflichtet ist, Informationen enthalten, auf die die in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften anzuwenden sind, muss der Vorhabenträger der zuständigen Behörde zusätzlich eine Fassung der jeweiligen Anträge oder Unterlagen vorlegen, mit der die Vorgaben der in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften gewahrt werden. Legt der Vorhabenträger eine solche Fassung vor, ist den Unterlagen eine Erläuterung beizufügen, die unter Wahrung der Vorgaben der in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften so ausführlich sein muss, dass Dritte abschätzen können, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen des Vorhabens betroffen sein können. (3) Ein Vorhabenträger, der einen Antrag nach diesem Gesetz stellt oder zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet ist, hat der zuständigen Behörde den Antrag und die vorzulegenden Unterlagen auch in möglichst barrierefreier Form einzureichen. Soweit eine barrierefreie Form nicht möglich ist oder der Vorhabenträger durch sie unverhältnismäßig belastet würde, entfällt die Pflicht nach Satz 1. (4) Die Einwendungen und Stellungnahmen aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 und dem Anhörungsverfahren nach § 22 sind dem Vorhabenträger und den von ihm Beauftragten zur Verfügung zu stellen. Sie dürfen auch an die Träger öffentlicher Belange weitergegeben werden, sofern deren Aufgabenbereich berührt ist. Auf Verlangen eines Einwenders sind dessen Name und Anschrift unkenntlich zu machen, wenn diese zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nicht erforderlich sind. Hierauf ist in der jeweils nach diesem Gesetz vorgesehenen Benachrichtigung oder Bekanntmachung hinzuweisen. (5) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch die zuständige Behörde sowie eine Übermittlung solcher Daten durch die zuständige Behörde an die jeweils betroffenen Vorhabenträger und Träger öffentlicher Belange zulässig, wenn die Verarbeitung für die Durchführung von Verfahren nach diesem Gesetz erforderlich ist. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm 7 Regelungszweck Entstehungsgeschichte
II.
Anwendung bestehender Schutzvorschriften 13 (Abs. 1) 13 Regelungsgegenstand 18 Geheimhaltung 20 a) Persönliche Geheimnisse b) Betriebs- und Geschäftsgeheim21 nisse 25 Datenschutz a) Regelungsstruktur des Datenschutz25 rechts 27 b) Personenbezogene Daten
1. 2.
3.
1 11
921 https://doi.org/10.1515/9783110670516-076
4. III.
1. 2.
IV. 1. 2. 3.
c) Zulässigkeit der Datenverarbeitung 31 Rechte am geistigen Eigentum
28
Wahrung des Geheimnis- und Datenschutzes sowie der Rechte am geistigen Eigentum in An34 trags- und Planunterlagen (Abs. 2) Vorlage einer zusätzlichen Fassung der Anträge 35 und Unterlagen (Abs. 2 S. 1) Beifügung einer Erläuterung (Abs. 2 38 S. 2) 40 Barrierefreiheit (Abs. 3) 41 Regelungen zur Barrierefreiheit Pflicht zur Vorlage barrierefreier Antrags- und 42 Planunterlagen (Abs. 3 S. 1) 46 Ausnahmen (Abs. 3 S. 2)
Recht/Salm
§ 30a NABEG
V. 1. 2.
I. Allgemeines
Weitergabe von Einwendungen und Stellung49 nahmen (Abs. 4) Weitergabe an Vorhabenträger (Abs. 4 49 S. 1) Weitergabe an betroffene Träger öffentlicher Be53 lange (Abs. 4 S. 2)
3.
Anspruch auf Unkenntlichmachung (Abs. 4 S. 3 55 und 4)
VI.
Verarbeitung besonders sensibler personenbezo59 gener Daten (Abs. 5)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Die Vorschrift sichert den Geheimnis- und Datenschutz sowie die Rechte am geistigen Eigentum in den Verfahren nach diesem Gesetz. Zudem begründet die Vorschrift eine Pflicht zur Einreichung barrierefreier Antrags- und Planunterlagen. 2 Abs. 1 stellt die Geltung allgemeiner Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz sowie über Rechte am geistigen Eigentum klar. 3 Abs. 2 regelt den Daten- und Geheimnisschutz sowie die Wahrung der Rechte am geistigen Eigentum bei der Einreichung von Anträgen und Unterlagen durch die Vorhabenträger. 4 Nach Abs. 3 haben die Vorhabenträger zu veröffentlichende Anträge und Unterlagen grundsätzlich auch in einer möglichst barrierefreien Form bei der BNetzA einzureichen. 5 Nach Abs. 4 sind Einwendungen und Stellungnahmen aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung unter Beachtung des Datenschutzes an den Vorhabenträger weiterzuleiten. Zudem wird die BNetzA berechtigt, Einwendungen und Stellungnahmen auch an betroffene Träger öffentlicher Belange weiterzugeben. 6 Abs. 5 regelt die Zulässigkeit der Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten nach Maßgabe der DS-GVO.
2. Regelungszweck 7 Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die Belange der Geheimhaltung und des Datenschutzes sowie die Rechte am geistigen Eigentum im Rahmen der Verfahren nach diesem Gesetz gewahrt werden. Sie bezweckt insoweit den Schutz grundrechtlicher Positionen,1 namentlich den Schutz des aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleiteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung2 sowie insbesondere im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse den Schutz der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG sowie des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 GG. Mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 Abs. 1 GRCh sowie auf Art. 10 Abs. 1 UVP-RL, der die Wahrung gewerblicher und handelsbezogener Geheimnisse einschließlich des geistigen Eigentums in Genehmigungsverfahren sicherstellt, erfährt der Regelungszweck auch eine unionsrechtliche Dimension. Der verfassungs- und unionsrechtlich verankerte Schutz dieser Interessen steht im Span8 nungsverhältnis zum öffentlichen Informationsinteresse, dem im Rahmen der Planungsund Genehmigungsverfahren nach NABEG erklärtermaßen ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird. Denn aus den Vorgaben zur Geheimhaltung, zum Datenschutz und zu den Rechten am geistigen Eigentum ergeben sich gewisse Einschränkungen für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren, die gerade den Zweck haben, andere Träger öffentlicher Belange sowie die Öffentlichkeit einschließlich der Umweltverbände umfänglich über das geplante Vor1 So Begr. RegE, BT-Drucks. 17/6073, S. 25, zu § 7 Abs. 6 a. F., der in dieser Vorschrift aufgegangen ist; ebenso BKEnR/Appel, § 7 NABEG Rn 53; de Witt/Scheuten/Durinke, § 7 Rn 41.
2 Grundlegend BVerfGE 65, 1 ff. Recht/Salm
922
3. Entstehungsgeschichte
NABEG § 30a
haben zu informieren.3 Berührt werden können durch die Beschränkung von Verfahrensschritten zudem die Informationsgewinnung im Rahmen der durchzuführenden SUP bzw. UVP4 und letztlich auch das verfassungsrechtliche Abwägungsgebot, das nämlich die umfassende Ermittlung des Abwägungsmaterials und damit die Schaffung einer tragfähigen Datengrundlage verlangt.5 Dem insoweit notwendigen Ausgleich zwischen grundrechtlich und unionsrechtlich ge- 9 schützten Geheimhaltungs- und Datenschutzinteressen auf der einen sowie dem öffentlichen Informations- und Informationsgewinnungsinteresse auf der anderen Seite trägt die Vorschrift Rechnung. Hierzu wird die Geltung entsprechender Schutzvorschriften klargestellt (Abs. 1) und durch präzisierende Regelungen – etwa zur Auslegung von Unterlagen (Abs. 2) zur Weitergabe von Stellungnahmen (Abs. 4) und zum Umgang mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten (Abs. 5) – zugleich eine verfahrenseffiziente Umsetzung ermöglicht. Die Vorschrift bezweckt hierdurch auch die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen der BNetzA und den Verfahrensbeteiligten, die insoweit nämlich nicht um eine unbefugte Offenbarung ihrer Geheimnisse und Daten fürchten müssen, und ermöglicht damit eine sachdienliche und effiziente Zusammenarbeit im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren.6 Von der in Abs. 3 geregelten Pflicht der Vorhabenträger, Anträge und Unterlagen auch in 10 einer möglichst barrierefreien Fassung einzureichen, verspricht sich der Gesetzgeber eine Erleichterung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, da die barrierefreie Form der Dokumente Voraussetzung für deren Internetveröffentlichung durch die BNetzA ist.7 Die Herstellung der Barrierefreiheit soll insoweit auf die Vorhabenträger übertragen werden. Die vorgesehenen Ausnahmen von dieser Verpflichtung sollen die Vorhabenträger dabei vor unverhältnismäßigen Belastungen schützen.
3. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift wurde durch Art. 4 Nr. 21 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplan- 11 gesetzes und anderer Vorschriften vom 25.2.20218 in das NABEG neu eingefügt. Die zuvor an verschiedenen Stellen im NABEG enthaltenen Regelungen zur Geheimhaltung und zum Datenschutz wurden in der Vorschrift zusammengeführt und präzisiert. Sie waren bislang in die Vorschriften zu den einzelnen Verfahrensschritten integriert (vgl. u. a. § 7 Abs. 6, § 8 S. 4 bis 6, § 9 Abs. 5 und 6 S. 5, § 13 Abs. 3, § 20 Abs. 4, § 21 Abs. 3 S. 2, § 22 Abs. 5 und 6 S. 4 und § 24 Abs. 4, jeweils a. F.). Die bisherigen datenschutzrechtlichen Anforderungen bleiben dabei nach den Worten der Gesetzesbegründung vollumfänglich erhalten.9 Das gleiche gilt in Bezug auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Erweitert wurde der bisherige Regelungsgehalt hingegen um die in den früheren Einzelvorschriften bislang nicht in Bezug genommenen Rechte am geistigen Eigentum, wodurch dieser sich der insgesamt als Regelungsvorbild dienenden Vorschrift des § 23 UVPG weiter angenähert hat. Ebenfalls neu ist die Bezugnahme auf die Anforderungen der seit dem 25.5.2018 geltenden europäischen Datenschutz-Grundverord-
3 4 5 6 7 8 9
Schink/Reidt/Mitschang/Dippel, § 23 UVPG Rn 1; Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 1. Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 1. Durner, UPR 2003, 262, 263. BK-EnR/Appel, § 7, NABEG Rn 53; Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 2; Kopp/Ramsauer, § 30 Rn 1. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. BGBl. I S. 298. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42.
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Recht/Salm
§ 30a NABEG
II. Anwendung bestehender Schutzvorschriften (Abs. 1)
nung (DS-GVO)10 im Hinblick auf die Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten. Erstmalig begründet wird die Pflicht der Vorhabenträger zur Vorlage möglichst barrierefreier Anträge und Unterlagen. 12 Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Fassung des Regierungsentwurfs. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 6.11.2020 hierzu keine Änderungsvorschläge beschlossen.11 Lediglich die in Abs. 3 geregelte Verpflichtung der Vorhabenträger zur Vorlage von Unterlagen in barrierefreier Form hat auf Grund der Beschlussempfehlung des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie Änderungen erfahren.12 Die Regelung war zuvor Kritik von Seiten der Vorhabenträger ausgesetzt.13 Die Regelung wurde gegenüber dem Regierungsentwurf insoweit entschärft, als dass auf eine zunächst geforderte gänzliche Barrierefreiheit der einzureichenden Unterlagen verzichtet wurde und nunmehr lediglich eine möglichst barrierefreie Form verlangt wird. Auch im Hinblick auf die vorgesehenen Ausnahmen wurden die Vorhabenträger gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Regelung entlastet. Soweit die geforderte Herstellung der Barrierefreiheit unmöglich ist oder den Vorhabenträger unverhältnismäßig belastet, bedarf es keiner – im Entwurf zunächst noch vorgesehenen – Befreiung durch die BNetzA, sondern die Pflicht entfällt in diesen Fällen kraft Gesetzes.
II. Anwendung bestehender Schutzvorschriften (Abs. 1) 1. Regelungsgegenstand 13 Nach Abs. 1 bleiben die Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz sowie über Rechte am geistigen Eigentum unberührt. Die Norm begründet keine eigenen Schutzanforderungen, sondern verweist auf bestehende Bestimmungen zur Bewahrung schützenswerter Informationen und stellt deren Geltung für die Verfahren nach NABEG lediglich klar.14 Der Regelung kommt insoweit nur eine klarstellende Funktion zu. Erklärtermaßen deckt sich diese Klarstellung mit vergleichbaren Vorschriften anderer Fachgesetze, wie insbesondere der Regelung des § 23 UVPG.15 Da das NABEG auch an anderer Stelle keine materiellen Geheimhaltungs- oder Datenschutz14 regelungen enthält, kommen spezialgesetzliche und nachrangig auch allgemeine verfahrensrechtliche Schutzvorschriften anderer Gesetze zur Anwendung. Insbesondere ist dabei die Subsidiarität des VwVfG zu beachten. Gleiches gilt für das UVPG, dessen § 23 Abs. 1 seinerseits aber ohnehin nur klarstellend auf anderweitige Schutzvorschriften verweist.16 Neben dem Grundsatz der Spezialität muss auch der Anwendungsvorrang des Unionsrechts berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die unmittelbar anwendbare DS-GVO, die datenschutzrechtliche Anforderungen des BDSG sowie des VwVfG überlagert.17 Durch die klargestellte Anwendung der insoweit einschlägigen Schutzvorschriften haben 15 die BNetzA sowie ggf. auch andere beteiligte Behörden in den Verfahren nach diesem Gesetz dafür zu sorgen, dass die rechtlichen Anforderungen des Geheimnis- und Datenschutzes sowie des Schutzes der Rechte am geistigen Eigentum gewahrt werden. In erster Linie be10 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Warenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46 (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, ber. ABl. 127 vom 23.5.2018. 11 BR-Drucks. 570/20 (Beschl.). 12 BT-Drucks. 19/26241, S. 26. 13 Vgl. Ausschussdrucks. 19(9)843, S. 4 f; 19(9)847, S. 5. 14 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. 15 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42; vgl. insoweit Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 2. 16 Vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, § 23 Rn 1; Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 1. 17 Hierzu Rn 25 f. Recht/Salm
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2. Geheimhaltung
NABEG § 30a
trifft dies die Planungs- und Genehmigungsverfahren, in deren Rahmen durch umfangreiche Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligungen entsprechend zu schützende Informationen Dritten zur Kenntnis gelangen können. Im Einzelnen betrifft dies die Veröffentlichung von Anträgen auf Bundesfachplanung nach § 6 und auf Planfeststellung nach § 19 sowie die anschließend jeweils durchzuführenden öffentlichen Antragskonferenzen (§ 7 bzw. § 20). Gleiches gilt im Hinblick auf die auszulegenden Planunterlagen nach § 8 bzw. § 21 sowie die anschließenden Beteiligungs- bzw. Anhörungsverfahren nach § 9 bzw. § 22, in denen eine Vielzahl von teilweise auch sensiblen Informationen in Stellungnahmen und Einwendungen sowohl der BNetzA als auch durch deren Weitergabe dem Vorhabenträger zur Kenntnis gelangen. Schließlich sind die Anforderungen der in Bezug genommenen Schutzvorschriften auch bei der Veröffentlichung der letztendlichen Planungs- und Zulassungsentscheidungen (§ 13 Abs. 2 und § 24 Abs. 3) zu beachten. Die praktische Relevanz des Geheimnis- und Datenschutzes sowie der Rechte am geistigen 16 Eigentum wird dabei maßgeblich von der jeweiligen Verfahrensstufe abhängig sein. So werden beispielsweise Anträge auf Bundesfachplanung nach § 6 nur selten schutzbedürftige persönliche Angaben oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten.18 Insgesamt werden Datenschutz- oder Geheimhaltungsinteressen erst mit zunehmender Konkretisierung der Planungen an Bedeutung gewinnen. Auch außerhalb der eigentlichen Planungs- und Zulassungsverfahren kann die Regelung 17 bei Entscheidungen nach diesem Gesetz zur Anwendung kommen. Zu nennen sind etwa Veränderungssperren nach § 16, in deren nach § 16 Abs. Abs. 4 S. 2 auf der Internetseite der BNetzA zu veröffentlichenden Begründungen im Einzelfall Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder persönliche Daten Betroffener enthalten sein können. Nicht Gegenstand der Regelung sind hingegen Verfahren zur Gewährung von Informationsfreiheits- oder Umweltinformationsansprüchen. Hierbei handelt es sich um eigenständige Verwaltungsverfahren nach dem IFG bzw. UIG, in denen selbst umfangreiche Schutzvorschriften oder Schutzbelange normiert sind, die einer Informationsgewährung entgegenstehen können.
2. Geheimhaltung Im Hinblick auf den Geheimnisschutz ist vornehmlich die allgemeine verfahrensrechtliche Vor- 18 schrift des § 30 VwVfG zu beachten. Danach haben Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betrieb- und Geschäftsgeheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden. Mit diesem Anspruch wird zugleich die objektiv-rechtliche Verpflichtung der Behörde auf Wahrung der Geheimnisse der Beteiligten begründet.19 Unmittelbar findet § 30 VwVfG nur auf Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 VwVfG Anwendung 19 und gibt nur den daran Beteiligten i. S. d. § 13 VwVfG einen Anspruch auf Geheimhaltung. Als Ausdruck eines vor allem auch verfassungsrechtlich begründeten allgemeinen Rechtsgrundsatzes beansprucht die Vorschrift aber darüber hinaus Geltung.20 Sie gilt mithin nicht nur für das Planfeststellungsverfahren, sondern in zumindest analoger Anwendung auch für das Verfahren der Bundesfachplanung.21 Zudem werden über den Wortlaut hinaus auch Geheimnisse Dritter geschützt, die im Zusammenhang mit den Verfahren zur Kenntnis der Behörde gelangt sind.22 Neben dem Vorhabenträger als Antragsteller gehören damit auch Einwender und Stel-
18 19 20 21 22
BK-EnR/Appel, § 7, NABEG Rn 53; Schink/Versteyl/Dippel/Versteyl, § 7 Rn 103. Kopp/Ramsauer, § 30 Rn 1. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 40; Fehling/Kastner/Störmer/Schwarz, § 30 VwVfG Rn 4. BK-EnR/Appel, § 7 NABEG Rn 54; de Witt/Scheuten/Durinke, § 7 Rn 43. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 5; Kopp/Ramsauer, § 30 Rn 2; Fehling/Kastner/Störmer/ Schwarz, § 30 VwVfG Rn 4. 925
Recht/Salm
§ 30a NABEG
II. Anwendung bestehender Schutzvorschriften (Abs. 1)
lungnehmer, deren verwaltungsverfahrensrechtliche Beteiligteneigenschaft mitunter verneint wird,23 zweifelsfrei zum geschützten Personenkreis.
20 a) Persönliche Geheimnisse. Zum persönlichen Lebensbereich gehören solche Geheimnisse, die einen Bezug zum auch verfassungsrechtlich geschützten unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung aufweisen.24 Darunter fallen etwa Angaben über familiäre, gesundheitliche und wirtschaftliche Verhältnisse.25 Nicht geschützt werden hingegen schlechthin sämtliche eine Person betreffende Tatsachen und Umstände. Da Überschneidungen zum Begriff der personenbezogenen Daten bestehen, ist grundsätzlich der Anwendungsvorrang der datenschutzrechtlichen Vorschriften26 zu beachten.
21 b) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse war bislang nicht gesetzlich definiert. Er wurde in Anknüpfung an § 17 UWG richterrechtlich entwickelt27 und allgemein, auch zur Ausfüllung von Vorschriften außerhalb des UWG, verwendet.28 Danach sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen, nicht offenkundigen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, an deren Nichtverbreitung ein objektiv schutzwürdiges Interesse besteht.29 Darüber hinaus muss Geheimhaltungswille bestehen.30 Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) liefert in § 2 Nr. 1 GeschGehG eine vergleichbare Legaldefinition: Geschäftsgeheimnis ist danach eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Zu beachten ist jedoch, dass gem. § 1 Abs. 2 GeschGehG öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen Vorrang vor dem Anwendungsbereich des GeschGehG haben. Vorliegend ist mit § 30 VwVfG eine derartige Vorschrift gegeben, so dass das GeschGehG in Bezug auf die Planungs- und Zulassungsverfahren nach NABEG im Ergebnis keine Anwendung findet. 22 Der Begriff des Betriebsgeheimnisses bezeichnet Tatsachen, die den technischen Bereich eines Unternehmens und insbesondere dort vorhandenes Know-How betreffen. Auf Seiten des Vorhabenträgers erfasst dies vor allem die technischen Gesichtspunkte des geplanten Vorhabens.31 Im Bereich des Stromnetzausbaus können dazu vor allem Informationen zu innovativen Technologien gehören, die beispielsweise bei Pilotprojekten nach § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 3 EnWG (verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen, Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen) zum Einsatz kommen.32 Auch Angaben über technische Vorkehrungen zum Sabotageschutz,33 Konstruktionszeichnungen und Gutachten über verwendete Materialien
23 24 25 26 27 28
Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, § 13 Rn 9. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 9. Fehling/Kastner/Störmer/Schwarz, § 30 VwVfG Rn 8; Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 9. Vgl. hierzu Rn 25 f. Ohly, GRUR 2019, 441, 442. Vgl. für die Verwendung der Definition im Zusammenhang mit dem VwVfG Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/ Mayen, § 30 Rn 13. 29 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 13. 30 Mann/Sennekamp/Uechtritz/Engel/Pfau, § 30 Rn 24; hierzu näher Rn 24. 31 Jarass, § 10 Rn 36; Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 60. 32 Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 27. 33 Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 60; Feldhaus/Czajka, § 10 BImSchG Rn 31. Recht/Salm
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2. Geheimhaltung
NABEG § 30a
können dazu gehören.34 Bei den durch den Netzausbau betroffenen Unternehmen, die beispielsweise bauliche Erweiterungen ihrer Betriebe bedroht sehen oder sonstige Beeinträchtigungen ihres Geschäftsbetriebs fürchten, wird es in entsprechenden Einwendungen hingegen vornehmlich um Geschäftsgeheimnisse gehen. Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses bezieht sich auf Umstände, die die kaufmännische Seite eines Unternehmens betreffen.35 Hiervon erfasst sind beispielsweise Angaben zur wirtschaftlichen Situation und Ertragslage, zu künftigen Marktstrategien oder zu Kalkulationsgrundlagen des Geschäftsbetriebs.36 Erfasst werden können etwa auch Angaben über bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu geplanten Betriebserweiterungen, durch die etwa Unternehmensstrategien und wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsbetriebs erkennbar werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse setzen weiter voraus, dass die fraglichen Tatsachen 23 objektiv geheim sind. Dafür genügt es, dass diese nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind.37 Die Geheimniseigenschaft entfällt also nicht bereits dadurch, dass die Tatsachen bereits gegenüber einzelnen Personen offengelegt wurden, sondern erst dann, wenn sie jedermann zugänglich und damit offenkundig sind. Nicht geheim sind auch für jedermann messbare Auswirkungen eines Vorhabens, insbesondere etwa Immissionsdaten zur elektromagnetischen Strahlung oder zu Geräuschentwicklungen, die von Stromleitungen ausgehen können.38 Ebenso gelten Daten, auf deren Kenntnisse Dritte etwa nach dem UIG einen Rechtsanspruch haben, als nicht geheim.39 Darüber hinaus muss ein schutzwürdiges Interesse des Geheimnisträgers an der weite- 24 ren Geheimhaltung bestehen. Dies setzt zunächst voraus, dass die Offenbarung des Geheimnisses zu wettbewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen für den Geheimnisträger führen kann. Im Übrigen bedarf es einer Abwägung mit Interessen der Allgemeinheit, etwa mit dem öffentlichen Informationsinteresse40 – obschon hiermit Aspekte einer etwaigen Offenbarungsbefugnis vorweggenommen werden.41 Auf Seiten des Geheimnisträgers ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang sich wirtschaftliche Schäden aus einer Offenlegung der betreffenden Information ergeben können.42 Im Hinblick auf Antrags- und Planunterlagen ist dies insbesondere vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die darin enthaltenen Informationen im Wege der öffentlichen Auslegung und vor allem durch ihre Veröffentlichung im Internet einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich und damit unkontrollierbar verbreitet werden. Insbesondere bei Angaben zu innovativen Technologien mag es insoweit gerechtfertigt sein, dass das Interesse der Öffentlichkeit an möglichst vollständiger Einsicht in die Unterlagen zurücktritt.43 Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die betreffenden Informationen für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens ohne Belang sind. Bei Emissionsdaten wird die Abwägung hingegen regelmäßig zu Lasten des Vorhabenträgers gehen.44 Im Hinblick auf betriebliche- oder geschäftliche Angaben Drittbetroffener wird es unter diesen Gesichtspunkten hingegen an einem öffentlichen Informationsinteresse fehlen.
34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 927
Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 27. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 13; Kopp/Ramsauer, § 30 Rn 5. Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 14, m. w. N. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 8. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 27; ebenso Jarass, BImschG, § 10 Rn 36. Vgl. Jarass, § 10 Rn 37. Jarass, § 10 Rn 38; Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 62. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, § 30 Rn 8b. Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 14; Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 61. Schink/Versteyl/Dippel/Schink, § 8 Rn 27. Jarass, § 10 Rn 38. Recht/Salm
§ 30a NABEG
II. Anwendung bestehender Schutzvorschriften (Abs. 1)
3. Datenschutz 25 a) Regelungsstruktur des Datenschutzrechts. Da das NABEG keine eigenen materiellen Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten enthält, geht es auch hier um die Einhaltung außerhalb dieses Gesetzes bestehender Schutzvorschriften. Angesprochen sind damit in erster Linie die Bestimmungen der DS-GVO und des BDSG. Hinsichtlich der Regelungssystematik des Schutzes personenbezogener Daten sind zwei Ebenen zu differenzieren: Auf einer übergeordneten, unionsrechtlichen Ebene steht die DS-GVO, die als Verordnung unmittelbare Wirkung entfaltet und damit Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht hat. Dieser Vorrang, der auch in § 1 Abs. 5 BDSG Ausdruck gefunden hat, ist jedoch durch zahlreiche Öffnungsklauseln eingeschränkt. 26 Auf der nationalen Ebene enthält das BDSG in seinem 2. Teil Ausführungsbestimmungen zur DS-GVO, mit denen die erwähnten Öffnungsklauseln ausgefüllt werden. Das BDSG gilt nach § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 BDSG grundsätzlich nur subsidiär: Vorrang haben bereichsspezifische Spezialregelungen, soweit sie die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen, und nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG auch die Datenschutzgesetze der Länder. Nachrangig ist gem. § 1 Abs. 3 BDSG einzig das VwVfG. Zu beachten ist weiterhin, dass die fachbereichsspezifischen Regelungen zwar gegenüber dem BDSG vorrangig sind; allerdings müssen auch diese speziellen Vorschriften den Anforderungen der DS-GVO genügen, d. h. auch diesbezüglich genießt die europäische Ebene Vorrang.45
27 b) Personenbezogene Daten. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann. Unter den Begriff der personenbezogenen Daten fallen unter anderem: Name, Anschrift, Geschlecht, Geburtsdatum, Meinungen und Überzeugungen, Vermögens- und Eigentumsverhältnisse.46 Solche personenbezogenen Daten werden nicht nur regelmäßig in schriftlichen Einwendungen im Rahmen der Beteiligungsverfahren sowie in Aufzeichnungen bzw. Wortprotokollen zu Erörterungsterminen enthalten sein, sondern sie können auch Eingang in Unterlagen finden, die der Vorhabenträger nach § 8 oder § 21 erarbeitet, z. B. in Unterlagen, die im Hinblick auf planungsrelevante private Belange vorgelegt und schließlich öffentlich ausgelegt werden.
28 c) Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten gibt die DS-GVO verschiedene Grundsätze sowie Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vor, die auch in den Verfahren des Netzausbaus Geltung beanspruchen. Datenverarbeitung ist dabei nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder jede derartige Vorgangsreihe, z. B. das Erheben, Erfassen, Ordnen, die Organisation, Speicherung, Anpassung, Veränderung, das Auslesen, Abfragen und die Verwendung. Zudem ist auch die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung und jede andere Art der Bereitstellung der Daten als Verarbeitung anzusehen.47 Eine Veröffentlichung von personenbezogenen Daten, die in den einzureichenden Antrags- und Planunterlagen enthalten sind, stellt eine Datenverar45 Vgl. Paal/Pauly/Paal/Pauly, Einleitung Rn 22. 46 Kühling/Buchner/Klar/Kühling, Art. 4 DS-GVO Rn 8. 47 Zu Einzelheiten dieser Definition vgl. Kühling/Buchner/Herbst, Art. 4 DS-GVO Rn 29 ff. Recht/Salm
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4. Rechte am geistigen Eigentum
NABEG § 30a
beitung in Form der Verbreitung dar. Die Regelungen zum Datenschutz werden allerdings nicht erst relevant, wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet, bei der die Unterlagen öffentlich ausgelegt werden.48 Schon bei der Speicherung von bei der BNetzA eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren sowie deren Übermittlung an den Vorhabenträger oder Träger öffentlicher Belange handelt es sich um Datenverarbeitungen.49 Für die Datenverarbeitung sind die Grundsätze des Art. 5 DS-GVO zu beachten.50 Die Vo- 29 raussetzungen der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung sind in Art. 6 und 9 DS-GVO geregelt. Nach der DS-GVO gilt das „Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt“.51 Greift keiner der in Art. 6 DS-GVO genannten Erlaubnistatbestände ein, so ist die Datenverarbeitung rechtswidrig. Rechtmäßig ist die Verarbeitung hingegen insbesondere dann, wenn eine Einwilligung vorliegt (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DS-GVO), wenn eine Verpflichtung des Verantwortlichen besteht (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DS-GVO), oder wenn die Verarbeitung zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DS-GVO). Im letzteren Fall bedarf es zur Feststellung der Erforderlichkeit einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Datenverarbeitung und dem Interesse der betroffenen Person am Schutz ihrer personenbezogenen Daten.52 Hierbei wird es maßgeblich auch auf die Art der jeweiligen Datenverarbeitung und die damit verbundene Eingriffsintensität ankommen. So unterliegt etwa die Veröffentlichung von Daten im Rahmen der Auslegung von Planunterlagen wesentlich strengeren Anforderungen als eine Datenübermittlung bei der Weitergabe von Einwendungen an den Vorhabenträger. Ein besonders strenger Maßstab gilt nach Art. 9 DS-GVO für die Verarbeitung besonderer 30 Kategorien personenbezogener Daten. Hierunter fallen unter anderem Gesundheitsdaten sowie Daten, aus denen politische Meinungen hervorgehen. Deren Verarbeitung ist nur ausnahmsweise zulässig. In den Planungs- und Genehmigungsverfahren erfolgt die Verarbeitung nach Maßgabe des § 30a Abs. 5.53
4. Rechte am geistigen Eigentum Unberührt bleiben nach Abs. 1 schließlich auch die Rechtsvorschriften über Rechte am geistigen 31 Eigentum. Neben den gewerblichen Schutzrechten wie Patent-, Marken- und Geschmacksmusterrechten, die im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren kaum Relevanz erlangen dürften,54 erfasst das Recht am geistigen Eigentum vor allem die Urheberrechte nach dem UrhG. Zu den danach geschützten Werken können gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG insbesondere auch Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen gehören. Insbesondere die Veröffentlichung solcher Werke kann im Rahmen der Beteiligungsverfahren insoweit eingeschränkt sein, als dass
48 De Witt/Scheuten/Durinke, § 8 Rn 39. 49 Vgl. zu Letzterem Rn 49 ff. 50 Personenbezogene Daten dürfen danach nur auf rechtmäßige Weise und nur für einen festgelegten Zweck verarbeitet werden, Art. 5 Abs. 1 lit. a, b DS-GVO. Die Daten müssen sachlich richtig und auf dem neuesten Stand sein, Art. 5 Abs. 1 lit. d DS-GVO, und ihre Verarbeitung muss auf das notwendige Maß beschränkt werden, Art. 5 Abs. 1 lit. c DS-GVO. Auch hinsichtlich der zeitlichen Dauer muss die Speicherung auf das erforderliche Mindestmaß reduziert werden, Art. 5 Abs. 1 lit. e DS-GVO. Dabei muss die Sicherheit der Daten gewährleistet sein, Art. 5 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Diesbezüglich ist der Verantwortliche rechenschaftspflichtig, Art. 5 Abs. 2 DS-GVO. 51 Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 DS-GVO Rn 1. 52 Kühling/Buchner/Buchner/Petri, Art. 6 DS-GVO Rn 119. 53 Vgl. hierzu Rn 59 ff. 54 Peters/Balla/Hesselbarth, § 23 Rn 6; im Hinblick auf patentrechtliche Ansprüche ebenso Hoppe/Beckmann/ Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 28. 929
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§ 30a NABEG
III. Wahrung des Geheimnis- und Datenschutzes (Abs. 2)
nach § 12 UrhG ausschließlich ihr Urheber zu bestimmen berechtigt ist, ob und wie seine Werke zu veröffentlichen sind. Weitere Einschränkungen können sich aus den §§ 15 ff. UrhG ergeben. 32 Gleichwohl wird dem Schutz von Urheberrechten in der Verfahrenspraxis in der Regel keine große Bedeutung zukommen. Zunächst gilt, dass entsprechende Darstellungen dem Werksbegriff des Urheberrechts und damit den urheberrechtlichen Restriktionen von vornerein nur dann unterfallen, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Darunter werden vom Menschen entwickelte Gedankenäußerungen verstanden, die von seiner Persönlichkeit geprägt sind und individuelle Züge aufweisen.55 Im Hinblick auf allgemeine Antrags- und Planunterlagen wird es daran regelmäßig fehlen,56 so dass sich insoweit keine urheberrechtlichen Einschränkungen hinsichtlich ihrer Auslegung bzw. Veröffentlichung ergeben. Nicht vom Urheberrecht erfasst werden etwa auch in Antragsunterlagen enthaltene Messwertlisten, Funddaten von Tier- und Pflanzenarten oder sonstige Darstellungen, die sich in einer bloßen Zusammenstellung von reinen Daten oder Prüfergebnissen erschöpfen.57 Etwas anderes kann indes gelten für fachwissenschaftliche Gutachten, umweltfachliche Bewertungen, Baupläne und sonstige genehmigungsrelevante Ausarbeitungen, die eine überdurchschnittliche individuelle Eigenart als Ergebnis einer eigenen geistigen Leistung aufweisen.58 33 Sollten Darstellungen nach vorgenanntem Maßstab als urheberrechtliche Werke einzuordnen sein, wird eine Veröffentlichung im Rahmen der Beteiligungsverfahren gleichwohl regelmäßig zulässig sein. Denn ihre Nutzung in behördlichen Verfahren ist nach Maßgabe des § 45 Abs. 1, Abs. 3 UrhG privilegiert.59 Zudem wird ein Urheber von Werken, die er im Hinblick auf die Planungs- und Zulassungsverfahren für den Vorhabenträger oder die Behörde erstellt hat, eine Veröffentlichung regelmäßig gestatten.60 So werden beispielsweise Verträge mit externen Gutachtern zumeist entsprechende Vereinbarungen oder Zustimmungen enthalten. Werden urheberrechtlich geschützte Werke als Teil eines Antrags in Planungsverfahren mit obligatorischer Öffentlichkeitbeteiligung der Behörde vorgelegt, wird hiermit im Übrigen eine konkludente Zustimmung verbunden sein, dass die entsprechenden Unterlagen öffentlich ausgelegt und damit einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden.61
III. Wahrung des Geheimnis- und Datenschutzes sowie der Rechte am geistigen Eigentum in Antrags- und Planunterlagen (Abs. 2) 34 Die Regelung des Abs. 2 schafft einen Ausgleich zwischen dem Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen im Rahmen der zu veröffentlichenden Antrags- bzw. Planunterlagen und den Informationsbedürfnissen der Öffentlichkeit, indem eine Antrags- bzw. Unterlagenfassung einzureichen ist, in der schutzbedürftige Inhalte nicht offenbart werden, und eine beizufügende Erläuterung dieser geheim zuhaltenden Informationen Dritten gleichwohl eine Beurteilung ihrer Betroffenheiten durch das Vorhaben ermöglicht.
55 Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 29; BeckO InfoMedienR/Karg, § 9 UIG Rn 19; OVG Magdeburg, B. v. 29.7.2016 – 2 M 14/16, Rn 45; eingehend zu den anzulegenden Maßstäben im Hinblick auf wissenschaftliche Fachgutachten auch BVerwG, GRUR 2020, 189, 190 f; Richter, GRUR 2020, 358, 358 f. 56 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, § 9 UIG Rn 17; Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 29; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2017 – 15 A 690/16, Rn 82. 57 BeckO InfoMedienR/Karg, § 9 UIG Rn 20a f. 58 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, § 9 UIG Rn 17; OVG Magdeburg, B. v. 29.7.2016 – 2 M 14/16, Rn 45; OVG NRW, Urt. v. 24.11.2017 – 15 A 690/16, Rn 82; Schnabel, K&R 2011, 626, 629. 59 Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 29. 60 Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 29. 61 Vgl. hierzu BVerwG, GRUR 2020, 189, 192. Recht/Salm
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2. Beifügung einer Erläuterung (Abs. 2 S. 2)
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1. Vorlage einer zusätzlichen Fassung der Anträge und Unterlagen (Abs. 2 S. 1) Nach Abs. 2 S. 1 hat der Vorhabenträger der BNetzA Anträge und Unterlagen auch in einer Fas- 35 sung vorzulegen, in der die Anforderungen des Geheimnis- und Datenschutzes sowie des Schutzes von Rechten am geistigen Eigentum gewahrt werden. Mit der Vorlage einer solchen zusätzlichen Dokumentenfassung wird die spätere Veröffentlichung der Anträge bzw. die Auslegung der Unterlagen durch die BNetzA vorbereitet; sie ist mithin für die Anträge nach § 6 und § 19 sowie die Unterlagen nach § 8 und § 21 gefordert.62 Es soll insoweit sichergestellt werden, dass eine Offenlegung von Informationen dabei nur erfolgt, soweit dies rechtlich zulässig ist. Zu den insoweit zu schützenden Informationen gehören sowohl solche des Vorhaben- 36 trägers als auch Informationen von Dritten, die dem Vorhabenträger zur Verfügung gestellt wurden und Eingang in die Anträge und Planunterlagen gefunden haben.63 Die Zulässigkeit einer Offenlegung dieser Informationen ergibt sich aus den in Abs. 1 in Bezug genommenen Schutzvorschriften. Hiernach schutzbedürftige Informationen dürfen nicht offengelegt werden und sind in der vorzulegenden Antrags- bzw. Unterlagenfassung ggf. zu schwärzen. Die Schutzbedürftigkeit ergibt sich in der Regel durch eine Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit in Bezug auf die jeweilige Information. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass die Informationen durch Veröffentlichung bzw. Auslegung einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich werden und insoweit von einer hohen Eingriffsintensität auszugehen ist. Jedenfalls im Hinblick auf die Anforderungen des Datenschutzes ergibt sich demnach, dass die Unterlagen für die Veröffentlichung und das Auslegungsverfahren zu anonymisieren sind, soweit sie personenbezogene Daten enthalten.64 Auch die Offenlegung sonstiger Informationen Dritter wird mangels entsprechendem Informationsinteresse der Öffentlichkeit unzulässig sein. Die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit der Informationen obliegt zunächst dem Vorha- 37 benträger. An die entsprechende Einstufung ist die BNetzA allerdings nicht gebunden, vielmehr hat sie in eigener Verantwortung nachzuprüfen, ob die Schutzvorschriften einer Offenlegung der Informationen entgegenstehen oder die Anträge und Unterlagen vollständig zu veröffentlichen bzw. auszulegen sind.65 Soweit der Vorhabenträger eigene Informationen offenlegt, kann die Behörde indes vom Fehlen eines entsprechenden Geheimhaltungsinteresses ausgehen. Will sie Unterlagen hingegen abweichend von der Einstufung des Vorhabenträgers veröffentlichen, bedarf es seiner vorherigen Anhörung.66 Im Hinblick auf Informationen Dritter hat die BNetzA im Rahmen der durch sie verantworteten Auslegung und Veröffentlichung in besonderem Maße zu prüfen, ob die Anforderungen an die Geheimhaltung und den Datenschutz sowie die Rechte am geistigen Eigentum in der vom Vorhabenträger vorgelegten Fassung der Anträge und Unterlagen gewahrt werden.
2. Beifügung einer Erläuterung (Abs. 2 S. 2) Der nach Abs. 2 S. 1 einzureichenden Antrags- bzw. Unterlagenfassung muss der Vorhabenträger 38 eine Erläuterung beifügen, in der die geheim zuhaltenden Informationen ohne ihre Preisgabe inhaltlich wiederzugeben sind. Die schutzbedürftigen Antrags- bzw. Unterlagenteile werden bei der Veröffentlichung bzw. Auslegung durch diese Erläuterung ersetzt. Die Umschreibung der Inhalte hat einerseits derart zu erfolgen, dass die Anforderungen der in Abs. 1 in Bezug 62 63 64 65 66 931
Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 Rn 17. Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 22. De Witt/Scheuten/Wiesendahl, § 21 Rn 35; Jarass, § 10 Rn 40; Landmann/Rohmer/Dietlein, § 10 BImSchG Rn 63. Recht/Salm
§ 30a NABEG
IV. Barrierefreiheit (Abs. 3)
genommenen Schutzvorschriften gewährleistet sind. Anderseits muss die Erläuterung so ausführlich sein, dass für Dritte gleichwohl zu beurteilen ist, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Die Erläuterung soll insoweit die Anstoßwirkung der Veröffentlichung bzw. Auslegung der Unterlagen sicherstellen.67 Ziel ist es, die Mitglieder der Öffentlichkeit sowie die Träger öffentlicher Belange möglichst umfänglich zu informieren und ihnen in der Folge zu ermöglichen, sachgemäß zum Antrag bzw. zu den Unterlagen Stellung nehmen zu können. Insofern dient die beizufügende Erläuterung zum einen dem öffentlichen Interesse im Hinblick auf eine möglichst umfassende Ermittlung des Abwägungsmaterials. Zum anderen wird auch der verfahrensmäßige Rechtsschutz des Einzelnen bezweckt, in dem er zuverlässig beurteilen kann, ob es notwendig ist, zur Wahrung seiner Belange Einwendungen zu erheben.68 Aufgrund des Wegfalls der materiellen Präklusion ist die Anstoßfunktion jedoch nicht mehr vor dem Hintergrund einer etwaigen Rechtswahrung zu sehen 39 Der Wortlaut der Regelung nimmt zwar ohne Differenzierung insgesamt auf die nach Abs. 2 S. 1 vorzulegende Fassung der Unterlagen Bezug und fordert eine Erläuterung somit grundsätzlich im Hinblick auf sämtliche darin geheim gehaltene Informationen. Da personenbezogene Daten jedoch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Auswirkungen des Vorhabens stehen und damit für die bezweckte Anstoßwirkung irrelevant sind, ergibt eine entsprechende Erläuterung insoweit wenig Sinn und wird entbehrlich sein.69 Gleiches gilt auch für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter. In der Regel wird sich die Erläuterung daher auf vorhabenbezogene Informationen des Vorhabenträgers beziehen. Hierbei kann sich der Umfang der Erläuterung an der jeweiligen Planungsebene orientieren. So wird es etwa im Hinblick auf die der Unterlage zur Bundesfachplanung beizufügenden Erläuterung ausreichen, raumbedeutsame Auswirkungen zum Maßstab zu nehmen.
IV. Barrierefreiheit (Abs. 3) 40 Die Vorschrift verpflichtet die Vorhabenträger, Anträge und Unterlagen nach diesem Gesetz grundsätzlich auch in einer möglichst barrierefreien Form bei der BNetzA einzureichen.
1. Regelungen zur Barrierefreiheit 41 Die Barrierefreiheit bezeichnet im Bereich der Informationstechnik eine Form der technischen Gestaltung, die es insbesondere Menschen mit Behinderungen ermöglichen soll, digitale Anwendungen und Informationsangebote uneingeschränkt nutzen zu können. In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über die Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen70 verpflichtet § 12a Abs. 1 BGG öffentliche Stellen des Bundes, insbesondere ihre Websites barrierefrei zu gestalten.71 Die konkreten Pflichten einschließlich des geforderten Umfangs der Barrierefreiheit ergeben sich aus der Barrierefreie-Informationstechnik-Verord-
67 Schink/Reidt/Mitschang/Dippel, § 23 Rn 5; BK-EnR/Appel, § 8 NABEG Rn 16; zur Anstoßfunktion allg. BVerwGE 112, 140, 144. 68 BK-EnR/Appel, § 8 NABEG Rn 16. 69 Vgl. Hoppe/Beckmann/Kment/Hagmann, § 23 UVPG Rn 19; zu § 8 S. 5 a. F. ebenso Schink/Versteyl/Dippel/ Schink, § 8 Rn 20. 70 Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen, ABl. L 327/1 vom 2.12.2016. 71 Vgl. hierzu auch Krohn-Aicher, RdLH 2018, 118 f. Recht/Salm
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2. Pflicht zur Vorlage barrierefreier Antrags- und Planunterlagen (Abs. 3 S. 1)
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nung (BITV 2.0),72 die darauf abzielt, eine umfassende und grundsätzlich uneingeschränkt barrierefreie Gestaltung moderner Informations- und Kommunikationstechnik zu ermöglichen und zu gewährleisten. Zu den danach barrierefrei zu gestaltenden Inhalten von behördlichen Websites gehören insbesondere textuelle und nicht-textuelle Informationen sowie integrierte Inhalte unterschiedlichen Formats wie beispielsweise bereitgestellte Dokumente (§ 2 Abs. 1 S. 2 und 3 BITV 2.0). Für die zur Herstellung der Barrierefreiheit maßgeblichen Standards und Anforderungen verweist § 3 Abs. 2 BITV 2.0 auf die jeweils im Amtsblatt der EU bekannt gemachten harmonisierten Normen.73 Im Übrigen ist der Stand der Technik maßgeblich.
2. Pflicht zur Vorlage barrierefreier Antrags- und Planunterlagen (Abs. 3 S. 1) Durch Abs. 3 S. 1 wird die Pflicht der Vorhabenträger zur Einreichung barrierefreier Anträge und Unterlagen begründet. Der BNetzA soll damit ermöglicht werden, ohne erheblichen Verwaltungsaufwand bei der Internetveröffentlichung dieser Dokumente ihre Pflichten nach der BITV 2.0 erfüllen zu können. Der Gesetzgeber verspricht sich hierdurch eine Erleichterung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren.74 Dem Zweck der Regelung entsprechend werden von der Verpflichtung nur solche Anträge und Unterlagen erfasst, deren Veröffentlichung im Internet vorgeschrieben ist. Das betrifft somit die Anträge auf Bundesfachplanung nach § 6 und auf Planfeststellung nach § 19 sowie die jeweils zugehörigen Planunterlagen nach § 8 bzw. § 21. Sonstige Anträge nach diesem Gesetz sind entgegen des insoweit zu weit gefassten Wortlauts nicht in barrierefreier Form einzureichen.75 Anträge und Unterlagen sind in möglichst barrierefreier Form vorzulegen. Konkrete Anforderungen oder Standards gibt die Regelung hierfür nicht vor. Aus dem Regelungszweck, die Herstellung der für die behördliche Veröffentlichung vorgeschriebenen Barrierefreiheit auf die Vorhabenträger zu verlagern, ergibt sich, dass der Umfang der Barrierefreiheit jedenfalls nicht über die entsprechende Verpflichtung der Behörde hinausgehen muss. Von den Vorhabenträgern ist insoweit nicht mehr gefordert, als die BNetzA nach der BITV 2.0 zu erfüllen verpflichtet ist. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde dies betreffend in Abrede gestellt, dass die BNetzA überhaupt zur barrierefreien Veröffentlichung der Anträge und Unterlagen verpflichtet sei, da es sich hierbei um Dokumente der Vorhabenträger, also für die Behörde um Fremdinhalte handele.76 Die behördliche Pflicht zur barrierefreien Website-Gestaltung erstreckt sich nach § 2a Abs. 1 S. 3 BITV 2.0 allerdings ausdrücklich auch auf bereitgestellte Dokumente als integrierte Inhalte der Website. Eine Differenzierung nach internen oder externen Dokumenten erfolgt hierbei nicht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die einzureichenden Anträge und Unterlagen der Vorhabenträger als Grundlage behördlicher Verfahren und Entscheidungen dienen und sie insbesondere auch aufgrund ihrer verpflichtenden Veröffentlichung durch die BNetzA ohne Weiteres barrierefrei zu gestaltende Informationsinhalte einer öffentlichen Stelle im Sinne der BITV 2.0 darstellen. Durch den unbestimmten Begriff „möglichst“ wird ein gewisser Spielraum eröffnet; die Verpflichtung der Vorhabenträger zur Vorlage barrierefreier Unterlagen inhaltlich jedenfalls begrenzt. Diese Formulierung war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten und wurde nach 72 Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz vom 12.9.2011 (BGBl. I S. 1843), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 21.5.2019 (BGBl. I S. 738) geändert worden ist. 73 Nach dem Durchführungsbeschluss (EU) 2018/2048 der Kommission vom 20.12.2018 über die harmonisierte Norm für Websites und mobile Anwendungen zur Unterstützung der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates ist dies derzeit die EN 301 549 V2.1.1 (2018-08). 74 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. 75 Nicht erfasst sind beispielsweise Anträge nach § 5b Abs. 1 oder § 26 S. 1. 76 Ausschussdrucks. 19(9)843, S. 5; ebenso Ruge, ER 2021, 91, 99. 933
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V. Weitergabe von Einwendungen und Stellungnahmen (Abs. 4)
Kritik der Vorhabenträger77 erst im laufenden Gesetzgebungsverfahren offenbar mit dem Ziel einer Entlastung eingefügt.78 In den Gesetzgebungsmaterialen wird klargestellt, dass die in der BITV 2.0 vorgesehenen Standards eine bloße Orientierung bieten.79 Jedenfalls die Übersetzung der Antrags- und Planunterlagen in Leichte Sprache wird nicht gefordert sein, da diese bereits nach § 4 BITV 2.0 nur für wesentliche Inhalte der Website vorgeschrieben ist. Die Herstellung der Barrierefreiheit wird im Wesentlichen die screenreader-gerechte Formatierung von Texten und die Verwendung von Lesezeichen betreffen.80 Auch können im Einzelfall Alternativtexte für weniger komplexe Darstellung erforderlich sein.
3. Ausnahmen (Abs. 3 S. 2) 46 Die Herstellung der Barrierefreiheit kann insbesondere vor dem Hintergrund des Umfangs der Antrags- und Planunterlagen mit erheblichem Aufwand verbunden sein. Dem wird in Abs. 3 S. 2 durch Ausnahmetatbestände Rechnung getragen. Die Pflicht zur Vorlage barrierefreier Anträge und Unterlagen entfällt danach, soweit die barrierefreie Form nicht möglich ist oder den Vorhabenträger unverhältnismäßig belasten würde. Die Vorschrift greift insoweit eine Ausnahme auf, die nach § 12a Abs. 6 BGG gleichermaßen 47 für die behördliche Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung besteht. Aufgrund der durch den Regelungszweck gewissermaßen akzessorischen Pflicht der Vorhabenträger81 kann auf die dazu entwickelten Maßstäbe zurückgegriffen werden. Mit Verweis auf den Erwägungsgrund Nr. 39 der zugrundeliegenden RL (EU) 2016/2102 soll von einer Unverhältnismäßigkeit auszugehen sein, wenn die Herstellung der Barrierefreiheit eine übermäßige organisatorische und finanzielle Belastung bewirken oder die Fähigkeit zur Aufgabenerfüllung gefährden würde.82 Anhaltspunkt, nicht aber alleiniger Maßstab für die Unverhältnismäßigkeit kann auch die Frage sein, ob die Herstellung der Barrierefreiheit der mit der Regelung bezweckten Verfahrensbeschleunigung zuwiderläuft. 48 Die Ausnahme wird nur spezifische Inhalte der Antrags- und Planunterlagen betreffen. Dies soll beispielsweise im Hinblick auf kartografische Darstellungen regelmäßig der Fall sein.83 Die Erstellung von Alternativtexten ist dann nicht erforderlich. Im Übrigen müssen diese Inhalte trotzdem so zugänglich wie möglich gemacht werden und andere Inhalte uneingeschränkt barrierefrei gestaltet werden („soweit“).
V. Weitergabe von Einwendungen und Stellungnahmen (Abs. 4) 1. Weitergabe an Vorhabenträger (Abs. 4 S. 1) 49 Einwendungen und Stellungnahmen aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bundesfachplanung (§ 9 Abs. 2 und 5) sowie aus dem Anhörungsverfahren zur Planfeststellung (§ 22 Abs. 2 und 5) sind nach Abs. 4 S. 1 durch die BNetzA dem Vorhabenträger zur Verfügung zu stellen. Vorgesehen ist die Weitergabe ausdrücklich auch an die vom Vorhabenträger beauftragten Fachbüros, denen er sich ggf. im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren bedient. Das können beispielsweise Umweltgutachter, Rechtsanwaltskanzleien 77 78 79 80 81 82 83
Ausschussdrucks. 19(9)843, S. 4 f; 19(9)847, S. 5. BT-Drucks. 19/26241, S. 23 f; vgl. hierzu Ruge, ER 2021, 91, 99. BT-Drucks. 19/26241, S. 35. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. Vgl. Rn 45. Vgl. Begr. RegE zu § 12a BGG, BT-Drucks. 19/2072, S. 29. BT-Drucks. 19/26241, S. 38 sowie bereits Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42.
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2. Weitergabe an betroffene Träger öffentlicher Belange (Abs. 4 S. 2)
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und technische Dienstleister sein. Entgegen der Einordnung in der Gesetzesbegründung, die von einer Weitergabeberechtigung der BNetzA spricht,84 ist die Weitergabe an den Vorhabenträger und die von ihm Beauftragten nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung als Pflicht ausgestaltet. Dem Vorhabenträger wird durch die Weitergabe ermöglicht, auf die Einwendungen und 50 Stellungnahmen, die zu seinen zuvor ausgelegten Planunterlagen nach § 8 bzw. § 21 aus der Öffentlichkeit und von Trägern öffentlicher Belange eingegangen sind, zu erwidern. Hierdurch kann Einzelfragen und Besonderheiten im Rahmen der Beteiligungs- und Anhörungsverfahren hinreichend Rechnung getragen werden.85 Insbesondere wird dem Vorhabenträger als Planverantwortlichem Gelegenheit gegeben, auch auf neue Hinweise und Erkenntnisse zu seinen Planungen einzugehen. Die Kenntnis der vorgebrachten Einwände der Öffentlichkeit sowie der fachlichen Stellungnahmen dient auch der Vorbereitung des anschließenden Erörterungstermins (§ 10 bzw. § 22 Abs. 6), in dem diese Einzelaspekte gemeinsam mit den Einwendern und Stellungnehmern erörtert werden. Hierdurch und insbesondere durch die vom Vorhabenträger zu erstellende Erwiderung wird schließlich eine informierte und ausgewogene Entscheidungsfindung der BNetzA ermöglicht.86 Die Weitergabe der Erwiderungen und Stellungnahmen stellt im Hinblick auf darin enthal- 51 tene personenbezogene Daten eine Datenverarbeitung im Sinne der DS-GVO dar87 und unterliegt insoweit den entsprechenden datenschutzrechtlichen Anforderungen. Die Zulässigkeit der Weitergabe folgt aus Art. 6 Abs. 1 lit. c, Abs. 3 DS-GVO, da die Einwendungen und Stellungnahmen nach Abs. 4 S. 1 an den Vorhabenträger und die von ihm Beauftragten zur Verfügung zu stellen sind und insoweit eine gesetzliche Verpflichtung zur entsprechenden Datenverarbeitung im Sinne dieses Ausnahmetatbestands besteht. Als Grundlage für die Datenverarbeitung in Form der Weitergabe kommt zudem auch Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 3 DS-GVO i. V. m. Abs. 4 S. 1 in Betracht. Denn die Übermittlung der Daten ist zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich. Die Weitergabe dient der Verfahrensbeschleunigung und -effizienz und ist unerlässlich für die ordnungsgemäße Durchführung der Planungsund Genehmigungsverfahren.88 Zudem weist die Weitergabe auch nur eine geringe Eingriffsintensität auf. Der Vorhabenträger sowie die von ihm Beauftragten haben sicherzustellen, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Verarbeitung der übermittelten Daten eingehalten werden. Insbesondere ist der Grundsatz der Zweckgebundenheit der Datenverarbeitung zu beachten, Art. 5 Abs. 1 lit. b DS-GVO. Enthalten die Einwendungen bzw. Stellungnahmen besonders sensible personenbezoge- 52 ne Daten (z. B. Gesundheitsdaten) ist sowohl im Hinblick auf die Weitergabe als auch für die Verarbeitung der Daten durch den Vorhabenträger einschließlich der von ihm Beauftragten Abs. 5 zu beachten.89
2. Weitergabe an betroffene Träger öffentlicher Belange (Abs. 4 S. 2) Nach Abs. 4 S. 2 darf die BNetzA die Einwendungen und Stellungnahmen auch an betroffene 53 Träger öffentlicher Belange weitergeben. Hierdurch wird auch ihnen eine effektive Vorbereitung auf den Erörterungstermin nach § 10 bzw. § 22 Abs. 6 ermöglicht.90 Im Einzelfall kann zudem eine fachliche Rückkopplung einzelner Äußerungen mit dem dafür zuständigen Träger 84 85 86 87 88 89 90 935
Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 42. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 74, zur Vorgängerreglung in § 9 Abs. 6 S. 4 a. F. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/7375, S. 74, zu § 9 Abs. 6 S. 4 a. F. Vgl. Rn 29. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. Vgl. hierzu Rn 59 ff. Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. Recht/Salm
§ 30a NABEG
V. Weitergabe von Einwendungen und Stellungnahmen (Abs. 4)
öffentlicher Belange zur Vorbereitung des Erörterungstermins oder der das Verfahren abschließenden Planungs- und Genehmigungsentscheidungen notwendig werden.91 Die Weitergabe ermöglicht damit eine bestmögliche Auseinandersetzung mit den darin vorgebrachten Belangen und dient damit ebenfalls einer ausgewogenen Entscheidungsfindung der BNetzA. 54 Die Weitergabe darf nur erfolgen, sofern das Aufgabengebiet des Trägers öffentlicher Belange berührt ist. Unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts der Einwendung bzw. Stellungnahme ist dies jeweils zu prüfen. Hierdurch wird dem datenschutzrechtlichen Maßstab der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung Rechnung getragen. Mit Blick auf die in den Einwendungen bzw. Stellungnahmen enthaltenen personenbezogenen Daten ist der Träger öffentlicher Belange zudem seinerseits zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen verpflichtet. Insbesondere dürfen die Daten nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e, Abs. 3 DSGV i. V. m. § 25 Abs. 1 S. 3 BDSG vom Träger öffentlicher Belange nur für den Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt wurden. Grundsätzlich sind die übermittelten Daten demnach ausschließlich im Rahmen der Planungs- und Zulassungsverfahren und nur zu den dem Träger öffentlicher Belange hierbei obliegenden Aufgaben zu verwenden. Unschädlich dürfte sein, wenn im Rahmen der Bundesfachplanung übermittelte Daten auch im Zusammenhang mit dem anschließenden Planfeststellungsverfahren verwendet werden. Ausnahmen von der Zweckbindung können sich im Übrigen aus § 23 BDSG ergeben.
3. Anspruch auf Unkenntlichmachung (Abs. 4 S. 3 und 4) 55 Auf Verlangen des Einwenders sind dessen Name und Anschrift in seiner Einwendung vor deren Weitergabe unkenntlich zu machen, wenn diese Angaben zur ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nicht erforderlich sind (Abs. 4 S. 3). Dies betrifft die Weitergabe sowohl an den Vorhabenträger als auch an Träger öffentlicher Belange. Die Vorschrift trägt datenschutzrechtlichen Belangen Rechnung, indem die Möglichkeit zur 56 Weiterleitung personenbezogener Daten eine an der Erforderlichkeit für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens ausgerichtete Einengung erfährt. Verlangt der Einwender eine Unkenntlichmachung, kommt eine ungeschwärzte Weiterleitung seiner Einwendung nur in Betracht, wenn sein Name und seine Anschrift für eine Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen durch die Vorhabenträger oder die Träger öffentlicher Belange benötigt wird. Tragen die Angaben hingegen nichts zur Bewertung seiner Einwendung bei, wird seinem Verlangen zu entsprechen sein. Dass ihm durch die Weiterleitung Nachteile entstehen können, ist daneben nicht erforderlich.92 57 Der Anspruch, entsprechende Schwärzungen zu verlangen, steht nach dem Wortlaut der Regelung lediglich dem Einwender zu, womit terminologisch an diejenige Person angeknüpft wird, die sich als Privater nach § 9 Abs. 5 bzw. § 22 Abs. 5 geäußert hat. Nicht erfasst vom Anonymisierungsverlangen werden hingegen offenbar entsprechende Angaben in Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange, obschon darin enthaltene Namen der jeweiligen Bearbeiter ebenso personenbezogene Daten darstellen.93 Auf die Möglichkeit des Anonymisierungsverlangens ist nach Abs. 4 S. 4 in den jeweiligen 58 Verfahrensschritten hinzuweisen. Auf Ebene der Bundesfachplanung hat der Hinweis in der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung der Unterlagen nach § 9 Abs. 3 S. 4 zu erfolgen. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ist in der entsprechenden Bekanntmachung nach § 22 Abs. 3 S. 3 darauf hinzuweisen.
91 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 92 So aber zu § 12 Abs. 2 9. BImSchV Landmann/Rohmer/Dietlein, § 12 9. BImSchV Rn 7. 93 Vgl. EuGH, Urt. v. 19.2.2019 – C-345/17, Rn 44 ff, zu sog. Funktionsträgerdaten. Recht/Salm
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VI. Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (Abs. 5)
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VI. Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (Abs. 5) Abs. 5 regelt eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO und erleichtert insoweit deren Einbeziehung und Berücksichtigung im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren nach diesem Gesetz. Die Verarbeitung solcher Daten durch die BNetzA einschließlich deren Weitergabe an den jeweils betroffenen Vorhabenträger sowie die Träger öffentlicher Belange ist zulässig, wenn dies für die Verfahrensdurchführung erforderlich ist. Im Rahmen der einzelnen Verfahrensschritte der Bundesfachplanung und Planfeststellung werden der BNetzA sowie dem Vorhabenträger bzw. anderen Trägern öffentlicher Belange unter Umständen auch personenbezogene Daten zugetragen, die nach Art. 9 DS-GVO einem besonderen Schutz unterfallen. Erfasst werden hiervon solche besonderen Datenkategorien, mit denen ein erhöhtes Diskriminierungsrisiko einhergeht oder deren Verarbeitung zu sonstigen erheblichen Risiken für die betroffene Person führen kann.94 Neben Angaben etwa zur Herkunft, zu religiösen Überzeugungen, zu genetischen und biometrischen Daten werden vom abschließenden Katalog des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO – mit besonderer Relevanz für die Netzausbauverfahren – auch Gesundheitsdaten und politische Äußerungen erfasst. Solche Angaben finden mitunter in Einwendungen oder in Erörterungsterminen Erwähnung. Vor allem Personendaten mit einem Gesundheitsbezug werden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung regelmäßig etwa mit dem Ziel geäußert, dass diese Belange in die Bundesfachplanungs- oder Planfeststellungsverfahren sowie die abschließenden Entscheidungen einbezogen werden. Dabei kommt es für deren Schutzbedürftigkeit jedoch grundsätzlich nicht auf Motivation oder Zweckrichtung an, also auch nicht darauf, ob diese Datenangaben für die Betroffenen im Kontext ihrer Verarbeitung positiv oder negativ wirken können.95 Die Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten darf nicht allein nach Maßgabe der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. Art. 6 Abs. 2 DS-GVO erfolgen, sondern sie unterliegt einem darüber hinaus gehenden, besonders strengen Schutzregime. Nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO ist die Verarbeitung solcher Daten grundsätzlich untersagt. Ausnahmen von diesem Verarbeitungsverbot ergeben sich aber aus Art. 9 Abs. 2 DS-GVO. Neben dem Fall einer Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 lit. a DS-GVO kann die Verarbeitung auch zulässig sein, wenn die betroffene Person die besonders sensiblen Daten selbst offensichtlich öffentlich gemacht hat, Art. 9 Abs. 2 lit. e DS-GVO. Dies ist jedoch allenfalls bei Äußerungen denkbar, die im Rahmen einer öffentlichen Antragskonferenz nach § 7 bzw. § 20 getätigt werden. Schließlich gilt das Verbot nach Art. 9 Abs. 2 lit. b DS-GVO auch dann nicht, soweit die Datenverarbeitung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen eigenständigen Erlaubnistatbestand, der die Verarbeitung unmittelbar zulässt, sondern um eine Öffnungsklausel, die eine das erhebliche öffentliche Interesse begründende oder konkretisierende Vorschrift der Union oder des Mitgliedstaats erfordert.96 Im Rahmen einer solchen gesetzlichen Grundlage muss eine umfassende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Datenverarbeitung mit dem dadurch verbundenen Datenschutzrisiko erfolgen.97 Abs. 5 stellt eine solche Ausnahmeregelung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. g DS-GVO dar. Da der weit überwiegende Teil der eingehenden Stellungnahmen gerade nicht öffentlich erfolgt und eine Einwilligung zudem jederzeit widerruflich ist, d. h. die Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach anderweitig denkbaren Erlaubnistatbeständen (Art. 9 Abs. 2 lit. a und e DS-GVO) in aller Regel nicht besteht oder entfallen kann, hat der Gesetzgeber mit dieser Regelung eine rechtssichere Grundlage für die Datenverarbeitung besonders sensibler personenbezogener 94 95 96 97 937
Gola/Schulz, Art. 9 DS-GVO Rn 1; Kühling/Buchner/Weichert, Art. 9 DS-GVO Rn 15. Kühling/Buchner/Weichert, Art. 9 DS-GVO Rn 19. Gola/Schulz, Art. 9 DS-GVO Rn 30. Kühling/Buchner/Weichert, Art. 9 DS-GVO Rn 88. Recht/Salm
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VI. Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (Abs. 5)
Daten geschaffen. Die Vorschrift stellt zudem eine geringe Hürde als § 22 Abs. 1 Nr. 1 d) BDSG dar. Das erhebliche öffentliche Interesse an der Verarbeitung ergibt sich aus der mit den Planungs- und Genehmigungsverfahren bezweckten Sicherstellung der Energieversorgung.98 In der Gesetzesbegründung wird insbesondere auf die Regelung des § 1 Satz 3 Bezug genommen, wonach die Realisierung der diesem Gesetz unterfallenden Stromleitungsvorhaben aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.99 Zudem gilt es zu beachten, dass diese Leitungsvorhaben von überregionaler und europäischer Bedeutung sind und dabei über den grundsätzlich immer bestehenden Gemeinwohlbedarf hinaus in besonderer Weise der Verwirklichung der Energiewende bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit dienen. Die zügige und rechtssichere Durchführung der zu diesem Zwecke erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren stellt daher ebenfalls ein erhebliches öffentliches Interesse dar.100 In die gesetzgeberische Abwägung wurde in diesem Zusammenhang zudem eingestellt, dass die personenbezogenen Daten mit dem Zweck einer Berücksichtigung im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren eingebracht werden und deren Verarbeitung daher gerade auch im Interesse der betroffenen Person liegt.101 Die Datenverarbeitung muss nach Abs. 5 S. 1 für die Durchführung der Verfahren erfor63 derlich sein. Ob dies der Fall ist, hängt maßgeblich von der Art der Datenverarbeitung ab. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit ist mit Blick auf den Schutzzweck ein restriktiver Maßstab anzulegen. Die Erfassung, Speicherung und Auswertung besonders sensibler Daten durch die BNetzA wird jedenfalls regelmäßig notwendig sein, um zu gewährleisten, dass alle relevanten Aspekte in den Planungs- und Genehmigungsentscheidungen berücksichtigt werden können.102 Insbesondere das planerische Abwägungsgebot, das die umfassende Ermittlung des Abwägungsmaterials und damit die Schaffung einer tragfähigen Datengrundlage verlangt,103 erfordert insoweit eine entsprechende Datenverarbeitung. Auch die in Abs. 5 ausdrücklich erwähnte Übermittlung solcher in Einwendungen oder Stellungnahmen enthaltenen sensiblen Daten an den Vorhabenträger und an die Träger öffentlicher Belange ist für die ordnungsgemäße Verfahrensdurchführung unerlässlich. Ausweislich des von der allgemeinen Regelung in Abs. 4 abweichenden Wortlauts ist zu beachten, dass die Weitergabe unter Gesichtspunkten der Erforderlichkeit von vornherein nur an den „jeweils zuständigen Vorhabenträger“ erfolgen darf, was etwa bei unterschiedlichen Abschnittsverantwortlichkeiten relevant werden kann. Gleichermaßen ist eine Weitergabe auch nur an die in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Träger öffentlicher Belange zulässig. Eine Verarbeitung besonders sensibler Daten in Form ihrer Verbreitung durch Auslegung und Veröffentlichung von Antrags- oder Planunterlagen wird demgegenüber in aller Regel nicht erforderlich und damit unzulässig sein. 64 Neben den Grenzen der Erforderlichkeit wird den sich aus einer Datenverarbeitung ergebenen Datenschutzrisiken im Übrigen durch den nach Abs. 5 S. 2 entsprechend anzuwendenden § 22 Abs. 2 BDSG Rechnung getragen. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 BDSG sind angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen. Entsprechende Schutzmaßnahmen werden in § 22 Abs. 2 S. 2 BDSG beispielhaft aufgezählt. In Betracht kommen u. a. organisatorische und technische Maßnahmen (Nr. 1), die Sensibilisierung der an den Verarbeitungsvorgängen Beteiligten (Nr. 3) sowie die Pseudonymisierung der Daten (Nr. 6). Die Erforderlichkeit konkreter Schutzmaßnahmen ist dabei abhängig von Art und Umfang der Datenverarbeitung sowie den unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und der
98 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 99 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 100 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 101 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 102 Begr. RegE, BT-Drucks. 19/23491, S. 43. 103 Durner UPR 2003, 262, 263. Recht/Salm
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VI. Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (Abs. 5)
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Schwere der mit der Verarbeitung verbundenen Risiken.104 Bei der in Abs. 4 vorgesehenen Weitergabe von Einwendungen und Stellungnahmen, die besonders sensible personenbezogene Daten enthalten, mag insoweit auch zu berücksichtigen sein, dass die Vorhabenträger sowie die Träger öffentlicher Belange ihrerseits die datenschutzrechtlichen Regelungen zu beachten haben.
104 Kühling/Buchner/Weichert, § 22 BDSG Rn 30. 939
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Abschnitt 5 Behörden und Gremien § 31 Zuständige Behörde (1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz nehmen die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) und nach Maßgabe des Absatzes 2 die zuständigen Landesbehörden wahr. (2) Den nach Landesrecht zuständigen Behörden obliegt die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens oder des Plangenehmigungsverfahrens nach den Regelungen des Abschnitts 3 für alle Vorhaben im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die nicht durch die Rechtsverordnung nach § 2 Absatz 2 auf die Bundesnetzagentur übertragen worden sind, und die Aufgaben nach § 27. (3) Die Bundesnetzagentur ist verpflichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit regelmäßig in nicht personenbezogener Form über den Verfahrensstand zur Bundesfachplanung und zur Planfeststellung zu berichten. (4) Soweit für die Bundesfachplanung und die Planfeststellung Geodaten, die bei einer Behörde oder einem Dritten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorhanden sind, benötigt werden, sind diese Daten auf Verlangen dem Vorhabenträger, den von ihm Beauftragten, der Bundesnetzagentur und den zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder für die Zwecke der Bundesfachplanung und der Planfeststellung zur Verfügung zu stellen. Der Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 5 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz kann die Herausgabe von Geodaten verweigern, wenn diese Daten besonders schutzbedürftig sind. Der Betreiber kann in diesem Fall die Geodaten über ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stellen, wenn ihm die Datenhoheit über seine Geodaten garantiert wird. Die §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes und entsprechende Regelungen des Landesrechts bleiben unberührt.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Entstehungsgeschichte
II.
Verfassungsmäßigkeit
III.
Die Bundesnetzagentur
IV.
Zuständigkeit für die Planfeststellung (Abs. 2) 9
V.
Berichtspflichten
VI.
Geodaten
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5 20
6
I. Allgemeines 1. Überblick 1 Nach Abs. 1 ist die BNetzA für die Bundesfachplanung die zuständige Behörde. Für die Planfeststellung gibt es ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: Grundsätzlich sind die Länder für die Planfeststellung auch nach NABEG zuständig (Abs. 2 Hs. 1). Die BNetzA wird für die Planfeststellung der Vorhaben zuständig, die auf Basis des Bundesbedarfsplangesetzes durch Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates ihr zugewiesen werden (Abs. 2 Hs. 2). Abs. 3 enthält eine Monitoring- und Berichtspflicht der BNetzA über den Fortschritt der Bundesfachplanung und der Planfeststellungsverfahren für die Höchstspannungstrassen aus dem Bundesbedarfsplangesetz, unSerong https://doi.org/10.1515/9783110670516-077
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III. Die Bundesnetzagentur
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abhängig von der Durchführungsverantwortung. Der im Rahmen der NABEG-Novelle 2019 neu eingefügte Abs. 4 zielt darauf ab, dass vorhandene Geodaten für den Vorhabenträger sowie für die zuständigen Behörden zur Verfügung stehen.
2. Entstehungsgeschichte Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung aus dem Jahre 20111 sowie der wortgleiche Gesetzes- 2 entwurf der Regierungsfraktionen2 sahen in §§ 5 ff, 18 Abs. 1 und dann in 31 Abs. 1 die vollständige und ausschließliche Aufgabenwahrnehmung durch die BNetzA vor. Als Begründung ist zu lesen: „Die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur auch für die Planfeststellungsverfahren stellt sicher, dass die Planfeststellung ohne Zeitverlust und Verlust von in der Bundesfachplanung gewonnenen Erkenntnissen unmittelbar an die Bundesfachplanung anknüpfen kann. Zudem ist auf diese Weise eine Prioriätensetzung bei verschiedenen Vorhaben möglich.“3
Nach einer mehrheitlich ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates zur sofortigen Über- 3 tragung der Planfeststellungszuständigkeit auf die BNetzA stellte die Bundesregierung fest: „Die Bundesregierung nimmt zur Kenntnis, dass sich eine Mehrheit der Länder für die Beibehaltung der Vollzugsaufgaben der Planfeststellung bei den Ländern ausspricht. […] Zwar ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine Bundesfachplanung und Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur die sachgerechte Lösung ist, um für Leitungen von gesamtstaatlichem Interesse zügige Genehmigungsverfahren und eine gebündelte Zuständigkeit zu gewährleisten. […] Gleichwohl ist die Bundesregierung mit einer Regelung einverstanden, wonach die Trassen, die Gegenstand eines Planfeststellungsverfahrens durch die Bundesnetzagentur sein sollen, durch eine Verordnung festgelegt werden, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“4
Es oblag dem federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Technologie in seiner Beschlussempfehlung, diesen Kompromiss in die vorliegenden Formulierungen des §§ 18 und 31 einzuarbeiten.5 In dieser Form wurde das Gesetz vom Bundestag beschlossen. Mit der Änderung wurde auch die gegenseitige Auskunftspflicht im Bundesfachplanungs- 4 beirat in § 32 Abs. 2 S. 3 eingeführt.6
II. Verfassungsmäßigkeit Zur Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Aufgabenwahrnehmung durch den Bund so- 5 wie die Verordnungsermächtigung siehe Einleitung Rn 68 ff und § 2 Rn 10 ff.
III. Die Bundesnetzagentur Als zuständige Behörde für die Bundesfachplanung und die Planfeststellung nach Maßgabe des 6 Abs. 2 benennt das Gesetz die BNetzA. Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommu1 2 3 4 5 6
BR-Drucks. 342/11 v. 6.6.2011. BT-Drucks. 17/6073 v. 6.6.2011. BR-Drucks. 342/11, S. 45. BT-Drucks. 17/6249, S. 17. BT-Drucks. 17/6366, S. 7 und 9. Siehe dazu § 32 Rn 11.
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Serong
§ 31 NABEG
IV. Zuständigkeit für die Planfeststellung (Abs. 2)
nikation, Post und Eisenbahnen ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mit Sitz in Bonn. Sie hat weitere Standorte und Außenstellen in allen Bundesländern, u. a. in Berlin, Mainz, Saarbrücken und Cottbus. Seit dem 13.7.2005 ist die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, die aus dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) und dem Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT) hervorging, umbenannt in Bundesnetzagentur. Durch die Veränderung von Aufgaben wird die Struktur regelmäßig überprüft und verändert. 7 Zentrale Aufgabe der Bundesnetzagentur ist es, den Wettbewerb in den Energie-, Telekommunikations-, Post- und Eisenbahnmärkten zu fördern und die Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen in diesen Bereichen sicherzustellen. Damit gewährleistet sie die Liberalisierung und Deregulierung der Märkte Telekommunikation, Post, Eisenbahnen und Energie durch einen diskriminierungsfreien Netzzugang und effiziente Netznutzungsentgelte. Die Bundesnetzagentur ist dabei aber auch eine Behörde des Verbraucherschutzes. Eine besondere Rolle spielt sie bei der Umsetzung der Energiewende: Die Bundesnetzagentur soll die Planung neuer Stromleitungen beschleunigen und damit sicherstellen, dass Energie auch in Zukunft verlässlich verfügbar ist und bezahlbar bleibt. Ihre grundlegenden Strukturen werden durch das Gesetz über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BEGTPG) geregelt.7 8 Mit dem NABEG übertrug man der Behörde erstmals Aufgaben der Bedarfs- und Errichtungsplanung von Netzinfrastrukturen im Bereich der Elektrizitätshöchstspannungsnetze. Die BNetzA hat dementsprechend Kompetenzen insbesondere in den Bereichen Netzmodellierung und -planung, Raumplanung und Planfeststellung, Umweltfragen und Beteiligungsverfahren aufgebaut. Die Aufgaben der Bundesfachplanung und Planfeststellung werden in einer neuen Abteilung (Abteilung 8) wahrgenommen. Durch die Verschränkung der Aufgaben mit der Energieregulierung (Abteilung 6) erfolgt eine Kompetenzbündelung. Die Aufgaben der Bedarfsplanung (vom Szenariorahmen bis zum Netzentwicklungsplan und dem Entwurf des Bundesbedarfsplans) werden von der Abteilung Energieregulierung wahrgenommen. Praxistipp Zu Fragen rund um den Strom-Netzausbau kann man sich an den Bürgerservice der Bundesnetzagentur wenden: – Bundesnetzagentur, Stichwort: Netzausbau, Postfach 80 01, 53105 Bonn. Die Behörde hat eine zentrale Internetpräsenz zum Netzausbau Strom unter www.netzausbau.de und eine zentrale Emailadresse eingerichtet: [email protected]. Unter 0800/638 9 638 ist der Bürgerservice zu Fragen des Stromnetzausbaus telefonisch erreichbar.
IV. Zuständigkeit für die Planfeststellung (Abs. 2) 9 Der Wortlaut der vorliegenden Regelung stellt ein Regel-Ausnahmeverhältnis für die Planfeststellung durch die Länder im Verhältnis zur Planfeststellung durch den Bund fest. Grundsätzlich sind weiterhin die nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Planfeststellung zuständig, auch für die Vorhaben, die bundesfachgeplant sind. 10 Die Verordnung nach § 2 Abs. 2 kann allerdings alle oder einzelne Maßnahmen aus dem Bundesbedarfsplangesetz in die Zuständigkeit der BNetzA überführen.8 Es wird deutlich nach dem Wortlaut des Abs. 2 und aus der Begründung des Gesetzgebers,9 dass der Verordnungsgeber aus den als länderübergreifende und grenzüberschreitende Leitungen gekennzeichneten
7 Vgl. zur Bundesnetzagentur umfassend: Holznagel (Hg.), 20 Jahre Verantwortung für Netze (Festschrift), 2018. 8 Appel/Eding, NVwZ 2012, 343, 345 vertreten die These, durch die Ermächtigung sei über das „Ob“ der Übertragung bereits entschieden.
9 BT-Drucks. 17/6366, S. 19 – Änderungsanträge des Wirtschaftsausschusses des Bundestages. Serong
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V. Berichtspflichten
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Maßnahmen „diejenigen“ identifizieren soll, die in die Bundeszuständigkeit fallen. Hierzu bedarf es der Zustimmung des Bundesrates. Die Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungsverordnung – PlfZV) vom 23.7.201310 hat der BNetzA die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren für die nach § 2 Abs. 1 S. 1 BBPlG als länderübergreifend und die nach § 2 Abs. 1 S. 2 BBPlG als grenzüberschreitend gekennzeichneten Höchstspannungsleitungen (§ 1 PlfZV) übertragen. Die Verordnung ist am 27.7.2013 in Kraft getreten. Damit erstreckt sich die Zuständigkeit der BNetzA für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren derzeit auf alle dem Anwendungsbereich des NABEG nach § 2 Abs. 1 unterfallenden Leitungen. Es verbleiben daher keine Zuständigkeiten der Länder. Ausgenommen wären lediglich die Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land (§ 2 Abs. 1), die nach § 2 Abs. 3 BBPlG mit dem Buchstaben „C“ gekennzeichnet werden können. Eine solche „C“-Kennzeichnung gibt es im Bundesbedarfsplan bislang nicht. Macht der Gesetzgeber künftig davon Gebrauch, so sind diese Leitungen nicht von § 1 PlfZV erfasst. S. 1 stellt klar, dass in jedem Fall auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden die Vorschriften des Abschnitts 3 des NABEG anzuwenden haben. Die anzuwendenden Normen in den Planfeststellungsverfahren nach EnWG (§§ 43 ff) und nach NABEG sind durch Art. 3 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze weitgehend angeglichen worden. Im Rahmen der NABEG-Novellierung 2019 wurde in Abs. 2 klarstellend geregelt, dass für die Aufgaben des § 27 in jedem Falle die Länder zuständig bleiben. § 27 regelt Fälle der vorzeitigen Besitzeinweisung und des vorzeitigen Enteignungsverfahrens jeweils vor Abschluss der Planfeststellung. Die Zuständigkeit der Länder kann auch durch Erlass oder Änderung der PlfZV nicht entfallen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem systematischen Zusammenspiel von Abs. 1 und 2. Wer für die Verfahren nach § 27 Abs. 1 und 2 zuständig ist, war in der Literatur umstritten.11 Der Gesetzgeber wollte diese Rechtsunsicherheit beseitigen und klarstellen, dass es bei der im EnWG vorausgesetzten Zuständigkeit der (Landes-)Enteignungsbehörden auch bei einer Planfeststellung nach den §§ 18ff NABEG bleiben soll.12 Die dadurch geschaffene Zuständigkeitsaufteilung zwischen der Bundesnetzagentur als Planfeststellungsbehörde und den Enteignungsbehörden kann im Rahmen der Anwendung des § 27 zwar den Schnittstellenaufwand erhöhen. Für die getroffene Regelung spricht aber die bei den Enteignungsbehörden vorhandene Kompetenz und Erfahrung.13 Gleichzeitig wird die Bundesnetzagentur von der Durchführung dieser Verfahren entlastet. Das NABEG fügt sich mit dieser Zuständigkeitsaufteilung in das Regime vergleichbarer Infrastrukturplanungen ein, vgl. § 18f FStrG und § 21 AEG.
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V. Berichtspflichten Nach Abs. 3 ist die BNetzA verpflichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 15 und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit regelmäßig zum Stand der Verfahren der Bundesfachplanung und der Planfeststellung zu berichten. Dazu kann sie sich der Berichtspflichten der Länder im Bundesfachplanungsbeirat (vgl. § 32 Rn 13), ihrer Monitoringrechte nach § 35 EnWG, hier insbesondere Abs. 1 Nr. 8, und sonstiger Erkenntnisquellen bedienen. 10 11 12 13 943
BGBl. I 2013, 2582. Vgl. de Witt/Scheuten/Rude/Wichert, § 27 Rn 21; Steinbach/Franke/Nebel/Riese, 2. Auflage, § 27 Rn 18. BT-Drucks. 19/7375, S. 82. So auch BT-Drucks. 19/7375, S. 82. Serong
§ 31 NABEG
VI. Geodaten
Über Form und Turnus der Berichte macht das Gesetz keine Vorgabe. Dies ist nachvollziehbar, da beide Größen miteinander korrespondieren. Häufigere Berichte, wie sie möglicherweise in den ersten Jahren der neuen Regelungen erforderlich sind, können über die Sitzungsvorbereitungen des Bundesfachplanungsbeirats oder auch mündlich erfolgen. Die Berichtspflicht gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie folgt auch bereits aus der dort angesiedelten Fachaufsicht gegenüber der Bundesnetzagentur. 17 Die Berichte können ad hoc,14 d. h. auf Anforderung eines der genannten Ministerien, oder aber anlassunabhängig – dann aber in der Regel an beide Ministerien – erfolgen. Der Berichtsgegenstand ist eindeutig: Berichtet wird zum Stand der Verfahren, dies können einzelne, aber auch alle Verfahren sein. Die Berichte sind nicht automatisch zu veröffentlichen; sie dienen der Information der Bundesregierung. Auch die Sitzungen des Bundesfachplanungsbeirats sind nach § 32 Abs. 3 S. 3 nicht öffentlich, so dass die Berichte in diesem Rahmen vorgestellt und diskutiert werden können. Über den Zugang der Öffentlichkeit ist separat zu entscheiden. Als Voraussetzung der Erfüllung einer Berichtspflicht ist die Bestimmung des zentralen 18 Zwecks derselben erforderlich.15 Vorliegend kann dies nur aus den Rahmenbedingungen des Berichtswesens abgeleitet werden. Die Vertraulichkeit und auch die Adressaten des Berichtswesens machen deutlich, dass einerseits die notwendige Information zum Umsetzungsstand des Netzausbaus ein ganz wesentlicher Zweck der Regelungen ist.16 Dies fließt ein in das Monitoring der Energiewende. In diesem Zusammenhang dient das Berichtswesen auch der Wirkungskontrolle des rechtlichen Rahmens. Die Berichtspflicht der Bundesnetzagentur wird ergänzt durch Berichtspflichten der Über19 tragungsnetzbetreiber nach § 5 des Bundesbedarfsplangesetzes. Dort ist zum einen geregelt, dass der jeweils verantwortliche Übertragungsnetzbetreiber der Bundesnetzagentur nach der Inbetriebnahme des ersten Teilabschnitts eines Vorhabens jährlich über die technische Durchführbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkungen berichtet (§ 5 Abs. 1 BBPlG). Zum anderen sieht § 5 Abs. 3 BBPlG vor, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von den ÜNB einen Bericht über den Sachstand bei den Vorhaben nach § 2 Abs. 2 bis 6 BBPlG (besonders gekennzeichnete Pilotprojekte, Offshore-Anbindungsleitungen und Erdkabelvorrangvorhaben) und über gewonnene Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln verlangen kann (vgl. § 5 BBPlG Rn 3). Diese Berichtspflicht besteht auch bereits vor der Inbetriebnahme von Teilabschnitten der jeweiligen Vorhaben. 16
VI. Geodaten 20 Ohne umfassende Geodaten sind Planungen und Genehmigungsverfahren für linienhafte Infrastrukturen heute kaum mehr durchführbar.17 Abs. 4 trägt dem Rechnung, indem den Vorhabenträgern und den zuständigen Behörden ein grundsätzlicher Anspruch auf Überlassung vorhandener Geodaten eingeräumt wird. Als Beispiel für solche Geodaten nennt die amtliche Begründung Daten zu Kreuzungen mit anderen vorhandenen Infrastrukturen (Telekommunikationsleitungen, Gas- und Wasserversorgung, Produktleitungen u. ä.).18 Notwendige Geodaten beziehen sich beispielsweise aber auch auf den Biotop- und Artenschutz oder auf die Abgrenzung von Schutzgebieten. § 3 Abs. 1 GeoZG definiert Geodaten als alle Daten mit direktem oder 14 Siehe z. B. den Bericht der Bundesnetzagentur „Bündelung von Stromleitungen mit linienhaften Infrastrukturen“ von August 2019 (www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Methodik/Buendelungspapier.pdf, zuletzt abgerufen am 22.7.2021). 15 Für § 35 EnWG und grds. dazu Britz/Hellermann/Hermes/Herzmann, § 35 Rn 6 ff. 16 Vgl. zum Controlling des Netzausbaus durch das BMWi Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 200. 17 Vgl. zum aktuellen Stand und zum rechtlichen Rahmen der Geodateninfrastrukturen Neumann/Neumann, BauR 2017, 26 ff. 18 BT-Drucks. 19/7375, S. 82. Serong
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VI. Geodaten
NABEG § 31
indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet. In der bisherigen Praxis hat es gelegentlich Zweifel darüber gegeben, ob Daten haltende Stellen dem Vorhabenträger vorhandene Geodaten für Zwecke des Netzausbaus zur Verfügung stellen müssen bzw. ob der Vorhabenträger berechtigt ist, ihm überlassene Geodaten an die Genehmigungsbehörde weiter zu geben. Der Gesetzgeber hat diese Fragen in § 31 Abs. 4 und in der Parallelvorschrift des § 43k EnWG aufgegriffen. Anspruchsberechtigte sind die Vorhabenträger, die von ihnen Beauftragten (insbesondere Gutachter und Planungsbüros), die Bundesnetzagentur und – soweit nach Abs. 2 Kompetenzen verbleiben19 – die für die Planfeststellung nach § 18ff NABEG zuständigen Länderbehörden. Diesen sind Geodaten, die für die Bundesfachplanung und die Planfeststellung benötigt werden, zweckgebunden zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch ist beschränkt auf vorhandene Geodaten, vermittelt also kein Recht auf Erstellung, Ergänzung oder Aktualisierung von Geodaten. Anspruchsverpflichtet sind Behörden und Dritte, soweit sie die Geodaten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erhoben oder erlangt haben.20 In der amtlichen Begründung zu Abs. 4 (Satz 1) erfährt der Anspruch eine Einschränkung, die sich aus dem Wortlaut unmittelbar nicht ergibt: „Die Verpflichtung zur Weitergabe von Geodaten besteht nur, soweit Behörden bzw. Dritte berechtigt sind, die entsprechenden Geodaten weiterzugeben. Die Berechtigung kann beispielsweise fehlen, wenn Behörden bzw. Dritten die Daten selbst nur zur Verwendung für bestimmte, eigene Zwecke zur Verfügung gestellt wurden und die Weitergabe untersagt oder nur nach Zustimmung des Berechtigten erlaubt wurde.21 § 31 Abs. 4 schafft damit (anders als beispielsweise § 12 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle – Standortauswahlgesetz – StandAG keine Rechtsgrundlage zur Weitergabe, die entgegenstehende Rechte oder Rechtspositionen zu verdrängen vermag. Satz 1 vermag (nur) dann zu helfen, wenn die über die benötigten Geodaten verfügende Stelle sich weigert, diese weiterzugeben, ohne dass dem Rechte Dritter entgegenstehen würden. Inwieweit diese Regelung in der Praxis tatsächliche Relevanz erlangen wird, bleibt abzuwarten. Die Möglichkeiten, die Herausgabe von Geodaten aus bestimmten Gründen zu verweigern, werden in den Sätzen 2 – 4 noch erweitert (siehe Rn 24). Satz 1 knüpft den Anspruch auf Zugang zu Geodaten seinem Wortlaut nach an die Zwecke der Bundesfachplanung und der Planfeststellung. Demgegenüber erfasst die Parallelregelung des § 43k EnWG neben der Planfeststellung auch die Plangenehmigungs- und Anzeigeverfahren. Dies ist jedoch nur scheinbar unterschiedlich geregelt, da § 31 Abs. 4 mit dem Begriff der Planfeststellung auf sämtliche Genehmigungsvarianten des Abschnitts 3 des NABEG („Planfeststellung“) abstellt. Damit sind auch im NABEG das Plangenehmigungsverfahren (vgl. § 24 Abs. 5) und das Anzeigeverfahren (§ 25) mit umfasst. Im Gesetzgebungsverfahren hat die Regelung des S. 1 weitere Konkretisierungen erfahren. Sätze 2 bis 4 beruhen auf einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie,22 die wiederum auf eine Stellungnahme des Bundesrates23 und die Gegenäußerung der Bundesregierung24 zurückgehen. In der Gegenäußerung heißt es: „Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Klarstellung im Gesetzestext erforderlich, dass im Einzelfall schützenswerte öffentliche Belange oder grundrechtlich geschützte Belange Dritter einer Herausgabe von Geodaten entgegenstehen können.“ Die grundrechtlich geschützten Belange Dritter haben in den Sätzen 2 – 4 keine weitere ausdrückliche Regelung erfahren. Insoweit ist auf die in Rn 21 bereits angesprochene ungeschriebene einschränkende Auslegung von Satz 1 zu verweisen (vgl. aber auch Rn 27).
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Siehe Rn 12. BT-Drucks. 19/7375, S. 82. BT-Drucks. 19/7375, S. 82. BT-Drucks. 19/8913, S. 52. BR-Drucks. 11/19, S. 10. BT-Drucks. 19/7914, S. 22 f. Serong
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VI. Geodaten
Schützenswerte öffentliche Belange hat der Gesetzgeber hingegen mit Blick auf die Betreiber kritischer Infrastrukturen aufgegriffen. Satz 2 gewährt den Betreibern von Einheiten Kritischer Infrastrukturen gem. § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV)25 das Recht, die Herausgabe von besonders schutzbedürftigen Geodaten zu verweigern. § 2 Abs. 5 BSI-KritisV verweist für den hier interessierenden Bereich des Stromübertragungsnetzes auf einen in Anhang 1 Teil 3 Nr. 1.2.1 festgelegten Schwellenwert von 3700 GWh/Jahr.26 Wann Geodaten im Kontext des Schutzes Kritischer Infrastrukturen besonders schutzbedürftig sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Der Begriff der besonders schutzbedürftigen (Geo)Daten findet sich weder im BSI-Gesetz (BSIG) noch in der BSI-KritisV. Man wird jedoch die in § 8b Abs. 2 und 4 BSIG genannten Sicherheitsaspekte sowie die Regelungen des § 12 GeoZG bei der Frage, ob Geodaten besonders schutzbedürftig sind, heranziehen können. 26 Liegen die Voraussetzungen des Satzes 2 vor, kann der Betreiber von Einheiten Kritischer Infrastrukturen an Stelle der Verweigerung einer Datenweitergabe alternativ die Geodaten über ein geeignetes IT-gestütztes Verfahren zur Verfügung stellen, wenn ihm die Datenhoheit über seine Geodaten garantiert wird (Satz 3). Hierzu enthält die Gesetzesbegründung einen konkreten Verfahrensvorschlag:27 25
„Ein geeignetes Verfahren, um Geodaten zu Kritischer Infrastruktur nach Satz 3 zur Verfügung zu stellen, kann darin bestehen, dass keinerlei Rohdaten vom Betreiber übermittelt werden. Die Betreiber stellen ihre Daten mit einem entsprechenden Rechtekonzept in einem Onlineportal zur Einsicht zur Verfügung. Ein Export oder Speicherung ist nicht möglich. Mit dem Zugriff auf das Portal wird ausdrücklich die Nichtveröffentlichung der Daten ohne die Zustimmung des Betreibers akzeptiert.“
27 Nach Satz 4 bleiben die §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) sowie entsprechende Regelungen des Landesrechts unberührt. Die Reichweite dieser Regelung bleibt einigermaßen unklar. Zwar legt die Gesetzesbegründung28 nahe, dass die in §§ 8 und 9 UIG enthaltenen Ablehnungsgründe zum Schutz öffentlicher Belange und zum Schutz sonstiger Belange (insbesondere: personenbezogene Daten, Rechte am geistigen Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) dem Herausgabeanspruch nach § 31 Abs. 4 S. 1 entgegenstehen können. Andererseits ist in Satz 4 keine entsprechende Anwendung dieser Normen angeordnet. Die Formulierung „bleiben unberührt“ weist zunächst nur darauf hin, dass durch die im NABEG normierten Ansprüche die Regelungen im UIG nicht verdrängt werden. Dies würde bedeuten, dass – soweit die dortigen Voraussetzungen gegeben sind – ein Anspruch auf Herausgabe von Umweltinformationen gemäß § 3 UIG abgelehnt werden könnte, für den Anspruch aus § 31 Abs. 4 aber lediglich die Regelungen in Satz 1 – 3 maßgeblich sind. Wollte der Gesetzgeber, dass die in §§ 8, 9 UIG detailliert geregelten Ablehnungsgründe auch für § 31 Abs. 4 S. 1 Anwendung finden, so hätte es nahegelegen, dies entsprechend zu formulieren. Denkbar scheint allenfalls, im Rahmen der einschränkenden Auslegung von Satz 1 (siehe Rn 21 – 22) auch die Ablehnungsgründe z. B. des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 UIG (Rechte am geistigen Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) zu berücksichtigen.
25 BSI-Kritisverordnung vom 22. April 2016 (BGBl. I S. 958), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. September 2021 (BGBl. I S. 4163) geändert worden ist. 26 Durch Letztverbraucher und Weiterverteiler entnommene Jahresarbeit in GWh/Jahr. Voraussichtlich überschreiten die allermeisten Höchstspannungsleitungen im Übertragungsnetz diesen Schwellenwert, wie die folgende Beispielrechnung zeigt: Bei einem Drehstromsystem mit einer Übertragungsleistung von 1,8 GW errechnet sich die mögliche Jahresarbeit dieses Systems aus 1,8 GW x 8760 Stunden/Jahr und beträgt 15800 GWh/Jahr. 27 BT-Drucks. 19/9027, S. 15 und 19. 28 BT-Drucks. 19/9027, S. 15 und 19; 19/7914, S. 22 f. Serong
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§ 32 Bundesfachplanungsbeirat (1) Bei der Bundesnetzagentur wird ein ständiger Bundesfachplanungsbeirat gebildet. Der Beirat besteht aus Vertretern der Bundesnetzagentur, Vertretern der Länder und Vertretern der Bundesregierung. (2) Der Bundesfachplanungsbeirat hat die Aufgabe, die Bundesnetzagentur in Grundsatzfragen zur Bundesfachplanung und zur Aufstellung des Bundesnetzplans sowie zu den Grundsätzen der Planfeststellung zu beraten. Er ist gegenüber der Bundesnetzagentur berechtigt, allgemeine Auskünfte und Stellungnahmen einzuholen. Die Bundesnetzagentur und die zuständigen Landesbehörden sind insoweit in nicht personenbezogener Form gegenseitig auskunftspflichtig. (3) Der Beirat soll regelmäßig zusammentreten. Sitzungen sind anzuberaumen, wenn die Bundesnetzagentur oder mindestens zwei Länder die Einberufung schriftlich oder elektronisch verlangen. Die ordentlichen Sitzungen sind nicht öffentlich. (4) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Entstehungsgeschichte
II.
Zusammensetzung
3 5
III.
Aufgaben
8
IV.
Formalia
13
V.
Geschäftsordnung
14
I. Allgemeines 1. Überblick Für die Beratung der BNetzA wurde mit dem Bundesfachplanungsbeirat der vierte Beirat ge- 1 schaffen, neben: 1. dem Beirat mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik nach § 5 BEGTPG 2. dem Eisenbahninfrastrukturbeirat mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik nach § 79 ERegG i. V. m. § 4 Abs. 4 BEVVG 3. dem Länderaussschuss Energieregulierung nach § 8 BEGTPG i. V. m. § 60a EnWG.1 Fachlich gab es bislang wenige institutionalisierte länderübergreifende Gremien zu Fragen des 2 Raumordnungs- oder Planfeststellungsrechts. Hier ist vor allem die Ministerkonferenz Raumordnung im Rahmen der Fachministerkonferenzen der Bundesländer (MKRO) zu nennen (vgl. § 24 ROG). Das für Raumordnung zuständige Bundesministerium wird durch den Beirat für Raumentwicklung (§ 23 ROG) beraten. Praxistipp Die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) setzt sich aus dem für Raumordnung zuständigen Bundesminister und den für die Landesplanung zuständigen Ministerien und Senatoren zusammen. Aufgabe der MKRO – gestützt auf § 24 ROG – ist die gegenseitige Unterrichtung und Abstimmung über grundsätzliche Fragen und Positionen der Raumordnung und Raumentwicklung. Zu finden unter www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/raumordnung-raumentwicklung/grundlagen/ ministerkonferenz-raumordnung/mkro-node.html2
1 Außerdem berät der Wissenschaftliche Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR) die Bundesnetzagentur in Fragen allgemeiner regulierungspolitischer Bedeutung.
2 Zuletzt abgerufen am 22.7.2021. 947 https://doi.org/10.1515/9783110670516-078
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§ 32 NABEG
II. Zusammensetzung
2. Entstehungsgeschichte 3 Der Bundesfachplanungsbeirat ist ein weiteres Element der Beteiligung und Einbindung der Bundesländer in die Verfahren und Prozesse nach dem NABEG. Er dient damit auch der in § 3a Abs. 1 geforderten konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Realisierung der dem NABEG unterfallenden Stromleitungen (vgl. § 3a Rn 11 und 23). 4 Die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/6073 S. 32, hebt hervor: „Bereits aus der Besetzung des Beirats wird deutlich, dass dieses Gremium dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen der Bundesnetzagentur und den Ländern und zwischen den Ländern untereinander dient. Das Gremium soll mitunter auch dazu beitragen, etwaige Konflikte zwischen den Mitgliedern des Beirats diskursiv aufzulösen. Absatz 2 Satz 1 weist dem Beirat die Aufgaben zu, die Bundesnetzagentur in Grundsatzfragen zur Bundesfachplanung und zur Aufstellung des Bundesnetzplans zu beraten, um den fortlaufenden Prozess des Ausbaus der Übertragungsnetze kontinuierlich zu begleiten und dabei auch raumordnerische Belange der Länder frühzeitig zu erkennen, so dass diese in der Bundesfachplanung berücksichtigt werden können. In dem Beirat sollen insofern grundsätzlich nicht die Schwierigkeiten der Bundesfachplanungs- und Planfeststellungsverfahren von einzelnen Ausbaumaßnahmen des Übertragungsnetzes diskutiert und problematisiert werden, intendiert ist eine über den Einzelfall hinausgehende Perspektive auf die Schwierigkeiten des Ausbaus der Übertragungsnetze.“
II. Zusammensetzung 5 Die Zusammensetzung des Bundesfachplanungsbeirats ist vergleichsweise unkonkret geregelt. Abs. 1 S. 2 legt fest, dass die BNetzA mit Sitz und Stimme vertreten ist, ebenso Vertreter der Bundesregierung und der Bundesländer. Über Zahl und Stimmenverhältnis der jeweiligen Vertreter wird jedoch nichts Näheres ausgesagt. Die unmittelbare Mitgliedschaft der BNetzA in diesem Gremium ist dennoch bemerkenswert, da in den anderen drei genannten Beiräten bzw. dem Länderausschuss die BNetzA weder Sitz noch Stimme hat. Nähere Regelungen zur Zahl der Vertreter der BNetzA sowie deren Funktion trifft die Geschäftsordnung. Die GO des Bundesfachplanungsbeirats (siehe Rn 14) bestimmt die Mitgliedschaft von drei Vertreterinnen oder Vertretern der BNetzA. 6 Drei Ressorts der Bundesregierung sind durch die Bundesfachplanung inhaltlich betroffen. – Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund seiner Zuständigkeit für die Energiewirtschaft. Zudem ist das BMWi der Geschäftsbereich der Bundesregierung, dem die BNetzA für den Bereich des Stromnetzausbaus in der Fach- und Rechtsaufsicht zugeordnet ist. – Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) aufgrund seiner Zuständigkeit für Umwelt- und Naturschutzfragen (dem BMU sind u. a. das Bundesamt für Strahlenschutz, BfS, welches die Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder der Stromversorgung überwacht, sowie das Bundesamt für Naturschutz, BfN, nachgeordnet). – Außerdem das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) aufgrund seiner fachlichen Verantwortung für die Bereiche der Bundesraumordnung. Abs. 1 spezifiziert nicht die Vertretung aller drei Ressorts im Bundesfachplanungsbeirat. Allerdings ist in der Geschäftsordnung die Entsendung von je bis zu drei Vertretern in den Bundesfachplanungsbeirat vorgesehen (§ 3 Abs. 1c der GO). Die vorgenannten Ministerien können insgesamt bis zu vier Vertreter nachgeordneter Behörden zusätzlich entsenden (§ 3 Abs. 1d der GO). 7 Jedes Bundesland hat nach Abs. 1 das Recht, mindestens einen Vertreter in den Bundesfachplanungsbeirat zu entsenden. So sieht es auch die Geschäftsordnung vor (§ 3 Abs. 1b der GO). Es ist nicht festgelegt, ob dies ein Vertreter der Landesregierung aus dem Ressort Umwelt, Wirtschaft, Energie oder Raumordnung oder ein Vertreter einer nachgeordneten Fachbehörde Serong
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III. Aufgaben
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sein soll. Aus der Verpflichtung in Abs. 2 S. 3 (siehe Rn 11) kann gefolgert werden, dass tendenziell die obersten Planungsbehörden der Länder in diesem Gremium anwesend sein sollten. Letztlich ist die Regelung aber nicht eindeutig, die Entscheidung über die Vertretung im Bundesfachplanungsbeirat liegt im Ermessen des jeweiligen Landes. Die bisherige Praxis der Besetzung durch die Länder zeigt ein eher heterogenes Bild.3
III. Aufgaben Der Gesetzeswortlaut des Abs. 2 und die Begründung machen deutlich, dass es sich bei dem Bundesfachplanungsbeirat um ein fachliches Beratungsgremium handelt. Die Bundesländer, die Ministerien und deren nachgeordnete Behörden sollen die BNetzA in der Erfüllung der vergleichsweise neuen Aufgabe der Bundesfachplanung für die Höchstspannungstrassen beraten. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Raumordnungsverfahren in den 16 Bundesländern kann diese Beratungsfunktion tatsächlich zu einer Entwicklung von „Best Practice“-Ansätzen in der Bundesfachplanung führen. Möglicherweise strahlt das Gremium auch auf die Verwaltungspraxis in den einzelnen Bundesländern zurück. Die Formulierung in Abs. 2 S. 1 stellt klar, dass die Mitwirkung und der Informationsaustausch im Bundesfachplanungsbeirat nicht die Beteiligung der zuständigen Landesbehörden in den auf konkrete Trassenkorridore bezogenen Fachplanungsverfahren ersetzt oder vorwegnimmt. Im Beirat geht es um die Diskussion grundsätzlicher Fragestellungen des Bundesfachplanungs- und des Planfeststellungsverfahrens. Eine zweite wichtige Funktion ist die Informationsfunktion. Die BNetzA ist verpflichtet, allgemeine Auskünfte und Stellungnahmen zu erteilen. Aufgrund der dargestellten Zusammenhänge der energiewirtschaftlichen und genehmigungsrechtlichen Planungsverfahren4 wird sich der Informationsaustausch nicht auf einen engen Bereich der Bundesfachplanung oder der Planfeststellung beschränken lassen. Fragen des Netzentwicklungsplans und des Umweltberichts im Rahmen der Erstellung des Bundesbedarfsplans sind in diesem Gremium nicht ausgeschlossen. Dabei ist der Informationsaustausch nicht einseitig angelegt. Nicht nur die BNetzA, sondern auch die zuständigen Landesbehörden sind dort zur Auskunft verpflichtet. „Zuständige“ Landesbehörden sind insoweit alle diejenigen Landesbehörden, deren Aufgabenbereich die Bundesfachplanung, die vergleichbaren Raumordnungsverfahren oder Planfeststellungsverfahren berührt. Zweckmäßig erscheint insbesondere ein regelmäßiger Austausch über Ziele der Raumordnung, die im Rahmen der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Raumordnungsplans die Bundesfachplanung oder die Planfeststellung berühren können (vgl. § 3a Abs. 2, § 5 Abs. 2 und § 18 Abs. 4 S. 2 ff). Der Diskurs im Bundesfachplanungsbeirat kann entscheidend dazu beitragen, dass Konflikte mit den Zielen der Raumordnung und Widersprüche gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 oder § 18 Abs. 4 S. 2 vermieden werden. Der Auskunftspflicht der Länder über den Bundesfachplanungsbeirat kommt auch im Lichte der Berichtspflicht der BNetzA nach § 31 Abs. 3 eine eigenständige Bedeutung zu. Hierzu hat der Gesetzgeber ausdrücklich festgehalten: „Im Hinblick auf die Berichtspflicht der Bundesnetzagentur nach § 31 Abs. 2 müssen auch die Länder über den Stand der Planfeststellungsverfahren zu den länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Leitungen regelmäßig berichten. Dafür ist der Bundesfachplanungsbeirat das richtige Gremium.“5
3 Die Liste der jeweiligen Mitglieder des Bundesfachplanungsbeirats ist abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de (Bundesnetzagentur – Beiräte, Gremien und Beauftragte – Bundesfachplanungsbeirat).
4 Siehe dazu Einleitung Rn 47 ff und 73. 5 BT-Drucks. 17/6366, S. 19 re. Sp. zu Nr. 1 Buchstabe r. 949
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§ 32 NABEG
V. Geschäftsordnung
12 Dieser Berichtspflicht kommt Bedeutung zu, obgleich der BNetzA nach § 1 PlfZV die Zuständigkeit für die Durchführung der Planfeststellungsverfahren nach dem NABEG übertragen wurde. Da die Länder für die Genehmigung einer Vielzahl vergleichbarer Netzausbauvorhaben nach dem BBPlG und dem EnLAG zuständig sind, ist der wechselseitige Informationsaustausch äußerst zweckmäßig. Aber auch im Vorfeld, nämlich im Bereich des Monitorings der im Rahmen des EnLAG zu genehmigenden Ausbauprojekte, ist ein konkreter Austausch- und Berichtsprozess durchzuführen, der nach dem Willen des Gesetzgebers auch über den Bundesfachplanungsbeirat durchgeführt werden kann. Der Bundesfachplanungsbeirat nimmt eine zentrale Stellung bei der Informationsbeschaffung zum Stand des notwendigen Netzausbaus des Übertragungsnetzes ein und damit der netzseitigen Energiewende.
IV. Formalia 13 Im Vergleich zu den anderen genannten Beiräten bei der BNetzA sind für den Bundesfachplanungsbeirat nur wenige formale Fragen ausdrücklich geregelt. Das Gremium soll regelmäßig zusammenkommen (Abs. 3 S. 1), ist demnach kein ad-hoc Gremium. Sein Zusammentreten kann erzwungen werden, wenn die BNetzA oder aber zwei Länder die Einberufung schriftlich oder elektronisch6 verlangen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich.
V. Geschäftsordnung 14 Angesichts der Offenheit der gesetzlichen Regelungen kommt der Geschäftsordnung nach Abs. 4 hohes Gewicht zu. Der Bundesfachplanungsbeirat hat sich am 21.6.2012 konstituiert und sich folgende Geschäftsordnung in der Fassung vom 9.11.2018 gegeben: Geschäftsordnung des Bundesfachplanungsbeirates bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen in der Fassung vom 9.11.2018 Gemäß § 32 Abs. 4 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) vom 26. Juli 2011 (BGBl. I S. 1690) gibt sich der Bundesfachplanungsbeirat folgende Geschäftsordnung: Präambel Der Bundesfachplanungsbeirat berät die Bundesnetzagentur in Grundsatzfragen zur Bundesfachplanung, zur Aufstellung des Bundesnetzplans sowie zu den Grundsätzen der Planfeststellung. Der Prozess des Ausbaus der Übertragungsnetze soll kontinuierlich begleitet werden, wobei insbesondere die raumordnerischen Belange der Länder frühzeitig erkannt werden sollen. Der Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen der Bundesnetzagentur und den Ländern sowie zwischen den Ländern untereinander soll durch diesen Beirat gefördert werden; etwaige Konflikte zwischen den Mitgliedern des Bundesfachplanungsbeirates sollen diskursiv aufgelöst werden. § 1 Sitz Der Bundesfachplanungsbeirat hat seinen Sitz bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) in Bonn. § 2 Aufgaben (1) Der Bundesfachplanungsbeirat hat die ihm durch das NABEG zugewiesene Aufgabe, die Bundesnetzagentur in Grundsatzfragen der Bundesfachplanung und zur Aufstellung des Bundesnetzplans sowie zu den Grundsätzen der Planfeststellung zu beraten. (2) Der Bundesfachplanungsbeirat ist gegenüber der Bundesnetzagentur berechtigt, allgemeine Auskünfte und Stellungnahmen einzuholen. (3) Der Bundesfachplanungsbeirat dient darüber hinaus dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen der Bundesregierung, der Bundesnetzagentur und den Ländern. Die Mitglieder des Bundesfachpla-
6 Elektronische Form ermöglicht durch Art. 120 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes, BGBl I, 626, in Kraft getreten am 5.4.2017. Serong
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V. Geschäftsordnung
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nungsbeirates informieren sich gegenseitig und arbeiten vertrauensvoll bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. (4) Der Bundesfachplanungsbeirat begleitet fortlaufend den Prozess der Optimierung und des Ausbaus der Übertragungsnetze. § 3 Mitglieder (1) Der Bundesfachplanungsbeirat besteht aus Vertretern der Bundesnetzagentur, Vertretern der Länder und Vertretern der Bundesregierung. a) Die Bundesnetzagentur entsendet drei Vertreter. b) Jedes Land kann einen Vertreter entsenden. c) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entsenden jeweils bis zu drei Vertreter. d) Die vorgenannten Ministerien können neben den in c) genannten Vertretern weitere Vertreter aus dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bundesamt für Naturschutz, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie7 sowie aus dem Umweltbundesamt entsenden. Die Zahl der nach diesem Buchstaben entsandten Vertreter darf vier nicht übersteigen. (2) Für jedes Mitglied wird ein stellvertretendes Mitglied benannt. (3) Die Bundesnetzagentur, die Länder und die in Abs. 1 c) genannten Bundesministerien teilen der Geschäftsstelle des Bundesfachplanungsbeirates die von ihnen benannten Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder mit. § 4 Vorsitzendes und stellvertretendes vorsitzendes Mitglied (1) Der Bundesfachplanungsbeirat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes und ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied für die Dauer von zwei Jahren. Das vorsitzende und das stellvertretende vorsitzende Mitglied sollten nicht derselben Gruppe (Ländervertreter, Vertreter des Bundes) angehören. Nach Ablauf der zweijährigen Amtszeit findet ein Wechsel nach dem Rotationsprinzip statt. (2) Das vorsitzende Mitglied beruft die Sitzungen ein, bereitet sie vor und leitet sie nach Maßgabe dieser Geschäftsordnung. (3) Das stellvertretende vorsitzende Mitglied vertritt das vorsitzende Mitglied im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Beendigung seines Amtes. (4) Sind vorsitzendes Mitglied und stellvertretendes vorsitzendes Mitglied gleichzeitig verhindert, eine Sitzung zu leiten, so übernimmt das dem Lebensalter nach älteste Mitglied die Leitung der Sitzung. § 5 Sitzungen (1) Der Bundesfachplanungsbeirat soll mindestens einmal im halben Jahr zu einer Sitzung zusammentreten. Der Bundesfachplanungsbeirat stellt einen Sitzungsplan auf. (2) Das vorsitzende Mitglied hat den Bundesfachplanungsbeirat unverzüglich einzuberufen, wenn ein Vertreter der Bundesregierung, der Bundesnetzagentur oder mindestens zwei Vertreter der Länder die Einberufung schriftlich8 verlangen. (3) Die Sitzungen des Bundesfachplanungsbeirates sind nicht öffentlich. § 6 Teilnahme an Sitzungen (1) Die von den Ländern, der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur benannten Mitglieder, im Vertretungsfall ihre Stellvertreter oder sonstigen Beauftragten, sind berechtigt, an den Sitzungen teilzunehmen. (2) Weitere Vertreter der Bundesregierung, der Präsident oder die Präsidentin der Bundesnetzagentur oder ihre Beauftragten können an den Sitzungen des Bundesfachplanungsbeirates teilnehmen. Sie müssen jederzeit gehört werden. (3) Der Bundesfachplanungsbeirat kann sachverständige Personen, insbesondere von weiteren Bundesund Landesbehörden, hinzuziehen. § 7 Tagesordnung, Sitzungsvorlagen (1) Zur Vorbereitung der Sitzung erstellt das vorsitzende Mitglied den Entwurf einer Tagesordnung. Die Bundesnetzagentur stellt die erforderlichen Unterlagen zusammen und versendet diese.
7 Da das BSH keine nachgeordnete Behörde der unter c) genannten drei Ministerien ist, erfordert die Entsendung eines Vertreters des BSH die Absprache mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Vertretung des BSH im Bundesfachplanungsbeirats ist auf Grund seiner Zuständigkeiten im Bereich der OffshoreAnbindungsleitungen sinnvoll. 8 Da in § 32 Abs. 3 S. 1 ausdrücklich ermöglicht, ist auch ein elektronisches Verlangen ausreichend. 951
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V. Geschäftsordnung
(2) Die Mitglieder des Bundesfachplanungsbeirates können dem vorsitzenden Mitglied schriftlich Themenvorschläge für die Tagesordnung einreichen. (3) Tagesordnungsentwurf und Vorlagen sollen den Mitgliedern mindestens zwei Wochen vor der Sitzung vorliegen. (4) Vor Beginn der Beratungen stellt der Bundesfachplanungsbeirat die Tagesordnung fest. § 8 Abstimmungen (1) Der Bundesfachplanungsbeirat entscheidet durch Beschluss. (2) Der Bundesfachplanungsbeirat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. (3) Bei Abstimmungen hat jedes Land eine Stimme. Die unter § 3 Abs. 1c) genannten Ministerien sowie die Bundesnetzagentur haben jeweils drei Stimmen. Die nach § 3 Abs. 1d) entsandten Vertreter der nachgeordneten Fachbehörden haben jeweils eine Stimme. (4) Die Beschlüsse des Bundesfachplanungsbeirates werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt. (5) Abweichend von Absatz 4 ist für die Wahl des vorsitzenden Mitglieds und des stellvertretenden vorsitzenden Mitglieds im ersten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder erforderlich. (6) Für einen Beschluss über die Geschäftsordnung des Bundesfachplanungsbeirates ist die Zwei-DrittelMehrheit seiner Mitglieder erforderlich. § 9 Sitzungsniederschrift (1) Über jede Sitzung des Bundesfachplanungsbeirates ist eine Niederschrift zu fertigen. Die Fertigung der Niederschrift obliegt der Geschäftsstelle des Bundesfachplanungsbeirates. (2) Die Niederschrift muss mindestens die Namen der Teilnehmer und die Ergebnisse der Sitzung enthalten. (3) Die Niederschrift ist vertraulich. (4) Die Niederschrift soll vom vorsitzenden Mitglied unterzeichnet und binnen zwei Wochen nach dem Ende der Sitzung allen Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Bundesfachplanungsbeirates zugesandt werden. (5) Die Niederschrift gilt als genehmigt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Absendung schriftlich Einspruch beim vorsitzenden Mitglied eingelegt wird. Gibt das vorsitzende Mitglied dem Einspruch nicht statt, entscheidet der Bundesfachplanungsbeirat in seiner nächsten Sitzung. § 10 Geschäftsstelle Die Geschäfte des Bundesfachplanungsbeirates werden durch eine Geschäftsstelle bei der Bundesnetzagentur geführt. § 11 Inkrafttreten Diese Geschäftsordnung tritt am 9.11.2018 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung vom 21. Juni 2012 außer Kraft.
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Abschnitt 6 Sanktions- und Schlussvorschriften § 33 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig 1. entgegen § 8 Satz 1 eine Unterlage nicht richtig oder nicht vollständig vorlegt, 2. ohne festgestellten Plan nach § 18 Absatz 1 oder ohne Plangenehmigung nach § 24 Absatz 4 eine Leitung errichtet, betreibt oder ändert, 3. entgegen § 21 Absatz 1 einen dort genannten Plan nicht richtig einreicht oder 4. ohne Zulassung nach § 25 Absatz 1 Satz 1 eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung vornimmt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Bundesnetzagentur und die zuständigen Planfeststellungsbehörden der Länder.
Übersicht 3.
I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Zweck der Vorschrift
II. 1.
3 Tatbestände Nr. 1 Unrichtige oder unvollständige Vorlage von Antragsunterlagen zur Bundesfachpla4 nung Nr. 2 Errichten, Betreiben oder Ändern einer Leitung ohne Planfeststellung oder Plangenehmi8 gung
2.
2
4.
Nr. 3 Unrichtige Vorlage von Planunterlagen in der Planfeststellung 10 Nr. 4 Unwesentliche Änderung oder Erweite11 rung einer Leitung ohne Zulassung
III.
Höhe der Geldbuße
12
IV.
Zuständige Behörde
13
I. Allgemeines 1. Überblick Den vergleichbaren Anlagengenehmigungsverfahren im VwVfG und EnWG sind Bußgeldtatbe- 1 stände fremd. Der Gesetzgeber hielt es für nötig, im NABEG einen Katalog von bußgeldbewehrten Sanktionstatbeständen aufzunehmen, die einerseits das unrichtige oder unvollständige Einreichen von Unterlagen durch den Vorhabenträger sanktionieren (Nr. 1 und 3) und andererseits das Vertrauen darin stärken sollen, dass keine genehmigungsbedürftige Anlage ohne die erforderlichen Verfahren (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) betrieben oder geändert wird (Nr. 2 und 4). Die Regelung soll, auch ausweislich der Gesetzesbegründung, das Vertrauen in die Verfahren stärken.
2. Zweck der Vorschrift Aus der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/6073, S. 32:
2
„Die Vorschrift ergänzt die im NABEG vorgesehene Verpflichtung zur Errichtung, Änderung oder Betrieb einer Leitung um die Möglichkeit der bußgeldbewehrten Sanktion durch die jeweils verantwortlichen Übertragungsnetz953 https://doi.org/10.1515/9783110670516-079
Serong/Salm
§ 33 NABEG
II. Tatbestände
betreiber sowie zur Vorlage richtiger Unterlagen in den Verfahren. Der Begriff „richtig“ beinhaltet dabei auch die vollständige Darstellung der zu bewertenden Sachverhalte. Nummer 1 und Nummer 3 betrifft die Richtigkeit der Antragsunterlagen in Bundesfachplanung und Planfeststellung. Die Vorlage einer unrichtigen Unterlage wird häufig erst nach der Erteilung der Genehmigung entdeckt und eine verwaltungsrechtliche Reaktion, insbesondere die Rücknahme der Genehmigung, ist nicht in jedem Fall mehr möglich. Nummer 4 hat besondere Bedeutung hinsichtlich des Anzeigeverfahrens gemäß § 25. Während die Errichtung eines wesentlichen Vorhabens ohne Genehmigung praktisch kaum vorstellbar ist, beurteilt im Anzeigeverfahren zunächst der Vorhabenträger, ob es sich um eine unwesentliche Änderung handelt. Dabei ist aber auszuschließen, dass diese Bewertung nicht angezeigt wird und damit der Überprüfung nicht zugänglich ist. Im Übrigen findet das Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten Anwendung.“
II. Tatbestände 3 Nach § 1 OWiG ist eine Ordnungswidrigkeit eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Sie dient der Durchsetzung einer bestimmten Ordnung und soll dazu anhalten, die gesetzte Ordnung zu beachten.1 Nach § 10 OWiG kann als Ordnungswidrigkeit nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, es sei denn, das Gesetz bedroht auch fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße. § 33 erfasst neben dem vorsätzlichen auch das leichtfertige Handeln, erfordert also im Falle eines fahrlässigen Verstoßes ein erhöhtes Maß an Pflichtverletzung (z. B. eine besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit).2
1. Nr. 1 Unrichtige oder unvollständige Vorlage von Antragsunterlagen zur Bundesfachplanung 4 Auf der Grundlage der Ergebnisse der Antragskonferenz(en) nach § 7 Abs. 1 werden der Untersuchungsrahmen und damit die weiteren vorzulegenden Unterlagen bestimmt (§ 7 Abs. 4). Der Vorhabenträger legt sodann der Bundesnetzagentur die nach dem Untersuchungsrahmen (insbesondere für die raumordnerische Beurteilung und die Strategische Umweltprüfung der Trassenkorridore) erforderlichen Unterlagen vor (§ 8 S. 1). Legt der Vorhabenträger diese erforderlichen Unterlagen vorsätzlich oder leichtfertig unrichtig oder unvollständig vor, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Auf Grund einer Anpassung des Wortlauts von § 8 S. 1 durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298) ist nun der gleiche Maßstab anzuwenden für die Prüfung der Vollständigkeit und Plausibilität der Unterlagen nach § 8 S. 5 und 6 i. V. m. § 21 Abs. 5 und für die Beurteilung des Tatbestands nach § 33 Abs. 1 Nr. 1. Die frühere Fassung von § 8 S. 1 nahm ausschließlich Bezug auf die Vorlage der für die raumordnerische Beurteilung und die Strategische Umweltprüfung erforderlichen Unterlagen, so dass ein Delta z. B. zu Unterlagen zu sonstigen öffentlichen und privaten Belangen (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2) verblieb.3 Nicht von Nr. 1 erfasst sind jedoch Unterlagen, die über die Festlegungen der BNetzA nach § 7 Abs. 4 2. HS hinausgehen, vom Vorhabenträger also „überobligatorisch“ vorgelegt werden.
1 Britz/Hellermann/Hermes/Hölscher, § 95 Rn 4. 2 Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 406. 3 Vgl. auch Danner/Theobald/Wiesendahl, § 33 Rn 6. Serong/Salm
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2. Nr. 2 Errichten einer Leitung ohne Planfeststellung
NABEG § 33
Der objektive Tatbestand der Nr. 1 ist nicht gegeben, sofern die BNetzA bei der Festlegung 5 der erforderlichen Unterlagen ihre gesetzlichen Grenzen überschritten hat.4 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Behörde bei der Festlegung ein Ermessen zukommt.5 Sowohl die Richtigkeit als auch die Vollständigkeit der Unterlagen bemisst sich nach den 6 Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Vorlage (einschließlich der Ergebnisse der Antragskonferenz) – entscheidend ist die inhaltlich richtige und vollständige Darstellung der im Zeitpunkt der Einreichung nach § 8 erkannten Sachverhalte, die zu erkennen der Vorhabenträger in der Lage war. Das Unterlassen von Angaben steht der unrichtigen Angabe gleich, weil der Vorhabenträger damit gegen seine Mitwirkungspflichten im Verfahren verstößt. Ob eine unvollständige Darstellung unter Weglassung dem Vorhabenträger bekannter Aspekte ebenfalls zur Unrichtigkeit führt, kann dahinstehen, da auch die unvollständige Vorlage einer Unterlage sanktioniert wird. Diese Verpflichtung dient der Beschleunigung des Verfahrens und der Sanktion für eine häufig im Nachhinein nicht mehr wieder gut zu machende Folge der unrichtigen Darstellung. Dabei kommt es aber nicht darauf an, ob die Unrichtigkeit der Unterlagen für die positive Fachplanungsentscheidung kausal war. Vielmehr schützt § 33 das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Verfahren. Von der unvollständigen (und damit inhaltlich unrichtigen) Darstellung eines Sachverhalts 7 zu unterscheiden ist die unvollständige Vorlage als erforderlich festgesetzter Unterlagen.6 Legt der Vorhabenträger z. B. keine Unterlagen zur raumordnerischen Beurteilung, sondern nur solche zur Strategischen Umweltprüfung vor, so ist dies kein Fall der unrichtigen Vorlage einer Unterlage i. S. v. Nr. 1, 1. Alt. Hier mangelt es vielmehr an der Vollständigkeit der vorzulegenden Unterlagen nach Nr. 1, 2. Alt. Anders als Bußgeldtatbestände in anderen umwelt- oder genehmigungsrechtlichen Gesetzen (vgl. nur § 62 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BImSchG) erwähnt § 33 Abs. 1 Nr. 1 weder den Fall, dass überhaupt keine Unterlage vorgelegt wird7 noch den Fall einer nicht rechtzeitigen Vorlage (Fristüberschreitung).
2. Nr. 2 Errichten, Betreiben oder Ändern einer Leitung ohne Planfeststellung oder Plangenehmigung Nr. 2, 1. Alt. knüpft mit der Bezugnahme auf die Regelung in § 18 Abs. 1 an Leitungen im Sinne 8 von § 2 Abs. 1 an. Die bußgeldbewehrte Sanktion des genehmigungslosen Errichtens, Betreibens und Änderns erfasst damit ausschließlich die im Bundesbedarfsplangesetz als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Vorhaben (§ 2 Abs. 1 BBPlG). Der Verweis auf § 18 Abs. 1 ist sprachlich leicht missglückt, weil § 18 nicht die Feststellung des Plans regelt (§ 24 Abs. 1), sondern den Planfeststellungsvorbehalt. Von dieser Sanktion unberührt sind sonstige Rechtsfolgen eines Handelns ohne Genehmigung, z. B. Beseitigungs- und Entschädigungsansprüche. Der 2019 novellierte8 Tatbestand der Nr. 2, 2. Alt. erstreckt die bußgeldbewährten Handlun- 9 gen auch auf das Errichten, Betreiben oder Ändern einer Leitung ohne Plangenehmigung gem. § 24 Abs. 4 i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG. Erfasst ist somit neben dem Regelverfahren der Planfeststellung auch der Fall der Plangenehmigung als einer Art vereinfachtem Planfeststellungsverfahren. Nach Sinn und Zweck soll hierdurch ebenso wie im Falle der Alt. 1 ein Baubeginn ohne genehmigungsrechtliche Grundlage sanktioniert werden. 4 5 6 7
Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 404. Danner/Theobald/Durinke, § 7 Rn 9; Posser/Faßbender/Willbrand, Praxishandbuch, Kap. 4 Rn 51. Danner/Theobald/Wiesendahl, § 33 Rn 5 f. So auch Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kap. 13 Rn 404, die allerdings den Fall der nicht rechtzeitigen Vorlage nicht thematisieren. 8 Die Erweiterung des Tatbestands erfolgte durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I v. 16. Mai 2019, S. 706). 955
Serong/Salm
§ 33 NABEG
IV. Zuständige Behörde
3. Nr. 3 Unrichtige Vorlage von Planunterlagen in der Planfeststellung 10 Der Tatbestand der Nr. 3 entspricht weitgehend der Regelung in Nr. 1. Nr. 3 erfasst das nicht richtige Einreichen eines Plans nach § 21 Abs. 1. Der „dort“, d. h. in § 21 Abs. 1 genannte Plan bestimmt sich in seinen Bestandteilen insbesondere nach § 21 Abs. 2, besteht also aus Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Zum Verhältnis der (richtigen) Inhalte des einzureichenden Plans und der Bestimmung des erforderlichen Inhalts nach § 20 Abs. 3 S. 1 gilt das unter Rn 4 Gesagte zum Verhältnis von Nr. 1, § 8 Abs. 1 und § 7 Abs. 4. Beiden Tatbeständen liegt die gleiche Systematik zugrunde. Anders als bei Nr. 1 ist allerdings das unvollständige Einreichen eines Plans nicht vom Tatbestand der Nr. 3 erfasst.
4. Nr. 4 Unwesentliche Änderung oder Erweiterung einer Leitung ohne Zulassung 11 Dieser Tatbestand dient in besonderem Maße dem Schutz des Vertrauens in die Verfahren. Ob es sich um eine unwesentliche Änderung handelt und die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 vorliegen, beurteilt zunächst der Vorhabenträger selbst. Dieser kann die Voraussetzung durch Vereinbarungen mit potenziell Betroffenen auch herstellen.9 Es steht nicht im Ermessen des Vorhabenträgers, eine behördliche Freistellungsentscheidung zu beantragen.10 Vielmehr hat der Vorhabenträger in jedem Fall das Anzeigeverfahren durchzuführen; diese Pflicht wird ausdrücklich mit der drohenden Sanktion einer Ordnungswidrigkeit durchgesetzt.11
III. Höhe der Geldbuße 12 Abs. 2 trifft eine § 17 Abs. 1 OWiG ergänzende Regelung zur Höhe der Geldbuße. Damit ist eine Geldbuße bis zu 100.000 A möglich. Für die Bemessung der Geldbuße im Einzelfall ist auf die Vorschriften in § 17 Abs. 2 bis 4 OWiG zurückzugreifen.
IV. Zuständige Behörde 13 Nach Abs. 3 ist die nach § 36 Abs. 1 OWiG durch Gesetz bestimmte Behörde die BNetzA. Da es im Geltungsbereich des NABEG auf Grund der Zuständigkeitszuweisung der Planfeststellungsverfahren an die BNetzA durch die PlfZV keine nach Landesrecht zuständigen Behörden gibt (vgl. § 31 Rn 12), besitzt die in Abs. 3 ebenfalls – und wohl mit Blick auf § 31 Abs. 2 – enthaltene Zuständigkeitszuweisung an Planfeststellungsbehörden der Länder derzeit keine praktische Bedeutung.
9 Kopp/Ramsauer, § 74 Rn 229. 10 Zu § 74 Abs. 7 VwVfG siehe Stelkens/Bonk/Sachs/Neumann/Külpmann, VwVfG, § 74 Rn 256 ff. 11 Siehe zum Anzeigeverfahren § 25 Rn 58 ff. Serong/Salm
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§ 34 Zwangsgeld Die Bundesnetzagentur kann ihre Anordnungen, insbesondere Fristsetzungen zur Antragstellung nach § 6 Satz 2 und § 12 Absatz 2 Satz 4, und gesetzliche Fristen nach diesem Gesetz nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden Vorschriften durchsetzen. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1.000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro.
Übersicht I.
Entstehungsgeschichte
1
II.
Überblick zum Verfahren
III.
Durchsetzung der Antragstellung im Verfah8 ren
4
IV.
Durchsetzung weiterer Anordnungen
V.
Rechtsschutz
14
17
I. Entstehungsgeschichte In der Analyse der Gründe für den langwierigen Ausbau der Stromübertragungsnetze und insbe- 1 sondere der EnLAG-Projekte wurde intensiv über die Ursachen gestritten und um die Verantwortung der Vorhabenträger wie der zuständigen Behörden. Für beide Verantwortungsbereiche lassen sich ggf. Beispiele finden, so dass der Gesetzgeber zu beiden Problemkreisen Regelungen getroffen hat. Gegenüber den Vorhabenträgern wurde neu und erstmals eine gesetzliche und sanktionierte Pflicht zur Antragstellung eingefügt. 2 Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucks. 17/6073 S. 32 und S. 33: „Die Vorschrift ergänzt die im NABEG vorgesehen Beschleunigungselemente durch Fristsetzung um die Möglichkeit der zwangsgeldbewehrten Sanktion bei Verzögerungen des Ausbaus des Übertragungsnetzes durch die jeweils verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber. Die Zwangsgeldvorschrift stellt einen wichtigen Baustein zur Durchsetzung der Ziele der Netzausbaubeschleunigung dar. Sie betrifft Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Vorlage von Unterlagen, sofern die Bundesnetzagentur nach Abschluss der Antragskonferenz in der Bundesfachplanung nach § 7 und für das Planfeststellungsverfahren nach § 12 eine Frist gesetzt hat. Eine Durchsetzung von im Einzelfall angemessen festgesetzten Fristen ist notwendig und verhältnismäßig. Die Regelungen der Richtlinie 2009/72/EG, insbesondere in Artikel 22 Absatz 7, und die §§ 11 und 12a ff. i. V. m. 65 Absatz 2a des Energiewirtschaftsgesetzes machen deutlich, dass es insbesondere beim Bau der Stromleitungen von überregionaler und europäischer Bedeutung auf Grundlage des Bundesbedarfsplans nicht um Vorhaben geht, deren Realisierung im Belieben der Vorhabenträger steht. Es geht vielmehr auch um die Erfüllung einer im gesamtstaatlichen Interesse liegenden Aufgabe.“
Das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus hat § 34 in zweierlei Hinsicht geän- 3 dert: Einerseits wurde ergänzt, dass nun auch die Durchsetzung weiterer gesetzlicher Fristen nach dem NABEG zwangsgeldbewehrt sein sollen. Die Norm hat der Gesetzgeber angepasst, da an verschiedenen Stellen neue gesetzliche Fristen aufgenommen wurden, die ebenfalls mit Hilfe eines Zwangsgelds durchzusetzen sind.1 Andererseits wurde das maximale Zwangsgeld von 250.000 Euro auf 10 Millionen Euro erhöht, um einen Gleichlauf mit dem Zwangsgeld des EnWG zu erreichen und die effektive Steuerungswirkung zu verbessern.2 1 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 2 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 957 https://doi.org/10.1515/9783110670516-080
Strothmann
§ 34 NABEG
III. Durchsetzung der Antragstellung im Verfahren
II. Überblick zum Verfahren 4 § 34 ist eine Sonderregelung der Verwaltungsvollstreckung zur Durchsetzung insbesondere der Fristsetzung zur Antragstellung nach § 6 S. 2 und § 12 Abs. 2 S. 4. Durch die NABEG-Novelle 2019 wurde nun klargestellt, dass alle Fristen nach dem NABEG, insbesondere die Fristen nach § 6 S. 2 und § 12 Abs. 2 S. 4, zwangsgeldbewehrt sein sollen. Im Übrigen gelten zur Durchsetzung des Verwaltungshandelns der zuständigen Behörde die Verwaltungsvollstreckungsgesetze des Bundes und der Länder. § 34 S. 2 ist in seinem Anwendungsbereich vorrangige lex specialis zu § 11 Abs. 3 VwVG.3 Der Rahmen für das Zwangsgeld liegt signifikant über dem Zwangsgeldrahmen im Verwal5 tungsvollstreckungsgesetz (bis zu 25.000 A nach § 11 Abs. 3 VwVG). Dies trägt der wirtschaftlichen Bedeutung der im NABEG geregelten Verfahrensbeiträge des Vorhabenträgers Rechnung. Ein Zwangsgeld kann wiederholt festgesetzt werden, wenn der Pflichtige dem Handlungsgebot des Verwaltungsaktes nicht nachkommt. Voraussetzung für die Verhängung des Zwangsgelds oder andere Maßnahmen des Verwal6 tungszwangs (Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang, §§ 10, 12 VwVG) ist zunächst, dass ein vollziehbarer Verwaltungsakt vorliegt (§ 6 VwVG). Das ist der Fall, wenn er unanfechtbar geworden oder die sofortige Vollziehung angeordnet ist. Mangels abweichender Regelung hätte ein Rechtsbehelf eines verpflichteten Netzbetreibers gegen die Anordnung der Antragstellung nach NABEG zunächst aufschiebende Wirkung. Ein Zwangsgeld ist nach § 13 VwVG anzudrohen. Dies kann mit der Verpflichtung zur Hand7 lung verbunden werden. Es ist eine Frist zu setzen und ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe anzudrohen.
III. Durchsetzung der Antragstellung im Verfahren 8 Eine Pflicht zur Stellung eines verfahrensrechtlichen Antrages gibt es im Verwaltungsrecht grundsätzlich nicht, denn eine solche Pflicht stünde dem Dispositionsgrundsatz des Verwaltungsverfahrens und damit letztlich dem Verbot des Staates, den Bürger als bloßes Objekt zu behandeln, entgegen. Nur wenn und soweit der Träger eines Vorhabens bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zur Antragstellung rechtlich verpflichtet ist oder durch die zuständige Behörde dazu verpflichtet werden kann (vgl. dazu § 176 BauGB – Baugebot), kann die zuständige Behörde ihm die Stellung des Antrags aufgeben und erforderlichenfalls im Wege des Verwaltungszwangs durchsetzen. Mit der Verpflichtung zum Netzausbau liegt hier für die Antragstellung im Bundesfach9 planungs- und Planfeststellungsverfahren eine solche Rechtspflicht vor, die auch die Durchsetzung der Antragstellung mit Verwaltungszwang rechtfertigt. Der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen ist nach § 11 Abs. 1 EnWG zum bedarfsge10 rechten Netzausbau verpflichtet. Diese Verpflichtung ist auch nach EnWG behördlich durchsetzbar (vgl. § 65 Abs. 2a EnWG)4 und trifft gerade im Bereich des Übertragungsnetzes grundsätzlich den für die Regelzone verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber. Seine Betriebs- und Ausbaupflichten müssen auf verschiedenen Stufen durchsetzbar sein: 11 zunächst auf Ebene der Investitionsentscheidung. Diese Entscheidung ist die wirtschaftliche Entscheidung zur Ausbaumaßnahme und wird seit dem EnWG 2011 gesondert sanktioniert. § 65 Abs. 2a EnWG eröffnet der Regulierungsbehörde die Ermächtigungsgrundlage, den ÜNB zur Investition unter Fristsetzung aufzufordern, sowie sodann auf der folgenden Stufe ein Ausschreibungsverfahren, wenn ein ÜNB einer Ausbauverpflichtung aus dem Netzentwicklungs3 BerlKommEnR/Naujoks, NABEG § 34, Rn 9; de Witt/Scheuten/Haines,NABEG § 34, Rn 2; Posser/Faßbender/Posser/Schulze, Praxishandbuch, Kapitel 13, Rn 415. 4 Britz/Hellermann/Hermes/Sötebier, § 11 Rn 60, Theobald/Kühling, NABEG § 11 Rn 38. Strothmann
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IV. Durchsetzung weiterer Anordnungen
NABEG § 34
plan nach §§ 12a ff. EnWG auch nach behördlicher Aufforderung nicht nachkommt. Die genaue Ausgestaltung eines solchen Verfahrens muss ggf. im Rahmen einer Festlegung konkretisiert werden (§ 65 Abs. 2a S. 3 EnWG). Es ist im Weiteren zwingend, dass eine Leitung, die im Wege der Ausschreibung finanziert wird, energiewirtschaftlich in den Netzbetrieb der Regelzone durch den ÜNB integriert wird. Grund für eine solche Regelung, die europarechtlich vorgeprägt ist,5 sind denkbare Szenari- 12 en, in denen Netzbetreiberunternehmen die notwendigen Investitionsentscheidungen verschleppen, sei es aus Gründen unzureichender Ressourcenplanung (Personal, Gutachter), sei es im Rahmen eines Verkaufsprozesses, der Anreize für Investitionsattentismus in sich trägt, aus Gründen der Marktabschottung für bestimmte Erzeugungs- oder Handelsinteressen oder schlicht aus Gründen der wirtschaftlichen Optimierung des Netzbetreibers. Neben der wirtschaftlichen Entscheidung zum Netzausbau kann ein Netzausbau auch 13 durch Verfahrensverschleppung in den notwendigen Genehmigungsverfahren verzögert werden. Der als notwendig erkannte Ausbau muss durch Anträge im Genehmigungsverfahren betrieben und unterstützt werden. Aus diesem Grund sehen § 6 S. 2 die Verpflichtung zur Antragstellung zur Bundesfachplanung und § 12 Abs. 2 S. 4 die Verpflichtung zur Antragstellung zur Planfeststellung als Möglichkeiten für die BNetzA vor. Dabei handelt es sich um eine unvertretbare Handlung (§ 11 Abs. 1 S. 1 VwVG), die der verpflichtete ÜNB im Rahmen seiner Betriebsgenehmigung nach § 4 EnWG und kraft seines höheren Wissens über Netztopologie und die vorhandenen Betriebsmittel ausführen muss. Somit ist eine Zwangsgeldbewehrung der Antragsverpflichtung möglich.
IV. Durchsetzung weiterer Anordnungen § 34 S. 1 erstreckt sich seit der NABEG-Novelle 2019 explizit auf alle gesetzlichen Fristen nach 14 dem NABEG, insbesondere die Anordnungen nach § 6 S. 2 und § 12 Abs. 2 S. 4. Damit scheidet zum Beispiel eine Anordnung nach § 65 Abs. 2a S. 1 EnWG aus (vgl. Rn 10). Hier gelten – ausschließlich – die allgemeinen Regelungen des VwVG. Als weitere Anordnung, die nach § 34 durchgesetzt werden kann, kommen beispielsweise 15 Schutzauflagen (§ 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG i. V. m. § 43 Abs. 4 EnWG; § 18 Abs. 5 NABEG) in Frage, die als Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses von der BNetzA erlassen worden sind.6 Die Festlegungen der Untersuchungsrahmen und Bestimmungen der im Verfahren vorzulegenden Unterlagen nach § 7 Abs. 4 und § 20 Abs. 3 sind keine Verwaltungsakte, können also nicht per se durch Verwaltungszwang durchgesetzt werden. Relevant wird die Frage, wenn der Vorhabenträger die Unterlagen nach § 8 S. 1 bzw. § 21 Abs. 1 nicht rechtzeitig oder unvollständig einreicht.7 Die rechtzeitige und vollständige Vorlage dieser Unterlagen kann nur dann durch Verwaltungszwang durchgesetzt werden, wenn die BNetzA die Verpflichtung zur Einreichung der im Umfang bestimmten Unterlagen mit (erneuter) Fristsetzung durch Verwaltungsakt wiederholend festlegt. Für einen solchen Verwaltungsakt müssten wohl § 8 S. 1 und § 21 Abs. 3 als Ermächtigungsgrundlage angesehen werden.8 Die Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes im Rahmen einer Duldungsverfügung 16 muss jedoch nicht auf § 34 gestützt werden. Im Zuge der Bundesfachplanung und der Planfeststellung ist die Bundesnetzagentur für den Erlass von Duldungsverfügungen für Vorarbeiten gemäß § 18 Abs. 5 bzw. § 8 Satz 2 i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 2 EnWG zuständig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.2.2020 – 4 VR 1.20, Rn 13 ff). Im Rahmen des Erlasses der Duldungsverfügungen 5 6 7 8
Art. 22 Abs. 7 der RL 2009/72/EG. De Witt/Scheuten/Haines, NABEG, § 34 Rn 10. Zur Frage, ob die nicht rechtzeitige oder unvollständige Vorlage bußgeldbewehrt ist, vgl. § 33 Rn 4. So de Witt/Scheuten/Haines, NABEG, § 34 Rn 13. Vgl. auch Schink/Versteyl/Dippel/Dippel/Worms, NABEG, § 33 Rn 17. 959
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§ 34 NABEG
V. Rechtsschutz
können Zwangsmittel angedroht und festgesetzt werden. Bei der Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes gemäß §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 lit. b), 11 Abs. 1-2, 13 bzw. 14 VwVG ist zu entscheiden, ob der Verwaltungszwang hier hinsichtlich der Höhe des Zwangsgeldes auf § 11 Abs. 3 VwVG (bis zu 25.000,- A) zu stützen ist oder auf § 34 Satz 2 (1.000,- A bis 10 Millionen A) gestützt werden kann. Dem Wortlaut nach ist auch eine Duldungsverfügung eine „Anordnung nach diesem Gesetz“ im Sinne der Norm, so dass eine Zwangsgeldandrohung bzw. -festsetzung über mehr als 25.000,-A dem Grunde nach zulässig sein könnte. Jedoch spricht einiges dafür, die Zwangsgeldandrohung bzw. -festsetzung der Höhe nach auf § 11 Abs. 3 VwVG zu stützen. Der Bundesnetzagentur soll mit der Norm des § 34 und der damit verbundenen Möglichkeit, ein hohes Zwangsgeld festzusetzen, ein Mittel an die Hand gegeben werden, mit dem sie die Vorhabenträger zur Vornahme der von diesen erforderlichen Mitwirkungshandlungen verpflichten kann.9 Primäres Ziel des § 34 ist es, Verzögerungen aus der Sphäre der Vorhabenträger zu sanktionieren. Insbesondere rechtfertigte der Gesetzgeber die Höhe des Zwangsgeldes (schon zur alten Fassung) durch den Umstand, dass die Verzögerung von Anträgen seitens der Vorhabenträger gegen den Kernbereich eines beschleunigten Netzausbaus verstößt und damit besonders gravierend ist.10 Zu diesem Argument passt auch die Höhe des maximal möglichen Zwangsgeldes von 10 Millionen A. Ein derart hohes Zwangsgeld gegen natürliche Personen, die in aller Regel Adressaten von Duldungsverfügungen sind, dürfte in den seltensten Fällen verhältnismäßig sein. Nach Sinn und Zweck der Norm ist daher hinsichtlich der Höhe eines Zwangsgeldes im Rahmen von Duldungsverfügungen gemäß § 18 Abs. 5 i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 2 EnWG auf § 11 Abs. 3 VwVG abzustellen.
V. Rechtsschutz 17 Gegen eine Vollstreckungsmaßnahme im Rahmen einer Anordnung kann Rechtsschutz vor dem zuständigen Verwaltungsgericht gesucht werden, im Falle der BNetzA ist dies das Verwaltungsgericht Köln. Für eine unter Rn 16 angesprochene Duldungsverfügung gemäß § 18 Abs. 5 i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 2 EnWG ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 zu beachten.
9 BerlKommEnR/Naujoks, NABEG § 34, Rn 2, 5. 10 Vgl. BT-Drucks. 17/6073, S. 33. Strothmann
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§ 35 Übergangsvorschriften Bestehende Entscheidungen über die Bundesfachplanung, Genehmigungen und Planfeststellungsbeschlüsse sowie weitere bestehende Entscheidungen bleiben unberührt. Der Vorhabenträger kann bei Bundesfachplanungsverfahren, die vor dem 17. Mai 2019 beantragt wurden, bis zum 31. August 2019 einen Antrag auf den Verzicht auf die Bundesfachplanung nach § 5a Absatz 3 stellen. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, wird ein Bundesfachplanungsverfahren durchgeführt, auch wenn ein Fall des § 5a Absatz 1 oder Absatz 2 vorliegt. Wenn in einem Vorhaben bereits die Bundesfachplanung für einen Abschnitt abgeschlossen wurde, ist das Bundesfachplanungsverfahren auch in den anderen Abschnitten zu Ende zu führen. Die Frist nach § 6 Satz 2 beginnt am 17. Mai 2019.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick Entstehungsgeschichte
II.
Raumordnung und Bundesfachplanung
III.
Abgeschlossene Bundesfachplanungen und 9 Planfeststellungen
5
11
IV.
Verzicht auf Bundesfachplanung
V.
Fristgebundener Antrag auf Bundesfachpla15 nung
6
I. Allgemeines 1. Überblick Bei Einführung des NABEG war dessen Verhältnis zu vorab nach anderen gesetzlichen Normen begonnenen Genehmigungsverfahren und planerischen Instrumenten abzugrenzen. Dieses Bedürfnis besteht nach wie vor, wird allerdings anlässlich der umfassenden Novellierung des NABEG in den Jahren 2019 und 20211 ergänzt durch die Zielsetzung, Bundesfachplanungs- oder Planfeststellungsverfahren, die nach den bisherigen NABEG-Vorschriften begonnen wurde, durch Inkrafttreten geänderter Regelungen möglichst nicht zu verzögern. Mit der Regelung in § 2 Abs. 4 ist das Verhältnis zum EnLAG geklärt. Vorhaben, die im EnLAG bedarfsfestgestellt sind, bleiben von den Regelungen des NABEG unberührt. Eine Übergangsvorschrift ist insoweit nicht notwendig. Mit Inkrafttreten des NABEG zum 5.8.2011 gab es für die Bundesfachplanung und Planfeststellung noch keinen Anwendungsbereich. Dieser eröffnete sich erst mit dem ersten Gesetz zum Bundesbedarfsplan nach § 12e EnWG, der die Vorhaben kennzeichnet, auf die die materiellen und formellen Regelungen des NABEG Anwendung finden können. § 35 dient zum einen der Regelung des Verhältnisses zu diesen Vorhaben. § 35 stellt aber auch klar, dass getroffene Entscheidungen über die Bundesfachplanung nach § 12 und Entscheidungen im Planfeststellungsverfahren von späteren Änderungen des NABEG, z. B. auf Grund der NABEG-Novelle 2019, unberührt bleiben.2 Die ursprünglich in Absatz 1 aufgenommene Formulierung, nach der auch „laufende Planfeststellungsverfahren“ unberührt bleiben, wurde 2019 gestrichen. Dies geschah mit der Begründung, dass Satz 2 und 3 nun präzi1 Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (BGBl. I v. 3.3.2021, S. 298).
2 BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 83, 19/23491 v. 19.10.2020, S. 44. 961 https://doi.org/10.1515/9783110670516-081
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§ 35 NABEG
II. Raumordnung und Bundesfachplanung
sere Vorgaben machen3 – wobei diese sich auf die Besonderheit des Verzichts auf Bundesfachplanung nach § 5a beschränken. Die Sätze 2 bis 5 regeln das Verhältnis zu den neuen § 5a und § 6 S. 2.
2. Entstehungsgeschichte 5 Im Gesetzgebungsverfahren 2011 gab es einen weitergehenden Änderungsantrag des Landes Schleswig-Holstein für die Übergangsvorschrift, der keine Mehrheit gefunden hat.4
II. Raumordnung und Bundesfachplanung 6 Im Verhältnis zu Raumordnungsverfahren trifft § 35 keine ausdrückliche Regelung, da diese Verfahren nicht mit einer Genehmigung enden (vgl. Rn 7). Dennoch wird durch die Regelung deutlich, dass es einen grundsätzlichen Vorrang der Bundesfachplanung und der Bundeszuständigkeit geben soll. Laufende Raumordnungsverfahren gehen der Bundesfachplanung nicht vor. Mit Inkrafttreten des Bundesbedarfsplangesetzes nach § 12e EnWG ist der Anwendungsbereich des NABEG nach § 2 Abs. 1 eröffnet und ergibt sich eine Pflicht zur Bundesfachplanung aus § 4. Das Bundesfachplanungsverfahren tritt somit an Stelle nicht abgeschlossener Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG.5 Ein Raumordnungsverfahren, welches begonnen und noch nicht abgeschlossen ist, endet. § 35 führt gerade nicht zur Geltungserhaltung der raumordnerischen Beurteilung, da diese weder eine Genehmigung noch einen Planfeststellungsbeschluss, noch eine „weitere Entscheidung“6 darstellt.7 Das Raumordnungsverfahren als bislang wichtigstes Instrument zur Abstimmung raumbe7 deutsamer Planungen und Maßnahmen untereinander und mit den Erfordernissen der Raumordnung8 wird durch die Bundesfachplanung abgelöst. Die Raumordnungsverfahren9 werden für die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen in der Regel durch Antrag des Vorhabenträgers eingeleitet und enden mit einer raumordnerischen Beurteilung, der landesplanerischen Feststellung oder dem raumordnerischen Entscheid.10 Es handelt sich bei diesem Ergebnis um eine Stellungnahme mit gutachterlichem Charakter mit Bindungswirkung im Innenverhältnis und nicht um einen förmlichen Verwaltungsakt mit Außenwirkung. Auch das Bundesverwaltungsgericht11 sieht in der landesplanerischen Beurteilung als Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens eine gutachterliche Äußerung mit verwaltungsinterner Bedeutung. Daher gibt es keine förmliche Zustellung. Allerdings wird das Ergebnis der raumordnerischen Beurteilung dem Vorhabenträger und auch den am Verfahren beteiligten Stellen zugestellt und ortsüblich bekannt gemacht, so dass der Abschluss des Verfahrens objektiv festzustellen ist. 8 Ob ein abgeschlossenes Raumordnungsverfahren ohne Durchführung einer Bundesfachplanung Grundlage für ein Planfeststellungsverfahren nach den §§ 18 ff sein kann, ist zumindest
3 4 5 6
BT-Drucks. 19/7375 v. 28.1.2019, S. 83. BR-Drucks. 342/2/11 v. 14.6.2011. So auch de Witt/Scheuten/Rude/Wichert, NABEG, § 35 Rn 4; Wahlhäuser, NuR 2013, 557, 559. Durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften v. 12.2.2021 (Fn. 1) wurde Satz 1 auf „weitere bestehende Entscheidungen“ erweitert, vgl. hierzu BT-Drucks. 19/23491 v. 19.10.2020, S. 44. 7 So auch Wahlhäuser, NuR 2013, 557, 559; Schink/Versteyl/Dippel/Dippel/Worms, NABEG, § 35 Rn 9; a. A. offenbar de Witt/Scheuten/Rude/Wichert, NABEG, § 35 Rn 3. Vgl. auch Fn. 11. 8 Vgl. Stüer, Rn 349. 9 Übersicht in Abb. 7.1. bei Borchard, S. 507. 10 Borchard, S. 509. 11 Beschl. v. 4.6.2008, 4 BN 12/08, BauR 2008, 1415; Beschl. v. 30.8.1995, 4 B 86/95, BauR 1995, 802 ff. Serong
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IV. Verzicht auf Bundesfachplanung
NABEG § 35
fraglich,12 da Satz 1 diesen Fall in der geänderten Fassung eindeutig nicht regelt. Soweit ersichtlich, besitzt diese Frage aber keine praktische Relevanz. Ggf. könnte sie durch gesetzlichen Verzicht auf Bundesfachplanung nach § 5a Abs. 4 gelöst werden.
III. Abgeschlossene Bundesfachplanungen und Planfeststellungen Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der NABEG-Novellierung am 17.5.2019 hatte die Bundesnetz- 9 agentur bereits mehrere Entscheidungen nach § 12 getroffen. Satz 1 stellt klar, dass diese Entscheidungen von geänderten materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Vorschriften des NABEG unberührt bleiben. Dies kann beispielsweise den Umgang mit Zielen der Raumordnung nach § 5 Abs. 2 oder die Berücksichtigung städtebaulicher Belange nach § 5 Abs. 3 betreffen. Erfasst wird auch die Bestandskraft einer Entscheidung im vereinfachten Verfahren nach § 12 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nunmehr nicht mehr vorliegen (dies gilt erst recht, als nunmehr § 5a für diese Fälle in aller Regel den Verzicht auf Bundesfachplanung ermöglicht). Satz 1 entfaltet seine Wirkungen auch für weitere Änderungen des NABEG.13 Satz 1 erklärt auch Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen, die bereits er- 10 gangen sind, für unberührt. Da der Wortlaut der Norm mittlerweile auch „weitere bestehende Entscheidungen“ nennt, gilt dies eindeutig auch für Entscheidungen nach § 25 Abs. 4 S. 4 im Anzeigeverfahren.14 Unter den Begriff der weiteren Entscheidungen fallen auch Entscheidungen über den Verzicht auf Bundesfachplanung (§ 5a Abs. 3).
IV. Verzicht auf Bundesfachplanung § 5a eröffnet mit Inkrafttreten dieser Norm am 17.5.2019 Möglichkeiten eines Verzichts auf Bundesfachplanung nach den Absätzen 1 und 2. Die Entscheidung über den Verzicht setzt einen Antrag nach § 5a Abs. 3 voraus. § 35 schafft in seinen Sätzen 2 – 4 die notwendige Rechtssicherheit für am 17.5.2019 bereits begonnene Bundesfachplanungsverfahren. Die Vorhabenträger erhielten ein Wahlrecht, ob sie bei bereits begonnener, aber nicht abgeschlossener Bundesfachplanung noch einen Antrag auf Verzicht nach § 5a Abs. 3 stellen.15 Satz 2 beschränkt die Möglichkeit eines solchen Antrags jedoch in zeitlicher Hinsicht und setzt hierfür eine Frist bis zum 31.8.2019. Diese vergleichsweise kurze Entscheidungsfrist führte zu rascher Rechtsklarheit in den laufenden Verfahren. Für die Entscheidung war insbesondere abzuwägen, ob durch einen Abbruch des Bundesfachplanungsverfahrens und die dann aber ggf. notwendige Wiederholung von Prüfungen im Planfeststellungsverfahren insgesamt ein zeitlicher Gewinn zu erwarten wäre. Dass mit Ablauf des 31.8.2019 bei allen laufenden Bundesfachplanungsverfahren auch für die betroffene Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange klar war, in welchem Genehmigungsregime das Vorhaben weiter geprüft wird, ist zu begrüßen. Satz 3 stellt dann klar, dass ein Bundesfachplanungsverfahren auch dann weiter durchgeführt wird, wenn die Voraussetzungen des § 5a Abs. 1 oder Abs. 2 vorgelegen hätten, aber der Antrag nach § 5a Abs. 3 nicht oder nicht fristgemäß gestellt worden ist. Die in Satz 2 genannte Frist ist insoweit eine Ausschlussfrist. Von besonderer Bedeutung ist die Regelung in Satz 4, welche die Option eines Verzichts auf Bundesfachplanung zusätzlich einschränkt: Unabhängig von der Frist des Satzes 2 ist ein An12 Vgl. zur früheren Fassung des § 35 die Kommentierung in den Rn 19 – 20 der Vorauflage sowie de Witt/Scheuten/ Rude/Wichert, NABEG, § 35 Rn 3. 13 BT-Drucks. 19/23491 v. 19.10.2020, S. 44. 14 So ausdrücklich BT-Drucks. 19/23491 v. 19.10.2020, S. 44. 15 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 963
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§ 35 NABEG
V. Fristgebundener Antrag auf Bundesfachplanung
trag auf Verzicht nach § 5a Abs. 3 abzulehnen, wenn das Vorhaben in mehrere Abschnitte unterteilt ist (§ 5 Abs. 8) und die Entscheidung nach § 12 für mindestens einen Abschnitt bereits ergangen ist. Diese Regelung schränkt § 5a Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 ein, allerdings nur im Rahmen dieser Übergangsregelung. Für noch nicht begonnene Bundesfachplanungsverfahren ist es weiterhin möglich, dass in einem Abschnitt eine Entscheidung nach 12 ergeht, während in einem anderen Abschnitt nach § 5a Abs. 3 hierauf verzichtet wird. Satz 4 ist erst auf Grund einer Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie in das Gesetz aufgenommen worden.16 Für diese Regelung können insbesondere Akzeptanzüberlegungen angeführt werden; offenbar hegte der Gesetzgeber die Befürchtung, dass der bis 31.8. 2019 recht kurzfristig zu beantragende Verzicht auf Bundesfachplanung dann auf größeres Unverständnis und Widerstände vor Ort stoßen könnte, wenn bei einem Nachbarabschnitt die Bundesfachplanung vollständig durchlaufen wurde.
V. Fristgebundener Antrag auf Bundesfachplanung 15 Nach § 6 S. 2 ist der Vorhabenträger verpflichtet, den Antrag nach § 6 S. 1, mit dem die Bundesfachplanung beginnt, spätestens 18 Monate nach Aufnahme des Vorhabens in den Bundesbedarfsplan zu stellen. Das Bundesbedarfsplangesetz kann diese Frist im Einzelfall verkürzen oder verlängern. Mit Inkrafttreten dieser Regelung am 17.5.2019 enthielt das BBPlG mehrere Vorhaben, bei denen noch kein Antrag nach § 6 S. 1 gestellt war, die 18-Monats-Frist jedoch bereits abgelaufen gewesen wäre.17 Ein Antrag auf Bundesfachplanung erfordert gründliche Vorbereitungen, die regelmäßig 16 mindestens 12 Monate Zeit in Anspruch nehmen. Soweit diese Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen (oder gar begonnen waren), wäre es den Vorhabenträgern faktisch unmöglich gewesen, am 17.5.2019 den Antrag nach § 6 S. 1 zu stellen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Fristsetzung zur Antragstellung nach § 34 S. 1 durch Verwaltungszwang durchgesetzt werden kann. Satz 5 stellt die Uhren wieder auf Null und lässt die Frist des § 6 S. 2 am 17.5.2019 beginnen. Dies gilt selbstverständlich nur für die an diesem Datum bereits im Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben (Übergangsvorschrift) und nicht für Änderungen des BBPlG nach diesem Datum.
16 BT-Drucks. 19/8913, S. 53. 17 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. Serong
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§ 36 Evaluierung Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie überprüft und evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Jahr 2022 die Anwendung dieses Gesetzes. Die Bundesnetzagentur unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bei der Überprüfung und Evaluierung. Zur Unterstützung soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie außerdem wissenschaftliche Gutachten in Auftrag geben.
Übersicht 1. 2. 3.
Regelungszweck und Entstehungsge1 schichte Reichweite und Umfang der Evaluation 3 Methoden und Datengrundlagen
4. 5. 2
Einvernehmen 6 Zeitraum und Veröffentlichung der Evaluie7 rung
1. Regelungszweck und Entstehungsgeschichte Die mit der NABEG-Novelle 20191 neu in das Gesetz aufgenommene Evaluierung ist im Kontext 1 des sogenannten „Aktionsplan Stromnetz“ des Bundeswirtschaftsministeriums zu sehen.2 Dieser sieht neben weiteren gesetzlichen Instrumenten zur Beschleunigung des Netzausbaus auch ein verstärktes administratives Controlling vor.3 Dabei sollen unter Einbindung aller mittelbar und unmittelbar involvierten Akteure, insbesondere die jeweils zuständigen Landesministerien sowie die Genehmigungsbehörden und die Übertragungsnetzbetreiber, etwaige Verzögerungsgründe frühzeitig erkannt und proaktiv Gegenmaßnahmen eingeläutet werden.4 Daran knüpft nunmehr auch die Evaluierung nach § 36 an, die ermitteln soll, inwieweit der (neue) gesetzliche Rahmen tatsächlich beschleunigende Wirkung entfaltet.5 Damit können mittelbar auch – auf die Zukunft gerichtete – Handlungsempfehlungen für Anpassungen des Gesetzes einhergehen.6
2. Reichweite und Umfang der Evaluation Die Einbettung der Norm in das NABEG sowie der Wortlaut, welcher die Evaluierung über „die 2 Anwendung dieses Gesetzes“ verlangt, sprechen zunächst deutlich dafür, dass ausschließlich die NABEG-Vorschriften selbst evaluiert werden sollen. Dem kann entgegengehalten werden, dass auf das Netzausbau-Monitoring insgesamt sowie die Erfahrungswerte der Länder mit abzustellen ist.7 Auch dem Sinn und Zweck nach ist § 36 NABEG als Bestandteil des „Gesamtpakets“ 1 BT-Drucks. 19/7375. 2 BMWi: Aktionsplan Stromnetz vom 14.8.2019 (abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ A/aktionsplan-stromnetz.pdf?__blob=publicationFile&v=8 [letzter Abruf: 24.11.2020]); ausführlicher dazu Franke/ Karrenstein, EnWZ 2019, S. 195 ff. 3 BMWi: Aktionsplan Stromnetz vom 14.8.2019, S. 3 f (abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/aktionsplan-stromnetz.pdf?__blob=publicationFile&v=8 [letzter Abruf: 5.6.201922.7.2021]). 4 Eine erste Verständigung erfolgte am 24.5.2019. Die „Zeitpläne mit Meilensteinen“ samt weiteren Ergebnissen sind abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/tempo-fuer-den-netzausbau.pdf?__blob= publicationFile&v=4 (letzter Abruf: 22.7.2021). 5 BT-Drucks. 19/7375, S. 83; vgl. auch Büllesfeld/Koch, in BeckOK EEG 2017, § 97 Rn 5. 6 Vgl. Büllesfeld/Koch, in BeckOK EEG 2017, § 97 Rn 1 u. 4. 7 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 965 https://doi.org/10.1515/9783110670516-082
Karrenstein
§ 36 NABEG
Evaluierung
der Beschleunigungs-Novelle von 2019 zu begreifen. Dieses – wegen den dort maßgeblichen Änderungen im Netzausbaubeschleunigungsgesetz als „NABEG 2.0“ bezeichnet – enthält als Artikelgesetz aber auch Änderungen in zahlreichen anderen Vorschriften. Insbesondere auch mit Anpassungen der §§ 43 ff EnWG sind Vereinfachungs- und Beschleunigungsanreize für die Stromnetzausbauvorhaben intendiert.8 So besteht mit den Modifikationen von § 43f EnWG und § 25 NABEG zum Anzeigeverfahren eine parallel vorgenommene Anpassung,9 sodass Erkenntnisse aus den jeweiligen Vorhaben bei gemeinsamer Evaluation auf eine breitere Datengrundlage gestellt werden können.10 Daneben verweist das NABEG ausdrücklich auf das EnWG und erklärt mit § 18 Abs. 5 die §§ 43 ff EnWG für entsprechend anwendbar, soweit keine spezialgesetzlichen Regelungen bestehen.11 Vor diesem Hintergrund können die NABEG-Vorschriften an vielen Stellen gar nicht alleine gedacht werden und eine Gesamtbetrachtung des Verfahrensrechts erscheint mehr als sinnvoll.12 Einer Mitbetrachtung weiterer Vorschriften als jene des NABEG steht § 36 jedenfalls nicht entgegen, sodass dem evaluierenden Ministerium hier durchaus ein – auch gesetzlich gewollter – Ausgestaltungsspielraum eröffnet sein sollte.
3. Methoden und Datengrundlagen 3 Materieller Ausgangspunkt sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere die Dauer der jeweiligen Genehmigungsverfahren sowie die Anzahl der (teilweise) abgeschlossenen Vorhaben sein.13 Dabei können Teil- und Zwischenschritte in den Verfahren sowohl quantitativ als auch qualitativ bestimmt werden. So lässt sich quantitativ problemlos ermitteln, welche Vorhaben – gegebenenfalls nach Abschnitten untergliedert14 – bereits zum Abschluss gebracht worden sind, während qualitativ hinsichtlich einzelner Planungs- und Genehmigungsstufen – wie beispielsweise Abschluss der Bundesfachplanung15 – differenziert werden kann.16 Diesen Ansatz verfolgt etwa auch der nunmehr etablierte Controlling-Plan des Bundeswirtschaftsministeriums, welcher nach Vorhaben und Abschnitten sortiert die einzelnen Stände des Verwaltungsverfahrens, den Baubeginn sowie die Inbetriebnahme mit jeweiliger Verantwortlichkeitszuordnung benennt.17 4 Durch eine reine Betrachtung der Erfüllung oder Nicht-Erfüllung von Zeitplänen dürfte allerdings noch keine hinreichende Aussage über Verzögerungsgründe und etwaige Optimierun8 Anzeigeverfahren (§ 43f EnWG), Leerrohre (§ 43j EnWG) und vorzeitiger Baubeginn (§ 44c EnWG). 9 Vgl. BT-Drucks. 19/7375, S. 36. 10 Daran anknüpfend auch bereits die Idee zum wechselseitigen Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern im Bundesfachplanungsberat (siehe auch § 32 NABEG Rn 12). 11 Umgekehrt wird in § 43 f Abs. 5 EnWG ausdrücklich in die Begriffsbestimmungen nach § 3 NABEG verwiesen. Eine zunehmende Verflechtung der planungsrechtlichen Vorschriften beider Gesetze ist unübersehbar. 12 In diesem Zusammenhang sei etwa auch auf das Gesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG) hingewiesen, welches vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie die Fortsetzung der Genehmigungsverfahren unter Einbindung der Öffentlichkeit gewährleisten sollte. Die hier begrenzten Möglichkeiten von NABEG und EnWG (dazu Appel/ Bärenz, EnWZ 2020, S. 152 ff) für eine virtuelle Einbindung wurden – zunächst befristet bis zum 31.12.2022 (§ 7 Abs. 2 PlanSiG) – teilweise aufgeweitet. Die hier gesammelten Erfahrungen durch die Verlagerung auf andere Formate, etwa durch schriftliche Verfahren bzw. Video- anstelle von physischen Präsenz-Veranstaltungen (§ 5 PlanSiG) oder auch digitale Veröffentlichungen im Internet anstelle von Auslegungen vor Ort (§ 3 PlanSiG), können schlechterdings nicht ausgeblendet werden, wenn es um die Frage geht, ob und inwieweit die bestehenden Prozesse für einen erfolgreichen Verfahrensabschluss zielführend sind (vgl. etwa Schink, NWVBl. 2020, S. 441 f). 13 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 14 Vgl. § 5 Abs. 5 NABEG (Abschnittsbildung bei der Bundesfachplanung). 15 §§ 4, 5 u. 12 NABEG. 16 Vgl. auch schon die vorhabenbezogenen Darstellungen auf der Bundesnetzagentur: https://www.netzausbau.de/Vorhaben/uebersicht/liste/liste.html (letzter Abruf: 22.7.2021). 17 Zeitpläne mit Meilensteinen vom 24.5.2019, S. 3 ff https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/tempofuer-den-netzausbau.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (letzter Abruf: 22.7.2021). Karrenstein
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4. Einvernehmen
NABEG § 36
gen mittels weiterer gesetzlicher Anpassungen erreicht werden. Denn Verzögerungen sind in der Regel multikausal und können nicht einem einzelnen Faktor zugeschrieben werden.18 Hier kann der direkte Vergleich der materiell sehr unterschiedlichen Vorhaben zwar helfen, etwaige in einer Vielzahl von Vorhaben auftretenden Verzögerungen zu identifizieren, die tatsächlich auch den gesetzlichen Rahmenbedingungen zugeschrieben werden können.19 Daneben wird aber eine tiefergehende, qualitative Analyse notwendig sein, die sich auf konkrete Erfahrungswerte aus den Verfahren speist und die fristenlastige Darstellung der von reinen Zeitplänen auch inhaltlich aufbereitet. Insofern dürfte die in § 36 Satz 2 beschriebene Unterstützung durch die Bundesnetzagentur gerade nicht nur auf die Monitoring-Daten für die Netzentwicklung gemäß § 12d EnWG beschränkt sein.20 Denn angereichert wird dieses Wissen vor allem um die Erfahrungswerte aus der Praxis der einzelnen Ausbauprojekte bei der konkreten Anwendung der entsprechenden Vorschriften der einzelnen Verfahrensschritte.21 Eine Weitergabe entsprechender Daten und Information zwischen nachgeordneter Behörde und Ministerium ist nicht unüblich und mit § 31 Abs. 3 auch schon in der ursprünglichen Fassung des NABEG enthalten.22 Daneben stellt § 36 Satz 3 klar, dass auch wissenschaftliche Gutachten in Auftrag gegeben 5 werden können, um die Evaluierung zu komplettieren. Ein solches Vorgehen entspräche auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Norm gängiger Praxis.23 Ferner hält der Gesetzgeber es für selbstverständlich, dass auch Informationen der Netzbetreiber24 sowie der Landesgenehmigungsbehörden25 herangezogen werden können.26 Auch hier dürfte es sich um mehr als technische Daten oder Zeitpläne handeln, da bereits das benannte Monitoring der Bundesnetzagentur die EnLAG-Vorhaben der Länder ohnehin mit einschließt.27 Insofern schließt sich hier die Kreis mit der obigen Feststellung, dass die Evaluation sich nicht zwingend auf das NABEG beschränkt, sondern sehr wohl auch weitere energie- und planungsrechtliche Vorschriften im Rahmen einer Gesamtschau mit in den Blick nehmen mag.
4. Einvernehmen Neben den fachlichen Hinweisen von Genehmigungsbehörden und Ländern sowie etwaiger wis- 6 senschaftlicher Unterstützung für die Evaluierung ist jedenfalls auch das Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsministerium sowie dem Bundesumweltministerium herzustellen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Stromnetzausbau verschiedene fachliche Berührpunkte mit den Aufgabenstellungen anderer Ministerien hat. Die Parallelen zum Bau anderer linienhafter Infrastrukturen wie Straßen und Schienen liegent auf der Hand – nicht zufällig wird bei der 18 BMWi: Aktionsplan Stromnetz vom 14.8.2019, S. 3 f (abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/aktionsplan-stromnetz.pdf?__blob=publicationFile&v=8 [letzter Abruf: 24.11.202022.7.2021]). 19 Was genau unter „gesetzliche Rahmenbedingungen“ zu verstehen ist, sogleich Rn. 7. 20 Vgl. insoweit die nahezu gleichlautende Formulierung in § 97 Abs. 3 EEG, auf welche der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 36 NABEG explizit Bezug nimmt (BT-Drucks. 19/7375, S. 83.). 21 Die Bundesnetzagentur ist gemäß § 2 Abs. 2 und § 31 Abs. 2 NABEG i. V. m. § 2 Abs. 2 BBPlG i. V. m. § 1 PlfZV sowohl für die Bundesfachplanung als auch die Planfeststellung zuständige Genehmigungsbehörde für alle ländergrenzüberschreitenden Vorhaben (ausführlich § 1 PlfZV Rn 1 ff). 22 Vgl. § 31 NABEG Rn 15. 23 Vgl. Büllesfeld/Koch, in BeckOK EEG 2017, § 97 Rn 11. 24 Vgl. etwa die Berichtspflichten nach § 5 BBPlG bzw. 12d EnWG, nach denen die Übertragungsnetzbetreiber Erfahrungswerte zur Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Vorhaben, respektive Verzögerungsgründe und Risiken gegenüber der Bundesnetzagentur sowie nach § 5 Abs. 3 BBPlG auf dem Verlangen auch gegenüber dem BMWi darlegen müssen. 25 Vgl. etwa die wechselseitige Informationspflicht im Bundesfachplanungsbeirat nach § 32 Abs. 2 Satz 3 NABEG. 26 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 27 Vgl. die quartalsweise erscheinenden Monitoring-Berichte der BNetzA unter: https://www.netzausbau.de/Vorhaben/uebersicht/report/de.html. 967
Karrenstein
§ 36 NABEG
Evaluierung
Mehrstufigkeit der Genehmigungsverfahren auf eine Grundkonzeption des Straßenrechts zurückgegriffen.28 Zugleich verlaufen auch im sonstigen Infrastrukturgenehmigungsrecht parallele Diskussionen und Entwicklungen zur effizienten und zügigen Realisierung von Vorhaben,29 wobei vermehrt im NABEG angelegte Strukturentscheidungen übernommen werden.30 Gleichzeitig steht der Netzausbau als wesentlicher Baustein der Energiewende im Fokus umweltfachlicher und -rechtlicher Fragen. Übergeordnet sind dies Fragen einer umweltschonenden Energieversorgung. Mit der Berücksichtigung von Arten- und Gebietsschutz in den einzelnen Verfahren werden wiederum die eher regionalen und lokalen Gegenstände des Naturschutzes adressiert.
5. Zeitraum und Veröffentlichung der Evaluierung 7 Für die Evaluierung des Gesetzes ist das Jahr 2022 vorgesehen. So geht der Gesetzgeber davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt hinreichend Erfahrung und zugleich aussagekräftige Ergebnisse aus den Genehmigungsvorhaben vorliegen.31 Der Wortlaut der Norm nennt weder einen fixen Stichtag für den Beginn der Evaluation noch für eine etwaige Veröffentlichung. Dabei spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber dem evaluierenden Wirtschaftsministerium einen großen Handlungsspielraum einräumen wollte. So weist die Gesetzesbegründung auf die Evaluierung der Entwicklung des Ausbaus von EE-Anlagen nach § 97 EEG 2017 hin.32 Diese Vorschrift benennt für die erstmalige Evaluation mit dem 30. Juni 2018 einen ausdrücklichen Stichtag. Dass der Gesetzgeber mit bewusstem Verweis auf die Vorschrift des EEG auf einen entsprechenden Stichtag bei der NABEG-Evaluation verzichtet hat, legt nahe, dass er einen solchen für das NABEG gerade auch nicht gewollt hat. Ferner soll sich – anders als bei dem Erfahrungsbericht nach dem EEG – die Evaluierung nach § 36 NABEG im Kern auf Erkenntnisse aus klar umrissenen Genehmigungsverfahren stützen – hier entspricht es gerade dem Sinn und Zweck der Evaluierung, Ergebnisse aus bestimmten Verfahrensschritten gegebenenfalls noch abzuwarten, um eine möglichst umfassende Gesamtschau zu erhalten.33 Insofern erscheint es noch nicht einmal zwingend, dass der Evaluationsbericht noch in 2022 abgeschlossen werden muss. Sofern es der Qualität der Erkenntnisse zuträglich ist, dürfte eine Finalisierung und etwaige Veröffentlichung auch im Folgejahr noch im Einklang mit der Norm stehen. 8 Aufgrund des ausdrücklichen gesetzgeberischen Auftrages liegt es nahe, dass die Evaluation allgemein zu veröffentlichen ist und es sich nicht um bloßes Internum der Verwaltung handelt. Jedenfalls die Legislative ist über die Ergebnisse in Kenntnis zu setzen. Daneben ist ex ante aber auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Ergebnisse nicht öffentlich gemacht werden können. Damit einher geht die – wohl eher hypothetische – Frage, was bei Untätigkeit des Ministeriums unternommen, sprich ob eine Evaluation erzwungen werden kann. Für den entsprechend strukturierten Erfahrungsbericht nach § 97 EEG wird die Möglichkeit eines Organstreitverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht in Betracht gezogen; jedenfalls ein Anspruch privater Dritter aber richtigerweise als unzulässig mangels Klagebefugnis abgelehnt.34
28 BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 – 4 VR 2.20, EnWZ 2021, 279, 280; Durner, in: Durner (Hrsg.): Das straßenrechtliche Nutzungsregime im Umbruch – Aktuelle Fragen des Planungsrechts, bast 81, 2012 S. 31, 32. 29 Vgl. etwa das Themenheft ZUR 1/2021 zu „Energiewende, Verkehrswende: sektorale oder integrative räumliche Steuerung“; auch Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, S. 195; sowie auch schon der Abschlussbericht des Innovationsforums Planungsbeschleunigung vom 24.5.2017. 30 Vgl. Stüer, DVBl. 2019, 351, 355. 31 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 32 BT-Drucks. 19/7375, S. 83. 33 So stehen bisherige Untersuchungen zur Beschleunigungswirkung des NABEG vor der Herausforderung, dass diese nur auf Erkenntnisse aus noch nicht abgeschlossenen Vorhaben zurückgreifen konnten (Vgl. Hitschfeld/Eichenseer/Göge/Holznagel/Kaufmann, in: BNetzA Tagungsband Wissenschaftsdialog 2018, 8, 9 u 11 ff. 34 Büllesfeld/Koch, in BeckOK EEG 2017, § 97 Rn 12 f. Karrenstein
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Teil 5 BBPG Gesetz über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) Bundesbedarfsplangesetz vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2543; 2014 I S. 148, 271), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 298) geändert worden ist
§ 1 Gegenstand des Bundesbedarfsplans (1) Für die in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten Vorhaben, die der Anpassung, Entwicklung und dem Ausbau der Übertragungsnetze zur Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, zur Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der Europäischen Union, zum Anschluss neuer Kraftwerke oder zur Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz dienen, werden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs als Bundesbedarfsplan gemäß § 12e des Energiewirtschaftsgesetzes festgestellt. Die Realisierung dieser Vorhaben ist aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich. (2) Zu den Vorhaben nach Absatz 1 gehören auch die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen einschließlich der notwendigen Änderungen an den Netzverknüpfungspunkten. Die Vorhaben beginnen und enden jeweils an den Netzverknüpfungspunkten.
I. Gesetzliche Bedarfsfeststellung (Abs. 1) Der nach § 12e Abs. 4 EnWG als Bundesgesetz zu erlassende Bundesbedarfsplan verknüpft 1 die Bedarfsplanung (§§ 12a ff EnWG) mit den nachfolgenden trassenbezogenen Planungsstufen auf unterschiedliche Weise. Einerseits sind alle im Bundesbedarfsplan enthaltenen Maßnahmen für den Übertragungsnetzausbau erforderlich.1 Daher ist mit der Aufnahme eines Vorhabens in den Bundesbedarfsplan eine gesetzliche Bedarfsfeststellung verbunden (Abs. 1 Satz 1). Mit diesem für die angestrebte Beschleunigung des Netzausbaus zentralen Instrument wird sowohl für die dem NABEG unterliegenden als auch für die in Länderzuständigkeit nach §§ 43 ff EnWG zuzulassenden Vorhaben die Prüfungsstufe der Planrechtfertigung abgeschichtet (Rn 4). Darüber hinaus enthält der Bundesbedarfsplan Vorgaben für eine Differenzierung zwischen einzelnen oder Gruppen von Vorhaben, wobei der Gesetzgeber auf die Möglichkeit zur Kennzeichnung von Vorhaben im Bundesbedarfsplan (§ 2) zurückgreift. Durch § 12e Abs. 2 Satz 1 EnWG gesetzlich vorgeschrieben ist vor allem die Kennzeichnung länderübergreifender und grenzüberschreitender Vorhaben. Mit der entsprechenden Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan („A1“ und „A2“) wird der Anwendungsbereich des NABEG von der Zulassung nach §§ 43 ff EnWG abgegrenzt.2 Auch hierbei ist das Beschleunigungsziel entscheidend: Zusätzlich zur gesetzlichen Bedarfsfeststellung soll ein besonderes Zulassungssystem den spezifischen Problemen bei länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben Rechnung tragen, indem vor allem der erhöhte Koordinierungsaufwand für diese Vorhabengruppen durch eine einheitliche Bundeszuständigkeit vermieden wird.3 Im Zuge der Novellierungen des BBPlG hat die Zahl weiterer Kennzeichnungsmöglichkeiten für die im Bundesbedarfsplan enthaltenen Vor1 Kment/Posser § 12e Rn 23. 2 Kment/Posser § 12e Rn 24 f, 39; Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 512 f; Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 20; Säcker/Appel § 2 BBPlG Rn 10 ff.
3 Steinbach, DÖV 2013, 921, 922; Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 23 f; Franke/Recht, ZUR 2021, 15, 18 f. 969 https://doi.org/10.1515/9783110670516-083
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I. Gesetzliche Bedarfsfeststellung (Abs. 1)
haben beständig zugenommen. Der Gesetzgeber nimmt damit unmittelbar oder durch Ermächtigung an die Behörde auf die Realisierung konkreter Vorhaben des Bundesbedarfsplans nachhaltigen Einfluss (vgl. § 2 Rn 1 f). Der Bundesbedarfsplan wird mit den vorausgehenden Schritten der Bedarfsplanung (Szenariorahmen, Netzentwicklungsplan) dadurch verknüpft, dass der Entwurf des Bundesbedarfsplans aus dem Netzentwicklungsplan zu entwickeln ist.4 Dementsprechend übermittelt die Regulierungsbehörde den Netzentwicklungsplan mindestens alle vier Jahre der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan (§ 12e Abs. 1 EnWG). Mit dem hierauf beruhenden Gesetzentwurf für das Bundesbedarfsplangesetz, den die Bundesregierung dem Bundesgesetzgeber mindestens alle vier Jahre vorlegt (§ 12e Abs. 1 Satz 2 EnWG), wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, seine Entscheidung über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf für die Vorhaben des Bundesbedarfsplans auf der Grundlage eines umfassend aufbereiteten Analyse der Ausbauerfordernisse zu treffen.5 Da für die Netzentwicklungsplanung ein Zwei-Jahres-Rhythmus gilt (§ 12a Abs. 1 Satz 1, § 12b Abs. 1 Satz 1 EnWG), führt nicht jede Genehmigung eines neuen Netzentwicklungsplans zur Vorlage des Entwurfs eines neuen Bundesbedarfsplans. Der Gesetzgeber kann Erfordernisse zur Änderung des Bundesbedarfsplans, die sich zwischenzeitlich aus einem neuen Netzentwicklungsplan oder aus anderen Gründen ergeben, von sich aus jederzeit aufgreifen (vgl. § 12e EnWG Rn 30).6 Die Regulierungsbehörde hat außerhalb des Vier-Jahres-Rhythmus von sich aus nur einen wesentlich geänderten Netzentwicklungsplan als Entwurf für einen neuen Bundesbedarfsplan vorzulegen (§ 12e Abs. 1 Satz 3 EnWG). Mit Erlass des Bundesbedarfsplans durch den Bundesgesetzgeber wird für die darin enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt (§ 12e Abs. 4 EnWG). Abs. 1 enthält die gesetzliche Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit und des vordringlichen Bedarfs für die im Bundesbedarfsplan – der dem Gesetz als Anlage beigefügt ist – aufgeführten Vorhaben. Die gesetzliche Bedarfsfeststellung entfaltet Bindungswirkung für den Übertragungsnetzbetreiber, für die Behörde in den nachfolgenden Zulassungsverfahren sowie bei der fachgerichtlichen Kontrolle (vgl. hierzu eingehend § 12e EnWG Rn 20 ff). Insbesondere wird die Prüfungsstufe der Planrechtfertigung im Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren verbindlich abgeschichtet (vgl. § 18 NABEG Rn 68 ff). Die Kriterien für die Auswahl der in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben werden in Abs. 1 übereinstimmend mit § 1 Abs. 1 EnLAG umschrieben. Danach enthält der Bundesbedarfsplan Vorhaben, die der Anpassung, Entwicklung und dem Ausbau der Übertragungsnetze zur Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, zur Interoperabilität der Elektrizitätsnetze innerhalb der Europäischen Union, zum Anschluss neuer Kraftwerke oder zur Vermeidung struktureller Engpässe im Übertragungsnetz dienen.7 Damit sind die hauptsächlichen Gründe für die Ausbauerfordernisse im Übertragungsnetz angesprochen. Sie ergeben sich aus der Notwendigkeit, das Netz an die durch den verstärkten Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien einerseits und die vorgezogene Stilllegung von Kernkraftwerken andererseits veränderten Erzeugungsstrukturen anzupassen, sowie dem Ziel, den Stromaustausch innerhalb der Europäischen Union durch den Ausbau der transeuropäischen Netze zu fördern. Die Konkretisierung dieser Ziele erfolgt für die Vorhaben des Bundesbedarfsplans zunächst durch die Netzentwicklungsplanung (§§ 12a ff. EnWG),8 die in
4 Kment/Posser § 12e Rn 22; Säcker/Appel vor § 1 BBPlG Rn 5, § 1 BBPlG Rn 14 f; Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 18; Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 519. Vgl. BVerfG, 17.7.1996, 2 BvF 2/92, BVerfGE 95, 1, 24 f. Kment/Posser § 12e Rn 13 Fn. 33, Rn 19; Appel, UPR 2011, 406, 408. BT-Drucks. 17/12638, S. 16. BT-Drucks. 17/12638, S. 16.
5 6 7 8
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II. Betriebsnotwendige Anlagen (Abs. 2 Satz 1)
BBPIG § 1
einem mehrstufigen Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit die Ausbauerfordernisse im Übertragungsnetz ermittelt (vgl. Einl. Rn 72 ff).
II. Betriebsnotwendige Anlagen (Abs. 2 Satz 1) Die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen einschließlich der notwen- 6 digen Änderungen an den Netzverknüpfungspunkten gehören nach Abs. 2 Satz 1 zu den Vorhaben des Bundesbedarfsplans; § 1 Abs. 4 EnLAG enthält eine entsprechende Regelung. Zweck der Regelung ist die Erstreckung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auf die betriebsnotwendigen Nebenanlagen,9 die vielfach energierechtsexternen Genehmigungserfordernissen (insbesondere nach dem Bau- oder Immissionsschutzrecht) unterliegen. § 43 Satz 3 EnWG und § 18 Abs. 2 NABEG räumen dem Netzbetreiber ein Wahlrecht ein, ob Nebenanlagen im fachgesetzlich geregelten Verfahren zugelassen oder auf seinen Antrag in das Planfeststellungsverfahren zur Zulassung der Energieleitung integriert werden sollen. Entscheidet sich der Vorhabenträger für eine Einbeziehung in das Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren, erstreckt sich die Planrechtfertigung auf das Gesamtvorhaben einschließlich der einbezogenen Nebenanlagen; das gilt auch dann, wenn die fachgesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Nebenanlage keine Planrechtfertigung verlangen.10 Als Nebenanlagen, auf die sich die gesetzliche Bedarfsfeststellung erstreckt, kommen insbe- 7 sondere die zur Umspannung und Verteilung erforderlichen Anlagen (Umspannwerke11, Transformatoren, Schaltanlagen), bei Gleichstromleitungen auch Konverterstationen12, ferner Betriebsgebäude und Zufahrten in Betracht. Vor allem Umspannanlagen oder Schaltanlagen ohne Umspannfunktion als wesentliche Bestandteile eines Netzverknüpfungspunktes sind diesem nicht nur funktional, sondern auch räumlich zugeordnet. Für andere Nebenanlagen ist dies jedoch nicht zwingend. Der Gesetzgeber ist, wie § 3 Abs. 6 zeigt, davon ausgegangen, dass betriebsnotwendige Nebenanlagen auch in größerer Entfernung vom Netzverknüpfungspunkt errichtet werden können.13 Praktisch bedeutsam ist das vor allem für Konverteranlagen, deren Betrieb auch bei einer Entfernung von einigen Kilometern zum Netzverknüpfungspunkt technisch möglich ist.14 Eine abschließende Entscheidung über den Standort wird dann zwar erst auf der Ebene der Vorhabenzulassung getroffen;15 wegen der funktionalen Zuordnung zu dem im Bundesbedarfsplan enthaltenen Leitungsbauvorhaben nimmt die Nebenanlage aber an der gesetzlichen Bedarfsfeststellung teil (Rn 6). Durch Abs. 2 Satz 1 in die gesetzliche Bedarfsfeststellung einbezogen werden auch die not- 8 wendigen Änderungen an den Netzverknüpfungspunkten. Eine solche Notwendigkeit kann sich daraus ergeben, dass Anfangs- oder Endpunkt eines Vorhabens nicht ein vorhandener Netzverknüpfungspunkt sein muss, der unverändert für die Verbindung des Netzes mit der im Bedarfsplan enthaltenen Leitung genutzt werden kann. Die Anbindung der neuen Leitung kann etwa Verstärkungsmaßnahmen erfordern, die auch eine räumliche Veränderung bedingen können. Die Bezeichnung der Anfangs- und Endpunkte lässt Raum für solche Änderungen, sofern
9 BT-Drucks. 17/12638, S. 16. 10 Säcker/Naujoks § 18 NABEG Rn 34. 11 BT-Drucks. 17/12638, S. 16; in § 18 Abs. 2 NABEG werden Umspannanlagen ausdrücklich als betriebsnotwendige Nebenanlagen erwähnt, vgl. Säcker/Naujoks § 18 NABEG Rn 23; de Witt/Scheuten § 18 Rn 81. 12 BT-Drucks. 18/5581, S. 12. 13 BT-Drucks. 17/13258, S. 19; 18/5581, S. 12. 14 Säcker/Appel vor § 1 BBPlG Rn 31; Schink/Versteyl/Dippel/Schink § 5 Rn 82 ff; Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 39 f. 15 In Betracht kommt praktisch nur das Planfeststellungsverfahren; zu Regelungserfordernissen in der Bundesfachplanung (insbesondere für die Stichleitung) Schink/Versteyl/Dippel/Schink § 5 Rn 82 ff. 971
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III. Netzverknüpfungspunkte (Abs. 2 Satz 2)
sie sich in den Grenzen von Modifikationen und Konkretisierungen halten.16 Bestätigt sich bei der Prüfung im weiteren Zulassungsverfahren die Notwendigkeit solcher Änderungen, werden sie von der gesetzlichen Bedarfsfeststellung umfasst.
III. Netzverknüpfungspunkte (Abs. 2 Satz 2) 9 Die Vorhaben werden im Bundesbedarfsplan durch die Angabe von Netzverknüpfungspunkten bestimmt. Damit werden nach Abs. 2 Satz 2 die Anfangs- und Endpunkte der Vorhaben verbindlich definiert.17 Sie geben den räumlichen Rahmen für die Beurteilung der Erforderlichkeit eines Leitungsbauvorhabens vor; insbesondere ergibt sich daraus für die nachfolgenden Planungs- und Zulassungsverfahren der Umfang der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Allerdings wird im Bundesbedarfsplan zwar überwiegend, aber nicht nur auf bereits bestehende, sondern auch auf solche Netzverknüpfungspunkte Bezug genommen, die erweitert oder neu errichtet werden sollen. Der konkrete Standort von Anlagen und Betriebseinrichtungen wird in diesen Fällen erst in den nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsverfahren bestimmt.18 Die Entscheidung für den vorzugswürdigen Standort kann sich in der Regel insbesondere auf den Netzentwicklungsplan stützen, den die Bundesnetzagentur der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan übermittelt und den diese dem Bundesgesetzgeber als „Material“ für die politische Entscheidung über den Bedarfsplan vorgelegt hat (§ 12e Abs. 1 EnWG). 10 Die durch eine nicht standortscharfe Angabe der Netzverknüpfungspunkte im Bundesbedarfsplan eröffneten Spielräume für die Bestimmung der Standorte sind nur in den Grenzen von Modifikationen und Konkretisierungen eröffnet.19 Diese Grenze ist überschritten, wenn die Identität des Vorhabens bei formaler Sichtweise nicht mehr gewahrt ist.20 Dies ist etwa der Fall, wenn die Länge eines Leitungsbauvorhabens durch eine mehr als geringfügige Verschiebung des Anfangspunktes verkürzt wird.21 Das so veränderte Vorhaben ist nicht mehr Bestandteil des Bundesbedarfsplans, so dass insbesondere die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts entfallen.22
16 17 18 19
BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 4. BT-Drucks. 17/12638, S. 16. – BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 4. BT-Drucks. 17/12638, S. 16. – Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 41 ff. Für die Verbindlichkeit standortscharfer Festlegungen und eine enge Begrenzung der Spielräume für die Standortbestimmung bei noch nicht vorhandenen Netzverknüpfungspunkten spricht insbesondere, dass Vorschläge, die Verlagerung von Netzverknüpfungspunkten durch die Behörde zu ermöglichen, sowohl bei Erlass des BBPlG als auch bei der Novellierung 2015 vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen worden sind (hierzu eingehend Säcker/Appel vor § 1 BBPlG Rn 30 ff; Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 45 ff). 20 BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 5, 8; ähnlich Kment, Flexibilisierung von Netzverknüpfungspunkten, S. 50. 21 BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 3, 5. 22 BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 3, 5 ff, 8. Franke
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§ 2 Gekennzeichnete Vorhaben (1) Die im Bundesbedarfsplan mit „A1“ gekennzeichneten Vorhaben sind länderübergreifend im Sinne von § 2 Absatz 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz. Die im Bundesbedarfsplan mit „A2“ gekennzeichneten Vorhaben sind grenzüberschreitend im Sinne von § 2 Absatz 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz. (2) Die im Bundesbedarfsplan mit „B“ gekennzeichneten Vorhaben können als Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen nach § 12b Absatz 1 Satz 4 Nummer 3 Buchstabe a des Energiewirtschaftsgesetzes errichtet und betrieben werden. (3) Die im Bundesbedarfsplan mit „C“ gekennzeichneten Vorhaben sind Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land im Sinne von § 2 Absatz 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (Offshore-Anbindungsleitungen). Sie werden im Küstenmeer als Seekabel und landeinwärts bis zu den im Bundesbedarfsplan festgelegten Netzverknüpfungspunkten als Freileitung oder Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert. (4) Die im Bundesbedarfsplan mit „D“ gekennzeichneten Vorhaben sind als Pilotprojekte für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen nach § 12b Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 Buchstabe b des Energiewirtschaftsgesetzes zu errichten und zu betreiben oder zu ändern. Die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen bei Vorhaben des Bundesbedarfsplans, die nicht unter Satz 1 fallen, genehmigen, soweit dies technisch und wirtschaftlich effizient ist. (5) Die im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten Vorhaben zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung sind nach Maßgabe des § 3 als Erdkabel zu errichten und zu betreiben oder zu ändern. (6) Die im Bundesbedarfsplan mit „F“ gekennzeichneten Vorhaben zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung können als Pilotprojekte nach Maßgabe des § 4 als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden. (7) Bei der Zulassung der im Bundesbedarfsplan mit „G“ gekennzeichneten Vorhaben oder Einzelmaßnahmen ist nach § 5a Absatz 4 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz aufgrund ihrer besonderen Eilbedürftigkeit auf eine Bundesfachplanung zu verzichten. (8) Bei den im Bundesbedarfsplan mit „H“ gekennzeichneten Vorhaben stehen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf für Leerrohre fest, die nach Maßgabe des § 18 Absatz 3 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz zugelassen werden.
Übersicht I.
Allgemeines
II. 1.
3 Kennzeichnungen Länder- und grenzüberschreitende Vorhaben 3 (Abs. 1) Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung 4 hoher Leistungen (Abs. 2) 5 Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 3)
2. 3.
1
973 https://doi.org/10.1515/9783110670516-084
4. 5. 6. 7. III.
Pilotprojekte für den Einsatz von Hochtempera6 turleiterseilen (Abs. 4) 7 Erdkabel (Abs. 5 und 6) 8 Verzicht auf Bundesfachplanung (Abs. 7) 11 Leerrohre (Abs. 8) Umsetzung in Planungs- und Zulassungsverfah13 ren
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§ 2 BBPIG
I. Allgemeines
I. Allgemeines 1 Der Vorhabenkatalog des Bundesbedarfsplans dient nicht nur der gesetzlichen Bedarfsfeststellung (§ 1), sondern bietet auch die Möglichkeit zur Kennzeichnung von bestimmten Vorhaben, für die in den Vorschriften über die energiewirtschaftliche Bedarfsplanung (§§ 12a ff. EnWG) besondere Kennzeichnungs- oder Angabepflichten vorgesehen sind. Diese Kennzeichnung ermöglicht die Bildung von Vorhabenkategorien, auf die in anderen gesetzlichen Vorschriften Bezug genommen werden kann, ohne dass eine nochmalige inhaltliche Umschreibung erforderlich wird. Inzwischen gehen die Rechtsfolgen der Vorhabenkennzeichnung im Bundesbedarfsplan zunehmend über diese lediglich regelungstechnische Funktion hinaus und beinhalten auch abschließende materielle Vorgaben für die Vorhabenausführung;1 insoweit werden Fragen, über die bisher in den nachfolgenden Planungs- und Zulassungsverfahren entschieden wurde,2 nunmehr auf der Ebene des Bundesbedarfsplans abschließend geregelt. Das gilt vor allem für die Kennzeichnung von Vorhaben als Pilotprojekte für eine bestimmte Übertragungstechnik. Schon seit dem erstmaligen Erlass des BBPlG verpflichtete die entsprechende Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan unmittelbar zu einer Ausführung eines Vorhabens als Pilotprojekt für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (Abs. 4 Satz 1).3 Bei der Novellierung des BBPlG 2015 sind dann insbesondere die materiell-rechtlichen Vorgaben für die Verkabelung von Gleichstrom- und Drehstromübertragungsleitungen erweitert worden, so dass für die Regelung der Rechtsfolgen der Vorhabenkennzeichnung eigene Vorschriften erforderlich wurden (§§ 3, 4), die vor allem für die Verkabelung von Gleichstromübertragungsleitungen abschließende Vorgaben wie ein absolutes Freileitungsverbot bei Siedlungsannäherung (§ 3 Abs. 4) enthalten. Mit dem 2019 in Kraft getretenen Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus sind schließlich Kennzeichnungen für Vorhaben eingeführt worden, bei denen auf die Bundesfachplanung verzichtet (Abs. 7 [Rn 8 ff.]) und der Bedarf für die Mitverlegung von Leerrohren (Abs. 8 [Rn 11 f.]) festgestellt wird.4 2 Damit beginnt sich auf der Ebene des Bundesbedarfsplans ein System verfahrensmäßiger und materieller gesetzlicher Zulassungsvorgaben für konkrete, durch Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan bestimmte Vorhaben zu entwickeln. Der Gesetzgeber trifft hierbei für das Zulassungsverfahren oder für einzelne Zulassungsvoraussetzungen vorhabenscharfe Letztentscheidungen, durch die der Prüfstoff für das behördliche Verfahren verbindlich abgeschichtet wird. Dass der Gesetzgeber verbindliche Vorgaben für die planerische Abwägung machen kann, ist allgemein anerkannt;5 beim BBPlG besteht die Besonderheit darin, dass dies für konkrete Einzelvorhaben erfolgt. Insofern übernimmt das Zulassungssystem für den Übertragungsnetzausbau zunehmend Elemente des Modells der Legalplanung,6 das, anknüpfend an die früheren „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“,7 zur Beschleunigung des Verkehrswegebaus genutzt werden soll.8 1 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 802, Rubel, DVBI. 2017, 585, 594 f – Der Bedarfsplan nach dem EnLAG kennt keine Kennzeichnungen, gibt aber bei jedem Vorhaben an, ob es sich um einen Neubau, eine Neubeseilung oder eine Umrüstung auf eine andere Spannungsebene handelt. Diese Angaben übernehmen eine ähnliche Funktion wie die Kennzeichnungen im BBPlG. Sie stellen verbindliche gesetzliche Vorgaben für die weitere Vorhabenplanung und –zulassung dar. Auch Einwendungen Dritter, dass etwa ein Vorhaben als Neubau nicht erforderlich sei, sind damit ausgeschlossen (BVerwG, 18.7.2013, 7 A 4/12, BVerwGE 147, 184 Rn 39; 21.1.2016, 4 A 5/14, BVerwGE 154, 73 Rn 52 f; 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 5). 2 Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 515 ff. 3 Kment/Posser § 12e Rn 34; Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 517. 4 Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 196 f; Holznagel, ZUR 2020, 515, 518. 5 BVerwG, 28.2.2013, 7 VR 13.12, ER 2013, 119 Rn 27; Ziekow in Ders., Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Kap. Rn 5 f; Steinberg/Wickel/Müller, Fachplanung, § 3 Rn 11 ff. 6 Bruus, Bedarfsplanung durch Gesetz, S. 135. 7 Ronellenfitsch, in Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland (Speyerer Forschungsberichte 105), 107, 181 ff; Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz § 9 VwVfG Rn 95 ff. 8 Ziekow, Vorhabenplanung durch Gesetz, S. 14 ff. Franke
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2. Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen (Abs. 2)
BBPIG § 2
Gleichwohl bestehen grundsätzliche Unterschiede zwischen beiden Modellen: Die verfahrensbezogenen Letztentscheidungen des Gesetzgebers beim Energieleitungsausbau zielen auf Verfahrensvereinfachungen für einzelne Vorhaben, aber gerade nicht auf eine Übernahme der Zulassungsentscheidung durch den Gesetzgeber. Daher ist beim Netzausbau auch kein vorbereitendes Verfahren vor Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zur Legalplanung von Einzelvorhaben erforderlich.9 So bleiben beim gesetzlich angeordneten Verzicht auf die Bundesfachplanung (Abs. 7) die verfahrensbezogenen und materiellen Prüfpflichten der Behörde unberührt, konzentrieren sich bei der einstufigen Zulassung aber auf die Planfeststellung.10 Soweit schließlich beim Energieleitungsbau über das Vorliegen materieller Zulassungsvoraussetzungen im Einzelfall abschließend durch den Gesetzgeber entschieden wird – das gilt insbesondere für die gesetzlichen Bedarfsfeststellungen für das Vorhaben selbst (§ 12e Abs. 1 EnWG, § 1 Abs. 1 BBPlG) und für die Mitverlegung von Leerrohren (Abs. 8) –, werden nur einzelne Prüfungsgesichtspunkte mit Bindungswirkung für das nachfolgende Verfahren abgeschichtet. Der Grundsatz, dass die Behörde über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen zu entscheiden hat, bleibt also unberührt; in welchem Umfang er insgesamt eingeschränkt wird, hängt von Zahl und Gewicht der durch den Gesetzgeber abschließend entschiedenen Prüfungsgesichtspunkte ab.
II. Kennzeichnungen 1. Länder- und grenzüberschreitende Vorhaben (Abs. 1) Die Kennzeichnung länder- und grenzüberschreitender Vorhaben (A1, A2) ist in § 12e Abs. 2 3 EnWG bereits für den Netzentwicklungsplan vorgeschrieben, den die Bundesnetzagentur der Bundesregierung als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan zu übermitteln hat. Eine entsprechende Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan ist erforderlich, weil hierdurch nach § 2 Abs. 1 NABEG der Anwendungsbereich des NABEG eröffnet11 sowie nach § 1 Nr. 1 und 2 PlfZV die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff. NABEG begründet wird. Länderübergreifend sind Vorhaben, deren Trasse voraussichtlich wenigstens eine Landesgrenze überquert,12 wobei auf das durch Anfangs- und Endpunkt definierte Vorhaben (§ 1 Abs. 2 Satz 2) und nicht auf Teilabschnitte abzustellen ist.13 Grenzüberschreitend sind Vorhaben, die über die Außengrenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausreichen,14 wobei Abs. 3 für Offshore-Anbindungsleitungen eine besondere Kennzeichnung vorsieht.
2. Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen (Abs. 2) § 12b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 Buchst. a verpflichtet die Übertragungsnetzbetreiber, dass im Entwurf 4 des Netzentwicklungsplans Netzausbaumaßnahmen als Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen (HGÜ-Technologie) mit Blick auf ihre tech9 Vgl. §§ 4 ff Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG); Ziekow, Vorhabenplanung durch Gesetz, S. 79 ff – Ein Antrag, Maßnahmengesetze auch für Vorhaben des Stromnetzausbaus zu erlassen (BR-Drucks. 579/1/19, S. 9-15), hat im Bundesrat keine Mehrheit gefunden. Bei Verabschiedung der Novelle zum BBPlG 2021 hat der Deutsche Bundestag jedoch die Bundesregierung um Prüfung gebeten, ob Maßnahmengesetze ein geeignetes Mittel sein könnten, um den Stromnetzausbau zu beschleunigen (BT-Drucks. 19/26241, S. 4). 10 BT-Drucks. 19/7375, 71 f; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1436. 11 Zur Frage, ob die entsprechende Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan konstitutiv ist, bejahend Säcker/Appel § 1 NABEG Rn 8; a. A. de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Scheuten § 4 Rn 33. 12 Kment/Posser § 12e Rn 25; Säcker/Appel § 1 NABEG Rn 6; de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Scheuten § 2 Rn 17. 13 Säcker/Appel § 1 NABEG Rn 9. 14 Kment/Posser § 12e Rn 25; Säcker/Appel § 1 NABEG Rn 6; eine (nach dem Gesetzeswortlaut nicht notwendige) Verbindung zu einem Nachbarstaat verlangen de Witt/Scheuten/Wolfshohl/Scheuten § 2 Rn 18. 975
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§ 2 BBPIG
II. Kennzeichnungen
nischen Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet und ggf. bei der Netzausbauplanung berücksichtigt werden.15 Die Kennzeichnung dieser Projekte im Bundesbedarfsplan (B) hat keinen verpflichtenden Charakter, sondern eröffnet die Möglichkeit zur Ausführung als HGÜLeitung.
3. Offshore-Anbindungsleitungen (Abs. 3) 5 Die Kennzeichnung von Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land im Bundesbedarfsplan (C) ist erforderlich, weil hierdurch nach § 2 Abs. 1 NABEG der Anwendungsbereich des NABEG eröffnet wird. Derzeit enthält der Bundesbedarfsplan keine entsprechend gekennzeichneten Vorhaben.16 Im Übrigen ist der Anwendungsbereich des NABEG auf Leitungsabschnitte beschränkt, die im Küstenmeer und an Land verlaufen (§ 2 Abs. 5 NABEG).
4. Pilotprojekte für den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (Abs. 4) 6 § 12b Absatz 1 Satz 4 Nummer 3 Buchst. b17 verpflichtet die Übertragungsnetzbetreiber, dass im Entwurf des Netzentwicklungsplans der Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (HTLS-Technologie) als Pilotprojekt mit Blick auf seine technische Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet und ggf. bei der Netzausbauplanung berücksichtigt wird. Die Kennzeichnung im Bundesbedarfsplan (D) hat – anders als die Parallelvorschrift für HGÜ-Pilotprojekte (Abs. 2) – verpflichtenden Charakter,18 weil im vorlaufenden Verfahren der Netzentwicklungsplanung eine Prüfung der technischen Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit durch den betroffenen Übertragungsnetzbetreiber bereits erfolgt war.19 Für nicht gekennzeichnete Vorhaben ist der Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen mit Genehmigung der für die Vorhabenzulassung zuständigen Behörde möglich.
5. Erdkabel (Abs. 5 und 6) 7 Die Verkabelung von Gleich- und Drehstromübertragungsleitungen ist bei der Novellierung des BBPlG 2015 umfassend neu geregelt worden. Dabei sind die Rahmenbedingungen für die Ausführung als Erdkabel jeweils in eigenen Vorschriften – § 3 für Gleichstromleitungen und § 4 für Drehstromleitungen – enthalten. Die Kennzeichnungen im Bundesbedarfsplan (E, F) verweisen auf diese Vorschriften, die in erheblichem Umfang materielle Vorgaben für die Vorhabenausführung mit teilweise abschließendem Charakter enthalten. Das gilt insbesondere für die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausführung von Gleichstromübertragungsleitungen als Erdkabel und das absolute Freileitungsverbot im Gleichstrombereich bei Siedlungsannäherung (vgl. § 3 Rn 5 alt).
15 BT-Drucks. 17/6072, S. 68; 17/12638, S. 17. 16 BR-Drucks. 333/13, S. 6. 17 Durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1786) ist in § 12b Abs. 1 EnWG vor dem bisherigen Satz 3 ein zusätzlicher Satz eingefügt worden. Die Verschiebung der Folgesätze ist bei der Bezugnahme in § 2 BBPlG seit 2021 in Abs. 2 berücksichtigt; eine Korrektur des Redaktionsversehens in Abs. 4 ist unterblieben. 18 BT-Drucks. 17/12638, S. 17; Kment/Posser § 12e Rn 34; Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 517. 19 BT-Drucks. 17/12638, S. 17. Franke
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7. Leerrohre (Abs. 8)
BBPIG § 2
6. Verzicht auf Bundesfachplanung (Abs. 7) § 5a NABEG ermöglicht seit 2019 den Verzicht auf die Bundesfachplanung bei Vorhaben mit 8 begrenzten Umweltauswirkungen. Erfasst sind vor allem Fallgruppen, für die bisher ein vereinfachtes Verfahren möglich war. Da wegen des engen Bezugs zu einer Bestandstrasse oder wegen des Verlaufs in einem bereits geprüften Trassenkorridor bei diesen Vorhaben für eine Abschichtung von Prüfstoff in substantiellem Umfang vielfach kein Raum ist, hat der Gesetzgeber sich dafür entschieden, die Möglichkeit eines einstufigen Zulassungsverfahrens durch Verzicht auf die Bundesfachplanung zu eröffnen.20 Die Entscheidung über einen Verzicht trifft grundsätzlich die Behörde (§ 5 Abs. 3 NABEG), die hierbei nach dem Gewicht der Umweltauswirkungen, mit denen die Vorhaben der jeweiligen Fallgruppe typischerweise verbunden sind, abgestuften Bindungen durch eine Soll-Vorschrift (§ 5a Abs. 1 NABEG) oder die allgemeinen Anforderungen an die behördliche Ermessensausübung (§ 5a Abs. 2 NABEG) unterliegt.21 Abs. 7 betrifft Vorhaben, für die über den Verzicht auf die Bundesfachplanung nicht durch die Behörde, sondern durch den Gesetzgeber selbst entschieden wird (§ 5a Abs. 4 NABEG); dies geschieht durch die neu eingeführte Kennzeichnung mit „G“ im Bundesbedarfsplan. Die gesetzgeberische Entscheidung, dass auf die Bundesfachplanung verzichtet wird, setzt 9 besondere Eilbedürftigkeit voraus (§ 5a Abs. 4 Satz 1 NABEG). Das ist der Fall, wenn der zur Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebs erforderliche Zeitpunkt der Inbetriebnahme voraussichtlich nur eingehalten werden kann, wenn auf die Bundesfachplanung verzichtet wird.22 Für die gesetzgeberische Beurteilung der Eilbedürftigkeit und die – mit Blick auf die Eignung für eine einstufige Zulassung bedeutsame – Einschätzung der Komplexität der einzelnen Vorhaben sind Informationen erforderlich, die mit dem nach § 12 Abs. 1 EnWG als Grundlage für einen Bundesbedarfsplan vorzulegenden Netzentwicklungsplan und dem Umweltbericht (§ 12c Abs. 2 u. 3 EnWG) für das Gesetzgebungsverfahren bereitgestellt werden.23 Insbesondere muss der Netzentwicklungsplan die Vorhaben enthalten, deren Realisierung in dem Betrachtungszeitraum, der dem Szenariorahmen zugrunde gelegt worden ist, zur Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebs erforderlich ist (§ 12b Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 EnWG), und die Vorhaben bezeichnen, die vorrangig innerhalb von drei Jahren verwirklicht werden müssen (§ 12b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EnWG). Im Bundesbedarfsplan war vor 2021 mit „G“ nur das Vorhaben 20 (Maßnahme Grafenrhein- 10 feld – Kupferzell) gekennzeichnet, das als Zu- bzw. Umbeseilung (§ 5a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NABEG) und mit einer im Netzentwicklungsplan für 2022 vorgesehenen Inbetriebnahme für einen Verzicht auf die Bundesfachplanung ersichtlich in Betracht kam.24 Für weitere Vorhaben hat der Gesetzgeber bei Einführung der Kennzeichnung abgesehen, weil die Verfahren der Bundesfachplanung bereits eingeleitet waren und ein Verzicht in diesem Verfahrensstadium zu Verzögerungen geführt hätte.25 Inzwischen ist im geltenden Bundesbedarfsplan für eine Reihe von weiteren Maßnahmen der Verzicht auf die Bundesfachplanung festgelegt worden (Vorhaben NR. 5a, 57, 67, 71, 72, 78, 79).
7. Leerrohre (Abs. 8) § 18 Abs. 3 NABEG ermöglicht im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für Erdkabel die Zu- 11 lassung der Verlegung von Leerrohren und der späteren Stromleitung sowie des Betriebs der 20 21 22 23 24 25 977
BT-Drucks. 19/7375, S. 70 f; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1435 f. BT-Drucks. 19/7375, S. 71; Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 197. BT-Drucks. 19/7375, S. 72. BT-Drucks. 19/7375, S. 72. BT-Drucks. 19/7375, S. 84. BT-Drucks. 19/7375, S. 84. Franke
§ 2 BBPIG
III. Umsetzung in Planungs- und Zulassungsverfahren
Stromleitung nach den für Nebenanlagen geltenden Grundsätzen (§ 18 Abs. 2 NABEG). Um eine unzulässige Vorratsplanung zu vermeiden, kann dies nur erfolgen, wenn ein entsprechender Bedarf absehbar ist (vgl. § 18 NABEG Rn 43, 48 ff.).26 Grundsätzlich ist diese Prüfung Aufgabe der Planfeststellungsbehörde. Sie kann im Rahmen der Planfeststellung Leerrohre nur zulassen, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls zu der prognostischen Einschätzung gelangt, dass die Leerrohre innerhalb von 15 Jahren nach der Planfeststellung für eine Stromleitung genutzt werden (§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NABEG). Ist dies der Fall, wird in der Planfeststellung über die spätere Nutzung der Leerrohre grundsätzlich abschließend entschieden (§ 18 Abs. 3 Satz 5 u. 6 NABEG). Abs. 8 betrifft Vorhaben, für die nicht die Behörde, sondern der Gesetzgeber im Bundesbedarfsplangesetz die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf für Leerrohre feststellt, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Erdkabel verlegt werden (§ 18 Abs. 3 Satz 2 NABEG). Dies geschieht durch die neu eingeführte Kennzeichnung „H“ im Bundesbedarfsplan. 12 Im geltenden Bundesbedarfsplan ist kein Vorhaben mit „H“ gekennzeichnet. Beim Vorhaben 5 (Höchstspannungsleitung Wolmirstedt – Isar, „Südostlink“) wurde auf die bisherige Kennzeichnung mit Blick auf das zusätzlich aufgenommene Vorhaben 5a verzichtet.27 Für die nach Abs. 8 gekennzeichneten Vorhaben wird die gesetzliche Bedarfsfeststellung für das Erdkabel (§ 12e Abs. 1 EnWG, § 1 Abs. 1 BBPlG) auf mitverlegte Leerrohre erweitert. Eine ausdrückliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber statt der Behörde eine gesetzliche Bedarfsfeststellung für Leerrohre treffen kann, fehlt. Die Entscheidung für eine gesetzliche Bedarfsfeststellung nach Abs. 8 steht daher im Ermessen des Gesetzgebers. Entsprechend dem Regelungszweck, eine vorausschauende Planung für Erdkabelkapazitäten durch Verminderung von Kosten und nachteiligen Umweltauswirkungen durch wiederholte Tiefbauarbeiten zu ermöglichen,28 wird sich die gesetzgeberische Entscheidung vor allem daran orientieren, ob Vorhaben für eine Mitverlegung geeignet oder von besonderer energiewirtschaftlicher Bedeutung sind.
III. Umsetzung in Planungs- und Zulassungsverfahren 13 Die Rechtsfolgen, die sich aus der jeweiligen Vorhabenkennzeichnung ergeben, sind in den nachfolgenden Planungs- und Zulassungsverfahren umzusetzen.29 Das gilt unabhängig davon, ob die Kennzeichnung lediglich für den Vorhabenträger Planungsoptionen eröffnet, Prüfpflichten begründet oder abschließend geregelte Ge- oder Verbote auferlegt. Für die Umsetzung kommt die Ebene der Bundesfachplanung oder, bei den nicht dem NABEG unterfallenden Vorhaben des Bundesbedarfsplans, die raumordnerische Prüfung sowie die abschließende Zulassung im Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff NABEG oder §§ 43 ff EnWG in Betracht. Allgemeine Vorgaben für die Zuordnung zu den Entscheidungsebenen enthalten weder das BBPlG noch die fachgesetzlichen Regelungen für Planungs- und Zulassungsverfahren. Es gilt daher der Grundsatz, dass der Prüfstoff ebenengerecht zuzuordnen ist.30 Das heißt, dass Nutzungskonflikte so früh wie möglich identifiziert werden müssen,31 bei kleinteiligen Konflikten aber erst auf der Konkretisierungsstufe der Vorhabenzulassung gelöst werden können. Für die vorgelagerte planerische Prüfung reicht es in diesen Fällen aus, sich abzeichnende Konflikte und die zu ihrer Lösung im Rahmen der Vorhabenzulassung erforderlichen Prüfungen aufzuzeigen.32 26 27 28 29 30 31 32
Franke/Karrenstein, EnWZ 2019, 195, 198. BT-Drucks. 19/23491, S. 24. BT-Drucks. 19/7375, S. 77, 85; Schlacke/Römling, DVBl. 2019, 1429, 1430 f; Ruge in FS Danner, 233, 238 ff. Posser/Faßbender/Leidinger Kap. 3 Rn 515 ff. Appel, NVwZ 2016, 1516, 1523. Durinke/de Witt, DVBl. 2016, 1354, 1356. Appel, NVwZ 2016, 1516, 1523.
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III. Umsetzung in Planungs- und Zulassungsverfahren
BBPIG § 2
Ausdrückliche flankierende Regelungen sind zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesbe- 14 darfsplans bei Gleichstromübertragungsleitungen getroffen worden, weil die Rahmenbedingungen für diese Vorhabengruppe durch § 2 Abs. 5, § 3 grundlegend verändert worden sind (vgl. § 3 Rn 1, 4 f). Nachdem der Gesetzgeber sich in § 3 Abs. 1 für den Vorrang der Erdverkabelung bei Gleichstromübertragungsleitungen entschieden hat, sieht § 6 Satz 6 Nr. 2 NABEG vor, dass für diese Vorhaben schon in den Antragsunterlagen für die Bundesfachplanung eine Kennzeichnung von Erdkabel- und Freileitungsabschnitten für die Vorschlagstrasse und die infrage kommenden Alternativtrassen erforderlich ist und die Gründe dargelegt werden müssen, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt,33 Ob nach § 3 Abs. 3 ein Prüfverlangen mit dem Ziel ausgesprochen wird, für Teilabschnitte eine Ausführung als Freileitung zu erreichen, muss die betroffene Gebietskörperschaft gleichfalls zu Beginn der Bundesfachplanung in der Antragskonferenz (§ 7 Abs. 1 NABEG) erklären (vgl. § 3 Rn 10). Auch die behördliche Entscheidung über die Bundesfachplanung muss eine Kennzeichnung enthalten, inwieweit sich der Trassenkorridor für die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels eignet (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NABEG); in der Begründung sind auch die Gründe anzugeben, aus denen in Teilabschnitten ausnahmsweise eine Freileitung in Betracht kommt (§ 12 Abs. 2 Satz 3 NABEG). Die Behörde wird diese Anforderungen an ihre Entscheidung schon bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens (§ 7 Abs. 4 NABEG) berücksichtigen.34
33 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 805 f. 34 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 806. 979
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§ 3 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (1) Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung der im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten Vorhaben sind nach Maßgabe dieser Vorschrift als Erdkabel zu errichten und zu betreiben oder zu ändern. (2) Die Leitung kann auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Freileitung errichtet und betrieben oder geändert werden, soweit 1. ein Erdkabel gegen die Verbote des § 44 Absatz 1 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verstieße und mit dem Einsatz einer Freileitung eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Absatz 7 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist, 2. ein Erdkabel nach § 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unzulässig wäre und mit dem Einsatz einer Freileitung eine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Absatz 3 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist, oder 3. die Leitung in oder unmittelbar neben der Trasse einer bestehenden oder bereits zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsfreileitung errichtet und betrieben oder geändert werden soll und der Einsatz einer Freileitung voraussichtlich keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. Auf Verlangen der für die Bundesfachplanung oder Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde müssen die Leitungen auf Teilabschnitten unter den Voraussetzungen des Satzes 1 als Freileitung errichtet und betrieben oder geändert werden. (3) Sofern Gebietskörperschaften, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, in der Antragskonferenz nach § 7 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz aufgrund örtlicher Belange die Prüfung des Einsatzes einer Freileitung verlangen, ist vom Träger des Vorhabens zu prüfen, ob die Leitung auf Teilabschnitten in dieser Gebietskörperschaft abweichend von Absatz 2 als Freileitung errichtet und betrieben oder geändert werden kann. Sofern die Prüfung ergibt, dass dies möglich ist, und der Träger des Vorhabens dies bei der Vorlage der erforderlichen Unterlagen nach § 8 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz vorschlägt, ist die Errichtung und der Betrieb oder die Änderung einer Leitung als Freileitung auf Teilabschnitten innerhalb der betreffenden Gebietskörperschaft abweichend von Absatz 2 zulässig. Auf Verlangen der für die Bundesfachplanung oder Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde müssen die Leitungen auf Teilabschnitten als Freileitung errichtet und betrieben oder geändert werden. (4) Die Errichtung und der Betrieb oder die Änderung als Freileitung nach Absatz 2 und 3 ist unzulässig, wenn die Leitung 1. in einem Abstand von weniger als 400 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 des Baugesetzbuchs liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen, oder 2. in einem Abstand von weniger als 200 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuchs liegen. Satz 1 ist weder für die nachträgliche Änderung oder Erweiterung der Leitung noch für den nachträglichen Ersatz- und Parallelneubau anzuwenden. (5) Als Erdkabel im Sinne dieser Vorschrift gelten alle Erdleitungen einschließlich Kabeltunnel, Nebenbauwerken und gasisolierter Rohrleitungen. § 2 Absatz 5 des Energieleitungsausbaugesetzes ist entsprechend anzuwenden. Kunststoffisolierte Erdkabel mit einer Nennspannung von mehr als 320 Kilovolt bis zu 525 Kilovolt erfüllen die Anforderungen an die technische Sicherheit im Sinne des § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes.
Franke https://doi.org/10.1515/9783110670516-085
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1. Regelungszweck
BBPIG § 3
(6) Für Leitungen zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung, die der Anbindung von Stromrichteranlagen im Rahmen des im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten Vorhabens dienen, ist § 4 entsprechend anzuwenden.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Regelungszweck Anwendungsbereich (Abs. 1 Satz 1); Begriff des 2 Erdkabels (Abs. 5 Satz 1 und 3)
II.
Verkabelungsvorrang (Abs. 1)
III. 1.
7 Freileitungsausnahmen (Abs. 2 und 3) Freileitungsausnahme Arten- und Gebietsschutz 7 (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2) Freileitungsausnahme Bündelung (Abs. 2 Satz 1 8 Nr. 3) 10 Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 2)
2. 3.
5
4. 5.
Freileitungsausnahme Prüfverlangen 11 (Abs. 3) Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilab16 schnitt
IV.
Ausschluss von Freileitungsausnahmen 17 (Abs. 4)
V.
Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 5 19 Satz 2)
VI.
Anbindungsleitungen für Konverterstationen 20 (Abs. 6)
I. Allgemeines 1. Regelungszweck Nach dem bisherigen Recht galt als Grundsatz, dass Vorhaben des Bundesbedarfsplans als 1 Freileitung auszuführen waren. Eine Verkabelung kam – ebenso wie nach dem EnLAG – nur für Vorhaben in Betracht, die als entsprechende Pilotprojekte gekennzeichnet waren. Nunmehr unterscheidet das BBPlG bei der Verkabelung zwischen Gleichstrom- und Drehstromübertragungsleitungen. Grund für diese Differenzierung ist der unterschiedliche Stand der praktischen Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln bei Gleichstrom- und bei Drehstromleitungen auf der Höchstspannungsebene. Für Gleichstromübertragungsleitungen kann inzwischen davon ausgegangen werden, dass die Verkabelung eine in großtechnischem Maßstab allgemein verfügbare, bei Seekabeln sogar übliche Übertragungstechnik ist.1 Die Erfahrungen mit der Verkabelung von Drehstromübertragungsleitungen sind hingegen deutlich geringer und zeigen, dass vor allem die aus dem Wechsel von Freileitungs- und Verkabelungsabschnitten resultierenden Probleme noch weiterer Erprobung bedürfen.2 Bereits 2014 hatte der Gesetzgeber dem unterschiedlichen Stand der praktischen Erprobung dadurch Rechnung getragen, dass für alle im Bundesbedarfsplan enthaltenen Gleichstromübertragungsleitungen die Teilverkabelung zugelassen wurde;3 es blieb aber beim Charakter von Pilotprojekten zur Erprobung der Verkabelungstechnik. § 3 gibt diesen Ansatz, die Verkabelungsmöglichkeiten im Rahmen des Katalogs von Pilotprojekten zu erweitern, auf und führt
1 BT-Drucks. 18/6909, S. 41; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1521. 2 BT-Drucks. 18/4655, S. 1 f, 20, 25; 18/6909, S. 41; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1521. 3 Durch Art. 11 Nr. 1 des Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1066) wurde im damaligen § 2 Abs. 2 BBPlG geregelt, dass alle als Pilotprojekte für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen gekennzeichneten Vorhaben unter den im EnLAG vorgesehenen Voraussetzungen als Erdkabel ausgeführt werden konnten. 981
Franke
§ 3 BBPIG
I. Allgemeines
für HGÜ-Leitungen den Vorrang der Verkabelung ein.4 Regel und Ausnahme werden damit umgekehrt: Die Ausführung als Erdkabel wird zur Regel (Abs. 1), die Ausführung als Freileitung ist nur noch ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Ausnahmeregelungen (Abs. 2 und 3) zulässig. Für Drehstromleitungen, die nunmehr in einer eigenen Vorschrift (§ 4) behandelt werden, bleibt es bei der bisherigen, dem EnLAG entsprechenden Regelungssystematik, nach der Freileitungsbau die Regel und eine Teilverkabelung nur als Pilotprojekt zulässig ist.
2. Anwendungsbereich (Abs. 1 Satz 1); Begriff des Erdkabels (Abs. 5 Satz 1 und 3) 2 Die Verkabelungsregelungen des § 3 sind bei Errichtung, Betrieb und Änderung aller Gleichstromleitungen der im Bundesbedarfsplan mit „E“ gekennzeichneten Vorhaben anzuwenden. Nach derzeitigem Stand werden damit die Vorhaben Nr. 1, 3, 4, 5, 5a, 30, 48, 49, 78 und 79 des Bundesbedarfsplans erfasst. Von den großen Nord-Süd-Verbindungen, die als Gleichstromleitungen geplant sind, ist nur das Vorhaben Nr. 2 (Osterath – Philippsburg) nicht einbezogen, für das weit überwiegend vorhandene Trassen genutzt werden sollen, so dass der Gesetzgeber eine Ausführung als Freileitung als vorzugswürdig angesehen hat (Rn 8 alt). Bei der Anwendung des § 3 ist ein erweiterter, in Abs. 5 Satz 1 (und identisch in § 4 Abs. 3 3 sowie § 2 Abs. 1 Satz 2 EnLAG) legal definierter Erdkabelbegriff5 zugrunde zu legen. Erfasst sind alle Arten der Verlegung von Kabeln zur unterirdischen Fortleitung von Elektrizität.6 Die derzeit am häufigsten eingesetzte technische Ausführung eines Erdkabels ist die Verlegung des Kabels in einem offenen Graben, der anschließend wieder verfüllt wird. Als technische Ausführungsvarianten kommen aber auch die geschlossene Bauweise durch Anwendung des Horizontalspülbohrverfahrens („Horizontal Directional Drilling“, HDD) oder die Verlegung von Erdkabeln in Tunneln in Betracht. Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Isolationsmaterialien. Abs. 5 Satz 1 stellt klar, dass als Erdkabel alle Erdleitungen einschließlich Kabeltunnel und gasisolierter Rohrleitungen gelten. Neben den unmittelbar in der Erde verlegten Leitungen sind damit auch Leitungen einbezogen, die in Kabelbauwerken oder mit einer technischen Umhüllung zur Isolierung des Kabels in der Erde verlegt sind; auch Kabelbauwerke wie Düker sind damit einbezogen.7 Hierdurch sollen Verkabelungsmöglichkeiten auch dann eröffnet werden, wenn erdverlegte unmittelbar in der Erde verlegte Kabel aus technischen oder planerischen Gründen nicht in Betracht kommen; das kann etwa bei der Kreuzung einer großen Wasserstraße oder dem Einsatz von Höchstspannungsleitungen in Umspannanlagen in dicht besiedelten Bereichen der Fall sein.8 Für alle Erdkabel ist kennzeichnend, dass sie im Boden unterhalb des allgemeinen umliegenden Geländeniveaus verlegt sind;9 keine Erdkabel sind daher Leitungen, die in einem erst zu diesem Zweck aufgeschütteten Erdwall verlegt sind.10 Ferner umfasst der Erdkabelbegriff auch Nebenbauwerke. Hierzu gehören vor allem technische Einrichtungen zur
4 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 802; Ruge, RdE 2016, 105, 108; Ders., EnWZ 2017, 51; Weisensee, ER 2016, 68, 71. – Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte noch daran festgehalten, die Verkabelungsmöglichkeiten im Rahmen des Katalogs der Pilotprojekte zu erweitern (BT-Drucks. 18/4655, S. 1 f, 17 f, 25 f; Schirmer, DVBl. 2016, 285, 288 ff); die Entscheidung zur Einführung eines Vorrangs der Verkabelung für Gleichstromleitungen ist erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Ausschussberatungen gefallen (BT-Drucks. 18/6909, S. 41). 5 Weisensee, Planfeststellung, S. 26 ff. 6 BT-Drucks. 19/23491, S. 22; Säcker/Appel § 3 BBPlG Rn 86; Weisensee, Energierechtliche Planfeststellung von Erdkabeln, S. 26 ff. 7 BT-Drucks. 18/4655, S. 26. 8 BT-Drucks. 18/4655, S. 26. 9 BVerwG, 20.1.2021, 4 A 4/19, NVwZ-RR 2021, 570 Rn 29. 10 BVerwG, 20.1.2021, 4 A 4/19, NVwZ-RR 2021, 570 Rn 30. Franke
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II. Verkabelungsvorrang (Abs. 1)
BBPIG § 3
Verbindung von Kabelabschnitten (Muffenbauwerke) sowie Kabelübergangsanlagen zur Verbindung eines verkabelten mit einem als Freileitung ausgeführten Abschnitt.11 Durch den 2021 angefügten Abs. 5 Satz 3 wird festgestellt, dass kunststoffisolierte Erdkabel 4 mit einer Nennspannung von mehr als 320 kV bis zu 525 kV den gesetzlichen Anforderungen an die technische Sicherheit von Energieanlagen (§ 49 EnWG) entsprechen. Der Einsatz derartiger Kabel ist bisher in Deutschland nicht in der Weise erprobt, dass sie dem Stand der Technik (§ 49 Abs. 1 Satz 2 EnWG) entsprechen. Als alternativer Nachweis der technischen Sicherheit sind nach Einschätzung des Gesetzgebers aber erfolgreich abgeschlossene Präqualifikationstests erforderlich und ausreichend. Abs. 5 Satz 3 trifft eine entsprechende Spezialregelung im Sinne von § 49 Abs. 1 Satz 2 EnWG.12 Damit werden rechtssichere Rahmenbedingungen für die Zulassung von Leitungsbauvorhaben gewährleistet, um künftig insbesondere den Einsatz kunststoffisolierter 525-kV-Erdkabel zu ermöglichen, durch die der Ausbaubedarf reduziert und der Netzausbau beschleunigt werden kann.
II. Verkabelungsvorrang (Abs. 1) Für die von § 3 erfassten HGÜ-Leitungen ergibt sich aus Abs. 1 der Vorrang der Erdverkabe- 5 lung. Alle Vorhaben dieser Kategorie sind „nach Maßgabe dieser Vorschrift“ als Erdkabel auszuführen. Das heißt, dass eine Ausführung als Freileitung nur unter den in § 3 BBPlG vorgesehenen Ausnahmevoraussetzungen in Betracht kommt. Eine Vorhabenplanung, die eine darüber hinausgehende Ausführung als Freileitung vorsieht, könnte weder bei der Entscheidung über die Bundesfachplanung noch bei der Zulassung der Leitung zugrunde gelegt werden.13 Auch die Befugnis der Behörde, eine Ausführung als Freileitung zu verlangen (Abs. 2 Satz 2), erweitert nicht die Ausnahmemöglichkeiten, sondern kommt nur in Betracht, wenn die Behörde eine Ausschöpfung der in § 3 vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten entgegen der Auffassung des Vorhabenträgers für sachlich geboten hält.14 Den in § 3 vorgesehenen Ausnahmen vom Erdkabelvorrang liegt die Erwägung zugrunde, 6 dass die Ausführung als Erdkabel zwar – vor allem wegen des angestrebten möglichst geradlinigen Verlaufs eines Trassenkorridors (§ 5 Abs. 2 NABEG) – die Trassenfindung für HGÜ-Leitungen erleichtern wird, im Einzelfall aber auch gerade die Verkabelung aus Gemeinwohl- oder Akzeptanzgründen erschweren kann. In diesen Fällen soll die Möglichkeit geprüft werden, HGÜ-Leitungen in Teilabschnitten als Freileitungen auszuführen, um eine räumliche Umgehung des für ein Erdkabel nicht in Betracht kommenden Bereichs zu vermeiden.15 Eine solche Ausnahme kommt zum einen in Betracht, wenn ein Erdkabel gegen Regelungen des Arten- oder Gebietsschutzes verstieße (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2) oder die HGÜ-Leitung als Freileitung aufgrund der Bündelung mit einer bestehenden oder bereits zugelassenen Leitung voraussichtlich keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hätte (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3). Zum anderen kann, ohne dass die materiellen Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen müssen, eine in örtlichen Belangen betroffene Gebietskörperschaft eine Prüfung durch den Vorhabenträger verlangen, ob eine Ausführung des Vorhabens als Freileitung auf Teilabschnitten in dieser Gebietskörperschaft möglich ist (Abs. 3). Die Anwendung dieser Ausnahmeregelungen ist wiederum generell ausgeschlossen, wenn eine Freileitung Mindestabstände zu Wohngebäuden unterschreiten würde (Abs. 4). Die erhöhte Schutzbedürftigkeit dieser Bebauung begründet ein absolutes Freileitungsverbot.16 11 BT-Drucks. 19/23491, S. 22; Weisensee, Energierechtliche Planfeststellung von Erdkabeln, S. 27 f. 12 BT-Drucks. 19/23491, S. 23. 13 BT-Drucks. 18/6909, S. 42; Durinke/de Witt, DVBl. 2016, 1354, 1354 f; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 802; Rubel, DVBI, 2017, 585, 586; Ruge, RdE 2016, 105, 108; Weisensee, ER 2016, 68,71. 14 BT-Drucks. 18/6909, S. 43; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519. 15 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 802; Otte, UPR 2016, 451, 454. 16 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519 f; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804. 983
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§ 3 BBPIG
III. Freileitungsausnahmen (Abs. 2 und 3)
III. Freileitungsausnahmen (Abs. 2 und 3) 1. Freileitungsausnahme Arten- und Gebietsschutz (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2) 7 Erdkabel können artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 BNatSchG) erfüllen oder wegen erheblicher Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets unzulässig sein (§ 34 Abs. 2 BNatSchG). Für beide Fallgruppen verweist das Naturschutzrecht den Vorhabenträger; bevor die Erteilung einer Befreiung in Betracht kommt, auf die Prüfung zumutbarer Alternativen (§ 45 Abs. 7 Satz 2, § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG). Hierzu gehört auch die Prüfung, ob die Errichtung einer Freileitung eine solche Alternative sein kann. Das setzt voraus, dass die Ausführung als Freileitung nicht nur für den Vorhabenträger zumutbar ist, sondern auch aus naturschutzrechtlicher Sicht nicht ihrerseits Konflikte auslöst. Wenn danach die Ausführung als Freileitung eine zumutbare Alternative darstellt, soll nach Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Vorrang der Erdverkabelung einer Ausführung als Freileitung ausnahmsweise nicht entgegenstehen.17 Stellt die Errichtung einer Freileitung keine zumutbare Alternative dar, ist zu entscheiden, ob für das Erdkabel die Voraussetzungen einer naturschutzrechtlichen Ausnahme vorliegen (§ 44 Abs. 7 Satz 2, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG) oder ob ein anderer Trassenverlauf gewählt werden muss.18
2. Freileitungsausnahme Bündelung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) 8 Die Ausführung einer HGÜ-Leitung als Freileitung kommt nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 auch in Betracht, wenn die Möglichkeit zur Bündelung mit einer bestehenden oder bereits zugelassenen Hoch- oder Höchstspannungsfreileitung besteht und der Einsatz einer Freileitung voraussichtlich keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. Die Ausnahme vom Verkabelungsgrundsatz wird in diesen Fällen dadurch gerechtfertigt, dass die Umweltauswirkungen einer HGÜ-Freileitung bei Nutzung einer Bestandstrasse minimiert werden und geringer sein können als die eines zusätzlichen Erdkabels.19 Dementsprechend ist eine Freileitung nur zulässig, wenn sie in oder unmittelbar neben der Bestandstrasse verlaufen soll und voraussichtlich keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. Maßstab dieser Prüfung ist ein Vergleich zwischen der Vorbelastung durch die Bestandstrasse und den voraussichtlichen Auswirkungen der gebündelten Leitungen.20 Ergibt sich, dass aufgrund einer HGÜ-Freileitung keine zusätzlichen erheblichen Auswirkungen zu erwarten sind, sind die Ausnahmevoraussetzungen erfüllt, ohne dass eine weitere vergleichende Bewertung der Zusatzbelastung durch eine gebündelte HGÜ-Freileitung und der Umweltauswirkungen eines zusätzlichen Erdkabels erforderlich wäre.21 Bei einer Parallelführung sind zusätzliche Auswirkungen durch die Flächeninanspruchnahme und die sonstige Verstärkung der Vorbelastung durch die Bestandstrasse zwangsläufig; ob sie erheblich sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Bei Nutzung der vorhandenen Trasse wird die Zulässigkeit einer Freileitung in der Regel zu bejahen sein, wenn für die Neubeseilung
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Durinke/de Witt, DVBl. 2016, 1354, 1356; Weisensee, ER 2016, 68, 71 f. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 802 f. BT-Drucks. 18/6909, S. 42 f. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 803. Durinke/de Witt, DVBl. 2016, 1354, 1357. – Die Möglichkeit, dass die Umweltauswirkungen einer gebündelten Freileitung positiver zu bewerten sind als die eines zusätzlichen Erdkabels, gehört ausweislich der von Appel, NVwZ 2016, 1516, 1518 f: Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 43 herangezogenen Materialien zu den gesetzgeberischen Motiven für die Schaffung einer Freileitungsausnahme in Bündelungsfällen. Einen Niederschlag in den gesetzlichen Voraussetzungen für die Freileitungsausnahme hat dies aber nicht gefunden. Danach kommt es – dem Gesetzeswortlaut entsprechend und wie auch sonst bei der umweltrechtlichen Behandlung von Änderungs- und Erweiterungsfällen Franke
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4. Freileitungsausnahme Prüfverlangen (Abs. 3)
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vorhandene Masten genutzt werden.22 Zusätzliche erhebliche Auswirkungen kommen jedoch vor allem dann in Betracht, wenn neue und deutlich höhere Masten errichtet werden sollen.23 Von den derzeit geplanten HGÜ-Leitungen soll die Höchstspannungsleitung Osterath – 9 Philippsburg (Vorhaben Nr. 2 des Bundesbedarfsplans) weit überwiegend auf bestehenden, bereits zugelassenen oder in Planfeststellungsverfahren befindlichen Freileitungen mitgeführt werden, wobei die vorhandene Masten für Gleich- und Drehstromleitungen genutzt werden sollen, ohne dass eine durchgängige Masterhöhung erforderlich wird.24 Das ermöglicht für Deutschland die erstmalige Erprobung der Hybridtechnologie auf einer längeren, zusammenhängenden Strecke.25 Ferner waren die Zulassungsverfahren bei der Novellierung des Bundesbedarfsplangesetzes bereits weit fortgeschritten. Angesichts dieser besonderen Situation hat der Gesetzgeber das Vorhaben bereits im Bundesbedarfsplangesetz vom Erdkabelvorrang ausgenommen, indem auf eine Kennzeichnung als Erdkabel für Leitungen zur HöchstspannungsGleichstrom-Übertragung („E“) verzichtet worden ist.26 Eine Ausführung als Freileitung ist daher möglich, ohne dass in den noch durchzuführenden Zulassungsverfahren das Vorliegen von Ausnahmevoraussetzungen nach § 3 geprüft werden müsste.
3. Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 2) Bei Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen kann die für die Bundesfachplanung oder Zulas- 10 sung des Vorhabens zuständige Behörde verlangen, dass Leitungen auf Teilabschnitten als Freileitung ausgeführt werden. Ein solches Verlangen kann – wie ein Änderungsverlangen in der Netzentwicklungsplanung (§ 12c Abs. 1 Satz 2 EnWG) – erforderlich sein, wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen den Netzbetreibern und der Behörde bei der Anwendung der Ausnahmeregelungen bestehen. Wenn nach Auffassung der Behörde die Ausnahmevoraussetzungen für eine Ausführung als Freileitung vorliegen und die Ausschöpfung der Ausnahmemöglichkeiten sachlich geboten ist, kann dies mit dem Instrument des behördlichen Verlangens durchgesetzt werden, ohne dass die Behörde durch einseitige Regelung in die Gesamtplanung des Vorhabens eingreift. Die Umsetzung des behördlichen Verlangens und die Anpassung der sonstigen Vorhabenplanung bleibt Aufgabe des Vorhabenträgers, so dass die Rollenverteilung zwischen Vorhabenträger und Behörde nicht grundsätzlich verändert und der Eingriff in die planerischen Vorstellungen des Vorhabenträgers auf das notwendige Maß begrenzt wird. Die von der Behörde verlangte Änderung der Planung des Vorhabenträgers muss erforderlich sein.27 Für das Verlangen muss es daher Gemeinwohlgründe geben, die den Eingriff in die Planungsabsichten des Vorhabenträgers rechtfertigen.
4. Freileitungsausnahme Prüfverlangen (Abs. 3) Die Ausnahmeregelung in Abs. 3 ermöglicht die Ausführung eines HGÜ-Leitungsbauvorhabens 11 als Freileitung, wenn Gebietskörperschaften, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, aufgrund örtlicher Belange vom Vorhabenträger die Prüfung des Einsatzes einer Freileitung verlangen und dieser das Verlangen aufgreift. Gebietskörperschaften (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 11 Abs. 1 NABEG i. V. m. § 14d Satz 1 UVPG) – darauf an, ob mit zusätzlichen erheblichen Auswirkungen zu rechnen. 22 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 803. 23 BT-Drucks. 18/6909, S. 43. 24 BT-Drucks. 18/6909, S. 45. 25 BT-Drucks. 18/6909, S. 45. 26 BT-Drucks. 18/6909, S. 45; Durinke/de Witt, DVBl. 2016, 1354; Otte, UPR 2016, 451, 455. 27 BT-Drucks. 18/6909, S. 43; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519; Wesensee, ER 2016, 68, 71. 985
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III. Freileitungsausnahmen (Abs. 2 und 3)
sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die die Gebietshoheit auf einem räumlich abgegrenzten Teil des Staatsgebiets besitzen. Neben Bund und Ländern sind dies vor allem die kommunalen Gebietskörperschaften. Nach dem Zweck der Ausnahmeregelung dürften die überwiegenden Gründe dafür sprechen, dass nur letztere befugt sein sollen, ein Prüfverlangen auszusprechen.28 Dafür spricht vor allem, dass das Prüfverlangen nur zulässig ist, wenn die Leitung voraussichtlich durch das Gebiet der Körperschaft verläuft, in der Sache örtliche Belange geltend machen muss und, wenn der Vorhabenträger es aufgreift, die Ausführung als Freileitung auf Teilabschnitten „innerhalb der betreffenden Gebietskörperschaft“ ermöglicht. Die damit ersichtlich angestrebte räumliche Begrenzung würde verfehlt, wenn Abs. 3 auch staatliche Gebietskörperschaften einbeziehen würde. 12 Das Prüfverlangen muss in der Antragskonferenz nach § 7 NABEG ausgesprochen werden.29 Die zeitliche Verknüpfung mit der Antragskonferenz ist zwingend.30 Sie gewährleistet einerseits, dass das Verlangen der Gebietskörperschaft erst in einem Verfahrensstadium berücksichtigt wird, in dem die planerische Konkretisierung des Vorhabens eine solche Prüfung ermöglicht. Andererseits führt die Verknüpfung mit der Antragskonferenz dazu, dass eine mögliche Umplanung des Vorhabens noch bei der Erstellung der Unterlagen nach § 8 NABEG berücksichtigt werden kann. Damit wird vermieden, dass in einem späteren Verfahrensstadium eine derartige Umplanung angestoßen wird, zumal sich bei einem fortgeschrittenen Stand des Verfahrens die Wahrscheinlichkeit, dass Verfahrensschritte wiederholt werden müssen, erhöhen würde. Ein Prüfverlangen setzt danach die Einleitung eines Bundesfachplanungsverfahrens voraus, weil erst auf der Grundlage der Antragsunterlagen nach § 6 NABEG die Betroffenheit der Gebietskörperschaft beurteilt werden kann. Das schließt nicht aus, dass die Gebietskörperschaft bereits im Vorfeld des Bundesfachplanungsverfahrens gegenüber der Behörde und dem Vorhabenträger ihr Interesse an einer Ausführung als Freileitung bekundet. Um die Rechtsfolgen des Abs. 3 herbeizuführen, muss die Gebietskörperschaft in der Antragskonferenz aber erklären, dass sie an ihrem früheren Prüfverlangen festhält, und die Betroffenheit in örtlichen Belangen entsprechend dem fortgeschrittenen Planungsstand konkretisieren, Durch die Verknüpfung mit der Antragskonferenz werden Prüfverlangen, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden, ausgeschlossen. Die Gebietskörperschaft kann auch im weiteren Verfahren eine Ausführung des Vorhabens als Freileitung fordern. Diese Forderung ist von der Behörde nach allgemeinen Grundsätzen zu berücksichtigen, führt aber nicht zu der in Abs. 3 vorgesehenen formalisierten Prüfung. 13 Das Prüfverlangen können nur Gebietskörperschaften aussprechen, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird. Die voraussichtliche Betroffenheit, deren Ermittlung insbesondere auf der Grundlage des Antrags des Vorhabenträgers nach § 6 NABEG erfolgt, ist nicht nur für Gebietskörperschaften zu bejahen, durch deren Gebiet der vom Vorhabenträger vorgeschlagene Vorschlagstrassenkorridor verläuft. Im Stadium der Antragstellung nach § 6 NABEG ist die Wahrscheinlichkeit, dass der endgültige Verlauf des Trassenkorridors der Vorzugsvariante entsprechen wird, nicht so hoch, dass eine Beschränkung auf die von ihr räumlich betroffenen Gebietskörperschaften zu rechtfertigen wäre. Es reicht daher aus, dass eine der Trassenvarianten nach § 6 S. 6 Nr. 1 NABEG durch das Gebiet der Gebietskörperschaft verläuft, die ein Prüfverlangen ausspricht.31 Mit ihrem Prüfverlangen muss die Gebietskörperschaft das Vorliegen örtlicher Belange gel14 tend machen. Hieraus folgt, dass das Prüfverlangen sich räumlich nur auf Trassenabschnitte beziehen kann, von deren Verlauf die Gebietskörperschaft betroffen ist.32 Daher sind alle auf 28 So auch Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 803; Jornitz, NVwZ 2017, 669, 670; Poth, EnWZ 2017, 120, 121 f; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519; wohl auch Wesensee, ER 2016, 68, 73; Ruge, EnWZ 2017, 51, 52. BT-Drucks. 18/6909, S. 43. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804; Poth, EnWZ 2017, 120, 123 f; Ruge, EnWZ 2017, 51, 53. Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 803 f; Jornitz, NVwZ 2017, 669, 670; Ruge, EnWZ 2017, 51, 52. BT-Drucks. 18/6909, S. 43.
29 30 31 32
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5. Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt
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den Raum bezogenen schutzwürdigen Interessen der Gebietskörperschaft zu berücksichtigen, die für das eigene Gebiet geltend gemacht werden können und die sich dort räumlich auswirken. Hierzu gehören die von der gemeindlichen Planungshoheit umfassten Belange, insbesondere konkretisierte planerische Absichten der Gebietskörperschaft, auf die sich das Leitungsbauvorhaben auswirkt. Im Rahmen des Planungsverfahrens für ein raumbeanspruchendes Vorhaben können hingegen Gesichtspunkte, denen ein Raumbezug fehlt, nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt für pauschal geltend gemachte Belange, sofern das schutzwürdige Interesse nicht näher dargelegt werden kann. Wenn in der Antragskonferenz von einer Gebietskörperschaft formell ordnungsgemäß ein 15 Prüfverlangen ausgesprochen worden ist, wird dem Vorhabenträger mit der Festlegung des Untersuchungsrahmens (§ 7 NABEG) die Prüfung aufgegeben, ob eine Ausführung der Leitung auf Teilabschnitten im Gebiet der betroffenen Gebietskörperschaft als Freileitung möglich ist. Inhaltlich richtet sich das Prüfverlangen an den Vorhabenträger. Er wird durch die Festlegung des Untersuchungsrahmens zu einer Prüfung verpflichtet, ob unter Berücksichtigung der geltend gemachten örtlichen Belange eine Ausführung als Freileitung in technischer und rechtlicher Hinsicht möglich ist. Angesichts des gesetzlichen Vorrangs der Verkabelung und der eingeschränkten Freileitungsausnahmen nach Abs. 2 bieten die allgemeinen Regelungen zur Abweichung vom Verkabelungsgrundsatz wenig Spielraum für diese Prüfung. Abs. 3 Satz 2 erweitert daher bei Vorliegen eines Prüfverlangens die Möglichkeit zur Ausführung als Freileitung. Der Vorhabenträger kann in diesen Fällen die Realisierbarkeit einer Freileitung auch ohne Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen nach Abs. 2 prüfen; zu beachten ist hingegen das absolute Freileitungsverbot wegen Siedlungsannäherung nach Abs. 4.33 Sofern die Prüfung ergibt, dass eine Ausführung als Freileitung möglich ist, kann der Vorhabenträger dies in den nach § 8 NABEG vorzulegenden Unterlagen vorschlagen. Bei der Prüfung im weiteren Verfahren ist damit von der Zulässigkeit einer Freileitung in der Gebietskörperschaft, die das Prüfverlangen ausgesprochen hat, auch ohne Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen nach Abs. 2 auszugehen.34 Im Ergebnis kann die Gebietskörperschaft durch ein Prüfverlangen zwar die Spielräume für eine Ausführung als Freileitung erweitern. Durchsetzen kann sie aber nur eine Prüfung durch den Vorhabenträger, ob dies ausreicht, um eine Freileitung zu ermöglichen. Maßgeblich ist die Einschätzung des Vorhabenträgers, ohne dass die Gebietskörperschaft hierauf unmittelbar Einfluss hat.35 Greift der Vorhabenträger das Prüfverlangen nicht auf, kann aber – wie bei Meinungsverschiedenheiten über die Ausnahmevoraussetzungen nach Abs. 2 (Rn 9) – die für die Bundesfachplanung oder Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde verlangen, dass das Leitungsbauvorhaben als Freileitung ausgeführt wird (Abs. 3 Satz 3).
5. Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt Bei Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen nach Abs. 2 Nr. 1–3 kann die HGÜ-Leitung auf tech- 16 nisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Freileitung ausgeführt werden. Diese Voraussetzung entspricht den Anforderungen in § 2 Abs. 2 EnLAG und § 4 Abs. 2 an den Einsatz von Erdkabeln bei Drehstromleitungen als Pilotprojekten. Bei der Anwendung dieser Regelungen und ihrer Vorgängerregelungen wird davon ausgegangen, dass – unabhängig von der Länge der Abschnitte, für die die Verkabelungsvoraussetzungen vorliegen – ein technisch und wirtschaftlich
33 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519. 34 BT-Drucks. 16/6909, S. 43; Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804; Jornitz, NVwZ 2017, 669, 672; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519; Wesensee, ER 2016, 68, 71.
35 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519; Leidinger, NuR 2016, 585, 588; Weisensee, ER 2016, 68, 73. 987
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§ 3 BBPIG
IV. Ausschluss von Freileitungsausnahmen (Abs. 4)
effizienter Teilabschnitt eine Länge von mindestens 3 km aufweisen soll.36 Damit soll ein ständiges Abwechseln von Verkabelungs- und Freileitungsabschnitten, das zu erheblichen Mehrkosten führt, vermieden werden. § 3 regelt zwar den umgekehrten Fall einer Regelverkabelung mit Freileitungsausnahmen, Der Gesichtspunkt, dass der Übergang zwischen Freileitung und Kabel zu Mehrkosten und zusätzlicher Flächeninanspruchnahme durch die hierfür erforderlichen technischen Einrichtungen führt, ist aber auch hier von Gewicht. Die Ausführung einer Leitung als Freileitung selbst ist hingegen in der Regel mit deutlich geringeren Kosten als eine Erdverkabelung möglich. Letzteres spricht dafür, bei der Abschnittbildung für Freileitungsausnahmen im HGÜ-Bereich nicht ohne weiteres die bei Drehstromleitungen übliche Mindestlänge zu übernehmen, sondern eine Bewertung im Einzelfall vorzunehmen.37 Im Fall des Prüfverlangens einer Gebietskörperschaft (Abs. 3) hat der Gesetzgeber ohnehin auf die Voraussetzung eines technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitts verzichtet, weil es entscheidend auf die Betroffenheit der Gebietskörperschaft ankommt (Rn 13). Werden örtliche Belange nur auf einem kurzen Teilabschnitt berührt, kann der Vorhabenträger dies bei der Prüfung berücksichtigen, ob er das Prüfverlangen aufgreift.
IV. Ausschluss von Freileitungsausnahmen (Abs. 4) 17 Bei Drehstromleitungen ist der Fall, dass ein Leitungsbauvorhaben Mindestabstände zur Wohnbebauung unterschreitet, eine der Voraussetzungen dafür, dass der Vorhabenträger sich für eine Teilverkabelung bei Pilotprojekten entscheiden kann. Das EnLAG und das BBPlG enthielten von Anfang an entsprechende Regelungen, die im geltenden Recht nur redaktionell verändert worden sind (§ 2 Abs. 2 EnLAG, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2). § 3 zieht aus diesen Regelungen, die zum Schutz von Wohnbebauung vor den Auswirkungen von Freileitungen eine Teilverkabelung ermöglichen, in Abs. 4 für den von ihm geregelten (umgekehrten) Fall einer Regelverkabelung mit Freileitungsausnahmen bei HGÜ-Leitungen die Konsequenz, dass bei Siedlungsannäherung durch HGÜ-Leitungen jede Durchbrechung des Vorrangs der Erdverkabelung ausgeschlossen sein soll.38 Das gilt sowohl für die Freileitungsausnahmen nach Abs. 2 als auch für die Fälle des Prüfverlangens einer Gebietskörperschaft nach Abs. 3. Damit ist auch ein behördliches Verlangen, eine Leitung als Freileitung auszuführen (Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3), ausgeschlossen, weil ein solches Verlangen die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelungen voraussetzt. Im Ergebnis führt Abs. 4 damit zu einem absoluten Freileitungsverbot.39 Der 2019 eingefügte Abs. 4 Satz 2 stellt klar, dass mit der zum Freileitungsverbot führenden Siedlungsannäherung nur die erstmalige Errichtung einer Leitung gemeint ist; Abs. 4 Satz 1 ist also weder für die nachträgliche Änderung oder Erweiterung einer Leitung noch für den nachträglichen Ersatzund Parallelneubau anzuwenden.40 Das entspricht, abgesehen von den Fällen des Ersatz- und Parallelneubaus, dem Anwendungsbereich der Ausnahmeregelungen für die Verkabelung von Drehstromleitungen in § 2 Abs. 2 EnLAG und § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 (vgl. § 4 Rn 7). Damit wird insbesondere die Möglichkeit späterer Änderungen und Erweiterungen der in Siedlungsnähe vorhandenen Leitung offengehalten, wobei das Überspannungsverbot nach § 4 Abs. 3 der
36 Die Praxis stützt sich auf eine entsprechende Aussage in der Entwurfsbegründung zum Entwurf des EnLAG (BTDrucks. 16/10491, S. 16 f), auf die auch bei der Novellierung des EnLAG 2011 wortgleich Bezug genommen worden ist (BT-Drucks. 17/4559, S. 6). 37 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 803; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519. 38 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519 f; Ruge, RdE 2016, 105, 110. 39 Jornitz/Förster, NVwZ 2016, 801, 804; Appel, NVwZ 2016, 1516, 1519 f; Leidinger, NuR 2016, 585, 589; Ruge, RdE 2016, 105, 110. 40 BT-Drucks. 19/7375, 84. Franke
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VI. Anbindungsleitungen für Konverterstationen (Abs. 6)
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26.BImSchV unberührt bleibt;41 ob eine nach Abs. 4 mögliche Freileitung immissionsschutzrechtlich zulässig ist, muss also im Einzelfall entschieden werden. Die Voraussetzungen, unter denen die Freileitungsausnahmen ausgeschlossen sind, ent- 18 sprechen den Regelungen zur Zulässigkeit einer Teilverkabelung bei Drehstromleitungen und sind wie dort nach der Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung abgestuft. Die Errichtung einer Freileitung ist unzulässig, wenn sie in einem Abstand von weniger als 400 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich (§§ 30, 34 BauGB) liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen. Letzteres hängt vom tatsächlichen Gebietscharakter ab, ist bei Wohngebieten (§§ 3–4a BauNVO) aber durch eine Festsetzung im Bebauungsplan vorgegeben;42 umgekehrt ist bei festgesetzten Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten (§§ 7–9 BauNVO) ein nicht durch vorwiegende Wohnnutzung bestimmter Gebietscharakter vorgegeben. Im Außenbereich (§ 35 BauGB) ist eine Freileitung unzulässig, wenn sie in einem Abstand von weniger als 200 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll.
V. Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 5 Satz 2) Die durch die Ausführung einer HGÜ-Leitung als Erdkabel entstehenden Mehrkosten werden, 19 ebenso wie bei der Verkabelung von Drehstromleitungen (§ 2 Abs. 5 EnLAG, § 4 Abs. 3), bundesweit umgelegt, um eine gleichmäßige Verteilung auf alle Netznutzer zu erreichen. Für den bundesweiten Ausgleich ordnet Abs. 5 Satz 2 die entsprechende Anwendung von § 2 Abs. 5 EnLAG an (vgl. § 2 EnLAG Rn 186 ff). Danach werden die Verkabelungsmehrkosten von den Übertragungsnetzbetreibern nicht individuell, sondern pauschal auf der Grundlage von Standardkostenansätzen im Vergleich zu einer Freileitung auf derselben Trasse für ihr Netz ermittelt. Aus der Summe der Mehrkosten aller Übertragungsnetzbetreiber ergeben sich die Gesamtkosten für Erdkabel, die unter den Übertragungsnetzbetreibern rechnerisch umzulegen sind. Der Anteil an den Gesamtkosten, der rechnerisch von dem einzelnen Übertragungsnetzbetreiber zu tragen ist, bestimmt sich entsprechend § 28 Abs. 2 und 3 KWKG. Soweit die tatsächlichen Verkabelungsmehrkosten eines Übertragungsnetzbetreibers seinen rechnerischen Anteil an den Gesamtkosten übersteigen, ist diese Differenz finanziell auszugleichen. Die Zahlungspflicht trifft die Übertragungsnetzbetreiber, deren tatsächliche Kosten unter dem rechnerisch auf sie entfallenden Anteil an den Gesamtkosten liegen, jedoch nur bis zu der Höhe des auf sie jeweils rechnerisch entfallenden Anteils an den Gesamtkosten.
VI. Anbindungsleitungen für Konverterstationen (Abs. 6) Wenn eine Konverterstation, die einer als Erdkabel auszuführenden HGÜ-Leitung dient, in 20 räumlicher Entfernung zum Netzverknüpfungspunkt errichtet und mit diesem durch eine Drehstromleitung verbunden wird, gilt für diese der Verkabelungsgrundsatz nach § 3 nicht. Abs. 6 ordnet für derartige Anbindungsleitungen die entsprechende Anwendung des § 4 an. Das heißt, dass eine Verkabelung unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 zulässig ist. Die begrenzte Verkabelungsmöglichkeit für diese Vorhaben wird durch die funktionale Zuordnung zu einer nach dem Bundesbedarfsplan grundsätzlich als Erdkabel auszuführenden HGÜLeitung gerechtfertigt. HGÜ-Leitung und Anbindungsleitung werden insofern (entsprechend
41 BT-Drucks. 19/7375, 84. 42 Otte, UPR 2016, 451, 455 f. 989
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VI. Anbindungsleitungen für Konverterstationen (Abs. 6)
dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 2 Satz 1) als „Gesamtvorhaben“ gesehen,43 dessen Verkabelung die Standortfindung für Konverterstationen erleichtern kann.44
43 BT-Drucks. 18/6909, S. 44. 44 Fest/Nebel, NVwZ 2016, 177, 183. Franke
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§ 4 Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung (1) Um den Einsatz von Erdkabeln im Drehstrom-Übertragungsnetz als Pilotprojekte zu testen, können die im Bundesbedarfsplan mit „F“ gekennzeichneten Vorhaben zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung nach Maßgabe dieser Vorschrift als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden. (2) Im Falle des Neubaus kann eine Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragungsleitung eines Vorhabens nach Absatz 1 auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden, wenn 1. die Leitung in einem Abstand von weniger als 400 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 des Baugesetzbuchs liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen, 2. die Leitung in einem Abstand von weniger als 200 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuchs liegen, 3. eine Freileitung gegen die Verbote des § 44 Absatz 1 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verstieße und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 45 Absatz 7 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist, 4. eine Freileitung nach § 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unzulässig wäre und mit dem Einsatz von Erdkabeln eine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Absatz 3 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben ist oder 5. die Leitung eine Bundeswasserstraße im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeswasserstraßengesetzes queren soll, deren zu querende Breite mindestens 300 Meter beträgt; bei der Bemessung der Breite ist § 1 Absatz 4 6 des Bundeswasserstraßengesetzes nicht anzuwenden. Der Einsatz von Erdkabeln ist auch dann zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht auf der gesamten Länge der jeweiligen technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitte vorliegen. Auf Verlangen der für die Bundesfachplanung oder Zulassung des Vorhabens zuständigen Behörde muss die Leitung auf dem jeweiligen technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt nach Maßgabe dieser Vorschrift als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden. (3) Als Erdkabel im Sinne dieser Vorschrift gelten alle Erdleitungen einschließlich Kabeltunnel, Nebenbauwerken und gasisolierter Rohrleitungen. § 2 Absatz 5 des Energieleitungsausbaugesetzes ist entsprechend anzuwenden. (4) Vor dem 31. Dezember 2015 beantragte Planfeststellungsverfahren werden nach den bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende geführt. Sie werden nur dann als Planfeststellungsverfahren in der ab dem 31. Dezember 2015 geltenden Fassung dieses Gesetzes fortgeführt, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt.
Übersicht I.
Allgemeines (Abs. 1)
II. 1.
4 Verkabelungsvoraussetzungen (Abs. 2) 4 Allgemeine Voraussetzungen 4 a) Neubau (Abs. 2 Satz 1) b) Technisch und wirtschaftlich effizienter 5 Teilabschnitt (Abs. 2 Satz 1 und 2) 7 Voraussetzungen im Einzelfall
2.
1
991 https://doi.org/10.1515/9783110670516-086
a)
3.
Siedlungsannäherung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 7 und 2) b) Arten- und Gebietsschutz (Abs. 2 Satz 1 8 Nr. 3 und 4) c) Querung einer Bundeswasserstraße (Abs. 2 9 Satz 1 Nr. 5) 10 Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 3)
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§ 4 BBPIG
I. Allgemeines (Abs. 1)
III.
Erdkabel (Abs. 3 Satz 1)
12
IV.
Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 3 13 Satz 2)
V.
Übergangsregelung (Abs. 4)
14
I. Allgemeines (Abs. 1) 1 § 4 enthält, nachdem der Gesetzgeber sich für eine differenzierende Regelung der Verkabelung von Gleichstromübertragungsleitungen (§ 3) und von Drehstromübertragungsleitungen entschieden hat, die gesetzlichen Vorgaben für die Verkabelung der im Bundesbedarfsplan enthaltenen Vorhaben mit Drehstromübertragungsleitungen, die nach § 2 Abs. 6 als Pilotprojekte mit „F“ gekennzeichnet sind. Nach derzeitigem Stand werden damit die Vorhaben Nr. 6, 7, 17, 31, 32, 34,41, 42 und 77 des Bundesbedarfsplans erfasst. 2 Die Verkabelung von Drehstromfernleitungen kann nach Abs. 1 zugelassen werden, um den Einsatz von Erdkabeln als Pilotprojekte zu testen.1 Damit trägt der Gesetzgeber dem bei Gleichund Drehstromleitungen unterschiedlichen Stand der praktischen Erprobung Rechnung (vgl. § 3 Rn 1). Es bleibt demnach für Drehstromleitungen bei dem Grundsatz, dass sie als Freileitung auszuführen sind und nur für Pilotprojekte auf Teilabschnitten unter den Voraussetzungen des § 4 eine Verkabelung möglich ist.2 Dies entspricht der Regelungssystematik des EnLAG; die dort geregelten Voraussetzungen für eine Verkabelung bei Pilotprojekten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EnLAG) sind in § 4 wörtlich übernommen (vgl. § 2 EnLAG Rn 140 f).3 Da bisher nur das EnLAG eine Teilverkabelung von Drehstromleitungen ermöglichte, während das BBPlG Verkabelungsregelungen nur für Gleichstromleitungen enthielt (die nunmehr in § 3 zum Verkabelungsvorrang für diese Vorhabenkategorie fortentwickelt worden sind), wird durch die von § 4 erfassten Drehstromleitungen die Zahl der für eine Verkabelung in Betracht kommenden Pilotprojekte im Drehstrombereich beträchtlich erhöht.4 Hinzu kommt, dass auch die Voraussetzungen, unter denen bei Pilotprojekten eine Verkabelung möglich ist (Rn 4 ff.), im EnLAG und in Abs. 2 ausgedehnt worden sind.5 Darin findet die gesetzgeberische Erwägung ihren Niederschlag, dass in bestimmten Abschnitten eine Freileitungsplanung aus Akzeptanzgründen stark erschwert oder ausgeschlossen sein kann und sich in diesen Fällen eine weitere Erprobung der Erdverkabelung anbietet, wenn hierdurch die Realisierung erleichtert wird.6 Die Berücksichtigung von Akzeptanzgesichtspunkten soll also dazu beitragen, die technischen Herausforderungen und etwaige akzeptanzsteigernde Effekte zu einem bestmöglichen Ausgleich zu bringen.7 Die Möglichkeit der Verkabelung von Drehstromleitungen wird damit nicht über die Pilotstrecken hinaus erweitert, sondern bleibt nur in diesem Rahmen möglich.8 Die Erwägung, den Erprobungszweck mit dem Beschleunigungsziel zu verknüpfen, kann aber schon bei der
1 BT-Drucks. 18/6909, S. 41. 2 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1521; Ders., UPR 2018, 281, 284 ff; Baur/Salje/Schmidt-Preuß/Appel Kap. 103 Rn 8; Leidinger, NuR 2016, 585, 589; Kment, Streifragen der Erdverkabelung, S. 18 f, 56 f; Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 55 f, 58; Ders., EurUP 2020, 328, 335 f; Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 14 ff; Schink/ Versteyl/Dippel/Schink § 5 Rn 80; Schneider/Theobald/Hermes § 7 Rn 134; Weisensee, ER 2016, 68, 74. 3 Hierzu Säcker/Ohms/Weiss, § 2 EnLAG Rn 10 f. 4 Appel, NVwZ 2016, 1516, 1521; Ruge, RdE 2016, 105, 111 f. 5 Damit soll das Anwendungsspektrum für die Teilerdverkabelung im Übertragungsnetz so erweitert werden, dass eine solide Grundlage für die technische Erprobung der Verkabelungstechnologie besteht (BT 18/4655, S. 2; 18/6909, S. 41); Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 9, 14; Kment, Streitfragen der Erdverkabelung, S. 18 f, 25 ff. 6 BT-Drucks. 18/4655, S. 25. 7 BT-Drucks. 18/6909, S. 41. 8 Kment, Streifragen der Erdverkabelung, S. 19; Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 56; Ders., EurUP 2020, 328, 335 f. Franke
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1. Allgemeine Voraussetzungen
BBPIG § 4
Festlegung der Pilotstrecken von Bedeutung sein.9 Vor allem sollen jedoch die Verkabelungsvoraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 zur Konfliktlösung beitragen. Sie orientieren sich an in der Planungspraxis aufgetretenen Problemfällen10 und fungieren als Auslösekriterien für die Prüfung der Verkabelungsoption durch den Vorhabenträger bei der Vorhabenplanung und vor allem für die im Rahmen der Abwägung durch die Behörde zu treffende Entscheidung, ob sie eine Verkabelung verlangen soll (Abs. 2 Satz 3) (Rn 11). Aus diesen den Verkabelungsregelungen der § 2 EnLAG und § 4 BBPlG übereinstimmend11 3 zugrundeliegenden gesetzgeberischen Erwägungen ergibt sich, dass mit den in beiden Vorschriften aufgeführten Pilotprojekten der Kreis der für eine Verkabelung in Betracht kommenden Vorhaben abschließend umschrieben wird. Auch die Voraussetzungen für eine Verkabelung in Abs. 2 Satz 1 unterliegen nicht der planerischen Abwägung, sondern sind bindende Auslösekriterien für die abwägende Ermessensentscheidung der Behörde, ob sie eine Verkabelung verlangt. In der Rechtsprechung zu § 2 EnLAG wurde der abschließende Charakter zunächst offen gelassen,12 weil in den entschiedenen Fällen eine Ausführung als Erdkabel auch bei Bejahung eines Abwägungsspielraums abzulehnen war.13 Inzwischen ist der abschließende Charakter der Voraussetzungen für das Verlangen einer Verkabelung – jedenfalls gegen den Willen des Vorhabenträgers – anerkannt.14 Hierfür spricht zunächst die Normstruktur der § 2 EnLAG und § 4 BBPlG: Die detaillierte Vorgabe von Voraussetzungen für eine Verkabelung verlöre ihren Sinn, wenn die Behörde diese Entscheidung auch bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen im Rahmen der planerischen Abwägung treffen könnte.15 In der Sache spricht für den abschließenden Charakter der gesetzlichen Verkabelungsvoraussetzungen im Drehstrombereich vor allem der Erprobungszweck. Er erfordert einerseits Verkabelungen in einem Umfang, der es ermöglicht, hinreichend belastbare Betriebserfahrungen zu sammeln. Andererseits sollen weitreichende Störungen im Netzbetrieb, die aus der derzeit noch unzureichenden Erprobung resultieren, vermieden werden. Der Ausgleich zwischen beiden Zielen wird durch die Begrenzung des Einsatzes von Erdkabeln zu Testzwecken auf gesetzlich festgelegte Pilotprojekte erreicht.16 Der Umstand, dass die Begrenzung der Verkabelungsmöglichkeiten mit der Sicherheit des Netzbetriebs ein Gemeinwohlziel von hohem Rang sichern soll, dürfte dafür sprechen, dass die Verkabelungsvoraussetzungen auch im Verhältnis zum Vorhabenträger abschließend sind.
II. Verkabelungsvoraussetzungen (Abs. 2) 1. Allgemeine Voraussetzungen a) Neubau (Abs. 2 Satz 1). Nach Abs. 1 gelten die Vorgaben des § 4 für die Errichtung, den 4 Betrieb und die Änderung von Vorhaben zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung, die im Bundesbedarfsplan mit „F“ gekennzeichnet sind. Der Anwendungsbereich der Regelungen zur
9 BT-Drucks. 18/4655, S. 2, 25. 10 BT-Drucks. 18/4655, S. 25. 11 Zur Übertragbarkeit auf die Auslegung des § 4 BBPlG Kment, Streitfragen der Erdverkabelung, S. 27. 12 Bejaht wurde der abschließende Charakter des Katalogs der Pilotprojekte jedoch bereits durch BVerwG, 28.2.2013, 7 VR 13/12, ER 2013, 119 Rn 26 ff. 13 BVerwG, 17.12.2013, 4 A 1/13, BVerwGE 148, 353 Rn 62 f; 21.1.2016, 4 A 5/16, BVerwGE 154, 73 Rn 182; 6.4.2017, 4 A 1/16, UPR 2017, 352 Rn 41; 14.6.2017, 4 A 11/16, NVwZ 2018, 264 Rn 51; 22.6.2017, 4 A 18/16, NVwZ 2018, 332 Rn 48; 14.3.2018, 4 A 5/17, ZNER 2018, 351 Rn 75. 14 BVerwG, 3.4.2019, 4 A 1/18, BVerwGE 165, 166 Rn 38 ff; 26.6.2019, 4 A 5/18, NVwZ-RR 2019, 944 Rn 68; 27.7.2020, 4 VR 7/19, ZNER 2020, 438 Rn 101 ff. 15 BVerwG, 3.4.2019, 4 A 1/18, BVerwGE 165, 166 Rn 41; 27.7.2020, 4 VR 7/19, ZNER 2020, 438 Rn 104. 16 BT-Drucks. 18/4655, S. 20; BVerwG, 27.7.2020, 4 VR 7/19, ZNER 2020, 438 Rn 105 f. 993
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§ 4 BBPIG
II. Verkabelungsvoraussetzungen (Abs. 2)
Verkabelung von Drehstrom-Übertragungsleitungen ist aber in Abs. 2 Satz 1 wesentlich eingeschränkt. Sie gelten nur für Neubauten. Es soll also bei Pilotprojekten die Möglichkeit bestehen, die Teilverkabelung bei der Vorhabenplanung von vornherein als Option zu berücksichtigen. Nicht bezweckt ist die Neuverkabelung von Teilabschnitten einer vorhandenen Leitung, wenn die Vorbelastung lediglich durch Veränderungen unterhalb der Schwelle zur Neuerrichtung erhöht wird. Daher ist Abs. 2 bei Änderungen bestehender Leitungen, die nicht die Errichtung neuer Masten erfordern – insbesondere Zu- oder Umbeseilungen – nicht anwendbar.17 Nicht erforderlich ist jedoch, dass der Leitungsbau in neuer Trasse erfolgt. Auch eine in bestehender Trasse unter Verwendung neuer Bauteile errichtete Leitung ist ein Neubau.18
5 b) Technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitt (Abs. 2 Satz 1 und 2). Eine Leitung soll nach Abs. 2 Satz 1 bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten als Erdkabel ausgeführt werden; § 2 Abs. 2 Satz 1 EnLAG enthält entsprechende Anforderungen. Der Einsatz von Erdkabeln bei Drehstromleitungen setzt zunächst das Vorliegen eines Pilotprojekts sowie eines der Auslösekriterien des Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 voraus. Das sind die Voraussetzungen, um auf Seiten des Netzbetreibers bei der Vorhabenplanung und auf Seiten der Behörde mit Blick auf die Möglichkeit eines Verlangens nach Abs. 2 Satz 3 eine Teilverkabelung zu prüfen. Entschieden wird über den Erdkabeleinsatz jedoch erst durch die Bildung von Teilabschnitten, die dem Gebot technischer und wirtschaftlicher Effizienz unterliegen. Diese bildet im System der abgestuften gesetzlichen Begrenzungen des Erdkabeleinsatzes also die letzte Stufe, auf der die Prüfung des Vorliegens der Auslösekriterien mit der Festlegung konkreter, technisch und wirtschaftlich effizienter Teilabschnitte verknüpft wird. Bei letzterer handelt es sich um eine planerische Auswahlentscheidung, wobei die Beachtung des Grundsatzes technischer und wirtschaftlicher Effizienz eine verbindliche Abwägungsvorgabe ist.19 6 Durch die Bildung von technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten soll vornehmlich ein ständiges Abwechseln von Verkabelungs- und Freileitungsabschnitten, das zu technischem Mehraufwand und erheblichen Mehrkosten führt, vermieden werden. Bei Beachtung des Effizienzgebots soll ein Teilabschnitt bei Drehstromleitungen20 eine Länge von mindestens 3 km aufweisen.21 Die Verkabelungsvoraussetzungen nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 müssen hierfür, wie Abs. 2 Satz 2 klarstellt, nicht auf der Gesamtlänge vorliegen.22 Eine Verkabelung soll also nicht schon daran scheitern, dass eine gesetzliche Verkabelungsvoraussetzung nur auf einem kurzen Teilabschnitt gegeben ist, der den technischen und finanziellen Mehraufwand eines Wechsels zwischen Freileitung und Kabel nicht rechtfertigt. In derartigen Fällen ist auch ein durchgehender längerer Verkabelungsabschnitte zulässig,23 das gilt insbesondere dann wenn dadurch mehrere für eine Verkabelung in Betracht kommende, aber jeweils für sich genommen zu kurze Teilabschnitte zusammengefasst werden können.
17 BT-Drucks. 18/6909, S. 44; Ruge, RdE 2016, 105, 112; Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 20. 18 BT-Drucks. 18/6909, S. 44; Ruge, RdE 2016, 105, 112; Säcker/Ohms/Weiss § 2 EnLAG Rn 32. 19 Zur Normstruktur und zur Rolle des Gebots technischer und wirtschaftlicher Effizienz Kment, Streifragen der Erdverkabelung, S. 61 ff; Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 43 ff; Ders., EurUP 2020, 328, 331 ff. 20 Zur anderen Ausgangslage bei Gleichstromleitungen vgl. § 3 Rn 5 f. 21 Die Praxis stützt sich auf eine entsprechende Aussage in der Entwurfsbegründung zum Entwurf des EnLAG (BTDrucks. 16/10491, S. 16 f), auf die auch bei der Novellierung des EnLAG 2011 wortgleich Bezug genommen worden ist (BT-Drucks. 17/4559, S. 6); Weisensee, Energierechtliche Planfeststellung von Erdkabeln, S. 189 f, 194. 22 BT-Drucks. 18/4655, S. 25; Weisensee, Energierechtliche Planfeststellung von Erdkabeln, S. 189 ff. 23 BT-Drucks. 18/4655, S. 25. Franke
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2. Voraussetzungen im Einzelfall
BBPIG § 4
2. Voraussetzungen im Einzelfall a) Siedlungsannäherung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2). Wie nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 7 EnLAG ist auch bei Pilotprojekten des Bundesbedarfsplans eine Verkabelung zulässig, wenn eine Freileitung Mindestabstände zur Wohnbebauung unterschreiten würde. Die Voraussetzungen, unter denen eine Verkabelung zulässig ist, entsprechen den Regelungen des EnLAG und des § 3 Abs. 4 für HGÜ-Leitungen24 und sind wie dort nach der Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung abgestuft (vgl. § 3 Rn 16 f). Die Verkabelung ist zulässig, wenn die Freileitung in einem Abstand von weniger als 400 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich (§§ 30, 34 BauGB) liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen;25 im Außenbereich (§ 35 BauGB) ist eine Verkabelung zulässig, wenn die Freileitung in einem Abstand von weniger als 200 Metern zu Wohngebäuden errichtet werden soll. Anders als § 3 Abs. 4 Satz 1 schreiben Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 keine Verkabelung vor, sondern eröffnen nur eine Verkabelungsoption im Rahmen der Abwägungsentscheidung über die Bildung konkreter technisch-wirtschaftlich effizienter Verkabelungsabschnitte (Rn 11).26 Der mit der Verkabelungsoption bei Siedlungsannäherung bezweckte Schutz des Wohnumfelds27 dient demnach nicht der (durch die Grenzwerte der 26. BImSchV gewährleisteten) Abwehr von Gesundheitsgefahren,28 sondern hat vorsorgenden Charakter.29
b) Arten- und Gebietsschutz (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4). Zur Erweiterung der Möglichkei- 8 ten, durch die Teilverkabelung von Leitungen Konflikte mit dem naturschutzrechtlichen Arten- und Gebietsschutz zu lösen, ist der Einsatz von Erdkabeln auch dann zulässig, wenn eine Freileitung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 BNatSchG) erfüllte oder wegen erheblicher Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets unzulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BNatSchG).30 Für beide Fallgruppen verweist das Naturschutzrecht den Vorhabenträger; bevor die Erteilung einer Befreiung in Betracht kommt, auf die Prüfung zumutbarer Alternativen (§ 45 Abs. 7 Satz 2, § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG). Hierzu gehört auch die Prüfung, ob die Erdverkabelung eine solche Alternative sein kann. Ist dies zu bejahen, ist nach Abs. 2 Nr. 3 und 4 eine Teilverkabelung zulässig. Die Lösung von Konflikten mit dem naturschutzrechtlichen Artenund Gebietsschutz wird für alle Pilotprojekte des Drehstrombereichs durch die Möglichkeit der Verkabelung erleichtert; § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EnLAG trifft eine entsprechende Regelung. Der umgekehrte Fall, dass eine Ausführung als Erdkabel Konflikte mit dem Naturschutzrecht auslöst, kann im Gleichstrombereich nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 eine Freileitungsausnahme rechtfertigen (vgl. § 3 Rn 6).
24 Übereinstimmend sind aber nur die Voraussetzungen, nicht die Rechtsfolgen einer Siedlungsannäherung geregelt: Bei HGÜ-Leitungen führt die Unterschreitung der Mindestabstände zu einem absoluten Freileitungsverbot (vgl. § 3 Rn 17), während bei Drehstromleitungen eine Unterschreitung die Möglichkeit einer Verkabelung eröffnet (Ruge, RdE 2016, 105, 110). 25 Allein die Ausweisung als Dorf- oder Mischgebiet (§§ 5, 6 BauNVO) reicht also nicht aus, weil hierdurch noch keine überwiegende Wohnnutzung indiziert ist; sie muss im Einzelfall festgestellt werden. Zum Ganzen Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 66 ff; Mann/Kian, NVwZ 2016, 1443, 1445 ff. 26 Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 25. 27 BT-Drucks. 17/4559, S. 6. 28 Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 29 f; Mann/Kian, NVwZ 2016, 1443, 1445 ff. 29 Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 21 ff; Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 66 ff. 30 BT-Drucks. 18/4655, S. 25. 995
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§ 4 BBPIG
III. Erdkabel (Abs. 3 Satz 1)
9 c) Querung einer Bundeswasserstraße (Abs. 2 Satz 1 Nr. 5). Die Verkabelungsmöglichkeit bei Querung einer Bundeswasserstraße, deren zu querende Breite (ohne Berücksichtigung bundeseigener Ufergrundstücke, § 1 Abs. 4 WaStrG) 300 Meter oder mehr beträgt, trägt dem Umstand Rechnung, dass bei einer solchen Breite die bei Freileitungen übliche Spannfeldlänge überschritten und eine technische Sonderlösung erforderlich wird,31 Hierbei kommen insbesondere Kabelbauwerke wie Düker, die dem erweiterten Erdkabelbegriff (Abs. 3 Satz 1) unterfallen,32 in Betracht. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EnLAG enthält für die sonstigen Pilotprojekte des Drehstrombereichs eine entsprechende Regelung,
3. Behördliches Verlangen (Abs. 2 Satz 3) 10 Die in Abs. 2 Satz 1 geregelten Verkabelungsvoraussetzungen eröffnen für den Vorhabenträger die Möglichkeit, begründen aber keine unmittelbare Verpflichtung zur Verkabelung (Rn 2). Bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Teilverkabelung kann die für die Bundesfachplanung oder Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde verlangen, dass Leitungen auf Teilabschnitten als Erdkabel ausgeführt werden. Entsprechende Regelungen enthalten § 2 Abs. 2 Satz 1 EnLAG und – für den umgekehrten Fall, dass die Behörde eine Ausführung als Freileitung verlangt – § 3 Abs. 2 Satz 2. 11 Das Verlangen der Behörde muss sich auf einen konkreten Teilabschnitt eines Drehstromleitungsvorhabens beziehen.33 Da sie sich auf die Abwägung im Rahmen der Planfeststellung auswirkt, hat die Entscheidung über ein Verlangen selbst Abwägungscharakter.34 Sie setzt eine Prüfung durch die Behörde voraus, ob die verlangte Verkabelung im Ergebnis eine abwägungsfehlerfreie Zulassung des Vorhabens in Frage stellen könnte. Hierbei gelten die allgemeinen Abwägungsgrundsätze.35 Das behördliche Verlangen ist ein Instrument, um bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorhabenträger und der Behörde über die Anwendung der Verkabelungsregelungen eine aus Gemeinwohlgründen gebotene Verkabelung durchzusetzen, ohne dass die Behörde durch einseitige Regelung in die Gesamtplanung des Vorhabens eingreift. Diese spezifische Wirkungsweise des behördlichen Verlangens, zu einzelnen Elementen einer komplexen Gesamtplanung eine von der des Vorhabenträgers abweichende Sichtweise durchzusetzen, die grundsätzliche Rollenverteilung zwischen Behörde und Vorhabenträger aber nicht zu verändern,36 hat eine Parallele im Instrument des Änderungsverlangens im Rahmen der Netzentwicklungsplanung (§ 12c Abs. 1 Satz 2 EnWG) (vgl. § 3 Rn 8).
III. Erdkabel (Abs. 3 Satz 1) 12 Bei der Anwendung des § 4 ist der in Abs. 3 Satz 1 (übereinstimmend mit § 3 Abs. 1 Satz 2 EnLAG und § 3 Abs. 5 Satz 1) legal definierte erweiterte Erdkabelbegriff zugrunde zu legen (vgl. § 3 Rn 3).
31 32 33 34
BT-Drucks. 18/4655, S. 36. BT-Drucks. 18/4655, S. 26. Säcker/Ohms/Weiss § 2 EnLAG Rn 55a ff. Kment, Streifragen der Erdverkabelung, S. 47 ff; Ruge, ZUR 2016, 483, 489; Säcker/Appel § 4 BBPlG Rn 49; Säcker/Ohms/Weiss § 2 EnLAG Rn 61a ff; Mann, Rechtsfragen der Anordnung von Erdverkabelungsabschnitten, S. 43 ff; Ders., EurUP 2020, 328, 331 ff. 35 Kment, Streifragen der Erdverkabelung, S. 48 ff. 36 Säcker/Appel § 3 BBPlG Rn 71. Franke
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V. Übergangsregelung (Abs. 4)
BBPIG § 4
IV. Mehrkosten der Verkabelung (Abs. 3 Satz 2) Die durch die Erdverkabelung entstehenden Mehrkosten werden bundesweit umgelegt, um 13 eine gleichmäßige Verteilung auf alle Netznutzer zu erreichen. Für die Durchführung des bundesweiten Ausgleichs ist, ebenso wie bei Gleichstromleitungen (§ 3 Abs. 5 Satz 2), § 2 Abs. 5 EnLAG entsprechend anzuwenden (vgl. § 2 EnLAG Rn 186 ff, § 3 Rn 18).
V. Übergangsregelung (Abs. 4) Für Planfeststellungsverfahren, die vor dem 31.12.2015 eingeleitet worden sind, ordnet Abs. 4 14 Satz 1 an, dass sie nach den bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende zu führen sind. Insbesondere gelten für die von der Übergangsregelung erfassten Vorhaben nicht die erweiterten Verkabelungsmöglichkeiten, sondern nur die schon im bisherigen Recht vorgesehene Verkabelung bei Siedlungsannäherung.37 Dadurch soll eine Gefährdung laufender Projekte vermieden werden.38 Ist dies nicht zu besorgen, kann der Vorhabenträger nach Abs. 4 Satz 2 beantragen, das ab dem 31.12.2015 geltende Recht anzuwenden.
37 BT-Drucks. 18/4655, S. 37. 38 BT-Drucks. 18/4655, S. 37. 997
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§ 5 Berichtspflicht der Übertragungsnetzbetreiber (1) Über die in den Vorhaben nach § 2 Absatz 2 bis 8 gewonnenen Erfahrungen legt der jeweils verantwortliche Betreiber des Übertragungsnetzes der Bundesnetzagentur jährlich einen Bericht vor, in dem die technische Durchführbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkungen dieser Vorhaben bewertet werden. Der erste Bericht ist im zweiten Jahr nach der Inbetriebnahme des jeweils ersten Teilabschnitts eines solchen Vorhabens vorzulegen. (2) Der Bericht kann mit dem gemeinsamen Netzentwicklungsplan nach § 12b Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes oder dem gemeinsamen Umsetzungsbericht nach § 12d Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes verbunden werden. (3) Auf Verlangen haben die Betreiber von Übertragungsnetzen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über den Sachstand bei den Vorhaben nach § 2 Absatz 2 bis 8 und die gewonnenen Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln nach den §§ 3 und 4 zu berichten.
I. Berichtspflicht gegenüber der Bundesnetzagentur (Abs. 1 und 2) 1 Die nach bisherigem Recht bestehende Berichtspflicht über die technische Durchführbarkeit, Wirtschaftlichkeit sowie die Umweltauswirkungen von Pilotprojekten wird durch Abs. 1 Satz 1 auf alle Vorhaben ausgedehnt, für die § 2 Abs. 2–6 Vorgaben zur Art der Vorhabenausführung enthält. Grund für die Erweiterung ist vor allem das Interesse, eine möglichst umfassende Informationsgrundlage über die Erfahrungen mit der Verkabelung von Energieleitungen zu schaffen.1 Daher ist nicht nur über Vorhaben zu berichten, bei denen eine Verkabelung als Pilotprojekt möglich ist, sondern auch über Vorhabenkategorien, für die der Vorrang der Erdverkabelung gilt (§ 2 Abs. 5, § 3) oder bei denen eine Verkabelungsmöglichkeit nicht nur für Pilotprojekte besteht (§ 2 Abs. 3).2 2 Berichtspflichtig ist nach Abs. 1 der für die einzelnen Vorhaben jeweils verantwortliche Übertragungsnetzbetreiber. Statt der Vorlage einzelner Berichte der Übertragungsnetzbetreiber war auch bisher schon die Verbindung mit dem gemeinsamen Netzentwicklungsplan (§ 12b Abs. 1 Satz 1 EnWG) möglich. Der in § 5 vorgeschriebene Berichtsinhalt deckt sich teilweise mit dem obligatorischen Inhalt der Netzentwicklungspläne (§ 12b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 EnWG), geht aber insbesondere mit Blick auf die Erfahrungen bei der Verkabelung von Energieleitungen darüber hinaus. Nach der Umstellung der Netzentwicklungsplanung auf einen ZweiJahres-Turnus (§ 12a Abs. 1 Satz 1 EnWG) kann der – jährlich zu erstattende – Bericht nach § 5 in den geraden Kalenderjahren auch mit dem Umsetzungsbericht (§ 12d Satz 1 EnWG) verbunden werden (Abs. 2). Der Umsetzungsbericht soll den Marktteilnehmern die Möglichkeit geben, den Umsetzungsstand der notwendigen Projekte im jeweiligen Bereich zu verfolgen und zu prüfen, welches die Ursachen für eine Verzögerung der Umsetzung sind.3 Dies deckt sich nur teilweise mit dem Zweck der Berichtspflicht nach § 5, durch Sammlung von Erfahrungen Fortentwicklungen bei den Rahmenbedingungen für die Art der Übertragungstechnik vorzubereiten. Bei einer Verbindung mit der Berichterstattung nach § 5 dürften sich daher die Anforderungen an den Inhalt des Umsetzungsberichts erheblich erweitern.
1 BT-Drucks. 18/6909, S. 41, 44. 2 BT-Drucks. 18/6909, S. 44. 3 BT-Drucks. 18/4655, S. 24. Franke https://doi.org/10.1515/9783110670516-087
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II. Berichtspflicht gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium (Abs. 3)
BBPIG § 5
II. Berichtspflicht gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium (Abs. 3) Das Bundeswirtschaftsministerium kann von den Übertragungsnetzbetreibern nach Abs. 3 ver- 3 langen, über den Sachstand bei den Vorhaben nach § 2 Abs. 2–6 und die gewonnenen Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln nach §§ 3, 4 zu berichten. Die Berichtspflicht besteht nur auf Verlangen. Anlass, ein solches Verlangen auszusprechen, können Rechtsetzungsvorhaben und Berichtspflichten des Ministeriums sein. Dies gilt insbesondere für den Bericht, ob der Bedarfsplan nach dem EnLAG anzupassen ist; in diesem sind auch die Erfahrungen mit dem Einsatz von Erdkabeln darzustellen (§ 3 Satz 3 EnLAG).4
4 BT-Drucks. 18/4655, S. 44. 999
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§ 6 Rechtsschutz Für die in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben ist § 50 Absatz 1 Nummer 6 der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden. Dies ist auch anzuwenden für 1. auf diese Vorhaben bezogene Veränderungssperren, Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren und 2. Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für Stromrichteranlagen, die dem Betrieb von Vorhaben aus dem Bundesbedarfsplan dienen. 1 Bereits mit dem erstmaligen Erlass des BBPlG war auch der Katalog des § 50 Abs. 1 VwGO um Verfahren nach dem BBPlG erweitert worden.1 Danach ist das Bundesverwaltungsgericht in erster Instanz für sämtliche Streitigkeiten zuständig, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die im BBPlG bezeichnet sind. § 6 bestimmt, dass dies für alle in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben gilt. Diese Regelungstechnik, mit der vom Gesetzgeber über die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für konkrete Einzelvorhaben entschieden wird,2 hat zur Folge, dass bei einer räumlichen Veränderung gegenüber dem Bundesbedarfsplan im weiteren Zulassungsverfahren, die über eine bloße Modifikation oder Konkretisierung hinausgeht, die Vorhabenidentität und damit die Zuweisung durch § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO entfällt.3 2 Zweck der Zuständigkeitskonzentration beim BVerwG ist die Verkürzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit dem Ziel, die Realisierung von Leitungsbauvorhaben, deren zügige Verwirklichung aus Gemeinwohlgründen geboten ist (§ 1 Satz 3 NABEG), zu beschleunigen. Daher ist die Zuweisung aller Streitigkeiten, die Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach dem BBPlG betreffen, weit zu verstehen.4 Erfasst sind dementsprechend nicht nur Hauptsache- und Eilverfahren des Vorhabenträgers und Dritter gegen Planfeststellungen oder Plangenehmigungen, sondern auch Streitigkeiten wegen des Erfordernisses einer Planfeststellung bei Änderungen5 oder wegen Vorarbeiten (§ 44 EnWG).6 Satz 2 stellt klar, dass das Ziel der Verfahrensbeschleunigung eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts auch für das neu eingeführte Instrument der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns (§ 44c EnWG, i. V. m. § 18 Abs. 5 NABEG) und Veränderungssperren (§ 16 NABEG) sowie für Anzeigeverfahren gilt.7 Nicht erfasst sind hingegen Verfahren mit anderem Gegenstand, der nicht Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens ist; das gilt insbesondere für Streitigkeiten über den Zugang zu Informationen über das Vorhaben.8 3 Der 2021 eingefügte Satz 2 Nr. 2 erweitert die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Stromrichteranlagen, die dem Betrieb eines Vorhabens aus dem Bundesbedarfsplan dienen (vgl. § 1 Rn 6 f.). Als Nebenanlage (§ 1 Abs. 2 Satz 1) gehört ein Konverter zu dem in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben (vgl. § 1 Rn 6). Hieraus folgt aber nicht zwingend seine Einbeziehung in das Zulassungsverfahren für die Leitung. § 18 Abs. 2 NABEG und § 43 Satz 3 EnWG räumen dem Vorhabenträger vielmehr ein Wahlrecht ein: Auf seinen Antrag kann die Nebenanlage in das Planfeststellungsverfahren für die Leitung einbezogen und durch eine einheitliche Planfeststel1 Art. 4 des Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze v. 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2543). BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 8. BVerwG, 12.9.2018, 4 A 13/17, NVwZ-RR 2019, 91 Rn 5, 8. BVerwG, 12.6.2007, 7 VR 1/07, NVwZ 2007, 1095 Rn 8 f; 9.10.2012, 7 VR 10/12, NVwZ 2013, 78 Rn 5. BVerwG, 2.10.2013, 9 A 23/12, NVwZ 2014, 367, Rn 6. BVerwG, 9.10.2012, 7 VR 10/12, NVwZ 2013, 78 Rn 6. Im Regierungsentwurf war jeweils ein Verweis auf § 6 vorgesehen (BT-Drucks. 19/7375, S. 16, 21, 65, 76); die klarstellende Regelung in § 6 selbst ist Ergebnis der Ausschussberatungen (BT-Drucks. 19/9027, S. 19 f). 8 BVerwG, 12.6.2007, 7 VR 1/07, NVwZ 2007, 1095 Rn 10 ff.
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1000
Rechtsschutz
BBPIG § 6
lung zugelassen werden; andernfalls wird über die Genehmigung für den Konverter in einem gesonderten immissionsschutzrechtlichen Verfahren entschieden. Für den Rechtsschutz folgte hieraus nach der bisherigen Rechtslage, dass nur bei einem Antrag auf integrierte Planfeststellung eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Leitung und Nebenanlage bestand, während sich bei einem gesonderten Verfahren für den Konverter die gerichtliche Zuständigkeit aus den für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen geltenden Regelungen ergab. Satz 2 Nr. 2 soll künftig eine einheitliche Befassung und Verfahrensführung im gerichtlichen Verfahren auch dann gewährleisten, wenn Leitung und Konverter in getrennten Verfahren zugelassen werden.9 Da es bei getrennten Rechtsbehelfen bleibt und § 50 VwGO nur die erstinstanzliche Zuweisung zum Bundesverwaltungsgericht zum Inhalt hat, sind allerdings weitere Vorkehrungen erforderlich, um die angestrebte weitgehende Koordinierung der beiden Rechtsbehelfsverfahren durch eine entsprechende Geschäftsverteilung innerhalb des Gerichts zu gewährleisten.10
9 BT-Drucks. 19/23491, S. 23. 10 Wenn – wie nach der derzeitigen Geschäftsverteilung – das Recht der Energieleitungen (4. Senat) und das Immissionsschutzrecht (7. Senat) verschiedenen Spruchkörpern zugewiesen sind, ist für die Verbindung von Verfahren aus beiden Rechtsgebieten eine Regelung im Geschäftsverteilungsplan erforderlich (Eyermann/Rennert § 93 Rn 2; Sodan/Ziekow/Peters/Pätzold § 93 Rn 23; Kopp/Schenke/W.-R. Schenke § 93 Rn 4). 1001
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Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan (Fundstelle: BGBl. I 2015, 2495–2497) Vorhaben, für die die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf bestehen: Nr.
Vorhaben
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Höchstspannungsleitung Höchstspannungsleitung Höchstspannungsleitung Höchstspannungsleitung Höchstspannungsleitung
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Höchstspannungsleitung Klein Rogahn – Isar;mit den Bestandteilen– Klein Rogahn – Landkreis Börde– Landkreis Börde – Isar
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8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
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20 21 22 23
Kennzeichnung Emden Ost – Osterath; Gleichstrom Osterath – Philippsburg; Gleichstrom Brunsbüttel – Großgartach; Gleichstrom Wilster – Bergrheinfeld/West; Gleichstrom Wolmirstedt – Isar; Gleichstrom
Höchstspannungsleitung Conneforde – Landkreis Cloppenburg– Merzen/Neuenkirchen; Drehstrom, Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Stade – Sottrum – Wechold – Landesbergen; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Stade – Sottrum– Maßnahme Sottrum – Grafschaft Hoya– Maßnahme Grafschaft Hoya – Landesbergen Höchstspannungsleitung Brunsbüttel – Barlt – Heide – Husum – Niebüll – Bundesgrenze (DK); Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Barlt – Heide– Maßnahme Brunsbüttel – Barlt– Maßnahme Heide – Husum– Maßnahme Husum – Klixbüll– Maßnahme Klixbüll – Grenze DK Höchstspannungsleitung Hamm-Uentrop – Kruckel; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Wolmirstedt – Helmstedt – Wahle; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Wolmirstedt – Helmstedt – Hattorf – Wahle – Maßnahme Wolmirstedt – Helmstedt – Landkreise Peine/Braunschweig/Salzgitter – Mehrum Nord Höchstspannungsleitung Bertikow – Pasewalk; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Vieselbach – Eisenach – Mecklar; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Pulgar – Vieselbach; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Röhrsdorf – Weida – Remptendorf; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Punkt Metternich – Niederstedem; Drehstrom Nennspannung 380 kV (aufgehoben) Höchstspannungsleitung Mecklar – Dipperz – Berghreinfeld West; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Redwitz – Mechlenreuth – Etzenricht – Schwandorf; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Urberach – Pfungstadt – Weinheim – G380 – Altlußheim – Daxlanden; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Urberach – Pfungstadt – Weinheim– Maßnahme Weinheim – Daxlanden– Maßnahme Weinheim – G380– Maßnahme G380 – Altlußheim– Maßnahme Altlußheim – Daxlanden Höchstspannungsleitung Grafenrheinfeld – Kupferzell – Großgartach; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Grafenrheinfeld – Kupferzell– Maßnahme Großgartach – Kupferzell Höchstspannungsleitung Daxlanden – Kuppenheim – Bühl – Eichstetten; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Großgartach – Endersbach, Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Herbertingen – Waldshut/Tiengen mit Abzweig Kreis Konstanz und Abzweig Beuren; Drehstrom Nennspannung 380 kV
Franke https://doi.org/10.1515/9783110670516-089
A1, B, E A1, B A1, B, E A1, B, E A1, B, E A1, B, E G F F
– – A1
A1 A1 A1 A1 –
A1, F –
A1
A1 D -
1002
BBPIG Anlage
Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan
Nr. 24 25 26 27 28 29 30 31
32
33 34 35 36 37 38 39
40 41
42 43 44 45 46 47
1003
Vorhaben Höchstspannungsleitung Punkt Rommelsbach – Herbertingen; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Punkt Wullenstetten – Punkt Niederwangen; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Bärwalde – Schmölln; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Abzweig Welsleben – Förderstedt; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Abzweig Parchim Süd – Neuburg; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Anbindung Offshore-Windpark Kriegers Flak (DK) mit Verbindung Offshore-Windpark Kriegers Flak (DK) – Offshore-Windpark Baltic 2 (Combined Grid Solution); Gleichstrom, Drehstrom Höchstspannungsleitung Oberzier – Bundesgrenze (BE); Gleichstrom Höchstspannungsleitung Wilhelmshaven – Conneforde; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Altheim – Bundesgrenze (AT) – Pleinting mit Abzweigen MarktTann/Gemeinde Zeilarn – Pirach und Matzenhof – Simbach; Drehstrom Nennspannung380 kV mit den Einzelmaßnahmen – Maßnahme Altheim – Bundesgrenze (AT) – Maßnahme Bundesgrenze (AT) – Pleinting – Maßnahme Abzweig Markt Tann/Gemeinde Zeilarn – Pirach – Maßnahme Abzweig Matzenhof – Simbach Höchstspannungsleitung Schleswig-Holstein – Südnorwegen (NO) (NORD.LINK); Gleichstrom Höchstspannungsleitung Emden Ost – Conneforde; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Birkenfeld – Mast 115A; Drehstrom Nennspannung 380 kV (aufgehoben) Höchstspannungsleitung Emden Ost – Halbemond; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Dollern – Elsfleth West; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Güstrow – Parchim Süd – Perleberg – Stendal West – Wolmirstedt; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Güstrow – Parchim Süd– Maßnahme Parchim Süd – Perleberg– Maßnahme Perleberg – Stendal West – Wolmirstedt Höchstspannungsleitung Punkt Neuravensburg – Bundesgrenze (AT); Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Raitersaich – Ludersheim – Sittling – Altheim; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Raitersaich – Ludersheim– Maßnahme Ludersheim – Sittling – Altheim Höchstspannungsleitung Kreis Segeberg – Lübeck – Siems – Göhl; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Kreis Segeberg – Lübeck– Maßnahme Lübeck – Siems– Maßnahme Lübeck – Göhl Höchstspannungsleitung Borken – Mecklar; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Schraplau/Obhausen – Wolkramshausen – Vieselbach; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Borken – Twistetal; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Redwitz – Landesgrenze Bayern/Thüringen (Punkt Tschirn); Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Oberbachern – Ottenhofen; Drehstrom Nennspannung 380 kV
Kennzeichnung – A1 – – – B B, E F –
FF
B F – – – –
A2 F
F – A1 – – –
Franke
Anlage BBPIG
Nr.
48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72
73
74 75
Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan
Vorhaben
Kennzeichnung
Höchstspannungsleitung Heide West – Polsum; Gleichstrommit den Bestandteilen– Heide West – B 431 südlich Roßkopp (Wewelsfleth)– B 431 südlich Roßkopp (Wewelsfleth) – L 111 östlich Allwörden (Freiburg (Elbe)/Wischhafen)– L 111 östlich Allwörden (Freiburg (Elbe)/Wischhafen) – Polsum Höchstspannungsleitung Wilhelmshaven/Landkreis Friesland – Hamm; Gleichstrom Höchstspannungsleitung Brunsbüttel – Büttel – Wilster West – Amt Geest und MarschSüdholstein; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Hamburg Nord – Hamburg Ost – Krümmel; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Güstrow – Bentwisch – Sanitz/Dettmannsdorf; DrehstromNennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Güstrow – Siedenbrünzow – Iven – Pasewalk Nord – Pasewalk; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Conneforde – Unterweser; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Elsfleth West – Ganderkesee mit Abzweig Niedervieland; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Conneforde – Elsfleth West – Abzweig Blockland – Samtgemeinde Sottrum; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Dollern – Grafschaft Hoya – Ovenstädt – Eickum – Bechterdissen; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Krümmel – Lüneburg – Stadorf – Wahle; Drehstrom Nennspannung380 kV Höchstspannungsleitung Landesbergen – Mehrum Nord; Drehstrom Nennspannung380 kV Höchstspannungsleitung Siedenbrünzow – Güstrow – Putlitz Süd – Perleberg – Osterburg – Stendal West – Wolmirstedt – Schwanebeck – Klostermansfeld – Schraplau/Obhausen – Lauchstädt; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Ragow – Streumen; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Graustein – Bärwalde; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Hanekenfähr – Gronau; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Hattingen – Linde; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Borken – Gießen Nord – Karben; Drehstrom Nennspannung380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Maßnahme Borken – Gießen Nord– Maßnahme Gießen Nord – Karben Höchstspannungsleitung Großkrotzenburg – Dettingen – Urberach; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Bürstadt – BASF (Ludwigshafen am Rhein); Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Höpfingen – Hüffenhardt; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Güstrow – Schweden (Hansa PowerBridge); Gleichstrom Höchstspannungsleitung Fedderwarden – Vereinigtes Königreich (NeuConnect); Gleichstrom Höchstspannungsleitung Landkreis Trier-Saarburg – Bundesgrenze (LU); DrehstromNennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Eichstetten – Bundesgrenze (FR); Drehstrom Nennspannung380 kV Höchstspannungsleitung Wilhelmshaven/Landkreis Friesland – Fedderwarden – Conneforde; Drehstrom Nennspannung 380 kVmit den Einzelmaßnahmen– Wilhelmshaven/ Landkreis Friesland – Fedderwarden– Wilhelmshaven/Landkreis Friesland – Conneforde Höchstspannungsleitung Punkt Blatzheim – Oberzier; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Zukunft – Verlautenheide; Drehstrom Nennspannung 380 kV
A1, B, E G
Franke
A1, B, E A1 A1 A1, G A1, G A1 A1 A1 A1, G B B A2, G A2, G
-
-
1004
BBPIG Anlage
Anlage (zu § 1 Absatz 1) Bundesbedarfsplan
Nr. 76 77 78
79 80
Vorhaben Höchstspannungsleitung Kriftel – Farbwerke Höchst-Süd; Drehstrom Nennspannung380 kV Höchstspannungsleitung Isar – Altheim; Drehstrom Nennspannung 380 kV Höchstspannungsleitung Grenzkorridor II – Hanekenfähr (DolWin4); Gleichstrommit den Bestandteilen– Grenzkorridor II – Emden– Emden – Wietmarschen/Geeste– Wietmarschen/Geeste – Hanekenfähr Höchstspannungsleitung Grenzkorridor II – Hanekenfähr (BorWin4); Gleichstrom mit den Bestandteilen– Grenzkorridor II – Emden– Emden – Wietmarschen/Geeste– Wietmarschen/Geeste – Hanekenfähr Höchstspannungsleitung Grenzkorridor V – Büttel (BorWin6); Gleichstrom
Kennzeichnung F B, E A2, G B, E A2, G B
Kennzeichnung A1 = Länderübergreifende Leitung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 A2 = Grenzüberschreitende Leitung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 2 B = Pilotprojekt für verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen im Sinne von § 2 Absatz 2 C = Offshore-Anbindungsleitung im Sinne von § 2 Absatz 3 D = Pilotprojekt für Hochtemperaturleiterseile im Sinne von § 2 Absatz 4 E = Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung im Sinne von § 2 Absatz 5 F = Pilotprojekt für Erdkabel zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung im Sinne von § 2 Absatz 6 G = Kennzeichnung für den Verzicht auf die Bundesfachplanung im Sinne von § 2 Absatz 7 H = Kennzeichnung für die Leerrohrmöglichkeit im Sinne von § 2 Absatz 8
1005
Franke
Teil 6 PlfZ Verordnung über die Zuweisung der Planfeststellung für länderübergreifende und grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen auf die Bundesnetzagentur (Planfeststellungszuweisungverordnung – PlfZV) § 1 Durchführung der Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen führt die Planfeststellungsverfahren nach Abschnitt 3 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz durch für 1. die gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbedarfsplangesetzes in der Anlage zu diesem Gesetz mit „A1“ gekennzeichneten länderübergreifenden Höchstspannungsleitungen und 2. die gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 des Bundesbedarfsplangesetzes in der Anlage zu diesem Gesetz mit „A2“ gekennzeichneten grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen. Nach dem im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern erzielten Kompromiss (vgl. 1 Einl. Rn 68 ff; § 31 NABEG Rn 6 ff) weist § 31 Abs. 1 NABEG die Zuständigkeit für den Vollzug des Gesetzes der BNetzA und den zuständigen Landesbehörden zu; letzteren obliegt nach § 31 Abs. 2 NABEG allerdings nur der Vollzug der Regelungen über die Planfeststellung (§§ 18 ff NABEG), soweit diese nicht durch Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 2 NABEG auf die BNetzA übertragen worden ist. Mit der PlfZV wird von dieser Möglichkeit, auch die Zuständigkeit für den Vollzug der §§ 18 ff NABEG auf die BNetzA zu übertragen, Gebrauch gemacht. Hierfür spricht vor allem, dass eine einheitliche und stringente Handhabung der wichtigen länderübergreifenden und grenzüberschreitenden Vorhaben des Bundesbedarfsplans gewährleistet wird und die Verzahnung von Bundesfachplanung und Planfeststellungsverfahren im Interesse der Beschleunigung der Gesamtplanung voll zum Tragen kommt.1 Hinzu kommt der Vorteil einer einheitlichen Ansprechstelle für die Unternehmen in einem Planungsprozess mit zwei aufeinander aufbauenden Planungsstufen.2 § 1 schöpft die Ermächtigung für alle im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend 2 oder grenzüberschreitend gekennzeichneten Vorhaben (A1, A2) aus. Für Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land (§ 2 Abs. 3 BBPlG) wird keine Regelung getroffen, weil der Bundesbedarfsplan derzeit keine Vorhaben dieser Art enthält.3 Die in Nr. 2 bisher enthaltene Einschränkung der Zuständigkeitsübertragung auf die BNetzA 3 für grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen ist wegen der Aufhebung der SeeAnlV zum 1.1.2017 entfallen.4 Die Zuständigkeit des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie ergibt sich nunmehr aus § 44 WindSeeG sowie aus § 2 Abs. 2 SeeAnlG.5 Dass § 1 Nr. 2 nicht auf die Nachfolgeregelungen der SeeAnlV Bezug nimmt, ist unschädlich, wenn der Gesetzgeber des BBPlG bei Anbindungsleitungen, die dem SeeAnlG unterfallen, weiterhin auf die Kennzeichnung „A2“ verzichtet. Dann ist bereits der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet (vgl. § 2 NABEG Rn 29). 1 2 3 4
BR-Drucks. 333/13, S. 3. BR-Drucks. 333/13, S. 3. BR-Drucks. 333/13, S. 6. Art. 25 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien v. 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2258). 5 Spieth/Lutz-Bachmann/Spieth, Offshore-Windenergierecht, § 44 WindSeeG Rn 14 ff. 1007 https://doi.org/10.1515/9783110670516-090
Bader
§ 2 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 27. Juli 2013 in Kraft. 1 Die Zuständigkeit für Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff NABEG konnte ohne Übergangsregelung auf die BNetzA übertragen werden, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung keine Planfeststellungsverfahren für Vorhaben, die im Bundesbedarfsplan als länderübergreifend oder grenzüberschreitend gekennzeichnet waren, eingeleitet waren.
Bader https://doi.org/10.1515/9783110670516-091
1008
Teil 7 WindSeeG Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (WindSeeG) – Auszug – …
Teil 2 Fachplanung und Voruntersuchung Abschnitt 1 Flächenentwicklungsplan …
§ 4 Zweck des Flächenentwicklungsplans (1) Der Flächenentwicklungsplan trifft fachplanerische Festlegungen für die ausschließliche Wirtschaftszone. Er kann fachplanerische Festlegungen für Gebiete, Flächen, die zeitliche Reihenfolge der Ausschreibungen der Flächen, die Kalenderjahre der Inbetriebnahmen und die voraussichtlich zu installierende Leistung sowie für Testfelder und sonstige Energiegewinnungsbereiche für das Küstenmeer treffen. Nach Maßgabe einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund, vertreten durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, und dem zuständigen Land werden die einzelnen Festlegungen für das Küstenmeer näher bestimmt. Das Land stellt dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die jeweils dafür erforderlichen Informationen und Unterlagen einschließlich derjenigen, die für die Strategische Umweltprüfung erforderlich sind, zur Verfügung. (2) Für den Ausbau von Windenergieanlagen auf See und der hierfür erforderlichen OffshoreAnbindungsleitungen trifft der Flächenentwicklungsplan Festlegungen mit dem Ziel, 1. die Ausbauziele nach § 1 Absatz 2 Satz 1 zu erreichen, wobei die bis zum Jahr 2030 installierte Leistung 20 Gigawatt überschreiten darf, 2. die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See räumlich geordnet und flächensparsam auszubauen und 3. eine geordnete und effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen zu gewährleisten und Offshore-Anbindungsleitungen im Gleichlauf mit dem Ausbau der Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See zu planen, zu errichten, in Betrieb zu nehmen und zu nutzen. (3) Der Flächenentwicklungsplan kann für Windenergieanlagen auf See und sonstige Energiegewinnungsanlagen, die jeweils nicht an das Netz angeschlossen werden, Festlegungen mit dem Ziel treffen, die praktische Erprobung und Umsetzung von innovativen Konzepten für nicht an das Netz angeschlossene Energiegewinnung räumlich geordnet und flächensparsam zu ermöglichen.
Übersicht I. 1. 2. 3. II.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang – das „zentrale Mo2 dell“ 5 Entstehungsgeschichte
III.
Räumliche Reichweite des FEP (Abs. 1)
IV.
Ziele des FEP (Abs. 2)
V.
Anlagen ohne Netzanschluss (Abs. 3)
7
9 13
Der FEP als Fachplanung (Abs. 1 S. 1, 6 S. 2)
1009 https://doi.org/10.1515/9783110670516-092
Bader
§ 4 WindSeeG
I. Allgemeines
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 § 4 enthält grundlegende Aussagen zum Flächenentwicklungsplan (FEP), der für die Jahre ab 2026 das zentrale Planungsinstrument darstellt. Durch den neuen FEP sollen der Ausbau der Windenergieanlagen auf See und der Offshore-Anbindungsleitungen optimal aufeinander abgestimmt werden.1 Abs. 1 S. 1 und 2 stellen klar, dass es sich um ein Instrument der Fachplanung handelt. Weiter bestimmt Abs. 1 den räumlichen Anwendungsbereich sowie Einzelheiten zu Festlegungen im Küstenmeer. Abs. 2 definiert die Ziele der Festlegungen des FEP. Der in 2019 neu hinzugefügte Abs. 3 ermöglicht Festlegungen speziell für Anlagen ohne Netzanschluss. Tipp Der bereits einmal fortgeschriebene Flächenentwicklungsplan, der FEP 2020, ist mit der zugehörigen Dokumentation auf den Seiten des BSH abrufbar: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresfachplanung/Fortschreibung/fortschreibungflaechenentwicklungsplan_node.html
2. Regelungszusammenhang – das „zentrale Modell“ 2 Das am 1.1.2017 in Kraft getretene WindSeeG hat zusammen mit dem zeitgleich geschaffenen EEG 2017 einen (weiteren2) Systemwechsel für Windenergieanlagen auf See gebracht: Die Förderung für Windenergie auf See soll wettbewerblich ermittelt werden. Dazu wurde ein Ausschreibungssystem eingeführt, d. h. die EEG-Förderung wurde vom Erhalt eines Zuschlags in den Ausschreibungen abhängig gemacht. §§ 26 ff führten ein Übergangssystem ein mit zwei Ausschreibungen für „bestehende Projekte“, die bereits ein bestimmtes Stadium in der Projektentwicklung erreicht hatten und in den Jahren 2021 bis 2025 in Betrieb genommen werden sollen. §§ 16 ff regeln die Ausschreibungen im sogenannten zentralen System für Projekte mit Inbetriebnahme ab dem Jahr 2026. Das zentrale Modell lässt sich in aller Kürze wie folgt skizzieren: In diesem Modell konkurrieren die Bieter in der Ausschreibung um die Errichtung eines Windparks auf einer behördlich voruntersuchten Fläche. Nur wer einen Zuschlag erhält, kann auf der Fläche die Planfeststellung für Windenergieanlagen beantragen (§ 46), bekommt einen Anspruch auf die Marktprämie und darf die Anbindungskapazität nutzen (§ 37).3 3 Hiermit einher ging eine Neuordnung des Planungsregimes. Gemäß § 7 werden BFO und ONEP für Festlegungen ab 2016 durch den FEP und teilweise durch den NEP abgelöst. Der FEP ist dabei das zentrale Planungsinstrument und gemäß § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 EnWG den OffshorePlanungen im NEP zugrunde zu legen. Neben den bisher im BFO vorgesehenen Festlegungen enthält der FEP zusätzliche Festlegungen. Teils handelt es sich dabei um Festlegungen, die bislang Teil des ONEP waren.4 Teils wurden im Zusammenhang mit dem zentralen Ausschreibungssystem neue Arten von Festlegungen eingeführt. So werden unter anderem sogenannte 1 BT-Drucks. 18/8860, S. 269. 2 Zum früheren Systemwechsel von einem individuellen Anspruch auf Netzanbindung für jedes Projekt hin zu einem System der Mengensteuerung und koordinierten Gesamtplanung des Ausbaus des Offshore-Netzes vgl. § 17d EnWG Rn 2. 3 Zum neuen Rechtsrahmen z. B. Uibeleisen, NVwZ 2017, 7 sowie Plicht, EnWZ 2016, 550 ff, Schulz/Appel, ER 2016, 231 ff (allerdings jeweils ohne die Änderungen durch das Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 22.12.2016, BGBl. I 2016 S. 3106). 4 Entsprechend sieht § 17c Abs. 1 S. 3 EnWG vor, dass der ONEP für Maßnahmen, deren geplanter Zeitpunkt der Fertigstellung nach dem Jahr 2025 liegt, nur noch unter dem Vorbehalt bestätigt wird, dass der FEP eine entsprechende Festlegung enthält. Bader
1010
III. Räumliche Reichweite des FEP (Abs. 1)
WindSeeG § 4
Gebiete für Windenergieanlagen auf See und Flächen für die Ausschreibungen festgelegt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2). Zugleich wird die in den Gebieten und Flächen jeweils voraussichtlich zu installierende Leistung von Windenergieanlagen auf See vorgegeben (§ 5 Abs. 1 Nr. 5). Der FEP regelt weiter das jeweilige Jahr der Ausschreibung der festgelegten Flächen im zentralen Modell (§ 5 Abs. 1 Nr. 3) und die vorgesehenen Jahre und Quartale der Inbetriebnahme von Windparks und Anbindungsleitungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 4). Die Umsetzung des FEP (und NEP) hinsichtlich Errichtung und Betrieb der geplanten Netz- 4 anbindungen obliegt gemäß § 17d EnWG den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibern.
3. Entstehungsgeschichte § 4 wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerba- 5 ren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20165 geschaffen. Durch das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften vom 17.12.20186 wurde Abs. 3 eingeführt. Dieser ermöglicht Festlegungen für Energiegewinnungsanlagen, die nicht an das Netz angeschlossen werden. Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.20197 wurden Ergänzungen in Abs. 1 bezüglich der Festlegungen für das Küstenmeer vorgenommen. Durch das Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften vom 3.12.20208 wurde Abs. 2 mit Blick auf die geänderten Ausbauziele angepasst.
II. Der FEP als Fachplanung (Abs. 1 S. 1, S. 2) In § 4 Abs. 1 S. 1 und S. 2 wird jeweils klargestellt, dass es sich bei den Festlegungen des FEP 6 um Fachplanung handelt.9
III. Räumliche Reichweite des FEP (Abs. 1) Nach Abs. 1 S. 1 trifft der FEP fachplanerische Festlegungen für die ausschließliche Wirt- 7 schaftszone. Während in der Praxis früher jeweils getrennte BFO für die Nordsee und Ostsee erstellt wurden (BFO-N und BFO-O), schließt der FEP 2020 sowohl die AWZ der Nordsee als auch der Ostsee ein. Eine getrennte Planung wäre aufgrund des Bezugs zum einheitlichen zentralen Ausschreibungssystem nicht sinnvoll. Optional („kann“) sind im FEP auch die in Abs. 1 S. 2 aufgelisteten Festlegungen für das 8 Küstenmeer möglich. Dies steht im Einklang damit, dass für die Ausschreibung im zentralen Modell sowohl Flächen in der AWZ als auch solche im Küstenmeer in Betracht kommen.10 Für die nähere Bestimmung solcher Festlegungen ist gemäß Abs. 1 S. 3 eine Verwaltungsvereinba-
5 6 7 8 9
BGBl. I 2016 S. 2258. BGBl. I 2018 S. 2549. BGBl. I 2019 S. 706. BGBl. I 2020 S. 2682. Der Bundesfachplan Offshore wurde trotz der enthaltenen Elemente der Raumordnung ebenfalls als Fachplanung angesehen, vgl. § 17a EnWG Rn 3. Zum Rechtsschutz siehe § 6 Abs. 9. 10 Vgl. §§ 14 Abs. 1 und § 16 i. V. m. § 11 Abs. 1 WindSeeG. 1011
Bader
§ 4 WindSeeG
V. Anlagen ohne Netzanschluss (Abs. 3)
rung mit dem jeweiligen Bundesland erforderlich. Mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern wurde eine solche Verwaltungsvereinbarung geschlossen.11
IV. Ziele des FEP (Abs. 2) 9 Abs. 2 gibt die Ziele der Planung vor, welche mit dem FEP verfolgt werden sollen. 10 Nr. 1 verlangt die Erreichung der Ausbauziele des § 1 Abs. 2 S. 1. Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich hierbei um die wesentliche Steuerungsgröße beim Ausbau der Windenergieanlagen auf See und der erforderlichen Offshore-Anbindungsleitungen.12 Das WindSeeG verlangt derzeit eine Steigerung der installierten Leistung von Windenergieanlagen auf See auf 20 GW bis zum Jahr 2030 und auf 40 GW bis zum Jahr 2040. Anzumerken ist, dass das Ausbauziel für 2040 zugleich eine Deckelung darstellt; es soll „erreicht“, aber nicht überschritten werden. Dagegen gestattet Nr. 1 ausdrücklich, dass die bis 2030 installierte Leistung 20 GW überschreiten darf. Nr. 2 verlangt einen räumlich geordneten und flächensparsamen Ausbau der Stromer11 zeugung aus Windenergieanlagen auf See. Dies umfasst auch die Anbindungsleitungen.13 Vom Gesetzgeber gewollt ist ein ressourcenschonender und effizienter Ausbau.14 Die Ressourcenschonung dürfte sich auf die Meeresumwelt beziehen, während die Effizienz die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus meinen dürfte.15 Umweltschutz und Kosteneffizienz werden auch in § 1 als generelle Ziele des WindSeeG angesprochen. Nr. 3 verlangt eine geordnete und effiziente Nutzung der Offshore-Anbindungsleitungen 12 und einen Gleichlauf zwischen dem Ausbau der Anbindungsleitungen und der Offshore-Erzeugungskapazität. Die Gesetzesbegründung betont, dass es sich bei der Synchronisierung von Ausbau und Betrieb der Windenergieanlagen auf See einerseits und der Offshore-Netzanbindungen andererseits um den zentralen Aspekt des Gesetzes handelt.16 Mit der Anforderung, dass bereits bestehende Offshore-Anbindungsleitungen effizient genutzt und ausgelastet werden, dient der Flächenentwicklungsplan auch dem Ziel, Leerstände auf den Anbindungsleitungen zu vermeiden und so die volkswirtschaftlichen Folgekosten zu senken.17 § 5 Abs. 4 normiert nähere Kriterien zur zeitlichen Staffelung des Ausbaus gemäß der Zielsetzung des Abs. 2 Nr. 3.
V. Anlagen ohne Netzanschluss (Abs. 3) 13 Abs. 3 ermöglicht Festlegungen für Windenergieanlagen oder sonstige Energiegewinnungsanlagen18 jeweils ohne Netzanschluss. Während die Fachplanung bisher auf Windenergieanlagen mit Netzanschluss ausgerichtet war, sollen nun auch Energiegewinnungskonzepte ohne Netzanschluss ermöglicht werden.19 Gemäß der Formulierung in Abs. 3 geht es dabei zunächst um die praktische Erprobung von innovativen Konzepten. Der bereits in Abs. 2 Nr. 2 normierte
11 Abrufbar unter https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresfachplanung/Flaechenentwicklungsplan/_Anlagen/ Downloads/FEP/Flaechenentwicklungsplan_Verwaltungsvereinbarung_BSH_Mecklenburg_Vorpommern.html. 12 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. 13 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. 14 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. 15 BK-EnR/Kerth § 4 Rn 10. 16 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. 17 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. 18 Definiert in § 3 Nr. 7. 19 BR-Drucks. 563/18, S. 145. Bader
1012
V. Anlagen ohne Netzanschluss (Abs. 3)
WindSeeG § 4
Grundsatz des räumlich geordneten und flächensparsamen Ausbaus ist auch für Anlagen ohne Netzanschluss ausdrücklich zu beachten. Mit der Einführung von Regelungen zu Anlagen zur Energiegewinnung ohne Netzanschluss 14 reagiert der Gesetzgeber auf Entwicklungen in der Praxis. Entwickler erwägen z. B., den von einem Windpark erzeugten Strom direkt auf See zum Betrieb einer Elektrolyseanlage zur Erzeugung von Wasserstoff zu nutzen. Hierfür sind die im FEP für die Errichtung von Windparks ausgewiesenen Flächen nicht gedacht; diese sind Windparks mit Netzanschluss vorbehalten.20 § 5 Abs. 2a sieht daher die Ausweisung von „sonstigen Energiegewinnungsbereichen“21 vor.
20 BR-Drucks. 563/18, S. 144; in § 3 Nr. 4 inzwischen entsprechend konkretisiert. 21 Definiert in § 3 Nr. 8. Die erste Ausweisung von zwei Bereichen ist im FEP 2020 erfolgt, vgl. dort S. 123 ff. 1013
Bader
§ 5 Gegenstand des Flächenentwicklungsplans (1)
(2)
Der Flächenentwicklungsplan enthält für den Zeitraum ab dem Jahr 2026 bis mindestens zum Jahr 2030 für die ausschließliche Wirtschaftszone und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen für das Küstenmeer Festlegungen über 1. Gebiete; im Küstenmeer können Gebiete nur festgelegt werden, wenn das zuständige Land die Gebiete als möglichen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans ausgewiesen hat, 2. Flächen in den nach Nummer 1 festgelegten Gebieten; im Küstenmeer können Flächen nur festgelegt werden, wenn das zuständige Land die Flächen als möglichen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans ausgewiesen hat, 3. die zeitliche Reihenfolge, in der die festgelegten Flächen zur Ausschreibung nach Teil 3 Abschnitt 2 kommen sollen, einschließlich der Benennung der jeweiligen Kalenderjahre, 4. die Kalenderjahre einschließlich des Quartals im jeweiligen Kalenderjahr, in denen auf den festgelegten Flächen jeweils die bezuschlagten Windenergieanlagen auf See und die entsprechende Offshore-Anbindungsleitung in Betrieb genommen werden sollen sowie die Quartale im jeweiligen Kalenderjahr, in welchen der Kabeleinzug der Innerparkverkabelung der bezuschlagten Windenergieanlagen auf See an die Konverter- oder die Umspannplattform erfolgen soll, 5. die in den festgelegten Gebieten und auf den festgelegten Flächen jeweils voraussichtlich zu installierende Leistung von Windenergieanlagen auf See, 6. Standorte von Konverterplattformen, Sammelplattformen und, soweit wie möglich, Umspannanlagen, 7. Trassen oder Trassenkorridore für Offshore-Anbindungsleitungen, 8. Orte, an denen die Offshore-Anbindungsleitungen die Grenze zwischen der ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Küstenmeer überschreiten, 9. Trassen oder Trassenkorridore für grenzüberschreitende Stromleitungen, 10. Trassen oder Trassenkorridore für mögliche Verbindungen der in den Nummern 1, 2, 6, 7 und 9 genannten Anlagen, Trassen oder Trassenkorridore untereinander und 11. standardisierte Technikgrundsätze und Planungsgrundsätze. Darüber hinaus kann der Flächenentwicklungsplan wesentliche Zwischenschritte für den gemeinsamen Realisierungsfahrplan nach § 17d Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes vorgeben. Der Flächenentwicklungsplan kann für den Zeitraum ab dem Jahr 2021 1. Folgendes festlegen: a) küstennah außerhalb von Gebieten Testfelder für insgesamt höchstens 40 Quadratkilometer; Testfelder können im Küstenmeer nur festgelegt werden, wenn das Land den Bereich als möglichen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans und zumindest teilweise zu Testzwecken ausgewiesen hat; wird ein Testfeld tatsächlich nicht oder in nur unwesentlichem Umfang genutzt, kann ein späterer Flächenentwicklungsplan die Festlegung des Testfeldes aufheben und stattdessen Gebiete und Flächen festlegen, b) die Kalenderjahre, in denen auf den festgelegten Testfeldern jeweils erstmals Pilotwindenergieanlagen auf See und die entsprechende Testfeld-Anbindungsleitung in Betrieb genommen werden sollen, und c) die Kapazität der entsprechenden Testfeld-Anbindungsleitung; 2. für Gebiete in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer verfügbare Netzanbindungskapazitäten auf vorhandenen oder in den folgenden Jahren noch fertigzustellenden Offshore-Anbindungsleitungen ausweisen, die nach § 70 Absatz 2 Pilotwindenergieanlagen auf See zugewiesen werden können.
Bader https://doi.org/10.1515/9783110670516-093
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Gegenstand des Flächenentwicklungsplans
WindSeeG § 5
Der Flächenentwicklungsplan kann 1. räumliche Vorgaben für die Errichtung von Pilotwindenergieanlagen auf See in Gebieten und in Testfeldern machen; für Gebiete und Testfelder im Küstenmeer können sie in der Verwaltungsvereinbarung nach § 4 Absatz 2 näher bestimmt werden, 2. die technischen Gegebenheiten der Offshore-Anbindungsleitung oder der Testfeld-Anbindungsleitung benennen und 3. sich aus diesen Gegebenheiten ergebende technische Voraussetzungen für den Netzanschluss von Pilotwindenergieanlagen auf See benennen. (2a) Der Flächenentwicklungsplan kann sonstige Energiegewinnungsbereiche außerhalb von Gebieten für insgesamt 25 bis 70 Quadratkilometer festlegen und räumliche sowie technische Vorgaben für sonstige Energiegewinnungsanlagen für Leitungen oder Kabel, die Energie oder Energieträger aus diesen abführen, machen oder bei einer Knappheit der Trassen solche Leitungen oder Kabel ausschließen. Im Küstenmeer können sonstige Energiegewinnungsbereiche nur festgelegt werden, wenn das zuständige Land die sonstigen Energiegewinnungsbereiche als möglichen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans ausgewiesen hat. Wird ein sonstiger Energiegewinnungsbereich tatsächlich nicht oder in nur unwesentlichem Umfang genutzt, kann ein späterer Flächenentwicklungsplan die Festlegung des sonstigen Energiegewinnungsbereichs aufheben und stattdessen Gebiete und Flächen festlegen. (3) Festlegungen nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 sowie 6 bis 11 und Festlegungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 2a sind unzulässig, wenn überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Diese Festlegungen sind insbesondere unzulässig, wenn 1. sie mit den Erfordernissen der Raumordnung nach § 17 Absatz 1 des Raumordnungsgesetzes nicht übereinstimmen, 2. sie die Meeresumwelt gefährden, 3. sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen, 4. sie die Sicherheit der Landes- und Bündnisverteidigung beeinträchtigen, 5. im Fall einer Festlegung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 das Gebiet oder die Fläche in einem nach § 57 des Bundesnaturschutzgesetzes ausgewiesenen Schutzgebiet liegt oder 6. im Fall einer Festlegung nach Absatz 2a der sonstige Energiegewinnungsbereich in einem nach § 57 des Bundesnaturschutzgesetzes ausgewiesenen Schutzgebiet liegt. Soweit das Gebiet oder die Fläche in einem vom Bundesfachplan Offshore nach § 17a des Energiewirtschaftsgesetzes festgelegten Cluster oder einem Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebiet eines Raumordnungsplans nach § 17 Absatz 1 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes liegt, muss die Zulässigkeit der Festlegungen nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 nur geprüft werden, soweit zusätzliche oder andere erhebliche Gesichtspunkte erkennbar oder Aktualisierungen und Vertiefungen der Prüfung erforderlich sind. Für die Strategische Umweltprüfung ist § 39 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend anzuwenden. Für durch ein Land ausgewiesene Gebiete und Flächen im Küstenmeer stellt das Land sämtliche Informationen und Unterlagen einschließlich derjenigen, die für die Strategische Umweltprüfung erforderlich sind, zur Verfügung, die für die Prüfung benötigt werden, ob die Festlegung dieser Gebiete und Flächen zulässig ist. (4) Im Flächenentwicklungsplan werden einzelne Flächen nach Absatz 1 Nummer 2 und gebietsübergreifend die zeitliche Reihenfolge, in der die Flächen zur Ausschreibung kommen sollen, mit dem Ziel festgelegt, dass ab dem Jahr 2026 Windenergieanlagen auf See auf diesen Flächen in Betrieb genommen und zeitgleich die zur Anbindung dieser Flächen jeweils erforderlichen Offshore-Anbindungsleitungen fertiggestellt 1015
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§ 5 WindSeeG
Gegenstand des Flächenentwicklungsplans
werden sowie jeweils vorhandene Offshore-Anbindungsleitungen effizient genutzt und ausgelastet werden. Kriterien für die Festlegung der Flächen und die zeitliche Reihenfolge ihrer Ausschreibung sind insbesondere 1. die effiziente Nutzung und Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Flächenentwicklungsplans a) bereits vorhanden sind oder b) im Offshore-Netzentwicklungsplan vorbehaltlos bestätigt sind, 2. die geordnete und effiziente Planung, Errichtung, Inbetriebnahme, Nutzung und Auslastung für die im Jahr 2026 und in den folgenden Jahren noch fertigzustellenden Offshore-Anbindungsleitungen und Netzverknüpfungspunkte an Land; hierbei werden auch die Planung und der tatsächliche Ausbau von Netzen an Land berücksichtigt, 3. die räumliche Nähe zur Küste, 4. Nutzungskonflikte auf einer Fläche, 5. die voraussichtliche tatsächliche Bebaubarkeit einer Fläche, 6. die voraussichtlich zu installierende Leistung auf einer Fläche und die sich daraus ergebende Eignung der Fläche für eine kosteneffiziente Stromerzeugung und 7. eine unter Berücksichtigung der insgesamt vorhandenen Potentiale ausgewogene Verteilung des Ausschreibungsvolumens auf Flächen in der Nordsee und in der Ostsee. Im Flächenentwicklungsplan werden die Gebiete sowie die Flächen und die zeitliche Reihenfolge nach Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 4 so festgelegt, dass zum Gebotstermin nach § 17 Flächen ausgeschrieben werden können mit einer voraussichtlich zu installierenden Leistung von etwa 1 Gigawatt pro Jahr in den Jahren 2021 bis 2023, etwa 3 Gigawatt im Jahr 2024 und etwa 4 Gigawatt im Jahr 2025, wobei Abweichungen zulässig sind, solange das Ausbauziel für 2030 nach § 1 Absatz 2 erreicht wird. Die Festlegungen im Flächenentwicklungsplan stellen sicher, dass in den Gebotsterminen ab dem Jahr 2026 Flächen ausgeschrieben werden, die einen stetigen Zubau gewährleisten. Zwischen dem Kalenderjahr der Ausschreibung für eine Fläche und dem Kalenderjahr der Inbetriebnahme der bezuschlagten Windenergieanlagen auf See auf dieser Fläche müssen mindestens so viele Monate liegen, dass die Realisierungsfristen nach § 59 eingehalten werden können.
(5)
Übersicht I. 1. 2. 3.
Allgemeines 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang Entstehungsgeschichte
II.
Anwendungsbereich
III.
Zwingend vorgesehene Festlegungen (Abs. 1 7 S. 1) und Zwischenschritte (Abs. 1 S. 2) 8 Gebiete (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) 11 Flächen (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) Reihenfolge und Kalenderjahre der Ausschrei13 bung (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) Kalenderjahre und Quartale der Inbetriebnahme 15 (Abs. 1 S. 1 Nr. 4)
5. 1 2 3
6. 7.
4 8.
1. 2. 3. 4.
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IV. 1. 2.
Zu installierende Leistung (Abs. 1 S. 1 17 Nr. 5) 19 Standorte (Abs. 1 S. 1 Nr. 6) Trassen, Trassenkorridore, Orte, Technik- und Planungsgrundsätze (Abs. 1 S. 1 Nr. 7 bis 20 11) Vorgabe von Zwischenschritten (Abs. 1 21 S. 2) Testfelder und Pilotwindenergieanlagen 22 (Abs. 2) 23 Testfelder (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2 S. 1 29 Nr. 2)
1016
3. Entstehungsgeschichte
WindSeeG § 5
V.
Sonstige Energiegewinnungsbereiche 31 (Abs. 2a)
VII. Kriterien für Festlegung der Flächen und zeitli52 che Staffelung (Abs. 4)
VI. 1. 2. 3.
38 Unzulässige Festlegungen (Abs. 3) 38 Allgemeines 41 Ausschlussgründe (Abs. 3 S. 2) Einschränkung der Prüfung (Abs. 3 S. 3, 49 4)
VIII. Nähere Vorgaben zur Planung von Ausschrei62 bung und Inbetriebnahme (Abs. 5)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm § 5 listet die im FEP erforderlichen bzw. möglichen Festlegungen auf. Abs. 1 enthält eine Liste 1 von vorgesehenen Festlegungen. Abs. 2 ermöglicht Festlegungen zu Testfeldern und Pilotwindenergieanlagen. Abs. 2a ermöglicht Festlegungen zu sonstigen Energiegewinnungsbereichen, d. h. für Anlagen ohne Netzanschluss. Abs. 3 enthält einen Katalog von Unzulässigkeitsgründen für Festsetzungen sowie Regelungen zur Prüfung. Abs. 4 konkretisiert Vorgaben zur Festlegung von Flächen und zur Reihenfolge, in der diese nach §§ 16 ff zur Ausschreibung kommen sollen. Abs. 5 enthält weitere konkretisierende Vorgaben für die Planung mit Blick auf die Erreichung der Ausbauziele des § 1 Abs. 2 S. 1.
2. Regelungszusammenhang Die Vorschrift bestimmt die einzelnen Regelungsgegenstände des FEP, während dessen 2 Zweck bereits in § 4 bestimmt wurde.1 Das Verfahren zur Erstellung des FEP bestimmt sich nach § 6, die Fortschreibung nach § 8. § 7 enthält eine grundsätzliche Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit, d. h. der Ablösung des BFO und des ONEP durch den FEP (und teilweise durch den NEP nach § 12b EnWG).
3. Entstehungsgeschichte § 5 wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerba- 3 ren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20162 geschaffen. Das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.7.20173 nahm eine redaktionelle Anpassung an das geänderte UVPG vor. Durch das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften vom 17.12.20184 wurden Regelungen zur Festlegung „sonstiger Energiegewinnungsbereiche“ eingefügt, insbesondere der neue Abs. 2a. Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.20195 wurden weitere Änderungen u. a. bezüglich von Testfeldern vorgenommen. Durch das Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes
1 2 3 4 5
Vgl. zur Rolle des FEP im zentralen System § 4 Rn 2 ff. BGBl. I 2016 S. 2258. BGBl. I 2017 S. 2808. BGBl. I 2018 S. 2549. BGBl. I 2019 S. 706.
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§ 5 WindSeeG
III. Zwingende Festlegungen/Zwischenschritte
und anderer Vorschriften vom 3.12.20206 wurden u. a. die Regelungen zum Zubau an die neuen Ausbauziele angepasst und flexibilisiert.
II. Anwendungsbereich 4 Hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereichs greift Abs. 1 den bereits zu § 4 erläuterten Grundsatz auf: Die Festlegungen sind für die AWZ erforderlich; bestimmte Festlegungen können auch für das Küstenmeer getroffen werden, sofern die erforderliche Verwaltungsvereinbarung vorliegt. Der zeitliche Geltungsbereich betrifft zunächst den Zeitraum von 2026 bis mindestens 5 zum Jahr 2030. Gemeint ist hier jeweils der Zeitpunkt der Fertigstellung von Anlagen.7 Der FEP kann jedoch auch Festlegungen für die Zeit nach 2030 enthalten,8 wie durch das Wort „mindestens“ impliziert wird. Weiter kann eine spätere Fortschreibung nach § 8 den Planungshorizont nach hinten ausdehnen. In der Gesetzesbegründung wurde darauf hingewiesen, dass für unterschiedliche Festlegungen ein unterschiedlicher Betrachtungszeitraum gewählt werden kann. Es biete sich an, bestimmte Elemente der räumlichen Planung mit einem längeren Betrachtungshorizont festzulegen, um einen stabilen Rahmen zu schaffen (bzw. zu erhalten). Als Beispiele nennt die Gesetzesbegründung Gebiete, Trassen oder Trassenkorridore sowie die Grenzorte nach Abs. 1 Nr. 8. Für andere Festlegungen mag ein kürzerer Planungshorizont sinnvoll sein, da ggf. in den kommenden Jahren Veränderungen der Rahmenbedingungen erfolgen können. Als Beispiele nennt die Gesetzesbegründung die Festlegung von Flächen, die zeitliche Reihenfolge, in der diese zur Ausschreibung kommen sollen, die geplanten Inbetriebnahmejahre für Windenergieanlagen und Anbindungsleitungen oder die auf den Flächen jeweils voraussichtlich zu installierende Leistung.9 Für den Zeitraum bis einschließlich 2025 gelten weiterhin BFO und ONEP, vgl. näher § 7. 6 Nach § 5 Abs. 2 kann der FEP jedoch für Pilotwindenergieanlagen auf See10 und für Testfelder11 bereits für die Zeit ab 2021 Festlegungen treffen. Die §§ 17a, b EnWG haben für BFO und ONEP keine entsprechenden Festlegungen vorgesehen.
III. Zwingend vorgesehene Festlegungen (Abs. 1 S. 1) und Zwischenschritte (Abs. 1 S. 2) 7 Der FEP „enthält“ die in Abs. 1 S. 1 aufgelisteten Festlegungen. Für eine ähnliche Auflistung in § 17a EnWG galt, dass Festlegungen nur aufzunehmen waren, soweit sie planungsrechtlich erforderlich waren.12 Das dürfte hier grundsätzlich ebenso gelten. Anders als bei den ausdrücklich als fakultativ normierten Planungsmöglichkeiten der Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 2a wird eine solche Erforderlichkeit bei den in Abs. 1 S. 1 genannten Festlegungen regelmäßig vorliegen. Der Gesetzgeber hat die Auflistung als abschließend bezeichnet,13 jedoch wurden inzwischen in weiteren Absätzen des § 5 weitere Festlegungen ermöglicht. Man wird somit nunmehr sagen müssen, dass die an verschiedener Stelle in § 5 enthaltenen Festlegungsmöglichkeiten insgesamt abschließend sind. 6 BGBl. I 2020 S. 2682. 7 Vgl. § 7 Rn 4. 8 BT-Drucks. 18/8860, S. 271. 9 BT-Drucks. 18/8860, S. 271. 10 Definiert in § 3 Nr. 6. 11 Definiert in § 3 Nr. 9. 12 Kment/Schink § 17a Rn 68. 13 BT-Drucks. 18/8860, S. 270. Bader
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2. Flächen (Abs. 1 S. 1 Nr. 2)
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1. Gebiete (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) „Gebiete“ sind Bereiche für die Errichtung und den Betrieb für Windenergieanlagen auf See, 8 die an das Netz angeschlossen werden (§ 3 Nr. 3). Sie entsprechen grundsätzlich den bislang im BFO enthaltenen Clustern.14 Allerdings wurden im FEP 2020 nicht alle bisherigen Cluster als Gebiete festgesetzt. Das BSH hatte bei zwei Clustern naturschutzrechtliche Bedenken und hat diese daher nur als Gebiete unter Prüfung für eine etwaige Nachnutzung (d. h. nach Ende der Betriebsdauer der dort bereits befindlichen Windparks) ausgewiesen; teils wurde auch der Zuschnitt angepasst.15 Im Küstenmeer ist gemäß § 4 Abs. 1 generell eine Verwaltungsvereinbarung mit dem jewei- 9 ligen Land erforderlich. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 verlangt zusätzlich, dass das Land die Gebiete zuvor als möglichen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans ausgewiesen hat. In der Gesetzesbegründung wird näher erläutert, wie dies nach der Vorstellung des Gesetzgebers gehandhabt werden soll: Die Verwaltungsvereinbarung zwischen BSH und Land solle näher festschreiben, welche Voraussetzungen ein Gebiet erfüllen muss, um vom betreffenden Land als Gegenstand des Flächenentwicklungsplans ausgewiesen werden zu dürfen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Gebiete und Flächen – gleich, ob in der ausschließlichen Wirtschaftszone oder im Küstenmeer – einen vergleichbaren Standard erreichen, um für den Flächenentwicklungsplan in Betracht zu kommen. Der Gesetzgeber meint, dass dafür in der Verwaltungsvereinbarung meist festgeschrieben werden solle, dass für die Ausweisung durch das Land eine Strategische Umweltprüfung erforderlich ist, die das Land durchführt. Auch sei es Aufgabe des zuständigen Landes, die ggf. erforderlichen Voraussetzungen in der Raumordnung zu schaffen. Das Land sollte zudem bereits bei Abschluss der Verwaltungsvereinbarung sicherstellen, dass in dem zulassungsrechtlichen Verfahren für Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer, das nach einer Festlegung im Flächenentwicklungsplan und der Ausschreibung letztlich erfolgt, Maßstäbe angelegt werden, die denen der zulassungsrechtlichen Bestimmungen des WindSeeG für die ausschließliche Wirtschaftszone entsprechen. Wie die Ausweisung als möglicher Gegenstand des Flächenentwicklungsplans auf Grundlage der Verwaltungsvereinbarung dann formal durch das Land umgesetzt werde, sei Sache des Landes und nicht Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung oder des WindSeeG.16 Ob ein vom Land auf Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung mit dem BSH ausgewiese- 10 nes Gebiet später konkret in den FEP aufgenommen wird, ist eine Entscheidung des BSH bei der Aufstellung des FEP insgesamt. Dabei wird eine Gesamtschau aller in Betracht kommenden Gebiete und Flächen vorgenommen.17
2. Flächen (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) „Flächen“ sind Bereiche innerhalb von Gebieten, auf denen Windenergieanlagen auf See, die 11 an das Netz angeschlossen werden, in räumlichem Zusammenhang errichtet werden sollen und für die deshalb eine gemeinsame Ausschreibung erfolgt.18 Es geht also um die Abgrenzung von Windparks innerhalb eines Gebiets. Je nach Einzelfall kann eine Fläche mit einem Gebiet
14 Schulz/Appel, ER 2016, 231, 133. 15 FEP 2020, S. 82. 16 BT-Drucks. 17/8860, S. 271. Die mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern für den FEP 2019 geschlossene Verwaltungsvereinbarung ist auf der Internet-Seite des BSH abrufbar unter: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresfachplanung/Flaechenentwicklungsplan/_Anlagen/ Downloads/FEP/Flaechenentwicklungsplan_Verwaltungsvereinbarung_BSH_Mecklenburg_Vorpommern.html. 17 BT-Drucks. 17/8860, S. 271. 18 Definiert in § 3 Nr. 4. 1019
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§ 5 WindSeeG
III. Zwingende Festlegungen/Zwischenschritte
identisch sein oder es können mehrere Flächen in einem Gebiet liegen, welche ggf. in verschiedenen Jahren zur Ausschreibung kommen.19 12 Im Küstenmeer ist wiederum eine Festlegung im FEP nur zulässig, wenn das Land die Fläche zuvor als möglichen Gegenstand des FEP ausgewiesen hat.20 Dieser Zusatz dürfte nicht bedeuten, dass das Land über den Zuschnitt der Flächen im Küstenmeer entscheidet. Nach der ursprünglichen Formulierung der Vorschrift kam es nur darauf an, dass das Gebiet gemäß Nr. 1 vom Land ausgewiesen war. Über den Zuschnitt der Fläche(n) innerhalb des Gebiets sollte dann das BSH entscheiden.21 Die Gesetzesbegründung zur Einfügung des Zusatzes sagt, es handele sich lediglich um eine redaktionelle Änderung.22 Die Verwaltungsvereinbarung mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern zum FEP sieht vor, dass das Land dem BSH Vorschläge für Flächen übermittelt.23
3. Reihenfolge und Kalenderjahre der Ausschreibung (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) 13 Durch die Festlegung der Reihenfolge, in der die Flächen in die Ausschreibung nach §§ 16 ff kommen sollen (mit Angabe des jeweiligen Kalenderjahrs) wird der Zeitablauf des weiteren Vorgehens vorstrukturiert: Die Voruntersuchung der Flächen gemäß § 9 wird in der entsprechenden Reihenfolge stattfinden. Daran schließt sich die Ausschreibung der Fläche im festgelegten Jahr an, und nach erfolgreicher Ausschreibung folgt die Beauftragung der Anbindungsleitung.24 Durch die Festlegung der jeweiligen Kalenderjahre, wann welche Fläche zur Ausschreibung kommt, können die Projektentwickler sich für ihren Bewerbungs- und Planungsprozess darauf einstellen.25 Bei der Festlegung der zeitlichen Reihenfolge sind die Abs. 4 und 5 zu beachten. 14
4. Kalenderjahre und Quartale der Inbetriebnahme (Abs. 1 S. 1 Nr. 4) 15 Festgelegt wird, in welchem Kalenderjahr und Quartal die bezuschlagten Windenergieanlagen auf See und die entsprechende Offshore-Anbindungsleitung jeweils in Betrieb genommen werden sollen. Trotz der Unsicherheiten bezüglich der Dauer von Genehmigungsverfahren und Bauphase hat sich der Gesetzgeber für diese Festlegung entschieden, um durch Berücksichtigung des gewünschten Jahres der Inbetriebnahme einen stetigen und kosteneffizienten Ausbau der Windenergie auf See zu gewährleisten und eine synchronisierte Planung zu ermöglichen.26 Dadurch, dass neben dem Quartal der Inbetriebnahme auch das Zeitfenster für den Einzug der parkinternen Verkabelung in die Konverterstation des ÜNB festgelegt wird, soll die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der Fertigstellungstermine erhöht und für eine erhöhte Transparenz und Planbarkeit für die Bieter gesorgt werden.27 Die Vorschrift betrifft allein die Planung. Zwar sind die Vorgaben im Flächenentwick16 lungsplan bei Abstimmung des Realisierungsfahrplans zwischen Anlagenbetreiber und ÜNB zu berücksichtigen (§ 17d Abs. 2 S. 7 EnWG). Das Gesetz sieht jedoch keine Konsequenzen für Pro19 20 21 22 23
BT-Drucks. 17/8860, S. 272. Vgl. zur Parallelregelung in Abs. 1 Nr. 1 bezüglich von Gebieten bereits oben Rn 9 f. BT-Drucks. 17/8860, S. 272. BT-Drucks. 19/9027, S. 28. Aus tatsächlichen Gründen wurde eine Ausweisung von Flächen im Küstenmeer der Ostsee mangels Rechtefreiheit ohnehin nicht vorgenommen, vgl. S. 92 des FEP 2020. 24 BT-Drucks. 17/8860, S. 272. 25 Spieth/Lutz-Bachmann/Spieth § 5 Rn 11. 26 BT-Drucks. 17/8860, S. 272. 27 BT-Drucks. 19/24039, S. 24. Bader
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7. Trassen u.a. (Abs. 1 S. 1 Nr. 7 bis 11)
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jektentwickler oder ÜNB vor, wenn das im FEP geplante Jahr bzw. Quartal der Inbetriebnahme nicht eingehalten wird. Vielmehr gilt für die ÜNB im Fall der verspäteten Fertigstellung einer Netzanbindung § 17e Abs. 2 EnWG. Für die Windparkbetreiber gelten die §§ 59 ff. Angeknüpft wird in den Sanktionsregeln jeweils an den verbindlichen Fertigstellungstermin nach § 17d EnWG bzw. an den Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlags, nicht an das im FEP geplante Datum. Allerdings hat das BSH als Genehmigungsbehörde grundsätzlich die Möglichkeit, im Planfeststellungsbeschluss gemäß § 48 Abs. 3 Fristen für bestimmte Maßnahmen vorzugeben. Da der FEP gemäß § 6 Abs. 9 S. 2 für das Planfeststellungs-/Genehmigungsverfahren verbindlich ist, wird das BSH zur Aufnahme entsprechender Meilensteine verpflichtet sein.
5. Zu installierende Leistung (Abs. 1 S. 1 Nr. 5) Festgelegt wird die auf den jeweiligen Gebieten und Flächen „voraussichtlich“ zu installierende 17 Leistung von Windenergieanlagen auf See. Die Festlegung im FEP hat den Zweck, den Gleichlauf zwischen dem Ausbau von Windenergieanlagen auf See und den Offshore-Anbindungsleitungen zu gewährleisten, indem auf Basis der Planung der zu installierenden Leistung die erforderliche Kapazität der Netzanbindung ebenfalls geplant werden kann.28 Das eigentlich zur Ausschreibung kommende Volumen wird jedoch erst im Rahmen der Voruntersuchung der jeweiligen Fläche final bestimmt,29 so dass Änderungen gegenüber dem FEP möglich sind. Bei der Ermittlung der voraussichtlich zu installierenden Leistung werden nach Intenti- 18 on des Gesetzgebers insbesondere der Stand der Technik im Hinblick auf die Anlagenauslegung und das Parkdesign, die Lage zu anderen Gebieten und Flächen und die erwartete Bebauung dieser Gebiete und Flächen sowie die effiziente Netzplanung berücksichtigt.30
6. Standorte (Abs. 1 S. 1 Nr. 6) Die Regelung wurde aus § 17a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 EnWG zum Bundesfachplan Offshore übernom- 19 men und um die Sammelplattformen ergänzt. Sammelplattformen sind Plattformen, auf denen mehrere AC-Verbindungen zusammengeführt und so miteinander verbunden werden, dass bei Ausfall einer AC-Verbindung zwischen der Sammelplattform und dem Festland der aus den Offshore-Windparks ankommende Strom bei freien Kapazitäten auf andere AC-Verbindungen umgeleitet werden kann.31 Zu Umspannanlagen ist anzumerken, dass diese je nach Anbindungskonzept nicht erforderlich sind; soweit im FEP 2020 das 66 kV-Direktanbindungskonzept in der Nordsee vorgesehen wurde, wurden demzufolge keine Umspannanlagen festgelegt.32 Ansonsten wird auf die Kommentierung des § 17a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 EnWG verwiesen.
7. Trassen, Trassenkorridore, Orte, Technik- und Planungsgrundsätze (Abs. 1 S. 1 Nr. 7 bis 11) Die Nr. 7-11 wurden jeweils aus § 17a Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3, 5, 6 und 7 EnWG übernommen.33 Auf 20 die jeweilige Kommentierung bei § 17a EnWG wird daher verwiesen.
28 29 30 31 32 33
BT-Drucks. 17/8860, S. 272. Siehe §§ 10 Abs. 3, 12 Abs. 5 S. 1. BT-Drucks. 17/8860, S. 272. https://www.netzentwicklungsplan.de/de/node/538. FEP 2020, S. 103. BT-Drucks. 17/8860, S. 272 f.
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IV. Testfelder und Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2)
8. Vorgabe von Zwischenschritten (Abs. 1 S. 2) 21 Gemäß S. 2 kann der FEP wesentliche Zwischenschritte für den gemeinsamen Realisierungsfahrplan zwischen Anlagenbetreiber und ÜNB nach § 17d Absatz 2 vorgeben, sogenannte Meilensteine. Hierdurch soll eine optimale Verzahnung der Prozesse der Inbetriebnahme von Windenergieanlagen auf See und Anbindungsleitungen erreicht werden.34 Ebenso wie im Fall von Abs. 1 S. 1 Nr. 4 sind keine direkten Konsequenzen der Nichteinhaltung solcher Meilensteine normiert (vgl. oben Rn 16).
IV. Testfelder und Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2) 22 Abs. 2 ermöglicht weitere Festsetzungen. Nachdem zunächst nur die nun in Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und S. 2 enthaltenen Sonderregeln für Pilotwindenergieanlagen auf See vorgesehen waren, wurde Abs. 2 noch um die Regelungen für Testfelder gemäß Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ergänzt. Pilotwindenergieanlagen werden privilegiert: Sie können ohne Teilnahme an einer Ausschreibung einen Anspruch auf EEG-Förderung (§ 22 Abs. 5 S. 2 EEG i. V. m. § 69) und Netzanschlusskapazität (§ 70 Abs. 2) erhalten.35 Durch Abs. 2 wird die Privilegierung planerisch umgesetzt. Die Festlegungen sind bereits für den Zeitraum ab dem Jahr 2021 möglich.
1. Testfelder (Abs. 2 S. 1 Nr. 1) 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ermöglicht Festsetzungen zu Testfeldern,36 d. h. Windparks aus Pilotenergieanlagen.37 Der FEP eröffnet mit einer solchen Festlegung einen räumlichen Bereich, in dem ein Testfeld möglich ist. Errichtung und Betrieb sind keine behördliche Aufgabe.38 Testfelder werden außerhalb von Gebieten ausgewiesen, da Gebiete für Windenergieanlagen im zentralen Ausschreibungssystem gedacht sind (während Pilotenergieanlagen ohne Ausschreibungen förderberechtigt sind). 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a sieht eine größenmäßige Begrenzung auf insgesamt höchstens 40 Quadratkilometer vor. Testfelder sollen nicht die langfristige räumliche Planung für kommerzielle Windparks beschränken. Da die Festlegung eines Testfelds den Bedarf für eine Netzanbindung auslöst (vgl. § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 EnWG), geht der Gesetzgeber davon aus, dass zunächst nur ein einziges Testfeld festgelegt wird.39 § 118 Abs. 26 EnWG besagt dazu, dass bis zum 31. Dezember 2023 in dem Netzentwicklungsplan nach § 12b EnWG höchstens eine Testfeld-Anbindungsleitung mit einer Anschlusskapazität von höchstens 300 Megawatt erforderlich ist. 25 Testfelder können gemäß Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a nur küstennah festgelegt werden. Dem liegen Kosten- und Effizienzgründe zugrunde. Küstennah ist aus Sicht des Gesetzgebers das Küstenmeer und in der AWZ voraussichtlich nur die Zone 1.40 34 BT-Drucks. 19/24039, S. 24. 35 Zum Rechtsrahmen für Pilotwindenergieanlagen König/Herbold, RdE 2017, 57. 36 § 3 Nr. 9 definiert die Testfelder als Bereiche in der AWZ und im Küstenmeer, in denen im räumlichen Zusammenhang ausschließlich Pilotwindenergieanlagen auf See, die an das Netz angeschlossen werden, errichtet werden sollen und die gemeinsam über eine Testfeld-Anbindungsleitung angebunden werden sollen. 37 § 3 Nr. 6 definiert als Pilotwindenergieanlage auf See die jeweils drei ersten Windenergieanlagen auf See eines Typs, mit denen nachweislich eine wesentliche, weit über den Stand der Technik hinausgehende Innovation erprobt wird; die Innovation kann insbesondere die Generatorleistung, den Rotordurchmesser, die Nabenhöhe, den Turmtypen oder die Gründungsstruktur betreffen. 38 BT-Drucks. 19/9027, S. 28. 39 BT-Drucks. 19/9027, S. 28 f. 40 BT-Drucks. 19/9027, S. 28. – Die Aufteilung in Entfernungszonen hat der FEP aus dem ONEP übernommen, mit fünf Entfernungszonen in der Nordsee und einer Entfernungszone in der Ostsee, FEP 2020, S. 18. Bader
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2. Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2)
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Im Küstenmeer ist für die Ausweisung erforderlich, dass das Land den Bereich als mögli- 26 chen Gegenstand des Flächenentwicklungsplans und zumindest teilweise zu Testzwecken ausgewiesen hat. Die Testfeldausweisung muss auch von einer Verwaltungsvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 erfasst sein. Im FEP 2020 ist ein Testfeld im Küstenmeer der Ostsee ausgewiesen.41 Der letzte Halbsatz von Nr. 1 lit. a macht deutlich, dass die einmal erfolgte Festlegung eines 27 Testfelds einer Überprüfung unterliegt, ob tatsächlich ein Bedarf dafür vorhanden ist. Dies sieht der Gesetzgeber als Klarstellung an.42 Eine Nutzung in nur unwesentlichem Umfang nimmt die Gesetzesbegründung dann an, wenn nur 50 MW oder weniger zur Nutzung zugewiesen werden – mit Blick darauf, dass wie ausgeführt eine Netzanbindung von bis zu 300 MW vorgesehen ist.43 Die Festsetzung von Gebieten und Flächen statt nicht benötigter Testfelder erfolgt nicht automatisch, sondern es ist planerisch zu entscheiden, ob die Festsetzung wirtschaftlich sinnvoll möglich ist und nichts entgegensteht.44 Neben der räumlichen Festlegung der Fläche sind auch Festlegungen zur geplanten Inbe- 28 triebnahme der Windenergieanlagen und der Netzanbindung (Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b) und zur Kapazität der Anbindungsleitung (Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. c) möglich. Weiter wurde Abs. 2 S. 2 auch auf Testfelder und Testfeld-Anbindungen erstreckt. Besonders die Möglichkeit zu räumlichen Vorgaben sieht der Gesetzgeber als wichtig an: Mit Blick auf eine eventuelle spätere Umwidmung des Testfelds in eine Fläche sollten die Standorte der Pilotwindenergieanlagen so gewählt werden, dass eine Ausschreibung für einen kommerziellen Windpark im verbleibenden Bereich noch in Betracht kommt, wenn nur wenige Pilotanlagen errichtet werden. Der FEP kann daher vorgeben, dass Pilotwindenergieanlagen nur sukzessive von einem bestimmten Randbereich des Testfelds aus errichtet werden dürfen und räumlich geschlossen angeordnet werden müssen.45
2. Pilotwindenergieanlagen (Abs. 2 S. 1 Nr. 2) Neben der Ausweisung von Testfeldern für Pilotwindenergieanlagen sieht Abs. 2 S. 1 Nr. 2 vor, 29 dass die für die Gebiete verfügbare Netzanbindungskapazität ausgewiesen werden kann, die nach § 70 Abs. 2 Pilotwindenergieanlagen zugewiesen werden kann. Es sollen kleinere freie Netzanbindungskapazitäten ausgewiesen werden, die für einen effizienten, wirtschaftlichen Betrieb einer größeren Anzahl von Windenergieanlagen im räumlichen Zusammenhang nicht ausreichen und die daher nicht in die Ausschreibungen eingehen sollen, die aber für die Anbindung von Pilotwindenergieanlagen auf See ausreichen.46 Die Pilotenergieanlagen werden zutreffend als „Lückenfüller“ zur Auslastung von Offshore-Anbindungen bezeichnet.47 Abs. 2 S. 2 ermöglicht räumliche Vorgaben nicht nur in Testfeldern, sondern auch für Pi- 30 lotwindenergieanlagen in Gebieten, weiter die Benennung der technischen Gegebenheiten der Anbindungsleitung und sich hieraus ergebende technische Voraussetzungen für den Netzanschluss. Dies ermöglicht interessierten Betreibern eine entsprechende Planung. Allerdings verbleibt ihnen das Genehmigungsrisiko: Ob und wo genau die Errichtung und der Betrieb von Pilotwindenergieanlagen auf See zulässig sind, entscheidet nicht der FEP durch räumliche Vorgaben, sondern allein das später durchzuführende Zulassungsverfahren für die Pilotwindenergieanlagen auf See. Insbesondere findet für Pilotwindenergieanlagen keine Voruntersuchung von Flächen wie für das zentrale Ausschreibungsverfahren (§§ 9 ff) statt. Man wird aber 41 42 43 44 45 46 47
FEP 2020, S. 92. BT-Drucks. 19/9027, S. 29. BT-Drucks. 19/9027, S. 29. Näher BT-Drucks. 19/9027, S. 29. BT-Drucks. 19/9027, S. 29. BT-Drucks. 18/9096, S. 371. BK-EnR/Kerth § 5 Rn 30.
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V. Sonstige Energiegewinnungsbereiche (Abs. 2a)
davon ausgehen dürfen, dass der FEP regelmäßig keine verfügbaren Netzanbindungskapazitäten ausweisen wird, wenn sich bereits abzeichnet, dass kein geeigneter Standort zu finden sein und ein Antrag auf Zulassung also nicht erfolgreich sein wird.48 Anderenfalls würden bei interessierten Betreibern falsche Vorstellungen geweckt und diese würden ggf. unnötigen Planungsaufwand betreiben.49
V. Sonstige Energiegewinnungsbereiche (Abs. 2a) 31 Bei den sonstigen Energiegewinnungsbereichen handelt es sich gemäß der Definition des § 3 Nr. 8 um Bereiche außerhalb von Gebieten, auf denen Windenergieanlagen auf See und sonstige Energiegewinnungsanlagen, die jeweils nicht an das Netz angeschlossen werden, in räumlichem Zusammenhang errichtet werden können.50 Maßgeblich dafür, ob es sich um eine Anlage mit oder ohne Netzanschluss handelt, ist, ob 32 die betreffende Anlage an irgendeinem Punkt auf See oder an Land so mit dem Netz verbunden ist, dass sie Strom in dieses einspeisen kann.51 Eine bloß mittelbare Verbindung mit dem Netz wäre bereits schädlich: Würde eine Leitung zu einem Direktverbraucher gelegt, so dürfte auch dieser nicht ans Netz angeschlossen sein, da sonst der gelieferte Strom ins Netz gelangen kann.52 Wenn das BSH in seinem Ermessen einen oder mehrere sonstige Energiegewinnungsberei33 che festlegt, so müssen diese gemäß Abs. 2a S. 1 außerhalb von Gebieten liegen53 und müssen eine Fläche von 25 bis 70 Quadratkilometer haben. Diese Größenordnung erachtet der Gesetzgeber als ausreichend zur Erprobung neuer Konzepte in relevantem Umfang; zugleich stelle sie sicher, dass genügend Raum für ans Netz angeschlossene Windenergie auf See bleibt.54 Die Mindestgröße wurde von zunächst 40 km² auf 25 km² abgesenkt, um die Auswahl möglicher Bereiche möglichst groß zu halten.55 Abs. 2a S. 1 erlaubt räumliche und technische Vorgaben für sonstige Energiegewinnungs34 anlagen sowie für die Leitungen oder Kabel, welche die Energie abführen. Wenn das BSH eine Knappheit der Trassen feststellt, können solche Leitungen oder Kabel ausgeschlossen werden. Hiermit soll es dem BSH möglich sein, eine nicht effiziente und den Zielen der Allgemeinheit dienende Ausgestaltung auszuschließen, da Trassenkorridore im Küstenmeer nur begrenzt verfügbar sind.56 Im Küstenmeer ist gemäß Abs. 2a S. 2 erforderlich, dass das zuständige Land die sonstigen 35 Energiegewinnungsbereiche als möglichen Gegenstand des FEP ausgewiesen hat. Dies entspricht der auch für andere Bereiche bestehenden Systematik, vgl. Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit a. Nach Abs. 2a S. 3 unterliegt die Festlegung eines sonstigen Energiegewinnungsbereichs ei36 ner späteren Überprüfung hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit.57 Abs. 2a enthält keinen Zeitraum, für den die Festlegungen getroffen werden sollen. Festle37 gungen zu sonstigen Energiegewinnungsbereichen werden somit direkt mit Inkrafttreten des
48 49 50 51 52 53 54 55 56 57
BT-Drucks. 18/9096, S. 371. Spieth/Lutz-Bachmann/Spieth § 5 Rn 25. Zum Hintergrund der Regelungen zu Anlagen ohne Netzanschluss vgl. § 4 Rn 13 f. BR-Drucks. 563/18, S. 144. BR-Drucks. 563/18, S. 143. Da die Gebiete für Windenergieanlagen mit Netzanschluss vorgesehen sind. BR-Drucks. 563/18, S. 145. BT-Drucks. 19/20429, S. 44. BT-Drucks. 19/20429, S. 44. Vgl. oben Rn 27 zur entsprechenden Regelung für Testfelder.
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1. Allgemeines
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relevanten FEP wirksam.58 Es gibt keine Übergangsvorschrift.59 Im fortgeschriebenen FEP 2020 sind ein sonstiger Energiegewinnungsbereich in der Nordsee und ein weiterer in der Ostsee ausgewiesen. Für den sonstigen Energiegewinnungsbereich in der Nordsee ist allerdings weder eine Kabeltrasse noch eine Rohrleitung zum Festland vorgesehen. Der sonstige Energiegewinnungsbereich in der Ostsee könnte mit einem Seekabel angebunden werden, welches vom Betreiber des sonstigen Energiegewinnungsbereichs zu errichten und zu betreiben wäre.60 Anzumerken ist auch, dass allein die planerische Ausweisung noch keine Nutzung der sonstigen Energiegewinnungsbereiche in der AWZ ermöglicht: Die Antragsberechtigung für eine Genehmigung wird gemäß § 67a vom BSH im Wege einer Ausschreibung vergeben; die in § 71 Nummer 5 vorgesehene Rechtsverordnung zu diesem Ausschreibungsverfahren (Verordnung zur Vergabe von sonstigen Energiegewinnungsbereichen in der ausschließlichen Wirtschaftszone – SonstigeEnergiegewinnungsbereicheV) wird erarbeitet und soll im Herbst 2021 in Kraft treten.
VI. Unzulässige Festlegungen (Abs. 3) 1. Allgemeines Abs. 3 normiert eine Unzulässigkeit der aufgezählten Festlegungen, wenn ihnen überwiegende 38 öffentliche oder private Belange entgegenstehen. Für die dort nicht genannten Festlegungen gilt das nicht, da diesen regelmäßig keine öffentlichen oder privaten Belange entgegenstehen.61 Soweit konkrete Standorte für Anlagen festgelegt werden, ist hierfür auch eine konkrete Prüfung auf deren Vereinbarkeit mit etwa entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen erforderlich und die ggf. betroffenen Belange sind in entsprechender Tiefe zu ermitteln, da der FEP gemäß § 6 Abs. 9 für die dort genannten Genehmigungsverfahren verbindlich ist. Insofern nähert sich die Festlegung im FEP der Planfeststellung an.62 Abs. 3 S. 2 enthält eine Liste von zwingenden Ausschlussgründen.63 Abs. 3 S. 3 verlangt nur eine eingeschränkte Prüfung der Festlegung von Gebieten oder 39 Flächen in Clustern gemäß BFO nach § 17a EnWG oder in Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten eines Raumordnungsplans nach § 17 Abs. 1 S. 1 ROG. In diesen Fällen ist bereits eine Prüfung erfolgt, die von Inhalt und Umfang her der Prüfung nach Abs. 3 S. 1 entspricht.64 Daher muss nur dann (nochmals) geprüft werden, wenn zusätzliche oder andere erhebliche Gesichtspunkte erkennbar sind oder Aktualisierungen und Vertiefungen der Prüfung erforderlich sind. Wenn ein Land Gebiete und Flächen im Küstenmeer ausgewiesen hat, stellt es dem BSH 40 gemäß Abs. 3 S. 5 die dort genannten Informationen zur Verfügung, einschließlich von Unterlagen und Informationen für die Strategische Umweltprüfung. Gemäß § 4 Abs. 1 ist im Fall der Festlegung von Gebieten und Flächen im Küstenmeer eine Verwaltungsvereinbarung mit dem jeweiligen Land zu schließen. In dieser wird ohnehin meist vorgesehen sein, dass das Land eine Strategische Umweltprüfung durchführt, um ein Gebiet als möglichen Gegenstand des Flächen-
58 BR-Drucks. 563/18, S. 145. 59 Näher zu ggf. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits laufenden Zulassungsverfahren BR-Drucks. 563/18, S. 146. 60 FEP 2020, S. 124 ff. 61 BT-Drucks. 18/8860, S. 273. Nicht zu prüfen ist eine Unzulässigkeit somit für Festlegungen nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b) und c) sowie Abs. 2 S. 1 Nr. 2. 62 So für den BFO Kment/Schink § 17a EnWG Rn 51. 63 Näher dazu Rn 41 ff. 64 BT-Drucks. 18/8860, S. 174. Das BSH hatte Anlass zur erneuten Prüfung bestimmter Gebiete aufgrund von neuen Umweltinformationen und der geänderte Verlauf einer Schifffahrtsroute wurde berücksichtigt, siehe FEP 2020, S. 82. 1025
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VI. Unzulässige Festlegungen (Abs. 3)
entwicklungsplans auszuweisen; damit liegen die Informationen und Unterlagen vor65 und können problemlos an das BSH weitergegeben werden.
2. Ausschlussgründe (Abs. 3 S. 2) 41 Abs. 3 S. 2 konkretisiert eine Liste von zwingenden Ausschlussgründen. Wenn einer der Ausschlussgründe vorliegt, ist die Festlegung unzulässig. Die Formulierung („sind“) lässt dann keinen Raum für eine Abwägung. Die Liste des S. 2 ist nicht abschließend („insbesondere“).66 Die Interessen bestehender Projekte, die keinen Zuschlag in den Übergangs-Ausschreibungen nach Teil 3 Abschnitt 3 erhalten haben, sieht der Gesetzgeber ausdrücklich nicht als private oder öffentliche Belange an, die einer Festlegung entgegenstehen.67 Nr. 1 normiert eine Unzulässigkeit, wenn die Festlegung mit den Erfordernissen der 42 Raumordnung nach § 17 Abs. 1 ROG nicht übereinstimmt. Diese Regelung entspricht der Regelung in § 17a Abs. 1 S. 4 Nr. 1 EnWG zum Bundesfachplan Offshore.68 Relevant sind derzeit die Raumordnungspläne für die Nordsee69 bzw. die Ostsee70 aus dem Jahr 2009. Ein Verfahren zur Fortschreibung wurde begonnen.71 Für den FEP 2020 hat das BSH bereits die Lage aus dem veröffentlichten und konsultierten Entwurf zur Fortschreibung der Raumordnungspläne zugrunde gelegt.72 Nr. 2 macht Festlegungen unzulässig, die die Meeresumwelt gefährden. Anders als in den 43 nachfolgenden Nummern 3 und 4 muss keine Beeinträchtigung vorliegen, sondern eine bloße Gefährdung genügt. Anhaltspunkte für den Prüfungsmaßstab bietet § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 1: Zu betrachten sind danach insbesondere die Aspekte der Verschmutzung der Meeresumwelt73 sowie einer Gefährdung des Vogelzugs. Zusätzlich sind die fachrechtlichen Regelungen zu beachten. Nach § 56 Abs. 1 BNatSchG gelten die naturschutzrechtlichen Regelungen (bis auf das Kapitel Landschaftsplanung) auch im Küstengewässer sowie grundsätzlich auch für die deutsche AWZ und den Festlandsockel. Nr. 3 macht Festlegungen unzulässig, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs 44 beeinträchtigen. Relevant ist hier neben dem Schiffsverkehr auch der Luftverkehr.74 Letzteres betrifft nicht zuletzt den Helikopter-Flugverkehr zu Windparks und Plattformen. Nr. 4 verbietet die Beeinträchtigung der Sicherheit der Landes- und Bündnisverteidi45 gung. Bei der Ausweisung von Gebieten, Flächen, Plattformen und Kabeltrassen ist die Lage von militärischen Sperr- und auch Übungsgebieten zu beachten. Aus Sicht des BSH sind jedoch Ausweisungen in militärischen Übungsgebieten im Einzelfall möglich, wenn die spezifischen Übungsprozedere durch die Ausweisung nicht eingeschränkt werden.75 65 66 67 68 69
BT-Drucks. 18/8860, S. 274. BT-Drucks. 18/8860, S. 273. BT-Drucks. 18/8860, S. 273; dem folgt das BSH im FEP 2020, S. 130. BT-Drucks. 18/8860, S. 273. Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee vom 21.9.2009 (BGBl. I 2009 S. 3107). 70 Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ostsee vom 10.12.2009 (BGBl. I 2009 S. 3861). 71 Entwurfsdokumente und Verfahrensstand sind auf der Website des BSH abrufbar unter https://www.bsh.de/DE/ THEMEN/Offshore/Meeresraumplanung/Fortschreibung/fortschreibung-raumplanung_node.html. 72 FEP 2020, S. 80 ff. 73 Im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 (BGBl. II 1994 S. 1799). Anzumerken ist, dass dieser Artikel sehr weit gefasst ist und u. a. auch Beeinträchtigungen der Fischerei oder eine Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt erfasst. Auch die Gesetzesbegründung zu Abs. 3 nennt Belange der Fischerei und der marinen Aquakultur als relevante Aspekte. 74 BK-EnR/Kerth § 5 Rn 43. 75 FEP 2020, S. 40. Bader
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VII. Kriterien für Festlegung der Flächen und zeitliche Staffelung (Abs. 4)
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Nr. 5 macht Festlegungen von Gebieten und Flächen unzulässig, die in einem geschützten 46 Meeresgebiet nach § 57 BNatSchG liegen. Nr. 6 verhindert (parallel zu Nr. 5) auch für sonstige Energiegewinnungsbereiche deren 47 Lage in einem geschützten Meeresgebiet nach § 57 BNatSchG. Im FEP 2020 wurden Planungsgrundsätze (gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11) festgeschrieben, die 48 die Einhaltung der relevanten Vorgaben sicherstellen und damit (u. a.) verhindern sollen, dass einer der Unzulässigkeitsgründe des Abs. 3 greift.76 Hierzu zählen beispielsweise Vorgaben zur Überdeckungstiefe von Kabeln, zur Rückbaupflicht nebst Sicherheitsleistung, zur Schallminderung und generell zur Beachtung von behördlichen Standards, Vorgaben bzw. Konzepten.
3. Einschränkung der Prüfung (Abs. 3 S. 3, 4) Abs. 3 S. 3 schränkt den Prüfungsumfang ein, soweit ein Gebiet oder eine Fläche bereits in 49 früheren Planungsverfahren geprüft wurde. In den in der Regelung genannten Fällen, d. h. Lage in einem im BFO festgelegten Cluster oder einem Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebiet eines Raumordnungsplans für die AWZ (gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 ROG), dann ist für die entsprechende Einordnung der Fläche bereits eine Prüfung erfolgt, die von Umfang und Inhalt her der Zulässigkeitsprüfung für den Flächenentwicklungsplan entspricht. Auch diese Regelung hat den Zweck, an die vorangehende Fachplanung anzuknüpfen und die Kosten gering zu halten.77 Gemäß Abs. 3 S. 4 wird auch die Strategische Umweltprüfung abgeschichtet. Soweit eine 50 entsprechende Prüfung bereits bei der Festlegung des Clusters bzw. des Vorrang-, Vorbehaltsoder Eignungsgebiets stattgefunden hat, soll sich die Umweltprüfung in entsprechender Anwendung des § 39 Abs. 3 UVPG auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen sowie auf erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen beschränken. Für Gebiete und Flächen im Küstenmeer, die durch ein Land ausgewiesen wurden, gilt die 51 Einschränkung der Prüfung nicht. Hier erfolgt eine Prüfung durch das BSH, für die das jeweilige Land die benötigten Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellt (Abs. 3 S. 5).78
VII. Kriterien für Festlegung der Flächen und zeitliche Staffelung (Abs. 4) Abs. 4 behandelt Einzelheiten zur Festlegung der Flächen und der zeitlichen Reihenfolge ihrer 52 Ausschreibung. Das übergeordnete Ziel ist dabei in Abs. 4 S. 1 vorgegeben: Der Ausbau der Windenergie- 53 anlagen auf See und der zugehörigen Offshore-Anbindungsleitungen soll im Gleichklang erfolgen. Einerseits soll sichergestellt werden, dass alle Windenergieanlagen auf See rechtzeitig angeschlossen werden, andererseits soll Leerstand auf den Offshore-Anbindungsleitungen vermieden werden. Auf diese Weise soll ein möglichst kosteneffizienter Ausbau der Windenergie auf See erreicht werden.79 Diese zentrale Zielsetzung findet sich auch bereits in §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 2 Nr. 3. Abs. 4 S. 2 enthält eine Liste von Kriterien zur Festlegung der Flächen und der Ausschrei- 54 bungsreihenfolge. Diese Liste ist nicht abschließend („insbesondere“). Der Gesetzgeber hat betont, bei der Anwendung dieser Kriterien sei stets das übergeordnete Ziel nach Abs. 4 S. 1 sowie das allgemeine Ziel des Gesetzes, einen stetigen und kosteneffizienten Ausbau der Nutzung der Windenergie auf See zu gewährleisten, zu beachten.80 Das BSH sortiert die Flächen zunächst 76 77 78 79 80
Zu den Planungsgrundsätzen siehe S. 37 ff des FEP 2020. BT-Drucks. 18/8860, S. 174. Vgl. bereits oben Rn 40. BT-Drucks. 18/8860, S. 274. BT-Drucks. 18/8860, S. 275.
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VII. Kriterien für Festlegung der Flächen und zeitliche Staffelung (Abs. 4)
nach dem Kriterium Nr. 1 und bringt sodann zur weiteren Reihung der Flächen die weiteren Kriterien des Abs. 4 S. 2 nebst einem zusätzlichen Kriterium im Küstenmeer zur Anwendung.81 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 nennt als Kriterium die bereits in S. 1 als Ziel genannte effiziente Nutzung und Auslastung von Offshore-Anbindungsleitungen. Dies gilt sowohl für bereits vorhandene Leitungen (lit. a) als auch für solche, die im ONEP vorbehaltslos bestätigt sind (lit. b). Insofern wird an das bestehende bzw. bereits fest geplante Startnetz angeknüpft. Anbindungsleitungen, die im ONEP nur unter Vorbehalt bestätigt waren,82 werden bei der Planung der Flächen und zeitlichen Abfolge im FEP dagegen nicht speziell berücksichtigt. Ob und wann solche Anbindungsleitungen errichtet werden und entsprechend Flächen für anzuschließende Windenergieanlagen zur Ausschreibung kommen, wird nunmehr allein nach den für den FEP vorgegebenen Kriterien geplant.83 Die Vermeidung von Leerstand auf bestehenden Anbindungsleitungen soll nach dem Willen des Gesetzgebers in der Regel in erster Linie als Kriterium herangezogen werden.84 Dies wurde vom BSH im FEP 2020 auch so gehandhabt.85 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 nennt die geordnete und effiziente Planung, Errichtung, Inbetriebnahme, Nutzung und Auslastung nicht nur der ab 2026 fertigzustellenden Offshore-Anbindungsleitungen, sondern auch der entsprechenden Netzverknüpfungspunkte an Land. Weiter sollen auch die Planung und der tatsächliche Ausbau von Netzen an Land berücksichtigt werden. Durch diese Verzahnung zwischen der Offshore-Planung und der Planung bzw. auch dem tatsächlichen Stand des Netzausbaus an Land sollen Kosten für das Engpassmanagement vermieden werden.86 Das BSH stützt sich hierbei auf die Angaben der Übertragungsnetzbetreiber.87 Zur geordneten Planung gemäß Nr. 2 gehört auch die Minimierung der Trassenlänge und der Anzahl der Kreuzungen. Somit wird das BSH ggf. einzelne Flächen zeitlich vorziehen, um eine effiziente und geordnete Errichtung der Netzanbindungen zu gewährleisten.88 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 definiert die räumliche Nähe zur Küste als Kriterium. Aus Kostengründen soll in der Regel die küstennähere Fläche zuerst zur Ausschreibung kommen, wenn nicht überwiegende andere Kriterien für andere Reihung sprechen.89 Das BSH hat im FEP die Zoneneinteilung des ONEP übernommen und die innerhalb derselben Zone liegenden Flächen dann hinsichtlich der Küstenentfernung gleich behandelt.90 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 nennt Nutzungskonflikte auf einer Fläche als weiteres Kriterium. Es sollen also regelmäßig zunächst solche Flächen ausgeschrieben werden, auf denen keine Nutzungskonflikte bestehen.91 Im Fall von Nutzungskonflikten kann die betreffende Fläche zeitlich zurückgestellt werden. Ein Nutzungskonflikt kann aber auch dazu führen, dass die Fläche von der Nutzung durch Offshore-Windenergie ausgeschlossen wird. Bei der Prüfung des Kriteriums denkt das BSH zum einen an konkurrierende Nutzungen wie z. B. Fischerei, Landes- und Bündnisverteidigung, Schifffahrt, Luftverkehr, Forschung, Rohstoffabbau oder bestehende Leitungen. Zum anderen sieht es als mögliche Nutzungskonflikte auch Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologi81 FEP 2020, S. 72. 82 Vgl. hierzu § 17c Abs. 1 Satz 3 EnWG, wonach solche Anbindungsleitungen, deren geplanter Zeitpunkt der Fertigstellung nach dem Jahr 2025 liegt, im ONEP nur unter dem Vorbehalt der entsprechenden Festlegung der jeweiligen Offshore-Anbindungsleitung im FEP erfolgt ist. 83 Vgl. FEP 2020, S. 12: Da sich die für den ONEP geltenden Kriterien des § 17b Abs. 2 S. 3 hinsichtlich der zeitlichen Reihenfolge der Offshore-Anbindungsleitungen von den Kriterien des § 5 Abs. 4 S. 2 unterscheiden und sich zudem auf unterschiedliche Festlegungen beziehen, kam eine Bestätigung der betreffenden Leitungen im FEP für das BSH systematisch nicht in Betracht. 84 BT-Drucks. 18/8860, S. 275. 85 FEP 2020, S. 72. 86 BT-Drucks. 18/8860, S. 275. 87 Deren gemeinsame Stellungnahme ist gesetzlich vorgesehen, § 6 Abs. 2. 88 FEP 2020, S. 73. 89 BT-Drucks. 18/8860, S. 275. 90 FEP 2020, S. 73. 91 BT-Drucks. 17(8860, S. 275. Bader
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VIII. Zu Ausschreibung und Inbetriebnahme (Abs. 5)
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sche Vielfalt, die Beschädigung von kulturellem Erbe oder Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Belangen.92 Das Kriterium verhindert, dass die Ausbauziele gefährdet werden, entweder durch den Lösungsprozess für bestehende Nutzungskonflikte93 oder dadurch, dass die Fläche letztlich entgegen der Planung nicht für die Offshore-Windenergie genutzt werden kann. Abs. 4 S. 2 Nr. 5 nennt die voraussichtliche Bebaubarkeit der Flächen als Kriterium. Hier 59 geht es um den geologischen Untergrund: Falls die dem BSH vorliegenden Informationen zu den geologischen Verhältnissen und zur Sedimentverteilung befürchten lassen, dass die Bebauung der Fläche nach dem heutigen Stand der Technik deutlich erschwert oder nicht möglich ist, so wird das BSH diese Fläche nicht festlegen oder dauerhaft zurückstellen.94 So gibt der Untergrund im Arkonabecken (Ostsee) aufgrund weicher Bodenschichten Anlass zu weiterer Prüfung.95 Abs. 4 S. 2 Nr. 6 berücksichtigt als weiteres Kriterium die voraussichtlich zu installieren- 60 de Leistung auf einer Fläche und die sich daraus ergebende Eignung der Fläche für eine kosteneffiziente Stromerzeugung. Der Gedanke der Regelung ist, dass (vorbehaltlich anderer Kriterien) insbesondere sehr kleinteilige Flächen zurückgestellt bzw. nicht mehr berücksichtigt werden, insbesondere solche Flächen, auf denen ein wirtschaftlicher Betrieb eines eigenständigen Windparks nicht erwartet werden kann.96 Um Leerstand auf den betreffenden Anbindungsleitungen zu verhindern, können Flächen, die für einen kommerziellen Windpark nicht geeignet sind, ggf. gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 für Pilotwindenergieanlagen festgesetzt werden.97 Abs. 4 S. 2 Nr. 7 macht eine ausgewogene Verteilung des Ausschreibungsvolumens auf Nord- und Ostsee zum Kriterium, unter Berücksichtigung der insgesamt vorhandenen Potentiale. Der Gesetzgeber sieht dies vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Gesamtkosten.98 Dabei ist zu bedenken, dass die Flächen in der Ostsee teils deutlich küstennäher sind. Entsprechend hat der Gesetzgeber für die Übergangsausschreibungen ebenfalls dafür gesorgt, dass Flächen in der Ostsee hinreichend berücksichtigt werden, vgl. §§ 27 Abs. 3, 34 Abs. 2. Wie bereits erwähnt ist der Kriterienkatalog des Abs. 4 S. 2 nicht abschließend. Das BSH 61 hat im FEP bereits ein zusätzliches Kriterium für das Küstenmeer definiert, nämlich die tatsächliche Verfügbarkeit der Fläche für die Festlegungen im FEP und das Ausschreibungsverfahren. Als mögliche Hinderungsgründe werden genannt: Bestehende oder beantragte Genehmigung nach BImSchG auf der betreffenden Fläche im Küstenmeer, und ausstehende raumordnerische Verfahren im Küstenmeer.99
VIII. Nähere Vorgaben zur Planung von Ausschreibung und Inbetriebnahme (Abs. 5) 62 Abs. 5 enthält nähere Vorgaben zur Planung hinsichtlich des Zubauvolumens. Abs. 5 S. 1 und 2 machen Vorgaben zu den Ausschreibungsvolumina, die auf dem in § 1 63 Abs. 2 festgeschriebenen Ausbaupfad beruhen. Da der Zubau durch den FEP gesteuert wird (vgl. § 17), muss dieser die vorgesehenen Zubaumengen berücksichtigen. Der Ausbaupfad soll sicherstellen, dass das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung umgesetzt wird.100 Abweichungen von den (ohnehin nur als ungefähr normierten Kapazitäten) für die Jahre 2021 bis 2025 sind zulässig, solange das Ausbauziel von 20 GW im Jahr 2030 erreicht wird. Ein fester jährlicher 92 FEP 2020, S. 73. 93 Spieth/Lutz-Bachmann/Spieht § 5 Rn 47. 94 FEP 2020, S. 74. 95 FEP 2020, S. 87 f. 96 BT-Drucks. 18/8860, S. 275. 97 So auch BK-EnR/Kerth § 5 Rn 59. 98 BT-Drucks. 18/8860, S. 275. 99 FEP 2020, S. 74. Vgl. zu den konkreten Fällen auch FEP 2020, S. 92, 154. 100 BT-Drucks. 19/20429, S. 44. 1029
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VIII. Zu Ausschreibung und Inbetriebnahme (Abs. 5)
Wert wäre auch kaum sinnvoll zu treffen, da bei der Planung sowohl die unterschiedliche Größe der Flächen als auch die vorhandenen und geplanten Netzanschlusskapazitäten zu berücksichtigen sind und mit Blick auf den Effizienzgedanken bestmöglich ausgenutzt werden sollen. Das „Erreichen“ des 20 GW-Ziels ist dabei nicht als Deckelung zu verstehen: Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ist eine Überschreitung des 20 GW-Ziels für die bis zum Jahr 2030 installierte Leistung zulässig. Für die Gebotstermine ab dem Jahr 2026 werden keine konkreten Vorgaben gemacht, sondern es wird ein stetiger Zubau verlangt. Zur Erreichung des Ausbauziels von 40 GW in 2040 wäre rechnerisch ein Zubau von ca. 2 GW pro Jahr erforderlich. 64 Abs. 5 S. 3 greift zur Planung des jeweiligen Jahres der Inbetriebnahme die Regelung des § 59 zu den Realisierungsfristen auf. Bei der Planung der Inbetriebnahmejahre ist zu berücksichtigen, dass die Planungs- und Errichtungsphase eines Offshore-Windparks mehrere Jahre in Anspruch nimmt, zumal nach dem Erhalt eines Zuschlags in der Ausschreibung zunächst noch das Planfeststellungsverfahren gemäß §§ 45 ff durchgeführt werden muss. Dem Betreiber müssen die Realisierungsfristen des § 59 zur Verfügung stehen,101 d. h. der FEP soll unter deren Berücksichtigung planen. Dem Gesetzgeber ist bewusst, dass es durch eine großzügige Planung des Realisierungszeitraums möglich ist, dass Windparks im Einzelfall ggf. später in Betrieb genommen werden als dies praktisch machbar wäre.102 Angestrebt ist jedoch nicht ein möglichst schneller, sondern ein stetiger Zubau ohne „Fadenriss“.103
101 Die Formulierung „eingehalten werden können“ in Abs. 5 S. 2 ist etwas missverständlich gewählt. Die Fristen hat der Betreiber einzuhalten, um nicht die Sanktionen nach § 60 auszulösen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt dafür ist aber nicht das im FEP geplante Datum der voraussichtlichen Inbetriebnahme, sondern das Datum des Zuschlags bzw. der verbindliche Fertigstellungstermin der entsprechenden Anbindungsleitung nach § 17d EnWG. 102 Da auch die Planung und Errichtung der Netzanbindung auf das im FEP vorgesehene Kalenderjahr hin terminiert wird, dürfte eine Inbetriebnahme vor dem im FEP geplanten Jahr regelmäßig nicht möglich sein. Und soweit ein Windparkbetreiber die Zahlung einer Marktprämie begehrt, hat er aufgrund von § 24 Abs. 1 Nr. 2 keinen wirtschaftlichen Anreiz für eine frühere Inbetriebnahme. 103 BT-Drucks. 18/8860, S. 276. Bader
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§ 6 Zuständigkeit und Verfahren zur Erstellung des Flächenentwicklungsplans (1)
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie macht die Einleitung und den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens zur Erstellung des Flächenentwicklungsplans nach § 73 Nummer 1 bekannt. (2) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erstellt unverzüglich nach Bekanntmachung der Einleitung des Verfahrens einen Vorentwurf des Flächenentwicklungsplans. Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) fordert die Übertragungsnetzbetreiber auf, eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme zu dem Vorentwurf innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Bei ihrer Stellungnahme berücksichtigen die Übertragungsnetzbetreiber insbesondere 1. alle aus ihrer Sicht wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau der Offshore-Anbindungsleitungen, die zur Erreichung der Ziele nach § 4 Absatz 2 sowie für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich sind, 2. die Vorgaben nach § 5 und die im Bundesfachplan Offshore und in den Netzentwicklungsplänen getroffenen Festlegungen und 3. die zu erwartenden Planungs-, Zulassungs- und Errichtungszeiten und die am Markt verfügbaren Errichtungskapazitäten. Die Bundesnetzagentur prüft die Stellungnahme in Abstimmung mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. (3) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie führt einen Anhörungstermin durch. In dem Anhörungstermin sollen Gegenstand und Umfang der in § 5 Absatz 1 genannten Festlegungen und die nach Absatz 2 von den Übertragungsnetzbetreibern vorgelegte Stellungnahme erörtert werden. Insbesondere soll erörtert werden, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad Angaben in den Umweltbericht nach § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufzunehmen sind. Der Anhörungstermin ist zugleich die Besprechung im Sinn des § 39 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Behörden, deren Aufgabenbereiche berührt sind, die Träger öffentlicher Belange, die Übertragungsnetzbetreiber und die nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes anerkannten Umweltvereinigungen werden vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zum Anhörungstermin geladen. Die Ladung kann elektronisch erfolgen. Die Anhörung ist öffentlich; die Unterrichtung der Öffentlichkeit über den Anhörungstermin erfolgt nach § 73 Nummer 1. (4) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie legt aufgrund der Ergebnisse des Anhörungstermins einen Untersuchungsrahmen für den Flächenentwicklungsplan nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Es erstellt unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Anhörungstermin einen Entwurf des Flächenentwicklungsplans und einen Umweltbericht, der den Anforderungen des § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen muss. Die Betreiber von Übertragungsnetzen und von Windenergieanlagen auf See stellen dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die hierzu erforderlichen Informationen zur Verfügung. (5) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie beteiligt die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt ist, und die Öffentlichkeit zu dem Entwurf des Flächenentwicklungsplans und zu dem Umweltbericht nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Gegenstand der Beteiligung sind die Umweltauswirkungen und die Festlegungen des Plans. Ein Erörterungstermin soll durchgeführt werden. (6) Ist eine Strategische Umweltprüfung nicht durchzuführen, beteiligt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die Behörden, deren Aufgabenbereich berührt 1031 https://doi.org/10.1515/9783110670516-094
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§ 6 WindSeeG
I. Allgemeines
ist, die Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit entsprechend dem in den Absätzen 3 bis 5 und in den §§ 41 bis 44 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehenen Verfahren; die Erstellung eines Umweltberichts ist dabei nicht erforderlich. (7) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erstellt den Flächenentwicklungsplan im Einvernehmen mit der Bundesnetzagentur und in Abstimmung mit dem Bundesamt für Naturschutz, der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt und den Küstenländern. (8) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie macht den Flächenentwicklungsplan nach § 73 Nummer 1 bekannt. Der erste Flächenentwicklungsplan muss bis zum 30. Juni 2019 bekannt gemacht werden. (9) Der Flächenentwicklungsplan ist nicht selbständig gerichtlich überprüfbar. Er ist für die Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren nach den Bestimmungen des Teils 4 und nach den Bestimmungen des Seeanlagengesetzes vom 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2258, 2348) und der Seeanlagenverordnung vom 23. Januar 1997 (BGBl. I S. 57) verbindlich. (10) Sind Informationen im Sinn von § 39 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Planentwurf und der Umweltbericht im Sinn des Absatzes 5 Satz 1 oder des § 40 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Internet veröffentlicht, kann die in § 39 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehene Bereitstellung von Informationen sowie die in § 41 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehene Bereitstellung des Planentwurfs und des Umweltberichts durch Mitteilung der Verfügbarkeit der Informationen und Unterlagen im Internet ersetzt werden. In begründeten Fällen werden die Informationen und Unterlagen durch Versendung zur Verfügung gestellt. Hierauf wird in der Mitteilung hingewiesen.
Übersicht I. 1. 2. II. 1.
Allgemeines 1 Regelungszusammenhang und Überblick über 1 die Norm 2 Entstehungsgeschichte 3 Erstellung des FEP Zuständigkeit des BSH und Zusammenarbeit mit 3 anderen Akteuren (Abs. 1, 2, 7)
2. 3.
6 Ablauf des Verfahrens Verfahren ohne Strategische Umweltprü13 fung
III.
Rechtswirkungen des Flächenentwicklungs14 plans
I. Allgemeines 1. Regelungszusammenhang und Überblick über die Norm 1 § 6 regelt die Erstellung des Flächenentwicklungsplans (FEP) durch das BSH. Abs. 1 betrifft die Einleitung und Bekanntmachung des Verfahrens. Abs. 2 behandelt die einzuholende Stellungnahme der Übertragungsnetzbetreiber. Abs. 3 und 4 regeln für die Fälle, in denen eine Strategische Umweltprüfung erforderlich ist, den Anhörungstermin, die Festlegung eines Untersuchungsrahmens, den Entwurf des FEP und den zu erstellenden Umweltbericht. Abs. 5 trifft
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1. Zuständigkeit
WindSeeG § 6
Bestimmungen für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Abs. 6 regelt das Verfahren in Fällen, in denen ausnahmsweise keine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist. Abs. 7 verlangt das Einvernehmen mit der BNetzA und die Abstimmung mit weiteren Behörden. Abs. 8 regelt die Bekanntmachung und Abs. 9 die Rechtswirkungen des FEP.
2. Entstehungsgeschichte § 6 wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerba- 2 ren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20161 geschaffen. Das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.7.20172 nahm redaktionelle Anpassungen an das geänderte UVPG vor. Durch das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften vom 17.12.20183 wurde Abs. 9 S. 2 eingefügt. Durch das Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften vom 3.12.20204 erfolgte mit dem neuen Abs. 10 eine Regelung zur Verfahrensvereinfachung.
II. Erstellung des FEP 1. Zuständigkeit des BSH und Zusammenarbeit mit anderen Akteuren (Abs. 1, 2, 7) 3 Das BSH ist zuständig für die Erstellung des FEP.5 Abs. 7 verlangt die Erstellung des FEP im Einvernehmen mit der BNetzA und in Abstim- 4 mung mit dem BfN, der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt und den Küstenländern.6 So sollen einerseits die seeseitigen planerischen Aspekte und andererseits die netzseitigen Aspekte umfassend berücksichtigt werden; zugleich sollen alle wesentlichen Akteure beim Ausbau der Nutzung der Windenergie auf See beteiligt sein.7 Abs. 2 regelt die Beteiligung der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Aufgrund ihrer Zu- 5 ständigkeit für den Betrieb und den Ausbau der Übertragungsnetze werden sie als weitere wesentliche Akteure beteiligt. Sie werden aufgefordert, eine gemeinsame Stellungnahme zum vom BSH erstellten Vorentwurf des FEP abzugeben. Die in Abs. 2 S. 3 enthaltene Auflistung der Aspekte, welche die ÜNB in ihrer Stellungnahme zu berücksichtigen haben, ist nicht abschließend („insbesondere“). Die Expertise der ÜNB wird insbesondere für technische Aspekte und die zeitliche Planung herangezogen.8 Die Ausführungen der ÜNB werden jedoch nicht ungeprüft übernommen; vielmehr ist die gemeinsame Stellungnahme der ÜNB von der BNetzA in Abstimmung mit dem BSH zu prüfen (Abs. 2 S. 4).
1 2 3 4 5
BGBl. I 2016 S. 2258. BGBl. I 2017 S. 2808. BGBl. I 2018 S. 2549. BGBl. I 2020 S. 2682. Die Rechts- und Fachaufsicht hat hierzu das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, im Benehmen mit dem ansonsten generell für das BSH zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, § 79. 6 Zu den Begriffen des Einvernehmens und der Abstimmung vgl. § 17a EnWG Rn 8 f – BK-EnR/Kerth § 6 Rn 6 geht dagegen davon aus, dass das BSH die Stellungnahmen der BNetzA lediglich zu berücksichtigen hat und von ihnen abweichen kann. 7 BT-Drucks. 18/8860, S. 277 f. 8 Vgl. beispielhaft S. 29, 30 des FEP 2020. 1033
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§ 6 WindSeeG
II. Erstellung des FEP
2. Ablauf des Verfahrens 6 Gemäß Abs. 1 macht das BSH die Einleitung des Verfahrens sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens bekannt. Aus dem Verweis auf § 73 Nr. 1 ergibt sich, dass die Bekanntmachung auf der Internetseite des BSH sowie in den Nachrichten für Seefahrer (Amtliche Veröffentlichung für die Seeschifffahrt des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie) zu erfolgen hat. 7 Das BSH erstellt gemäß Abs. 2 einen Vorentwurf des FEP, zu welchem die ÜNB dann ihre gemeinsame Stellungnahme abgeben (vgl. dazu bereits Rn 5). 8 Abs. 3 regelt die Durchführung eines öffentlichen Anhörungstermins. Ein solcher Verfahrensschritt war auch bereits für den BFO vorgesehen.9 Abs. 3 verweist (anders als § 17a Abs. 2 EnWG) nicht auf das NABEG, sondern trifft eine eigenständige Regelung. Der Anhörungstermin nach Abs. 3 kann zusammen mit dem Anhörungstermin bezüglich der Voruntersuchung von Flächen (nach §§ 9 ff) erfolgen, was als Verfahrenserleichterung für das BSH gedacht ist.10 Faktisch hat das BSH jedoch separate Anhörungstermine abgehalten.11 Anders als § 17a Abs. 2 EnWG verlangt Abs. 3 nicht ausdrücklich, dass der Ladung geeignete Vorbereitungsunterlagen beizufügen sind. Eine Bereitstellung der relevanten Informationen erscheint zur Erfüllung des Zwecks des Termins jedoch weiterhin geboten. Im Rahmen der Aufstellung des FEP 2019 hat das BSH den Vorentwurf des FEP sowie die Entwürfe des Untersuchungsrahmens für die Umweltberichte im Rahmen der durchzuführenden Strategischen Umweltprüfung auf seiner Website veröffentlicht, ebenso wie die gemeinsame Stellungnahme der Übertragungsnetzbetreiber.12 Entsprechend wurde für die Fortschreibung (FEP 2020) vorgegangen. Gemäß Abs. 4 erstellt das BSH auf Grundlage des Anhörungstermins den Untersuchungs9 rahmen für den FEP, den Entwurf des FEP und einen Umweltbericht.13 Abs. 5 regelt die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Regelung des Abs. 5 S. 1 10 entspricht § 17a Abs. 4 S. 1 EnWG.14 Abs. 5 S. 2 stellt klar, dass neben den Umweltauswirkungen auch die Festlegungen des Plans Gegenstand der Beteiligung sind. Gemäß S. 3 „soll“ ein Erörterungstermin stattfinden. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Erörterungstermin „in der Regel“ durchzuführen ist.15 Ein Verzicht wird z. B. bei hohem zeitlichem Druck zur Fertigstellung des Plans für denkbar gehalten.16 Mit Abs. 10 wurde vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen eine Verfahrensvereinfa11 chung für die Behördenbeteiligung geschaffen. Aufgrund der zu erwartenden Dateigrößen ist ein Versand per E-Mail nicht möglich, so dass die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet als verfahrenstechnisch einfachste Lösung vorgesehen wurde. An den materiellen Anforderungen an die Unterlagen ändert sich nichts.17 Nach Erteilung des Einvernehmens durch die BNetzA (Abs. 7)18 erfolgt die Bekanntma12 chung (Abs. 8). Aus dem Verweis auf § 73 Nr. 1 ergibt sich, dass die Bekanntmachung auf der Internetseite des BSH sowie in den Nachrichten für Seefahrer (Amtliche Veröffentlichung für die 9 Näher hierzu § 17a EnWG Rn 28 ff. 10 BT-Drucks. 18/8860, S. 284. 11 Für nähere Informationen zu den Verfahren zur Voruntersuchung siehe https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Flaechenvoruntersuchung/flaechenvoruntersuchung_node.html. 12 Vgl. die öffentliche Bekanntmachung des BSH vom 25. Mai 2018, abrufbar unter https://www.bsh.de/SharedDocs/Meldungen_Oeffentl_Bekanntmachungen/_Anlagen/Downloads/ Bekanntmachung_Vorentwurf_Flaechenentwicklungsplan2019.pdf?__blob=publicationFile&v=9. 13 Vgl. näher bereits § 17a EnWG Rn 34 ff. 14 Vgl. näher bereits § 17a EnWG Rn 37 ff (wobei Abs. 5 nicht wie § 17a Abs. 4 EnWG auf § 12c EnWG verweist, so dass die diesbezüglichen Erörterungen hier nicht relevant sind). 15 BT-Drucks. 18/8860, S. 277. 16 Spieth/Lutz-Bachmann/Spieth § 6 Rn 13. 17 BT-Drucks. 19/20429, S. 45. 18 Siehe oben Rn 4. Bader
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III. Rechtswirkungen des Flächenentwicklungsplans
WindSeeG § 6
Seeschifffahrt des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie) zu erfolgen hat. Der erste FEP (der FEP 2019) musste gemäß Abs. 8 S. 2 bis zum 30. Juni 2019 bekanntgemacht werden.
3. Verfahren ohne Strategische Umweltprüfung Wenn ausnahmsweise keine Strategische Umweltprüfung erforderlich ist, findet gemäß Abs. 6 13 dennoch die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Ein Umweltbericht ist jedoch nicht zu erstellen. Das BSH hat nach § 34 UVPG festzustellen, ob eine Strategische Umweltprüfung erforderlich ist.
III. Rechtswirkungen des Flächenentwicklungsplans Ebenso wie der BFO19 ist auch der FEP nicht selbständig gerichtlich überprüfbar (Abs. 9 S. 1). 14 Dies wird damit begründet, dass er primär die zeitliche Reihenfolge der Ausschreibungen steuert und lediglich eine Vorstufe zur Voruntersuchung, zur Ausschreibung und zum Zulassungsverfahren bildet. Ein selbständiges gerichtliches Vorgehen gegen den FEP müsse nicht ermöglicht werden.20 Damit besteht (wie beim BFO) allein die Möglichkeit einer gerichtlichen Inzidentkontrolle. Fraglich ist, ob diese Erwägung auch hinsichtlich von Windparkentwicklern gilt, die ihre in 15 Entwicklung befindlichen Projekte durch den Wechsel zum zentralen Modell nicht weiterführen können (soweit sie nicht Zuschläge in den Ausschreibungen für Bestandsprojekte nach §§ 26 ff erhalten haben). Für „bestehende Projekte“ i. S. d. § 26 Abs. 2 sieht das WindSeeG keine Entschädigung vor, aber immerhin ein Eintrittsrecht nach 39 ff. Ob und wann dieses in Betracht kommt, richtet sich nach dem Zuschnitt der Flächen und der zeitlichen Reihenfolge von deren Ausschreibung. Insofern hat der FEP eine direkte Auswirkung für die betroffenen Inhaber der bestehenden Projekte. Für diese wird daher erwogen, den Geltungsgehalt des Abs. 9 mit Blick auf § 19 Abs. 4 GG im Wege der verfassungskonformen Auslegung zu reduzieren21 und den betroffenen Entwicklern von Bestandsprojekten somit eine Klagemöglichkeit gegen den FEP zu geben. Ob im bloßen Flächenzuschnitt bzw. der zeitlichen Reihung im FEP eine Rechtsverletzung liegen kann, mag man jedoch bezweifeln. Unabhängig davon wurde vertreten, dass bereits die Regelungen des WindSeeG zur Einführung eines zentralen Modells verfassungswidrig seien;22 entsprechende Verfassungsbeschwerden hatten jedoch nur insoweit Erfolg als den Entwicklern bestimmter Projekte ohne Eintrittsrecht ein finanzieller Ausgleich für die notwendigen Kosten von Planungen und Untersuchungen zu gewähren ist. Ansonsten hat das BVerfG die Übereinstimmung des WindSeeG mit der Verfassung bestätigt.23 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass wegen des verwaltungsinternen Charakters des Flä- 16 chenentwicklungsplans auch der Anwendungsbereich des UmwRG nicht eröffnet ist; es handele sich beim Erlass des FEP nicht um eine Entscheidung im Sinne des § 1 UmwRG.24 Zwar wurde zwischenzeitlich im UmwRG die Möglichkeit der Verbandsklage gegen Pläne und Programme geschaffen.25 Jedoch bleibt gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 UmwRG der Klageausschluss nach § 6 Abs. 9 S. 1 des WindSeeG ausdrücklich unberührt, so dass keine Klagemöglichkeit nach dem UmwRG eröffnet ist. 19 20 21 22 23 24 25
Vgl. § 17a EnWG Rn 43. BT-Drucks. 18/8860, S. 278. Spieth/Lutz-Bachmann/Spieth § 6 Rn 18. Z. B. Dannecker/Rutloff, EnWZ 2016, 490. BVerfG, Beschl. v. 30.6.2020 – 1 BvR 1679/17 und 1 BvR 2190/17. BT-Drucks. 18/8860, S. 278. Der FEP gehört nach Anlage 5 Nr. 1.17 UVPG zu den Plänen, die einer Strategischen Umweltprüfung unterliegen. Gemäß § 2 UmwRG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a UmwRG käme somit grundsätzlich eine Klagemöglichkeit in Betracht. 1035
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§ 6 WindSeeG
17
III. Rechtswirkungen des Flächenentwicklungsplans
Gemäß Abs. 9 S. 2 ist der FEP für Genehmigungsverfahren nach Teil 4 des WindSeeG und nach SeeAnlG und SeeAnlV verbindlich. Diese Verbindlichkeit wirkt in beide Richtungen: Liegt eine Anlage in einem hierfür ausgewiesenen Gebiet, so wirkt sich dies im Genehmigungsverfahren positiv aus. Umgekehrt kann der FEP aber auch ein Zulassungshindernis darstellen. Beispielsweisen können Windenergieanlagen ohne Netzanschluss nicht auf Flächen zugelassen werden, auf denen der FEP Anlagen mit Netzanschluss vorsieht.26 Gemäß § 5 Abs. 6 NABEG ist der FEP außerdem von der BNetzA bei der Durchführung der Bundesfachplanung für OffshoreAnbindungsleitungen zu berücksichtigen.
26 BR-Drucks. 563/18, S. 147. Bader
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§ 7 Übergang vom Bundesfachplan Offshore und vom OffshoreNetzentwicklungsplan Für Festlegungen ab dem Jahr 2026 werden 1. die bisher im Bundesfachplan Offshore nach § 17a des Energiewirtschaftsgesetzes getroffenen Festlegungen durch die im Flächenentwicklungsplan nach § 5 getroffenen Festlegungen abgelöst und 2. die bisher im Offshore-Netzentwicklungsplan nach den §§ 17b und 17c des Energiewirtschaftsgesetzes getroffenen Festlegungen teilweise durch die im Flächenentwicklungsplan nach § 5 und teilweise durch die im Netzentwicklungsplan nach den §§ 12b und 12c des Energiewirtschaftsgesetzes getroffenen Festlegungen abgelöst.
I. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte Die Vorschrift regelt die Ablösung des bisherigen Planungsregimes aus Bundesfachplan Off- 1 shore (BFO, § 17a EnWG) und Offshore-Netzentwicklungsplan (ONEP, § 17b EnWG). Das neue zentrale Planungsinstrument für den Offshore-Bereich ist der Flächenentwicklungsplan (FEP), welcher den BFO und teilweise den ONEP ablöst. Daneben werden einige bislang im ONEP geregelte Festlegungen nunmehr im Netzentwicklungsplan (NEP) nach §§ 12b, 12c EnWG dargestellt, der zuvor allein den Netzausbau an Land betraf. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom 2 aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20161 geschaffen.
II. Übergang vom BFO und vom ONEP Gemäß § 7 Nr. 1 wird der BFO vollständig vom FEP abgelöst. Nach Nr. 2 wird der ONEP teilweise 3 durch den FEP und teilweise durch den NEP ersetzt. § 5 regelt die im FEP vorgesehenen bzw. möglichen Festlegungen. § 12b Abs. 1 S. 4 Nr. 7 EnWG normiert die in den NEP aufzunehmenden Planungen des Offshore-Netzausbaus; die Festlegungen des jeweiligen FEP sind diesen zugrunde zu legen.2 § 7 liefert die zeitliche Abgrenzung zwischen BFO und ONEP einerseits und FEP und NEP andererseits. § 7 spricht von Festlegungen ab dem Jahr 2026. Gemeint sind Festlegungen für Maßnah- 4 men, die ab dem Jahr 2026 umgesetzt,3 d. h. fertiggestellt4 bzw. in Betrieb genommen werden sollen. Die Planung für das sogenannte zentrale System, welches gemäß §§ 16 ff Ausschreibungen für Windenergieanlagen auf See mit Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2026 vorsieht,5 soll nicht mehr durch BFO und ONEP, sondern durch den FEP und (auf diesen aufbauend) den NEP erfolgen. Die §§ 17a–c EnWG treten folgerichtig mit Ablauf des Jahres 2025 außer Kraft.6 Dagegen gilt der BFO noch für die Anschlussleitungen der sogenannten bestehenden Projekte, welche einen Zuschlag in den Ausschreibungen nach §§ 26 ff WindSeeG erhalten haben.
1 BGBl. I 2016 S. 2258. 2 Von einer gemeinsamen Onshore- und Offshore-Netzplanung im NEP erhofft sich der Gesetzgeber u. a. eine bessere Verzahnung des Offshore-Ausbaus mit dem landseitigen Netz, BT-Drucks. 18/8860, S. 332. Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 18/8860, S. 278 (dort noch mit 2025 als Jahr der Umstellung). Vgl. § 17c Abs. 1 EnWG, der zur zeitlichen Abgrenzung vom „geplanten Zeitpunkt der Fertigstellung“ spricht. Zum Systemwechsel § 4 Rn 2 ff. Art. 25 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016, BGBl. I 2016 S. 2258.
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§ 7 WindSeeG
II. Übergang vom BFO und vom ONEP
BFO und ONEP wurden gemäß §§ 17a Abs. 7 und 17b Abs. 5 EnWG letztmalig im Jahr 2017 erstellt. Das BSH hat den ersten Flächenentwicklungsplan, den FEP 2019, am 28.6.2019 veröffentlicht. Am 18.12.2020 wurde bereits dessen erste Fortschreibung veröffentlicht, der FEP 2020. Auch wenn sich die Festlegungen des FEP gemäß § 7 auf die Jahre ab 2026 beziehen, ist er gemäß § 17d Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EnWG von den anbindungsverpflichteten ÜNB bereits seit 1.1.2019 zu berücksichtigen (ebenso wie der neue NEP). Dieser Vorlauf ist aufgrund der langen Zeitdauer zur Errichtung von Offshore-Anbindungsleitungen erforderlich. 6 Der FEP baut auf den Planungen des BFO und auch des ONEP auf. Der Gesetzentwurf ging davon aus, dass die meisten Festlegungen aus BFO und ONEP im FEP fortgeführt werden, insbesondere diejenigen Festlegungen des BFO, die einen stabilen Planungsrahmen für die zukünftig zur Ausschreibung kommenden Flächen bilden, etwa die Festlegung von Trassen oder Trassenkorridoren.7 Tatsächlich schreiben der FEP 2019 und der FEP 2020 die bisherige Planung fort, was allerdings keine 1:1-Übernahme bedeutet. Beispielsweise wurden die bisherigen Cluster des ONEP bzw. des BFO weitgehend bei der Festlegung von Gebieten übernommen; bei zwei Clustern hatte das BSH jedoch aufgrund neuer Erkenntnisse naturschutzrechtliche Bedenken, so dass es diese nicht als Gebiete für weitere Windenergieanlagen auf See, sondern als Gebiete unter Prüfung hinsichtlich einer etwaigen Nachnutzung ausgewiesen hat.8 5
7 BT-Drucks. 18/8860, S. 278. 8 Siehe dazu FEP 2019, S. 77, 79, 80, 89 und ebenso FEP 2020, S. 82. Bader
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§ 8 Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans (1) Der Flächenentwicklungsplan kann auf Vorschlag des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie oder der Bundesnetzagentur geändert oder fortgeschrieben werden. Die Entscheidung über Zeitpunkt und Umfang eines Verfahrens zur Änderung oder Fortschreibung erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie und der Bundesnetzagentur. (2) Der Flächenentwicklungsplan wird nach Maßgabe von § 5 geändert oder fortgeschrieben, wenn zur Erreichung der Ziele nach § 4 die Festlegung anderer oder weiterer Gebiete und Flächen oder eine Änderung der zeitlichen Reihenfolge der Voruntersuchung der Flächen erforderlich ist oder wenn die folgenden Vorschriften es vorsehen, mindestens jedoch alle vier Jahre. Nach § 5 Absatz 1 soll die Fortschreibung über den Zeitraum bis zum Jahr 2030 hinausgehen. Soweit Pilotwindenergieanlagen auf See mit einer installierten Leistung von mindestens 100 Megawatt errichtet sind, die über zugewiesene Netzanbindungskapazität nach § 70 Absatz 2 auf einer Offshore-Anbindungsleitung oder nach Maßgabe einer Festlegung nach § 70 Absatz 2 Satz 4 Nummer 2 auf einer Testfeld-Anbindungsleitung verfügen, wird der Flächenentwicklungsplan so fortgeschrieben oder geändert, dass die voraussichtlich zu installierende Leistung um die Summe der installierten Leistung dieser Pilotwindenergieanlagen auf See verringert wird. (3) Bei Fortschreibungen des Flächenentwicklungsplans über das Jahr 2030 hinaus können auch Festlegungen zu einer Nachnutzung und erneuten Ausschreibung von Flächen getroffen werden, die bereits für die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See genutzt werden. Die erneute Ausschreibung einer Fläche für die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See wird unter Berücksichtigung des Zwecks dieses Gesetzes nach § 1 Absatz 1 festgelegt, wenn und soweit das erforderlich ist, um das Ausbauziel für 2040 nach § 1 Absatz 2 Satz 1 zu erreichen. (4) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und die Bundesnetzagentur machen die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung oder Fortschreibung und deren voraussichtlichen Umfang nach § 73 Nummer 1 und 2 bekannt. § 6 ist entsprechend anzuwenden. Bei einer geringfügigen Änderung oder Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie auf die Durchführung einzelner Verfahrensschritte verzichten; insbesondere kann die Beteiligung der betroffenen Behörden und der Öffentlichkeit schriftlich oder elektronisch erfolgen; die Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleiben unberührt.
Übersicht I. 1. 2.
Allgemeines 1 1 Überblick über die Norm Regelungszusammenhang und Entstehungsge2 schichte
II.
Änderung und Fortschreibung des Flächenent3 wicklungsplans (Abs. 1, 2)
1039 https://doi.org/10.1515/9783110670516-096
III.
Nachnutzung von Flächen (Abs. 3)
IV.
Verfahren (Abs. 4)
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§ 8 WindSeeG
II. Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans (Abs. 1, 2)
I. Allgemeines 1. Überblick über die Norm 1 Gemäß Abs. 1 kann die Initiative zur Änderung oder Fortschreibung des FEP von BSH oder BNetzA ausgehen; über Zeitpunkt und Umfang des Verfahrens entscheiden die beiden Behörden einvernehmlich. Abs. 2 enthält Regelungen zur Erforderlichkeit einer Änderung/Fortschreibung sowie einen Mindest-Turnus. Gemäß Abs. 3 sind für die Zeit nach dem Jahr 2030 Festlegungen zu einer Nachnutzung der für die Windenergieerzeugung genutzten Flächen möglich. Abs. 4 trifft Regelungen zum Verfahren.
2. Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte 2 Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.20161 geschaffen. Durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13.5.20192 wurde in Abs. 2 eine Ergänzung bezüglich Testfeld-Anbindungsleitungen vorgenommen. Durch das Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften vom 3.12.20203 erfolgten kleinere Anpassungen insbesondere im Zusammenhang mit den geänderten Ausbauzielen.
II. Änderung und Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans (Abs. 1, 2) 3 Das Gesetz differenziert zwischen Änderung und Fortschreibung des FEP. Bei der Änderung geht es um die Abänderung oder Ergänzung von bereits im FEP vorhandenen Festlegungen (wie z. B. eine Änderung der zeitlichen Reihenfolge der Ausschreibungen von Flächen). Um eine Fortschreibung handelt es sich bei der Aufnahme neuer Festlegungen (z. B. die Aufnahme neuer Flächen) oder die zeitliche Fortschreibung über den bisherigen Geltungszeitraum des FEP hinaus.4 4 Abs. 1 gibt neben dem BSH auch der BNetzA das Recht, Änderungen bzw. eine Fortschreibung vorzuschlagen. Hierzu besteht ein Ermessen („kann“), soweit nicht gemäß Abs. 2 eine Änderung oder Fortschreibung zu erfolgen hat. Für die Entscheidung über Zeitpunkt und Umfang eines Verfahrens zur Änderung/Fortschreibung (und letztlich auch dazu, ob überhaupt ein Verfahren eingeleitet werden soll5) ist gemäß Abs. 1 S. 2 das Einvernehmen beider Behörden erforderlich, d. h. deren Willensübereinstimmung.6 Der FEP ist (mindestens) turnusmäßig alle vier Jahre fortzuschreiben, Abs. 2 S. 1 a. E. Hier5 durch soll sichergestellt werden, dass der Plan regelmäßig überprüft und aktualisiert wird.7 Dieses Intervall ist länger als das für das Vorgängerinstrument BFO; dieser war gemäß § 17a EnWG zuletzt alle zwei Jahre zu erstellen.8 Anders als § 17a EnWG verlangt § 8 nicht, dass jeweils 1 2 3 4 5 6 7 8
BGBl. I 2016 S. 2258. BGBl. I 2019 S. 706. BGBl. I 2020 S. 2682. BT-Drucks. 18/8860, S. 279. BT-Drucks. 18/8860, S. 279. Vgl. zum Begriff des Einvernehmens § 17a EnWG Rn 8. BT-Drucks. 18/8860, S. 279. Vgl. § 17a EnWG Rn 12 zur Verlängerung des Intervalls von einem auf zwei Jahre. Vgl. auch § 17a Abs. 4 S. 2, wonach mindestens alle vier Jahre ein vollständiges Verfahren mit Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden musste. Bader
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III. Nachnutzung von Flächen (Abs. 3)
WindSeeG § 8
ein neuer FEP aufzustellen ist, sondern spricht nur von einer Fortschreibung oder Änderung mindestens alle vier Jahre. Bereits vor Ablauf des Vierjahreszeitraums muss eine Änderung oder Fortschreibung erfolgen, wenn dies vom Gesetz verlangt wird. Gemäß Abs. 2 S. 1 muss eine Änderung/Fortschreibung erfolgen, wenn zur Erreichung der Ziele nach § 4 die Festlegung anderer oder weiterer Gebiete oder Flächen oder eine Änderung der zeitlichen Reihenfolge der Voruntersuchungen9 erforderlich ist, z. B. untersuchte Flächen als nicht geeignet befunden werden.10 Insbesondere wird nachzusteuern sein, wenn sich herausstellt, dass weniger installierte Leistung zugebaut wurde als im FEP vorgesehen ist bzw. in der Ausschreibung bezuschlagt wurde. Dann muss die fehlende Leistung zusätzlich im FEP vorgesehen werden und in einer späteren Ausschreibung erhöht sich dann das Ausschreibungsvolumen entsprechend.11 Gemäß Abs. 2 S. 3 ist ebenfalls nachzusteuern, soweit Pilotwindenergieanlagen auf See (mit Netzanschluss) mit einer Leistung von mindestens 100 MW errichtet sind. Die angestrebten Zubauwerte sind dann entsprechend zu reduzieren. Die Regelung steht vor dem Hintergrund, dass die Ausbauziele auch Pilotwindenergieanlagen umfassen.12 Die Erforderlichkeit der Änderung/Fortschreibung des FEP kann sich nicht nur aus § 8, sondern auch aus nachfolgenden Vorschriften außerhalb des § 8 ergeben (Abs. 2 S. 1). So muss gemäß § 12 Abs. 6 S. 3 eine Fortschreibung des FEP erfolgen, wenn sich ergibt, dass eine Fläche nicht zur Ausschreibung geeignet ist. § 18 Abs. 3 sieht eine Pflicht zur Änderung oder Fortschreibung vor, wenn die BNetzA gemäß § 18 das Ausschreibungsvolumen ändert und der FEP sonst in den Folgejahren nicht mehr eingehalten werden könnte. Gemäß Abs. 2 S. 2 soll die Fortschreibung nach § 5 Abs. 1 über den Zeitraum bis zum Jahr 2030 hinausgehen.
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III. Nachnutzung von Flächen (Abs. 3) Bei einer Fortschreibung des FEP über 2030 hinaus können gemäß Abs. 3 auch Festlegungen 10 zu einer Nachnutzung und erneuten Ausschreibung von Windpark-Flächen getroffen werden. Dies gilt für alle Flächen in der AWZ.13 Die Gesetzesbegründung stellt dazu klar, dass nur festgelegt werden kann, dass die Flächen erneut für die Nutzung zur Stromerzeugung aus Windenergie auf See eingesetzt werden und entsprechend eine neue Ausschreibung für diese Flächen durchgeführt wird, oder dass die Flächen nicht mehr für diesen Zweck genutzt werden. Eine anderweitige Nutzung könne dagegen im Flächenentwicklungsplan nicht festgelegt werden; das bleibe einer anderen gesetzlichen Regelung oder einer Regelung im Raumordnungsplan vorbehalten.14 Gemäß Abs. 3 S. 2 wird die Entscheidung über eine Nachnutzung unter Berücksichtigung des Zwecks des WindSeeG danach getroffen, ob eine Nachnutzung zur Erreichung des Ausbauziels für 2040 von 40 GW nach § 1 Abs. 2 S. 1 erforderlich ist; weitere Aspekte sind nicht relevant.15 Für die Nachnutzung soll zu gegebener Zeit eine gesetzliche Regelung geschaffen wer- 11 den, vgl. auch § 66. Bislang stellt das WindSeeG lediglich sicher, dass die Flächen dann auch
9 Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 wird die vorgesehene Ausschreibungsreihenfolge (nebst Kalenderjahr) im FEP festgesetzt. Die zeitliche Abfolge der Voruntersuchungen richtet sich gemäß § 9 dann danach.
10 FEP 2020, S. 6. 11 Vgl. BT-Drucks. 18/8860, S. 279; dort allerdings noch auf Basis eines jährlichen durchschnittlichen Zubaus von 840 MW. 12 BT-Drucks. 18/9096, S. 372. 13 BT-Drucks. 18/8860, S. 279 f. 14 BT-Drucks. 18/8860, S. 280. 15 BT-Drucks. 18/8860, S. 280. 1041
Bader
§ 8 WindSeeG
IV. Verfahren (Abs. 4)
tatsächlich für eine Nachnutzung zur Verfügung stehen, vgl. §§ 24 Abs. 2 S. 2, 37 Abs. 2 S. 2 und 48 Abs. 7.
IV. Verfahren (Abs. 4) 12 Abs. 4 regelt näheres zum Verfahren. Da BSH und BNetzA einvernehmlich über die Einleitung eines Verfahrens entscheiden, machen gemäß Abs. 4 S. 1 auch beide Behörden die Einleitung und den voraussichtlichen Umfang des Verfahrens bekannt. Nach Abs. 4 S. 2 kommt grundsätzlich das Verfahren nach § 6 zur Anwendung. Bei einer nur geringfügigen Änderung oder Fortschreibung des FEP können einzelne Verfahrensschritte entfallen; insbesondere kann die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung schriftlich oder elektronisch erfolgen. Die Bestimmungen des UVPG bleiben jedoch unberührt (§ 8 Abs. 4 S. 3 a. E.), d. h. auf danach zwingende Verfahrensschritte darf nicht verzichtet werden.16 Die Verfahrenserleichterung war zunächst auf Änderungen beschränkt; inzwischen wurde die Fortschreibung klarstellend17 mit aufgenommen. Unklar bleibt, wie sich die „Geringfügigkeit“ bestimmt, insbesondere im Fall der Fortschreibung, bei der es um gänzlich neue Festlegungen und/oder eine Ausdehnung des zeitlichen Geltungsbereichs des FEP geht.18
16 BT-Drucks. 18/8860, S. 280. 17 BT-Drucks. 19/20429, S. 45. 18 Vgl. oben Rn 3. Bader
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Stichwortverzeichnis Die Zahlen und Buchstaben in Fettdruck beziehen sich auf die Teile bzw. die Kommentierungen des Werkes, die Ziffern beziehen sich auf die Randnummern innerhalb der Teile bzw. Kommentierungen. (n-1)-Kriterium § 12b EnWG 26; § 12c EnWG 6 A Aarhus-Konvention § 12e EnWG 40 Abschichtung § 7 NABEG 89, 90 f,102; § 12c EnWG 22; § 18 NABEG 172, 179 ff; § 20 NABEG 17 ff, 32; § 23 NABEG 6, 13; § 43 EnWG 164, 172; – ebenengerechte § 7 NABEG 68, 85; § 7 NABEG 87; § 20 NABEG 17; § 23 NABEG 5 – Ermessen der Behörde § 7 NABEG 88; § 23 NABEG 10 – Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen § 23 NABEG 11 – Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung § 7 NABEG 105; § 20 NABEG 28; § 23 NABEG 13 – Planfeststellung § 20 NABEG 17 – Prüfung, artenschutzrechtliche § 7 NABEG 78, 96 f, 98 ff, 100; § 20 NABEG 30; § 23 NABEG 13 – Umweltprüfung § 5 WindSeeG 50; § 7 NABEG 85, 91; § 12c EnWG 22; § 20 NABEG 23; § 23 NABEG 2, 4 f – Zweck § 7 NABEG 87; § 23 NABEG 5 f Abschnittsbildung, Bundesfachplanung § 6 NABEG 35 ff; § 12 NABEG 64 ff; – Gesamtprognose, vorläufig positive § 12 NABEG 77 ff – Rechtfertigung § 11 NABEG 39 ff; § 12 NABEG 74 ff, 91 Abschnittsbildung, Planfeststellung § 18 NABEG 169 ff; § 43 EnWG 162 ff; – Antrag § 18 NABEG 179 ff; § 19 NABEG 29 ff; § 43 EnWG 172 ff; – Gesamtprognose, vorläufig positive § 18 NABEG 174 ff; § 43 EnWG 167 ff – Rechtfertigung § 18 NABEG 171 ff; § 43 EnWG 165 ff Abstimmung § 6 WindSeeG 4; § 17a EnWG 9; § 17c EnWG 4 Abwägung – Entscheidung § 5 NABEG 10, 22, 34, 37, 41, 109 ff, 114,130; § 9 NABEG 35; § 12 NABEG 15, 20 ff, 29, 33 f; § 18 NABEG 187 ff; § 25 NABEG 50; § 43 EnWG 180 ff; § 43c EnWG 17; § 43f EnWG 39 – Grundsatz § 43 EnWG 9 1043 https://doi.org/10.1515/9783110670516-097
– Mängel § 5 NABEG 130 ff; § 43d EnWG 17 – Vorgang § 5 NABEG 113; § 12 NABEG 81; § 18 NABEG 115 f, 129 ff, 187 ff, 198, 203; § 29 NABEG 1, 22, 27 f; § 43 EnWG 108 f, 123, 180 ff, 195; § 43d EnWG 27; § 43g EnWG 1, 23 ACER § 12a EnWG 17 Akzeptanz – Bedarfsplanung Teil 1 Einleitung 28, 37 – fehlende Teil 1 Einleitung 29, 37, 43 – Legitimation Teil 1 Einleitung 29 f – Öffentlichkeitsbeteiligung Teil 1 Einleitung 32, 36 Allgemeinheit – Versorgung § 43 EnWG 73; § 43f EnWG 31 – Wohl der § 43b EnWG 12; § 43h EnWG 46; § 45 EnWG 11 f, 30 f; § 45a EnWG 3, 11 Alternative § 12c EnWG 29 ff – räumliche § 12c EnWG 33 – technische § 12c EnWG 34 – vernünftige § 12c EnWG 29 Alternativenprüfung/anderweitige Planungsmöglichkeiten – Abgrenzung zur Planrechtfertigung § 43 EnWG 77 – Bundesfachplanung § 12 NABEG 58 ff – Einwendung § 43 EnWG 186 – FFH-Prüfung § 18 NABEG 200 ff; § 43 EnWG 193 ff – Planfeststellung § 18 NABEG 139 ff, 191 ff – Strategische Umweltprüfung § 7 NABEG 28 f, 43 ff – Zumutbarkeit § 18 NABEG 201; § 43 EnWG 130 Anbindungsleitung § 4 WindSeeG 10 ff; § 12c EnWG 63; § 12e EnWG 18; § 17d EnWG 8 Anbindungspflicht § 17d EnWG 8 Änderung, wesentliche § 19 NABEG 27; § 22 NABEG 50; § 25 NABEG 1 ff; § 27 NABEG 24; § 43f EnWG 1 ff; § 44b EnWG 32; § 45b EnWG 23 Änderungsverlangen § 17f EnWG 35 anderweitige Planungsmöglichkeiten § 12c EnWG 33 Anfechtungsklage § 25 NABEG 75; § 27 NABEG 73; § 43 EnWG 208 ff; § 43e EnWG 1 ff, 17 ff, 24 ff; § 43f EnWG 73 ff – Wirkung, aufschiebende § 18 NABEG 222; § 25 NABEG 75; § 27 NABEG 77; § 43 EnWG 211; Klie
Stichwortverzeichnis
§ 43e EnWG 17 f, 24; § 43f EnWG 73; § 44 EnWG 58, 58 f; § 44b EnWG 20, 43, 68 f; § 45b EnWG 36, 41 Anhörungsverfahren § 5 WindSeeG 16; § 6 WindSeeG 8; § 43 EnWG 13; § 43a EnWG 1 ff, § 43d EnWG 24 f, 30 ff; § 43g EnWG 2; § 44b EnWG 28, 37; § 45b EnWG 19, 29 Anlage/technischer Anlagenbegriff § 5 WindSeeG 16; § 16 NABEG 5, 48; § 18 NABEG 32, 128, 164, 206, 215; § 21 NABEG 2, 22 ff; § 28 NABEG 7; § 29 NABEG 5; § 43 EnWG 29 ff – Energiegewinnungsanlage, sonstige § 5 WindSeeG 31, 34 – kritische § 12f EnWG 25; § 12g EnWG 5 ff – KWK-Anlage § 43h EnWG 21 Anordnung auf Ausführung § 45 EnWG 36 f – Besitzeinweisung, vorzeitige § 27 NABEG 27, 33 ff, 77; § 44b EnWG 55 – Durchsetzung der Duldung § 44 EnWG 9, 45 ff, 58 – Rechtscharakter § 21 NABEG 10, 64 ff – Wirkung, aufschiebende § 18 NABEG 222; § 27 NABEG 36; § 43 EnWG 211; § 43e EnWG 17 f, 24, 27, 38; § 44b EnWG 20, 70, 72 Antragskonferenz – Behörde § 7 NABEG 128, 145; § 20 NABEG 41, 55 – Behörde, Beratung und Unterstützung § 20 NABEG 36 – Behörde, Gestaltungsspielraum der § 7 NABEG 130, 135; § 20 NABEG 41, 46 – Dauer § 7 NABEG 150; § 20 NABEG 58 – Durchführung, praktische § 7 NABEG 152; § 20 NABEG 60 – Durchführung, regionalisierte § 7 NABEG 151; § 20 NABEG 59 – Fachbehörden § 7 NABEG 145; § 20 NABEG 55 – Gebietskörperschaften, kommunale § 7 NABEG 48, 129; § 20 NABEG 41, 54 – Gegenstand § 7 NABEG 120 – Konferenzort § 7 NABEG 151; § 20 NABEG 59 – Ladung der Teilnehmer § 7 NABEG 136 f; § 20 NABEG 47 – Nachbereitung § 7 NABEG 148; § 20 NABEG 56 – öffentliche § 7 NABEG 133 f; § 20 NABEG 44 – Öffentlichkeit § 7 NABEG 133 – Öffentlichkeitsbeteiligung, frühe § 7 NABEG 121 – Ordnung in der Sitzung § 7 NABEG 152; § 20 NABEG 60 – Protokoll § 7 NABEG 152; § 20 NABEG 60 – Sachverständige § 7 NABEG 132 – Scoping-Termin § 7 NABEG 119; § 20 NABEG 35, 41 Klie
– Terminierung § 7 NABEG 149; § 20 NABEG 57 – Träger öffentlicher Belange § 7 NABEG 128 ff, 145; § 20 NABEG 41, 55 – Träger privater Belange § 7 NABEG 130, 132; § 20 NABEG 43, 55 – Unterrichtung der Öffentlichkeit § 20 NABEG 50 – Untersuchungsrahmen, Festlegung des § 7 NABEG 119, 161; § 20 NABEG 34 – Vereinigungen § 7 NABEG 131, 145; § 20 NABEG 42, 55 – Vorbereitung, inhaltliche § 7 NABEG 142; § 20 NABEG 52 – Vorhabenträger § 7 NABEG 127, 143; § 20 NABEG 40, 53 – Zeitpunkt § 7 NABEG 142; § 20 NABEG 51 – Ziele § 7 NABEG 121; § 20 NABEG 36 Anzeigeverfahren § 18 NABEG 33; § 19 NABEG 27 f; § 22 NABEG 14; § 25 NABEG 1 ff; § 27 NABEG 24; § 43 EnWG 77; § 43b EnWG 12; § 43f EnWG 1 ff; § 44b EnWG 32; § 45b EnWG 23 Arten, prioritäre § 43 EnWG 123 Artenschutzrechtliche Prüfung – Abschichtung zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung § 7 NABEG 99; § 20 NABEG 30; § 23 NABEG 13 – Arten- oder Gebietsschutz, Freileitungsausnahme § 7 NABEG 48; § 8 NABEG 15 – Bundesfachplanung § 7 NABEG 96 – Durchführung § 7 NABEG 97 f – Planfeststellung § 20 NABEG 30 – Planfeststellungsfestigkeit § 7 NABEG 99 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 96 Auftraggeber § 29 NABEG 31 ff; § 43g EnWG 33 Ausbaumaßnahme § 12b EnWG 24 f, 29 Ausfallarbeit § 17e EnWG 20 Ausgleichsmaßnahme § 18 NABEG 159, 177; § 43 EnWG 137, 151, 170 – Kohärenzmaßnahme § 18 NABEG 131, 145 ff; § 43 EnWG 123 f, 136 ff Ausschließliche Wirtschaftszone § 4 WindSeeG 7; § 17a EnWG 10 f, 21; § 17b EnWG 9; § 43 EnWG 33 ff – Seekabel § 12b EnWG 39 ff; § 12e EnWG 18 Ausschluss- und Duldungswirkung § 18 NABEG 216; § 43c EnWG 23 Ausschreibung § 29 NABEG 32; § 43g EnWG 32 ff – Ausschreibungsreihenfolge § 5 WindSeeG 13, 52 ff – Netzanbindung Offshore § 17d EnWG 38 1044
Stichwortverzeichnis
– Übergangssystem (WindSeeG) § 4 WindSeeG 2; § 17b EnWG 19 – Zentrales System (WindSeeG) § 17a EnWG 5 B Bagatellschwelle § 18 NABEG 127; § 43 EnWG 120 Bahnstrom § 5 NABEG 57; § 16 NABEG 33, 40; § 43 EnWG 14, 30, 63; § 43b EnWG 13 Baltic Cable § 43 EnWG 35 Barrierefreiheit § 30a NABEG 12, 40 ff Bauleitplanung § 15 NABEG 32 ff; § 16 NABEG 56; § 29 NABEG 10; § 43g EnWG 10 Bauplanungsrecht § 5 NABEG 40 Bedarf § 12e EnWG 20 ff, 26 – Aufstellung § 1 EnLAG 105 – Bedarf, vordringlicher § 1 EnLAG 110, 114, 121; § 12e EnWG 22 ff – Bedarfsplan § 2 EnLAG 141; Teil 1 Einleitung 15; Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 22 – Begründung Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 22, 38 – dena-Netzstudie I § 1 EnLAG 116 – Inhalt § 1 EnLAG 106 – Maßnahmen, wirtschaftlich zumutbare § 1 EnLAG 109 – Notwendigkeit, energiewirtschaftliche § 1 EnLAG 121 – Planrechtfertigung § 1 EnLAG 123, 127; § 12e EnWG 22 ff – Rechtswirkungen § 1 EnLAG 105; § 12e EnWG 22 ff – TEN-E-Leitlinien § 1 EnLAG 116 – Verbindlichkeit § 1 EnLAG 121; § 12e EnWG 20 – Voraussetzungen § 1 EnLAG 106, 111 – Vorhabenauswahl § 1 EnLAG 116 Bedarfsplanung § 12a EnWG 12; § 18 NABEG 43 ff; § 43 EnWG 82 ff Belange, private § 7 NABEG 102; § 20 NABEG 32; § 23 NABEG 13 Besitzeinweisung § 27 NABEG 17 ff; § 44b EnWG 17 ff, 23 ff, 66, 73 – Anordnung § 27 NABEG 27, 36; § 44b EnWG 53 – vorzeitige Teil 1 Einleitung 73 – Wirkung, aufschiebende § 27 NABEG 36; § 44b EnWG 68 f Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse § 12f EnWG 3, 11, 23 f; § 30a NABEG 7, 21 ff, 39 Bündelung § 12g EnWG 7 Bündelungsoption § 12g EnWG 7 Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie 1045
– Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 3; § 8 WindSeeG 4 – Offshore-Umsetzungsbericht § 17c EnWG 14 Bundesbedarfsplanung/ Bundesbedarfsplangesetz § 7 NABEG 48, 86; § 12a EnWG 12; § 12c EnWG 1 ff; § 12e EnWG 1 ff – Änderung § 12e EnWG 30 – Bedarf, vordringlicher § 12e EnWG 20 ff – Bedarfsfeststellung, evident unsächliche § 12e EnWG 25 – Bedarfsfeststellung, gesetzliche § 12e EnWG 23 ff – Begründung § 12e EnWG 10, 20 – Bindungswirkung § 12e EnWG 28 ff – Bundesgesetzgeber, Erlass § 12e EnWG 9 f – Entwurf § 12a EnWG 2; § 12e EnWG 8 – Erdkabel-Wechselstromleitungen § 7 NABEG 49 – HGÜ-Erdkabel 7 NABEG 49 ff – Höchstspannungsleitungen, länder- und grenzüberschreitende § 12e EnWG 16 f – Kennzeichnung § 2 BBPlG 3 ff; § 12e EnWG 16 ff – Kompetenzgrundlage § 12e EnWG 9 – Nebenanlagen § 1 BBPlG 6 f – Netzentwicklungsplan, Änderungen § 12e EnWG 30 – Netzverknüpfungspunkte § 1 BBPlG 7 – Notwendigkeit, energiewirtschaftliche § 12e EnWG 20 ff – Offshore-Anbindungsleitungen § 12e EnWG 18 – Pilotprojekt § 12b EnWG 33 ff; § 12e EnWG 10 – Planrechtfertigung § 12e EnWG 22 ff – Planungshierarchie § 7 NABEG 86 – Rechtswegzuweisung § 12e EnWG 37 ff – Rechtswirkungen § 12e EnWG 20 ff – Strategische Umweltprüfung § 12e EnWG 28 ff – Verfahren § 12e EnWG 1, 8 – Verfahrensablauf § 12e EnWG 8 – Vorhaben § 12e EnWG 11 ff Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 14 ff; § 17b EnWG 37 – Abweichung § 17a EnWG 25 – Anfechtbarkeit § 17a EnWG 44; § 17c EnWG 10 – Anhörungstermin § 17a EnWG 28 – Behördenbeteiligung § 17a EnWG 37, 38 – Bestätigung durch BNetzA § 17c EnWG 4 ff – Cluster § 5 WindSeeG 39; § 17a EnWG 17 – Erstellung § 17a EnWG 7 ff – Festlegungen § 17a EnWG 14 ff – Fortschreibung § 17a EnWG 42 – Fortschreibung 2016/2017 § 17a EnWG 13, 42 Klie
Stichwortverzeichnis
– grenzüberschreitende Behördenbeteiligung § 17a EnWG 40 – grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung § 17a EnWG 40 – grenzüberschreitende Stromleitung § 17a EnWG 19 – Inhalt § 17a EnWG 14 ff – Konverterplattform § 17a EnWG 22 – Küstenmeer § 17a EnWG 10, 22 – Maßstab bei Erstellung § 17a EnWG 26 – n-1-Kriterium § 17a EnWG 20 – Nordsee, AWZ der § 17a EnWG 11 – Öffentlichkeitsbeteiligung § 17a EnWG 37, 39 – Ostsee, AWZ der § 17a EnWG 11 – Planfeststellung § 17a EnWG 45 ff – Planungsgrundsätze § 17a EnWG 23 – Räumliche Geltung § 17a EnWG 10 – Rechtsschutz § 17a EnWG 44; § 17c EnWG 9 f – Rechtswirkung § 17a EnWG 43 f – Sammelanbindung § 17a EnWG 17 – Strategische Umweltprüfung § 17a EnWG 28 – Technikvorgaben § 17a EnWG 23 – Trasse § 17a EnWG 18 – Trassenkorridor § 17a EnWG 18 – Umspannanlage § 17a EnWG 22 – Untersuchungsrahmen § 17a EnWG 33 – Verfahren § 17a EnWG 27 ff – Zuständigkeit § 17a EnWG 7 Bundesfachplanung § 6 NABEG 1 ff; § 18 NABEG 19, 47 ff, 143, 181; § 19 NABEG 6, 13 f; Teil 1 Einleitung 42, 73 – Alternativenprüfung § 12 NABEG 58 ff – Fehlerfolgen § 5 NABEG 130 ff – Fehlerkorrektur § 5 NABEG 139 ff f – Flächenentwicklungsplan § 4 WindSeeG 6 – Geltungsdauer § 15 NABEG 63 ff – Gestattungswirkung, fehlende § 15 NABEG 24, 26 – Korridoralternativen § 7 NABEG 22 ff, 29, 32 – Kosten und Gebühren § 30 NABEG 16 – Planergänzung und ergänzendes Verfahren § 15 NABEG 23, 58, 62 – Planerhaltung § 15 NABEG 23, 52 ff – raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen § 7 NABEG 67 f – Raumverträglichkeit § 7 NABEG 51 – Rechtsschutz § 15 NABEG 41 ff – Unterlagen § 12 NABEG 60, 84, 86, 94 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 6, 17, 160 – Verbindlichkeit/Rechtscharakter § 15 NABEG 13 ff Klie
– Verfahren, vereinfachtes § 11 NABEG 1 ff – Verfahrensbeschleunigung § 5 NABEG 133, 151; § 6 NABEG 7; § 12 NABEG 84; § 21 NABEG 48; § 23 NABEG 2 – Verhältnis zu kommunalen Planungen § 15 NABEG 32 ff – Verhältnis zur Raumordnung § 43 EnWG 90 – Vorhabenträger, Gestaltungsfreiheit § 7 NABEG 25 f, 38 f – Zuständigkeit § 31 NABEG 6 – Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts § 15 NABEG 51 Bundesfachplanung, Verhältnis zu kommunalen Planungen – Grundsatz § 15 NABEG 32 f Bundesfachplanungsbeirat § 32 NABEG 1; Teil 1 Einleitung 53 Bundesfernstraßengesetz – Veränderungssperre § 16 NABEG 43, 56, 62; § 44a EnWG 8, 30 – Verkehrsfunktion § 18 NABEG 183; § 43 EnWG 177 Bundesimmissionsschutzgesetz – Befristung § 43c EnWG 29 – Felder, elektromagnetische § 18 NABEG 163; § 43 EnWG 156 – Konzentrationswirkung § 18 NABEG 209 Bundesnaturschutzgesetz – Abweichungsverfahren § 43 EnWG 130, 194 – Alternativenprüfung § 43 EnWG 130 ff – Artenschutz § 18 NABEG 151, 154 ff, 201; § 23 NABEG 13; § 43 EnWG 139 ff – Begleitplanung, landschaftspflegerische § 16 NABEG 36; § 44a EnWG 28 – Flächenentwicklungsplan § 5 WindSeeG 43 – Natura 2000-Gebiet § 18 NABEG 131; § 20 NABEG 27 f; § 23 NABEG 13 – Planfeststellungsverfahren § 12 NABEG 51; § 20 NABEG 17, 25; § 43 EnWG 107 ff – Störungsverbot § 20 NABEG 30 – Vereinigungen § 43a EnWG 7, 10, 15; § 43f EnWG 40 Bundesnetzagentur Teil 1 Einleitung 26 – Amtshilfe Teil 1 Einleitung 70 – Änderungssperre § 16 NABEG 22 ff, 41 ff, 64 – Anhörungsverfahren § 11 NABEG 61 – Anordnung § 6 NABEG 35 – Antragskonferenz § 7 NABEG 122; § 20 NABEG 34 ff – Anzeigeverfahren § 43f EnWG 16, 59 – Bedarfsermittlung Teil 1 Einleitung 28 – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 8, 45 1046
Stichwortverzeichnis
– Bundesfachplanung § 6 NABEG 14 ff, 33 ff; § 12 NABEG 60, 64, 92 ff; § 16 NABEG 18 – Erörterungstermin § 10 NABEG 1, 6, 9 ff – Festlegungen § 17d EnWG 32 ff – Festlegungsbefugnis § 12a EnWG 35; § 12c EnWG 57 ff, 12g EnWG 9 f – Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 4; § 8 WindSeeG 4 – Freistellungsbeschluss § 43g EnWG 33 – Infrastrukturverantwortung Teil 1 Einleitung 26 – Kapazitätsverlagerung § 17d EnWG 20 ff – Netzentwicklungsplan § 12c EnWG 6 ff; Teil 1 Einleitung 22 – Planfeststellungskompetenz § 20 NABEG 10 – Strategische Umweltprüfung § 12c EnWG 14 ff – Szenariorahmen, Genehmigung § 12a EnWG 41 – Transparenz Teil 1 Einleitung 36, 38 – Umweltbericht § 7 NABEG 82 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 160 – Verantwortung, originäre Teil 1 Einleitung 25 – Vorgaben, europäische Teil 1 Einleitung 24 – Vorhabenträger § 19 NABEG 13, 15, 29; § 21 NABEG 19; § 21 NABEG 44; § 22 NABEG 13 – Zuständigkeit § 20 NABEG 10; § 43 EnWG 199; § 43f EnWG 12 Bundesnetzplan § 17 NABEG 1 f Bundesverwaltungsgericht § 9 NABEG 29; § 12e EnWG 37 ff; § 43 EnWG 13 C Cluster § 5 WindSeeG 39, 49; § 17a EnWG 17 – Clusterinterne Anbindung § 17d EnWG 19 – Clusterübergreifende Anbindung § 17b EnWG 27 ff CO2-Preise § 12a EnWG 27 D Datenherausgabe § 12f EnWG 1 ff – Anfechtungsbeschwerde § 12f EnWG 30 – Anspruchsverpflichteter § 12f EnWG 13 – Antrag § 12f EnWG 20 – Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse § 12f EnWG 3, 11 f, 23 ff – Datenformat § 12f EnWG 22 – Dritte § 12f EnWG 3, 13 ff – Eignungskriterium § 12f EnWG 15 f – Einspeisedaten § 12f EnWG 8 – Erforderlichkeit § 12f EnWG 9, 21 – Geheimhaltung § 12f EnWG 12, 18, 23 f – Lastdaten § 12f EnWG 8 – Rechtsschutz § 12f EnWG 30 1047
– Umfang § 12f EnWG 5 ff – Verschlusssachen § 12f EnWG 18, 25 Duldung § 18 NABEG 216; § 25 NABEG 54; § 43e EnWG 11; § 43f EnWG 43; § 44 EnWG 1 ff, 12 ff Duldungsverfügung – Einwendung § 44 EnWG 59 Durchführungsverantwortung § 12c EnWG 61 ff E EEG – Anlagenbegriff § 5 WindSeeG 16; § 17a EnWG 17 Eignungsnachweis § 12f EnWG 16 Eingriffsregel, naturschutzfachliche § 18 NABEG 151, 153 ff; § 43 EnWG 145 ff Einspeisedaten § 12f EnWG 8 Einvernehmen § 6 WindSeeG 4; § 17a EnWG 9 f – Alternativenprüfung § 43 EnWG 184 – Anhörungsverfahren § 44b EnWG 37, 51; § 45b EnWG 29 – Bundesländer § 14 NABEG 1 – Duldungsverfügung § 44 EnWG 59 – Planfeststellungsverfahren § 18 NABEG 186, 199; § 21 NABEG 22; § 43d EnWG 9 – Plangenehmigungsverfahren § 43b EnWG 21 f – Präklusion 43 EnWG 13 – Vereinigungen § 43b EnWG 21 f – Verfahren § 22 NABEG 48 Energiegewinnungsbereiche, sonstige § 5 WindSeeG 31 ff Energiewende Teil 1 Einleitung 1 engpassfreier Stromtransport § 5 NABEG 58; § 18 NABEG 20, 43; § 43 EnWG 81 f; § 43b EnWG 2, 7, 18; § 43e EnWG 16; § 43h EnWG 6; § 44 EnWG 58 EnLAG – Abgrenzung zum NABEG § 3 EnLAG 199 ff – Entstehungsgeschichte Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 1 ff – Erdkabel § 2 EnLAG 139 ff – Föderalismusreform Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 58 ff – Gesetzesänderungen Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 46 ff – Gesetzgebungskompetenz Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 58 ff – Gesetzgebungsverfahren Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 14 ff – Monitoring Teil 2 § 3 EnLAG 198; § 12d EnWG 13 – Raumordnungskompetenz Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 62 f Klie
Stichwortverzeichnis
– Rechtswegverkürzung § 1 EnLAG 124, 130 – Sperrwirkung Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 73, 80 Enteignung § 18 NABEG 11, 217; § 43 EnWG 40, 53, 205; § 45 EnWG 1 ff – Begünstigte § 45 EnWG 30 f – Behörde § 43c EnWG 24; § 44a EnWG 49; § 44b EnWG 27, 50, 55 ff, 67; § 45 EnWG 28 f, 33 f, 36; § 45a EnWG 21 f – Verfahren § 43c EnWG 24; § 44a EnWG 52; § 44b EnWG 8 ff, 26; § 45 EnWG 3, 14 f, 26, 32 ff, 1 ff – Vorwirkung, enteignungsrechtliche § 18 NABEG 217; § 27 NABEG 23, 34 f, 53, 57 f; § 43 EnWG 53, 205; § 43c EnWG 24; § 43e EnWG 11, 34; § 44a EnWG 29 – vorzeitige § 27 NABEG 48 ff; § 45 EnWG 19; § 45b EnWG 1 ff Enteignungsbeschluss – Klagebefugnis § 45b EnWG 40 Entschädigungsverfahren § 43b EnWG 12; § 44 EnWG 60 ff; § 44a EnWG 37; § 44b EnWG 61, 67; § 45a EnWG 1 ff ENTSO § 12b EnWG 44; § 12c EnWG 11 Entwicklungspfad § 12a EnWG 19 ff – Entwicklung, energiewirtschaftliche § 12a EnWG 20 – Szenario § 12a EnWG 20 Erdkabel/Erdverkabelung § 2 BBPlG 7; § 2 EnLAG 139 ff; § 3 BBPlG 3; § 4 BBPlG 4 ff; § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15; § 18 NABEG 20, 156, 184; § 12b EnWG 32; § 12c EnWG 34; § 12e EnWG 5; § 43 EnWG 28 ff, 36 ff, 148, 177; § 43b EnWG 13; § 43c EnWG 13; § 43h EnWG 13 ff, 27 ff; § 44b EnWG 18 f, 34, 48; Teil 1 Einleitung 39 ff; Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 38 ff, 55, 73 – 110 kV § 43 EnWG 56 f – Akzeptanz § 7 NABEG 47 ff – Anbindungsleitungen für Konverterstationen § 3 BBPlG 20 – Begriff § 3 BBPlG 3; § 4 BBPlG 12 – Bundesfachplanung § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15 – Freileitungsausnahmen § 3 BBPlG 7 ff; § 7 NABEG 48 ff; § 8 NABEG 15 – Freileitungsverbot § 3 BBPlG 17 f – Küstenbereich § 43 EnWG 56 ff – Mehrkosten Verkabelung § 2 EnLAG 185; § 3 BBPlG 19; § 4 BBPlG 13 – Neubau § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15 – Umfang § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15 Klie
– Verkabelungsvorrang § 3 BBPlG 5 – Verkabelungszwang § 7 NABEG 47 ff – Vorhabenträger, Verpflichtung § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15 Ersatzmaßnahme § 18 NABEG 154, 159, 205, 215; § 43 EnWG 146, 151 ff, 197 Erzeugung § 12a EnWG 26 Europäische Union § 12a EnWG 31 ff – ENTSO-E § 12b EnWG 44; § 12c EnWG 11 – Ten-Year Network Development Plan § 12a EnWG 32; § 12b EnWG 44 f; § 12c EnWG 11 ff Evaluierungsbericht § 17e EnWG 4 ff; § 17f EnWG 7; § 17i EnWG 4 Evidenzkontrolle § 12e EnWG 37 F Fachkunde § 12f EnWG 15 ff; § 20 NABEG 55 Fauna-Flora-Habitat/FFH-Gebiet – Bagatellschwelle § 18 NABEG 127; § 43 EnWG 120 – Gebiet § 18 NABEG 112 ff, 127 ff, 129 ff, 201; § 43 EnWG 103 ff, 136, 194 – Kohärenzmaßnahme § 18 NABEG 131, 145 ff; § 43 EnWG 123, 136 ff – Richtlinie § 18 NABEG 124, 151; § 43 EnWG 103, 116; § 43e EnWG 37 – Verträglichkeitsprüfung § 12 NABEG 50; § 12c EnWG 25; § 18 NABEG 115 ff, 122 ff; § 19 NABEG 20; § 21 NABEG 40 ff, 50; § 43 EnWG 108 ff, 114 ff Feld, elektromagnetisches § 18 NABEG 163 f; § 43 EnWG 156 f Fernleitungsnetzbetreiber § 12a EnWG 50 ff; § 12b EnWG 49 Fertigstellungstermin § 5 WindSeeG 16; § 17d EnWG 11 ff Fläche § 5 WindSeeG 11 f, 52 ff Flächenentwicklungsplan § 4 ff WindSeeG 6 ff; § 12b EnWG 39; § 17b EnWG 46 – Anhörung, öffentliche § 6 WindSeeG 8 – Ausschlussgründe § 5 WindSeeG 41 ff – Ausschreibungsreihenfolge § 5 WindSeeG 13, 52 ff – Behördenbeteiligung § 6 WindSeeG 10 f – Bekanntmachung § 6 WindSeeG 12 – Bundesfachplan Offshore, Übergang vom § 7 WindSeeG 3 ff – Festlegungen § 5 WindSeeG 7 ff – Festlegungen, unzulässige § 5 WindSeeG 38 ff – Fläche § 5 WindSeeG 11 f, 52 ff – Fortschreibung § 8 WindSeeG 3 ff – Gebiet § 5 WindSeeG 8 ff 1048
Stichwortverzeichnis
– Inbetriebnahmejahr § 5 WindSeeG 15 f, 64 – Inhalt § 5 WindSeeG 7 ff – Küstenmeer § 4 WindSeeG 8; § 5 WindSeeG 9, 12, 25, 33, 40, 50, 58 – Leistung, zu installierende § 5 WindSeeG 17 f – Nachnutzung § 8 WindSeeG 10 f – Öffentlichkeitsbeteiligung § 6 WindSeeG 10 f – ONEP, Übergang vom § 7 WindSeeG 3 ff – Pilotwindenergieanlage § 5 WindSeeG 29 f; § 8 WindSeeG 7 – Planungsgrundsätze § 5 WindSeeG 20, 48 – räumlicher Anwendungsbereich § 5 WindSeeG 4 – Rechtsschutz § 6 WindSeeG 14 ff – Rechtswirkung § 6 WindSeeG 14 ff – sonstige Energiegewinnungsbereiche § 5 WindSeeG 31 ff – Standorte § 5 WindSeeG 19 – Strategische Umweltprüfung § 5 WindSeeG 50; § 6 WindSeeG 13 – Technik- und Planungsgrundsätze § 5 WindSeeG 20 – Testfeld § 5 WindSeeG 22 ff – Trasse § 5 WindSeeG 20 – Trassenkorridor § 5 WindSeeG 20, 34, 37 – Übergang zum § 7 WindSeeG 1 ff – Umweltbericht § 6 WindSeeG 9 – Verbindlichkeit § 6 WindSeeG 17 – Verfahren § 6 WindSeeG 6 ff; § 8 WindSeeG 12 – Zeitlicher Geltungsbereich § 5 WindSeeG 5 f; § 7 WindSeeG 3 ff; § 8 WindSeeG 9 – Ziele § 4 WindSeeG 9 ff; § 8 WindSeeG 6 – Zuständigkeit § 6 WindSeeG 3; § 8 WindSeeG 4 Freileitung § 4 BBPlG 1 f – Freileitungsausnahmen § 7 NABEG 48 ff; § 8 NABEG 15 – Grundsatz der Ausführung als Freileitung § 4 BBPlG 2; § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15 – Pilotprojekte mit Teilverkabelung § 4 BBPlG 5 ff G Gasversorgungsleitung § 27 NABEG 27; § 43 EnWG 6, 14, 44 ff; § 43b EnWG 13 f; § 43e EnWG 15; § 44b EnWG 18 f, 34, 48 Gebiet § 5 WindSeeG 8 ff Gebietskörperschaften, kommunale – Antragskonferenz § 7 NABEG 129; § 20 NABEG 41 – Prüfverlangen Freileitung § 7 NABEG 48 Gebietsschutz, europäischer § 12c EnWG 25; § 18 NABEG 112 ff, 131; § 43 EnWG 103 ff, 128 1049
– Freileitungsausnahme Gebietsschutz § 3 BBPlG 7 – Teilverkabelung zum Gebietsschutz § 4 BBPlG 6 Geradlinigkeit, Gebot 8 NABEG 15 Grundeigentum § 16 NABEG 44; § 45 EnWG 1 H Hochspannungsfreileitungen § 12b EnWG 32 ff; § 18 NABEG 148; § 27 NABEG 27; § 28 NABEG 6; § 43 EnWG 6, 29, G 87; § 43b EnWG 13 f; § 44a EnWG 40 ff; § 44b EnWG 18, 34, 48 Hochspannungsgleichstromübertragungsleitung § 7 NABEG 47 ff; § 8 NABEG 15; § 12b EnWG 32 ff; § 18 NABEG 20; § 43 EnWG 34 ff, 63 – Offshore-Anbindungsleitungen § 1 NABEG 12; § 2 NABEG 35 Hochtemperaturleiterseile § 3 NABEG 12; § 12b EnWG 25, 33; § 12c EnWG 36 I Immissionsschutzrecht § 18 NABEG 163 ff; § 43 EnWG 155 ff – Feld, elektromagnetisches § 18 NABEG 163; § 43 EnWG 156 – Koronaeffekt § 18 NABEG 164 ff; § 43 EnWG 157 ff Inbetriebnahmejahr § 5 WindSeeG 15 f, 64 Infrastrukturverantwortung Teil 1 Einleitung 24 InfrPBG § 1 EnLAG 124; § 2 EnLAG 141; Teil 1 Einleitung 13; Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 3, 20 Interesse, öffentliches § 43h EnWG 48 – überragendes § 5 NABEG 22 ff, 112; § 6 NABEG 33, 12 NABEG 50; § 16 NABEG 61; § 18 NABEG 133 ff; § 25 NABEG 42; § 43 EnWG 126 ff Investitionsmaßnahme § 12b EnWG 11; § 12c EnWG 52 Investitionsmaßnahmengesetz § 43 EnWG 13 Inzidentkontrolle, gerichtliche § 6 WindSeeG 14; § 12e EnWG 37; § 15 NABEG 41 ff; § 17a EnWG 44 Ist-Netz § 12b EnWG 11 J Junktimklausel § 45 EnWG 11, 14 K Kapazitätsentziehung § 17d EnWG 25 Kapazitätsverlagerung § 17d EnWG 20 ff Klie
Stichwortverzeichnis
Kohärenzmaßnahme § 18 NABEG 131, 145 ff; § 43 EnWG 136 ff Konsultationsverfahren § 12a EnWG 37 ff; § 12b EnWG 1, 46 ff; § 12c EnWG 43 ff Konverterplattform § 17a EnWG 22 Konzentrationswirkung § 18 NABEG 46, 209 ff; § 25 NABEG 62; § 43 EnWG 85, 203; § 43c EnWG 15 ff; § 43f EnWG 75 Koronaeffekt § 18 NABEG 164; § 43 EnWG 157 ff Küstenmeer § 4 WindSeeG 8; § 5 WindSeeG 9, 12, 25, 33, 40, 50, 58; § 12b EnWG 38; § 17a EnWG 10, 21; § 17b EnWG 9; § 17d EnWG 27 ff; § 43 EnWG 31 ff; § 43b EnWG 13 L Landesbehörden § 11 NABEG 42 ff, 46 ff; Teil 1 Einleitung 73 Landschaftsbild § 11 NABEG 7; § 18 NABEG 157, 159; § 28 NABEG 7; § 43 EnWG 146, 151; § 43h EnWG 4 Lastdaten § 12f EnWG 8, 24 Leistung, zu installierende § 5 WindSeeG 17 f Leitung § 12e EnWG 13 ff – Abbruch § 18 NABEG 31; § 43 EnWG 78 – Abgrenzung zu Vorarbeiten § 18 NABEG 25; § 43 EnWG 71 – Änderung § 18 NABEG 33 ff; § 43 EnWG 76 ff – Betrieb § 18 NABEG 29 ff; § 43 EnWG 73 ff – Errichtung § 18 NABEG 22 ff; § 43 EnWG 70 ff Linienbestimmung, Vergleich mit der Bundesfachplanung § 15 NABEG 16, 19 M Marktmodellierung § 12b EnWG 10, 13 Marktsimulation § 12a EnWG 11; § 12b EnWG 13 Mehrfachgestänge § 2 NABEG 21 ff; § 26 NABEG 1, 3, 18 Mitgliedsstaaten § 18 NABEG 122; § 43 EnWG 114; § 43e EnWG 9; § 45 EnWG 16 Mitwirkungslast § 5 NABEG 14; § 12c EnWG 27; § 43a EnWG 19; § 43e EnWG 19, 26 N n-1-Kriterium § 12b EnWG 26; § 12c EnWG 6 Nachnutzung § 8 WindSeeG 10 f; § 12c EnWG 6 Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung § 5 NABEG 108; § 12 NABEG 48 ff; § 12c EnWG 25; § 18 NABEG 114 ff; § 43 EnWG 107 ff – Abschichtung zwischen Bundesfachplanung und Planfeststellung § 7 NABEG 93 – Abwägung anderer Belange § 7 NABEG 102 – Bundesfachplanung § 7 NABEG 102 f Klie
– Planfeststellungsfestigkeit § 7 NABEG 94 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 102 – Vorprüfung § 7 NABEG 104 Naturschutzrecht § 5 WindSeeG 43; § 11 NABEG 41; § 18 NABEG 31, 111 ff, 153 ff, 202; § 43 EnWG 79, 102 ff, 145 ff, 193 ff; § 43a EnWG 10; § 43h EnWG 48; § 44b EnWG 49 Naturschutzverband § 25 NABEG 51; § 43f EnWG 40 Nebenanlage § 12e EnWG 33; § 18 NABEG 2, 8, 37 ff, 213; § 43 EnWG 2 ff, 24 ff, 51 ff; § 43c EnWG 19 Netzanbindung Offshore-Windenergieanlagen – Anbindungsleitung § 12b EnWG 38 ff; § 12e EnWG 18 f; § 17d EnWG 8 – Anbindungspflicht § 17d EnWG 8 – Anbindungsverpflichteter ÜNB § 17d EnWG 7 – Anspruch § 17d EnWG 17, 27 – Belastungsausgleich Verordnungsermächtigung § 17j EnWG 2 ff – Clusterinterne Anbindung § 17d EnWG 19 – Durchsetzung § 17d EnWG 18, 36 ff – Evaluierung § 17i EnWG 2 ff – Fertigstellungstermin § 5 WindSeeG 16; § 17d EnWG 12, 15, 29 – Gemeinschaftsunternehmen § 17d EnWG 10 – Kapazitätsverlagerung § 17d EnWG 20 ff – Küstenmeer § 17d EnWG 27 ff – Realisierungsfahrplan § 5 WindSeeG 21; § 17d EnWG 14 – Übergangsvorschriften § 17d EnWG 5 – Verlust der Netzanbindungskapazität § 17d EnWG 25, 31 – Zeitlicher Ablauf § 17d EnWG 11 ff, 29 f Netzausbauplan § 14d EnWG 7ff Netzentwicklungsplan (Gas) § 12a EnWG 48; § 12b EnWG 45 Netzentwicklungsplan (Strom) § 12a EnWG 2, 10 ff; § 12b EnWG 1 ff; § 12c EnWG 1 ff; § 12e EnWG 1 ff; § 12f EnWG 8; Teil 1 Einleitung 73 – Ablösung von Festlegungen des ONEP § 4 WindSeeG 3; § 7 WindSeeG 3 ff; § 17b EnWG 46 – Änderungen § 12c EnWG 1, 5, 9 ff; § 12e EnWG 34 – Angaben, notwendige § 12b EnWG 23 ff – Aufgabenverteilung § 12b EnWG 10 – Ausbaumaßnahmen § 12b EnWG 25 – Bedeutung § 12b EnWG 7 ff – Bestätigung § 12b EnWG 50; § 12c EnWG 1 ff; § 12e EnWG 8 1050
Stichwortverzeichnis
– Bundesbedarfsplan § 12e EnWG 1 ff – Inhalt § 12b EnWG 23 ff – Ist-Netz § 12b EnWG 11 – Konsultationsverfahren § 12b EnWG 49; § 12c EnWG 43 ff – Maßnahmen, erforderliche § 12b EnWG 28 – Monitoring § 12b EnWG 50; § 12d EnWG 13 ff – Netzanalysen § 12b EnWG 15 – Netzberechnung § 12b EnWG 15 – NOVA-Prinzip § 12b EnWG 24 f; § 12c EnWG 6; § 14d EnWG 26 – Öffentlichkeitsbeteiligung § 12b EnWG 49; § 12c EnWG 43 ff – Optimierungsmaßnahmen § 12b EnWG 25 – Pilotprojekte § 12b EnWG 33 ff – Prüfung § 12c EnWG 1 ff – Regionalisierung § 12b EnWG 10, 12 – Spitzenkappung § 12b EnWG 6, 14 – Startnetz § 12b EnWG 11 – Strategische Umweltprüfung § 12c EnWG 2, 14 ff, 28 ff – Ten-Year Network Development Plan § 12c EnWG 44 f – Umsetzung Offshore § 17d EnWG 7 ff – Umweltbericht § 12a EnWG 14; § 12c EnWG 1, 14 ff, 28 ff – Verstärkungsmaßnahmen § 12b EnWG 25 – Verzögerungen § 12b EnWG 29; § 12d EnWG 7 – Vorlage § 12b EnWG 20 ff; § 12c EnWG 10 – Zeitplan § 12b EnWG 29 ff – Zweck § 12a EnWG 11 Netzoptimierung § 12b EnWG 25; § 14d EnWG 27 Netzstudie § 12a EnWG 36; § 12b EnWG 42; § 12f EnWG 2; § 43 EnWG 81; Teil 1 Einleitung 37 Netzverknüpfungspunkt § 12b EnWG 37, 40; § 12c EnWG 33, 37 f; § 12e EnWG 28 ff Netzverstärkung § 12b EnWG 25 NorGrid § 43 EnWG 35 Notwendigkeit, energiewirtschaftliche § 12e EnWG 22 ff NOVA-Prinzip § 12b EnWG 24 f; § 12c EnWG 6; § 14d EnWG 26 O Öffentlichkeitsbeteiligung § 5 NABEG 18, 129, 133, 156; § 9 NABEG 1 ff, 38 ff; § 10 NABEG 11; § 11 NABEG 6, 16, 61; § 12 NABEG 47; § 21 NABEG 9; § 22 NABEG 34 ff, 52; § 24 NABEG 25 ff; § 25 NABEG 28; § 12a EnWG 1; § 12a EnWG 3, 37 ff; § 12b EnWG 1 f, 46 ff; 1051
§ 12c EnWG 1 f, 43 ff; § 12d EnWG 1; § 43 EnWG 25 – Änderungen § 12c EnWG 45 – Auslegung § 12c EnWG 47 – Berücksichtigung § 12c EnWG 6, 55 – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 37 – Bundesnetzagentur 12a EnWG 36 ff; § 12c EnWG 43 ff – Dauer § 12a EnWG 39; § 12c EnWG 46 – Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 8, 10 – frühe § 7 NABEG 121 – Strategische Umweltprüfung § 12c EnWG 43 ff – Szenariorahmen § 12a EnWG 37 ff – Umweltverträglichkeitsprüfung § 18 NABEG 98 ff; § 43 EnWG 91 ff Offshore-Anbindungsleitung § 2 NABEG 35; § 12b EnWG 38; § 12e EnWG 18 f; § 17d EnWG 8 Offshore-Anlagen Teil 2 EnLAG Vorbemerkung 11 – Betriebsbereitschaft § 17e EnWG 41 – Fiktive Betriebsbereitschaft § 17e EnWG 42 Offshore-Entschädigungszahlungen – Leitfaden der Bundesnetzagentur § 17e EnWG 9 – Selbstbehalt § 17e EnWG 26 f, 46 ff, 63 – Vergleichbare Anlage § 17e EnWG 21 ff – Wahlrecht § 17e EnWG 71 Offshore-Haftungsumlage § 17f EnWG 5 ff, 21 – Höchstgrenzen § 17f EnWG 21 – Prognose § 17f EnWG 23 – Veröffentlichungspflicht § 17f EnWG 22 – Verschulden § 17f EnWG 25 ff Offshore-Netzanbindung – Probebetrieb § 17e EnWG 38 – Störung § 17e EnWG 11 – Verzögerung § 17e EnWG 34 ff – Wartung § 17e EnWG 61 Offshore-Netzentwicklungsplan § 12b EnWG 39 ff; § 12e EnWG 6, 8; § 17b EnWG 1 ff – Ablösung § 4 WindSeeG 3; § 7 WindSeeG 3 ff – Ausbauziele § 4 WindSeeG 10; § 5 WindSeeG 63; § 17b EnWG 34; § 17d EnWG 4 – Bedarfsplanung § 17b EnWG 4 – Bestätigung durch BNetzA § 17b EnWG 11, 45; § 17c EnWG 4 ff – Betrachtungszeitraum § 17b EnWG 16 – Bundesfachplan Offshore, Berücksichtigung § 17b EnWG 37 – Clusterübergreifende Anbindung § 17b EnWG 27 ff – Erstellung § 17b EnWG 8 ff – Festlegung der BNetzA § 17b EnWG 13 Klie
Stichwortverzeichnis
– Festlegungen § 17b EnWG 14 ff – Flächenentwicklungsplan § 4 WindSeeG 3; § 7 WindSeeG 3 ff; § 17b EnWG 46 – Inhalt § 17b EnWG 14 ff – Kriterien für zeitliche Staffelung § 17b EnWG 21 ff – Küstenmeer § 17b EnWG 9 – Netzausbaumaßnahmen § 17b EnWG 14 ff – Netzentwicklungsplan, Einklang mit § 17b EnWG 39 – Offshore-Umsetzungsbericht § 17c EnWG 11 ff – Rechtsmittel § 17b EnWG 45 – Rechtswirkung § 17b EnWG 43 ff – Standardisierung § 17b EnWG 40 f – Startnetz § 17b EnWG 17 – Technischer Fortschritt § 17b EnWG 41 – Termine § 17d EnWG 7 ff – Umsetzungsbericht § 17b EnWG 31; § 17c EnWG 11 ff – Verfahren § 17b EnWG 42 – Vorgaben, zu beachtende § 17b EnWG 33 ff – Zeitliche Staffelung § 17b EnWG 18 ff, 21 ff Offshore-Netzplan § 12b EnWG 40 f Offshore-Testfeld § 12b EnWG 42 ff Offshore-Umsetzungsbericht § 17c EnWG 11 ff One-stop-shop § 12a EnWG 31; Teil 1 Einleitung 58 Optimierungsmaßnahme § 12b EnWG 24 f, 30 Ordnungswidrigkeiten § 33 NABEG 3 P Personenbezogene Daten § 30a NABEG 27 ff – besonders sensible § 30a NABEG 30, 59 ff – Datenverarbeitung § 30a NABEG 28 ff – Interessenabwägung § 30a NABEG 29, 36, 61 f – Legaldefinition § 30a NABEG 27 – Weitergabe § 30a NABEG 51, 54 Pilotprojekt § 12b EnWG 33 ff Pilotwindenergieanlage auf See § 5 WindSeeG 29 f; § 8 WindSeeG 7 Planänderung § 43 EnWG 187; § 43a EnWG 37 ff; § 43d EnWG 14 ff – vor Fertigstellung § 43d EnWG 1 ff Planergänzung § 43d EnWG 16 ff Planfeststellung – Abschichtung vom Prüfprogramm der Bundesfachplanung § 20 NABEG 17; § 23 NABEG 2 – Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen § 20 NABEG 16 – Alternativenprüfung § 18 NABEG 139 ff, 191 ff – Änderung, wesentliche § 18 NABEG 33 ff, 207 f; § 43 EnWG 27, 76 ff; § 43c EnWG 13 f; § 43d EnWG 20 f, 26 Klie
– Antrag § 19 NABEG 1 ff; § 43 EnWG 24 ff – Antragsbindung § 20 NABEG 14 – Aufforderung zur § 17a EnWG 45 ff – Behörde § 20 NABEG 44 – Bindung an die Bundesfachplanung § 15 NABEG 13 ff, 17 ff – Bundesnetzagentur § 20 NABEG 44 – Konzentrationswirkung § 18 NABEG 46, 209 ff; § 25 NABEG 62; § 43 EnWG 85, 203; § 43c EnWG 15 ff; § 43f EnWG 75 – Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung § 20 NABEG 27 – Pflicht § 18 NABEG 207; § 25 NABEG 1; § 43 EnWG 27 ff; § 43c EnWG 13; § 43f EnWG 1 – Prüfung, artenschutzrechtliche § 20 NABEG 30 – Raumverträglichkeit § 20 NABEG 15 – Rechtswirkungen § 43c EnWG 11 ff – Seeanlagenverordnung § 43 EnWG 33 – Unterlagen § 43 EnWG 25, 77; § 44 EnWG 5; § 44a EnWG 11 f, 43 – Untersuchungsrahmen § 20 NABEG 12 f, 61 – Zuständigkeit des Bundes § 20 NABEG 10 Planfeststellungsantrag – Zusammenlegung mehrerer Vorhaben § 26 NABEG 15 ff Planfeststellungsbehörde – Unterlagen § 43f EnWG 8, 58 – Verfahrenshoheit § 25 NABEG 10, 19 Planfeststellungsbeschluss § 18 NABEG 30 ff, 114 ff, 171 ff, 199; § 43 EnWG 40, 70, 77 ff, 107, 117, 163 ff, 192 ff – Gestaltungswirkung § 18 NABEG 214 f; § 43c EnWG 21 f – Klagebefugnis § 27 NABEG 76; § 43e EnWG 13; § 44a EnWG 58 – Klagefrist § 43e EnWG 12, 21, 25 – Unterlagen § 25 NABEG 61 – Verfahrensbeschleunigung § 19 NABEG 8; § 43 EnWG 178; § 43e EnWG 5 – Widerspruch § 18 NABEG 221; § 43 EnWG 211; § 43e EnWG 1 ff, 12 – Widerspruchsverfahren § 18 NABEG 221; § 43 EnWG 209; § 43e EnWG 12 – Wirkung, aufschiebende § 27 NABEG 45, 69, 77; § 44b EnWG 20, 43; § 45b EnWG 36 Planfeststellungsverfahren § 18 NABEG 1 ff; § 43 EnWG 1 ff; Teil 1 Einleitung 10, 17 – Beschleunigung § 20 NABEG 17, 25, 38; § 23 NABEG 2 – Bundesnaturschutzgesetz § 12 NABEG 51; § 20 NABEG 27 ff; § 43 EnWG 107 ff 1052
Stichwortverzeichnis
– Einwendungen § 18 NABEG 186, 199; § 21 NABEG 22; § 43d EnWG 9 – Kosten und Gebühren § 30 NABEG 17 – Planrechtfertigung § 1 EnLAG 123, 127 – Übergangsvorschriften § 2 EnLAG 157 ff – Unterlagen § 19 NABEG 13 ff; § 43 EnWG 92, 98; § 43d EnWG 9 – Verhältnis zu § 75 VwVfG § 26 NABEG 5 – Verhältnis zu § 78 VwVfG § 26 NABEG 5, 10 – Zusammentreffen mehrerer Vorhaben § 26 NABEG 6 – Zuständigkeit § 2 NABEG 10 ff; § 26 NABEG 23; § 31 NABEG 9 Planfeststellungsvorbehalt § 18 NABEG 1 ff; § 43 EnWG 1 ff, 14; § 43 EnWG 27, 70; § 43a EnWG 40 Plangenehmigung § 18 NABEG 41, 186; § 43 EnWG 13, 30, 79 ff, 179, 208 ff – Rechtswirkung § 18 NABEG 206 ff; § 27 NABEG 23; § 43c EnWG 11 ff, 25 – Unterlagen § 27 NABEG 22, 49; § 44b EnWG 29; § 45b EnWG 18 – Verfahrensvereinfachung/Vorwirkung, enteignungsrechtliche § 18 NABEG 168; § 27 NABEG 23, 34 f, 57 f Plangenehmigungsverfahren § 11 NABEG 29; § 25 NABEG 20, 58, 76; § 43 EnWG 88; § 43a EnWG 17; § 43e EnWG 35; § 43f EnWG 19, 57, 75 f – Einwendung Planrechtfertigung § 18 NABEG 39 ff; § 43 EnWG 79 ff Planrechtfertigung § 12a EnWG 12; § 12b EnWG 28; § 12c EnWG 31, 43; § 12e EnWG 20, 22 ff Planungsgrundsätze § 5 WindSeeG 20, 48 Planungssicherstellungsgesetz § 12c EnWG 49 Planungstorso, Vermeidung § 8 NABEG 15 Planungsvereinfachungsgesetz § 43 EnWG 13 Planunterlagen § 6 NABEG 8; § 11 NABEG 29; § 18 NABEG 151; § 21 NABEG 10, 23; § 43 EnWG 25, 139; § 43d EnWG 9; § 44a EnWG 43 Präklusion – Verfahrensbeschleunigung § 9 NABEG 36, 57; § 21 NABEG 48; § 22 NABEG 34; § 29 NABEG 2 ff; § 43g EnWG 1 ff Probebetrieb § 18 NABEG 27; § 43 EnWG 72 Prognoselast § 43a EnWG 23 Projektmanager § 43g EnWG 1 ff Prüfverlangen – durch eine Gebietskörperschaft § 3 BBPlG 11 ff – Einsatz einer Freileitung § 7 NABEG 48; § 8 NABEG 15 1053
R Raumordnung § 1 EnLAG 138; § 2 EnLAG 151; § 43 EnWG 87 ff – Ausschließliche Wirtschaftszone § 5 WindSeeG 42; § 17a EnWG 26 – Erfordernisse § 7 NABEG 53 – Erfordernisse, sonstige § 7 NABEG 66 – Grundsätze der § 7 NABEG 63 f – Verhältnis zur Bundesfachplanung § 35 NABEG 6 ff; § 43 EnWG 90 – Ziele § 7 NABEG 54 f; § 15 NABEG 28 ff Raumordnungsverfahren § 43 EnWG 87 ff; Teil 1 Einleitung 10 ff, 43 ff, 60 ff Raumverträglichkeit – Abwägung mit anderen Belangen § 7 NABEG 52 – Bundesfachplanung § 7 NABEG 51 ff – Planfeststellung § 20 NABEG 15 – Raumverträglichkeitsstudien § 7 NABEG 49, 61 ff, 64; § 8 NABEG 14 f Rechtsschutz § 1 EnLAG 130; § 12a EnWG 46 ff; § 12c EnWG 42, 56, 60; § 12e EnWG 37 ff; § 12f EnWG 30; § 12g EnWG 16 – Anfechtungsbeschwerde § 12a EnWG 46; § 12c EnWG 56; § 12g EnWG 16 – Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz § 12a EnWG 47 – Aufschiebende Wirkung § 12a EnWG 47; § 12g EnWG 16 – Beschwerdebefugnis § 12a EnWG 48 – Bundesbedarfsplan § 12e EnWG 37 ff – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 44 – Bundesfachplanung § 15 NABEG 41 ff – Bundesverwaltungsgericht § 6 BBPlG 1; § 12e EnWG 42 ff; § 15 NABEG 51 – Dritte § 12a EnWG 48; § 12c EnWG 55 – Festlegung § 12c EnWG 56; § 12g EnWG 16 – Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 14 ff – Gerichtszuständigkeit § 6 WindSeeG 14 ff; § 12a EnWG 49; § 12c EnWG 56, 60; § 12e EnWG 42 ff; § 12f EnWG 30; § 12g EnWG 16 – Individualverfassungsbeschwerde § 12e EnWG 37 – Netzentwicklungsplan § 12c EnWG 56 – Normenkontrolle, konkrete § 12e EnWG 37 – Offshore-Netzentwicklungsplan § 17b EnWG 45; § 17c EnWG 9 – Planfeststellungsverfahren § 12a EnWG 49 – Rechtswegspaltung § 12a EnWG 49 – Rechtswegverkürzung § 6 BBPlG 1 – Szenariorahmen § 12a EnWG 46 ff – Verpflichtungsbeschwerde § 12a EnWG 47; § 12c EnWG 56; § 12g EnWG 16 Klie
Stichwortverzeichnis
Rechtswegverkürzung Teil 1 Einleitung 68 Referenzjahr § 12a EnWG 20 Regelzonenverantwortung § 12a EnWG 14; § 12c EnWG 62 Regionalisierung § 12a EnWG 12; § 12b EnWG 10, 12 Regulierungsbehörde § 12a EnWG 3, 37, 42 f, 49; § 12b EnWG 8, 18, 31, 48; § 12c EnWG 1 ff; § 12d EnWG 8, 15; § 12e EnWG 11, 16, 34; § 12f EnWG 5, 13 f, 19, 23 f; § 12g EnWG 10, 13 S Sammelanbindung, Offshore § 17a EnWG 17 Schadensminderungsmaßnahme § 17f EnWG 12, 30; § 18 NABEG 126; § 43 EnWG 118 Schadensverhinderungsmaßnahmen § 17f EnWG 12, 30 Schadensvermeidungsmaßnahme § 18 NABEG 126; § 43 EnWG 118 Scoping § 7 NABEG 16 f, 18 Screening § 12 NABEG 53; § 18 NABEG 115; § 25 NABEG 30; § 43 EnWG 108; § 43f EnWG 27 Seeanlagenverordnung § 6 WindSeeG 9; § 43 EnWG 33 Seekabel § 43 EnWG 34 Sicherheitsbeauftragter § 12g EnWG 17 Sicherheitsplan § 12g EnWG 17 Siedlungsannäherung § 3 BBPlG 17 f; § 4 BBPlG 7f Sondergutachten des SRU Teil 1 Einleitung 50 f sonstige Energiegewinnungsbereiche § 5 WindSeeG 31 ff Spitzabrechnungsverfahren § 17e EnWG 21 Spitzenkappung § 12a EnWG 8, 25, 30; § 12b EnWG 6, 14; § 14d EnWG 33 Startnetz § 5 WindSeeG 55; § 12b EnWG 11; § 17b EnWG 17 Stellungnahme des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers § 17d EnWG 13 Strategische Umweltprüfung § 5 WindSeeG 50; § 12a EnWG 13 f; § 12c EnWG 14 ff – Abschichtung § 5 WindSeeG 50; § 12c EnWG 22 – Alternativen, räumliche § 12c EnWG 33 – Alternativen, vernünftige § 7 NABEG 29; § 12c EnWG 29 ff – Alternativenprüfung § 7 NABEG 28 f, 43 ff; § 12c EnWG 29 ff – Bundesbedarfsplan § 12c EnWG 14 ff, 29 ff; § 12e EnWG 36 Klie
– Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 28 – Erstellung, frühzeitige § 12c EnWG 16 – Festlegung des Untersuchungsrahmens § 12c EnWG 22 – Flächenentwicklungsplan § 5 WindSeeG 50 – Informationen, erforderliche § 12c EnWG 26 f – Mehrfachnutzung von Informationen § 8 NABEG 14 – Netzentwicklungsplan § 12c EnWG 14 ff – Öffentlichkeitsbeteiligung § 12c EnWG 43 ff – Prüfaufwand § 7 NABEG 93 ff – Prüfungsmethoden § 7 NABEG 96 – Rechtsschutz § 12c EnWG 42; § 12e EnWG 39 – Szenariorahmen § 12a EnWG 14 – Technikalternativen § 12c EnWG 34 – Umweltbericht § 8 NABEG 13, 15; § 12c EnWG 16 f, 40 f – Unterlagen Bundesfachplanung § 8 NABEG 9 – Untersuchungs- und Darstellungstiefe § 7 NABEG 97 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 78 – Verbindung mit anderen Prüfungen § 7 NABEG 100 – Vorprüfung § 12e EnWG 36 – Zweck § 12c EnWG 19 Stromaustausch § 12a EnWG 31 Systemwechsel (Offshore-Netzanbindung) § 4 WindSeeG 2; § 17a EnWG 5; § 17b EnWG 4, 15; § 17d EnWG 2 f Szenario § 12a EnWG 19 ff; § 12b EnWG 29 – Annahmen § 12a EnWG 25 ff – Anzahl § 12a EnWG 20 – Definition § 12a EnWG 19 – Entwicklungspfad § 12a EnWG 19 ff – Ermittlung § 12a EnWG 21 – langfristiges § 12a EnWG 22 – Realisierungswahrscheinlichkeit § 12a EnWG 21 – Ziele, politische § 12a EnWG 23 f Szenariorahmen § 12a EnWG 1 ff; § 17a EnWG 3; § 17b EnWG 16 – Änderungen § 12a EnWG 40 – Annahmen § 12a EnWG 25 ff – Entwicklungspfad § 12a EnWG 19 ff – Erarbeitung § 12a EnWG 15 ff – Festlegungskompetenz § 12a EnWG 35 – Genehmigung § 12a EnWG 41 ff – Konsultation § 12a EnWG 37 ff – Öffentlichkeitsbeteiligung § 12a EnWG 37 ff – Sensitivitätsbetrachtungen § 12a EnWG 45 – Spitzenkappung § 12a EnWG 30 – Stromaustausch, Annahmen § 12a EnWG 25, 31 – Stromerzeugung § 12a EnWG 25 f 1054
Stichwortverzeichnis
– Verbrauch, Annahmen § 12a EnWG 25 f, 29 – Versorgung, Annahmen § 12a EnWG 25 f, 28 – Ziele, energiepolitische § 12a EnWG 23 f Szenariorahmen, Genehmigung § 12a EnWG 41 ff – Anfechtbarkeit § 12a EnWG 46 – Rechtscharakter § 12a EnWG 41 – Rechtsschutz § 12a EnWG 46 ff – Verwaltungsakt § 12a EnWG 41 – Zuständigkeit § 12a EnWG 42 f T TA-Lärm § 18 NABEG 165 ff; § 43 EnWG 155 ff Technik- und Planungsgrundsätze § 5 WindSeeG 20 Technologie – Erdkabel, offene Bauweise § 8 NABEG 15 – Erdkabelvorrang § 7 NABEG 49 – Freileitungsausnahme § 7 NABEG 48; § 8 NABEG 15 Teilabschnitt, technisch und wirtschaftlich effizienter § 3 BBPlG 16; § 4 BBPlG 5 Ten-Year Network Development Plan § 12a EnWG 20, 32; § 12b EnWG 47 f; § 12c EnWG 11 f Testfeld § 5 WindSeeG 22 ff; § 12b EnWG 45 Träger öffentlicher Belange § 7 NABEG 130; § 17a EnWG 30, 37 – Antragskonferenz § 7 NABEG 128; § 20 NABEG 41 Träger privater Belange § 20 NABEG 43, 55 Trasse § 5 WindSeeG 20; § 3 NABEG 26 ff; § 11 NABEG 25 ff; § 17a EnWG 18; § 43 EnWG 79 ff, 107, 152, 184 ff; § 43h EnWG 17 ff Trassenkorridor § 5 WindSeeG 20, 34, 37; § 5 NABEG 15 ff, 55 ff, 60 ff; § 9 NABEG 39; § 11 NABEG 7, 16, 27 ff, 31 ff, 35 ff, 39 ff; § 12 NABEG 35 ff; § 43h EnWG 22; § 44a EnWG 10; § 45b EnWG 40 – Alternativen § 7 NABEG 20, 146, 153 – alternativloser § 7 NABEG 31 – Begriff § 3 NABEG 29 ff – Offshore 5 WindSeeG 20; § 17a EnWG 18 – Umweltverträglichkeit § 7 NABEG 70 – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 19 ff, 32 Turnuswechsel § 12a EnWG 17 U Übertragungsbedarf § 6 NABEG 29 ff, 39; § 12 NABEG 28; § 12b EnWG 9; § 43 EnWG 32, 39 Übertragungsnetzbetreiber § 2 EnLAG 143; § 12a EnWG 14 f; § 12b EnWG 8 1055
– Anbindungsverpflichteter § 4 WindSeeG 4; § 17b EnWG 8; § 17d EnWG 7 – Bericht § 12g EnWG 1, 13 f – Bundesfachplan Offshore, Anhörung § 17a EnWG 30 – Erdkabel, Wahlfreiheit § 2 EnLAG 163 – Erdkabelvorrang § 7 NABEG 47 ff – Flächenentwicklungsplan, Stellungnahme § 6 WindSeeG 5 – Flächenentwicklungsplan, Umsetzung § 17d EnWG 7 ff – Kooperationspflicht § 12a EnWG 15 – Natürliches Monopol § 12a EnWG 15 – Offshore-Netzentwicklungsplan, Erstellung § 17b EnWG 8 – Offshore-Netzentwicklungsplan, Umsetzung § 17b EnWG 8 ff – Offshore-Netzumlage § 17j EnWG 5 – Offshore-Umsetzungsbericht, Erstellung § 17c EnWG 15 – Stellungnahme § 6 WindSeeG 5; § 17d EnWG 13 – Umweltinformationen § 17a EnWG 36 – Widerspruchsverfahren § 6 NABEG 39 Übertragungstechnologie § 12b EnWG 32 Umsetzungsbericht § 12b EnWG 29 f; § 12d EnWG 1 ff Umsetzungsbericht Offshore § 17c EnWG 11 ff Umspannanlage § 5 WindSeeG 19; § 18 NABEG 2, 37 ff, 213; § 17a EnWG 22; § 43 EnWG 2, 60; § 43c EnWG 19 Umweltauswirkungen – Aktualisierungen und Vertiefungen § 20 NABEG 23; § 23 NABEG 2 – zusätzliche oder andere § 20 NABEG 23; § 23 NABEG 7 Umweltbelange – Abwägung mit anderen Belangen § 7 NABEG 70; § 20 NABEG 20 f – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 78 Umweltbericht § 7 NABEG 45; § 7 NABEG 78; § 12a EnWG 13; § 12c EnWG 14 ff; § 20 NABEG 23 ff – Abschichtung, ebenengerechte § 7 NABEG 85, 87 – Alternativenprüfung § 12c EnWG 29 ff – Behörden, Mitwirkungspflicht § 7 NABEG 98, 124 – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 34 ff – Bundesnetzagentur, Autorisierung durch die § 7 NABEG 101 – Erstellung § 12c EnWG 16 – Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 9, 13 Klie
Stichwortverzeichnis
– Funktion § 12c EnWG 19 – Inhalt § 12c EnWG 40 f – Konkretisierung § 7 NABEG 79 – Mehrfachnutzung von Informationen § 7 NABEG 99 – Strategische Umweltprüfung § 8 NABEG 13, 15; § 12c EnWG 14 ff – Überprüfung § 12c EnWG 50 – Vorhabenträger § 7 NABEG 81 ff Umweltprüfung/ Umweltverträglichkeitsprüfung – Untersuchungsrahmen § 7 NABEG 16 Umweltverband – Klagebefugnis § 6 WindSeeG 16; § 12e EnWG 38; § 22 NABEG 46; § 43e EnWG 32 f Umweltverträglichkeit – Trassenkorridor § 7 NABEG 70 Umweltverträglichkeitsprüfung § 9 NABEG 16; § 18 NABEG 98 ff; § 43 EnWG 91 ff – Abschichtung § 23 NABEG 2, 4 f – Aktualisierungen und Vertiefungen § 23 NABEG 7 – Änderung, unwesentliche § 25 NABEG 27 ff; § 43f EnWG 26 ff – Behörden, Mitwirkungspflicht § 20 NABEG 26, 37 – Belange, öffentliche § 25 NABEG 41 ff; § 43f EnWG 30 ff – Gesamtbewertung in gestuften Verfahren § 23 NABEG 11 – Mehrfachnutzung von Informationen § 20 NABEG 25 – Pflicht § 43 EnWG 95 ff – Prüfaufwand § 20 NABEG 24 – Prüfprogramm § 20 NABEG 23; § 23 NABEG 8 – Prüfungsmethoden § 20 NABEG 24 – standortbezogene § 18 NABEG 104; § 25 NABEG 39; § 43 EnWG 97; § 43f EnWG 29 – Umweltauswirkungen, Aktualisierungen und Vertiefungen § 23 NABEG 9 – Umweltauswirkungen, zusätzliche oder andere § 23 NABEG 7 – Untersuchungs- und Darstellungstiefe § 20 NABEG 24 – Variantenprüfung § 43 EnWG 101 – Verfahren § 43 EnWG 99 f Unterhaltungsmaßnahmen § 44 EnWG 6, 26, 33 f Untersuchungsrahmen § 20 NABEG 20 – Antragskonferenz § 20 NABEG 62 – Behörde, Ermessen der § 20 NABEG 62 – Bindungswirkung § 7 NABEG 162 f; § 20 NABEG 63 f – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 33 – Bundesfachplanung § 7 NABEG 17 Klie
– Festlegung § 7 NABEG 160; § 12c EnWG 22; § 20 NABEG 61 – Flächenentwicklungsplan § 6 WindSeeG 9 – Frist § 7 NABEG 164 – Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung § 7 NABEG 102 – Planfeststellung § 20 NABEG 12 f, 61 – Prüfung, artenschutzrechtliche § 7 NABEG 96 – Trassenkorridor § 7 NABEG 19, 20, 32 – Umweltbelange § 7 NABEG 78 – Umweltprüfung § 7 NABEG 16 – Vorhabenträger, Unterrichtung des § 7 NABEG 162; § 20 NABEG 63 V Veränderungssperre § 5 NABEG 29, 64, 129; § 16 NABEG 1 ff; § 18 NABEG 149; § 43 EnWG 25; § 44a EnWG 15 ff Verbindlicher Fertigstellungstermin § 5 WindSeeG 16; § 17d EnWG 16 Verbindlichkeit der Netzverknüpfungspunkte § 12e EnWG 28 ff Verbrauch § 12a EnWG 29 Vereinigungen § 3 NABEG 41 ff; § 9 NABEG 9, 25, 54; § 10 NABEG 27 ff; § 17a EnWG 30; § 22 NABEG 7, 11 ff, 43; § 43 EnWG 13; § 43a EnWG 7, 10, 36; § 43b EnWG 21 – Antragskonferenz § 7 NABEG 131, 145; § 20 NABEG 34 ff – Bundesnaturschutzgesetz § 43a EnWG 10; § 43f EnWG 40 – EGEnLAG § 43 EnWG 13 – Einwendung 43b EnWG 21 f – Unterlagen § 22 NABEG 24 f Verknüpfungspunkt § 5 NABEG 69; § 12e EnWG 28 ff; § 18 NABEG 37 ff, 213; § 43 EnWG 2, 31 ff, 60; § 43b EnWG 13; § 43c EnWG 19 Verlangen einer Ausführung als – Freileitung § 3 BBPlG 10, 11 ff – Prüfverlangen durch eine Gebietskörperschaft § 3 BBPlG 11 ff – Verlangen durch die Behörde § 3 BBPlG 10 Vermeidungsmaßnahme § 12 NABEG 50; § 18 NABEG 126, 148 ff; § 43 EnWG 118, 136 ff Verordnungsermächtigung – Belastungsausgleich § 17j EnWG 2 ff – Haftung des anbindungsverpflichteten ÜNB § 17j EnWG 2 ff – Kostenwälzung § 17j EnWG 2 ff – Versicherung § 17j EnWG 2 ff Verschlusssachen § 12f EnWG 25; § 12g EnWG 19 ff 1056
Stichwortverzeichnis
Versorgung § 12a EnWG 28 Versorgungssicherheit Teil 1 Einleitung 27 Verstärkungsmaßnahme § 12b EnWG 24 f, 30 Verteilernetzbetreiber § 12b EnWG 16 – Bericht § 12b EnWG 18 – Definition § 12b EnWG 16 – Informationsherausgabe § 12b EnWG 16 – Zusammenarbeitspflicht § 12b EnWG 16 Vogelschutz § 5 WindSeeG 41; § 18 NABEG 111; § 43 EnWG 103, 114 Vogelschutzgebiet § 11 NABEG 41; § 18 NABEG 111 ff, 142; § 43 EnWG 102 ff, 133 ff – ausgewiesenes § 43 EnWG 133 – faktisches § 43 EnWG 133 Vollständigkeitsprüfung § 21 NABEG 5 f, 44 ff, 63 ff; § 43 EnWG 25 Vorarbeiten § 18 NABEG 25; § 44 EnWG 1 ff – Abgrenzung zur Errichtung § 43 EnWG 71 Voraussichtlicher Fertigstellungstermin § 17d EnWG 12, 15 Vordringlicher Bedarf § 12e EnWG 22 ff Vorhaben von gemeinsamen Interesse (PCI) § 12a EnWG 34 Vorhabenträger § 3 NABEG 45 ff; § 5 NABEG 8, 12, 25 ff, 64, 115, 150 ff; § 6 NABEG 40 ff; § 16 NABEG 66, 68; § 18 NABEG 21; § 27 NABEG 32,; § 12c EnWG 61 ff; § 43 EnWG 2 ff, 24 ff, 29 ff; § 43f EnWG 73 – Antrag § 43h EnWG 51 ff – Antragsbindung, fehlende § 7 NABEG 153 – Antragskonferenz § 7 NABEG 123; § 20 NABEG 40 – Netzausbau, Pflicht zum bedarfsgerechten § 26 NABEG 8 – Umweltbericht § 7 NABEG 81 ff – Unterlagen § 6 NABEG 8, 14 ff; § 11 NABEG 54; § 25 NABEG 61 – Unterlagen, Verpflichtung zur Vorlage § 8 NABEG 9 f Vorkaufsrecht § 16 NABEG 6, 57; § 44a EnWG 6, 9, 29, 51 ff Vorprüfung § 18 NABEG 117 ff; § 43 EnWG 110 ff – Umweltverträglichkeitsprüfung § 11 NABEG 10; § 25 NABEG 35 f, 79; § 43f EnWG 27 f, 78 W Wahrscheinlichkeit § 12a EnWG 21 Wake-Effekt § 17e EnWG 25
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Widerspruch § 6 NABEG 42; § 18 NABEG 221; § 25 NABEG 75; § 44 EnWG 58 Wiederertüchtigung § 18 NABEG 30; § 43 EnWG 74 Wiederherstellung § 43e EnWG 1 Windenergieanlage auf See § 4 WindSeeG 2; § 17a EnWG 16 – Netzanbindung § 17d EnWG 7 ff – Ohne Netzanschluss § 4 WindSeeG 13; § 5 WindSeeG 32 WindSeeG – Anspruch auf Netzanbindung § 17d EnWG 17 – Ausbauziele § 17b EnWG 34 – Ausschreibung § 17b EnWG 19 – Eignungsfeststellung § 17d EnWG 11 – Entziehung Kapazität § 17d EnWG 25 – Errichtungsfristen § 17d EnWG 14 – Use it or lose it-Prinzip § 17d EnWG 25 – Zentrales Modell § 17a EnWG 5 Wirkung, aufschiebende – Anfechtungsklage § 18 NABEG 222; § 25 NABEG 75; § 43e EnWG 17 f; § 43f EnWG 73; § 44 EnWG 58 – Anordnung § 18 NABEG 222; § 43 EnWG 211 – Besitzeinweisung, vorzeitige § 27 NABEG 36; § 44b EnWG 68 f – Planfeststellungsbeschluss § 27 NABEG 45, 69; § 44b EnWG 20, 43; § 45b EnWG 36 Z Zeitplan § 12b EnWG 29; § 12d EnWG 7 Ziele § 5 NABEG 47 ff; § 43 EnWG 8, 79 ff, 182 f, 191 – Bundesfachplan Offshore § 17a EnWG 4 – Bundesfachplanung § 5 NABEG 12 – Erhaltungsziel § 12 NABEG 49 ff; § 18 NABEG 114 ff; § 43 EnWG 107 ff, 115 ff – Europäischer Gebietsschutz § 43 EnWG 103 ff – Flächenentwicklungsplan § 4 WindSeeG 9 ff – Flexibilisierung § 6 NABEG 15 – Planrechtfertigung § 5 NABEG 47 – Raumordnung § 5 NABEG 29 ff, 70 ff; § 12 NABEG 26 ff; § 15 NABEG 28 ff; § 28 NABEG 7 Ziele, energiepolitische § 12a EnWG 23 f Zumutbarkeit § 12c EnWG 38 Zwangsgeld § 34 NABEG 1 Zwölf-Seemeilen-Zone § 17a EnWG 21; § 43 EnWG 33
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